AMAZONIANA II + 401-416 Kiel. Dez. 1970

Der Casiquiare-Kanal, einst und jetzt von Dr. Kunr Max SrnnNl), Caracas-

Der Casiquiare ist die berühmte, von der Natur geschaffene Kanal-Verbindung zwischen dem weiten Strombecken des und dem ungeheuren Strombecken des Amazonas. Er ist zwar ein sehr eigenartiger, aber keineswegs einzigartiger ,,echter" Kanal, mitten im fast unbewohnten Urwald. Erst seit kurzer Zeit jedoch verbinder er das ganze Jahr hindurch den Oberlauf des Orinoco mit dem des , der der größte Nebenfluß des Amazonas ist und durch den Zusammenfluß des Schwarzwasser führenden Guainía mit dem Mischwasser führenden Casiquiare entsteht. Der oberste Casiquiare schlängelt sich noch durch jene ,,Fast-Ebene'o (: Penillanura, Peneplain), welche noch dem Orinoco-Strombecken zugehört, und weist keinerlei Terrain-Stufen auf. Der Casiquiare ist ungefähr 230 km lang und liegt mitten im ,,Ter- ritorio Federal Arnazonas'1 von Venezuela. Er gabelt sich (Bifurcación oder Gabel- teilung) bei 65"50'19" Westl. Länge und 3"08'08" Nördl. Breite vom Orinoco ab. Der Zusammenfluß des Casiquiare (dessen Wasserführung in unseren Tagen sehr rasch wächst, s. u.) mit dem relativ wasserarmen Guainía erfolgt bei 67o9' Westl. Länge und 2o Nördl. Breite. Die Seehöhe der Gabelteilung Orinoco-Casiquiare liegt, bei niedrig- stem Wasserstand gemessen, bei ungefähr 114 m, bei Hochwasser steigt der Wasser- stand bis zu 123 m. Der Zusammenfluß Casiquiare-Guainía wird, bei Niedrigwasser, mit 87-90 m Seehöhe angegeben. Die Wasserstände bei Ilochwasser sind nicht genau bekannt, doch dürften sie bei 93-97 m liegen. Die Seehöhen sind jedoch nicht verläßlich gemessen und schwanken außerdem sehr, weil ,oft Rückstauungen erfolgen. Die Mes- sungen der Niedrigwasserstände sind konstanter und viel verläßlicher,

1) Dr. med. Kurt Max SrenN, 1898 in Karlsbad in Böhmen geboren, wanderte 1938 nach Vene- zuela aus und war dort zuerst Land.arzt in El Callao, in den Goldminen und in den Steppen von Guasipati (Guayana). Dann, von 7941-1942 war er Wanderat:zt írr' Urwald und auf den Flüssen unter den Sarrapia(Tonka-Bohnen)-Sammlern, wobei er, wie er selbst schreibt, ,,Urwald-Medizin, Organisation und Überleben gelernt" hat. 1942 lud ihn das US Office of Interamerican Affairs als ,,Travelling Surgeon" und Reorganisator für die Arbeit im Casiquiaregebiet ein. Bis 1945 war Dr. Sren¡¡ in jener Gegend tätig, hat den Casiquiare 28mal durchfahren und war dort auch für die US Eng.-Córps-Mission ,,Inspector of the River-Levels", tris er im Casiqùiare von der Uferwand abstürzte und, mit zahlreichen Rippen- und einer Wirbelfraktur übel zugerichtet, die Tätigkeit und das Reisen !m Inneren des Landes aufgeben mußte. 1946 ließ sich Dr. Sren¡* als Internist in Caracas nieder, wo er seitdem lebt. Aber seine Leidenschaft für den Casiquiare, den er wie kein anderer auf der Brde außer den wenigen Anwohnern kennt, ist geblieben, Es ist wohl so, je schwieriger das Leben in- einer Land- ichaft ist, desto mehr- wird der Mensch mit dieser yerbunden. Erst ein Land, das ein Mensch mit sehr viel Mühe und Schweiß kennen- und lieben gelernt hat, gehör3 ihm und er gehört jenem Lande! Aus dieser innersten Verbundenheit mit dem Casiquiare, seinem gewundenen- Lauf, seinen Stromschnellen, seiner Hitze und seinen Insektenpiagen, heraus hat Dr. Kurt SrenN den Aufsatz geschrieben,,Der Casiquiare-Kanal, einst undjetzt'(, der die Erfahrungen seiner Urwaldjahre und seine Erkenntnisse über die Dynamik jener eigenartigen Flußverbindung widergibt. Alles Bestehende ist nur als etwas Gewordenes zu begreifen .,. , So ist es für die Herausgeber eine Freude und Ehre, die Arbeit K. M. Sterns in AMAZONIANA veröffentlichen zu können, weniger als das Ergebnis einer speziellen wissenschaftlichen Studie, sondern mehr noch als Teilresultat des Lebens eines Forschers in den Urwäldern und auf den Wasserläufen Amazoniens, eines Lebens, das den Einsatz lohnt. Harald Sioli

40r konservieren. Auch die Felszeichnungen (Piedras Mein Freund, der Botaniker Prof. Dr. Vorrvee VannscHr, hat im Jahre l95B eine beobachten und botanische Proben Expedition mit Prof. Dr. K. MÄcpnrneu unternommen und in einigen Veröffentlichun- Pintadas) der ,,noblen" Eroberer-Indianer wurden während der trockenen Jahreszeit farbigem Staub) auf gen über diese, dem Gedächtnis des genialen deutschen Naturforschers Baron Ar,nx- mittels silicolytischer Pflanzensäfte (vermischt mit mineralischem, (cf. 1959). ANDER vor.¡ Fluveor-or geweihte Forschungsreise ausführlich über die Entdeckungsge- gut sichtbare Uferfelsen ,,gemalt" oder aufgetragen SrcnN schichte des Casiquiare berichtet; er analysiert und bestätigt darin auch die Feststellungen Im Casiquiare findet man die schönsten Felszeichnungen beim Caño Caripó, Laja. Escarosa Piedra des Verfassers aus den Jahren 1948/1950 (cf. auch L. Mexxnno, P. Vrr-a, W. Gnr- Pintada, Piedra Culimacarí, Mündung des Rio Pamoni und Mündung Guainía/Casiquiare. T)iese und:G. NOUTLLET). wurden schon vor Tr¡eooon Kocu-GnÜNsnnc, .JOrrN OonNaI-, K. M. SrenN, V, V¡nnscr¡r BEncoLo studiert. Da sich Lama-Köpfe, Condor-Datstellungen, Sonnenkalender, Strahlensonnen Zur Geschichte der Casiquiare-Forschung möchte der Verfasser ergänzend noch hin- von Peru un{ Stulenpyramiden gefunãen haben, ist die Herkunft der Maler dieser Petroglyphen Hoch-Anden schon lange kein zufügen: sowohl die Casiquiare-Verbindung als auch die Trageplatz-Verbindung (und der Hersteller dei'künstlerischen Tongefäße) aus den pazifischen èeheimnis mehr. Sie verwendeten also silicolytische Pflanzensäfte, vermischt mit farbigem Steinstaub, Yabita-Pimichin waren schon den indianischen Ureinwohnern, und auch den indiani- die mit Bastpinseln rasch und mühelos auf die grobkörnigen, gut sichtbaren Oberflächen der Granit- schen ,,noblen" Eroberern (aus den pazifischen Hoch.Anden stammend) seit vielen felsen aulgeþinselt wurden. So waren sie wetterbeständig und weithin sichtbar. wohlbekannt. Das beweisen die Felszeichnungen (Petroglyphen) im Jahrhunderten schlecht organisier- Casiquiare-Flußbette und diejenigen, welche man auf den Felsen der Landenge (Hurra- VoN fIuùrsoLDT konnre also wâhrend seiner kurzen, improvisierten, Petroglyphen auf den lJferfelsen nicht sol¡i nennt sie auch Isthmus) Yabita-Pimichin gefunden hat, und auch die Fragmente ten Expedition in den Monaten Mai/Juni diese lagen, vom der schönen Töpfereien an eben diesen Orten.-Alte Indianer-Sagen, die auch Ar-nx- studieren, denn er reiste in der Hochwasserzeit, und die Felsmalereien temporären, ungeheuer ANDER voN FluMsor,or zitiert, berichten, daß An¡er-rvecce und VoccI, die gütigen Sonn- I{ochwasser überschwemmt, tief unter dem Wasserspiegel dieser und Mond-Götter, ihren Söhnen, den Indianerstämmen, den mückenfreien Trageplatz ausgedehnten Regenwasser-Überstauungen I (: Portage: Trocha: Arrastero) Yabita-Pimichin gezeigt hätten, um ihnen die Jeder gute Pfadfinder hätte selbstverständlich die Expedition FIU¡¡soLnr-Bo¡,¡p¡-eNn Qualen der ,,grünen Hölle" im Alto Casiquiare, dem mückenverseuchten (in diesen während der Trockenzeit reisen lassen. Er hätte auch nicht eine schwerfällige ,,Pirogue", Vorzeiten wohl noch sehr oft trockenfallenden) Urwald-Kanal zu ersparen. Den Sagen sondern zwei leichte und einfach zu transportierende Maquiritare-Kanus benutzt, wie sie nach hätten diese gütigen Götter ihren Indianersöhnen übrigens auch die Moriche- die Maquiritare-Indianer aus ausgesuchten Baumstämmen mittels Feuer herstellen. Palme (Mauritia aculeata, M. carana, M. flexuosa, M. uinifera, M. subinermis, etc., nach Ein erfahrener Expeditionsführer hätte die beiden Forscher natüilich zuerst hinauf auf Palm- Prrrren et al. 1947) geschenkt, die Palmnüsse als Nahrung, die Stämme und den breiten, träge fließenden Orinoco bis zur Bifurcación gerudert, gestakt und gesegelt; der die Palmfasern für die kunstvollen Flechtereien. Auer,r- wedel für den Baù Hütten, eventuell sogar bis zur Einsiedler-Mission ,,Esmeralda". Dann wäre er rasch den vecce und Voccr hätten ihren Indianer-Kindern die Füße abgeschnitten, d. h. sie reißenden Casiquiare hinunter gerudert, in zwei Tagen, um so mühelos nach San Carlos seßhaft gemacht! de Rio Negro zu gelangen. Er hätte so die Mosquito-Plage sehr kurz gestaltet. Die (,,Trocha", auch Wie der Verf. in einigen Arbeiten (2. B. Piedras Pintadas, StenN 1959) und in Vor- Rückreise hätte er natürlich über den mückenfreien Trageplatz ,,Land- Maroa- trägen (1964/65) úber die Humboldt-Bonpland-E*.pedition zum Rio Negro veröffent- enge" oder ,,Isthmus" genannt) Pimichin-Yabita angetreten. fm einsamen den hilßberei- licht hat, war jene Forschungsreise eine schlecht vorbereitete, improvisierte Expedition. Dorfe hätten die Expeditionsteilnehmer sofort genügend Träger unter an Denn Humboldt wollte sich ursprünglich ja dem neuen Genius des Krieges, dem General ten, sachverständigen Indianern gefunden, um ihre beiden Maquiritare-Curiaras Missionaren Bonaparte anschließenj der geÀd. áen agyptischen Feldzug unternommen hatte. Aber einem Tage über den Trageplatz zu bringen. Jedoch.sind den gutwilligen geworden, vielmehr die Blockade Großbritanniens verhinderte ihn daran. Erst in Madrid entschloß sich die Zwecke einer wissenschaftlichen Expedition wohl nie klar verpflegt, be- Humboldt sodann, zuda--e.t mit seinem FreundeAiméeBonpland, einemausgezeich- wollten diese einfachen spanischen Dorfgeistlichen möglichst rasch, gut neten jungen Botaniker, in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents zu quem und nicht von Mücken geplagt, in ihre armseligen Missionen am Rio Negro der Expedition, reisen, In den Klöstern des heutigen Venezuela, in der Umgebung von Cumaná, wo kommen. Weder FluMsor-or noch BoNpr,eND, auch nicht der Steuerinann die Geistlichen aus den Orinoco-Rio-Negro Missionen zur Erholung im Bergklima der ausgezeichnete Hochseepilot Cexr-os orl PINo, hatten Erfahrung auf den Flüssen. hatte nicht das Verständnis' weilten, wurde er erst auf die eigenartige Kanal-Verbindung ,,Casiquiare" aufmerksam Der gute Padre Zø¿. aber, der an Malaria und Gicht litt, was gemacht (1799). Freilich verstanden die gútigen, aber einfältigen Missionare die Zwecke Trotzdern¡ oder vielleicht gerade deshalb, ist es der höchsten Bewunderung wert, lJmständen einer geographischen Forschungsreise nicht. Ilurtsolot und Bo¡,rpr-eNo wollten selbst- F{unsor-or und sein junger Freund Arrr,rÉB BoNpr,AND unter diesen widrigen noch ist F{uN¡solnts verständlich diese wenig bekannten Landstriche astronomisch genau vermessen, aber erschaut, erforscht, erfahren und erkundet haben. Auch heute die Bibel jedes Forschers dieser Region und eine das kann man nur, wenn man die Sterne beobachten kann, also nur in der Jahreszeit ;,Reise in die Aequinoctial-Gegenden" ist allerdings von ohne größere Wolkenbildungen (,,Verano"), d. h. in der Casiquiare-Gegend etwa von Quelle der Ðrkenntnis. Die Landkarte, die Hurusolo'r entworfen hat, Dennerhat Oktober bis März. Sie wollten außerdem das ,,wahre" Gesicht dieser Gegenden sehen, der Mitte des Casiquiare bis zur La Esmeralda Mission vollkommenfalsch. wenn nämlich diese Tiefebenen mit ihrem sehr geringen Gefälle nicht von 5-25 m ja nur eine einzige, ziemlich falsche Astrolab-Ablesung im Casiquiare machen können, (auch oder Felsen genannt), tiefen Überschwemmungen bedeckt sind. Denn nur in den regenarmen Jahreszeiten nämlich am Felsen Culimacari ,,San José" ,,Guanarí" wahrscheinlich kann man die Bäche, Flüsse und Ströme, die nur bei Niedrigwasser auf ihre eigenen welcher nach ffuMsoLDT ,,ganz genau" unter 2"0'42" Nördl. Breite und konnte Flußbetten beschränkt sind, studieren. Nur bei Niedrigwasser kann man die lJferwände unter 69"33'50" Westl. Länge liegen soll. Von der Mandavaca-Mission an Mücken, Gelsen und Ameisen geplagt und geologisch erforschen, die ,rsäuberlich" getrennten \Mässer, ,r\rVeiß"- und ,rSchwarz"- F{uIr,Isolpr im strömenden Regen, von Es blieb dembekanntenUSA- wasser, untersuchen. Nur während der Trockenzeit kann man die Fauna und Flora hungernd, nicht einmal durch Peilung kartographieren!

402 403 Forschungsreisenden, Kartographen und US Navy-Arzt Dr. FIerr¡rr,roN Rrce vorbehalten, Amazonas andererseits (bzw. dessen Nebenstrom Rio Negro). Diese Wasserscheide, die die erste genaue Kartographie des Casiquiare irerzustellen. Die astronomisch g..rurrá heute nurmehr aus niedrigen Felshügeln und Schutthalden besteht, muß in der Urzeit vermessung und aerophotographische Aufnahme stammt von der us-Eng.-"corps- natürlich wesentlich höher gewesen sein. Der lJnterlauf des Orinoco war eine Meeres- Mission (colonel H. E. G'nor,s) lg42-rg43, deren Mitarbeiter der verf. war. bucht, die heute vom Orinoco-Delta eingenommen wird. Flußaufwärts folgt ein Durch- bruchtal eines Stromes, ungefâhr von Ciudad Bolivar bis zu den Stromschnellen(Rau- Der Casiquiare ist aber erst in unseren Tagen und. unter unseren Augen zu einem dales) ,,Torno" und ,rlnfi,erno" reichend, weiter hinauf lag dann der weite Stausee, den echten, etwa 230 km langen Kanal geworden. Er ist nunmehr für Kanus und kleine heute die ausgedehnten Llanos von Venezuela einnehmen, die bis zu den Katarakten Motorboote ständig befahrbar und besteht also das ganze hindurch ohne von Maypures und Atures reichen. Schließlich kam wiederum ein kleinerer Stausee, der jede Jahr unterbrechung. Noch in den Jahren rg+2*45, als där Autor ihn einige bis zu der heutigen Wasserscheide zwischen Orinoco und Amazonas reichte. zwanzig Male befuhr (er war von 1939-1945 ,,Landarzt" und ,,wand,erarz{, lrn Dschungel der Guayana und im Amazonas-Territorium Venezuelas), war der Casi- Diese \ly'asserscheide kann man auf genaueren physikalischen Karten gánz deutlich quiare nur eine zeitweilige, ,,temporäre" wasserverbindung (,,Vertientes temporales,, verfolgen (s. hierzu Fig. 1): sie streicht von dem Felsstock Guasacavi über die Landenge nach (Lajas) Ven¡'scr¡r und Bnncoro). Allerdings wurde auch ¿u-ã1.'sctton der Oberjauf des von Yabita-Pimichin über die Hügel und glattgeschliffenen Granit-Kuppen casiquiare nur noch nach mehreren wochen ohne Regen, durch die auftauchende, Aripe-Maguasi-Ocuinavi, Cerritos Tití (westlich des Casiquiare-Kanals). Hier durch- niedrige, halb zerstörte Wasserscheide, für Tage oder ftiiWochen unterbrochen. Denn schneidet der Casiquiare-Kanal zwischen dem Trigonometer-Punkt ,,Buenos-Aires" und schon 1942-45 war nämlich die WasserscheiJe bereits weitgehend zerstört und schon den Stromschnellen (Raudales) ,,Vaquiro" und ,,Araguato" die Wasserscheide. Auf dem fast das ganze Jaht hindurch überflutet und ,,überschiffbar.i Ostufer des Casiquiare setzt sich dann diese \{asserscheide über die Cerritos Araguato fort, sie wird im Moriche-Sumpfland nordwestlich des Vijiya-Bergstockes zeitweilig Zwischen den Stromsystemen des Orinoco und des Amazonas gibt es übrigens noch überflutet (siehe oben), so daß sich hier dann weitere Kanalverbindungen bilden; mehrere, allerdings viel kleinere und unbeständigere, temporäre"Kanalverbindungen. weiter verläuft die Wasserscheide tiber die einsamen, vom lJrwald bedeckten Granit- Zum Beispiel im Amazonas-Territorium Venezuelas: zwislhen dem Rio Atacavi und Berge Anasi und Idapa, um sodann in die Sierra (Mesa) de lJnturán überzugehen, und Rio Temi (beide dem Orinoco-Flußsystem zugehörig) und dem Rio Conorochite, einem über den Cerro Ariña Jidi die Grenze zwischen Venezuela und Brasilien bis zum Tepuy Nebenfluß des Rio Guainía (beide dem Amaronaisystem zugehörig), aber auch nur Roraima zu bilden. (Von Roraima aus wendet sich die Grenze nach Norden und ist hier während der Regenzeit. Zwischen den caños (Flüßchen) caca-und ðhigrri.., die beide ein aktuelles Streitobjekt zwischen Venezuela und Guyana.) Dort aber, wo der heutige in den AIto Orinoco rnünden, einerseits pamoni, durchbrach, war und den Morichal-Nebenflüssen d1s Rio . Casiquiare-Kanal diese niedrige, schlecht definierte Wasserscheide der dem Amazonasbecken angehört, andererseits, bestehen ebenfalls solche temporären Ka- dieselbe nur durch Geröll-Halden (vielleicht von Cerro Duida her) gebildet. Sie war nalverbindungen (S. l)..Morichal-Sümpfe TiS.- sind von Moriche-PalmenË.wachs..re, hier nur niedrig und auch wenig widerstandsfähig. Wie der Verf. seit 1948 wiederholt hochmoorartige sümpfe, die z.B. am Nord-west-Fuße des cerro yijiya zufinden sind. publiziert hat, ist der Casiquiare auf folgende Weise zustande gekommen: Aber diese letztgenannten Kanalverbindungen sind nur zeitweise Ëestehende Wasser_. verbindungen, weil sie ja nur durch Überflutung in der Regenzeit zustande kommen. Aber auch in den Llanos(: Ebenen) der Nachbarrepublik Cãlombia soll es vom Ober_ ' lauf des Rio Guaviare-und des Rio Inirida (Orinoco-Nebenströme) Verbindungen zu Die Genesis des Casiquiare den Zuflüssen des Rio uaupés (Nebenfluß des Rio Negro) geben, *á1.h. alle dem Ama- In der,,Fast-Ebene" südlich des Duida Bergstockes teilte sich der Alto Orinoco bei zonas-Beòken angehören. Auch hier jedoch handelt es sich nur um temporäre l(anal- l. ¿ unterwaschen, in verbindungen. Der Autor kennt aber die letztgenannten nicht persönlich. der Piedra Lais (einem Granitblock, der in den letzten Jahrzehnten den Casiquiare hinabgerutscht ist) in zwei Arme. Der nördliche Hauptarm nimmt den wendet sich dann nâch Süden, bildet die d:r lJrzeiten-ragte nämlich au, n".gturrd großen Nebenfluß, Rio Cunucunuma, aut . {r, ,,parima"(auch ,,Guayana-Hochland,,) Insel Gallo und und biegt wieder nach Westen um, um io in dieser Fast-Ebene viel höher in den Himmel. Es war ebenso wie das im Süden tielende, Quiritare außerordentlicú mit minimalem Gefälle (3-5 cm/km) bis zu den Felsdämmen derVentuariMündung große brasilianische Bergland vom Weltmeer umspült. ZwischJr diesen beiden Berg- träge dahinzuströmen. Diese Fast-Ebene mit so geringem Gefalle ist natürlich durch die ländern besteht.heute das ungeheure Tiefland des Amazonas. Vom Bergland paúria,. Außchüttung hinter der Felsbarriere der Ventuari-Mündung entstanden; die vielen einem aus grobkörnigem Granit gebildeten Urgebirge mit enormen Sanästeinauflage- Inseln ln diesem Orinoco-Abschnitt sind die Zeugen dieser Aufschüttung. Die Seehöhe rungen, strahlten Felsketten aus, welche den Meeresboden wie Felsdämme unterteiltèn. der Bifurcación liegt bei Tiefwasser, wie gesagt, bei 114 m, bei l{ochwasser bis hinauf Von der Parima und von der sich später auffaltenden Küstenkordillere wurde erodiertes zu 123 m über Seehöhe. Die Ventuari-Mündung ist (ungefähr und bei Niedrigwasser Material abtransportiert und ebnete den Meeresboden zr,r'ischen den Felsdämmen und gemessen) 107-109 m hoch. dem Festland ein' Zuunterst lagen die Halden der uralten Parima, darüber lagerten sich jüngeren die der Küstenkordillere (durch Auffaltung entstanden). Hinter áiesen Der oberste Casiquiare schlängelt sich als inselbildender Arm durch eben diese ,,Fast- Felsdämmen bildeten sich Süßwasserstauseen, welche duich Wasserläufe miteinander Ebene" bis zum Punkte,,Buenos Aires" (ll3m hoch), gegen Südsüdwest; dann biegt verbunden waren. Diejenigen Felsdämme, die von der Parima ausstrahlend gegen die er nach Nordnordwest um und mündet, geteilt in zwei Arme, unterhalb der Insel Galo Küstenkordillere (in der Höhe der heutigen Hauptstad"t Bogotá) verlauferi, bilden und gegenüber der Insel Quiritare wieder in den Hauptarm des Orinoco zurück. Der die Wasserscheide zwischen den großen Flußsystemen des Orinocó einerseits und cles oberste Casiquiare war also ursprünglich weiter nichts als einer der vielen inselbildenden

40+ 405 orinoco-Nebenarme (,,Btazo" ocler ,,Aqua Menor"). Auf jeder genaueren Karte hann diese, man noch heute in der F{ochwasserzeit bestehende, ehemalige Inselbildung oô ûnden. Manche ältere Karten nennen diesen inselbildenden Arm ,,cañã Tibure,,, z, Tl e3 wird er auch ,rCaño Seco de Buenos Aires,, genannt. ?s Dieser Flußarm, der wie gesagt die ehemalige Insel Piedra Lais umfloß, ändert tat- ì o, O- sächlich von Zeit zu Zeít die Richtung seiner Strömung. Zumeist fließt er von der cono o Li l Piedra Lais (114m) +t o und Buenos Aires (ll3m) zu jenen Inselmündungen hin, die N o g ç o ungefähr l12 m über dem Meeresspiegel liegen. \{enn aber nur derRioCrr.r,r",rrrrr-u :ro:Fo !s (d (durch NO d lokale Strichregen im Duida-Bergstocke) Hochwasser führt, dreht sich 06 & natürlich l_ die Stromrichtung um und das Cunucunuma-Wasser strömt nun vorn Orinoco her durch O I ë=3 d den Caño Seco zum Casiquiare o I P"Þ. O hin. Diese zeitweilige Umkehr der Stromrichtung war oco O I T'E o den Indianern, aber auch den spanischen Söldnern und den Gummiarbeitern ¿ È bekannt o n\ o o I ô O ù f?, :ãE ! und sehr willkommen: denn dann mußten sie nicht über 2 m hoch den o .ja orinoco f ) hinaufrudern oder -staken. o Sie ersparten sich nicht nur die Anstrengung, sondern auch I J L o die. fürchterliche, ja höllische ¡ Qual der Kriebelmücken (Simulide"¡ aãr oberen Casi- o É 1 quiarel wir sehen also, daß die alte sage von der,,IJmkehr,, der strömung È Ë im casi- U quiare-Kanal selbst zwar ein Märchen ist, weil ja der casiquiare 14 o von l m Seehöhe o bei der Gabeltèilung auf 87-90 Seehöhe JO o m beim Zusammenfluß des Casiquiare mit o o ,: t dem Guianía hinuntèrströmt, aber ein Körnchen wahrheit ist eben doch dabei. círo ' OØ Das Gefälle des Casiquiare ist also ungefähr 3-4 rnal so groß wie das Gefälle des ,!* ', ì / c<íi,o Orinoco, d. h. 10-15 cm/km. o É-d Freilich beginnt dieses große. Gefälle aber erst mit dem ) ¡guoPo o> a ( - Trigonometer-Punkte Buenos Aires, an dem der Casiquiare die Fast-Ebene des Joco .o' bÈ Orinoco- co-¡o aÞ' ôo Beckens verläßt. Wenn wir nun die Detail-Kartenskizzen der Orinoco-Casiquiare- bt betrachten, welche nach den genauen aerofotografischen Aufnahmen o Qabelung . der 5 r.Z U. S. Eng. Corps'-Mission unier Oberst H. E. Gnnors, deren Mitarbeiter der Autor o war, hergestellt sind, finden wir folgendes (Fig.. 2): , ËN o o! t- Den N.d I' orinoco entlang Bifurcación ll4m, cunucunuma-Mündung ll3m, Mün- .9 o !_ dungen des caño seco de Buenos I o Aires ll2 m, Inser Babilla etwa lll m. ts ts o MN p91 entlang: playo - u U F Çasiquiare Bifurcación ll4rn, Buenos Aires l13 m, venado (unter- É É o o lô Jhn o f, É halb der beiden stromschnellen vaquiro und Araguato) É o U È ,! etwa a l ld m, Mündung des o U q .3Ë Rio Pamoni 109 m, Mündung des Rio Durotomoni 107 m. Das ist gegen den oriroco F d oo und gegen den jedesmal Nbô Casiquiare hin 50 km gemessen. Es ist also sJlbstverständlich, z ) Þo NO daß das oc 't bn viel größere Gefälle iles Casiquiare, wenn nun einmal die Wasserscheide o bei Buenos Aires zerstört ist, die \¿vässer des oberen orinoco gegen den. Rio Negro a I o; a (Amazonas) hin entführen muß. \,¡ É 43 Ê o/e Der ( '-.; II' Verf. hat in seirien Vorträgen und Publikationen deshalb schon vor dem N s bb Jahre 1950 voraussagen können, daß o f¡< t z U ts N N U a) der casiquiare sich in den Abfluß des orinoco-euellstromes verwandeln wird;

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V.nodo 110 I I Fig. 2: Skizze des Gefälles des Orinoco und des Casiquiare, jeweils etwa 50 km nach der Bifurcación. Seehöhen bei Niedrigwasser.

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pig. í: Kartenskizze des Oberlaufes des Casiquiare. In der Ecke: die ,,Bifurc4ción" in vergrößertem Maßstab. d) diese neu entstehende Wasserscheide nunmehr von den Cerritos Titi, quer über die ehemalige Insel Piedra Lais und damit auch quer über den Caño Seco de Buenos Aires verlaufe, um sodann quer drirch das Orinoco-Flußbett (östlich der Cunucu- numa-Mündung) und schließlich über die Vorberge (Cerros Piapoco und Tapacure) des mächtigen Duida-Bergstockes und sodann über die Tepuys Duida und Marahuaca zum Ariña Jidi verlaufen, also von Süden nach Norden und sodann nach Osten ziehen wüide. Der Verf. hat auch vorausgesagt, daß sich der Cunucunuma-Strom in den Quellfluß des unteren Orinoco-Stromes verwandeln würde. Diese grundlegenden Veränderungen der Wasserscheiden-Verhältnisse sind nunmehr auch tatsächlich eingetreten. Seitdem nämlich die vorher beschriebene Wasserscheide CASIQUIARE- zwischen dem Punkte Buenos Aires und den beiden Stromschnellen (Raudales Vaquiro ORINOCO _+ und Araguato) in diesen letzten Jahren völlig zerstört und herabgeschwemmt wor- Bifurcación, 4. 5. lg+1 (nach l)r. John Odenal) den ist, ist der Casiquiare natürlich auch um einVielfachesinderBreiteundinder Tiefe angewachsen. Wenn wir zum Beispiel den ,,Abgangstrichter" des Casiquiare von 1942-1957-1958 und 1966167 und 1970 sowohl auf den Landkarten (Fig. 3) als auch auf den Bildern (Fig. a) (nach Fotografien) vergleichen, erkennen wir sofort, daß sich nicht nur dieser Abgangstrichter um ein Vielfaches erweitert hat, daß die Spornbildung an der Inselspitze, d. h. die Sandbank an der Spitze der ehemaligen Piedra Lais (Hum- boldt hielt diese Sandbank irrtümlich für die Wasserscheide und nach ihm noch so mancher moderne Casiquare-Forscher) sich von der Ostseite auf die Westseite verlagert hat. Die von Vanpscnr beschriebenen beiden wasserleeren Durchbrüche des östlichen Sporns (die also nur zur Zeit der llochwasser Wasser führten) werden nunmehr, wie zu erwarten war, in den ,,Abgangstrichter" einverleibt, Wir merken auch sofort, daß sich in den letzten Jahren der obere Casiquiare selbst aus einem engen, inselumfließenden Nebenarm cles Orinoco-l{auptstromes in den mächtigen, reißenden, breiten, tiefen Ab- lauf, in das eigentliche Strombett des oberen Orinoco verwandelt hat! Es ist sehr wahrscheinlich, daß in künftigen Zeiftàtsmen die heute nur unbedeutenden, vorübergehend bestehenden echten Kanal-Verbindungen zwischen den Caños Chiguire oRrNoco > (etwa ll8m) und Caño Caca (etwa 116m) vom Orinoco her mit den Morichal- Sumpfbächen des Rio Pamoni zurn Arnazonas hin sehr an- Bedeutung gewinnen Bifurcación, 1943-194+ --(Dr. K. Max Stern) werden. Es ist sogar möglich, daß diese Wasserläufe-Verbindungen- den Casiquiare- Kanal ,,ablösen" werden, weil ja ihr Gefalle bedeutender als das des Casiquiare ist. Als die Wasserseheide in früherer Zeit noch nicht abgetragen und durchbrochen war und die Wässer des Orinoco noch säuberlich von denen des Amazonas (bzw. des Rio Negro) schied, war der ,,ursprüngliche" Casiquiare nichts weiter áls einer der kleineren Nebenflüsse des Rio Guainía (oder Rio Negro). Dieser kleinere, relativ unbedeutende i1 teils als ),. Nebenfluß hatte seinen Quellfluß im heutigen Rio Pamoni, der ,,Weiß"-\rVasser- fluß vom Gebirgsstock Ytjiyu, teils als ,,Schwarz"-\Áy'asserfluß aus den Morichal-Sümpfen nordwestlich des Vijiya-Gebirgsstockes kam. Dieser ursprüngliche Quellfluß erhielt von den Raudales Vaquiro und Araguato herkommend, einen Zufluß (: Afluente), der sich unterhalb der genannten Stromschnelle träge durch die Ebene schlängelt und durch die Playa Venado, eine Errveiterung des Flußbettes mit Sandbänken, fließt, zwei Sumpf- CASIQUIARE bäche (Caño Darate und Caño Maminabe) aufnimmt, um sich schließlich mit dem ORINOCO ---. -) Rio Pamoni zu vereinigen, der hier tief in den Granitfelsen eingeschnitten ist. Es ist eben sehr unbedeutende Zufluß des Pamoni, welcher die Kanal- Bifurcación, August I 970 dieser, ursprünglich Rio indem er sich (Dr. John Odenal u. Dr. K. Max Stern) verbindung zwischen Orinoco- und Amazonas-Strombecken herstellte, mit jenem inselbildenden Nebenarm des Orinoco, südlich des Punktes Buenos Aires, in llauptwasserscheide geschah auf folgende Fig' 4: Die Erweiterung der Abflußöffnu1g de¡ Orinoco in den Casiquiare im Laufe der letzten drei Verbindung setzte. Die Durchbrechung der Jahrzehnte. (Gezeichnet voñ Dr. K. Max Stern). Weise:

+t1- l. Die großen Alluvium-Ablagerungen ebneten die Wasserscheide von Norden her ein. bietes südlich der beschriebenen lvasserscheide, d. h. unter einigen tausend redlichen und gastfreundlichen Menschen, Hungersnot. Die Rio-Negreiros nannten es ,,Francis- 2. Die enormen lVassermengen des Alto Orinoco überschwemmren schließlich die quito" nach dem Schutzheiligen der Armen und der Flungernden, nach San Francisco relativ unbedeutende Wasserscheide, die hier aus wenig widerstandsfähigen Geröll- de Assisi. Der Autor hat unter den Bewohnern des Rio-Negro und auch unter den Solda- halden gebildet wurde. Diese Überschwemmungen erodierten erst eine oberflächliche ten der Grenzgarnisonen Venezuelas und Brasiliens Hungerödeme, Beriberi, Avitaminosen Rinne, dann einen relativ rasch sich vertiefenden Graben, der die Wasserscheide durchbrach. und außerordentlich hohe Kindersterblichkeit in den ZeiIen des ,,Francisquito" erlebt. Zum Glück können heutzutage die schlimmsten Folgen solcher Flungersnöte durch 3. Das große lokale Gefalle trug als Hauptfaktor zu dem Durchbruch bei (Buenos Aires radiotelegrafische und Flugzeug-Verbindungen relativ schnell behoben werden. Wie l13 m, Playa Venado ungefähr 110 m Seehöhe bei Niedrigwasser). karg die Jagd und wie karg im allgemeinen die Nahrungsmittel am Rio Negro sind, zeigt arn besten der Ausspruch meines treuen Weggefährten und Piloten, Señor Ruro 4. Die beiden Katarakte (: Raudales) Vaquiro und Araguato nagren die Fußpunkte Gu¡vexx.a: !"En RioNegrodesde elMosquito adelante todo que eche sangre, es ca- der Wasserscheide durch retrograde Erosion an. cería"t (,,4m Rio Negro ist, von der Mücke angefangen, alles, was blutet,Jagdtier!")

Wie die erfahrenen Veteranen des Amazonas-Territoriums (Gummiarbeiter und Sc¡ bleibt uns nur noch rückblickend die Landschaft jener damals aufgetauchten Flußschiffer) bezeugen, ist der Casiquiare in den letztenJahrzehnren ganz überraschend Wasserscheide zu beschreiben, die man Infierno Verde del Mosquito", d. h. die schnell gewachsen und die Schiffahrt, die hier im obersten Teile des Casiquiare außer- ,,El grüne Hölle der Mücken nannte. Der seichte Oberlauf des Casiquiare hörte bei dem ordentlich schwierig war, ist sehr bequem geworden. Hingegen ist der orinoco im Ab- Punkte Aires" auf; er endigte hier als toter Arm. Dann kam die heraufge* schnitt zwischen der Bifurcación und dêr Mündung des Rio Cunucunuma durch neue ,,Buenos tauchte Wasserscheide, d. h. ein wasserleeres, tiefeingeschnittenes Flußbett mit über- Sandbank-Bildung bei Niedrigwasser außerordentlich seicht geworden. Das heißt, es ist hängenden 5-10 m hohen Uferwänden, die unterwaschen waren. In diesen lJferwänden eine grundlegende Änderung,. nämlich die Umlegung der Wãsserscheide Orinoco-Ama- konnte man genau die Schichten der von den des Orinoco hinabgespülten zonas eingetreten: während dieselbe noch vor wenigen in allgemeiner Richtung Quellregionen Jahren Der Boden des Flußbettes bestand aus Sandbänken, West-Ost verlief, verläuft sie heute Süd-Nord. Sand- und Geröllmassen erkennen. Schlamm, abgeschliffenen Granitblöcken und im Sande vergrabenen Baumstrünken (Cara- Fische Auf den Luftaufnahmen sehen wir aber nicht nur die Verbreiterung des Abgangs- meros). Es fanden sich noch hier und da stinkende Wassertümpel, in denen trichters und Vertiefung des Strombettes des oberen Casiquiare, sondern urã¡ ãi. verwesten. Manche Tümpel waren sogar noch durch kleine Rinnsale miteinander ver- es von ,,Gerade-Streckung", das Verschwinden der grotesken Flußwindungen des Casiquiare- bunden. In den Tümpeln, die noch nicht ganz ausgetrocknet waren, wimmelte Oberlaufes. Vennscr¡r hat das schon 1963 ganz klar veranschaulicht, als er die Arbeit blutgierigen Caribe-Fischen (Piranhas), die sich offenbar gegenseitig auffraßen. Im fand d. Verf. ,,La Genesis del Casiquiare" (Srnnw 1952 Mitteilungen und in Acta Venezolana Sande verborgen lagen Stachelrochen (Ralta þasternac), im Schlamme vergraben Científica) durch seine trefflichen Kartenskizzen illustrierte (vannscHr 1963). man Krokodile und große Wasserschlangen (Eunectes). Jagdtiere und Raubkatzen, Jaguare, schwarze,,Panther", Pumas und Ozelots, Rehe, Wildhunde, Wildschweine, große III. Der Verf. hatte eben, gegenúber allen anderen Casiquiare-Forschern, den großen und kleine Nager, kleine und große Affen kamen manchmal zur armseligen Tränke Vorteil, daß er diesen so eigenartigen Wasserlauf sowohl in der größten Trockenzeit oder zur Jagd tiber die gefallenen Bäume herab. Nur die Vögel, insbesondere die (,,verano" genannt, vom oktober bis März dauernd) gesehen, eiforscht und erlitten Fischervögel, waren zahlreich und hatten eine leichte Ernte. Soldatenstörche, Fisch- hat. In den Jahren 1942-45 tauchte nämlich, nach mehreren wochen ohne Regen im reiher, Flamingos, Papageien, Wildenten aller Art, Singvögel, Geier, alles bunt durch- Gebiete der Orinoco-Quellen, die schon damals sehr zerstörte Wasserscheide im Casi- einander. Aber die wahren und grausamen Beherrscher dieser stinkenden, dampfenden, quiare-Flußbette herauf; sie unterbrach clen Lauf des Casiquiare auf einer Strecke von glühenden grünen Hölle am oberen Casiquiare waren, sind und werden sein clie Mücken; l-2, ja bis zu 3 km. Mücken jeder Art und Schnaken, die ja so haufig Überträger vbn Kranhheiten sind (Anoþheles, Culicides, Phlebotomus, Simuliden, etc. etc.). In dichten Wolken tanzen diese So wie in der Elbe die im Mittelalter berüchtigten Hungersteine auftauchten, so oft winzig kleinen, schwärzlichen Blutsauger in der Tropensonne und umgeben Tier brachte auch die aufgetauchte Wasserscheide des einsamen Casiquiare-Urwald- und Mensch wie mit einem Schleier, wie mit einem Heiligenschein.'Es war eine Höllen- Kanals llunger, Elend und Krankheiten frir die Bewohner der Rio-Negro-Gegend mit qual, über diese ein, zwei oder drei Kilometer trockengelegten Flußbettes ein Kanu oder sich; denn die Herbeischaffung von Lebensmitteln für die Bewohner dãr Ufer des Rio gar ein flaches, kleines Boot (Chata) von Tümpel zu Tümpel und zu dritt zu ziehen, Negro, Guianía und unteren Casiquiare war immer schon unerläßlich, weil es, wie schon zu schieben, zu schleifen und zu schleppen; es abzuladen und immer wieder aufzuladen, erwähnt wurde, an den Schwarzwasser-Flüssen und -strömen zwar keine Mückenplage, halb nackt .in der F{itze, vom Schweiß überströmt, beide Hände beladen mit dem aber auch so gut wie keine Jagd, Fischerei und Landwirtschaft gibt. Aus diesen Grùnden Gepâck und den Lasten, und die Mücken nicht verscheuchen zu können ! Es gibt im sind die Bewohner der genannten Ströme auch heute noch immer Halbnomaden ge- Alto Casiquiare.keine Tag-- und keine Nachtstunde ohne Mücken, Schnaken und Gelsen blieben und auch heute noch auf die ZulrJhr von Nahrungsmirteln aus Venezuela oder oder Ameisen, !"Cambian la Guardia" ! (Wachablösung!) nannte es mein Freund Rufo, aus Brasilien angewiesen. \¡Venn nun'die Hungersteine der Wasserscheide im oberen und wirklich, jede Stunde, bei Tag und Nacht, hat ihren speziellen Sendboten der Hölle, Casiquiare-Flußbett auftauchten und die Schiffahrt unterbrachen, waren gleichzeitig , und es gibt keine Stunde ohne Insekten. BenoN voN FIuMBoLot, der diese grüne Hölle auch die Stromschnellen (Cachoeiras) von São Gabriel in Brasilien unüberwindbar. zr¡r Zeit des llochwassers vom 15. bis 21. Mai 1800 befuhr, hat so nur einen ,,kleinen" Dann herrschte unter den liebenswerten, genügsamen Bewohnern des Rio-Negro-Ge- Vorgeschmack der grünen Hölle erfahren, denn bei Hochwasser fuhr er, ahnungslos,

472 413 über die überströmte Wasserscheide hinweg. Und doch litt auch er, wie er selbst sagt, Zusammenfassung unter Mücken, Ameisen und llunger. IIun¿eor-or und BoNpr,a¡¡o haben also Mtickãn und Ameisen viel weniger verspürt, aber dafür haben sie auch nicht das ,,wahre,, Gesicht Der Canal Casiquiare, jene berühmte Verbindung zwischen dem Rio Orinoco und des oberen Casiquiare erschaut. dem Rio Negro, die AlnxeNoER voN FIuMsor-o'r eindrucksvoll geschildert hat, ist nicht alt sondern hat sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet. Früher bestand eine west- p,s sei hier eingefügt, daß auf einer in London angefertigten Landkarte aus dem - östlich gerichtete, wenn auch an mehreren Stellen wenig ausgeprägte Wasserscheide Jahre 1794 der Alto Casiquiare kartografi.sch richtig gezeichnet ist. Die spanischen zwischen den Flußsystemen des Orinoco und des Rio Negro, die auch heute noch meist Ingenieure und Offiziere der berühmten Grenzkommlssion unter Sor,eNo, Irunrace etc. vorhanden ist. Durch rückschreitende Erosion wurde diese Wasserscheide an einem und Mitarbeiter haben den Alto Casiquiare und Orinoco erforscht (Leutnant Bonaorr,le, besonders schwachen Punkte angenagt, durchbrochen und immer mehr abgetragen, Leutnant Dp r,e Fuarrn etc.). Da späterhin aber auch spanische lr,{ilitar-Irrg.rrieure das so daß ein Teil des Wassers des Rio Orinoco während der Regenzeit durch den auf steinerne Fort San Fnr-rpn und andere Befestigungen saãhgemaß aus behauenen Granit- diese Weise entstandenen Canal Casiquiate zwm Rio Negro hin abfloß. Die Abtragung blöcken erbaut und mit großen eisernen Kanonen bestückt haben, ist es wohl mehr als geht noch immer und zwar in verstärktem Maße weiter, so daß der Casiquiare nunmehr wahrscheinlich, daß diese geschickten Ingenieure (Don ANroxio seNros und Don ganzjährig überall Wasser führt. Auch sein Einflußtrichter an der Bifurcación verbreitert GernrEr. cr,avnno) auch die zufalrtstraße zuÍÍt Rio Negro, nämlich den sich weiterhin. fmmer mehr Orinoco-Wasser strömt jetzt in den Casiquiare, während Casiquiare, fachmännisch kartografiert haben. Der verf. ñatte selbst Gele- die unterhalb der Bifurcación geleger\e Strecke des Orinoco-Bettes zunehmend versandet. genheit, diese Karte anlaßlich einer Landkarten - Ausstellung in einer privaten Auf diese Weise entwickelt sich eine neue, nunmehr nordsùdlich gerichtete Wasser- Kunst-Galerie in Caracas imJahre 1970 zusehen. Erist der Meiãung, daß imArchivo scheide, die den oberen Orinoco zu einem des Casiquiare-Rio Negro werden de las Indias in Sevilla (Spanien) und wahrscheinlich auch im Engi. Colonial-Amt in Quellfluß läßt, während der Rio Cunucunuma dann den Anfang des Orinoco bilden wird. London Kartenmaterial über den Casiquiare existieren könnte, WiJgesagt, war es dem U. S. Marineoffrzier und Arzt Dr. Herr¡ir,rox Rrcn, vorbehalten, die'erste genau detail- lierte Landkarte dieser so abgelegenen Regionen zu erheben. und die u. sl Eng. Kom- Resumo mission unter Oberst H. E. Gnnons hat, wie bereits erwähnt, die erste aerofotolrafische T 'andaufnahme hergestellt. Da dem Verf. auch diese Karten und die Lotungen dãr Flüsse O "Canal do Casiquiare" é aquela famosa ligação entre o Orinoco e o Rio Negro, durch diese Kommission zur verfügung standen und er außerdèm, vo., AÃts wegen, zur descrita tão impressionantemente por Ar-oxeNoER voN llurrrsor,or. Esta anastomose não Beobachtung der \{asserwege verpflichtet war, war er wohl wie kein zweiter ,,Exlplorer.: é antiga mas formou-se somente em tempos recentes, Antigamente havia umdivisordas vor und nach ihm begünstigt, das Casiquiare-,,Rätsel,. zu lösen! águas em direção oeste-leste, em alguns lugares pouco pronunciado, entre os sistemas potâmicos do Orinoco e do Rio Negro o qual ainda hoje permanece na maioria das Wenn-wir aber die grüne Èötle der Mosquitos hinter uns gelassen haben und in das ^ extensões. Este divisor das águas foi roido, por erosão remontante, rompido e sempre Gebiet der Schwarzwasser-Bäche und -Flüsse kommen, höri allmahlich die Mücken- mais nivelado, desviando então, durante as estações das cheias, uma parte da água do plage auf und das Leben auf dem Fluß gestaltet ii"h *i"d.r lebenswert. Unterhalb der Rio Orinoco em direção ao Rio Negro atravês do Canal do Casiquiare o qual se formou wildwasser vaquiro und Araguato weitet sich der casiquiare zur playa venado, und desta maneira, O desnivelamento sempre ainda continua, atê em intensidade reforçada, hier können wir das Trümmerfeld, clas heruntergeschwemmte Material der Wasser- de forma que, atualmente, o Casiquiare conduz âg:ua o ano inteiro. Também o seu funil, scheide in Form von Baumstrünken, Geröllmassen und Felsblöcken erkennen. Hier lag na bifurcação, alarga-se constantemente e laz que sempre mais água do Orinoco corre auch das kleine Indianerdorf capihuara, wo Herr (Don) paur, Spnrcr, einst ein Großl kaufmann então para dentro do Casiquiare, e que, no outro lado, no trêcho do Orinoco que segue in Ciudad Bolivar, mit seinem getreuen Diener P¡ono Nrnves von 192 I bis à bifurcação, se acumulam os aluviões fluviaes, formando bancos de areia e entupindo 1947 wie ein verarmter Fürst hauste und die Wasserstände des mittleren Casiquiare o leito. Desta maneira acontece que um novo divisor das águas está se desenvolvendo, tagtäglich in den vergilbten Geschäftsbüchern der zugrundegegangenen Firma l,Luis agora em direção norte-sul, o qual transformará o Alto Orinoco no rio de cabeceira do Sprich u. Comp." vermerkte; es existiert schon lange nicht mãhr. Dlieses Einsiedlerdorf Casiquiare-Riir Negro, enquanto que o Rio Cunucunuma finalmente lorrnarâ a cabe- hat der Urwald so wie die meisten Missionen und'Gummi-Campamentos verschlungen. ceira do Orinoco. T)er kleine, Weißwasser führende Nebenarm des Orinoco, der in den Urzeiten jene ' Literatur große Insel bildete und dann die Wasserscheide einebnete, durch seine Wildwarr., urr- nagte uncl abtrug, wird nun zum gewaltigen, hauptsächlich Schwarzwasser fúhrenden Strom. (Über weiß- und schwarz*.rr., s. auch srnnl¡ 1966 und 1970.) lleure ist nun- BnnNNelrAN, M. C., (1957) : Análisis de muestras de aguas "Negras" de Venezuela.-Acta Cientifica Venezolana 8(7): 161-163. mehr der Casiquiare be-i weitem mächtiger als-der Rio Guianía, als dieser Rio Guianía, der einmal der reines Schwarzwasser führende Quellstrom des gewattigen Rio Negro ForoArs, 8., (1962): L4 Concentración de Oxígeno Dissuelto en las Aguas Negras.-Acta Biologica war. 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Anschrift des Verfassers Dr. Kurt Max Stern Medico Internista 3ra Avenida No. 43 Urb. Altamira CaracasfY enezuela

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