Wissenschaft Und Gesellschaft: Ein Vertrauensvoller Dialog
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Johannes Schnurr Alexander Mäder Hrsg. Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog. Positionen und Perspektiven der Wissenschafts- kommunikation heute Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog Johannes Schnurr · Alexander Mäder (Hrsg.) Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog Positionen und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation heute Hrsg. Johannes Schnurr Alexander Mäder Ladenburg, Deutschland Stuttgart, Deutschland Die vorliegende Publikation wurde mit Mitteln der Daimler und Benz Stiftung, der Körber-Stiftung, der VolkswagenStiftung sowie der Stiftung Mercator gefördert und ist initiiert vom Arbeitskreis „Wissenschaft und Forschung“ des Bundesverbands Deutscher Stiftungen. ISBN 978-3-662-59465-0 ISBN 978-3-662-59466-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-59466-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografe; detail- lierte bibliografsche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2020. Dieses Buch ist eine Open-Access-Publikation. Open Access Dieses Buch wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröfentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. 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Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografsche Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröfentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Frank Wigger und Sarah Koch Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Vorwort der Herausgeber Die öfentliche Wahrnehmung des Werts und der Bedeutung von Wissen- schaft und Forschung verändert sich. Innerhalb eines sehr kurzen Zeit- raums – wir sprechen von drei, allenfalls vier Jahren – wurde in unserer Gesellschaft ein Umschwung sichtbar, dessen Dynamik weit über die Ver- änderungen der letzten Dekaden hinausreicht. Es handelt sich um eine Krise der Glaubwürdigkeit, um einen immer deutlicher erkennbaren Ansehens- verlust. Dieser Ansehensverlust hat seine Wurzeln nicht in kritischen bis polemischen Debatten innerhalb einzelner Disziplinen und er gründet nicht in legitim argumentierten Vorbehalten gegenüber Risikotechnologien. Er lässt sich nicht auf Schnellschuss-Publikationen oder mangelhaften Peer Review von öfentlich geförderten Forschungsvorhaben zurückführen. Auch wenn manche Wissenschaftler gewiss selbst durch Fehlverhalten zu dieser Entwicklung beigetragen haben – Stichworte sind Plagiarismus, „Preda- tory Journals“, unlautere Co-Autorenschaften oder methodisch fehlerhaft angelegte beziehungsweise nicht reproduzierbare Studien –, so handelt es sich hierbei auch in der Summe um markante Randerscheinungen. Es geht um etwas anderes. In Umfragen wie dem Wissenschaftsbarometer der Initiative Wissen- schaft im Dialog wird die Skepsis sichtbar, und die Daten erlauben eine erste Annäherung an das Phänomen.1 In der Befragung vom August 2018 1Eine Übersicht der wichtigsten Ergebnisse und der Tabellenband mit allen Daten: https://www.wissen- schaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/wissenschaftsbarometer-2018/. V VI Vorwort der Herausgeber gaben nur 13 % an, Wissenschaft und Forschung voll und ganz zu ver- trauen. Weitere 41 % sprachen ebenfalls von Vertrauen, stuften es aber etwas geringer ein, und 39 % zeigten sich unentschieden. Die Öfentlich- keit ist in der Mehrheit wohlwollend, aber zurückhaltend. Dabei hat die Menschheit der Wissenschaft allenthalben gewaltige Fortschritte zu ver- danken. Dank der modernen Medizin sank die Kindersterblichkeit enorm, Antibiotika haben unzählige Menschenleben gerettet, verheerende Seuchen wurden eingedämmt oder – wie im Falle der Pocken – gänzlich ausgerottet. Die Ingenieurwissenschaften führten zu einer unvergleichlichen Hebung des Lebensstandards, versorgten die Menschheit mit Energie, Wärme und neu- artigen Transportmöglichkeiten, die Landwirtschaft erreichte ein solches Leistungsniveau, dass sich das Problem der Unterernährung in vielen Indust- rie- und Schwellenländern in eines des Überangebots kehrte. Dennoch, trotz all dieser unmittelbar auf der Hand liegenden Fort- schritte, werden wissenschaftliche Erkenntnisse nicht automatisch als ziem- lich gesichertes Wissen anerkannt. Die Bürger begegnen der Wissenschaft mit Vorsicht: 66 % sagten im Wissenschaftsbarometer 2018 mehr oder weniger deutlich, dass Forscher zu stark von ihren Geldgebern abhängig seien, und nur 40 % bescheinigen ihnen, für das Wohl der Gesellschaft zu arbeiten. Zwar ist die Kooperation von Academia und Industrie poli- tisch gewollt und wird damit begründet, dass die Forschung dadurch stär- ker auf wirtschaftlich verwertbares Wissen und damit auf die Verbesserung des Lebensstandards ausgerichtet ist. Doch die Öfentlichkeit hat ofen- bar Zweifel – und diese Zweifel sind zuletzt immer wieder in Ablehnung umgeschlagen. Dieses Phänomen lässt sich empirisch kaum einfangen – irreführende Nachrichten und antielitäre Polemik gab es schon immer –, doch es bewegt die Gemüter. Der March for Science in den Jahren 2017 und 2018 sowie zahlreiche Tagungen und Debattenbeiträge setzten sich gegen den Trend zur Wehr, dass sogar das Argumentieren mit wissenschaftlichen Erkennt- nissen aus der Mode kommt. Wenn dieser Eindruck stimmen sollte, würde das sowohl Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen als auch die mit diesen Temen befassten Journalisten und Wissenschaftskommunikatoren vor erhebliche Probleme stellen. Hierbei werden nicht die tatsächlichen Kehrseiten des technologischen Fortschritts kritisiert: etwa Umweltver- schmutzung und Klimawandel, die rasante Zunahme von Übergewicht oder der Verlust von Arbeitsplätzen. Vielmehr wird von prominenten Menschen das freihändige Zusammenzimmern von Weltbildern salonfähig gemacht. Bereits eine kurze Schlagwortsuche im Internet bietet heute jedermann zu nahezu jeder wissenschaftlichen Analyse eine – zumindest dem äußeren Vorwort der Herausgeber VII Anschein nach – gegenläufge Einschätzung. Die Faktenlage kann daher so verzerrt wahrgenommen werden, dass sie zu den persönlichen politischen und kulturellen Grundeinstellungen passt; Psychologen und Politologen sprechen von „motivated reasoning“. Dan Kahan von der Yale Law School warnt sogar davor, dass gerade wissenschaftlich vorgebildete Menschen Informationen besonders gut in ihrem Sinn interpretieren können.2 Und die Politik – viele blicken besorgt in die USA – gibt in einigen Staaten einen falschen Ton vor. Ein alarmierendes Beispiel unter vielen ist das Vorhaben der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA, mit der angeblich „geheimen“ Wissenschaft Schluss zu machen: Entscheidungen sollen künftig nur noch mit Studien begründet werden, deren Datenbasis vollständig zugänglich ist.3 Medizinische Fachartikel, in denen Patientendaten nur anonymisiert oder aggregiert dargestellt werden, müssten dann von der Behörde ignoriert wer- den – ein aus Sicht der Initiatoren dieser Regelung willkommener Efekt. Im Juli 2018 forderten 69 Fachverbände die EPA auf, ihre Arbeit weiterhin auf die beste epidemiologische Forschung zu stützen und nicht allein auf die- jenige mit frei zugänglichen Daten.4 Eine wichtige Frage lautet deshalb: Mit welchen Formaten kann es den Vertretern und Vermittlern der Wissenschaft trotz des Ansehensverlusts unter diesen Voraussetzungen gelingen, die Öfentlichkeit zu erreichen und ihr wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesellschaftlich relevanten Fragen nahezubringen? An ihrem Engagement kann es nach 20 Jahren Investitionen in das Public Understanding of Science (PUSH) nicht liegen. Viele fordern schon eine Bewegung PUSH 2.0, die stärker auf Dialog setzt als auf Infor- mation. Klar ist, dass ein unkritisches Vertrauen in die Wissenschaft mit dem Geist der Wissenschaft nicht zu vereinen wäre. Doch wie kann der quali- tative Unterschied wissenschaftlich valider Aussagen gut kenntlich von pri- mär werblichen oder anderweitig interessengeleiteten Aussagen erkennbar gemacht werden? Auf welche Weise wird es künftig möglich sein,