TÄTIGKEITSBERICHT DES BUNDESRATES

Steiermark Tirol 2. Halbjahr 2016 1. Halbjahr 2017 BUNDESRAT Impressum:

Herausgeberin/Medieninhaberin/Herstellerin: Parlamentsdirektion Adresse: Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien, Österreich Redaktion: Prof. Dr. Andreas Pittler Korrektorat: Aida Besirovic Fotoredaktion: Bernhard Zofall Bildnachweis Cover: Peter Lechner Bildnachweis Cover Rückseite : © Parlamentsdirektion/Bernhard Zofall Bildnachweis: Seite 38/39, 48/49 © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen Layout/Grafik/Fotobearbeitung: Dieter Weisser Druck: Grasl Fairprint

Wien, im Juni 2017 Inhalt

Grußworte der BundesratspräsidentInnen

Statements der Fraktionsvorsitzenden

Digitale Courage Der Bundesrat als „Kammer der digitalen Zivilcourage“...... 8 Bundesrats-Enquete „#DigitaleCourage“...... 10

Pflege „Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“...... 14

Verabschiedung von Bundespräsident Feierliche Verabschiedung von Bundespräsident Heinz Fischer...... 20

Angelobung von Bundespräsident Bundesversammlung nimmt Amtseid des Bundespräsidenten entgegen...... 24

Bundesrat historisch Der Bundesrat wird weiblich – und das immer deutlicher...... 28 Landeshauptmänner in der Länderkammer...... 29

Präsidentschaft Steiermark – Die Schwerpunkte Ein Halbjahr im Zeichen der grünen Mark...... 30 LH Hermann Schützenhöfer: Die steirische Reformpartnerschaft als Vorbild für Österreich...... 32 Hoher Besuch aus der Volksrepublik China beim Präsidium des Bundesrates...... 33 Karl-Heinz Lambertz: Erklärung des Ersten Vizepräsidenten des Ausschusses der Regionen...... 34 Blockade von CETA durch Regionalparlament – Akt der Demokratie oder mangelnde Solidarität?...... 35 Bundesräte für Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit von Justiz und Legislative in der Türkei...... 36 Die Länderkammer gedenkt ihrer ersten Sitzung am 1. Dezember 1920...... 36 Gedenkminute im Bundesrat nach Anschlägen in Berlin, Zürich und Ankara...... 37 Abschiedsrede von Präsident Mario Lindner: Demokratie braucht den Willen, besser zu werden...... 37

Präsidentschaft Tirol – Die Schwerpunkte Ein Halbjahr unter den Schwingen des Tiroler Adlers...... 40 Bundesrat soll Sprachrohr für Verbesserungen im Pflegebereich sein...... 40 Europa weiterentwickeln, im richtigen Moment etwas zurückzuschalten...... 41 LH Günther Platter: Mehr Gemeinsamkeit, Föderalismus und ein Europa der Regionen...... 41 LH Günther Platter: Schulautonomie und qualitativ hochwertige Elementarpädagogik...... 43 Diskussion über Europa, Bildung, Sicherheit, Migration, Verkehr und Frauenpolitik...... 43 Bundesratsvizepräsidentin Ingrid Winkler: Nehmen wir uns die Gründerväter der EU zum Vorbild...... 43 Sonja Ledl-Rossmann: Zukunft der Pflegefinanzierung mit neuen Inhalten verknüpfen!...... 44 Sonja Ledl-Rossmann: Pflegeversorgung verbessern, ohne dabei Pflegepersonal schlechtzumachen...... 45 Ledl-Rossmann eröffnet Ausstellung von Margret Schiestl...... 45 Ledl-Rossmann zu Pflege: Mittel besser einsetzen, Arbeitsbesuch...... 46

Statistik Übersicht betreffend die Tätigkeit des Bundesrates – 2. Halbjahr 2016 | 1. Halbjahr 2017...... 50 VORWORT

Bundesratspräsident Mario Lindner

Für einen aktiven, selbstbewussten Bundesrat © Parlamentsdirektion/PHOTO© SIMONIS

Kurz bevor ich die Ehre hatte, am 1. Juli 2016 für ein Im Rahmen dieser Kampagne ist es uns auch gelun- halbes Jahr den Vorsitz im österreichischen Bundesrat gen, den österreichischen Bundesrat zu einer der zu übernehmen, meinte ein Kollege zu mir: „Ein erfolg- zentralen Drehscheiben im Kampf gegen Hass im reicher Präsident bist du dann, wenn in deinen sechs Netz zu machen. Internationale ExpertInnen haben Monaten niemand die Abschaffung des Bundesrates unsere Kammer in diesen sechs Monaten genauso fordert!“ Auch wenn meine Amtszeit nach dieser besucht wie VertreterInnen von sozialen Medien Definition genauso wenig von Erfolg gekrönt war wie und AktivistInnen der verschiedensten NGOs – von die der meisten meiner VorgängerInnen, so zeigt diese der Bundesjugendvertretung über das Rechtskomitee Aussage doch ein fundamentales Problem auf: Viel zu Lambda bis zur Song-Contest-Gewinnerin Conchita oft werden medial und politisch Diskussionen insze- Wurst. Sie alle haben ihre Expertise und ihre niert, die die Legitmation unserer Länderkammer Erfahrungen mit eingebracht und dieses zentrale infrage stellen. Und ich bin froh und stolz darüber, Thema mit uns gemeinsam erstmals auf die überpar- dass wir es im zweiten Halbjahr 2016 über alle Partei- teiliche, parlamentarische Ebene gehoben. und Fraktionsgrenzen hinweg geschafft haben, zu beweisen, dass Österreich einen aktiven, selbstbewus- Zentral war es für uns dabei, der Debatte um sten Bundesrat braucht! Ausgrenzung in den sozialen Medien eine neue Richtung zu geben: weg vom Problem, nämlich Hass Insbesondere mit der Initiative für mehr digita- im Netz, und hin zur Lösung – zu gelebter, digitaler le Courage ist es uns gelungen, die zahlreichen Zivilcourage! Denn um Hass und Ausgrenzung tat- Kompetenzen unserer Kammer in eine breite sächlich zu überwinden, braucht es mutige, coura- Öffentlichkeit zu bringen! Gerade weil der Bundesrat gierte BürgerInnen, die selbst gegen Diskriminierung manchmal etwas abseits der hektischen Tagespolitik auftreten. Und es braucht PolitikerInnen, die ihre steht, hat er die Chance, wichtige Themen intensiver Mitmenschen aktiv dabei unterstützen und selbst mit zu diskutieren und langfristigere Lösungen zu bie- gutem Beispiel vorangehen. Davon bin ich nach mei- ten. Der Kampf gegen Hass, Diskriminierung und ner Zeit als Bundesratspräsident überzeugter denn je! Ausgrenzung im Internet ist dafür eines der besten Beispiele. Eine gelungene Bundesratspräsidentschaft ist niemals die Leistung eines einzelnen Menschen, sondern ganz Mit der Bundesrats-Enquete zur „#DigitaleCourage“ im Gegenteil immer Teamarbeit. Und auch der Erfolg konnten wir im November 2016 nicht nur medial der Initiative Digitale Courage war nur möglich, weil breite Aufmerksamkeit erregen, sondern insbesondere sich alle Fraktionen aktiv eingebracht und mitgestal- den vielen NGOs, Institutionen und AktivistInnen, tet haben. Wir haben den Bundesrat in dieser Zeit die in diesem Themenfeld arbeiten, eine dringend gemeinsam zur Kammer der gelebten Zivilcourage benötigte Vernetzungsplattform bieten. Schon im gemacht – und ich hoffe, dass wir damit einen Vorfeld ist es uns zusätzlich gelungen, mit dem Anstoß zu einem neuen Selbstbewusstsein unserer Grünbuch zum selben Thema die erste wissenschaft- Länderkammer geben konnten! lich fundierte Sammlung mit Vorschlägen und politi- schen Perspektiven zu diesem brennenden Thema zu veröffentlichen. Zahlreiche österreichische und inter- nationale ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis haben sich an diesen beiden Projekten federführend beteiligt – und damit den Erfolg der Bundesrats- Initiative zur digitalen Courage überhaupt erst mög- lich gemacht!

4 Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann

Pflege behutsam und durchdacht weiterentwickeln © Parlamentsdirektion/PHOTO© SIMONIS

Die Sicherung der Pflege zählt zu den größten gesell- Rahmen der erfolgreichen parlamentarischen Pflege- schaftlichen Herausforderungen und ist eine immense Enquete auch als Auftrag. Verantwortung für Betroffene und nicht zuletzt auch In diesem Sinne sollen die Erfahrungen und die für uns alle. Mit dem Ziel, zu Pflegenden und deren Arbeit meiner Präsidentschaft eine Art überpartei- Angehörigen die besten Voraussetzungen für diese liches Arbeitsprogramm für die Zukunft der Pflege Aufgabe zur Verfügung zu stellen, habe ich meine werden. Schließlich braucht es gerade hier das Präsidentschaft ganz unter das Motto „Die Zukunft der Zusammenwirken zahlreicher Ebenen: von der Landes- Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“ gestellt. und Bundespolitik über die Experten- und Praxisebene Dabei war es mir vor allem wichtig, eine umfassende bis hin zu den Betroffenen. Besonders das Amt der Bestandsanalyse zu erarbeiten – zusammengesetzt aus Bundesratspräsidentin bietet die große Chance, den Erfahrungen aus der österreichischen Praxis, den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger möglichen Handlungsstrategien für die kommenden zu vernetzen und auf den verschiedenen Ebenen zu Aufgaben und fachlichen Eindrücken aus dem In- und entsprechender Aktivität beizutragen. Ausland. Schließlich bauen wir auf ein System, das Wichtig ist mir auch, dass das Thema nach dem zu den qualitätsvollsten im internationalen Vergleich Ende meiner Präsidentschaft nicht wieder in der zählt, aber nicht frei von Handlungsbedarf und politi- Schublade verschwindet, sondern weiterhin ein wich- schen Entscheidungen ist. tiger Teil der politischen Agenda bleibt. Im Wissen, Dazu zählt vor allem auch die Finanzierung, die Basis dass in sechs Monaten nicht alle dringenden Fragen einer schaffbaren und leistbaren Pflege ist. Bis 2021 ist zur Pflege beantwortet werden, wird es auch danach diese politisch gesichert – ein Zeitraum, der genügend viel Hartnäckigkeit, Kommunikationsbereitschaft und Raum für die Ausarbeitung einer klugen und sozial letztlich auch ein Bekenntnis zur konstruktiven und verträglichen Gestaltung der Pflege bietet, zugleich möglichst überparteilichen Zusammenarbeit aller poli- aber auch die möglichst zeitnahe Auseinandersetzung tischen Kräfte brauchen. damit erfordert. Dabei wird es vor allem darum gehen, die unterschiedlichen Modelle der Pflegefinanzierung Ich möchte jedenfalls die Gelegenheit nützen, um offen und objektiv zu diskutieren und mit Zahlen dar- mich bei allen Menschen zu bedanken, die hier mit zustellen. Man darf hier nicht bis zum letzten Moment Engagement und ihrem Wissen mitarbeiten – aber warten, sondern muss bereits jetzt eine fachliche auch bei jenen, die bereits heute in der Pflege dafür Diskussion führen. Abseits der Frage nach dem besten sorgen, dass Menschen nicht nur betreut, sondern Modell einer zukünftigen Finanzierung muss es darum auch liebe- und qualitätsvoll begleitet, gefördert und gehen, bestehende Strukturen genau zu prüfen. Es wäre umsorgt werden. Sie sind es, denen die Politik die ein großer Fehler, ein neues Finanzierungsmodell über besten Voraussetzungen zur Verfügung stellen muss. ein altes Pflegesystem zu stülpen. Denn niemand in diesem Land soll sich in einer der- Zu den weiteren Herausforderungen zählt vor allem art schwierigen Situation wie der eigenen Pflege oder die künftige Angebotsentwicklung im ambulanten jener eines Angehörigen allein gelassen fühlen. Umso und stationären Bereich, die Ausweitung flexibler wichtiger ist, dass wir die Pflege – die, auch das muss Modelle wie jenes der Kurzzeitpflege, der Ausbau an dieser Stelle betont werden, in vielerlei Hinsicht vor- der Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten bildlich funktioniert – nun gemeinsam behutsam und für pflegende Angehörige und neue Wohn- und zugleich durchdacht weiterentwickeln. Betreuungsformen. Weiters müssen die unver- ändert bestehenden bürokratischen Hürden und Informationsdefizite beseitigt werden. Der Politik muss es gelingen, der stets betonten Wichtigkeit des Themas auch ein Gesicht zu geben. In diesem Sinne sehe ich die Menge an Impulsen, Anregungen und Kritik im

5 STATEMENTS DER FRAKTIONSVORSITZENDEN

Erfolgreiche Präsidentschaften Die Fraktionen ziehen Bilanz

Der Bundesrat Ein gutes Jahr am Puls der Zeit für den Bundesrat In Fortsetzung der von Die letzte Präsident- Präsident Gottfried schaft mit Mario Kneifel gestarteten Lindner sowie die lau- Initiative Digitaler fende Präsidentschaft Wandel und Politik mit Sonja Ledl- hat Präsident Mario Rossmann sind in vieler- Lindner eines der gro- lei Hinsicht Präsident-

ßen gesellschaftlichen Parlamentsdirektion/PHOTO© SIMONIS schaften gewesen, auf Parlamentsdirektion/PHOTO© SIMONIS Probleme dieser Zeit Edgar Mayer die wir Bundesrätinnen Reinhard Todt aufgegriffen und mit Vorsitzender der und Bundesräte stolz Vorsitzender der der parlamentarischen Bundesratsfraktion der ÖVP sein können. Also Bundesratsfraktion der SPÖ Enquete „#Digitale zwei beeindruckende Courage“ einen Schulterschluss für mehr Zivilcourage Persönlichkeiten, die mit interessanten – wenn auch statt Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung im Netz völlig unterschiedlichen – Themen ihre Präsidentschaft eingefordert. Dabei geht es auch darum, Zivilcourage zu bespielten bzw. bespielen. War es bei Mario Lindner zeigen, wenn jemand im Netz, in den sozialen Medien die digitale Courage als forderndes und zeitgemäßes beschimpft und bedroht wird. Als Grundlage dafür Thema betreffend die Herausforderungen gegen Hass dient ein Grünbuch zu diesem Thema, auch mit dem oder Mobbing im Netz, ist es bei Sonja Ledl-Rossmann Hintergrund, im Jahr 2017 dafür Lösungen zu suchen. das Thema Pflege, ein Thema, das immer aktueller Der Bundesrat wird sich weiterführend mit dieser wird und in viele Politikbereiche eindringt. enormen gesellschaftlichen Herausforderung befassen. Auch das von Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann zum Mit spannenden Enqueten unter Beiziehung von Schwerpunkt der Präsidentschaft gemachte Thema Expertinnen und Experten wurden diese Themen so „Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“ aufgearbeitet, dass auch die Medien und die interes- ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. sierte Öffentlichkeit teilnehmen konnten. Obwohl das Thema Pflege so viele Menschen betrifft, werden die Bedürfnisse und Nöte der Betroffenen und Aber nicht nur das: ihrer Angehörigen sehr oft nicht ausreichend gewür- Die Ergebnisse aus der Enquete „#DigitaleCourage“ digt. Genau aus diesem Grund wurde dieses Thema wurden von der Bundesregierung insbesondere der in einer Enquete behandelt, in deren Rahmen die mit Frau Staatssekretärin Mag.a Muna Duzdar aufgenom- dem Pflegebereich verbundenen Fragestellungen und men und zu einem erfolgreichen Projekt weitergeführt. Herausforderungen ehrlich und offen erörtert wurden. Einerseits wurde eine Anlaufstelle für Wahrnehmungen Dabei ging es insbesondere um medizinische, pflege- über solche Sachverhalte eingerichtet, andererseits wer- rische, finanzielle, psychologische, weltanschauliche, den die Nutzerinnen und Nutzer des Netzes infor- aber vor allem um zwischenmenschliche Aspekte. Wie miert, wie sie mit solchen Vorgängen umgehen sollten, Präsidentin Ledl- Rossmann auch in einem Statement wenn sie selbst davon betroffen sind. betonte, die Politik müsse gerade jenen Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, Wie interessant das Thema Pflege ist, zeigt sich auch deutlich vermitteln, dass sie nicht alleine gelassen wer- am letzten Volksanwaltschaftsbericht, der große den, Pflege hat sich ein Maximum an Sachpolitik und öffentliche Aufmerksamkeit erzielte. In diesem Bereich Minimum an Parteipolitik verdient. werden Länderkompetenzen angesprochen, weshalb Zwei wichtige Themen, die der Bundesrat aufgegriffen, es zielführend ist, dass der Bundesrat hier aktiv wird. mit Experten diskutiert und Lösungsansätze für die Denn die Würde unserer älteren Menschen, die in Politik, aber auch für die Betroffenen und BürgerInnen solchen Pflegeeinrichtungen leben, muss mit allen vorgeschlagen hat und damit wirklich am Puls der Zeit Mitteln gewahrt werden. liegt.

6 Bundesländervertretung Keine Macht Länderkammer dem Hass im Netz Die Wahl des Bundes- Herausforderungen präsidenten hat das erkennen, Zukunft Jahr 2016 thematisch gestalten wesentlich bestimmt. Das Ausscheiden der „#DigitaleCourage“ beiden Kandidaten von und die Zukunft SPÖ und ÖVP schon der Pflege: Die bei- im ersten Wahlgang, Parlamentsdirektion/PHOTO© SIMONIS den vordringlichen © Tiroler Grüne die Aufhebung der Monika Mühlwerth Themen im vergan- Nicole Schreyer ersten Stichwahl und die Vorsitzende der genen Bundesratsjahr Vorsitzende der Unzulänglichkeiten der Bundesratsfraktion der FPÖ sind für die zukünf- Bundesratsfraktion der Grünen Briefwahlkuverts haben tige gesellschaftliche für viele Diskussionen gesorgt. Manche Bürger haben Entwicklung von enormer Bedeutung. ernsthaft am Funktionieren unserer Demokratie gezwei- felt. Es musste ein neues Briefwahlgesetz beschlossen Dabei könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Hass werden, das aber auch nicht zur Zufriedenheit aller ist, im Netz, Cybermobbing bis hin zu Gewaltaufrufen weil die Briefwahl nach wie vor für Manipulationen und Morddrohungen sind ganz neue Probleme, die anfällig ist. Der Rücktritt von Kanzler Faymann und erst in den letzten Jahren durch das Internet ent- der damit verbundene Austausch von Ministern und standen sind. Wir sehen uns immer öfter damit Staatssekretären hat die Koalition zum mehrmals gehör- konfrontiert, dass wir auf neue Entwicklungen mit ten Neustart gezwungen. Die Auseinandersetzungen teils jahrzehntealten Gesetzen nicht adäquat reagie- und gegenseitigen Schuldzuweisungen sind bekannt. ren können. Hetze, Drohungen und Diffamierung Die Regierungsvorlagen wurden weniger, was natür- mussten früher lange vorbereitet und geplant wer- lich auch der Bundesrat zu spüren bekommen hat. Die den, Flugblätter mussten teuer gedruckt und verteilt Auswirkung des Austritts Großbritanniens aus der EU werden. Heute genügt ein Smartphone, um übelste ist immer wieder ein Thema auch in der Länderkammer. Beleidigungen und Drohungen schnell und gratis in Es gibt viele Prognosen unterschiedlicher Ausrichtung; die ganze Welt zu schicken. Gleich geblieben ist nur wohin sich Großbritannien letztlich entwickelt, wird uns das immense Leid der Opfer. Ich bin sehr froh, dass die Zukunft zeigen. Trotzdem kann die EU nicht einfach mit dem Schwerpunkt digitale Courage das Thema so zur Tagesordnung übergehen, sondern muss sich weiter breit diskutiert wurde, großes öffentliches Interesse entwickeln. Sie wäre gut beraten, sich auf die wichtigsten auslöste und nach Enquete und Empfehlungen in der Themen wie Außenpolitik, Wirtschaftspolitik und inne- Regierung weiter behandelt wird. Wir Grünen werden re wie äußere Sicherheit zu konzentrieren. Die Fülle an hier mit aller Kraft dazu beitragen, gute, zukunfts- Richtlinien, die sehr oft dem Subsidiaritätsprinzip der fähige Lösungen zu finden. Mitgliedsstaaten widersprechen, muss zurückgefahren Pflege wird uns alle früher oder später betreffen. werden. Viele Mitteilungen des EU-Ausschusses des Der demographische Wandel so wie Änderungen Bundesrates an die Kommission in Brüssel zeigen, dass in traditionellen Familienstrukturen stellen uns vor die Länderkammer in Vertretung der Bundesländer sehr große Aufgaben. Ziel sollte ein würdevolles Leben aufmerksam ist und rechtzeitig tätig wird. Der Bericht mit bestmöglicher Versorgung und Unterstützung bei der Volksanwaltschaft nach Untersuchung von über größtmöglicher Eigenständigkeit für die zu Pflegenden hundert Pflegeheimen hat gezeigt, dass unser System sein. Die faire Verteilung von Pflegeleistung zu Hause leider immer noch anfällig für Diskriminierung und muss gewährleistet und ebenso wie die Pflege in Gewalt bei besonders schutzbedürftigen Menschen Einrichtungen nachhaltig finanziert werden. Es gilt, ist. Die Missstände müssen rasch behoben und die Bewährtes zu verbessern, Herausforderungen neu zu Situation für Pflegepersonal und Pfleglinge verbessert denken und kreative Lösungsansätze zu suchen und werden, von welcher Regierung auch immer. zuzulassen.

7 SCHWERPUNKTTHEMA DIGITALE COURAGE

Der Bundesrat als „Kammer der digitalen Zivilcourage“

Mario Lindner stellte sich die Aufgabe, in seiner Präsidentschaft das Thema der digitalen Courage einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen. Diesem Ziel diente auch eine eigene Enquete des Bundesrates.

„Wir alle haben uns immer wieder daran zu erinnern, dern endlich auch eine Lösung zu bieten – nämlich dass Mut und Zivilcourage die Wirklichkeit zum gelebte, digitale Zivilcourage“, so Lindner schon in Besseren verändern können!“ Dieses Zitat der ver- seiner Antrittsrede. Das Ziel der Bundesrats-Initiative storbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer war es daher, Menschen und Organisationen mit stellte der Steirer Mario Lindner seiner Antrittsrede den verschiedensten Lösungsansätzen zu vernetzen als Präsident des Bundesrates voran – und gab damit und das Thema digitale Courage in eine breitere den Startschuss zur Initiative digitale Courage. Öffentlichkeit zu bringen. Dies geschah im Rahmen Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung im von Vernetzungstreffen und Diskussionen im Hohen Internet – kaum ein Thema hat den gesellschafts- Haus, durch die Veröffentlichung des „Grünbuchs politischen Diskurs im Jahr 2016 so geprägt wie Digitale Courage“ und ganz besonders durch die dieses. In Österreich und ganz Europa debattierten Bundesrats-Enquete unter demselben Titel. NGOs, Medien, Interessensvertretungen, politische Bewegungen und Regierungsinstitutionen, wie für Schulterschluss für dieses wachsende Phänomen schlagkräftige Lösungen mehr digitale Courage gefunden werden könnten. Im Rahmen der Initiative digitale Courage lud Der österreichische Bundesrat nahm sich dieses Themas Bundesratspräsident Lindner im Sommer und im zweiten Halbjahr 2016 mit der Initiative digitale Herbst 2016 die verschiedensten Organisationen und Courage an. Der steirische Bundesratspräsident Mario Institutionen, die im Kampf gegen Ausgrenzung Lindner erklärte dazu in seiner Antrittsrede am 14. im Internet engagiert sind, ins Parlament. Im Zuge Juli 2016: „Wir alle wissen, dass man nicht jedes dieser Gespräche wurden nicht nur Erfahrungen Problem in unserer Gesellschaft mit neuen Gesetzen und Best-Practice-Beispiele ausgetauscht, sondern und Verboten lösen kann. Das heißt für uns aber, auch gemeinsame Perspektiven entwickelt. Von der dass wir neue Wege beschreiten und neue Lösungen Bundesjugendvertretung über Länderorganisationen definieren müssen! Unser Ziel muss eine Gesellschaft wie den steirischen Landesjugendbeirat bis hin zu sein, in der jede und jeder das gleiche Recht auf JournalistInnen und Server-BetreiberInnen brachte Selbstverwirklichung und Sicherheit hat – ohne zum eine Vielzahl an Personen ihre Erfahrungen in diese Opfer von Ausgrenzung und Diskriminierung zu erste Phase der Bunderats-Initiative ein. werden!“

Weg vom Problem, „Mut und Zivilcourage hin zur Lösung Die Bundesrats-Initiative zur digitalen Courage ver- können die Wirklichkeit folgte daher mehrere Ziele. Einerseits sollte eine dringend benötigte Plattform zur Vernetzung von verändern.“ NGOs, AktivistInnen und PolitikerInnen geschaffen Mario Lindner werden, die sich mit dem Kampf gegen „Hass im Netz“ beschäftigten. Andererseits sollte vor allem „Wie bei vielen anderen gesellschaftlichen Problemen“, die gesellschaftliche Debatte in eine neue Richtung gibt es auch im Kampf gegen Hass im Netz keine gelenkt werden: „Unser Ziel ist es, nicht immer nur Patentlösung. Ich bin der festen Überzeugung, dass vom Problem, also von Hass im Netz zu reden, son- die Politik in dieser Frage eine wichtige Rolle spie-

8 Bundesratspräsident Mario Lindner begrüßt die Enquete-TeilnehmerInnen © Parlamentsdirektion/Raimund Appel len muss – aber keinesfalls die einzige. Wir können im Netz. Bundesratspräsident Lindner betonte vor Plattformen bieten, Mittel zur Verfügung stellen und den teilnehmenden Jugendlichen die Wichtigkeit, Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen vernet- auch junge Perspektiven in die Bundesrats-Initiative zen. Aber die Politik kann dieses gewaltige Problem digitale Courage aufzunehmen. Die Ergebnisse des nicht allein lösen – was unser Land braucht, ist Lehrlingsparlaments wurden dementsprechend in ein Schulterschluss für mehr digitale Zivilcourage“, der Enquete der Länderkammer im November 2016 erklärte Bundesratspräsident Lindner zum Auftakt berücksichtigt. der Initiative. Grünbuch Lehrlingsparlament zum „Digitale Courage“ Thema „Hate Speech“ Als ersten Höhepunkt dieser Initiative legte Auch das zweite Lehrlingsparlament, an dem rund Bundesratspräsident Lindner im Herbst 2016 das 100 Lehrlinge aus ganz Österreich teilnahmen „Grünbuch Digitale Courage“ vor. Darin präsen- und zwei Tage lang im Hohen Haus diskutierten, tierten ExpertInnen aus Theorie und Praxis ihre beschäftigte sich 2016 mit dem Kampf gegen Hass wissenschaftlichen Analysen zum Kampf gegen Hass

9 SCHWERPUNKTTHEMA DIGITALE COURAGE

und Ausgrenzung im Internet: Sie lieferten Fakten im Strafrecht sieht er den nächsten Schritt derzeit und Rechtsmeinungen genauso wie wichtige Praxis- darin, die Betreiber der Onlineplattformen in die Beispiele. Mit 16 nationalen und internationalen Pflicht zu nehmen und europaweite Regelungen gegen Beiträgen entstand dadurch in diesem Themenbereich Gewalt und Hass im Netz zu finden. Neben einer das erste wissenschaftlich fundierte Programm mit Selbstverpflichtung der sozialen Medien gegen die Vorschlägen an die österreichische Politik. Phänomene der Hasspostings arbeite man auch inter- ministeriell weiter daran, Österreich als einen Ort des Bundesrats-Enquete „#DigitaleCourage“ friedlichen Zusammenlebens zu erhalten, auch im Netz. Im Zentrum der Initiative digitale Courage stand die Bundesrats-Enquete unter demselben Titel. Am Netz von Hass durch mehr 16. November 2016 lud die Länderkammer dazu Zivilcourage zurückerobern ExpertInnen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft Staatssekretärin Muna Duzdar betonte in ihrer Rede, ein, um gemeinsam mit politischen VertreterInnen welchen großen Einfluss die Gewaltphänomene im Netz über neue Lösungsansätze im Kampf gegen Hass, heute mittlerweile sogar auf die Demokratie und den Ausgrenzung und Diskriminierung im Internet zu dis- Rechtsstaat haben. Sie stimmte mit dem Justizminister kutieren. Seitens der Bundesregierung meldeten sich in überein, dass man sich mit Regulierungen für die diesem Rahmen Justizminister Wolfgang Brandstetter entsprechenden Online-Plattformen auseinanderset- und Staatssekretärin Muna Duzdar zu Wort. zen müsse. Hass im Netz passiere aber nicht losge- Das Stenographische Protokoll der Bundesrats-Enquete löst von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen. Es „#DigitaleCourage“ steht dauerhaft auf der Website des gehe auch darum, im Alltag den Phänomenen aus österreichischen Parlaments zur Verfügung. Hass und Gewalt entgegenzutreten. Die vermeint- liche Unsichtbarkeit im Netz verstärke aber diese Eine Herausforderung Tendenzen, ebenso wie Falschinformationen oder für die gesamte Gesellschaft Meinungsroboter Angst und Verunsicherung her- „Hass im Netz ist eine Herausforderung, vor der unsere beiführten. Hass im Netz schlage auch in konkrete gesamte Gesellschaft steht“, sagte Bundesratspräsident Taten um, bedauerte Duzdar. Neben den gesetzli- Mario Lindner in seiner Begrüßung zum Auftakt chen Maßnahmen brauche es die starke Einbindung der Enquete. Politik mit Verboten und Verordnungen der Zivilgesellschaft, um das Internet von Hass zu allein reiche nicht aus, um gegen Beschimpfungen befreien, zeigte sich die Staatssekretärin davon über- und Ausgrenzung vorzugehen – es brauche dazu die zeugt, unter anderem mit der Initiative zur digitalen Zivilgesellschaft. Genau diesen Weg, alle einzubin- Courage das Netz wieder zurückerobern zu können. den, gehe der Bundesrat mit dieser Enquete, zusam- men mit dem vorausgegangenen Arbeitsmeeting, Impulsreferate: mit den Vorschlägen des Lehrlingsparlaments, mit „Mehr Anfang als jetzt war nie“ dem „Grünbuch digitale Courage“. Es gehe darum, In seinem Impulsreferat im Rahmen der Zivilcourage zu zeigen, wenn jemand im Netz, in den Bundesrats-Enquete sah der Sprachphilosoph und Sozialen Medien beschimpft und bedroht wird. Dass Politikwissenschaftler Paul Sailer-Wlasits Hatespeech dieses Problem besser heute als morgen gelöst wird, sei in den sozialen Medien im historischen Kontext nicht eine historische Verantwortung, so Lindner. 2017 soll als neues Phänomen, sondern als neues Symptom das Jahr der Lösungen und der digitalen Zivilcourage einer langen kulturgeschichtlichen Entwicklung. Die werden, lädt der Bundesratspräsident jede und jeden Verwendung der Sprache spiele dabei eine gewich- ein, sich zu beteiligen. tige Rolle – so würden sprachliche Angstbilder und Aufrüstung dazu beitragen, dass Hass manifest Österreich als friedlicher Ort wird. Sprachentgleisungen und Sprachgewalt könn- des Zusammenlebens ten dabei eine neue Dimension des Übergangs vom „Mit Angst und Verunsicherung darf man nicht spie- Wort zur Tat vorbereiten. Für den Vorsitzenden des len“, stellte Justizminister Wolfgang Brandstetter Mauthausenkomitees Österreich, Willi Mernyi, warf seiner Rede vor der Bundesrats-Enquete voran. Er das Phänomen der Hassrede grundlegende Fragen zum betonte außerdem, dass es für wesentliche Bereiche Thema Zivilcourage auf. Aus Studien zur Zivilcourage dieser Thematik schon strafrechtliche Regelungen in Zeiten des NS-Widerstands berichtete er, dass die gebe – so zum Beispiel durch die Einführung eines RetterInnen gegen den Nationalsozialismus nicht als Straftatbestands für Cybermobbing und höhe- solche geboren wurden, sondern sich konkret dafür re Strafandrohungen im Rahmen der Verhetzung. entschieden hätten, den Hass und die Gewalt zu Auch eine laufende Zunahme an Fällen mache die bekämpfen. Das heutige Problem seien Phänomene wie Notwendigkeit deutlich, entsprechende strafrechtli- die sogenannten „sozialen Gaffer“ oder „Non-helping che Grenzen zu setzen. Statt weiterer Verschärfungen Bystander“, und wie man diese dazu bringen könne,

10 zivilgesellschaftliche Akteure zu werden. Politik müsse Ö3-Moderatorin Elke Rock, vormals Lichtenegger. Sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich berichtete von einer Flutwelle aus Hass, Demütigung, Menschen zur Zivilcourage persönlich angesprochen Perversionen und Morddrohungen, die auf Facebook fühlen. im April 2014 auf sie einstürzten. Der Anlass war eine – Lyane Sautner, Universitätsprofessorin für Strafrecht später von ihr als überspitzt und unglücklich formuliert und Rechtspsychologie an der Johannes Kepler bezeichnete – Aussage zu einer damals unbekannten Universität Linz, betonte im Rahmen der Enquete, österreichischen Band, die aus dem Referenzrahmen dass die Ursachen der Hasskriminalität nicht allein genommen und via YouTube und Facebook verbreitet in den neuen Kommunikationstechnologien, sondern wurde. Die Flut aus Beschimpfungen ähnelte einer auch in den Prozessen des gesellschaftlichen Wandels digitalen Hexenjagd, so die Ö3-Moderatorin. Insgesamt gesucht werden müssten. Man müsse daher auch bei sei im Netz durch die fehlenden Grenzen, mangeln-

v.li. Justizminister Wolfgang Brandstetter, Bundesratspräsident Mario Lindner und Staatssekretärin Muna Duzdar © Parlamentsdirektion/Raimund Appel den gesellschaftlichen Bedingungen ansetzen, die den den Spielregeln oder tatsächlichen Konsequenzen die Nährboden für Hasskriminalität bildeten, nämlich Gefahr groß, dass solche Wellen an Hass und Gewalt den verbreiteten Vorurteilen gegenüber bestimmten jederzeit jeden Einzelnen treffen können, dies passie- Bevölkerungsgruppen. Das Regelwerk der strafrecht- re im Netz auch bereits jeden Tag tatsächlich. Daher lichen Verbote sei bereits weitgehend engmaschig – es müssten klare Spielregeln für die Kommunikation im gehe daher darum, die bestehenden Regelungen auch Netz definiert werden, so Elke Rock, die zu ihrer emo- effektiv zu machen. tionalen Rede aus Sicht einer persönlich Betroffenen im Einen sehr emotionalen Moment erlebte die Sitzungssaal des Bundesrates deutliche Unterstützung Bundesrats-Enquete durch die bewegende Rede von in Form langanhaltenden Applauses fand.

11 SCHWERPUNKTTHEMA DIGITALE COURAGE

Panel I – Opferschutz und Recht ten und problematische Inhalte nur sperrten, nicht aber „Angst und Hass sind Treiber für Kriminalität und löschen wollten. „Hier darf die Politik nicht zusehen“. Gewalt“, unterstrich Verfassungsschützer Gridling im Hinsichtlich des Rechtsschutzes führte sie Elemente Rahmen seines Referats vor der Bundesrats-Enquete des Persönlichkeitsschutzrechts als weitere Hürde ins – Hasspostings seien oft die Vorstufe dazu. Evoziert Treffen. So könne die Staatsanwaltschaft persönlich- würden solche Entwicklungen nicht zuletzt durch keitsrechtliche Tatbestände wie üble Nachrede und die erhöhte Frequenz von Problemstellungen, der die Beschimpfung nicht verfolgen, wodurch Betroffene ihr nationale Politik nicht immer Herr werde, Stichwort Recht auf eigenes Kostenrisiko durchsetzen müssten. Flüchtlingsbewegungen. Das Internet identifizierte der Strafrechtsexpertin Karin Bruckmüller betonte Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und im ersten Panel der Enquete, dass das Internet kein Terrorismusbekämpfung als neuen, allgemein nutzba- strafrechtsfreier Raum sei. Sie sah demnach aktu- ren und meist unmoderierten Interaktionsraum für ell keinen Bedarf an einem weiteren strafrechtlichen Hassrede. Die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden Tatbestand im Zusammenhang mit Hasspostings. seien wie das Strafrecht hier eingeschränkt, den- „Nur weil ein Verhalten unter Strafe gestellt wird, noch würden Online-Hasspostings konsequent auf führt dies nicht automatisch zu einem Rückgang Strafrechtsrelevanz überprüft, speziell in Formaten wie derartiger Verhaltensweisen.“ Nötig sei jedoch, die Facebook oder Twitter. „Der Tatort Internet gewinnt bestehende Rechtslage effektiver umzusetzen und die immer mehr Bedeutung“, auch bei der Bevölkerung, Aufklärungsrate zu steigern, wobei das Strafrecht das zeige die vermehrte Kontaktaufnahme mit der hier an seine Grenzen stoße. Grundsätzlich bildeten Meldestelle für Rechtsextremismus. aber in ihren Augen präventiv bewusstseinsbilden- „Kinderrechte sind Menschenrechte“, betonte Kinder- de Maßnahmen gegenüber potentiellen TäterInnen und Jugendanwältin Schiffrer-Barac im Rahmen ihrer und den plattformbetreibenden IT-Firmen ein besseres Rede im ersten Panel der Bundesrats-Enquete. Viele Mittel für den Opferschutz. Minderjährige wüssten nicht, dass ihr Recht auf freie Meinungsäußerung durch menschenrechtliche Normen Panel II: Praxis in den Medien eingeschränkt ist – das zeige sich häufig bei ihrer Österreichs ProviderInnen könnten Probleme der Offlinewelt, die online sichtbar werden, nicht alleine lösen, was es daher brauche, sei ein ganzheitlicherer „Menschen müssen sich Ansatz, sagte Maximilian Schubert, Generalsekretär von Internet Service Providers (ISPA), zum zur Zivilcourage Beginn des zweiten Panels der Bundesrats-Enquete. Das Netz sei an sich ein neutrales Medium, das von angesprochen fühlen.“ einer kleinen Gruppe von Menschen missbraucht Willi Mernyi werde. Dennoch stand für Schubert fest: „Das Internet ist eine einmalige Erfolgsgeschichte“, Menschen, die Nutzung sozialer Medien. Aufklärungsarbeit an Schulen gezielt Hass verbreiteten, seien die Ausnahme. und in anderen Einrichtungen sei daher essentiell, um das Unrechtsbewusstsein zu fördern, gerade auch in Social-Media-Expertin Judith Denkmayr machte Altersgruppen, die noch kein eigenes Handy besitzen. in ihrem Beitrag klar, dass ein zentraler Punkt zur „Opfer von Hasspostings und Cybergewalt haben die- Lösung des Problems eine neue Debattenkultur sei: selben Bedürfnisse wie Opfer von sonstigen Straftaten „Jeder von uns ist ein Medium. Wir sind meinungs- und psychischer Gewalt“, hielt Barbara Unterlerchner, stark, aber diskussionsschwach geworden.“ Für sie Juristin beim Weissen Ring, in ihrer Rede fest. könnte das Problem durch klare Prozesse sowie klare Konkret seien dies Anerkennung für das erlittene Verantwortlichkeiten gelöst werden. Wesentlich sei Unrecht und Respekt, Wiedergutmachung, Schutz die zentrale Information für die Menschen, an wen sie vor weiteren Übergriffen, Sicherheit im Umgang mit sich etwa im Fall eines Hassvideos wenden können. dem Netz und eine schonende Behandlung durch Eine übergreifende Zusammenarbeit würde bisher feh- Strafverfolgungsbehörden und ihres soziales Umfeld. len, der „Schwarze Peter“ fälschlicherweise allein den Vor allem bräuchten sie Information darüber, welche Social-Media-Plattformen zugeschoben. rechtlichen und praktischen Möglichkeiten ihnen nach Die Kommunikationswissenschaftlerin der Uni der Tat zustünden. Wien, Irmgard Wetzstein, stellte in ihrer Rede klar, Großen Handlungsbedarf für eine Strafrechtsreform dass Hassbotschaften gegen bestimmte Gruppen gegen Hate Speech im Internet ortet Rechtsanwältin sich auch im alltäglichen Handeln und im gesell- Windhager. Beispielsweise brauche es einen wirksamen schaftlichen Zusammenleben fortschreiben würden. Rechtsschutz im Zusammenhang mit Cybermobbing Deshalb sei eine Trennung in eine Online- und in eine – gerade wenn internationale Unternehmen wie Offlinewelt kaum noch sinnvoll. Digitale Courage Facebook als Plattform die nationale Rechtslage negier- brauche aus ihrer Sicht mehr als den Fokus darauf,

12 wie ein Medium funktioniert. Gefordert sah sie des- Maastricht, Kai Jonas. „Wir stehen mit der digitalen halb die Gesellschaft als Ganzes, insbesondere aber Courage ganz am Anfang“, so die Bestandsaufnahme ein gemeinsames Vorgehen gegen Hasskultur im Netz des Sozialpsychologen. Wesentlich war für Jonas durch Institutionen und auch der Aspekt des Organisationen auf natio- Medienwechsels. Das naler und europäischer „Aktiv für demokratische bedeutet, dass eine Ebene, NGOs und zivilge- Reaktion auf eine sellschaftliche Initiativen, Kultur und Menschenwürde Hassbotschaft nicht Schulen, Behörden und zwangsläufig im sel- Forschungseinrichtungen. eintreten.“ ben Medium statt- Über den Wert konstruk- finden muss wie die tiver Online-Debatten Johannes Baldauf Originalbotschaft. sprach Christian Burger, Daher erachte es der Community Manager bei derStandard.at. Seine Sozialpsychologe als wesentlich, dass Menschen lern- Aufgabe sei es, ein Umfeld zu bieten, in dem alle, ten, offline darüber zu sprechen, was online mit ihnen die etwas Relevantes zu sagen haben, gerne par- passiert. Jonas plädierte aus diesem Grund insbeson- tizipieren und mitdiskutieren, ferner das Ziel zu dere für Medientrainings zu digitaler Courage sowie verfolgen, Inhalte zu erzeugen, die qualitätsvoll und Beratungsstellen für BürgerInnen. mintunter unterhaltsam sind, sowie sicherzustellen, dass ein inhaltlicher Mehrwert geschaffen werde. Alle Unterlagen zur Bundesrats-Initiative digi- Die Kommentarfunktionen nach Onlineartikel abzu- tale Courage sind dauerhaft auf der Website des schalten hielt er in der Debatte daher für einen Österreichischen Parlaments einsehbar: https://www. falschen Schritt. Aus diesem Grund stehe bei der- parlament.gv.at/PAKT/AKT/SCHLTHEM/SCHLAG/ Standard.at in Onlinedebatten die aktivierende J2016/239EnqueteZivilcourage.shtml Moderation im Fokus, indem UserInnen beispielswei- se nach Lösungsvorschlägen für eine aktuelle politi- sche Situation gefragt würden .

Abschlussreferate „Mehr digitale Zivilcourage“ „Zivilcourage kann nur stattfinden, wenn es auch Menschen gibt, die für eine demokratische Kultur und Menschenwürde aktiv eintreten“, lautete das Postulat von Johannes Baldauf von der Amadeu Antonio Stiftung Berlin am Ende der Bundesrats-Enquete. Ein Allheilmittel gegen Hasspostings sah er daher nicht in strengeren Gesetzen. „Machen wir uns keine Illusionen: Kein Gesetz und keine Klage gegen Facebook, Google und Co. wird unser Problem lösen“, so Baldauf, am Ende müssten die BürgerInnen und NutzerInnen selbst gestalten und aushandeln, welche demokratischen Werte zählen würden. Barbara Kaufmann, freie Journalistin und Filme- macherin, stand in ihrer Abschlussrede dafür ein, mehr mit jenen zu sprechen, die Hass im Netz verbreiten. Würde man das nämlich tun, wie beispielsweise der Journalist Florian Klenk, zeige sich stets ein ähnliches Bild: Die überwiegende Mehrheit jener, die Hass im Netz verbrei- ten, hätte oftmals kein Bewusstsein dafür, wie öffentlich sie das tut. Dass Hass oftmals zur Normalität geworden ist, erklärt sich Kaufmann unter anderem dadurch, dass provokative, aggressive Stimmen im Netz mehr Aufmerksamkeit bekämen, vor allem aber auch, weil Hass gegen den anderen mittlerweile zum politischen Alltag gehöre. Dass digitale Courage innerhalb und außerhalb der Onlinemedien und plattformunabhängig stattfin- den müsse, darüber informierte der Sozialpsychologe Freie Journalistin und Filmemacherin Barbara Kaufmann und Zivilcourage-Forscher von der Universität © Parlamentsdirektion/Raimund Appel

13 SCHWERPUNKTTHEMA PFLEGE

Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar

Sonja Ledl-Rossmann hat ihre Präsidentschaft dem Thema Pflege gewidmet. Als Frau vom Fach kennt die ehemalige Leiterin eines Pflegeheims in ihrem Heimatbezirk Reutte in Tirol die Herausforderungen ebenso wie die Potenziale zur Optimierung und Qualitätssteigerung.

So lag auch der inhaltliche Schwerpunkt im ersten Halbjahr 2017 klar auf der Hand: die Pflege von „Situation der Pflege dort Menschen, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Und die Hilfe für Pflegende, die bei der Bewältigung erfassen, wo sie täglich dieser Aufgabe selbst Hilfe brauchen. „Denn noch immer werden viele Menschen auf diesem Weg allein geleistet wird!“ gelassen – sei es sozial, strukturell oder finanziell“, so Sonja Ledl-Rossmann Ledl-Rossmann. im Land leisten. „Dafür möchte ich ein Sprachrohr sein. Dabei ist die Pflege ein besonders vielschichtiges Ich hoffe, gemeinsam mit möglichst vielen Menschen Thema, da es nicht zu Pflegende selbst, sondern deren in unserem Land – seien es engagierte Menschen aus gesamtes soziales Umfeld betrifft. „Ich möchte mit der Bevölkerung, Expertinnen und Experten sowie meiner Arbeit einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Politikerinnen und Politikern – nachhaltige Akzente Österreich menschlich bleibt. Dass wir jene nicht ver- setzen zu können. Damit qualitätsvolle, würdevolle gessen, die so vieles an Leistung erbracht, an Wissen und leistbare Pflege für alle Menschen, die diese brau- gespeichert und an Liebe zum Leben zu geben haben. chen, auch in Zukunft erhalten bleibt. In diesem Sinne Dass Menschen, die zu Pflegenden werden, von mög- hoffe ich, viele nachhaltige Impulse in diesem Halbjahr lichst allem befreit werden, das sie zusätzlich belastet. setzen zu können“, so Ledl-Rossmann, für die klar ist: Dass Qualität und menschliche Wärme auch jenen „Pflegen ist weit mehr als Versorgen. Es ist Kümmern, zuteilwird, die es sich schwerer leisten können. Dass Wertschätzen und Lieben.“ wir ehrlich und professionell agieren, wenn wir sehen- den Auges auf einen notwendigen Systemwechsel hin- Für Sonja Ledl-Rossmann war es von Anfang an wich- steuern. Diese Ehrlichkeit haben sich die Menschen in tig, strukturierte Akzente zu setzen und die künftige unserem Land verdient“, erklärte Ledl-Rossmann zu politische Arbeit an diesem Thema auf einer klaren und Beginn ihrer Präsidentschaft. umfassenden Bestandsanalyse aufzubauen. Passend zu den drei Schwerpunktthemen „schaffbar, sichtbar und leistbar“ sollten drei inhaltliche Säulen dazu beitragen, „Pflegen ist weit mehr als neue Akzente zu setzen. Neben einer Tour durch alle Bundesländer waren dies auch die fachlich breit besetz- Versorgen. Es ist Kümmern, te Parlamentarische Enquete sowie der Blick über die Grenzen ins europäische Ausland und auf Länder, die Wertschätzen und Lieben.“ als beispielgebend im Bereich Pflege gelten. Sonja Ledl-Rossmann Quer durch Österreich innovative Modelle Mit Anfang April startete Bundesratspräsidentin Die Zielsetzungen von Bundesratspräsidentin Sonja Sonja Ledl-Rossmann ihre Tour durch die Ledl-Rossmann sind damit nicht nur fachlich und Bundesländer. Gleichlautend mit dem Schwerpunkt inhaltlich ausgerichtet, sondern sollen vor allem einen ihrer Präsidentschaft war auch hier der Titel „Die Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Verantwortung Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“.

14 Bei Zusammentreffen mit Betroffenen, regiona- Demographischer Wandel – len und lokalen Politikerinnen und Politikern sowie Große Herausforderung Expertinnen und Experten verschaffte sich Ledl- Die Österreich-Tour bot die Möglichkeit, mit möglichst Rossmann einen Überblick über die unterschiedli- vielen Betroffenen und in der Pflege tätigen Menschen chen Pflegesituationen. „Auch wenn es bundesweite in Kontakt zu treten. Dabei wurde auch die Vielfalt Rahmenbedingungen gibt, ist Pflege doch immer etwas an Herausforderungen sichtbar, so wie bei einem sehr Lokales, egal ob diese nun in institutioneller Form, Fachgespräch mit Oberösterreichs Landtagspräsident in medizinischen Einrichtungen oder zu Hause gelei- Viktor Sigl und Vertreterinnen und Vertretern der stet wird“, so Ledl-Rossmann. Von ihrer Pflegetour vier Landtagsklubs. Alle Gesprächsteilnehmerinnen erhofft sich die Bundesratspräsidentin nicht nur wich- und -teilnehmer waren sich einig, dass unter anderem tige Rückmeldungen für die weitere politische Arbeit, aufgrund der sich verändernden Familienstrukturen sondern zugleich auch Einblicke in regionale Denk- und des Anstiegs von Demenzerkrankungen große und Lösungsansätze. „Immer wieder entstehen quer Herausforderungen auf uns zukommen würden und durch Österreich innovative Modelle, die Potenziale für dass man daher bei den Pflegemodellen eine gewisse andere aufzeigen und vor den Vorhang geholt werden Vielfalt zulassen müsse. Für Landtagspräsident Sigl, der sollen“, betont sie. auch als Vorstandsmitglied im Sozialhilfeverband Perg

Impulsreferat von BR-Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann © Parlamentsdirektion/Thomas Topf

15 SCHWERPUNKTTHEMA PFLEGE

intensiv mit dem Thema Pflege befasst ist, stellt neben der Entlastung der pflegenden Angehörigen auch „Die Pflege hat sich ein die Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegeeinrichtungen und bei den mobilen Maximum an Sachpolitik Diensten eine zentrale Aufgabe dar. „Wir müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit vielfältigen und Minimum an Angeboten begleiten, damit diese physisch und psy- chisch ein ganzes Berufsleben für ihren Job in der Parteipolitik verdient!“ Altenpflege und -betreuung gerüstet sind“, so Sigl. Sonja Ledl-Rossmann

Ledl-Rossmann machte bei der bundesweiten dem Pflegebereich verbundenen Fragestellungen und Pflegetour unter anderem auch bei Vorarlbergs Herausforderungen ehrlich und offen erörtert werden Landeshauptmann Markus Wallner und in Salzburg sollen. Es gehe dabei um medizinische, pflegerische, halt. Dort diskutierte sie mit Landtagspräsidentin finanzielle, psychologische, weltanschauliche, aber Brigitta Pallauf, Landesrat Heinrich Schellhorn und vor allem um zwischenmenschliche Aspekte, hob den Landtagsabgeordneten Daniela Gutschi, Barbara Ledl-Rossmann hervor. Die Politik müsse gerade jenen Sieberth und Friedrich Wiedermann zum Thema Pflege. Ledl-Rossmann holte sich dabei Anregungen dazu, was in den Regionen für die Pflege zu tun ist. „Der demografische Wandel hin zu einer immer älter werdenden Gesellschaft stellt besonders den Pflegebereich vor große Herausforderungen“, so die Landtagspräsidentin weiter. „Die Pflege wird als Dienst am Menschen in den kommen- den Jahren enorm an Bedeutung gewinnen. Das schafft auch Herausforderungen für die Ausbildung der Pflegekräfte. Die Pflegerinnen und Pfleger, die 24-Stunden-Betreuerinnen und -Betreuer sowie vor allem die pflegenden Angehörigen leisten Großartiges. Die Politik muss ihr Möglichstes tun, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.“

Pflege-Enquete: Ledl-Rossmann fordert gemeinsamen Schulterschluss Rege Teilnahme und intensive Diskussionen präg- ten die parlamentarische Enquete „Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“ Anfang April. Im ersten Teil der Debatte nahmen die MinisterInnen Alois Stöger, Hans Jörg Schelling und Pamela Rendi- Wagner sowie der Tiroler Landesrat Bernhard Tilg aus der Sicht ihrer Ressorts zum Thema Pflege Stellung. Auf der Agenda standen zudem noch Impulsreferate von Volksanwalt Günther Kräuter, Caritas-Präsident Michael Landau, dem EcoAustria-Vorstand Tobias Thomas und von Ursula Frohner, der Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflege- verbands. Am Nachmittag lag der Fokus auf der Praxis der Pflege, wobei vor allem VertreterInnen von NGOs sowie Betroffene zu Wort kamen.

Obwohl das Thema Pflege so viele Menschen betrifft, werden die Bedürfnisse und Nöte der Betroffenen und ihrer Angehörigen, die ein Schattendasein in unserer Gesellschaft führen, sehr oft nicht ausrei- chend gewürdigt, stellte Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann fest. Genau aus diesem Grund finde heute eine Enquete statt, in deren Rahmen die mit

16 Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, deutlich vermitteln, dass sie nicht allein „Aus der Fülle an gelassen werden. Aus diesem Grund werde sie sich auch nach ihrer Vorsitzzeit intensiv in dieser Sache wichtigen Inhalten soll engagieren, versprach die BR-Präsidentin. ein überparteiliches Pflegegeld und Eigenregress Arbeitsprogramm werden!“ Österreich könne auf sein Pflegesystem, für das im Sonja Ledl-Rossmann Jahr 1993 durch eine Artikel-15a-Vereinbarung die Basis geschaffen wurde, stolz sein, konstatier- Länder hätten sich nämlich auf die Einrichtung eines te Sozialminister Alois Stöger. Die Einführung des Pflegefonds geeinigt, dessen Finanzierung bis 2021 Pflegegeldes, das derzeit 450.000 Personen bezie- gesichert sei. Da sich der Anteil der Pflegekosten am hen, sei ein sozialpolitischer Meilenstein gewesen. BIP seit 1993 nur geringfügig erhöht habe, könne von Im Jahr 2011 kam es zu einer entscheidenden einem Pflegenotstand überhaupt keine Rede sein. Stöger Weiterentwicklung, erinnerte der Minister. Bund und sprach sich vielmehr dafür aus, das Pflegegeld jährlich

Blick auf das Präsidium der Enquete © Parlamentsdirektion/Thomas Topf

17 SCHWERPUNKTTHEMA PFLEGE

zu erhöhen und den Pflegeregress abzuschaffen. Nach Millionen) über die Abwanderung aus dem ländli- Ansicht von Stöger sei der Staat verpflichtet, ein umfas- chen Raum, dem HausärztInnenmangel insbesondere sendes, solidarisch finanziertes System zur Verfügung in Randgebieten bis hin zum Anstieg an chroni- zu stellen, das den Betroffenen die höchstmögliche schen Krankheiten reichen. Diese Probleme könnten Menschenwürde garantie, die Angehörigen unterstütze natürlich nur mit einem Bündel an Maßnahmen und auf zukünftige Herausforderungen reagiere. gelöst werden, wobei für ihn vor allem integrierte Versorgungskonzepte erforderlich seien. 75 Prozent Kreative Lösungen bei aller PflegegeldbezieherInnen würden zu Hause be- Finanzierung und Betreuung treut, und zwar meist von nahen Angehörigen, zeigte Die langfristige Absicherung des Pflegesystems, das Tilg auf. In Zukunft werde daher auch die Primär- sich rechtzeitig auf den demographischen Wandel versorung eine bedeutende Rolle spielen, da der einstellen muss, stand für Finanzminister Hans Jörg ambulante Sektor gestärkt und mobile Leistungen Schelling im Vordergrund der Diskussion. Da die oder die 24-Stunden-Pflege weiter ausgebaut wer- Menschen nicht nur älter würden, sondern sich auch den müssten. Weiters wünschte er sich noch ein gut die Familienstrukturen änderten, brauche es ein brei- funktionierendes Entlassungsmanagement, eine lau- tes Betreuungsangebot, eine bessere Vernetzung von fende Anpassung des Pflegegelds, eine ausreichende ambulantem und stationärem Bereich sowie eine Unterstützung der Angehörigen sowie eine Stärkung Bündelung der Strukturen. Kreative Lösungen seien des Ehrenamts. daher gefragt, unterstrich der Minister, und zwar auch, was die Finanzierung betrifft. Spätestens ab Diverse Vorschläge zur finanziellen 2020 sollten Entscheidungen darüber getroffen wer- Absicherung des Pflegesystems den, welche Finanzierungsmodelle den enormen In der ersten Diskussionsrunde wurde vor allem das Herausforderungen am besten gerecht würden. Was Thema Finanzierung angesprochen. Der Präsident es seiner Meinung nach jedenfalls brauche, sei mehr des Bundesverbandes der Alten- und Pflege- Transparenz und weniger Bürokratie. Über all diese heime Österreichs, Markus Mattersberger, gab Fragen sollte eine offene und ideologiefreie Debatte zu bedenken, dass das neue Gesundheits- und geführt werden, forderte er. Krankenpflegegesetz nicht nur Vorteile, sondern auch Gefahren mit sich bringe. Man müsse nämlich Höhere Qualität in der Ausbildung und achtgeben, dass die Intentionen nicht ins Gegenteil Umsetzung der Primärversorgung umschlagen; es dürfe nicht auf Billiglösungen gesetzt „Nur wenn wir gemeinsam dieses Thema voran- werden. Generell fehle ihm eine politische Vision, treiben“, werde es zu weiteren Verbesserungen zumal es im Jahr 2050 rund 1,25 Millionen ältere kommen, war Gesundheitsministerin Pamela Menschen geben werde. Auch der Sozialsprecher der Rendi-Wagner überzeugt. Was ihr Ressort betrifft, ÖVP, August Wöginger, trat angesichts der demogra- so habe man mit der Novelle zum Gesundheits- phischen Entwicklungen für nachhaltige Lösungen und Krankenpflegegesetz im Sommer 2016 einen ein. Ohne Zweifel brauche es aber auch mehr Geld, wichtigen Schritt gesetzt, weil dabei eine signifi- um etwa die Valorisierung des Pflegegelds zu finan- kante Erhöhung der Ausbildungsqualität erreicht zieren. Außerdem regte er an, dass Best-Practice- wurde. Damit verbunden wären nicht nur eine Beispiele im Bereich Pflege vor den Vorhang geholt Attraktivierung und Aufwertung des Berufsbildes, werden. Die oberösterreichische Landtagsabgeordnete sondern auch eine bessere Durchlässigkeit. Durch die Gisela Peutlberger-Naderer verteidigte das bestehende Akademisierung erwartet sich Rendi-Wagner zudem solidarisch finanzierte System und drängte auf eine bessere Karrierechancen für Frauen. Bei der sich Umsetzung der Finanztransaktionssteuer. Unter dem gerade in Umsetzung befindlichen Primärversorgung Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit sprach sich Neu, die auf Teamwork und Interdisziplinarität setze, Bundesrätin Renate Anderl für die Abschaffung des stelle der Pflegebereich eine ganz wichtige Säule Eigenregresses in der Pflege aus. Durch ein „unsägli- dar, merkte die Ministerin weiters an. Damit die ches Wirrwarr“ an Kompetenzen und Zuständigkeiten Menschen nicht nur an Jahren älter würden, sondern verschwänden Unsummen an Geldern, gab Hilde dabei auch möglichst lange gesund blieben, sollten vor Kössler (Österreichische Paliativgesellschaft) zu beden- allem Prävention und Gesundheitsförderung gezielt ken; kreative Lösungen seien daher gefragt. ausgebaut werden. Neue Angebote im ambulanten Integrierte Versorgungskonzepte, wohnortnahe und stationären Breich Betreuung und Ausbau des ambulanten Bereichs Am Rande der Enquete sprach sich Bundesrats- Der Tiroler Landesrat Bernhard Tilg ging zunächst präsidentin Sonja Ledl-Rossmann für die weitere auf die zahlreichen Herausforderungen ein, die von intensive Auseinandersetzung mit dem Thema aus. der starken Zunahme an Singlehaushalten (2016: 1,5 „Auch wenn der Pflegefonds bis 2021 verlängert wurde:

18 Man darf hier nicht bis zum letzten Moment warten, der stets betonten Wichtigkeit des Themas auch ein sondern muss bereits jetzt eine fachliche Diskussion Gesicht zu geben. In diesem Sinne sehe ich die Menge führen“, so Ledl-Rossmann. Abseits der Frage nach an Impulsen, Anregungen und Kritik im Rahmen dem besten Modell einer zukünftigen Finanzierung der heutigen Enquete auch als Auftrag“, bekräftigte müsse es darum gehen, bestehende Strukturen genau zu prüfen. „Es wäre ein großer Fehler, ein neues Finanzierungsmodell über ein altes Pflegesystem zu „Von den Besten lernen, stülpen“, betonte die Bundesratspräsidentin. selber besser werden!“ Ledl-Rossmann drängt daher darauf, sich intensiv jenen Aspekten zu widmen, die im Rahmen der Sonja Ledl-Rossmann Enquete thematisiert wurden. Hierzu zählt vor allem die künftige Angebotsentwicklung im ambulanten Ledl-Rossmann, die darauf setzt, dass das Ergebnis und stationären Bereich, die Ausweitung flexibler „eine Art überparteiliches Arbeitsprogramm für die Modelle wie jenes der Kurzzeitpflege und neue Wohn- Zukunft der Pflege“ sein soll. „Schließlich braucht es und Betreuungsformen. Weiters ortet Ledl-Rossmann gerade hier das Zusammenwirken zahlreicher Ebenen: unverändert bestehende bürokratische Hürden und von der Landes- und Bundespolitik über die Experten- Informationsdefizite. „Der Politik muss es gelingen, und Praxisebene bis hin zu den Betroffenen.“

Finanzminister Johann Georg Schelling © Parlamentsdirektion/Thomas Topf

19 VERABSCHIEDUNG BUNDESPRÄSIDENT HEINZ FISCHER

Feierliche Verabschiedung von Bundespräsident Heinz Fischer

Am 8. Juli 2016 wurde Heinz Fischer nach Vollendung einer zwölf Jahre währenden Amts- zeit im Rahmen einer gemeinsamen Festsitzung als Bundespräsident feierlich verabschie- det. Bundesratspräsident Mario Lindner hielt dabei folgende Rede.

Hochverehrter Herr Bundespräsident! Geschätzte Bundespräsident, in jedem Bezirk unserer Republik zu Festgäste! Heinz Fischer hat mich als junger Mann sehr Gast. Allein in meinem Heimatland, der Steiermark, geprägt. Mit ihm verbinde ich die ersten Schritte meiner hast Du 99 offizielle Termine absolviert. Bei all Deinen politischen Laufbahn. Als Präsident des Bundesrates ist Besuchen ist es Dir mit Deiner herzlichen Art gelun- es für mich eine große Ehre, sein politisches Wirken gen, die Menschen um Dich herum zu begeistern – mit heute würdigen zu dürfen. Selfies, mit spontanen Umarmungen oder sogar mit Fallschirmsprüngen. Was verbindet mich mit Heinz Fischer? – Als Du, sehr geehrter Herr Bundespräsident, lieber Heinz, dich 2004 zum ersten Mal der Wahl zum Bundespräsidenten gestellt hast, durfte ich, als damaliger Bundesjugendsekretär „Wir wollen eine Politik der FSG, in Deinem Jugendwahlkampf mitarbeiten. Mit dieser Zeit verbinde ich bis heute viele persönliche der Hoffnung gestalten.“ Begegnungen mit Menschen im ganzen Land. Sehr Mario Lindner viele von ihnen teilten meine Begeisterung und meinen Glauben an Dich. Umso schöner war es dann, dass dieser Wahlkampf erfolgreich war und Du anschließend für Du, sehr geehrter Herr Bundespräsident, hast stets das zwölf Jahre unser Bundespräsident warst. Gemeinsame vor das Trennende gestellt. Dadurch ist es Dir gelungen, Brücken zwischen scheinbar unver- Geschätzter Herr Bundespräsident! Vor genau einer söhnlichen Positionen zu bauen. Das ist das Wesen Woche war ich als 24. Bundesratspräsident zum der Demokratie – und genau das ist es, das vielen Antrittsbesuch bei Dir zu Gast. Mit den Bundesländern von uns heute in der Politik fehlt. In Anlehnung an verbindet Dich viel: Du wurdest in Graz geboren. die klare Aussage unseres Bundeskanzlers wollen wir keine Politik der Angst, sondern eine Politik der Hoffnung gestalten. Dafür müssen wir als „Heinz Fischer wird uns Politikerinnen und Politiker gemeinsam arbeiten. Und genau darin wirst Du, lieber Heinz Fischer, für uns alle allen auch in Zukunft auch in Zukunft Vorbild sein. Vorbild sein.“ Sehr geehrte Festgäste! Es ist dieses Aufeinanderzugehen, Mario Lindner das die Politik von Heinz Fischer auszeichnet. Aber nicht nur das: Als Bundespräsident hat uns Heinz Fischer auch eine Eigenschaft vorgelebt, die in unserer Deine Eltern stammen aus Niederösterreich. Deine hektischen Welt oft zu kurz kommt: den Willen zum jungen Jahre hast du im Burgenland, in Wien und in ausführlichen Nachdenkprozess, die Besonnenheit, Innsbruck verbracht. Worte nicht als Waffe zu verwenden, die Bereitschaft, den eigenen Standpunkt sachlich darzulegen – manch- Diese Verbundenheit mit den Bundesländern hat auch mal auch in Erwartung eines Widerspruchs. Und nicht Deine Amtszeit als Bundespräsident geprägt. In den zuletzt das Bekenntnis zur Diskussion. Denn erst an letzten zwölf Jahren warst Du, sehr geehrter Herr deren Ende kann ein wirkliches Urteil gefällt werden.

20 Es ist diese demokratische Standhaftigkeit, dieser Respekt für Dein Gegenüber und diese Ablehnung „Du warst einer der absoluter Wahrheiten, an der sich Deine Nachfolger – und so hoffe ich auch, Nachfolgerinnen – messen lassen Ersten, die Zeit des müssen. Nationalsozialismus aktiv Geschätzter Herr Bundespräsident! Liebe Festgäste! Eine Würdigung Deiner politischen Verdienste kann aufzuarbeiten.“ niemals vollständig sein, ohne einen Blick auf Deinen Mario Lindner persönlichen Lebensweg zu werfen. Schon in der Schule und auf der Universität warst Du politisch warst Du einer der Ersten, der Schritte gesetzt hat, um aktiv. Gemeinsam mit anderen, darunter Deinem die Zeit des Nationalsozialismus aktiv aufzuarbeiten. Freund Ferdinand Lacina, hast Du die rechtsextre- Viel später konntest Du, sehr geehrter Herr men Aussagen eines damaligen Universitätsprofessors Bundespräsident, diese Arbeit dann als erster publik gemacht. Genau diese Etappe Deines Lebens Vorsitzender des Nationalfonds der Republik verdient besondere Aufmerksamkeit. Denn damals Österreich für Opfer des Nationalsozialismus fortset-

Ansprache von Bundesratspräsident Mario Lindner © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

21 VERABSCHIEDUNG BUNDESPRÄSIDENT HEINZ FISCHER

zen. Damit hast Du auf eindrucksvolle Weise zur kri- tischen Aufarbeitung unserer Geschichte beigetragen. In dieser Funktion hast Du den Opfern von Gewalt, Terror und Faschismus die Hand gereicht – als Geste der Versöhnung und Zeichen der Verantwortung.

Lieber Herr Bundespräsident! Wir würdigen Dich heute an einem Ort, dem Du in vielerlei Hinsicht verbunden bist. Dein Weg im Parlament begann „Deine Überzeugungen und Dein tiefer Glaube an unsere Demokratie machen Dich zu einem Vorbild – für uns, für unsere Jugend und für kommende Generationen.“ Mario Lindner

1962 als Klubsekretär der SPÖ. Später warst Du hier als Abgeordneter, Klubobmann und Wissenschafts- minister tätig. Zwischen 1990 und 2002 bist Du dann als Präsident des Nationalrates an der Spitze des Hohen Hauses gestanden.

Das Parlament steht im Zentrum unserer Demokratie. Ich bin davon überzeugt, dass es Orte wie diesen braucht, um den demokratischen Grundkonsens unse- rer Republik greifbar zu machen. Ich glaube aber auch, dass unsere Republik Persönlichkeiten braucht, die für uns Ankerpunkte unserer Demokratie sind, die uns durch ihr Handeln beeindrucken, die uns durch ihr Engagement und ihre Überzeugungen anregen, die uns Demokratie erfahr- und erlebbar machen. Für mich, für uns alle, bist Du, sehr geehrter Herr Bundespräsident, lieber Heinz Fischer, ein solcher Mensch. Deine Haltungen, Deine Überzeugungen, Deine Zugänglichkeit und Dein tiefer Glaube an unsere Demokratie machen Dich zu einem Vorbild – für uns, für unsere Jugend und für kommende Generationen. Geschätzte Festgäste! Wir verneigen uns heute nicht nur vor einem großen Staatsmann der Zweiten Republik. Wir verneigen uns heute vor allem vor einem Demokraten, der uns den Wert und die Notwendigkeit von Demokratie immer wieder nahegebracht hat. Immer wieder aufs Neue durchdacht und immer wieder aus der Überzeugung heraus, Menschen zu verbinden. Sehr geschätzter Herr Bundespräsident, lieber Heinz! Dafür danken wir Dir von ganzem Herzen. (Anhaltender Beifall.)

22 Verabschiedung Heinz Fischers im historischen Sitzungssaal © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

23 ANGELOBUNG BUNDESPRÄSIDENT

Bundesversammlung nimmt Amtseid des Bundespräsidenten entgegen

Am 26. Jänner 2017 wurde von der 18. Bundesversammlung Alexander Van der Bellen als neuer Bundespräsident der Republik Österreich angelobt. Von Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann wurde dabei folgende Rede gehalten.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Hohe Bundes- Zeit, die schneller voranzuschreiten scheint als jemals versammlung! Es ist mir ein Bedürfnis, meine Rede zuvor. Gerade jetzt braucht es Orientierung, Sicherheit mit einem Dank zu beginnen – einem Dank an drei und die verantwortungsvolle Auseinandersetzung Personen, die in einer echten Ausnahmesituation mit jenen Bedürfnissen der Menschen, die wesent- durch ihre Professionalität und in gemeinsamer lich für ein erfülltes Leben und damit auch für die Verantwortung für Stabilität gesorgt haben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin Doris Bures! Sehr „Politik soll Chancen geehrte Herren Präsidenten Karlheinz Kopf und Norbert Hofer: Für die verlässliche und auch unauf- eröffnen, Perspektiven auf- geregte Ausübung der Geschäfte in den vergangenen Monaten gilt Ihnen mein besonderer Dank! (Beifall.) zeigen und Lebensmodelle Genau diese Ausnahmesituation ist für mich auch lebbar machen.“ einer der prägendsten Momente des vergangenen Sonja Ledl-Rossmann Jahres, wenn nicht sogar weit darüber hinaus. Denn wenn ein Ereignis die Herausforderungen unserer Zukunft unseres Landes sind. Und umso vielfältiger unser Leben wird, umso komplexer werden auch die „Es braucht Orientierung, Fragen: Arbeit und Beschäftigung, Familie, Pflege, Zuwanderung, Sicherheit und Digitalisierung. Die Sicherheit und die Einwirkungen auf unser tägliches Leben nehmen zu, die für alle Menschen gültigen Antworten nehmen ab. Auseinandersetzung mit Und genau hier soll die Politik eine verlässliche den Bedürfnissen der Begleiterin sein. Sie soll nicht in die Vielfalt des Lebens eingreifen, sondern sie fördern. Sie soll die Spielregeln Menschen.“ definieren, sie muss dafür aber nicht selbst am Platz stehen. Sie soll Chancen eröffnen, Perspektiven auf- Sonja Ledl-Rossmann zeigen und Lebensmodelle lebbar machen. Und sie soll dabei – und dies mag wirklich ein dringliches Zeit widerspiegelt, dann mag dies auch die vergan- Zeichen unserer Zeit sein – mit aller Konsequenz gene Wahlauseinandersetzung sein. Sie hat vieles die Grundpfeiler unserer Demokratie und damit die sichtbar gemacht, was zuvor bereits spürbar war. Sie Basis unseres Zusammenlebens schützen. Das alles hat manches aufbrechen lassen, was zuvor vielleicht ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Eines verdeckt war. ist für mich unverrückbar: Angst kann nicht der Antrieb für die Gestaltung Österreichs sein. Schon Denn ja, es gibt sie: die Unsicherheit, wie es weitergeht; immer waren es Wagemut, Erfindergeist, Exzellenz die Sorge vor Bedrohungen, die immer näher erschei- und Leistungsbereitschaft, die in Österreich Großes nen; die Überforderung mit den Entwicklungen einer entstehen ließen. Das soll auch in Zukunft so sein:

24 BR-Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann spricht im Rahmen der Bundesversammlung © Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

25 ANGELOBUNG BUNDESPRÄSIDENT

Die vollzählig anwesende Bundesregierung auf der Regierungsbank © Parlamentsdirektion/Thomas Topf

26 in einer Zukunft, die wir nicht alleine positiv, verbindend, besonnen und gerne auch mit schreiben, sondern als Teil der Region einer angemessenen Portion Patriotismus. Er soll Europa, als Teil eines größeren Ganzen. wachsam nach innen wirken – in aller Behutsamkeit. Gerade daher müssen wir uns auf jene Er soll vernetzend und werbend nach außen wirken – Stärken verlassen, die unser Land stets mit voller Energie. Er soll die Stärken unseres Landes ausgezeichnet haben: ein Land, das die sichtbar machen – in all ihrer Vielfalt. Er soll ein ver- Kraft aus seiner Vielfalt schöpft und lässlicher Partner der Menschen in unserem Land sein dabei dennoch immer eins geblieben – in jeder Situation. Und er soll ein Präsident voller ist; ein Land, das imstande ist, aus dem Zuversicht sein – für alle. Herzen Europas heraus vieles zu bewe- Denn was gibt es Schöneres, als gerade für dieses Land gen und Brücken zu schlagen; ein Land, in einer solch verantwortungsvollen Rolle tätig zu das gelernt hat, das Gute zu bewahren und dabei auch Neues zu wagen; ein Land, das lebenswert ist, weil Solidarität „Der Bundespräsident und Verantwortung gelebte Werte sind. Auf dieser Energie gilt es aufzubauen. Es soll die Stärken unseres gilt, den Menschen Sicherheit zu geben, denn nur wer auf sicheren Füßen steht, Landes sichtbar machen.“ kann sich auch entfalten. Ich bin davon Sonja Ledl-Rossmann überzeugt, dass aus dem individuellen Gefühl der Sicherheit auch in Zukunft ein gemeinsamer Ort der Zuversicht, sein? – Ein Land, das Millionen von Gästen aus der der Gestaltungsfreude und des gelin- ganzen Welt Jahr für Jahr begeistert; bunt und viel- genden Zusammenlebens wird – ein Ort seitig; innovativ, kreativ und selbstbewusst; natürlich, namens Österreich. (Beifall.) qualitätsvoll und traditionsbewusst; ein Land, das wandelbar ist, immer wieder überrascht und dabei Denn der Zusammenhalt steht uns dennoch immer mit beiden Beinen am Boden steht; einfach besser zu Gesicht als das ein kleines Land voller großer Errungenschaften. Gegeneinander! Das muss auch das (Beifall.) Österreich hat es immer geschafft, durch Zusammenhalt und Konsens auch durch „Nach erfolgter Wahl schwierige Zeiten zu steuern. In diesem Sinne ist es für uns auch nichts Neues, braucht es nun die Kraft sich immer dann auf das Gemeinsame zu besinnen, wenn es die Zeiten erfordern. des Gemeinsamen.“ Dieses kollektive Bewusstsein, sich selbst zum Wohle aller zurückzunehmen, ist eine Sonja Ledl-Rossmann Eigenschaft, die heute mehr denn je an Bedeutung gewinnt. Mögen wir uns diese Leitmotiv nach der erfolgten Wahl des österreichische Tradition erhalten und damit auch Bundespräsidenten sein: Nach dem bestens für die Aufgaben der Zukunft vorbereitet sein! Kampf der Worte braucht es nun die Kraft des Gemeinsamen. Wenn wir schon von Traditionen sprechen: Vielleicht Dabei muss gemeinsam nicht immer sind auch die eigenen Wurzeln, die Kaunertaler gleich bedeuten. Und nicht jede Tugenden, wichtige Begleiter durch diese Amtszeit, Meinungsverschiedenheit ist gleich eine denn Bodenständigkeit, ein starkes Wertefundament, gesellschaftliche Spaltung. Es braucht Pflege der eigenen Kultur und Stabilität können aber ein gemeinsames Verständnis auch für diese Aufgabe wertvolle Orientierung geben. dafür, dass Österreich die Dinge mit Zudem schafft ja auch die Sicht von den Bergen den Zuversicht anpackt, dabei zugleich mit nötigen Weitblick und jene Offenheit, die das Amt Feingefühl das Schützenswerte bewahrt in besonderem Maße erfordert und ihm somit ein und seinen Teil dazu beiträgt, dass auch typisch österreichisches Profil verleihen kann. unser gemeinsames Europa weiterhin In diesem Sinne wünsche ich als Vorsitzende der ein Modell mit Zukunft ist. (Beifall.) Bundesversammlung und – es sei mir gestattet – auch von Tirolerin zu Tiroler Ihnen, sehr geehrter Herr Der Bundespräsident soll das personi- Bundespräsident, und unserem Land für die Zukunft fizierte Abbild dieses Österreich sein: alles erdenklich Gute! (Anhaltender Beifall.)

27 BUNDESRAT HISTORISCH

Der Bundesrat wird weiblich – an der Pädagogischen Akademie des Bundes. Sie und das immer deutlicher vertrat Kärnten schon in den 1970er-Jahren in der Länderkammer, ehe sie bis 1986 als Abgeordnete Man schrieb den 1. Dezember 1927. In den hehren zum Nationalrat wirkte. Danach kehrte sie kurz- Räumlichkeiten der Zweiten Kammer des öster- fristig in den Bundesrat zurück und wurde 1987 reichischen Parlaments ereignete sich eine kleine dessen Vorsitzende. Sensation. Nur acht Jahre, nachdem Frauen in Die 1942 in Berlin geborene Wienerin Anna Österreich überhaupt erst das aktive Wahlrecht Elisabeth Haselbach war zwar chronologisch erhalten hatten, wurde eine Frau Vorsitzende des die fünfte Frau an der Spitze des Bundesrates, Bundesrates. Das Bundesland Steiermark hatte die doch streng genommen war sie auch die erste 56-jährige Olga Rudel-Zeynek an die erste Stelle Frau in einer neuen Funktion. Seit 1988 lau- gesetzt und sie damit turnusgemäß zum Vorsitz tete der Titel in der Länderkammer analog zu berufen. Rudel-Zeynek, die 1932 ein zweites Mal jenem im Nationalrat nämlich PräsidentIn, und dieses Amt bekleiden sollte, blieb in der Ersten als Haselbach 1991 ihr Amt antrat, war sie also die Republik freilich ein Unikum. allererste Präsidentin des Bundesrates. Haselbach Interessanterweise war es 1953, acht Jahre nach gehörte dem Bundesrat über 20 Jahre an, was ihr Kriegsende, abermals die Steiermark, die dem Gelegenheit bot, 1995, 2000 und 2004 abermals als Bundesrat zu einem weiblichen Vorsitz ver- Präsidentin zu fungieren. half. Johanna Bayer (1915–2000) war in jeder Mit Johanna Auer kam 2000 erstmals eine Hinsicht eine bemerkenswerte Person. 1937 Burgenländerin ins höchste Amt der zweiten hatte sie mit einer Arbeit über Milchwirtschaft Parlamentskammer. Als fünftes Bundesland nomi- zum „Doktor“ promoviert, zusätzlich erwarb nierte Oberösterreich eine Frau für die Spitze des sie noch den Titel eines „Diplomingenieurs“ – Bundesrates. Die ehemalige Lehrerin Uta Barbara weibliche Titelendungen waren damals noch Pühringer avancierte im Jahr 2002 zur Präsidentin. ferne Zukunftsmusik. Nach dem Zweiten Vier Jahre später war es auch für Niederösterreich Weltkrieg machte Bayer in der Steiermärkischen erstmals so weit. Die langjährige Bürgermeisterin Landwirtschaftskammer Karriere, wo sie 1960 die von Maria Lanzendorf, Sissy Roth-Halvax, war erste weibliche Abteilungsleiterin werden sollte. 2003 aus dem Niederösterreichischen Landtag in Schon zuvor freilich hatte sie der Landtag in den den Bundesrat gewechselt und präsidierte diesem Bundesrat entsandt, wo sie im zweiten Halbjahr im ersten Halbjahr 2006. 1953 den Vorsitz führte. Bayer wechselte später in Mit der heute 61-jährigen Lehrerin Susanne den Nationalrat, dem sie bis zu ihrer Pensionierung Neuwirth trug sich auch Salzburg in die Annalen der 1973 angehören sollte. Bundesratspräsidentschaft ein. Neuwirth war von Es dauerte exakt ein Dutzend Jahre, ehe wieder 1987 bis 2004 Gemeinderätin der Landeshauptstadt eine Frau die Leitung des Bundesrates übernahm. gewesen, ehe sie 2004 Mitglied des Bundesrates Erstmals eine Sozialistin, deren Werdegang sich wurde. 2011 übte sie die Präsidentschaft aus. kaum drastischer von jenen Bayers und Rudel- Mit der 1957 geborenen Berufsschullehrerin Ana Zeyneks unterscheiden konnte. Blatnik gab es 2014 eine weitere Helene Tschitschko zählte im Premiere. Erstmals wurde eine Jänner 1965 schon 57 Jahre und Angehörige einer der nationa- blickte auf ein entbehrungsrei- len Minderheiten Österreichs – ches Leben zurück. Angesichts in diesem Fall eine Kärntner der Armut der Familie reich- Slowenin – Präsidentin. te es nur zu ein paar Jahren Blatniks unmittelbare Nach- Volksschule, ehe Tschitschko folgerin im Amt war Sonja bereits als Fabriksarbeiterin für Zwazl, eine renommierte ihr Auskommen sorgen mus- Vertreterin der niederöster- ste. Sie überstand Faschismus reichischen Wirtschaft, ehe und Krieg und trat in den nun Sonja Ledl-Rossmann Klagenfurter Konsum ein. 1953 2017 das Dutzend vollmachte. wurde sie Gemeinderätin in der Mit Ledl-Rossmann kommt Kärntner Hauptstadt, von 1964 erstmals eine Präsidentin bis 1974 gehörte sie schließlich aus Tirol, sodass mittlerwei- dem Bundesrat an, dem sie in le alles Bundesländer mit der der Folge – 1965, 1969 und 1974 Ausnahme Vorarlbergs wenig- – dreimal ein halbes Jahr präsi- Sissy Roth-Halvax stens einmal eine Frau an die dieren sollte. © HBF Heeresbild u. Filmstelle erste Stelle des Bundesrates Die vierte Vorsitzende des stellten. Und blickt man auf die Bundesrates kam wie Tschitschko aus Kärnten. Intervalle zwischen den weiblichen Vorsitzen, so Helga Hieden-Sommer promovierte 1969 an der darf man erfreut feststellen: Der Bundesrat wird Universität Wien und wurde danach Professorin weiblich, und das immer schneller.

28 Landeshauptmänner in der Länderkammer Zwei Jahre später kam wieder ein „echter“ Landeshauptmann zum Zug. Josef Rehrl, der Zahlreiche prominente Landespolitiker waren im zweiten Halbjahr 1948 Oberhaupt der Mitglieder des Bundesrates, und nicht wenige Länderkammer war, firmierte seit 1947 als von ihnen übernahmen früher oder später auch Landeshauptmann von Salzburg und war, man dessen Vorsitz. ahnt es angesichts dieses Namens, der Bruder seines Amtsvorgängers Franz Rehrl. Als der Bundesrat 1920 im Rahmen der neuen Verfassung eingerichtet wurde, übernahm nie- In den 1950er-Jahren saß der ehemali- mand Geringerer als der Bürgermeister von ge Eisenbahner Hans Herke zweimal der Wien, Jakob Reumann, den Vorsitz über das Länderkammer vor, der zuvor etliche Jahre neue Gremium. Reumann zählte damals schon Landeshauptmannstellvertreter in Kärnten 67 Lenze und arbeitete seit eineinhalb Jahren gewesen war. daran, Wien grundlegend umzugestalten. Er wurde zum Ahnvater des „Roten Wien“, in dem Helmut Mader war gerade einmal 30 Jahre bis 1934 zahlreiche Gemeindebauten mit insge- alt, als er, Listenerster der Tiroler Bundes- samt über 64.000 Wohnungen, unzählige Sozial- ratsdelegation, 1972 zum Vorsitz berufen und Freizeiteinrichtungen geschaffen wurden, wurde. Später amtierte er als Landeshaupt- von denen die Bevölkerung heute noch zehrt. mannstellvertreter seines Bundeslandes und 1924 übernahm Reumann den Vorsitz zum schließlich als Präsident des Tiroler Landtags. zweiten Mal, wobei Wien in der Zwischenzeit Mader hält so nebenbei den Rekord als jener eigenes Bundesland geworden war. lebende Politiker, dessen Amtszeit im Bundesrat zeitlich am weitesten zurückliegt. Reumann blieb aber nicht der einzige Landeshauptmann, der in der Ersten Republik In jüngerer Zeit zählte es nicht mehr zum guten auch als Vorsitzender des Bundesrates agierte. Ton, als Landeshauptmann auch gleichzeitig Der langjährige Salzburger Landeshauptmann eine Spitzenposition im Parlament zu beklei- Franz Rehrl leitete die Länderkammer zwi- den. Eine Ausnahme bildete Josef Krainer sen., schen 1922 und 1932 gleich dreimal, sein der es sich nicht nehmen ließ, 1967 neben sei- steirischer Amtskollege Anton Rintelen nem Amt als Landeshauptmann der Steiermark – der später als Unterrichtsminister auch auch den Vorsitz im Bundesrat zu überneh- der Regierung angehören sollte – war 1923 men. Leopold Wagner, Landeshauptmann von Vorsitzender des Bundesrates. 1924 sowie Kärnten, gehörte dem Bundesrat hingegen 1928/29 und 1933 hatte Otto Ender den Vorsitz „nur“ als einfaches Mitglied an, was auch des Bundesrates inne, der nicht nur kurzzei- später für seinen Nachfolger als Kärntner tig Bundeskanzler der Republik war, sondern Landeshauptmann, Peter Ambrozy, und schon auch als Landeshauptmann von 1919 bis 1934 zuvor für den Wiener Landeshauptmann Franz (mit der kurzen Unterbrechung durch seine Jonas zutreffen sollte. Kanzlerschaft) die Geschicke Vorarlbergs lenk- te, ehe er zum Präsidenten des Rechnungshofes avancierte. Und schließlich trug sich noch der spätere Bundespräsident Theodor Körner in die Annalen ein, der 1945 bis 1951 als Bürgermeister gleichzeitig Landeshauptmann von Wien sein sollte. Körner war es auch, der im Februar 1934 vergeblich versuchte, bei Bundespräsident Miklas ein friedliches Ende der damaligen Auseinandersetzungen zu bewirken. Auch in der Zweiten Republik begann die Arbeit des Bundesrates mit einem Wiener Vorsitzenden. Man setzte praktisch dort fort, wo man 1934 aufhören musste. Körners Vizebürgermeister, Karl Honay, übernahm den Vorsitz der Länderkammer, und weil diese am 19. Dezember 1945 wieder installiert wurde, ist Honay bis zum heutigen Tag der einzige Vorsitzende der Länderkammer, der länger als ein halbes Jahr den Vorsitz führte, hatte er Jakob Reumann © Bildarchiv der doch sein Amt bis 30. Juni 1946 inne. Österreichischen Nationalbibliothek

29 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT MARIO LINDNER

Ein Halbjahr im Zeichen der grünen Mark

Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2016 führte Mario Lindner als Präsident des Bundesrates die Länderkammer an. Er legte dabei seinen Arbeitsschwerpunkt auf Zivilcourage und Diversität.

Es begann am 13. Juli mit einem Steiermark-Abend. daher an die Verantwortung der Politik, „nicht Zu einem solchen lud Bundesratspräsident Mario zuzusehen, wenn Hass und Diskriminierung Lindner gemeinsam mit Landeshauptmann Hermann in unserer Gesellschaft wachsen“, sondern mit Schützenhöfer und Landeshauptmannstellvertreter neuen Projekten Hoffnung und Perspektiven Michael Schickhofer anlässlich der steirischen zu geben und dem Hass entgegenzutreten. Vorsitzübernahme in das Parlament. Bei dieser „Politik ist nicht dazu da, eine Partei, eine Gelegenheit nannte Lindner erstmals Zivilcourage, das Person oder eine Organisation gut aussehen zu Miteinander und die Vielfalt in Österreich als jene zen- lassen – sie hat die Pflicht, Lösungen zu bieten“, tralen Themen, die er in den thematischen Mittelpunkt forderte Lindner nachdrücklich zu gemeinsa- seiner Amtszeit stellen wollte. mer politischer Arbeit für ein offeneres gesell- „Ich hätte gerne, dass Bund und Länder zu mehr schaftliches Klima auf. Gemeinsamkeiten kommen“, sagte Schützenhöfer in Die Länderkammer als Schnittstelle und seinen Grußworten. Geht es nach ihm, soll der bevor- direkte Vertreterin der Regionen und Bezirke stehende Finanzausgleich aufgabenorientiert struktu- habe für die neuen Herausforderungen riert werden. Die Reformstärke der Steiermark wurde eine ganz besondere Verantwortung, so der von Schickhofer angesprochen. Das Bundesland werde Präsident. Es gehe darum, die Diversität „zu in den nächsten sechs Monaten alle Kräfte bündeln, etwas Gewinnbringendem, etwas Positivem“ um Österreich neu zu organisieren und weiter voran- im Leben aller ÖsterreicherInnen zu machen. zubringen. Lindner sprach dabei nicht nur von den Ein Stück Steiermark brachte die Tourismusregion Flüchtlingsbewegungen des letzten Jahres, son- Gesäuse in Form von 42 Fotografien unter dem Titel dern insgesamt einen tief greifenden gesell- „Mensch und Natur“ in die Säulenhalle des Parlaments, schaftlichen Wandel an – vom Brexit über Dirndln und Lederhosen wurden von der Volkskultur Klimawandel und digitalen Wandel bis zur Steiermark GmbH ausgestellt. Für die musikalische fortschreitenden Globalisierung. Unterhaltung während des Abends sorgte Soko Stainz, Mit dem Ansatz eines „bundesweiten Schulterschlusses vor dem Parlament gab es am Nachmittag ein Konzert für mehr Zivilcourage“ kündigte Lindner konkre- von fünf Musikkapellen aus der Obersteiermark. te Projekte an, um gegen Ungerechtigkeiten und Intoleranz Zeichen zu setzen. Es gehe dabei um „glei- Bundesratspräsident Mario Lindner che Chancen auf Selbstverwirklichung, Zufriedenheit hält seine Antrittsrede und Sicherheit für alle von uns“. Man dürfe sich dem Nur einen Tag später, am 14. Juli, führte Lindner seine Hass, der Angst und der Intoleranz nicht beugen, wenn Gedanken vor dem Plenum der Länderkammer grund- beispielsweise junge Menschen wegen ihrer sexuellen sätzlicher aus. Der Bundesrat solle, so Lindner, als Orientierung gemobbt oder aufgrund ihres „ausländi- „Kammer der Zivilcourage“ über alle Fraktionsgrenzen schen“ Namens diskriminiert würden oder wenn eine hinweg fungieren. Österreich sei „in den letzten Journalistin online beschimpft und bedroht werde. Jahren bunter, vielfältiger und dynamischer gewor- Denn gerade ein vielfältiges Umfeld bereichere den den – und das ist gut so“, hielt Lindner dabei fest. Die Alltag, sei Voraussetzung für neue Höhepunkte in Veränderungen führten aber auch zu Unsicherheit, Kunst und Kultur und bilde die Basis für Innovationen diese wiederum auch zu Angst, und genau diese Angst und die Grundlage für Wachstum und neue Jobs. lege den Nährboden für Hass. Lindner appellierte Wohin Hass in unserer Gesellschaft im Extremfall füh-

30 Mario Lindner: Gleiche Rechte – für alle

„Ich bin Steirer, ich bin Sozialdemokrat, ich bin Gewerkschaftler und werde ab Juli der nächste Präsident des Bundesrates. Und ich bin schwul!“ Mit diesen Worten meldete sich Bundesratspräsident Lindner auf der Bühne der Regenbogenparade 2016 zu Wort. Unter den Eindrücken des Anschlags auf einen LGBT-Club in Orlando wenige Tage zuvor outete sich Lindner dort am 25. Juni 2016 vor mehr als 200.000 Menschen– wenige Tage bevor er turnusmäßig den Vorsitz in der Länderkammer des österreichischen Parlaments übernahm. „Gerade in schweren Zeiten geht es darum, als Politiker auch ein Vorbild zu sein“, betonte Lindner in den Tagen darauf gegenüber zahlreichen MedienvertreterInnen. Das Thema der Gleichstellung gleichgeschlechtlich Liebender nahm daher auch einen zentralen Stellenwert in seiner Zeit als Präsident der Länderkammer ein. Daher lud Lindner im zweiten Halbjahr 2016 auch zahlreiche LGBT- Organisationen ins österreichische Parlament – so zum Beispiel das Rechtskomitee Lambda und die steirischen RosaLila PantherInnen – und meldete sich zur Frage der Ehe für alle zu Wort. Als Bundesratspräsident posierte Lindner auch für das Plakat des Grazer Tuntenballs, der Jahr für Jahr Geld für Beratungs- und Unterstützungsangebote im LGBT-Bereich sammelt. Bewusst verband Lindner dieses Engagement für Gleichstellung auch mit der Bundesrats-Initiative für mehr digitale Courage. „Gerade Homo-, Bi- und Transsexuelle werden besonders oft zu Opfern von Gewalt – egal ob online oder offline. Gegen Hass im Netz vorzugehen, heißt also auch, gegen jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung im Alltag aufzustehen“, so Lindner. Diese Einstellung unterstrich der Bundesratspräsident auch, als er im Dezember 2016 mit einem Facebook-Posting gegen homophobe Gewalt viel Aufmerksamkeit in internationa- len Medien erregte.

Bundesratspräsident Mario Lindner bei seiner Antrittsrede © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen und Staatssekretärin Muna Duzdar, und auch im Zukunftsausschuss sollten diese Fragen thematisiert ren könne, habe man in den letzten Monaten an einem werden. Es werde zum Thema Zivilcourage zudem brennenden Flüchtlingsheim schmerzlich lernen müs- eine Ausstellung im Palais Epstein und eine neue sen. Zivilcourage als Antwort auf Ungerechtigkeiten sei Zusammenarbeit mit der Demokratiewerkstatt geben, aber nicht nur engagiertes Handeln gegen Rassismus kündigte Lindner bei dieser Gelegenheit an. Auch bun- oder gegen Hass auf Flüchtlinge, sagte Lindner auch desweite Zivilcouragetrainings mit dem Mauthausen- im Hinblick auf die Problematik der Hasspostings im Komitee und Vernetzung mit NGOs, engagierten Internet: Der Hass im Netz treffe Jugendliche, Kinder, Persönlichkeiten und Interessensvertretungen stünden Migranten, Schwule, Frauen, Männer, Transgender- auf dem vielfältigen Plan für ein besseres Miteinander Personen – mithin jede Schicht der Gesellschaft. in der Gesellschaft. Daher wollte sich Lindner dem Thema der digita- Zusammenleben in Vielfalt sei aber kein abgeschlos- len Zivilcourage besonders widmen, und so kündig- senes Thema, denn Diversität und Zivilcourage seien te er bereits in seiner Antrittsrede eine diesbezüg- Querschnittsmaterien, „die jeden Bereich der Politik liche Enquete für den November an. Weiters plante betreffen“. Denn „ob in der Sozialpolitik, in Fragen von er eine langfristige Kampagne gegen Hass im Netz Arbeit und Beschäftigung, im Gesundheitssystem oder gemeinsam mit Justizminister Wolfgang Brandstetter natürlich in der Integrationspolitik – in jedem dieser

31 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT MARIO LINDNER

Felder sind wir als Gesetzgeber in der Pflicht, uns zu die sie gegenüber dem Land und den Menschen zu überlegen, wie wir gleiche Chancen und Rechte für alle erfüllen habe. So verstanden, könne verantwortungs- Menschen in Österreich am besten garantieren kön- volle Politik auch heiße Eisen angreifen – wie etwa nen.“ Lindner bekräftigte abschließend, daran arbeiten Standortpolitik, Pensionen, Bildungsreform, Pflege- zu wollen, dass der Bundesrat als Europakammer, und Gesundheitspolitik. Österreich könne es sich Länderkammer, Kammer des Zukunftsausschusses einfach nicht leisten, zu streiten und gegeneinander und Kammer der Kinderrechte in diesem Land über zu arbeiten, so Schützenhöfer auch in Richtung der alle Fraktionsgrenzen hinweg auch die Kammer der Opposition. Zivilcourage wird. In Erinnerung des von Bundeskanzler Christian Kern Landeshauptmann Schützenhöfer: Die steirische und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ausgerufenen Reformpartnerschaft als Vorbild für Österreich „New Deal“ drängte der steirische Landeshauptmann Im Anschluss an den neuen Bundesratspräsidenten darauf, in der Zusammenarbeit vom Wort zur Tat zu skizzierte der Landeshauptmann der Steiermark, kommen. Bis zur nächsten Nationalratswahl seien noch Hermann Schützenhöfer, seine Vorstellungen. Er zwei Jahre Zeit – Zeit genug für große Reformen. Vom verstand dabei seine Erklärung als einen eindringlichen Appell, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen und endlich Reformen umzu- setzten, die das Land dringend brau- che. Als Vorbild für eine solche neue Politik stellte Schützenhöfer dabei die steierische Reformpartnerschaft her- aus, die nunmehr seit sechs Jahren praktiziert werde. Dieser Reformgeist sollte ein Vorbild für die Bundesebene sein, warb Schützenhöfer für das steirische Regierungsmodell. Seine Ausführungen standen daher auch unter dem Titel „Gemeinsam neue Wege gehen“. Die großen Herausforderungen würden nur mit entschlossener Politik und entschlos- senen PolitikerInnen gelingen, die glaubwürdige Reformen angingen, so seine Worte. „Regierung kommt von Regieren, nicht vom Reagieren und schon gar nicht vom Negieren“, sagte der Landeshauptmann bei dieser Gelegenheit. Das Gefährlichste sei eine Politik, die selbst überfordert wirkt, weil sie unterlässt, was zu tun ist, und unterschätzt, was möglich ist. Schützenhöfer machte dabei klar, dass man mit einer mutigen Reformpolitik die Ernte nicht bis zum nächsten Wahltag werde einfahren können. Aber seine Erfahrungen zeigten, dass vieles, was vor ein paar Jahren noch heftig umstritten war, mittlerwei- le auch die Gegner überzeugt habe und mit großer Mehrheit akzeptiert werde. Politik müsse sich wieder dar- auf besinnen, was sie tun kann und dass sie etwas tun kann. Sie müsse Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer spricht im Bundesrat sich auf die Pflichten konzentrieren, © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

32 viel beschworenen Neustart müsse man endlich etwas deren Sinn für Eigenständigkeit und das Gemeinsame. sehen und spüren, sagte Schützenhöfer. Die Vielfalt der Bundesländer habe einen besonderen Der Landeshauptmann präsentierte bei die- Reiz, mache den Reichtum Österreichs aus und sei ser Gelegenheit drei Ideen zur Standortpolitik, auch Fundament für die Gestaltung der Zukunft. indem er vorschlug, den Investitionsstau durch Schützenhöfer unterstrich, dass Weltoffenheit und Einführung eines Investitionsfreibetrags und Heimatverbundenheit – richtig verstanden – keine einer Investitionszuwachsprämie zu beseitigen. Gegensätze darstellten, sondern einander bedingten. Der Bürokratieabbau gehörte ebenso zu seinen Forderungen wie die Senkung der Lohnnebenkosten. Den Abschluss seiner Erklärung widmete In diesem Kontext begrüßte er das Start-up-Paket der Schützenhöfer den jungen Menschen und den notwen- Regierung und die Reduzierung der Bankenabgabe. digen Zukunftsvisionen. Junge Menschen wollten nicht Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass die einmalige über Soll und Haben sprechen, sondern über Sein und Abschlagszahlung der Banken von 1 Milliarde € ent- Sinn diskutieren, unterstrich er. Es sei daher Aufgabe sprechend dem Schlüssel des Finanzausgleichs verteilt einer verantwortungsvollen Politik, Antworten zu bie- werden müsse. ten, Ziele zu haben und Visionen zu erarbeiten. Den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz wolle er Der Landeshauptmann ging in seiner Rede daher auch dazu nützen, um Perspektiven aufzuzeigen. auch auf die Föderalismusdebatte ein und forderte dabei mehr Sachlichkeit ein. Er Hoher Besuch aus der Volksrepublik China warb auch für einen „neuen Föderalismus“. beim Präsidium des Bundesrates In diesem Zusammenhang plädierte er Am 28. September 2016 warb der assistieren- dafür, den „gordischen Knoten“ durch de Minister des chinesischen Außenministeriums, vermeintliche Blockaden im Verhältnis Liu Haixing, bei seinem Zusammentreffen mit der von Bund und Ländern endlich zu lösen. Spitze des Bundesrates für die chinesische Initiative Die Bundesländer böten dabei ihre einer Seidenstraße für das 21. Jahrhundert. In einer Kooperation an, versicherte er. Keinesfalls Aussprache mit Bundesratspräsident Mario Lindner seien die österreichischen Bundesländer zu und der Vizepräsidentin des Bundesrates, Ingrid klein für den Föderalismus, zitierte er eine Winkler, unterstrich Liu das anhaltend gute Verhältnis Studie der Universität St. Gallen, die auch zwischen Österreich und China seit der Aufnahme der die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des diplomatischen Beziehungen vor 45 Jahren. In den letz- Subsidiaritätsprinzips untermauere. ten zwei Jahren sei erfreulicherweise eine Belebung des Selbstverständlich könne eine derart Austausches auf verschiedenen Ebenen festzustellen. komplexe Aufgabe nicht in den näch- Dazu gehöre auch der Austausch auf parlamentarischer sten sechs Monaten gelöst werden, räum- Ebene, der eine wichtige Brückenfunktion zur Stärkung te Schützenhöfer ein, er hoffe aber, dass der Kooperation in den Bereichen, Wirtschaft, Kultur in dieser Zeitspanne der „Einstieg zum und Wissenschaft spiele. Umstieg“ gelinge. Schützenhöfer schlug daher vor, eine Verhandlungsgruppe ein- Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Liu Haixing stand zurichten, die in einem Zeitraum von rund die chinesische Initiative einer Seidenstraße für das fünf Jahren dieses Thema diskutiere und in 21. Jahrhundert, die vor drei Jahren unter dem Titel der Bund und Länder unter Einbeziehung „One Belt, One Road“ vorgestellt wurde. China setze der Gemeinden auf Augenhöhe verhan- dabei auf Ausgewogenheit in der Zusammenarbeit delten. mit den Ländern entlang der Verkehrswege, die den Schützenhöfer votierte dafür, Subsidiarität Landweg und den Seeweg umfassen sollen, erläuter- und Dezentralisierung stärkere Ordnungs- te Liu. Es gehe nicht darum, eine chinesische Idee prinzipien auch in Europa werden zu las- aufzudrängen, sondern um die Identifizierung von sen, wenn man verhindern wolle, dass Projekten, die sich im gemeinsamen Interesse der die teils populistisch-demagogische jeweiligen Länder umsetzen ließen. China setze dabei Zentralismuskritik zerstörerische und auch auf Österreich, das eine wichtige Stellung in Bezug desintegrierende Formen annehme. Die auf Mittel- und Osteuropa einnehme. EU solle sich vielmehr um die brennen- Bundesratspräsident Mario Lindner interessierte den Fragen der Außen-, Sicherheits-, sich besonders für gemeinsame Projekte im Bereich Flüchtlings- und Migrationspolitik küm- Schienenverkehr und Infrastruktur. Liu erklärte, China mern, konstatierte er. Föderalismus könne eine hoch entwickelte Verkehrstechnik vor allem sei bürgernäher, überschaubarer und im Bereich Bahn vorweisen. Mit E-Bussen für Graz menschlicher als anonym empfundener habe gerade ein chinesisches Unternehmen erfolgreich Zentralismus, die Bundesländer hätten einen beson- den Markteintritt in Österreich geschafft.

33 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT MARIO LINDNER

Treffen von Bundesratspräsident Mario Lindner mit Chinas Liu Haixing © Parlamentsdirektion/BKA/Aigner

Vizepräsidentin Ingrid Winkler meinte, dass China und die mangelnde Lösungskompetenz der EU bei auch für mittelständische Unternehmen ein interes- den großen Problemen. Er äußerte dabei auch Kritik santer Markt sein könne. Liu begrüßte die geplante an Politikerinnen und Politiker, die alle Probleme und Reise einer österreichischen Delegation, an der die Fehler der EU zuschiebt: „Die Politik muss zu Europa Vizepräsidentin des Bundesrates im September 2017 stehen“, unterstrich Lambertz. teilnehmen will, die unter anderem eine chinesische Der Europapolitiker machte sich auch stark für die Wirtschaftsmesse besuchen wird. Liu war zuversicht- internationale Vernetzung der Regionen. „Erfolgreiche lich, dass sich vor allem in Zentralasien positive politi- Regionen sind zu Hause tief verwurzelt und internatio- sche Entwicklungen abzeichneten. nal gut vernetzt“, hielt er fest und hob die Bedeutung der regionalen Identitäten für das Lebensgefühl Erklärung des Ersten Vizepräsidenten der Menschen im Zeitalter der Globalisierung her- des Ausschusses der Regionen Karl-Heinz Lambertz vor. Die Zweiten Kammern stellten für die Regionen Es muss sich etwas ändern, die EU muss neu gedacht besonders wichtige Organe dar, weil dort die werden – so ließ sich eine Diskussion zusammenfas- Meinungsbildung im Verhältnis zu zentralstaatlichen sen, die am 25. Oktober 2016 der Rolle der Regionen Entscheidungsprozessen erfolge. in der europäischen politischen Agenda gewidmet war. Anlass dafür war die Rede des Ersten Vizepräsidenten Lambertz war sich mit den Rednerinnen und Rednern des Ausschusses der Regionen (AdR) Karl-Heinz einig, dass Europa derzeit in einer schweren Krise Lambertz. Die Globalisierung und Digitalisierung steckte, in einer „Multikrise“, wie er es unter Hinweis stelle die Union vor große Herausforderungen, sagte auf Brexit, die Finanz- und Wirtschaftskrise und die Lambertz, man brauche mehr Solidarität und auch Flüchtlingsproblematik formulierte; dazu kämen die eine stärkere Sozialunion. Dabei spielten die Regionen schwierigen Verhältnisse zur Nachbarschaft, wie etwa eine ganz wichtige Rolle, die Europapolitik müsse einen zur Türkei und Russland, und die Tatsache, dass Brückenschlag zu den Regionen und Städten finden, sie die gemeinsame Währung geschaffen wurde, ohne müsse viel mehr rückgekoppelt werden an das, was dort die Wirtschafts- und Abgabenpolitik zu integrie- geschieht. ren. Die Antwort darauf könne aber nicht heißen, Europa finde nämlich nicht in Straßburg und Brüssel Europa abzuschreiben – auch angesichts der globalen statt, sondern dort, wo die Menschen leben, so Probleme, die man als Nationalstaat allein nicht bewäl- Lambertz, der sich dafür starkmachte, die Regionen tigen könne. In diesem Sinne forderte er eine scho- bei der Konzeption und bei der Umsetzung politischer nungslose Analyse der Schieflage und machte dabei Entscheidungen mehr zu beteiligen. Lambertz kriti- mehrere Entwicklungen dafür verantwortlich: Dazu sierte zudem die starke Überregulierung im Kleinen zählten die Zerbrechlichkeit der europäischen Werte,

34 das Demokratiedefizit und die offenen Fragen der Bundesrat Gerhard Dörfler verlangte vor allem eine Währungsunion. Die EU sei gleichzeitig ein Riese, was Antwort Europas auf die Globalisierung, denn diese das Regeln von Kleinigkeiten betreffe, aber ein Zwerg verunsichere die Menschen. Europa könne heute bei den großen Herausforderungen, ortete Lambertz sein Wohlstandsversprechen nicht mehr einlösen, einige der wesentlichsten Gründe für die EU-Skepsis. es zähle das Geld, der Mittelstand komme unter Wenig Verständnis zeigte er auch für eine zu strikte die Räder, die kleinen und mittleren Unternehmen Sparpolitik, die am Ende die Investitionsfähigkeit der würden an Kontrollen und Steuern ersticken, fasste Gebietskörperschaften untergrabe. er seine Sorgen zusammen. Das Hauptproblem sah Für Lambertz stand daher die Umsetzung des Dörfler vor allem in der hohen Jugendarbeitslosigkeit Subsidiaritätsprinzips an vorderster Stelle. Die EU und der damit verbundenen Perspektivlosigkeit. müsse auch die Daseinsvorsorge sicherstellen und eine Zudem komme die österreichische kleinstrukturier- zukunftsorientierte Investitionspolitik zulassen. Dabei te Landwirtschaft unter Druck der Agrarindustrie. würden die Strukturfonds und die Kohäsionspolitik Daher sei es verständlich, dass das Misstrauen gegen einen wesentlichen Anteil haben, betonte er und hob den Zentralismus und die Freihandelsabkommen groß insbesondere die Notwendigkeit einer gründlichen sei. Bundesrätin Nicole Schreyer wiederum erhob die Folgenabschätzung hervor. Lambertz appellierte in Forderung, die Regionen müssten für die Menschen diesem Zusammenhang auch an die Verantwortung da sein und sich nach oben hin für die Subsidiarität der Landtage und Landesregierungen, die die Vielfalt starkmachen. verkörperten und am besten in der Lage seien, die Lambertz warnte abschließend davor, CETA scheitern Auswirkungen vor Ort zu beurteilen. zu lassen. Das wäre seiner Meinung nach eine folgen- schwere Neuorientierung der EU-Handelsbeziehungen. Blockade von CETA durch Regionalparlament – Es gehe um Fundamentales, gab er zu bedenken, denn Akt der Demokratie oder mangelnde Solidarität? ein Europa, das mit dem Rest der Welt nicht mehr in Passend zu den Ausführungen von Lambertz war Handelsbeziehungen eintritt, werde Probleme anhäu- die Debatte über die Rolle der Regionen, die sich fen und noch unwichtiger in der Welt werden. Der im Anschluss an den Vortrag des EU-Politikers ent- Europapolitiker räumte jedoch ein, dass es nicht wickelte, fand diese doch zu einem Zeitpunkt statt, gelungen sei, alle Beteiligten ausreichend miteinzube- da das wallonische Regionalparlament in Belgien die ziehen. Er wollte aber nicht allein der EU-Kommission Unterzeichnung von CETA verhindert hatte. CETA die Schuld geben, sondern warf auch allen Beteiligten nahm daher bei vielen Rednerinnen und Rednern vor, sich zu spät damit beschäftigt zu haben. einen breiten Raum ein. So hinterfragte Bundesrat Klaus Fürlinger, ob es tatsächlich einen Akt der Demokratie darstelle, wenn eine Region die gesam- te EU überstimme, und sein Fraktionskollege, der Vorsitzende des EU-Ausschusses Edgar Mayer, sprach von mangelnder Solidarität. Kanada gehe es um ein Freihandelsabkommen, das Land sei der EU noch in der letzten Phase weit entgegen gekommen. Im wal- lonischen Regionalparlament würden nun nationale Probleme mit den europapolitischen vermengt.

Es sei keine Schande, wenn ein Teil der EU zu einem Abkommen Nein sagte, warf Bundesrat Stefan Schennach in die Diskussion ein. Für ihn sei das geleb- te Demokratie, und die EU wäre gut beraten, mehr auf die Diskussionen in den nationalen Parlamenten zu hören. Bundesrätin Monika Mühlwerth kritisierte, dass die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht zuhöre, und das betreffe sowohl die Migrationsfrage als auch CETA. Den Menschen gehe es um hohe Umwelt- und Sozialstandards sowie um die Nahrungsmittel- sicherheit, und die EU ignoriere vollkommen, dass die Regionen in großer Zahl gegen CETA seien. Allein in Österreich hätten sich 400 Städte und Gemeinden dagegen ausgesprochen. Bundesrätin Heidelinde Reiter erinnerte an einen diesbezüglichen Beschluss der Vizepräsident des Ausschusses der Regionen (AdR) Landeshauptleute, an dem sich nichts geändert habe. Karl-Heinz Lambertz © Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

35 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT MARIO LINDNER

Bundesräte für Meinungsfreiheit und Unabhängig- Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut keit von Justiz und Legislative in der Türkei Vor Eingang in die Tagesordnung der Bundesrats- „Die Ereignisse der letzten Monate in der Türkei sitzung vom 17. November 2016 unterzeichnete der haben sich in eine mehr als nur besorgniserregen- Bundesrat eine Erklärung zur Lage in der Türkei. de Richtung entwickelt. Infolge eines gescheiterten In den vergangenen Monaten habe es in der Türkei Militärputsches im Juli d.J. verhängte die Türkei den besorgniserregende Entwicklungen gegeben, stell- Ausnahmezustand und setzte Verpflichtungen der ten die Bundesratsmitglieder fest und forderten Europäischen Menschenrechtskonvention aus. Es kam die türkische Regierung zur sofortigen Freilassung zu Massenverhaftungen und Amtsenthebungen von der inhaftierten Abgeordneten und JournalistInnen bis zu 60.000 Staatsangestellten in der Armee, Polizei, sowie zur Achtung der Meinungsfreiheit und der Justiz und im Bildungswesen. Bereits im Sommer wurde Unabhängigkeit von Justiz und Gesetzgebung auf. die Immunität der Abgeordneten der Oppositionspartei Die antidemokratischen Vorgänge in der Türkei HDP aufgehoben, regierungskritische Medien wurden seien nicht mit europäischen Werten vereinbar und eingestellt und andere einschüchternde Maßnahmen daher ein weiterer Grund, die Beitrittsverhandlungen getroffen. auszusetzen und bei fortwährender Eskalation den Abbruch der Verhandlungen zwischen der Trotz der auch international anhaltenden Kritik an Europäischen Union und der Türkei vonseiten der der fehlenden Einhaltung der Menschenrechte gegen- österreichischen Bundesregierung zu fordern. Der über Bürgerinnen und Bürgern der Türkei, insbe- Bundesrat tat es damit dem Nationalrat gleich, sondere der kurdischen Minderheit, Journalistinnen der zuvor ebenfalls eine diesbezügliche Erklärung und Journalisten, Richterinnen und Richtern und beschlossen hatte. vielen anderen regierungskritischen Personen und trotz der vielen Solidaritätsbekundungen wurden Die Länderkammer gedenkt ihrer nun Abgeordnete der Oppositionspartei HDP verhaf- ersten Sitzung am 1. Dezember 1920 tet. Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag – die Am 1. Dezember 1920 trat der österreichische beiden Vorsitzenden der HDP und somit wichtige Bundesrat zum allerersten Mal zusammen. In Persönlichkeiten der parlamentarischen Opposition – ihrer 861. Sitzung gedachte die Länderkammer am sowie andere Abgeordnete der HDP sind mittlerweile 1. Dezember 2016 diesem historischen Anlass. „Der in Haft. Die Fahndung nach anderen Abgeordneten österreichische Bundesrat agiert an der Schnittstelle der HDP läuft. unserer Demokratie. Als seine Mitglieder sind wir die direkten Vertreterinnen und Vertreter der Diese äußerst besorgniserregenden Entwicklungen in Bezirke und Regionen, die direkte Verbindung zu der Türkei, die nicht mit europäischen Werten verein- den Ländern, und wir haben in dieser Funktion eine bar sind, sind ein weiterer Grund, die Verhandlungen ganz besondere Verantwortung, derer wir uns auch auszusetzen und bei weiterer Eskalation den Abbruch durchaus bewusst sind“, erklärte der amtierende der Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Bundesratspräsident Mario Lindner. Union und der Türkei vonseiten der österreichischen Bundesregierung zu fordern. Lindner verwies in seiner Rede zum 96. Geburtstag des Bundesrates auch auf seinen Vorgänger, den ersten Das Parlament ist das Herz jeder Demokratie, jede Vorsitzenden der Länderkammer, Jakob Reumann, Maßnahme, die Abgeordnete in ihrer Handlungsfreiheit der in seiner Antrittsrede 1920 die besondere einschränkt und in ihrer Arbeit behindert, ist darum Stellung des Föderalismus in der österreichischen abzulehnen. Demokratie und die Wahrung der Grund- Verfassung unterstrich: „Die Bundesverfassung gibt und Menschenrechte sind unverhandelbar und sind auf den Ländern eine Rechtsstellung, die sie zu wahren jeden Fall einzuhalten! Gliedstaaten eines Bundesstaates macht und die volle Gleichstellung zwischen Bund und Ländern Wir fordern daher von der türkischen Regierung die vorsieht.“ sofortige Freilassung der inhaftierten Abgeordneten, Journalistinnen und Journalisten sowie die Achtung Ganz besonders betonte Lindner aber auch die der Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit aktuellen Herausforderungen, vor denen die von Justiz und Gesetzgebung. Wir verurteilen alle Länderkammer in der öffentlichen Debatte stehe. Terrorakte und fordern die Reaktivierung des kur- „Der Bundesrat ist nicht der Hemmschuh unserer dischen Friedensprozesses. Gleichzeitig fordern wir Republik, wie manche das gerne formulieren. Er die österreichische Bundesregierung auf, sich in ihren ist vielmehr die selbstbewusste Europakammer, die Kontakten mit der Türkei bilateral und im Rahmen Länderkammer und die Zukunftskammer unserer der EU ebenfalls mit Nachdruck für diese Forderungen Republik. Und das ist auch wirklich gut so!“ einzusetzen.“

36 Gedenkminute im Bundesrat nach „Wir müssen die Mehrheit unserer Mitbürgerinnen und Anschlägen in Berlin, Zürich und Ankara Mitbürger davon überzeugen, selbst couragiert gegen Vor Beginn der Sitzung am 20. Dezember 2016 setzte der Hass und Diskriminierung im Netz aufzutreten“, so Bundesrat ein Zeichen der Anteilnahme und gedachte der Bundesratspräsident. „Wir müssen sie dabei unter- der Opfer der Anschläge in Berlin, Zürich und Ankara. stützen, sie fördern und auch selbst mit gutem Beispiel „Wir stehen noch immer schockiert und tief betrof- vorangehen.“ fen unter dem Eindruck der furchtbaren Gewalttaten“, Das Thema dürfe mit dem 31. Dezember 2016 nicht drückte Bundesratspräsident Mario Lindner im Namen abgehakt werden, drängte Lindner seine Kolleginnen der Länderkammer seine Anteilnahme aus. und Kollegen in der Länderkammer, weiter initiativ Der österreichische Bundesrat spreche sich entschieden zu bleiben – nicht nur weil es für das Ansehen dieser gegen jede Form von Gewalt und Terror gegen unschul- Kammer wichtig sei, sondern weil es moralisch und dige Menschen aus. „Besonders heute, am internationa- politisch richtig sei. len Tag der Solidarität, haben wir uns immer wieder an Damit leitete der Präsident auf den Bundesrat selbst eines zu erinnern: Unsere Antwort auf Terror muss an über, auf die immer wieder im Raum stehende Frage, ob jedem einzelnen Tag ein klares, dauerhaftes Bekenntnis man denn die Zweite Kammer überhaupt brauche. „Wir zu mehr Demokratie sein!“, so die Botschaft Lindners. müssen uns diese Frage nicht nur gefallen lassen, son- Ausgrenzung und Angst dürften niemals die Reaktionen dern sie auch ernsthaft beantworten können“, bekräf- auf Gewalt sein. tigte Lindner. Österreich brauche einen starken, aktiven In seiner Stellungnahme betonte Lindner zudem, und präsenten Bundesrat. Die Stärke der Länderkammer dass sich der österreichische Bundesrat vorbehaltlos liege nicht im unmittelbaren Zentrum der Tagespolitik, zum Zusammenhalt aller Bürgerinnen und Bürger was vielleicht für die hektische Mediendemokratie in einem vereinten Europa, die sich den Werten der „nicht immer sexy genug“ sei. Es handle sich dabei Freiheit, der Demokratie, des Parlamentarismus und um eine Politik, die weniger aufgeregt sei, die aber der Menschenrechte verbunden fühlen, bekenne. Das wirke, denn der Bundesrat stoße langfristige Projekte Mitgefühl des Bundesrates gelte den Angehörigen der an – wie etwa die Frage des digitalen Wandels und der Todesopfer und allen Verletzten dieser furchtbaren digitalen Courage. Man könne über Legislaturperioden Tragödie. „Unsere Gedanken sind in diesen Stunden hinweg Schwerpunkte setzen. Der Bundesrat sei auch die bei ihnen“, so Lindner. Die Fahnen auf und vor dem Kammer der Kinderrechte mit einem eigenen Ausschuss, Parlamentsgebäude wurden aus diesem Anlass auf man verfüge über einen Zukunftsausschuss, und mit Halbmast gesetzt. dem EU-Ausschuss stehe man zu Recht im Zentrum der österreichischen Europapolitik. Abschiedsrede von Präsident Mario Lindner: Das alles reiche aber nicht, räumte Lindner ein und rief Demokratie braucht den Willen, besser zu werden dazu auf, sich selbstkritisch zu fragen, was man besser Am 21. Dezember 2016 zog Bundesratspräsident Mario machen könnte. Er wolle einfach nicht akzeptieren, Lindner in der Länderkammer Bilanz. Mit dem Thema dass man sich als Länderklammer permanent für seine Digitale Courage, zu dem der Bundesrat eine Enquete Arbeit rechtfertige müsse. „Demokratie [...] braucht den abgehalten hat, habe man definitiv einen Nerv der permanenten Willen, besser zu werden, sich weiterzu- Zeit getroffen, sagte Lindner – auch unter Hinweis entwickeln. Nehmen wir uns das zu Herzen!“, sagte auf das enorme mediale Echo auf diese Initiative. Mit Lindner. In diesem Sinne regte er beispielsweise an, den dem „Grünbuch Digitale Courage“ habe man zudem Zukunftsausschuss noch aktiver einzusetzen: „Trauen den ersten wissenschaftlich fundierten Katalog mit wir uns mehr zu, seien wir mutiger!“, so Lindner zum Vorschlägen an die Politik in diesem Bereich vorgelegt. Abschied. Der Bundesrat habe es damit geschafft, dieses Thema Einen Tag nach seiner Abschlussrede in der Länder- auf die überparteiliche parlamentarische Ebene zu heben kammer empfing Bundesratspräsident Mario Lindner und neu zu definieren. Zum Thema „Hass im Netz“ sei seinen letzten offiziellen Gast im Hohen Haus: die das Problembewusstsein da, die Lösungsansätze fehlten Song-Contest-Gewinnerin und Künstlerin Conchita. aber. Lindner sprach in diesem Zusammenhang die „In den letzten Monaten durfte ich in diesem Haus um sich greifende Verunsicherung und das Misstrauen viele beeindruckende und tolle Persönlichkeiten emp- gegenüber der Politik und PolitikerInnen an, woraus fangen. Dass Conchita heute mein letzter Gast als sich oft geballte Wut entwickle, die sich dann im Internet Bundesratspräsident war, ist aber eine ganz besondere Luft verschaffe – oft mit furchtbaren Auswirkungen für Ehre“, so Lindner, der sich vom Jahr 2017 wünschte, die Betroffenen. dass kein Mensch aufgrund seines Geschlechts, seines Dieser Entwicklung könne man mit den herkömmlichen Alters, seiner Herkunft, seiner Religion, seiner sexuellen politischen Mitteln so gut wie gar nicht beikommen, Orientierung oder einer Behinderung jemals wieder unterstrich Lindner, weshalb es sein Ziel gewesen sei, die- Mobbing, Ausgrenzung oder Gewalt erfahren muss. Er ser Frage eine neue Perspektive und eine neue Richtung werde nicht aufhören, seine Stimme zu erheben, wenn zu geben, und das sei gelebte, digitale Zivilcourage. Menschen diskriminiert werden, so Lindners Credo.

37 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT MARIO LINDNER

38 39 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT SONJA LEDL-ROSSMANN

Ein Halbjahr unter den Schwingen des Tiroler Adlers

Vom 1. Jänner bis zum 30. Juni 2017 lenkte Sonja Ledl-Rossmann als Präsidentin des Bundesrates die Geschicke der Länderkammer. Das Thema Pflege stand dabei im Mittelpunkt ihrer Arbeit.

Anlässlich der Vorsitzübernahme des Landes Tirol im Nach den Ansprachen wurden die Gäste zu einem Bundesrat lud am 14. Februar 2014 die neue Präsidentin Empfang geladen, der kulinarisch im Zeichen des des Bundesrates Sonja Ledl-Rossmann gemeinsam mit Landes Tirol stand. dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter zu einem Tirol-Abend in die Säulenhalle des Parlaments BR-Präsidentin Ledl-Rossmann: Bundesrat soll ein. In ihrer Ansprache erklärte Ledl-Rossmann, sie Sprachrohr für Verbesserungen im Pflegebereich sein wolle vor allem das Thema Pflege in den Mittelpunkt „Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar!“ rücken. Platter wiederum unterstrich die Wichtigkeit Unter dieses Motto stellte Sonja Ledl-Rossmann tags des Föderalismus. darauf ihre Präsidentschaft in der Länderkammer im Im Vorfeld wurden die Gäste mit einem landesüblichen ersten Halbjahr 2017. Ledl-Rossmann, selbst diplo- Empfang am Vorplatz des Parlaments willkommen ge- mierte Gesundheits- und Krankenschwester, rief ihre heißen. Eine Abordnung der Tiroler Traditionsverbände, Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat dazu auf, mit die gemeinsame Schützenkompanie Vils-Lechaschau ihr gemeinsam ein Sprachrohr für Pflegebedürftige und die gemeinsame Musikkapelle aus Vils, Lechaschau und Pflegende zu sein, um Verbesserungen in diesem und Ehenbichl stimmten zwischen interessierten Bereich zu erzielen und ihn abzusichern. TouristInnen die geladenen Gäste bereits vor den Toren des Parlaments auf den Empfang ein. Den winterlichen „In absehbarer Zeit stoßen wir an unsere Grenzen“, Temperaturen trotzend hisste Sonja Ledl-Rossmann mahnte Ledl-Rossmann politisches Handeln und einen unter Anwesenheit des Tiroler Landeshauptmanns die notwendigen Systemwechsel ein, denn wenn man die Fahne des Landes Tirol auf dem Parlamentsdach. Zukunft der Pflege gefährde, dann verabschiede man sich von einem der zentralsten sozialen Werte. Ziel Im Anschluss übernahm die neue Präsidentin des sei eine qualitätsvolle, würdevolle und auch leistbare Bundesrates in der Säulenhalle die offizielle Begrüßung. Pflege für alle Menschen, die eine solche brauchen, Dabei betonte sie die Notwendigkeit, sich bereits heute so die Präsidentin. In diesem Zusammenhang lehnte mit den Fragen von morgen auseinanderzusetzen. Den Ledl-Rossmann jegliche Scheuklappen ab. Sie plädierte Fokus ihrer sechsmonatigen Präsidentschaft widmete eindringlich dafür, ehrlich und professionell zu agieren die Präsidentin dem Thema Pflege. und sich möglichst offen an neue Wege heranzuwa- Der ehemalige Bundesratspräsident Mario Lindner gen. Das betreffe vor allem die Finanzierung, gefragt gratulierte seiner Nachfolgerin und freute sich mit ihr seien aber auch neue Modelle im Bereich Wohnen und auf das „gemeinsame Bearbeiten dieses spannenden Heime. Qualitätsvolle Pflege bedürfe zudem einer ent- Themas“. sprechenden Ausbildung, sagte sie. Darüber hinaus gelte Nach der Schlüsselübergabe an Ledl-Rossmann es, Menschen, die zu Pflegenden werden, möglichst von durch Lindner freute sich Günther Platter in seinen allem zu befreien, das sie zusätzlich belastet, ihnen vor Grußworten, dass sowohl der Bundespräsident als auch allem stabile Rahmenbedingungen zu bieten. die Bundesratspräsidentin gebürtige Tiroler seien. Auf Mit ihrer Arbeit wolle sie einen kleinen Beitrag dazu die aktuelle Innenpolitik gemünzt, meinte Platter: „Wir leisten, dass Österreich menschlich bleibt, betonte die brauchen keine Personaldebatten, sondern Taten.“ Nötig Präsidentin, dass Qualität und menschliche Wärme auch sei eine starke Bundesregierung, die Bundesländer wür- jenen zuteilwerde, die es sich schwerer leisten könnten. den ihren Beitrag dazu leisten, für die BürgerInnen von Ledl-Rossmann sah den Bundesrat als idealen Ort an, Österreich „etwas weiterzubringen“. um der Zukunft der Pflege entscheidende Impulse

40 anderem zu Zusammentreffen mit dem Präsidenten des Ausschusses der Regionen, Markku Markkula, und mit EU-Kommissar Jyrki Katainen. Den rot-weiß- roten Austausch pflegten Kopf und Ledl-Rossmann mit heimischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Botschafter Jürgen Meindl sowie bei einem Gespräch mit österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern. Zum Start des Besuchs- programms betonte Ledl- Rossmann, dass sich das europäische Projekt in einer spannenden Phase befinde. „Die positiven Aspekte, die für uns oft schon selbstver- ständlich sind, werden von mancher Fehlentwicklung überdeckt. Wichtig wird sein, dass Politik und Bevölkerung wieder in Gleichklang kom- men. Dafür ist es entschei- dend, effizient und sichtbar auf die Ängste und Sorgen der Menschen einzugehen. Europa behutsam weiterzuentwickeln, heißt derzeit wahrscheinlich Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann und Landeshauptmann Günther Platter hissen die Tiroler Landesfahne auf dem Parlamentsdach © Parlamentsdirektion/Jantzen auch, im richtigen Moment etwas zurückzuschalten“, so Ledl-Rossmann. zu geben. Er stehe nicht ständig im Scheinwerferlicht Die Reise in die belgische Hauptstadt bot auch die der medialen Aufmerksamkeit, daher könne er sich Möglichkeit für einen „Heimatbesuch“ im Tirol-Büro ohne schlagzeilenträchtige Querschüsse inhaltlich auch unter der Leitung des ehemaligen EU-Abgeordneten jenen Themen widmen, die nicht ganz oben auf der Richard Seeber. „Die Tiroler Einrichtung ist bereits politischen Agenda stünden. In diesem Sinne sei die seit vielen Jahren eine bewährte Institution. Der Länderkammer auch unverzichtbar, da hier konstruk- enge Draht zu den politischen und wirtschaftlichen tive und reflektierte politische Arbeit gemacht werde, Entscheidungsträgern erhöht einerseits das Bewusstsein die allen guttue. für regionale Bedürfnisse und stärkt andererseits die Arbeit an gemeinsamen Lösungen. Dies ist die reale Die Bundesratspräsidentin bedankte sich bei dieser Übersetzung unserer gemeinsamen europäischen Idee“, Gelegenheit auch herzlich bei ihrem Vorgänger Mario so Ledl-Rossmann. Lindner und würdigte dessen Engagement für digi- tale Courage – eine Initiative, die vor allem für die Platter für mehr Gemeinsamkeit, Persönlichkeitsbildung von Bedeutung sei. Föderalismus und ein Europa der Regionen In seiner Erklärung vor dem Bundesrat sprach sich Ledl-Rossmann in Brüssel: Europa weiterentwickeln, der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter am im richtigen Moment etwas zurückschalten 16. März 2017 für ein Europa der Regionen und die Gemeinsam mit dem Zweiten Nationalratspräsidenten Aufwertung des Bundesrates aus. Man brauche eine Karlheinz Kopf absolvierte Bundesratspräsidentin starke Vertretung der Länder, sagte er und hielt den Sonja Ledl-Rossmann Anfang März ein zweitägiges Gegnern des Föderalismus entgegen, es sei „Quatsch“, Besuchsprogramm in Brüssel. Dabei kam es unter zu meinen, Zentralismus sei billiger als Föderalismus.

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Landeshauptmann Günther Platter bei seiner Rede vor dem Bundesrat © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

Auf jeder Ebene müsse das getan werden, was dort Rossmann dafür, dass sie sich des Themas Pflege am besten geleistet werden kann. Länder seien keine annehme, da es in diesem Bereich einen dringenden Reformverweigerer, vielmehr träten sie offensiv für Handlungsbedarf gebe. Veränderungen ein, was der letzte Finanzausgleich Der Landeshauptmann erklärte, er stelle seine mit der verstärkten Aufgabenorientierung und die Vorsitzführung in der Landeshauptleutekonferenz Verwaltungsreformen in den Ländern deutlich unter unter das Motto „gemeinsam entscheiden“. Egoismus Beweis stellten. und Nationalismus führten zu nichts, betonte er, man Platter ließ in seiner Rede mit der Aussage aufhorchen, müsse auf Augenhöhe miteinander reden. Als absolu- jene Asylsuchende, bei denen es absehbar sei, dass sie ter Befürworter der europäischen Integration kritisier- einen positiven Asylbescheid erhalten, früher in den te er den zunehmenden Egoismus der Mitgliedstaaten; Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Landeshauptmann viele wollten bei den Wohltaten dabei sein, nicht aber drängte darauf, einen solchen mutigen Schritt zu set- dann, wenn der Job erledigt werden müsse. zen, denn der Arbeitsmarkt sei die beste Integration, und wenn man nicht alles tue, um Menschen best- Kritische Worte fand der Landeshauptmann aber auch möglich zu integrieren, dann mache man einen gro- für die aktuelle Politik der EU, die bis in die Regionen ßen Fehler. hinein alles bis ins kleinste Detail regeln wolle, anstatt Grundsätzlich stellte er fest, dass man vor Jahrzehnten sich auf die großen Linien zu konzentrieren. Diese massive Fehler in der Integrationspolitik gemacht Fehlentwicklung habe sich fatal in der Flüchtlings- habe. Menschen mit Asylstatus müsse man inte- und Migrationskrise ausgewirkt, als man es nicht grieren, das heißt, sie müssten volle Unterstützung geschafft habe, die Außengrenzen zu sichern und das erhalten, selbst aber auch Deutsch lernen, die Werte Schengensystem aufrechtzuerhalten. Jetzt steht [...] alles akzeptieren und die Gesetze einhalten. auf dem Spiel, weil die Europäische Union ihren Job Bevor Platter auf weitere inhaltliche Fragen ein- nicht macht“, so Platter. Die EU sei daher gefordert, das ging, dankte er Bundesratspräsidentin Sonja Ledl- Europa der Regionen leben zu lassen.

42 Platter zur Bildungsreform: Schulautonomie Subsidiarität sei das einzig richtige Konzept, um und qualitativ hochwertige Elementarpädagogik Probleme zu lösen, sagte etwa Bundesrat Andreas Platter sprach sich sodann für eine Bildungsreform Köll. Wenn es um die Zukunft der EU gehe, so halte aus, bei der er sich vor allem für Schulautonomie und er ein Europa der Regionen für den richtigen Weg. qualitativ hochwertige Elementarpädagogik einsetzte. Köll unterstrich die Rolle der EU als Friedensprojekt Man stehe bereits im Finale der Verhandlungen mit und meinte, diese Entwicklung habe auch dazu bei- der Bundesministerin, berichtete er, räumte jedoch ein, getragen, dass sich die Region Tirol nicht zu einem dass in der Frage der Finanzierung noch engagiertes Nordirland entwickelt habe. Tirol spiele damit eine Agieren erforderlich sei. Notwendig wäre aber vor wichtige Rolle in der europäischen Integration und allem eine Vereinfachung der Bildungsverwaltung, um könne als Musterbeispiel dazu dienen, wie friedliches mehr Flexibilität und Transparenz zu gewährleisten. Miteinander funktionieren kann. Bundesrat Hans-Peter Bock sprach sich für einen wei- Zivilgesellschaft bei sicherheitspolitischen teren Ausbau der Ganztagsschulen sowie für eine neue Themen besser einbinden Kompetenzaufteilung im Bildungsbereich aus. Man Umfassend widmete sich Platter den Bereichen sollte die Chance nützen, mit einer besseren Aufteilung Sicherheit und Integration und meinte, es gehe vor Ressourcen und Geld freizuspielen. Zudem setzte er sich allem auch darum, das subjektive Sicherheitsempfinden für eine Senkung der Wohn- und Lebenhaltungskosten der Bevölkerung zu verbessern. Platter will daher ein. die Zivilgesellschaft bei sicherheitspolitischen Für einen verstärkten Umstieg vom Individualverkehr Themen verstärkt einbinden und forderte in diesem zum öffentlichen Verkehr trat insbesondere Bundesrätin Zusammenhang die Bürgerinnen und Bürger auf, hin- Nicole Schreyer ein. Diese Forderung wurde vom zuschauen und mitzuarbeiten. Kein Verständnis zeigte Landeshauptmann voll unterstützt. Er konnte auch er für die Türkei und ihren Versuch, ihren polarisie- berichten, dass Tirol diesbezüglich ebenfalls einen offen- renden Wahlkampf nach Österreich zu tragen, doch siven Weg einschlage und mit der neuen Tarifreform ein müsse man, betonte Platter, trotz unterschiedlicher Jahresticket von 490 € eingeführt habe. Meinungen im Gespräch bleiben. Im Großteil ihrer Rede befasste sich Schreyer aber mit Als eine besondere Herausforderung, vor allem auch der Vertretung der Frauen in politischen Ämtern und für das Bundesland Tirol, das im Vorjahr von einer stellte mit Bedauern fest, dass diese Bevölkerungsgruppe steigenden Zahl illegalen MigrantInnen betroffen war, noch stark unterrepräsentiert sei. Frauen hätten andere nannte Platter die Migration. Der Druck auf Tirol sei Sichtweisen, was in Bezug auf das Gender-Budgeting, massiv, sagte Platter, der seinen Willen unterstrich, die auf das System der Kinderbetreuung und den sozialen Brennergrenze offen zu halten. Italien müsse jedoch Bereich wichtig sei. Frauen würden auch in höherem seinen Job machen und seine Politik des Durchwinkens Ausmaß öffentliche Verkehrsmittel benützen. beenden. Weniger konsensuale Töne schlug Bundesrat Gerd Der Tiroler Landeshauptmann sprach auch die Krusche an. Er unterstützte zwar die Aussagen Platters Situation der Wirtschaft und Beschäftigung in seinem zum Föderalismus und zum Europa der Regionen, Bundesland an und wies auf die starke Wirtschaft, getra- meinte aber, man müsse anhand der jüngsten gen von Tourismus und exzellenter Industrie sowie von Kriminalstatistik sehen, dass sich die Straftaten ver- hervorragenden Klein- und Mittelbetrieben, hin. Man mehrten, meinte Krusche, der sich gegen eine frühere positioniere sich auch mit großen Sportveranstaltungen, Integration von Asylsuchenden in den Arbeitsmarkt merkte er an, was aber auch heiße, in Infrastruktur zu aussprach. Die Verfahren seien laut Krusche oft des- investieren und gleichzeitig die Nachhaltigkeit zu för- halb so lang, weil Anwälte von NGOs bezahlt würden, dern. Durch eine Verwaltungsreform habe man für die um die Verfahren zu verschleppen. Asyl sei ein Schutz Betriebe vieles erleichtert. Als Problem sah Platter trotz auf Zeit und nicht auf Ewigkeit, so Krusche. guter Beschäftigungslage die saisonale Arbeitslosigkeit. Platter warnte auch vor einer Schuldenpolitik und Bundesratsvizepräsidentin Winkler in Rom: Neh- davor, die nächsten Generationen damit zu belasten. men wir uns die Gründerväter der EU zum Vorbild Mit einem Schuldenberg nehme man der Jugend die Am 17. März 2017 nahm die Vizepräsidentin des Zukunft. Als Politiker müsse man daher auch manch- Bundesrates Ingrid Winkler gemeinsam mit mal Nein sagen, auch wenn es unpopulär sei. Nationalratspräsidentin Doris Bures in Rom an der Außerordentlichen Konferenz der EU-Parla- Diskussion über Europa, Bildung, Sicherheit, mentspräsidentInnen anlässlich 60 Jahre Römer Migration, Verkehr und Frauenpolitik Verträge teil. Winkler erinnerte an „diesem eigent- In der Diskussion wurden die Aussagen des lich feierlichen und erfreulichen Tag“ daran, dass Landeshauptmanns weitgehend positiv aufgenommen. Entwicklungen und Ereignisse der letzten Zeit dazu Vor allem dankten ihm die Rednerinnen und Redner geführt hätten, dass viele BürgerInnen der europä- für sein klares Bekenntnis zum Zweikammersystem. ischen Einigung mit Skepsis gegenüberstünden.

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Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann beim Tiroler Abend © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen „Nach außen entwickeln sich viele der Staaten und unterzeichneten hier in Rom Verträge, mit denen sie Regionen rund um Europa nicht so, wie wir uns ihre Zusammenarbeit besiegelten.“ das wünschen würden. Nach innen stehen wir vielen Winkler sagte, wir sollten uns heute wieder in Problemen gegenüber, wobei ich besonders die noch Erinnerung rufen, „was wir schon erreicht haben und immer viel zu hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter daraus die Kraft für die weitere Entwicklung unserer den jungen Europäerinnen und Europäern, nennen Europäischen Union schöpfen“. Gleichzeitig dürfte möchte“, so die Bundesratsvizepräsidentin. man sich aber nicht mit dem Erreichten zufrieden- Europa zeichne sich zurzeit durch Widersprüche aus, geben. Die enge Zusammenarbeit der Staaten Europas sagte Winkler und zählte unter anderem folgende sei gerade angesichts der vielen Herausforderungen Beispiele auf: „Die einen wollen mehr, die anderen weni- unserer Zeit eine Notwendigkeit. ger Europa. Die einen meinen, dass man die Ausgaben des Staates erhöhen soll, die anderen sagen, dass man Sonja Ledl-Rossmann: Zukunft der Pflegefinanzie- einsparen müsse. Die einen fordern Humanität, die rung mit neuen Inhalten verknüpfen anderen ein Schließen der Grenzen.“ Am Rande der Parlamentarischen Enquete „Die Die Bundesratsvizepräsidentin rief dazu auf, diese Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar“ sprach Widersprüche zu überwinden: „Denken wir dabei an sich Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann am die Gründerväter der Europäischen Union zurück: Sie 5. April 2017 für die weitere intensive Auseinanderset- haben nur wenige Jahre nach einem Krieg, der schreck- zung mit dem Thema aus. „Auch wenn der Pflegefonds liche Verwüstungen für den gesamten Kontinent und bis 2021 verlängert wurde: Man darf hier nicht bis zum furchtbares Leid über seine Völker gebracht hat, einen letzten Moment warten, sondern muss bereits jetzt neuen Geist der Zusammenarbeit gefunden. Nationen, eine fachliche Diskussion führen“, so Ledl-Rossmann. die sich noch kurz zuvor feindlich gegenüberstanden, Abseits der Frage nach dem besten Modell einer

44 zukünftigen Finanzierung müsse es darum gehen, Für Bundesratspräsidentin Ledl-Rossmann geht bestehende Strukturen genau zu prüfen. „Es wäre es dabei um medizinische, pflegerische, finanzielle, ein großer Fehler, ein neues Finanzierungsmodell psychologische, weltanschauliche, aber vor allem um über ein altes Pflegesystem zu stülpen“, betont die zwischenmenschliche Aspekte: „Wir müssen sowohl Bundesratspräsidentin. betroffenen Menschen als auch ihren Angehörigen und in der Pflege Tätigen vermitteln, dass sie nicht Ledl-Rossmann drängte darauf, sich intensiv jenen allein gelassen werden. Sie dürfen nicht am Rande der Aspekten zu widmen, die im Rahmen der besagten Gesellschaft, sondern müssen im Zentrum stehen, von Enquete thematisiert wurden. Hierzu zählten vor allem wo aus wir sie sehen, unterstützen und wertschätzen die künftige Angebotsentwicklung im ambulanten und können.“ stationären Bereich, die Ausweitung flexibler Modelle Für Ledl-Rossmann war der Arbeitsschwerpunkt ihrer wie jenes der Kurzzeitpflege und neue Wohn- und Präsidentschaft mit Weitsicht gewählt, „weil Pflege Betreuungsformen. Weiters ortete Ledl-Rossmann viel zu oft nur dann im Fokus steht, wenn Defizite unverändert bestehende bürokratische Hürden und aufgezeigt wurden. Eine so komplexe Herausforderung Informationsdefizite. „Der Politik muss es gelingen, löst man aber nicht mit anlassbezogenen Hauruck- der stets betonten Wichtigkeit des Themas auch ein Aktionen, sondern nur im Zusammenspiel aller Player Gesicht zu geben. In diesem Sinne sehe ich die Menge in einem kontinuierlichen Reformprozess. Ich habe mir an Impulsen, Anregungen und Kritik im Rahmen deshalb in den vergangenen Monaten vor Ort in den der heutigen Enquete auch als Auftrag“, bekräftigte Bundesländern, in den Gemeinden ein Bild gemacht Ledl-Rossmann, die darauf setzte, dass das Ergebnis und mit vielen Menschen, die gepflegt werden, ihren „eine Art überparteiliches Arbeitsprogramm für die Angehörigen und Pflegekräften gesprochen.“ Vieles Zukunft der Pflege“ sein werde. „Schließlich braucht davon sei bereits in der Pflege-Enquete des Bundesrates es gerade hier das Zusammenwirken zahlreicher mit den Experten intensiv diskutiert worden, aber jetzt Ebenen: von der Landes- und Bundespolitik über die brauche es konkrete Aktivitäten, die über die halb- Experten- und Praxisebene bis hin zu den Betroffenen.“ jährige Bundesratspräsidentschaft hinaus andauern Ledl-Rossmann wollte sich im weiteren Verlauf ihrer müssen. „Mein Ziel war und ist es, das Thema ins Präsidentschaft vor allem drei Themen widmen: der Bewusstsein aller Entscheidungsträger und der öster- Vereinfachung der Bürokratie, innovativen Wohn- und reichischen Bevölkerung zu holen. Ich möchte in mei- Betreuungsformen sowie Erleichterungen für pflegende ner jetzigen Funktion an der Spitze des Bundesrates, Angehörige. aber auch danach an dieser großen gesellschaftlichen Herausforderung arbeiten und meinen Beitrag dazu Ledl-Rossmann: Pflegeversorgung verbessern, leisten“, so Ledl-Rossmann. ohne dabei Pflegepersonal schlechtzumachen „In der großen Enquete des Bundesrates zum Thema Ledl-Rossmann eröffnet Ausstellung Pflege wurden bereits im April wichtige Arbeitsfelder von Margret Schiestl einer verantwortungsvollen Sozialpolitik aufgezeigt. Margret Schiestl passt nicht gut in eine Schublade. Lassen wir den Scheinwerfer auf dem Pflegethema und Nach ihrem Pädagogikstudium war sie zunächst lange schaffen wir jetzt gemeinsam die Voraussetzungen Jahre als Lehrerin tätig, bevor sie, nach einer inten- für eine größtmögliche Betreuungsqualität.“ So siven künstlerischen Ausbildung, im Jahr 2003 ihr äußerte sich Sonja Ledl-Rossmann, Präsidentin des eigenes Atelier eröffnete. 2010 wurde sie, als erste Bundesrates, am 5. Mai 2017 zur Diskussion um den Frau und bisher älteste Preisträgerin, mit dem Tiroler Pflegebericht der Volksanwaltschaft. „Ich komme selbst Jungunternehmerpreis in der Kategorie Moderne aus dem Pflegebereich und weiß, wie viele Menschen Tradition ausgezeichnet. Dazwischen hat sie mit der engagiert und liebevoll ihren Beruf ausüben. Sie alle „Tiroler Adlerin“ nicht nur ein einprägsames Symbol haben es nicht verdient, dass ihre verantwortungsvolle geschaffen, sondern auch ein eigenes Modelabel gegrün- Arbeit unter einem Generalverdacht steht. Schwarze det. Ein Adler mit Brüsten statt mit stolzgeschwellter Schafe haben in der Betreuung älterer oder behinderter Brust, an den Füßen High Heels, die Flügelspitzen zu Menschen nichts verloren – sorgen wir also dafür, dass Fäusten geballt, eine Krone auf dem Kopf und eine Missstände schnell und zuverlässig entdeckt und kon- äußerst spitze Zunge – das ist das Markenzeichen der sequent beseitigt werden können. Und investieren wir Künstlerin, die mit ihrer Modekollektion nicht nur noch viel mehr Energie in die Weiterentwicklung der auf Individualität, sondern auch auf Regionalität und Pflegeversorgung.“ Schon in den kommenden Jahren Handwerk setzt. werde sich die Zahl der alten Menschen in Österreich Bei der Vernissage im Parlament am 9. Mai 2017 stand verdoppeln. „Jedem Einzelnen von ihnen sind wir es Schiestl allerdings nicht als Modedesignerin, sondern schuldig, ein Pflegesystem zu schaffen, das über jeden als Malerin im Rampenlicht. Bundesratspräsidentin Zweifel erhaben ist und würdevolles Leben im Alter Sonja Ledl-Rossmann eröffnete im sogenannten Salon ermöglicht.“ des Bundesrates eine Ausstellung mit neuen Werken

45 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT SONJA LEDL-ROSSMANN

v.re. Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann, Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, Künstlerin Margret Schiestl © Parlamentsdirektion/Thomas Topf der Künstlerin. „Gewagte Linien“ hieß die Schau, in der Ende Juni 2017 zu sehen, ehe das Parlament in das Schiestl Bilder mit vielen Grautönen und sparsamen, Ausweichquartier in die Hofburg übersiedelte. aber bewusst gesetzten Farbakzenten zeigte. Immer wieder fließen Tagesereignisse oder alltägliche Ledl-Rossmann zu Pflege: Mittel Dinge in ihre Werke ein, etwa ein Glas Milch oder besser einsetzen, Arbeitsbesuch ein banaler Fernsehabend, wie Luise Kloos, bildende Gemeinsam mit Bundesratsvizepräsidentin Ingrid Künstlerin und Kunstprofessorin, in ihren Worten zur Winkler, Bundesrat Edgar Mayer, Bundesrätin Ausstellung schilderte. Dinge, die für Schiestl plötz- Monika Mühlwerth, Bundesrätin Nicole Schreyer lich Bedeutung bekommen. Schiestl geht mit großer und Bundesrat Reinhard Todt absolvierte Präsidentin Energie ans Werk, sie habe nicht eine Leinwand vor Sonja Ledl-Rossmann Mitte Mai einen dreitägi- sich, sondern gleich sechs, sie schütte, kratze, male, gen Arbeitsbesuch in den Niederlanden. Auf dem gehe weg, kehre zurück und sei dabei tief im Geschehen Programm standen ein politisches Gespräch mit Ankie drin. Geprägt ist Schiestl auch von ihrer Kindheit und Broekers-Knol, Präsidentin der Ersten Kammer, die Jugend in einer bergbäuerlichen Großfamilie. Präsentation der niederländischen Gesundheits- und Pflegefinanzierung sowie der Besuch zweier innovativer Ledl-Rossmann, die zur Vernissage unter anderem Pflegeeinrichtungen – dem Demenzdorf Hogeweyk in den Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf, Weesp und dem Wohn- und Pflegezentrum Humanitas Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und ÖVP- in Deventer. Abgeordnete Maria Fekter begrüßen konnte, wies auf In den Niederlanden ist seit 1. Januar 2015 das aktuelle die Tradition im Bundesrat hin, im Rahmen der halb- Langzeitpflegegesetz in Kraft. Dieses soll auch das jährigen Präsidentschaft eine Künstlerin oder einen veränderte Verständnis für die Pflege zum Ausdruck Künstler aus dem jeweiligen Bundesland vorzustellen. bringen, das sicher immer stärker in Richtung mehr Sie habe nicht lange überlegen müssen und sei von Qualität von Leben ausrichtet. Dementsprechend steht der Geschichte der Tiroler Adlerin begeistert. Schiestl nicht mehr nur die reine Versorgung, sondern vielmehr habe eine Marke geschaffen, die zum Erfolgsrezept die Faktoren Wohnen, Arbeiten, Erholung und auch geworden sei. Die Ausstellung „Gewagte Linien“ war Lernen im Vordergrund. Das Langzeitpflegegesetz, für Besucherinnen und Besucher des Parlaments bis eine gesetzliche Volksversicherung, sieht einen über

46 die Lohnsteuer einkommensabhängigen Beitrag auf sieben „Lifestyle-Typen“ gestaltet, auch die Wohnungen Basis eines festen Prozentsatzes von 9,65 Prozent vor. werden individuell eingerichtet. „Urban oder ländlich, Hinzu kommt ein ebenfalls einkommensabhängiger klassisch oder modern, mit Fokus auf die eigenen vier Selbstbehalt, sobald Leistungen in Anspruch genom- Wände oder auf den Austausch mit den Nachbarn – men werden. Die Bezieher entscheiden dann selbst, ob jeder soll bei uns so leben, so wie er es gewohnt ist und sie die Leistungen in Form von Sachleistungen oder als auch vorher geliebt hat“, betont Spiering. Die Definition persönliche Budgets konsumieren. der Lebensstiltypen wurde unter wissenschaftlicher Begleitung entwickelt, Angehörige entscheiden sich im „Mit Blick auf das Auslaufen des Pflegefonds im Rahmen einer schriftlichen Befragung dafür, welche Jahr 2021 ist es wichtig, schon jetzt unterschiedli- Typen den Vorlieben ihrer Angehörigen entsprechen. che Modelle zu prüfen, damit dann rechtzeitig der „Spannend und schön finde ich, dass das Dorf die beste Weg für die Zukunft der Pflege eingeschlagen gleichen finanziellen Mittel vom Staat wie jedes ande- werden kann“, so Ledl-Rossmann. Auch wenn das re Pflegeheim erhält. Der beste Beweis dafür, dass niederländische Modell der Pflege sowie das gesamte Innovation in der Pflege nicht immer teurer sein muss“, Gesundheitssystem nach Zahlen eines der erfolgreich- so Ledl-Rossmann, die sich ähnliche Modelle auch für sten der Welt, sei es bei Weitem nicht der einzige vor- Österreich vorstellen kann. „Man muss dafür nicht stellbare Ansatz. „Ein System muss immer auch zur mehr Geld in die Hand nehmen, sondern den Mut Kultur eines Landes passen. So ist zum Beispiel das haben, es anders einzusetzen!“ niederländische Modell der Krankenversicherung – private Versicherungen bieten Standardpakete auf Basis In Deventer betreibt die „Humanitas-Stiftung“ eines gesetzlich definierten Mindestleistungsrahmens ein Wohn- und Pflegezentrum, in dem 150 ältere an – für uns etwas gewöhnungsbedürftig. Dennoch Menschen ein Zuhause finden. Zusätzlich leben dort sollten wir uns bei der Suche nach der besten Form der sechs Studenten, die dem Haus junges Leben einhau- Pflegefinanzierung von unterschiedlichen Zugängen chen. „Die Jungen wohnen kostenlos und vereinbaren inspirieren lassen“, so Ledl-Rossmann. mit uns, 30 Stunden pro Woche für Nachbarschaftshilfe zu investieren“, erklärt Vorstand Dirk Metselaar. Dabei Um den Wettbewerb unter den Versicherungen werden keine definierten Aufgaben verteilt, die jun- zu ermöglichen, erhalten diese vom Staat je nach gen Menschen sollen „einfach gute Nachbarn sein“. Gesundheitszustand ihrer Versicherten Zahlungen Der Effekt: Die älteren Bewohner – unter ihnen auch aus dem öffentlichen Krankenversicherungsfonds. circa 30 teils fortgeschritten demenzkranke Menschen Dies soll auch verhindern, dass Versicherungen eine – genießen das Leben unter den Jugendlichen und Risikoselektion vornehmen, die Standardversorgung deren Gesellschaft und geben dabei selbst etwas an muss ohnedies für jeden Staatsbürger, unabhängig von die junge Generation weiter. Wichtig sei dabei der seinem Gesundheitszustand, zugänglich sein. richtige Mix, sechs junge unter 150 älteren Menschen ist im Wohnheim in Deventer das Maximum. Bei der Dass innovative Pflegeansätze nicht immer gleich mehr Auswahl der Studenten werden bewusst jene präfe- Geld benötigen, beweist das Demenzdorf Hogeweyk in riert, die medizin- und pflegeferne Studien absolvie- Weesp in der Nähe von Amsterdam. Mitbegründerin ren. „Ansonsten kippt das Nachbarschaftsverhältnis Janette Spiering verwandelte ein ehemaliges Pflegeheim schnell in Richtung Pflege und Versorgung. Diesen für demenzkranke Menschen im Jahr 2007 in das Effekt möchten wir vermeiden“, so Metselaar. So bringe heutige Dorf – ein Vorzeigebeispiel, das regelmäßig das generationenübergreifende Zusammenleben auch Fachleute anlockt, etwa aus den USA, Kanada, Singapur „ein gewisses Stück Normalität“ in das Leben der oder Australien. älteren Bewohner zurück. „Auch dieses Konzept folgt Das Besondere: Das Dorf bettet sich in eine ganz bewusst dem Ansatz, Leben so normal und Wohnsiedlung ein und verfügt über die klassische gewohnt wie immer zu gestalten. Dadurch entstehen Infrastruktur eines gewöhnlichen Ortes – vom Theater im Heim tagtäglich jene gesellschaftlichen Prozesse, bis zum Pub, vom Supermarkt bis zum Restaurant. die auch außerhalb unser Zusammenleben prägen“, so „Wir möchten den Menschen nicht das Gefühl geben, Präsidentin Ledl-Rossmann nach dem Besuch. dass sie krank sind. Klassische Pflegeheime wir- Insgesamt bezeichnet sie die Erfahrungen als „viel- ken oft wie Krankenhäuser mit den entsprechenden schichtig und differenziert“. „Man sieht einerseits Emotionen, die diese auslösen“, so Spiering. Die aktuell viele Parallelen und andererseits den Mut in den 152 Patienten leben in eigenen Wohneinheiten mit bis Niederlanden, einen Schritt weiter zu gehen. In Sachen zu sechs Mitbewohnern. Dabei besteht jede Wohnung Qualität brauchen wir uns bestimmt nicht zu ver- aus Wohnzimmer und Küche, zwei Bädern, separaten stecken, von manchen überholten Formen könnten Schlafzimmern und Außenfläche. In Gestaltung und wir uns jedoch lösen. Die Beispiele haben gezeigt, Einrichtung geht man im Dorf voll und ganz auf die wie einfach und effektiv dies möglich ist“, betonte die Bedürfnisse der Patienten ein – die Anlage ist nach Bundesratspräsidentin.

47 RÜCKBLICK AUF DIE PRÄSIDENTSCHAFT SONJA LEDL-ROSSMANN

48 49 STATISTIK

2. Halbjahr 2016 – Übersicht betreffend die Tätigkeit des Bundesrates

Sitzungen 8 Sitzungen der Ausschüsse des Bundesrates: Gemeinsame Sitzungen NR/BR - Bundesversammlung - EU-Ausschuss 5 Stellungnahmen gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG 2 In Verhandlung genommen: Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG - Mitteilungen gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG 2 Gesetzesbeschlüsse 76 Ausschussfeststellung - Aktuelle Aussprache - Zustimmungen nach Art. 44 Abs. 2 B-VG 3 sonstige Zustimmungen - Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 2 davon Einsprüche - Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten 1 davon 8-Wochen-Fristablauf - Ablehnung im Ausschuss - Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen 1 Vertagung im Ausschuss - Ausschuss für Familie und Jugend - Ablehnung im Plenum - Übergang zur Tagesordnung - Finanzausschuss 3 Stimmengleichheit - Geschäftsordnungsausschuss - Staatsverträge 14 Gesundheitsausschuss 3 davon Zustimmungen nach Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG 6 Gleichbehandlungsausschuss - davon Zustimmungen nach Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG 1 davon Zustimmungen nach Art. 50 Abs. Z 2 iVm Art. 50 - Ausschuss für innere Angelegenheiten 3 Abs. 4 B-VGdavon Fälle von Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG - Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft 2 davon Art. 15a B-VG-Vereinbarungen 7 sonstige Zustimmungen - Justizausschuss 3 Berichte der Bundesregierung und ihrer Mitglieder 5 Kinderrechteausschuss 3 Berichte der Volksanwaltschaft 1 Landesverteidigungsausschuss - Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft 1 Eingebracht: Ausschuss für Sportangelegenheiten - Schriftliche Anfragen 40 Umweltausschuss 2 davon Dringliche Anfragen 1 Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur 3 Besprechungen von Anfragebeantwortungen 1*) Unvereinbarkeitsausschuss 2 Anträge auf Änderung der Geschäftsordnung - Gesetzesanträge - Ausschuss für Verfassung und Föderalismus 5 davon Anträge eines Drittels der Mitglieder Ausschuss für Verkehr 2 des Bundesrates gem. Art. 41 Abs. 1 B-VG - Wirtschaftsausschuss 3 Selbständige (Entschließungs)anträge 3 Ausschuss für Wissenschaft und Forschung 1 Unselbständige Entschließungsanträge 1 Ständiger gemeinsamer Ausschuss iSd § 9 F-VG 1948 - davon angenommen - Verkehrsausschuss 1 Anträge, Einspruch zu erheben 1 davon angenommen - Quelle: Bundesratskanzlei

Sonstiges: Erklärungen von Landeshauptleuten 1 Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung - Erklärungen gemäß § 38a GO-BR 1 Fragestunden 1 Aktuelle Stunden 4 Enquete 1

*) zurückgezogen

50 1. Halbjahr 2017 – Übersicht betreffend die Tätigkeit des Bundesrates

Sitzungen 6 Sitzungen der Ausschüsse des Bundesrates: Gemeinsame Sitzungen NR/BR - Bundesversammlung 1 EU-Ausschuss 7 Begründete Stellungnahmen gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG 5 In Verhandlung genommen: Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG - Mitteilungen gemäß Art. 23f Abs. 4 iVm Art. 23k Abs. 3 B-VG 5 Gesetzesbeschlüsse 39 Ausschussfeststellung - Aktuelle Aussprache - Zustimmungen nach Art. 44 Abs. 2 B-VG 1 Zustimmung nach Art. 30a B-VG - Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 4 sonstige Zustimmungen - Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten 2 davon Einsprüche - davon 8-Wochen-Fristablauf - Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen 1 Ablehnung im Ausschuss - Ausschuss für Familie und Jugend 1 Vertagung im Ausschuss 1 Absetzung im Ausschuss - Finanzausschuss 3 Ablehnung im Plenum - Geschäftsordnungsausschuss - Übergang zur Tagesordnung - Stimmengleichheit - Gesundheitsausschuss 3 Staatsverträge 15 Gleichbehandlungsausschuss - davon Zustimmungen nach Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG 9 Ausschuss für innere Angelegenheiten 2 davon Zustimmungen nach Art. 50 Abs. 1 Z 2 iVm Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft 1 Art. 50 Abs. 4 B-VG - davon Fälle von Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG - Justizausschuss 4 davon Fälle von Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG 1 Kinderrechteausschuss 3 davon Art. 15a B-VG-Vereinbarungen - sonstige Zustimmungen - Landesverteidigungsausschuss - Berichte der Bundesregierung und ihrer Mitglieder 27 Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft - Berichte der Volksanwaltschaft - Ausschuss für Sportangelegenheiten 1 Umweltausschuss 2 Eingebracht: Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur 2 Schriftliche Anfragen 62 Unvereinbarkeitsausschuss - davon Dringliche Anfragen 3 Ausschuss für Verfassung und Föderalismus 2 Besprechungen von Anfragebeantwortungen - Ausschuss für Verkehr 3 Anträge auf Änderung der Geschäftsordnung - Gesetzesanträge - Wirtschaftsausschuss 1 davon Anträge eines Drittels der Mitglieder Ausschuss für Wissenschaft und Forschung 3 des Bundesrates gem. Art. 41 Abs. 1 B-VG - Ständiger gemeinsamer Ausschuss iSd § 9 F-VG 1948 - Selbständige Entschließungsanträge 6 Unselbständige Entschließungsanträge 8 davon angenommen 1 Quelle: Bundesratskanzlei Anträge, Einspruch zu erheben - davon angenommen - Abänderungsanträge 1 davon angenommen -

Sonstiges: Erklärungen von Landeshauptleuten 1 Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung 1 Fragestunden 1 Aktuelle Stunden 5 Enquete 1

51 www.parlament.gv.at