ORNITHOLOGISCHER ANZEIGER

Zeitschrift bayerischer und baden-württembergischer Ornithologen

Band 50 – Heft 1 Juli 2011

Ornithol. Anz., 50: 1–25

Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo während der Jungenaufzucht in Bayern

Andreas Schweiger und Ludwig Lipp

Voles (Arvicolinae) as preferred prey of Bavarian Eagle Owls Bubo bubo (L.) during the nestling period.

A sufficient choice of prey with adequate size is quoted in numerous surveys about feeding ecolo- gy of the Eurasian Eagle Owl as one of the most important factors allowing the survival of a suc- cessful population. On the other hand a high proportion of small in the diet is regarded as an indicator of malnutrition, and a threat to the successful maintenance of the greatest European Owl. Examination of prey items, mainly from the breeding season, over 33 years (1976-2008), in three Bavarian subpopulations of the Eagle Owl reveals a very different and conflicting pattern. Uni- and multivariate statistical evaluation were based on a quantification of food diversity, favoured size of prey and percentage proportion of particular prey items in the diet of fledging Eagle Owls. The results from this survey show a clear preference of Bavarian Eagle Owls for voles (Arvicolinae). The diversity of prey actually declines with increasing proportion of voles. An increasing amount of major prey like waterfowl leads to a greater prey diversity. Even so, comparison between Bavarian sub-populations of Eagle Owl shows both considerable regional differences and clear temporal dif- ferences and changes in prey spectrum, caused e.g. by changes in landuse. In general Bavarian Eagle Owls take small mammals in large quantities while rearing their young. Larger prey items are presumed to increase in importance when voles are scarce or when food requirements increase towards fledging.

Key words: Wühlmäuse, voles, Arvicolinae, Uhu, Eagle Owl, Bubo bubo, Nahrungswahl, diversity of prey

Dipl.-Ing. (FH) Andreas Schweiger (Schwerpunkt Statistische Auswertung), Adalbert-Stifter-Str. 22, D-82494 Krün E-Mail: [email protected]

Dipl.-Ing. (FH) Ludwig Lipp (Initiation; Schwerpunkt Diskussion), Römerstr. 19, D-87648 Aitrang E-Mail: [email protected] 2 Ornithol. Anz., 50, 2011

Einleitung Bislang wird von vielen Autoren angenom- men, dass ein hoher Anteil großer Beutetiere in Neben feldornithologischen Untersuchungen der Nahrung ein erfolgreiches Brutrevier erken- ist bei den Eulen schon seit den 1930er Jahren nen lässt (Görner & Knobloch 1978, Knobloch die Bestimmung der Nahrung populär (Utten- 1979, Donázar 1987). Ein hoher Anteil kleiner dörfer 1939, März 1940). Dies ist sicherlich darin Beutetiere gilt dahingegen als Zeichen für einen begründet, dass die Determination von Wirbel- Mangel an „geeigneten“, größeren Beutetieren tieren anhand der in Gewöllen zurückbleiben- (Donázar 1987). Dalbeck (2005) vermutet im Ge- den, gut erhaltenen Knochenteile relativ einfach gensatz dazu einen positiven Zusammenhang ist. Nachdem einige Jahrzehnte vor allem die zwischen vermehrtem Feldmausvorkommen allgemeine Zusammensetzung der Uhubeute in und der Anzahl sowie der Fitness ausgeflogener verschiedenen geografischen Regionen im Jungvögel, kann diesen in seinen Untersuchun- Fokus der Wissenschaft stand (z. B. Schweizer gen aber nicht sicher statistisch nachweisen. Alpen: Wagner & Springer 1970, Niederöster- Auch andere Kenner der Art vermuten einen reich: Frey 1973, Spanien: Hiraldo et al. 1975 Zusammenhang zwischen erfolgreichen Brut- und Donázar 1987), ist seit mehreren Jahren der jahren des Prädators und dem vermehrten Vor- Schutz frei lebender Uhupopulationen in den kommen von Feldmäusen in seinem Jagdrevier Blickpunkt gerückt. Unter diesem Aspekt ge- (M. Römhild, mündl. Mitt.). winnen nahrungsökologische Untersuchungen In dieser Arbeit wird eine Methode zur Aus- an Bedeutung. Der Erhalt und die weitere Aus- wertung von Beutelisten vorgestellt, die über breitung des bis vor wenigen Jahrzehnten in die Nahrungsdiversität, das mittlere Gesamt- weiten Teilen Mitteleuropas ausgestorbenen Gewicht der Beuteaufsammlungen sowie die Uhus kann vor allem über die Kenntnis seiner Individuenanteile der einzelnen Arten bevor- Ernährung und daraus resultierender Schutz- zugte Beutetiere identifiziert. Mit den hier ange- maßnahmen unterstützt werden. wandten Methoden soll geklärt werden, inwie- In diesem Zusammenhang hat Dalbeck weit der Uhu in Bayern während der Jungen- (2005) Beutelisten von verschiedenen Uhurevie- aufzucht bevorzugt Kleinsäuger (v. a. Wühl- ren in der Eifel ausgewertet. Seine Ergebnisse mäuse) jagt. zeigen, dass klimatische Faktoren die Nah- rungszusammensetzung und den Reproduk- Material und Methoden tionserfolg beeinflussen. Dagegen war zwi- schen der Nahrungswahl und der Kondition Untersuchungsgebiete. Die zur Auswertung der Jungtiere sowie dem Reproduktionserfolg verwendeten Daten zur Nahrungswahl des kein deutlicher Zusammenhang nachzuweisen. Uhus in Bayern stammen hierbei zum größten Nur die Anzahl an Wildkaninchen und Feld- Teil aus drei Gebieten. mäusen in den untersuchten Gewöllen korre- Die Daten zu den Flächenanteilen stammen lierte bei der Auswertung schwach positiv mit aus www.regionalstatistik.de; Bodenfläche nach der Anzahl an Jungtieren. Art der tatsächlichen Nutzung – Stichtag Auch in Bayern ist der Uhu seit längerer Zeit 31.12.2008 – und landwirtschaftliche Betriebe Objekt intensiver Untersuchungen. Bezzel (1976) und landwirtschaftlich genutzte Fläche nach gewährt Einblicke in die Ernährung bayerischer Kulturarten – Erhebungsjahr 2007 –, regionale Uhupopulationen. In Bezzel & Schöpf (1986) Tiefe: Landkreise und kreisfreie Städte. wird die Situation der bayerischen Uhus im ver- Mittlerer Lech (Lkr. WM, LL, 550-800 m ü. gangenen Jahrhundert diskutiert und methodi- NN, Ackerland 14 %, Dauergrünland 35 %, sche Hilfestellung zu deren Erfassung gegeben. Waldfläche 29 %, Gewässerfläche 5 % (inkl. Im Rahmen des Artenhilfsprogramms Uhu Ammersee)): Ein Großteil der Fläche besteht aus des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) den Lebensräumen Wald, Offenland und Ge- werden gezielt Daten zur Fortpflanzungsbiolo- wässer (v. a. Staustufen des Lechs). Die steilen gie und Nahrungswahl des Uhus während der Hänge entlang des Lechs sind meist mit Brut und Jungenaufzucht gesammelt. Das LfU Mischwald bewachsen; sonstige Waldbestände hat den Autoren Auszüge der Daten im Rahmen werden meist von Fichten geprägt. In den um- dieser Arbeit dankenswerterweise zur Auswer- gebenden Moränengebieten herrscht Grünland- tung überlassen. nutzung mit eingestreutem Ackerbau vor; im Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 3 nördlichen Teilbereich nimmt der Ackerbau fach anhand der Form der Extremitätenknochen deutlich zu. Die Brutplätze in diesem Untersu- determinieren. Säugetiere können sehr gut an- chungsgebiet liegen zumeist entlang der steilen hand ihrer Kiefer, Zähne und Schädelknochen Talhänge des dort tief eingeschnittenen Lechs. bestimmt werden. Bei größeren Säugern ist Eine detaillierte Beschreibung dieser Population auch eine Bestimmung mittels der Extremitä- bietet von Lossow (2010). tenknochen möglich. Um Doppelzählungen bei Werdenfelser Land (Lkr. GAP, WM, 650 – ca. den determinierten Beutetieren, vor allem bei 1200 m ü. NN, Ackerland 2 %, Dauergrün- den Kleinnagern zu vermeiden, wurden die land 46 %, Waldfläche 40 %, Gewässerfläche jeweiligen Extremitätenknochen nach Körper- 3 %): Die hier betrachtete Uhupopulation seite sortiert und aus der maximalen Anzahl an kommt im Bereich der auslaufenden Nördli- gleichen Knochen die Individuenanzahl ermit- chen Kalkalpen vor. Die Berghänge sind weitge- telt. Nur im Einzelfall, zum Beispiel bei deutli- hend mit (Berg-) Mischwald bewachsen, wobei chen Größenunterschieden der Extremitäten- im Übergang zwischen Talböden und den steile- knochen (meist bei Beutetieren mit größerem ren Hängen auch Fichtenmonokulturen ange- Habitus), oder bei altersbedingten Unterschie- pflanzt wurden. Die Talböden werden fast aus- den wurde von dieser Methode abgewichen. schließlich grünlandwirtschaftlich genutzt. Es Für die Auswertung im Bezug auf die erbeu- sind natürliche Seen und kleinere Stauseen vor- teten Vögel wurden die erhaltenen Individuen- handen, die größten Gewässer in der Nähe von zahlen aus der Bestimmung der Federn mit de- Brutplätzen sind die Flüsse Isar, Loisach und nen der Knochen verglichen und als Beutetier- Ammer. Die Brutplätze befinden sich v. a. in anzahl für das betrachtete Taxon der jeweils Felswänden und -nischen der Nördlichen Kalk- größere Wert herangezogen. Somit wird das alpen. Problem von Doppelzählungen bei den deter- Südlicher Frankenjura (Lkr. EI, ND, WUG, 400- minierten Vögeln weitestgehend umgangen. Bei 550 m ü. NN, Ackerland 40 %, Dauergrün- den Säugetieren erfolgte die Bestimmung so- land 15 %, Waldfläche 33 %, Gewässerfläche weit möglich bis auf Artniveau. War dies nicht 2 %): Im nördlichsten Untersuchungsgebiet bil- möglich, wurden die nicht näher determinierba- den Buchen und Fichten die Hauptbaumarten ren Individuen dem nächst höherem Taxon in den anthropogen stark beeinflussten Wald- (z. B. Gattung) zugeordnet. Eine detaillierte Be- beständen. Im Offenland wird vor allem Acker- schreibung der angewandten Methode findet bau und Grünlandwirtschaft betrieben. Gewäs- sich in Wagner & Springer (1970) und Frey ser liegen in Form von Bächen und kleineren (1973). Flüssen vor. Die Brutbereiche des Uhus finden Mit den Rohdaten anderer Jahre und Re- sich in Steinbrüchen und in den Felswänden der viere wurde gleichartig verfahren. Diese Beute- Juragesteine. reste wurden weitgehend von H.-J. Fünfstück, Sonstige: Die Daten dieser Reviere stammen S. Olschewski und M. Römhild bestimmt. aus einzelnen Aufsammlungen im südlichen Für die Auswertungen fanden Daten aus Bayern (Lkr. TÖL) und aus Unterfranken. Aufsammlungen Anwendung, welche vor- nehmlich in den Sommer- und Herbstmonaten Bestimmung der Beutetiere und Datenaufbe- (Mai bis September) des jeweiligen Jahres getä- reitung. Die Aufsammlungen „Lech“ aus den tigt wurden. Nur ausnahmsweise (vereinzelt im Jahren 2004-2007 wurden weitgehend von den Südlichen Frankenjura) erfolgten Aufsammlun- Autoren bestimmt. Dazu wurden die Federn gen in den Frühjahrsmonaten Januar bis April. und Knochen getrennt determiniert und die Somit stammen die erhobenen Daten vor allem Ergebnisse hinterher zusammengeführt. Die aus der Fortpflanzungs- und Jungenaufzucht- Federn wurden mit einer Federsammlung ver- zeit der Uhus. Unter dem Begriff Aufsammlung glichen und meist bis auf Artniveau (v. a. größe- wird hierbei die Gesamtheit der Beutereste ver- re Vögel ab Drosselgröße) oder höhere taxono- standen, welche bei einem Besuch der Brutni- mische Ebenen (Kleinvögel) bestimmt. Anhand sche im direkten Umfeld des Nestplatzes vorge- einer Knochensammlung und Fachliteratur funden werden. Dabei wurden sowohl Erstauf- (Boye 1981, März 1987) konnten auch die sammlungen, d. h. die erste Aufsammlung von Knochen größtenteils den einzelnen Arten zu- Beutetieren an einem Brutplatz als auch Auf- geordnet werden. Vögel lassen sich relativ ein- sammlungen in den Folgejahren in die Analy- 4 Ornithol. Anz., 50, 2011 sen aufgenommen. Aufgesammelt wurden die durchgeführten Auswertungen nur Nahrungs- Nahrungsreste in unmittelbarer Umgebung des aufsammlungen mit mindestens 28 nachgewie- Brutplatzes von Angestellten, Zivildienstleis- senen Beutetieren verwendet, sodass insgesamt tenden, Praktikanten und sonstigen Mitarbei- N = 82 Aufsammlungen für die Auswertungen tern (beispielsweise im Rahmen eines freiwilli- zur Verfügung standen (Tab. 1). gen ökologischen Jahres) des Bayerischen Lan- Da Nahrungsaufsammlungen mit einer nur desamtes für Umwelt, staatliche Vogelschutz- geringen Anzahl an determinierten Individuen warte Garmisch-Partenkirchen für die Bereiche in den meisten Fällen die Realität nur sehr Werdenfelser Land und mittlerer Lech sowie schlecht bzw. überhaupt nicht widerspiegeln, von M. Römhild für den Südlichen Frankenjura. soll mit dem Festlegen einer Mindeststichpro- Zur Auswertung wurden nur Aufsammlungen bengröße die Aussagekraft der Ergebnisse ge- herangezogen, für welche mindestens 28 Beu- währleistet werden. Darüber hinaus besteht für tetiere nachgewiesen werden konnten (s. a. sta- die meisten Berechnungsindizes und Distanz- tistische Auswertung). Hierbei wurde ein Kom- maße vor allem bei sehr geringen Individuen- promiss zwischen der Anzahl an verwendbaren zahlen der betrachteten Aufsammlungen eine Aufsammlungen und der Repräsentativität der ausgeprägte Stichprobenabhängigkeit, welche Aufsammlungen geschlossen. zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen würde (vgl. Wolda 1981). Auch dieser Sachver- Statistische Auswertung. Nach der Bestim- halt kann durch das Festlegen einer Mindest- mung der Nahrungsreste im Labor und der individuenanzahl pro Aufsammlung deutlich Aufbereitung der Rohdaten mit einem Tabellen- entkräftet bzw. ausgeschlossen werden. kalkulationsprogramm wurde zur statistischen Im hier vorliegenden Fall hätte eine Min- Datenauswertung das Softwarepaket R (Version deststichprobengröße von 45 Individuen, wie 2.10.1, R Development Core Team 2009) zusam- sie von Dalbeck (2005) verwendet wird, zu einer men mit den Zusatzpakten ecodist (Version 1.2.3, erheblichen Datenreduktion geführt, was eine Goslee & Urban 2007), labdsv (Version 1.4-1, Ro- statistische Auswertung unverhältnismäßig er- berts 2010a) und optpart (Version 2.0-1, Roberts schwert bzw. unmöglich gemacht hätte. So 2010b) verwendet. wurde die Mindeststichprobengröße basierend Berechnungen von anderen Autoren, z. B. auf statistischen Betrachtungen und unter Dalbeck (2005), zur Nahrungsökologie des Berücksichtigung der oben genannten Probleme Uhus basieren auf Aufsammlungen mit einer auf ein akzeptables Maß reduziert. Bei der Be- Mindestindividuenzahl von 45. Aufgrund nach- trachtung des gesamten verfügbaren Datenma- folgender Erläuterungen wurden für die hier terials von N = 104 Aufsammlungen für Ge-

Tab. 1. Zusammenfassende Übersicht grundlegender Daten der betrachteten Teilgebiete Bayerns (Zeitreihen: Anzahl an Revieren / Aufsammlungen (Werte in Klammern) für welche aus i unterschiedlichen Jahren Daten vorliegen). – An overview of fundamental data of the examined subareas within Bavaria (Zeitreihen: Number of territories / prey collections (in brackets) with available data for i different years). Mittlerer Werdenfelser Südlicher Sonstige Gesamt Lech Land Frankenjura Anzahl Aufsammlungen N 24 23 30 5 82 Zeitreihen (Reviere/ Aufsammlungen): aus 1 Jahr 8 (8) 3 (3) 7 (7) 5 (5) 23 (23) aus 2 Jahren 5 (10) 2 (4) 2 (4) - 9 (18) aus 3 Jahren 2 (6) 1 (3) - - 3 (9) aus 4 Jahren - 1 (4) - - 1 (4) aus 7 Jahren - - 1 (7) - 1 (7) aus 9 Jahren - 1 (9) - - 1 (9) aus 12 Jahren - - 1 (12) - 1 (12) Gesamtzeitraum 32 25 16 25 33 von Jahr 1976 1977 1993 1979 1976 bis Jahr 2007 2001 2008 2003 2008 Beutetieranzahl n 2176 1485 1962 295 5918 Beutetierbiomasse [kg] 636,0 482,5 549,5 94,6 1766,6 Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 5 samt-Bayern (von n = 2 bis n = 220 determinier- te Individuen) zeigte sich hierbei ein deutlicher Sprung in der pro Aufsammlung determinier- ten Individuenzahl von 23 zu 28 Individuen. Basierend auf diesem Sachverhalt, wurden die Gesamtdaten hinsichtlich der beiden nachfol- pi: dimensionsloser Individuenanteil der taxonomi- gend beschriebenen Parameter GM und B einer schen Gruppe i am Gesamtspektrum [-] non-parametrischen ANOVA (k = 3 Gruppen, G1: 2-23 Ind., G2: 28-43 Ind. und G3: 45-220 Um die Verteilungseigenschaften, sprich die Ind.) zusammen mit einem A-posteriori-Test für Breite der Streuung von Einzelwerten der ver- multiple Mittelwertvergleiche unterzogen wendeten Parameter innerhalb einer zu be- (näheres zu den Testverfahren siehe unten). trachtenden Gruppierung von errechneten Ein- Hierbei zeigte sich keine der untersuchten zelwerten (z. B. regional oder rein statistisch be- Gruppierungen (Nahrungsbreite B) bzw. die dingt) quantifizieren und somit die Kollektive Gruppe an Aufsammlungen bis 23 Individuen untereinander besser vergleichen zu können, (für GM) als signifikant unterschiedlich zu allen wurde der Variationskoeffizient cv verwendet anderen Gruppierungen. Sich stützend auf (Gleichung 3). diese Ergebnisse wurden für die nachfolgenden Betrachtungen nur Nahrungsaufsammlungen mit mindestens 28 nachgewiesenen Beutetieren verwendet (N = 82 für gesamt Bayern). Neben dem (prozentualen) Individuenanteil s: Standardabweichung des Daten-Kollektivs des jeweiligen Beutetiertaxons fand auch das – gewichtete Mittel der Beutetierbiomasse GM [g] x: Arithmetischer Mittelwert des Daten-Kollektivs (Gleichung 1) sowie die Nahrungsbreite B [-] nach Levins (1968) (Gleichung 2) der jeweiligen Dieses Streumaß weist im Gegensatz zu den Aufsammlung Eingang in die durchgeführten gängigeren Streuungsparametern wie der Berechnungen. Varianz oder der Standardabweichung einen entscheidenden Vorteil auf. Im Gegensatz zur Standardabweichung s, welche vom jeweiligen Mittelwert der Daten- Kollektive abhängig ist und somit keinerlei Ver- gleiche zwischen verschiedenen Datensätzen nges: Gesamtindividuenzahl der Aufsammlung [-] zulässt, wird die Standardabweichung beim ni: nachgewiesene Individuen des Beutetier-Taxons Variationskoeffizienten am zugehörigen arith- (-Art) i der Aufsammlung [-] metischen Mittelwert relativiert und erlaubt gi: durchschnittliches Lebendgewicht des Beute- somit den Vergleich von Datenkollektiven mit tier-Taxons (-Art) i [g] unterschiedlichen Mittelwerten (Rudolf & Kuh- lisch 2008). Während das gewichtete Mittel der Beutetier- Um nicht sofort ersichtliche Zusammenhän- biomassen ein gutes Maß für die jeweils bevor- ge zwischen den oben beschriebenen Parame- zugte Beutetiergröße beim Nahrungserwerb tern herauszuarbeiten, wurden die prozentua- darstellt, lässt sich die Spezialisierung des Uhus len Anteile der Beutetiere in den Nahrungs- hinsichtlich seiner Nahrungswahl durch die aufsammlungen und die oben beschriebenen Beziehung nach Levins (1968) näher quantifizie- Indizes anhand statistischer Tests miteinander ren. Der Wertebereich dieses Diversitätsmaßes verglichen. reicht von 1 bis n, wobei geringere Werte auf Mit Korrelationsanalysen wurden Abhän- Spezialisierung und höhere Werte auf einen zu- gigkeiten der Nahrungsbreite B mit den prozen- nehmenden Generalismus des betrachteten tualen Anteilen der erbeuteten Tiere und dem Prädators bei der Nahrungswahl hindeuten. gewichteten Mittel der Beutetierbiomassen GM

Dabei wurden für pi taxonomische Gruppen ge- verglichen. Hierbei ergeben sich Informationen, bildet, die sich größtenteils zwischen Familien- die positive und negative Zusammenhänge und Tribusebene bewegen. zwischen den Parametern anzeigen. Beispiels- 6 Ornithol. Anz., 50, 2011 weise können Beutetiere mit zunehmender korrelationskoeffizienten, bei welchen lediglich Nahrungsbreite in ihrem Anteil in den Nah- ein monotoner Zusammenhang vorausgesetzt rungsaufsammlungen zunehmende oder ab- wird. Der Wertebereich aller drei Korrelations- nehmende Tendenzen zeigen. koeffizienten bewegt sich zwischen -1 und 1. Je Zur Ermittlung von Unterschieden in der näher sich die errechneten Werte hierbei an Zusammensetzung der Beuteaufsammlungen einen der Extremwerte annähern, desto stärker wurden darüber hinaus multivariate Verfahren ist der Zusammenhang zwischen beiden be- in Form von Clusteranalysen durchgeführt. Das trachteten Merkmalen. Ergibt sich aus der Ergebnis sind Cluster (Gruppen) von Aufsamm- Berechnung für den jeweiligen Korrelationsko- lungen die sich untereinander ähnlicher sind als effizienten allerdings ein Wert um 0, ist ein Zu- zu anderen, in weiteren, errechneten Clustern sammenhang zwischen beiden gegenüberge- zusammengefassten Aufsammlungen. Werden stellten Parametern weitaus weniger wahr- diese Cluster in Bezug auf die Nahrungsbreite B scheinlich und wird im Allgemeinen ausge- und das gewichtete Mittel GM betrachtet, lassen schlossen. Die Art des Zusammenhangs lässt sich die Ergebnisse der Korrelationsanalysen sich aus dem Vorzeichen des jeweiligen Ko- auf diesem multivariaten Weg nochmals über- effizienten ableiten. So ergibt sich für positive prüfen. Auch lassen sich durch diesen multiva- Zusammenhänge (mit Zunahme eines Parame- riaten Ansatz die ermittelten Gruppierungen ters nimmt der andere Parameter ebenfalls zu) auf regionale und zeitlich bedingte Unterschie- zwischen den betrachteten Parametern ein posi- de untersuchen. Dies wurde im vorliegenden tiver Koeffizient, während für negative (gegen- Fall mit Hilfe von Kontingenzanalysen basie- läufige) Zusammenhänge der Koeffizient auch rend auf den herausgearbeiteten Clustern über- einen negativen Wert annimmt. prüft. Neben den einfachen Korrelationen zum Außerdem bietet sich bei der Clusteranalyse Nachweis von Zusammenhängen zwischen den die Möglichkeit, bestimmte Indicator Species vorgestellten Variablen wurde zudem von (Indikatorarten) für die betrachteten Cluster Clusteranalysen Gebrauch gemacht. Diese hier- heraus zu filtern. Die Ergebnisse dienen bei den archisch-agglomerativen Klassifikationsverfah- hier durchgeführten Untersuchungen wieder- ren ermöglichen das Herausstellen von sich un- um dem Vergleich der über multivariate Metho- tereinander relativ ähnlichen Aufsammlungen den (Clusteranalyse) ermittelten Ergebnisse mit in Clustern, die zu anderen Clustern relativ un- den Ergebnissen aus den univariaten Korrela- ähnlich sind. Zur Quantifizierung der relativen tionsanalysen. Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit der unter- Um die bei dieser Betrachtung durchgeführ- schiedlichen Nahrungsaufsammlungen fanden te Datenanalyse vollständig nachvollziehen zu drei verschiedene Ähnlichkeits- bzw. Distanz- können, werden im Nachfolgenden die ange- maße Anwendung, der Sørensen-Koeffizient, wandten statistischen Methoden für den inter- der Bray-Curtis-Koeffizient sowie die Euklidi- essierten Leser näher beschrieben: sche Distanz. Aus den zur Verfügung stehenden Zur Ermittlung von möglichen Zusammen- Cluster-Algorithmen wurde unter Berücksichti- hängen zwischen den oben aufgeführten Para- gung einer minimalen Kettenbildung (chaining) metern (B, GM und prozentuale Individuen- im Cluster-Dendrogramm sowie der Empfeh- anteile) wurden Korrelationsanalysen durchge- lungen aus der Literatur (Leyer & Wesche 2007) führt. Anschließend wurden die gefundenen vom group average-Algorithmus (Grundlage: Zusammenhänge einer Signifikanzprüfung Sørensen- bzw. Bray-Curtis-Koeffizient) sowie (Signifikanzniveau ` = 0,05) unterzogen. Neben von der Wards- (minimum variance-) Methode dem Korrelationskoeffizenten nach Pearson (r) (Euklidische Distanz) Gebrauch gemacht. fanden auch die Rangkorrelationskoeffizienten Zur Ermittlung der optimalen Anzahl an zu nach Spearman (f) bzw. nach Kendall (s) An- betrachtenden Clustern im jeweiligen Dendro- wendung. gramm (größte Aussagekraft) fand eine Indi- Im Gegensatz zum Pearson’schen Korrela- cator Species Analysis nach Dufrêne & Legen- tionskoeffizienten, für dessen Berechnung rela- dre (1997) Anwendung, bei welcher „typische“ tiv hohe Ansprüche an das Datenmaterial ge- Arten, die so genannten „Indicator Species“ für stellt werden (Normalverteilung, linearer Zu- die jeweils gegenübergestellten Cluster ausge- sammenhang), entfällt dies im Falle der Rang- geben werden. Inwieweit eine bestimmte Art Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 7 für eine jeweilige Gruppe charakteristisch ist, über eine einfaktorielle, non-paramterische Va- wird über einen Indikatorwert (indicator value) rianzanalyse in Form des Kruskal-Wallis-(H-) indiziert und mit einem Permutationstest auf Tests im Zusammenhang mit einem A-posterio- statistische Signifikanz überprüft. Der Indika- ri-Verfahren für multiple Mittelwertvergleiche torwert IV bewegt sich hierbei zwischen 0 (kei- in Form des Tukey HSD-Tests. Im Gegensatz ne Indikation) und 1 (vollkommene Indikation zur herkömmlichen ANOVA entfallen bei dem für eine bestimmte Gruppe). In Anlehnung an parameterfreien Verfahren des H-Tests die McCune et al. (2002) wurde die Signifikanzprü- strengen Anforderungen an das zu analysieren- fung der Indikation mit 1000 Permutationen de Datenmaterial wie Normalverteilung und durchgeführt. Des Weiteren wurden nur solche Varianzhomogenität. Bei dem angeschlossenen Arten in die Berechnungen mit einbezogen, Verfahren für multiple Vergleiche kann auf eine welche in mindestens 3 Aufsammlungen nach- Korrektur des Signifikanzniveaus, wie es bei- gewiesen werden konnten (vgl. McCune et al. spielweise mithilfe des Bonferroni- bzw. des 2002). Die Wahl der optimalen Anzahl an zu Bonferroni-Holm-Verfahrens möglich wäre, berücksichtigenden Clustern erfolgte anschlie- verzichtet werden, da die Problematik, welche ßend über eine graphische Darstellung der sich beim Testen statistischer Hypothesenfami- durchschnittlichen p-Werte aller betrachteten lien ergibt, bereits im Testverfahren selbst Be- Indikatorarten bzw. der Anzahl an signifikanten rücksichtigung findet (Näheres zu den hier an- Indikatorarten (Signifikanzniveau p = 0,05) pro gesprochenen Korrekturverfahren findet sich Anzahl an betrachteten Clustern. Hierbei wurde z. B. in Quednau 1992). diejenige Anzahl an Clustern als optimal Vor allem bei der Auswertung von Nah- betrachtet, bei welcher der durchschnittliche p- rungsanalysen aus einem Gebiet, in welchem Wert aller betrachteten Arten ein Minimum die einzelnen Reviere über mehrere Jahre immer bzw. die Anzahl an signifikanten Indikatorarten wieder beprobt werden (repeated measure- ein Maximum erreichte. Eine ausführliche ments) ergibt sich das Problem der Stichpro- Beschreibung dieses Verfahrens kann McCune benabhängigkeit einzelner Aufsammlungen, et al. (2002) entnommen werden. Basierend auf das als „Nesting“ bezeichnet wird. Da jede Un- der für das jeweilige Clusterverfahren ermittel- tersuchungseinheit (hier ein einzelnes Revier) ten Optimalanzahl an zu betrachtenden Clus- mehrfach zur Datengenerierung genutzt wird, tern wurden die hieraus hervorgehenden Grup- sind die so gewonnenen Daten im Allgemeinen pen mit weiteren statistischen Tests auf Unter- nicht mehr voneinander unabhängig. So sind schiede untersucht. sich Nahrungsreste (Aufsammlungen) des glei- Das Vorhandensein von großräumigen bzw. chen Uhus wohl in der Regel ähnlicher als die zeitlich bedingten Unterschieden zwischen den Beutereste verschiedenener Uhus. Dieser Sach- jeweils betrachteten Gruppen wurde mithilfe verhalt ist bei der Analyse der entsprechenden einer Kontingenzanalyse überprüft. Als Maß Daten zu berücksichtigen um eine Ergebnisver- diente hierbei der korrigierte Kontingenzko- fälschung weitestgehend auszuschließen. effizient Ckorr, welcher sich mit dem Korrela- Deshalb wurden die einzelnen Aufsamm- tionskoeffizienten nach Pearson vergleichen lungen (der unterschiedlichen Jahre) aus den lässt und ein Maß für den Zusammenhang zwi- jeweiligen Uhurevieren gemittelt und alle vorab schen nominalskalierten Variablen darstellt beschriebenen statistischen Verfahren und Tests (Köhler et al. 1995). mit diesen gemittelten Daten durchgerechnet. Weitere Parameter, auf deren Grundlage Un- Die hieraus erhaltenen Ergebnisse (Anzahl an terschiede zwischen den vorab herausgearbeite- Proben N = 38) decken sich zum größten Teil ten Clustern untersucht wurden, waren der pro- mit den Ergebnissen, welche sich bei der Aus- zentuale Anteil an Kleinnagern (Wühlmäuse wertung der Einzelproben (Aufsammlungen und Ratten) am Gesamtnahrungsspektrum so- aus unterschiedlichen Jahren des gleichen Re- wie die bereits vorgestellten Parameter Nah- viers, N = 82) ergaben und die im Folgenden rungsbreite B und das gewichtete Mittel der vorgestellt werden. Da die Nahrungswahl des Beutetierbiomassen GM. Uhus wohl deutlichen individuellen Unter- Die statistische Überprüfung auf Unter- schieden der Einzelvögel unterliegt bzw. vom schiede zwischen den einzelnen Clustern auf jährlich schwankenden Nahrungsangebot in Grundlage der vorgestellten Parameter erfolgte der Umgebung abhängt und die jeweils be- 8 Ornithol. Anz., 50, 2011

trachteten Proben (Aufsammlungen) zumindest paeus erreicht bis pind = 15,1 %. Alle weiteren in diesem Fall nicht einzelnen Adultvögeln zu- Tierarten (-gruppen) stellen jeweils weniger als geordnet werden können bzw. es fraglich ist, ob pind = 6,1 %. die Reviere immer von den selben Brutvögeln besetzt sind, wurden die zur Auswertung her- angezogenen Nahrungsaufsammlungen als un- abhängige Stichproben betrachtet.

Ergebnisse

Insgesamt konnten für den betrachteten Ge- samtzeitraum von 1976 bis 2008 in Bayern 154 Taxa als Beute des Uhus während der Jungen- aufzucht nachgewiesen werden. Davon wurden 124 Taxa bis auf Artniveau bestimmt. Das Nah- rungsspektrum umfasst hierbei sowohl Vögel (Aves, 88 nachgewiesene Arten) und Säuger (Mammalia, 31 Arten) als auch Schlangen (Squa- mata, 1 nachgewiesenes Individuum), Amphi- bien (Amphibia, 5 Arten) und Fische (Pisces, 5 Ar- ten). Darunter finden sich Kleinvögel und Mäuse mit einem Lebendgewicht kleiner 25 g bis hin zu Wasservögeln, Kaninchen, Feldhasen und jungen Rotfüchsen mit einem Gewicht über Abb. 1. Eine Auswahl der häufigsten Beutetiere und

1000 g. ihre Individuen- (pind) und Biomasseanteile (pbiom) in So scheint der Uhu ein opportunistischer den drei betrachteten Teilgebieten Bayerns. – The most Jäger mit einem breiten Nahrungsspektrum zu frequent prey species and their proportion as individuals sein. Wird die Beutezusammensetzung aller- (pind) and biomass (pbiom) in the three examined subareas of dings genauer betrachtet, so ergibt sich ein dif- Bavaria. ferenzierteres Bild.

Beutetiere und deren Lebensräume. In den Beutelisten treten nur wenige Tierarten (-grup- pen) mit mehr als 5 Prozent der Individuen-

(pind) oder Biomasseanteile (pbiom) auf. Diese sind in Abb. 1 dargestellt. Neben den in der Abbil- dung aufgeführten Tierarten erreichten folgen- de Taxa in einzelnen Teilgebieten mehr als 5 Prozent Individuen- oder Biomasseanteile, wel- che allerdings auf Grund der Übersichtlichkeit nicht in die Abbildung mit aufgenommen wur- den: Siebenschläfer Glis glis pind = 5,6 % (Süd- licher Frankenjura), Stockente Anas platyrhyn- chos pbiom = 5,9 % (Werdenfelser Land), Mäuse- bussard Buteo buteo pbiom = 13,1 % und Raben- krähe Corvus corone pbiom = 5,9 % (Mittlerer Lech). Abb. 2. Individuen- (p ) und Biomasseanteile (p ) Zu erkennen ist, dass die Wühlmäuse hin- ind biom der Beutetiere bezogen auf die Großlebensräume in den sichtlich der Individuenanteile in allen Teilgebie- drei betrachteten Teilgebieten Bayerns (Sonstige: ande- ten deutlich dominieren (pind > 38 %). Die Ratten re Lebensräume und euryöke Beutetiere). – Proportion

(hauptsächlich Wanderratte Rattus norvegicus) as individuals (pind) and biomass (pbiom) of prey at-tributable ließen sich mit einem Anteil bis pind = 20,7 % to habitat types in the three examined subareas of Bavaria nachweisen, der Braunbrustigel Erinaceus euro- (Sonstige: other habitats and euryoecious prey species). Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 9

Dahingegen ist der Anteil, den die Wühlmäuse an der Biomasse stellen, weit weniger bedeut- sam. Allgemein treten einzelne Tierarten (-grup- pen) in den Biomasseanteilen kaum hervor. Nur der Braunbrustigel zeigt sich mit pbiom = 39,8 % im Südlichen Frankenjura als besonders wichti- ger Nahrungslieferant. Im Werdenfelser Land treten die Ratten in ähnlicher Dominanz auf

(pbiom = 27,0 %). Alle anderen Biomasseanteile der Beutetierarten und -gruppen liegen unter pbiom = 15,4 %. Um die bevorzugten Jagdhabitate des Uhus zu ermitteln, wurden den Tierarten die Lebens- räume Offenland, Wald, Gewässer oder Sons- tige/Eurytop zugeordnet. Die Individuen- und Biomasseanteile der Beute bezüglich der Le- bensräume/Jagdhabitate sind in Abb. 2 darge- Abb. 3. Grafische Darstellung der Nahrungsbreite B stellt. Die großen Individuenanteile an Offen- über dem Gewichteten Mittel der Beutetierbiomasse landarten lassen sich auf die hohen Anteile der GM. Dargestellt sind 82 bayerische Nahrungsauf- Wühlmäuse als Bewohner des Offenlandes zu- sammlungen aus dem Zeitraum 1976 bis 2008 mit zu- rückführen. Aufgrund des relativ geringen Le- gehöriger Korrelation (r = 0,61; p < 0,001). – Graphical bendgewichts der Wühlmäuse fallen die Bio- illustration of prey diversity (B) and weighted mean of prey biomass (GM). 82 bavarian prey collections between 1976 masseanteile der Offenlandarten dementspre- and 2008 are depicted with the appropriate correlation (r = chend niedriger aus. Es fällt auf, dass in den 0.61, p < 0.001). Gebieten Mittlerer Lech und Werdenfelser Land die Individuen- und Biomasseanteile am Le- ren Nahrungsbreiten (arithmetisches Mittel) der bensraum Gewässer deutlich höher sind als im einzelnen Großregionen bewegen sich zwischen Südlichen Frankenjura. Dafür sind im Südli- 3,9 (Lech) und 4,9 (Werdenfels). Die geringste chen Frankenjura die Anteile der Beute aus dem Variation der Einzelwerte lässt sich hierbei im Lebensraum Wald höher, was sich auf die Südlichen Frankenjura beobachten (cv = 0,50), Zuordnung des Igels zu diesem Lebensraumtyp während die jeweiligen Werte für B in der Groß- zurückführen lässt (vgl. Abb. 1). region Mittlerer Lech am weitesten streuen (cv = 0,71). Nahrungsbreite, Beutetiergröße und Indivi- Für das gewichtete Mittel der Beutetierbio- duenanteile der Beutetiere. Im Rahmen dieser massen GM schwanken die errechneten Werte Arbeit wurde die Nahrungsbreite B nach Levins für gesamt Bayern zwischen 43 und 808 g mit

(1968) als Diversitätsmaß in Bezug auf die Nah- cvges = 0,5. Die arithmetischen Mittelwerte der ein- rungswahl des Uhus herangezogen. Die Werte zelnen Großregionen variieren zwischen 302 g für B reichen dabei für die einzelnen Aufsamm- (Mittlerer Lech) und 348 g (Werdenfelser lungen von 1,0 bis 13,1 mit einem Variationsko- Land). Die geringste Streuung der Einzelwerte effizienten von cvges = 0,62 (N = 82). Die mittle- ergibt sich hier für die Großregion Mittlerer

Tab. 2. Ergebnisse der Korrelationsanalysen nach Pearson (r), Spearman (f) und Kendall (s) zwischen der Nahrungsbreite B und dem Gewichteten Mittel GM (*: p < 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001). – Results of correlati- on analyses after Pearson (r), Spearman (f) and Kendall (s) between prey diversity B and weighted mean of prey biomass GM (*: p < 0.05, **: p < 0.01, ***: p < 0.001). Gebiet N r fs Gesamt 82 0,61*** 0,67*** 0,53*** Mittlerer Lech 24 0,91*** 0,86*** 0,75*** Werdenfelser Land 23 0,63** 0,64** 0,49*** Südlicher Frankenjura 30 0,34 0,51* 0,39** Sonstige 5 0,96* 1,0* 1,0* 10 Ornithol. Anz., 50, 2011

Abb. 4. Grafische Darstellung der Nahrungsbreite B über dem Gewichteten Mittel der Beutetierbiomasse GM sowie den Individuenanteilen ausgewählter Arten (pind) der drei Teilgebiete Bayerns. – Graphical illustration of prey diversity B and weighted mean of prey biomass GM as well as a selection of species with their proportion as indivi- duals (pind) in the three bavarian subareas. For scientific names of prey species see appendix. Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 11

Lech mit cv = 0,44, die maximale im Südlichen Arten durchschnittlich werden, desto höher fal- Frankenjura mit cv = 0,58. len die Werte für die Nahrungbreite B aus, d. h. Werden die beiden Parameter Nahrungs- umso generalistischer wird der Uhu bei der breite B und GM miteinander korreliert, so er- Nahrungswahl. Nimmt die Größe der Beutetie- gibt sich sowohl für das Gesamtmaterial aus re im Nahrungsspektrum hingegen ab, so lässt Bayern (r = 0,61; f = 0,69; s = 0,53; p < 0,001; N = sich eine deutliche Spezialisierung des Uhus 82; Abb. 3) als auch für die einzelnen Groß- während der Aufzuchtzeit beobachten. regionen (Tab. 2, Abb. 4) ein signifikant positi- Diese Abhängigkeit der Nahrungsspeziali- ver Zusammenhang. Die fehlende Signifikanz sierung von der jeweils hauptsächlich genutz- für die Korrelation nach Pearson im Großgebiet ten Beutetiergröße spiegelt sich auch in den Be- Südlicher Frankenjura (Tab. 2) ist durch zwei ziehungen zwischen den prozentualen Indivi- Wertepaare bedingt, welche trotz geringer Nah- duenanteilen ausgewählter Beutetiere und dem rungsbreite B hohe Werte für GM aufweisen. für das jeweilige Nahrungsspektrum ermittel- Beide Aufsammlungen lassen sich durch einen ten Wert der Nahrungsbreite B wider (Abb. 4). Box-Whisker-Plot hinsichtlich GM als Ausreißer Wird die Feldmaus Microtus arvalis betrach- (größer 1,5-facher Interquartilabstand) identifi- tet, so ergeben sich für den Zusammenhang zieren. Nach Entfernen dieser Werte würde sich zwischen den prozentualen Individuenanteilen auch hier ein signifikanter Zusammenhang dieser Art und den zugehörigen Werten für die nachweisen lassen. Bei den verwendeten Rang- Nahrungsbreite B in allen drei Teilgebieten korrelationskoeffizienten r und s zeigt sich für (Mittlerer Lech, Werdenfelser Land und Südli- sämtliche Korrelationen ein signifikant positi- cher Frankenjura) höchst signifikante (p < ver Zusammenhang (Tab. 2). 0,001), negative Korrelationen (Abb. 4, Tab. 3). Demnach besteht ein direkter Zusammen- Bei ansteigendem Anteil an Feldmäusen im hang zwischen der jeweils hauptsächlich ge- Nahrungsspektrum des Uhus ist also eine zu- nutzten Beutetiergröße und der Spezialisierung nehmende Spezialisierung (abnehmende B- im Nahrungsspektrum. Je größer die erbeuteten Werte) zu beobachten.

Tab. 3. Ergebnisse der Korrelationsanalysen nach Pearson (r), Spearman (f) und Kendall (s) zwischen der Nah- rungsbreite B und dem Individuenanteil einzelner Beutetiere (angegeben sind nur signifikante Zusammen- hänge; *: p < 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001). – Results of correlation analyses after Pearson (r), Spearman (f) and Kendall (s ) between prey diversity B and proportion of individuals (only significant correlations are depicted, *: p < 0.05, **: p < 0.01, ***: p < 0.001). For scientific names of prey species see appendix. Teilgebiet Art N r Art N g Art N t Blässhuhn 23 0,83*** Blässhuhn 23 0,84*** Feldmaus 23 -0,66*** Feldmaus 23 -0,72*** Feldmaus 23 -0,82*** Blässhuhn 23 0,63*** Eichhörnchen 17 0,74*** Amsel 12 0,80** Schermaus 23 -0,45** Bisam 5 0,99*** Rabenkrähe 20 0,60** Amsel 12 0,61** Mittlerer Kleinvogel sp. 8 0,88** Schermaus 23 -0,54** Rabenkrähe 20 0,43** Lech Schermaus 23 -0,53** Eichhörnchen 17 0,51* Singdrossel 11 0,65* Haubentaucher 9 0,71* Mäusebussard 22 0,45* Reiherente 11 0,61* Amsel 12 0,58* Stockente 13 0,82*** Stockente 13 0,96*** Stockente 13 0,85*** Feldmaus 17 -0,72** Feldmaus 17 -0,78*** Feldmaus 17 -0,60*** Werden- Rabenkrähe 14 0,66** Rabenkrähe 14 0,75** Rabenkrähe 14 0,56** felser Waldkauz 15 0,53* Waldkauz 15 0,58* Waldkauz 15 0,43* Land Schermaus 20 -0,45* Eichhörnchen 16 0,50* Waldohreule 14 0,43* Waldohreule 14 0,54* Eichhörnchen 16 0,38* Mäusebussard 10 0,51* Feldmaus 26 -0,91*** Feldmaus 26 -0,89*** Feldmaus 26 -0,74*** Südlicher Feldhase juv. 16 0,67** Feldhase juv. 16 0,68** Feldhase juv. 16 0,49** Frankenjura Wanderratte 19 0,51* Eichhörnchen 9 0,75* Eichhörnchen 9 0,56* Eichhörnchen 9 0,69* Sonstige Rabenkrähe 3 1,0* Stockente 3 1,0* 12 Ornithol. Anz., 50, 2011

Auch für die Schermaus Arvicola terrestris zeigt bzw. Distanzmaße sowie unter der Annahme sich zumindest für die Teilgebiete Mittlerer einer Unabhängigkeit der untersuchen Stich- Lech und Werdenfelser Land eine signifikant proben (s. o.) ergaben sich unter Berücksichti- negative Abhängigkeit der beiden gegenüberge- gung einer aussagekräftigen Anzahl an Clus- stellten Parameter B und pind. Dies unterstützt tern 9 (Bray-Curtis, group average), 13 (Eukli- das Bild einer zunehmenden Spezialisierung dische Distanz, Wards-Methode) bzw. 14 (Sø- des Uhus bei einer Mehrnutzung an kleinen rensen, group average) Gruppen an Nahrungs- Säugetier-Arten (Tab. 3). aufsammlungen. Diese nach McCune et al. Für größere Beutetiere zeigen sich dagegen (2002) aussagekräftigste Anzahl an Clustern entgegengesetzte Zusammenhänge. Im Teilge- war die Grundlage für sämtliche Tests im Hin- biet Mittlerer Lech lässt sich trotz der relativen blick auf signifikante Unterschiede zwischen Gewässernähe und einem überdurchschnittli- den einzelnen Clustern, deren Ergebnisse nach- chen Angebot an Wasservögeln keine negative, folgend dargestellt werden. sondern eine positive Abhängigkeit zwischen Aus der Kontingenzanalyse bezüglich der Nahrungsbreite und den prozentualen räumlich bedingter Unterschiede zwischen den Individuenanteilen einiger Arten nachweisen einzelnen Clustern ergab sich für alle drei Grup- (z. B. Blässhuhn Fulica atra, Abb. 4, Tab. 3). Die- pierungsverfahren (Clusteralgorithmen) eine ser für alle drei verwendeten Korrelationsver- signifikante Abhängigkeit (p < 0,05) der jewei- fahren höchst signifikante Zusammenhang (p < ligen Cluster von den Teilgebieten. Hier lieferte 0,001; N = 23) zeigt für zunehmende Anteile an die Methode group average auf Grundlage Blässhühnern im Gesamtspektrum eine deutli- der Sørensen-Ähnlichkeit das signifikanteste che Zunahme des Nahrungsgeneralismus bei Ergebnis (korrigierter Kontingenzkoeffizient -8 fütternden Uhus in diesem Teilbereich Bayerns. Ckorr = 0,87; p = 1,7·10 ; N = 82). Ein sehr ähnliches Bild ergibt sich für die Für die Wards-Methode, basierend auf der Großregion Werdenfelser Land bezüglich der Euklidischen Distanz zeigte sich dagegen der Stockente Anas platyrhynchos, für deren Indi- geringste Zusammenhang zwischen jeweiligem viduenanteile sich ebenfalls für alle Korrela- Cluster und Teilgebiet (Ckorr = 0,73; p = 0,03). tionsanalysen höchst signifikante (p < 0,001; Ein sehr ähnliches Bild zeigt sich für die N = 13) positive Zusammenhänge ergeben Kontingenzanalyse in Bezug auf zeitlich be- (Abb. 4, Tab. 3). dingte Unterschiede. Für Zeitintervalle von 6 Auch im Teilgebiet Südlicher Frankenjura Jahren (berechnet nach der Faustregel von Stur- lässt sich für die „großen“ Arten eine derartige ges zur geeigneten Wahl der Klassenbreite) lässt positive Korrelation zwischen dem Spezialisie- sich für alle drei Clusterverfahren eine signifi- rungsgrad und den jeweiligen Individuenantei- kante Abhängigkeit nachweisen. Die höchste len der Beutetiere nachweisen. So zeigt sich hier Signifikanz ergab sich für das group average- sowohl unter Verwendung des Korrelationsko- Verfahren im Zusammenhang mit dem Bray- -5 effizienten nach Pearson, als auch für die Rang- Curtis-Koeffizienten (Ckorr = 0,75; p = 5,2·10 ), korrelationskoeffizienten nach Spearman und die geringste für die Wards-Methode zusam-

Kendall im Hinblick auf juvenile Feldhasen men mit der Euklidischen Distanz (Ckorr = 0,72; Lepus europaeus eine hoch signifikante (p < 0,01; p = 0,046). So spielen neben den räumlichen Un- N = 16) positive Abhängigkeit. terschieden, welche sich über die hier ange- wandten Verfahren für die Großregionen inner- Unterschiede innerhalb Bayerns. Um Unter- halb Bayerns nachweisen ließen, auch zeitlich schiede der Beuteaufsammlungen zwischen bedingte Unterschiede eine deutliche Rolle im den Teilgebieten in Bayern herauszuarbeiten Hinblick auf die Nahrungswahl des Uhus wäh- und deren Ursachen zu ergründen, fanden rend der Jungenaufzucht. unterschiedliche Verfahren der Clusteranalyse Auch die Ergebnisse aus der non-parametri- Anwendung (s. o.). Anschließend wurden stati- schen ANOVA im Zusammenhang mit den stisch abgesicherte Unterschiede zwischen den nachgestellten multiplen Mittelwertvergleichen einzelnen Clustern mithilfe weiterer Testver- zeigen signifikante Unterschiede zwischen den fahren herausgestellt. verglichenen Clustern. So ergeben sich für alle Für die drei verwendeten Clusteralgorith- drei vorgestellten Cluster-Verfahren sowohl im men und die zu Grunde gelegten Ähnlichkeits- Hinblick auf die Nahrungsbreite B und das ge- Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 13

Abb. 5. Box-Whisker-Plots der Nahrungsbreite B und des Gewichteten Mittels GM. Clusteranalyse (links, Clusteralgorithmus: group average, Ähnlichkeitsmaß: Bray-Curtis-Koeffizient) und geografische Teilgebiete (rechts) (Box: Median, unteres und oberes Quartil; Länge Whiskers: 1,5 facher Interquartilabstand). – Box whis- ker plots of prey diversity B and weighted mean of prey biomass GM. Cluster analysis (on the left, clusteralgorithm: group average, distance measure: Bray-Curtis-coefficient) and geographical subareas (on the right) (Box: median, lower and upper quartile; length of whiskers: 1.5 interquartile range). wichtete Mittel der Beutetierbiomasse GM als Sowohl für die Nahrungsbreite B als auch für auch für die prozentualen Anteile der Klein- das Gewichtete Mittel GM zeigen sich für die nager (Wühlmäuse und Ratten) am Gesamt- Cluster der Wards-Methode auf Grundlage der spektrum zwischen den einzelnen Clustern Euklidischen Distanz die signifikantesten Er- höchst signifikante (p < 0,001) Unterschiede. gebnisse (B: H = 49,6 mit p = 1,7·10-6; GM: H = Diese sind bei einer rein räumlichen Gruppie- 53,7 mit p = 3,1·10-7). rung der Aufsammlungen in die Teilgebiete Auf Basis der prozentualen Anteile an Klein- nicht zu erkennen (Abb. 5). nagern ergibt sich für das group average-Ver- 14 Ornithol. Anz., 50, 2011 fahren mit der Bray-Curtis-Unähnlichkeit das 4, Abb. 5). Während für das Cluster c4 mit rela- signifikanteste Ergebnis (H = 50,1, p = 4,0·10-8). tiv hohen Werten für B/GM insgesamt 6 haupt- Die geringsten Signifikanzen zeigen sich für alle sächlich größere, signifikante Indikatorarten drei Parameter (B, GM und Anteil der Kleinna- nachgewiesen werden konnten, ergibt sich für ger) für den group average-Algorithmus basie- Cluster c2 mit relativ niedrigen B/GM-Werten rend auf der Sørensen-Ähnlichkeit, wobei sich lediglich die Feldmaus als signifikante Indika- auch hier höchst signifikante (p < 0,001) Unter- torart. schiede ergeben. Wie bei den Kontingenzanaly- sen lässt sich auch hier erkennen, dass die Un- terschiede zwischen den einzelnen Gruppen Diskussion nicht nur durch eine räumliche Trennung be- gründet sind (Abb. 5). Nahrungsbreite und genutzte Beutetiergröße. Bei den anschließend durchgeführten multi- Ein Großteil der hier vorgestellten Ergebnisse plen Mittelwertvergleichen in Form des Tukey und Schlussfolgerungen basiert auf zwei Para- HSD-Tests zeigt sich für die Methode group metern: Der Nahrungsbreite B und dem ge- average/Bray-Curtis besonders die Gruppe c2 wichteten Mittel der Beutetierbiomasse GM. als von den meisten anderen Clustern signifi- Bei der nach Levins (1968) berechneten kant unterschiedlich. Bei der vorangestellen In- Nahrungsbreite B handelt es sich um ein Diver- dicator Species Analyse ergibt sich genau für sitätsmaß, mit dessen Hilfe sich relativ einfach dieses Cluster die Feldmaus Microtus arvalis als der Spezialisierungsgrad bezüglich der Nah- einzige, signifikante Indikatorart (Tab. 4). Im rungswahl quantifizieren lässt. Dies ist ein Allgemeinen lässt sich hier ein Zusammenhang Grund dafür, dass dieser Index bereits von zahl- zwischen Größe und Anzahl der signifikanten reichen anderen Autoren bei Studien zur Nah- Indikatorarten und der Verteilung der Werte für rungsökologie von Greifvögeln Anwendung die Nahrungsbreite B bzw. GM erkennen (Tab. fand (z. B. Steinadler Aquila chrysaetos, Prärie-

Tab. 4. Indikatorarten der einzelnen Cluster aus der Indicator Species Analyse (Clusteralgorithmus: group ave- rage; Ähnlichkeitsmaß: Bray-Curtis-Koeffizient; Anzahl betrachtete Cluster: 9; *: p < 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001). – Indicator species of individual clusters in the computed Indicator Species Analysis (clusteralgorithm: group ave- rage, distance measure: Bray-Curtis-coefficient, examined clusters: 9, *: p < 0.05, **: p < 0.01, ***: p < 0.001). For scienti- fic names of prey species see appendix. Indikatorart Cluster Indikator- mittleres mittleres Nr. wert (IV) B [-] GM [g] Schermaus c1 0,61** Wasserralle c1 0,49* Wühlmaus sp. c1 0,46 2,1 235 Feldmaus c2 0,45** 3,1 228 Siebenschläfer c3 0,89** Waldmaus c3 0,51* Spitzmaus sp. c3 0,48* Braunbrustigel c3 0,45* Singdrossel c3 0,41* 4,7 290 Haubentaucher c4 0,67* Ratte sp. c4 0,63* Mäusebussard c4 0,60** Ente sp. c4 0,48* Rötelmaus c4 0,47** Blässhuhn c4 0,38* 8,5 518 Wanderratte c5 0,69** 3,4 411 Schleiereule c8 0,76** Rotdrossel c8 0,44* 4,4 217 Krickente c9 0,86** Lachmöwe c9 0,84** 8,1 471 Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 15 falke Falco mexicanus, Rotschwanzbussard Buteo gigkeit beider Parameter bestätigt. Für diese jamaicensis und Königsbussard Buteo regalis in rein künstlich erzeugten Daten zeigte sich kei- Steenhof & Kochert 1985, 1988; Seeadler Haliae- nerlei statistisch abgesicherter Zusammenhang etus albicilla und Steinadler Aquila chrysaetos in zwischen der Nahrungsbreite B und dem Ge- Watson et al. 1992; Steinadler Aquila chrysaetos in wichteten Mittel GM. Whitfield et al. 2009). Im Gegensatz zu anderen Mit den erhaltenen Ergebnissen wird ge- Diversitätsmaßen wie dem Shannon-Weaver-In- zeigt, dass ein zunehmendes mittleres Gewicht dex, bei welchem besonders selten genutzte der Beuteaufsammlungen zu einer höheren Beutetiere ins Gewicht fallen, betont die Nah- Nahrungsbreite (größere Diversität des Beute- rungsbreite nach Levins vor allem abundante spektrums) führt. Beutetiere oder Beutetiergruppen (Krebs 1989, Im Detail ist zu erkennen, dass die Nah- Whitfield et al. 2009). rungsbreite B v. a. mit zunehmenden Anteilen Auf den zweiten Parameter, das gewichtete der Feldmaus, aber auch der Schermaus, ab- Mittel der Beutetierbiomasse GM, wird in der nimmt, was eine erhöhte Spezialisierung des einschlägigen Literatur dahingegen wesentlich Uhus bedeutet. Dieser Zusammenhang lässt weniger häufig verwiesen (z. B. Sulkava et al. den Schluss zu, dass die Wühlmäuse, wenn sie 1999). Im Gegensatz zum arithmetischen Mittel in ausreichender Anzahl vorhanden sind, vom bildet das gewichtete Mittel die tatsächliche Uhu als Nahrung bevorzugt werden. Gegen- Situation bezüglich der erbeuteten Biomasse sätzlich ist die häufige Annahme, dass der Uhu wesentlich besser ab und erlaubt hierbei in während der Brut- und Aufzuchtzeit vor allem Form eines Zahlenwertes einen Rückschluss auf große Beutetiere bevorzugt und ein hoher An- die jeweils bevorzugte mittlere Beutetiergröße. teil an kleinen Beutetieren auf schlechte Reviere Nicht nur aus den einzelnen Parametern, schließen lässt (vgl. Görner & Knobloch 1978, sondern auch aus deren Zusammenhang wur- Knobloch 1979, Piechocki 1985, Donázar 1987). den Schlussfolgerungen auf das Nahrungsver- Widerlegt werden diese weitläufigen Ver- halten nistender Uhus in Bayern gezogen. Ein mutungen allerdings auch von Marchesi et al. rein analytischer Zusammenhang der beiden (2002) für eine Uhupopulation aus den intensiv Parameter B und GM, wie er sich bei einer allein landwirtschaftlich geprägten Voralpenberei- durch die verwendeteten Variablen in den Be- chen der zentral-östlichen Italienischen Alpen. rechnungsformeln bedingten Abhängigkeit der Ebenso wie in der hier vorliegenden Untersu- beiden korrelierten Faktoren ergeben würde, ist chung wird das Nahrungspektrum der dort an- hierbei nicht erkennbar. Die beschriebene Be- sässigen Uhus deutlich von Kleinnagern, in die- ziehung zwischen B und GM wurde beispiels- sem Fall von Wanderraten Rattus norvegicus ge- weise auch an Nahrungsanalysen des Stein- prägt, welche in diesen stark anthropogen ge- adlers für den Werdenfelser Raum getestet prägten Bereichen nach den Autoren eine leicht (Schweiger unpubl.). Im Gegensatz zu den verfügbare Nahrungsquelle darstellen. Ein deutlich positiven Korrelationen, welche sich Rückgang der Anteile dieses dominierenden für die ausgewerteten Nahrungsaufsammlun- Beutetiers im Nahrungsspektrum der Uhus gen des Uhus ergaben, zeigte sich im Hinblick konnte hierbei mit einer Ausweitung des Beute- auf die Nahrungsnutzung nistender Steinadler spektrums und einem niedrigeren Bruterfolg in ein relativ deutlicher, negativer Zusammenhang Verbindung gebracht werden. Die Spezialisie- der beiden gegenübergestellten Parameter. rung auf leicht zu erbeutende, im näheren Um- Wenn ein Scheinzusammenhang zwischen den feld häufige Arten im Zusammenhang mit ei- beiden Parametern B und GM bestünde, wie er nem breiter werdenden Nahrungsspektrum bei sich beispielsweise ergibt, wenn in zwei gegen- rückläufiger Verfügbarkeit dieser hauptsächlich übergestellten, berechneten Größen jeweils die genutzten Beutetiere bestätigt nach den Auto- gleiche Variable verrechnet wird, müssten sich ren die Optimal Foraging Theorie von Stephens hier ähnliche Ergebnisse wie bei der Auswer- & Krebs (1986). Gerade die hohe Verfügbarkeit tung der Uhubeutelisten zeigen. Auch bei einer an leicht zu erbeutenden Kleinsäugern im na- Korrelation der beiden Parameter basierend auf hen Umfeld des Brutplatzes lässt diese gerade Computer-generierten Zufallszahlen (mittels während der Aufzuchtzeit bzw. in Gradations- MS Excel) für die jeweiligen Individuenanteile jahren der Beutetiere (Wühlmäuse) im Bezug der Beutetiere wird die analytische Unabhän- auf den Energiebedarf der adulten und juveni- 16 Ornithol. Anz., 50, 2011 len Uhus als attraktive Beute erscheinen (Cen- Auf Grundlage der verfügbaren Daten und der tral Place Foraging Theorie, vgl. Stephens & hier vorliegenden Ergebnisse lässt sich somit Krebs 1986). Um den Gesamtenergiebedarf der keine Benachteiligung des Uhus hinsichtlich Uhufamilie auch bei abnehmender Nahrungs- seines Reproduktionserfolges in Revieren mit verfügbarkeit im nahen Umfeld des Brutplatzes hohen Beuteindividuenanteilen an Wühlmäu- weiterhin decken zu können, muss mit zuneh- sen erkennen. Deshalb stellen Reviere mit ho- mender Distanz vom Brutplatz (Central Place) hen Beuteindividuenanteilen an Wühlmäusen auch notgedrungen die Größe (Biomasse) der in den hier untersuchten Teilgebieten keine po- Beutetiere zunehmen („encounter at a dis- tenziell schlechten Brutreviere dar. tance“-Modell von Schoener 1979). Die Nut- Dennoch bilden die Wühlmäuse meist einen zung ertragreicher Jagdhabitate im nahen Um- geringeren Anteil an der Gesamtbiomasse der feld des Brutplatzes wird hierbei beispielsweise Beute, größere Beutetiere dagegen einen höhe- von Penterniani et al. (2001) für eine mediterra- ren (Abb. 1). Ein möglicher Grund dafür ist, ne Uhupopulation beschrieben. dass kurz vor dem Selbständigwerden der Anonym (1980) schreibt, dass nach Untersu- Jungvögel viel Beutebiomasse benötigt wird. Es chungen von Frey der Uhu Beute mit der Größe ist dann für die Altvögel zeitlich kaum möglich, von 300 bis 500 g bevorzugt. Allerdings gibt es so viele Wühlmäuse zu fangen, dass der Nah- auch eine Vielzahl von Quellen, die beschrei- rungsbedarf der ganzen Familie gedeckt wer- ben, dass der Uhu ein eifriger Mäusejäger ist den kann. In dieser Phase der Jungenaufzucht (z. B. Uttendörfer in Piechocki 1985) oder in an- spielt das Vorkommen größerer Beutetiere (wie deren Gebieten bevorzugt Hamster jagt (König z. B. Blässhühner) wohl eine sehr wichtige Rol- & Haensel 1968). Dalbeck (2005) vermutet einen le. Inwieweit Gradationsjahre einzelner Beute- positiven Zusammenhang zwischen der Verfüg- tiere eine Rolle spielen, konnte nicht untersucht barkeit von Feldmäusen und der Fitness der werden, da die Zeitreihen derselben Uhureviere Uhu-Jungvögel. Es wird aber auch die Relevanz zu kurz sind um belastbare Aussagen treffen zu des Braunbrustigels (Bezzel & Wildner 1970) können. Es ist aber nicht auszuschließen, dass in und juveniler Feldhasen (Frey & Walter 1977) Gradationsjahren die Biomasseanteile der als Beute des Uhus betont. Wühlmäuse erhöht sind. Bei der hier vorliegenden Untersuchung lie- Dass die Wühlmäuse für den Uhu in Bayern gen die mittleren Gewichte im Großteil unter 400 eine wichtige Rolle spielen, ist zum einen auf g und reichen auch weit unter 200 g (Abb. 3 u. 4). ihre weite Verbreitung und teilweise hohe Wenn Beute mit einer Größe um 400 g bevorzugt Siedlungsdichte in Bayern (Kraft 2008) zurück- würde, sollten die Reviere mit niedrigem mittle- zuführen. Darüber hinaus sind die Wühlmäuse rem Beutegewicht schlechte Brutreviere sein. sehr reproduktionsstark und erreichen vor Hierfür ergaben sich allerdings keine Anhalts- allem in Gradationsjahren hohe Siedlungsdich- punkte. Basierend auf den von einigen Revieren ten (Niethammer & Krapp 1978). Aufgrund ih- verfügbaren Daten zur Anzahl an flüggen Jung- rer weiten Verbreitung in Offenlandschaften vögeln (vgl. von Lossow 2010) konnte kein Zu- sind sie leicht als Beute erreichbar und durch sammenhang zwischen der Anzahl an flüggen die kurzen Generationszeiten (Niethammer & Jungvögeln und dem mittleren Gewicht GM fest- Krapp 1978) werden Verluste durch Prädation gestellt werden. Allerdings ist ein derart starker, schnell wieder ausgeglichen. Die Wühlmäuse direkter Zusammenhang zwischen der Nah- sind also längerfristig und nachhaltig als Beu- rungswahl und dem Reproduktionserfolg des tetiere verfügbar. Größere Beutetiere wie Igel Uhus wohl auch eher unwahrscheinlich, da die oder Blässhuhn vermehren sich dagegen weit Fitness der Adultvögel und somit die Anzahl der weniger schnell. Werden im Frühling viele Jungvögel multikausal ist, also zusätzlich noch geschlechtsreife Tiere erbeutet, fehlt im Verlauf von weiteren Faktoren abhängt. Hier wäre eher des Frühjahrs und Sommers diese Nahrungs- eine Korrelation zwischen der Beutetiergröße grundlage. Möglicherweise steigt der Uhu erst und der Fitness (Wachstum) der Jungvögel zu auf große Beutetiere um, wenn viel Biomasse erwarten. Ein derartiger Zusammenhang konnte zur Ernährung der fast ausgewachsenen Jung- aber in den Untersuchungsgebieten auf Grund vögel benötigt wird, die mit der bevorzugten der fehlenden Daten zur Jungvogelfitness nicht Beute, nämlich Wühlmäuse, nicht mehr gedeckt überprüft werden. werden kann. Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 17

Überwinternde Blässhühner und andere Was- mit größerem Erfolg. Auch die Lage des Brut- servögel können während der Wintermonate platzes spielt eine große Rolle. Liegt dieser zu eine Ersatzbeute für die Kleinsäuger darstellen, exponiert, können Jungvögel extremen Witte- die z. B. aufgrund einer geschlossenen Schnee- rungsverhältnissen zum Opfer fallen. Es kann decke während dieser Jahreszeit nicht verfüg- zu Verlusten durch Unterkühlung während bar sind. Vor allem am Mittleren Lech, wo der nasskalter Wetterphasen kommen, oder große Gewässeranteil von den drei betrachteten Teil- Hitze den Jungvögeln schaden. Aber auch Prä- gebieten am größten ist, können fast alle Brut- dation durch andere Räuber kann die Anzahl paare auf diese Nahrung ausweichen. Dies der Jungvögel dezimieren. Zudem mindern könnte ein Grund für die frühen Bruten am häufige Störungen am Brutplatz, sei es durch Mittleren Lech sein (vgl. von Lossow 2010). Nur Mensch oder Tier, den Bruterfolg. Eine Mono- bei guter körperlicher Kondition, die wesentlich kausalität für schlechte Bruterfolge ist nur in von der Nahrungsverfügbarkeit abhängt, ist ein den seltensten Fällen gegeben. früher Brutbeginn energetisch zu bewältigen Ein Maß für die Verteilung der Biomasse in und damit sinnvoll. Gerade die gute Ernäh- der Landschaft stellt die Biomassedichte (Bio- rungssituation während der Wintermonate masse der Beutetierpopulation pro Flächen- zusammen mit einer leichten Verfügbarkeit von einheit) dar. Sie ist das Produkt der Siedlungs- Wühlmäusen während der frühen Phasen der dichte (vgl. Niethammer & Krapp 1978, Bezzel Jungenaufzucht und ein ausreichendes Angebot et al. 2005) der Hauptbeutetiere mit ihrem an ergänzenden, größeren Beutetieren bedingt durchschnittlichen Gewicht. Die Feldmaus wohl die hohen Reproduktionsraten dieser kommt innerhalb Mitteleuropas hiernach in ge- Population. eigneten Habitaten mit durchschnittlich 3,6 bis Von einigen Autoren (Görner & Knobloch 90 kg/ha (geringe bis hohe Siedlungsdichte), 1978, Knobloch 1979, Donázar 1987) wird ange- die Schermaus mit 0,33 bis 59 kg/ha vor. In nommen, dass kleine Tiere nicht die bevorzugte absteigender Biomassedichte finden sich Igel, Uhubeute sind. Dabei ist der Uhumagen bereits Blässhuhn und Ringeltaube in der Landschaft nach einer Menge von ca. 130 g frischer Nah- (alle < 0,5 kg/ha bei hoher Siedlungsdichte). rung voll gefüllt, der Tagesbedarf eines Uhus Für die Wanderratte konnten keine geeigneten beträgt ca. 230 g (Herrlinger 1971). Das heißt, Daten zur Siedlungsdichte ermittelt werden. dass Beutetiere über einem Gewicht von 130 g Die Biomassedichte der Feld- und Schermäuse bei einer Mahlzeit nicht vollständig verzehrt ist demnach weitaus größer als die der anderen werden können. Der Uhu hat aber die Mög- Hauptbeutetiere. Der Uhu als opportunistischer lichkeit, nur bevorzugte Körperteile zu verzeh- Jäger nutzt diese in Bayern aus. Auch Thiollay ren oder Beutereste für ein späteres Mahl zu (1969) nennt den Uhu einen völligen Opportu- deponieren. Jungvögel benötigen je nach Alter nisten, der sich hinsichtlich seines Beuteerwerbs kleinere Portionen. Möglicherweise sind Wühl- an die häufigste und vorteilhafteste Säuger- mäuse in den frühen Juvenilstadien des Uhus oder Vogelart anpasst. Hohe Individuenanteile die bevorzugten Beutetiere, da sie am Stück ver- von Feldmäusen in der Nahrung (vgl. Abb. 4) füttert und in gewissen Zeitabständen frisch sind vermutlich ein Spiegelbild für die Verfüg- angeboten werden können. barkeit der Feldmaus als Beute. Da vor allem Im hier vorliegenden Fall ergab sich zwi- auch im Teilgebiet Mittlerer Lech, mit bayern- schen der Anzahl der flüggen Jungvögel und weit hohen und stabilen Fortpflanzungser- der Nahrungsbreite B kein statistisch abgesi- folgen (von Lossow 2010), als Beute hohe Feld- cherter Zusammenhang. Neben dem Nahrungs- mausindividuenanteile festgestellt wurden, angebot hängt der Bruterfolg noch von vielen kann die Aussage, dass kleine Beutetiere nur in weiteren Faktoren ab. Zum einen spielen die schlechten Revieren in den Beutelisten dominie- Fitness und die Erfahrung der Altvögel eine ren (vgl. Donázar 1987), in den hier untersuch- Rolle. Vögel in guter körperlicher Verfassung ten Gebieten Bayerns nicht bestätigt werden. können mehr Eier produzieren und diese zuver- Ein naher Verwandter des Uhus, die Schnee- lässiger bebrüten. Haben die Altvögel bereits eule Bubo scandiaca ernährt sich zur Brutzeit vor- Erfahrung mit der Brut und der Jungenauf- wiegend und in Gradationsjahren fast aus- zucht, gelingt diese in den darauf folgenden schließlich von Wühlmäusen (Glutz von Blotz- Jahren unter gleichen Randbedingungen wohl heim 1966). Auch andere größere Prädatoren, 18 Ornithol. Anz., 50, 2011 wie z. B. Rotfuchs und Wildkatze nutzen bevor- Eine Schlüsselrolle der Feldmaus bei der zugt Wühlmäuse (Niethammer & Krapp 1978). Nahrungswahl nistender Uhus in Bayern bestä- Es ist in Mittel- und Nordeuropa also keine Aus- tigt sich auch bei der Ermittlung der signifikan- nahme, sondern eher die Regel, dass sich größe- ten Indikator-Arten nach Dufrêne & Legendre re Räuber auch von sehr kleinen Beutetieren (1997) im Rahmen der durchgeführten Cluster- ernähren und erfolgreich fortpflanzen können. analysen. Die Feldmaus tritt gerade im Cluster c2 als alleinige, signifikante Indikatorart auf, in Unterschiede innerhalb Bayerns. Wie aus den welchem die Werte für die Nahrungsbreite B Clusteranalysen zu erkennen ist, ergeben sich relativ eng auf niedrigem Niveau streuen (vgl. zwischen den einzelnen Teilregionen Mittlerer Abb. 5 u. Tab. 4), die hier zusammengefassten Lech, Werdenfelser Land und Südlicher Fran- Nahrungsaufsammlungen also einen hohen kenjura deutliche regionale Unterschiede in der Grad an Spezialisierung zeigen. Im Gegensatz Nahrungszusammensetzung. Allerdings ist die dazu ergeben sich für das Cluster c4, für wel- geografische Lage nicht der einzige differenzie- ches die B-Werte wesentlich breiter auf hohem rende Parameter. Eine ebenso bedeutsame Rolle Niveau streuen, eine ganze Reihe an signifikan- scheint der Faktor Zeit zu spielen. Zwar lässt ten Indikatorarten mit deutlich größerem sich für relativ kurzfristige Veränderungen, wie Körpergewicht (vgl. Tab. 4). sie sich etwa von Jahr zu Jahr vollziehen im So bestätigt sich auch hier die bedeutende Rahmen der durchgeführten Cluster- und Rolle der Feldmaus als Uhubeute, welche nach Kontingenzanalysen nahezu kein signifikanter Dalbeck (2005) die dominierende Säugetierart Einfluss auf das Beutspektrum der Uhus wäh- in unserer mitteleuropäischen Agrarlandschaft rend der Jungenaufzucht nachweisen, für mehr- darstellt und im Gegensatz zu anderen Beute- jährige Perioden (Intervalle von 6 Jahren) zeigen tieren, wie beispielsweise Kaninchen, Ratte oder sich aber durchwegs signifikante Abhängig- Igel großflächig in hohen Siedlungsdichten ver- keiten. Inwieweit die Veränderung der Land- breitet ist. Es ist aber anzunehmen, dass in nutzung und die daraus resultierende Ver- anderen Gebieten Europas, in denen die Wirbel- schiebung der Fauna über die Jahre hinweg ei- tierfauna durch Tierarten mit größerem Ge- nen Einfluss auf die Nahrungszusammenset- wicht dominiert wird (z. B. Wildkaninchen, vgl. zung hat, konnte hier nicht näher untersucht Hiraldo et al. 1975), diese häufigen, größeren werden. Da derartige Zusammenhänge zwi- Arten bevorzugte Beute des Uhus sind. schen einer anthropogen bedingten Verände- rung der Beutetierverfügbarkeit und den ent- Gefährdung und Schutz der bayerischen Uhu- sprechenden Anteilen der jeweiligen Art im population. Zum Schutz des Uhus in Bayern ist Beutespektrum des Uhus für die Feldmaus neben dem Schutz des Brutbereichs vor mensch- bereits von Dalbeck (2005) in der Eifel als Fak- lichen Eingriffen und Störungen vor allem der tum betrachtet werden, spielt dies wohl auch im Erhalt einer ausreichenden Nahrungsverfüg- vorliegenden Fall eine nicht zu vernachlässigen- barkeit in der Kulturlandschaft wichtig. Es zeigt de Rolle. Bekräftigt wird diese Vermutung sich, dass der Uhu sehr anpassungsfähig ist, und durch die Veränderung der Nahrungsnutzung kleine Beute, wenn diese in ausreichender Fülle über einen längerfristigen Zeitraum (6 Jahre), vorhanden ist, nutzt und sogar bevorzugt (Abb. welcher sich nicht allein durch natürliche 4). Leditznig (2005) nennt drei Grundvorausset- Populationsschwankungen der Feldmaus erklä- zungen, um die Erfolgschancen für eine Uhubrut ren lässt. beurteilen zu können: (1) ausreichendes Nah- Nach Kraft (2008) fluktuieren die Popula- rungsangebot, (2) der Energiegehalt der Nah- tionsdichten der Feldmaus in Zyklen von 3 bis 5 rung muss ausreichen, um den Energiebedarf Jahren. Er zeigt einen Einfluss dieser Bestands- der Uhufamilie zu decken und muss mit dem schwankungen auf das Nahrungsverhalten von Energiebedarf beim Beuteerwerb im Einklang Eulen anhand der relativen Anteile dieses stehen (Optimal Foraging), (3) die Beute muss Kleinsäugers in Gewöllen der Schleiereule. Es für den Uhu auch tatsächlich erreichbar sein. In ist davon auszugehen, dass ein ähnlicher Ein- strukturreicher Kulturlandschaft sollten alle drei fluss auf das Nahrungsspektrum des Uhus, zu- Bedingungen erfüllt sein. Jedoch unterliegt die mindest während der Jungenaufzucht, besteht. Kulturlandschaft in Bayern weiterhin nutzungs- bedingten Änderungen. Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 19

Im Werdenfelser Land sind dem Uhu durch Zusammenfassung Nutzungsaufgabe und Aufforstung von Vieh- weiden Jagdgebiete verloren gegangen. Es ist Ein ausreichendes Angebot an genügend gro- möglich, dass deshalb die Nahrung für den Uhu ßen Beutetieren wird bislang in zahlreichen Stu- in den Alpentälern nicht mehr ausreicht, um mit dien zur Nahrungsökologie des Uhus als einer großem Erfolg Jungvögel aufzuziehen (vgl. der Schlüsselfaktoren für den Fortbestand einer Leditznig 2005, von Lossow 2010). Ähnliche erfolgreichen Population gesehen. Dahingegen Gründe für schlechte Reproduktionsraten (vgl. gilt ein hoher Anteil an Kleintieren im Nah- von Lossow 2010) zeigen sich im Südlichen rungsspektrum der größten europäischen Eule Frankenjura. Magerbiotope sind verbuscht oder als Anzeichen einer Mangelsituation, welche aufgeforstet worden und die landwirtschaftli- den Fortbestand in der jeweiligen Region ge- chen Flächen werden großteils intensiv acker- fährdet. Ein deutlich anderes Bild zeigt sich für baulich genutzt. die drei im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Große Schläge mit Getreide und Maisanbau Teilpopulationen des Uhus in Bayern. Hier wur- sind für den Uhu als Jagdhabitat nicht nutzbar, den Nahrungsaufsammlungen aus der Repro- da die potentiellen Beutetiere im hohen Getrei- duktionsphase des Nachtgreifes im Zeitraum de für den Uhu als Beutegreifer schlecht jagdbar von insgesamt 33 Jahren (1976-2008) untersucht. sind (Leditznig 2005). Im bayerischen Teilgebiet Basierend auf einer Quantifizierung der mit den besten Bruterfolgen, dem Mittleren Nahrungsdiversität, der hauptsächlich genutz- Lech (von Lossow 2010), ist ein Großteil der ten Beutetiergröße bzw. der prozentualen Indi- Fläche intensiv grünlandwirtschaftlich bewirt- viduenanteile der jeweiligen Beutetiere im Nah- schaftet. Diese Nutzung wird von Feldmäusen rungsspektrum des Uhus während der Jungen- toleriert (Niethammer & Krapp 1978). Durch aufzucht erfolgten sowohl uni- als auch multi- diese Art der Nutzung sind im Gebiet des Mitt- variate, statistische Auswertungen. Die hierbei leren Lech immer partiell kurzrasige Flächen erhaltenen Ergebnisse zeigen eine deutliche vorhanden, die Wühlmäusen wenig Schutz vor Präferenz der bayerischen Uhus für Wühlmäu- dem jagenden Uhu bieten. se (Arvicolinae). So nimmt bei hohen Anteilen an Ist der Beutebedarf nicht mehr durch Wühl- Wühlmäusen die Diverstität der Beutetiere ab, mäuse zu decken, kann der Uhu aufgrund sei- steigende Anteile größerer Beutetiere, z. B. Was- ner opportunistischen Lebensweise auf größere servögel, bedingen dahingegen eine höhere Beutetiere ausweichen. Sind größere Beutetiere Beutetierdiversität. nicht ausreichend verfügbar, dürften schlechte Darüber hinaus ergeben sich im Vergleich Bruterfolge die Folge sein. innerhalb der bayerischen Uhupopulation ne- Inwieweit sich die zunehmende Monotoni- ben deutlichen großregionalen Unterschieden sierung der Landschaft zusammen mit einem in den Beutelisten auch zeitlich bedingte Diffe- strukturellen Wandel in der Landnutzung auf renzen und Änderungen, wie sie beispielsweise die Entwicklung der größten europäischen Eu- durch Landschaftswandel und Nutzungsände- le, den Uhu, ausgewirkt hat und auswirken rungen bedingt sein können. wird, ist schwer fassbar. Leider sind selten Beu- Im Allgemeinen nutzt der Uhu in Bayern tereste von mehreren Revieren über Jahrzehnte während der Jungenaufzucht in großen Antei- kontinuierlich aufgesammelt worden. Eine Aus- len Kleinsäuger. Größere Beutetiere spielen ver- wertung einer solchen Datenreihe könnte de- mutlich beim Ausfall von Wühlmäusen (z. B. taillierte Fragestellungen zu zeitlichen Ände- Bestandseinbruch) und bei hohem Nahrungsbe- rungen und Abhängigkeiten der Nahrungswahl darf am Ende der Jungenaufzucht eine bedeu- des Uhus, auch im Hinblick auf die Änderung tende Rolle. seiner Umwelt, beantworten. Um negative Bestandsentwicklungen früh- Dank. Großer Dank gilt dem Bayerischen Lan- zeitig erkennen und deren Ursachen entgegen- desamt für Umwelt (LfU) und dem dort zustän- wirken zu können, sind auch zukünftig genaue digen Sachbearbeiter Günter von Lossow, für Studien über den Uhu und seine Interaktion mit das Überlassen der in dieser Arbeit verwende- der belebten und unbelebten Umwelt unver- ten Daten. Auch Markus Römhild möchten wir zichtbar. an dieser Stelle ganz besonders für die Zu- willigung zur Verwendung seiner Daten aus 20 Ornithol. Anz., 50, 2011 dem Südlichen Frankenjura danken. Für die kri- ringen. Archive für Naturschutz und Land- tische Durchsicht des Manuskriptes und die vie- schaftsforschung 18: 161-176. len konstruktiven Anregungen danken wir fer- Goslee, S. C. & D. L. Urban (2007): The ecodist ner Günter von Lossow, Sebastian Olschewski package for dissimilarity-based analysis of und Dr. Thomas Rödl. ecological data. Journal of Statistical Soft- ware 22 (7): 1-19, URL http://CRAN.R-proj- Literatur ect.org/package=ecodist. Herrlinger, E. (1971): Die Wiedereinbürgerung Anonym (1980): Die Beute des lautlosen Jägers. des Uhus Bubo bubo in der Bundesrepublik Jäger 12: 44-47. Deutschland. Bonner Zoologische Mono- Boye, P. (1981): Heimische Säugetiere. Deut- graphien 4: 1-151. scher Jungendbund für Naturbeobachtung, Hiraldo, F., J. Andrada & F. F. Parreño (1975): Hamburg. Diet of the Eagle Owl (Bubo bubo) in the Me- Bezzel, E. & H. Schöpf (1986): Anmerkungen diterranean Spain. Donana Acta Vertebr. 2: zur Bestandsentwicklung des Uhu (Bubo 161-177. bubo) in Bayern. J. 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Andreas Schweiger, Jg. 1984, Studium der Umweltsicherung an der FH Weihenstephan, Abt. Triesdorf, zum Dipl.-Ing. Diplomarbeit 2010 zur Nahrungswahl nistender Steinadler im bayerischen Alpenraum. Seit Herbst 2010 Masterstudium „Biodiversität und Ökologie“ an der Uni- versität Bayreuth.

Ludwig Lipp, Jg. 1981, gelernter Werkzeugmacher und Dipl.-Ing. (FH) Umweltsicherung, Studium an der FH Weihenstephan, Abt. Triesdorf. Diplomarbeit 2008 über eine Erfolgskontrolle von Grabenabflachungen und Kleingewässerneuanlagen in einem Niedermoor anhand der Tier- gruppen Heuschrecken, Libellen, Zikaden und Wanzen. Derzeit an der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Haßberge beschäftigt.

Appendix

Tabelle aller nachgewiesenen Beutetierarten und deren Anzahl in den drei bayerischen Teilgebieten sowie deren Lebendmasse je Individuum (nach Niethammer & Krapp 1978, Glutz et al. 1980, eigenen Schätzungen). Die angegebene Anzahl entspricht der Individuensumme aus Aufsammlungen mit mindestens 28 Beutetieren (Grundlage der Auswertungen; Werte in Klammern: Gesamtzahl der je Taxon determinierten Individuen). – Table of determined prey species with total amount of individuals throughout the examined subareas within Bavaria and the appropriate biomass per individual (source: Niethammer & Krapp 1978, Glutz et al. 1980, own estimate). The imprinted numbers depict the sum of individuals of prey collections with more than 28 individuals (basis for analyses; numbers in brackets: total amount of determined individuals per prey taxa).

Beutetieranzahl Mittlerer Werdenfelser Südlicher Beutetier Masse [g] Lech Land Frankenjura

Zwergtaucher Tachybaptus ruficollis 210 18 (19) 14 (15) 2 (2) Schwarzhalstaucher Podiceps nigricollis 332 1 (1) 1 (1) 0 (0) Haubentaucher Podiceps cristatus 1009 11 (12) 0 (0) 0 (0) Rohrdommel Botaurus stellaris 1231 1 (1) 0 (0) 0 (0) Mandarinente Aix galericulata 425 0 (0) 2 (2) 0 (0) Schnatterente Anas strepera 888 4 (4) 1 (1) 0 (0) Stockente Anas platyrhynchos 1055 21 (21) 27 (29) 2 (2) Knäkente Anas querquedula 440 3 (3) 3 (3) 0 (0) Krickente Anas crecca 381 1(2) 12 (12) 1 (1) Bahamaente Anas bahamensis 700 1 (1) 0 (0) 0 (0) Pfeifente Anas penelope 661 1 (1) 0 (0) 0 (0) Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 23

Beutetieranzahl Mittlerer Werdenfelser Südlicher Beutetier Masse [g] Lech Land Frankenjura

Hausente Anas platyrhynchos 1500 1 (1) 0 (0) 0 (0) f. domestica Anas sp. Anas sp. 687 4 (5) 0 (0) 0 (0) Tafelente Aythya ferina 854 4 (4) 2 (2) 0 (0) Reiherente Aythya fuligula 633 26 (28) 5 (7) 0 (0) Eiderente Somateria mollissima 2214 0 (0) 1 (1) 0 (0) Schellente Bucephala clangula 850 0 (0) 3 (3) 0 (0) Ente sp. Anatidae sp. 676 12 (12) 2 (4) 1 (1) Gänsesäger Mergus merganser 1561 2 (2) 1 (1) 0 (0) Zwergsäger Mergus albellus 653 1 (1) 0 (0) 0 (0) Birkhuhn (weiblich) Tetrao tetrix 786 0 (0) 2 (2) 0 (0) Rebhuhn Perdix perdix 385 1 (1) 2 (2) 8 (8) Wachtel Coturnix coturnix 105 0 (0) 2 (2) 1 (1) Fasan Phasianus colchicus 1190 0 (0) 0 (0) 1 (1) Haushuhn Gallus gallus 700 0 (0) 0 (0) 1 (1) f. domestica Rotmilan Milvus milvus 1179 2 (2) 1 (1) 0 (0) Schwarzmilan Milvus migrans 812 1 (1) 0 (0) 0 (0) Mäusebussard Buteo buteo 992 84 (89) 17 (22) 22 (22) Wespenbussard Pernis apivorus 763 1 (1) 0 (0) 0 (0) Sperber Accipiter nisus 208 1 (1) 2 (2) 4 (4) Habicht Accipiter gentilis 939 3 (3) 5 (6) 0 (0) Wanderfalke Falco peregrinus 836 1 (1) 1 (1) 3 (3) Baumfalke Falco subbuteo 230 2 (2) 2 (2) 0 (0) Turmfalke Falco tinnunculus 217 29 (30) 3 (3) 23 (23) Turm- oder Baumfalke Falco sp. 223 1 (1) 0 (0) 0 (0) Wasserralle Rallus aquaticus 132 2 (2) 1 (1) 2 (2) Wachtelkönig Crex crex 154 0 (0) 7 (7) 0 (0) Tüpfelsumpfhuhn Porzana porzana 104 0 (0) 3 (3) 0 (0) Teichhuhn Gallinula chloropus 315 10 (12) 13 (13) 17 (17) Blässhuhn Fulica atra 765 107 (119) 62 (69) 3 (3) Kiebitz Vanellus vanellus 192 0 (0) 0 (0) 1 (1) Großer Brachvogel Numenius arquata 917 0 (0) 1 (1) 0 (0) Waldschnepfe Scolopax rusticola 295 4 (4) 2 (3) 1 (1) Zwergschnepfe Lymnocryptes minimus 66 0 (0) 1 (1) 0 (0) Bekassine Gallinago gallinago 107 0 (0) 8 (8) 1 (1) Waldwasserläufer Tringa ochropus 82 0 (0) 1 (1) 0 (0) Flußuferläufer Tringa hypoleucos 63 0 (0) 1 (1) 0 (0) Limikole sp. Limikole sp. 122 0 (0) 1 (1) 0 (0) Lachmöwe Larus ridibundus 270 3 (4) 5 (5) 0 (0) Seeschwalbe sp. Sternidae sp. 64 1 (1) 0 (0) 0 (0) Ringeltaube Columba palumbus 522 22 (25) 2 (3) 11 (11) Hohltaube Columba oenas 306 0 (0) 0 (0) 2 (2) Straßentaube Columba livia 275 17 (20) 6 (7) 0 (0) f. domestica Türkentaube Streptopelia decaocto 167 0 (0) 0 (0) 3 (3) Taube sp. Columba sp. 275 5 (6) 0 (1) 104 (104) Kuckuck Cuculus canorus 121 0 (0) 1 (1) 0 (0) Schleiereule Tyto alba 386 1 (1) 0 (0) 8 (8) 24 Ornithol. Anz., 50, 2011

Beutetieranzahl Mittlerer Werdenfelser Südlicher Beutetier Masse [g] Lech Land Frankenjura

Waldohreule Asio otus 295 43 (46) 18 (21) 71 (71) Waldkauz Strix aluco 523 21 (22) 28 (32) 28 (28) Rauhfußkauz Aegolius funereus 142 0 (0) 1 (1) 3 (3) Sperlingskauz Glaucidium passerinum 61 0 (0) 0 (0) 1 (1) Eule sp. Strigidae sp. 282 0 (0) 0 (0) 1 (1) Grünspecht Picus viridis 170 0 (0) 1 (1) 0 (0) Grauspecht Picus canus 143 1 (1) 0 (0) 0 (0) Dreizehenspecht Picoides tridactylus 66 0 (0) 1 (1) 0 (0) Buntspecht Dendrocopos major 90 3 (3) 1 (1) 2 (2) Schwarzspecht Dryocopus martius 310 1 (1) 0 (0) 1 (1) Eichelhäher Garrulus glandarius 168 23 (26) 3 (5) 22 (22) Elster Pica pica 207 6 (6) 1 (1) 12 (12) Alpendohle Pyrrhocorax graculus 255 0 (0) 1 (2) 0 (0) Dohle Corvus monedula 225 0 (3) 0 (0) 10 (10) Rabenkrähe Corvus corone 540 70 (75) 32 (37) 49 (49) Kolkrabe Corvus corax 1263 1 (2) 4 (5) 0 (0) Amsel Turdus merula 96 14 (16) 5 (6) 76 (76) Ringdrossel Turdus torquatus 107 0 (0) 1 (1) 0 (0) Wacholderdrossel Turdus pilaris 98 4 (4) 5 (5) 6 (6) Singdrossel Turdus philomelos 69 13 (15) 14 (16) 29 (29) Rotdrossel Turdus iliacus 59 0 (0) 0 (0) 9 (9) Misteldrossel Turdus viscivorus 114 5 (7) 6 (6) 7 (7) Drossel sp. Turdus sp. 94 4 (5) 9 (9) 16 (16) Drossel sp. Turdus sp. 69 17 (17) 0 (0) 0 (0) (kleiner Amsel) Drossel sp. Turdus sp. 102 10 (10) 0 (0) 0 (0) (größer/gleich Amsel) Mauersegler Apus apus 43 2 (3) 2 (2) 1 (1) Kohlmeise Parus major 19 1 (1) 1 (1) 0 (0) Sumpf-/ Weidenmeise Parus palustris/montanus 12 1 (1) 0 (0) 0 (0) Meise sp. Paridae sp. 15 0 (0) 0 (1) 0 (0) Feldlerche Alauda arvensis 36 2 (2) 5 (6) 3 (3) Mehlschwalbe Delichon urbica 21 0 (0) 1 (1) 0 (0) Mehl-/ Uferschwalbe Hirundinidae sp. 17 1 (1) 0 (0) 0 (0) Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla 74 1 (1) 0 (0) 0 (0) Gartengrasmücke Sylvia borin 19 0 (0) 1 (1) 0 (0) Wasseramsel Cinclus cinclus 61 0 (0) 1 (1) 0 (0) Star Sturnus vulgaris 80 7 (11) 5 (5) 21 (21) Rotkehlchen Erithacus rubecula 18 2 (3) 0 (0) 0 (0) Nachtigall Luscinia luscinia 27 0 (0) 1 (1) 0 (0) Bachstelze Motacilla alba 21 0 (0) 1 (1) 0 (0) Fichtenkreuzschnabel Loxia curvirostra 40 0 (0) 1 (1) 0 (0) Grünfink Carduelis chloris 30 0 (0) 0 (0) 1 (1) Gimpel Pyrrhula pyrrhula 32 0 (0) 1 (1) 0 (0) Feldsperling Passer montanus 24 0 (1) 0 (0) 0 (0) Schnäpper sp. Muscicapidae sp. 18 2 (2) 0 (0) 0 (0) Kleinvogel sp. Passeriformes sp. 18 15 (15) 1 (2) 17 (17) Braunbrustigel Erinaceus europaeus 825 55 (61) 21 (25) 265 (265) Spitzmaus sp. Soricidae sp. 10 0 (0) 0 (0) 4 (4) Schweiger & Lipp: Wühlmäuse (Arvicolinae) als bevorzugte Beute des Uhus Bubo bubo 25

Beutetieranzahl Mittlerer Werdenfelser Südlicher Beutetier Masse [g] Lech Land Frankenjura

Maulwurf Talpa europaeus 95 5 (5) 6 (6) 1 (1) Fledermaus sp. Microchiroptera sp. 36 3 (3) 0 (0) 0 (0) Feldhase Lepus europaeus 4750 1 (1) 5 (5) 2 (2) Feldhase (juv.) Lepus europaeus 800 13 (13) 23 (23) 32 (32) Eichhörnchen Sciurus vulgaris 340 34 (35) 23 (25) 16 (16) Siebenschläfer Glis glis 110 2 (2) 22 (22) 110 (110) Schläfer sp. Gliridae sp. 105 0 (1) 0 (0) 0 (0) Haselmaus Muscardinus avellanarius 25 0 (0) 0 (2) 0 (0) Gelbhalsmaus Apodemus flavicollis 34 1 (1) 10 (10) 0 (0) Waldmaus Apodemus sylvaticus 24 0 (0) 10 (11) 55 (55) Apodemus sp. Apodemus sp. 29 18 (18) 11 (11) 0 (0) Hausmaus Mus musculus 23 0 (0) 2 (2) 0 (0) Maus sp. Muridae sp. 27 2 (2) 5 (5) 0 (0) Wanderratte Rattus norvegicus 425 45 (53) 307 (341) 87 (87) Ratte sp. Rattus sp. 425 90 (90) 0 (0) 0 (0) Rötelmaus Clethrionomys glareolus 24 4 (4) 1 (1) 0 (0) Schermaus Arvicola terrestris 65 301 (315) 238 (251) 75 (75) Feldmaus Microtus arvalis 36 704 (713) 263 (289) 649 (649) Erdmaus Microtus agrestis 38 7 (7) 46 (47) 38 (38) Wühlmaus sp. Microtus sp. 37 133 (136) 22 (22) 0 (0) Wühlmaus sp. (groß) Microtus sp. 200 38 (40) 0 (0) 0 (0) Rotfuchs (juv.) Vulpes vulpes 3000 9 (11) 3 (3) 1 (1) Hund Canus lupus 4000 0 (0) 0 (0) 1 (1) f. domesticus Hermelin Mustela erminea 275 7 (7) 1 (1) 0 (0) Mauswiesel Mustela nivalis 123 3 (3) 0 (0) 0 (0) Iltis Mustela putorius 1050 0 (0) 1 (1) 0 (0) Steinmarder Martes foina 1300 0 (0) 1 (1) 0 (0) Baummarder Martes martes 1600 0 (0) 0 (0) 1 (1) Marder sp. Martes sp. 1450 0 (0) 0 (0) 6 (6) Hauskatze Felis catus f. domestica 3200 0 (0) 0 (0) 1 (1) Reh (juv.) Capreolus capreolus 1500 1 (1) 0 (0) 1 (1) Bisamratte Ondatra zibethicus 1500 6 (7) 7 (13) 3 (3) Kleinsäuger sp. 150 3 (3) 0 (0) 4 (4) Schlange sp. Squamata sp. 300 1 (1) 0 (0) 0 (0) Erdkröte Bufo bufo 80 0 (0) 1 (1) 0 (0) Laubfrosch Hyla arborea 30 0 (0) 3 (3) 0 (0) Grasfrosch Rana temporaria 50 3 (3) 16 (18) 1 (1) Teichfrosch Rana esculenta 50 0 (0) 2 (2) 0 (0) Seefrosch Rana ridibunda 70 0 (0) 5 (5) 0 (0) Frosch sp. Anura sp. 47 2 (2) 31 (32) 0 (0) Regenbogenforelle Oncorhynchus mykiss 300 0 (0) 0 (1) 0 (0) Bachforelle Salmo trutta 300 0 (0) 0 (1) 0 (0) Forelle sp. Salmo sp. 300 0 (0) 3 (3) 0 (0) Rutte Lota lota 200 0 (0) 11 (11) 0 (0) Fisch sp. Pisces sp. 800 3 (3) 7 (8) 1 (1) Hecht Esox lucius 2000 1 (1) 0 (0) 0 (0) Döbel Leuciscus cephalus 1500 1 (1) 0 (0) 0 (0) 26

Ornithol. Anz., 50: 26–42

Avifauna of the sector El Caucho – Cotrina, Cerros de Amotape National Park, north-western Peru: chronology of recent discoveries, assessment of endemism, abundance, breeding and seasonality

Tino Mischler

Avifauna des Sektors El Caucho – Cotrina, Nationalpark Cerros de Amotape, Nordwest-Peru: Chro- nologie der jüngsten Artnachweise, Evaluierung von Endemismus, Abundanz, Jahresphänologie und Brutstatus

Am 11. Juli 2006 wurde die Reservatszone Tumbes (ZRT), an der Grenze zu Ecuador, im äußersten Nordwesten Perus gelegen, zum Nationalpark erklärt. Dieser Beitrag stellt die aktualisierte und kommentierte Checkliste der Vögel aus Literatur- und eigenen Felddaten zusammen. Er zeigt die Chronologie der dortigen Neuentdeckungen für Peru. Feldbiologische Daten werden für einige sel- tene und bislang übersehene Arten geliefert. Zum ersten Mal werden Höhenpräferenzen, Abundanzen und jahreszeitliches Auftreten aller Vögel eingeschätzt. Die Analyse deckt auf, dass die ZRT 1) die zweithöchste Artenzahl (53) an endemischen Vogelarten weltweit besitzt, für eine Einzellokalität wahrscheinlich die höchste, 2) die höchste Biodiversität an Vogelarten (254) westlich der peruanischen Andenwasserscheide hat, 3) der Ort mit der höchsten Zahl neuer Landes- nachweise (26) für Peru der letzten 30 Jahre ist. Die Arten bevorzugen die niedrigere Höhenstufe, den tumbesischen Trockenwald, geringfügig stärker als die höhere Zone, den halbimmergrünen tro- pischen Pazifikwald. 150 (60 %) aller Arten werden als rar eingestuft. 82 % aller 65 tumbesischen Endemiten finden sich hier. Brutnachweise sind bisher erst für 33 Arten (13 %) erbracht.

Key words: avifauna, endemism, abundance, breeding status, seasonality, Pacific forest, Tumbes

Tino Mischler, Hostería Sommergarten, Chimborazo #248 y Riofrío, Sangolquí, Ecuador E-Mail: [email protected]

Introduction zone obtained National Park status, as an exten- sion of the Cerros de Amotape National Park, North-western Peru holds a biogeographical leaving out a small strip on its south-eastern- region completely different from the rest of the most corner towards the Río Tumbes that was country: the Tumbesian Endemic Area instead declared the National Reserve of (EBA 045 in Stattersfield et al. 1998). The depart- Tumbes with use for cattle herding (Fig. 1). ment of Tumbes lies in the middle of this biome Some ornithological fieldwork has been carried consisting mainly of dry deciduous forest. In its out in the sector from El Caucho to Cotrina in eastern corner, bordered in the south by the Río the area of the former ZRT (Best & Kessler 1995, Tumbes, in the east by Ecuador, in the west by Parker et al. 1995, Wiedenfeld et al. 1985). Pampas de Hospital and in the north by Keeping in mind that all these studies were con- Matapalo and desert-like scrub, 751 km2 were ducted before the area´s upgrade in conserva- set aside on 28 September 1994 as the Reserved tion status, I will refer to this particular area as Zone of Tumbes (Zona Reservada de Tumbes, the ZRT despite its recent inclusion into the Fig. 1, from hereon: ZRT). On 11 July 2006 this adjacent national park. Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 27

Fig. 1. Map of the study area with the new extended national park boundary. – Karte des Untersuchungsgebietes mit den neuen Nationalparkgrenzen.

The ZRT consists mainly of two vegetation Many new bird species for Peru have been dis- zones, called eco-regions after Brack in D’Achil- covered by ornithologists in the ZRT in the last le (1996), blending into each other around 500 30 years. Wiedenfeld et al. (1985) collected and m.a.s.l.: a) Tropical Deciduous Forest (Bosque observed from 14 June to 5 July 1979, discover- Seco Ecuatorial) between c. 50 and 500 m and b) ing six species and 15 subspecies new for Peru. Tropical Semi-deciduous (or semi-evergreen) Parker et al. (1995) augmented the list by 31 Forest (Bosque Tropical del Pacífico) between c. species, six of them new for Peru. In the next 14 500 and 950 m. The higher eco-region is unique years, Walker (2002) and other observers (men- for Peru. It is defined by higher amount of pre- tioned in Walker 2002) added another 41 species cipitation as in the former, as clouds from the (see Appendix, from hereon “Ap”) with five Tumbes coast empty their load mostly in the more new species for Peru. In 2004, a further highest part of the Cordillera Larga during Ja- two species new for Peru were found (Piana et nuary to March. For detailed vegetation lists see al. 2006). With two puffbirds (Mischler 2006; Best & Kessler (1995) and Parker et al. (1995). Have 2009) and two hummingbirds (Bromfield 28 Ornithol. Anz., 50, 2011

& Valqui 2010), the ZRT checklist went ultimate- moister zone above 500 m mostly follows an ly up to 254 species. old, completely overgrown road to Pozo del The purposes of this paper are a) to docu- Pato (730 m) and El Cruce (860 m) to Campo ment the ornithological exploration of the ZRT Verde (760 m), and finally to Cotrina checkpoint in the last 30 years from the literature, b) to pres- (710 m) directly at the border to Ecuador (Fig. ent an updated and richly commented checklist 1). Altitudinal preferences of were exam- of the reserve, c) to indicate why endemic bird ined from bird lists (Whiffin and Sadgrove 2000, figures were underestimated in the past, d) to Pyhälä 2001), and compared with my own ob- analyse, supported by data from own field- servations in August (Mischler 2006). Assess- work, for the first time elevation preferences, ment of abundance (see definitions of categories abundance, seasonality and breeding records. It in legend to Ap) relies on Wiedenfeld et al. shall give conservation authorities a discussion (1985) for the lower zone. Species not assessed base how to protect this part of the national there were given a category from my own park more efficiently. observations in February and August 2006 (Mischler 2006). Most remaining species not Method observed by both authors could nevertheless be assessed preliminarily from textual evidence I conducted field assessments of bird abun- (Parker et al. 1995; Pyhälä 2001). dance in the two different elevation zones dur- Seasonality patterns of each species were ing three excursions from 26 to 27 January 2006, determined by monthly presence in the differ- from 25 to 31 August 2006 and from 13 to 16 July ent ornithological assessments, taking into ac- 2010, counting all birds species and individual count higher abundances in some months. Con- numbers by walking along established trails firmed breeding status was ascertained from the and the access road between 06:00 and 11:30 and literature (Parker et al. 1995, Rheindt 2008, Wie- between 15:45 and 18:15. To give a full overview denfeld et al. 1985) plus a few additional records of the ornithological exploration of the area, all from M. Kessler (unpubl.) and the present available information from previous assess- study. Potential breeding status was evaluated ments (most importantly Parker et al. 1995, by comparing confirmed breeding in similar Pyhälä 2001, Whiffin & Sadgrove 2000, Wie- habitat in Tumbesia (Mischler 2011) and verify- denfeld et al. 1985), birdwatchers’ lists (Walker ing the bird’s presence during its preferred 2002) and from the official INRENA (2005) list breeding time (e.g. rainy season breeder). Com- was condensed into one complete commented ments on rare species were mainly drawn from checklist (Ap). personal observations in January and August As for endemism, the Tumbes EBA list 2006. (Franke et al. 2005) was re-analised considering recent habitat contractions and augmented by Results taxa elevated to species rank in Ridgely & Greenfield (2001). Species were therefore classi- Updated bird list of the area. The complete fied into three categories: true endemics (after checklist of the birds of the ZRT presented here- Stattersfield et al. 1998), endemics awaiting for- in allows to reconstruct the chronological explo- mal elevation to species rank (species in Ridgely ration. Column 4 (Ap) gives a one-letter abbre- & Greenfield 2001), and near-endemics with viation for observers adding species after ranges slightly over 50,000 km2 or restricted Wiedenfeld et al. (1985) up to 1988, and a two- range species marginally entering neighbouring letter abbreviation for researchers after Walker EBAs. (2002) for recent discoveries (1998 to 2009, see Two altitudinal zones were chosen accord- legend to App.). The list has grown consider- ing to the two eco-regions present: The lower ably from a low 145 (Wiedenfeld et al. 1985) in one begins with “El Mirador”, a viewpoint at 1979 to 176 (Parker et al. 1995) in 1988, with M. roughly 200 m a.s.l. on the entrance road, reach- Kessler adding nine (25 Feb to 3 Mar 1986) and ing Faical gorge, the definite end of the road, T. Parker and W. Wust adding another 22 spe- with the police checkpoint and the new biologi- cies (23 to 27 July 1988). Barry Walker’s (2002) cal station at El Caucho, 370 m, and the foot- regular excursions brought the list up to 216. paths in its vicinity up to 500 m. The higher, Other observers (Ap) have added another 31 Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 29 species since. In the same time, 26 species new endemic (i.e., Tumbesian) bird species, of which to Peru were found at ZRT (indexed “a” and “b” in five were included erroneously (three, Geositta column 3, Ap). peruviana, Cinclodes taczanowskii and Sporophila The official ZRT list (INRENA 2005, un- simplex, belong in EBA 052 (Stattersfielsd et al. publ.) counted 267 species, 26 of which could be 1998), two, Atlapetes seebohmi, and Saltator nigri- eliminated (Mischler 2007). In the following I ceps, in EBA 046). Five species not mentioned give reasons for rejection of another five doubt- there may range slightly over 50,000 km2 (the ful species from the INRENA list. Leucopternis restricted range criterion), but are typical Tum- plumbea Plumbeous Hawk. Erroneously includ- besian endemics: Veniliornis callonotus, Campe- ed in Walker (2002) from a 1998 observation by philus gayaquilensis, Tyrannus niveigularis, Attila W. Wust. Was confused with similar name and torridus and Campylorhynchus fasciatus (given characters of Plumbeous Kite. Piranga leucoptera “E” in Ap). One recently discovered species White-winged Tanager. Easily confused by (Whiffin & Sadgrove 2000) for Peru, Pteroglossus name with White-shouldered Tanager. Oryzo- erythropygius, is another endemic although it borus angolensis Lesser Seed-finch. May be con- enters as well moister western Ecuador, as do fused with female Blue-black Grosbeak, which Turdus maculirostris and C. gayaquilensis. One has been recorded several times for the ZRT. newly split species, Tachycineta stolzmanni (Rob- Schistochlamys melanopis Black-faced Tanager bins et al. 1997), is endemic. A further seven and Hemithraupis guira Guira Tanager. Both stat- “species” (marked É in Ap) that await formal ed erroneously in Cook (1996) as occurring in elevation to species status qualify as endemics. Dep. Tumbes. They are already split off as species in Ridgely On the other hand, I included 6 species from and Greenfield (2001), but not so in Schulenberg the INRENA list, (index “c” in column 3, App.) et al. (2007). If given species status, they would which cannot be traced down to their observers make the Tumbesian region the number one for and therefore withstand further analysis, except endemic birds in the world even before the for status of endemism. Thus the updated list, Chocó EBA. Counting all these, we arrive at 53 as of July 2010, amounts to 254 species, 110 more ZRT endemics, out of 65 endemics for Tum- than 25 years ago, which is the highest score for besia, the first figure being more than a fifth one site west of the Peruvian Andean water- (21.8 %) of all recorded species1. That is, the ZRT shed. harbours an impressive 82 % of all the endemics The most species-rich bird families of the encountered in the Tumbesian EBA. ZRT follow. Non-passeriforms (106) are led by Additionally, two more species may qualify accipitrid raptors (19), hummingbirds (13) and as Tumbesian endemics: 1) Conothraupis spe- doves (11 species respectively), whereas passer- culigera Black-and-white Tanager, breeding only iforms (148) are dominated by tyrannids (42), in Tumbesia. There is strong evidence that the emberizids sensu lato (38) as well as furnariids breeding stronghold of this erratic species is and antbirds (10 each). There are four near- ZRT and the area near El Tundo, Macará, threatened and 14 threatened species (BirdLife Ecuador (pers. obs.). However, its post-breeding International 2006), ten of which are vulnerable dispersal reaches east of the Andes (see new and four endangered (Ap). data below). 2) Thryothorus sclateri Speckle- breasted Wren. The distribution of this species, Endemism. Tumbesia (EBA 045; Región Tumbe- apart from Tumbesia, comprises one small pop- sina en Franke et al. 2005) extends from arid ulation in south central Colombia and the sub- southwest Esmeraldas (Ecuador) to Lambay- species T.s. sclateri in the upper Marañon valley, eque, Peru. With few exceptions, it is a low- which seems to be separable specifically from lying (below 1600 m) hilly country with dry for- the remaining Tumbesian T.s. paucimaculatus est, excluding the extreme deserts of coastal (Ridgely and Greenfield 2001). Peru. In their analysis of the restricted range The following species are regarded as near- species of this EBA, Franke et al. (2005) found 55 endemics (marked “(E” in Ap). They slightly

1) The 12 Tumbesian endemics not (yet) found at ZRT are: Penelope albipennis, Pyrrhura orcesi (only Ecuador), Myrmia micrura, Acestrura berlepschi (Ec), Ochthoeca piurae, Tumbezia salvini, Myiarchus semirufus, Phytotoma raimondii, Hirundo rufocollaris, Piezorhina cinerea, Atlapetes pallidiceps (Ec) and Aimophila stolzmanni. 30 Ornithol. Anz., 50, 2011 surpass the 50.000 km2 criterion for restricted Elevation preferences. The 30 km of access range endemics. Further studies might reveal, road, 50 to 400 m a.s.l., and the lodge area however, that due to constriction of suitable ha- around El Caucho up to 500 m are regarded as bitat in Ecuador they will now fulfil this crite- lower (l) elevation zone, the footpaths towards rion. Two such species extend their Tumbesian the border with the highest hills up to 950 m as range slightly into extreme south-western Co- the higher zone (h, Ap column 6). This corre- lombia: Euphonia saturata and Leptotila pallida lates with the two vegetation zones described (see chapter Comments) and reach their south- above. ernmost limit in the ZRT. The next two near- To assess the preferred elevation, I used only endemic species show a mix of west Andean bird assessments in which researchers (Wieden- slope and Tumbesia in their very restricted geo- feld et al. 1985, Whiffin and Sadgrove 2000, graphical distribution: Zimmerius (viridiflavus) Rheindt 2006 in litt., present study) spent flavidifrons and Mecocerculus calopterus, both roughly equal sampling effort at El Caucho almost restricted to lower elevations of the wes- (low) and Campo Verde (high). These results are tern Andes, the latter with increasing records in comparable. In a second step (cursive symbols in outlying hills (Cerro Blanco and Masvale in Ap), I added from textual evidence from other Guayas; pers. obs.). Another eight species (see authors (Pyhälä 2001, Walker 2002) plus my Ap) would qualify as endemics if Tumbesia own observations. The latter elevation remarks were allowed to reach Dep. Lima. They pass are not comparable, because they reflect only down inland from the coast of central Peru singular or limited observations, or because the where there is dry scrub habitat. Thus, estimates observer has not visited the other elevation following a narrow species limits zone. (Ridgely & Greenfield 2001) and innovated EBA Elevational preferences for ZRT birds are delimitation criteria could end up with 67 summarized in Table 1. endemic species for ZRT alone. Tab. 1. Elevation preferences at the ZRT. (l) = below, Other biogeographical influences in the com- (h) = above 500 m a.s.l.; n = number of bird species. – position of the ZRT avifauna are: Höhenpräferenzen der ZRT-Vögel: l = unter, h = über 500 m, b = beide Zonen; n = Zahl der Vogelarten. a) Ne-arctic migrants, present October to April . (marked M in column 8, Ap): 11 species; Elevation all comparable b) Coastal, mainly freshwater birds like herons, preference nn % untypical for ZRT: 15 species; low (l) 63 37 20,6 c) Semi-desert birds tolerating light forest, typi- high (h) 43 22 12,3 cal for ZRT and mostly endemic: 8 species; both (b) 126 120 67,1 d) West Andean subtropical slope, including two Andean species. This influence is stron- ger than expected. Many of these species, More than one fifth of the comparable birds exclusively passeriforms, have a slight distri- prefer lower, only an eighth higher elevations; bution gap just east of ZRT, are widely dis- two thirds seem to be indifferent or more ubi- tributed on the Andean slope between 900 quitous. However, many of these latter species and 2500 m, and reach only the high portion show a preference for the one or the other eco- of ZRT, where they dwell as ridge top birds: region, as specified in greater detail for 123 19 species. species in Mischler (2006), but data for a gener- e) The remaining are more widespread species al assessment are too sparse as yet. The higher preferring moister habitat amply present fur- elevation birds, although in the minority, pro- ther north. The Ecuadorian influence is stron- vide a characteristic subset of species which are gest. Affinities are much more Ecuadorian typical of the subtropical Andes (see above). than Peruvian. To indicate the species which Follow-up observers can amply contribute to reach just over the border of Ecuador into the establish the elevation preferences of the birds ZRT and no further south, a “!” sign was at ZRT. For a more in-depth analysis of habitat added behind the scientific name in the Ap. preferences of only endemic birds, see Best and There are 35 such species found only here in Kessler (1995), who – as for elevation – arrive at the whole of Peru. an almost identical assessment. Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 31

Abundance. The abundance of ZRT birds was Tab. 2. Seasonal presence of ZRT birds (data from Ap). assessed first by Wiedenfeld et al. (1985) in the y = present year-round, but registration gap October El Caucho area (Ap column 7). I added a second to mid-December; (y) = presence altogether year- category, when own data rendered their assess- round, but some months missing per individual year; I-III = present during main breeding season; IV-VIII = ment more precise. All remaining species were present in post-breeding dry season. – Jahreszeitliche given a category (small print in column 7, Ap) Präsenz der Vögel in der ZRT (Summe der Daten aus dem for the first time from my own studies (Mischler Anhang): y = ganzjährig, manche Monate fehlend wegen 2006). A caveat stems from the fact that abun- Beobachtungslücken; (y) = überwiegend ganzjährig, man- dance categories are a function of both rarity che Monate fehlen in bestimmtem Jahr; I-III präsent zur and detectability, which biases the assessment Hauptbrutzeit; IV-VIII = präsent zur trockenen of elusive species. A few birds may have chan- Nachbrutzeit. ged their status of abundance since the field sea- key y (y) I-III IV-VIII son of Wiedenfeld et al. (1985), where 20 and 12 specimens of the endangered Blackish-headed No. of species 42 92 45 46 Spinetail and the vulnerable Henna-hooded Foliage-gleaner were procured, respectively. The first is no longer “fairly common”. The sec- ing but tentative. In the Ap, individual months ond flocks together only in two months around are compiled for the rarer species in order to July, when there is an ample layer of freshly fall- document the actual state of records. Table 2 en leaves, the time it had been taken in ZRT. At sums up four categories. other times of the year the erratic whereabouts In the last two sections in Table 2, three of both species are unknown and further threats species were counted twice, showing no prefer- outside their preferred habitat quite certain. ence for either portion of the year. The others Finally, due to seasonal fluctuations, abundance show, however, that there are two relatively might be severely over- or underestimated. numerous groups each of only breeding time Year-round present raptors can be rare – poss- visitors and dry season visitors. Year-round ibly because of their large territories –, whereas presence is extrapolated from abundance cate- breeding season birds common from January to gories and continued habitat use, comparing March are absent at other times. with further data from similar Cerro Blanco, The compilation presented in the Ap yields Guayaquil (Mischler & Sheets 2007, Mischler the following species numbers per category: 9 2011). Some species with almost year-round common, 38 fairly common, 48 uncommon and presence surely are absent during the very dry 150 rare. Very few birds are common, as it is for- months, as their numbers increase sharply in est habitat and flocking of single species – as in the rainy season, but the exact time has to be pastures – is almost non-existent. Apart from detected yet. Others in this category will most the above-mentioned artefacts, the overwhelm- likely be confirmed as definite year-round resi- ing majority of birds registered as rare may be dents as soon as more records are available. accounted for by the following factors: Birds Most birds present only over the wet season will from the Andes have only thinned-out popula- qualify as breeding birds (see next chapter). It is tions here. Many species reach their southern- interesting to see all four species of Pachyram- most limit of distribution, which is also the last phus becards assembled around the end of tip of available Tropical Pacific Forest habitat. January. Most birds present only in the dry sea- However, many “rare” records are stated as son are non-breeders, although a few specialists such due to encountering the birds in a season just use this interval after the rains for rearing with minimum numbers. their young, such as raptors, parrots, wood- peckers, woodcreepers, Pale-vented Thrush Seasonality. Assessing seasonality or seasonal (Walker 2002) and some of the seed-eaters. differences in encounter rates at the ZRT reveals many gaps, as the second half of any given year Breeding birds. Our knowledge about the is underrepresented in observer records. The breeding status of the ZRT birds shows many first two categories chosen in Table 2 and Ap gaps, of course. From the literature (Parker et al. therefore describe assumptions founded on up 1995, Pyhälä 2001, Rheindt 2006, Walker 2002) to eight months, and their frequent use is noth- and with personal data from M. Kessler (1986, 32 Ornithol. Anz., 50, 2011 unpubl.), I was able to confirm breeding for Heliothrix barroti Purple-crowned Fairy. As only 33 species (Ap). However, many more already anticipated by Parker et al. (1995) as a species breed with little doubt here. I tried to possible candidate for Peru, as its distribution in distinguish breeding during the rainy season Ecuador came as close as 5 km to the Peruvian from dry season. The breeding bird status of a border, this hummingbird was finally detected further 97 species (bracketed symbols in the Ap) on 15 and 16 June 2009 by Antonio García in a should be regarded as preliminary or potential. gorge 300 m below Campo Verde during the 27 species were non-breeders, another 97 could LSU/Corbidi expedition (Brumfield & Valqui not be assessed yet. Even if not complete, all 2010). As being only sighted, these records need data about breeding status compiled in this more confirmation before final inclusion into paper for the first time may be a valuable tool the Peru list. for conservation action. On the positive side, it is significant that Nystalus radiatus Barred Puffbird. The discov- many endangered and range restricted birds ery of this species, new to Peru, is described in find one of their breeding strongholds at the Mischler (2006). In essence, on 29 and 30 August ZRT. 40 (73 %) out of 54 endemic species breed 2006, one adult was spotted at the highest (870 quite certainly here, and 15 (83 %) of the 18 m) part of the trail near El Cruce in mature threatened and near-threatened birds. These moist forest, 55 km southwest from its former high percentages emphasize the conservation southernmost occurrence at Buenaventura, value of the area. Sixteen species have their Ecuador. southernmost breeding population here, anoth- er few find their southernmost breeding place Malacoptila panamensis White-whiskered west of the Andes here. From breeding observa- Puffbird. On 14 Dec 2007, four individuals of tions in similar habitat in Tumbesia (Cerro this puffbird new to Peru were discovered by Blanco, Mischler & Sheets 2007, Machalilla Wim ten Have et al. (2009) only 1 km away from National Park, Loma Alta) it can be derived that the aforementioned site in the same habitat. at least half the number of species of the total Further confirmation of both species (year- checklist are breeding birds. round presence?) is needed.

Comments on some new, Phyllomyias cinereiceps Ashy-headed Tyran- rare and overlooked species nulet. This species was hitherto known only from the eastern Andean slopes in Peru. In Leptotila pallida Pallid Dove. Discovered as Ecuador it is sparsely distributed as well on the recently as January 2001 for Peru (Walker 2002), western Andean slope, with one record in this unobtrusive dove probably was overlooked Buenaventura being the closest so far. On 14 due to lack of ornithological research and its July 2010, at three different sites between El opportunistic and limited seasonal presence. As Caucho and Campo Verde above 450 m, I heard well, it is extremely wary and therefore often and saw this species in the subcanopy. On com- escapes detection. In the Cerro Blanco Protected paring its song three days later in Lima, it Forest near Guayaquil with a similar climate matches better recordings from north-west and habitat, this dove is now scarce probably Ecuador (Xenocanto) than those from eastern due to illegal hunting, where formerly it was at Peru. From the distance, the rhythm was similar least uncommon (Mischler & Sheets 2007). to a Tropical Pewee, but the second syllable However, if not calling, it is hard to separate in extended into a faint and fading tremble “see- shady forest undergrowth from the equally ee-ee-e”. Morphological characters as ashy cap, present L. verreauxi White-tipped Dove. On 27 white superciliary, yellow underparts and two January 2006 I was able to confirm nine singing thin yellowish wing-bars were once clearly and one seen bird on a stretch of 2 road km just seen. If accepted, this is the first record of before El Caucho post in freshly sprouting moist P. cinereiceps in Dep. Tumbes. underbrush. Apparently breeding territories were installed, but breeding proof for Peru is Myadestes ralloides Andean Solitaire. Another still lacking. newcomer to the ZRT, this species was detected in the first years after 2000 (INRENA 2005 Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 33 unpubl., observer and date could not be traced). Carduelis siemiradzkii Saffron Siskin, vulner- I heard its clear and unmistakable song on 29 able. 10 individuals on 17 January 2001 (Walker and 30 August 2006 in the highest part (850 m) 2002) and 12 males plus 12 females on 27 of the humid forest, only the second record January 2006 (pers. obs.) in a dense flock feed- since its discovery. Although present on the east ing from herbaceous catkins prove presence Andean slope of Peru in two further subspecies, during the wet season, but separation into terri- the plumbeiceps race of ZRT was hitherto only tories takes place later. Some June/July data known from the west Andean slope of Colum- seemed to suffer from correct determination of bia and Ecuador above 700 m. the species (Parker et al. 1995), but now its pres- ence during the dry season is established at the Turdus reevei Plumbeous-backed Thrush. The ZRT. For Cerro Blanco numbers and food choice breeding stronghold of this sporadically com- of C. siemiradzkii see Mischler (2011). The ZRT mon thrush remains to be detected yet, but lies seems to be its southernmost distribution limit probably in the dry lower Andean forest around (Schulenberg et al. 2007). Macará, Loja, and Canchaque, Piura. It is most- ly recorded in post-breeding months. At Cerro Discussion Blanco, Guayaquil, it is present only May to July as a non-breeder (Mischler & Sheets 2007). Two Bird diversity. The sector El Caucho-Cotrina recent records for January and February at ZRT remains to be a diversity hotspot west of the show, however, that it may opportunistically Andean watershed, yielding new discoveries of breed here (Pyhälä 2001, Walker 2002). The formerly unnoticed species every year up to species is an intra-Tumbesian migrant with a now. Parker et al. (1995, their Table 1) listed 11 northward dispersal to Ecuador, following the species for possible ZRT candidates, recorded at lower Andean slope. less than 30 km distance from the ZRT in Conothraupis speculigera Black-and-white Ecuador. From his list, in the meantime four Tanager, near-threatened. It is urgent that breed- species were detected in the ZRT, all new for ing localities for this erratic species are reported, Peru. Six further new records presented in this as seemingly nobody knows a definite answer paper show, however, that there are many more to the whereabouts of its breeding strongholds. candidates to be expected for the Peruvian bird I observed constant courtship singing on 4 list. These Peruvian newcomers all originate March 2004 near the new Jorupe/Jatumpamba from the last moist forest of considerable extent reserve, 8 km east of Macará, Loja. On 28 around Buenaventura, El Oro province, now January 2006 I counted eight evenly spaced ter- protected by Fundación Jocotoco. As not much ritories of singing males (only one female seen) moist low-lying forest habitat is left in between on a 2 km stretch on the El Caucho access road. in south-western Ecuador, many species just Two males even were fighting by thrusting leapfrog into the Cordillera Larga, part of which themselves against the rival on a branch. is the ZRT. Especially Chlorospingus tanagers Thereby the wings were held half-open over the are very likely to be expected next, but many back, exposing the white wing speculum, with other equally suited species reach their south- accompanying sounds similar to nasal, but still ernmost distribution limit at Buenaventura and flute-like Cacicus cela vocalisations. At the end of therefore are possible candidates. An increase of February, pair formation seemed to have taken 110 additional species in the last 25 years not place, as M. Pyhälä (2001) saw two pairs (only) only reflects increased observer activity, but on 28 February 2000. At Cerro Blanco, the spe- probably also ongoing shifts of south Ecuado- cies has not been seen for many years, although rean bird populations. formerly it was present sporadically in flocks, giving rise to some concern. What this Tum- Threats. In the sector El Caucho – Cotrina, besian breeding species does on its unique dis- threats from hunting, petty contraband and cut- persal to the east of the Andes, remains a riddle. ting of wood, are dealt with in Parkswatch On 15 Aug 2007 I recorded an adult with an (2003) and Cook (1996). More serious problems immature at 1500 m near San Ignacio, extreme are presented by freely roaming cattle. Tramp- northern Peru. ling destroys the under-storey with many herbs essential e.g. for Carduelis siemiradzkii, Arremon 34 Ornithol. Anz., 50, 2011 abeillei and A. aurantiirostris. It deprives the for- Reserve, 10 km apart, many species from the est of the herb layer important for range- lower western Andes just leapfrog into ZRT. As restricted breeding species like Conothraupis spe- demonstrated by the presence of the Yellow- culigera, Lathrotriccus griseipectus and Hylocryp- cheeked Becard (first on 30 December 1998, tus erythrocephalus. Cows spread ticks. Many Pyhälä 2001) in two recent years, even eastern bushes on the paths were infested with clusters Andean species find their way into the ZRT. of minute ticks in August. If cattle are not with- 4) The ZRT can be regarded as a source, sur- drawn properly, funds for the park and future rounded by a sink, for many endangered breed- income from tourists might be curtailed for that ing populations. 14 species of ZRT are threat- reason alone. ened worldwide, but as all 14 are likewise endemic, threatening factors appear in the Conservation value. The application for elevat- immediate surroundings. Twelve of these are ing the ZRT to national park status by INRENA known to have viable breeding populations (2004) made it an extension to Cerros de Amo- here. It is not known if the ZRT also constitutes tape National Park. Its southern part is much their only breeding stronghold. Four more near- drier, impoverished in species as compared to threatened species, three with viable popula- the ZRT (INRENA 2004). The value of the ZRT tions, all endemic, add to the birds of world- lies in that it 1) comprises a special unique eco- wide concern. In a soon-to-come future, the ZRT region: the Neotropical Pacific Xeric Forest may be the only place where the birds could (Bosque Tropical del Pacífico). On the Peruvian breed peacefully. eco-region map (Brack in D´Achille 1996), the Finally, the ZRT is home of the highest con- only area found for this habitat in Peru is the centration of endemic birds in the world for just ZRT itself. In fact, this is the south-westernmost one locality: of 65 Tumbesian endemics, 53 extension of similar habitat reaching down the species inhabit the ZRT, of which 40 surely or western Andes of Ecuador, with strong ende- probably breed here (Ap). As can be studied mism. In south-western Ecuador, this habitat is from the distribution maps in Schulenberg et al. found on Cerros Hayas, Masvale and Pancho (2007), 35 species just reach marginally Peru Diablo (reserve Manglares/Churute), Cerro exclusively in the Cerros de Amotape National Blanco (Guayaquil) and higher reaches of Cor- Park and nowhere else in Peru. 90 % of these are dillera Chongón, Loma Alta and Machalilla N.P. only found in the ZRT. So, by judging from These (except the two latter) can be regarded as birds, priority should be given to maintain the small cloud-covered islands sticking out of a only Tropical Pacific Xeric Forest of Peru as a denuded, semidesertic or agricultural lowland. national park. The ZRT, in contrast, has a large contiguous area of lush forest, surrounded almost completely by Tourism and further research. Recognizing the dry, epiphyte-rich forest, which forms an value of this unique area, it is only logical to extended lowland buffer. promote tourism into the ZRT. As the ZRT is no 2) The ZRT supports as more than 250 bird longer a politically sensitive border area, inter- species, an astonishing number for just two national and national tourist operators have habitats without larger bodies of water, a num- begun to set up birdwatching tours. The region ber nowhere else reached in all of western Peru is reached faster from Ecuador (to Guayaquil: down from the Andean watershed. 320 km) than from Lima (1350 km). Tourism in 3) Another reason for underlining fully protect- the ZRT saw a non-invasive 300 visitors in the ed national park status is its property as a year 2005. The necessary permit from the INRE- refuge. My analysis identifies 150 species as NA (national parks administration) allows to rare, many because of limited fieldwork, but at count and control access. The income from the least 45 of these species may be genuinely rare. lodge fees could be used to reinforce permanent To these add a few which inside the ZRT are park guard numbers. recorded in higher abundance classes, but are Although the ZRT is now one of the better rare outside the ZRT. As neighbouring Ecuador protected areas in western Peru, there remain is almost totally denuded on the boundary line more open than settled questions about under- with ZRT, with little remaining forest in the standing high endemism and synecology in lower lying parts of Puyango Petrified Forest Tumbesia. Researchers find an excellent ground Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 35 to pursue their biological hypotheses. The next lista completa de aves de excursiones anteriores questions are evident by studying the many y del propio trabajo. El análisis ornitológico gaps and uncertainties in the updated list. The trata de evaluar por primera vez para cada aim for the next years is to evaluate the definite especie su endemismo, preferencia altitudinal, breeding interval for most species. Much categoría de abundancia, estacionalidad y esta- remains to be done in pollination and seed/fruit do de anidación. También se muestra los nuevos ecology, forest management, in behavioural registros de aves en el Perú. Se presentan datos ornithology, breeding bird census, population biológicos para unas especies raras y poco ecology etc., as almost nothing is known during observadas. El sector tiene unas propiedades the course of a whole year. Assessment of rare singulares valiosas para la conservación: tiene and endemic species for conservation purposes 1) el área con el segundo más alto número (53) is urgent. Further research might be able to dis- de especies de pájaros endémicos en el mundo y cern breeding and non-breeding abundance. probablemente lo más alto para una sola locali- Using the new biological station at El Caucho, dad, 2) la biodiversidad más alta por un solo there might be a new impulse for academic bosque en la vertiente occidental de los Andes research. peruanos para aves (247 especies) y 3) el mayor número de especies de aves registradas la pri- Abstract mera vez en Perú en los últimos 30 años (24). Según un nuevo cálculo, en este sector se On 11 July 2006, the former Reserved Zone of encuentran 82 % de los 65 especies de aves Tumbes (ZRT), situated at the border to Ecuador endémicas de Tumbesia. 53 % de las especies se in extreme north-western Peru, was declared encuentran en la categoría de abundancia national park. This paper compiles the updated “raro”. Por el estado de anidación sólo hay 33 bird list for the area from previous literature especies realmente comprobadas. and from personal fieldwork. It shows chrono- logically the recent discoveries for Peru. Bio- Acknowledgements. M. Kessler and F. Rheindt logical field data are provided for some rare and revised an earlier draft. Thanks to both for pro- overlooked species. For the first time, it analyses viding 6 and 2 breeding data, respectively. To all altitudinal preferences, abundance and seasona- INRENA personnel, national parks administra- lity of all birds. The analysis reveals that the tion, Tumbes, my sincerest thanks, especially to ZRT has 1) the second highest number (53) of Oscar García Tello and Aldo Aguirre Cura, endemic bird species in the world and probably heads of the NW Peru Biosphere conservation the highest for just one locality, 2) the highest areas, who gave permission for a prolonged biodiversity of bird species (254) west of the stay, and his park rangers Ignacio, Martín and Peruvian Andean watershed and 3) the highest Yufani, who were informative and helpful in number of new country records of bird species logistics. for Peru (26) in the last 30 years. Preference of birds for lower elevations, the dry forest, is References slightly more pronounced than for the higher elevations. 150 (60 %) of the species are assessed Best, B. & M. Kessler (1995): Biodiversity and as locally rare. However, 82 % of all 65 Tum- conservation in Tumbesian Ecuador and besian endemics are encountered here. Breeding Peru. BirdLife International, Cambridge, bird status has been proven for only 33 species U.K. (13 %). BirdLife Internacional (2006): Species factsheet. Downloaded from: http://www.birdlife.org Resumen. – Avifauna del sector El Caucho – on 8/6/06 Cotrina, Parque Nacional Cerros de Amotape, Cook, G. 1996. Avifauna of Northwestern Peru noroeste de Perú: nuevos registros, evaluación Biosphere Reserve and its environs. Bird de endemismo, abundancia, anidación y esta- Conserv. Int. 6: 139-165. cionalidad. Brumfield, R.T. & T. Valqui (2010): Aves de los La Zona Reservada de Tumbes (ZRT), ha sido bosques decíduos, semidecíduos y húmedos declarada Parque Nacional a partir del 11 de de la Reserva de la Biósfera del Noroeste, julio de 2006. Para esta área, se ha elaborado la Tumbes. [Expedición LSU/Corbidi mayo- 36 Ornithol. Anz., 50, 2011

julio 2009] Informe presentado a la Dirección Piana, R., S.Crespo, F.Angulo, E. Ormaeche & General Forestal y de Fauna (unpubl.). M. Alzamora (2010): Gray Hawk Buteo D´Achille, B. (1996): Kuntursuyo. El territorio nitidus and Ornate Hawk-Eagle Spizaetus or- del cóndor. Perú: Parques nacionales y otras natus in north-west Peru. Cotinga 32: 37-39. áreas de conservación ecológica. Ediciones Pople, R., I. Burfield, R. Clay, D. Cope, C. Ken- Peisa, Lima. nedy, C. López-Lanús, J. Reyes, B. Warren & Franke, I., J. Mattos, L. Salinas, C. Mendoza & S. E. Yagual (1997): Bird surveys and conserva- Zambrano (2005): Áreas importantes para la tion status of three sites in western Ecuador: conservación de las aves en Perú. In: Bird- final report of Project Ortalis ´96. CSB Con- Life International and Conservation Inter- servation Publications, Cambridge, U.K. national (Eds.) Áreas importantes para la Pyhälä, M. (2001): Informe ornitológico de una conservación de las aves en los Andes Tro- visita al norte de Perú: Tumbes – Lambay- picales: sitios prioritarios para la conser- eque 1998-1999. Boletín de Lima 123: 100- vación de la biodiversidad. Quito, Ecuador: 111. Birdlife Conservation Series No. 14. Rheindt, F. (2008): Descripción preliminar del Have, W. ten (2009): White-whiskered Puffbird, nido de Pachyrhamphus spodiurus, especie Malacoptila panamensis, a new species for amenazada. Cotinga 29: 162-163. Peru. Cotinga 31: 156-157. Ridgely, R. & P. Greenfield (2001): The birds of INRENA, Ministerio de Agricultura & PROFO- Ecuador. A field guide. Helm, London. NAMPE (2004): Propuesta de categorización Robbins, M., G. Rosenberg, F. Sornoza & M. Já- de la Zona Reservada de Tumbes – ZRT. come (1997): Taxonomy and nest description Brochure, 6 pp., Tumbes. of the Tumbes Swallow (Tachycineta [albilin- Mischler, T. (2006): Buco Barreteado (Nystalus ea] stolzmanni). Orn. Monographs 48: 609- radiatus), nueva especie de ave para el Perú, 612. con una lista de aves observadas en el Par- Schulenberg, T.S., D.F. Stotz, D. F. Lane, J. P. que Nacional “Cerros de Amotape”, Tum- O´Neill & T.A. Parker (2007): Birds of Peru. bes. Boletín de Lima 144: 83-94. Princeton University Press. Mischler, T. (2007): Cuidado con nuevos regis- Stattersfield, A., M. Crosby, A. Long & D. Wege tros regionales! False additions to the Zona (1998): Endemic Bird Areas of the world: pri- Reservada de Tumbes “official” birdlist. orities for biodiversity conservation. Birdlife Boletín UNOP 4: 5-6 (online). Conservacion Series 6, Cambridge. Mischler, T. & D. Sheets (2007): Diagnostic Walker, B. (2002): Observations from the Tum- checklist of the birds of Bosque Protector bes Reserved Zone, Dep. of Tumbes, with Cerro Blanco and vicinity, Guayas province, notes on some new taxa for Peru and a Ecuador. Senefelder, Guayaquil. checklist of the area. Cotinga 18: 37-43. Mischler, T. (2011): Status, abundance, seasonal- Whiffin, M. & L. Sadgrove (2000): Expedición ity, breeding evidence and the complete up- Tumbes 2000 – Reporte preliminar. ProAves dated list of the birds of Cerro Blanco, Guay- Perú, Piura. aquil, Ecuador. Ornitología Neotropical Wiedenfeld, D.A., T.S. Schulenberg & M.B. Rob- (submitted). bins. (1985): Birds of a tropical deciduous Parker, T.A., T.S. Schulenberg, M. Kessler & W. forest in extreme northwestern Peru. Pp. Wust (1995): Natural history and conserva- 305-315 in: P.A. Buckley et al. (eds.): tion of the endemic avifauna in north-west Neotropical ornithology. Orn. Monographs Peru. Bird Conserv. Int. 5: 201-231. 36. AOU, Washington D.C. PARKSWATCH & D. Shoobridge (2003): Zona Wust, W. (1998): Zona Reservada de Tumbes. Reservada Tumbes. Park profile. www.park- Biodiversidad y diagnóstico socioeconómi- swatch.org/parkprofiles.pdf/turz_eng.pdf co. The John D. & Catherine C. MacArthur Piana, R., F. Angulo, E. Ormaeche & C. Men- Foundation. PROFONAMPE, Lima. doza (2006): Two new species for Peru: Lemon-rumped Tanager Ramphocelus ictero- Eingegangen am 21. Oktober 2011 notus and Black-cheeked Woodpecker Mela- Angenommen am 15. November 2011 nerpes pucherani. Cotinga 25: 78-79. Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 37

Tino Mischler, Jg. 1950, Gymnasial- und Gitarrenlehrer. Studium in Bonn und München. Lehrte Biologie in Peru, Zimbabwe und Ecuador. Mitarbeiter der Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen 1992–2003. 10 Jahre Generalsekretär der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern und ehemaliger Schriftleiter des „Ornithologischen Anzeigers“. Verfasste dreisprachige Weltvogelliste und ein Bestimmungsbuch der Vögel von Guayaquil. Schwerpunkte Systematik, Avifaunistik und (Höhen-)Verbreitung der Vögel. Zurzeit Natur- und Vogelführer am Río Napo, Ost-Ecuador.

Appendix – Anhang

Komplette Checkliste der Vögel des Nationalparks Cerros de Amotape, Sektor El Caucho – Cotrina, vormals Reservatszone Tumbes (ZRT)

Erläuterungen zu den Spalten 1 bis 8 1. Wissenschaftlicher Name: Artname in runden Klammern: noch gültiger Artname, aber Subspezies zur Art erhoben in Ridgely & Greenfield (2001). Gefährdungskategorien als Index: EN = stark gefährdet, VU = gefährdet, NT = Vorwarnstufe (nahezu gefährdet). „!“ = Art mit einziger Verbreitung in Peru nur in der ZRT. 2. Endemismus: E = Endemit Tumbesiens; É = falls Subspezies zur Spezies erhoben, Endemit; (E = nahezu Endemit, Verbreitungsgebiet geringfügig über Tumbesien hinausreichend. 3. Englischer Vogelname: falls wissenschaftlicher Artname in Klammern, bezieht sich der englische Name auf das letzte Taxon (Subspezies). a = Art in Peru auf ZRT beschränkt, entdeckt vor 1990 (Parker et al. 1995); b = dto., aber entdeckt 1991-2009; c = Art aus offizieller ZRT-Checkliste (2005) übernommen, nicht evaluiert. 4. Autoren, die zur Checkliste beitrugen: X = Wiedenfeld et al. 14 Juni bis 5 Juli 1979; K = Michael Kessler 25 Feb bis 3 März 1986; P = Ted Parker 23 bis 27 Juli 1988; B = Barry Walker 1988-2001; RW (Richard Webster), WW (Walter Wust), MP (Mikko Pyhälä), HN (Hugo Noblecilla), MW (Mark Whiffin 2000), RP (Renzo Piana 2006, 2010), TM (Tino Mischler 2006, 2010), WH (Wim ten Have 2007), TV (Thomas Valqui 2009). 5. Höhenpräferenzen: l = niedrig, < 500 m; h = hoch, > 500 m; b = in beiden Höhenstufen anwesend. Normaldruck: nach Wiedenfeld et al.(1985) und Mischler (2006), kombiniert; kursiv: Angabe nach Literatur und eigener Analyse. 6. Abundanzen: Grossbuchstaben: nach Wiedenfeld et al.(1985), nur El Caucho; Kleinbuchstaben: Autor. Kategorien: C = häufig, > 10/Tag, F = mässig häufig, < 10/Tag, U = nicht häufig, Nachweis alle paar Tage, R = selten, nur einige Nachweise insgesamt. 7. Jahreszeitliches Auftreten: y = ganzjährig, (y) = fast ganzjährig, einige Monate fehlen (pro Jahr), I-III = Präsenz während der (nassen) Hauptbrutzeit, IV = April usw., M = Zugvogel aus Nordamerika, sporadisch da IX bis III. 8. Brut: B (fett) = Brutnachweis während der Regenzeit (I-IV), B = Brutnachweis außerhalb der Regenzeit, (B) = möglicher Brutvogel, Nachweis fehlend, leer = Brutstatus unbekannt, - (Strich) = kein Brutvogel im Gebiet. Die horizontalen Linien trennen Familien.

Appendix. Complete bird list of the Cerros de Amotape National Park, sector El Caucho – Cotrina, formerly Reserved Zone of Tumbes (ZRT)

Explanations to columns 1 to 8, Appendix 1 Scientific Name: (species) name in round brackets: still valid species name, but subspecies elevated to species rank in Ridgely & Greenfield (2001); threat categories: EN = endangered, VU = vulnerable, both in bold, NT = near-threatened. “!” = species with its only distribution in Peru at the ZRT. 2 Endemism: E = Tumbesian endemic; É = if subspecies accepted as species, it would be endemic; (E = near-endemic, slightly wider range as Tumbesia. 3 English Name: if scientific species name in brackets, the English name refers to the last taxon (subspecies); a = restricted to ZRT in Peru, discovered before 1990 (Parker et al. 1995), b = species newly discovered for Peru 38 Ornithol. Anz., 50, 2011

1991-2009 and restricted only to ZRT, c = species included from official ZRT checklist 2005, not further assessed. 4 Checklist compilers: X = Wiedenfeld et al. 14 June to 5 July 1979; K = Michael Kessler 25 Feb to 3 Mar 1986; P = Ted Parker 23 to 27 July 1988; B = Barry Walker 1988-2001; RW (Richard Webster), WW (Walter Wust), MP (Mikko Pyhälä), HN (Hugo Noblecilla), MW (Mark Whiffin 2000), RP (Renzo Piana 2006, 2010), TM (Tino Mischler 2006, 2010), WH (Wim ten Have 2007), TV (Thomas Valqui 2009). 5 Elevational Preferences: l = low, < 500 m; h = high, > 500 m; b = both, wide ranging; normal print: after Wiedenfeld et al.(1985), Whiffin & Sadgrove (Apr/May 2000), and Mischler (2006), combined; cursive: evidence from the literature and own assessment. 6 Abundance: capitals: assessment by Wiedenfeld et al. (1985), only El Caucho; small print: author; categories: C = common, >10/day; F = fairly common, <10 seen daily; U = uncommon, seen every few days; R = rare, only a few records (altogether). 7 Seasonality: y = present year-round, (y) = present altogether year-round, but some months missing per indi- vidual year, I-III = present during main breeding season, IV = April, etc., M = migrant of North America, irregularly present in months IX to III. 8 Breeding: B (bold) = breeding during rainy season (I–IV), B = breeding at other times (mainly after rainy sea- son), (B) = presumed breeding, lacks proof, (blank) = breeding status not known, - = not breeding in the area. Horizontal lines separate families.

1 Scientific name 2 3 English name 4 5 6 7 8 Crypturellus soui Little Tinamou B l r I-IV (B) Crypturellus transfasciatusNT E Pale-browed Tinamou X b F y B Fregata magnificens Magnificent Frigatebird B lr - Phalacrocorax brasilianus Neotropic Cormorant B lr - Ardea cocoi White-necked Heron X l R - Casmerodius albus Great Egret P lr - Egretta thula Snowy Egret P lr - Bubulcus ibis Cattle Egret B lr - Nycticorax nycticorax Black-crowned Night-heron HN l r VIII Mycteria americana Wood Stork X l R VIII Coragyps atratus Black Vulture X b C y (B) Cathartes aura Turkey Vulture X b C y (B) Vultrur gryphus Andean Condor TV h r Sarcoramphus papa King Vulture X b F y (B) Pandion haliaetus Osprey B r- Leptodon cayanensis Grey-headed Kite WH r XII Chondrohierax uncinatus Hook-billed Kite B lr IV Elanoides forficatus Swallow-tailed Kite X b R (y) B Harpagus bidentatus Double-toothed Kite TV r Ictinia plumbea Plumbeous Kite B b u I-VI B Accipiter ventralis Plain-breasted Hawk l R VI,VII Accipiter bicolor Bicoloured Hawk X b R II,VI-VII Geranospiza caerulescens Crane Hawk X l R II,IV,VI,VII Leucopternis occidentalisEN ! E Grey-backed Hawka X b R/u y (B) Buteogallus meridionalis Savanna Hawk B lr I Buteogallus urubitinga Great Black-hawk X b R I,II,VIII Parabuteo unicinctus Harris´ Hawk X l R (y) Buteo nitidus Grey Hawkb WH l r V,VII,XII Buteo magnirostris Roadside Hawk P b u (y) Buteo brachyurus Short-tailed Hawk X h r (y) Buteo albonotatus Zone-tailed Hawk X b R/u (y) Spizaetus tyrannus Black Hawk-eagle X b r (y) Spizaetus ornatus Ornate Hawk-eagle RP b r VII,XII Caracara cheriway Northern Crested Caracara X R VI,VII Herpetotheres cachinnans Laughing Falcon P b R/u (y) (B) Micrastur ruficollis Barred Forest-falcon P h r VII Micrastur semitorquatus Collared Forest-falcon P b r (y) (B) Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 39

1 Scientific name 2 3 English name 4 5 6 7 8 ll i l Falco rufigularis Bat Falcon X h r IV, VII (B) Ortalis erythropteraVU ! E Rufous-headed Chachalaca X b R/u yB Penelope purpurascens ! Crested Guanb B h r I,IV,V,VIII Actitis macularia Spotted Sandpiperc Aramides axillaris ! Rufous-necked Wood-rail K l r I-III B Columba speciosa Scaled Pigeon K h r I-III Columba plumbea Plumbeous Pigeon X b r (y) Columba subvinacea Ruddy Pigeon P h r (y) Zenaida auriculata Eared Dove X l R (y) Zenaida (asiatica) meloda Pacific Dovec Columbina buckleyi E Ecuadorian Ground-dove X l F y (B) Columbina cruziana Croaking Ground-dove X b C y (B) Claravis pretiosa Blue Ground-dove X b R (y) (BB) Leptotila verreauxi White-tipped Dove X b F y B Leptotila ochraceiventrisVU E Ochre-bellied Dove P b u I-III,VII (B) Leptotila pallida ! (E Pallid Doveb B l r I-III (B) Aratinga erythrogenysNT E Red-masked Parakeet X b U y (BB) Forpus coelestis E Pacific Parrotlet X l U y (B) Brotogeris pyrrhopteraEN ! E Grey-cheeked Parakeet X b F y (BB) Pionus chalcopterus ! Bronze-winged Parrot X b R/u (y) (B) Coccyzus erythrophthalmus Black-billed Cuckoo B br M - Coccyzus lansbergi ! Grey-capped Cuckoo K b r I-III (B) Piaya cayana Squirrel Cuckoo X b U (y) (B) Crotophaga sulcirostris Groove-billed Ani X b R (y) (B) Tapera naevia Striped Cuckoo B b r I,IV,VIII Otus roboratus (E Peruvian Screech-owl X l U II,IV,VI,VII Ciccaba nigrolineata ! Black-and-white Owl P b r I,IV,VII,VIII (B) Ciccaba virgata Mottled Owl TV hr Pulsatrix perspicillata Spectacled Owl X b U (y) (B) Glaucidium peruanum Peruvian Pygmy-owl X b U y (B) Athene cunicularia Burrowing Owl B l r (y) Nyctibius griseus Grey Potooc Chordeiles acutipennis Lesser Nighthawk B l r Nyctidromus albicollis Pauraque X b U (y) B Caprimulgus anthonyi E Scrub Nightjar RW l rII Streptoprocne zonaris White-collared Swift X b R (y) - Chaetura cinereiventris Grey-rumped Swift X b F (y) - Chaetura pelagica Chimney Swift B l rM- Chaetura (brachyura) ocypetes É Tumbes Swift X b F (y) Panyptila cayennensis Lesser Swallow-tailed Swift X l R II,VI-VIII - Phaethornis (longirostris) baroni ! É Baron’s Hermit X b F (y) (B) Phaethornis griseogularis Grey-chinned Hermit X l U V-VII Anthracothorax prevostii ! Green-breasted Mangoa B r- Thalurania (fannyi) hypochlora ! É Emerald-bellied Woodnymphb P b u (y) Damophila julie ! Violet-bellied Hummingbirda X b R/u (y) Leucippus baeri E Tumbes Hummingbird B l r Amazilia tzacatl ! Rufous-tailed Hummingbirdb TV h r Amazilia amazilia (E Amazilia Hummingbird X b C y (B) Amazilia franciae Andean Emerald TV h r Heliothrix barroti ! Purple-crowned Fairyb TV h r Chalybura buffonii ! White-vented Plumeleteera X h u (y) B Heliomaster longirostris Long-billed Starthroat X l U (y) (B) Acestrura bombusVU (E Little Woodstarc Trogon (melanurus) mesurus É Ecuadorian Trogon X b F y (B) Trogon violaceus concinnus Northern Violaceous Trogon X l r (y) (B) l dfih 40 Ornithol. Anz., 50, 2011

1 Scientific name 2 3 English name 4 5 6 7 8 Megaceryllle torqua i ta Ringel d Kingfisher P l u (y) (B) Chloroceryle americana Green Kingfisher X l U (y) (B) Nystalus radiatus ! Barred Puffbirdb TM h r VIII - Malacoptila panamensis ! White-whiskeredPuffbirdb WH h r XII Momotus momota Blue-crowned Motmot X l F (y) B Pteroglossus erythropygius ! E Pale-mandibled Aracarib MW hr V - Picumnus olivaceus Olivaceous Piculetb P h r I,VII Picumnus sclateri E Ecuadorian Piculet X b F y (B) Veniliornis callonotus E Scarlet-backed Woodpecker X b F y (B) Veniliornis kirkii ! Red-rumped Woodpeckera X b R/u (y) B Melanerpes pucherani ! Black-cheeked Woodpeckerb RP l r VIII - Piculus rubiginosus Golden-olive Woodpecker X b U (y) (B) Dryocopus lineatus Lineated Woodpecker X b R/u (y) (B) B Campephilus gayaquilensisNT E Guayaquil Woodpecker X b R/u (y) ( ) Dendrocincla fuliginosa Plain-brown Woodcreeper X b r (y) (B) Sittasomus griseicapillus Olivaceous Woodcreeper X b F (y) (B) Xiphocolaptes promeropirhynchus Strong-billed Woodcreeper X b R (y) (B) Lepidocolaptes souleyetii Streak-headed Woodcreeper X b C y (B) Campylorhamphus trochilirostris Red-billed Scythebill X b U (y) (B) Campylorhamphus pusillus Brown-billed Scythebillc Furnarius (leucopus) cinnamomeus É Pacific Hornero X b F yB Synallaxis azarae Azara's Spinetail h r (y) (B) B Synallaxis brachyura ! Slaty Spinetaila X h r (y) ( ) Synallaxis tithysEN ! E Blackish-headed Spinetail X b F/u (y) B Synallaxis stictothorax E Necklaced Spinetail WW l r I (B) Syndactyla ruficollisVU E Rufous-necked Foliage-gleaner X b R (y) (B) Automolus rubiginosus Ruddy Foliage-gleaner B l r I-III Hylocryptus erythrocephalusVU E Henna-hooded Foliage-gleaner X b U (y) B Xenops rutilans Streaked Xenops X b U (y) B Xenops minutus Plain Xenops P h r IV,VII,VIII Taraba major Great Antshrike X h u (y) (B) Sakesphorus bernardi E Collared Antshrike X b F yB Thamnophilus zarumae E Chapman's Antshrike X h r (y) B Thamnophilus atrinucha ! Western Slaty-antshrikeb B b r I,IV,V Dysithamnus mentalis Plain Antvireo X b F y (B) Pyriglena leuconota White-backed Fire-eye X b u (y) B B Myrmeciza griseicepsVU E Grey-headed Antbird X h r (y) ( ) Grallaria guatimalensis Scaled Antpitta K h r/F I-V (B) Grallaria watkinsi ! E Watkins´ Antpittaa X b F (y) (B) Melanopareia elegans E Elegant Crescentchest X l R (y) (B) Mionectes oleagineus Ochre-bellied Flycatcher X b R (y) Mionectes olivaceus Olive-striped Flycatcherc Zimmerius (viridiflavus) flavidifrons (E Loja Tyrannulet X h r (y) Phyllomyias griseiceps Sooty-headed Tyrannulet WW r Phyllomyias cinereiceps Ashy-headed Tyrannulet TM hr Camptostoma obsoletum Southern Beardless-tyrannulet X b F yB Phaeomyias (murina) tumbezana É Tumbesian Tyrannulet B b r (B) Myiopagis subplacens E Pacific Elaenia X b F (y) B Myiopagis viridicata Greenish Elaenia B b r I-III,VIII Mecocerculus calopterus (E Rufous-winged Tyrannulet X b u (y) Pseudelaenia leucospodia E Grey-and-white Tyrannulet B l rII Leptopogon superciliaris Slaty-capped Flycatcher K b u/r I-III,VIII B Euscarthmus melorhyphus Tawny-crowned Pygmy-tyrant X b F (y) (B) Lophotriccus pileatus Scale-crested Pygmy-tyrant X b U y (B) Todirostrum cinereum Common Tody-flycatcher X b F (y) (B) Mischler: Avifauna of the Cerros de Amotape National Park, NW Peru 41

1 Scientific name 2 3 English name 4 5 6 7 8 ll i l Tolmomyias sulphurescens Yellow-olive Flycatcher X b F y (B) Platyrinchus mystaceus White-throated Spadebill P h r IV, VII Onychorhynchus occidentalisVU ! E Pacific Royal Flycatcher X b R (y) B Myiophobus fasciatus Bran-coloured Flycatcher X b U (y) (B) Myiobius atricaudus Black-tailed Flycatcher X b U (y) (B) Lathrotriccus griseipectusVU E Grey-breasted Flycatcher P b u (y) (B) Empidonax alnorum Alder Flycatcher WW rM- Contopus cooperi Olive-sided Flycatcher B h rM- Contopus fumigatus Smoke-colored Pewee X b U VI-VIII Contopus (cinereus) punensis É Tumbes Pewee X b F (y) B Sayornis nigricans Black Phoebe B l r II,IV,VIII (B) Pyrocephalus rubinus Vermilion Flycatcher X b F y (B) Attila torridusVU ! E Ochraceous Attilab P h r (y) (B) Myiarchus tuberculifer Dusky-capped Flycatcher X h r I,II,VI-VII Myiarchus phaeocephalus E Sooty-crowned Flycatcher X b U y (B) Tyrannus tyrannus Eastern Kingbird WW rM- Tyrannus melancholicus Tropical Kingbird B r II,IV Tyrannus niveigularis E Snowy-throated Kingbird B l r I,II Megarynchus pitangua Boat-billed Flycatcher X b R/u y (B) Myiodynastes bairdii E Baird's Flycatcher X l F y (B) Myiodynastes maculatus Streaked Flycatcher X b R/u (y) (B) Legatus leucophaius Piratic Flycatcher MP l r II,VIII Myiozetetes similis Social Flycatcher B l r I,IV Pachyramphus albogriseus Black-and-white Becard X b R I,II,IV,VII Pachyramphus xanthogenys Yellow-cheeked Becard B l r XII,I - Pachyramphus spodiurusEN E Slaty Becard X b R I,II,VI-VII B Pachyramphus homochrous One-colored Becard B l u I-IV,VIII (B) Manacus manacus White-bearded Manakin X h r IV,VI,VII Schiffornis turdinus Thrush-like Schiffornis X b R (y) Cyanocorax mystacalis E White-tailed Jay P l f (y) B Cyclarhis gujanensis Rufous-browed Peppershrike X b F y (B) Vireo olivaceus Red-eyed Vireo X b R/u (y) (B) Hylophilus decurtatus ! Lesser Greenleta X b R (y) Myadestes ralloides Andean Solitaire TM h r VIII Catharus dryas Spotted Nightingale-thrush X b R (y) Catharus ustulatus Swainson's Thrush K h rM- Turdus reevei E Plumbeous-backed Thrush X b F I,II,IV-VIII Turdus obsoletus ! Pale-vented Thrushb B l r IV,VI B Turdus (nudigenis) maculirostris ! E Ecuadorian Thrusha X b U y B Mimus longicaudatus (E Long-tailed Mockingbird X l R (y) (B) Progne chalybea Grey-breasted Martin X b U y (B) Notiochelidon cyanoleuca Blue-and-white Swallow WW Tachycineta stolzmanni E Tumbes Swallow HN l r Stelgidopteryx ruficollis Southern Rough-winged Swallow WW b II Campylorhynchus fasciatus E Fasciated Wren X b C y (B) Thryothorus sclateri (E Speckle-breasted Wren X b F y B Thryothorus superciliaris E Superciliated Wren B l r Troglodytes aedon House Wren X b F y (B) Henicorhina leucophrys Grey-breasted Wood-wren X h r (y) (B) Ramphocaenus melanurus Long-billed Gnatwren X h r (y) (B) Polioptila plumbea Tropical Gnatcatcher X b F y (B) Parula pitiayumi Tropical Parula X b F y B Dendroica fusca Blackburnian Warbler B h rM- Wilsonia canadensis Canada Warbler B rM- Geothlypis aequinoctialis Masked Yellowthroat X b U (y) B 42 Ornithol. Anz., 50, 2011

1 Scientific name 2 3 English name 4 5 6 7 8 ll i l Myioborus miniatus Slate-throated Redstart X b r (y) (B) Basileuterus fraseri E Grey-and-gold Warbler X b F y B Basileuterus trifasciatus E Three-banded Warbler X b u y (B) Coereba flaveola Bananaquit X b U y (B) Euphonia saturata ! (E Orange-crowned Euphonia B h r I,II,IV B Euphonia laniirostris Thick-billed Euphonia X b F (y) Euphonia xanthogaster Orange-bellied Euphonia X b r VI-VIII Pipraeidea melanonota Fawn-breasted Tanager K l r II,IV Tangara icterocephala ! Silver-throated Tanagerb B h r II,IV Tangara ruficervix Golden-naped Tanager MP l rII- Tangara gyrola Bay-headed Tanager X h u (y) Thraupis episcopus Blue-grey Tanager X b F y (B) Ramphocelus icteronotus ! Lemon-rumped Tanagerb RP l r VIII Tachyphonus luctuosus White-shouldered Tanager K b u I,II,IV,VIII (B) Piranga flava Hepatic Tanager X b U (y) (B) Piranga rubra Summer Tanager B l rM- Piranga olivacea Scarlet Tanager MP l rM- Chlorospingus canigularis Ashy-throated Bush-tanager X b r (y) (B) B Conothraupis speculigeraNT Black-and-white Tanager K b r/u I-III ( ) Saltator maximus Buff-throated Saltator X h u (y) (B) Saltator (albicollis) striatipectus Streaked Saltator X b F (y) (B) Pheucticus chrysogaster Golden-bellied Grosbeak X b U (y) (B) Cyanocompsa cyanoides Blue-black Grosbeak X h r (y) (B) Rhodospingus cruentus E Crimson Finch-tanager X b U (y) (B) Volatinia jacarina Blue-black Grassquit P b r (y) (B) Tiaris obscura Dull-coloured Grassquit X b R (y) Sporophila corvina Variable Seedeater X b C y (B) Sporophila luctuosa Black-and-white Seedeater B rIV Sporophila nigricollis Yellow-bellied Seedeater X b r II,IV,VII Sporophila peruviana (E Parrot-billed Seedeater X rIV Sporophila telasco Chestnut-throated Seedeater X b R (y) Phrygilus plebejus Ash-breasted Sierra-finch X l U I,II,IV,VII Sicalis flaveola Saffron Finch X l u (y) (B) Sicalis taczanowskii E Sulphur-throated Finch B l r Atlapetes leucopterus White-winged Brush-finch X b C (y) (B) Atlapetes albiceps E White-headed Brush-finch X l R I,VII Atlapetes torquatus Stripe-headed Brush-finch X b U (y) Arremon aurantiirostris Orange-billed Sparrow X h r II,IV,VI-VII Arremon abeillei E Black-capped Sparrow X b C y B Arremonops conirostris ! Black-striped Sparrowb P h r VIII Poospiza hispaniolensis (E Collared Warbling-finch P r VII Cacicus cela Yellow-rumped Cacique X b R/f (y) (B) Amblycercus holosericeus Yellow-billed Cacique X b F/u (y) (B) Icterus mesomelas Yellow-tailed Oriole X b F (y) B Icterus graceannae E White-edged Oriole X l U (y) (B) Sturnella bellicosa Peruvian Meadowlark B l r I,IV warszewiczi (E Scrub Blackbird P l u (y) (B) Molothrus bonariensis Shiny Cowbird B l u I,II,IV (B) Scaphidura oryzivora Giant Cowbird B rIV Carduelis siemiradzkiiVU ! E Saffron Siskina X b R I,II,VI-VIII (B) Carduelis xanthogastra Yellow-bellied Siskin B h r I,II,IV Carduelis psaltria Lesser Goldfinch B r 254 species in 43 families 46 E, 7 É, 12 (E Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 43

Ornithol. Anz., 50: 43–60

Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet und die Bedeutung des Ampermoos

Christian Fackelmann

Long-term occupation of traditional winter roosts by the Hen Harrier Circus cyaneus in the region of the Ammersee (Bavaria), and importance of the Ampermoos

Steadily growing numbers of Hen Harriers have been observed at the Ammersee (south-west of Munich, Upper Bavaria, Germany) since 1968/69. The first roost was located in Ampermoos (SP 1) at the northern end of the lake in 1988; others in the Ammermoos (SP 2) and Herrschinger Moos (SP 3) were detected in subsequent years. Some further roosts were only occupied in single seasons. In the wider region roosts were located in the Leutstettener Moos and in the Loisach-Kochelsee-Moor. Since the beginning of 2002 monthly synchronized counts have been made at the Ammersee roosts between October andApril. Throughout this period the main roost in the Ampermoos has been intensively monitored. The importance of this roost grew steadily over the eight winters and now hosts almost 90% of the birds in the region of Lake Ammersee. The monitoring revealed unusually high numbers with a daily maximum of 110 individuals in the Ampermoos and 119 individuals at the Ammersee. This makes the Ampermoos by far the most important roost in Bavaria, comparable with the Federsee in Baden-Württemberg. The presence of Hen Harriers is dependent on the weather. They leave the area when the ground is snow-covered for several days, but return immediately with the beginning of thaw. Where the roost- ing communities move to in times of snow is still unknown. Observations of solitary birds and small groups in the wider region, in times of snow-cover, roosting in situ at unusual locations, indicate that they disperse to exploit hunting grounds that remain productive. The roosts in the area of the Ammersee are in loose reed- or fen-meadow vegetation. The catchment area extends at least 15 km from the roosts. Arrivals at the roost are spread over three hours or more, whereas the morning departure starts on average 25 minutes before sunrise and lasts 36 minutes. When the congregations are unusually high the departures can last over one hour. 85% of the Hen Harriers leave to south or west to preferred hunting grounds in the higher pasture lands between the Ammersee and the river Lech. Mown fen-meadows close to the roost-site form an important component as a meeting and resting place within the harriers‘ winter habitat. Several birds had gaps in their flight-feathers, pointing to moult activity in winter. Further, as yet undetected roost sites almost certainly exist in southern Upper Bavaria. The expand- ing wild boar population, recreational activities and dogs pose an increasing threat to the existence of the roosts. The birds’ reaction to disturbance by humans and particular animals is to change the roost site, while small roosts are given up. As well as these threats through human and animal disturbance, the significance of potential preda- tors and the influence of other bird species is illustrated. Possibilities for long-term upgrading and protection of the Ampermoos as a Harrier habitat are described. Future work and questions to be answered are outlined.

Key words: Hen Harrier, Circus cyaneus, wintering, roosts, habitats, behaviour, threats, Ammersee, Ampermoos.

Christian Fackelmann, Moosstr. 35 b, D-82178 Puchheim, E-Mail: [email protected] 44 Ornithol. Anz., 50, 2011

Einleitung dition am Unteren Inn bei Egglfing Anfang der 1980er Jahre mit maximal 4 Ind. im Winter Die Kornweihe gehört zu den acht Weihenarten 1983/84. (Circus aeruginosus, C. approximans, C. buffoni, C. Inzwischen wurden die hier beschriebenen cyaneus, C. hudsonius, C. macrourus, C. melanoleu- Schlafplätze am Ammersee (Wöhrl in Strehlow cus, C. pygargus), bei denen die Bildung von 1992, Strehlow 2004) sowie weitere am Starnber- Schlafplatzgesellschaften aus zwei oder mehr ger See und in den Loisach-Kochelsee-Mooren Vögeln im Winterquartier beschrieben wurde in Oberbayern entdeckt (Niederbichler und (Gurr 1947, Meinertzhagen 1956, Haas 1957, Guggemoos, pers. Mitt.). Das Ampermoos im Geyr 1957, Littlefield 1970, Renssen 1973, del Norden des Ammersees stellt den Hauptschlaf- Hoyo et al. 1994, Henry 1998). Seit etwa Mitte platz, an dem im Laufe der systematischen Zäh- des vorigen Jahrhunderts wird verstärkt von lungen ungewöhnlich hohe Konzentrationen größeren Zahlen gemeinsam nächtigender festgestellt wurden, vergleichbar den Zahlen im Kornweihen aus verschiedenen Überwinte- baden-württembergischen Federsee-Gebiet rungsgebieten berichtet. (vgl. Einstein 2000). Die typischen Schlafplätze liegen in Moor- Diese Arbeit gibt die Entwicklung des Win- gebieten mit mäßig hohem bis hohem, jedoch terbestandes der Kornweihe im Ampermoos lückigem Bewuchs (Schilf, Seggen, Binsen etc.). und in der Region um den Ammersee (Fünf- Extensiv bewirtschaftete Gegenden mit gutem seenland) wieder. Verhalten und Zuggeschehen Nahrungs- und Schlafplatzangebot werden Jahr werden anhand der Beobachtungen am Haupt- für Jahr aufgesucht, so dass im Laufe der Zeit schlafplatz in den Jahren 2001/02 bis 2008/09 eine Überwinterungstradition entsteht (Watson beschrieben. Die Bedeutung und die Gefähr- 1977, Klafs 1977, Looft & Busche 1981, Bezzel dung des Schlafplatzes im Ampermoos werden 1985, Hölzinger 1987) diskutiert. Nachdem die Art als Brutvogel aus Mittel- europa fast vollständig verschwunden ist, ist sie Untersuchungsgebiet hier zumeist nur noch im Winterhalbjahr – auf dem Durchzug oder als Überwinterer – zu be- Der Ammersee hat eine Fläche von 46,6 km2 obachten. In Deutschland hält sich noch ein klei- und liegt jeweils 30 km nördlich der Alpen und ner Brutbestand im äußersten Norden, während südwestlich von München in Oberbayern (Abb. die Populationen in den Niederlanden und auf 1 und 2, Topographische Karte 1:50.000 © den Britischen Inseln seit Mitte des vorigen Bayerische Vermessungsverwaltung, 51/11). Im Jahrhunderts in Zunahme begriffen sind oder Süden fließt die Ammer aus den Alpen kom- waren (Watson 1977, Sim et al. 2001, Mebs & mend in den See, wo das mitgeführte Geschiebe Schmidt 2006). Parallel zu dieser Zunahme stie- im Ammerdelta große Verlandungszonen bil- gen auch die Zahlen der Überwinterer und Veröf- det. Weitläufige Schilfbestände und Streuwie- fentlichungen zu Schlafplatzfunden in Deutsch- sen mit einzelnen Weiden-, Birken- und Erlen- land (Haas 1957, Wassenich 1968, Andris et al. gruppen bestimmen das Bild im Ammermoos. 1970, Jakobs 1971, Kropp et al. 1979, Plath 1980, Eine Fläche von 499 ha des Ammerdeltas ist Plinz 1982, Henschel 1987, Helbig et al. 1992). durch das NSG Vogelfreistätte Ammersee Süd- In Bayern war die Kornweihe bis 1956 Brut- ufer geschützt, in dessen Mitte ein Teil der Am- vogel, seitdem alljährlicher Durchzügler und merwiesen liegt. Zwischen diesen und der Ort- Wintergast (Wüst 1981). In der Nähe von Da- schaft Raisting liegen die Raistinger Wiesen chau fand 1998 erstmals wieder eine erfolgrei- außerhalb des NSG. che Brut statt (Avifaunistik in Bayern 1[1] 2004), Im Norden des Sees, abgetrennt durch die während Ranftl (1996) je ein Brutpaar 1993 und A96, liegt das NSG Ampermoos (550 ha), durch 1994 in Südbayern erwähnt, jedoch ohne nähere das die Amper in Richtung Isar aus dem See Angaben. Die ersten Schlafplatzansammlungen fließt. Durch Entwässerung und Überdüngung in Bayern erwähnt Wüst (1981) für das Ries, das ist das Niedermoor stark geschädigt und ver- Leipheimer/Langenauer Donauried (Höchst- armt mehr und mehr. Die traditionelle Streu- wert 8 Ind.) und das östliche Donauried wiesenpflege wurde in den sechziger Jahren (Höchstwert 22 Ind.). Reichholf (1984) berichtet eingestellt. Der Aufwuchs von Fichten, Pap- von der Ausbildung einer Überwinterungstra- peln, Faulbaum und Weiden wird regelmäßig Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 45

Abb. 1. Untersuchungsgebiet in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Landsberg, Weilheim und Starn- berg in Oberbayern. – Study area in the districts Fürs- tenfeldbruck, Landsberg, Weilheim and Starnberg in Upper Bavaria. entfernt. Neben der zunehmenden Verbu- schung der Schilfflächen und Streuwiesen ist auch die Ausbreitung fremder Arten (Goldrute) Abb. 2. Ammerseegebiet mit Schlafplätzen. Großer ein wachsendes Problem. Um die weitere Aus- Kreis = ständiger Schlafplatz, kleiner Kreis = zeitlich trocknung des Ampermoos zu stoppen, soll im begrenzt genutzter Schlafplatz. – Region of Lake Winter 2010/2011 eine Sohlschwelle bei Graf- Ammersee with roost sites. Big circle = permanent roost rath gebaut werden, um den Wasserspiegel an- site, small circle = temporary used roost site. zuheben (Mitteilung LBV Starnberg). Für das NSG gilt ein Betretungsverbot vom 1. März bis Die Region zwischen den beiden großen Seen – 15. Juli. mit den dazwischen liegenden, kleineren Pil- Zwischen Ammersee und Pilsensee liegt das sen-, Wörth- und Weßlinger See – bildet das NSG Herrschinger Moos (109 ha). Die Vogelfrei- Fünfseenland. Westlich des Ammersees, zwi- stätte Ammersee-Südufer und das Ampermoos schen den Ortschaften Finning und Obermühl- sind Teil des RAMSAR-Gebietes Ammersee und hausen, liegt der Windachspeicher. als FFH- und SPA-Gebiet gemeldet. Daneben gibt es in der weitläufigen Morä- Die Ebene – 540 m NN bei Dießen im Süden nenlandschaft eine große Anzahl kleinerer Seen, und 532 m NN bei Stegen im Norden – wird von Weiher, Hoch- (Filze) und Niedermoore (Moos), den eiszeitlichen Seitenmoränen eingefasst. Auf in Richtung Alpen schließen sich eine Reihe grö- der Ost- und Westseite erheben sich die Hänge ßerer Seen an (Oster-, Staffel-, Rieg-, Kochel- bis über 700 m NN. und Walchensee). Südöstlich des Ammersees liegt der etwas größere Starnberger See, ebenfalls RAMSAR-, Klima. Durch die Wärmespeicherung des FFH- und SPA-Gebiet. Die Würm entwässert Wassers ist das Klima in der Ebene um einiges diesen nach Norden in das Leutstettener Moos. ausgeglichener als an den Hängen der Umge- 46 Ornithol. Anz., 50, 2011 bung. Im Herbst und Winter mildern Nebel die in den letzten Jahren stark an Bedeutung verlo- Fröste. So bleibt es in der Ebene oft den ganzen ren. Winter schneefrei, während sich an den Hängen ab einer Höhe von 600 – 650 m NN schon eine SP3 Herrschinger Moos. Im NSG Herrschinger geschlossene Schneedecke bildet. Moos werden nur relativ kleine Bereiche durch Im Untersuchungszeitraum gab es einen Streuwiesenmahd gepflegt. Die als SP genutz- extrem schneereichen Winter mit geschlossener ten Flächen liegen in der Schilf- und Streuwie- Schneedecke bis in die Ebene vom 19.11.2005 – senvegetation in ungemähten Bereichen des 15.3.2006. Winter mit mehr oder weniger Schnee NSG (E. Ott mündl.). waren 2002/03, 2004/05 und 2008/09. Dazwi- schen gab es ungewöhnlich milde Winter SP4 Raistinger Wiesen. Der SP (6 ha) lag in den 2003/04, 2006/07 und 2007/08. ungemähten Streuwiesen und bestand nur im Winter 2002/03. Die Vegetation war etwa 0,5 bis Nagerzyklen. Ein Extremhochwasser im Mai 1 m hoch. Nach der Mahd blieben nur 2-3 m 1999 und großräumige Überschwemmungen im breite Streifen stehen, der Schlafplatz wurde August 2005 löschten die Nagerbestände in den aufgegeben (U. Wink mündl.). Ebenen nahezu vollständig aus. Gradationen gab es 2002, (im Frühjahr) 2005 und 2007 (U. Material und Methode Wink, pers. Mitt. und eig. Beobachtung). Datenerhebung Schlafplatzhabitat Synchronzählungen. Seit Februar 2002 wird von der Gebietsbetreuung des Ramsar-Gebietes Alle bisher im Ammerseegebiet gefundenen Ammersee eine systematische Synchronzäh- Schlafplätze (SP) befinden sich am Boden in lung an den Schlafplätzen SP1-SP3 (SP4) koor- mehr oder weniger ausgedehnten Schilfbestän- diniert. Dabei wird der Schlafplatzeinflug vom den, Schneidried und ungemähten Streuwiesen frühen Nachmittag bis zum Einbruch der Dun- mit eingestreuten Erlen, Weiden und Faulbaum- kelheit erfasst. Die Synchronzählungen erfolgen büschen. im vierwöchigen Abstand zur Monatsmitte von Oktober bis April. Haupt-Zähler der 64 Syn- SP1 Ampermoos. Der Hauptschlafplatz in ei- chronzählungen in den Jahren 2002–2009 wa- nem nicht gemähten Bereich auf der Westseite ren: Christian Fackelmann, Susanne Hoffmann, der Amper ist etwa 10 ha groß und liegt zu 2/3 Christian Niederbichler (Ampermoos), Ernst im lockeren Schilf mit Schneidried-Unterwuchs Ott (Herrschinger Moos), Josef Willy, Franz und zu 1/3 im Schneidried Cladium mariscus, Wimmer, Ursula Wink (Ammerwiesen und welches den Schilfgürtel umgibt. Raistinger Wiesen). Während die Schlafstellen im Schilf relativ Im Leutstettner Moos wurde im Winter weit verstreut sind, liegen sie im Schneidried 2003/04 von Christian Niederbichler und Anet- zwischen 0,5 und 3 m auseinander. Bei Störun- te Saitner synchron gezählt, seit dem Winter gen weichen die Kornweihen von der bevor- 2006/07 zählte Peter Brützel in regelmäßigen zugten Stelle gut 400 m südlich ins Schilf aus, Abständen, aber bislang unabhängig von den neuerdings auch auf die Ostseite der Amper. Schlafplätzen am Ammersee (Mitteilung RAM- Einzelne Weiden, Erlen und Strauchweiden ste- SAR-Büro). In den Loisach-Kochelsee-Mooren hen in den Streuwiesen am Rande des Schlafbe- zählte Thomas Guggemoos im Winter 2003/04 reichs, vereinzelte Pappelreihen säumen die synchron. Ufer der Amper. Zusätzliche Zählungen. Um die Besetzung des SP2 Ammerwiesen. Der Schlafplatzbereich Haupt-Schlafplatzes im Ampermoos genauer liegt in Seggen-Schilfröhrichten im NSG Vogel- zu verfolgen, wurden seit dem Winter 2002/ freistätte Ammersee-Südufer. Die von der 2003 neben den Synchronzählungen zusätzliche Schutzgemeinschaft Ammersee-Süd als Streu- Abend- und Morgenzählungen durch den wiesen gemähten Bereiche variieren teilweise Autor durchgeführt, beginnend im September jährlich, sodass sich auch der von Kornweihen bis Ende April. Die Verteilung der zusätzlichen als SP genutzte Bereich verschieben kann. Hat Zähltermine richtete sich in erster Linie nach Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 47 der Wetterlage – so wurde im Anschluss an bzw. sung aller Vögel unmöglich machte. Hierbei ge- vor zu erwartenden Änderungen der Wetterla- wonnene Zahlen wurden nicht in die Tabellen ge gezählt. und Diagramme aufgenommen. An den weite- Während des Haupt-Zuggeschehens und ren Schlafplätzen summiert sich die Beobach- während der Anwesenheit einer größeren An- tungszeit im selben Zeitraum auf 300 Stunden. zahl Weihen wurde – sofern die Wetterlage (Ne- Bedingt durch Witterung, Krankheit und aus bel!) dies zuließ – auch an aufeinander folgen- beruflichen Gründen wurden die Zählungen im den Tagen gezählt, mindestens jedoch einmal Ampermoos im Winter 2008/2009 um 40% re- pro Woche. Mit bis zu 10 Zählungen am Haupt- duziert, während an einigen Zählterminen nur Schlafplatz zwischen zwei Synchronzählungen an 1–2 Schlafplätzen gezählt werden konnte. konnten die jährlichen Zugbewegungen der Um Hinweise auf weitere Schlafplätze und Kornweihen recht genau verfolgt werden. Pa- typische Jagdgebiete zu erhalten, wurden zu- rallel dazu fanden Beobachtungen in den Jagd- dem für die Überwinterung günstig erscheinen- gebieten der Umgebung statt, um stärker fre- de Gebiete in der weiteren Umgebung des Am- quentierte Gebiete zu lokalisieren sowie Infor- mersees gesucht und von Zeit zu Zeit kontrol- mationen zu Jagdverhalten und Beutetieren zu liert. erhalten. Wurden dabei besonders hohe Zahlen im Ergebnisse Ampermoos festgestellt, dann wurden Zwi- schenzählungen an allen Schlafplätzen einge- Entwicklung der Schlafplätze schaltet, um Aufschluss über die Gesamtzahl Aus den Wintern 1968/69 bis 1973/74 liegen der Überwinterer und Wechselbelegungen zu nur wenige Beobachtungen einzelner Exempla- erhalten. re aus dem Ammerseegebiet vor. Die regelmä- Bei den Zählungen wurde auf bestimmte ßigen Beobachtungen von bis zu 5 Ind. von Ok- Verhaltensmuster beim Ein- und Ausflug in Ab- tober bis Ende April ab dem Winter 1974/1975 hängigkeit zur Wetterlage sowie Interaktionen lassen auf ein Überwintern einer kleinen Anzahl mit anderen Vogel- bzw. Tierarten geachtet und von Kornweihen am Ammersee bereits zu die- Störungen durch menschliche Aktivitäten no- sem Zeitpunkt schließen. Lediglich eine Beob- tiert. achtung von Anfang Dezember 1981 mit 11 Ind. Die Distanz zwischen Beobachtungsplatz südlich des Sees fällt bis Ende 1987 aus dem und Schlafplatz, der Aus- und Einflug einer gro- Rahmen. ßen Anzahl Vögel bei bereits/oder noch unzu- Einen Überblick über die Bestandsentwick- reichendem Tageslicht, das regelmäßige Durch- lung und das jahreszeitliche Vorkommen der einanderfliegen und die schiere Masse ließen Kornweihe im gesamten Ammerseegebiet ab eine systematische Unterscheidung von adulten 1988 gibt Tab. 1, in welcher die festgestellten Weibchen und Jungvögeln nicht zu. Es wurde Monatsmaxima bis 2009 eingefügt sind (nach daher lediglich zwischen adulten Männchen Daten der OAG Ammerseegebiet: J. Strehlow und weibchenfarbenen Vögeln unterschieden. 1997–2009, monatliche Tabellen und Rundbrie- War bei fortgeschrittener Dämmerung eine Un- fe; 1988–2009, jährliche Rundbriefe für das terscheidung nicht möglich, wurden die Vögel Ammersee-Gebiet Nr. 12–33, unveröffentlicht). als „unbestimmt“ erfasst. Im Januar 1988 wurde im Norden des Sees Im Durchschnitt waren 2,5–3 Stunden nötig, (Ampermoos) der erste Schlafplatz (SP1) im um den Einflug zu erfassen, während der mor- Ammerseegebiet von Ludwig Wörl und Eber- gendliche Ausflug in knapp 1,5 Stunden abzu- hard Andrä entdeckt. Aus diesem Gebiet lagen decken war. Insgesamt summiert sich die allein seit 1969/70 lediglich unregelmäßige Winter- im Ampermoos und umliegenden Jagdgebieten Beobachtungen von max. 3 Ind. vor. Bei mehre- seit dem Winter 2001/02 bis 2008/2009 für die ren Zählungen am Morgen oder beim abendli- Kornweihen-Beobachtung aufgewendete Zeit chen Einflug wurden Ende Januar 1988 31(6,25) auf 475,5 Stunden an 200 Tagen. Rund 83% der und im Februar 27(6,21) nächtigende Kornwei- Beobachtungszeit entfallen dabei auf Beobach- hen gezählt (Wöhrl in Strehlow 1992). tungen am Schlafplatz. Tatsächlich erfolgten Danach stieg die Zahl der Beobachtungen noch weitere Zählversuche am Morgen, bei de- im Ampermoos rasant an, was sicherlich auch nen jedoch schlechte Sichtverhältnisse die Erfas- mit der gesteigerten Aufmerksamkeit der Beob- 48 Ornithol. Anz., 50, 2011

Tab. 1. Jahreszeitliches Vorkommen der Kornweihe im gesamten Ammerseegebiet seit der Entdeckung des ers- ten Schlafplatzes anhand der festgestellten Monatsmaxima (Beobachtungsdaten zusammengestellt von J. Streh- low).  Beginn der Synchronzählungen. – Seasonal distribution oft the Hen Harrier in the region of the lake Ammersee since the discovery of the first roost shown with the monthly maximum numbers (observations listed by J. Strehlow).  Start of the synchronous counts. Jan. Feb. März Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Schlaf platz- funde: 1988 34 31 3 1 4 5 1 SP1 1989 97 76 1 91817 1990 8134 1 3133 1991 14173 1293 1992 34 321 1 11 28 18 SP2 1993 37 16 12 8 10 13 5 1994 77133 578 1995 2 5 7 5 15 14 3 1996 141531 11 463 1997 14 6 229 1998 6102 4 3 3613 1999 21 4 14 2 5 16 1 SP3 2000 74 33 4 31110 2001 25 71 73759SP4 2002 12 54 38 15 1 43 73 87 Å 2003 20 1 33 5 2 24 36 21 2004 929314 1 134978 2005 38 2 16 11 14 45 12 2006 31 18 10 1 1 3 17 31 2007 48 51 38 7 2 16 60 119 2008 66 9 19 4 1 14 20 13 2009 13 13 5 6 1 2 19 33 achter zusammenhängt. Die Anzahl der Vögel In den darauf folgenden Jahren wurden weitere, blieb jedoch relativ niedrig (unter 20 Ind.), da teils nur zeitweise und von einer kleinen Anzahl keine gezielten und regelmäßigen Zählungen Kornweihen genutzte Schlafplätze gefunden: am Schlafplatz stattfanden, bei denen der ge- – ab Winter 1999/2000 im Herrschinger Moos samte Einflugs- bzw. Ausflugszeitraum abge- (SP3) – regelmäßiger Schlafplatz; deckt wurde. Es handelte sich zumeist um An- – Winter 2002/2003 in den Raistinger Wiesen sammlungen von Kornweihen, die in den um- (SP4) – nur in diesem Winter genutzt, da im liegenden Streuwiesen beobachtet wurden. Herbst nicht gemäht wurde; Der zweite Schlafplatz am Südende des Sees – ab Winter 2003/2004 im Leutstettener Moos in den Ammerwiesen (SP2) wurde im Winter am Nordende des Starnberger Sees – regel- 1992/93 gefunden, und es wurden folgende mäßiger Schlafplatz. Monatsmaxima von Oktober bis April festge- Die Wiesen oberhalb des Windachspeichers stellt: 11, 24, 16, 27, 14, 8 und 6. Dieser Schlaf- (Entfernung zum Ammersee 6,5 km) wurden platz liegt knapp 20 km von SP1 entfernt. Auch Anfang November 2002 als Schlafplatz genutzt. aus dem Einzugsbereich dieses Schlafplatzes Eine Zählung am 01.11.2002 durch Josef Willy stieg anschließend die Anzahl der Beobachtun- brachte drei, am 06.11.2002 vier (1,3) Kornwei- gen an. Weitere gezielte und regelmäßige Zäh- hen. Bei zwei weiteren Zählungen bis zur Mo- lungen fanden aber bis zum Beginn der Syn- natsmitte wurden dann keine Weihen mehr fest- chronzählungen auch hier nicht statt. gestellt (Mitteilung Gebietsbetreuung Ammer- Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 49 see). Daneben gibt es vom Maisinger See – 7,5 ten ein Tagesmaximum von 17 Kornweihen km vom Ammersee entfernt – starke Hinweise (Guggemoos, pers. Mitt.). auf einen weiteren (regelmäßig oder unregel- mäßig genutzten?) Schlafplatz. Sporadische Jahreszeitliches Vorkommen Zählungen brachten bislang nur Nullergeb- und Bestandsentwicklung nisse. Weiterhin existiert seit mindestens 2003/ Sommermonate (Mai bis September). Seit dem 2004 ein Schlafplatz im Loisach-Kochelsee- Beginn der Aufzeichnungen durch J. Strehlow Moor (Entfernung zum Ammersee 33 km). Re- im Jahre 1968 bis zum Jahr 2009 liegen lediglich gelmäßige Zählungen in diesem Winter brach- fünf Beobachtungen einzelner Exemplare im

Abb. 3. Anzahl der Kornweihen am Schlafplatz Abb. 4. Anzahl der Kornweihen am Schlafplatz Ampermoos im Jahresverlauf 2002/2003. Hellgraue Ampermoos im Jahresverlauf 2005/2006 (Linienfar- Linie = Männchen, schwarze Linie = Gesamtbestand. ben s. Abb. 3). – Number of Hen Harriers at roost Am- – Number of Hen Harriers at roost Ampermoos through permoos through the season 2005/2006 (line colours see the season 2002/2003. Light gray = males, black = Total Fig. 3). number.

Abb. 5. Anzahl der Kornweihen am Schlafplatz Am- Abb. 6. Anzahl der Kornweihen am Schlafplatz Am- permoos im Jahresverlauf 2006/2007 (Linienfarben s. permoos im Jahresverlauf 2007/2008 (Linienfarben s. Abb. 3). – Number of Hen Harriers at roost Ampermoos Abb. 3). Das Maximum im Dezember 2007 lag bei 110 through the season 2006/2007 (line colours see Fig. 3). Individuen. – Number of Hen Harriers at roost Amper- moos through the season 2007/2008 (line colours see Fig. 3). The maximum in december 2007 was 110 individuals. 50 Ornithol. Anz., 50, 2011

Tab. 2. Maximale Tagessummen der Kornweihe für das Ammerseegebiet und die einzelnen Schlafplätze, mit Monatsangabe, Erst- und Letztbeobachtung und Zusammenhang mit Witterung und Nagerbeständen. Daneben Synchron-Daten bzw. Tagessummen der nächstgelegenen Schlafplätze. --- Kein Schlafplatz, ?? Keine Zählung, ( ) Zahlen nicht synchron festgestellt. * Beginn der Synchronzählungen am 15.02.2002. ** Am 25. Juni noch ein Weibchen am Südende (Obere Filze von E. Witting und E. Stöver, in Strehlow 2009, Rundbrief). – Maximum daily numbers of the Hen Harrier for the region of the lake Ammersee and for each roost, with month, date of first and last sighting and in relation to weather and rodent population. Synchronous established data respectively daily maximum numbers from the nearest roosts are also given. --- No roost, ?? No count, ( ) numbers not from synchronous counts. * Start of the synchronous counts on 15.02.2002. ** On the 25. June a female observed south of Lake Ammersee. Winter 2001/ 2002/ 2003/ 2004/ 2005/ 2006/ 2007/ 2008/ 2002* 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Erst- und 03.10.- 20.09.- 27.09.- 01.10.- 04.10.- 08.10.- 17.09.- 08.09.- Letztbeobachtung 14.04. 29.04. 16.04. 27.04. 14.05. 17.04. 20.04. 17.04.**

Ammerseegebiet 47 87 49 78 45 54 119 17 SP1-SP4 II XII XII XII XI II XII XII

SP1 36 51 31 64 38 48 110 17 Ampermoos II XI II XII XI I XII XII

SP2 6 17 13 7 4 2 3 2 Ammerwiesen III XII X XI XI III X, XI, X, XI XII

SP3 11 13 17 7 4 10 12 6 Herrschinger Moos II XII XII XII, I XI I XII XI

SP4 --- 13 ------Raistinger Wiesen XI, XII

Leutstettener Moos ?? ?? 5 ?? ?? (7) (7) (4) XII XII I XI

Loisach-Kochelsee- ?? ?? 17 ?? ?? ?? ?? ?? Moor XII

Sommer (Juni, August) vor. Daneben gibt es für der Synchronzählungen sowie die Zählergeb- diesen Zeitraum sechs Beobachtungen von nisse und Beobachtungen der Kornweihen am Einzelvögeln im Mai und vierzehn Einzelbe- Hauptschlafplatz im Ampermoos – stellvertre- obachtungen (10 x 1 Ind., 3 x 2 Ind. und 1 x 4 tend für das gesamte Ammerseegebiet herange- Ind.) im September, alle im Ampermoos oder im zogen. Ammermoos. Den „typischen“ – auch von anderen Schlaf- plätzen bekannten – Verlauf des Kornweihen- Winterhalbjahr (Oktober bis April). Ab Okto- Einflugs zeigen Abb. 3 (Jahresverlauf 2002/03) ber steigen die Zahlen stark an und erreichen und Abb. 6 (2007/08) mit Durchzugsspitzen im den Höchststand in der Regel zwischen Anfang November/Dezember, Einbrüche bei Schnee November und Ende Dezember (Tab. 1 und 2). und Rückzugbewegungen ab Februar. Aus dem Für die folgenden Auswertungen zum zeitli- Rahmen fällt der Verlauf im Winter 2006/2007 chen Verlauf der Schlafplatzbesetzung während (Abb. 5), in welchem sich der Einflug stark nach der Wintermonate wurden lediglich die Daten hinten verschob. Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 51

Die Präsenz der Kornweihen ist abhängig zählungen, auch als Folge der reduzierten Zäh- von der Witterung: Bei mehrtägiger geschlosse- lungen. Die Höchstzahl des Winters wurde im ner Schneelage wandern die Vögel ab. Einzelne Ampermoos zwischen den regulären Zählter- Weibchen bilden in der Regel das Schlusslicht. minen im November und Dezember 2008 fest- In den Diagrammen sind Kälteeinbrüche und gestellt. In diesen Zeitraum fallen auch die Schneeperioden gut zu erkennen: Der strenge Höchststände an den anderen Schlafplätzen. Winter 2005/06 sorgte für ein ständiges Auf und Der tatsächlich anwesende Bestand dürfte sich Ab der Zahlen (Abb. 4), während der darauf fol- somit auf rund 30 Ind. belaufen. gende milde Winter mit lediglich zwei kurzen Kälteeinbrüchen aufwartet (Abb. 5). Mauser Die Höchststände des Rückzugs werden Mehrfach konnten bei den Zählungen im Am- zwischen Mitte Februar und Ende März er- permoos weibchenfarbene Vögel mit Lücken im reicht. Die letzten Männchen ziehen bis Anfang Großgefieder beobachtet werden: April weg, während der Rückzug der Weib- – am 26.04.2005 bei 1 Ind. Lücken in der rech- chenfarbenen sich bis Ende April hinziehen ten Schwinge etwa bei HS7/8 und in der lin- kann. Dies deckt sich mit den Feststellungen ken Schwinge etwa bei AS10. vom Federsee (Einstein 2000). – am 10.12.2007 und 14.12.2007 jeweils dassel- Dagegen konnte das am Federsee im Beob- be Ind. mit fehlenden HS6-8! achtungszeitraum von 1975/76 bis 1990/91 im – am 05.02.2008 bei sechs von insgesamt 45 vierjährigen Turnus festgestellte Bestandstief in (14,31) ausfliegenden Weihen Lücken in den den acht Wintern nicht bestätigt werden. Auch äußeren HS, bei einem Vogel zusätzlich im lässt sich die Höhe der Kornweihen-Zahlen Stoß. nicht mit der Strenge des Winters in Verbindung – am 17.03.2008 bei 2 Ind. Lücken in der Stoß- bringen. Um hierzu Rückschlüsse zu ziehen, mitte. müsste man die Zahlen an den Schlafplätzen im Auch Watson (1977) und Tiede (1986) erwähnen gesamten Überwinterungsgebiet langfristig je ein Weibchen mit Lücken im Stoß bzw. in der synchron feststellen und vergleichen. Handschwinge. Offensichtlich schließen nicht Interessant ist der Winter 2007/2008. Wäh- alle Kornweihen im Sommerhalbjahr eine kom- rend einer Zwischenzählung an drei Schlafplät- plette Großgefiedermauser ab. Bei anderen mit- zen (SP1-SP3) am 09.12.2007 wurden insgesamt telgroßen Greifvögeln (Bussarde, Milane) ist es 119 Vögel festgestellt, davon 110 Ind. im Amper- sogar die Regel, dass die äußersten Hand- moos, 9 Ind. im Herrschinger Moos, keine in schwingen bis zur nächsten Mauser stehen blei- den Ammerwiesen (Tab. 2). Dies ist die bisher ben oder im Überwinterungsgebiet erneuert höchste Tagessumme im Ammerseegebiet. Im werden (Forsman 1999, eigene Beob.). selben Winter wurde die Höchstzahl im Herr- schinger Moos am 27.12.2007 mit 12 Ind. er- Anteil adulter Männchen reicht. In den Ammerwiesen wurden Mitte Ok- Der Anteil adulter Männchen ist für die Win- tober und Ende November bis Anfang Dezem- ter 2001/02 bis 2008/09 in Abb. 7 wiedergege- ber 2007 nur drei Ind. festgestellt, danach keine ben. mehr. Am Maisinger See fanden keine Zählun- Winter mit relativ hohen Gesamtzahlen und gen statt. Im Leutstettener Moos erfolgte eine gleichzeitig niedrigem Männchen-Anteil, wie Negativkontrolle im Oktober. Danach wurden z.B. 2001/02, 2004/05, 2006/07 und besonders von Anfang November 2007 bis Ende März 2008 2007/08, geben möglicherweise Hinweise auf bei neun Zählungen – mit einer Ausnahme eine gute vorangegangene Brutsaison (Helbig et (Schneedecke am 22.11.2007) – zwischen drei al. 1992). Konkrete Aussagen sind jedoch nur im und sieben Kornweihen festgestellt. Zusam- überregionalen Vergleich der Zahlen aus den menfassend kann man folgern, dass der tatsäch- Überwinterungsgebieten möglich. liche Bestand im Fünfseenland im Dezember In diesem Zusammenhang, aber auch um 2007 auf 120-130 Individuen veranschlagt wer- die allgemeine Populationsentwicklung und den kann, obwohl die Zähltermine auf verschie- Populationsschwankungen zu überwachen, dene Tage fielen. wäre es für die Zukunft lohnenswert, Synchron- Der Winter 2008/2009 brachte die niedrig- zählungen nicht nur lokal sondern so großflä- sten Tagessummen im Zeitraum der Synchron- chig wie möglich durchzuführen. 52 Ornithol. Anz., 50, 2011

ist in Abb. 4 gut zu erkennen. Zählungen an mehreren aufeinander folgenden Tagen (auch in anderen Wintern) ergaben, dass die Vögel prak- tisch von einem Tag auf den anderen fast geschlossen abzogen (und zurückkehrten). Das sofortige Wiedererscheinen und die ähnliche Geschlechterverteilung machen es sehr wahr- scheinlich, dass es sich bei den Rückkehrern um die kurz vorher weggezogenen Vögel handelt. Daneben zeigt es auch, wie wichtig die traditio- nellen Schlafplätze für die Kornweihe sind und umgekehrt, dass es sich bei den in der Fehlzeit aufgesuchten Plätzen wirklich nur um Aus- Abb. 7. Prozentualer Anteil der Männchen in den weich-Schlafplätze und -Jagdgründe handelt. Wintern 2001/02 bis 2008/09 (grau) und Tages- Der außerordentlich milde Winter 2006/07 Höchststände des jeweiligen Winters (Punkte) wäh- sorgte ebenfalls für einen ungewöhnlichen rend der Synchronzählungen im Ammerseegebiet. – Verlauf des Kornweihen-Einflugs (Abb. 5). Im Percentage of males in the seasons 2001/2002 to 2008/2009 Vergleich zu den Vorjahren (Fackelmann 2004- (gray) and highest daily sums of each winter (points) in the 2006, unveröffentlicht) verschob sich die An- period oft synchronous counts in the region of the lake kunft der Weihen um gut zwei Wochen nach Ammersee. hinten. Bis zum letzten Januar-Drittel 2007 stieg die Zahl der nächtigenden Kornweihen konti- Winterfluchtbewegungen nuierlich an und erreichte erst vor dem kurzen Die längste Abwesenheit der Weihen am Gastspiel des Winters am 18. Januar mit 48 Schlafplatz Ampermoos wurde während eines Exemplaren den höchsten Stand. Gut zu sehen Spätwintereinbruchs mit durchschnittlich 15 cm ist das plötzliche Ansteigen der Zahlen kurz vor geschlossener Schneedecke vom 13. Februar bis dem einwöchigen Kälteeinbruch – hier handelt 13. März 2005 verzeichnet: es sich sehr wahrscheinlich um aus dem Norden Von den Anfang Dezember 2004 anwesen- nachrückende Vögel. den 64 Exemplaren sank der Bestand mit Nach dem kurzzeitigen Abzug der Weihen Beginn der Schneefälle am 20. Dezember auf wurden am 16. Februar wieder 46 Exemplare drei weibchenfarbene Vögel, um während der gezählt, wobei die übereinstimmende Vertei- einsetzenden Tauperiode bis Mitte Januar wie- lung zwischen Männchen und weibchenfarbe- der auf 31 Exemplare anzusteigen. Nach unge- nen Vögeln auch hier darauf schließen lässt, wöhnlich mildem Wetter folgte in der letzten dass es sich um dieselben Vögel handelte. Dem Januar-Dekade 2005 eine Kältewelle mit Schnee zweiten kleinen Wintereinbruch Mitte März und Frost bis ins Flachland. In der Folge ver- (2007) mit lokalen Schnee- und Schneeregen- schwanden die Weihen wiederum – am 31. fällen wichen nur einige Vögel aus. Gleichzeitig Januar konnten noch 3 Exemplare (1,2) an SP1 setzte auch der Rückzug ein, der bis Mitte April festgestellt werden, danach mit einer Ausnahme anhielt und sich somit, wie die Ankunft, im bis zum 13. März keine mehr. Lediglich am 11. Vergleich zu den Vorjahren um zwei Wochen Februar nutzte ein einzelnes Männchen den nach hinten verschob. Schlafplatz für mindestens eine Übernachtung. Ungewöhnlich ist der Verlauf der Kornweihen- Ein- und Ausflug und Verhalten am Schlaf- Zahlen am SP1 im „Extremwinter“ 2005/06 – platz (SP1) bezogen auf die vorangegangenen Jahrzehnte – Der Einflug ins Schlafplatzgebiet zieht sich bis mit Rekordschneehöhen. Die Höchstzahl des zu drei Stunden und mehr hin. Bereits am frü- Winters wird mit 38 Exemplaren am 07. No- hen Nachmittag finden sich die ersten Vögel in vember festgestellt (Abb. 4). Mit dem Einsetzen der Umgebung des Schlafplatzes ein und segeln der Schneefälle ziehen die Vögel zwischen dem auf der Suche nach Beute über das Schilf oder 17. und 24. November (5 cm Schnee) vollständig die umliegenden Weiden und Felder oder lan- ab, um kurz darauf zum Teil wieder zu erschei- den in den an den Schlafplatz angrenzenden nen. Jeder weitere der teils heftigen Schneefälle gemähten Streuwiesen. Der Großteil der Wei- Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 53

Foto 1. Schlafplatz der Kornweihe Circus cyaneus im Ampermoos und Schlafstelle mit Gewöllen. – Roost site of the Hen Harrier at Lake Ammersee and sleeping place with pellets. Foto: C. Fackelmann 2008 hen fliegt jedoch wesentlich später – einzeln flug während der Höchststände im Winter oder in Trupps von bis zu vier Vögeln – ein, 2007/08 (jeweils 80, 110, 95, 66 und 70 Ind.) einige erst im letzten Licht. begann bereits 40 Minuten vor Sonnenaufgang Die vor Sonnenuntergang eintreffenden Vögel fliegen in der Regel tief und nehmen da- bei jede Gelegenheit zum Beutemachen wahr. Bevor sie sich plötzlich in die Vegetation „fallen lassen“, zieht die Mehrzahl der Vögel mehrere Schleifen über dem engeren Bereich des Schlaf- platzes. Später eintreffende Exemplare dagegen fliegen höher und zielstrebiger heran und gehen meist direkt herunter. Diese Beobachtungen stimmen mit denen von Andris et al. (1970) überein. Zieht ein Gewitter auf, kommen dage- gen alle Weihen auffallend tief herein. Die große Mehrzahl der Vögel fliegt im Ampermoos aus Süden (Streuwiesen) oder der Feldflur im Westen heran, nur wenige Vögel kommen über die ausgedehnten Waldungen aus Osten oder Norden an. Der Ausflug am Morgen beginnt im Durch- schnitt 25 Minuten vor Sonnenaufgang (n = 51 Foto 2. Kornweihen-Männchen am Sammelplatz in Zählungen) und dauert durchschnittlich 36 Mi- der Streuwiese vor dem Schlafplatz. – Male Hen nuten (n = 48). Bei klarem Wetter starten die Vö- Harrier at the meeting place in the litter meadow in front gel früher als bei Nebel oder Regen. Der Aus- oft he roost site. Foto: C. Fackelmann 2006 54 Ornithol. Anz., 50, 2011 und dauerte rund eine Stunde. Der längste bis- hen, verlieren diese ihre Funktion als Schlaf- her festgestellte Ausflug fand am 05.02.2008 platz (siehe Diskussion). Hierzu wären weiter- statt und dauerte 197 Minuten! gehende Untersuchungen sinnvoll, um festzu- Sofort nach dem Auffliegen versuchen die stellen, wie sich Veränderungen der Schlafplatz- Vögel durch aktiven Ruderflug oder, nach Son- umgebung auf die Annahme desselben aus- nenaufgang, kurz kreisend an Höhe zu gewin- wirkt und umgekehrt, wie man Schlafplätze für nen und ziehen dann zumeist zügig und ziel- die Kornweihe attraktiver machen kann. strebig in ihre Jagdgebiete. Ergänzende Beob- achtungen bei sehr dichtem Nebel ergaben Jagdgebiete und Aktionsraum einen – im Vergleich zu den Tagen davor – um Die von den Kornweihen im Ammerseegebiet eine Viertelstunde nach hinten verschobenem genutzten Jagdgebiete unterscheiden sich nicht Ausflug. von den in anderen Überwinterungsgebieten 85% der Vögel (n = 769) im Ampermoos flie- genutzten (Lissak 1995). Schmale Brachflächen gen nach S oder W in Richtung Greifenberg und mit ihren unzähligen Mäusegängen werden Geltendorf ab, zu den höher gelegenen, ausge- häufig frequentiert, daneben werden gezielt dehnten Weidegebieten. Die restlichen 15% flie- Schilf- und Grünlandflächen, Gräben, Weg- und gen zumeist nach N (Fürstenfelder Wald), selten Ackerränder abgeflogen. nach O (Mauerner Wald) über die Waldgebiete Wie bereits ausgeführt, fliegen die im ab. Diese beiden Richtungen werden zwar nur Ampermoos überwinternden Vögel zumeist in an wenigen Tagen – dann aber zumeist von ei- südlicher bis westlicher Richtung ab. Ein wich- nem Großteil der anwesenden Weihen – einge- tiges Jagdgebiet sind die Hochflächen zwischen schlagen. Ammersee und Lech. Jagende Weihen wurden Abweichungen vom typischen Ein- und am häufigsten zwischen Geltendorf und Grei- Ausflugverhalten werden durch menschliche fenberg beobachtet, weiter im Südwesten bis und tierische Störungen verursacht. Finning (15 km von SP1 und SP2 entfernt), im Norden im Bereich zwischen der Glonn, Da- Nutzung der an den Schlafplatz angrenzenden chau und Germering (15 km von SP1). Einige Streuwiesen der Beobachtungen nördlich von Maisach deu- Ein Teil des Ampermoos wird von den ansässi- ten allerdings auf einen (Ausweich-)Schlafplatz gen Bauern als Streuwiese gemäht (Vertragsna- in der Umgebung des Fußbergmoos oder an der turschutzprogramm), wobei der als Schlafplatz Glonn. Interessanterweise fand in dieser Ge- genutzte Bereich ausgespart wird. Vor allem die gend 1998 nach fast einem halben Jahrhundert unmittelbar an den Schlafplatz angrenzenden, erstmals wieder eine (erfolgreiche) Brut in gemähten Streuwiesen werden von den Korn- Bayern statt (Avifaunistik in Bayern 1[1]: 2004). weihen praktisch täglich aufgesucht. Am belieb- Der Einzugsbereich von SP1 beträgt also minde- testen sind Flächen, die möglichst weit von stens 15 Kilometer. Dies deckt sich mit den Fest- Wegen entfernt und nahe dem Schlafplatz sind. stellungen am Ammersee-Südende (U. Wink, Die Wiesen bieten zum einen entsprechende pers. Mitt.) und an anderen Schlafplätzen (An- vernässte Stellen zum Baden und zum anderen dris, Saumer & Trillmich 1971, Wassenich 1968). den nötigen Überblick über die Umgebung bei Neue Erkenntnisse bezüglich der Jagdgebie- der anschließenden Gefiederpflege. te könnten sich ergeben, wenn festgestellt wird, An fast allen Beobachtungstagen kann bis wohin die Masse der Weihen bei Schnee im spät abends reger Flugverkehr zwischen den Flachland zieht. Streuwiesen und dem Schlafplatz beobachtet werden. Grundsätzlich können den ganzen Tag Beutetiere und Jagdverhalten über Vögel in den Freiflächen angetroffen wer- Die Beobachtungen jagender Kornweihen las- den, da sie auch zum Jagdrevier der Weihen sen darauf schließen, dass sich die Winternah- gehören. rung im Ammerseegebiet nicht von der in ande- Die gemähten Streuwiesen stellen ganz ren Überwinterungsgebieten unterscheidet offensichtlich einen wichtigen Faktor im winter- (Wassenich 1968, Henschel 1987, Ottens 1999) lichen Weihenbiotop dar. Werden allerdings zu und Feldmäuse die Hauptnahrung bilden. Die große Bereiche gemäht und bleiben zu schmale Zahl der Überwinterer war in den Gradations- Streifen Streuwiesenvegetation und Schilf ste- jahren 2002, 2004 und 2007 am höchsten (Tab. 2). Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 55

Einmalig wurde im Frühjahr 2008 eine kurze Das für die Übernachtung der Kornweihen Teil-Kontrolle des Schlafplatzes unternommen. recht gut geeignete Schilfgebiet am Maisinger Die dabei eingesammelten Gewölle enthielten See scheint durch permanente Anwesenheit von ausschließlich Mäusereste. Wildschweinen als Schlafplatz verloren gegan- In Wintern mit geringer Mäusedichte stellen gen zu sein. Bereits seit etlichen Jahren gibt es sich die Kornweihen auf Vögel und Maulwürfe starke Hinweise auf einen Schlafplatz, um. Dann sind sie regelmäßig bei der Jagd auf Kontrollen fanden jedoch nur unregelmäßig die in den Äckern auf Futtersuche umherzie- statt. Laut Auskunft des Jagdpächters hält sich henden Vogelschwärme (Buch- und Bergfinken seit mehreren Jahren eine starke Rotte im Schilf Fringilla coelebs und F. montifringilla, Goldam- auf, so dass ein Schlafplatz zurzeit unwahr- mern Emberiza citrinella, Wacholderdrosseln Tur- scheinlich ist, obwohl weiterhin Vögel während dus pilaris) oder die sich im Schilf und Streu- des Winters gesehen werden. wiesen aufhaltenden Singvögel zu sehen. Mehr- Daneben sorgen Dachse Meles meles, Stein- mals konnte am Schlafplatz die Jagd auf eben- marder Martes foina, Hermeline Mustela erminea falls zur Übernachtung einfliegende Singvögel und vor allem Füchse Vulpes vulpes und viele (u. a. Rohrammern Emberiza schoeniclus) beob- streunende Katzen für Störungen und kommen achtet werden. Auch die in den Schilfstängeln gleichzeitig auch als potenzielle Prädatoren in nach Larven und Puppen suchenden Meisen Betracht. Auf Füchse, die am frühen Morgen in dürften als Beute in Frage kommen. den Streuwiesen und im Schlafplatzbereich um- her schnüren, fliegen die Weihen heftige Schein- Störfaktoren und ihre Folgen angriffe. Menschliche Störungen. Vor allem mit der Fertigstellung eines Neubaugebietes 2007, rund Weitere Gefahren. Direkt an den Schilfrand vor 300 m vom Schlafplatz entfernt, stiegen die dem Schlafplatz grenzen Rinderweiden. Diese Störungen im Ampermoos stark an. Seitdem mussten laut Aussage des Landwirts vor eini- werden besonders die Streuwiesen und umlie- gen Jahren mittels Stacheldraht begrenzt wer- genden Weiden am Schlafplatz als Hunde- den, nachdem andere Umzäunungen (Elektro- auslauf oder zum Spazierengehen benutzt. zaun) permanent zerstört wurden. Hierdurch Genau auf diesen Flächen sammeln sich mor- ergibt sich vor allem für die am Schilfrand ent- gens und am Nachmittag die Weihen. Mehrfach lang jagenden Greifvögel und Eulen, aber auch wurden sogar im Schilf jagende Hunde beob- für weitere anwesende, größere Vögel eine per- achtet, begleitet von einer oder mehreren Personen. Im März 2008 wurde – offensichtlich als Folge der anhaltenden Störungen – der Schlaf- platzbereich weiter ausgedehnt und erstmals der Schilfbereich auf der Ostseite der Amper zum Übernachten genutzt. Dies erschwert die Zählungen, da die Vögel nun noch weiter von den Beobachtungsplätzen entfernt auffliegen bzw. landen.

Tierische Störungen. Seit dem Winter 2007/08 halten sich regelmäßig Wildschweine Sus scrofa im Schlafplatzbereich im Ampermoos auf. Dies zwang die Weihen den Schlafplatzbereich im Winter 2007 auszudehnen und auch einen, bis dahin nur unregelmäßig genutzten, 400 m süd- lich gelegenen Schilfbereich ständig zu nutzen und sorgt für ein ständiges Durcheinander beim Foto 3. Im Stacheldraht am Rande des Schlafplatzes Einflug. Mehrfach konnte beobachtet werden Ampermoos verendeter Mäusebussard Buteo buteo. – wie ankommende Kornweihen plötzlich kehrt Common Buzzard entangled in barbed wire at the roost in machten und zielstrebig wieder wegflogen. Ampermoos. Foto: C. Fackelmann 2006 56 Ornithol. Anz., 50, 2011

Foto 4. Ausweichschlafplatz (Bildmitte) und Ausschnitt des Jagdgebietes zweier Kornweihen im Winter 2005/2006 in der Nähe der Aubinger Lohe. – Substitute roost (middle) and part of the hunt- ing area of two Hen Harriers in win- ter 2005/2006 near the Aubinger Lohe. Foto: C. Fackelmann 2006

manente Gefährdung. Am 20.01.2006 verfing sene Prädation, beobachtete Attacken und Inter- sich ein juveniler Mäusebussard Buteo buteo am aktionen s. Tab. 3. Rande des Kornweihen-Schlafplatzes mit einer Schwinge im Stacheldraht und verendete qual- Diskussion voll (Foto 3). Wohin ziehen die Vögel bei geschlossener Einfluss von Greifvögeln und Krähen. Über Schneedecke? Wohin die Kornweihen der Am- mehrere Versuche von Habichten, Kornweihen merseeregion in Perioden mit geschlossener zu schlagen, berichtet Henschel (1987). In der- Schneedecke ziehen ist bislang unbekannt. Die selben Arbeit sind auch 13 Rupfungen erbeute- rasche Rückkehr beim Wegtauen des Schnees ter Kornweihen aufgelistet. Kurz- und längerfri- legt die Vermutung nahe, dass sie sich während- stige Schlafplatzflucht der Weihen nach Ha- dessen nicht weit entfernen – d.h. keine Alpen- bichts-Attacken sind mehrfach beschrieben überquerung stattfindet. Ausweichmöglichkei- worden (siehe z.B. Kropp & Münch 1979). Im ten gäbe es in die Bodenseeregion, nach Ober- Winter 2003/04 wurde eine juvenile Kornweihe schwaben oder in die Oberrheinebene (Schuster am Südende des Ammersees von einem adulten et al. 1983, Hölzinger 1987, Einstein 2000). Habichtsweibchen geschlagen (B. Quinger, pers. Die Beobachtung zweier weibchenfarbener Mitt.). Für im Untersuchungsgebiet nachgewie- Vögel im Winter 2005/06 zeigt, dass zumindest

Tab. 3. Attacken von Prädatoren und beobachtete Interaktionen der Kornweihen mit anderen Vogelarten. – Attacks of predators and observed interactions of Hen Harriers with other bird species. Hassen auf Hassen durch Prädation Attacken Kornweihen Kornweihen Art nachgewiesen beobachtet beobachtet beobachtet Habicht Accipiter gentilis XX Wanderfalke Falco peregrinus X X Mäusebussard Buteo buteo X X Rohrweihe Circus aeruginosus X Sperber Accipter nisus X X Rabenkrähe Corvus corone X X Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 57 einige Vögel auch bei geschlossener Schneede- Auch innerhalb von sehr großen Pflegeinheiten cke die Region nicht verlassen: (50 Hektar und mehr, sog. „Feldstücke“) gestat- Nach dem 14. Januar 2006 (Bestand 13 18 ) tet dieses Programm maximal 2000 m2 große verschwanden alle Weibchen vom Schlafplatz Bracheinseln, die ganz offensichtlich den An- Ampermoos, von den Männchen blieb eines sprüchen der Kornweihe nicht ausreichend ge- zurück. Erst am 17. Februar wurden abermals nügen. Für die kommende Programm-Förder- vier Weibchen festgestellt (Abb. 4). Die Schlaf- periode von 2013 bis 2019 muss daher dieses plätze SP2 und SP3 waren in diesem Zeitraum Programmdefizit behoben werden. verwaist. Jedoch konnten ab dem 5. Februar bis Für die Zukunft ist auf der Grundlage einer zum 16. Februar zunächst eine, später dann verbesserten Programmstruktur die Erarbei- sogar zwei weibchenfarbene Weihen bei der tung und die Umsetzung von Mähkonzepten Jagd beobachtet werden. Sie jagten über einer 1 notwendig, in welchem die Bedürfnisse der auf km2 großen, offenen Fläche (Wiesen, Felder und größere Brachinseln angewiesenen Vogelarten Ödflächen) in der Nähe der Aubinger Lohe, stärker berücksichtigt werden (können). Die knapp 20 km von SP1 entfernt. In der Abend- Kornweihe mit ihren Habitatansprüchen sollte dämmerung flogen die Vögel zu einem schma- in diesem Zusammenhang grundsätzlich in len Altfichtenbestand und verschwanden über allen Riedgebieten, in welchen regelmäßig be- einem kleinen, eingesprengten Erlenbruch (Foto setzte Schlafplätze existieren, bei Management- 4). Die genaue Schlafstelle konnte zwar nicht planungen ganz explizit zu den zu berücksichti- lokalisiert werden, alle Beobachtungen lassen genden Zielarten gehören! jedoch auf das Einfallen in die lichte, ca. 12 m Zurzeit erfüllt vor allem das Ampermoos hohe Erlendickung mit Fichtenunterwuchs oder (noch) die Vorraussetzungen, welche die Korn- in die Altfichten schließen. weihen an einen langfristigen Massen-Schlaf- platz stellen. Knapp 90% der im Ammerseege- Schlussfolgerungen für den Schutz der Korn- biet übernachtenden Kornweihen nutzen mitt- weihen-Schlafplätze. Die größte bisher belegte lerweile diesen Schlafplatz. Durch die Kon- Schlafplatz-Gesellschaft in Bayern befand sich tinuität der Schlafplatzbesetzung und die Höhe im 550 Hektar großen Ampermoos. Von allen der Kornweihen-Zahlen ist das Ampermoos der Riedgebieten des Ammerseeraums weist es die mit Abstand wichtigste Schlafplatz in Bayern. größten Flächen an Schilfröhrichten, Schneid- Neben dem Federseegebiet in Baden-Würt- riedflächen und schilfreichen Großseggenrie- temberg gehört das Fünfseenland zu den wich- den auf, die sich potenziell als Schlafplatz für tigsten Überwinterungsregionen der Art in Mit- die Kornweihe eignen. Südlich des Sees nahm teleuropa. die Anzahl der übernachtenden Kornweihen Sowohl die sich ausbreitenden Schwarz- drastisch ab, als dort große Schilf-Flächen, die wildbestände als auch die Ausdehnung der Be- Jahre zuvor als Schlafplatz gedient hatten, aus- bauung bis an die Schilfbestände heran und die gemäht wurden (vgl. Tab. 2). Als die Raistinger damit einhergehende starke Beanspruchung Wiesen 2002 wegen eines nassen Herbstes erst durch Erholungssuchende und Hundehalter Mitte Dezember gemäht werden konnten, bilde- gefährden die Existenz der Schlafplätze in zu- te sich dort vor der Mahd spontan ein nehmenden Maße. Daneben spielen Greifvögel Schlafplatz (U. Wink, mündl.). wie z. B. der Habicht als Störquelle am Ammer- Dies deutet darauf hin, wie wichtig große, see eine untergeordnete Rolle. zusammenhängende Schilf- und Streuwiesenflä- In den letzten Jahren zeigte sich, dass sich chen in der Nähe der Jagdgebiete für die über- menschliche Störungen vor allem an den ersten winternden Kornweihen sind. Die aktuellen sonnigen Wochenenden im Frühjahr häufen, Mähkonzepte sind vorwiegend auf Wiesenbrüter wenn jedermann in die Natur hinausstrebt. abgestimmt. Es besteht ein Defizit an aus- An solchen Tagen sollte eine flächendecken- reichend großen ungemäht bleibenden Ried- de Präsenz von Beauftragten des RAMSAR-Bü- flächen. Eine Ursache für diese Entwicklung liegt ros oder der Unteren Naturschutzbehörden für in der derzeit gültigen Programmstruktur des Kontrolle und Aufklärung sorgen. Die aktuelle Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms/ Streichung der Mittel für Naturschutzwächter Erschwernisausgleich (VNP/EA), über welches wird allerdings zu einer weiteren Verschlechte- die Streuwiesenpflege in Bayern geregelt wird. rung der Situation führen. 58 Ornithol. Anz., 50, 2011

Das Ampermoos liegt eingekeilt zwischen einer ihre Flugrichtung notiert werden. Wo Schlaf- stark befahrenen Bundesstraße und mehreren plätze vermutet werden, sind Kontrollen vor Ortschaften. Die gute Erreichbarkeit und die Er- allem im November und Dezember viel ver- schließung des Umlandes bis an den Rand des sprechend. Da die Kornweihen-Gesellschaften NSG macht die Nutzung des Gebietes durch sehr mobil sind und offensichtlich reger Aus- verschiedenste Interessengruppen äußerst ein- tausch zwischen den Überwinterungsgebieten fach und erhöht die Störungsanfälligkeit. bzw. Schlafplätzen stattfindet sind laufend Nach Gesprächen mit Hundehaltern stieß Stichproben bei Wetteränderungen nötig um der Autor im Branchenbuch Fürstenfeldbruck den tatsächlichen Verlauf und die Höchststände auf eingezeichnete Feldwege – bis zum Schlaf- der Einflüge mit zu bekommen. platz und am Schilf entlang nach S und N –, die Aufbauend auf den Erfahrungen vom Am- real nicht (mehr) existieren, aber von Hunde- mersee wäre es nun wichtig, das Kornweihen- haltern und Spaziergängern gesucht werden. Monitoring auf das gesamte (südliche) Ober- Dabei entstehen Trampelpfade am Schilfrand bayern auszuweiten, um die wirkliche Bedeu- und im Schilf, die dann verstärkt auch von wei- tung der Region für die Überwinterung der teren Personen begangen werden. Kornweihe festzustellen. Parallel dazu sollte die Kurzfristig könnte das Versperren der vor- Kontaktaufnahme mit Betreuern weiterer handenen und potenziellen Trampelpfade etwa Schlafplätze im gesamten Überwinterungsraum mit Schlehen-Ästen Abhilfe schaffen, dauerhaft und eine großflächige Koordination der Zäh- werden nur ein ganzjähriges Betretungsverbot lungen realisiert werden. für Unbefugte, intensive Aufklärung (Zeitungs- Neben den oben bereits erwähnten Punkten berichte) und systematische Kontrolle durch und der Suche nach weiteren Schlafplätzen in Naturparkwächter die Störungen abmildern Oberbayern ergeben sich folgenden Fragestel- können. Daneben wäre es wichtig, die Weide- lungen: flächen im Westen als Pufferzone auszuweisen. – Woher kommen die überwinternden Vögel? Die praktizierte ganzjährige Freilandhal- – Wohin ziehen die Kornweihen bei mehrtägi- tung von Rindern am Rande des Naturschutz- ger geschlossener Schneelage? Welche Jagd- gebietes bietet sich förmlich an, ins Natur- gebiete nutzen sie dann? Wie groß sind die- schutzgebiet aufgenommen zu werden und se? Welchen Schutzstatus habe sie? wäre eine Bereicherung dafür. Auch aus land- – Wie stark sind die Wechselbelegungen zwi- wirtschaftlicher Sicht (Verunreinigungen durch schen den einzelnen Schlafplätzen? Hunde, Schäden an Weidebegrenzungen etc.) – Wie lange wird der Schlafplatz von einzelnen wäre dies von Vorteil. Individuen genutzt? Der Versuch der Vergrämung oder eine – Gibt es „Stamm-Überwinterer“, die jährlich intensive Bejagung von Wildschwein und Fuchs wiederkehren? auch im Naturschutzgebiet zu bestimmten Zei- – Welche (weiteren) Gebiete werden bei stei- ten (in Absprache mit den Naturschutzbehör- gender Individuenzahl zur Jagd genutzt? den) könnte ein weiterer Schritt sein, das Am- – Wie wirken sich die zunehmenden Störun- permoos als wichtigsten Kornweihen-Schlaf- gen durch Menschen, Hunde und Tiere lang- platz der Region und Brutplatz weiterer be- fristig auf die Besetzung des Schlafplatzes drohter Arten zu erhalten. im Ampermoos aus? – Wie wichtig sind die Streuwiesen als Ruhe- Zukünftige Aufgaben und Fragestellungen. und Sammelplatz für die überwinternden Die intensive Monitoringarbeit am Ammersee Weihen? zeigt, welche ornithologischen Entdeckungen – Unter welchen Voraussetzungen werden noch möglich sind. Mit Sicherheit existieren neue Schlafplätze angenommen? noch weitere, bislang unentdeckte Schlafplätze im südlichen Oberbayern. Die seenreiche Land- Zusammenfassung schaft bietet eine Vielzahl an potenziellen Über- nachtungsplätzen und gute Jagdgründe. Seit 1968/69 werden regelmäßig steigende An- In Gebieten, in denen noch kein Schlafplatz zahlen von Kornweihen am Ammersee beobach- bekannt ist, sollten nachmittags entdeckte Korn- tet. Im Jahre 1988 wurde der erste Schlafplatz im weihen bis zur Dämmerung beobachtet und Ampermoos (SP1) am Nordende des Sees ent- Fackelmann: Langjährige Schlafplatztradition der Kornweihe Circus cyaneus im Ammerseegebiet 59 deckt, in den Folgejahren kamen weitere Schlaf- Mit Sicherheit existieren noch weitere, unent- plätze im Ammermoos (SP2) und Herrschinger deckte Schlafplätze im südlichen Oberbayern. Moos (SP3) dazu. Daneben wurden zeitlich be- Die sich ausbreitenden Schwarzwildbestände, grenzt genutzte Übernachtungsplätze entdeckt. starke Beanspruchung durch Erholungsuchen- In der weiteren Region wurden Schlafplätze im de und Hundehalter gefährden die Existenz der Leutstettner Moos und Loisach-Kochelsee-Moor Schlafplätze in zunehmendem Maße. Auf entdeckt. Seit Anfang 2002 werden von Oktober menschliche oder bestimmte tierische Störun- bis April monatliche Synchronzählungen an den gen reagieren die Vögel mit Wechsel des Schlaf- Schlafplätzen am Ammersee durchgeführt. platzbereichs, kleine Schlafplätze werden auf- Gleichzeitig erfolgte ein intensives Monito- gegeben. ring am Hauptschlafplatz im Ampermoos, des- Neben den Gefahren durch menschliche sen Bedeutung für die Überwinterer der Am- und tierische Störungen wird die Bedeutung mersee-Region im Zeitraum von acht Wintern potenzieller Prädatoren und der Einfluss ande- stetig stieg und welcher aktuell von knapp 90% rer Vogelarten erläutert. Die Möglichkeiten zur der Vögel genutzt wird. Dabei wurden unge- Aufwertung und langfristigen Sicherung des wöhnlich hohe Zahlen mit einem Tagesmaxi- Ampermoos als Weihen-Biotop werden aufge- mum von 110 Ind. im Ampermoos und 119 Ind. zeigt und zukünftige Aufgaben und Fragestel- im Ammerseegebiet festgestellt. Damit ist das lungen genannt. Ampermoos der mit Abstand wichtigste Schlaf- platz der Kornweihe in Bayern, vergleichbar mit Dank. Bei Susanne Hoffmann möchte ich mich dem Federsee in Baden-Württemberg. für die Überlassung ihrer Zählergebnisse und Die Präsenz der Kornweihen ist abhängig die Unterstützung bei Wind und Kälte, wann von der Witterung. Bei mehrtägiger geschlosse- immer dies nötig war, bedanken. Ebenso bei ner Schneelage wandern die Vögel ab, kehren Christian Niederbichler und Franz Wimmer aber bei Tauwetter sofort zurück. Wohin die (Gebietsbetreuung des Ramsar-Gebietes Am- Schlafplatzgesellschaften bei Schnee auswei- mersee), sowie Dr. Ernst Ott und Josef Willy für chen ist noch unbekannt. Die Beobachtungen die Überlassung der Zählergebnisse der Syn- von Einzelvögeln und kleinen Verbänden in der chronzählungen. Bei Dr. Ursula Wink für die Region bei geschlossener Schneedecke und das Zählergebnisse vom Südende des Ammersees, Nächtigen „vor Ort“ – auch an ungewöhnli- die vielen Anregungen, Hilfestellungen und Er- chen Ausweichschlafplätzen – sprechen für ein gänzungen während der Erstellung des Manus- Aufteilen der Vögel und Ausbeuten noch ergie- kripts. Dr. Johannes Strehlow stellte mir freund- biger Jagdgebiete in der weiteren Umgebung. licherweise die von 1968 bis 2002 gesammelten Die Schlafplätze am Ammersee liegen in Kornweihen-Daten zur Verfügung und nahm, lockerer Schilf- und Streuwiesenvegetation. Der wie auch Burkhard Quinger wertvolle Korrek- Einzugsbereich der Schlafplätze beträgt minde- turen am Manuskript vor. Herzlichen Dank stens 15 km. auch an Robert Pfeifer und zwei Gutachtern für Der Einflug zieht sich über drei Stunden hin, die zahlreichen Änderungsvorschläge und Hin- während der morgendliche Ausflug im Durch- weise zum Manuskript. schnitt 25 Minuten vor Sonnenaufgang beginnt und 36 Minuten andauert. Bei überdurch- Literatur schnittlich hohen Zahlen kann sich der Ausflug über eine Stunde hinziehen. 85% der Korn- Andris, K., F. Saumer & F. Trillmich (1970): weihen im Ampermoos ziehen nach S oder W Beobachtungen an Schlafplätzen der Korn- wo die höher gelegenen Weidegebiete zwischen weihe in der Oberrheinebene. Vogelwelt 91: Ammersee und Lech die bevorzugten Jagdge- 184-191. biete darstellen. Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Gemähte Streuwiesen in Schlafplatznähe Mitteleuropas. Wiesbaden. stellen als Sammel- und Ruheplätze einen wich- Del Hoyo, J., A. 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Christian Fackelmann, Jg. 1972, gelernter Forstwirt. Seit 1994 Mitarbeit bei Greif- vogelschutzprojekten, -zentren und Pflegestationen weltweit. Ornithologische Feldstudien in SO-Europa. Ab 2006 Erforschung der Greifvogelpopulation der Insel Cres, Kroatien. Wissenschaftlicher Verlags-Mitarbeiter. Schuphan: Emberiza cia in Bayern 61

Ornithol. Anz., 50: 61–68

Bestand und Verbreitung der Zippammer Emberiza cia in Bayern im Bereich des Mains zwischen Karlstadt und Veitshöchheim und an der Fränkischen Saale bei Hammelburg 20091

Ingolf Schuphan

Foto 1. Zippammer Emberiza cia in Felsenkirsche Prunus mahaleb. – Rock Bunting Em- beriza cia in Mahaleb Cherry Prunus mahaleb. Foto: Dietmar Schuphan

Inventory and distribution of the Rock Bunting Emberiza cia in Bavaria in the river Main area of Unterfranken between Karlstadt and Veitshöchheim and the river Fränkische Saale at Hammelburg

The river Main region in Lower Franconia (Unterfranken, Germany) was investigated systematical- ly from Karlstadt upstream as far as Veitshöchheim (near Würzburg) and the area along the river Fränkische Saale at Hammelburg to quantify the breeding population of the Rock Bunting (Emberiza cia L.). Following habitat criteria were used to identify those biotopes fitting the requirements of the Rock Bunting: 1. South-facing, sparsely vegetated, rocky slopes on shell limestone . 2. Connecting transitional zones with dry grasslands, rock piles, hillside vineyards and/or stunted woodland. 3. References in the literature to previous occurrence of Rock Buntings in the study area. Habitats thus identified were checked for Rock Bunting presence by playing back song recordings from car linked and hand held devices. From 50 years experience in a colour ringed population of Rock Buntings in the Upper Middle Rhine valley it was deduced that about 10-15% of the Rock Buntings in the area investigated were missed and a further 10-15% may have occupied sub-opti-

1 Auszug aus einem Bestandsbericht für das Bayerische Landesamt für Umwelt, Vogelschutzwarte, Gsteigstraße 43, 82467 Garmisch-Partenkirchen 62 Ornithol. Anz., 50, 2011 mal habitats that were not checked. Rock Buntings were detected in the five investigated areas as follows:

2009 2008 2007 Karlstadt, NSG-Kalbenstein: 7 territorial - - Karlstadt, Stettener vineyards: 6 territorial - - Thüngersheim, Benediktenberg: 5 territorial 6 - Veitshöchheim, Rabensberg: 1 territorial 4 3 Hammelburg (Fränk. Saale): 0 territorial - - Total: 19 territorial (- not investigated)

These 19 territorial Rock Buntings plus a few birds possibly missed give a total of about 25 Rock Bunting territories in the area between Karlstadt und Veitshöchheim. This matches with figures obtained seven years ago (Meßlinger 2004). Many more potential habitats for Rock Buntings exist. Small areas at the foot of the shell limestone valley-sides, such as former vineyards, should be clear- ed of scrub and replanted as vineyard terraces to stimulate further settlement of Rock Buntings. Use of such terraces for wine production would avoid the need for repeated clearance of scrub on unused slopes. Along the River Main, Rock Buntings prefer to settle in the intergradations of the steep shell limestone rock sides and the vineyards at their foot or the top of the rocksides.

Key words: Zippammer, Emberiza cia, Mainfranken, Bestandsaufnahme

Prof. em. Dr. Ingolf Schuphan, Institut für Umweltforschung (Biologie V), Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Worringerweg 1, D-52054 Aachen E-Mail: [email protected]

Einleitung rhein verbleibt im Brutgebiet. Fernfunde bering- ter Zippammern vom Oberen Mittelrhein wei- Vorkommen in Deutschland. Die wärmelie- sen nach SWW (Reims, Mt. Dore, Biarritz; Schu- bende Zippammer zählt zu den besonders phan 1972, 2011). gefährdeten Vogelarten in Deutschland. Sie fin- det ihre nördlichste Verbreitung in wenigen Vorkommen in Bayern und Beschaffenheit des Exemplaren am Drachenfels bei Bonn, insbe- Habitats. Im Rahmen von Arbeiten zur Be- sondere aber an den südlich gerichteten Berg- standssicherung der Zippammer in Deutsch- hängen der Ahr (Macke 1980, Fuchs & Macke land und zum genetischen Austausch zwischen 2002, Bosselmann 2008), weiter südlich an den geographisch getrennten Populationen Mosel (Isselbächer et al. 1997, Bosselmann 2008, wurde die Verbreitung der stark fragmentierten Schuphan 2009) und Rhein – Nahe (Macke 1980, Zipammerpopulationen in Deutschland unter- Bosselmann 2008) sowie am Main (Meßlinger sucht (Schuphan 2011b). So wurde auch der Be- 2004) und in Süddeutschland im Südschwarz- stand der Zippammer am Main (Unterfranken) wald (Mann et al. 1990, Dorka & Borchert 1996, zwischen Veitshöchheim und Karlstadt erfasst Deuschle et al. 2010). Das Brutvorkommen am sowie das mögliche Vorkommen an der Fränki- Ostabfall des Pfälzerwaldes ist erloschen, über schen Saale bei Hammelburg untersucht. Dar- Einzelvorkommen in der Pfalz wird berichtet gestellt werden die Daten von 2009, unvollstän- (Groh 1988, Janz 2010). Vorstöße an die Saale bei dige Daten von 2008 und 2007 werden in den Jena sind dokumentiert (Hahn & Reinhardt Text mit eingeflochten. 1997, Lisovski 2010). Das Gebiet wird geprägt durch die zum Teil Die Zippammer ist eine Teilzieherin, etwa steil aufragenden überwiegend südwestwärts ein Drittel der Population am Oberen Mittel- gerichteten Muschelkalk-Felsformationen, die Schuphan: Emberiza cia in Bayern 63 den Mainlauf rechsseitig begleiten. Zwischen rasenflächen“, im Gebiet Karlstadt-Kalbenstein dem Fuße der steilen Kalkfelshänge und der waren hier nur die steilen Trockenrasenflächen Autostraße (B 26 bzw. B 27) wird auf einem mit Einzelbusch-Baumbestand von Bedeutung. wenige Meter bis knapp 100 Meter breiten Strei- Offene, möglichst südwärts gerichtete, steile fen bis in die Felsformation hinein Weinbau be- Weinbergsflächen mit angrenzenden Trockenra- trieben. sen-Felsflächen und entsprechender charakteri- Einige Stellen an den Felshangfüßen stellen stisch-spärlicher Buschvegetation waren belieb- verbuschte Areale dar oder werden als Gärten te Habitate. Trockenheit geprägter zwergwüch- genutzt, wenige repräsentieren freie Trocken- siger Waldbestand als seitliche oder obere Gren- rasenflächen, in der Struktur ähnlich, wie sie zen sind bevorzugte Gegebenheiten. Am Mittel- sich überwiegend auf den Steilhängen der rhein, wie wohl auch am Main, wird nämlich Muschelkalk-Formationen darstellen. Da sehr die erste Brut Anfang Mai überwiegend mit den häufig die Eisenbahntrasse und die Bundes- Larven von z. B. Frostspanner, Eichenwickler strasse unmittelbar an die Hangfüße anschlie- und weiteren Kleinschmetterlingen aufgezogen. ßen, ist die Lärmimmission sehr hoch, so dass Das Massenauftreten dieser Larven führt lokal die eingesetzte Klangattrappe (KA) zeitweise häufig bis zum Kahlfraß der angrenzenden nur wenig effektiv ist. Weniger stark ist diese Baum-Buschgruppen. Die Zweitbruten dagegen Belastung oberhalb der Kalkfels-Formationen werden dann überwiegend mit den Insekten gegeben, da dann der Fels den Schall zurück- der Trockenrasenflächen, zumeist mit Heu- hält, z.B. in den Stettener Weinbergen. schrecken, ernährt.

Das Zippammer-Verbreitungsgebiet Material und Methoden zwischen Veitshöchheim und Karlstadt Zur Ermittlung der Revierdichten wurde das Das Vorkommen der Zippammer beginnt am ausgeprägte Territorialverhalten der Zippam- NSG Grainberg-Kalbenstein bei Karlstadt und mer- ausgenutzt. Auf den vorgespielten Re- setzte sich fort mainaufwärts bis Veitshöchheim. viergesang hin (Klangattrappe, KA) reagierten Der Bestand entlang des Mains wurde im Jahr die meisten sehr stark, so dass sie für die wis- 2002 erfasst (Meßlinger 2004). Zu einer frühen senschaftliche Vogelberingung gefangen wer- Jahreszeit dokumentierte Jahn am 09.03.2003 den konnten. Für die exakte Bestandsaufnahme drei Zippammern bei Veitshöchheim (http:// hatte sich die Beringung der stark reagierenden www.bavarianbirds.net/mix/zippammer). Die- Revierinhaber als sehr hilfreich erwiesen. Denn se könnten Stand- oder Zugvögel gewesen sein. diese folgen manchmal der KA und können so Zippammer-Zugvögel kehrten am Oberen Mit- erkannt werden. Schwach reagierende Zippam- telrhein um den 10. März (±5 Tage) in die Re- mern zeigen sich meist erst nach einiger Zeit, viere zurück (Schuphan 1972). beobachten still und beginnen schließlich nach Als grobe Leitlinie sei erwähnt, dass in Ge- einer Weile an zu singen. Bei Routine-Bestands- bieten mit einem optimalen Habitat alle ca. aufnamen können solche verhalten reagieren- 300 m mit einem Revier zu rechnen ist. Dies traf den Zippammern leicht übersehen werden. Be- streckenweise z. B. in Retzbach-Thüngersheim, währt hat sich, ein potentielles Revier unmittel- den Stettener Weinbergen und Karlstadt-Kal- bar erneut rückkehrend abzugehen. Die zurück- benstein zu. Hangaufwärts wurden die Reviere haltend reagierenden Zippammern benötigten durch einen häufig anschließenden Wald- oder den zeitlichen Abstand und können dann durch Felskamm begrenzt, nach unten durch die ihren Gesang identifiziert werden. Aus vorlie- Strasse. In wenigen Fällen zwängten sich in die- genden Erfahrungen kann abgeleitet werden, sen Bereich horizontal auch 2 Reviere, in Ab- dass bei einer Routine-Bestandserfassung ca. hängigkeit von der Ausdehnung dieser Fläche 10-15% der Zippammern übersehen werden zwischen Straße und Hangkamm und der pas- (Schuphan 1972). Die Unterschätzung des Be- senden Habitatstruktur. In den Gebieten von standes zwischen Karlstadt und Veitshöchheim Retzbach-Thüngersheim und in den Stettener kann mit etwa 20-30% angenommen werden Weinbergen schlossen die Reviere etwa zur (10-15% nicht erfasste – auch nicht zugängliche Hälfte Wingerte ein, sozusagen durch den – Areale, 10-15% übersehene, letztere in endli- Weinbau offengehaltene künstliche „Trocken- cher Erfassungszeit nicht erscheinend/sin- 64 Ornithol. Anz., 50, 2011 gend). Beringt wurden die Zippammern mit Alu- reich von ca. 1,3 km wurden 6 Zippammern kar- miniumringen der Vogelwarte Radolfzell. Zu- tiert. Im etwa 1 km südlich gelegenen Seitental sätzlich erhielten Sie am anderen Bein einen grü- mit sehr geeigneten Muschelkalk-Trockenrasen- nen Farbring (Kennring der Mainpopulation). hängen konnte ein weiteres territoriales, siebtes Der Zippammer-Gesang, wurde unter Zu- nachgewiesen werden (Abb. 1). hilfenahme eines CD- oder mp3-players mit Ergebnis 2009: 7 territoriale . handgroßem Kleinlautsprecher/Verstärker vor- gespielt. Dort, wo die Areale befahrbar waren Karlstadt-Stettener Weinberge. Die geeigneten (Weinbergwege, auch B26/27) wurde auch ein Habitate beginnen ca. 0,6 km SO von Karlstadt vom Pkw aus betriebener Lautsprecher mit bei etwa Strom-km 229. Zwischen B27 und dem höherer Leistung benutzt. Diese weiter tragen- Hangfuß der Kalktrockenrasenhänge mainauf- de KA hatte sich sehr in den von Lärmimmis- wärts finden sich teilweise verwaiste Wein- sionen stark beeinträchtigten Arealen bewährt. bergsflächen oder offene Wustflächen, die teil- Die Begehungsrouten wurden automatisch auf- weise in Zippammerreviere einbezogen sind gezeichnet (Gerät von Garmin, GPSmap 76C). und nur von der B 27 zugänglich sind. Die über- Durch gezielte Markensetzung konnten z. B. wiegenden Reviere befinden sich jedoch ober- örtlichkeiten, Zippammer-Vorkommen und Be- halb des Kamms der Kalkfels-Formationen in ringungsort festgehalten werden. Die aufge- den Weinbergen bis zum begrenzenden zeichneten Wegrouten und Markierungen Waldrand. konnten auf einen PC übertragen (Software Diese Reviere sind also Weinberge domi- Mapsource) und dann weiter ergänzt und be- niert, unter Einbezug der Felsformationen und schriftet werden. Die entsprechenden geogra- des Waldrandes. fischen Koordinaten ergaben sich automatisch. Entlang der B 27 wurden 2 territoriale Alle Daten konnten dann in Google Earth zur nachgewiesen, oberhalb der Kalkfels-Forma- Anzeige gebracht werden. Die erfassten Zipp- tionen weitere 4 (Abb. 2). ammern betreffen nur territoriale . Ergebnis 2009: 6 territoriale . Die dokumentierten Zippammer-Standorte wurden auf Kartenmaterial des Bayerischen Karlstadt-Stettener Weinberge 2008. Es wur- Landesvermessungsamtes (Topographische den nur wenige Begehungen mit der KA von Karten 1:25 000, 6024 Karlstadt und 6125 der B27 aus gemacht. Eine Zippammer reagier- Würzburg Nord) übertragen. Die Begehung der te und wurde 1,5 km SO von Karlstadt beringt. Schutzgebiete sowie Fang und Markierung der Zippammern erfolgte auf Basis der artenschutz- Retzbach-Thüngersheim, Benediktenberg. Das rechtlichen Ausnahmegenehmigung der Regie- Gebiet kann, ausgehend von einem Wirt- rung von Unterfranken 55.1-8642.04-3/07. schaftsweg, parallel zur B 27 erfasst werden und beginnt mainaufwärts von Retzbach etwa bei Kartierungsergebnisse und Strom-km 236,5. Zwischen einem Wirtschafts- Habitatdokumentationen weg und dem Fuß der Kalktrockenrasenhänge befinden sich ansteigende Weinberge. Die Zipp- Karlstadt-Kalbenstein. Das für Zippammern ammer-Reviere schließen die hangnahen Teile geeignete Gebiet beginnt oberhalb der Wein- der Weinberge mit ein. Die Weinberge südöstlich berge (Naturschutzgebiet Kalbenstein) in der des Benediktenbergs beherbergen keine Zippam- OW-Biegung des Mains, ca. 2,5 km NW (main- mern (umfangreiche Flurbereinigung, zu flach). abwärts) von Karlstadt bei etwa Strom-km 222. Ergebnis 2009: 5 territoriale . Von der B 26 aus, am Rande des Buschwaldes in den steilen Weinbergterrassen aufsteigend, er- Retzbach-Thüngersheim 2008. Das Gebiet wur- reicht man einen Weinberg-Wirtschaftsweg, der de ähnlich wie 2009 vom Wirtschaftsweg her oberhalb durch die steilen Muschelkalk-Tro- und zu Fuß am Hangfuß intensiv mithilfe der ckenrasenhänge besäumt wird. Dieser Wirt- KA am 7. und 8. Juli 2008 untersucht. schaftsweg endet in einem Wendehammer und Ergebnis 2008: 6 territoriale . setzt sich fort als schmaler Wanderpfad durch locker bebuschte Muschelkalkformationen in Veitshöchheim-Rabensberg. Das Gebiet kann Richtung Lenzsteig/Faltershütte. In diesem Be- ausgehend von einem Wirtschaftsweg parallel Schuphan: Emberiza cia in Bayern 65 66 Ornithol. Anz., 50, 2011 zur B 27 erfasst werden und beginnt mainauf- lungsarbeiten (Entbuschungen) mit Trocken- wärts etwa bei Strom-km 241,5. Zwischen mauer-Rekonstruktionen erhöhen die Attrakti- Wirtschaftsweg und dem Fuß der Kalktrocken- vität für Zippammern. rasenhänge befinden sich leicht ansteigende Ergebnis 2009: Keine Zippammer nachgewie- Weinberge. Die Reviere schließen die hangna- sen hen Teile der Weinberge mit ein und können gut unmittelbar entlang des Hangfußes kontrolliert Zusammenfassung und Folgerungen werden. Das Gebiet am Hangfuß, nach der Einfahrt In dem Gebiet am Main von Karlstadt flussauf- von der B27 bei etwa Strom-km 242,4 (Fachtal- wärts bis Veitshöchheim und im Gebiet bei graben) entlang des Wirtschaftsweges bis Be- Hammelburg (Fränkische Saale) wurde im Jahr ginn Veitshöchheim (mainaufwärts) und ober- 2009 systematisch der Bestand an Zippammern halb erschien für die Zippammer geeignet, war erfasst. Visuell wurden durch Abfahren und früher auch besetzt (R. Jahn, brieflich 2007), Begehungen die Zippammer geeigneten Areale heute ist es nicht mehr besiedelt. eingegrenzt. Diese Eingrenzung erfolgte nach Ergebnis 2009: 1territoriales . folgenden Kriterien: 1. Vorkommen von nach Süden (SO und SW) Veitshöchheim 2008. Das Gebiet wurde ähnlich gerichteten Muschelkalk-Trockenrasen-Fels- wie im Jahr 2009 vom Wirtschaftsweg her und hängen. zu Fuß am Hangfuß intensiv mit KA am 7. und 2. In Anbindung dazu Vorkommen geeigneter 8. Juli 2008 untersucht. begleitender ansteigender/steiler, schütter Ergebnis 2008: 4 territoriale . bewachsener Übergangsbereiche, Felsschutt- halden, Trockenrasenflächen, angrenzende Veitshöchheim mit Scharlachgrund 2007. 2007 Weinberge und/oder begrenzende zwerg- wurden bei Z1 und Z2 und X (Scharlachgrund) wüchsige Waldstrukturen. 3 territoriale nachgewiesen. 3. Vorhandene Literaturquellen über das frühe- re dortige Vorkommen von Zippammern. Hammelburg (Fränkische Saale). Auf dem Mithilfe von autogebundener und handgetra- Hammelberg bei Hammelburg (ca. 25 km NO gender Klangattrappe wurden die entspre- von Karlstadt) hat Kiesel (mdl. Mittlg. s. Meß- chend lokalisierten Gebiete intensiv auf Zipp- linger 2002) 2 Zippammern beobachtet. Das Ge- ammer-Vorkommen untersucht. Auf Grund biet wurde bei guten Wetterbedingungen inten- vorliegender fünzigjähriger Erfahrungen aus siv mit KA nach Zippammern abgesucht. Wäh- einer farbig beringten Zippammer-Population rend der westliche Teil des Ofentalerbergs recht am Oberen Mittelrhein wurde angenommen, gut für Zippammer-Ansiedlungen geeignet dass etwa 10-15% der Zippammern im abge- erscheint, aber nicht optimal steile Hänge auf- suchten Gebiet nicht erfasst wurden und weite- weist, ist der zentrale Bereich des Ofentaler- re etwa 10-15% in nicht für optimal gehaltenem bergs durch großflächig sanierten Terrassen- Gelände unberücksichtigt blieben. Folgende weinbau genutzt und kaum für Zippammern Zippammerbestände haben sich in den 5 unter- geeignet. Dagegen sollten Teile des östlicher ge- suchten Zippammer-Arealen ergeben: legenen Hammelbergs für die Zippammer recht Die erfassten 19 territorialen Zippammer , attraktiv sein. Die dort durchgeführten Freistel- zusammen mit den möglicherweise übersehe-

2009 2008 2007 Karlstadt, NSG-Kalbenstein: 7 territorial - - Karlstadt, Stettener vineyards: 6 territorial - - Thüngersheim, Benediktenberg: 5 territorial 6 - Veitshöchheim, Rabensberg: 1 territorial 4 3 Hammelburg (Fränk. Saale): 0 territorial - - Total: 19 territorial (- not investigated) Schuphan: Emberiza cia in Bayern 67

Fotos 2 und 3. Praktischer Zippammerschutz: Frei- stellung eines verbuschten Areals und Anlage eines Weinbergs zwischen Karlstadt und Retzbach. – Prac- tical habitat management for Rock Buntings: clearance of scrub and formation of a vineyard between Karlstadt and Retzbach. nen, ergaben in dem Gebiet zwischen Karlstadt und Peter Krämer, Regierung von Unterfran- und Veitshöchheim einen Bestand von etwa 25 ken, Höhere Naturschutzbehörde, Würzburg. Zippammern. Diese Zahlen deckten sich erfreu- Fang und Markierung der Zippammern erfolg- licherweise mit früheren Erhebungen von 2002 ten auf Basis einer naturschutzrechtlichen Be- (Meßlinger 2004). Es existierten viele weitere, freiung der Regierung von Unterfranken, Würz- für Zippammer-Ansiedlungen geeignete Habi- burg, Kennziffer 55.1-8642.04-3/07. tate. Als Fördermaßnahmen kann empfohlen werden, an Kalkfelsen-Hangfüßen befindliche, zugewachsene (verwilderte) Flächen freizustel- Literatur len (zu roden) und nach Möglichkeit in Wein- bergsflächen (sozusagen dauerhaft offengehal- Bosselmann, J. (2008): Zippammer-Beobach- tene Trockenrasenflächen) zu überführen. In tungen (Emberiza cia) 2005-2008 in Rhein- diesen Übergangsbereichen der steilen Fels- land-Pfalz, Bestandsschätzungen, Pflanzen hangfüße und dort vorhandener Weinberge sie- und Tiere in Rheinland-Pfalz, Berichtsjahr deln die Zippammern am Main bevorzugt. Am 2007, Heft 18: 152-155. Oberen Mittelrhein nahmen Zippammern nach Deuschle, J., F. Straub, D. Kratzer, I. Schuphan, Freistellung verbuschter früherer Weinbergs- U. Dorka & A. Plank (2010): Natura 2000 terrassen diese wieder als Brutreviere in Besitz, Managementplan „Südschwarzwald“, MaP- ebenfalls nach Neubestockung mit Weinreben Bearbeitung der Zippammer (Emberiza cia (Schuphan 2007). Die kleinflächige Rückfüh- L.) in Vogelschutzgebieten Baden-Württem- rung solcher verbuschter Areale (z.B. auch ehe- bergs (MaP-Gebiete 2009-1010), Teilbeitrag maliger Weinbergsterrassen) in neu genutzte für das Vogelschutzgebiet 8441-441 Süd- Weinberge scheint am Main die dauerhafteste schwarzwald, Landesamt für Umwelt, Mes- Lösung für die mögliche Wieder-/Neuan- sungen und Naturschutz, Baden-Württem- siedlung von Zippammern zu sein, da die wie- berg (LUBW), Karlsruhe. derholt jährlich nötige Freistellung oder die Dorka, U. & M. Borchert (1996): Artenschutz- Beweidung z.B. mit Ziegen dauerhaft nicht rea- programm für besonders gefährdete Vogel- lisierbar erscheint. arten in Baden-Württemberg, Artenschutz- konzept Zippammer im Auftrag Landes- Dank. Für die freundliche Unterstützung der anstalt für Umweltschutz Baden-Württem- Arbeiten danke ich den Herren Günter von berg, Karlsruhe. Lossow, Bayerisches Landesamt für Umwelt, Fuchs, F.-J. & T. Macke (2002) Verbreitung der Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen, Zippammer (Emberiza cia) im Ahrtal – Er- 68 Ornithol. Anz., 50, 2011

gebnisse der Revierkartierung 1997 und Fakultät, Johannes-Gutenberg-Universität 1999, Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Mainz, Beih. 27:263-266. http://www.hgon.de/service/downloads/ Groh, G. (1988): Zur Biologie der Zippammer Schuphan, I. (2007): Langfristige Einflüsse von (Emberiza cia cia L.) im Pfälzerwald. Mitt. Pflegemaßnahmen, Flurbereinigung und Pollichia 75:261-287. Klimaerwärmung auf eine farbig beringte Hahn, S. & K. Reinhardt (1997): Die Zippammer Teilpopulation der Zippammer Emberiza cia Emberiza cia L. im mittleren Saaletal bei Jena. L. am Mittelrhein. Vogelwarte 45:299-300. Thüring. Ornithol. Mitt. 47: 49-52. Schuphan, I. (2009): Zippammer-Beobachtun- Isselbächer, T., I. Hoffmann & C. Magiros (1997): gen (Emberiza cia L.) 2005-2008 in Rheinland- In: Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Pfalz: Bestandsschätzungen (NABU-Be- Zeitschrift für Naturschutz, Beiheft 22, richtsjahr 2007, Heft 18-2008, Bosselmann, J.) Jahresbericht 1996. – Nachtrag von Ingolf Schuphan, RWTH Janz, U. (2010): Beobachtungen der Zippammer Aachen. Pflanzen und Tiere in Rheinland- (Emberiza cia) in der Südpfalz. Flora und Pfalz – Berichtsjahr 2008 – H. 19: 151-152. Fauna in Rheinland-Pfalz, 11:1199-1207. Schuphan, I. (2011): Habitat-Strukturen und Macke, T. (1980): Zur Verbreitung, Bestand und populationsdynamische Parameter einer Po- Ökologie der Zippammer (Emberiza cia) im pulation der Zippammer (Emberiza cia L.): Rheinland. Charadrius 16:5-13. Nutzbare Basisdaten für zukünftige Zipp- Mann, P., H. Herlyn & H. Untheim (1990): Be- ammer-Managementpläne. Vogelwarte 49: standssituation und Habitat der Zippammer 65 – 74 Emberizia cia im Südschwarzwald. Vogelwelt Schuphan, I. (2011b): Die Zippammer (Emberiza 111:142-155. cia L.), eine mediterrane, aber große Klima- Meßlinger, U. (2004): Brutbestand, Lebensraum unterschiede ertragende Vogelart. Vogel- und Gefährdung der Zippammer Emberiza warte, eingereicht. cia in Unterfranken 2002. Ornithol. Anz. 43: 243-249. Eingegangen am 17. Januar 2011 Schuphan, I. (1972): Zur Biologie und Popula- Revidierte Fassung eingegangen am 14. April 2011 tionsdynamik der Zippammer (Emberiza c. Angenommen am 1. Mai 2011 cia L.). Diplomarbeit Naturwissenschaftliche

Ingolf Schuphan, Jg. 1942, Univ.-Prof., em. Lehrstuhl für Ökologie, Ökotoxikologie, Ökochemie seit 1989 an der RWTH Aachen, ehrenamt- licher Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland (Vogelberingung) seit über 50 Jahren, seit 1962 nur noch Zippammer-Planberingung (Populations- dynamik) bis gegenwärtig, über 1.000 Zippammern beringt, gegenwär- tige Aktivitäten: Populationsgenetik – Untersuchung des genetischen Austauschs zwischen den stark fragmentierten Zippammer-Populatio- nen in Deutschland. Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 69

Ornithol. Anz., 50: 69–81

Habitatwahl des Zwergschnäppers Ficedula parva am Westrand seiner Verbreitung am Beispiel des Bayerischen Waldes

Christoph Moning, Christopher König und Jörg Müller

Habitat choice of the Red-breasted Flycatcher Ficedula parva at the western limit of its distribution. A study from the Bavarian Forest.

Our research identifies the key habitat-variables for the Red-breasted Flycatcher at its western dis- tribution limit, taking the Bavarian Forest as an example. The population of Red-breasted Flycatchers in the Bavarian Forest National Park and its surroundings is at approximately 40 terri- tories, predominantly in old mixed montane forests dominated by beech (Fagus sylvatica). In this study we compared habitat characteristics of occupied plots in 40 forest stands with 40 randomly selected (control) stands using logistic regression analysis. In plots occupied by Red-breasted Flycatchers the availability of nesting possibilities was signifi- cantly higher than in the control stands. Occupied plots were steeper than the control plots. Gaps in tree cover within stands had a significant negative influence on the presence of Red-breasted Flycatchers. No preference for stands with an increased proportion of broad-leaved tree cover could be identified. Also the tree species richness, the cover of the canopy layer, and the cover of the scrub- and herb-layer did not significantly predict Red-breasted Flycatcher occurrence. Red-breasted Flycatchers often prefer old forest stands, which integrate a set of key habitat variables as identified in this study. Therefore we infer for conservation that the rare old forest relicts should be excluded from forest management. In managed forests, stands with breeding sites should be harvested by selecting individual trees in such a way as to maintain permanently shady and vertically richly structured conditions while retaining standing dead wood and trees suitable for nesting wherever possible. Nesting trees are often deciduous trees of low economical value due to damage or lean growth and should remain in the stands.

Key words: habitat preferences, forest structure, nesting-cavities, old forest

Dr. Christoph Moning, Institut für Umweltplanung, Landschaftsentwicklung und Naturschutz, Schleißheimer Str. 156, 80797 München, [email protected] Christopher König, Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) e. V., An den Speichern 4a, 48157 Münster Dr. Jörg Müller, Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Freyunger Str. 2, 94481 Grafenau

Einleitung im Nordosten zu finden sind (Bauer et al. 2005, Limbrunner et al 2001). Die frühere Annahme, Das Verbreitungsgebiet des Zwergschnäppers dass sich die Verbreitungsgrenze langsam wei- erstreckt sich vom östlichen Uralvorland west- ter nach Westen verlagert, konnte in den letzten wärts bis in die Ostalpen (Glutz von Blotzheim Jahren nicht bestätigt werden (Bauer et al. 2005). & Bauer 1993). In Mitteleuropa erreicht die Art Im Gegenteil, die Art scheint stellenweise rück- den Westrand ihrer Verbreitung, wo Zwerg- läufig zu sein und wie für viele Arten bereits schnäpper von der Tiefebene bis in die Bergla- belegt ist, so scheint auch der Zwergschnäpper gen nur lokal, oft selten und vor allem am Al- in Mitteleuropa am Rand seiner Verbreitung penrand, in den östlichen Mittelgebirgen und hinsichtlich der Habitatpräferenzen besonders 70 Ornithol. Anz., 50, 2011 anspruchsvoll zu sein (Schmidt 2007, Utschick Kronenschicht als günstigen Jagdlebensraum, 2003). Obwohl die Spanne der in der Literatur für alte und zugleich wenig oder nicht genutzte beschriebenen Bruthabitate recht weit reicht, Waldbestände, für feuchte Standorte, für Lü- konzentrieren sich die Beschreibungen für cken in der Kronenschicht, für offenen Wald- Mitteleuropa vor allem auf alte, unterholzarme, boden, für einen hohen Laubbaumanteil und aber totholzreiche, oftmals frische bis feuchte für Standorte mit einem unruhigen Relief for- Laubwälder (Bauer et al. 2005, Limbrunner et al. muliert (Steinfatt 1937, Knorre 1986, Sturm 1986, 2001). Glutz von Blotzheim & Bauer 1993, Brendel Der Zwergschnäpper ist eine nach Anhang I 1998, Wichmann & Frank 2003, Bauer et al. der Vogelschutzrichtlinie geschützte Art und 2005). Auch die Meidung von Beständen mit damit eine von 181 Vogelarten, für deren Erhal- viel Freiraum zwischen Waldboden und Krone tung die zahlen- und flächenmäßig am besten wird beschrieben (Bezzel & Lechner 1978, geeigneten Gebiete zu besonderen Schutzgebie- Sturm 1986). ten (Special Protected Areas, SPAs) erklärt wor- Um die Frage nach den speziellen Ansprü- den sind. Zudem wird der Bestand des Zwerg- chen des Zwergschnäppers an sein Habitat an schnäppers in Bayern als stark gefährdet einge- der Arealgrenze zu klären, wurde im Bayeri- stuft (Fünfstück et al. 2003), wodurch die hohe scher Wald auf Grundlage von Strukturdaten naturschutzfachliche Bedeutung der Art weiter aus besiedelten und nicht besiedelten Waldbe- unterstrichen wird. Der Bedarf, die Habitatprä- ständen ein Habitatmodell für Zwergschnäpper ferenzen des Zwergschnäppers auch am West- erstellt. Dieses Modell zielt auf die Identifizie- rand der Verbreitung zu identifizieren, ist dem- rung derjenigen Strukturen, die das Vorkom- nach hoch. Einerseits erwachsen im Rahmen men bzw. Nicht-Vorkommen erklären. von NATURA 2000 Berichtspflichten, die ein sinnvolles Monitoring voraussetzen, anderer- seits müssen Handlungsempfehlungen für Untersuchungsgebiet forstliche Maßnahmen in Zwergschnäpperbrut- gebieten abgeleitet werden können. Das Untersuchungsgebiet umfasste den gesam- In der Literatur werden verschiedene Habi- ten Nationalpark Bayerischer Wald und sein tateigenschaften als von Bedeutung für die Re- Umfeld (Abb. 1). Die Wälder sind durch monta- vierauswahl beschrieben: Wiederholt wird die ne Bergmischwälder aus Fichte, Tanne und Bu- Bedeutung eines reichen Angebotes an Nischen che charakterisiert. Eine detaillierte Beschrei- und Höhlen betont (Glutz von Blotzheim & bung des Gebietes findet sich u.a. bei StMELF Bauer 1993, Wichmann & Frank 2003). Weiter- (1979a, b, 1987), Nationalparkverwaltung Baye- hin werden Präferenzen für eine voluminöse rischer Wald (2005) und Kanold et al. (2008).

Abb. 1. Lage der kartierten Flächen im Untersuchungsgebiet. Erläute- rung: Grau hinterlegt sind die Waldflächen, die dicke Linie ist die Staatsgrenze zwischen Deutsch- land (Westen) und der Tschechi- schen Republik (Osten). – Location of the sample locations. Grey: forest, thick line: border between Germany (west) and Czech Republic (east). Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 71

Methoden Auswahl der Absenz-Flächen. Die Absenz- Flächen wurden nicht rein zufällig innerhalb Zwergschnäpperdaten. Die Größe des betrach- des gesamten Nationalparkgebietes ausge- teten Raumes von rund 700 km2 schließt eine wählt. Einerseits um generell für Zwerg- vollständige Kartierung aus. Die zugrunde lie- schnäpper ungeeignete Gebiete (z. B. Waldrän- genden Zwergschnäpperdaten sind vielmehr der, größere Windwurfflächen) von vornherein unsystematische Beobachtungen von revieran- auszuschließen und andererseits, um bei den zeigenden Vögeln durch Mitarbeiter des Natio- zum Vergleich mit den besetzten Flächen heran- nalparks. Es wurden alle Beobachtungen im gezogenen Daten vergleichbare Verhältnisse in Zeitraum vom 1. Mai bis 15. Juli der Jahre 2004- Bezug auf z. B. Höhe über dem Meeresspiegel, 2009 verwendet. Dies entspricht in etwa dem in Exposition und in diesem Zusammenhang auch Südbeck et al. (2005) empfohlenen artspezi- Klima zu bekommen. Zu jeder Präsenz-Fläche fischen Erfassungszeitraum für den Zwerg- wurde eine gleich große Absenz-Fläche als schnäpper. Da es sich um keine Revierkartie- Referenzpunkt im Abstand von 500 m be- rung handelt, können insbesondere bei Daten stimmt, so dass den 40 Präsenz-Flächen 40 Ab- aus der ersten Mai-Hälfte Vögel auf dem Heim- senz-Flächen gegenüber stehen und die Zahl zug nicht immer ausgeschlossen werden, da der der in das Modell einfließenden Probeflächen 80 Brutbestand in Mitteleuropa kaum vor Ende beträgt. Die exakte Platzierung der Probe- Mai vollständig eingetroffen ist (Glutz von punkte für die Absenz-Flächen wurde zufällig Blotzheim & Bauer 1993). Erst Daten ab Mitte und ohne Vorinformationen über die Habitat- Mai wurden verwendet. Beobachtungen ab Au- eigenschaften gewählt. Bei der Wahl der Flä- gust wurden in der Arbeit nicht berücksichtigt, chen wurde außerdem darauf geachtet, dass es um Durchzügler auf dem Weg in die Winter- zu keinen Überlappungen untereinander kam. quartiere ausschließen zu können. Demnach Die Lage der untersuchten Flächen ist Abb. 1 zu wurden in der Arbeit die nachweislich durch entnehmen. Zwergschnäpper genutzten Bestände (Punkt, an dem der Zwergschnäpper gesungen hat) als Habitatvariablen. Die auf den 80 Probeflächen Grundlage verwendet und nicht Reviere. aufgenommen Habitatvariablen beschreiben Ältere Beobachtungsdaten aus den Jahren die für Zwergschnäpper als potenziell relevant vor 2004 blieben ebenfalls unberücksichtigt, um erachteten Habitatvariablen (s. o., Tabelle 1). nicht Flächen zu beproben, in denen sich auf- Um das Angebot an Nistmöglichkeiten zu grund natürlicher Waldentwicklung oder natür- quantifizieren, wurden bei der Kartierung alle licher „Störereignisse“ wie beispielsweise Höhlen und als potenziell für ein Nest geeignet Windwurf gravierende Veränderungen der Le- angesehenen Nischen aufgenommen (s. Abb. 2). bensraumverhältnisse ergeben haben. Bei Punk- Die Deckung von Kronen-, Mittel-, Strauch- ten, die weniger als 500 m entfernt voneinander und Krautschicht wurde für jede Probefläche in lagen, wurde nur ein Punkt berücksichtigt, um Prozent geschätzt (Eckmüller et al. 2001). räumliche Autokorrelation zu verhindern. Strauch- und Krautschicht wurden zusammen- Zur Abgrenzung der Probeflächen wurde gefasst als Unterholz behandelt, weil diese für um die nach dieser Überprüfung verbleibenden den Zwergschnäpper eine untergeordnete Rolle 40 Fundpunkte ein 50-m-Radius gelegt, was ei- spielen (Bauer et al. 2005). Für die Kronen- ner Fläche von je 0,785 ha entspricht. Dieser Ra- schicht wurden neben der Gesamtdeckung auch dius wurde entsprechend zu den bisherigen Er- die Anteile aller Laubbäume gemeinsam in Pro- kenntnissen zur Reviergröße des Zwergschnäp- zent an der Kronendeckung registriert. Bei der pers in den Brutgebieten gewählt (vgl. Mauers- Anzahl der Baumarten wurden alle Arten der berger 1961, Miera 1978, Stastny 1970, Steinfatt Kronen- und Mittelschicht innerhalb der Probe- 1937). Die so entstandenen Probeflächen wur- fläche berücksichtigt. Der Flächenanteil von den in der Untersuchung als nachweislich ge- Lichtungen und Lücken in der Kronen- und nutzte Zwergschnäpperlebensräume und somit Mittelschicht an der Probefläche wurde in Form als Präsenz-Flächen behandelt. Diesen wurde von Lücken, die bis zur Krautschicht reichen, die gleiche Zahl von Absenz-Flächen gegen- erfasst. übergestellt. Mithilfe eines Hypsometers wurde für jede Probefläche die Hangneigung festgestellt. Die 72 Ornithol. Anz., 50, 2011

Masse an stehendem Totholz wurde in Fest- ren Stämmen kann nicht davon ausgegangen metern (m3 festes Holzvolumen) errechnet. Da- werden, dass sie ausreichend Raum für einen zu wurden nur tote Stämme mit Brusthöhen- Brutplatz bieten können. durchmesser >12 cm berücksichtigt. Bei dünne-

Abb. 2. Verschiedene Neststandorte (rote Punkte): A = Halbhöhlen, B = Stümpfe, C = Nischen (verändert nach Mitrus & Socko 2004) mit Foto-Beispielen aus dem Bayerischen Wald. – Various nesting locations (red dots): A = open nesting holes, B = dead wood stumps, C = niches (after Mitrus & Socko 2004) with photographs of examples from the Bavarian Forest. Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 73

Tab. 1. Definitionen der Habitatvariablen und deren biologische Bedeutung. – Definition of habitat variables and their biological importance Habitatvariable Definition Biologische Bedeutung Anzahl Nischen/Höhlen Anzahl Höhlen und potenziell Nistplatzangebot für ein Nest geeignete Nischen (siehe Text, Abb. 2) innerhalb der Probefläche Deckung der Kronenschicht Deckung der obersten Schlussgrad der Baumkrone Baumschicht bezogen auf die Probefläche [%] Anteil der Laubbäume an der Deckung von allen Laubbäumen Laubbaumanteil Kronenschicht in der obersten Baumschicht bezogen auf die Probefläche [%] Deckung der Mittelschicht Deckung der mittleren Schlussgrad der Mittelschicht Baumschicht bezogen auf die Probefläche [%] Deckung der Strauch-/ Deckung der Strauch- und Schlussgrad des Unterholzes Krautschicht Krautschicht bezogen auf die Probefläche [%] Anteil von Lichtungen Anteil von bis auf den Boden Dichte des Bestandes reichenden Lücken in der Baumschicht (alle Schichten) bezogen auf die Probefläche [%] Brusthöhendurchmesser der 3 Durchmesser der 3 dicksten Bestandsalter dicksten Bäume im Probekreis Bäume in Brusthöhe innerhalb des Problemkreises [cm] Vorhandensein feuchter Stellen Vorhandensein von Quellen, Standortfeuchte Rinnsalen, Wasserläufen usw. innerhalb des Probekreises [ja/nein] Vorhandensein von Felsen und Vorhandensein von Eignung zur Bewirtschaftung, oder Steinen Felsstrukturen innerhalb des Reliefrauigkeit Probekreises [ja/nein] Anzahl Bergahorn Anzahl von Bergahornen in der naturnahen Bergmischwald und Mittel- und Kronenschicht Höhlenangebot im Bergahorn innerhalb des Probekreises Anzahl Baumarten Anzahl der Baumarten Baumartendiversität innerhalb des Probekreises Hangneigung Hangneigung des Probekreises Eignung zur Bewirtschaftung [%] Menge stehendes Totholz Summe des stehenden Totholzes Nistplatzangebot mit >12 cm Brusthöhendurchmesser [ m ]

Statistik. Um Zusammenhänge zwischen dem riablen verglichen werden können. Um Kolli- Vorkommen des Zwergschnäppers und den nearität zu reduzieren, wurden alle Korrelatio- Habitatvariabeln zu testen, verwendeten wir nen zwischen den unabhängigen Variablen be- die Logistische Regression (McCullagh & rechnet, und im Zweifelsfalle (R2 >0,5) die biolo- Nelder 1989, Harrell 2001). Alle Auswertungen gisch sinnvollere Variable gewählt. Die nach erfolgten in R 2.8.1 (www.r-project.org). Als dieser Vorauswahl verbleibenden Variablen abhängige Variable diente die dichotome wurden einer logistischen Regression mit einer Präsenz-Absenz von Zwergschnäppern. Die Rückwärtselimination auf Basis des AIC-Wertes Habitatvariablen bildeten die unabhängigen (Akaike’s Information Criterion, Akaike 1974, Variablen (= erklärende Variablen, Tab. 1). Die Schröder 2000) unterzogen (R-Paket MASS, Ve- unabhängigen Variablen wurden z-standardi- nables & Ripley 1999). siert, damit die Effektgröße zwischen den Va- 74 Ornithol. Anz., 50, 2011

Zur Abschätzung des Einflusses der einzelnen unabhängigen Variablen wurde die Hierarchi- sche Partitionierung angewendet (Paket hier. part; Welsh & Mc Nally 2008). Abschließend wurde die Güte des Habitatmodells mittels einer Bootstrap-Methode geprüft (Steyerberg et al. 2001a). Um das Modell in seiner Güte mit anderen Habitatmodellen aus dem Themenfeld (Müller et al. 2009b) und unserem Untersu- chungsraum (Müller et al 2009a) vergleichen zu können, wurden vier Gütekriterien herangezo- gen: Der AUC-Wert (Area Under the ROC-Cur- Abb. 3. Typischer Brutplatz des Zwergschnäppers in ve) gibt den Flächeninhalt unter der ROC-Kur- einer ausgefaulten Halbhöhle eines Tannentotholz- ve (Receiver-Operating-Characteristics) an stumpfes im Hans-Watzlik-Hain, Nationalpark Baye- (Hanley & McNeil 1982). Er kann als die Wahr- rischer Wald, Juli 2007, Foto: C. Moning. – Typical nest- scheinlichkeit interpretiert werden, dass bei ei- ing site of the Red-breasted Flycatcher in a rot-hole in a fir nem zufällig gezogenen Paar von Beobachtun- stump at the Watzlik Hain, Bavarian Forest National Park. gen, von denen eine ein Vorkommen und die andere ein Nichtvorkommen ist, das Modell bei Werten >0,5 mehr als die Hälfte der Varianz eine höhere Vorkommenswahrscheinlichkeit für der abhängigen Variablen durch die unabhängi- das tatsächliche Vorkommen vorhersagt (Fiel- gen Größen erklärt werden (Backhaus et al. ding & Bell 1997). Der bestmögliche Wert von 2008). Nach Steyerberg et al. (2001b) zeigt schon AUC ist 1, er entspricht einer perfekten Tren- ein Modell mit R2 >0,4 eine gute Kalibrierung. nung von Vorkommen und Nichtvorkommen. Für die Evaluierung des Modells wurde das 0,5 entspricht einem Modell mit konstant vor- Paket PresenceAbsence verwendet (Freeman hergesagter Wahrscheinlichkeit. Hosmer und 2009). Lemeshow (2000) beurteilen AUC Werte 0,7 bis <0,8 als akzeptabel, 0,8 bis <0,9 als exzellent und Ergebnisse ab 0,9 als hervorragend. Cohen’s Kappa wird als zufallskorrigiertes Ergebnisse der Habitatmodellierung. Die Va- Maß für den Anteil korrekter Vorhersagen riable „Deckung Kronenschicht“ korrelierte ne- bezeichnet. Die Idee ist, dass der Anteil erwarte- gativ mit den Variablen „Anteil Lichtungen“ ter korrekter Vorhersagen von dem beobachte- (r = -0,699) und „Deckung Unterholz“ (r = ten Anteil korrekter Vorhersagen abgezogen -0,672). Daher wurde sie aus dem Modell elimi- wird und so normiert wird, dass das Maximum niert. Ganz ähnlich verhielt es sich bei den 1 beträgt. Nach Monserud und Leemans (1992) Variablen „Anzahl Nischen/Höhlen“ und „Tot- sind die Werte wie folgt einzuschätzen: 0,05- holzvorkommen“. Hier lag der Wert der Spear- 0,20 sehr schwach, 0,20-0,40 schwach, 0,40-0,55 man-Korrelation bei r = 0,69. Da der ökologi- ausreichend, 0,55-0,70 gut, 0,70-0,85 sehr gut, sche Wert des Totholzvorkommens in Bezug auf 0,85-0,99 exzellent, 0,99-1,0 perfekt. den Zwergschnäpper hauptsächlich in der Der R2 Wert ist ein Maß, das die Kalibrie- Menge an möglichen Nistplätzen liegt, wurde rung und die Feinheit (refinement) eines Mo- die Variable „Anzahl Nischen/Höhlen“ beibe- dells gemeinsam bewertet. Es stellt eine Verall- halten, während die Variable „Totholzvorkom- gemeinerung des Bestimmtheitsmaßes R2, das men“ entfiel. Es blieben demnach nach dem Test für lineare Regressionsmodelle den Anteil der auf Korrelation noch 11 Variablen für die Logis- erklärten Varianz quantifiziert. Je näher der tische Regressionsanalyse übrig (Tab. 2). Wert an 1 herankommt desto besser ist das Mo- Die schrittweise Rückwärtselimination lie- dell kalibriert und kann gut zwischen Vor- ferte am Ende fünf unabhängige Variable für kommen und Nicht-Vorkommen unterschei- das endgültige Modell (Tab. 3). Am bedeutend- den. Für das R2 nach Cox & Snell (1989) sind sten war dabei das Höhlen- und Nischenange- Wertebereiche >0,4 als gut zu bewerten (Raithel bot, gefolgt von der Hangneigung und dem An- 2008). Für das R2 nach Nagelkerke (1991) kann teil der Lichtungen (Abb. 4). Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 75

Tab. 2. Habitatvariablen mit Mittelwerten für Präsenz-Flächen (mit Zwergschnäpper-Nachweis) und Absenz- Flächen (Kontrollflächen) sowie Übersicht über die im GLM verwendeten Variablen. – Habitat variables with mean values for stands with Red-breasted Flyvatcher presence and for control plots and overview of variables used in the GLM. Mittelwert Präsenz- Mittelwert Habitatvariable GLM Flächen Absenz-Flächen Deckung Kronenschicht [%] 63,20 59,43 Deckung Mittelschicht [%] 30,93 18,15 X Deckung Unterholz [%] 45,38 54,20 X Feuchte Standorte [ja/nein] 0,45 0,38 X Felsige Standorte [ja/nein] 0,55 0,20 X Anteil Lichtungen [%] 15,48 22,08 X Hangneigung [%] 23,28 19,38 X Anzahl Baumarten 4,45 4,05 X Anzahl Bergahorne 9,98 3,25 X Brusthöhendurchmesser [cm] 78,27 62,37 X Anzahl Nischen/Höhlen 35,05 19,85 X Deckung Laubbäume [%] 43,43 36,33 X Totholzvorkommen 34,69 19,99 [m /Probefläche]

Ergebnisse der Modellbewertung. Für die Mo- größe sehr gut durch das Modell beschrieben dellgüte ergab sich ein AUC-Wert von 0,92, was wird. Der Cohen’s Kappa-Wert von 0,75 ist als eine hervorragende Modellgüte darstellt. Dies „sehr gut“ einzustufen. bedeutet, dass mit Hilfe der fünf im Modell ent- haltenen Habitatvariablen die von Zwerg- Diskussion schnäppern genutzten Flächen sehr gut von den zufällig gewählten Flächen unterschieden wer- Die hohe Bedeutung des Nistplatzangebotes. den können (Abb. 4). Die Ergebnisse der Habitatmodellierung unter- Die errechneten Gütekriterien ergaben ein streichen die hohe Bedeutung von Brutmöglich- Bestimmtheitsmaß nach Cox & Snell (1989) von keiten in Form von Höhlen und Nischen für 0,507, was als gut zu bewerten ist. Das R2 nach Zwergschnäpper. Die Anzahl der Nischen und Nagelkerke mit 0,676 zeigt an, dass die Ziel- Höhlen stellt den wichtigsten Faktor zur Be- rechnung der Vorkommenswahrscheinlichkeit des Zwergschnäppers im Bayerischen Wald dar. Auch bei anderen Vertretern aus der Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae), wie beispiels- weise dem Trauerschnäpper Ficedula hypoleuca, wurde bei der Wahl der Territorien ein beson- ders hoher Stellenwert in Bezug auf das Nist- platzangebot festgestellt (Lundberg & Alatalo 1992). Gustafsson (1988) fand heraus, dass auch beim Halsbandschnäpper Ficedula albicollis die Verfügbarkeit von Höhlen ein stark limitieren- der Faktor der Populationen sein kann. In Bu- chenwäldern der kollinen Stufe wurde für diese Art ein kritischer Schwellenwert von 7 Klein- höhlen pro Hektar errechnet (Müller 2005). Abb. 2 zeigt einige typische Neststandorte des Zwergschnäppers im Untersuchungsgebiet. Abb. 4. Vergleich von Modellvorhersage und der beobachteten Präsenz resp. Absenz von Zwerg- schnäppern in 40 Präsenz-Absenz-Flächenpaaren. – Die Bedeutung der Waldstruktur. Im Hinblick Comparison between predicted and observed presence and auf die Kronendeckung ließ sich kein signifi- absence of 40 occupied and 40 randomly selected plots. kanter Einfluss feststellen. Die Variable „De- 76 Ornithol. Anz., 50, 2011

Tab. 3. Unabhängige Variablen und deren Schätzwerte aus dem endgültigen Habitatmodell nach der Rückwärts- elimination. Das Vorzeichen des Schätzwertes gibt an, ob die Variable einen positiven oder negativen Einfluss auf das Vorkommen der Art hat. Die Größe des Schätzwertes gibt an, wie hoch der Einfluss ist. Durch die Stan- dardisierung der Variablen sind die Schätzer über alle Variablen hinweg vergleichbar. – Independent variables and their estimated values in the final habitat model. These values indicate whether the variable has a positive or negative influ- ence on the occurrence of the species and the strength of this influence. Through standardisation of variables, the estimates are comparable across all variables. Unabhängige Variable standardisierter Standardfehler Pr(>/z/) Schätzwert Anzahl Nischen/Höhlen 2.37 0.59 <0.001 *** Brusthöhendurchmesser 1.03 0.46 0.0242 * Anteil Lichtungen -1.52 0.59 0.011 * Deckung Mittelschicht 1.14 0.52 0.028 * Hangneigung 1.50 0.52 0.004 **

*p 0,05: signifikant (Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5 %) **p 0,01: sehr signifikant (Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 1 %) ***p 0,001: höchst signifikant (Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 1 ‰) ckung Kronenschicht“ lieferte nur einen gerin- dass sich die untersuchten Flächen nicht grund- gen Anteil an Erklärung der Varianz in der ab- legend in der Ausprägung unterscheiden. Auch hängigen Variablen und wurde daher nicht in statistisch ergeben sich keine signifikanten das endgültige Modell übernommen. Der Mit- Unterschiede und so fand die Variable keine Be- telwert der Kronendeckung der besetzten rücksichtigung im endgültigen Habitatmodell. Zwergschnäpper-Flächen lag mit 63,2 % weit Aufgrund der ähnlichen Mittelwerte kann an- unter den allgemein in der Fachliteratur darge- genommen werden, dass die Deckungsgrade in legten Ansprüchen des Zwergschnäppers, in etwa dem Durchschnitt des gesamten Unter- der Zwergschnäpperwälder in Mitteleuropa als suchungsgebietes entsprechen. hochgradig geschlossen beschrieben werden Hinsichtlich der „Deckung der Mittel- (Glutz von Blotzheim & Bauer 1993). schicht“ zeigt bereits der Vergleich der Mittel- Wir fanden einen stark negativen Einfluss werte einen starken Unterschied zwischen den eines hohen Anteils von Lichtungen in den Pro- Werten der Präsenz- und der Absenz-Flächen. beflächen. Die Art besiedelt im Untersuchungs- Auch bei der Habitatmodellierung verblieb die gebiet die Bereiche hoher Schattigkeit, wie sie Variable mit einem der höchsten Erklärungs- unter anderem auch von Sturm (1986) für die grade zur Vorkommenswahrscheinlichkeit im Sächsische Schweiz beschrieben werden. Diese abschließenden Modell. Die gewonnenen Er- Feststellung lässt sich allerdings nicht ohne wei- gebnisse bestätigen die Resultate der Untersu- teres auf jegliche Bereiche des westlichen Areal- chung von Wichmann & Frank (2003) aus dem randes übertragen. In den Wäldern von Wien Wiener Tiergarten, die auch hier und somit stellten Wichmann & Frank (2003) fest, dass ebenfalls an der südwestlichen Verbreitungs- dort durchaus auch die offenen, lichten Eichen- grenze dem Deckungsgrad der Mittelschicht Hainbuchenwälder besiedelt werden. Da in der einen maßgeblichen positiven Einfluss auf die Literatur zahlreiche unterschiedliche Darstel- Vorkommenswahrscheinlichkeit zuschreiben lungen zum Anteil an Lichtungen gemacht wer- konnten. den, muss vermutet werden, dass diese Habi- tatvariable entweder keinen sonderlich großen Alter Wald ist Zwergschnäpperwald. Schon Stellenwert bei der Habitatpräferenz des der Vergleich der Mittelwerte der als Maß für Zwergschnäppers einnimmt oder dass die das Bestandsalter gewählten Habitatvariable Struktur nicht ausreichend standardisiert unter- „Brusthöhendurchmesser“ der Präsenzflächen sucht wurde, um vergleichbare Ergebnisse zu (78 cm) und der Absenz-Flächen (62 cm) zeigt erhalten. an, dass Zwergschnäpper auch innerhalb des Im Hinblick auf die Deckung der Strauch- Bayerischen Waldes alte Bestände mit starken und Krautschicht zeigt bereits der Vergleich der Altbäumen bevorzugen. Dass die Unterschiede Mittelwerte (Präsenz: 45,38%; Absenz: 54,20%), auch signifikant sind, kann durch das Habitat- Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 77 modell für den Bayerischen Wald bestätigt wer- Flade (1994) beschrieben wird, scheint also im den. Auch nach der rückwärts gerichteten Untersuchungsgebiet nicht limitierend zu wir- Elimination verblieb die Habitatvariable im ken. Modell und trägt damit einen hohen Grad an Erklärung zur Habitatpräferenz von Zwerg- Die Bedeutung des Laubbaumanteils. Für das schnäppern bei. Schon Moning & Müller (2008) Untersuchungsgebiet konnte keine Bindung an errechneten für das signifikant häufigere Auf- besonders laubbaum- oder baumartenreiche Be- treten des Zwergschnäppers im Bayerischen stände nachgewiesen werden. Festzuhalten ist Wald einen Schwellenwert von rund 300 Jahren jedoch, dass sowohl die Präsenz-Flächen als Bestandsalter. auch die Absenz-Flächen in Hanglagen zwi- Aus ökologischer Sicht lässt sich diese schen 700 und 1150 m NN und damit im Bereich Präferenz für alte Wälder jedoch nicht ohne wei- der Bergmischwälder mit erhöhtem Buchenan- teres erklären. In der Literatur wird das Be- teil lagen. Es scheint also in diesem Höhenbe- standsalter vor allem mit dem erhöhten Angebot reich des Bayerischen Waldes eine zumindest in an Nistplätzen in Verbindung gebracht. Da die weiten Teilen für den Zwergschnäpper geeigne- Habitatvariable „Brusthöhendurchmesser“ aller- te Baumartenzusammensetzung zu geben. dings nur gering mit der Habitatvariable Auch hinsichtlich des Vorkommens des „Anzahl Nischen/Höhlen“ korreliert ist, müssen besonders höhlenreichen Bergahorns konnte im andere Gründe für dieses Ergebnis verantwort- Untersuchungsgebiet keine besondere Präfe- lich sein. Das Bestandsalter scheint demnach renz für Standorte mit erhöhtem Bergahorn- mehrere Faktoren zu akkumulieren, die zusam- Vorkommen nachgewiesen werden. men einen hohen Erklärungsbeitrag liefern. Sauberer et al. (2007) verweisen auf die hohe Steile Hanglagen werden bevorzugt. Das Vor- Phytomasse alter Wälder und deren zentralen handensein von Felsen und Steinen konnte die Stellenwert im Lebensraum von Zwergschnäp- Vorkommenswahrscheinlichkeit nicht signifi- pern. Hohe Werte seien hier für die Jagd von kant erklären und fand keine Berücksichtigung Bedeutung, da ein Großteil der Nahrung von den im Habitatmodell. Im Fall der Hangneigung Blättern abgelesen wird. Im Laufe der Alterung konnte dagegen ein hoher Grad an Erklärung eines Bestandes steigt der Anteil an Faulstellen, ermittelt werden. Als zweitstärkster positiver abbrechenden Ästen und Rissen in der Borke, Einflussfaktor auf die Vorkommenswahrschein- was wiederum zu einer erhöhten Attraktivität lichkeit ist die Hangneigung eine der entschei- des Bestandes für potenzielle Beutetiere des denden Variablen im Habitatmodell. Auf den Zwergschnäppers wie Insekten, Spinnen und ersten Blick findet sich keine ökologische Erklä- Milben führt (Wichmann & Frank 2003). Nicht rung für diese Präferenz. Auch in der Literatur nur die Masse an Beutetieren, sondern auch die wird die Hangneigung wenn überhaupt nur Vergrößerung der nutzbaren Fläche zum Nah- beiläufig in Habitatbeschreibungen für den rungserwerb durch eine erhöhte Phytomasse Zwergschnäpper erwähnt (z. B. Flade 1994). Auf machen Altholzbestände vermutlich für diese derartigen Standorten lassen sich jedoch drei Vogelart attraktiv (Wichmann & Frank 2007). Faktoren finden, die eine Präferenz des Zwerg- schnäppers für starke Hangneigungen erklären Feuchte Standorte sind nicht limitierend. Ins- könnten. Es sind veränderte Wuchsbedingun- gesamt waren auf knapp der Hälfte aller unter- gen, spätere Belaubung und beeinträchtigte suchten Flächen feuchte Standorte vorhanden. Nutzbarkeit durch die Forstwirtschaft. Die Habitatvariable „feuchte Standorte“ hatte Die Wuchsbedingungen der Bäume sind an keinen signifikanten Einfluss auf die Vorkom- steilen Hängen wesentlich schlechter als auf menswahrscheinlichkeit und fand im abschlie- weniger geneigten Flächen. Deshalb wachsen ßenden Habitatmodell keine Berücksichtigung, hier oftmals kümmernde Bäume mit günstigen sodass das Vorhandensein feuchter Stellen zu- Nistmöglichkeiten heran. Ein weiterer Punkt, mindest im Bayerischen Wald nicht zur Diffe- der mit den Wuchsbedingungen einhergeht, ist renzierung zwischen Präsenz- und Absenz-Flä- die Ausbildung der Vertikalstruktur im Bereich chen herangezogen werden kann. Ein ausrei- Kronen- und Mittelschicht. An stärker geneig- chend schattig-feuchtes Bestandsklima, wie es ten Hängen bildet sich durch unterschiedliche von Glutz von Blotzheim & Bauer (1993) und Höhenverteilung ein weitaus heterogenerer 78 Ornithol. Anz., 50, 2011

Abb. 5. Zwergschnäppermännchen. Erst nach dem zweiten Kalenderjahr zeigen Zwergschnäppermännchen die vollständig rote Kehle. Mittelsteighütte, Nationalpark Bayerischer Wald, Juni 2009, Foto: C. Moning. – Male Red- breasted Flycatcher. Only birds older than two years show a completely reddish throat.

Aufbau der Baumkrone als an flach geneigten chischen Altvatergebirge bis zu 14 Tage später bis ebenen Standorten. Ein derartiger Struktur- austreiben als in den offeneren Abschnitten. reichtum im Aufbau der Bäume kann den Jagd- Derartige mesoklimatische Unterschiede könn- raum des Zwergschnäppers vergrößern. Zwerg- ten auch im Untersuchungsgebiet Bayerischer schnäpper jagen auch als Wartenjäger und hier Wald bestehen. Eine spätere Belaubung bringt besonders im freien Luftraum oder im oberen Zwergschnäppern, die erst spät aus ihrem Stamm- und unteren Kronenraum (Glutz von Winterquartier in die Brutgebiete zurückkehren, Blotzheim & Bauer 1993). Gerade diese Bereiche möglicherweise ökologische Vorteile in Bezug unterscheiden sich an Hängen im Aufbau auf die damit verbundene Entwicklung ihrer grundlegend von den mehr oder weniger Hauptnahrung, der Fluginsekten. Die Jungen- homogenen Verhältnissen in der Ebene. Durch aufzucht fällt dann in die Zeit, in der Flugin- den stufenartigen Aufbau erreicht außerdem sekten am aktivsten sind, was sich für die Jun- mehr Licht auch die mittleren Kronenschichten genaufzucht anderer insektenfressender Vogel- (Wichmann & Frank 2003). Dies erhöht das arten als sehr bedeutend herausgestellt hat (z. B. Vegetationsvolumen in der Mittelschicht und Naef-Daenzer & Keller 1999). verbessert damit die Bedingungen für den Eine dritte mögliche Erklärung für eine Habi- Nahrungserwerb des Zwergschnäppers. tatpräferenz des Zwergschnäppers für stark ge- Der zweite mögliche Grund einer Präferenz neigte Hänge ist die eingeschränkte Möglichkeit des Zwergschnäppers für Standorte an stark zur forstwirtschaftlichen Nutzung. Da krumme geneigten Hängen stellt die im Vergleich zu ebe- und verwachsene Stämme ökonomisch wenig nen Standorten verzögerte Phänologie der Bäu- wertvoll sind, gehen durch die Förderung ökono- me dar. So stellte Husova (1973) fest, dass die misch wertvoller Stämme im ebenen Wirtschafts- Blätter von Buche und Bergahorn in den wald für den Zwergschnäpper wichtige Struk- Schluchtwäldern und Taleinschnitten im tsche- turen im Bestand verloren (Scherzinger 2002). Moning et al.: Habitatwahl Ficedula parva 79

Ein Wald für Zwergschnäpper. Im Hinblick auf eliminiert. Da aber die mit dem stehenden die forstliche Behandlung von Wäldern, die von Totholz stark korrelierte Habitatvariable des Zwergschnäppern besiedelt werden, lässt sich Nistplatzangebotes im Modell signifikant wur- aus dieser Untersuchung heraus ein Leitbild für de, muss dem stehenden Totholz hinsichtlich die Vorkommen in Ostbayern ableiten. Der des Managements von Zwergschnäpperlebens- ideale Zwergschnäpperwald in Bayern ist sehr räumen Bedeutung beigemessen werden. Das alt und Laubbaum-dominiert, in steiler Hang- Belassen von stehendem Totholz fördert das lage und zugleich wenig genutzt. Dadurch Angebot an Nistmöglichkeiten. weist er eine hohe Anzahl an Nischen und Höh- Aus diesen Ergebnissen lassen sich zwei lungen auf (Abb. 2, 3). Da es sich bei solchen weitere Schlussfolgerungen für den Schutz der Beständen oft um kleinräumige Altwald-Relikte Art ableiten. Relikte alter Wälder sollten nach handelt, ist ein Nutzungsverzicht dieser Bestän- Möglichkeit nicht genutzt werden, so wie es bei- de der ideale Weg zum Erhalt der Zwerg- spielsweise das Naturschutzkonzept der Baye- schnäpperlebensräume. Dort wo Zwergschnäp- rischen Staatsforsten vorsieht. Dort, wo Zwerg- per genutzte Bestände besiedeln, ist eine plen- schnäpper in bewirtschafteten Wäldern brüten, terartige, d. h. dauerhaft schattige, dichte und sollte eine plenterartige Struktur angestrebt vertikal reich gegliederte Waldstruktur, bei- werden, die eine dauerhaft schattige, dichte, spielsweise durch einzelstammweise Nutzung vertikal reich gegliederte Waldstruktur gewähr- anzustreben. Lichtungen sind zu vermeiden. leistet. Auch auf den Erhalt stehenden Totholzes ist hier besonders zu achten. Ökonomisch weniger Literatur wertvolle Bäume mit Vorschäden und/oder krüppeligem Wuchs sind unbedingt zu erhal- Akaike, H. (1974): A new look at statistical- ten. Dies betrifft häufig auch unauffällige, model identification. IEEE Transactions on nebenständige und kümmernde Laubbäume. Automatic Control 19: 716-723. Backhaus. K., B. Erichson, W. Plinke & R. Weiber (2008): Multivariate Analysemethoden. 12. Zusammenfassung Aufl., Springer, Berlin. Bauer, H.G., E. Bezzel & W. Fiedler (2005): Das In dieser Untersuchung werden die Schlüssel- Kompendium der Vögel Mitteleuropas. strukturen für die Habitatwahl des Zwerg- Band 2. Aula-Verlag, Wiesbaden. schnäppers am Westrand seiner Verbreitung, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, am Beispiel des Bayerischen Waldes identifi- Landwirtschaft und Forsten (StMELF, Hrsg., ziert. Die Zwergschnäpperpopulation im Natio- 1987): Klima und Böden. Wissenschaftliche nalpark Bayerischen Wald und seiner Umge- Schriftenreihe des Nationalparks Baye- bung umfasst rund 40 Reviere, die meist in alten rischer Wald, Heft 1, 2. Verbesserte Auflage. buchendominierten Bergmischwäldern gefun- Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, den wurden. Mit Hilfe eines auf einer logisti- Landwirtschaft und Forsten (StMELF, Hrsg., schen Regression basierenden Habitatmodells 1979a): Pflanzengesellschaften. Wissen- wurden folgende Habitatvariablen in absteigen- schaftliche Schriftenreihe des Nationalparks der Reihenfolge nach ihrem Erklärungswert als Bayerischer Wald, Heft 4. bedeutsam identifiziert: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Die Verfügbarkeit von Nistmöglichkeiten, Landwirtschaft und Forsten (StMELF, Hrsg., steile Hanglagen, eine ausgeprägte Mittel- 1979b): Witterung und Klima. Wissen- schicht, und ein hoher Brusthöhendurchmesser schaftliche Schriftenreihe des Nationalparks der Altbäume hatten einen positiven Einfluss. Bayerischer Wald, Heft 5. Lücken im Bestand hatten einen negativen Ein- Bezzel, E. & F. Lechner (1978): Die Vögel des fluss. Der Anteil von Laubbäumen, die Baum- Werdenfelser Landes. Kilda-Verlag, Greven. artenzahl sowie Deckung von Unterschicht und Bezzel, E., I. Geiersberger, G. v. Lossow & R. Oberschicht in den Probeflächen lieferte keinen Pfeifer (2005): Brutvögel in Bayern. Verbrei- sig-nifikanten Erklärungsbeitrag. tung 1996 bis 1999. Ulmer Verlag, Stuttgart. Das Volumen stehenden Totholzes wurde Brendel, U. (1998): Vögel der Alpen. Ulmer aus technischen Gründen für die Modellierung Verlag, Stuttgart. 80 Ornithol. Anz., 50, 2011

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von links: Dr. Christoph Moning, Jg. 1976, Stu- dium der Landschaftsarchitektur / Landschafts- planung an der TU München, vegetationsökolo- gische und ornithologische Forschungen in Sumpfwäldern in Südafrika, Auswertung des bayernweiten Vogelmonitorings an der LWF, fau- nistische Forschungen zu ökologischen Schlüs- selwerten in Bergmischwäldern. Privatdozent an der FH Weihenstephan.

Christopher König, Jg. 1984, Studium der angewandten Biogeographie an der Universität Trier, Diplomarbeit über den Zwergschnäpper im Bayerischen Wald. Seit Oktober 2010 zusätzlich beim Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) e.V., derzeit hier vor allem mit der Entwicklung und Fertigstellung des Internetportals ornitho.de beschäftigt.

Dr. Jörg Müller, Jg. 1973, Diplom-Forstwirt, Zoologe in Nationalpark Bayerischer Wald, Beirat der OG, For- schungsschwerpunkt: Artenvielfalt im Wald, Landnutzung und Naturschutz. 82 Ornithol. Anz., 50, 2011

Kurze Mitteilungen

Albinotischer Buchfink Fringilla coelebs überwintert fünf Jahre hintereinander ortstreu

Görge Hohlt

auf eng begrenztem Raum. Am 22. Oktober 1988 erschien dieser Vogel wieder und konnte als Buchfink-Männchen angesprochen werden. Er verbrachte hier den Winter bis zum 1. März 1989. Leider finde ich für Herbst 1989 keine Aufzeichnungen mehr über seine Rückkehr in dieses Winterquartier, er war aber zugegen. 1990 kam „unser“ Albino wieder am 1. Novem- ber in den Garten, 1991 tauchte er erst am 11. November auf. Im Frühjahr 1992 verließ er uns endgültig, ich notierte ihn zum letzten Mal am 4. März. Abb. 1. Überwinternder (teil)albinotischer Buchfink Damit konnte ich nachweisen, dass dieser so Fringilla coelebs in Katzbach. – Partial albinotic male auffällige Buchfink fünfmal nacheinander den- Chaffinch Fringilla coelebs overwintering in Katzbach, selben Ort als Winterquartier in einem eng Upper Bavaria over five years. Foto: G. Hohlt begrenzten Zeitfenster aufgesucht hat.

Ab Spätherbst 1987 kam ein Albinovogel in un- seren Garten in Katzbach und überwinterte dort Görge Hohlt, Katzbach 3, 83543 Rott am Inn

Mäusebussard Buteo buteo erbeutet Rabenkrähe Corvus corone im Schnee

Görge Hohlt

A Carrion Crow Corvus corone as prey of a grube erbeutet und versuchte damit wegzuflie- Common Buzzard Buteo buteo in snow gen. Alle Krähen stießen lautstark den Habicht- Entsetzensschrei aus und flohen auf eine ent- „…doch können Bussarde unter besonderen fernte Wiese. Sie wagten sich eine Woche lang Umständen auch erwachsene Vögel bis zur nicht mehr zurück zu den Eichen. Der Bussard Größe einer Krähe schlagen (J. H. Meissel in Ut- schleifte die Krähe auf dem Eis des nahen Ba- tendörfer 1952)“ (Glutz von Blotzheim, Bauer & ches weg, was ein weiterer Mäusebussard be- Bezzel 1989). merkte. Beide Bussarde rangen in ihrer 1987 gab es in Oberbayern einen schneereichen Hungersnot verbissen um die tote Krähe. und sehr kalten Jahresbeginn. Rabenkrähen scharr- ten unter Eichen bei Katzbach/Rott tiefe Kuhlen in Literatur den Schnee bis zum Erdboden. Der Schneewall behinderte ihren Überblick. Das erkannte ein offen- Glutz von Blotzheim, U.N., K. Bauer & E. Bezzel sichtlich sehr hungriger Mäusebussard. (1989): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Am 16. Januar 1987 sah ich erstaunt einem Bd. 4: Falconiformes. 2. Aufl., Aula-Verlag, Bussard nach, der flach und ungewöhnlich Wiesbaden. schnell über eine verschneite Wiese hinschoss. Schon hatte er eine Rabenkrähe in der Schnee- Görge Hohlt, Katzbach 3, 83543 Rott am Inn Nachrichten 83

OG persönlich

Neu im Beirat

Foto: privat

Vorstand und Beirat der OG haben auf ihrer zur Erstellung des Bayerischen Brutvogelatlas Sitzung am 26. Februar 2011 in Nürnberg ein- ‚BVA 2000’ für die Staatliche Vogelschutzwarte stimmig Elmar Witting aus München in den in Garmisch-Partenkirchen. Ferner betreue ich Beirat der OG berufen. Vielen Vogelbeobachtern seit 2004 für die Ornithologische Gesellschaft aus Bayern ist er bereits durch die Verwaltung das Bayerische Avifaunistische Archiv und habe des Bayerischen Avifaunistischen Archivs und in diesem Zusammenhang zahlreiche avifau- die Einführungsvorträge in das Datenerfas- nistsche Jahresberichte bearbeitet und veröf- sungsprogramm MiniAvi bekannt. Er schreibt fentlicht. Mein ornithologischer Interessens- uns weiter zu seiner Person: schwerpunkt liegt auf der Avifaunistik. Auch in „Ich wurde im Jahr 1966 geboren und ver- meiner Freizeit bin ich nach wie vor regelmäßig brachte meine Kindheit und Jugend in Dort- feldornithologisch unterwegs – an den Wochen- mund in Nordrhein-Westfalen. Seit dem 14. Le- enden meist in Bayern, aber auch im Urlaub bei bensjahr habe ich begonnen, mich für Natur- ausgedehnten ornithologischen Reisen in mitt- und Vogelbeobachtung im Besonderen zu inter- lerweile fast alle Länder Europas, aber auch den essieren und begann mit ersten feldornithologi- Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika. schen Exkursionen. Nach Abitur, Zivildienst Seit dem Jahr 2000 bin ich außerdem als Reise- und einer Ausbildung im Garten- und Land- leiter für ornithologische Exkursionen u. a. in schaftsbau bin ich 1989 nach Bayern gekommen Spanien, der Türkei, Griechenland und Nord- und habe das Studium der Landespflege an der afrika tätig. Ich freue mich sehr über die Beru- Fachhochschule Weihenstephan begonnen, wel- fung in den Beirat und die damit verbundene ches ich Ende 1994 abgeschlossen habe. Seither Möglichkeit, an der Gestaltung des Vereinsle- bin ich in den verschiedensten Bereichen der bens aktiv mitwirken zu können.“ Ornithologie tätig: sowohl feldornithologisch Vorstand und Beirat heißen Elmar Witting bei zahlreichen ornithologischen Kartierungen herzlich willkommen und freuen sich auf und Gutachten als auch als „Schreibtisch- weiterhin gute und konstruktive Zusammenar- Ornithologe“ bei Arbeiten an der Datenbank beit. 84 Ornithol. Anz., 50, 2011

Nachruf

Josef Koller

27. Dezember 1942 – 12. Mai 2010

Der Karlsfelder Naturschützer und Vogelkund- bes Postrad und entschwand. Auch den Mitar- ler ist mit 67 Jahren an den Folgen eines beitern der Zoologischen Staatssammlung und Herzinfarkts gestorben. Josef Koller, seit 1963 des Botanischen Gartens war er als Überbringer Mitglied unserer Gesellschaft, kannte alle der täglichen Briefpost wohlbekannt. Vögel, Tiere und Pflanzen seiner Heimat und Josef Koller war alleinstehend. Man konnte wusste immer einen Rat, wenn es um die Natur den Ornithologen und Naturschützer nur brief- ging. Die Liebe zu den Vögeln erbte er von sei- lich per Post oder durch einem mit Postkarte nem Vater, der ebenfalls Briefträger gewesen angekündigten Besuch in seinem Haus in der war und 1950 mit Frau und dem achtjährigen Heidestraße 9 in Karlsfeld erreichen, denn er Sepp aus München ins damals ländliche Karls- lebte bis zu seinem Tod ganz ohne Auto, Telefon feld zog. Hier entdeckte der Bub das nahe und PC, was heutzutage schon fast undenkbar Schwarzhölzl, eignete sich autodidaktisch ein scheint. Dennoch war er kein Sonderling, son- enormes ornithologisches und botanisches dern ein offener, fröhlicher Mensch, der als sehr Fachwissen an und verbrachte bald jede freie umgänglicher und geselliger Natur- und Men- Minute draußen in seinem Wald. Ihm lag sehr schenfreund gerne Gleichgesinnte um sich am Herzen, die Natur vor der Haustür zu erhal- hatte. ten. Ein Strahlen der Freude huschte über sein Josef Koller war Autor von fünf Büchern; Gesicht, wenn er von seinem heiß geliebten 1978 erschien „Vogelwelt im Dachauer Moos Schwarzhölzl erzählte. Er war unermüdlich im und im Allacher Forst“, 1982 „Vogelkundliche Einsatz, wenn es darum ging, Natur zu retten. Wanderungen im Kreislauf der Jahreszeiten“, Josef Koller lebte nicht nur für die Natur son- 1990 „Geliebtes Schwarzhölzl – Schicksal einer dern auch mit der Natur. Neben der Natur der Landschaft im Münchner Nordwesten“. Es folg- engeren Heimat interessierten ihn, was für viele ten 1993 „Dachauer Naturschätze“ mit wieder engagierte Naturschützer nicht immer zutrifft, entdeckten und dokumentierten Fotografien auch die Menschen; besonders beschäftigte er aus den dreißiger Jahren und 1994 „Die Bruno- sich mit dem Wissen um die Ureinwohner H.-Schubert-Wiese. Beobachtungen und Pflege- Nordamerikas. Er unternahm dazu mehrere maßnahmen an einer Streuwiese an der Amper Reisen, um einige der dort noch existierenden bei Dachau“. Alle seine Werke hat der Autor Indianerstämme zu besuchen, wobei ihm, wie mutig im Eigenverlag herausgegeben und in er mir erzählte, wichtig war, das Leben dieser dieses finanzielle Wagnis einen Großteil seines Ureinwohner mit Respekt zu studieren. Er Vermögens investieren müssen. Josef Koller ist schloss Freundschaften mit einigen Indianern. auch Autor etlicher Veröffentlichungen im Als Postbeamter und Briefzusteller im Ornithologischen Anzeiger, unter anderem 1970 Münchner Westen verbrachte er viel Zeit auf über die quantitative Bestandsaufnahme der dem Fahrrad im Freien. Dass er dabei auch das Brutvögel im Torfeinfang bei Dachau, 1971 über Nymphenburger Schloss und die Wohngebäude in heißer Asche nächtigende Wiesenpieper und im Park mit Post zu beliefern hatte, empfand er Beobachtungen eines Kuckucksweibchens bei als tägliches Glück. Fast bei jeder meiner vogel- der Eiablage, 1976 über die Hohltaube als Brut- kundlichen Exkursionen in den Schlosspark vogel des Allacher Forstes, 1980 über Nisthilfen stieß er zu unserer kleinen Gruppe von Vogel- für Wasseramsel und Gebirgsstelze. 1983 wurde freunden, wir tauschten ornithologische Neuig- vom Bayerischen Fernsehen ein auf sein Betrei- keiten aus und mit einem herzlichen „Pfüat ben entstandener Dokumentarfilm über die Ge- Euch“ schwang sich der Koller Sepp, wie er fährdung des Allacher Lohwaldes ausgestrahlt. meist genannt wurde, bald wieder auf sein gel- Seine große Liebe galt der Natur – und insbe- Nachruf 85 sondere dem Schwarzhölzl. 1965 stellte er an die Oberschleißheim für die Olympischen Sommer- Regierung von Oberbayern den ersten Antrag spiele 1972. Der Grundwasserspiegel sank um auf Ausweisung des Schwarzhölzls zum Natur- rund zwei Meter ab. Die Folge war eine Boden- schutzgebiet, doch erst 1994 war das Ziel er- sackung, was an dem freiliegenden Wurzelbe- reicht. Die Bestandsaufnahme aller Brutvögel reich der alten Kiefern sichtbar wird. Trocken- im Dachauer Moos ist Josef Koller zu verdan- geprägte Lebensräume aus zweiter Hand ent- ken. 1975 gründete Josef Koller zusammen mit standen wiederum durch die Aufschüttung des dem Karlsfelder Botaniker Dr. Wolfgang Braun Aushubs der Regattastrecke. Auf dem soge- die Kreisgruppe Dachau des Bund Naturschutz nannten Schwarzhölzlberg wurden auf Initiati- in Bayern. Im Mai 1984 wurden ihm der seiner- ve von Josef Koller mittels Mähgutübertragung zeit mit 15.000 DM höchstdotierte Bruno-H.- vom Lochhauser Sandberg und der Garchinger Schubert-Preis und wenige Wochen danach das Heide trockenheitsliebende Arten angesiedelt, Bundesverdienstkreuz verliehen (Würdigung wie z. B. Deutscher Backenklee, Frühlings-En- im Anz. ornithol. Ges. Bayern 24 1985, S.105). zian, Weidenblättriges Ochsenauge. Dass das 1990 bekam er den Umweltpreis der Gemeinde Schwarzhölzl – wenn auch nie mehr in seiner Karlsfeld, 1993 die Bayerische Umweltmedaille ursprünglichen Gestalt – in der heutigen Zeit und 1999 die Goldene Verdienstnadel des Bund existiert und geschützt wird, ist ein Verdienst Naturschutz. 2006 wurde er mit der Karlsfelder des Verstorbenen und vielen Karlsfelder Bür- Bürgermedaille geehrt. gern, die mit ihm zusammen jährlich Biotop- Das Naturschutzgebiet Schwarzhölzl am pflegemaßnahmen durchführten. Aber Koller nordöstlichen Ortsrand von Karlsfeld südlich engagierte sich nicht nur für sein Lieblings- der B 471 liegt größtenteils auf Stadtgebiet Mün- gebiet; Neben Schwarzhölzl und Allacher Forst, chen. Mit seiner umgebenden Mooslandschaft einem ebenfalls unter Naturschutz gestellten ist es eines der wenigen verbliebenen Relikte Lohwald-Relikt, betrieb er den Schutz auch im des östlichen Dachauer Mooses, das sich noch Weichser Moos. Mit dem Preisgeld von 1984 zu Beginn des Jahrhunderts von Aubing über kaufte er eine Wiese in den Amperauen und Karlsfeld bis nach Freising erstreckt hat. Seinen sorgte dafür, dass ein artenreiches Biotop mit Namen erhielt es von den alten, oft bizarr Orchideen und anderen seltenen Blumen wie- geformten Kiefern, die düster und dunkel wir- dererstehen konnte. 1985 und 2003 erwarb er ken. Der erste nachweisbare Eingriff des Men- zwei benachbart liegende schutzwürdige schen in die Natur rund um das Schwarzhölzl Grundstücke bei Ottershausen. Das passt zu begann um 1690 mit dem Bau des Würmkanals dem Mann, der schon in seiner Bundeswehrzeit von Karlsfeld nach Schleißheim, um die dort für Essensmarken Schallplatten mit Vogelstim- geplanten Wasserspiele zu speisen. Noch 1717 men erwarb. Koller hat die Natur und speziell war das Schwarzhölzl ein intaktes kleines Nie- seine Biotope nicht nur gepflegt und geschützt, dermoor mit eingestreuten Hochmoorflächen. sondern auch fotografiert. Im Keller seines Hau- Erst um 1800 begann der systematische Torf- ses bewahrte er zahllose Fotos und Dias auf. abbau im Bereich des Schwarzhölzls, als die Unermüdlich betätigte er sich auch als Führer großen Münchner Brauereien Torf als billiges durch die Natur, der den Teilnehmern geduldig Brennmaterial für ihre Sudhäuser entdeckten. seltene Pflanzen zeigte oder ihnen Vogelstim- Eingriffe in den Moorwasserhaushalt und die men erläuterte. Eine noch für den 18. Mai ange- Aufgabe der Mahd führten um 1800 zum Auf- kündigte „Naturkundliche Radtour zu den kommen von Gehölzen. Es konnten sich die ers- Quellen des Dachauer Mooses“ konnte Josef ten Jungkiefern aus Flugsamen von Einzelkie- Koller nicht mehr führen. fern entwickeln – das Schwarzhölzl entstand. Manfred Siering Ungefähr 100 Jahre lang widmeten sich die Menschen der Trockenlegung des Moores. Viele Tierarten, die auf feuchte Böden oder Wiesen angewiesen waren, wurden verdrängt. Mit den Torfhütten verschwanden im Schwarzhölzl bei- spielsweise Weihen oder Sumpfohreule. 1970 wurde nochmals massiv ins Schwarzhölzl ein- gegriffen: man baute die Ruderregattaanlage 86 Ornithol. Anz., 50, 2011

Ankündigungen

Station Randecker Maar – Vogelzug/Insektenwanderungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesucht

Sind Sie daran interessiert, wandernde Vögel torische Fähigkeiten und selbstständiges Arbei- und Insekten systematisch zu erfassen und ten. dabei Ihre feldornithologischen oder entomolo- Auch weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterin- gischen Kenntnisse um eine interessante Kom- nen sind willkommen (freie, einfachste Unter- ponente zu erweitern? Zum Beispiel um die kunft in der Station). Finanzielle Zuschüsse sind Fähigkeit, kleinste Vögel auf riesige Entfernun- nach Absprache bei der Anmeldung möglich. gen nach Truppform und Flügelschlagfrequenz Von Juli bis Ende September bestehen für zu bestimmen oder ziehende Schmetterlinge ein bis zwei entomologisch Interessierte auch auf Distanz am Flugbild zu erkennen, auch oh- Möglichkeiten zur Erarbeitung von Diplom- ne ihre Farben zu sehen, dann sollten Sie einmal oder Zulassungsarbeiten an ziehenden Wander- am Randecker Maar mitarbeiten. insekten, wie Schwebfliegen, Hymenopteren, Auch 2010 werden wieder ornithologisch Käfern usw. und entomologisch interessierte Personen für Weitere Informationen unter www.randecker- die Planbeobachtungen des sichtbaren Tagzugs maar.de von Vögeln und Insekten an dieser Station am nördlichen Steilabfall der Schwäbischen Alb Bewerbungen unter Angabe des gewünschten (bei Kirchheim/Teck) gesucht. Zeitraums und der persönlichen Kenntnisse so- Für die Stationsleitung und die Stellvertre- wie des Alters möglichst rasch an: tung sind von 29. August 2010 bis 6.November Dr. h.c. Wulf Gatter, (unterteilbar in längere Zeitabschnitte) bezahlte Buchsstr. 20, D-73252 Lenningen, Stellen zu vergeben. Voraussetzung sind sehr Tel. 07026/2104, Fax 07026-370135, gute feldornithologische Kenntnisse, organisa- E-Mail: [email protected]

3. Bayerische Ornithologentage 10.-12. Februar 2012 in Retzbach Auf Einladung der Ornithologischen Arbeits- entgegen. Aktuelle Forschungsergebnisse kön- gemeinschaft Unterfranken II im Naturwissen- nen auch auf Postern präsentiert werden. schaftlichen Verein Würzburg veranstaltet die Detailinformationen hierzu sind unter obiger Ornithologische Gesellschaft in Bayern e.V. vom Adresse erhältlich. Meldeschluss für Vorträge 10.-12. Februar 2012 die 3. Bayerischen Ornitho- und Poster ist der 15. Oktober 2011. logentage in Retzbach. Veranstaltungsort ist das Im Rahmen der Veranstaltung findet auch Tagungshaus „Benediktushöhe“. Der Tagungs- die Ordentliche Mitgliederversammlung der ort Retzbach liegt mainabwärts von Würzburg OG Bayern statt. Eine Exkursion an die Main- im Landkreis Main-Spessart, mitten im Wein- hänge im unmittelbaren Umfeld der Tagungs- baugebiet Mainfranken und ist auch mit öffent- stätte (Weinberge und Zippammer-Lebens- lichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. raum) rundet das Programm ab. Ein Schwerpunktthema der Tagung wird Das ausführliche Programm liegt ab Anfang „Dynamik und Wandel der Vogelwelt“ sein. Dezember 2011 vor und ist auf der Homepage Anmeldungen von Vorträgen (Redezeit: 20 min) der OG unter www.og-bayern.de oder in nimmt der Generalsekretär der OG, gedruckter Form beim Generalsekretär erhält- lich. Robert Pfeifer, Dilchertstr. 8, D-95444 Bayreuth, Robert Pfeifer E-Mail: [email protected] Dr. Stephan Kneitz Ankündigungen 87

Aufruf zur Mitarbeit beim ZSM-Projekt „Vogel-Parasiten“

Im Rahmen des Projektes BFB „Barcoding Fau- Die ZSM bittet um Mitarbeit. Wer beim Auf- na Bavarica“ führt die Zoologische Staatssamm- sammeln der Proben helfen kann und möchte, lung München (ZSM) ein Spezialprojekt zur wird gebeten, sich bei Dipl.-Biol. Markus Unsöld DNA-Identifizierung aller Wirbeltierparasiten ([email protected]) oder Dr. Axel durch. Insbesondere sollen von 2011 bis 2013 Hausmann ([email protected]) zu von allen bekannten Ektoparasiten an Vögeln melden. Es werden dann Probenröhrchen für (Federlinge, Läuse, Flöhe, Milben, Zecken, die Parasitenbelege bereitgestellt. Alle Parasiten Lausfliegen usw.) DNA-Proben analysiert und eines Vogels (Individuum, nicht Art) sollen als Signalsequenzen in einer öffentlichen Daten- lebend in ein Röhrchen gegeben werden, es sind bank hinterlegt werden. Dies wird es in Zukunft keinerlei chemische Substanzen zur Konservie- ermöglichen, Parasiten schnell und verlässlich rung nötig. Es wird gebeten, jeweils Sammler, zu identifizieren, Wirtsspezifität zu untersu- Ort, Datum, Vogelart und Ringnummer des chen, Sprünge von typischen Wirtsarten auf Vogels zu notieren, damit die Parasiten eindeu- neue Wirte zu erkennen, eventuell neu einge- tig zugeordnet werden können. schleppte Parasiten rasch als solche zu anzu- Bei Fragen und Interesse an der Mitarbeit an sprechen usw. diesem Projekt wenden Sie sich bitte an eine der oben angegebenen Kontaktpersonen.

Ein Wort des Dankes

Zum Gelingen einer Zeitschrift tragen viele auch ein Mitglied der „Anzeiger-Crew“ von Einzelpersonen bei: Autoren, Gutachter, Schrift- Bord, auf den diese Eigenschaften voll und ganz leiter und nicht zuletzt Verlagsmitarbeiter. zutreffen. Er trat am 30. Juni 2011 nach, mit Letztere begleiten Heft für Heft auf dem Weg einer Unterbrechung, 35-jähriger Berufstätigkeit vom fertigen Manuskript bis in Briefkasten des im Verlagshaus Ellwanger in Bayreuth in den Lesers. Dies erfordert Umsicht und Erfahrung, Ruhestand. Nach fünf Jahren gemeinsamer Verhandlungsgeschick in schwierigen Situatio- Arbeit am „Anzeiger“ sage ich Dank für die nen und die konsequente Einhaltung von Ter- gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit und minen. Mit Herrn Heinz Förster geht nicht nur wünsche für den neuen Lebensabschnitt alles ein überaus seriöser Geschäftspartner, sondern Gute! Robert Pfeifer 88 Ornithol. Anz., 50, 2011

Schriftenschau

Stübing, S., M. Korn, J. Kreuziger & M. Werner, geben viele Index- und Balkendiagramme Be- 2010. Vögel in Hessen. Die Brutvögel Hessens standsentwicklungen wieder. Damit ist die in Raum und Zeit. 527 S., zahlr. Verbreitungs- Vielfalt der landesbezogenen Informationen karten, Diagramme und Farbfotos. ISBN 978-3- aber nur angedeutet. In den relativ kurzen, flüs- 9801092-8-4. Bezug: Hessische Gesellschaft für sig geschriebenen Arttexten (jedes Artkapitel Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON), hat einen Unterstützer) ist die Informations- Lindenstr. 5, 61209 Echzell. menge eher bescheiden, das kommt einem brei- E-Mail: [email protected] ter gestreuten Leserkreis spürbar entgegen. Schon bevor der ADEBAR-Atlas der deutschen Doch enthalten die kurzen Texte stets einige Brutvögel erschienen ist, legt die Hessische sehr interessante aktuelle Angaben und Hin- Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz weise! Gewicht und Umfang des Werkes ist (HGON) eine umfangreiche und schwergewich- dem Bestreben geschuldet, Außenstehende zu tige Adaptation für ihr Bundesland vor. Was ereichen, die der Vorsitzende Oliver Conz in sei- wird auf Bücherregale und Geldbörsen der Vo- nem Vorwort ausdrücklich willkommen heißt. gelkundigen alles zukommen, wenn der Atlas Im Layout hat man es richtig „krachen lassen“. deutscher Brutvögel föderalistisch aufgedröselt Großzügige Textgliederung, Arbeit mit Grafi- wird? Ist das denn wirklich nötig? Das Für und ken und Symbolen und vor allem eine Fülle be- Wider dieser sich möglicherweise abzeichnen- eindruckender, wunderschöner und auch witzi- den Entwicklung lässt sich hier nicht mit der ger Fotos, wie man sie selten in einem Buch nötigen Ausführlichkeit diskutieren. Der Atlas zusammengestellt findet, wecken Begeisterung. der Hessen jedenfalls hat vor allem zwei He- Vielleicht hat man im großzügigen Layout da rausforderungen angenommen. Die eine ist und dort etwas arg tief in den Topf mit Spiel- durch das N im Kürzel der Gesellschaft vorge- material gegriffen, aber ein faszinierendes Buch zeichnet, nämlich Naturschutz und damit das ist es allemal geworden. Und was die Frage Bemühen, auch Kreise zu erreichen, die norma- nach der föderalistischen Aufsplitterung betrifft: lerweise kaum einen Blick in ein umfangreiches Die haben nicht die Avifaunisten erfunden, die avifaunistisches Werk riskieren. Die andere ist heute mehr denn je mit den Landesämtern für mehr wissenschaftlicher Natur, nämlich unter Umwelt und den Naturschutzbehörden der realistischem Aufwand Abundanzen und Be- Länder zusammenarbeiten. Hier haben Bürger standsgrößen aller Arten etwa gleich realitäts- eines Bundeslandes überzeugend demonstriert, nah oder zumindest näherungsweise vergleich- was gemeinsame ehrenamtliche Arbeit zu lei- bar zu schätzen. Das ist schwer möglich, aber in sten imstande ist. kleineren Räumen sicher zuverlässiger machbar Einhard Bezzel als in einem Gebiet von der Zugspitze bis zum Kap Arkona. Kapitel wie Tücken der Bestand- Bergmann, H.-H., 2010. Vogelfedern an Nord- erfassung, Grundlagen der Bestandsermittlung und Ostsee. Finden und Bestimmen. 160 S., 79 sowie Fragen der Modellierung von Abundanz farb. Abb., 60 Bildtafeln, ISBN 978-3-494-01492-0. und Verbreitung häufiger Arten machen die Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.2 Probleme zumindest im groben Rahmen trans- Die Bestimmung einzelner Mauserfedern ist für parent. Dabei haben sich vor allem T. Gottschalk Ungeübte vielfach unmöglich und auch für Fe- und seine Arbeitsgruppe eingebracht. Die derexperten nicht immer leicht. In der recht allge- Verbreitungskarten von mittelhäufigen und sel- mein gehaltenen Einführung räumt der Autor tenen Arten sind Rasterkarten aus Messtisch- deshalb ein, dass es auch mit seinem Buch mitun- blatt-Vierteln mit Angaben von Häufigkeits- ter schwierig sein wird, einzelne Federn richtig klassen pro Einheit, von sehr häufigen Arten einzuordnen oder gar die Art zu bestimmen. Darstellungen der pro Lebensraum hochgerech- Allein Format und Umfang des Büchleins lassen neten Abundanzen. Letztere bieten zwar viele dies trotz der Beschränkung auf das Großgefieder interessante Details, sind aber auf den ersten von 60 häufig vorkommenden Wat- und Wasser- Blick nicht besonders übersichtlich. Im Anhang vogelarten selbst für diese 60 Arten nicht zu. Schriftenschau 89

Neben dem naturschutzrechtlich wichtigen S. 44. Sachlich falsch ist die Bezeichnung der Hinweis, dass es einer Ausnahmegenehmigung äußersten Handschwinge als „H1“ statt H10 bei der zuständigen Naturschutzbehörde bedarf, der Brandgans im Abbildungsteil (S. 90). In der um Federn systematisch zu sammeln, finden Bildunterschrift zum Dunklen Wasserläufer (S. sich im Einführungsteil Erläuterungen, welche 122) muss es St1 und 6 heißen statt „St 1 und 2“. Federn beim Suchen im Spülsaum zu erwarten Der Text wird ergänzt durch ein Foto, das sind, wie man sie einsammelt und gegebenen- zumeist einen Vertreter der besprochenen Art falls aufbewahrt sowie zum Gebrauch des Bu- zeigt und von einer häufig nichts sagenden ches. Dabei wäre ergänzend eine Zeichnung Legende begleitet wird. Das gleiche Foto er- wünschenswert, die Strukturunterschiede von scheint – etwas verkleinert – in der Kopfzeile der Steuer- und Schwungfedern herausarbeitet, um Federtafeln, wobei hier mitunter die Diskrepanz beim Blättern im Abbildungsteil die Suche vor- zwischen dargestelltem Individuum und abge- weg bereits einzuschränken und systematischer bildeten Federn stört, z. B. Eiderente, S. 97: Foto zu gestalten. eines Erpels, Federn eines Weibchens oder Im Bestimmungsteil werden unter „Feder- Basstölpel, S. 108: Foto eines adulten Vogels, Fe- merkmale“ für jede Art die wichtigsten Kenn- dern eines Jungvogels. Gleiches trifft auf Zwerg- zeichen des Groß- und teilweise des Kleingefie- und Brandseeschwalbe (S. 142 und 143) zu. ders mit Angaben zur Unterscheidung der Diese Fotos sind verzichtbar, zumal davon Geschlechter und zu Besonderheiten bei Jung- auszugehen ist, dass jemand, der Federn sam- vögeln sowie Pracht- und Schlichtkleidern dar- melt, ein Vogelbestimmungsbuch besitzt. Zu- gestellt. Es folgen die Stichpunkte „Vorkommen sammen mit einer Straffung des Textes hätte und Mauser“ sowie „Ähnliche Arten“. Diese sich die Option geboten, freiwerdenden Platz Gliederung wird aber nicht konsequent beibe- für zusätzliche Illustrationen beschriebener Be- halten. Vor allem Verwechslungsmöglichkeiten sonderheiten des Kleingefieders sowie abwei- werden häufig schon unter „Federmerkmale“ chender Färbungen der Geschlechter oder Al- aufgeführt, sodass der Stichpunkt „Ähnliche terskleider zu nützen, die Beschreibungen auf Arten“ entweder sehr knapp ausfällt (Gänse- eine Seite zu formatieren und die Abbildungen säger, S. 38) bzw. schon Geschriebenes kurz wie- dem Text unmittelbar gegenüber zu stellen. derholt. Unter „Vorkommen und Mauser“ wer- Letzteres wäre von großem Vorteil, da im Text den zum Teil neben pauschalen Statusangaben oft detailliert das Gesamtbild eines Flügels Feldkennzeichen beschrieben, die zur Federbe- nachgezeichnet wird, das sich der Leser leichter stimmung nichts beitragen, z. B. Schnabel- und vorstellen kann, wenn er den durch die Abbil- Beinfarbe des Austernfischers (S. 46). Beim dung vorgegebenen Rahmen direkt vergleichen Kampfläufer wird unter „Federmerkmale“ dar- kann. Bei der hier vorgenommenen Trennung auf hingewiesen, dass die Schirmfedern „im von Bild und Text wäre es zumindest erstre- Prachtkleid auch bei den Weibchen regelrecht benswert gewesen, leicht zu verwechselnde Ar- bunt“ wirken und im Jahr zweimal gewechselt ten im Abbildungsteil konsequent gegenüber- werden. Im Gegensatz dazu heißt es unter „Vor- zustellen, z. B. Reiher- und Bergente, Sanderling kommen und Mauser“, dass die Weibchen das und Alpenstrandläufer, Regenbrachvogel und ganze Jahr über schlicht gefärbt sind, zur Mau- Großer Brachvogel. ser wird nichts erwähnt (S. 62). Abgerundet Hervorzuheben ist die Abbildungsqualität wird der Bestimmungsteil durch ein entbehrli- der über 400 Federn, die erstmals nicht gezeich- ches Federquiz zum Üben und eine Erklärung net, sondern eingescannt sind. Die Farben wer- der wichtigsten Fachtermini. den sehr naturgetreu wiedergegeben. Nur sel- In einer Neuauflage sollten zudem einige ten stören wellenartige Artefakte, am ausge- sprachlich unglückliche Formulierungen korri- prägtesten bei Sturm- und Silbermöwe (S. 138/ giert werden: Die Steigerung der Farbe braun 139). Dargestellt sind zumeist 7 Federn eines (Spießente, S. 29), die Farbangaben „dunkel“ Individuums: äußere und innere Hand- und (mehrfach bei Schellente, S. 36) oder „harlekin- Armschwinge, eine Schirmfeder und zwei artig gemustert“ (Kiebitzregenpfeifer, S. 47). Zu Steuerfedern, je nach Größe verkleinert wieder- streichen ist die Wiederholung „dass die Feder gegeben. In jede Abbildung ist eine Zentimeter- so fest eingewachsen ist“ innerhalb desselben skala im gleichen Maßstab integriert. Die Erläu- Satzes unter „Federmerkmale“ beim Kormoran, terung der Abbildungsmaßstäbe ist allerdings 90 Ornithol. Anz., 50, 2011 fehlerhaft (S. 147): Im Vergleich zur Verkleine- träumen können, bis hin zu unglaublichen rung auf die Hälfte (1:2) werden Verkleinerun- Einblicken in die Tiefen der sonst nicht einseh- gen in den Maßstäben 1:2,4 und 1:3 für mittel- baren Intimsphäre von Spechtbruthöhlen. Wim- große und für die kleinsten Federn fälschlicher- mer war lange Jahre als staatlicher Betreuungs- weise als „weniger“ bzw. als „nur schwach“ förster im Privatwald tätig und ist derzeit Ge- bezeichnet. Sollten die angegeben Werte stim- bietsbetreuer für Natura 2000. Er weiß, wie er men, wäre das eine stärkere Verkleinerung, die aus dem Schatz seines umfassenden Wissens aber keinen Sinn machen würde. Waldbesitzern, Berufskollegen und Waldbesu- Fazit: Ein von seiner Idee her interessantes chern auch die Anliegen des Waldnaturschutzes Buch, das beim Strandspaziergang den ge- nahebringen kann. wohnten Blick des Ornithologen weg vom flie- Die Texte stammen aus der Feder des Forst- genden Objekt hin zum Spülsaum lenkt und zur wissenschaftlers Dr. Volker Zahner, Professor Auseinandersetzung mit der Federkunde an- für Zoologie und Tierökologie an der Fakultät regt. Umgekehrt vermag es vielleicht auch vo- Wald und Forstwirtschaft der Hochschule für gelkundlich bisher weniger interessierte angewandte Wissenschaften Weihenstephan. „Strandläufer“ überhaupt erst zu animieren, Da wird dem erstaunten Leser ein wahres Füll- sich für die Vogelwelt zu interessieren. Bei in- horn wissenschaftlicher Erkenntnisse geboten, tensiverer Beschäftigung mit der Federbestim- geschöpft aus dem Fundus umfassenden Fach- mung stößt man jedoch – wie schon bei anderen wissens, abgesichert mit dezenten Verweisen Veröffentlichungen zu diesem Thema – an auf nicht weniger als 101 Quellen einschlägiger Grenzen, die in den bisher zur Verfügung ste- ornithologischer und waldökologischer Litera- henden Büchern nie umfassend dargestellt wer- tur. Der Bogen ist gespannt von der Rolle der den und letztendlich nur durch das Studium Spechte in Mythen, Sagen und Naturgeschichte, sich ergänzender Literatur zu überwinden sind. über deren an das Leben mit Holz angepasste Nach wie vor fehlt ein ausführliches Standard- besondere Anatomie, ihre erstaunlichen Verhal- werk zu diesem Thema. tensweisen, ihre Bedeutung im Ökosystem Michael Proske Wald, deren systematische Stellung in der welt- weiten Ordnung der Spechtvögel bis hin zur Wimmer, N. & V. Zahner, 2010. Spechte – Leben vielfältigen Beziehung Specht und Mensch. Das in der Vertikalen. 112 S., 179 Farbabb., 10 Kar- alles wird originell, leicht lesbar, einprägsam, ja ten, 1 Tabelle. ISBN 978-3-7650-8526-0. G. Braun unterhaltsam und spannend vermittelt. Der Buchverlag, Karlsruhe.3 Leser wird nachempfinden, warum Professor Gerade rechtzeitig am Übergang vom Jahr der Zahner von Studenten und Kollegen für seine Biodiversität 2010 zum Jahr des Waldes 2011 akademische Lehrtätigkeit gerühmt wird. erschien dieses wichtige Buch. Spechte, die Dieses ungewöhnliche Buch ist allen Freun- waldtypischsten Vogelarten, öffnen bekanntlich den des Waldes zu empfehlen weit über die un- als Schlüsselarten, vor allem mit dem Bau ihrer mittelbar betroffenen Kreise der Waldleute und Höhlen, einer Vielzahl von Nachnutzern unsere Ornithologen hinaus. Unentbehrlich, ja gerade- Waldbestände. Die beiden Autoren, gelernte zu Pflichtlektüre müsste es für Forstleute sein. Forstleute und ausgewiesen durch eine Vielzahl Das Verhältnis der Förster zu den Spechten war, einschlägiger Publikationen, benutzen wieder- heute kaum verständlich, über mehr als ein um die Spechte als Schlüssel, um ihren Lesern Jahrhundert von der Streitfrage überschattet, ob den Zugang zu Geheimnissen und Rätseln der und wieweit diese den Wäldern „nützlich“ oder komplexen Waldlebensgemeinschaft zu vermit- „schädlich“ seien. Die einen überbewerteten de- teln. Norbert Wimmer hielt mit professionell ren Nutzen im Forstschutz gegen Schadinsek- gehandhabter Kamera in Jahrzehnten des Förs- ten, die anderen lasteten den emsigen Holzha- terberufs das Leben unserer heimischen Specht- ckern jeden Höhlenbau, jede Ringelspur, selbst arten in allen Phasen fest. Seine erstaunliche das Verzehren von Waldsämereien als „Scha- Motivsammlung reicht von technisch perfekten den“ an. Dabei hatte bereits auf dem Höhe- Bildern zur Bestimmung von Art, Geschlecht punkt dieser nicht zuletzt zwischen Wissen- und Alter und dem Erkennen typischer Verhal- schaftlern ausgetragenen Nutzen-Schaden-Dis- tensweisen über Glückstreffer, von denen selbst kussion Mitte des 19. Jahrhunderts der renom- geduldigste Fotoansitz- und Pirschjäger nur mierte Forstzoologe Dr. Bernhard Altum, Pro- Schriftenschau 91 fessor der Forstzoologie an der Forstakademie Bezzel, E., 2011. Deutschlands Vögel: Faszinie- in Eberswalde unmissverständlich festgehalten: rendes Leben zwischen Küste und Gebirge. „Der Specht hat ein Recht auf seinen Wald und 159 S., 250 Farbfotos. Franckh-Kosmos Verlags- der Wald hat ein Recht auf seinen Specht.“ GmbH & Co. KG, Stuttgart. ISBN 978-3-440- Altum stellte über die vordergründige Nutzen- 12404-8.4 Schaden-Frage die Bedeutung des Spechtes für Jedes neue Vogelbuch muss auf dem reich be- Schönheit und Erlebniswert der Wälder: „An schickten Markt seine Nische finden: Der etwas ästhetischer Wichtigkeit jedoch kommt keine reißerisch gemachte Klappentext des bei auf- andere Thierklasse bei uns ihm gleich.“ „Ja oft wendiger Gestaltung doch preiswerten Werkes sind sie sogar, wenn auch nicht gerade das ein- ist mit dem angeführten Konglomerat aus Su- zige, so doch das am stärksten hervorragende perlativen, Höhepunkten und Extremen der Vo- Element zur Belebung des Waldes [...] Für den gelwelt unseres Landes verführerisch und löst auf einsamem Pfad wandelnden Forstmann ist beim Kaufinteressenten positive Emotionen dieser ästhetische Wert der Spechte wahrlich aus: „Die größte Eule der Welt und der kleinste nicht gering anzuschlagen.“ Vogel Europas leben in Deutschland: der Uhu in Heute sind die Spechte eine der wichtigsten den Bergen, das Wintergoldhähnchen in unse- und zudem methodisch vergleichsweise einfach ren Wäldern. Das Drehkreuz des internationa- nachzuweisenden Gruppe der Waldvögel, len Vogelzugs liegt in unserem Wattenmeer an wenn es gilt, Waldbestände ökologisch zu der Nordseeküste. So unterschiedlich die Land- bewerten. Sie gelten als Indikatoren, Leit- und schaften, so vielfältig unsere Vogelwelt und ihre Zielarten. Von den neun heimischen „echten Besonderheiten. Der Kolkrabe, der größte Spechtarten“ werden nicht weniger als fünf im Singvogel der Welt, kann gar nicht richtig sin- Anhang I der Europäischen Vogelschutzricht- gen und ist trotzdem ein wahres Stimmwunder. linie aufgeführt, eine der beiden rechtlichen Die Küstenseeschwalbe fliegt jedes Jahr auf Grundlagen für das Ausscheiden von Natura- ihrem Zugweg bis in die Antarktis und zurück – 2000-Gebieten. unglaubliche Entfernungen von bis zu 30.000 Die Zahl ihrer Arten und deren Brutpaare pro Kilometer. Der Fichtenkreuzschnabel brütet Flächeneinheit sind Qualitätsmerkmale für die dann, wenn andere Tiere ums Überleben kämp- Naturnähe von Wäldern. Sieht man von den fen: mitten im Winter. Die spektakuläre Balz des Bergwaldbewohnern Dreizehen- und Weißrü- Auerhahns endet wie das Knallen eines Sekt- ckenspecht ab, kann man mit nur einem halben korkens. Dieser Bildband zeigt in brillanten Dutzend Spechtarten den Lebensraumwert un- Aufnahmen die Schönheit und Vielfalt unserer serer Wälder qualifizieren und die Naturverträg- heimischen Vogelwelt. Dazu erzählt der erfah- lichkeit waldbaulicher Behandlung überprüfen. rene Vogelkundler Dr. Einhard Bezzel Unter- Man vergleiche nur die Beschaffenheit eines haltsames, Wissenswertes und Spektakuläres „Ein-Spechtart-Bestandes“, den Buntspecht-Le- und unterstreicht wie wichtig es ist, diesen bensraum, mit dem „Sechs-Spechtarten-Be- Reichtum zu schützen.“ stand“ eines altersreifen, struktur- und totholz- Das von einem renommierten Ornithologen reichen Buchen-Eichenwaldes. Spechte beneh- verfasste und hübsch bebilderte Buch wendet men sich ganzjährig auffällig, sind einfach zu sich, wie rasch erkennbar, mit seinem modernen beobachten und unproblematisch nach Ausse- und saloppen Text in erster Linie an ornithologi- hen und Lautäußerungen zu unterscheiden. sche Laien; dies ist zu vermuten, weil nur eine Das Buch von Wimmer und Zahner liefert Auswahl von Vogelarten im Buch vorkommt zu all diesen Aspekten fachlich fundiertes und neuere taxonomische Änderungen, wie Wissen, anschaulich zu vergnüglicher Lektüre z. B. die Trennung unserer Meisenarten in diver- aufbereitet. Forstleute und Waldbesitzer finden se Gattungen, auch als Querverweis nicht über- hier das nötige Rüstzeug für wichtige ökologi- nommen wurden; wissbegierige Ornithologen sche Aspekte ihres beruflichen Handelns, Wald- werden enttäuscht, denn die im Kapitel Silber- freunde und Naturschützer eine solide Grund- möwe abgehandelte Mittelmeermöwe, obwohl lage, wenn sie sich verständnisvoll in die seit einigen Jahren Brutvogel an süddeutschen Diskussionen um Naturschutz in Wäldern ein- Gewässern, wird noch lediglich als Gast aus bringen möchten. dem Süden betrachtet. Georg Sperber 92 Ornithol. Anz., 50, 2011

Positiv ist zu sehen, dass bei Vogelarten mit Juliane Koepcke findet nach vier Jahrzehnten Existenzproblemen wie z. B. Gartenrotschwanz die Kraft, von dem Absturz zu erzählen, den sie und Haussperling auch auf die Ursachen des wie durch ein Wunder überlebte, und davon, Rückgangs hingewiesen wird und auch für die was ihre ungewöhnliche Kindheit in der Gruppe der Verfehmten, zu denen die Greifvö- Wildnis sie lehrte. Sie schildert, wie der Einsatz gel, die Krähenvögel und die fischfressenden für den Urwald zur lebenslangen Aufgabe für Vogelarten zu rechnen sind, erfolgen Richtig- sie wurde. „Für mich war der Dschungel nie stellungen aus der Sicht des Biologen und eine grüne Hölle, sondern der Ort, der mich am Vogelschützers. Leben hielt.“ Es sollte der Beginn der Weih- Der gefällig aufgemachte Band eignet sich nachtsferien sein – und endete für 91 Menschen als Geschenk insbesondere für Einsteiger in die mit dem Tod: Flug 508, der am 24. Dezember Vogelkunde, da diesem Personenkreis gleich zu 1971 über dem peruanischen Regenwald ab- Beginn aktuelle Informationen über viele ein- stürzte. Nur die damals 17-jährige Juliane, die heimische Vogelarten in sympathischer Form neben ihrer Mutter in der Maschine saß, über- gegeben werden. lebte. Ein dramatisches Schicksal, an das sich ei- Manfred Siering ne unfassbare Rettung knüpft. Zwei Jahre hatte Juliane mit ihren Eltern auf der kleinen Zöckler, Ch.,1995. Panguana. Naturkundliches Forschungsstation im Dschungel gelebt und Tagebuch aus dem peruanischen Regenwald. vieles über den Urwald gelernt. Mitreißend er- 156 S.. Mit einem Vorwort von Hans-Wilhelm zählt sie jetzt erstmals ihre eigene Geschichte: Koepcke sowie Illustrationen und einem Über- Von dem Paradies ihrer Kindheit unter zahlrei- sichtsplan von Joachim Schwahn und Josef Lu- chen tierischen Hausgenossen. Davon, wie der gert. Selbstverlag. Restauflage erhältlich bei der tropische Regenwald für sie zur Schule des Bibliothek der Zoologischen Staatssammlung Überlebens wurde. Und wie sie heute als Bio- München. ISBN 3-000-00129-8.5 login und engagierte Umweltschützerin hilft, Das Buch ist vor geraumer Zeit erschienen, dieses Wildnisreservat nicht nur zu bewahren, kann jedoch – großenteils noch aktuell – als sondern auch durch Erwerb angrenzender Ergänzung zu dem in diesem Heft besproche- Urwaldflächen deutlich zu vergrößern. Juliane nen Buch von Juliane Koepcke gesehen werden. Koepcke, verheiratete Diller, wuchs in Lima Mit „Panguana“ ermöglicht der Autor und He- und im Urwald auf, wo ihre Eltern, das Zoolo- rausgeber dem Leser Zugang zu einem fremden gen-Ehepaar Maria Koepcke und Hans-Wil- Lebensraum, dem Tropischen Regenwald. In helm Koepcke, die Forschungsstation „Pangua- Form eines persönlich gehaltenen Tagebuchs na“ gründeten. Juliane Koepcke arbeitet als schildert er seinen mehr als zweimonatigen Biologin und Leiterin der Bibliothek an der Zoo- Aufenthalt in der Estación Biológica „Pangua- logischen Staatssammlung München und kehrt na“. Nicht nur Begegnungen mit tropischen Tie- jedes Jahr nach Peru zurück. Heute leitet sie das ren werden anschaulich geschildert, sondern Forschungsprojekt „Biodiversität der Biologi- der Leser wird anhand persönlicher Erlebnisse schen Station Panguana“ im Amazonas-Tief- zum Phänomen Regenwald geführt. Die Reize landregenwald. der Landschaft, bizarre Tierformen, aber auch Der Leser des packend geschriebenen Le- die tropische Witterung und ihre Widrigkeiten, bensberichtes taucht ein in eine Geschichte, die sowie Krankheiten, Parasiten und leider auch sich wie ein erfundener Abenteuerroman an- die zunehmenden Umweltprobleme umspan- hört, aber zugleich unbegreifliche und umso nen die Bandbreite des Reiseberichts. Unter- mehr ergreifende Realität ist. Letztlich ist es der haltsam geschrieben, aber für naturkundlich Protagonistin gelungen, ihr Leben und ihr Ver- Interessierte, die in den Amazonas-Regenwald hältnis zu den Eltern zu analysieren, Klarheit in reisen wollen, eine nützliche Reiseinformation. ihre eigenständige und verantwortungsvolle Manfred Siering Existenz als Bewahrerin des Naturreservates zu bringen und mit diesem Umgang mit ihrem Koepcke, J., 2011. Als ich vom Himmel fiel. Wie Schicksal zur Bewältigung ihres Verlusttraumas mir der Dschungel mein Leben zurückgab. 295 beizutragen. S., farbige und s-w-Abb. Malik/Piper Verlag Manfred Siering GmbH, München. ISBN 978-3-89029-389-9.6 Schriftenschau 93

Dvorak, M., 2009. Important Bird Areas – Die ckern zahlreiche, oft erstklassige Vogelfotos den wichtigsten Gebiete für den Vogelschutz in Text auf. Eine Österreichkarte auf der 3. Um- Österreich. 576 S., zahlreiche Farbfotos. ISBN schlagseite zeigt die Lage der Gebiete. Hier 978-3-902421-35-7. Bezug: Verlag Naturhistori- hätte ich mir gewünscht, mithilfe einer kleinen sches Museum Wien, Burgring 7, A-1010 Wien, Orientierungskarte in der jeweiligen Gebietsdo- E-Mail: [email protected] kumentation das Gebiet gleich verorten zu kön- Mit der 1979 erlassenen Vogelschutzrichtlinie nen, ohne erst auf der Gesamtkarte suchen zu (79/409/EWG) verpflichten sich die Mitglieds- müssen. staaten, für besonders schutzbedürftige Vogel- Mehrere der IBAs liegen grenznah zu arten entsprechende Schutzgebiete auszuwei- Bayern: Böhmerwald und Mühltal, das Salzach- sen – ein wesentlicher Schritt für eine moderne tal und die Stauseen am Unteren Inn, das Kar- Vogelschutzstrategie in Europa. Nach einigen wendel und das Tiroler Lechtal, für viele davon Vorarbeiten und Vorläufern legt unser Nachbar- haben wir in Bayern nachbarschaftliche Verant- land nun eine Gebietsdokumentation für 58 wortung. Insofern berühren Österreichs IBAs IBA’s vor. Das Ergebnis ist ein wichtiges und uns ganz unmittelbar. Es ist zu hoffen und zu gewichtiges Buch geworden, denn kaum ein wünschen, dass der hervorragenden Dokumen- Land Mitteleuropas weist so starke landschaftli- tation nun auch politische Entscheidungen fol- che Gegensätze auf wie Österreich. Entspre- gen, um die Artenvielfalt zwischen Bodensee chend vielfältig ist die Ausstattung an Lebens- und Neusiedler See nachhaltig zu sichern. räumen und den darin vorkommenden Vogel- Robert Pfeifer arten: vom pannonisch-kontinentalen Osten mit Kaiseradlern und Großtrappen, Trielen und Krüger, T. & J. Wübbenhorst, 2009. Ökologie, Rotfußfalken bis ins zentralalpine Hochgebirge Gefährdung und Schutz des Rotmilans Milvus mit Schneesperling, Schneehuhn und Rotsterni- milvus in Europa. 77 S., zahlr. Farbabb., Gra- gem Blaukehlchen. fiken und Tabellen. ISSN 0934-7135. Informa- Die Gebietsdokumentationen sind das Kern- tionsdienst Naturschutz Niedersachsen 3/2009. stück des Buches; ihnen sind nur kurze einlei- Bezug: Niedersächsischer Landesbetrieb für tende Kapitel über IBAs in Österreich und Eu- Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, ropa sowie die Kategorien und Kriterien, die Postfach 91 07 13, 30427 Hannover.8 zur Festlegung dieser Gebiete führen, vorange- Deutschland beherbergt rund die Hälfte der stellt. Die angenehm klar strukturierten Ge- Weltpopulation des Rotmilans und hat damit bietstexte sind nach Gebietsbeschreibung, orni- hohe Verantwortung für diese Art. Doch gerade thologische Erfassung, nationale ornithologi- hier ist es seit den 1990er Jahren zu Bestands- sche Bedeutung und erfüllte IBA-Kriterien, für rückgängen gekommen. Das vorliegende Heft den Vogelschutz in Europa prioritäre Arten und fasst die Ergebnisse des internationalen Arten- Arten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie, schutzsymposiums Rotmilan, das 2007 in sonstige Vogelarten, Vegetation, Bedeutung für Schneverdingen stattfand, zusammen. Es ent- andere Tiergruppen, menschliche Nutzung, hält Beiträge zur Verbreitung Bestandsentwick- Gefährdung, Schutz und Quellen gegliedert. lung und Gefährdungssituation des Rotmilans Diese Gebietsdokumentationen sind alles ande- in Niedersachsen, zu Bestandsentwicklung, re als trockene Auflistungen. Mit ihnen wurden Ursachen und Aussichten für das Dichtezen- kleine Gebietsmonografien geschaffen, deren trum im Nordharzvorland, Situationsberichte Lektüre auch aus avifaunistischer Sicht sehr aus dem Kreis Holzminden und dem Eichsfeld, interessant ist. Denn für alle aktuell und ehe- je eine Arbeit über die Wiedereinbürgerung in mals vorkommenden prioritären Arten und die Schottland und England und über die Situation des Anhang I werden die Kenntnisse auf 3-10 in Spanien. Kurzbeiträge befassen sich mit der Zeilen zusammengefasst. Auch für einige son- Situation in Frankreich und Belgien, mit der stige Vogelarten – zumeist Rote-Liste-Arten – Habitatnutzung im Nordharzvorland und satel- geschieht dies in kurzer, prägnanter Form, litentelemetrischen Untersuchungen. Für den ebenso für andere Tiergruppen und die Vege- Schutz besonders hervorzuheben sind die Ab- tation. In vielen Fällen ist den Dokumentatio- handlungen von T. Dürr über die Gefährdung nen ein aussagekräftiges Fotos eines charakteri- des Rotmilans durch Windenergieanlagen in stischen Lebensraumes beigefügt. Zudem lo- Deutschland und von J. Brune und A. Hege- 94 Ornithol. Anz., 50, 2011 mann über Verluste durch illegale menschliche pro Jahr „bemerkenswertesten zehn Nach- Eingriffe. weise“ münden. Robert Pfeifer Dass „sportliches“ Artensammeln, eventuell gefördert durch „GEO-Tage der Artenvielfalt“ oder „Stunden der Garten- bzw. Wintervögel“ Zeitschriftenschau stark im Kommen ist, zeigen ansteigende Teil- nehmerzahlen bei den „Austrian Bird Race“- Kolleritsch, P., E. Albegger, C. Neger, J. Ringert Veranstaltungen (Zunahme von 2005 bis 2010 & S. Zinko, 2010. Elanus. Jahresberichte des von 40 auf über 200 Teilnehmer) oder bei den Club 300 Austria 2006/2007. 110 S., Bezug: ela- Twitchern oder Twitcher-Teams, die sich bezüg- [email protected] lich ihrer Jahres- oder Tagesartenlisten (2007 Dieser Bericht aus der hervorragend organi- sorgfältig geplanter, erfolgreicher Rekordver- sierten Twitcher-Szene Österreichs, die mit such am Neusiedler See mit 142 Arten in 24 www.bird.at (seit 2001) und www.club300.at Stunden) „ranken“ lassen wollen. Auch die Be- (seit 2003) auch über nachhaltig gepflegte Infor- reitschaft, selbst größere Strecken zu fahren, um mations- und Austauschforen verfügt (mit bis in eine Rarität zu „sammeln“, steigt. So waren bei die 70er Jahre zurückreichenden Meldungen einer Grünlaubsängerbeobachtung innerhalb außergewöhnlicher Vogelbeobachtungen), setzt einer Stunde 20 Twitcher vor Ort. Das Ranking die 2004 begonnene Publikation von Club-Jah- unterliegt dabei klaren Spielregeln, bei „Bird resberichten mit einer Doppelnummer 2006/ Race“-Events z. B. durch Zeit- und Raumvorga- 2007 fort, diesmal allerdings nicht mehr als CD, ben, Wertpunktdefinitionen und Zusatzpunk- sondern in Druckform. Das kompakte Heft zum ten für „Blocker“ oder Vollständigkeit von Ar- Raritätenvorkommen in Österreich mit bird tenkollektiven, alles gut organisiert und ge- race-Informationen, Vogelbildern und Berichten sponsert. Man darf daher sehr gespannt sein, (Reisebericht Georgien, Beobachtungs-Camp wie sich die österreichische Twitcher-Szene wei- zum Greifvogelzug) enthält neben den Zusam- ter entwickeln wird (Jahresberichte 2008/2009 menstellungen der 5 Autoren Beiträge von wei- erscheinen voraussichtlich 2011). Vielleicht wer- teren 15 Vogelfreunden aus dieser „jungen Ge- den ja demnächst die Spitzen-Twitcher werbe- neration ehrgeiziger Ornithologen“. Die Vogel- wirksam durch ein „Handicap“ geadelt, damit beobachtungen werden monatsweise in gefühl- auch Anfänger eine sportliche Chance erhalten. voll ausformulierter, den avifaunistischen Wert Hans Utschick beurteilender Berichtsform abgearbeitet, bei jeweils 1 – 4 Seiten Text (z. T. mit meist guten Knight, M., D. Mallon & P. Seddon (Eds.), 2011. Belegfotos) und unter Voranstellung von maxi- Biodiversity Conservation in the Arabian mal 11 „Highlights“. Nicht selten wird dabei Peninsula. Zoology in the Middle East Supple- der Twitcher-Philosophie Rechnung getragen, z. mentum (Special Issue) 3. 208 S., mehr als 50 B. in Bildunterschriften wie „der viel besuchte Abb. ISBN9783-925064-67-8. Kasparek Verlag, 17. Terekwasserläufer […] Österreichs“. Sechs Heidelberg.10 weiterführende Artikel zum Auftreten von Die arabische Halbinsel und Levante sind ein Blauflügelente, Rosaflamingo, Waldammer, wichtiges biogeografisches Übergangsgebiet, Kurzschnabelgans, Ringelgans und Grünlaub- im dem die Floren und Faunen unterschiedli- sänger lockern die Monatsberichte auf. Da nicht cher Regionen (Paläarktis, Orientalis, Afrotro- von der zuständigen avifaunistischen Kommis- pis) zusammentreffen. Die politische Situation sion AFK anerkannte Seltenheitsbeobachtungen und Wirtschaftsentwicklung in diesem Raum wieder aus der Club-Datenbank gelöscht wer- führten und führen zu einer erheblichen Bedro- den (bei 2010 noch laufenden Anerkennungs- hung der faszinierenden Artenvielfalt. Die ver- verfahren Arten im Text mit Stern markiert; dies stärkten Bemühungen für den Erhalt von Arten aber nirgends erklärt), sind die Daten auch zur oder Gebieten bleiben aber in Mitteleuropa Verwendung in wissenschaftlichen Auswertun- meist unbeachtet. Die Anstrengungen um den gen geeignet. Wertvoll sind vor allem die Sta- Erhalt der Arabischen Oryx bilden da eine Aus- tusprotokolle zur Nummerierung der Artnach- nahme. Im Bewusstsein vieler Mitteleuropäer weise in Österreich und seinen Bundesländern, steht die Arabische Halbinsel für Bauwut und die twitchergemäß in einer Dokumentation der ungehaltenen Konsum. Einige wirtschaftlich er- Schriftenschau 95 folgreiche Emirate repräsentieren anscheinend Arbeit über die Wege und Rastplätze von Zug- einen Raum, der noch viel mehr zu bieten hat. vögeln über der arabischen Halbinsel oder der Seit 2000 findet jährlich ein Workshop zum zweifelhafte Bericht zur Auswilderung eines Schutz der Artenvielfalt auf der Arabischen verletzt aufgefundenen Schelladlers Aquila clan- Halbinsel statt. Der vorliegende Band vereinigt ga. zum 10-jährigen Bestehen dieser Treffen einige Alles in allem ist der vorliegende Band eine Beiträge, die 2010 gehalten wurde. Die Themen verdienstvolle Unternehmung, der uns Mittel- spannen ein weites Feld, angefangen von Über- europäern einen ersten Einblick in Aspekte der sichten zur biologischen Vielfalt und den die biologische Vielfalt und deren Schutz in Schutzgebieten auf der arabischen Halbinsel bis einem noch immer weithin unbekannten Raum hin Kapiteln über einzelne Arten (Leopard, unserer Erde verschafft. Die Herausgeber haben Oryx). Besonders hervorheben möchte ich dabei es aber versäumt, die Qualität der Beiträge rigo- einen (etwas zu langen) Beitrag über Natur- ros zu kontrollieren. Im Vorwort wird betont, und Artenschutzprobleme auf der Insel Sokotra. dass die Beiträge allesamt extern begutachtet Drei Beiträge befassen sich mit ornithologischen wurden. Aber anscheinend war die Wahl der Themen. Ein Problem vieler Tagungsbände ist Gutachter unglücklich. Ansonsten hätten einige die unterschiedliche Qualität der Beiträge und Beiträge dieses Stadium nicht überstehen dür- das kommt auch im vorliegenden Bändchen fen. Selbst im Einleitungskapitel über die Ge- klar zum Vorschein. Neben methodisch an- schichte der jährlichen Naturschutz-Workshops spruchsvollen Beiträgen (z. B. über die Phylo- wurden Abbildungen ohne Hinweise im Text geographie der Weißschanzmanguste Ichneumia abgedruckt. Bei aller Rücksichtnahme, die bei albicauda) finden sich nichts sagende Seiten- Tagungsbänden häufig geboten ist, darf die wis- füller. Es sind gerade die ornithologischen Bei- senschaftliche Sorgfalt nicht leiden! träge, die negativ auffallen, etwa die vierseitige Roland Brandl

1) € 49,80 zzgl. Versandkosten; 2) € 14,75; 3) € 27,90; 4) € 19,95; 5) € 9,90; 6) € 19,95; 7) € 49,50 zzgl. € 4,40 Versand; 8) € 4,00 zzgl. Versandkostenpauschale; 9) € 18,00 außerhalb, € 17,00 innerhalb Öster- reichs; 10) € 28,– 96 Ornithol. Anz., 50, 2011