Bundesprogramm Biologische Vielfalt „Schatz an der Küste“

Entwicklung eines Leitbildes und Differenzierung von umsetzungsbezogenen Zielzuständen für Küstenüberflutungsräume zwischen Rostock und Westrügen

(Hotspot-29-Gebiet des Bundesprogramms Biologische V i e l f a l t )

Naturschutzstiftung DeuDeuttttschesche Ostsee Greifswald,November2016 LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 3

Inhaltsverzeichnis

Gl.Nr. Abschnitt Seite 1 Einleitung 7 2 Aufgaben und Begriffsbestimmung 9 2.1 Aufgaben 9 2.2 Begriffsbestimmung 9 2.3 RäumlicherundzeitlicherBezugsrahmendesLeitbilds 10 3 Methodisches Herangehen 13 4 Beschreibung der möglichen Zielzustände 15 4.1 ZielzuständemitNaturentwicklung 15 4.2 ZielzuständemitlandwirtschaftlicherNutzung 19 4.3 SteckbriefedermöglichenZielzustände 22 4.3.1 Flachwasserbucht 23 4.3.2 Brackwasserröhricht,ungenutzt 25 4.3.3 Brackwasserröhricht,Rohrwerbung 27 4.3.4 Salzgrünland 29 4.3.5 Energiepflanzennutzung 32 5 Bewertungsgrundlagen für die Zielzustände 35 5.1 HerangezogeneWerte 35 5.2 ÖkosystemfunktionenvonKüstenüberflutungsräumen 35 5.2.1 Lebensraumfunktionen,BiologischeVielfaltundProzessschutz 35 5.2.1.1 LebensraumfunktionenundBiologischeVielfalt 36 5.2.1.2 Prozessschutz 38 5.2.2 RegulationsfunktionenundUmweltschutz 39 5.2.2.1 LanderhaltdurchTorfbildungoderSedimentation 40 5.2.2.2 FeuchtgebietsundMoorschutz 42 5.2.2.3 Klimaschutz 42 5.2.2.4 Hochwasserschutz 42 5.2.2.5 Gewässerschutz(Nährstoffrückhalt) 43 5.2.2.6 StabilisierungdesGrundwasservorrats 43 5.2.3 VersorgungsfunktionenundLandwirtschaft 44 5.2.3.1 NährstoffzufuhrdurchÜberflutung 44 5.2.3.2 SicherungdauerhafterLandnutzung 44 5.2.3.3 Produktionsfunktionen 45 5.2.4 SoziokulturelleFunktionenundTourismus 45 5.2.4.1 SoziokulturelleFunktionen 46 5.2.4.2 Tourismus 46 5.3 MaßgeblicherechtlicheRahmenbedingungen 47 5.3.1 EuropäischesRecht:FFHRichtlinie,Vogelschutzrichtlinie,Wasserrahmenrichtlinie 47 (WRRL),MeeresstrategieRahmenrichtlinie(MSRL) 5.3.2 Bundesnaturschutzgesetz,NaturschutzausführungsgesetzMV,Nationalparkrecht 49 5.3.3 ZusammenfassungalsBewertungskriterien 51

ILNGreifswald—November2016 4 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Gl.Nr. Abschnitt Seite 6 Bewertung der Zielzustände und Leitbild 53 6.1 BewertungdermöglichenZielzustände 53 6.1.1 BewertungLebensraumfunktionen,BiologischeVielfaltundProzessschutz 54 6.1.2 BewertungRegulationsfunktionenundUmweltschutz 56 6.1.3 BewertungVersorgungsfunktionenundLandwirtschaft 58 6.1.4 BewertungsoziokulturelleFunktionenundTourismus 58 6.1.5 EinbindungdesRechtsrahmens 61 6.2 LeitbildmitdenfavorisiertenZielzuständen 62 6.2.1 ZielzuständemitNaturentwicklung 62 6.2.2 ZielzuständemitlandwirtschaftlicherNutzung 63 6.2.3 VerhältnisderfavorisiertenZielzuständezueinander 64 7 Empfehlungen für die Umsetzung 65 7.1 AnforderungenausSichtderLandwirtschaft 65 7.2 AnforderungenausSichtdesNaturschutzes 67 7.3 Fazit 69 Literaturverzeichnis 71 Verzeichnis der Rechtsnormen 73 Anhang 75 KüstenvogelschutzundPrädatoren 75 Tabellenanhang 77 DiagnostischeArtenkombinationenderPflanzengesellschaften(Bergetal.2004) 87 Kartenteil 93

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 5

Abkürzungsverzeichnis

DHHN92 DeutschesHaupthöhennetz1992.Seit2005dasgültigeamtlicheHöhenbezugssys teminMecklenburgVorpommernmitdemNullpunktNormalhöhennull(NHN)und demBezugspegelAmsterdam.FürdenKüstenschutzwirdallgemeinvereinfachend gesagt,dassderNormalMittelwasserstanddemNHNNiveauentspricht.Dermittle reAbstandzwischendemaltenHN76NullpunktunddemNormalMittelwasserstand anderKüstebeträgt14cm(NMW=HN–0,14m),variiertaberörtlichzwischen8 und14cm,sieheMinisteriumfürLandwirtschaft,UmweltundVerbraucherschutz MecklenburgVorpommern(2009). DieHöhenabweichungdeslokalenMittelwasserskannbisetwa5Zentimeterzum NormalMittelwasserstandbetragen,daherkannkeinexaktereinheitlicherBezug zwischendemdieVegetationbestimmendenlokalenMittelwasserunddemNormal höhennull(NHN)hergestelltwerden.FürjedesGebietmitabweichendemMittelwas sermussderkorrekteHöhenbezugseparatunterAnalysederlangjährigenMessda teneineslokalenBezugspegelshergestelltwerden.

GV Großvieheinheit,sieentspricht500kgLebendgewicht,beiRindernetwaderMasse einerFärse(Mastrasse)odereinerKuh(Milchrasse),beinachAltersstufengemisch temBestandallgemeineinemRind.

HN76 Sog.Höhennormal(HN)imHöhenbezugssystemSNN76.Dieswarbis2005das amtlicheHöhenbezugssysteminMecklenburgVorpommern.DerBezugspegelist Kronstadt.FürdenBereichderSundischenWieseimHotspot29kannnachILN Greifswald(2010)vondergerundetenBeziehungMittelwasserca.–0,1mHN76 ausgegangenwerden(Daten1986–2005).ObdiesauchfürdieanderenKüstenab schnitteimHotspot29undfürneuereDatenreihengilt,kannohneAuswertungder MittelwasserstandsdatenderübrigenKüstenabschnittenichtexaktbestimmtwerden.

HPNV HeutigepotenziellnatürlicheVegetation

IPCC IntergovernmentalPanelonClimateChange http://ipcc.ch/

MW Mittelwasserbzw.mittlererWasserstandineinemMeeresgebiet.Dieseristräumlich undaufgrunddesMeeresspiegelanstiegsauchzeitlichvariabel.DasMittelwasser bezeichnetinderOstseezugleichdieoffizielleUferlinie(Mittelwasserlinie)unddas Seekartennull. DaderMeeresspiegelproJahrdurchschnittlichumetwa3,2mmansteigtundzudem dasMittelwassernichtüberallanderKüstediegleicheHöhezumamtlichenNull punktaufweist,istMittelwasserdiezeitloseundummissverständlicheBezugshöhe, umHöhengrenzendervomSalzwasserbeeinflussteVegetationallgemeingültigan zugeben.AllehierfolgendenAngabenzurVegetationundzuLebensräumenbezie hensichdeshalbaufdiejeweilsaktuelleHöhedeslokalenMittelwassers. DerlokaleMittelwasserstandkannbiszu5ZentimetervonderBezugsgröße Nor- mal-Mittelwasserstand abweichen.DeshalbkannauchderBezugzwischendemdie VegetationbestimmendenlokalenMittelwasserunddenDatendesDHHN92nur durchAuswertungvonDateneineslokalenBezugspegelshergestelltwerden(siehe DHHN92undHN76).

ILNGreifswald—November2016 6 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Abbildungsverzeichnis

Abb.Nr. Abbildungsunterschrift Seite 2.1 SchemaeinesgepoldertenKüstenüberflutungsmoores 10 4.1 ÜbersichtzudenmöglichenZielzuständenmitEinordnungindieHöhenlagezuMit 17 telwasser(MW)undHN(BezugsraumPramort) 4.2 HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaften 18 derKüstenüberflutungsräumeimHotspot29fürdieZielzuständeFlachwasserbucht undBrackwasserröhricht 4.3 HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaften 20 derKüstenüberflutungsräumeimHotspot29fürdenZielzustandSalzgrünland, dessenRegenerationsstadiensowiezumSalzgrünlandgehörendeSonderstandorte 4.4 HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaften 21 derKüstenüberflutungsräumeimHotspot29anPionierstandorten(überwiegendan AußenküstenundinexponiertenBereichenderäußerenBodden) 5.2 ProjektionendesglobalenmittlerenMeeresspiegelanstiegsfürdas21.Jahrhundert 41 Tabellenverzeichnis

Tab.Nr. Tabellenüberschrift Seite 4.1 ÜbersichtdermöglichenZielzustände 22 5.1 Lebensraumfunktionen,BiologischeVielfaltundProzessschutz–Funktionenund 36 Schutzgüter 5.2 RegulationsfunktionenmitUmweltschutzbezug–FunktionenundSchutzgüter 40 5.3 VersorgungsfunktionenunddirekterwirtschaftlicherNutzen 44 5.4 SoziokulturelleFunktionenundTourismus–FunktionenundNutzen 46 6.1 ListedermöglichenZielzuständeausKapitel4 53 6.2 ErhaltungszustandundZukunftsaussichtenvonLebensraumfunktionundBiologi 54 scherVielfaltbeidenimHotspot29GebietbereitsvorkommendenZielzuständen 6.3 BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichLebensraumfunktionen,Biologi 55 scherVielfaltundProzessschutz 6.4 BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichRegulationsfunktionenundUm 57 weltschutz 6.5 BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichihrerVersorgungsfunktionenund 59 derLandwirtschaft 6.6 BewertungdermöglichenZielzuständebezogenaufsoziokulturelleFunktionenund 60 denTourismus 6.7 BeziehungdermöglichenZielzuständezurechtlichenRahmenbedingungen 61 Anhang A1 AuswahlwertgebenderBrutvogelartenundihreBeziehungzudenfavorisierten 77 Zielzuständen A2a AuswahlwertgebenderInsektenartenundihreBeziehungzudenfavorisierten 79 Zielzuständen:Käfer A2b AuswahlwertgebenderInsektenartenundihreBeziehungzudenfavorisierten 80 Zielzuständen:Schmetterlinge A3 PflanzenartendesFlorenschutzkonzeptsMecklenburgVorpommernmiteiner 81 BeziehungzudenfavorisiertenZielzuständen. A4 ArtenanzahlnachKategoriendesFlorenschutzkonzeptesMecklenburgVorpommern 85 indenfavorisiertenZielzuständen

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 7

1 Einleitung

ImProjektgebietdesVerbundvorhabens„SchatzanderKüste“befindensichzahlreichePol derflächen mit ehemaligen Küstenüberflutungsmooren. Viele derFlächenwurdenwährend desletztenJahrhundertseingedeichtunddamiteinerintensiverenBewirtschaftungzugänglich –verbundenmitVerlustvonFunktionenimÖkosystem.EinTeilderheutegepoldertenFlä chen weist noch Struktur oder Florenelemente der ehemaligen Salzwiesen auf. Der fort schreitendeHöhenverlustdurchMoorschwundeinerseitsundderMeeresspiegelanstiegande rerseitsbewirken,dassimmergrößereFlächenanteilederPolderindenBereichunterhalbder Mittelwasserliniegeraten.DasLandMecklenburgVorpommernistgesetzlichgehalten,seine KüstenschutzverpflichtungenaufimZusammenhangbebauteSiedlungenzubeschränken.Der ErhaltvonDeichenunddieAufwendungenfürdenPumpbetriebinPolderflächenaufrein landwirtschaftlich genutzten Flächen sind den Landnutzern zugewiesen. Die Unterhaltung dieserFlächenwirdzunehmendunwirtschaftlicher.EineUmkehrdesTrendsderZersetzung deroberenBodenschichtenistohneoberflächennaheWasserständenichtmöglich.Einerneu tesHöhenwachstumkannnurdurchAusdeichungundZulassenvonÜberflutungmitOstsee wassererreichtwerden.DerVerlustanlandwirtschaftlichnutzbarenFlächenwirdumsogrö ßerausfallen,jespäterausgedeichtwird.DennmitderZeitwerdenzunehmendmehrFlächen sotiefunterderMittelwasserlinieliegen,dassderenkünftigesMitwachsenmitdemMeeres spiegelunwahrscheinlichwird. Aufgrund der gravierenden Umweltprobleme, wie Kohlendioxid und Nährstofffreisetzung ausentwässertenNiedermoorflächenunddennegativenAuswirkungenaufdieArtenvielfalt, hat das Land MecklenburgVorpommern in seiner Biodiversitätsstrategie beschlossen, lan desweitzusätzlich10.000haFlächenmitnatürlichemWasserregimezuentwickeln.Mitdem Verbundprojekt„SchatzanderKüste“sollenimProjektgebiet200haKüstenüberflutungsflä chenwiederhergestelltwerden.ImMittelpunktstehtdabeidieEntwicklungvonSalzgrün land.DieBiodiversitätsstrategieMVgibtdafüreineZielgrößevon2.000habis2020vor.Im RahmendesProjektessolldazueinrelevanterBeitraggeleistetwerden. AlsersterSchrittwurdedafüreinLeitbildmitfavorisiertenZielzuständenerarbeitet.Darin sindbegründeteZielefürNaturschutzundLandnutzungenthalten.DaSalzgrünlandeinbe deutenderZielzustandfürKüstenüberflutungsflächenistunddieserZielzustandeinelandwirt schaftlicheNutzungerfordert,wurdendieAnforderungenandielandwirtschaftlicheNutzung dieserFlächenintegriert.InWorkshopsmitdenNaturschutzbehördenunddemBauernver bandsowiepraktizierendenLandwirtenwurdendieZielzuständediskutiertunderforderliche Rahmenbedingungenherausgearbeitet.

ILNGreifswald—November2016

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 9

2 Aufgaben und Begriffsbestimmung

2.1 Aufgaben

FürvorhandeneundzukünftigeKüstenüberflutungsräume im Hotspot29„Vorpommersche Boddenlandschaft und Rostocker Heide“ war im Rahmen des vom Bundesamt für Natur schutzgefördertenVerbundprojektes„SchatzanderKüste“einLeitbildfürNaturschutzund Landnutzungzuentwickeln.DieErarbeitungdesLeitbildesbildetedenerstenSchritteiner AbfolgevonGutachten,dieinderAuswahlundpraktischenRenaturierungvonca.200Hek tarKüstenüberflutungsflächemündensoll.DasLeitbildistinsofernnochnichtflächenkon kret,daesAussagenüberallevorhandenenundzukünftigenKüstenüberflutungsräumedes Hotspots 29 trifft. Diese Flächenkulisse beinhaltet ca. 15.000 Hektar. Die räumliche Lage dieserFlächenkannderKartenanlage(s.Anhang)entnommenwerden.Ineinernachfolgen den Potenzialanalyse sollen ca. 3.000 Hektar ausgewählt werden, auf denen aufgrund von bereitserhobenenDateneinbesondershoherRenaturierungsbedarfundeineguteRenaturie rungseignungfestgestelltwerden.HieraussollenineinerMachbarkeitsstudiedurchweitere Analysen1.000HektarmitbesondererUmsetzungseignungausgewähltwerden.Füretwafünf dieserPolderflächensollensodannVorplanungenausgearbeitetwerden.Schließlichwerden ca.200HektarPolderflächeausgedeichtundrenaturiert. DasLeitbildsolldieimNaturraumdesHotspots29vorhandenenundnacheventuellerAus deichungkünftigenKüstenüberflutungsräumeundderenEntwicklungspotenzialeineinSys temvonsogenanntenZielzuständeneinsortieren.DieZielzuständewerdensteckbriefartigim Abschnitt4.3beschrieben. ImAnschlusswarendieseZielzuständehinsichtlichwesentlichergesellschaftlicherFunktio nendesNaturschutzesundderLandnutzungzubewerten.DarauswurdenfavorisierteZielzu ständealsLeitbildabgeleitet(Kapitel6).WichtigfürdenProzessderLeitbildentwicklung– alsodieAbleitungvonfavorisiertenZielzuständenausdenmöglichenZielzuständen–sind dieAnalyseundBewertungdereinzelnenAnsprüchevonNaturschutzundLandnutzungan die Flächenbeschaffenheit. Dazu waren Workshops mit Landnutzern und Naturschützern durchzuführenundderenErgebnisseaufzugreifenundsystematischzuintegrieren. DieZielzuständekönnensichanhandvonphysischenFlächeneigenschaftenoderhinsichtlich derlandwirtschaftlichenNutzungunterscheiden.AuchkanndasManagementeinesZielzu standsaufunterschiedlicheSchutzzieleausgerichtetwerden.UmWiederholungenmitVarian tensichkaumunterscheidenderZielzuständezuvermeiden,werdendahermöglicheOptimie rungszieleeinesZielzustandesamEndedesjeweiligenSteckbriefesaufgeführt. 2.2 Begriffsbestimmung

Küstenüberflutungsräume. AlsKüstenüberflutungsräumewerdenhieralleBereicheangese hen,indenendieEigenschaftenderBödensowiederPflanzenundTierweltdurchdenEin flussvonSalzbzw.BrackwasserinfolgeregelmäßigerÜberflutungenbestimmtodermaß geblichbeeinflusstwerden. IndiesenBegriffsindallebestehendenÜberflutungsräumemitOffenlandVegetationbiszu eineroberenHöhenlagevonetwa0,7müberMittelwasser(MW)eingeschlossen.Nachunten wurdeeineHöhengrenzederhierbetrachtetenRäumevon1munterMittelwasserfestgesetzt. Als potenzielle Renaturierungsflächen wurden zudem alle ehemaligen, derzeit noch einge deichtenKüstenüberflutungsräumeindasLeitbildeinbezogen,indenenesaktuellkeinnatür

ILNGreifswald—November2016 10 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt lichesÜberflutungsregimegibt.DiesemeistlandwirtschaftlichgenutztenPolderkönnenge genwärtigauchteilweisemitGehölzenbestandensein. Weitere,gewöhnlichbeimHochwasserschutzbetrachteteRäumebleibenhierunbeachtet.

Exklusive Arten. Arten,derenVorkommensichausschließlichoderzumweitausgrößtenTeil in den Küstenüberflutungsräumen befinden, wurden bei den Beschreibungen als exklusive Arten hervorgehoben und bei der Bewertung besonders berücksichtigt (Gruppe E1 in den TabellenA1undA2desAnhangs).DasKonzeptderexklusivenArtenbestimmterRäume bzw.Habitate(erstmalsbeiMüllerMotzfeldetal.1998)isteinenaturraumbezogeneErgän zungzumKonzeptderRaumbedeutsamkeitvon(regionalen)VorkommengefährdeterArten (MüllerMotzfeldetal.1997). WeitereArten,derenVorkommensichzwarinverschiedenenTeilendesLandesbefinden,die in den Küstenüberflutungsräumen jedoch einen mehr oder weniger ausgeprägten Schwer punktihresVorkommensaufweisen,wurdenebenfallshervorgehobenundbeiderBewertung berücksichtigt(GruppeE2indenTabellenA1undA2desAnhangs). WeitereArten,diebeiderBeschreibungvonZielzuständengenanntsind,wurdennichtindie AnhangTabellenaufgenommen,wennsiekeinerderbeidenvorgenanntenGruppenzugeord netwerdenkonnten. DieKombinationderExklusivitätmitderGefährdungergibtdie wertgebenden Arten .Die GefährdungwirdausdenRotenListenunddemFlorenschutzkonzeptMVabgeleitetundsoll insbesonderedieglobalebzw.nationaleVerantwortungfürdenArtenschutzherausarbeiten.

Abbildung 2.1. SchemaeinesgepoldertenKüstenüberflutungsmoores. DieEntwässerunginnerhalbdesPoldersführtzuMoorschwunddurchbiologischenAbbau undSchrumpfungsprozesse,wodurchsichdieOberflächedesMooressenktundNährstoffe undKohlendioxidfreigesetztwerden.AußerhalbdesPolderssteigtderMeeresspiegelmit derzeitetwa3,2mmproJahran.ZunehmendeAnteilederLandflächesinkenunterdasNi veaudesMeeresspiegels.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 11

2.3 Räumlicher und zeitlicher Bezugsrahmen des Leitbildes

DasLeitbildbeziehtsich räumlich aufKüstenüberflutungsräumeinnerhalbdesHotspots29 „Vorpommersche Boddenlandschaft und Rostocker Heide“. Benachbarte Küstenabschnitte mitdemhöheremSalzgehaltderwestlichenOstseeunddemniedrigerenSalzgehaltimRaum Pommersche Bucht werden hinsichtlich der dortabweichenden Artengemeinschaften nicht vollständigrepräsentiert.GleichwohlsinddiezumLeitbilderhobenenfavorisiertenZielzu stände bezüglich der meisten physischen und biotischen Eigenschaften auf andere Küsten MecklenburgVorpommernsübertragbar. DasLeitbildist zeitlich aufeinelangfristignachhaltigeEntwicklungvonKüstenüberflutungs räumen ausgelegt,esumfasst–denaktuellenMöglichkeiten der Prognose entsprechend – mehrereJahrzehnte.DerMeeresspiegelanstiegerzwingteingenerationenübergreifendesDen ken,wennhiernutzbareLandflächenauchinZukunfterhaltenbleibensollen.DieRenaturie rungvonKüstenüberflutungsräumenerfordertjenachzuentwickelnderVegetationmindes tenseinJahrzehnt,imFallvonSchilfröhrichtenauchdeutlichlänger.AuchfürdiePlanung derLandnutzungsindverlässlicheRahmenbedingungenfürmehralszehnJahrenotwendig.

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OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 13

3 Methodisches Herangehen

AlsLeitbildfürdieKüstenüberflutungsräumeimProjektgebietwurdennaturschutzfachlich wünschenswerteZielzuständehergeleitet,dieimFolgendenalsfavorisierteZielzuständebe zeichnetwerden.DieseErarbeitungderfavorisiertenZielzuständeausdenzuvorbeschriebe nenmöglichenZielzuständenerfolgtein3Schritten: (1) AbgrenzungvonnatürlichenRaumeinheitenanhandähnlicherphysischerEigenschaf ten(Flächengröße,Höhenlage,Relief,Substrateetc.),welchejeweilsdieGrundlage fürmindestenseinenmöglichenZielzustandbilden. DiesenRaumeinheitenwurdediepotenziellnatürlicheVegetationnachAusdeichung sowiediejeweiligenErsatzgesellschaftenunterlandwirtschaftlicherNutzungzugewie sen. DieKombinationenausphysischenRaumeinheitenundNutzungsoptionenbildendie möglichenZielzustände .ZudemergebensichzumTeilweiterenaturschutzfachliche und nutzungsabhängige Optimierungsziele innerhalb einzelner Zielzustände. Diese sindindenSteckbriefenderZielzuständeimAbschnitt4.3beschrieben. (2) Darstellungder Bewertungsgrundlagen ,mitdenenausdenmöglichenZielzuständen diefavorisiertenZielzuständedesLeitbildesentwickeltwurden. AlsBewertungsgrundlagenwurdenallgemeinanerkannteWerteundFunktionendes NaturundUmweltschutzessowiederlandwirtschaftlicheundsoziokulturelleNutzen herangezogen.DiesehieralsÖkosystemfunktionenderKüstenüberflutungsräumebe zeichnetenWerteundFunktionenschließenmethodischvereinfachendnebendentra ditionellbetrachteten,fachlichzugewiesenenÖkosystemfunktionenimengerenSinn (Lebensraumfunktion, Schutzgüter und ihre Wechselwirkungen) auch die durch die menschlicheNutzungaufdieLandschaftwirkendenFaktoren (Landwirtschaft, Tou rismus,Erholung)ein.DiebetrachtetenÖkosystemfunktionenwurdenwiefolgtin4 Gruppensystematisiert: – Lebensraumfunktionen,biologischeVielfaltundProzessschutz – RegulationsfunktionenundUmweltschutz – VersorgungsfunktionenundLandwirtschaft – SoziokulturelleFunktionenundTourismus. DieErfassungderwesentlichenÖkosystemfunktionenerfolgteunterEinbeziehungder Naturschutzbehörden und von Landwirtschaftsvertretern, um ein vollständiges und ausgewogenesBildzuerhalten.DieeinzelnenÖkosystemfunktionenwerdenkurzin ihrerWirkungsweisebeschrieben(Abschnitt5.2).Dadurchkannihrjeweiligergesell schaftlicherNutzenzurnachfolgendenBegründungderfavorisiertenZielzuständehe rangezogenwerden.ErgänzendwirdderNaturschutzrechtsrahmendargestelltundin dieBewertungeingebracht(Abschnitt5.3). (3) GewichtungderBewertungsgrundlagenundAbleitungder favorisierte n Zielzustände desLeitbildes. UnterBerücksichtigungderteilweiseunterschiedlichenAnsprücheundInteressenvon LandnutzungundNaturschutz–aberauchinnerhalbdieserbeidenGruppen–wurden diejeweiligenwertsetzendenBedingungenaufgenommen,diskutiertundabgewogen (Abschnitt 6.1). Hierzu fanden mehrere Workshopsmit Vertretern von Naturschutz undLandnutzungstatt. SoweitableitbarodervonWorkshopteilnehmerneingebracht,wurdenHinweisezuden erforderlichenRahmenbedingungenfürdieUmsetzungdesLeitbildesformuliert.Im

ILNGreifswald—November2016 14 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Ergebnis dieser Schritte stehen aus der Gewichtung der einzelnen Ökosystemfunk tionenabgeleitetefavorisierteZielzustände. DieErarbeitungdesLeitbildeserfolgteprimäranhandderKenntnissederBearbeiterzuden naturräumlichenGegebenheitenimHotspot29Projektgebiet.Insbesonderedasmitweiteren Konsultationspartnern2009bis2010erarbeitete„RenaturierungskonzeptSundischeWiese“ (ILNGreifswald2010)unddessenGeodatenbotenhierfüreinegeeigneteBasis.Zuoffenen FragenwurdeergänzendLiteraturrecherchiertundeswurdenweitereFachleutefürbestimm teArtengruppenundLandnutzungsformenkonsultiert.StichprobenartigwurdenauchGeoda ten des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie MecklenburgVorpommern (LUNG)unddieaktuellePlanungdesWasserundSchifffahrtsamtesStralsund(WSA)zur Werregenutzt,umdieBeschreibungderabstrahiertenZielzuständezupräzisieren.Eineum fassendeÜberprüfungderZielzuständeanhandeinerBestandsaufnahmedertatsächlichvor handenenKüstenüberflutungsräumeimHotspot29ProjektgebietwarnichtTeildesAuftrags (vgl.Kapitel2Aufgaben). MethodenundInhaltedesLeitbildeswurdenindenWorkshops mit Vertretern der Natur schutzbehördenundverbändesowiemitLandwirtschaftsvertreterndiskutiertunddabeivor gebrachtePositionenundHinweisewährenddesBearbeitungsprozessesaufgegriffen.Diese wurdenabgewogenundeingearbeitet.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 15

4 Beschreibung der möglichen Zielzustände

DiemöglichenZielzuständewerdenhierinzweiGruppenunterteilt:ZielzuständeunterNa turentwicklungundZielzuständeunterlandwirtschaftlicherNutzung. 4.1 Zielzustände mit Naturentwicklung

DiebeidenmöglichenZielzustände mitNaturentwicklungleitensichausdenphysischenFlä cheneigenschaftenundderheutigenpotenziellnatürlichenVegetation(HPNV)ab(siehedazu dieAbbildungen4.1und4.2sowieTabelle4.1).DieAbleitungderHPNVfürdiemöglichen MaßnahmeflächendesHotspot29GebieteswurdeaufderGrundlagevonBergetal.(2004) vorgenommen.FürdieRegenerationsstadiendesSalzgrünlandesunddiebrackwasserbeein flusstenStaudenflurenwurdenergänzendVegetationseinheitenausderBiotopkartieranleitung MecklenburgVorpommern(LUNG2013)eingefügt.AuseigenenKartierungenaufwieder vernässtenSalzgrünlandflächenimBereichdesGreifswalderBoddens(KarrendorferWiesen, Zieseniederung) wurden die Vegetationseinheiten „KrähenfußLaugenblumenPionierflur“ und„UferseggenriedmitBrackwasserröhrichtArten“ergänzt. 1 DieKartederHPNVMecklenburgVorpommernsnachWeinaugeundKiphuth(2003)konnte für Aussagen zur Vegetationsentwicklung auf den Maßnahmeflächen des Hotspot29 Gebietesnichtgenutztwerden,dasiediepotenziellnatürlicheVegetationunterdembeiBe arbeitungbestehendengeschlossenenDeichsystemdarstellt.Deshalblassensichfürdieein gedeichtenFlächenkeineAngabenzurnatürlichenVegetationnacheinerAusdeichungüber nehmen.ZudemistdieMaßstabsebenevon1:50.000derHPNVfürdieKüstenüberflutungs räumezugrob,umflächenscharfeAussagentreffenzukönnen. FürdasHotspot29GebietunddiebetrachtetenHöhenlagenzwischen70cmüberMittelwas ser und 1m unter Mittelwasser wurden insgesamt 24 Vegetationseinheiten unterschieden (sieheAbbildungen4.2bis4.4).DieEinordnungderVegetationseinheitenindasÖkogramm erfolgteunterEinbeziehungderParameterHöhenstufe,SubstratundNährstoffstatus.Fürdie BereicheunterschiedlicherSalinität 2(Darß,HiddenseeundWestrügenmiteinemSalzgehalt von8bis10‰=βmesohalinundDarßZingsterBoddenkettemiteinemSalzgehaltbis3‰ =oligohalin)konntenanhandvonBergetal.(2004)undimUnterschiedzuJeschke(1987) keine prinzipiell unterschiedlichen Vegetationstypen herausgearbeitet werden. Allerdings kommenQuellerfluren,SalzpionierrasenundAndelrasenhiernuranstärkersalzbeeinflussten Standorten,wiebspw.imBereichvonPrielenundRötenvor. ZusätzlichzurEinschätzungderVegetationsentwicklungsollteeinAbgleichderZielzustände Brackwasserröhricht und Salzgrünland gegenüber sich potenziell bewaldenden Standorten vorgenommenwerden.DazuexistierennachgegenwärtigemKenntnisstandkeinebelastbaren Datengrundlagen in MecklenburgVorpommern, die Aussagen darüber liefern, ab welcher HöhenstufeundwelchemSalzgehaltKüstenüberflutungsräumeprinzipiellWaldstandortesind oderwerdenkönnen(Wirnermdl.2015). Ellenbergetal.(1991)führtinseinenZeigerwertendieErlealssalzresistentesteArtdermit teleuropäischenBaumartenmiteinerSalzzahlvon1(salzertragend)aufunddemergänzenden Hinweis,dassinKüstennähewohlauchdieSalzzahl 2 (oligohalin, Salzgehalt bis 3,0 ‰) 1 DieKrähenfußLaugenblumeisteinNeophytausSüdafrika,derseitden1990erJahrenimBereichder DarßZingsterBoddenketteunddesGreifswalderBoddensauftrittundinderLageist,temporärwasser führende,salzbeeinflusstePionierstandortedesSalzgrünlandesinMassenvorkommenzubesiedeln. 2 Oberflächenwasser(0bis2mWassertiefe).

ILNGreifswald—November2016 16 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt erreicht werden kann. 3 Inwieweit dieErletatsächlichsalzertragendist, istaberauchunter Fachleutenumstritten(Koskamündl.2015).ErlenvorkommenanderKüstestockenhäufig aufFlächen,dievomGrundwasser(Süßwasser)durchströmtwerden,oderaufGrundwasser Kissen aus Regenwasserspeisung. Das Aufkommen der Erle ist zudem von weiteren Aus gangsbedingungenabhängig:EsmussoffenerBodenzumAuflaufenderSamenvorkommen, einBultenreliefkannvonVorteilfürdasAuskeimenseinundinderNähederFlächemüssen sichSamenproduzierendeErlenbefinden,vondenenauseineBesiedlungfortschreitenkann. DaderErlensamensichauchschwimmendüberweiteStreckenausbreitenkann,könnenEr lensäumeannahegelegenenGräbenfürdieVerbreitunginFragekommen.DieErleistan wechselndeWasserständeangepasst.EinendauerhaftenÜberstauwährendderVegetationspe riodeerträgtsieallerdingsnicht.AuchdürftewinterlicheÜberflutungmitstarkemEisgang eineBesiedlungmitErlenverhindern. FürandereBaumundStraucharten(SandBirke,MoorBirke,GemeineKiefer,Grauweide undSanddorn)gibtEllenbergetal.(1992)dieSalzzahl0(nichtsalzertragend)an.DieVege tationsaufnahmeninBergetal.(2004)belegenaberbspw.einVorkommenderGemeinen KieferinKüstenmastkrautLöffelkrautSalzpionierrasen. ImoligohalinenBereichinderZonezwischenMittelundHochwasserlinie(oberesGeolito ral)kannimErgebniseinAufkommenvonErlen(undggf.anderenGehölzen)nichtgrund sätzlichausgeschlossenwerden(s.Abb.4.2).HabensichstabileBrackwasserröhrichteetab liertoderwirddasSalzgrünlandinentsprechenderBesatzstärkebeweidet,habenErlenund andereBaumartennuranSonderstandorteneineChance.FlächenscharfeAussagenkönnen indesnurdurchgenaueStandortuntersuchungengetroffenwerden. 4 UnterNaturentwicklungsinddemnachzweiZielzuständemöglich: − Flachwasserbucht(s.Abschnitt4.3.1), − Brackwasserröhricht,ungenutzt(s.Abschnitt4.3.2).

3 Ellenbergetal.(1991):S1=salzertragend(meistaufsalzarmenbis–freienBöden,gelegentlichaberauf salzhaltigen Böden vorkommend (0–0,1 % Cl –)); S2 = oligohalin (öfter auf Böden mit sehr geringem Chloridgehaltvorkommend(0,05–0,3%Cl –)). 4 EineAbfragenachdemAufkommenvonGehölzeninaufgelassenenundverschilftenFeuchtgrünlandflä chenaufderGrundlagenvonDatendeserstenDurchgangsderlandesweitenBiotopkartierungergabfür denHotspot29insgesamt7Treffer,darunterFlächenaufHiddensee,UmmanzunddemZingst.Dieange gebenenGehölzewarenErle,BirkeundWeide.WeiterestandörtlicheAussagenzuderenWuchsortenund zuderenDeckungsanteilensindaufgrundderdazufehlendenInformationnichtmöglich.

OSTSEESTIFTUNG

Abbildung 4.1. ÜbersichtzudenmöglichenZielzuständenmitEinordnungindieHöhenlagezuMittelwasser(MW)sowiezuHNundNHN(Bezug:Pramort, Datenreihen1986–2005,ILNGreifswald2010).FlächenmithelleremFarbtonstehenfürdieVegetationinÜbergangsbereichenundaufSonderstandorten.

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LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume ILNGreifswald—November2016 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume

ILNGreifswald—November2016 18

Abbildung 4.2. HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaftenderKüstenüberflutungsräumeimHotspot29 fürdieZielzuständeFlachwasserbuchtundBrackwasserröhricht(ungenutztundgenutztgleich). FlächenmithelleremFarbtonstehenfürmöglicheAusbildungsformenderVegetationinÜbergangsbereichenundaufSonderstandorten.

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4.2 Zielzustände mit landwirtschaftlicher Nutzung

DiedreimöglichenZielzustände mitlandwirtschaftlicherNutzungleitensichausdenphysi schen Flächeneigenschaften und den nutzungsbedingten Ersatzgesellschaften der heutigen potenziellnatürlichenVegetationab(siehedazudieAbbildungen4.1bis4.4sowieTabelle 4.1). LandwirtschaftlicheNutzungwirddabeiweitgefasstundschließtalleArtenvonWeideund SchnittnutzungunabhängigvonderspäterenVerwertungdesMähgutesein(stofflicheNut zungalsSchilfrohr,energetischeNutzungsowieFutteroderEinstreunutzung). Folgende ZielzuständemitlandwirtschaftlicherNutzungsinddemnachmöglichundlassen sichgruppiertindreiZielzuständenzusammenfassen: − Brackwasserröhricht,Rohrwerbung(s.Abschnitt4.3.3), − Salzgrünland(s.Abschnitt4.3.4)und − Energiepflanzennutzung(s.Abschnitt4.3.5). Zwischen den Zielzuständen Brackwasserröhricht, Rohrwerbung und Energiepflanzennut zung,UntergruppeWintermahdgibtes,unterderVoraussetzung,dasskeinegezielteAnsaat erfolgt,erstinhöherenLagen>0,5mrelevanteUnterschiedeinderZusammensetzungder Pflanzengesellschaften.DiebotanischeArtenausstattungderBrackwasserröhrichtebeiWin termahdunterscheidetsichnichtwesentlichvomZielzustandBrackwasserröhricht,ungenutzt (s.Abbildung4.2). Im Zielzustand Energiepflanzennutzung, Untergruppe Sommermahd ist hingegen mit einer VerschiebungderArtenzusammensetzungzugunstenderErsatzgesellschaftendesSalzgrün landesbeiZurückdrängungderRöhrichtartenzurechnen. DieVegetationseinheitenderSalzbinsenrasensindaneineBeweidunggebundenundcharak terisierendenZielzustandSalzgrünland.FürdieBeweidungwirddabeivoneinerBesatzstär kevon<1,5GV/haausgegangen.FürdieExistenzderSalzschwadenrasenimBereichder südlichenOstseescheintimGegensatzzudenSalzbinsenrasennachBergetal.(2004)eine BeweidungdurchNutztierekeinenotwendigeBedingungzusein.Vermutlichhandeltessich hierumStandorte,diedurchWellenschlagunddenWeideeinflussvonEntenvögeln(Gänse, Schwäne)natürlichoffengehaltenwerden.FürandereVegetationseinheiten(z.B.dasMeer binsenried)kanneineschwacheoderperiodischeBeweidungförderlichsein. AllenutzungsabhängigenZielzuständesinddadurchgekennzeichnet,dasseineheuteübliche landwirtschaftliche Nutzung auf Küstenüberflutungsflächen mit natürlichem Wasserregime nureingeschränktbzw.mitvergleichsweisehöheren Aufwendungen möglich ist.Entschei dendeFaktorensinddabeidasdifferenzierteMikroreliefmitSenken,RötenundPrielen,der Anteil und die Mächtigkeit organischer Böden (Torfe) und die damit verbundene einge schränkteBefahrbarkeit.HäufigistderEinsatzvonSpezialtechnikfüreineSchnittnutzung undBeräumungerforderlich.InAbhängigkeitvongeeignetenZeitenderBefahrbarkeitkön nensichjährlichsuboptimaleunddeutlichunterscheidendeQualitätenundNutzungsoptionen fürdasMähgutergeben. FüreineBeweidungimZielzustandSalzgrünlandkönnenNutzungserschwernissedurcheine ungünstige, feingliedrige Flächengeometrie, fehlende höher gelegene Rückzugsräume im Hochwasserfall und einen höheren Aufwand für die Tiergesundheit auftreten. Vorteilhaft können die zeitliche Spreizung des Futteraufwuchses gegenüber höher gelegenen Grün landstandorten und eine i.d.R. bessere Mineralstoffversorgung des Weideviehs in den brackwasserbeeinflussten,salzhaltigenBereichensein.

ILNGreifswald—Novem ber 2016 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 20 ILNGreifswald—November2016

Abbildung 4.3. HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaftenderKüstenüberflutungsräumeimHotspot29 fürdenZielzustandSalzgrünland,dessenRegenerationsstadiensowiezumSalzgrünlandgehörendeSonderstandorte. FlächenmithelleremFarbtonstehenfürmöglicheAusbildungsformenderVegetationinÜbergangsbereichen(zeitlichbzw.räumlich)undaufSonderstandorten.

Abbildung 4.4. HeutigepotenziellnatürlicheVegetationundnutzungsbedingteErsatzgesellschaftenderKüstenüberflutungsräume imHotspot29anPionierstandorten(überwiegendanAußenküstenundinexponiertenBereichenderäußerenBodden). DerhellereFarbtonderFlächenstehtfürAusbildungsformenderVegetationinÜbergangsbereichenundaufSonderstandorten. 21

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4.3 Steckbriefe der möglichen Zielzustände

Tabelle 4.1. ÜbersichtdermöglichenZielzustände.

Nr. Nutzung Zielzustand Produkte

1 keine Flachwasserbucht keine,[Fisch]

2 keine Brackwasserröhricht,ungenutzt keine

3 Mahd Brackwasserröhricht,MahdzurRohrwerbung Schilfrohr

4 Weide,Mahd Salzgrünland Fleisch

5 Mahd Energiepflanzennutzung Energie,Biomasse

Tabelle4.1stelltdiemöglichenZielzuständedar,dienachfolgendindenSteckbriefenbe schriebenwerden.DieSteckbriefeenthaltenjeweilsAussagenzufünfThemenfeldern: − KurzbeschreibungdesZielzustands − EntstehungundhistorischeNutzung − LandschaftsbezuginHinblickaufdieHöhenlageundwesentlicheFlächeneigenschaften − ErfordernissefüreineRenaturierung − SchutzwirkungfüreinzelneArtengruppen(Pflanzen,Fische,Insekten,Vögel). ArtenlistenderfürdieZielzuständetypischenundbedrohten,wertgebendenArtensindim Anhangzusammengestellt.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 23

4.3.1 Zielzustand Flachwasserbucht

Beschreibung. Hierunterwerdenflache,ufernaheBereichederBoddenverstanden,dieindenmeisten FällenalsBuchten(Wieken)ausgebildetsind.BeiderbetrachtetenWassertiefebiszu1mkönnendiese BereichebeientsprechendenWetterlagengelegentlichganzoderteilweisetrockenfallen.DieExposition zuSeegangundStrömungenistrelativgering.DieseWassertiefensindüberwiegenddurchlichtet,so könnenArmleuchteralgenundandereGroßalgenartensowiehöherePflanzenartenwachsen.Gegen wärtigbestehteinezuhoheNährstoffbelastungdurchhistorischeundaktuelleNährstoffeinträge.Da durchwachsenverstärktMikroalgen,welcheeinEindringendesSonnenlichtesbiszumGewässergrund verhindernkönnen.DieseBereichesinddannfürvieleHöhereWasserpflanzenundGroßalgenarten nichtmehrzubesiedeln.ZugehörigzumLebensraumsindBrackwasserRöhrichte(Schilf,Binsen,Seg genundSimsenArten)inflacherenBereichenundamUfersowiederSpülsaum. DieaktuelleNutzungderflachenBuchtenerfolgtvorallemdurchdieFischerei(einschl.Reproduktion derFischbestände)undverschiedeneFreizeitaktivitätenwieAngeln,WassersportundBootstourismus.

Foto: Sylvia Thiele Entstehung, historische Nutzung. DieGewässersinddurcheiszeitlicheundnacheiszeitlicheProzesse (z.B.Gletscherzungenbecken,Küstenausgleichsprozesse)entstanden.DienacheiszeitlichenEntwick lungenwarenundsindstarkvommittlerenWasserstandderOstseeabhängig. SeitdermenschlichenBesiedlungwurdensiezurFischereiundvermutlichauchzumFangvonWasser vögelngenutzt.SeitdemBeginndes20.JahrhundertswurdeeinTeilderflacherenWiekeneingedeicht, derGrundwasserstandmitSchöpfwerkenunterdenMeeresspiegelabgesenkt,umsielandwirtschaftlich zunutzen. Landschaftsbezug – Höhenlage. DielandseitigeGrenzedereigentlichenGewässerwirddurchdie Mittelwasserliniegebildet.Höhenbereiche≥–0,25müberMWwerdenmeistvonBrackwasserRöhrich teneingenommen.Höhenbereiche<–0,25müberMWbildenoffeneWasserflächen.Beifunktionellen Betrachtungen(z.B.HabitatfunktionfürbestimmteTierarten)werdenauspraktischenGründenschmale Ufersäume(Röhricht,Strand,Strandwall,Primärdüne)einbezogen.

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AufheuteeingedeichtenFlächenkannderDeichdentieferen,oftalsGewässererhaltenenTeilvom entwässertenflacherenTeilabtrennenoderdieseneinschließen.AufFlächenmitTorfenundorgani schenMuddenkamesdurchMineralisationzuSackungen,welchebisheuteandauern,sofernReste organischenSubstratsvorhandensind.TeilflächenkönnenheutetieferalszurZeitderEindeichung liegen;derHöhenverlustkannmehrereDezimeterbetragen.DietieferenBereicheliegenheutemeistauf Höhenum–0,3mbis–0,5mzuMW,dietiefstenBereichekönnenbiszu–1merreichen,nurpunktuell kommengrößereTiefenvor(meistalsGewässerrest).AufschüttungenfürDeichundWegebauliegen heutehingegenaufeinemhöherenNiveaualsfrüher(z.T.auchGrabenaushub),diesekönntennach AusdeichungüberMittelwasserliegen. Landschaftsbezug – Flächeneigenschaften. Eshandeltsichumetwa25bis500hagroßeFlächen. AlsSubstratekönnenSteine,Sande,Lehm,Mergel,TorfeundMuddenvorkommen. Renaturierung. EingedeichteundentwässerteFlächenwerdenheutehäufigalsGrünlandgenutzt.Für dieRenaturierungreichtesimWesentlichenaus,denDeichzurückzubauen.DerRückbauvonweiteren linearenAufschüttungenkannnotwendigsein,wenndiesesonstTeilflächendauerhaftabtrennenoder natürlicheStrömungenbehindernwürden.Sinnvollistes,durchNährstoffentzug(keineDüngung,Mahd) dieFlächenzuvoreinigeJahreauszuhagern,umdieNährstoffbelastungfürdasBoddensystemdurch dieabsterbendeVegetationimJahrnachderAusdeichungzuverringern.DieRückbesiedlungdurch PflanzenundTierartengeschiehtverlässlichinnerhalbkurzerZeitnachAusdeichungundbenötigtkeine zusätzlichenMaßnahmen. Schutzwirkung für Pflanzenarten DasFlachwasserundderUferbereichsindLebensräumeeinerReihevonPflanzenartendesFloren schutzkonzeptesMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006)undderGefährdungskategorien1,2 und3derRotenListedergefährdetenHöherenPflanzenMecklenburgVorpommerns(Voigtländer& Henker2005).FürdiesemüssenzumindestTeilflächenvorBeeinträchtigungengeschütztwerden. Typische Arten. Armleuchteralgen (mehrere Arten), Fadenbüschel- und schlauchförmige Grünalgen, Baudot-Wasser-Hahnenfuß (FSK), Kamm-Laichkraut, Sumpf-Teichfaden sowie Arten der Brackwasser- röhrichte (siehe Artenlisten im Anhang). Exklusive Arten. Baltischer Europäischer Meersenf (FSK), Strand-Salde (FSK), Meeres-Salde (FSK). Schutzwirkung für Fischarten (inkl. Rundmäuler) .FürfolgendeFischartenundRundmäulerderFFH RichtliniesinddieBoddenunddasRecknitzÄstuarLebensraum:Lachs,Ostseeschnäpel,Schlamm peitzger,Steinbeißer,Flussneunauge.NichtinderFFHRichtliniegeführteArten,wieRotfeder,Moder lieschenundBarsche,laichenzudemindenflachstenBereichenanSchilf.RöhrichteimFlachwasser solltendaherauchbeiPflegemaßnahmennichtinderLaichzeit(MärzbisJuli)gemähtwerden.

Schutzwirkung für Vogelarten. FürKüstenvogelartenbringteineWiederherstellungvonFlachwasser buchteneinenerheblichenGewinnfürdenErhaltderArtenvielfalt. Brutvogelarten. FürdasVorkommenvonBrutvogelartensinddieHabitateigenschaftenderUferzonevon großerBedeutung.EinigederrastendenZugvogelartensindzugleichregelmäßigeBrutvögelanden Flachwasserbuchten.HabenbestimmteArtenihrenBrutplatznichtunmittelbaramGewässer,sokönnen dieGewässeralsNahrungsgebietessentiellerBestandteilderBrutrevieresein(z.B.Graureiher,Kormo ran,Seeadler). Typische Brutvogelarten. Höckerschwan, Graugans, Stockente, Tafelente, Gänsesäger, Teichrohr- sänger, Drosselrohrsänger Exklusive Brutvogelarten. Brandgans, Mittelsäger, Austernfischer, Sandregenpfeifer (siehe auch Artenlisten im Anhang) Rastgebietsfunktion für Zugvogelarten. DieRastgebietsfunktionflacher,geschützterKüstengewässer (überwiegendWieken)umfasstvorallem: – NahrungsundRuhegewässerfürSchwäne(bes.Höckerschwan),Schwimmentenarten,Tauch entenarten(bes.Tafel,ReiherundSchellente),SägersowieRallen, – Ruhegewässer(Schlafplatz)vonSchwänen(bes.Singschwan,tw.Zwergschwan),Gänsen,Tauch enten(bes.Bergente,tw.Reiherente)sowievonKranichen, – NahrungshabitatfürLappentaucher,Reiher,Kormoran,mehrereGreifvogelartensowieWatvögel, MöwenundSeeschwalben.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 25

4.3.2 Zielzustand Brackwasserröhricht, ungenutzt

Beschreibung. BrackwasserröhrichteausSchilf,BinsenundSimsenArtenbildendienatürlicheVege tationimÜberflutungsundVerlandungsbereichderBoddengewässersowieindennichtvonstarkem SeegangundMaterialumlagerungenbetroffenenTeilendesÜberflutungsbereichsderAußenküsteder Ostsee.IhreVerbreitungentlangderKüstenwirddurchStressfaktoren,wieWellenschlag,Erosionund Treibgut(insb.Grünalgenmatten)bestimmt,welchedieRöhrichteschädigenkönnen.Torfbildungund SedimentationführenzurVerlandungvonFlachwasserbereichen.ImoberenÜberflutungsbereichgehen BrackwasserröhrichteinHochstaudenflurenundWeidengebüscheüber.DieHöhengrenze,abdersich natürlicherweiseWälderanschließen,hängtaußervomSalzeinflussvomGrundwasserstromundEis gangab.DaSchilfvomSalzeinflussweitgehendunabhängigist,bestimmtderSalzgehaltdesWassers vorallemdiedemSchilfbeigemischtenPflanzenarten.

Foto: Frithjof Erdmann Entstehung, historische Nutzung. BrackwasserröhrichtebesiedelndiedurchdieKüstendynamikneu entstehendenSandundSchlickflächen.EinzigHartbödenkönnennichtbesiedeltwerden.ImLaufeder ZeitbildetendieBrackwasserröhrichteKüstenüberflutungsmoore,derenOberflächeMeeresspiegelver änderungeninbegrenztemUmfangfolgenkann.DiemitdermenschlichenBesiedlungzunehmende sommerlicheNutzungalsWeideoderWieseführtezurgroßflächigenUmwandlunginSalzgrünland.Die NutzungvonSchilfalsBaustoffistebenfallsengmitderBesiedlungverbundenundlangetradiert. Landschaftsbezug – Höhenlage. BrackwasserröhrichtefindensichinHöhenlagenzwischen–0,5m und0,5mzumMW.RöhrichteaufBödenunterhalbdesMittelwasserswerdenalsWasserRöhrichte, oberhalbdesMittelwassersalsLandRöhrichtebezeichnet.Zwischen0,5mund0,7müberMWschlie ßensichbrackwasserbeeinflussteHochstaudenflurenan,indieuntergewissenBedingungenauchGe hölzeeinwandernkönnen.SchließensichoberhalbNiedermooreanoderistderStressdurchHochwas serundEisganghoch,kannsichSchilfauchbisinHöhenum1müberMWausbreiten.Dielangfristigzu erwartendeHäufungvonmildenWinternkönntedazuführen,dassGehölzezukünftigauchtiefereLagen besiedeln,daseltenerextremeEislagenauftretenwerden. Landschaftsbezug – Flächeneigenschaften. AlleimHotspot29vorherrschendenWeichSubstrate (Sand,Schlick,Torfe,Mudden,verwitterterMergel)könnenbesiedeltwerden.Danichtbesiedelbare Hartsubstrate,wiegroßeSteine,KreideundunverwitterterGeschiebemergel,hierkeinegroßenFlächen einnehmen,bestehenhinsichtlichderBödenkaumEinschränkungen.EntscheidendisteinegegenSee ganghinreichendgeschützteLage.

ILNGreifswald—November2016 26 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Renaturierung. FürdieWiederherstellungvonBrackwasserröhrichtenausgepoldertenFlächensindvor allemdauerhaftmittelwassernaheWasserständeunddieAufgabederGrünlandnutzungerforderlich. DazuwerdenzudemeinteilweiserDeichrückbau,GrabenverfüllungundWiederherstellungdesPrielsys temsnotwendigsein.HochwasserereignissebewirkendurchÜberflutungundSalzeinflussdenUmbau vonGrünlandvegetationzuBrackwasserröhrichten.WieschnellderUmbauabläuft,hängtvonderHäu figkeit,denZeitpunktenundderStärkederSturmhochwassernachdemDeichrückbauab.Schilfbenö tigtfüreineKeimungsehrspezielleBedingungen.Sinddiesenichtgegeben,könnendieFlächennur sehrlangsamüberAusläuferbesiedeltwerden.DaherläuftdieEntwicklungderVegetationhäufigzu nächstüberPionierstadien,wieFlutrasen,SeggenRiedeoderreineBinsenundSimsenRöhrichteab. DerMeeresspiegelanstiegbewirkteinefortwährendeAbnahmederindenPoldernverfügbarenFlächen anteilemitgeeignetenHöhenlagenzurWiederherstellungvonBrackwasserröhrichten.Einenzusätzli chenFlächenverlustbewirktaufentwässertemKüstenüberflutungsmoorderjährlichfortschreitendeHö henverlustdurchTorfmineralisierung.FürHöhenlagenbiszueinerTiefevonetwa≥–0,1mzuMWkann angenommenwerden,dassdieseimHöhenzuwachsdurchTorfbildungundSedimentationmitdem Meeresspiegelanstiegmithaltenkönnen.FürtieferliegendeFlächenerscheintdiesaufgrunddergerin gerenProduktivitätdertorfbildendenVegetationunwahrscheinlich(s.Abschnitt5.2.2). Schutzwirkung für Pflanzenarten. InsbesonderederUferbereichderRöhrichteistLebensraumeiner ReihevonPflanzenartendesFlorenschutzkonzeptesMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006). FürdiesemüssenzumindestTeilflächenvorBeeinträchtigungengeschütztwerden. Typische Arten: Gewöhnliches Schilf, Gewöhnliche Strandsimse, Salz-Teichsimse, Strand-Aster, Was- ser-Minze, Weißes Straußgras. Exklusive Arten: Ostsee-Vergissmeinnicht (FSK), Echter Sellerie (RL2, FSK), Wenigblütige Sumpfsimse (RL2, FSK), Salz-Breit-Wegerich (FSK), Wiesen-Pferdesaat (FSK), Salzbunge (V, FSK). Schutzwirkung für Insektenarten .MehrereInsektenartenhabensichaufdenLebensraumRöhrichte spezialisiert,z.B.derUferLaufkäfer Carabus clatratus ,dieAhlenLäufer Bembidion fumigatum und B. transparens ,derWickler(Kleinschmetterling) Bactra robustana sowiedieSchilfeulenart Chortodes brevi- linea .

Schutzwirkung für Fischarten (inkl. Rundmäulern) .FürfolgendeFischartenundRundmäulerderFFH RichtlinieistdervorwiegendvonRöhrichtenbewachseneUferbereichderBoddenunddesRecknitz ÄstuarsTeilihresLebensraums:Schlammpeitzger,SteinbeißerundFlussneunauge.Weitere,nichtin derFFHRichtliniegeführteArten,wieRotfeder,ModerlieschenundBarschelaichenamSchilfderUfer zonen.AusreichendlangeUferabschnittesindvorBeeinträchtigungenzuschützen.

Schutzwirkung für Vogelarten. FürKüstenvogelartenbringteineWiederherstellungvonRöhrichtenim VergleichzuintensiverlandwirtschaftlicherNutzungeinenerheblichenGewinnfürdenErhaltderArten vielfalt.ImVergleichzuanderennatürlichenodernaturnahenKüstenlebensräumenistdieserEffektje dochgering,wennessichumLandRöhrichtehandelt(HöhenlageüberMW).FürdasOptimierungsziel Schutz von Vogelarten sindinsbesondereRöhrichtegeeignet,dieauchimSommerhalbjahrregelmäßig WasserständeüberFluraufweisen(WasserRöhrichte).ExklusiveKüstenvogelartentretenindenRöh richtenjedochsehrseltenauf.DieEntwicklungvonBrackwasserröhrichtendientdeshalbnurinbegrenz temUmfangderOptimierungvonKüstenvogelhabitaten. Brutvogelarten. WasserRöhrichteweisendengrößtenArtenreichtumanBrutvögelnauf(Rohrdommel, Höckerschwan,Graugans,Schnatter,Stock,Knäk,TafelundReiherente,Rohrweihe,Kranich,Was serralle,Teich,DrosselundSchilfrohrsänger,Rohrschwirl,BartmeiseundRohrammer,häufigderKu ckuck),außerdemderschmaleRöhrichtsaumentlangderUfer(diegleichenArten,beihöheremAnteil vonEnten,außerdemHaubentaucherundBlesshuhn).AlleübrigenRöhrichtewerdeni.d.R.vonnur wenigenArtenbesiedelt(SchilfundTeichrohrsänger,Rohrammer,zuweilennochBartmeiseund Rohrschwirl,weitereArtennurbeimHinzutretenandererLandschaftselemente).DerBruterfolgboden brütenderVögeliststarkvomPrädationsdruckabhängig,dazufindensichErläuterungenimAnhang. Rastgebietsfunktion für Zugvogelarten. DieRastgebietsfunktionausgedehnterRöhrichteistfürdiemeis tenKüstenvogelartenrelativgering.AndersistdasamSaumzumGewässer,dieserhatgrößereBedeu tungfürzahlreicheArten(Reiher,Entenarten,Rallen,Rohrsänger).Röhrichtewerdendarüberhinaus vonweiterenVogelartengernalsSchlafstättengenutzt(z.B.Star,Schwalbenarten,Schafstelze).

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 27

4.3.3 Zielzustand Brackwasserröhricht, Mahd zur Rohrwerbung

Beschreibung. BrackwasserröhrichteausSchilf,BinsenundSimsenArtenbildendienatürlicheVege tationimÜberflutungsbereichderOstseeundimÜberflutungsundVerlandungsbereichderBoddenge wässer.IhreVerbreitungentlangderKüstenwirddurchStressfaktoren,wieWellenschlag,Erosion,Eis schurundTreibgut(u.a.Grünalgenmatten)bestimmt,welchedieRöhrichteschädigenkönnen.Torfbil dungundSedimentationführenzurVerlandungvonFlachwasserbereichen.ImoberenÜberflutungsbe reichgehenBrackwasserröhrichteinHochstaudenflurenundWeidengebüscheüber.DieHöhengrenze, abdersichnatürlicherweiseWälderanschließen,hängtmitvomGrundwasserstromundEisgangab.Da SchilfvomSalzgehaltdesWassersweitgehendunabhängigist,bestimmtderSalzgehaltvorallemdie demSchilfbeigemischtenPflanzenarten. WinterlicheMahdzurGewinnungvonSchilfrohralsBaumaterial(überwiegendzuDachdeckerei,andere Pflanzenartenunerwünscht)erhältbeiangepassterNutzungdenRöhrichtbestand.Sieführtaberzu BeeinträchtigungenderVogelundInsektenfaunaundderdavonabhängigenTiergruppen.Fürdie RohrwerbungbestehtdeshalbeinGenehmigungsvorbehalt.

Foto: Olaf Hackethal Entstehung, historische Nutzung. BrackwasserröhrichtebesiedelndiedurchdieKüstendynamikneu entstehendenSandundSchlickflächen.EinzigHartbödenkönnennichtbesiedeltwerden.ImLaufeder ZeitbildetendieBrackwasserröhrichteKüstenüberflutungsmoore,derenOberflächeMeeresspiegelver änderungenineinembegrenztenRahmenfolgenkann.DieNutzungvonSchilfalsBaustoffistengmit dermenschlichenBesiedlungverbundenundlangetradiert.

Landschaftsbezug – Höhenlage. FürdieRohrwerbungbesondersgeeigneteRöhrichtefindensichim HöhenbereichzwischenMittelwasserundetwa0,5müberMW(Spieglmündl.2015). Landschaftsbezug – Flächeneigenschaften. AlleimHotspot29vorherrschendenWeichSubstrate (Sand,Schlick,Torfe,Mudden,geschiebearmerundverwitterterMergel)könnenbesiedeltwerden.Nicht besiedelbareHartsubstrate,wiegroßeSteineundKreide,nehmenhierkeinegroßenFlächenein,so dassEinschränkungenhinsichtlichderBödeni.d.R.nichtvorkommen.Entscheidendistzunächsteine geschützteLagegegenWellenschlag.

ILNGreifswald—November2016 28 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Renaturierung. FürdieWiederherstellungvonBrackwasserröhrichtenausgepoldertenFlächensindvor allemdauerhaftMWnaheWasserständeunddieAufgabederGrünlandnutzungerforderlich.Dazuwer denzudemeinteilweiserDeichrückbau,GrabenverfüllungundWiederherstellungdesPrielsystemsnot wendigsein.HochwasserereignissebewirkendurchÜberflutungundSalzeinflussdenUmbauderVege tationzuBrackwasserröhrichten.WieschnellderUmbautatsächlichabläuft,hängtvonderHäufigkeit, denZeitpunktenundderStärkederSturmhochwässernachdemDeichrückbauab.Schilfbenötigtfür eineerfolgreicheKeimungsehrspezielleBedingungen.Sinddiesenichtgegeben,könnendieFlächen nursehrlangsamüberAusläuferbesiedeltwerden.DaherläuftdieEntwicklungderVegetationhäufig zunächstüberPionierstadien,wieFlutrasen,SeggenRiedeoderreineBinsenundSimsenRöhrichte ab.WanneinerenaturierteFlächetatsächlichfürdieRohrwerbungnutzbarwird,kanndahernichtvor hergesagtwerden. DerMeeresspiegelanstiegbewirkteinefortwährendeAbnahmederindenPoldernverfügbarenFlächen anteilemitgeeignetenHöhenlagenzurWiederherstellungvonBrackwasserröhrichten.Einenzusätzli chenFlächenverlustbewirktaufentwässertemKüstenüberflutungsmoorderjährlichfortschreitendeHö henverlustdurchTorfmineralisierung.FürHöhenlagenbiszueinerTiefevonetwa≥–0,1mzuMWkann angenommenwerden,dassdieseimHöhenzuwachsdurchTorfbildungundSedimentationmitdem Meeresspiegelanstiegmithaltenkönnen.FürtieferliegendeFlächenerscheintdiesaufgrunddergerin gerenProduktivitätdertorfbildendenVegetationunwahrscheinlich(s.Abschnitt5.2.2). Schutzwirkung für Pflanzenarten. InsbesonderederUferbereichderRöhrichteistLebensraumeiner ReihevonPflanzenartendesFlorenschutzkonzeptesMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006). FürdiesemüssenzumindestTeilflächenvorBeeinträchtigungengeschütztwerden. Typische Arten: Gewöhnliches Schilf, Gewöhnliche Strandsimse, Salz-Teichsimse, Strand-Aster, Was- ser-Minze, Weißes Straußgras. Exklusive Arten: Ostsee-Vergissmeinnicht (FSK), Echter Sellerie (RL2, FSK), Wenigblütige Sumpfsimse (RL2, FSK), Salz-Breit-Wegerich (FSK), Wiesen-Pferdesaat (FSK), Salzbunge (V, FSK). Schutzwirkung für Vogelarten. DiezurGewinnungvonSchilfrohrgenutztenRöhrichteliegengewöhn lichüberdemMittelwasserniveau,gehörenalsozumeistzudenLandRöhrichten.ImGegensatzzuden WasserRöhrichtenunterMWwerdendiesei.d.R.nurvonwenigenArtenbesiedelt,diezumüberwie gendenTeilaufvorjährigesodergarmehrjährigesRöhrichtangewiesensind.DerenVorkommenwird damitzunächstaufSäumeoderandereungenutzteBereichebeschränkt.ErstmitdemHeranwachsen desjungenSchilfsinderZeitderNachgelegeoderZweitbrutensindeinigeRöhrichtvögel(z.B.Schilf undTeichrohrsänger)inderLage,dieseHabitate(möglicherweisenuringeringerDichte)zunutzen. ZurRohrwerbunggenutzteBrackwasserröhrichtekönneni.d.R.nichtalsMittelzurOptimierungvon Küstenvogelhabitatendienen.VorkommenvonWasservogelartenkönnenjedochbegünstigtwerden, wennentlangderUferausreichendbreiteRöhrichtstreifenstehenbleiben. Brutvogelarten. DasArtenspektrumdereinjährigenbzw.imWintergemähtenLandröhrichtewirdge wöhnlichvonnurwenigenArtenbestimmt,vorwiegendSchilfundTeichrohrsänger,ausnahmsweise Feldschwirl.FürRohrammerundBartmeisesindsiemeistnurNahrungshabitate.Insgesamterfolgtdie WiederbesiedlungmitBrutvögelnbeigenutztenRöhrichtenverzögert,UntersuchungenaufRügenzufol geerstabdemdrittenJahrnachdemSchnitt(Kube&Probst1999).WeitereArtenkönnennurbeiHin zutretenandererLandschaftselementevorkommen,wasindenzurRohrwerbunggenutztenBereichen seltenist.FürbodenbrütendeVögelgeltendieErläuterungenzurPrädationimAnhang. Rastgebietsfunktion für Zugvogelarten. MitAusnahmedesSaumszumGewässeristdieRastgebiets funktionausgedehnterRöhrichtefürdiemeistenWasserundWatvögelrelativgering.Währenddes HerbstzugeskönnenjedochauchgemähteRöhrichtevonverschiedenenVogelartenalsSchlafstätten genutztwerden(z.B.Star,Schwalbenarten,Schafstelze).

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 29

4.3.4 Zielzustand Salzgrünland

Beschreibung. SalzgrünlandderOstseeentstehtdurchWeide,WiesenoderMähweidennutzungim Küstenüberflutungsbereich.DieVegetationbestehtüberwiegendausAndelundSalzbinsenRasen. DiesesindnutzungsbedingteErsatzgesellschaftendernatürlichenBrackwasserSchilfRöhrichte.Be weidungistmitRindern,PferdenundSchafenmöglich,letztereindenmeistenFällennurinKombination mitRindern.SchilfRöhrichteentlangderUferundinSenkenkönnennachManagementvorgabenfür denArtenschutzundzurlandwirtschaftlichenNutzungzeitweisegemähtwerden.

Foto: Frithjof Erdmann Entstehung, historische Nutzung. SalzgrünlandentstandimÜberflutungsbereichderOstseeund BoddengewässervermutlichbereitsinderBronzezeitundauchspäterjeweilsunmittelbarnachder LandentstehunginfolgevonKüstenausgleichsprozessen(vgl.Langeetal.1986).VorübergehendeAuf lassungengabesvordem20.JahrhundertwahrscheinlichnurindenZeitenvonVölkerwanderung,Pest undKrieg.WahrscheinlichseitdemMittelalterwurdengroßeTeiledesSalzgrünlandsalsWiesenmit VorundNachweidegenutzt.SpäterwurdeteilsdieVorweideeingeschränkt,umdieGrasnarbezu schonen.Seitden1950erJahrenfindetsichfastausnahmslosbeweidetesSalzgrünland. SeitdemEndedes19.JahrhundertskameszurAbnahmedesSalzgrünlandsdurchEindeichung.Dies verstärktesichinden1920er,1930er,1960erund1970erJahren.Seitden1950erJahren,verstärkt auchnach1990,kamesauchzurNutzungsauflassung.AufkommendeRöhrichtelassensichdurch NutzungzwarwiederzuSalzgrünlandentwickeln,abernachderUmwandlungingeschlosseneRöhrich te(>50%Deckung)kommtesnachwenigenJahrenzuunwiederbringlichenVerlustenangenetischer Vielfalt.AußerdemistdieSchädigungderTorfsubstanzdurchdasSchilf(Lockerung,Belüftung)belegt.

Landschaftsbezug – Höhenlage. ErtragreicheWeiden(35–40dt/haTM)liegenimHöhenbereichvon 0,4bis0,7müberMW,ertragsschwacheWeiden(20–30dt/haTM)imHöhenbereichvon0,2bis0,4m überMW.InSalzgrünlandeingeschlosseneSchilfRöhrichte(meistimHöhenbereichzwischen–0,1bis 0,2müberMWmit30dt/haTM)könnenmitbeweidetwerden.FürdieWeidetierewerden(sommer) hochwassersichereRückzugsbereichebenötigt.

ILNGreifswald—November2016 30 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Landschaftsbezug – Flächeneigenschaften. Vorrangiggeeignetsindgroße,zusammenhängende Flächen.DiewirtschaftlichnutzbareMindestgrößehängtdabeivonderStrukturderLandwirtschaftsbe triebeab.FürdenSchutzvonVogelartenwerdengenerellgroßeoffeneFlächenbenötigt.Fürden SchutzandererTiergruppenundvonPflanzensindauchkleineFlächenalsTrittsteinBiotopewertvoll. FlacheabflussloseSenken(sog.Röten)undeinverzweigtesPrielsystem,überwelchesdasWasser ungehindertzuundablaufenkann,gehörenzumnatürlichenMikroreliefundsindfürdieFunktiondes Systemserforderlich.AlsAusgangssubstratesindnichtzersetzteundentwässerteSalzwiesenTorfe, Sande,LehmundMergelgeeignet.ÜberflutungenundhoheGrundwasserständelassenmitderZeit SalzwiesenTorfeaufwachsen.DieTragfähigkeitderSubstratebestimmtdiebeweidbarenHöhenberei che.EinMosaikverschiedenerSubstrateundHöhenfördertartenreicheLebensgemeinschaften. Renaturierung. FürdieWiederherstellungvonSalzgrünlandausgepoldertenFlächensindDeichrück bau,GrabenverfüllungundWiederherstellungdesPrielsystemserforderlich,dasonstdieVegetations entwicklungbeeinträchtigtunddieTorfbildungverhindertwird.DiebenötigteZeitfürdievollständige UmwandlungvongepoldertemGrünlandinSalzgrünlandliegtbeietwa10Jahren.Vorkommenvon SalzgrünlandvegetationimDeichvorlandoderentlangvonGrabenränderndesPoldersbeschleunigen dieBesiedlungmitSalzgrünlandartennachderAusdeichung.DerBrackwassereinflussleitetdieUm wandlungderGrünlandvegetationzuSalzgrünlandein.Wieschnelldiestatsächlichabläuftundwieweit derErtragvorübergehendabsinkt,hängtvonderHäufigkeit,denZeitpunktenundderStärkederHoch wasserereignissenachdemDeichrückbauab.Vorhersagen,wiestarkderzwischenzeitlicheErtragsab fallwirklichausfällt,sinddahernichtmöglich(ausführlicheDarstellungs.ILNGreifswald2010). DerMeeresspiegelanstiegbewirkteinefortwährendeAbnahmederindenPoldernverfügbarenFlächen anteilemitgeeignetenHöhenlagenzurWiederherstellungvonSalzgrünland.EinenzusätzlichenFlä chenverlustbewirktaufentwässertemKüstenüberflutungsmoordiejährlichfortschreitendeSackung durchTorfmineralisierung.FürHöhenlagenbiszueinerTiefevonetwa≥–0,1mzuMWkannange nommenwerden,dassdieseimHöhenzuwachsdurchTorfbildungundSedimentationmitdemMeeres spiegelanstiegmithaltenkönnen.FürtieferliegendeFlächenerscheintdiesaufgrunddergeringeren ProduktivitätdertorfbildendenVegetationunwahrscheinlich(s.Abschnitt5.2.2).

Schutzwirkung für Pflanzenarten. AufbestehendemSalzgrünlandzeigenVorkommenvonPflanzenar tendesFlorenschutzkonzeptesMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006)undderGefährdungs kategorien1bis3derRotenListedergefährdetenHöherenPflanzenMV(Voigtländer&Henker2005) dessenvorrangigeEignungalsFlorenSchutzflächean.VorkommendieserPflanzenartenfindensichin derRegelnurnochaufvergleichsweiseartenreichenFlächen.MitdiesenPflanzenartenwerdendaher zugleichzahlreicheanderelebensraumtypischePflanzenartensowieallevondiesendirektoderindirekt abhängigenKleintiere,wieKäfer,Spinnen,Wanzen,Schmetterlinge,KleinkrebseundWeichtierege schützt.DieBeweidungallerhinreichendtrittfestenStandorteeinschließlichderBereichemitHöhenum denmittlerenWasserstandundderephemerenGewässerhöhererLagen(Röten,Priele)isteineVor aussetzungfürdenErhaltderstandörtlichenVielfaltundderspezifischenHabitateexklusiverPflanzen undTierarten. InnerhalbvoneingedeichtenFlächensindeinSubstratMosaikausSandflächenundLehmflächenund einstarkausgeprägtesReliefundMikroreliefMosaikguteVoraussetzungenfürdieWiederherstellung artenreichenSalzgrünlandes.SinddieFlächenzudemvorNährstoffeinträgenausAckerflächenge schütztundistdieBelastungdesGrundwassersmitNährstoffengering,sindauchdieVoraussetzungen fürdieWiederbesiedlungdurchbesondersbedrohtePflanzenundTierartengünstig. Typische Arten Salzgrünland. Gewöhnlicher Salzschwaden, Salz-Binse, Schmalblatt-Hornklee (RL3), Strand-Milchkraut, Strand-Dreizack (RL3), Erdbeer-Klee (V), Herbst-Schuppenlöwenzahn, Weißes Straußgras, Strand-Aster. Exklusive Arten Salzgrünland und Salzpionierrasen. Gewöhnliche Grasnelke (RL3, FSK), Strand-Beifuß (RL3, FSK), Salz-Hasenohr (RL2, FSK), Rotbraunes Quellried (RL2, FSK), Strand-Segge (RL3, FSK), Strand-Tausendgüldenkraut (RL2, FSK), Zierliches Tausendgüldenkraut (RL2, FSK), Englisches Löffel- kraut (RL3, FSK), Kleine Sumpfsimse (RL2, FSK), Salz-Zahntrost (RL1, FSK), Gekrümmter Dünn- schwanz (RL2, FSK), Krähenfuß-Wegerich (RL3, FSK), Salz-Breit-Wegerich (FSK), Strand-Wegerich (RL3, FSK), Strand-Salzschwaden (FSK), Großer Klappertopf (RL1, FSK) Knotiges Mastkraut (RL2, FSK), Gewöhnlicher Queller (RL3, FSK), Baltischer Löwenzahn (RL3, FSK).

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 31

Schutzwirkung für Insektenarten. ZahlreicheInsektenartensinddenbesonderenökologischenBedin gungendesSalzgrünlandesangepasst,z.B.dieLaufkäfer Dyschirius salinus , Bembidion aeneum , B. minimum und Anisodactylus poeciloides ,derWasserkäfer Cercyon littoralis sowiederSägekäfer Hete- rocerus obsoletus ,dievoralleminPrielenundRötenleben.EinigeRüsselkäferartenlebenanSalzgrün landpflanzen,so Gronops lunatus und Mecinus collaris .EinhoherSpezialisierungsgradaufPflanzendes SalzgrünlandsfindetsichauchinderGruppederKleinschmetterlinge,z.B. Coleophora adjunctella ,die Wickler Gynnidomorpha vectisana und Eucosma tripoliana sowiederZwergwickler Bucculatrix maritima . Schutzwirkung für Vogelarten. DieWiederherstellungvonSalzgrünlandbringtinsbesonderebeiden KüstenvogelarteneinenaußerordentlichgroßenGewinnfürdenErhaltderArtenvielfalt.Entscheidende VoraussetzungenfürdieOptimierungzumSchutzvonVogelartensind Großflächigkeit (Anforderungen nachzuförderndenVogelartenundStrukturderUmgebungunterschiedlich,mindestensabermehrere DutzendHektar)undeingeeignetes Prädatorenmanagement .ZudemvorallemaufSalzgrünlandau ßerordentlichbedeutsamenProblemderPrädation,vorallemdurchRaubsäuger,gibtesErläuterungen imAnhang. Brutvogelarten. EinigeKüstenBrutvogelartensindinMecklenburgVorpommernakutvomAussterben bedroht.FürdieseArtensinddaherzusätzlicheSchutzflächenerforderlich.DieerforderlichenMindest größenderFlächenbetragenzwischen10und150ha,jenachVogelartundstrukturellenEigenschaften derUmgebung.DiefürBrutplätzegeeignetenHöhenlagensinddiedesSalzbinsenrasensunddesobe renBereichsdesAndelRasens.FürdieMehrzahlderArtensinddarüberhinausauchdiefeuchteren BereichedesAndelRasens,Vorkommenvonflachen,mitBrackwassergefülltenSenken(Röten),Spül säumeoderTrittstellendesWeideviehsalsTeileihresHabitatserforderlich,vorallemalsNahrungsflä chen.AbhängigvondenBrutvogelartenkönnensichEinschränkungenhinsichtlichderWeideperiode, derBesatzdichteunddesWeidesystemsergeben.SpäterAuftrieberstimJuni,Standweideundzeitwei ligverminderteBesatzdichte(≤1GV/ha)könnennotwendigsein,sindabernichtinjedemFalldiegüns tigsteLösung.BeiderNutzungalsWieseoderMähweidekönnensichabhängigvondenBrutvogelarten VorgabenzudenMahdterminenergeben.DiegrößteBedeutungfürdenBruterfolgmehrererextrem gefährdeterbodenbrütendenKüstenvögelhatjedochderEinflussvonPrädatoren.Gegenwärtigsind BruterfolgefastausschließlichaufVogelinselnoder–halbinselnmitaktivemPrädatorenmanagement möglich(sieheAnhang). Typische Brutvogelarten. Feldlerche, Wiesenpieper, Kiebitz, Rotschenkel, Schafstelze, Bachstelze, Rohrammer, Schilf- und Teichrohrsänger, Braunkehlchen, Stock-, Schnatter- und Löffelente, Höcker- schwan, Bekassine, Rotschenkel. Exklusive Brutvogelarten. Austernfischer, Säbelschnäbler, Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Alpen- strandläufer, Kampfläufer, Flussuferläufer, Sandregenpfeifer, Spießente. Rastgebietsfunktion für Zugvogelarten. AlleFormenvonSalzgrünlandsindpotenziellgutebishervorra gendeHabitatefürzahlreicheArtenimGebietrastenderZugvögel. Typische Arten rastender Zugvögel .Schwimmentenarten(Pfeif,Spieß,Stock,Schnatter,Löffelund Krickente),Gänse(Grau,Bless,Saat,WeißwangenundRingelgans),Höckerschwan,Kranich,Wat vogelarten(Kiebitz,GoldundKiebitzregenpfeifer,Bekassine,Kampfläufer,GroßerundRegenbrachvo gel,UferundPfuhlschnepfe,AlpenundSichelstrandläufer,Rotschenkel,DunklerWasserläufer,Grün schenkel,Flussuferläufer,Sandregenpfeifer)sowieMöwenarten(Silbermöwe,Lachmöwe).

ILNGreifswald—November2016 32 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

4.3.5 Zielzustand Energiepflanzennutzung

Beschreibung. BeiderEnergiepflanzennutzunghandeltessichumeineNutzungsformnasser(Moor) Standorte.Zielistes,nachAusdeichungundWiedervernässungbestehenderGrünlandflächeneine MahdnutzungmitangepassterTechnikweiterzuführen(s.UniversitätGreifswald2013).BeiderEnergie pflanzennutzungwerdenhochwüchsigeSüßundSauergräsersowieHochstaudengemähtunddas Mähgutenergetischgenutzt.MöglichistentwedereinewinterlicheMahdzurthermischenVerwertung odereinesommerlicheMahdzurVerwertunginBiogasanlagen.DabestehendeSchilfundBrackwas serRöhrichtegesetzlichgeschützteLebensräumesind,könnendieseinderRegelnichtindieMahd einbezogenwerden.

Foto: Sylvia Thiele Entstehung, Nutzung. EindeichungundEntwässerungführtendazu,dassausKohlenstoffundNähr stoffspeichern(wachsendeMoore)KohlendioxidundNährstoffquellenwurden(sichzersetzendeMoo re),welchedieAtmosphäremitKohlendioxidunddasGewässersystemdurchdiefreigesetztenNährstof febelasten(Treibhauseffekt,GewässerüberdüngungmitSauerstoffzehrung).UmdiesenProzessaufzu haltenundwiederumzukehren,werdenheuteMoorwiedervernässungendurchgeführt.Eineenergeti scheNutzungderineinemwiedervernässtenMooraufwachsendenBiomassewirddabeialsgeeignete wirtschaftlicheVerwertungangesehen.ZurbesserenAbgrenzungzumZielzustandRohrwerbungwird voneinemSchnittzeitpunktimSommerhalbjahrausgegangen,indemaufgrundtrockenerundtragfähi gererBodenverhältnisseeineErnteleichterrealisiertwerdenkann. NachAusdeichungundWiedervernässungbietetdieEnergiepflanzennutzungeinehinsichtlichderRe gulationsfunktionennachhaltigeNutzungsoption,beiderdieFlächenihreursprünglicheSpeicherfunktion fürKohlendioxidundNährstoffesowieweitereregulierendeFunktionen(u.U.auchFeuchtgebietsund Hochwasserschutz)wiedergewinnen.ÜbererneutesMoorwachstumundSedimentationkannzudem beigünstigenBedingungendemMeeresspiegelanstiegentgegengewirktwerden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 33

Landschaftsbezug – Höhenlage. FürdieEnergiepflanzennutzunggeeigneteFlächenfindensichim KüstenüberflutungsbereichvonderMittelwasserhöhebiszuroberenGrenzedesÜberflutungsbereichs bisetwa0,7müberMW.DerertragreichereHöhenbereichliegt,wiebeimSalzgrünland,zwischen0,4– 0,7müberMW,derertragsschwächereHöhenbereichzwischen0,2–0,4müberMW.DerUferbereich sollteausArtenschutzgründenvonsommerlicherMahdausgespartbleiben.Grundsätzlichsindauch höherliegendeFlächenoberhalbdesÜberflutungsbereichsgeeignet. Landschaftsbezug – Flächeneigenschaften. AlleimHotspot29vorherrschendenWeichSubstrate (Sand,Schlick,Torfe,Mudden,Mergel)könnenvondergeeignetenVegetationbesiedeltwerden.Da nichtbesiedelbareHartsubstrate,wiegroßeSteineundKreide,imHotspot29keinegroßenFlächen einnehmen,sindhinsichtlichderBödenkeineEinschränkungengegeben.DaderZweckderhierbe schriebenenEnergiepflanzennutzungeineMoorschutzfunktionvoraussetzt,kommtdieserZielzustand nurfürTorfeundMuddenalsAusgangssubstrateinFrage. Renaturierung. FürdieWiederherstellungvonfunktionsfähigenKüstenüberflutungsmoorenausgepol dertenFlächensindzumindestteilweiserDeichrückbau,GrabenverfüllungundWiederherstellungdes Prielsystemserforderlich.DerUmfangdererforderlichenMaßnahmenhängtvondergewünschten VegetationunddereingesetztenTechnikab.HochwasserbewirkendurchÜberflutungundSalzeinfluss dieUmwandlungderbestehendenGrünlandvegetationzuRöhrichtenundHochstaudenfluren.Wie schnelldieseUmwandlungtatsächlichabläuft,hängtvonderHäufigkeit,denZeitpunktenundderStärke derHochwasserereignissenachdemDeichrückbauab.DieEntwicklungderVegetationläuftzunächst überPionierstadien,wieFlutrasen,SeggenRiede,reineBinsenundSimsenRöhrichte,ab.Abwann einerenaturierteFlächefürdieEnergiepflanzennutzungwirtschaftlichnutzbarwird,hängtdaherauch starkvondenFlächeneigenschaftenundderAusgangsvegetationab. DerMeeresspiegelanstiegbewirkt,dassderindenPoldernverfügbareFlächenanteilgeeigneterHöhen lagenfürdieEnergiepflanzennutzungvonJahrzuJahrabnimmt.EinenähnlichenfortschreitendenFlä chenverlustbewirktaufentwässertemKüstenüberflutungsmoorderfortschreitendeMoorschwund.Über erneutesMoorwachstumundSedimentationbestehtfürHöhenlagen≥–0,1mzuMWzudemdieAus sicht,mitdemMeeresspiegelanstiegeinegewisseZeitmitwachsenzukönnen.FürtieferliegendeFlä chenerscheintdiesaufgrundvonderengeringererProduktivitätunwahrscheinlich.

Schutzwirkung für Pflanzenarten. AuffürdieMahdvonEnergiepflanzengeeignetenFlächenistkaum mitdemAuftretenvonZielartendesFlorenschutzkonzepteszurechnen. Typische Pflanzenarten. BreitblättrigerRohrkolben,WasserSchwaden,RohrGlanzgras,SeggenArten, BinsenSpezies,TeichsimsenArten,ArtenderHochstaudenfluren.BeiwinterlicherMahdkannzusätz lichGewöhnlichesSchilfaufwachsen(SchilfkannuntersommerlicherMahdnichtaufkommen).

Schutzwirkung für Vogelarten. FürKüstenvögelgeeigneteBruthabitatekönntennurvereinzeltauf Störstellenauftreten. Brutvogelarten. AbhängigvomNutzungsregimekönnteneinigeGrünlandundRöhrichtenutzendeArten vorkommen.ZuerwartenistzunächsteineMischungauswenigeranspruchsvollenArtenderRöhrichte undHochstaudenfluren(z.B.Teichrohrsänger,Rohrammer,Sumpfrohrsänger,inGewässernäheStock ente).DietypischenGrünlandarten,dieErnährungundBrutaufrelativkurzgrasigenoderspärlichvon PflanzenbedecktenBödenunterniedrigerbismittelhoherGrasvegetationrealisieren(z.B.Feldlerche, Wiesenpieper,Schafstelze),werdenvermutlichnurineinigenBereichenmitgestörterVegetationsent wicklungzufindensein.DieanspruchsvollerenArten(z.B.Kiebitz,Rotschenkel)werdenvoraussichtlich fehlen. Rastgebietsfunktion für Zugvogelarten. AbhängigvomNutzungsregimekönnteneinigeGrünlandund RöhrichtenutzendeArtenvorkommen.

ILNGreifswald—November2016

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 35

5 Bewertungsgrundlagen für die Zielzustände

5.1 Herangezogene Werte

DiebisherigenaturwissenschaftlicheAnnäherungandenbetrachtetenNaturraumkannrecht genauvorhersagen,welchePflanzenundTierartensich unter den gegebenennaturräumli chenBedingungennatürlicherweiseoderinAbhängigkeit von einer bestimmten Nutzungs formentwickelnwerden.Eslässtsichauchabschätzen,welcheAuswirkungendiesaufdie Stoffbilanzen wie Wasserhaushalt, Kohlenstoffhaushalt und Nährstoffhaushalt haben wird. DieLandschaftsgeschichtekannzudemAuskunftgeben,seitwannesbestimmtenatürliche LebensräumeundNutzungsformenimNaturraumgab.DieGeschichtederLandnutzungund derenheutenochsichtbarenSpurenprägenzudemunserBildvonderKulturlandschaft. MitdernaturwissenschaftlichenBeschreibungdesgeschichtlichen,momentanenoderprog nostiziertenZustandskannabernichtbegründetwerden,wasfüreineLandschaftmitwelchen FunktionenheuteundfürdieZukunftvonderGesellschaftgewünschtist.Hierzumüssendie möglichenZielzuständeinihremaktuellenundkünftigengesellschaftlichenWertunterBe rücksichtigungderKonsequenzenfürNaturundUmwelteingeordnetwerden(Ott&Döring 2008,Ott2010,Klaueretal.2013).NachfolgendwerdendiefürdasLeitbildherangezogenen Bewertungsgrundlagenvorgestelltunderläutert.DieeigentlicheBewertungderZielzustände mitderAbleitungderfavorisiertenZielzuständeerfolgtimKapitel6. FüreinemöglichstvollständigeBewertungallerrelevantenFunktioneneinerLandschaftwer dendieÖkosystemfunktionengenutzt.ImengerenSinneverstehtmandarunteralleLeistun genvonnatürlichenÖkosystemen,diefürdieExistenzvonMenschundbelebterNaturerfor derlichsindundkostenfreidurchdieNaturbereitgestelltwerden.Ineinemerweiterten,hier zugrundegelegtenSinnwerdenauchdieErträgeder Landwirtschaft in den Begriff einge schlossen. FolgendeGruppenderwichtigstenÖkosystemfunktionenwerdenalsBewertungsgrundlagen herangezogen: • Lebensraumfunktionen,BiologischeVielfaltundProzessschutz(Abschnitt5.2.1) • RegulationsfunktionenundUmweltschutz(Abschnitt5.2.2) • VersorgungsfunktionenundLandwirtschaft(Abschnitt5.2.3) • SoziokulturelleFunktionenundTourismus(Abschnitt5.2.4). FürjedeeinzelneFunktionwirderläutert,welchesZiel damiterreichtwerdenkann,nachwel chem Funktionsprinzip diesstattfindetundweshalbdieseFunktionimNaturraum Küsten überflutungsbereichalswichtigangesehenwird( Hintergrund ). 5.2 Ökosystemfunktionen von Küstenüberflutungsräumen

5.2.1 Lebensraumfunktionen, Biologische Vielfalt und Prozessschutz

ZentraleAufgabefürdieAbleitungderfavorisiertenZielzuständeinnerhalbdiesesVorhabens imBundesprogrammBiologischeVielfaltistdieEinschätzungderWirkungendermöglichen ZielzuständeaufihreFunktionalsLebensraumundfürdiebiologischeVielfalt.AlsSchutz güterwerdendazuausgewählteArtengruppenbetrachtet.ZusätzlichwirdderProzessschutz alseigenständigesSchutzzielundÖkosystemfunktionbetrachtet.DiefürdieBewertunghe rangezogenen Ökosystemfunktionen und untersuchten Schutzgüter sind in Tabelle 5.1 zu

ILNGreifswald—November2016 36 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt sammenfassenddargestellt.FürdieBewertungdesBeitragsderZielzuständezumErhaltder Biologischen Vielfalt ist es sinnvoll, die Betrachtung jeweils auf lebensraumtypische und insbesondereaufwertgebendeArtenzukonzentrieren.

Tabelle 5.1. Lebensraumfunktionen,BiologischeVielfaltundProzessschutz

Funktion Schutzgüter Lebensraumfunktion abiotischeBestandteilederBiotope(Boden,Wasser,Luft,Klima,s.5.2.2) undBiologischeVielfalt PflanzenundTiere BiologischeVielfalt ÖkosystemeeinschließlichderWechselwirkungenzwischenabiotischenund biotischenKomponenten(s.Abschn.5.2.2)undderProzesseinÖkosystemen Prozessschutz freiesWirkennatürlicherKräfteundGesetzmäßigkeiten,2Hauptaspekte –ProzessschutzKüstendynamik –ProzessschutzSukzession dynamischeLebensräume aufdynamischeProzesseangewiesenePflanzenundTierarten

5.2.1.1 LebensraumfunktionundBiologischeVielfalt

Ziel. TiereundPflanzensolleninihrenständigoderzeitweisegenutztenLebensräumenopti maleBedingungenentsprechendihrerspezifischenAnforderungenvorfinden.Dabeisolldie biologischeVielfaltdauerhafterhaltenbleiben. Funktionsprinzip. JedeArthatspezifischeAnforderungenanihrenLebensraum.Dabeisind Nahrungsangebot,FortpflanzungsbedingungenundRäuberBeuteBeziehungenvonentschei denderBedeutung.NebendernatürlichenklimatischenundphysischgeografischenEignung könnenNutzungendurchdenMenschen(z.B.Bevölkerungsdichte,Landwirtschaft,Touris mus)dieLebensraumfunktionbeeinflussen.DerdurchdenMenschenverursachtebeschleu nigte Klimawandel und Meeresspiegelanstieg verändert dabei besonders den Küstenraum. DieskannzuVerschiebungenderregionalenArtenvielfaltund–beimVerschwindengeeig neterLebensräume–auchzumTotalverlustvonPopulationenodergarArtenführen. Biologische Vielfalt – die Vielfalt der Arten und Ökosysteme. Biologische Vielfalt bezeichnet die„VariabilitätunterlebendenOrganismenjeglicherHerkunft,( …);diesumfasstdieViel faltinnerhalbderArtenundzwischendenArtenunddieVielfaltderÖkosysteme“(Überein kommenüberdiebiologischeVielfalt,inBMU2007:9). BiologischeVielfaltumfasstsowohldiewildlebendenArteneinschließlichihrerUnterarten undlokalenVarietäteninNaturlandschaften,alsauchwildlebendeArten,dieihrenLebens rauminKulturlandschaftengefundenhaben.BiologischeVielfaltbeilandwirtschaftlichge nutztenPflanzenundTierartenistzwarauchTeilderBiologischenVielfalt,wirdindieser Studieabernichtbetrachtet. DiedauerhafteSicherungderbiologischenVielfaltdort,wosiedurchmenschlichesTunge fährdetoderzerstörtwird,istoberstesZieldesNaturschutzes(§1Abs.1BNatSchG).Jeder VerlustanVielfaltkanndieMöglichkeitenderbiologischenSystemezurAnpassunganver änderteUmweltbedingungeneinschränken. FürdenErhaltunddieEntwicklungderbiologischenVielfaltmüsseninjedemFallRäume vonausreichenderGrößegesichertwerden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 37

UmeinengutenÜberblickzudenLebensraumfunktionenundzurbiologischenVielfalteines Ökosystemszuerhalten,wirddieserAspektbezogenaufmehrereindiesenLebensräumen relevante Artengruppen betrachtet,diesesind: − Pflanzen − Säugetiere − Fische(inkl.Rundmäuler) − Vögel(SchwerpunktKüstenvogelarten) 5 − AmphibienundReptilien − Wirbellose(Insekten,AuswahlvonKäfernundSchmetterlingen). Biologische Vielfalt – Arten und Lebensräume dauerhaft sichern. ImNaturschutzwerden diePrioritätendesSchutzesvonArtenundLebensräumennachdemregionalenundüberregi onalenGefährdungsgrad(SeltenheitundGefährdung),nachderVerantwortlichkeitfürderen ErhaltanhanddesimBezugsraumgelegenenAnteilsdesVerbreitungsgebietes(Raumbedeut samkeit,s.MüllerMotzfeldetal.1997)bestimmt.DieSchutzwürdigkeitundderHandlungs bedarfdrückensichinderAuflistungingesetzlichenSchutznormenaus(FFHArtenderAn hängeIIundIV,dieFFHLebensraumtypendesAnhangsI,Vogelschutzrichtlinie,Bundesar tenschutzverordnung),untersetztvonlokalenPrioritätslisten(z.B.RoteListen,Florenschutz konzeptMecklenburgVorpommern). Das Florenschutzkonzept (FSK) von MecklenburgVorpommern (Litterski et al. 2006) be nenntdiePflanzenarten,fürderenErhaltdasLandeinebesonderenationaleundteilssogar globale Verantwortung hat. Zudem wird der Handlungsbedarf für Naturschutzmaßnahmen aufgezeigt. Für die Küstenüberflutungsräume im Hotspot 29 betrifft dies 50 Pflanzenarten bzw.Unterarten(sieheTabellenA3undA4imAnhang).DiesePflanzenartenwerdenfortfol gendkurzals„FSKPflanzenarten“bezeichnet.FürdiemeistenTiergruppen,mitAusnahme der Wirbeltiere, liegen i.d.R. keine umfassenden Zusammenstellungen mit Angaben zur weltweitenVerbreitungundüberregionalenGefährdungvor,dahersindderenBewertungska tegorienwenigervielfältig. Exklusive Arten. Für die Bewertung von Lebensräumen des Küstengebiets ist zudem von besonderemInteresse,obArtenexklusivinKüstenüberflutungsräumenvorkommen,aufdiese Räumealsoangewiesensind,oderobsieauchLebensräumeinanderenGebietenbesiedeln. Das exklusive Auftreten in Küstenüberflutungsräumen ist vor allem bei den Tierarten ein wichtigerParameter.Dabeiwerden2Stufenunterschieden(E1,E2);Einzelheitendazufinden sichbeidenAnmerkungenzudenAnhangTabellenA1 undA2.DasGegenstückbeiden Pflanzenartenisti.d.R.derenSalztoleranz,dieeineexklusiveBindungandievonSalzbzw. BrackwasserbeeinflusstenStandortebestimmt. Wertgebende Arten. DieserkonzeptionelleAnsatz,derdieGefährdungunddieExklusivität aufgreift,wirdunterdemBegriff„wertgebendeArten“beiderBewertungberücksichtigt. DieArtengruppenderPflanzen,Fische,WirbelloseundVögeldermöglichenZielzuständefür die Küstenüberflutungsräume im Hotspot29Projektgebiet lassen sich nach ihren Lebens raumansprüchenimWesentlichenindreiGruppenzusammenfassen: 1. Artengruppen der flachen Meeresbuchten mit Unterwasservegetation, Brackwasser röhrichtenundSpülsaumvegetation 2. ArtengruppenderBrackwasserundLandröhrichte 3. ArtengruppendesSalzgrünlands. 5 ZudenAuswahlkriteriens.Abschnitt2.2undTabelleA1;ArtenderKategorie„Extremselten“derRoten Liste(R)sowieunregelmäßigeBrutvögelbzw.Vermehrungsgästewurdennichtberücksichtigt.

ILNGreifswald—November2016 38 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

DieZuordnungzudiesendreiGruppenergibtsichausdemnatürlichenVorkommensbereich einerArtunterKonkurrenzbedingungen(sog.ökologischeAmplitude).Imnaturschutzfachli chenKonzeptderZielzuständewerdenhiernurdieArtenverstanden,dieganzüberwiegend in einem der genannten Vegetationstypen (Unterwasservegetation, Spülsaumvegetation, BrackwasserundLandröhrichte,Salzgrünland)vorkommen(Pflanzenarten,kleinereTierar ten)bzw.diesealsHabitatbestandteilenutzen(meistgrößereTierarten).Dasbedeutet,eine Artkannz.B.imVegetationstypBrackwasserröhrichtvorkommenundistdamitjeweilsTeil der ersten beiden Artengruppen der o.g. Zusammenstellung, da in beiden Lebensräumen Brackwasserröhrichtevorkommen.EineArthingegen,diesowohlinBrackwasserröhrichten alsauchaufSalzwiesenvorkommt,istwedereineSalzwiesenart,nocheineArtderBrack wasserröhrichteimengerenSinne.ZurmethodischenZuordnungderArtenzudenLebens räumensieheauchdieErläuterungenbeidenTabellenA1bisA4desAnhangs. Hintergrund: Von den einheimischen rund 3.000 Farn und Blütenpflanzen Deutschlands sindnachderaktuellenRotenListe26,8%bestandsgefährdetund1,6%ausgestorbenoder verschollen.VondeneinheimischenTierartenDeutschlandssind36%bestandsgefährdetund 3%ausgestorbenoderverschollen.VondeninDeutschlandvorkommendenLebensräumen sind72,5%gefährdet.DeutschlandhatdamiteinederhöchstenGefährdungsrateninnerhalb vonEuropa. 5.2.1.2 Prozessschutz

Ziel. Beim Prozessschutz sollenvomMenschenunbeeinflusste,natürlicheAbläufedieLand schaftformen,inderFolgesollsicheineangepasstePflanzenundTierwelteinstellen. Funktionsprinzip. AufProzessschutzflächenwirdinderRegelaufalleNutzungen,Pflege undManagementmaßnahmenverzichtetunddieNatursichselbstüberlassen.Dabeiwirdauch das lokale Verschwinden vonArteninKaufgenommen. Eine ungestörte Entwicklung der Pflanzenwelt (Sukzession) lässt eine naturnahe Vegetation entstehen, die der von echter Wildnisnahekommensoll. Einige Elemente des Prozessschutzes gehören seitlangem zu den Instrumenten desNatur schutzes: Für die Erhaltung der Lebensgrundlagen von Arten, die auf bestimmte Prozesse natürlicherDynamikoderStadienvonSukzessionangewiesensind,sollz.B.dienatürliche Küstendynamikgesichert,FließgewässernEntwicklungsraumgegebenundmitderWieder herstellungdesnatürlichenWasserhaushaltsdasWachstumvonMoorenermöglichtwerden. InWäldernbietengeradedieanTotholzreichenZerfallsphasenzahlreichenArtenLebens raum,dieheuteindenstärkergenutztenWäldernbedrohtsind. Prozessschutz kann auch ein Instrument zur Herstellung eines erwünschten Zustands sein, ggf.auchnachfolgenderEntwicklungsbzw.Reifungsschritte.WirdProzessschutzmitdem Ziel der Herstellung wildnisähnlicher, selbstregulierender Systeme betrieben, sind dafür i.d.R.sehrgroßeRäumeerforderlich. IndenKüstenüberflutungsräumenwürdenheutebeiProzessschutzinderRegelBrackwasser röhrichteentstehen(s.Abb.4.1u.4.2).OhnemenschlicheBesiedlung,soistzuvermuten, könntenbestimmteTeileentsprechenderRäumedurchdenWeidedruckgroßerPflanzenfres ser(Auerochse,Elch,Rothirsch)weitgehendvonSchilffreigehaltenwordensein 6.Einesol cheEntwicklungistunterheutigenBedingungennurfürsehrkleineFlächenvorstellbar,wo beinichtnurWiederkäuer(v.a.Rothirsch),sondernauchVögel(Gänse,Schwäne)alswild lebende Pflanzenfresser beteiligt sein können. Landschaftshistorisch belegte Vorbilder für dieseTheoriefehlenaber,denndieseRäumeentstandenerst,alsdieRegionbereitsrelativ 6 EntsprechendeBeispielelassensichheuteörtlichinFlusstälernmitstarkenRothirschvorkommenfinden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 39 dichtvomMenschenbesiedeltwar,siewurdenindenmeistenFällenmitihrerEntstehung– derLandwerdung–inNutzunggenommen. DasUnterlassenvonmenschlichenEingriffenaufdiesenFlächenführtunterdenheutigen BedingungennureingeschränktzurEntwicklungnatürlicherVerhältnisse,wiesiefürunbe einflussteWildnistypischsind,denn: − gegenwärtigliegenandereBedingungenalszurZeitderGebietsentstehungvor,insbe sondereanthropogeneVerschiebungenimBeweidungsdruckdurchWildtiere,unnatür lichhoherNährstoffeintragausderLuft,vomMenscheneingeführteexpansivePflan zenundTierarten,starkePopulationeneinigerPrädatorendurchdenEinflussbewirt schafteterRäumederUmgebung − dieGebietsgrößeistfürdieEtablierungselbstregulierenderSystemeunzureichend. ProzessschutzkannsomitinMitteleuropanichtzuwirklicherWildnisführen,wohlaberzu einerdenheutigenBedingungengemäßennaturnahenVegetation.DieserAspektdesProzess schutzes wirdmitdemKriterium Prozessschutz (Sukzession) bewertet. InKüstenüberflutungsräumenistdienatürlicheKüstendynamikeinecharakteristische,trei bendeKraftderLandschaftsentwicklung,dieInitialstadienimmerwiederneuentstehenlässt undtypischeLebensraummosaikeschafft.AbtragungundAnlandung,TorfbildungundVer landung,PrielbildungundMaterialumlagerungprägenbeiwechselndenWasserständenmit derEnergievonWind,WellenundStrömungendieLandschaftamÜbergangzwischenWas ser und Land. Diesem Aspekt des Prozessschutzes wird mit der Funktion Prozessschutz (Küstendynamik) Rechnunggetragen. Hintergrund. Nutzungsfreie Räume und Wildnisbereiche sind in Mitteleuropa selten und sollen im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie auf mindestens 2% der Fläche Deutschlandserweitertwerden.Natürliche,prozessgeschützte EntwicklungvonLandschaft undLebensräumenwirdalsökologischflexiblerundwenigeranfälliggegenStörungeneinge schätzt,dadiesenLebensräumeni.d.R.einehöhereArtenvielfaltunddementsprechendeine höhere Anpassungsfähigkeit vor allem auf klimatische Veränderungen unterstellt werden kann.DiesgiltinsbesonderefürGewässerundMooreundfürdenVergleichvonnatürlichen WäldernmitForstenundHalbforstensowiefürdenVergleichvonIntensivzuExtensivgrün land.FürÜberflutungsräumeistvorallemderphysischeProzessdernatürlichenKüstendy namik entscheidend (einschl.freierÜberflutung).Ohne Gefährdung der Artenvielfalt kann extensiveNutzunghierzusätzlicheLebensräumefürnutzungsabhängigeArtenschaffen. 5.2.2 Regulationsfunktionen und Umweltschutz BezogenaufwertbestimmendestofflicheUmweltzuständekönnenÖkosystemeregelndwir ken.DieseWirkungkannsowohlauflokalerEbenezumTragenkommen(z.B.Hochwasser schutz)alsaucheinenBeitragzurLösungglobalerProbleme(z.B.KlimaschutzdurchKoh lendioxidfestlegung)leisten.DieAbgrenzungzudenLebensraumfunktionenkanndabeiteil weiseUnschärfenaufweisen.DiefolgendeTabellelistetdienachfolgendnähererläuterten Funktionenauf. Nicht alle Regulationsfunktionen treffen für alle möglichen Zielzustände zu. So wirkt die Funktion „Feuchtgebiets und Moorschutz“ nur auf Küstenüberflutungsflächen mit organi schenBödenwieTorf,AntorfoderorganischenMuddenoderaufKüstenüberflutungsflächen, diedurchRückstaudenWasserhaushaltbenachbarterFeuchtgebietebzw.Moorebeeinflus sen, unabhängig vom Substrat der Küstenüberflutungsflächen. Hingegen ist die Funktion „Klimaschutz“mitzukünftigerMoorbildungunabhängigvomAusgangssubstratderKüsten überflutungsflächen.SiebeziehtsichaufeinekünftigeMoorbildunginfolgedesansteigenden

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Ostseewasserspiegels.HierbeiistesohneBelang,obessichderzeitschonumMoorböden handeltodernicht.

Tabelle 5.2. RegulationsfunktionenmitUmweltschutzbezug

Funktion Schutzgüter Landerhalt(Torfbildung,Sedimentation) Landschaft,landwirtschaftlicheNutzflächen FeuchtgebietsundMoorschutz Lebensräume,Wasserhaushalt,Klima Klimaschutz Klima Hochwasserschutz SiedlungenundsonstigeInfrastruktur Gewässerschutz(Nährstoffrückhalt) Boddengewässer,Ostsee StabilisierungdesGrundwasservorrats Grundwasserspeicher,landwirtschaftlicheNutzflächen

5.2.2.1 LanderhaltdurchTorfbildungoderSedimentation Ziel. DieLandoberflächesollmitdemansteigendenMeeresspiegel(Anstiegsratezwischen 1993und2010ca.3,2mmproJahr,s.IPCC(2013))mitwachsenkönnen.DieLandnutzung sollweiterhinmöglichunddasLandschaftsbilderhaltenbleiben. Funktionsprinzip. AusdeichunglässtÜberflutungenzu.DiesekönnendurchAblagerungvon SchwebstoffenundbeiWasserständennaheunterbisknappüberFlurdurchTorfbildungzu HöhenwachstumderBodenoberflächeführen.DasHöhenwachstum findet inAbhängigkeit von der Torfbildungsrate der Vegetation und dem Sedimenteintrag in unterschiedlichem Ausmaßstatt.ImSalzgrünlandistesinLagenüberMittelwasseramhöchsten.Infolgevon Bodenverdichtung durch Viehtritt und mineralischer Sedimentation durch Überflutung mit konservierendemEffektwerdenindiesemfeinfilzigenGraswurzeltorfanaerobe(sauerstoff arme)Bedingungengeschaffen,die,einhergehendmitderBildungvonSchwefelwasserstoff (Irmler & Heydemann 1986), die Torfmineralisation hemmen (Jeschke 1983, Lange et al. 1986,Jeschke1992,Lampe&Janke2004).SchilfkannzwaraufgrundSauerstoffspeichern derRhizomundWurzelgewebehöhereWasserständeertragen,bildetjedochimVergleichzu Salzgrünlandeinenlockeren,leichtkomprimierbarenTorf(Lampeetal.2010).DieinSchilf rhizomenschnellverfügbaren,weillöslichenNährstoffebegünstigendarüberhinausdenAb baudesSchilftorfes(Krisch1974,Jeschke1992).DamitisteinHinauswachsenvonSchilf röhrichten auf Torfunterlagen aus dem Mittelwasserniveau kaum möglich (Lampe et al. 2010).SalzgrünlandkannimGegensatzdazuhöherüberdasMittelwasseraufwachsen(Lange etal.1986,Jeschke1992,Lampe&Janke2004)unddamitdenMeeresspiegelanstiegmit laufenderoderabsehbareinsetzenderTorfbildungindenjeweilsnochnichtüberflutetenhö herenLagenkompensieren.GroßeTeilederpotenziellenRenaturierungsflächenliegenheute aberbereitsinderHöhenlagevonBrackwasserröhrichten,weshalbsichderLanderhaltauf großen Flächenanteilen über die Torfbildungsrate dieser Brackwasserröhrichte entscheiden wird.WirdderZeitpunktderRevitalisierungversäumt,läuftderMeeresspiegelanstiegdem HöhenwachstumderTorfbildungdavon(Röberetal.2006). Eswirdeingeschätzt,dassfürFlächen,derenHöhenichttieferals0,1munterMittelwasser liegt,dieChancebesteht,mitdemsteigendenMeeresspiegelmitzuwachsen.Haupttorfbildner fürFlächenunterhalbbzw.nahederMittelwasserlinieistSchilf,dasauchunterWassernoch Torfebildenkann(Seiberling2003).FürFlächen,diebereitsdeutlichtieferliegen,isteine geringereTorfwachstumsratezuerwarten.DassdiesedemMeeresspiegelanstiegfolgenkön nen,istwenigerwahrscheinlich.EinewinterlicheNutzungabgestorbenerBiomassedürftedie Torfbildung dabei kaum negativ beeinflussen, da hier nur wenige Nährstoffe entfernt und zugleichdieLichtbedingungenimBestandverbessertwerden.EineMahdimSommerent

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 41 nimmthingegenerheblichmehrNährstoffeundbeeinträchtigtauchdieSpeicherungvonE nergieundNährstoffenindenunterirdischenSpeicherorganenderPflanzen.Dieskönnteda herauchdieTorfbildungsratereduzieren. DurchBeendenderWeidenutzungaufbisherbeweidetemSalzgrünlandkommteszurRöh richtentwicklung.DieskannnachJeschke(1985)zueinerVerminderungdesTorfkörpersum 20cminnerhalbvon20bis30Jahrenführen.OhnedenTrittderHuftierelockertderBoden aufundwirdzunächstoberflächennahbelüftet.DaherundinfolgederDurchlüftungdurchdie starkenSchilfrhizome–auchbisintiefereSchichten–kannsichderTorfkörperreduzieren undzudemWiderstandsfähigkeitgegenErosionskräfteverlieren. Hintergrund. AndersüdlichenOstseeküsteistdermittlereWasserstandindenletzten100 Jahrenumca.14cmangestiegen(NorddeutschesKlimabüroundInternationalesBALTEX Sekretariat HelmholtzZentrum Geesthacht Zentrum für Material und Küstenforschung 2012).FürdenzukünftigenMeeresspiegelanstieghatderIntergovernmentalPanelonClimate Change(IPCC),derWeltklimaratderVereintenNationen,dreiSzenarienberechnet,dieje weilseinengeringen,einenmittlerenundeinenstarkenMeeresspiegelanstiegprognostizieren. DerMittelwertdesaktuellenmittlerenSzenariosliegtnachIPCC(2013)beieinemAnstieg umbiszu55cmbiszumJahr2100.DieAmplitudeallerIPCCModellebeträgt28–98cm Anstiegbis2100(sieheauchAbbildung5.2).

Abbildung 5.2. Projektionendesglobalenmittleren Meeresspiegelanstiegsfürdas21.Jahrhundert. DenBezug(Null)bildendieWertedesZeitabschnitts1986–2005nachdenModellenRCP2.6undRCP8.5aus IPCC(2013).DerberechnetewahrscheinlicheBereichistalsschattierteBandegezeichnet.Dieberechneten möglichenAmplitudenderRCPModellesindrechtsalsfarbigeBalkendargestellt.

Fürdienächsten20bis35JahrekannnachIPCC(2013)prognostiziertwerden,wievielAn stiegunddamitdrohenderLandverlustalleindurchdenMeeresspiegelanstieg(ohneHöhen verlustdurchMineralisationinnerhalbderPolder)zuerwartenist,nämlichetwa6,4cmin20 Jahrenund11,2cmin35Jahren. EinehistorischeTorfwachstumsgeschwindigkeitvonbiszu0,4mmproJahristnachLampe &Jahnke(2002)anhandvonstratigraphischenUntersuchungenanKüstenüberflutungsmoo rendernordostdeutschenOstseeküstebelegt.HinzukommtnocheinegeschätzteSedimenta tionsratevon0,1–0,5mmproJahr.GenauereDatenzurhistorischenSedimentationsrateim Ostseeküstengebietliegennochnichtvor,eslaufendazuUntersuchungenindenKarrendorfer Wiesen. DieFragenachdemheuteundinZukunftmaximalmöglichenHöhenwachstumdurchTorf bildung kann mit diesen historischen Daten nicht beantwortet werden (H.Joosten mündl.

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2014,I.Koskamündl.2014).DieheutehöhereNährstoffverfügbarkeit,derhöhereKohlendi oxidgehaltderAtmosphäreunddielängereVegetationsperiodemithöherenDurchschnitts temperaturenlassenaberzumindesterwarten,dassheutigeTorfbildungsratendeutlichhöher ausfallen,alszudenZeiten,alsdieKüstenüberflutungsmooreentstandensind. 5.2.2.2 FeuchtgebietsundMoorschutz Ziele. WiederherstellungnaturnaherGrundwasserständeaufMoorböden.Wiederherstellung naturnaher Grundwasserstände in angrenzenden Mooren und anderen Feuchtlebensräumen. StoppderTorfundHumuszersetzungmitKohlendioxidundNährstofffreisetzung.Lebens raumundArtenschutz.KohlendioxidundNährstofffestlegungdurchTorfwachstum. Funktionsprinzip. EntwässerteMooresetzenfortlaufendKohlendioxidindieLuftundNähr stoffeindasWasserfrei.DurchdieTorfzersetzungnimmtdieGeländehöheimmerweiterab. DamitverschlechtertsichdieAusgangslagefüreineRenaturierungfortlaufend.Ausdeichung und Grabenverfüllung führen zu naturnahen Grundwasserständen im Überflutungsbereich. DurchRückstaudesGrundwasserskanneineÜberflutungsflächeauchzumSchutzangren zenderhöherliegenderMooreundandererFeuchtlebensräumebeitragen.Entstehenausrei chendnasseBedingungen,wirddieZersetzungderMoorbödengestopptundeskannzuneuer Torfbildungkommen. Hintergrund. FeuchtlebensräumeundMooregehörenzudenbedrohtenLebensräumen,die nutzungsbedingtmitamstärkstenzerstörtwurden.HäufigkönnenFeuchtgebietenurunzurei chendwiedervernässtwerden,wenndieangrenzendenFlächenweiterhinentwässertwerden. Daher kann eine Ausdeichung und Wiedervernässung von Poldern positive Auswirkungen auchaufangrenzendeFeuchtgebietehaben. 5.2.2.3 Klimaschutz Ziele. Stopp der KohlendioxidEmissionen durch Torfzersetzung in entwässerten Mooren (entsprichtindiesemPunktteilsderFunktion„FeuchtgebietsundMoorschutz“).Kohlendi oxidFestlegungdurchTorfwachstumaufneuenÜberflutungsflächen. Funktionsprinzip. WerdenMoorezurNutzungentwässert,gelangtLuftindenMoorkörper undderTorfwirdmineralisiert.InderFolgeentweicht,nebengroßenMengendesehemals

gespeichertenKohlendioxids,zusätzlichLachgas(N 2O),dessenklimaschädigendeWirkung ca.300malgrößeristalsdiedesKohlendioxids.Ähnlich,wenngleichschwächer,sinddie EffektebeiGrünlandumbruchdurchdieHumuszersetzung.AufwiederhergestelltenÜberflu tungsflächenentstehenmitdemMeeresspiegelmitwachsendeMoore.TorfwachstuminMoo renführtzurdauerhaftenKohlendioxidFestlegung.

Hintergrund. InDeutschlandemittierendieMoorbödenca.2,5–5%derCO 2Äquivalenteder jährlichenGesamtemissionen.DurchWiedervernässungvonMoorenisteineReduzierungder jährlichenTreibhausgasemissionenvon4bis15,5TonnenCO 2ÄquivalentejeHektarmög lich(Drösleretal.2012).DieFähigkeitzurAnpassungandenKlimawandelistnichtaufna türliche Moore beschränkt. Auch das extensiv genutzte Salzgrünland der Küstenüberflu tungsmoorehateineähnlicheAnpassungsfähigkeitgegenüberklimatischenVeränderungen, eskannsogareinehöhereBelastbarkeitaufweisen. 5.2.2.4 Hochwasserschutz Ziel. HöchstständevonHochwasserereignissensollenmitHilfevonRetentionsflächenund Wellenbrechunggedämpftwerden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 43

Funktionsprinzip. Ausdeichung gibt zusätzlichen Überflutungsraum frei. Das Hochwasser verteiltsichaufeinergrößerenFlächeundsteigtdaherwenigerstarkinderHöhean.Hierfür sind nur Flächen mit großem Speichervolumen insbesondere innerhalb der DarßZingster Boddenkettegeeignet,daeinhochwassermindernderEffektderRetentionanderKüstenur eintritt,wennderZustromvonWassereingeschränktist. Röhrichtbeständen wirdeinewellenbrechendeWirkung bei Sturmhochwassern nachgesagt, dochkonntenbisherkeineschlüssigenBeweisegefundenwerden,obdieserEffektinsolchen SituationenvonBedeutungist.AndererseitsistSchilfselbstempfindlichgegenSeegangund Wellenschlag(Krisch1978,1989).VermutlichistjedererosionsminderndeBewuchsaufei nemmöglichstbreiten,WellenenergieabsorbierendenDeichvorlandvorteilhaftfürdieStand festigkeitderDeiche. Hintergrund. DasAbsenkenvonHochwasserspitzendurchRetentionerhöhtdieSicherheit der Deiche. Die Kosten für technischen Küstenschutz (Deiche, Sperrwerke) können unter Umständenverringertwerden. 5.2.2.5 Gewässerschutz(Nährstoffrückhalt) Ziele. StoppderweiterenNährstofffreisetzungdurchMineralisationentwässerterorganischer Böden(Torfe,organischeMudden).NährstoffrückhaltausdemÜberflutungswasseraufden Flächen.SchutzderBoddengewässervorÜberdüngung. Funktionsprinzip. AusdeichungundWiedervernässungerzeugenSauerstoffmangelimBoden undstoppensodieNährstofffreisetzungindieGewässer.WachsendeMoorespeichernNähr stoffe(Phosphor,Stickstoff)imTorf.BiomasseaustragdurchNutzungkannderVegetation zusätzlichNährstoffeentziehen.DaherhatdieVegetationvonÜberflutungsflächeneinstar kesRückhaltevermögenvonNährstoffenausdemÜberflutungswasser.Entscheidendfürdie ReduktionderNährstofffreisetzungistdieWiederherstellungmöglichstnaturnaherWasser ständenaheFlur(Joostenetal.2013). Hintergrund. AktuellsindFließgewässer,BoddenundOstseestarkmitPhosphorundStick stoffüberlastet.AuchwennzurLösungdieserProblemediegesamtenGewässereinzugsgebie teeinbezogenwerdenmüssen,unterstützenÜberflutungsflächendieSelbstreinigungsfunktion vonGewässern.DiedirekteKüstennäheerhöhtdieGewässerwirksamkeitvondortdurchge führtenRenaturierungsmaßnahmen. 5.2.2.6 StabilisierungdesGrundwasservorrats Ziel. NaturnahehoheGrundwasserstände.VorsorgendeSicherungvonunbelastetemGrund wasserundausreichendeVersorgungvonforstundlandwirtschaftlichenKulturenwährend Trockenperioden. Funktionsprinzip. AusdeichungundGrabenrückbauführenzunaturnahenGrundwasserstän denimÜberflutungsbereich.DurchRückstaudesGrundwasserskannesauchaufoberhalb angrenzendenFlächenzueinerStabilisierungdesGrundwasserspiegelsinTrockenperioden kommen. Hintergrund. DurchdenKlimawandelkönnteninsbesondereimFrühjahrhäufigeralsbisher längereTrockenperiodeneintreten.ZudemfallenNiederschlägeimSommerzunehmendals StarkregenbinnenkurzerZeit.SielaufendaherzumgroßenTeiloberflächlichab,stattindas Grundwasserzuversickern.

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5.2.3 Versorgungsfunktionen und Landwirtschaft

LandschaftenunterliegenseitlangemaucheinerwirtschaftlichenNutzungdurchdenMen schen vorrangig zur Nahrungsbereitstellung. Die für Küstenüberflutungsräume relevanten VersorgungsfunktionenunddadurcherzieltendirektenNutzensindinTabelle5.3zusammen fasst.

Tabelle 5.3. VersorgungsfunktionenunddirekterwirtschaftlicherNutzen

Funktion Nutzen NährstoffzufuhrdurchÜberflutung EinsparungvonDüngemitteln SicherungdauerhafterLandnutzung VermeidendeswirtschaftlichenVerlustsderLandfläche Produktionsfunktionen Produktiongesellschaftlichbegehrterundökonomisch nachgefragterregionalerProdukte 5.2.3.1 NährstoffzufuhrdurchÜberflutung Ziel. NutzungdesNährstoffpotenzialsdernatürlichenÜberflutungmiteutrophemBodden wasserundderSedimentationfürdielandwirtschaftlicheProduktion.NutzungderimBod denwasserenthaltenenMineralstoffefürdieTierundPflanzenernährung. Funktionsprinzip. Küstenüberflutungsräume verfügen über eine regelmäßige kostenfreie NährstoffversorgungüberdasnatürlicheutropheoderkünstlichüberdüngteÜberflutungswas ser.HochwässerbringenNährstoffeundSedimenteaufdieFlächenundsteigernderenErtrag. KüstenüberflutungsräumegehörendaherzudenwenigennatürlichenLebensräumen,aufde neneinedüngerfreieLandwirtschaftdauerhaftmöglichist.ImWasserenthalteneMineralstof fewirkensichzudemgünstigaufErnährungundKonstitutionderWeidetiereaus. Hintergrund. DielandwirtschaftlicheNutzungregelmäßigüberfluteterFlusstälerundMün dungsbereichegiltalsVoraussetzungfürdenÜbergangnomadischenLebenszurSesshaftig keit(z.B.Zweistromland,Nil).VonjehernutzendieMenschenauchanderOstseeküsteden Effekt,dassregelmäßigeÜberflutungenaufdiesenFlächeneinwiederkehrendesNährstoffan gebothinterlassen.KüstenüberflutungsräumesinddeshalbproduktiveLandwirtschaftsregio nen,dieanderOstseeseitJahrhunderteninsbesonderedasWeideviehernährten. 5.2.3.2 SicherungdauerhafterLandnutzung Ziel. ErhalteineswirtschaftlichenWertesundeinerangepassten landwirtschaftlichen Nut zung. Funktionsprinzip. DasFunktionsprinzipundderHintergrundsindunterderRegulationsfunk tionLanderhalt(Abschnitt5.2.2.1)ausführlichdargestellt.DabeigehtesumdenEffekt,dass regelmäßig überflutete Küstenlandschaften mit angepasster Vegetation (Salzgrünland, Brackwasserröhrichte) über Torfbildung und Sedimentation in ihrer Höhenlage wachsen. DeshalbwirdingroberAbschätzungangenommen,dassÜberflutungsräume≥–0,1mzuMW mitdemfürdienächstenJahrzehnteprognostiziertenMeeresspiegelanstiegeinebislangun bekannteZeitmitwachsenkönnen,jenachGeschwindigkeitdiesesAnstiegs.DieseAnnahme istjedochmitUnsicherheitenbehaftet. Hintergrund. Bei einem mit wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erfolgreichen Landerhalt stehtauchkünftigenGenerationen(mehr)FlächezurBereitstellungvonAgrarprodukten(Er nährung,Energienutzung,Baustoffnutzung)zurVerfügung(s.Abschnitt5.2.2.1).Derwirt schaftlicheTotalverlustdesFlächenwerteswirdvermieden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 45

5.2.3.3 Produktionsfunktionen Ziel. Produktion gesellschaftlich notwendiger und nachgefragter Produkte (Fleisch, Heu/Silage/Einstreu,SchilfrohralsBaustoff,BiomassealsEnergieträger). Funktionsprinzip. AlsKriterienzurBewertungderProduktionsfunktionliegtzunächstnahe, die wirtschaftliche Nachfrage nach den erzeugbaren Produkten heranzuziehen. Dabei kann unterstelltwerden,dassallegenanntenerzeugbarenProduktebenötigtundnachgefragtwer den.EntscheidendfüreinewirtschaftlicheVerwertbarkeitistdemnachderKostenaufwandim VergleichmitderProduktionaufStandorten,diekeineKüstenüberflutungsräumesind.Allein fürdieProduktionvonSchilfrohrfüreinestofflicheVerwertungalsBaustoffkannsomitda vonausgegangenwerden,dasskeinNachteilsausgleichnotwendigist.ImAbschnitt4.2wurde bereits beschrieben, dass die landwirtschaftliche Nutzung dieser Landschaften i.d.R. mit Erschwernissenverbundenist.FüreinewirtschaftlicheProduktionvonFleischundlandwirt schaftlicher bzw. energetisch nutzbarer Biomasse zu aktuellen Marktpreisen sind demnach NachteileausgleichendeFörderungenerforderlich. FürdieBewertungdesgesellschaftlichenNutzensderProduktionsindweitereKriterienrele vant,dieineinemzweistufigenVerfahrennachfolgendemSchemabestimmtwerden: Stufe 1 Nachteilsausgleicherforderlich? Produktgleichwertigersetzbar? Ja nein ja nein Stufe 2 Fördermöglich Produktmarktge Umweltbilanz gehtalsexklusivesPro keitenvorhanden? rechterzeugbar ArtgerechteTierhaltung duktindieBewertungein

Insgesamtwerden,nachBeantwortungderAusgangsfrageninder1.Stufe,demnachfolgende fünfKriterienherangezogen: − IstdasProduktmarktgerechterzeugbar? − WerdenwirtschaftlicheNachteilemitFörderungenausgeglichen? − HandeltessichumeingleichwertigersetzbaresProdukt? − WieistdieUmweltbilanzdesProduktesaufKüstenüberflutungsflächenimVergleichzu einemgleichwertigenErsatzaufanderenStandorten? − IstdieTierhaltungartgerechterimVergleichzuanderenFormenderTierhaltung? Hintergrund. AufKüstenüberflutungsflächenkönnenlandwirtschaftlicheProdukte(Fleisch, Schilfrohr,Heu/Silage/Einstreu,Energieträger)erzeugtwerden.DieMarktpreisedeckenaber inderRegelnichtdieErzeugungskosten.DaheristdieNutzungderFlächen,soweitdiesge sellschaftlichgewünschtist,vonFörderungenabhängig.FürdieBewertungvonmöglichen NutzungsformensindnebenderensozioökonomischemNutzenauchderenUmweltfolgewir kungensowiederTierschutzrelevant. 5.2.4 Soziokulturelle Funktionen und Tourismus

LandschaftenwurdenweitgehenddurchwirtschaftlichenNutzungengeformt.Darausergeben sichinVerbindungmitdernaturräumlichenAusstattungcharakteristischeLandschaftsbilder, diesowohldieBeziehungderBewohnerzuihrerLandschaftprägenalsauchüberdenTou rismuszusätzlichenwirtschaftlichenNutzenermöglichen.DiefürKüstenüberflutungsräume bedeutsamenFunktionenundderdamiterzielteNutzensindinTabelle5.4zusammenfasst.

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Tabelle 5.4. SoziokulturelleFunktionenundTourismus

Funktion Nutzen SoziokulturelleFunktionen ErhaltderVielfalt,EigenartundSchönheitderLandschaft;Wahrneh mungundIdentitätsbildung,RespektvorundimUmgangmitderNatur Tourismus ErhaltdesErholungswertsundderWertschöpfungausderTouris musbranche,auchdesErholungswertsfürdieansässigeBevölkerung 5.2.4.1 SoziokulturelleFunktionen Ziel. WahrnehmungundErhaltderVielfalt,EigenartundSchönheitderLandschaft.Respekt vorderNaturinsbesonderevordenKräftenderNaturundinihrerAusprägungalsWildnis. Funktionsprinzip. SoziokulturelleFunktionenvonNaturundLandschaftwerdenindividuell unterschiedlich wahrgenommen. Sie können als Heimatverbundenheit zum Ausdruck kom menunddabeiauchtraditionellewirtschaftlicheNaturnutzungeneinschließen.Danebengibt es individuelle Naturerlebnisse und Naturbeobachtungen, die sehr prägende Einstellungen hervorrufen:dieStilleimnächtlichenMondscheinlicht,dasRauschendesWindesundder Wellen,BeobachtungenvonWildtieren,derSternenhimmelbeiDunkelheit,Sonnenuntergän geetc.DasPotenzialfüreinintensiveskulturellesNaturerlebenistdabeinebendenindividu ellenErfahrungenundPrägungenabhängigvonderkonkretenLandschaftsausstattung.Diese natürlicheBasiswirktüberindividuellbeeindruckend. FürdieBewertungdersoziokulturellenFunktionenwerdenfolgendeKriterienherangezogen: − VielfaltderLandschaft(Abwechslungsreichtum) − EigenartderLandschaft(Exklusivität) − SchönheitderLandschaft(Ästhetik) − ErlebbarkeitvonWildnis 7 − ErlebbarkeitvonTieren Hintergrund. DieBetrachtungundInanspruchnahmevonNaturundLandschaftdurchden Menschen erfolgt in vielschichtigen Formen der individuellen und allgemeinen Wahrneh mung.DieseEindrückeprägeninbestimmenderWeisediepersönlicheundgesellschaftliche WertschätzungfürdieNaturunddassoziokulturelleSelbstverständnisderRegion. ImRahmendesVerbundprojektes„SchatzanderKüste“wurdeimerstenQuartal2015eine repräsentativeBefragungvon1.019MenschenimProjektgebietdurchgeführt.DieErgebnisse dieserInterviewsunddieSichtdervorOrtlebendenBevölkerungauf„ihre“Landschaftwer denbeiderBewertungaufgegriffen(Kettner&StollKleemann2016). 5.2.4.2 Tourismus Ziel. ErhaltdesErholungswertesundderwirtschaftlichenWertschöpfungausderTourismus branche. Funktionsprinzip. DerErlebniswertderKüstenlandschaftstütztsichaufdieimvorherigen Abschnitt genannten soziokulturellen Funktionen. Küstenüberflutungsräume stellen als un verwechselbaresElementdennatürlichenÜbergangsbereichzwischenLandundWasserfür vieleKüstenabschnittederBoddenundOstseeküstedar.AufgrundihrernatürlichenOffen heitundWeitesowiedeshohenNaturerlebniswerteshabensieeinstarkesIdentifikationspo tenzialundstellenbevorzugteRäumefürLandschaftsundNaturerlebendar.Hinzukommen 7 ImZusammenhangmitderErlebbarkeit(durchdieÖffentlichkeit,alsodurchLaien)werdendieMerkmale vonWildniswenigerstrenggehandhabt.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 47 eineReihevonanderKüstemöglichenFreizeitaktivitäten,wieWandern,Radfahren,Baden, Segeln, Surfen, Angeln, etc. Diese touristischen Nutzungen ermöglichen eine finanzielle Wertschöpfung,dieindenKüstengemeindendenüberwiegendenTeilderWirtschaftsleistung ausmacht. Hintergrund. Teile des Hotspot29Projektgebietes haben eine herausragende touristische Bedeutung.DeshalbkommtdiesemabgeleitetenAspektdesLandschaftsbildesunddenMög lichkeiten des Landschaftserlebens eine erhebliche, auch wirtschaftlicheBedeutungzu.Im eingedeichtenZustandverschwindendiehöhenbedingtenUnterschiedeinderVegetationund die Flächen verlieren ihre unverwechselbare Eigenart des wahrnehmbaren Übergangs zwi schenWasserundLand. 5.3 Maßgebliche rechtliche Rahmenbedingungen

Für alle Entwicklungsmaßgaben, die aus einem Leitbild abgeleitet werden, sinddienatur schutzrechtlichen Vorgaben maßgebend. Diese leiten sich aus der EUGesetzgebung (FFH undVogelschutzrichtlinien,Wasserrahmenrichtlinie)ab,sowieausdemBundesnaturschutz recht,dasüberdasNaturschutzausführungsgesetzdesLandesundVerordnungennäherbe stimmt ist. Da gerade die wichtigen Küstenüberflutungsräume (Salzgrünland, Röhrichte, Flachwasserbereiche)undauchgepolderteFlächenindiesengesetzlichenRegelungeneinen hohenSchutzstatusgenießenunddieseGebietealsprioritäreLebensräumeodergesetzlich geschützteBiotopeausdrücklichbenanntsind,sinddieseRechtsnormenfürdasLeitbildbin dend. InderBiodiversitätsstrategiedesLandesMecklenburgVorpommernbis2020(MLU2012) wirddieVerantwortungdesLandesMecklenburgVorpommernfürdieKüstenlebensräume bekräftigt.AufKüstenüberflutungsflächenbezogeneZielederStrategiesinddieRenaturie rungvon10.000HektaraktiventwässerterKüstenpolderunddieSchaffungvon2.000Hektar extensivbeweidetenSalzgrünlands. 5.3.1 Europäisches Recht: FFH-Richtlinie, Vogelschutzrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Meeresstrategie-Rahmen- richtlinie (MSRL) Artikel3Absatz1derFFHRichtlinieverpflichtetdieMitgliedstaatenderEuropäischenUni on,einNetzbesondererSchutzgebieteaufzubauen: „Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habita- te der Arten des Anhang II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstel- lung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten“. GemäßArtikel6legendieMitgliedstaaten„ für die besonderen Schutzgebiete (…) die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, (…) die den ökologischen Erfor- dernissen der natürlichen Lebensraumtypen (…) und der Arten (…) entsprechen (…) . §32desBundesnaturschutzgesetzes(BNatSchG)überführtdieVerpflichtungendereuropäi schenRichtlinieinbundesdeutschesRechtundnenntdieAufstellungvonManagementplänen als eine mögliche Umsetzungsstrategie. In der HotspotRegion liegen Küstenüberflutungs räumegroßflächiginden FFH-Gebieten 1542302„RecknitzÄstuarundHalbinselZingst“ undDE1544302„WestrügenscheBoddenlandschaftmitHiddensee“undmitkleinerenFlä chenanteileninDE1446302„NordrügenscheBoddenlandschaft“,DE1541301„Darß“und DE1739304„WälderundMoorederRostockerHeide“. GeschützteLebensraumtypen (imFolgendenabgekürztLRT)desAnhangI,dieaufKüsten überflutungsflächenvorkommenkönnen,sinddieLRT1330„AtlantischeSalzwiesen“und

ILNGreifswald—November2016 48 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

LRT1310„PioniervegetationmitSalicorniaundandereneinjährigenArtenaufSchlammund Sand(Quellerwatt)“.Letztererkommtu.a.kleinflächiginnerhalbdesLRT1330vor.DieLRT 1130 „Ästuarien“ und 1160 Flache große Meeresarme und Buchten umfassen Teile der Flachwasserbereiche der Bodden. Der ErhaltungszustandderLRT1330und1130wirdin MecklenburgVorpommernaktuellals„schlecht“bewertet,derLRT1310und1160alsun günstig(LUNGMV2014).FürLRTmiteinemschlechtenErhaltungszustandsindErhal tungsmaßnahmendurchzuführen(StALUVP,NPAVP2014).GemäßEntwurfdesManage mentplans für das FFHGebiet 1542302 „RecknitzÄstuar und Halbinsel Zingst“ (StALU VP,NPAVP2014)habenAtlantischeSalzwieseneinensehrhohenFlächenanteilimGebiet bezogenaufdasLandMVundsindeuropaweitineinemungünstigenZustand.Damitbesteht eineinternationaleVerantwortungfürdenErhaltdiesesLebensraumtypsimHotspotGebiet. Tierarten des Anhangs IV, für deren Vorkommen HabitatederKüstenüberflutungsflächen bedeutsamseinkönnen,sindgemäßEntwurfdesFFHManagementplansfürdasFFHGebiet RecknitzÄstuarundHalbinselZingstFischotterundSteinbeißer.DerFischotterkommtin denFlachwasserbereichenderBoddenvor,derSteinbeißerbewohntdenöstlichen,nichtso salzhaltigenAbschnittderDarßZingsterBoddenkette.DerErhaltungszustandderfürbeide ArtenrelevantenHabitatelementewirddortaktuellmitA(hervorragend)angegeben. DieVogelschutzrichtlinieverpflichtetdieMitgliedstaatenderEuropäischenUniondieerfor derlichen Maßnahmen zu treffen, um für alle europäischen Vogelarten eine ausreichende VielfaltundeineausreichendeFlächengrößederLebensräumezuerhaltenoderwiederherzu stellen.Die Vogelschutzgebiete 1542401VorpommerscheBoddenlandschaftundnördlicher Strelasundund1446401BinnenboddenvorRügenenthaltengroßflächigpotenzielleKüsten überflutungsflächen;daserstgenanntedecktdenGroßteildesHotspotGebietsab,dasletztge nannteweitereBereicheWestrügens.MitderLandesverordnungüberdieEuropäischenVo gelschutzgebietewurdenalle60europäischenVogelschutzgebietedesBundeslandesinnatio nalesRechtumgesetzt.GemäßArtikel4derVerordnungistdasErhaltungszielfürdiejewei ligenGebietedieErhaltungoderWiederherstellungeinesgünstigenErhaltungszustandesder vondieserVerordnungerfasstenVogelartenundderdafürerforderlichenLebensraumelemen te.DiewichtigstenderdortfürdieVogelschutzgebiete1542401und1446401aufgeführten Arten, die auf Küstenüberflutungsflächen vorkommen, sind: Brutvögel : Alpenstrandläufer, Austernfischer, Brandgans, Brandseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Großer Brachvogel, Kampfläufer, Kiebitz, Knäkente, Lachmöwe, Löffelente, Mittelsäger, Rotschenkel, Sä belschnäbler,Sturmmöwe,Spießente,UferschnepfeundRastvögel :außerdemKranich,Gold regenpfeifer,NonnengansundOdinshühnchen.EineManagementplanunggibtesbisherfür Vogelschutzgebietenicht. Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)ausdemJahre2000verpflichtetDeutschland,einen gutenökologischenundchemischenZustandderGewässerbis2015zuerreichen.Gegenstand derRichtliniesinddieFließ,StandundKüstengewässersowiedasGrundwasser.DieBod dengewässer gehören zu den Küstengewässern. Da ein guter Zustand der Gewässer nicht rechtzeitigerreichtwerdenwird,musstedieWasserwirtschaftsverwaltungeineVerlängerung derFristzurZielerreichungbiszumJahre2021,spätestensbis2027beantragen.DieBodden gewässerverfehlendengutenökologischenZustandvorallemaufgrundderhohenNährstoff belastungundinfolgedesseneinereingeschränktenArtenausstattung. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verpflichtetdieMitgliederderEuropäischenUnion, dienotwendigenMaßnahmenzuergreifen,umspätestensbiszumJahr2020einengutenZu stand der Meeresumwelt zu erreichenoderzuerhalten. Gemäß Zeitplanung der Richtlinie wirdbis2015dasMaßnahmenprogrammzurErreichungbzw.ErhaltungdesgutenUmwelt zustandeserstellt.DerUmweltzustandwirdan11Deskriptorengemessen;imRahmendes vorliegendenLeitbildesrelevantsindvorallemdieDeskriptoren„diebiologischenVielfalt

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 49 wirderhalten“,„dieEutrophierungistaufeineMinimumreduziert“und„dauerhafteVerände rungen der hydrografischen Bedingungen haben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Meeresökosysteme“ 5.3.2 Bundesnaturschutzgesetz, Naturschutzausführungsgesetz M-V, Nationalparkrecht DasBundesundLandesnaturschutzrechtbeschreibtdenStatusvonSchutzgebietenundden bestimmungsgemäßenUmgang,ebensofürgeschützteBiotopeundArten.ImHotspotGebiet sindfürdiebeschriebenenZielzuständebesondersdieRegelungenzuNationalparkenrele vant,daeinbedeutenderTeildesHotspotGebietesunddiemeistenKüstenüberflutungsräume im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft liegen. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)schreibtvor: § 24 Nationalparke Absatz 1: Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte (…) Gebiete, die (…) sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zu- stand befinden (…), der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dy- namik gewährleistet. Dieser Paragraf bestimmt, dass auf >50% der Fläche des Nationalparks Vorpommersche BoddenlandschaftkeinaktivausgeübtermenschlicherEinflussaufdieNaturstattfindensoll, alsoauchkeineLandschaftspflege. AlsGesetzistzudemdie Nationalparkverordnung zubeachten: § 3 Schutzzweck (1) Die Errichtung des Nationalparkes dient dem Schutz der vorpommerschen Boddenlandschaft, der Bewahrung ihrer besonderen Eigenart, Schönheit und Ursprünglichkeit. Im einzelnen wird mit der Erklä- rung zum Nationalpark die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, insbesondere (…) der Ablauf der natürlichen Prozesse in den Flachwassergebieten der Bodden (…) gesichert bzw. gefördert. Der Natio- nalpark dient gleichzeitig der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes der durch menschliche Eingriffe veränderten Salzgrasland- und Moorflächen sowie der Sicherung der Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt. Dazu gehören: 1. Die Erhaltung der wichtigsten Wasser- und Watvogelbrutplätze an der deutschen Ostseeküste, 2. die Sicherung ungestörter Rast- und Winteraufenthaltsbedingungen für ziehende Wasservögel (…). § 5 Gebote (1) Im Nationalpark ist es geboten, 1. in der Schutzzone I vorrangig durch geeignete Schutzmaßnahmen die ungestörte Entwicklung natürli- cher und naturnaher Lebensgemeinschaften zu sichern sowie gestörte Lebensgemeinschaften in natürli- che oder naturnahe Zustände zu überführen (…). 2. In der Schutzzone II vorrangig durch gezielte Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen die biotoptypi- sche Mannigfaltigkeit der heimischen Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten und zu fördern, insbesondere (…) c) die Pflege der Graslandflächen durch Mahd und Beweidung ohne Düngung zu gewährleisten. Der Nationalparkplan gibtdieZielederFlächenentwicklungimNationalparkvor: Im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft haben Küstenüberflutungsmoore eine besondere Bedeutung. Deren Regeneration zielt auf die Wiederherstellung des Torfwachstums sowie auf eine Nährstoffentlastung für die Boddengewässer. Flachwasserzonen und Überflutungsräume sind für die Entwicklung der Gewässerqualität insbesonde- re der Bodden von herausragender Bedeutung; Überflutungsbereiche sind daher, wo möglich, wieder- herzustellen (…). Um die natürliche Filterfunktion der Überflutungsmoore und Röhrichte zu nutzen, sollten die Überflutungsflächen unter Beachtung sozioökonomischer Aspekte vergrößert werden. Röhrichte und Riede (…) müssen daher im Nationalpark ungestört erhalten bleiben. (…) Einheimi- schen Rohrwerbern kann auf Antrag die Rohrwerbung in der Schutzzone II weiterhin ermöglicht wer- den. Für die Bewirtschaftung des Salzgraslandes im Nationalpark sind folgende Anforderungen zu beach- ten: (…) Dauergrünlandnutzung, (…) Beschränkung der Beweidungsintensität, (…) Verzicht auf Dün-

ILNGreifswald—November2016 50 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt gung, (…) Weideperiode von April bis November (…). Für potenzielle Küstenüberflutungsmoore soll ein Torfwachstum durch Wiederherstellung natürlicher Wasserverhältnisse herbeigeführt werden. Die überregional besonders bedeutsamen Küstenvogelbrutgebiete sollen durch eine Betreuung wäh- rend der Brutzeit in ihrer Funktion gesichert werden. (…) In den Küstenvogelbrutgebieten soll eine gezielte Regulation des Haarraubwildes (…) erfolgen. (…) Die Regulierung der Bestände von Fuchs, Marderhund, Waschbär und Mink ist im Nationalpark möglich und soll insbesondere in den Küstenvo- gelbrutgebieten stattfinden. In den Küstenüberflutungsräumen ist in allen Zielzuständen mit dem Auftreten gesetzlich geschützte r Biotope undArtenzurechnen. § 30 Gesetzlich geschützte Biotope (BNatSchG) Absatz 2: Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten: (…) Röh- richte, Großseggenrieder, (…) Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen. ZumgesetzlichenBiotopschutzmachtdasNaturschutzausführungsgesetz(NatSchAGMV) weitergehendeVorgaben.DieFormulierungenüberdasVerändernoderZerstörensowiedie Liste der geschützten Biotope entsprechen sinngemäß dem BNatSchG. Eine Anlage zum LandesgesetzgibtergänzendeErläuterungenzudenBiotoptypen.Ausnahmeregelungenzum gesetzlichenBiotopschutzsindlandesseitiggenauerbestimmt: § 20 gesetzlich geschützte Biotope (NatSchAG M-V) Absatz 3: Die untere Naturschutzbehörde kann auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn die Beeinträchtigungen der Biotope (…) ausgeglichen werden können oder die Maßnahme aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls notwendig ist. (…) Soweit es sich bei den Biotopen (…) um FFH-Gebiete oder um (…) Vogelschutzgebiete handelt, sind Ausnahmen nur zulässig, wenn auch die Anforderungen von § 34 Absatz 1 bis 5 des Bundesnatur- schutzgesetzes erfüllt sind [Abprüfen der FFH-Verträglichkeit]. Bei Ausnahmen, die aus überwiegen- den Gründen des Gemeinwohls notwendig sind, finden die Bestimmungen des § 15 Absatz 2 und 6 des Bundesnaturschutzgesetzes über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Anwendung. DergesetzlicheBiotopschutzstehtinsoferneinerUmwandlungvoneinemgeschütztenBiotop (z.B. Röhricht) in einen anderen (z.B. Salzgrünland) grundsätzlich entgegen. Von dieser Regel kann aberabgewichenwerden,soferndasVorhaben FFHverträglich ist und Ersatz geschaffenwerdenkann. Der gesetzliche Artenschutz des§44Bundesnaturschutzgesetzsiehtfürstreng geschützte Arten besondere Schutzvorschriften vor. Insbesondere sind Störungen zu sensiblen Zeiten sowiedieZerstörungderLebensstättenverboten.StrenggeschützteArtensindaufgeführtim AnhangIVderFFHRichtlinie,inAnlage1derBundesartenschutzverordnungsowieimAn hangAderEUArtenschutzverordnung,hinzukommenbesondersgeschützteArtenderAnla ge1derVogelschutzRichtlinie.InMecklenburgVorpommernkommenca.200derstreng geschütztenTierundPflanzenartenvor,VerbreitungsschwerpunktevielerdieserArtenliegen anderKüste. AusderVielzahleinzelgesetzlicherRegelungenistfürdiebetrachtetenZielzuständezudem §12Abs.1Nr.9( nachhaltige Beeinträchtigung der Ufervegetation und von Salzgrünland ) undNr.16( Änderung der Nutzungsart von Dauergrünland auf Niedermoorstandorten )Nat SchAGMVvonBedeutung,indemdieseHandlungenalsgenehmigungspflichtigeEingriffe gelten.BisvorerstzumJahresende2015isteineUmwandlungvonDauergrünlandlandesge setzlichstrengreglementiert(DGErhGMV). FernergeltenuntergesetzlichregionalweitereVorgaben.Dazuzählennebendenbereitser wähntenManagementplanungenunddemNationalparkplanRegelungenwieNSGundLSG Verordnungen, der Gutachtliche Landschaftsrahmenplan (GLRP), Bewirtschaftungsvorpla nungen nach der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Verordnungen wie beispielsweise zur RohrwerbungundrechtskräftiggewordeneAusgleichsundErsatzmaßnahmen.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 51

5.3.3 Zusammenfassung als Bewertungskriterien ImErgebnislassensichausdenrechtlichenRahmenbedingungenfürdieBewertungderZiel zuständefolgendeKriterienableiten: − geschützterFFHLebensraumtyp–ja/nein − geschützterBiotop–ja/nein − sehrstarkeoderwenigerstarkeartenschutzrechtlicheIndikation, − ÜbereinstimmungmitdenZielenderWRRLundderMSRL. InnerhalbdesNationalparkssindzusätzlichdortgeltendeRechtsvorschriftenzubeachten.

ILNGreifswald—November2016

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 53

6 Bewertung der Zielzustände und Leitbild

6.1 Bewertung der möglichen Zielzustände

DieBewertungdermöglichenZielzustände(s.Tab.6.1)ausdemKapitel4wirdimFolgen denanhandderimvorangegangenenKapitel5erläutertenWerteundFunktionenvorgenom men.EinenÜberblickzudenErgebnissenderBewertunggebendieTabellen6.3bis6.7.Die Tabellensindsoangelegt,dassdieStärkeeinerBeziehung(Intensitätsstufe)zwischenZielzu standundderzurBewertungherangezogenenFunktionaucheinepositiveBeziehung–also eineEinschätzungalswertvoll–ausdrückt.DieBewertungallerFunktionenerfolgtjeweils bezogenaufdiemöglichenZielzuständenachfolgenddurchgängigindreiStufen: ●=starkeBeziehung,zutreffendbzw.wertvolloderpositiv ○=schwächereBeziehung,teilweisezutreffendbzw.teilweisewertvolloderteilweisepositiv kein Eintrag =keineBeziehung,nichtzutreffendbzw.negativ. Bei den herangezogenen Werten handelt es sich um überwiegend qualitative (insb. Biodiversität)oderumüberwiegendquantitativeWerte(insb.Umweltschutz),diesichinden abgeleiteten einzelnen Kriterien der Bewertung wieder finden. Die genauen Abstände zwischen den Intensitätsstufen sind zum Teil unbekannt, daher wurde auf eine feinere Abstufungverzichtet.DieUnterschiedezwischendenStufensindzudemnichtimmergleich groß. Insofern wäre eine Umrechnung von Bewertungsstufen in ein Punktesystem weder möglichnochsachgerecht.DerEigenwertvonArtenbenötigtimÜbrigenkeinebestimmte Mindestanzahl von Arten oder Artengruppen, um einer Berücksichtigung wert zu sein. SchließlichsinddieeinzelnenKriterieninihrerWertigkeitsogrundverschieden,dasssich auchausdiesemGrundeineBerechnungvonWertsummenübermehrereKriterienhinweg BegründungenzudenBewertungensinddenjeweiligenverbietet. Tabellenvorangestellt.DieSchluss folgerungen mit den favorisierten Zielzuständen und dem eigentlichen Leitbild folgen im Abschnitt6.2.DiezurBewertungherangezogenenwertgebendenArtengruppensindmitAn gabenzurGefährdungundSchutzverantwortlichkeitdesLandesMecklenburgVorpommern imAnhangenthalten(TabellenA1bisA4).

Tabelle 6.1. ListedermöglichenZielzuständeausKapitel4

Nr. Abkürzung Nutzung Zielzustand Produkte

1 Flachwasser keine Flachwasserbucht(Wiek) keine bucht (Reproduktionvon Fischbeständen)

2 Röhricht keine Brackwasserröhricht,ungenutzt keine

3 Rohrwerbung Mahd Brackwasserröhricht,MahdzurRohrwerbung Schilfrohr

4 Salzgrünland Weide,Mahd Salzgrünland Fleisch

5 Energie Mahd Energiepflanzennutzung Energie,Biomasse

ILNGreifswald—November2016 54 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

6.1.1 Bewertung Lebensraumfunktion, Biologische Vielfalt und Prozessschutz

BiologischeVielfaltisteineexistenzielleGrundlagefürdasmenschlicheLeben:Pflanzen, Tiere,PilzeundMikroorganismensindTrägerdesStoffkreislaufssiereinigenWasserund Luft,sorgenfürfruchtbareBödenundangenehmesKlima,siedienendermenschlichenEr nährungundGesundheitundsindBasisundImpulsgeberfürzukunftsweisendeInnovationen. NureineintakteNaturermöglichtheutigenundkünftigenGenerationeneinehoheLebensqua lität.SieistzugleichWurzelderregionalenIdentitätderMenschen. NebendieseraufdieNützlichkeitfürdenMenschenbezogenenWertsetzungwirdauchdie Gleichrangigkeitsprämisse als wertgebendes Prinzip zuGrundegelegt,wonachallenArten dasgleicheLebensrechtzukommt,wiedemheuteundmorgenlebendenMenschen. Entscheidend bei der Bewertung der Lebensraumfunktion für den Erhalt der biologischen VielfaltundderAuswahlkonkreterRenaturierungsflächenistderqualitativeCharakterder biologischen Vielfalt. Verluste an biologischer Vielfalt sind – gemessen an menschlichen Zeithorizonten–immerunumkehrbar.EntsprechendkommtderFrage,inwelchenLebens räumenundaufwelchenFlächenirreversibleVerlustedrohen,diehöchstePrioritätbeider BewertungderZielzuständezu.HierfürentscheidendsinddiederzeitigenErhaltungszustände derLebensräume,dieFlächenentwicklung(ZunahmeoderAbnahme)unddieFrage,obex klusiveArtenvorkommen.DieTabelle6.2fasstdiesfürdieZielzuständeFlachwasserbucht; Brackwasserröhricht,ungenutztundSalzgrünlandzusammen.

Tabelle 6.2. ErhaltungszustandundZukunftsaussichtenvonLebensraumfunktionundBiolo gischerVielfaltbeidenimHotspot29GebietbereitsvorkommendenZielzuständen (ErhaltungszustandundZukunftsaussichtennachLUNG2014)

Zielzustand EU-Code Erhaltungszustand Zukunftsaussichten Artenschutz *

Flachwasserbucht 1130 ungünstigbzw. abnehmend exklusiveArtenmit (Wiek) 1160 schlecht vorwiegendgroßen Raumansprüchen

Brackwasserröhricht, – (zunehmendoder (zunehmendoder exklusiveArtenmit ungenutzt stabil)* stabil)* vorwiegendgeringen Raumansprüchen

Salzgrünland 1330 schlecht abnehmend exklusiveArtenmit vorwiegendgroßen Raumansprüchen

* eigeneErgänzungen EntscheidendfürdieBewertungderGefährdungssituationistdieKombinationvonFlächen verlustdesLebensraumsunddemVorkommenvonexklusiveArtenmitgroßenRaumansprü chen. Dies trifft insbesondere für vom Aussterben bedrohte Küstenvogelarten des Zielzu stands zu. Auch im Zielzustand Flachwasserbucht kommen exklusive Arten mit großen Raumansprüchenvor(Fischarten,Vogelarten).Diesesindaberaufgrunddesvergleichsweise besseren Erhaltungszustands des Lebensraums und der günstigeren Zukunftsaussichten in ihrem Bestand weniger gefährdet. Die exklusiven Arten des Zielzustands Brackwasserröh richt, ungenutzt sind überwiegend Pflanzen und Insektenarten mit geringen Raumansprü chen,derenLebensraumausreichendvernetztundflächenmäßigzunehmendoderzumindest stabilistundzugleichaucheinennatürlichenAnteilindenZielzuständenFlachwasserbucht undSalzgrünlandeinnimmt.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 55

Die Zielzustände Flachwasserbucht, Brackwasserröhricht, ungenutzt und Salzgrünlandsind die wesentlichen Lebensräume, welche die Artenvielfalt der Küstenüberflutungsräume bestimmen.DerZielzustandFlachwasserbuchtistdabeiaufgrundderabweichendenHöhen lagenzudenübrigenZielzuständenräumlichkomplementär.DiemitAbstandhöchstenAntei lederwertgebendenArtengruppen(s.TabellenimAnhang)sindindenZielzuständenSalz grünland und Flachwasserbucht zu finden. Von den Zielarten des Florenschutzkonzepts MecklenburgVorpommern kommen insgesamt 31 Arten im Salzgrünland vor.Diesistdie mitAbstandgrößteArtengruppeallerbetrachtetenLebensräumeundunterstreichtdiebeson derenationaleundglobaleSchutzverantwortungvonMecklenburgVorpommernfürdiesen Lebensraumtyp.HierbestehtzugleichderhöchsteHandlungsbedarf,umdenErhaltderArten zusichern.DieSituationbeidenwertgebendenBrutvogelarten,SchmetterlingenundKäferar tenistnichtanders,auchhierbestehendiegrößteGefährdungundsomitderhöchsteHand lungsbedarfinderWiederherstellungvonSalzgrünland.

Tabelle 6.3. BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichLebensraumfunktionen,Bio logischerVielfaltundProzessschutz

AbkürzungZielzustand Flachwasser- Rohr- Röhricht Salzgrünland Energieernte (s.Tab.6.1): bucht werbung

Lebensraumfunktionen und Biologische Vielfalt

PflanzenartenundTierarten ● ○ ○ Flachwasser

PflanzenartenRöhrichte ○ ● ● ● ○

PflanzenartenSalzgrünland ○ ○ ●

WirbelloseRöhrichte ● ● ○ ○

WirbelloseSalzgrünland ○ ○ ●

VogelartenRöhrichte ○ ● ○ ○

VogelartenSalzgrünland ○ ●

AmphibienundReptilienfauna ● ● ○ ● ○

Säugetiere ● ● ○ ● ○

WertgebendePflanzenarten ● ○ ○ ● desFlorenschutzkonzeptsMV

WertgebendeBrutvogelarten ● ○ ●

WertgebendeKäferarten ○ ● ● ●

Wertgebende ○ ● ● Schmetterlingsarten

FischartenderAnhängeIIund ● ○ IVderFFHRichtlinie

Prozessschutz(Sukzession) ● ●

Prozessschutz(Küstendynamik) ● ● ● ● ●

● starkeBeziehung,zutreffend ○ schwächereBeziehung,teilweisezutreffend kein Eintrag keineBeziehung,nichtzutreffend

ILNGreifswald—November2016 56 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Die Nutzungsformen der Zielzustände Brackwasserröhricht, Mahd zur Rohrwerbung und EnergiepflanzennutzungreduzierendienatürlichebiologischeVielfaltderBrackwasserröh richte,wenngleicheinigeArtenauchvondiesenNutzungsformenprofitierenkönnen.Mahd reduziertvorallemzunächstdieInsektenartenhinsichtlichderIndividuendichteundderAr tenvielfalt, namentlich dieandasSchilfgebundenen. Dadurch – Insekten bilden die Nah rungsgrundlagefürvieleandereTierarten–unddurchdieunmittelbarenstrukturellenEffekte derNutzungenverschlechtertsichauchdieLebensraumfunktionfürVögel,Säugetiereund Amphibien.WährendzudenAuswirkungenderWintermahdbeiderRohrwerbungaufFlora undFaunaUntersuchungenvorliegen,bestehtzudenAuswirkungeneinerEnergiepflanzen nutzungmitSommermahdaufFloraundFaunaimKüstenraumnochForschungsbedarf.Nach heutigerBewertungistmiteinervergleichsweisestärkerenGefährdungderbiologischenViel faltimVergleichzuallenanderenZielzuständenzurechnen. DassderZielzustandBrackwasserröhricht,ungenutzt,alsTeilderpotenziellnatürlichenVe getationvonKüstenüberflutungsräumenauchaufkleinenTeilflächeninnerhalbdernutzungs bedingten Ersatzgesellschaft Salzgrünland mit seinem natürlichen Arteninventar erhalten werdenkann,isteinebemerkenswerteBesonderheitdesNaturraums.Umgekehrtistaberder ErhaltvonKüstenvogelartenmitgroßenRaumansprüchendesZielzustandsSalzgrünlandund derErhaltdesnatürlichenArteninventarsderPflanzenartendesSalzgrünlandesmitdessen wertgebendenArtennichtzugleichaufFlächenandererZielzuständeerreichbar.DieKüsten vogelartennehmeneineherausragendeStellunginderBewertungein,danurausdieserAr tengruppederKüstenüberflutungsräumedesHotspots29aktuelldasAussterbenvonmehre renArteninMecklenburgVorpommerndroht.UnterdenGesichtspunktenLebensraumfunk tionundbiologischerVielfaltnimmtdaherdasSalzgrünlandeineSonderstellungein,daes auchdieArtenderungenutztenBrackwasserröhrichtemitschütztundzusätzlicheineReihe exklusiver und vom Aussterben bedrohter Arten mit hoher regionaler und überregionaler Schutzverantwortungeinschließt. Prozessschutz führt in Küstenüberflutungsräumen überwiegend zu Brackwasserröhrichten undsomitinderRegelzueinem–verglichenmitanderenZielzuständen–wenigerartenrei chenLebensraum.AufgrunddesgeringenAnteilsanwildnisnahen,natürlichenLandschaften inDeutschlandkanndiesemZiel,insbesondereimNationalpark,ebenfallseinhohernatur schutzfachlicherWertbeigemessenwerden.DastrifftinbesondererWeiseauchfürdenim KüstenraumcharakteristischenAspektderKüstendynamikzu. 6.1.2 Bewertung Regulationsfunktionen und Umweltschutz

Der Landerhalt ist angesichts des zunehmend schneller ansteigenden Meeresspiegels die wichtigsteFragefürdenzukünftigenUmgangmitbestehendenPolderflächen.SichereProg nosendazusindschwierig.DiebefragtenFachleute(Dr.H.Joosten,Dr.I.Koska,sieheQuel lenverzeichnis)sindsichaberdarineinig,dassKüstenüberflutungsmoorenurdannChancen haben,mitdemMeeresspiegelmitzuwachsen,wenndieFlächenzumZeitpunktderAusdei chungnochnahedemMeeresspiegelliegen,dadieProduktivitätdertorfbildendenVegetation mitzunehmenderWassertiefeabnimmt.DieheutebestehendenHöhenlagenindengepolder tenFlächenentscheidendaher,obeineFlächenachAusdeichungzumZielzustandFlachwas serbuchtoderzueinerLandflächemitmehrerenmöglichenZielzuständenwird. BeisteigendemMeeresspiegelaußerhalbderPolderundgleichzeitigsinkendenGeländeober flächendurchMineralisationorganischerBödeninnerhalbderPolder,steigtderAufwandfür dieEntwässerungderPolderunaufhaltsaman(Trepl2008).ZudemgerätJahrumJahrein weitererFlächenanteilunterdiekritischeHöheimVerhältniszumMeeresspiegel,unterhalb dereinMitwachsennachAusdeichungausgeschlossenerscheint.Diezuerwartenden6,4cm

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 57

Meeresspiegelanstiegin20Jahrenunddie11,2cmin35Jahrenerscheinennochmoderatim VergleichzuminsgesamtbiszumJahr2100gegenüber1990erwartetenAnstieg.DieserEin drucktäuscht.NachdemHöhenmodellderSundischenWieseliegen40%dereneingedeich terFlächenuraufeinerHöhebis0,2müberMittelwasser(s.ILNGreifswald2010).Eine Situation,diefürvieleanderePolderbeispielhaftseindürfte.Entsprechendbeträgtderge schätzteLandverlustaufgrunddesMeeresspiegelanstiegsproJahrrund1%,wenndiePolder nichtrenaturiertwerden.FüreinengroßenTeilderPolderflächenentscheidetsichdaherbe reitsalleinaufgrunddesMeeresspiegelanstiegsindennächsten2bis3Jahrzehnten,obdiese FlächennachAufgabederDeichealslandwirtschaftlichnutzbareLandflächenerhaltenwer den können oder dauerhaft zu Wasserflächen werden. Auf Moorflächen mit Höhenverlust durchMineralisationgehtdiesnochbedeutendschneller.FürdieAuswahlkonkreterRenatu rierungsflächensindaufentwässertenMoorflächenandauerndenegativeProzesseeinstarkes ArgumentdieseFlächenzuerstzurenaturieren,dasichansonstenderenZustandweiterver schlechtert(Höhenverlust,aberauchLebensraumverlust)unddieUmweltbelastung(Kohlen stoffdioxid,Nährstoffe)anhält. Die anderen wichtigen regulierenden Funktionen von Küstenüberflutungsräumen – Klima schutz,Hochwasserschutz,Gewässerschutz,StabilisierungdesGrundwasservorrats,Feucht gebietsundMoorschutzundderSchutzderdenLebensraumgestaltendenabiotischenPro zesse–werdennachRenaturierungmitAusdeichungundWiedervernässungweitgehendun abhängigvomangestrebtenZielzustandgleichwertigerreicht.DieUnterschiedeinderBewer tungderRegulationsundUmweltschutzfunktionensindsogeringfügig,dassdiesenallein keinEntscheidungsgewichtfüreinenbestimmtenZielzustandzukommt.DiefürdenKlima schutzpositiveWirkungeinerdurchRenaturierunggestopptenTorfmineralisierungbeiein setzendemMoorwachstumwirdimFallevonSalzgrünlandtrotzderBeweidungmitWieder käuern,dieklimawirksameGaseausstoßen,nichtaufgehoben,sondernlediglichreduziert.

Tabelle 6.4. BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichRegulationsfunktionenund Umweltschutz

AbkürzungZielzustand Flachwasser- Röhricht Rohrwerbung Salzgrünland Energieernte (s.Tab.6.1): bucht Regulationsfunktionen und Umweltschutz Landerhalt(durchTorfbildung ○ ○ ● ○ undSedimentation) Klimaschutz ○ ● ● ○ ●* Hochwasserschutz ● ● ● ● ● Gewässerschutz ○ ○ ○ ○ ●* (Nährstoffrückhalt) Stabilisierung ● ● ● ● ● Grundwasservorrat FeuchtgebietsundMoorschutz ● ● ● ● ●

● starkeBeziehung,zutreffend ○ schwächereBeziehung,teilweisezutreffend kein Eintrag keineBeziehung,nichtzutreffend * sofernbeieinerMähnutzungkeineDüngungerfolgt

ILNGreifswald—November2016 58 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

6.1.3 Bewertung Versorgungsfunktionen und Landwirtschaft

EinelandwirtschaftlicheNutzungvonfunktionsfähigen(nichteingedeichten)Küstenüberflu tungsräumenistdauerhaftmöglich,ohnedieBodenentwicklungzubeeinträchtigen.Diesgilt gleichermaßenfürdiemöglichenNutzungsformenSalzgrünland,RohrwerbungundEnergie pflanzennutzung.AufgrunddernatürlichenNährstoffversorgungausdemÜberflutungswasser istzudemeinedüngerfreieBewirtschaftungmöglich.DieKombinationausnatürlicherNähr stoffversorgungunddurchSedimenteinträgeausreichendtragfähigen(Moor)Bödenisteine fürnatürlicheLebensräumeselteneBesonderheit. DieSicherungeinerdauerhaftenLandnutzungkannalsweitgehendergesellschaftlicherKon sens betrachtet werden. Insofern ist der Landerhalt auch für zukünftige Nutzungen erstre benswert, selbst wenn aktuell keine wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit bestehen sollte. AuchfürdieZukunftwerdenkünftigenGenerationensoalleHandlungsoptionenzumUm gangmitLandalselementarerLebensgrundlageerhalten. BeiderFrage,fürwelcheslandwirtschaftlicheProduktdieFlächeninZukunftvorrangigein gesetztwerdensollen,kannauchdieErsetzbarkeitderProduktemitanderengleichwertigen Produktenherangezogenwerden.FleischundSchilfrohrkönnennichtdurchandereProdukte gleichwertig ersetzt werden. Biomasse zur Energiegewinnung, insbesondere das genutzte Endprodukt „Energie“, kann hingegen auch über Biomasse aus Wäldern oder über Solar, Wasser oder Windkraftanlagen ohne Flächenkonkurrenz zu landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden. Zurzeit verstärken sich die Forderungen, dass Energiepflanzen zukünftig nicht mehr in Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelerzeugung stehen sollten, da Landwirt schaftsflächezuErnährungderWeltbevölkerungzunehmendknappwird. DiemöglichenZielzuständemitlandwirtschaftlicherNutzungunterscheidensichhinsichtlich dernotwendigenphysischenFlächeneigenschaftennurrelativwenig.DienutzbarenHöhenbe reichevonSalzgrünlandundEnergiepflanzennutzungsindgleich.FürdieRohrwerbungist nureinschmalererHöhenbereichgeeignet,dieseNutzunghataberaktuellflächenmäßignur lokale Bedeutung. Schnittnutzung mit Spezialfahrzeugen ist im Gegensatz zur Beweidung auchaufBödenmitgeringerTragfähigkeitmöglich. HinsichtlichderUmweltfolgengibteszwischendenNutzungsformendeutlichereUnterschie de,wenngeprüftwird,obsichdasgleichelandwirtschaftlicheProduktaufnormalenlandwirt schaftlichen Flächen (nicht im Küstenüberflutungsbereich) mit vergleichbar geringen Um weltbelastungenerzeugenlässt.HinterdiesemVergleichstehtdieÜberlegung,dasssichauf einerKüstenüberflutungsflächeentwedernurFleischodernurBiomassezurEnergiegewin nungerzeugenlässt,wobeibeideProdukteamMarktnachgefragtwerden.FürbeideProdukte bestehtgroßerBedarf,deraktuellzumgroßenTeilüberImporte(SojaschrotfürFleischerzeu gung,ImportvonfossilenEnergieträgern)gedecktwird.Was–dieserÜberlegungfolgend– nichtinKüstenüberflutungsräumenerzeugtwird,mussimentsprechendenUmfanganderwei tigersetztwerden. RindfleischwirdheuteregelmäßigmitFuttermittelnerzeugt,derenAnbauAckerflächenin AnspruchnimmtundsomitderProduktionpflanzlicherErzeugnissezurdirektenErnährung konkurriert.EineweitereUmwandlungvonWäldernoderGrünlandzuAckerflächenführtzu erheblichenVerlustenderBiologischenVielfaltundzudemVerlustwichtigerRegulations funktionen auf diesen Flächen. Bei der Beweidung von Küstenüberflutungsräumen ändert sichhingegenderGrundtypusderVegetationnicht,daessichauchbeiderpotenziellnatürli chenVegetationumOffenlandvegetationhandelt.DieErzeugungvonFleischaufSalzgrün landschneidetdaherindenUmweltfolgewirkungenerheblichbesserabalsFleisch,welches ausdenamMarktvorherrschendenErzeugungsformenstammt.Gleichestrifftaufdieartge rechtereFreilandhaltungaufSalzgrünlandimVergleichzurhäufigüblichenStallhaltungzu.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 59

BiomassezurEnergieerzeugunglässtsichaufanderenlandwirtschaftlichenFlächen,z.B.in Kurzumtriebsplantagen,effektivererzeugenalsaufKüstenüberflutungsflächen. Insgesamt istdieextensiveWeidenutzungdesSalzgrünlandsdiemitAbstandumweltverträg lichste Landnutzungsform auf Küstenüberflutungsflächen. Sie schneidet auch hinsichtlich allerrelevantenUmweltfolgenunterBerücksichtigungdesalsklimaschädlichzubeurteilen denMethanausstoßesausWiederkäuermägengegenüberderüblichenStallhaltungundFut termittelerzeugung besser ab. Rohrwerbung ist ebenfalls positiv zu bewerten, sofern das SchilffürdenlokalenMarktproduziertwird.FüreineEnergiepflanzennutzungaufKüsten überflutungsflächensindbezogenaufdieVersorgungsfunktionenundauslandwirtschaftlicher Sicht kaum Vorteile erkennbar, im Vergleich zur Weidenutzung schneidet sie erheblich schlechterab.

Tabelle 6.5. BewertungdermöglichenZielzuständehinsichtlichihrerVersorgungsfunktionen undderLandwirtschaft

AbkürzungZielzustand Flachwasser- Röhricht Rohrwerbung Salzgrünland Energieernte (s.Tab.6.1): bucht

Versorgungsfunktionen und Landwirtschaft Nährstoffzufuhr(Überflutung) ● ● ● ● ● Landerhaltdauerhaftmöglich ● ● ● ● Produktnichtgleichwertig ● ● ersetzbar Umweltbilanzbesseralsauf ● ● anderenNutzflächen Tierhaltungartgerechter ● Produktderzeitmarktgerecht ● erzeugbar Fördermöglichkeitenderzeit ● ○ vorhanden

● starkeBeziehung,zutreffend ○ schwächereBeziehung,teilweisezutreffend kein Eintrag keineBeziehung,nichtzutreffend 6.1.4 Bewertung soziokulturellen Funktionen und Tourismus

ZurBewertungdersoziokulturellenFunktionenundderIdentifikationmitderHeimatwird zunächstaufdieimNaturschutzrechtdefinierteKategorieLandschaftsbildinseinerEigenart, VielfaltundSchönheitzurückgegriffen.EineharmonischgegliederteKulturwieNaturland schaftausOffenlandundWasserflächenwirdallgemeinalsschönempfundenundbietetein hohesIdentifikationspotenzial. DievorläufigenErgebnissederrepräsentativenBefragungimProjektgebiet(Kettner&Stoll Kleemann2016)bestätigeneinestarkeVerbundenheitmitderRegion.AufgrundderGröße des Projektgebietes wurde diese FrageaufvierTeilregionen bezogen gestellt (Rügen/Hid densee,Fischland/Darß/Zingst,südlicheBoddenküsteundRostockerHeide).Besondershohe Wertezwischen70und80%tratenindendreierstgenanntenTeilregionenauf,inderRosto ckerHeidelagderAnteilderMenschen,diesichstarkmitihrerRegionverbundenfühlenbei immernochhohen57%.Mitrund76%beivollerZustimmungwirddabeidieNaturund LandschaftnochvorFamilieundFreunden(69%)als Hauptgrund der Verbundenheit be

ILNGreifswald—November2016 60 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt nannt.Für94%derBefragtensindeinevielfältigeundartenreicheNaturundLandschaftsehr wichtig(76%)oderziemlichwichtig(18%).Dabeisindsichwiederummehrals80%der BefragtendarüberimKlaren,dassihreRegionbesondersvielfältigundartenreichist.Ebenso großistdasBewusstseindarüber,dassdieVeränderung(derVerlustan)derBiologischen VielfaltmaßgeblichdurchdenMenschenverursachtist. DiedasLandschaftsbildbelebendenNutzundWildtiere(hiervorallemWeideviehundVö gel)werdenebenfallsvondenmeistenMenschenwahrgenommenundgeschätzt.Unterdiesen PunktenbietendieZielzuständeFlachwasserbuchtundSalzgrünlandeinetwasabwechslungs reichergegliedertesundstärkerbelebtesLandschaftsbildalsgroßeRöhrichtflächen,obunge nutztodergenutzt;daherwerdendieseunterdemAspektVielfaltamhöchstenbewertet. DasErlebenvonNaturimSinnevonmöglichstunbeeinflussterWildniswirdvonvielenMen schen,insbesonderevondenBesuchernderNationalparks,auchalseigenerWertgeschätzt. Entsprechend sollte auch ein angemessener Flächenanteil im Hotspot 29 für die Naturent wicklungmitdennatürlichenZielzuständenFlachwasserbuchtundBrackwasserröhricht,un genutztfürdiesesBedürfnisreserviertsein. FürdenTourismusisteineabwechslungsreicherOffenlandschaftunddasVorhandenseinvon Gewässernattraktiv,wenngleicheinedirektetouristischeNutzungderZielzuständedesKüs tenüberflutungsraumeswederbeabsichtigtistnochmöglicherscheint.Hingegenisteinean gepassteWegeführungundggf.dieEinordnungvonRast und Beobachtungsgelegenheiten gutmöglichundbeiallenZielzuständengeeignet.EineEnergiepflanzennutzungweistdabei diegeringstetouristischeAttraktivitätauf.

Tabelle 6.6. BewertungdermöglichenZielzuständebezogenaufsoziokulturelleFunktionen unddenTourismus

AbkürzungZielzustand Flachwasser- Röhricht Rohrwerbung Salzgrünland Energieernte (s.Tab.6.1): bucht Soziokulturelle Funktionen und Tourismus Landschaftsbild,Vielfalt ● ○ ○ ● ○

Landschaftsbild,Eigenart ● ○ ○ ● ○ Landschaftsbild,Schönheit ● ● ● ● ○ ErlebbarkeitvonWildnis ● ● ErlebbarkeitvonTieren ● ○ ○ ● TouristischeBedeutung ○ ○ ○ ○

● starkeBeziehung,zutreffend ○ schwächereBeziehung,teilweisezutreffend kein Eintrag keineBeziehung,nichtzutreffend

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 61

6.1.5 Einbindung des Rechtsrahmens

DieBerücksichtigungdesRechtsrahmensfürdieindenZielzuständenbeschriebenenLebens räumeundzuerwartendenArtenbekräftigtdieBewertungderÖkosystemfunktioneninsbe sonderederLebensraumfunktionen.Demnachergebensichhohegesetzlicheunduntergesetz liche Schutzanforderungen in allen Zielzuständen, mit Ausnahme der Energiepflanzennut zung. DergesetzlicheArtenschutzbekräftigtdieunter6.1.1ausgeführtenBewertungenzuexklusi venundbesonderswertgebendenArten.DemnachistebenfallsdasSalzgrünlandzufavorisie ren,gefolgtvonFlachwasserbuchtunddemungenutztenBrackwasserröhricht.Dabeisindfür imNationalparkgelegeneBereichediebeidenletztgenanntennatürlichenZielzuständevon höhererBedeutungalsaußerhalbdesNationalparks. AlleZielzuständestehenzudenZielenderWasserrahmenrichtlinieundderMeeresstrategie RahmenrichtlinieineinerzumeiststarkenBeziehung,daeineAusdeichungfastunabhängig vondenerreichbarenZielzuständenmitdenZielenbeiderRichtlinienimEinklangsteht. DieTabelle6.7stelltdar,welcherechtlichenRahmenbedingungenaufFlächenzubeachten sind,diesichpotenziellfürdiejeweiligenZielzuständeeignen.AusderTabelle6.7kannaber nichtautomatischaufdieVerträglichkeitundZulässigkeitderjeweiligenNutzunginBezug aufdiegenanntenRechtsvorschriftengeschlossenwerden.DiesekannerstimRahmeneiner sachundortsbezogenengesetzlichenPrüfungfestgestelltwerden.DieEnergiepflanzennut zung wäre in Schutzgebieten mit dem gesetzlichen Schutz von Biotopen und FFH LebensraumtypeninderRegelnichtvereinbar.

Tabelle 6.7. BeziehungdermöglichenZielzuständezurechtlichenRahmenbedingungen

AbkürzungZielzustand Flachwasser- Röhricht Rohrwerbung Salzgrünland Energieernte (s.Tab.6.1): bucht Rechtliche Rahmenbedingungen * GeschützterLebensraumtyp(FFH) ● ● ● ● ●○ GeschützterBiotop ● ● ● ● ○ Artenschutz ● ○ ○ ● ○ Wasserrahmenrichtlinie/ ● ● ● ●** ●** Meeresstrategierahmenrichtlinie ● starkeBeziehung,zutreffend ○ schwächereBeziehung,teilweisezutreffend kein Eintrag keineBeziehung,nichtzutreffend * imNationalparkgebietsindjeweilsweitereRegularienzubeachten ** sofernbeiWeidegang(Salzgrünland)keineZufütterungundbeiMähnutzungkeineDüngungerfolgt

ILNGreifswald—November2016 62 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

6.2 Leitbild mit den favorisierten Zielzuständen

AnhandderimAbschnitt6.1vorgenommenenBewertungdermöglichenZielzuständewur dendienachfolgendenfavorisiertenZielzuständefürdasimHotspot29anzustrebendeLeit bildausgewählt.DasLeitbildenthältnochkeineräumlicheAnalysezudenanzustrebenden FlächenanteilenderfavorisiertenZielzustände.EineguteWahlbeidenFlächenanteilenwäre dadurchgekennzeichnet,dassdasPotenzialderbetreffendenRäumemöglichstgutgenutzt wird, um mehrere der ausSichtdesUmweltundNaturschutzes wichtigen Funktionen zu vereinenundgleichzeitigaufeinemTeilderFlächeneinenachhaltigeLandnutzungzusi chern. Die Gewichtung von ArgumentenverändertsichinderGesellschaftimLaufderZeitmit fortschreitendem Wissensstand und Wertewandel. Die Wünsche kommender Generationen können nur begrenzt vorausgesehen werden. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, solldieräumlicheIntegrationsfähigkeitdesLeitbildsimMusterderangestrebtenZielzustände möglichstgroßgehaltenwerden.Praktischbedeutetdies,dasseineangemesseneFlächenver teilungdermöglichenZielzuständeauchheuteschlechterbewerteteZielzuständenichtvoll ständigausschließtundOptionenaufkünftigeUmwandlungenzwischendenZielzuständen– soweitsieunterBerücksichtigungderHöhenlagenüberhauptmöglichsind–offengehalten bleiben.Zudemsollsichergestelltsein,dassderüberJahrtausendeentstandeneBestandan LandschaftenundArtenauchzukünftigenGenerationeneinenmindestensgleichgroßenGes taltungsspielraumlässt,wieersichunsheutebietet.EsdürfendemnachkeineEntscheidungen getroffenwerden,dieirreversibleVerlustenachsichziehenwürden.

Leitbild: Küstenüberflutungsräume sollen renaturiert werden, da sie nur so ihre vielfältigen Ökosystemfunktionen erfüllen können.

AlsErgebnisderRenaturierungensollenSalzgrünland,Flachwasserbuchtenund Röhrichteentstehen.Renaturierungensollenvordringlichdortstattfinden,wodie HöhenlageüberwiegendeineweitereLandnutzungalsSalzgrünlandgestattetund Torfauflagenerhaltensind.DurchRenaturierungensollenökologischeFunktionenwie Landerhalt,KlimaundHochwasserschutzundderErhaltderbiologischenVielfaltmit landnutzendenFunktionenwieLandwirtschaftundErholungverbundenwerden.

6.2.1 Zielzustände mit Naturentwicklung

DiefavorisiertenZielzuständedesLeitbildesmitNaturentwicklungohnelandwirtschaftliche NutzungsinddiebeidenZielzustände: − Flachwasserbucht − Brackwasserröhricht, ungenutzt DieEignungsflächenfürdenZielzustandFlachwasserbuchtwerdenalleinaufgrundderHö henlagederBodenoberflächeunddamitohneAuswahlmöglichkeitzwischenweiterenZielzu ständenbestimmt.VorrangflächenfürdenZielzustandBrackwasserröhricht,ungenutztsindin ersterLinieFlächen,diefürdenZielzustandSalzgrünlandzukleinsindoderalleinwegender rechtlichenFestsetzungimNationalparkVorpommerscheBoddenlandschaftkeineNutzung zulassen.WelcheFlächentypenundOptimierungszieleaufgrundihrerEigenschaftenvorran giginFragekommen,istimDetaildenSteckbriefen(s.Abschnitt4.3.1und4.3.2)zuent nehmen.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 63

Die Vorkommen des Zielzustands Flachwasserbucht sind im Bereich der DarßZingster BoddenketteineinemschlechtenErhaltungszustand(FFHLRT1130),imübrigenHotspot 29ProjektgebietineinemungünstigenErhaltungszustand(FFHLRT1160).DerErhaltungs zustandvonRöhrichtenkannalsstabilbisrelativguteingeschätztwerden.DieBedrohungder ArtengruppendesZielzustandsFlachwasserbuchtistaktuellwenigerakutalsimgenutzten Zielzustand Salzgrünland. Die Artengruppen des Zielzustands Brackwasserröhricht, unge nutztsindwenigergefährdet. AufgrunddersichdurchMeeresspiegelanstiegautomatischvergrößerndenFlächenanteiledes ZielzustandesFlachwasserwirdkeineNotwendigkeitgesehen,gezielteUmsetzungsmaßnah menfürdiesenZielzustandzuergreifen.SofernFlächenrenaturiertwerden,umandereZiel zuständeherzustellen,istesdennocheinGewinn,wenndabeiFlachwasserbereichegewis sermaßenalsNebenprodukteentstehen. DiepositivenRegulationsundUmweltschutzfunktionen,dienachgewiesengünstigenWir kungenaufdieBiologischeVielfaltunddenProzessschutzsowiediesoziokulturellenFunkti onenderfavorisiertennatürlichenZielzuständekönneneineRenaturierungzurEtablierung dieserZielzuständebegründen. ImZielzustandBrackwasserröhricht,ungenutzt,wirddasmaßgeblicheZieldesLanderhaltes ebenfallsingeeigneterWeiseerreicht. 6.2.2 Zielzustände mit landwirtschaftlicher Nutzung

DiefavorisiertenZielzuständedesLeitbildesmitlandwirtschaftlicherNutzungsinddiebeiden Zielzustände: − Salzgrünland − Brackwasserröhricht, Rohrwerbung FürdieEntscheidungfürdenZielzustandBrackwasserröhricht,Rohrwerbung,könnenzwar weniger Argumente als für den Zielzustand Salzgrünland herangezogen werden, dennoch wirdMahdzurRohrwerbungfürdieDeckungdeslokalenBedarfsalsgeeignetergenutzter Zielzustandangesehen.Dafürsprechenu.a.diestofflicheNutzungdesProduktesimBau handwerkundder,wennauchbescheidene,Nährstoffentzug,dereinenBeitragfürökologisch verträglichereBedingungenindenFlachwasserbereichenleistet.Voraussetzungist,dassdie fürdenArtenschutzbesonderssensiblenFlächen,insbesondereUfersäume,ausgespartblei ben.WelcheFlächentypenaufgrundihrerEigenschaftenvorrangiginFragekommen,istim DetaildenSteckbriefen(s.Abschnitt4.3.3und4.3.4)zuentnehmen. Aufgrund der anhaltenden Gefährdung der Arten des Salzgrünlands – besonders der vom AussterbenbedrohtenKüstenvogelarten–sindfürdieWiederherstellungvonSalzgrünland geeigneteFlächenvorrangigzuentwickeln.DaSalzgrünlandaufTeilflächenimmerauchden SchutzderArtengruppenderBrackwasserröhrichteeinschließt(s.Abschnitt6.1.1),istSalz grünlandauchunterdiesemNaturschutzaspektalsgroßflächiganzustrebenderZielzustandin Küstenüberflutungsräumenfavorisiert.Hinzukommt,dassdasTorfwachstumoberhalbMit telwasseraufSalzgrünlandamstärkstenausgeprägtistundmithinpositiveEffektehinsicht lichvonKlimaundGewässerschutzsowiedasWachsenmitdemansteigendenMeeresspiegel (Landerhalt)stärkerausfallen. DerEnergiepflanzenanbaubenötigtimVerhältniszur Rohrwerbung erheblich größere Flä chen,sodassdessenvergleichsweiseungünstigerEinflussaufdiebiologischeVielfaltineiner Größenordnungliegt,dieeineAufnahmeindasLeitbildverbietet.Zudemschneidetdieauf dengleichenFlächenmöglicheWeidenutzungvonSalzgrünlandzurFleischerzeugungauch beiderBetrachtungderUmweltschutzundkulturellenFunktionenerheblichbesserab,als

ILNGreifswald—November2016 64 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt derEnergiepflanzenanbauaufKüstenüberflutungsflächen.DaherhandeltessichbeimEner giepflanzenanbauumeineNutzungsform,dienichtTeildesLeitbildesfürdenHotspot29 seinkann. 6.2.3 Verhältnis der favorisierten Zielzustände zueinander

InzurenaturierendenFlächenkannfüralleaufgrundihrerHöhenlagegeeignetenFlächendas genutzteSalzgrünlandalsfavorisierterZielzustandgelten,soweitnichtRegelungendesNati onalparksdementgegenstehen.AnzustrebensindebenfallsBrackwasserröhrichte,insbeson dereintieferliegendenBereicheninihrerAusprägungalsWasserRöhrichtesowieFlachwas serbuchtenentsprechendderHöhenlage.KleinflächigeNutzungenvonRöhrichtenzurRohr werbungkönnenebenfallseingeordnetsein. Liegen in bestehenden Küstenüberflutungsräumen andere als die hier favorisierten Zielzu ständevor,isteineUmwandlungnachobenbeschriebenerReihenfolgegeboten. SalzgrünlandinbestehendenKüstenüberflutungsräumenmussalleinschonwegendesgesetz lichenSchutzstatusalssolcheserhaltenbleiben(ggf.mitAusnahmeninnerhalbdesNational parks).GleichesgiltimgesamtenProjektgebietregelmäßigfürBrackwasserröhrichte.Aller dingskannhierimEinzelfalleinegenehmigungspflichtigeUmwandlunginSalzgrünlandin Fragekommen,wennfolgendeBedingungengegebensind: − DieFlächenliegenüberwiegendindenfürSalzgrünlandgeeignetenHöhenlagen. − EsbestehteinenachhaltigelandwirtschaftlicheNutzungsperspektive. − Es bestehen räumliche Erfordernisse für Trittsteinflächen zwischen Salzgrünlandge bieten,fürdieErweiterungwertvollenSalzgrünlandsoderesliegenüberwiegendekon kreteArtenschutzbelangevor.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 65

7 Empfehlungen für die Umsetzung

DieEmpfehlungenfürdieUmsetzungbeziehensichzumeinenaufdieFlächenauswahlvon RenaturierungsflächenundzumanderenbeilandwirtschaftlichgenutztenZielzuständenauf dienotwendigenwirtschaftlichenRahmenbedingungenfürdieLandnutzer,umdieZieledes Leitbildeserreichenzukönnen.InsbesonderesinddieFragenzurFlächenauswahlwichtig, wenn zwischen unterschiedlichenFlächenfüreineRenaturierung ausgewählt werden kann oderwennesumdieFragegeht,inwelcherReihenfolgebeimehrerenzurenaturierenden FlächenvorgegangenwerdensollundwelcherZielzustandmitdembestenErgebnisaufder jeweiligenFlächeanzustrebenist. BeidenwirtschaftlichenRahmenbedingungenfürdieLandnutzerkannzwischenunterstüt zenden Maßnahmen während der wirtschaftlich unsicheren Renaturierungsphase und den langfristigen Förderbedingungen für Naturschutzleistungen der Landwirtschaft auf Küsten überflutungsflächenunterschiedenwerden.EinstarkesArgument,welchesdieInteressenvon LandwirtschaftundNaturschutzverbindet,ist,dasseinenachhaltigeundwirtschaftlichzu kunftsfähige Landnutzung nur durch verlässliche Rahmenbedingungen und zusammen mit den örtlichen Landwirtschaftsbetrieben erreicht werden kann. Agrarprodukte sind weltweit handelbar,lokaleNaturundUmweltschutzleistungenderLandwirtschafthingegennicht. 7.1 Anforderungen aus Sicht der Landwirtschaft

UmeineRenaturierungvonKüstenüberflutungsräumenzuSalzgrünlanderfolgreichdurchzu führen,istdieEinbeziehungderlandwirtschaftlichenBetriebenotwendig.FürdieLandwirt schaftistdiesvorteilhaft,weilesdiePlanbarkeitundDurchführbarkeitderBewirtschaftung derFlächennachderRenaturierungverbessertundtechnischeFehlervermiedenwerdenkön nen.AusSichtdesNaturschutzesistesvorteilhaft,dadieRenaturierungvonSalzgrünland vonderBewirtschaftungabhängigist.AußerdemhatessichinderVergangenheitgezeigt, dassdiePlanfeststellungundRealisierunggegendenWiderstandderLandwirtschaftoftmals mitwesentlichenVerzögerungenundNachteilenfürdasProjektzieldurchzusetzenist. Mit den im Projektgebiet tätigen Kreisbauernverbänden und ggf. betroffenen Landwirten wurdediskutiert,welcheVoraussetzungengegebenseinsollten,umlandwirtschaftlicheBe langebeiderRenaturierungmöglichstweitgehendzuberücksichtigenundumeinetragfähige BewirtschaftungrenaturierterKüstenüberflutungsräumezuermöglichen. Die Berücksichtigung der folgenden Hinweise führt aus landwirtschaftlicher Sicht zu günstigen Voraussetzungen für eine Renaturierung: Frühzeitige Einbeziehung. DielandwirtschaftlichenBetriebesolltenschonbeiderGrundla genplanungeinbezogenwerden,umalleausihrerSichtbeiderPlanungzuberücksichtigen den Sachverhalte rechtzeitig einbringen zu können. Damit kann der tatsächliche bauliche AufwandbesserabgeschätztundtechnischeFehlerkönnenvermiedenwerden.Überdenge samtenPlanungszeitraumhinwegsolltensielaufendinformiertwerden.Insbesonderesollte überdieFolgendesProjektesaufdielandwirtschaftlicheNutzungeinekontinuierlicheInfor mationundDiskussionstattfindenkönnen. Berücksichtigung angrenzender landwirtschaftlicher Flächen bei der Planung. Die Aus wirkungeneinesRenaturierungsprojektszurUmsetzungdiesesLeitbildsaufdieLandbewirt schaftungderumgebendenFlächensolltenminimiertwerden.InsbesonderesinddieFunktion einmündenderAckerdrainagenweiterhinohneNutzungseinschränkungenzusichernundTei

ILNGreifswald—November2016 66 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt lederPolder,dienichtrenaturiertwerden,weiterunbeeinflusstzuerhalten.Hierzukanneine PolderteilungmitBauvonneuenDeichenerforderlichsein. Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Renaturierungsflächen. Zu einer optimalen Planung gehört die Konzipierung der auf die Renaturierung folgenden Bewirtschaftbarkeit der Flächen. Hierzu sollte eine intensive Konsultation der Landwirte, möglichstunterHinzuziehungexternerExperten,undderAnfertigungvonGutachtenerfol genzudenThemenkomplexen: − PrognosederzukünftigenVegetationsentwicklung,desFutterertragesunddesFutterwer tes − Beweidungsplanung:MengeundAltersverteilungderWeidetiere,DauerderBeweidung, ParzellierungundZäunung,Pferch,TränkeinausreichenderMengeundQualität − Trittfestigkeit und Befahrbarkeit der Böden, ggf. Berücksichtigung einer geplanten Mahdnutzung,PlanungderBefahrbarkeitmitMaschinen,ZufahrtinausreichenderBrei teundFestigkeit,ErreichbarkeitvonTeilflächenfürViehundMaschinen,Querungen von Gräben und Prielen, Vorhandensein von hochwassersicheren, trittfesten und ma schinellerreichbarenFluchtflächen − PrognoseundEmpfehlungenzurzukünftigenFörderfähigkeitderRenaturierungsfläche − Empfehlungen zum Herdenmanagement, zur Tierernährung und Tiergesundheit sowie zurArtenbzw.Rassenauswahl. Langfristige Pacht. Laufzeitenüber12undmehrJahreermöglichendenLandbewirtschaftern Planungssicherheit. Entschädigung. Eine Versorgung mit Ersatzflächen aus Eigentum der öffentlichen Hand kannfürdieLandwirteggf.auftretendeFlächenverlusteausgleichen. Rechtssicherheit in der Förderung. DieLandwirtschaftsbehördesollteihrenErmessensspiel raumausschöpfen,umdasProjektfürdenLandwirtnichtunnötigkompliziertzugestalten. Die zukünftige Förderfähigkeit der Renaturierungsfläche muss von der Landwirtschaftsbe hördebestmöglichgesichertsein.Problematischsindz.B.nichtpraktizierbareRegelungenin den Förderrichtlinien, ungewisse Förderflächengröße zum Zeitpunkt der Antragstellung, Rückzahlungsrisiko bei Vorkommnissen, die durch das Renaturierungsprojekt verursacht werdenundMinderungderFörderflächewährendderBauzeit. Praktikable Förderrichtlinien. DieAusgestaltungderFörderrichtlinienmussdenspeziellen BedingungenderKüstenüberflutungsräumeRechnungtragen.Dasistderzeitnichtinausrei chendemMaßegegeben.DieHöhederFörderungmussdenMehraufwand,derdurcheine angepasste Bewirtschaftung entsteht, ausgleichen. Erforderlich wäre auch die Möglichkeit einerflexiblenHandhabungundvonAusnahmen,wenndurchdieallgemeinenVorgabender ZweckderRichtliniennichterreichtwerdenkann. Institutionelle Anbindung. Erfahrungsgemäßsindnichtimmeralleplanerischen,bautechni schenundfördertechnischenAnforderungenaneineguteRenaturierungsmaßnahmemitein andervereinbar.DahersollteesinderInstitution,diedieRenaturierungsmaßnahmedurch führt, einen Ansprechpartner geben, der die gesamte Maßnahme koordiniert, und der den LandwirtalsPartneransieht.DerAnsprechpartnersollteversuchen,imSinnedesLandwirts SynergienherzustellenundzwischendenAkteuren,diedieRenaturierungbeeinflussen,zu vermitteln. Langfristige Ansprechpartner. UmeinelangfristigeVerlässlichkeitfürdiebeteiligten Be triebezugewährleisten,solltendieInstitutionenlangfristigalsverlässlicheAnsprechpartner existieren.SomitkannauchdasExperimentierrisiko,daseineneueFlächenbewirtschaftung fürdenLandwirtmitsichbringt,geteiltwerden.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 67

Höhere Preise für Produkte (z. B. Rindfleisch). DieBewirtschaftungistlohnender,wennein höhererPreiserzieltwerdenkann.Dieskönntez.B.überdiebesondereQualitätdesSalzwie senfleischesunddamiteinhergehendeinerQualitätsvermarktunggelingen.Hierzuliegenbe reitspositiveErfahrungenmehrererLandwirteinderProjektregionvor. Hohe Deich- und Schöpfwerkskosten. SobaldDeicheoderSchöpfwerkereparaturbedürftig sind,müssendieKostenvondenVorteilsnehmerngetragenwerden.Diessindbeilandwirt schaftlichenFlächendieLandwirte.InsolchenFällenkanneineRückverlegungeinesDeichs miteinerdannhöherenSchutzfunktionineinemRenaturierungsprojekt,fürdessenFinanzie rungeinProjektträgerdesNaturschutzesverantwortlichist,günstigersein,alseinNeubauam gleichenOrt. Keine WBV-Beiträge für renaturierte Flächen. EskannfürdieFlächeneigentümergünstig sein,wennfürrenaturierteFlächekeineWBVBeiträgegezahltwerdenmüssen. Informationsvermittlung. UmüberdieoffenenFrageneinerRenaturierungbestmöglichin formiertzusein,wäreeshilfreich,dieErfahrungenvorhergehenderProjektenutzenzukön nen. Diese könnte vermittelt werden über einen Praxisleitfaden, Feldbegehungen oder die EinrichtungeinerzentralenAnlaufstelle. 7.2 Anforderungen aus Sicht des Naturschutzes

DieRenaturierungvonehemaligenKüstenüberflutungsräumenistprimärfürdenErhaltder Biodiversität und für den Klimaschutz dringend geboten. Daneben ist die Reduktion der NährstofffreisetzungunddieWiederherstellungderSenkenfunktionderehemaligenKüsten überflutungsmoorefürdenSchutzderKüstengewässerundderfreienOstseevorNährstoff einträgeneinweiteresgewichtigesArgument.Hierfürsindgrundsätzlichzunächstalleehema ligenKüstenüberflutungsflächenvonInteresse. Mit dem fortschreitenden und sich beschleunigenden Meeresspiegelanstieg schrumpft die GrößejenergepoldertenFlächenvonJahrzuJahr,derenHöhenlagenachAusdeichungein Mitwachsen mit dem Meeresspiegelanstieg noch als wahrscheinlich erwarten lässt. Daher solltenFlächen,diezugroßenAnteilennurwenigüber0,1mzuMWliegen,bevorzugtaus gedeichtundrenaturiertwerden.DasHöhenmodellderehemaligenKüstenüberflutungsräume liefertsomitdiegrundlegendeInformationzurErmittlungderfürkonkreteFlächenverblei bendenChancen,umzeitlichunterschiedlichePrioritätsklassenalsPlanungsgrundlagefürden Hotspot29auszuweisen. Daszweite,ebensogewichtigeArgumentfürdiebevorzugte Renaturierung von konkreten FlächensindderzeitnochvorhandeneVorkommenschutzwürdigernutzungsabhängigerArten desSalzgrünlands,derenindividuelleBedrohungundRaumbedeutsamkeitdieDringlichkeits stufebestimmt.NotwendigisthierbeiallerdingsauchdieAussicht,dassdieseFlächennach RenaturierungineinenaturschutzgerechteNutzungzuüberführtwerden. NachfolgendwerdenweitereKriterienformuliert,diefürdiezeitlicheReihenfolgebeider Flächenauswahlzubeachtensindunddiehelfen,dasjeweilsoptimaleEntwicklungszielfür einekonkreteFlächezuermitteln,wennmehrereZielzuständeinFragekommen.

Ermittlung der Dringlichkeit zwischen mehreren verfügbaren Flächen mit unterschiedli- chen Eigenschaften. DieFlächen,aufdenennachteiligeirreversibleProzesse,wieTorfzer setzungundBestandsrückgängebedrohterArten,ablaufenoderwodieseProzesseschneller alsaufanderenFlächenfortschreiten,sindvorrangigzurenaturieren,dasonstschonmittel fristigeineinsgesamtschlechtereSituationimNaturraumerreichtwird.DabeigibtdieHö henlagederFlächendasverbleibendelokaleZeitfensterfüreineRenaturierungzumKüsten

ILNGreifswald—November2016 68 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

überflutungsmoorvor,dadiesesonstinfolgeweiterenTorfabbausunterMeeresspiegelhöhe absinken.DiegepoldertenFlächenenthalteninderRegelnurwenigebesondersschützens werteArten.SolltedennocheingenetischerVerlustzubefürchtensein,istdieserdringlicher zuwertenalsstofflicheVerluste,dagenetischeVerlustequalitativimmerirreversibelsind. StofflicheVerlustesindhingegenvorallemquantitativerNaturunddamitzumindestinüber regionalenBilanzen(z.B.fürdielangfristigeTreibhausgaskonzentrationinderAtmosphäre) zwischenzeitlich durch andere Maßnahmen kompensierbar bzw. werden später von selbst überdieerneuteFestlegungvonKohlendioxidimTorfkörperwiederausgeglichen.

Festlegung des anzustrebenden Zielzustands bei mehreren Nutzungsoptionen auf einer Fläche. IneinerBestandsaufnahmeistzunächstdasverbliebeneArteninventarderLebens gemeinschaftenderehemaligenKüstenüberflutungsräumeunddasEntwicklungspotenzialzu erfassenundderenSchutzwürdigkeitzubewerten.AnschließendistdieNutzungsoptionanzu streben,welchedenBestandderermitteltenwertvollstenSchutzgüterderFlächesichertund zugleichdasEntwicklungspotenzialmöglichstgutausschöpft.DieindividuellenBewertungs kriteriensindderBeschreibungderfavorisiertenZielzuständeunddemAnhangmitdenAr tenlistenzuentnehmen.

Erhalt und Entwicklung von Salzgrünland. BestehendesSalzgrünlandsolltenichtinRöh richtumgewandeltwerden,daesbeiderUmwandlungvonSalzgrünlandzuRöhrichtzuirre versiblengenetischenVerlustenbeidenSalzgrünlandartenkommt,derenAusbreitungsmög lichkeitenangesichtsdesfragmentiertenLebensraumsstarkbegrenztsind.Neugeschaffenes SalzgrünlandisthinsichtlichderArtenvielfaltgenetischwenigerreichalsdashistorischGe wachsene. Außerdem ist bekannt, dass Salzwiesentorfe durch einwachsende Schilfrhizome gelockertundbelüftetwerdenkönnen,wasdenbiologischenAbbaudieserTorfefördert.Ein beimAufwachsenderGeländehöhebisdahinerreichterVorsprungvordemMeeresspiegelan stiegkannaufdieseWeisegemindertoderzunichtegemachtwerden. AufgrundderdurchdenstarkenFlächenverlustentstandenenGefährdungderSalzgrünlandar tenmithoherRaumbedeutsamkeitbeigleichwertigemSchutzabiotischerRessourcenkannes geraten sein, bestehendes Röhricht in Salzgrünland umzuwandeln. Die Aussicht auf eine möglichstdauerhaftenaturschutzgerechteNutzungisthierabereineVoraussetzung.Dain nerhalbdesSalzgrünlandsimmerauchRöhrichtflächenerhaltenbleibenunddieanRöhrichte angepasstenArtenimAllgemeinenkeinegroßenRaumansprüchehaben,isteineUmwand lungvonRöhrichtinSalzgrünlandzudeminderRegelohnedieGefahrvongravierenden genetischenVerlustenbeidenRöhrichtartenmöglich.AuchentstehtdurchdieNeuschaffung vonSalzgrünlandkeineGefahreinerHabitatfragmentierungmitnegativenAuswirkungenfür die Röhrichtarten, denn es bleiben dabei immer ausreichend Trittsteinbiotope entlang der UferlinieundinSenkenlagenerhalten.

Erhalt und Entwicklung von Röhrichten. RöhrichtflächensindauchimschmalenDeichvor land in der Regel als zumindest teilweise noch funktionsfähige Habitatflächen vorhanden. Eine Vergrößerung der Flächen durch Ausdeichung hat vor allempositiveEffekteaufdie WiederherstellungderSpeicherfunktionderKüstenüberflutungsmoorefürKohlendioxidund Nährstoffe, aber auch in der Verbesserung der Habitateignung für Röhrichtarten. Die als WildnisflächenausgewiesenenRöhrichteinnerhalbdesNationalparkskommenfüreineUm wandlunginSalzgrünlandausGründendesProzessschutzesnichtinBetracht.

Erhalt und Entwicklung von Flachwasserbereichen. DieEntwicklungvonFlachwasserbe reichendientvorallemderVerbesserungderHabitatsituationfürderenwertgebendeArten. Eine Umwandlung von Flachwasserbereichen in Röhrichte oder Salzgrünland (oder umge

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 69 kehrt)istaufgrundderunterschiedlichenHöhenlagengrundsätzlichnichtmöglich.Hierbe stimmt allein die Höhenlage vor Ausdeichung, welche Zielzustände nach Ausdeichung er reichbarsind.DiezuerwartendenVerlustedurchÜberflutungvonnochbestehendenRöhrich tenoderSalzgrünlandresteninPoldernnacheinerAusdeichungkönnennichtalsArgument gegendieAusdeichungverwendetwerden.UnterUmständenkannesabersinnvollsein,ein zelneArtenzunächstanderenortszusichernundnachRenaturierungaufderFlächeingeeig neterHöhenlagewiederanzusiedeln. RechtlicheAspekte,wiederBiotopundArtenschutzsowieVorgabenzumErhaltundzur Entwicklung vonFFHLebensraumtypen,sindzudemgrundsätzlich bei jeder Umwandlung einesZielzustandesineinenanderenzubeachten.GegebenenfallskönnenAusnahmenvon Biotopschutzvorschriftenerteiltwerden.

7.3 Fazit

DieEindeichungehemaligerÜberflutungsräumeanderKüstehateinennegativenEinfluss aufdenErhaltderbiologischenVielfalt.DieRenaturierungzumindesteinesTeilsdieserFlä chenistdringenderforderlich,umdenErhaltvonzahlreichengefährdetenraumbedeutsamen Artenzusichern,fürdieimLandeinehoheSchutzverantwortungbesteht.Zudemführtdie anhaltendeEntwässerungderehemaligenKüstenüberflutungsmooredurchTorfzersetzungzur FreisetzungvonklimaschädlichemKohlendioxidundzurBelastungderBoddengewässerund derfreienOstseedurchfreigesetzteNährstoffe.DersichbeschleunigendeMeeresspiegelan stiegbewirkt,dassjährlichfüretwa1%dergepoldertenFlächendieChanceverlorengeht, diese als Landflächen langfristig zu erhalten. Nur eine freie Überflutung kann über Torf wachstumundSedimentationeinMitwachsenmitdemMeeresspiegelermöglichen.Sobald derPolderbetriebwegenderzunehmendenAuswirkungendesMeeresspiegelanstiegsoderaus ökonomischenGründenaufgegebenwerdenmuss,werdendieinzwischenzutiefliegenden LandflächenunweigerlichundwahrscheinlichfürimmerzuFlachwasserbereichenwerden. Klimaschutz und Landerhalt sindsomitweiterestarke Argumente, die verbleibenden Zeit fensterfürdieRenaturierungallerehemaligenÜberflutungsräumezunutzen. Wo bestehende Entwässerungsanlagen aus Verschleißgründen ersetzt werden müssten, wo durcheineDeichrückverlegungeineVerkürzungderDeichliniemöglichtwirdundwennzu sätzliche Retentionsräume für Hochwasserspitzen entstehen, kann, sofern den Landwirten angemesseneFörderbedingungengebotenwerden,eineAusdeichungauchzusätzlichökono mischeVorteilegegenübereinerspäterendurchdenMeeresspiegelanstiegerzwungenenAuf lassungbringen. EineRenaturierungmitAusdeichungdientinmehrfacherHinsichtdemSchutzvonRessour cen:EswirdEnergiefürdenBetriebderSchöpfwerkeeingespart.Langfristigsinktauchder RessourcenbedarffürdenUnterhaltderDeiche.BeimerneutenAufwachsenvonKüstenüber flutungsmoorenwirdKohlenstofflangfristigfestgelegtunddamitderAtmosphäreentzogen. Zudem wird die immer knapper werdende Ressource Boden einschließlich ihrer landwirt schaftlichenNutzbarkeiterhalten.DielandwirtschaftlicheNutzungvonKüstenüberflutungs moorenistzudemalleinüberdenNährstoffeintragausdemÜberflutungswasserundüberdie natürliche Stickstofffixierung imGraslandmöglich undohnezusätzlicheZufuhrvonDün germittelndaherbesondersumweltverträglich.DieNährstoffbelastungderBoddengewässer undderfreienOstseewirdreduziert,wasderenfischereilicheNutzungsoptionensichert. EineBesonderheitderKüstenüberflutungsräumeist,dasseineRenaturierungmitgleichzeiti ger naturschutzgerechter Nutzung als Salzgrünland über Beweidung oder Mahd die beste

ILNGreifswald—November2016 70 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

SicherungfürdenErhaltderBiodiversitätundzugleich den höchstmöglichen Ressourcen schutzbietet.SalzgrünlandentwickeltsichunterBeweidungoderMahdaufKüstenüberflu tungsflächenaufeinerHöhenlagezwischenca.0,05mbis0,7müberMW.Daaberauchdie sichnachuntenanschließendenBrackwasserröhrichtebisineineTiefevonca.einemDezi meterunterMittelwasservonRindernmitbeweidetwerdensollenunddieRöhrichtflächen amUfersaumundinkleinerenSenkenmitVorkommenvoneinigenSalzgrünlandartenBe standteil des FFHLebensraumtyps 1330 „Atlantische Salzwiesen (GlaucoPuccinellietalia maritimae)“sind,solltendiealslandwirtschaftlicheNutzflächeanrechenbarenFlächenden Höhenbereichbis–0,1mzuMWeinschließen. DieEntwicklungvonRöhrichtflächenimMittelwasserbereichhatebenfallseinestarkepositi ve Wirkung für den Ressourcenschutz und dient zugleich der Sicherung der Biologischen VielfaltfürRöhrichtarten.BestehtnacheinerAusdeichungzunächstkeineAussichtaufeine NutzungalsSalzgrünland,sokanndassichentwickelndeRöhrichtauchzueinemspäteren Zeitpunkt wieder in Nutzung genommen werden. Sofern dadurch keine noch vorhandenen Salzgrünlandartenverlorengehen,entstehthierauskeingroßerNachteil. HinsichtlichdesErhaltsderbiologischenVielfaltisteineAusdeichungauchdannsinnvoll, wenn überwiegend Flachwasserbereiche entstehen. Diese besonderen Gewässerteile tragen zumSelbstreinigungsvermögenderBoddengewässerbeiundleistenüberTorfbildungunter WasserzumindesteinenkleinenBeitragfürdenKlimaschutz. NachAbwägungallerArgumentesolltenzunächstvorrangigdienochüberdemMeeresspie gelliegendenPolderflächenrenaturiertwerden,dadieseweiterlandwirtschaftlichgenutztund zuSalzgrünlandentwickeltwerdenkönnen.BesondersaufFlächenmitTorfauflagebewirken TorfsackungundMeeresspiegelanstieg,dassbeiweiteremZögernmitderRenaturierungnach AusdeichungnurnochFlachwasserbereicheentstehenkönnen. VoraussetzungfürerfolgreicheunddenKriterienstarkerNachhaltigkeitgenügendeRenatu rierungsprojekte in Küstenüberflutungsräumen zur Entwicklung von Salzgrünland ist eine engepartnerschaftlicheZusammenarbeitvonLandwirtschaftundNaturschutz,getragenvon gutemWillenaufbeidenSeiten.DabeiergebensichfürbeideAkteureVorteileausderZu sammenarbeit.FürdieLandnutzerkönnensichErsparnissebeidenKostenfürdieEntwässe rung ergeben, zudem wird der Erhalt ihrer nutzbaren Bodenfläche gesichert. Die von den Landnutzern für die Gesellschaft erbrachten Nebenleistungen im Bereich des Arten und Umweltschutzes sollten zudem über Ausgleichszahlungen angemessen honoriert werden. EventuelllässtsichauchfürdiehöherwertigenFleischprodukteausWeidehaltungeinhöherer Marktpreis erzielen. Sowohl dieHonorierungderLeistungen für den Arten und Umwelt schutzalsauchdieBewerbungdernachhaltigerzeugtenProduktesolltevomstaatlichenNa turschutzwievondenNaturschutzverbändenaktivunterstütztwerden.

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OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 73

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BundesnaturschutzgesetzBNatSchGvom29.Juli2009(BGBl.IS.2542),zuletztgeändertdurchArti kel4Absatz100desGesetzesvom7.August2013(BGBl.IS.3154). DGErhGMV–Dauergrünlanderhaltungsgesetz–GesetzzurErhaltungvonDauergrünlandimLand MecklenburgVorpommern,vom10.Dezember2012(GVOBl.Nr.20vom28.12.2012S.544). Gesetz des Landes MecklenburgVorpommern zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes (NatSchAG MV vom 23.2.2010. GVOBl.MV2010,S.66. letzte berücksichtigte Änderung: mehrfachgeändertdurchArtikel4desGesetzesvom15.Januar2015(GVOBl.MVS.30,36). Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) v. 29. Juli 2009(BGBl.IS.2542),zuletztgeändertdurchArtikel4Absatz100desGesetzesvom7.August 2013(BGBl.IS.3154). LandesamtfürForstenundGroßschutzgebieteMecklenburgVorpommern,NationalparkamtVorpom mern2002:NationalparkplanLeitbildundZiele. Landesverordnung über die Europäischen Vogelschutzgebiete in MecklenburgVorpommern (Vogel schutzgebietslandesverordnung–VSGLVOMV)vom12.Juli2011.GSMeckl.Vorp.Gl.Nr. 79194,Seite462. RichtliniezurMahdvonSchilfrohrinRöhrichten(Rohrwerbung)BekanntmachungdesUmweltminis teriumsvom21.August2000–X21015326.61–Fundstelle:AmtsBl.MV2000S.1175. RICHTLINIE2009/147/EGDESEUROPÄISCHENPARLAMENTSUNDDESRATESvom30.No vember 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung) [ ersetzt : RICHTLINIE 79/409/EWG DES RATES vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. (ABl. Nr. L 103 S. 1) ]. RICHTLINIE92/43/EWGDESRATESvom21.Mai1992zurErhaltungdernatürlichenLebensräume sowiederwildlebendenTiereundPflanzen(ABl.L206vom22.7.1992,S.7). RICHTLINIE2000/60/EGDESEUROPÄISCHENPARLAMENTSUNDDESRATESvom23.Ok tober2000zurSchaffungeinesOrdnungsrahmensfürMaßnahmenderGemeinschaftimBereich derWasserpolitik(ABl.L327vom22.12.2000,S.1) RICHTLINIE2008/56/EGDESEUROPÄISCHENPARLAMENTSUNDDESRATESvom17.Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt(MeeresstrategieRahmenrichtlinie)(ABl.L164/19vom25.6.2008). VerordnungüberdieFestsetzungdesNationalparkesVorpommerscheBoddenlandschaftvom12.Sep tember1990(GBl.DDRSonderdruckNr.1466),inKraftam1.Oktober1990–geändertdurch Verordnungvom20.November1992(GVOBl.MV1993S.6),inKraftam14.Januar1993GS Meckl.Vorp.Gl.Nr.791110.

ILNGreifswald—November2016 74 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Dank

WährendderBearbeitungdesLeitbildsfanden3Workshopsstatt,beidenendieArbeitstände vorgestelltunddiskutiertwurden.BeteiligtwarensowohlVertreterderLandnutzer(Bauern verband,Landwirte,WasserundBodenverbände)alsauchdesNaturschutzes(Naturschutz behördenund–verbände)sowiederUniversitätGreifswald.DieseTreffenwareneinewesent licheUnterstützungaufdemWegzueinemausgewogenenErgebnis,wofürwirdenBeteilig tenherzlichdanken. Für die organisatorische und fachliche Unterstützung richtenwir–stellvertretendfüreine AnzahlweitererTeilnehmer–unserenbesonderenDankanHermannBaier,NormanDonner, ChristianEhlers,BerndHeinze,AstridKrüger,KarinPischundDr.AnneZemmrich.

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 75

An h a n g

Küstenvogelschutz und Prädatoren

Fressen und gefressen werden sindnatürlichePhänomene,wieStoffwechselundErnährungzuden MerkmalenjeglichenaktivenLebensgehören.InsofernistauchdasErbeuteneinesTiersdurcheinande res–durcheinenRäuber(Prädator)–einganznatürlichesPhänomen. InLebensräumen,diesichannäherndineinemnatürlichenGleichgewichtbefinden,regulierensichdie BeständevonRäuberundBeutegegenseitig,oftbeeinflusstdiePopulationsgrößederBeutetieredieder Räubersogarstärkeralsumgekehrt.VersagendiesenatürlichenRegulationsfunktionenoderreagieren sienichtschnellgenug,tretenandereindenTierbeständenlatentvorhandeneRegulatorenstärkerin Erscheinung:KrankheitenundParasiten.

Starke Bestände einiger Prädatoren. InderintensivgenutztenKulturlandschaftweisenanpassungsfä higeeinheimischeRaubsäugerarten(Fuchs,Dachs,Marder)aufgrunddesunnatürlichhohenAngebots anBeutetieren,vorallemNagetieren,dievonderertragreichenLandwirtschaftprofitieren,gegenüberder NaturlandschaftstarkerhöhteDichtenauf.ZeitweiligeZusammenbrüchevonBeutetierbeständenhaben außerdemfürdiemeistenRäubernurnochgeringeFolgen,dennArtenwieFuchsoderDachskönnen vorübergehendauchdieRestelandwirtschaftlicherProduktionverwerten,vorallemdieenergieund eiweißreichenSamenderKulturpflanzen. BiszumBeginnder1990erJahrewurdendieFuchsbeständedurchTollwutepidemienoderdurchdie JagdzurTollwutpräventionregelmäßigstarkreduziert.Zwischen1985und2008wurdendieFüchseund anderePrädatorendurchImpfungengeschütztunddieTollwutweiträumigausgerottet(beiWildtierenin Deutschlandseit2008,giltnichtfürdieFledermaustollwut).DiesesnatürlicheRegulativwurdebishernur zumgeringenTeildurchandereKrankheitenoderParasitenderRaubsäugerersetzt. Mankannwohlannehmen,dasszumindestdieanpassungsfähigstenRaubsäugerPopulationsstärken aufweisen,diegegenübernatürlichenVerhältnissengut10fachüberhöhtsind.

Neue Prädatoren. ZudemsindMarderhund,WaschbärundMinkdurchdenMenscheneingeschleppt worden.LetztereArtenschwimmenauchaufweiterentfernteInseln.DieseArtenhabensichalssehr anpassungsfähigerwiesen.FürdenNaturschutzwerdensieeingroßesProblem,daszeigenauchErfah rungenausandereneuropäischenLändern,wennsieentwederausweiträumigwenigerproduktiven Landschaften(z.B.Taigazone)oderdichtbesiedeltenRäumen(z.B.Großstädten)indiezwarlandwirt schaftlichhochproduktiven,abernochnaturnahstrukturiertenundmitzahlreichenempfindlichenfaunisti schenElementenausgestattetenRäumevordringenundhierdieEffektevonArtenwiedemFuchsver stärken.

Prädatoren außer Kontrolle. Prädatoren,derenBestandsgrößennichtmehrüberdieGrößeihrerBeute tierbeständeregulierbarsind,führenzwangsläufigzurSchädigungderschwächstenElementeinihrem Nahrungsnetz:ArtenmitgeringenPopulationsgrößenundgeringeremAnpassungsvermögenandie intensiveLandnutzung.SieverstärkenundbeschleunigendamitdenvonderintensivenLandnutzung eingeleitetenSelektionsprozess.

Raubvögel. AucheinegewisseAnzahlvonVogelartenprofitiertvondenProzessen,diezudenstarken Raubsäugerpopulationengeführthaben,jedochnichtgleichermaßen. BeidenaufKleinsäugerspezialisiertenGreifvogelarten(Mäusebussard,Turmfalke)unddendiesbezüg lichwenigerspezialisiertenGreifen(RoterundSchwarzerMilan,Rohrweihe)führtedasnurzuverhält nismäßiggeringenBestandsanstiegen,mitunternurzurStabilisierungauffrüheremNiveau.Diewährend derBrutzeitendieserArtenüppigeunddichteVegetationintensivgenutzterAgrarflächenschränktnäm lichdenZugriffaufdiepotenzielleBeuteerheblichein.AndersalsdieRaubsäuger,denenmitGehörund GeruchvorrangigoderergänzendleistungsfähigeSinneverfügbarsind,müssensiesichfastausschließ lichaufihrgutesSehvermögenstützen,wasaberdurchdieVegetationeingeschränktwird.

ILNGreifswald—November2016 76 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

DasgiltauchfürandereRäuber,namentlichfürdenWeißstorch,derwegenderkaumvorhandenenFä higkeitdesBeutefangsausdemSuchflugherausaufkurzeVegetationangewiesenist(z.B.Beweidung). AuchMöwenarten,diefrühervonoffenenMülldeponienprofitiertenundzumTeilstarkeBeständeauf wiesen,sindinderBrutzeitaufdiskontinuierlicheNahrungsangebotebeiBodenbearbeitungundErnte angewiesen,wovonsienurVorteilehaben,wennsiesichzugleichaufausgedehnteGrünlandflächenund Gewässerstützenkönnen.DennochkönnenMöweninKüstenvogelbrutgebietendenBruterfolganderer Artenmindern. AusgesprocheneGeneralistenhingegen,dienichtnureinbreitesSpektrumanNahrungnutzen,sondern sichdurchihrLernvermögennochweitereAnpassungsmöglichkeitenerschließenkönnen,sinddieRa benvogelartenKolkrabeundNebelkrähe,dieineinigenKüstenvogelbrutgebietendasdurcheineüber höhteRaubsäugerdichteverursachteProblemerheblichverstärkenkönnen.

Schlechte Habitatsituation verstärkt die Wirkung der Prädation. TieremitgutenChancenwerden seltenzurBeute.LeiderhabensichdieChancenverschiedenerGrünlandvögel,vorallemderWatvogel arten,ausverschiedenenGründenverschlechtert: – DiestarkeVerkleinerung,VereinzelungundstrukturelleVerschlechterungfrühergeeigneterBrutha bitate,vorallemdesSalzgrünlands,führteüberJahrzehntemitunzureichendenBruterfolgenzu immerkleinerenPopulationenvonWatvogelartenimsüdlichenOstseeraum. – KleinerePopulationenkonntenundkönnenörtlichhoheVerlustedurchanthropogenerhöhteBe ständevonRäubernnichtkompensieren. DieWirkungsweisevonVerkleinerungundstrukturellerVerschlechterungderBruthabitateaufSalzgrün landistvielschichtig. DiestrukturelleVerschlechterungführtnuninnerhalbderflächenmäßigzunächstverbliebenenHabitate zurBeschränkungderBrutmöglichkeitenaufimmerkleinereTeilederFläche.Diesesinddannvonden Raubsäugernbesondersgutzukontrollieren.DasistaucheinwichtigerGrunddafür,dassimAllgemei nenFüchseundandereRaubsäugersowiedasWildschweinimVergleichzuraubendenVögelndas erheblichgrößereProblemdarstellen.RaubsäugerkönnenaußerdemDämmerungundNachtnutzen, wasfastallenraubendenVögelnnichtmöglichist.SchließlichsindbeiDunkelheitdieMöglichkeitender BodenbrüterzurAbwehrderPrädatorenweitgehendeingeschränkt. DieEinengungderstrukturellgünstigenBruthabitatefürWatvögelistletztlichauchderGrunddafür,dass dergrundsätzlichinallenÜberflutungsräumenvorhandeneDruckdurchPrädatorensichaufdemSalz grünlandinganzbesonderemMaßezuspitzt,wiedieAuslöschungzahlreicherBrutvorkommenzeigt.

Prädatorenmanagement – die Minderung der Auswirkung von Prädation auf Vögel ist möglich. PotenzielleBeutetiere,soauchdieWatvogelarten,habendurchTarnung,Verleiten,Angriffeoder ScheinangriffeeinigeMöglichkeitenzurVermeidungundzuAbwehrvonAngriffenderPrädatoren.Diese Möglichkeitenkönnenabernurgenutztwerden,wenndiePrädatorenrechtzeitigerkanntwerden,wenn alsounbemerktesAnnähernerschwertist.AuchdieMöglichkeitzurKommunikationzwischenArtgenos senundsogarüberArtgrenzenhinwegistdabeivonerheblicherBedeutung.Dafürsindgroßeundweit räumigoffeneBruthabitateerforderlich.DaswärebereitseineGrundlagefürdasPrädatorenmanage ment. Watvögel,dieihrNestnichtwiediemeistenEnteninhoherVegetationanlegen,habenEiermitTarnfär bung–sehrvorteilhaftgegenPrädatorenausderLuft.Ihrezweite,gegenüberdenbodengebundenen RäubernvielwichtigereChancebestehtaberimVersteckeninderGrößederFläche:Jeausgedehnter dieFläche,dieeinRäuberabsuchenmuss,destogeringerseinErfolg. DasvorallemaufRaubsäugerorientierte,fürdenSchutzvonKüstenBrutvögelnunerlässlichePrädato renmanagementmussdarüberhinauswirksameMethodenzumFernhaltenundzurRegulierungder Raubsäugerumfassenunderforderlichenfallskombinieren,dassindvorallemZäune,FallenmitFunk meldernundTreibjagden.BesondersgeeignetfürdasManagementderRaubsäugerdichtesindnatur gemäßInselnundHalbinseln,übergroßräumigenJagddrucklässtsichjedochauchbeigutemLandzu gangeinehinreichendeReduzierungderRäubererreichen. SalzgrünlandohnehinreichendesPrädatorenmanagementkannauso.g.Gründengewöhnlichnichtdem Vogelschutzdienen.DieQualitätdiesesManagementskannnuramBruterfolggemessenwerden.

OSTSEESTIFTUNG

Tabelle A1. AuswahlwertgebenderBrutvogelartenundihreBeziehungzudenfavorisiertenZielzuständen

Deutscher Name Wissenschaftlicher 1 2 3 4 5 6 7 E1 E2 Z1 Z2 Z3 Z4 Name RLD RLMV RLMV VSRL schutzund streng Bedeu exklusiveArt Artmitbe Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand 2003 2015 Anh.I manage ge tung derKüsten deutenden Flach Brack Brackwas Salz mentrele schützte Bestand über Beständen wasser wasser serRöh grünland vanteArt Art inMV flutungs anderKüste bucht Röhricht richt,Rohr räume (ungenutzt) werbung Brandgans Tadorna tadorna 3 x x ● ● Schnatterente Anas strepera x x ○ ● Krickente Anas crecca 3 2 2 x x ● ● Spießente Anas acuta 3 1 1 x x ○ ● Knäkente Anas querquedula 2 2 2 x x x ○ ○ Löffelente Anas clypeata 3 2 2 x x ○ ● Tafelente Aythya ferina 2 2 x x ● ● ○ Reiherente Aythya fuligula 3 x x ● ○ ● Gänsesäger Mergus merganser 2 2 x x ● ○ Mittelsäger Mergus serrator 1 1 x >40% x ● ○ Austernfischer Haematopus ostralegus 1 2 x x ○ ● Säbelschnäbler Recurvirostra avosetta 2 x x x ○ ● Kiebitz Vanellus vanellus 2 2 2 x x x ● Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula 1 1 1 x x x ○ ● GroßerBrachvogel Numenius arquata 1 1 1 x x x ● Uferschnepfe Limosa limosa 1 1 1 x x x ● Bekassine Gallinago gallinago 1 2 1 x x x ○ ○ ● Flussuferläufer Actitis hypoleucos 2 1 1 x x x ○ ○ Rotschenkel Tringa totanus V 2 2 x x x ● 77

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LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 78 ILNGreifswald—November2016

Deutscher Name Wissenschaftlicher 1 2 3 4 5 6 7 E1 E2 Z1 Z2 Z3 Z4 Name RLD RLMV RLMV VSRL schutzund streng Bedeu exklusiveArt Artmitbe Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand 2003 2015 Anh.I manage ge tung derKüsten deutenden Flach Brack Brackwas Salz mentrele schützte Bestand über Beständen wasser wasser serRöh grünland vanteArt Art inMV flutungs anderKüste bucht Röhricht richt,Rohr räume (ungenutzt) werbung Kampfläufer Philomachus pugnax 1 1 1 x x x ● KleinerAlpenstrand Calidris alpina 1 1 1 x x >60% x ● läufer ssp. schinzii Lachmöwe Larus ridibundus 3 V x x ○ ● Sturmmöwe Larus canus 3 3 x x ○ ● Zwergseeschwalbe Sterna albifrons 1 1 2 x x x ○ ○ Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis 2 2 1 x x x ○ ○ Flussseeschwalbe Sterna hirundo 2 2 x x x ○ ○ Sumpfohreule Asio flammeus 1 0 1 x x x ○ Wiesenpieper Anthus pratensis V V 2 >40% (x) ● Rohrschwirl Locustella luscinioides x >60% x ● ○ ○ Schilfrohrsänger Acrocephalus V V x x ○ ● ○ ○ schoenobaenus Drosselrohrsänger Acrocephalus V x x ● ● ○ arundinaceus Bartmeise Panurus biarmicus x ○ ● ErläuterungderSpaltenzeichen 1RLDRoteListedergefährdetenBrutvogelartenDeutschlands.2RLMV2003RoteListedergefährdetenBrutvogelartenMecklenburgVorpommerns(Stand2003). 3RLMV2015 RoteListedergefährdetenBrutvogelartenMecklenburgVorpommerns(Stand2015).KategorienderRotenListen:1–VomAussterbenbedroht,2–Stark gefährdet,3–Gefährdet,V–Vorwarnliste.4VSRLAnh.IArtdesAnhangsIderEurop.Vogelschutzrichtlinie. 5Art,dieimMecklenburgVorpommernalsschutzund managementrelevantgemäßArt.4Abs.2derEurop.Vogelschutzrichtlinieeingestuftwurde.6SchutzstatusnachBundesnaturschutzgesetz,strenggeschützteArtgemäß §7Abs.1Nr.14BNatSchG.7BedeutungdesBestandsinMecklenburgVorpommern:AnteilamdeutschenGesamtBestand.E1 exklusiveArtderKüstenüberflutungs räume(ArtkommtnurhiervoroderhathierihrenVerbreitungsschwerpunkt).E2 ArtmitbedeutendenBeständeninKüstenüberflutungsräumen(ArthatDichteZentrenin Küstenüberflutungsräumen).Z1 bis Z4 favorisierteZielzuständegemäßvorliegenderStudie. Zeichenbei Z1 bis Z4 : ●starkeBeziehung(ArtwirddurchdenZielzustandbesondersgefördert), ○schwächereBeziehung(ArtkannbeidiesemZielzustandvorkommenund gefördertwerden),ohneEintrag=keineodernursehrgeringeBeziehung.

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 79

Tabelle A2a. AuswahlwertgebenderInsektenartenundihreBeziehungzudenfavorisierten Zielzuständen:Käfer

Wissenschaftlicher 1 2 E1 E2 Z1 Z2 Z3 Z4 Name RLD RLMV exklusive Artmit Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand 2008 Artder bedeuten Flach Brack Brackwas Salz Küsten denBe wasser wasser serRöh grünland überflu ständenan bucht Röhricht richt,Rohr tungsräume derKüste (ungenutzt) werbung Laufkäferarten Carabus clatratus 2 3 x ● ● ○ Blethisa multipunctata 2 3 x ● ● ○ Elaphrus uliginosus 2 3 x ● ● ○ Dyschirius chalceus 1 1 x ● Dyschirius obscurus 3 x ○ Dyschirius salinus V 3 x ● Dyschirius thoracicus x ○ Bembidion aeneum V x ● Bembidion fumigatum 3 x ● ● ○ Bembidion minimum x ● Bembidion pallidipenne 2 2 x ○ Bembidion tenellum 1 V x ● Bembidion transparens 3 x ● ● ○ Agonum atratum 1 1 x ● ● ○ (A. monachum) Agonum lugens 3 3 x ○ ● ● ○ Anisodactylus poeciloides 2 2 x ● Dicheirotrichus gustavii V x ● Chlaenius tristis 2 V x ● ● ○ AusgewählteArtenandererKäferFamilien Cercyon littoralis x ○ ○ ○ Phaedon concinnus 3 … x ● Heterocerus flexuosus … x ○ ○ ● Heterocerus obsoletus 3 … x ○ ○ ● Gronops lunatus … x ● Mecinus collaris 3 … x ● Oedemera croceicollis 2 … x ○ ● ○ ○ ErläuterungderSpaltenzeichen 1RLDRoteListendergefährdetenKäferartenDeutschlands(jeweilsaktuelleFassung)1–VomAus sterbenbedroht;2–Starkgefährdet;3–Gefährdet;V–Vorwarnliste.2RLMV2008RoteListeder gefährdetenLaufkäferartenMecklenburgVorpommerns(Stand2008),Kategorienwieoben;RoteListe dergefährdetenWasserkäfer:keinegefährdeteArt.FürandereKäferFamilienliegteineRoteListe MecklenburgVorpommernsnichtvor( …).E1 exklusiveArtderKüstenüberflutungsräume(Artkommt nurhiervoroderhathierihrenVerbreitungsschwerpunkt). E2 ArtmitbedeutendenBeständeninKüs tenüberflutungsräumen(ArthatDichteZentreninKüstenüberflutungsräumen).Einstufungskriteriennicht identischmitdenenbeiMüllerMotzfeld(2007),dahererweitertesArtenspektrum(vgl.Schliemann2007). Z1 bis Z4 favorisierteZielzuständegemäßvorliegenderStudie. Zeichenbei Z1 bis Z4 : ●starkeBeziehung(ArtwirddurchdenZielzustandbesondersgefördert), ○schwächereBeziehung(ArtkannbeidiesemZielzustandvorkommenundgefördertwerden),ohne Eintrag=keineodernursehrgeringeBeziehung.

ILNGreifswald—November2016 80 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Tabelle A2b. AuswahlwertgebenderInsektenartenundihreBeziehungzudenfavorisierten Zielzuständen:Schmetterlinge

Wissenschaftlicher 1 2 E1 E2 Z1 Z2 Z3 Z4 Name RLD RL exklusiveArt Artmit Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand 2007/ MV derKüsten bedeuten Flach Brack Brackwas Salz 2010 1997 über denBe wasser wasser serRöh grünland flutungsräu ständenan bucht Röhricht richt,Rohr me derKüste (ungenutzt) werbung Kleinschmetterlinge Bucculatrix maritima … … (x) (x) ○ ○ ● Coleophora adjunctella … … (x) (x) ● Monochroa tetragonella … … x ○ ● nitentella … … (x) (x) ○ ● Scrobipalpa samadensis … … (x) (x) ○ ● Bactra robustana … … (x) (x) ● ○ ● Eucosma tripoliana … … x ○ ○ ● Gynnidomorpha vectisana … … (x) (x) ○ ● Phalonidia affinitana … … (x) (x) ○ ○ ● Pediasia aridella 3 … x ● Großschmetterlinge Chortodes brevilinea 2 R x ● ○ ErläuterungderSpaltenzeichen 1RLDRoteListendergefährdetenSchmetterlingeDeutschlands(jeweilsaktuelleFassung,nurfür GroßschmetterlingeundZünslervorliegend)2–Starkgefährdet;3–Gefährdet;R–Extremselten. 2RLMV2008RoteListedergefährdetenGroßschmetterlingeMecklenburgVorpommerns(Stand 1997),Kategorienwieoben.FürandereSchmetterlingsGruppenliegenRoteListenMecklenburg Vorpommernsnichtvor( …).E1 exklusiveArtderKüstenüberflutungsräume(Artkommtnurhiervor oderhathierihrenVerbreitungsschwerpunkt).E2 ArtmitbedeutendenBeständeninKüstenüberflu tungsräumen(ArthatDichteZentreninKüstenüberflutungsräumen). Z1 bis Z4 favorisierteZielzuständegemäßvorliegenderStudie. Zeichenbei Z1 bis Z4 : ●starkeBeziehung(ArtwirddurchdenZielzustandbesondersgefördert), ○schwächereBeziehung(ArtkannbeidiesemZielzustandvorkommenundgefördertwerden),ohne Eintrag=keineodernursehrgeringeBeziehung.

OSTSEESTIFTUNG

Tabelle A3. PflanzenartendesFlorenschutzkonzeptsMecklenburgVorpommernmiteinerBeziehungzudenfavorisiertenZielzuständen

Deutscher Name Wissenschaftlicher 1 2 3 4 5 6 7 Z1 Z2 Z3 Z4 Name Globale Nationale Überregi Hand RLMV RLD BArtSchV Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand Raumbe Raumbe onale lungsbe 2005 1996 O Flachwasser Brackwasser Brackwasser Salzgrünland deutsam deutsam Gefähr darfMV CITES bucht Röhricht Röhricht, keit keit dung (ungenutzt) Rohrwerbung

BergLauch Allium lusitanicum !!1 § ● OstseeRohr Alopecurus arundinaceus Fuchsschwanz ssp . exserens !!! !!! !!! (!!!) R 1 ● EchterEibisch Althaea officinalis ! ! 3 3 § ● ● ● SandGrasnelke Armeria maritima ssp . mari- tima ! !3§ StrandBeifuß Artemisia maritima !3 ● PfeilblättrigeMelde Atriplex calotheca !!! !!! !! !!! 2 2 ● KahleMelde Atriplex glabriuscula !! !! 2 ● StrandMelde Atriplex littoralis !! ● GestieltfrüchtigeMelde Atriplex longipes ! ● RotbraunesQuellried Blysmus rufus ! ! !! 2 2 ● ThomineFlaumTrespe Bromus hordeaceus ssp . thominei !! ● SalzHasenohr Bupleurum tenuissimum ! !! !! 2 2 ● BaltischerEuropäischer Cakile maritima ssp . baltica ! !!! !! 3 ● Meersenf StrandSegge Carex extensa !! !! !! 3 3 ● GewöhnlichesStrand Centaurium littorale ssp . !! !! !! 2 § ● Tausendgüldenkraut littorale ZierlichesTausendgül Centaurium pulchellum !2§ ● denkraut EnglischesLöffelkraut Cochlearia anglica !! ! !! 3 § ● 81 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume ILNGreifswald—November2016 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 82 ILNGreifswald—November 2016

Deutscher Name Wissenschaftlicher 1 2 3 4 5 6 7 Z1 Z2 Z3 Z4 Name Globale Nationale Überregi Hand RLMV RLD BArtSchV Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand Raumbe Raumbe onale lungsbe 2005 1996 O Flachwasser Brackwasser Brackwasser Salzgrünland deutsam deutsam Gefähr darfMV CITES bucht Röhricht Röhricht, keit keit dung (ungenutzt) Rohrwerbung

DänischesLöffelkraut Cochlearia danica !! ● Meerkohl Crambe maritima !! !!! !!! 2 3 § ● KleineSumpfsimse Eleocharis parvula (!) !!! !! !!! 2 1 ● AufrechteQuecke Elytrigia × obtusiuscula !! ● GeneigteQuecke Elytrigia × laxa !!! ● Stranddistel Eryngium maritimum ! !! !! !!! 2 2 § ● SalzRotschwingel Festuca rubra ssp . litoralis ! !! ? D ● StrandStorchschnabel Geranium robertianum ssp . maritimum !!! ! G ● SalzMelde Halimione pedunculata !! !! 1 3 ● Salzmiere Honckenya peploides !! V ● ● RoggenGerste Hordeum secalinum ! ! !! 2 3 ● MeerstrandBinse Juncus maritimus !! ● Strandroggen Leymus arenarius !! ● GewöhnlicherStrand Limonium vulgare ! ! !! 2 3 § ● flieder SalzSteinklee Melilotus dentatus ! !! 2 3 ● Ostsee Myosotis scorpioides ssp . !!! !!! ● ● ● ○ Vergissmeinnicht praecox SalzZahntrost Odontites litoralis !!! ! ! !!! 1 ● WiesenWasserfenchel Oenanthe lachenalii ! ! !! 2 ○ ● ● ● GekrümmterDünn Parapholis strigosa ! ! ! !! 2 3 ● schwanz KrähenfußWegerich !! ! 3 ●

Deutscher Name Wissenschaftlicher 1 2 3 4 5 6 7 Z1 Z2 Z3 Z4 Name Globale Nationale Überregi Hand RLMV RLD BArtSchV Zielzustand Zielzustand Zielzustand Zielzustand Raumbe Raumbe onale lungsbe 2005 1996 O Flachwasser Brackwasser Brackwasser Salzgrünland deutsam deutsam Gefähr darfMV CITES bucht Röhricht Röhricht, keit keit dung (ungenutzt) Rohrwerbung

StrandWegerich ! ! 32 ● HaarSalzschwaden Puccinellia capillaris !! !! 2 ● StrandSalzschwaden Puccinellia maritima !! ● BaudotWasser Ranunculus peltatus ssp . ! 3 ● ○ Hahnenfuß baudotii GroßerKlappertopf Rhinanthus serotinus ssp . !!! !!! !! !!! 1 ● halophilus StrandSalde Ruppia cirrhosa !! 3 ● MeeresSalde Ruppia maritima !! 2 ● KnotigesMastkraut Sagina nodosa ! !! 2 2 ● GewöhnlicherQueller Salicornia europaea ssp . ! ! ! 3 2 ● euopaea GewöhnlichesKali Salsola kali ssp. kali Salzkraut !! ● SalzBunge Samolus valerandi !! V 2 ● ● BaltischerLöwenzahn Taraxacum balticum ! ! ! 3 ● GeflügelterFlecken Taraxacum euryphyllum ! !!! !!! 1 ● Löwenzahn ErläuterungderSpaltenzeichen siehe folgende Seite 83 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume ILNGreifswald—November2016 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 84 ILNGreifswald—November 2016

1–4 FlorenschutzkonzeptMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006): 1–2Raumbedeutsamkeit!!!–besondershohe;!!–hohe;!–mittlere;3ÜberregionaleGefährdung !!!–inbesondershohemMaßegefährdet;!!–inhohemMaßegefährdet;!–inmittleremMaßegefährdet;4:Handlungsbedarf(!!)–PotenziellhoherHandlungsbedarf; (!!!)–PotenziellsehrhoherHandlungsbedarf;!–MäßigerHandlungsbedarf;!!–HoherHandlungsbedarf;!!!–SehrhoherHandlungsbedarf.5RLMV2005RoteListeder gefährdetenHöherenPflanzenMecklenburgVorpommerns(Voigtländer&Henker2005)1–VomAussterbenbedroht;2–Starkgefährdet;3–Gefährdet;R–Extremselten; G–Gefährdunggegeben,aberGefährdungsgradunsicher;V–Vorwarnliste;D–Datenlagemangelhaft.6RLD1996RoteListederFarnundBlütenpflanzen(Pteridophyta etSpermatophyta)Deutschlands(Kornecketal.1996),BedeutungderZeichenwieoben.7GesetzlichgeschütztnachBundesartenschutzverordnungbzw.CITES Verordnung=§. Z1 bis Z4 :favorisierteZielzuständegemäßvorliegenderStudie:Zeichenbei Z1 bis Z4 = ●starkeBeziehung(ArtwirddurchdenZielzustandbesondersgefördert), ○schwächereBeziehung(ArtkannbeidiesemZielzustandvorkommenundgefördertwerden),ohneEintrag=keineodernursehrgeringeBeziehung. DieEinstufungBeziehungderPflanzenartenzudenZielzuständenerfolgteanhandderenZuordnungimFlorenschutzkonzeptMVzudenFFHLebensraumtypen,denStand ortangabeninRothmaler(2005),derLichtzahlnachEllenbergetal.1991ausdemVegetationsdatenbankProgrammTurboveg(Hennekens&Schaminee2001)undnach Standortangabenin http://www.floraweb.de (2015).FloraWebistdasOnlineInformationsangebotdesBundesamtesfürNaturschutz(BfN)überdiewildwachsendenPflanzen arten,PflanzengesellschaftenunddienatürlicheVegetationDeutschlands

Tabelle A4. ArtenanzahlnachKategoriendesFlorenschutzkonzeptesMecklenburgVorpommernindenfavorisiertenZielzuständen

Zielzustand Einstufung in Kategorien des 1 2 3 4 5 6 7 Florenschutzkonzeptes MV und Globale Nationale Überregionale Handlungs RLMV RLD BArtSchVO der Roten Listen (RL) MV und D Raumbedeut Raumbedeut Gefährdung bedarfMV 2005 1996 CITES samkeit samkeit Z1 SummeFlorenschutzkonzept:(!);RL:V 1 Zielzustand SummeFlorenschutzkonzept:!;RL:3 5 6 2 1 2 3 Flachwassergebiet SummeFlorenschutzkonzept:!!;RL:2 1 9 3 4 5 4 SummeFlorenschutzkonzept:!!!;RL:1 1 4 3 1 SummeFlorenschutzkonzept:? 1 GesamtsummeArtenalleKategorien 7 19 5 9 9 7 3 Z2 SummeFlorenschutzkonzept:(!);RL:V 1 Zielzustand SummeFlorenschutzkonzept:!;RL:3 1 1 1 1 1 1 BrackwasserRöhricht (ungenutzt) SummeFlorenschutzkonzept:!!;RL:2 2 2 SummeFlorenschutzkonzept:!!!;RL:1 SummeFlorenschutzkonzept:? GesamtsummeArtenalleKategorien 1 1 3 1 2 3 1 Z3 SummeFlorenschutzkonzept:(!);RL:V Zielzustand SummeFlorenschutzkonzept:!;RL:3 1 1 1 1 1 1 BrackwasserRöhricht, Rohrwerbung SummeFlorenschutzkonzept:!!;RL:2 1 1 SummeFlorenschutzkonzept:!!!;RL:1 SummeFlorenschutzkonzept:? GesamtsummeArtenalleKategorien 1 1 2 1 1 2 1 85 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume ILNGreifswald—November2016 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 86 ILNGreifswald—November 2016

Zielzustand Einstufung in Kategorien des 1 2 3 4 5 6 7 Florenschutzkonzeptes MV und Globale Nationale Überregionale Handlungs RLMV RLD BArtSchVO der Roten Listen (RL) MV und D Raumbedeut Raumbedeut Gefährdung bedarfMV 2005 1996 CITES samkeit samkeit Z4 SummeFlorenschutzkonzept:(!);RL:V 1 2 ZielzustandSalzgrünland SummeFlorenschutzkonzept:!;RL:3 8 11 9 6 9 6 SummeFlorenschutzkonzept:!!;RL:2 2 8 7 11 1 7 SummeFlorenschutzkonzept:!!!;RL:1 3 4 1 4 4 2 SummeFlorenschutzkonzept:? 1 GesamtsummeArtenalleKategorien 14 23 17 22 28 17 5 ErläuterungderSpaltenzeichen 1-4 FlorenschutzkonzeptMecklenburgVorpommern(Litterskietal.2006): 1-2:Raumbedeutsamkeit=!!!besondershohe;!!hohe;!mittlere; 3:ÜberregionaleGefährdung=!!! –inbesondershohemMaßegefährdet;!!–inhohemMaßegefährdet;!–inmittleremMaßegefährdet; 4:Handlungsbedarf=(!!)PotenziellhoherHandlungsbedarf;(!!!)Po tenziellsehrhoherHandlungsbedarf;!MäßigerHandlungsbedarf;!!HoherHandlungsbedarf;!!!SehrhoherHandlungsbedarf. 5RLMV2005RoteListedergefährdeten HöherenPflanzenMecklenburgVorpommerns(Voigtländer&Henker2005)=1:VomAussterbenbedroht;2:Starkgefährdet;3:Gefährdet;R:Extremselten;G:Gefährdung gegeben,aberGefährdungsgradunsicher;V:Vorwarnliste;D:Datenlagemangelhaft. 6RLD1996RoteListederFarnundBlütenpflanzen(PteridophytaetSpermatophy ta)Deutschlands(Kornecketal.1996):1:VomAussterbenbedroht;2:Starkgefährdet;3:Gefährdet;R:Extremselten;G:Gefährdunggegeben,aberGefährdungsgradunsi cher;V:Vorwarnliste;D:Datenlagemangelhaft. 7GesetzlichgeschütztnachBundesartenschutzverordnungbzw.CITESVerordnung=§.

LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 87

Diagnostische Artenkombinationen der Pflanzengesellschaften NachBergetal.(2004)

Grauarmleuchteralgen-Brackwassertauchflur Chara aspera Chara baltica Chara canescens Potamogeton pectinatus Strandsalden-Teichfaden-Tauchflur Potamogeton pectinatus Ruppia cirrhosa (FSK289) Zanichellia palustris ssp. pedicellata Meersalden-Tauchflur Ruppia maritima (FSK 271) Zanichellia palustris ssp. pedicellata Brackwasserhahnenfuß-Tauchflur Bolboschoenus maritimus Cladophora fracta Enteromorpha intestinalis Potamogeton pectinatus Ranunculus peltatus ssp. baudotii (RL3, FSK 318)

Strandsimsen-Brackwasserröhricht Agrostis stolonifera agg. Aster tripolium Atriplex prostrata agg. Bolboschoenus maritimus Calystegia sepium Eleocharis palustris agg. Eleocharis quinqueflora (RL2,FSK146) Eleocharis uniglumis (V) Festuca rubra agg. Galium palustre Glaux maritima Hippuris vulgaris Juncus articulatus Juncus gerardii Mentha aquatica Myosotis scorpioides ssp. praecox (FSK248) Oenanthe lachenalii (FSK250) Phragmites australis Plantago major ssp. winteri (FSK285) Potamogeton pectinatus Ranunculus sceleratus Ruppia maritima (FSK271) Samolus valerandi (V,FSK272) Schoenoplectus tabernaemontani Triglochin palustre (RL3) Triglochin maritimum (RL3) Zanichellia palustris

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Meerbinsen-Ried Agostis stolonifera agg. Aster tripolium Festuca rubra agg. Galium palustre Glaux maritima Juncus gerardii Juncus maritimus (FSK 283) Melilotus altissimus (RL3) Mentha aquatica Oenanthe lachenalii (FSK 250) Opioglossum vulgatum (RL2) Phragmites australis Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Potentilla anserina Samolus valerandi (V,FSK272) Tetragonolobus maritimus (RL1, FSK 174) Triglochin maritimum (RL3) Vicia cracca Flur des Gewöhnlichen Quellers Agrostis stolonifera agg. Aster tripolium Atriplex prostrata agg. Puccinellia distans Salicornia europaea (RL3, FSK 217) Spergularia salina Suaeda maritima (RL3)

Schuppenmieren-Salzschwaden-Pionierflur Agrostis stolonifera agg. Alopecurus geniculatus Aster tripolium Atriplex littoralis (FSK275) Atriplex patula Atriplex prostrata agg. Chenopodium album Chenopodium glaucum Elymus repens Juncus bufonius Juncus gerardii Juncus ranarius Plantago major ssp. winteri (FSK285) Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Poa annua Polygonum aviculare agg. Potentilla anserina Puccinellia distans agg. Puccinellia maritima (FSK287) Ranunculus sceleratus Salicornia europaea (RL3,FSK217) Spergularia media Spergularia salina Suaeda maritima (RL3) Triglochin maritimum (RL3)

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 89

Küstenmastkraut-Löffelkraut-Salzpionierrasen Achillea millefolium agg. Agrostis stolonifera agg. Armeria maritima ssp. maritima (RL3,FSK219) Bupleurum tenuissimum (RL2, FSK79) Carex distans (RL3) Centaurium pulchellum (RL2,FSK229) Cochlearia danica (FSK 262) Danthonia decumbens (V) Elymus repens Festuca arundinacea Festuca rubra agg. Glaux maritima Juncus gerardii Leontodon autumnalis Lotus tenius (RL3) Odontites litoralis (RL1,FSK34) Ononis spinosa agg.(RL3) Parapholis strigosa (RL2,FSK86) Plantago coronopus (RL3,FSK223) Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Potentilla anserina Sagina maritima (RL2) Trifolium fragiferum (V) Trifolium repens (M) Bryum mamillatum (R) (M) Desmatodon heimii (V)

Andel-Rasen Aster tripolium Agrostis stolonifera agg. Atriplex pedunculata Glaux maritima Juncus gerardii Limonium vulgare (RL2,FSK97) Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Puccinellia maritima (FSK 287) Salicornia europaea (RL3,FSK217) Spergularia media Spergularia salina Suaeda maritima (RL3) Triglochin maritimum (RL3) Rasen der gewöhnlichen Salzbinse Achillea millefolium agg. Agostis stolonifera agg. Aster tripolium Eleocharis uniglumis (V) Elymus repens Festcua arundinacea Festuca rubra agg. Galium palustre Glaux maritima Juncus gerardii Leontodon autumnalis Lotus tenuis (RL3)

ILNGreifswald—November2016 90 Hotspot29GebietdesBundesprogrammsBiologischeVielfalt

Phragmites australis Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Poa pratensis agg. Potentilla anserina Trifolium fragiferum (V) Trifolium repens Triglochin maritimum (RL3) Wiesengersten-Salzbinsen-Rasen Achillea millefolium agg. Agrostis stolonifera agg. Anthoxanthum odoratum Bellis perennis Cerastium holosteoides Deschampsia cespitosa Elymus repens Festuca arundinacea Festuca pratensis Festuca rubra agg. Inula britannica (RL3) Juncus gerardii Holcus lanatus Hordeum secalinum (FSK 96) Leontodon autumnalis Lolium perenne Plantago major Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Poa pratensis agg. Poa trivialis ssp. trivialis Potentilla anserina Ranunculus acris Rumex acetosa Silene flos-cuculi (RL3) Taraxacum sect .Ruderalia Trifolium repens Triglochin maritimum (RL3) Strandseggen-Salzbinsen-Rasen Agostis stolonifera agg. Aster tripolium Bolboschoenus maritimus Carex extensa (RL3, FSK 81) Centaurium pulchellum (RL2, FSK 229) Festuca rubra agg. Glaux maritima Juncus gerardii Parapholis strigosa (RL2,FSK86) Odontites litoralis (RL1,FSK34) Phragmites australis Plantago coronopus (RL3,FSK223) Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Triglochin maritimum (RL3) (M) Bryum algovicum

OSTSEESTIFTUNG LeitbildundumsetzungsbezogeneZielzuständefürKüstenüberflutungsräume 91

Quellried-Salzbinsen-Rasen Agostis stolonifera agg. Blysmus compressus (RL3,FSK220) Blysmus rufus (RL2, FSK 101) Carex flava agg. Carex nigra (RL3) Carex panicea (RL3) Eleocharis quinqueflora (RL2,FSK146) Festuca rubra agg. Glaux maritima Hydrocotyle vulgaris Juncus articulatus Juncus gerardii Leontodon autumnalis Phragmites australis Plantago maritima ssp. maritima (RL3,FSK224) Potentilla anserina Triglochin palustre (RL3) Triglochin maritimum (RL3) Strandtausendgüldenkraut-Mastkraut-Salzpionierrasen Achillea millefolium agg. Agrostis capillaris Agrostis stolonifera agg. Aira praecox Anthoxanthum odoratum Calamagrostis epigejos Carex arenaria Centaurium littorale (RL2, FSK 77) Cerastium semidecandrum Corynephorus canescens Elymus repens Festuca rubra agg. Hieracium umbellatum Hypochaeris radicata Plantago coronopus (RL3,FSK223) Poa pratensis agg. Rumex acetosella Sagina nodosa (RL2,FSK170) Trifolium arvense Legende:

Fettgedruckt:CharakterartenderAssoziationen RoteListenGefäßpflanzenundMooseMV: RL1:VomAussterbenbedrohteArt RL2:StarkgefährdeteArt RL3:GefährdeteArt V:ArtderVorwarnliste FSK:ArtdesFlorenschutzkonzeptesMVmitNr.

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