Und Kulturwissenschaften ISSN: 2190-6645 ISSN: Liebe Lesende
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heft 8 frühjahr 2017 studentische zeitschrift für geistes- und kulturwissenschaften ISSN: 2190-6645 ISSN: Liebe Lesende, You know the place where nothing is real Well here’s another place you can go1 Die scheinbar willkürliche Heftzählung und zufällige Farbwahl sind fast zu einem Running Gag in der noch kurzen Geschichte der Editorials der anwesenheitsnotiz geworden. Die wilde Mischung aus Fachrichtungen und Ansätzen, die flexiblen Rollen innerhalb unserer Redaktion und die lose Vernetzung mit ähnlichen studentischen Projekten folgen weder ei- ner Programmatik noch einer linearen Abfolge und sind nicht nur Witz und Beliebigkeit, Verwirrung um der Verwirrung willen. Ohne, dass wir diese Ressourcen von uns weisen wollen würden: Wer genau hinschaut, wird die kleine Rebellion auf manchen Seiten entdek- ken, zwischen den Zeilen, hinter den Fußnoten, unter den Titeln. Eli- sabeth Rädler hat das Konzept der kleinen Rebellion nicht nur in einer Bachelorarbeit ausgearbeitet, sondern auch das Layout unseres Heftes ak- tualisiert – und darf neben Melanie Schröder und Mara Ruwe als neues Redaktionsmitglied begrüßt werden. Neu ist ebenfalls, dass sich in die- sem Heft keine generischen Maskulina finden lassen; welche alternativen Schreibweisen benutzt werden, blieb den jeweiligen Autor*innen über- lassen, damit nicht nivelliert wird, was individuell bestimmt wird: Die (hier textuelle) Inszenierung von Geschlechtern. Doch zurück zum Ort hinter dem Ort, an dem nichts real ist: Hier ver- sammeln sich Hausarbeiten, dieses Mal im Gewand eines weißen Al- bums. Eine Seriennummer wie beim ›originalen‹ Weißen Album fehlt allerdings, dafür hinterfragen wir zu gerne abstrakte Ordnungen, Kate- gorisierungen, Wissensmodelle und Aufzählungen. Also Zeichen und Techniken, die das bestimmen, was oft genug in Begriffen eines Realitäts- glaubens gefasst wird: Präsens Indikativ des Verbs ›sein‹ (gerne kombi- 1 The Beatles: »Glass Onion« In: Dies.: THE BEATLES. Audio-CD. Parlophone/ Apple [1968]. CD1, TC00:06:46-00:06:53. niert mit ›eben‹ und ›einfach‹): Das Weiße Album ist einfach das neunte Studio-Album der Beatles. Dies hier ist eben das neunte Heft der anwe- senheitsnotiz. So. Oder so ähnlich. Wer mehr wissen will, schaue ins Editorial des letzten Heftes auf unserer Website. Oder frage sich, ob dieMagical Mystery Tour als LP gezählt werden sollte. Man sollte aber auch gut googeln können, denn die Maschine zwingt oft genug zur »abwesenheitsnotiz«, wenn die »anwesenheitsnotiz« gesucht wurde. Ansonsten sind ab Mai auch die aktu- ellen Texte von uns online, auf www.anwesenheitsnotizen.wordpress.de. An eben jenem unwirklichen Ort haben wir neuerdings auch eine Crowdmap erstellt, in der uns ähnliche Projekte gelistet werden – und bitte gerne ergänzt werden können, wenn euer liebstes (bzw. zweitlieb- stes) Studi-Magazin noch nicht verortet sein sollte. Entsprechend fort- gesetzt haben wir auch unsere Feature-Reihe, in der sich in diesem Heft die Philosoph*innen von Cogito vorstellen und Näheres zur Crowdmap zu finden ist. Aber auch sonst freuen wir uns über eure Beteiligung an dem Pro- jekt – ob als Beiträger*innen und Mitarbeiter*innen für das nächste Heft, Kommentator*innen in sozialen Netzwerken oder finanzielle Unterstützer*innen. Schreibt uns einfach an [email protected]. Wir freuen uns auf eure Rückmeldungen und wünschen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe! Eure Redaktion INHALT 10 Elisabeth Rädler Oh Darling! Die kleine Rebellion. 44 Angie Martiens Man sieht einen Menschen vor sich stehen, und dann ist er plötzlich eine Frau. Gender Trouble in Elfriede Jelineks Gier. 76 Bendix Sautmann A Day in the Life Ich will kein Plakat sein, ich will ein Mensch sein … Die Objektifizierungsmechanismen des Kosmetik- kosmos in Vicki Baums Pariser Platz 13. 110 Lukas Nils Regeler Norwegian Wood »Verrückte sehen Feuerschlünde« – Die Pinge als Seeleneingang in E. T. A. Hoffmanns Erzählung Die Bergwerke zu Falun. 132 Elena Radwan Here Comes the Sun Place and Ecological Disaster in Animal’s People. 142 Jeanette Hermeler Yesterday Die Angst vor ›Überfremdung‹ durch Asylsuchende im Medialen Diskurs Eine neue Situation in Deutschland? 158 Elinor Haftel Blackbird The Revival of the Hebrew Language From »sleeping« to »wake« mode and what we can learn from it as linguists. 166 Position und Perspektive Ein Gespräch mit Anna-Sophie Philippi und Virginia Martin. Ein Gespräch mit Yannick Spiess. 188 Rezension Expert_innenwissen zu Hans Fallada. 190 Feature: Studentische Publikation Interview mit Matteo Zicchetti und Max Emanuel Pointner vom Philosophie-Magazin cog!to. 194 Crowdmap 196 Danksagung 198 Impressum INHALTLICHES VORWORT Elisabeth Rädler: Die kleine Rebellion. Als Abschlussarbeit im Bachelorstudiengang Kommunikationsdesign verbindet »Die kleine Rebellion« von Elisabeth Rädler eine philosophi- sche Analyse des Kreativitäts-Dispositivs in Geschichte und Populärkul- tur mit dem praktischen Anliegen, der Diagnose ein künstlerisches Kon- zept gegenüberzustellen. Dabei wird die Linie zwischen Abstraktion und technischer Umsetzung, von Hannah Arendt bis zum Sounddesign eines Augenzwinkerns, konsequent verfolgt. So konsequent, dass die kleine Rebellion sich auch visuell in unser Heft eingeschlichen hat. Angie Martiens: Man sieht einen Menschen vor sich stehen, und dann ist er plötzlich eine Frau. Gender Trouble in Elfriede Jelineks Gier. In ihrer Lektüre von Elfriede Jelineks Roman Gier richtet Angie Martiens den literaturwissenschaftlichen Blick auf die Konstruktionsprozesse von Körperlichkeit und ihrer konstitutiven geschlechtlichen Dimension. Aus- gehend von Judith Butlers Theorie zur performativen Hervorbringung von gender durch sprachliche Akte der Benennung und Praktiken der Narrativierung von Geschlechtsidentität konzentriert sich Martiens ins- besondere auf die unterschiedliche Verteilung der Kohärenz dieser erzähl- ten Identitäten: Wer unter welchen Umständen als Subjekt erscheint, ist immer an die Machtstrukturen des Geschlechterverhältnisses gebunden. Jelineks Erzählstrategie, so Martiens’ These, ermöglicht dabei besonders durch die Vielstimmigkeit des Textes eine Form der Wahrnehmung, die es erlaubt diese Prozesse der Vergeschlechtlichung selbst zu thematisieren. Bendix Sautmann: Ich will kein Plakat sein, ich will ein Mensch sein … Die Objektifizierungsmechanismen des Kosmetikkosmos in Vicki Baums Pariser Platz 13. Bendix Sautmann analysiert in dem Theaterstück Pariser Platz 13 von Vi- cki Baum die Objektifizierung von Frauen in der Kosmetikindustrie der zwanziger Jahre. Weibliche Schönheit, die mit vielerlei zum Teil schmerz- haften kosmetischen Behandlungen hervorgebracht werden sollte, sowie der männliche Blick auf eben diese, stehen bei seiner Arbeit im Mittel- punkt. Obwohl sich selbst Baum diesem Schönheitsideal angepasst hat, finden sich in ihrer Komödie zahlreiche kritische Anmerkungen zu dieser kosmetischen Propaganda. Sautmann beschreibt einen »Sexismus nach heimlichem Lehrplan«, in dem Frauen immer Objekte und niemals Sub- jekte werden. Eine Studie zur Neuen Frau der zwanziger Jahre – Zerrieben zwischen Emanzipation und objektifiziertem Produkt. Lukas Nils Regeler: »Verrückte sehen Feuerschlünde« Die Pinge als Seeleneingang in E. T. A. Hoffmanns Erzählung Die Bergwerke zu Falun. In seiner wissenspoetologischen Untersuchung verortet Lukas Nils Rege- ler die Erzählung Die Bergwerke zu Falun E. T. A. Hoffmanns zwischen mythischen und (montan-)geologischen Wissensbeständen. Die meist als schauerliches Negativ zu romantischen Ideen gelesene Erzählung wird damit nicht nur als Zirkulation beweglicher Wissensmodelle um 1800 lesbar, sondern auch als Liebesgeschichte, die nicht zuletzt in his- torischen Begriffen des Wissens und der Erkenntnis ausgetragen wird. 8 INHALTLICHES VORWORT Elena Radwan: Place and Ecological Disaster in Animal’s People. In ihrem kurzen Essay diskutiert Elena Radwan den Zusammenhang zwischen Globalisierung und Umweltkatastrophen mithilfe der Analyse von Indra Sinhas Novelle Animal’s People, in welcher die Auswirkungen eines industriellen Chemieunfalls thematisiert werden. Radwan zeigt auf, dass, obwohl von einer globalen Klimakrise gesprochen wird, bestimmte Orte und Länder aufgrund von neokolonialen Machtstrukturen Umwelt- katastrophen öfters und vorrangig ausgesetzt sind. Jeanette Hermeler: Die Angst vor ›Überfremdung‹ durch Asyl- suchende im Medialen Diskurs Eine neue Situation in Deutschland? Der Sommer der Migration 2015 ist nach anderthalb Jahren fast aus dem Fokus der medialen Öffentlichkeit gewichen; am Lehrstuhl für Bayeri- sche und Schwäbische Landesgeschichte der Universität Augsburg hat- te Jeanette Hermeler die historische Dynamik der Berichterstattung in Asyldiskursen verfolgt. Als Kontrast zur nichtsdestoweniger aktuellen Situation dienten ihr Zahlen und Berichte aus den Jahren 1991 bis 1993. Sie diskutiert damit die Singularität nicht nur globaler Bewegungsmuster, sondern auch diskriminierender Vorgänge in Bild, Wort und Tat. INHALTLICHES VORWORT 9 Elinor Haftel: The Revival of the Hebrew Language From »sleeping« to »wake« mode and what we can learn from it as linguists. Ausgehend von einer persönlichen Erfahrung, untersucht Elinor Haftel in The Revival of the Hebrew Language die beispiellose Entwicklung des modernen Hebräisch. Es gilt als das Ergebnis des einzig bekannten er- folgreichen Versuchs der »Wiederbelebung« einer Sprache. Haftel kon- zentriert sich zunächst auf die Faktoren, die eine als »lebendig« zu be- zeichnende Sprache kennzeichnen. Darauf aufbauend legt sie dar, wie das moderne Hebräisch