MICHAEL HEIZER Metropol Kunstraum
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MICHAEL HEIZER Metropol Kunstraum MICHAEL HEIZER Metropol Kunstraum EINLEITUNG Michael Heizer ist ein fast vergessener Künstler, dessen Werk in großen Teilen zerstört ist. Und doch sind seine Projekte Teil der Kunsterfahrung einer bestimmten Epoche geworden ist. Als einer der wich- tigsten Protagonisten der Land Art / Earth Art hat er die Erweiterung des Kunstbegriffs in den 60er Jahren maßgeblich mitbestimmt. Für das Publikum, das die Arbeiten gesehen, erlebt, betreten hat, hat sich die Wahrnehmung der Welt ein Stück weit gewandelt. Heizers Zitat „There is nothing there, yet there is a sculpture“ über sein erstes wichtiges Werk (Double Negative) fasst dies eindrucksvoll zusammen. Die kleine Ausstellung im Metropol Kunstraum stellt die die Großprojekte umgebenden Arbeiten auf Pa- pier vor. Sie machen in einer eigenständigen künst- lerischen Ausdruckweise das Gedankenwerk von Heizer präsent und zeigen den ihm eigenen Umgang mit Materialen auch in diesem Format. Ich danke Philipp von Rosen für seinen einfühlsamen Text zu den Arbeiten und S.K.H. Herzog Franz von Bayern sowie der Staatlichen Graphischen Sammlung und Dr. Michael Semff für die Leihgaben, ohne die diese Ausstellung sehr rudimentär geblieben wäre. Auch Galerie Häusler Contemporary sei herzlich für die Leihgabe gedankt. Nov 2013 MM MICHAEL HEIZER, ZEICHNUNGEN AUS DEN oder Land Artists subsumiert werden –, wird deren SPÄTEN 1960ER UND 1970ER JAHREN: ‚Auszug‘ aus der Galerie und der Gang in die Wüste stets mit der gezielten Abkehr vom städtischen Leben „I don‘t paint around the edge“, „ich male nicht um und vom ‚System Kunst‘, bestehend aus Galerien, die Bildkante herum,“ erklärte Frank Stella 1964 in dem Handel und den Museen, begründet. So schreibt einem mit Donald Judd und dem Kritiker Bruce Glaser Greta de Groat 1994 in diesem Sinne: „Artists began geführten Gespräch1. Darin wandten Judd und er making earthworks in the 1960s as a reaction to the sich gegen die europäischen Traditionen künstle- political and social climate both within and outside the rischen Komponierens und votierten für neue, „nicht- art world. Artists felt alienated from the art market and relationale“ 2 Positionen, wie sie es nannten. Dennoch museums, which were seen as unresponsive to artists‘ legte Stella Wert darauf, keine ‚Objekte‘ zu schaffen, social concerns. One way to protest this situation was sondern Bilder zu malen. Der von ihm verwandte tiefe to remove art from areas controlled by the art esta- Keilrahmen diene dazu, die Oberfläche eines Bildes blishment and locate them in public spaces, or even hervorzuheben: „When you stand directly in front of in remote wilderness areas.“ 4 Und noch 2010 heißt es the painting it gives it just enough depth to hold it off in einer Presseerklärung der Galerie David Zwirners the wall; you‘re conscious of this sort of shadow, just – einer Galerie, der kaum anti-kommerzielles Denken enough depth to emphasize the surface. In other attestiert werden kann: „By the late 1960s, Heizer had words, it makes it more like a painting and less like an left the constraints of New York City for the deserts of object, by stressing the surface.“ California and Nevada, where he could create large- Anders agierte wenige Jahre später Michael Heizer, scale works that did not conform to the institutional and der einer anderen Generation angehörte als der acht commercial boundaries of museums and galleries.“ Jahre ältere Stella.3 Für ihn, wie für viele weitere Auch Heizer selbst behauptete 1970 im Gespräch Künstler wie Richard Serra oder Robert Morris war der mit Dennis Oppenheim und Robert Smithson, „daß Diskurs um die Minimal Art und deren Reduktionen fast alle Arbeiten die Galerien umgehen und daß die in eine Sackgasse geraten. Die große Anzahl erfolg- Künstler keinen Sinn fürs Kommerzielle oder Funktio- reicher Künstler, die sogenannte „Shaped Canvases“ nale haben. […] Eine Auswirkung von Earth Art könnte oder Werke schufen, die unter dem Begriff „minimal“ es sein, der Kunst den Warenstatus vollkommen zu subsumiert wurden, hatte keinen Raum mehr für ähn- nehmen.“ 5 lich arbeitende Künstler gelassen. Doch auch der so bewusst und programmatisch in der In der Literatur über Michael Heizer, Robert Smithson Wüste arbeitende Heizer wurde von der sammelnden und Walter de Maria – Künstlern also, die als Earth Kunstwelt durchaus beachtet, und mit der Produktion von Zeichnungen, anderen Papierarbeiten, Gemälden bei kein Hort des gesellschaftlichen Widerstands. und überschaubar großen, ‚handelbaren‘ Skulpturen Sie zählte vielmehr – und dies in einem Münchener arbeitete er ihr zu. Heizers New Yorker Galeristin, Ausstellungskatalog festzuhalten bedeutet im Grunde, Virginia Dwan, hat diese Selbstverständlichkeit 1984 Eulen nach Athen zu tragen – in den ausgehenden in einem Interview auch völlig unbefangen bejaht; für 1960er Jahren zu den führenden Galerien der Stadt, sie war es keine Frage, daß das Angebot und der Ver- wenn nicht sogar der globalen Kunstszene 11. kauf von „gefügigen Tauschhandelsgegenständen“ 6 der einzige Weg war, als Galerie und Künstler zu Entgegen allen Versuchen, einen echten ‚Wider- existieren. stand‘ Heizers und seiner Künstlerfreunde gegen das ‚System Kunst‘ zu postulieren, ist festzuhalten, daß Die scheinbar überraschende Existenz von Zeich- Heizer und die übrigen Earth Artists immer wieder nungen Michael Heizers in München erklärt sich da- Wege zurück in die Galerie beschreiten mussten, um mit, daß Heiner Friedrich einer seiner frühesten und sich und ihren Financiers die ‚Eskapaden‘ der Arbeit (für einige Jahre) auch intensivsten Förderer war: im Außenraum überhaupt erst zu ermöglichen. Nicht Friedrich finanzierte 1969 und 1970 die „Five Conic zuletzt deshalb wurden also Zeichnungen, photogra- Displacements, Triple Landscape, Munich Depression phische Dokumentationen bzw. Kartenmaterial und und Tangential Drawing“ 7, und er richtete bereits im weitere Arbeiten stets gehandelt. Bei den Zeichnungen April 1969 Heizers erste Einzelausstellung überhaupt ist dabei zwischen solchen zu unterscheiden, mit de- ein 8. 1969 war auch das Jahr, in dem Heizer „Double nen Gemälde oder Earthworks vorbereitet wurden Negative“, sein vielleicht bekanntestes und in den Di- und solchen, die sich als ‚autonome‘ Zeichnungen mensionen gewaltiges Earthwork in der Wüste Nevada kategorisieren lassen. In der Ausstellung finden sich schuf. Und es war knapp ein Jahr bevor er bei Virginia Beispiele aller drei Typen, von denen einige hier ex- Dwan seine erste Einzelausstellung in New York hatte. emplarisch analysiert seien. Die Ausstellung bei Friedrich wartete für die Besucher Die Vorzeichnung zu dem Gemälde „Untitled # 5“ von mit einer Überraschung auf. Sie wurde in den regu- 1967 / 1972 macht evident, wie wichtig Heizer die lären Ausstellungsräumen abgesagt und nach (Neu-) mathematische Berechenbarkeit und damit die Ent- Perlach transferiert .9 Dort zeigte Heizer die „Munich Personalisierung, also die Abkehr von der tradierten Depression“, einen flachen Konus, den er in dem Vorstellung, die subjektive Künstlerpersönlichkeit müs- damals noch nicht urbanisierten Vorort hatte aus- se in einem Gemälde sichtbar werden, war: So setzen baggern lassen 10. Heiner Friedrichs Galerie war da- sich das Gemälde und seine Vorzeichnung aus 36 quadratischen Einheiten zusammen, die aus jeweils erlaubt der Entwurf eine freiere, lockerere Ausführung 1/6 der Bildlänge und -höhe bestehen. Die ausges- dessen, was als strenges Endprodukt entstehen soll. parte Fläche beträgt 9 Einheiten (1/4 der durch das Grundquadrat umrissenen Einheiten), die gesamte mit Die Arbeiten „Five Saucer Depressions“ und „Levitated Leinwand überspannte Fläche umfaßt 27 Einheiten Mass Olympia“ stehen beide in engem Zusammen- (3/4 des Grundquadrats). Man wird davon ausgehen hang mit Heizers Earthworks. Gleichwohl läßt sich können, daß die zentrale Zeichnung in schwarzem auch hier noch einmal zwischen zwei verschiedenen Buntstift (die Binnenschraffur) und schwarzem Filzstift Typen unterscheiden. Die „Five Saucer Depressions“ (die Umrisse) ein Resultat der am Rande des Blattes betitelte, nicht monogrammierte oder signierte Zeich- zweifach ausgeführten „künstlerischen Überlegungen“ nung zu dem von Friedrich finanzierten Earthwork in Kugelschreiber war. Denn die beiden Kugelschrei- wirkt wie eine Entwurfs- oder Vorzeichnung, die zur ber-Entwürfe sind rechts und links auf dem Blatt je- Veranschaulichung von Heizers Plänen diente. Man weils mit einer vertikalen Linie von der zentralen Zeich- kann sich durchaus vorstellen, Heizer habe das fast nung abgetrennt: Erst kam also die kühle Berechnung, malerisch anmutende Blatt zunächst dazu benutzt, ihr folgte die ästhetisch ansprechendere Version. Friedrich davon zu überzeugen, die Arbeit „Five Co- Wenngleich für den Verfasser nicht alle Notate Hei- nic Displacements“ zu realisieren. Indiz dafür ist nicht zers les- oder nachvollziehbar sind, läßt sich doch das nur, daß in Heizers handschriftlichen Notizen auf der Prinzip, ein Gemälde auf der Basis mathematischer auf 1969 datierten Zeichnung der Titel noch das Wort Formeln und sogar auf Basis des karierten Papiers zu „Saucer“, „Untertasse“ enthält, was dem gigantischen entwickeln, klar erkennen. Heizer greift in der Bleistift- Projekt eher eine etwas lächerlich anmutende Rich- zeichnung sogar die Grundstruktur des Papiers auf, tung gibt. Heizer hat das dann in dem vor allem de- nämlich Quadrate von 4 x 4 Untereinheiten zu bilden. skriptiven Titel des ausgeführten Earthworks vermie- Unterstützt wird diese Lesart durch eine Anmerkung den. Außerdem