BOWLING FOR COLUMBINE SCHULE KINO macht

USA/Deutschland 2002 123 Minuten, Farbe, 35 mm, 1 : 1,85, Dolby SR

Drehbuch Michael Moore Kamera Brian Danitz Michael McDonough Schnitt Kurt Enfehr Originalmusik Jeff Gibbs Songs: Teenage Fan Club Camper Van Beethoven Joey Ramone Jeff Gibbs Ton James Demer Francisco La Torre Produzenten Kathleen Glynn Michael Donovan Charles Bishop Jim Czarnecki Michael Moore Produktion Salter Street Films Dog Eat Dog Films Vif Mitwirkende Michael Moore Charlton Heston Dick Clark Marilyn Manson John Nichols Matt Stone u. a. SCHULE KINO macht „Mr. Bush! Schämen Sie sich!“

Michael Moores Dankes- und Protestrede bei der Oscar-Nacht zum Dokumentarfilmpreis für BOWLING FOR COLUMBINE

Übersetzung der Dankesrede, die der Filmemacher Michael Moore bei der 75. Oscar-Gala gehalten hat. Moore erhielt für seine Kritik am Waffen- und Gewaltwahn in den USA, BOWLING FOR COLUMBINE, den Dokumentarfilm-Oscar.

"Whoa. Im Namen unserer Produzenten Kathleen Glynn und Michael Donovan aus Kanada möchte ich der Akademie danken. Ich habe alle mit mir Nominierten eingeladen, mit uns auf die Bühne zu kommen, und wir möchten gerne … Sie sind hier, solidarisch mit mir, weil wir Nicht-Erfundenes (Nonfiction) mögen. Wir mögen Nicht-Erfundenes, und wir leben in erfundenen Zeiten. Wir leben in einer Zeit, in der wir erfundene Wahlergebnisse haben, die einen erfundenen Präsidenten wählen. Wir leben in einer Zeit, in der wir einen Mann haben, der uns aus erfundenen Gründen in den Krieg schickt. Ob es die Erfindung von Klebeband ("duct tape") oder die Erfindung von Alarmstufe Orange ist – wir sind gegen diesen Krieg, Mr. Bush! Schämen Sie sich! Und jedes Mal, wenn Sie den Papst und die Dixie Chicks gegen sich haben, ist Ihre Zeit abgelaufen. Danke Ihnen vielmals." (APA) SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

„Der Morgen des 20. April 1999 sieht nach Sind wir eine Nation, die verrückt ist nach einem ganz normalen Tag in Amerika aus. Waffen, oder sind wir einfach verrückt? Farmer bestellen ihre Felder, Milchmänner liefern Milchflaschen aus, der Präsident lässt Kugeln an die Supermarktkette K-Mart zurück- Bomben über einem Land abwerfen, dessen geben, wo die Täter ihre Munition kauften, Namen wir nicht einmal aussprechen können“ und er konfrontiert Hollywood-Ikone und (O-Ton) – und Dylan Klebold und Eric Harris, Waffenaktivist Charlton Heston, den pro- zwei Jungs in Littleton, Colorado, gehen zu minentesten Vertreter der NRA (National Rifle ihrem Bowlingkurs. Was keiner ahnt: Die Association) mit dem Bild eines sechsjährigen beiden bowlenden Jugendlichen werden Mädchens, das von einem gleichaltrigen wenige Stunden später das Columbine Mitschüler erschossen wurde. Highschool Massaker verüben, in dessen blutigem Verlauf 12 Schüler und ein Lehrer Michael Moore porträtiert mit bewegender den Tod finden und viele Kinder und Emotionalität und mitunter feuilletonistischen Jugendliche schwer verletzt werden. Wie eine Volten voll absurder Komik eine Nation ironische Spiegelung des Schicksals wirkt der zwischen Waffenfetischismus und Angst Umstand, dass an diesem Tag die USA ihren besetzter Paranoia. Ein Volk mit dem Colt im stärksten Bombenangriff auf den Kosovo Anschlag für die permanente fliegt. Selbstverteidigung. Besonders im Kielwasser des 11. September ist BOWLING FOR Mit lakonischem Zynismus und beißendem COLUMBINE ein mutiger Film. Denn Amerikas Witz geht Regisseur Moore („Roger & Me“, führender Satiriker und sozialkritischer 1989) in BOWLING FOR COLUMBINE auf eine Dokumentarist stellt eine simple Frage, die sich wahnwitzige Reise in das Herz Amerikas. So kein Amerikaner in diesen von Patriotismus lässt er zwei Opfer von Littleton – einer quer- geprägten Zeiten zu fragen traut: schnittgelähmt, der andere mit einer inoper- ablen Kugel in Aortanähe – in einem sym- bolischen Akt die in ihren Körpern steckenden SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

„Sind wir verrückt nach Waffen - oder sind wir schnallt einem Jagdhund ein Gewehr auf den nur verrückt?“ Rücken, ein Schuss löst sich, verletzt einen Menschen und ein Polizist tröstet vor Aber Michael Moore geht tiefer: So fragt er laufender Kamera, das Tier könne nicht sich (und uns), warum in den USA jährlich belangt werden. durchschnittlich 11.000 Menschen erschossen werden, obwohl in anderen Nationen ebenso Auf kurze Distanz untersucht Moore die viele Waffen im Umlauf sind und andere Mentalität von Vorstadtkriegern und Länder auf eine weitaus gewalttätigere Hausfrauen. Er interviewt Menschen, die mit Geschichte zurückblicken? Seine Antwort ist einer 44er unter dem Kopfkissen schlafen und so einfach wie zwingend: Es ist die Angst, die Napalm mixende Jugendliche, die hoch- die Amerikaner seit dem Beginn ihrer explosive Rezepte aus dem „Anarchisten Geschichte begleitet – von der Verfolgung der Kochbuch“ ausprobieren. Dabei gelingt ihm Pilgerväter in der alten Welt bis zu den wie nebenbei ein Brückenschlag zwischen Terroranschlägen vom 11. September 2001. einer immer gegenwärtigen häuslichen Gewalt und der Schwindel erregenden Geschichte Von erschütternden Aufnahmen der Über- amerikanischer Militärinterventionen in den wachungskamera in der Caféteria der letzten 50 Jahren – zu den Klängen des Columbine High School, die am Morgen des Evergreens „What a wonderful world“. Massakers gemacht wurden, bis ins „Es ist amerikanische Verantwortung, glamouröse Hollywood-Wohnzimmer von bewaffnet zu sein. Wenn du nicht bewaffnet Schauspieler Charlton Heston: Michael Moores bist, vernachlässigt du deine Pflicht“, erklärt engagierte Doku-Satire besticht durch eine ihm ein Mitglied einer Bürgerwehr im kluge Montage von Interviews, TV-Schnipseln, Tarnanzug. „Wer sonst wird deine Kinder Polizeivideos und Trickfilmen. Da weint ein beschützen?“ Vater eines in Littleton umgekommenen Kindes seinen Schmerz heraus – und jemand SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

BOWLING FOR COLUMBINE kenn- „Man hat mir mal gesagt, dass man weicher und zeichnet eine neue Blickrichtung konservativer wird, wenn man älter wird. Je älter ich des Filmemachers Michael Moore, werde, desto schärfer werde ich. Ich bin jetzt 48 dessen Strategie und Motivation Jahre alt und BOWLING FOR COLUMBINE ist der sich hier deutlich von seinen provokativste Film, den ich bisher gemacht habe.“ früheren Arbeiten unterscheidet. (Michael Moore) Er erklärt: „Bei ‘Roger & Me’ drehte sich alles um eine Stadt und ein einzige Firma, die diese Stadt zer- weil die Engländer zurückkommen könnten.’ störte. BOWLING FOR COLUMBINE beschäftigt Was passiert? Die Briten kommen zurück! Was sich mit einem viel größeren Thema: Nämlich ist das Schlimmste, was einem Paranoiker mit einer Gesellschaft, die sich mit rund einer zustoßen kann? Wenn seine Ängste wahr Viertelmillion Schusswaffen versorgt – und werden! Mittlerweile sagen alle: ‘Verdammt darüber ein bisschen irre geworden ist.“ gut, dass wir die Waffen behalten haben!’ Whoaaaa, Second Amendment, gute Idee!“ Moore illustriert seine Theorie der Angst in seinem typischen „Kein-Anliegen-ist-zu-gering- Moores Annäherung an Geschichte fügig/keine-öffentliche-Person-ist-unantast- ist stets unterhaltsam. Er glaubt, dass bar“-Stil. Diese Haltung findet sich in das Publikum neuen Ideen gegen- BOWLING FOR COLUMBINE in einer über aufgeschlossener reagiert, vergnüglichen wenn es lacht, anstatt eine aka- Zeichentricksequenz demische Zusammenfassung wieder. „Das Erste, historischer Fakten zu ver- das man als Kind folgen. Denn es klingt nicht über die ame- gerade nach klassischem rikanische Highschool- Geschichte lernt, ist: Geschichtsunterricht, ‘Die Pilger kamen wenn Moore nach Amerika, weil erklärt: „Versorgt sie Angst vor Verfolgung mit diesen hatten.’ Sie hatten Waffen, konn- Angst. Und was te man die geschah dann? Die Indianer Pilger kamen, voller auslöschen, Angst, begegneten den weil diese Indianern und hatten Gewehre noch mehr Angst vor ihnen, hatten, die also brachten sie sie um. Dann nur eine Kugel zur bekamen sie Angst vor- Zeit abfeuerten. Als einander, begannen Hexen zu der Süden den sehen und verbrannten sie; Bürgerkrieg verlor, dann gewannen sie die bekamen die Weißen Revolution, aber sie hatten richtig Angst und so ent- Angst, dass die Briten zurück- stand der Ku Klux Klan. kämen. Also verfasst jemand 1871 wurde der KKK als das Second Amendment ungesetzlich erklärt und (beinhaltet das per Verfassung nur wenige Monate verbriefte Recht auf das Tragen später bildete sich eine von Waffen), das sagt: ‘Lasst neue Organisation, die uns unsere Waffen behalten, den Namen National SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Rifle Association (NRA) trug und nur Weißen Herangehensweise. „Manchmal, besonders in Waffenbesitz zusicherte. Schwarzen war Interviews, ist es am besten, im Moment zu Waffenbesitz verboten. So wurden in den leben. Wenn du alles auf eine bestimmte Idee nächsten 80 Jahren Waffen dazu benutzt, die ausrichtest, wirkt der Film am Ende steif und angeblich befreiten und freien Schwarzen in konstruiert. Für mich ist es wichtig, der Schach zu halten – bis die 1950 die Nase voll Geschichte ihren eigenen Verlauf zuzubil- hatten und aufbegehrten. Was machten die ligen“. Weißen dann? Sie verdrückten sich voller Moore hält seine „Theorie der Angst“ für sehr Angst in die Vorstädte. Und dort in ihren einleuchtend: „Es hat etwas mit dem mensch- Vorstädten, erfüllt von Angst, kauften sie lichen Gehirn zu tun. Es gefällt uns, wenn Millionen und Millionen Waffen. Genau darum man uns Angst einjagt. Wir lieben Horrorfilme geht es hier: Wir haben rund eine oder Halloween. Das hat wohl etwas mit Viertelmilliarde Waffen in Umlauf – und sie unseren Überlebens- und Fluchtmechanismen gehören in der Mehrheit Weißen, die in zu tun. Wir wollen nicht, dass diese Wohnvierteln ohne nennenswerte Mechanismen einschlafen, sondern dass wir, Kriminalitätsrate leben. Unsere Morde werden wenn Gefahr droht, wissen, wie zum Teufel meist im häuslichen Umfeld verübt: man ihr entkommt. Aber es gibt da einen Ehemann/Ehefrau, Freund/Freundin, großen Unterschied. Im Kino Angst zu Kollegen.“ bekommen, ist eine Sache. Manipuliert zu werden durch Nachrichtensendungen, Reality- 13 Jahre ist es her, dass Michael Moore TV oder einen Präsidenten, der dir sagt, dass „Roger & Me“ gedreht hat, und seitdem hat es irgendwo einen federführenden Bösewicht er seinen provozierenden, kühnen und unter- gibt, der dich jederzeit töten kann, das ist eine haltsamen Stil weiter entwickelt. Seine ganz andere Sache.“ Dokumentarfilme leben von seiner originellen SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Günter H. Jekubzik gelöst, nicht durch Pistolenduelle! Es ist die Nicht Waffen töten - die Angst tut es! Jahrhunderte alte, von den Medien angeheizte Paranoia der Bedrohung, die Amerika in all die Der für heutige Zeiten ungewöhnlich kleinen und Weltweiten Duelle treibt. engagierte Filmemacher Michael Moore nimmt Moores Film lebt von den originellen Funden, nach Massenentlassungen („Michael & Me“) die er genüsslich auskostet: Wie die Bank, die und miserablen amerikanischen ein Gewehr als Werbegeschenk bei der Arbeitsbedingungen („The Big One“) nun mit Eröffnung eines Kontos ausgibt. Oder die BOWLING FOR COLUMBINE den Waffenbesitz Tatsache, dass jeder Schwarze mit einer Pistole in den USA ins Visier. Mit unerwarteten live in alle Sender Los Angeles kommt, Erkenntnissen. während die wirklich mörderische Die USA haben nicht nur eine lange Umweltverschmutzung der Stadt kein Thema Geschichte der Amokläufe, sie sind auch ist. Weltmeister bei der Zahl der Menschen, die Weil medial überzogene Bedrohungsszenarien jährlich durch Schusswaffen umgebracht von Kindesmisshandlung, Geiselnahme oder werden. Während ein mittelmäßiges Terror auch in der Bundesrepublik immer mehr europäisches Land es nur auf circa 300 Tote um sich greifen, hilft BOWLING FOR durch Pistolen und Gewehre bringt, Kanada COLUMBINE, die Welt klarer zu sehen. Auch sich mit lächerlichen 65 Opfern begnügen wenn Moore seine Ideen nicht mehr so muss, schaffen die USA über 11.000 Tote im humorvoll pointiert mit dem Mittel der Alter von 6 bis 66! Kontrastmontage präsentiert, bleibt er doch Michael Moore zieht mit seiner Kamera los, bemerkenswert. So schafft er es mit fast besucht Waffenfanatiker, rechte Anarchisten naivem Engagement tatsächlich, zusammen und legt mit seinem spitzen Humor eine mit Opfern des Massakers von Columbine, ungewöhnliche Argumentationskette hin. Ein den Verkauf von Munition in der Besuch in Kanada bringt die Entdeckung: Hier Supermarktkette K-Mart zu stoppen! schließen die Menschen ihre Haustür nicht ab, hier werden Konflikte durch Kompromisse SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Tobias Hering gerissen ist. Moore spannt einen Bogen von Wir sind die Mehrheit der individuellen Paranoia über den Waffenwahn bis hin zum militärischen „Ich habe es satt: ‘Ich, ich, ich. Survival of the Paradigma in der Außenpolitik; und er bringt fittest. Fuck everybody!’ Sind wir wirklich so es auch noch fertig, seinem Publikum das beschissen?“ Michael Moore hat die brüllende Lachen zu entlocken, dessentwegen Baseballkappe hoch- man so gerne ins Kino geht. An den beinahe geschoben. Er will die ekstatischen Reaktionen erkennt man, wie Leute sehen, und er perfekt Michael Moore die Klaviatur aus will von ihnen gesehen Emotion und Politik bespielt. werden. Er steht vor dem Publikum, das Nachdem es BOWLING FOR COLUMBINE als gerade seinen neuen erster Dokumentarfilm beim Filmfestival in Film BOWLING FOR Cannes in den Wettbewerb schaffte, hatte er COLUMBINE auf dem kürzlich einen furiosen Start in den ame- Filmfestival in Chicago rikanischen Kinos. Die Zeit war überreif für gesehen hat. den Film und sein Thema. Der Titel verweist auf die Kleinstadt in Colorado, wo 1998 zwei Schüler an ihrer High School ein Massaker angerichtet haben. Seitdem stand „Columbine“ für das Trauma, das die Angstfantasien Amerikas bestimmte, bis der 11. September die Messlatte höher legte. Zwischen Columbine und 9/11 geschah „die feindliche Übernahme des Weißen Hauses durch einen texanischen Analphabeten“, ein Trauma, dem sich Michael Moore in seinem Buch „“ ausgiebig widmet. Der Verlag wollte das Buch zurückhalten, als George Bush durch den Krieg gegen den Terror gerade zu ungeahnter Popularität gekommen war. „Fähnchen schwenken kann jeder“, erwiderte Moore seinem Verleger Die Mischung ist so bunt, dass man Moore damals, „der wahre Patriot ist der, der den glauben möchte, wenn er ruft: „Wir sind Mund aufmacht und Fragen stellt.“ keine Sekte, wir sind die Mehrheit. Wir sind die 234 Millionen Amerikaner, die Bush nicht zum Präsidenten wollten.“ Die Leute sind elek- Ebenso brilliant wie schockierend, vor allem aber trisiert und erschöpft, sie haben höchst unterhaltsam ist Michael Moores gelacht und geweint und Dokumentarfilm über die Waffenversessenheit gejubelt, als Moore vor die Bühne Amerikas, mit dem der Regisseur zwar wenig trat. Der Saal hat die Nestwärme, Antworten auf die Fragen nach den die vielen am 11. September ver- Zusammenhängen von ziviler Gewalt und ame- loren gegangen war. rikanischer Außenpolitik, Mediendarstellung und Historie bieten kann, doch Moores Gespür für BOWLING FOR COLUMBINE ist Satire und seine unglaubliche Hartnäckigkeit, die das Psychogramm eines Amerika, Mächtigen mit der hässlichen Wahrheit zu kon- das zwischen Angst und frontieren, macht „Bowling for Columbine“ zu Größenwahn hin und her einem echten Erlebnis. (Blickpunkt Film) SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Mittlerweile ist „Stupid White Men“ in den Dokumentarfilm „Roger & Me“, der ihn über amerikanischen Buchhandlungen der meistver- Nacht berühmt und berüchtigt machte und kaufte Nonfiction-Titel dieses Jahres. Kürzlich sogar in Hollywood einen Oscar einbrachte. ist im Piper Verlag die deutsche Übersetzung Michael Moore bekam eine eigene erschienen. Wer die Genugtuung auf Moores Fernsehshow, „TV Nation“, die brachte ihm Gesicht sieht, wenn er seine Erfolgsstatistiken bald den Ruf ein, die schärfste Waffe der ame- referiert, ahnt etwas von dem Widerstand, rikanischen Linken gegen das politische und gegen den er sich durchsetzen musste. ökonomische Establishment zu sein. Seine Auftritte, seine Filme und Bücher sind Bei der Veranstaltung in Chicago hat man aber wütende Ritte über die Stilblüten einer das starke Gefühl: Es tut den Leuten gut, bigotten Mainstreamkultur. wenn endlich einer aufsteht und die Fragen stellt, die die Politik nicht hören will. Sie „Auf lange Sicht werden die Dinge besser“, brauchen ihn, er macht ihnen Dampf. Er ist ihr erklärt Michael Moore seinem Publikum. „Wir Heizer. In Moores nächstem Film wird es um haben Recht, die anderen haben Unrecht, und die amerikanischen Verhältnisse nach dem 11. wir sind in der Überzahl.“ Die Helden seiner September gehen. Bis 2004 soll er fertig sein. Filme und Bücher sind die „Damit Bush keine weitere Amtszeit „Durchschnittsamerikaner“: Leute mit bekommt!“ Die Leute toben. Für einen Abend Schulden und Gewichtsproblemen, denen es scheint es, als könne von einem Kino in trotz allem nicht egal ist, was mit ihren Chicago die Revolution ausgehen. Mitmenschen passiert. Und die es satt haben, von einer „Junta“ beherrscht zu werden, die Für Michael Moore kam die Initialzündung, als sich einen Dreck um sie kümmert. General Motors in seiner Heimatstadt Flint trotz Rekordprofiten tausende von „Sich die Nase zu piercen ist keine politische Arbeitsplätzen vernichtete und die Stadt der Aktion. Werdet aktiv, vernetzt euch und sozialen Verelendung überließ. Aus der Wut übernehmt öffentliche Ämter!“ Michael heraus entstand 1989 sein erster Moore ist auf hundertachtzig jetzt. In der SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Bewunderung des Publikums liegt auch die „Ein hochaktueller Film, der über- Hoffnung, er möge es schon richten. Aber wer zeugend mit dem Vorurteil aufräumt, das denkt, hat die Rechnung ohne Michael die Schießwütigkeit gehe auf das Moore gemacht. „Es wird Zeit, dass ihr eure Konto der Videos, Spielfilme und Ärsche hochbekommt“, ruft er. „Ich will mich Heavy-Metal-Musik. Erbarmungslos auch mal ausruhen.“ Das Publikum jubelt und nimmt Moore die amerikanische lacht. „Ich meine das ernst!“, ruft Moore hin- Politik ebenso auseinander wie das terher. gesellschaftliche Aggressionspotenzial.“ (Wolfram Aber Spaß und Ernst kommen bei ihm oft im Knorr, Rheinischer Merkur, 30.5.2002) selben Satz vor. Wenn man bei der ame- rikanischen Buchhandelskette Barnes & Noble nach seinen Büchern fragt, wird man in die Humorabteilung geführt. Eine übliche Rubrizierung. „Leute, die die Dinge beim Namen nennen, heißen ‘Komiker’ „, schrieben die Zeitungen, „und Moore ist unser bester.“

Michael Moore selbst kommt mit der Humorecke ganz gut klar. Das Lachen sei dazu da, den Frust abzulassen, erklärt der Autor und Filmemacher. „Frust lähmt“, weiß er zudem, „und ich will bei den Leuten den Civilcourage-Knopf drücken, denjenigen, auf dem steht: ,Demokratie ist ein Mitmachspiel!’ „ Kann man schließlich nicht oft genug betonen, so etwas. taz Nr. 6892 vom 31.10.2002 SCHULE KINO macht Bowling for Columbine

Michael Moore Autor/Produzent/Regisseur

Michael Moore ist der preisgekrönte Regisseur Michael Moore schrieb mehrere Bestseller, des Dokumentarfilms „Roger & Me“ (1989), darunter „Downsize This! Random Threat der zum besucherstärksten Dokumentarfilm from an Unarmed American“, der einen aller Zeiten wurde, auf über 100 Kritikerlisten ganzen Monat die Bestsellerliste der New York als Bester Film des Jahres 1989 auftauchte, Times anführte. Gemeinsam mit seiner Frau den Preis für den Besten Dokumentarfilm vom und Produzentin Kathleen Glynn verfasste er New York Film Critics Circle sowie jeden „Adventures in a TV Nation“. Kritikerpreis in den USA erhielt. Im Zentrum des Films steht Moores Bemühen, den 1999 und 2000 produzierte Moore zwei für Vorsitzenden von General Motors, Roger den Emmy nominierte Staffeln der gefeierten Smith, mit den verheerenden Konsequenzen Serie „The Awful Thruth“ (für Bravo, USA und zu konfrontieren, die die Massenentlassungen Kanada, und Channel 4, England), die von der des Automobilkonzerns in den 80er Jahren für LA Times als „die smarteste und witzigste die amerikanische Autostadt Flint, Michigan, politische Satire im Fernsehen überhaupt“ hatten. Nach dem Erfolg von „Roger & Me“ gefeiert wurde. gründete Michael Moore mit Gewinnen, die der Film einspielte, das Center for Alternative Allroundgenie Michael Moore inszenierte Media, eine Stiftung, die seitdem über eine Musikvideos für die Gruppen REM und Rage halbe Million Dollar zur Unterstützung von Against the Machine, war mehrfach Gast in unabhängigen Filmemachern und sozialen den TV-Shows „Politically Incorrect“, David Gruppen aufgewendet hat. Lettermans „The Late Show“ und Conan O‘Briens „Late Night“. Moore wurde in Flint geboren, wo er auch aufwuchs. Mit 18 Jahren kandidierte er für Moores jüngste politische Buchhumoreske eine Position im Schulamt und wurde tatsäch- trägt den Titel „Stupid White Men and other lich gewählt – als einer der jüngsten Sorry Excuses for the State of the Nation“ und Kandidaten in der Geschichte der USA. Mit 22 stand Mitte des Jahres neun Wochen lang auf Jahren gründete er „The Flint Voice“, eine der der Bestsellerliste der New York Times, war die anerkanntesten alternativen Tageszeitungen, Nummer Eins im Buchhandel in Kanada und deren Chefredaktion er zehn Jahre innehatte. England und erschien zu dem Zeitpunkt, als Mitte der 90er Jahre arbeitete er als Moore „Bowling for Columbine“ in Cannes Produzent, Regisseur, Autor und Moderator präsentierte, bereits in der 19. Auflage. der Emmy-gekrönten TV-Serie „TV Nation“, zuerst von NBC, später von FOX ausgestrahlt.

Moore schrieb und inszenierte die Komödie „“, die 1995 in der Sektion Un certain regard auf dem Filmfestival in Cannes gezeigt wurde. Sein zweiter, ebenfalls mehrfach ausgezeichneter Dokumentarfilm „The Big One“ (1997) entlarvte die Gier und die Untaten des so genannten Big Business, sowie skrupellose Politiker in ganz Amerika, und zwang den Konzern Nike, in seinen indonesischen Produktionsstätten keine Kinder mehr zu beschäftigen. SCHULE KINO macht