Band , Sänger Pecknold (3. v. l.): Wie aus einem Zeltlager in den Rocky Mountains verschleppt

16 5/ 2011 KulturSPIEGEL Fuchsteufelsmild Die Fleet Foxes kommen aus und tragen Karohemden. Doch ihre Musik ist kein Klischee.

VON CHRISTOPH DALLACH

Das neue der Fleet Foxes sei „vermutlich eher lang - Hommage an die Schönklänge der späten sechziger und frühen weilig“, warnt . Eine „nicht wirklich eingängige“ siebziger Jahre. Die „Zeit von 1965 bis ungefähr 1972“ sei die Sammlung von Songs, und „Hits“ seien da schon gar nicht drauf. „beste für Musik“ gewesen, sagt Pecknold, und zwar, weil sie da - Wer trotzdem neugierig auf das Album namens „Helplessness mals nahezu frei von überflüssiger Technik gewesen sei. „Modi - Blues“ sei, solle es sich halt im Internet runterladen – ohne dafür sche Produktionen haben viele tolle Lieder und Platten ruiniert, zu zahlen, selbstverständlich. Und wem die Musik tatsächlich weil sie, wenn diese Mode vorüber ist, überholt klingen.“ Die gefalle, der könne sich die Platte ja dann regulär kaufen. Kunst sei, alles Überflüssige zu vermeiden. „Fast alle Platten aus So klingt das, wenn Robin Pecknold Werbung in eigener Sache den Achtzigern hören sich heute grässlich an. Die Neunziger wa - macht. Der 25-Jährige ist Sänger und Songwriter der Band Fleet ren kaum besser.“ Ja, selbst „Nevermind“, das Grunge-Meister - Foxes, einer Gruppe junger Männer aus Seattle, die in karierten werk von Nirvana, sei nicht gut gealtert, was die Produktion an - Flanellhemden herumlaufen. Ihr vor drei Jahren veröffentlichtes geht, urteilt Pecknold. „Seien wir ehrlich, die einzige Nirvana- Debüt-Album „Fleet Foxes“ wurde zu einem Überraschungs - Platte, die wirklich zeitlos klingt, ist ihr ,Unplugged‘-Album, und erfolg: Mehr als eine Million Mal verkaufte sich das Werk, das das könnte aus den sechziger Jahren sein, oder?“ kaum beworben wurde, keine Radio-Hits enthielt – und, wie der verantwortliche Autor meint, „eher merkwürdig“ klang. So wie einst Nirvana kommen die Fleet Foxes aus Seattle. Nun hockt Pecknold in einem schnieken Londoner Designerhotel Und so wie Kurt Cobain ist Pecknold ein lichtscheuer Außen- und soll „“ anpreisen. Mit seinen rustikalen seiter. Der Vater war Handwerker, die Mutter Lehrerin, und ihr Klamotten schaut er aus, als sei er gerade aus einem Zeltlager in jüngster Sohn saß am liebsten allein in seinem Zimmer und den Rocky Mountains verschleppt worden. Er ist im herrlichsten träumte sich in die Phantasiewelten von Tolkiens „Herr der Rin - Sinne unglamourös, ein Anti-Star, der unaufgeregt spricht und ge“. Das änderte sich, als ihm sein Vater, der selbst mal in den leise und häufig „cool“, „awesome“ und „totally“ sagt. Man glaubt sechziger Jahren in einer Band spielte, eines Tages eine Gitarre ihm tatsächlich, dass es ihm egal ist, wie viele Käufer seine Musik in die Hand drückte: „Ich blieb immer noch am liebsten zu Hause, findet: „Ich staune über jeden, der dafür Geld ausgibt. “ aber ich fing an, mich nur noch für Musik zu begeistern.“ So grundentspannt klingen auch seine Lieder, die mit sanft-weh - Er war zwölf, als er Skyler Skjelset in der Schule kennenlernte, mütigen Songs vergangener Größen verglichen werden: mit denen ebenfalls ein Außenseiter, der sich mit Musik zu Hause versteckte. von Crosby, Stills & Nash und den Beach Boys. Auch die Fleet Fo - Gemeinsam übten sie nächte-, tage-, jahrelang in Schlafzimmern, xes verschmelzen mehrere fragile Stimmen in Melodien, die von Kellern, Garagen. Der Rest der Welt, insbesondere Journalisten dezentem Gitarrenspiel und milden Rhythmen getragen werden – und Plattenfirmen, begann von ihnen Notiz zu nehmen, als sie und klingen, als seien sie am Lagerfeuer komponiert worden. unter dem Namen Fleet Foxes vor fünf Jahren eine erste EP auf Natürlich tragen Pecknold und seine Bandkollegen passend zum eigene Faust veröffentlichten. Fleet Foxes unterzeichneten an - Holzfäller-Look Vollbart und wuselige Haare. Es ist das aus der schließend einen Vertrag bei der Hipster-Plattenfirma , Hippie-Zeit hervorgekramte Erkennungszeichen junger US-Bar - die einst mit Nirvana groß rauskam. Das Label lässt es sich ge - den, die traditionelle Genres wie Country und Folk in Verbin - fallen, dass Pecknold dazu auffordert, seine Musik ohne zu zahlen dung mit sanfter Rockmusik beleben. Bart-Rocker wie Sam Beam auf die heimischen Festplatten zu laden. Das störe die Sub-Pop- von Iron & Wine, Midlake, Phosphorecent, Nathaniel Rateliff, Chefs nicht, behauptet er. „Jeder soll sich meine Lieder in Ruhe Bon Iver, My Morning Jacket, Okkervil River, Amos Lee und anhören und dann erst entscheiden, ob er dafür bezahlen möchte. eben die Fleet Foxes schauen aus, als hätten sie sich auf dem Wenn nur halb so viele Menschen unser neues Album kaufen Weg nach Woodstock um 40 Jahre verspätet. wie das letzte, wäre das doch eine Sensation, oder?“ Schwer zu sagen, was genau der Vollbart für sie ist. Eine Verbeu - Am schönsten findet es Pecknold, dass er jetzt die Welt sehen gung vor vergangenen Zeiten? Ein Protest gegen die hektische und dabei Musik machen kann. Ohne Musik werde er traurig, Moderne? Ein politisches Statement? Von Pecknold sollte man sagt Pecknold. So wie neulich, als ihn seine Freundin beschwatzte, keine Antwort erwarten. Er krault sich den Bart und sagt lächelnd, nach Hawaii zu reisen. Er wollte in der Natur wandern – mit Gi - dass das eben „cool“ sei. Dafür weiß er, was sein Bart nicht sein tarre. Sie wollte am Strand liegen – ohne Gitarre. „Ich hasse es, soll: „Ich bin kein politischer Songwriter und kein Traditionalist.“ Tage am Strand zu verschwenden“, sagt er. „Also blieb ich meistens

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L Gern wird berichtet, dass Pecknold schon in jungen Jahren eine im Hotelzimmer und schrieb Lieder.“ Hat sich das gelohnt? „Geht I W

E Vorliebe hatte für die Klassiker , und Brian so. Einige sind langweilig, aber ein paar doch ganz in Ordnung.“ D

N Wilson. Das stimme, bestätigt er, aber verschwiegen werde, dass M U

T er auch Nirvana, , The Strokes und The Pixies liebe. U A

: Fleet Foxes: „Helplessness Blues“ O Das passe halt nicht ins Bild des weltfremden Träumers. Ande - (Bella Union, ab 29. April); T O

F rerseits klingen Pecknolds Fleet-Foxes-Songs dann doch wie eine Konzerte: 25.5. Berlin, 26.5. Dachau. Infos: www.cooperativemusic.de

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