ensuite kulturmagazin april 2005 | 3. jahrgang | 3. april 2005 28 nr. nr.

auawirleben der kaufmann von venedig ...und ging des weges. 20. berner renntage das kind in mir PUBLICIS

Durchdacht.

„Zuerst denken, dann schreiben“ – dieses Motto wird uns schon in der Schule beigebracht. Testen Sie 5 Wochen lang kostenlos eine Zeitung, die Fakten genau prüft, präzis darstellt, kompetent erklärt und gewichtet.Tel. 01/258 15 30 oder www.nzz.ch/probeabo-nzz Titelseite und rechts: Renaud Garcia-Fons (Frankreich) spielt Bass im Proger, Sonntag 24. April / 21.00 Lukas Vogelsang Lukas Bern macht’s eben! einzigartiges Kulturmagazin besitzt. Nur Bern macht’s sichdabeischwer. terschätzt wird.» Ja!National hatmanschon langeerkannt, dass Bern ein vergessen, dass imKulturbereich dasAngebot von Bern weitgehend un- einem Punkt indieser Werbeschrift gebeichlauthalsApplaus:«Oft gehe werden –quasialsDank,dass siehierüberhaupt nochtätigist. Einzigin sem Logo nochGeld.Dieses Logo sollte jederBerner-Firma «geschenkt» eine GmbHeröffnen will…)undzweitens machendieFalschen mitdie- (das weiss jederund jede, dieindiesem Kanton einenKleinbetrieb oder Wirtschaftsförderung nicht aneinerwirklichen Attraktivität dieser Region nem Wert, sei oft gesagt worden. Schön undgut. Nur, arbeitet erstens die schrift» von derWirtschaftsförderung Bern. Bern verkaufe sichunter sei- Undes geht weiter: Bern macht’s. So heisst es ineiner«Logo-Werbe- lutioniert. Hängematten sozialisieren -einfach undgenial. hängen undhätte damiterst nochdieboomendeTouristenbranche revo- das DachüberdemBahnhofsplatz bauen, einpaar Hängematten darunter stelle sein wird. Dabeikönnte manmitdemInvestitionsgeld dochgleich denkt, dass ineinpaar Jahren dergesamte Bahnhofsplatz eineGrossbau- sich auf30 bis35 Millionenbelaufen. Attraktiv, vor allemwenn manbe- gefährlich nahekommt. Was habeichgelesen? DieInvestitionen würden der Schweizerhof vor lauter Staub nurnochhustet undseinem Ableben Doch«Bern» klopft sichlautstark aufdieSchulter. So stark, dass sogar Recht aufeinpaar Spiele… - derheimische Fussballclub muss auswertig trainieren undhatnurdas schaft undgleicht deswegen initiiert auchmehreinemEinkaufszentrum um trotzdem hierbaut. Auch dasStade deSuisse ist von derPrivatwirt- nicht früheraufHänden? Esist fast beschämend, dass man«sein» Muse- ginn seiner Karriere feiern zu können.Toll. Undwarum trugmanPaul Klee gerade darin,dass Einstein Bern verlassen musste, uminZürichdenBe- die Adresse vom Einstein-Museum auswendig. Dasnette Detail liegtja ter Einstein. Alshätte «Bern» irgendetwas beigesteuert. Wer weiss schon dreifacher Potenz: Stade deSuisse, Zentrum Paul KleeunddemAltmeis- Nachzahlungsüberraschungen, genialsind.Unddies im2005 gleichin dass wir, nebendenzu bezahlenden Steuerrechnungen unddenüblen ■ Vor allem... Dennmanversucht unsBernerInnen undBerner wiedereinzureden,

inhalt agenda biel-bienne museen &galerien kulturagenda bern und biel-biennemitgalerien,museen undvielendetails der grösste veranstaltungskalender fürbern A GEND letzte lusteite cartoon von brunofauser da helfen, wo andere keinen mummhaben stadtläufer //diewa(h)ren helden//zum glückensuite abo neues informationsgesetz ab2006 the ballad of bonnieandclyde landschaft-kunst-geomantie kulturnotizen D IVERS off-kinos der kaufmann von venedig K INO/FLM 20. bernerrenntage, einstück bernerkultur? K ULTIMND du papi, warum heiteil lütgärnjazz? kleemusik der widerspenstige liedernarr cd-tipps madrugada: bitterschokolade ausdemhohennorden dubquest: laurent einenschritt voraus ich weigere mich,einecompilation zu mixen M USIK tacheles VI das kindinmir ein baum dreht pirouetten K UNSTIMBLD michael sasdi tina uebelundroger willemsen L ITERAU von königen,rittern undanderen helden auawirleben -«körperasyl» B ÜHNE von menschen undmedien:wo hockt gott? ...und gingdes weges. K ULTR&GESCHAF 21 30 24 16 4 12 63 14 33 56 60 6 27 13 29 9 12 23 16 11 16 25 18 28 26 27 18 15 19 17 3 4 KULTURNOTIZEN

VON HIER NACH DORT

■ Figurentheater in fünf Schweizer Städten, ein Fes- tival das bewegt. Dass Marionetten mehr bewegen, als die hand ihrer Eltern, zeigen auch die Statistiken der fünf wichtigsten Figurentheater in der Deutsch- schweiz, sie bewegen zusammen in 750 Vorstellungen gegen 64‘000 ZuschauerInnen. Die oft unterschätzte, lebendige Figurentheater Szene hat sich nun für ein unvergessliches Festival zusammengeschlossen. In den 5 Städten werden während 5 Wochen 5 Kinderstücke und zwei Abendproduktionen von 5 Gruppen aus der Schweiz und 2 Gruppen aus Deutschland gezeigt. Ein guter Grund, sich in die wundersame Welt der kleinen PERSONENKULTUR Figuren zu wagen. Sie werden verblüfft sein! (sf) Spielplan und Information: ■ Weggang Eine traurige Meldung erreichte uns An- www.fi gurentheaterbewegt.ch fang März aus Münchenbuchsee: Alex von Hettinger, Leiter Kultur und Bar im Bäre Buchsi verlässt das Bä- ren-Team noch in diesem Jahr. Nach acht Jahren in- tensiver, freudvoller, harter und erfolgreicher Arbeit FEIERN MIT FANTOCHE im Bären Buchsi, brauche er einen Tapetenwechsel und eine neue Herausforderung. Die Entscheidung ■ Die grösste Trickfi lmschau der Schweiz feiert ihren habe nichts mit der Leitung oder dem Team zu tun zehnten. Ja, ein bisschen früh sind wir, denn gefeiert - im Gegenteil, sie hätten die Entscheidung eher er- wird erst vom 6. bis 11. September 2005 in Baden (AG). schwert. Der Bäre Buchsi ist in letzter Zeit kulturell Während sechs Tagen werden in Zahlreichen Program- sehr stark ins Zentrum gerückt. Das Programm hat- men mehrere hundert Kurz- und Langfi lme zu sehen Bild: Das Konzert/ zVg. Figurentheaterbewegt te sich qualitativ immer interessanter gestaltet und sein. Herrlich, denn einer der Streifen, könnte vielleicht es waren auffallend viele namhafte und bekannte der ihre sein: die Ausschreibung für den Internationalen KünstlerInnen - bevor sie in der Stadt auftraten - erst Wettbewerb läuft… und läuft bis am 31. Mai 2005. im Bäre zu Gast. Zudem können wir von der ensuite Der «Internationale Wettbewerb» von Fantoche stellt - kulturmagazin noch ein Kränzchen nachwerfen: Die insbesondere ein Forum dar für Animationsfi lmproduk- FREUDIGE NACHRICHT Pressearbeit - und das war auch Alex‘s Job - war her- tionen, die sich ästhetisch, inhaltlich oder durch ihre vorragend. Und so weinen wir schon jetzt und wün- Technik mit dem Medium selbst auseinandersetzen. Für AUS BERLIN schen alles Gute auf dem weiteren Weg... Filme also, die sich durch die bewusste Art des Umgangs Zugang Erstmals ist eine Direktorin für die mit den Ausdrucksmöglichkeiten der Animation aus den ■ Rhythm is it! wurde mit dem Schiller-Sonderpreis Schweizerische Landesbibliothek (SLB) gewählt Niederungen des konventionell Kunstgewerblichen er- der Stadt Mannheim ausgezeichnet. Am 9. Mai 2005 - worden. Vom Bundesrat höchstpersönlich wurde die heben und einen genuin künstlerischen Anspruch er- zum 200. Todestag - werden die Protagonisten geehrt. 47-jährige Freiburgerin Marie-Christine Doffey zur kennen lassen oder die geeignet scheinen, mittels eines Mit dem Projekt sei es beispielhaft gelungen, Kunst zur Direktorin ernannt. Sie wird ab 1. April die Nachfol- innovativen Ansatzes einen Beitrag zur generellen äs- Persönlichkeitsbildung junger Menschen zu nutzen, gerin von Jean-Frédéric Jauslin, der die Leitung des thetischen oder künstlerischen Weiterentwicklung des heisst es in der Begründung. Bundesamtes für Kultur übernimmt. Doffey ist seit Mediums zu leisten. Folgerichtig fi nden im Wettbewerb ensuite - kulturmagazin hat in der letzten Ausgabe 1991 in der Landesbibliothek tätig und seit Januar die Werke von jungen Regisseurinnen und Regisseuren ausführlich darüber berichtet und für die Vorpremiere 2003 Vizedirektorin. besondere Berücksichtigung. Also dann, rann! Und si- Gratis-Tickets verlost. Die Vorführung in Bern war übri- Eröffnung Ab Oktober 2006 wird in Biel die cher nach Baden. (sf) gens fast voll - schön, dass sich so viele LeserInnen für mehrsprachige Ausbildungsstätte für literarisches diesen Film interessiert haben. Der Film läuft im April in Schreiben und Übersetzen eröffnet werden. Marie Anmeldeformulare und Information: www.fantoche.ch den Schweizer Kinos. (vl) Caffari und Daniel Rothenbühler werden die Projekt- leitung für dieses künftige Lehr- und Forschungsins- titut für Literatur übernehmen. Beide stammen aus Lausanne und wurden aus 150 Bewerbungen heraus- ensuite - kulturmagazin und das Team bedanken sich ganz gewünscht. Die Sicherstellung der Finanzierung für herzlich für den grosszügigen Kulturförderungsbeitrag der den regulären Betrieb, sowie die Vorbereitung der Akkreditierungen der Studiengänge sind Schwer- BURGERGEMEINDE BERN punkte der zweijährigen Projektphase. Es ist die ers- te Institution dieser Art in der Schweiz. (vl) KULTURNOTIZEN 5

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Genossenschaft Kreuz Nidau WAS UNS NOCH FEHLT...

Im Herbst 2005 nehmen wir den renovierten Saal für Kultur, Bankette und sonstige Anlässe in Betrieb. Für diesen «Neuanfang» suchen wir eine Person, die auch im Restaurant frischen Wind bringt und dieses zusammen mit dem heutigen Team mit Erfolg führt. FEELINGE UND NUS Gleichzeitig gilt es, den erfolgreichen Start des um- IM WARTSAAL 3 gebauten Saals professionell vorzubereiten. Die gewünschte Person ■ Im Nu sind sie entstanden: Minimale Strichfi guren (Bild rechts). Im Nu haben sie ganz viel zu erzählen. ...IST DER/DIE GESCHÄFTSFÜHRER/IN Und sie sind. Nus antworten auf die letzte Arbeit von der Künsterlin Kembo Nui, welche sich der wirklich- FÜR UNSER RESTAURANT keitsnahen Darstellung von menschlichen Körper wid- mete. Kembo brauchte mehr zeichnerische Freiheit und welche/r folgende Voraussetzungen mitbringt: Einfachheit. Es musste direkter zum Punkt, spontaner - eben im Nu. Und so zappeln und nuscheln die Dinger • Erfahrung in der Führung eines ähnlichen jetzt überall herum. Betriebes und Wirtepatent Daneben kreierte Kembo Nui Feelinge. Das sind fe- • Flair als Gastgeber/in und aktive Mitar- enhafte Figuren. Diese grinsen und grimassen zu den beit im Service; BetracherInnen... und jedes Wesen hat auch eine ver- • Fähigkeit zur Begeisterung durch einen borgene Seite. Doppelsinn und Vielschicht. Schatten partnerschaftlichen Führungsstil; und liebenswürdiges Licht. Feelinge eben. • Kreativität bei der Weiterentwicklung von Die Bilder, setzt Kembo Nui in den Wartsaal, damit Konzept und Angebot; sie von den Besuchern gesehen und abgeholt werden. • Offenheit für die Kooperation mit allen un- Auch nur zur Erinnerung. Die Bilder sind auf unaufge- seren Partnern (Kulturbetrieb, Genossen- spannten Leinwänden, mit einfachen Metalklammern schafter/innen, Lieferanten, Behörden) aufgehängt. Farbig oder dunkelbraun. Und da sind noch die akustischen Elemente... Kurz, wir suchen eine Person, die mit Fachkompetenz, Die Nus und die Feelinge sind von einer anderen Charme und Realitätssinn den Faden der langjährigen Welt. Träume, Poesien, ein Windhauch. Vielleicht die Kembo Nui - Feelinge und Nus Kreuz-Geschichte weiterspinnt und Restaurant und Welt der Künstlerin, vielleicht auch eine Antwort auf Im Wartsaal 3 am Helvetiaplatz in Bern Kulturbetrieb zu einem attraktiven Anziehungspunkt das allzu menschlich Reale. Eine Idee nach mehr Frei- Vernissage: in der Region macht. heit, Einfachheit und Spontanität. Und wenn es ihnen, Freitag, 22. April 05 ab 17.00 Wir bieten einen interessanten Betrieb mit Ent- liebe LeserInnen, gerade langweilig sein sollte, so gehen Ausstellungsdauer: wicklungspotenzial und den Rahmen für eine lebendi- sie in den Wartsaal. Das Warten könnte sich lohnen. (vl) 21. bis 28. April, täglich von 14.00 - 21.00 ge Gastronomie-Kultur. Arbeitsbeginn ist spätestens im August 2005, es besteht die Option für eine Co- Leitung mit dem heutigen Küchenchef. Es würde uns freuen, schon so bald wie möglich die Zusammenar- beit festzulegen, damit wir gemeinsam in der Som- merpause auch am Restaurant verschönernd wirken können. Interessiert? Dann sind wir gespannt auf Ihre/dei- ne Bewerbung mit einem kurzen handschriftlichen Brief und den üblichen Unterlagen.

Korrigenda Verwaltung der Genossenschaft Kreuz Nidau ■ Da haben wir den faschen geköpft: In der letzten tur wurde aus Platzgründen weggekürzt und da hat in c/o Uwe Zahn Ausgabe von ensuite - kulturmagazin ist uns ein böser unserem Text ein Anderer die Kündigung erhalten. Der Hugistrasse 3, Postfach 1946, 2501 Biel Fehler bei den Textkürzungen unterlaufen. So steht ge- ehemalige Direktor vom Bundesamt Kultur, Dr. David Tel. 032 322 25 75, Fax 032 322 25 76. schrieben, dass der Direktor der Pro Helvetia Stiftung Streiff, musste gehen. Pius Knüsel, Kopf der Pro Helve- letztes Jahr den Kopf lassen musste - was natürlich tia, bleibt brav im Amt... glauben sie also nicht immer Blödsinn ist. Der Abschnitt über das Bundesamt für Kul- was in den Medien steht... 6 KULTUR & GESELLSCHAFT

STEPHAN FUCHS

Bild: Christoph Balmer ...und ging des weges. Foto: Pierre Marti 026 674 17 48

■ Meine Vermutung einen sterbenden Dino- sind professionell, zuverlässig und wir haben Professionalisierung hätte die Dampfzentrale saurier anzutreffen hat sich nicht bestätigt. ein gut funktionierendes, eingespieltes Team. den steigenden Bedürfnissen des Publikums Christoph Balmer, noch Betriebsleiter der Kul- Ich muss nicht einem Stempelkissen für die und den Künstlern nicht gerecht werden kön- turhallen Dampfzentrale, ist ruhig, gelassen Kasse nachrennen und ich muss nicht um zwei nen.» Ich muss ihm das bestätigen: Denn und zuversichtlich. Im Gespräch mit ihm lässt Uhr morgens kommen, um Kleingeld zu wech- die Dampfzentrale wird bei Promotern und sich sogar heraushören, dass Begeisterung seln. Wir machen unsere Jobs und wir machen Künstlern in ganz Europa als eine Hochange- aufkommt. Dann, wenn sich für ihn die Dampf- sie gut.» sehene Gaststätte mit kompetentem Personal …stellen türen Ende April zum letzten Mal schliessen Kultur ist gratis Geld ist ein gutes Schlag- geschätzt. Trotz gutem Leistungsausweis und werden. Ich bin doch kurz irritiert. Wie kann wort, dacht ich mir, das muss ihn ins schwitzen erfolgreichen Veranstaltungen, wird ihm vor- sie sich vor, ich ein Mann, der 12 Jahre Kultur veranstaltet hat bringen. Was sind denn all die Vorwürfe in der geworfen sein Betriebskredit von 400‘000 weiss auch ganz und meines Erachtens öffentlich skandalös Presse? Geld Probleme? Balmer schwitzt nicht. Franken hauptsächlich in Lohnkosten verheizt demontiert wurde, keinen Groll haben? Ist es «Ich bin froh, dass sie das erwähnen, das liegt zu haben. Das wären 10 Personen Entourage genau was möglich, dass ich mich mehr geärgert habe mir wirklich am Herzen», meint er. «Wir haben zu Mikrolohn. Plakataushang, Technik, Kasse, ich nicht gut als Balmer? Vielleicht nicht, aber offensicht- nie ein Budget überschritten, wir haben die Sicherheit, WC Putzen, Licht, Backstage, Büro lich hat Balmer einen besseren Charakter als nötigen Finanzreserven, das Unternehmen etc. gemacht ich. «Ich habe überhaupt keinen Grund meine Dampfzentrale steht auf gesunden Füssen da.» Aufwendiger wurde die Professionalisierung habe. 12 jährige Dampfgeschichte mit Groll oder gar Geld ist natürlich ein Thema, denn die Dampf- 1999, als die Dampfzentrale eine eigene Haus- einem gebrochenen Rücken zu beenden» sagt zentrale bekommt öffentliche Gelder und ist technik erhielt. «Eine komplexe Angelegenheit. er in einem ruhigen überlegten Ton. somit auch in öffentlicher Verantwortung ste- Wir haben ein gutes System, das den Anfor- Christoph Balmer ist nicht einer der den hend. Der Kulturtempel bekommt Geld von der derungen grosser Produktionen gerecht wird. Hampelmann spielt, ist nicht einer der auf dem Stadt, dem Kanton, der Burgergemeinde und Es hat aber auch Tücken. Unser Licht ist auf Ego Trip segelt und sich bei jeder Gelegenheit aus dem Mirgros Kulturprozent und trotzdem 9 Meter Höhe. Stellen sie sich vor: wir können selbst zelebrieren muss. Das unentwegte schril- ist die Dampfzentrale gezwungen einen relativ nicht verantworten, dass irgendwelche halbsei- len und summen seiner Telefone irritiert ihn hohen selbstfi nanzierungsgrad bereitzustellen. denen da mit weiss was im Kopf rumrutschen.» nicht, er hört meinen Fragen zu, überlegt… das Kunst kostet Geld, grosse Namen kosten gros- Wer auf Stage gearbeitet hat, der weiss wie der Telefon schrillt… und er gibt in zwei Sätzen eine ses Geld und dabei wird die Sitzplatz Kapazität Schweiss trieft. «Dies soll nicht Fronarbeit sein, klare Antwort. 12 Jahre Dampfzentrale machen verständlicherweise nicht grösser. Einerseits ganz bestimmt nicht. Meinen sie, am Sonntag- wohl gelassen. Ich bin erstaunt, der Mann muss will man qualitativ Grossartiges zeigen, es darf morgen, nach langer Tanznacht des Ausgehpu- einen Stahlrücken haben, man sieht ihm die aber nichts kosten. Um trotzdem die guten Na- blikums die WC Anlagen zu putzen sei lustig?» Jahre der Kulturarbeit nicht an. men auf hohem Niveau zu bekommen ist die Das ist nicht lustig… Er, als Betriebsleiter, hat die Dampfzentrale Dampfzentrale somit gezwungen mehr Party Das Ass von der Planke stossen 12 Jahre da hin geführt wo sie jetzt vom Publikum ge- Events zu machen, mit dem Resultat, dass das schlimmer Balmer. Offensichtlich ist man nicht schätzt wird. Die öffentliche Institution ist ein Haus zu einem Discotempel werden könnte, zufrieden mit seinen Leistungen. Er sei nicht Markenzeichen des kulturellen Lebens in Bern, der ab und an mal eine Lesung macht. Die Situ- dynamisch, nicht engagiert, man schenke ihm mit einer breiten Palette an Darbietungen. «Wir ation ist paradox. kein Vertrauen. Nach zwölf Jahren, nonstop bringen hier Klassik mit Experimental Groove, «Kann dies das Ziel sein?» Kann nicht. «Jene Einsatz, die meisten Wochenenden dazu, ein Schauspiel mit abstrakten Tanzvorführungen die meinen Job übernehmen werden, müssen kläglicher Versuch einer Demontage. 12 Jahre und Cybertech Sounds mit Brunch-Symphonie sich überlegen wie sie die Dampfzentrale posi- beweisen das Gegenteil. «Windwechsel» sagt zusammen. Das ist eine Herausforderung, die tionieren wollen. Ich hoffe die Strukturreform Balmer ohne Groll. «Es habe natürlich schon verschiedene Sprachen voraussetzt, um den kommt zu einem positiven Ende». Balmer hat mit dem Weggang von Bejazz und dem Kon- weiten Spagat zu kommunizieren. Töchter und recht, denn selbst bei Partyanlässen sind die kurs des Restaurants und der eingeleiteten Söhne gehen hier nach einer Veranstaltung Zeiten vorbei, als der Veranstalter einem DJ Strukturreform zu tun. Wenn man jene wirklich raus, am nächsten Morgen kommen deren El- 200 Franken in die Hand drückte und er sich Umsetzen will, dann ist es die richtige Entschei- tern und geniessen ein Streichquartett. Inter- danach mit Geld zählen auseinander setzten dung mich von der Planke zu stossen.» disziplinär. Das Haus bringt Leute und Kulturen konnte. «Wirtschaftsponsoren?» fragt Balmer. Und doch wurde Balmers Arbeit vorher zusammen, die sich sonst nicht treffen. Das Ich nahm einen Schluck Bier, in der Hoffnung gelobt. «Ja, natürlich, sonst wäre ich kaum 12 Haus verbindet.» Ist das tatsächlich so? er möge sich selber antworten und er macht’s: Jahre mit ähnlichem Produkt hier gewesen «Nein natürlich nicht!» Es sei schwierig «Nein! Die Wirtschaft investiert nicht mehr in oder?» Balmer sieht sich nicht in der Rolle des das Ausgehpublikum für ein Theater zu moti- die Nischenkultur, auch wenn sie sich eigentlich Opfers. «Nein, die Opferrolle spiel ich nicht mit. vieren. Dann kämen die Theater Liebhaber und etabliert hat.» Er weiss wovon er spricht, Bal- Ich weiss was ich hier geleistet habe, was ich fänden es sei zuviel Ausgehkultur und die Klas- mer hat’s versucht und er ist nicht der einzige. gutes gemacht und… stellen sie sich vor, ich sikfreunde scheuen sich, weil die Dampfzentra- Die grosszügigen Sponsoring Quellen sind ver- weiss auch ganz genau was ich nicht gut ge- le auch als Hotpot Sound Tempel gelte, meint siegt, doch das ist offensichtlich noch nicht in macht habe. Klar! Ich gehe mit einem geraden Balmer. Tatsächlich aber ist die Dampfzentrale aller Munde. Rücken und freue mich auf meine dampfl ose ein Mehrsparten-Haus, durchaus vergleichbar WC putzen ist auch gratis Balmer, der den Zeit.» mit einem Stadttheater. Nur, dass die Aareluft Betrieb 1993 übernommen hatte, krempelte Balmer schaut mich an. Ich klopf mir auf das die Kreativität zu befl ügeln scheint. Balmer den Laden zum Güte Siegel um. Mit ihm wur- Bein und denk: Der Kerl ist ein Ass, sein Weg- verneint: «Das war nicht ich. Die Leute hier de der ganze Betrieb professionalisiert. «Ohne gang ein Verlust für die Kultur Bern.

Internationale Beratungsfirma sucht: Steuerhinterzieher spinas | gemperle erster Güte Weltweit führende Beratungsfirma sucht Fachleute zur Ent- wicklung aggressiver Steuersparmodelle. Das Ziel: Arme Länder jährlich um Milliarden an Steuereinnamen betrügen.

Gegen solche Missstände wehrt sich die Erklärung von Bern.

Wir fordern: Steuergerechtigkeit, damit den Staaten weltweit nicht Steuereinnahmen fehlen, die Konzerne hinterziehen.

Wir bieten: Globalisierungskritik, die auf Fakten und nicht auf Ideologien basiert. Schlagkräftige Kampagnen gegen verantwor- tungslose «Global Players». Verlässliche Informationen, wie sie auch unsere vielen Mitglieder aus Politik und Medien schätzen. WWW.ENSUITE.CH Interessiert? Weitere Informationen und Mitgliederanmeldung auf www.evb.ch

April - Programm

Robert Altman – Ein Meister wird 80 Hommage an den Altmeister Altman anlässlich seines 80. Geburtstages. Im Zentrum steht die Chandler-Ver- filmung «The Long Goodbye» (1973). Gezeigt werden zudem «MASH», «Nashville», «Three Women», «The Player», «Short Cuts» und «The Company». KULTUR KALENDER

Kunst und Film Seit zehn Jahren zehnmal jährlich Unter Verschluss – Opfer der umfassende Informationen aus dem kulturellen Leben russischen Filmzensur im Kanton Zug Filme von Andrej Tarkowskij und Elem Klimov Kulturkalender des Kantons Zug, St. Oswaldsgasse 18, 6300 Zug Kurzfilmtage Oberhausen Tel. 041 710 40 88, Fax 041 710 40 89 Schweizer Gastspiel der legendären Kurzfilmtage E-Mail: [email protected], www.zug.ch/kulturzug Oberhausen im Kino Kunstmuseum anlässlich HERAUSGEBER: IG KULTUR ZUG ihres 50-jährigen Bestehens. Dreiteiliges Jubiläumsprogramm mit: Art Media | Pop and Politics | Best of International Competition

Kino Kunstmuseum WIR HABEN NEUE Hodlerstrasse 8 / 3000 Bern 7 Ticketreservationen: 031 328 09 99 ANZEIGETARIFE! kinokunstmuseum.ch BÜHNE 9

SARAH STÄHLI auawirleben - «körper asyl» Theaterfestival vom 21.-30. April

■ “Auawirleben», das zeitgenössische Theatertreffen spielhaus Zürich grosse Begeisterung auslöste. spielhaus überzeugt, bringt den Mythos Gates mit dem mit dem aufrüttelnden Namen, fi ndet Ende April zum 23. Bibiana Beglau & Stefan Jäger: «57’38’’ Ewigkeit» Schauspieler Clemens Schick visionär auf die Bühne. Mal in Bern statt, dieses Jahr unter dem Titel «Körper Stadttheater Mansarde schauspielhannover: «Windows» Asyl». Das Festival beschäftigt sich mit Problemen sozi- Donnerstag 28.4. / 22:00 Schlachthaus Theater aler, politischer, kultureller, sowie ganz persönlicher Art Freitag 29.4. / 22:00 anschl. Publikumsgespräch Sonntag 24.4. / 20:30 und pendelt zwischen den Polen «Gemeinschaft» und Montag 25.4. / 20:30 anschl. Publikumsgespräch «gesellschaftliches Individuum». Das Festival ist immer «B. Ein Stück über Sport und Behinderung» ist, wie wir auf der Suche nach «einem Theater, das auf der Höhe es uns von 400asa gewöhnt sind, bitterböse Realsatire. Betrachte meine Seel’ (Eine Überführung). Am Mor- der Zeit und ihr voraus ist, das sich ins gesellschaftliche B., ein Skisportler und die Schweizer Abfahrtshoffnung, gen des 28. Novembers 2001 wird Andreas Plack von Leben einmischt, das Fragen stellt zwischen erinnertem landet nach einem Unfall im Rollstuhl und wird von den Spaziergängern tot aufgefunden. Der 23-Jährige hatte Gestern und projektierten Morgen» auawirleben will Medien zum Vorzeige-Paraplegiker hochstilisiert. sich von seinem Cousin mit einer Kettensäge am Bein versuchen «mit Widerspruchsgeist gegen Belanglo- Ein voyeuristischer Dokumentarfi lm entlarvt den verletzen lassen, um eine Invaliditätsrente in Millionen- sigkeit und Gleichgültigkeit zu provozieren». Wer wird gefallenen Helden bis ins intimste Detail und die Fern- höhe zu kassieren. Plack bezahlte verblutend seinen aufgenommen? Wer in welche Kategorie eingestuft? sehnation schaut einschaltsquotenträchtig zu. 400asa persönlichen Sozialplan mit dem Leben. Die Inszenie- Wer ist wahlberechtigt? Wie kann ich mein Anrecht auf blickt hinter die Kulissen jenes rührigen Films, durch- rung beginnt mit dem Ritual der Bestattung; es verführt diesen Platz in einer Gemeinschaft behaupten? Wo und schaut die verlogene Mitleidsgesellschaft und schlägt die Versammelten zu einer Expedition in verlorenge- wie kann ich leben oder überleben? Dies sind Fragen, zurück. Die 400asa-Produktion zog selbst ein kleines gangene Utopien. Regisseurin Christiane Pohle versteht die die Gemeinschaft, sowie das Individuum beschäfti- Medienskandälchen nach sich, der Unterhaltungswert es mit ihrem Gespür für Rhythmus und Stimmungen, die gen. In unserer Gesellschaft geht es immer weniger um wächst entsprechend. Mikrobewegungen zwischen Hoffnung und Depression Wahrheit und Menschenwürde, sondern vielmehr um 400asa : B. – Ein Stück über Sport und Behinderung herauszuarbeiten. glaubhafte Darstellung, imponierende Beweise und die Tojo Theater der Reitschule Christiane Pohle & Ensemble (Berlin): «Betrachte gekonnte Inszenierung. «Das ’Tor zur Freiheit’ ist eng Freitag 22.4. / 20:30 anschl. Publikumsgespräch meine Seel’ (Eine Überführung) geworden, was an bizarren Körperkonstruktionen oder Samstag 23.4. / 20:30 Kulturhallen Dampfzentrale Turbinensaal Verbiegungen, Selbstverstümmelungen unternommen Freitag 29.4. / 19:30 anschl. Publikumsgespräch wird, um durchzuschlüpfen, kennt fast keine Grenzen.» Windows oder: Müssen wir uns Bill Gates als einen Samstag 30.4. / 19:30 Eine spannende Auswahl an Stücken, die sich im enge- glücklichen Menschen vorstellen? ren und weiteren Sinn mit diesen Themen beschäftigen, Der reichste Mann der Welt ist gleichzeitig der un- Ausserdem: sind am diesjährigen Festival zu entdecken oder wieder scheinbarste Mann der Welt und auf dem besten Weg «DNA - Eine Familiensaga» Theater Klara (21.& 22. 4 zu entdecken. Vier persönliche Empfehlungen: ein Mythos zu werden. 19:00 Turbinensaal Dampfzentrale) , «Chateau Europe Was wissen wir über ihn? Er geht wirklich gern zu – Der Super-Asylantenslam» von Schauplatz Internatio- «57’38’’ Ewigkeit» beschäftigt sich mit dem eigenen McDonald’s und legt abends 1000-Teile-Puzzles mit Frau nal (27. & 30.4 20:30/22:00 Tojo Theater der Reitschule Körper in einer Extremsituation. Basierend auf zahlrei- und Kind. Bill Gates in seiner Villa am See, 4000m2 29.4. 20:00 Offenen Heiliggeistkirche), «Terrorismus» chen Interviews und nach Experimenten am eigenen Wohnfl äche mit immenser Glasfront, Big Brother Zentral- HKB Theater ( 22.&23.4 20:30 Schlachthaus Theater), Leib gehen die Schauspielerin Bibiana Beglau und der computer präpariert sensorisch das individuelle Wohlsein «Perform Performing» von Jochen Roller (23.&24.4 Regisseur Stefan Jäger der Frage nach, was mit einem der Familie Gates. Der (Wirtschafts-)Journalist und Autor 19:30 Dampfzentrale Turbinensaal), « White Star», von Menschen geschieht, der lebendig begraben unter einer Mathias Greffrath hat Selbstaussagen und Spekulatio- Victoria & Publiekstheater Ghent/BE (26.&27.4 19:30 harten Schneemasse liegt. «Der Schnee nimmt mir alles nen, Dokumente und Fiktion in einen messerscharfen Dampfzentrale Turbinensaal), «Der Bus (Das Zeug einer weg ... Ich bin jetzt nur noch ein Gedanke.» Ein Stück Monolog verpackt. Elias Perrig, der momentan gerade Heiligen)» von Lukas Bärfuss (27.4. 19:30 Stadttheater), über äussere und innere Verschüttung, das am Schau- mit seinem glasklaren «Richard II» am Zürcher Shau- «Medeamalika» Susanne-Marie Wrage & Ensemble (28. & 29.4. 20 :30 Schlachthaus Theater), sowie tägliche Performances « bodily functions » im PROGR

Alles in Allem: 9 Uraufführungsproduktionen + 2 Schweizer Erstauf- führungen = 10 Tage voller Theater & Realität

auawirleben 21. – 30. April Zeitgenössisches Theatertreffen in Bern Festivalzentrum: Turnhalle im PROGR, Bern Spielorte: Kulturhallen Dampfzentrale, Schlachthaus Theater, Stadttheater Bern, Tojo Theater der Reitschu- le und Offene Heiliggeistkirche Vorverkauf: ab 4. April in der Münstergass-Buchhand- lung, Münstergasse 35 Kontakt: 031/ 318 62 16 oder [email protected] Gesamtprogramm: www.auawirleben.ch 1 von 310 Haltestellen: Bundesplatz. LITERATUR 11

Damit wir die Kälte nicht vergessen Ein kleines grosses Buch über die Liebe Tina Uebel: Horror Vacui. Roman. Roger Willemsen: Kleine Lichter. Roman

■ Tina Uebel, der Name ist Versprechen, gab 2002 Stürzen sich zu Beginn alle ohne Vorbehalte in das ■ Nachdem sich der promovierte Geisteswissen- mit ihrem Roman “Ich bin Duke” 2002 ihr literarisches grösste Abenteuer ihres Lebens, - nicht nur die Sucht schaftler Willemsen vor allem durch wissenschaftli- Debut. Im selben Jahr erschien bei Knaur der Kurzge- nach dem ultimativen Kick, sondern auch das entspre- che Werke, unter anderem zu Robert Musil, sowie im schichtenband “Frau Schrödinger bewältigt die Welt”. chende fi nanzielle Polster ist den Teilnehmern gemein- deutschen Fernsehen als Interviewer einen Namen Daneben ist Uebel Mitherausgeberin verschiedener An- sam - ist eine baldige Kehrtwende ins Negative schon gemacht hat, liefert er nun mit dem Roman “Kleine Lich- thologien sowie Mitmacherin der Literaturfusion “Macht kurz nach dem Anfang spürbar. Anders als erwartet ist ter” sein Debut in der schönen Literatur. Dem Schweizer – organisierte Literatur” in Hamburg, die sowohl in ihren diese jedoch weniger haarsträubend als erwartet – sie Publikum ist der 1955 in Bonn geborene Autor seit März Veranstaltungen als auch in ihrer Zeitschrift zwischen beschränkt sich auf Sastrugis (stromlinienförmige Erhe- 2004 vor allem als Moderator des Literaturclubs, “der E- und U-Literatur nicht zu unterscheiden sucht. bungen oder Rillen im Schnee, die durch Windabtragung renommiertesten und ältesten Litertatursendung im Mit ihrem zweiten Roman Horror Vacui (Der Schreck- entstehen), White outs und verschiedene Krankheits- deutschsprachigen Raum”, bekannt. en vor dem Leeren) lehrt sie Extremreisende das fälle. Weiter scheinen die beiden Europäer anfänglich Die zwischen Wien und Tokio pendelnde Kunsthis- Gruseln. Denn heutzutage sind auch Ziele, die früher bezüglich Abenteuererfahrung und Ausdauer kaum torikerin Valerie spricht ein halbes Jahr, nachdem ihr nur unter den grössten Entbehrungen und nur für we- mit den beiden Vertretern der neuen Welt mithalten zu Geliebter Rashid, auch er aufgrund seiner Herkunft ein nige erreichbar waren, wie der Mount Everest oder die können, doch auch in diesem Punkt kommt es zu einer Wanderer zwischen den Welten, ins Wach-Komma ge- Polarzonen, unter Aufbringung entsprechender fi nanzi- überraschenden Wende. Dennoch macht Uebel deutlich, fallen ist, ihre Liebe auf Tonband. Ein Versuch, ihn wie- eller Mittel einem neuen Publikum erschlossen worden. wie wenig es möglich ist, vor der Zivilisation und vor al- der zum Leben zu erwecken. Vier unterschiedliche Menschen brechen mit zwei lem vor sich selbst zu fl üchten. Willemsens Roman besticht vor allem durch seine Guides, zu Fuss mit Schlitten, zu einer zweimonatigen Es bleibt offen, ob die guten Gründe, die jeder der Sprache, manche Sätze brennen sich einem geradezu Expedition zum Südpol auf. Der New Yorker Michael, vier Abenteurer zum Südpol aufbrechen liessen, der ins Herz. Um nur einen davon zu zitieren: “Ich glaube, erfolgreicher Geschäftsmann, der bereits die sieben Wirklichkeit standzuhalten vermögen. Tina Uebel ist als die Liebe lebt im Liebenden manchmal lange ohne Ge- höchsten Gipfel der Welt bestiegen hat und von den Autorin eine Entdeckung und sowohl ihr Plot als auch genüber, stumm und körperlos, als Idol.” anderen nach kurzer Zeit mit dem Spottnamen “Seven ihre Sprache überzeugen. Weiter macht die Autorin Sein Anspruch, die Ich-Erzählerin Valerie über 206 Summits” bezeichnet wird. Susan, aus dem mittleren trotz aller Widrigkeiten, die sie beschreibt, Hunger auf Seiten einen inneren Monolog führen zu lassen, der in Westen Amerikas, die den Ausgleich zu ihrem Anwalt- den Südpol oder zumindest nach weiterer Literatur ihrem Geliebten Rashid dennoch einen Adressaten be- salltag im Extremsport sucht. Ralph, ein gelangweilter über diese unwirtliche Gegend. (sw) sitzt, welcher in den durch Valerie erinnerten Dialogen niederländischer Millionär, der seiner inneren Leere nur sogar eine Stimme erhält, verdient Bewunderung. noch durch beständige Alltagsfl uchten zu entkommen Uebel, Tina: Horror Vacui. Roman. Auf weiten Strecken gelingt dem Autor sein Vorha- vermag. Waren dies zunächst vor allem Kreuzfahrten, Kiepenheuer & Witsch. Köln 2005. S. 272. ben. Dennoch wünscht sich der Leser an manchen Stel- ist die Expedition sein erstes grosses Abenteuer, welch- ISBN 3-462-03459-6. len etwas mehr Handlung im Jetzt und nicht das bestän- es ihm, zumindest gedanklich, den Weg für weitere dige Wiederaufl eben einer Liebe, die möglicherweise freimacht. Und last but not least der Ich-Erzähler, ein vor allem deshalb als derart gross empfunden wird, weil Deutscher, dessen Beweggründe für die Teilnahme als der Geliebte so nicht mehr erreichbar ist. Denn zu je- Durchschnittsmensch sich darin erschöpfen, einmal in nem Zeitpunkt, als ihr Geliebter ohne sie in eine andere seinem Leben etwas Aussergewöhnliches zu vollbrin- Sphäre entschwand, befand sich ihre aussergewöhnli- gen. Er nähert sich der Unternehmung mehrheitlich che Liebe auf dem Weg hin zu etwas “Normalerem”. über das Lesen von Forschungsberichten an, was ihm Ein gelungenes Debut, obwohl ich der Überzeugung von Seiten seiner Mitreisenden den Spitznamen “Mister bin, dass Roger Willemsen durchaus imstande ist, sich in Ernest” einträgt. punkto Storytelling zu steigern, denn sprachlich reicht Neben der Erschaffung unterschiedlicher Charak- ihm nicht so schnell einer das Wasser. (sw) tere gelingt Uebel durch das Verfahren des beständi- gen Perspektivenwechsels - wenn auch der Deutsche Willemsen, Roger: Kleine Lichter. Roman. als einziger als Ich-Erzähler fungiert - das Interesse des S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2005. S. 206. Lesers womöglich noch zu steigern. Somit ist nicht nur ISBN 3-10-092102-X ein, sondern es sind gleich vier Blickwinkel auf das Ge- schehen möglich. 12 LITERATUR / DIVERSES

YVONNE THERESE CHRIST landschaft-kunst-geomantie Vernetzungsprojekt Stadt-Land

Michael Sasdi liest live ■ Die Stadt Bern erhält vielleicht diesen Mai im Rah- St.Gallen erstellt gegenwärtig ein Inventar schützens- aus Melchers Abschied: men der Neugestaltung des Aarebordes am Altenrain- werter geomantischer Orte, in Zürich Oerlikon sind 9. April 2005 / 19.00 steg eine unauffällige Steinstele. Warum dazu einen Abklärungen für ein ähnliches Inventar im Gang. Diese (2 Lesungen 20.00 / 21.00) Artikel schreiben? beiden Aufträge werden durch Ana PogaÐnik-Meier, Turnhalle Progr, Bern Weil der Stein nicht nur als Einzelkunstwerk dasteht, die Tochter des Künstlers, bearbeitet, welche in der sondern Teil eines grösseren Ganzen ist! Er ist einer von Schweiz lebend ebenfalls in diesem Gebiet tätig ist. 24 Steinen, welche in den letzten 7 Jahren durch die Weitere Erdakupunkturprojekte entstehen seit den 80er Michael Sasdi: Melchers Abschied Hannes-Pauli Gesellschaft Bern im Rahmen ihres Stadt- Jahren auf der ganzen Welt: Nicht nur reiche Länder ■ Der tagtägliche Kampf ums Brot bestimmt das Leben Land-Art Projektes «Landschaft-Kunst-Geomantie» im wie die Schweiz laden den Künstler ein; in den letzten im Berner Oberland im 18. Jahrhundert. Seucht eine Kuh, Seeland und der Stadt Biel aufgestellt wurden. Jahren arbeitete PogaÐnik u.a. in Kasachstan, Brasilien, darben die Bauern mit ihr. Um der Kälte und Gewalt der Die Steine sollen den Raum Seeland, Biel und dieses Mexiko, Irland usw. In seinem Heimatland, in Deutschland wuchtigen Berge gemeinsam zu trotzen, nimmt jeder Jahr neu auch Bern und Solothurn vernetzen. Die und in der Schweiz beteiligt er sich an Ausbildungen, seinen Platz in der Dorfordnung ein. Die aufblühende Standorte wurden in Zusammenarbeit mit dem slo- um die Kunst der Geomantie wieder mehr Menschen Liebe zwischen Melcher und Leni sehnt die seltenen in- wenischen Künstler und Geomanten Marko PogaÐnik zugänglich zu machen. Sie sollten bei ihrem nächsten timen Momente herbei, bedeckt sich vor den Wächtern ausgewählt. Durch den Gemeinderat wurde die Spaziergang der Aare entlang den Stein, wenn er denn der Moral. Denn diese dulden eine Verbindung nur in Steinsetzung bewilligt, jetzt hängt es nur noch da- dort steht, und die Landschaft, die sie ja auf jeden Fall der Ehe. Zwar ist es für junge Männer durchaus üblich, von ab, ob die Stadtgärtnerei als Repräsentantin der geniessen können, auf sich wirken lassen! sich nachts zu ledigen Frauen auf Kiltgang zu schlei- Stadt auch einen Teil zum Gelingen beitragen will. chen, wo sie nicht nur vom Branntwein trunken werden. Schon heute befi nden sich mehrere Steine an der Veranstaltungshinweise: In einer Zeit aber, in der die protestantische Obrigkeit Aare z.B. im Raum Lyss, am Zihlkanal und in Erlach am Vortrag der HPG in der Uni Bern mit M. Poganik: in Bern selbst den Tanz verbietet, ahndet das Sittenge- See. Auf der St. Petersinsel als Zentrum des ganzen 20.5.2005 / 19.00 Eintritt frei, Kollekte richt streng. Melchers Vergehen ist gleich ein doppeltes; Landschaftsraumes Seeland stehen sogar deren drei. denn da ist noch die wenig standesgemässe fl eischliche Ebenfalls je drei Stelen stehen in Ins und Müntschemier, Weiterführende Links: (genau so eingeben!) Liebe mit der Tochter des wohlhabenden, angesehenen vier weitere in Biel, und mehrere Einzelsteine sind um http://www.andreas-mathys.com/geomantie/ Sittenrichters. In der Stunde der Wahrheit scheint ihm den Bielersee verteilt. In jedem Stein eingehauen ist ein http://wl20www998.webland.ch/HPG6.htm sein lebenstüchtiger Freund Horger ein tauglicherer geometrisches Symbol, welches die unsichtbare Quali- Ratgeber zu sein, als der tief religiöse Vater, der sich in tät des Standortes versinnbildlicht. weltfremde Gerechtigkeitsvorstellungen verstrickt. Das Projekt der Hannes-Pauli-Gesellschaft (HPG) Sasdis mehrfacher Zugang zum Thema steht dem existiert seit 12 Jahren. Laut Projektleiter Kurt Rohner, Roman gut an: seine sozialhistorische Forschung för- Raumplaner BSP wird versucht, das oft wissenschaft- dert ein tiefes Verständnis zu Tage für Sprache, Sitten lich wahrgenommene Objekt Landschaft mittels Kunst und Leben der Bauern, woraus er fi ktive Figuren ge- um die Ebene der Geomantie zu erweiten. Es soll damit bärt. Fragmente von Biographien, die er mit eigenen eine ganzheitliche Wahrnehmung der Landschaft ge- Erlebnissen füllt: Sasdi wohnte über vier Jahre selber fördert werden, durch welche wirkungsvolle Lösungen in Gadmen, wo die Geschichte zweieinhalb Jahrhunder- für unsere aktuellen ökologischen Probleme resultieren te früher spielt. Die Älteren im Dorf zeugen ihm noch können. Ursprünglich auf einer Initiative des BUWAL von der harten aber Sinn stiftenden und gemeinsamen basierend, ist die Durchführung und Finanzierung seit Arbeit. Wenn der feuchtböckelige Geissengeruch aus längerer Zeit nur noch der Initiative von Privaten und den Buchseiten steigt, dann ist es jener, der durch die der damals noch unter dem Namen AGFAÖ (Arbeits- Lücken der Bretterverschläge dringt, die Sasdis rauch- gemeinschaft für angewandte Ökologie) zu verdanken. geschwärzte Behausung mehr schlecht als recht vom Um Verwechslungen mit einer ähnlich benannten Or- darunterliegenden Stall absetzen. Er habe das einfache ganisation vorzubeugen, hat sich im letzten Jahr die Leben gesucht, das er als Städter unserer Zeit kaum HPG gebildet, welche ihrem engagierten Gründer und kannte, wollte wissen, was seine Grossmutter mit dem Vorstreiter eines Paradigmenwechsels in der Wissen- Ausspruch meinte, wir wüssten ja gar nicht mehr was schaft, Hannes Pauli, damit ein Andenken bewahrt. wir hätten. Durch die körperlich starke Sprache spüren Geomantie (lat.: Geo=Erde, Mantik=Weissagen) wir, wie Sasdi selber auf der Alp Geissen sömmert, beim ist eine in China bis heute überlieferte und anerkann- Emden anpackt und im Umzug mittreichelt. Zugleich er- te Wissenschaft. Man bezeichnet damit die Kunst, die zählt er aber oftmals elliptisch an Vorgänge heran, die natürlichen Energiefl üsse der Erde wahrzunehmen sich nur erahnen lassen, oder so dicht stehen, dass ich und damit sinnvoll umzugehen oder die Landschaft schon mal einen Lawinenniedergang und die darauffol- ganzheitlich zu lesen. Auch in der Schweiz sind neoli- gende Bergung beinahe überlesen hätte. (jlf) thische geomantische Landmarken in Form von Men- hiren und Steinkreisen bekannt und in Yverdon und Sasdi, Michael: Melchers Abschied. Appenzeller Verlag, dem Museum Latenium in Neuenburg heute noch zu Herisau 2005. bewundern. Diese Art von Landschaftsgestaltung ge- Bild: Stele in Kirchlindach auf dem Areal der Klinik Südhang ISBN:3-85882-406-2. hört aber nicht nur der Vergangenheit an. Die Stadt Foto: Hans Kobi KUNST IM BILD 13

HELEN LAGGER ein baum dreht pirouetten

■ «Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold sächlich: Eine der aufgenommenen Buchen scheint sich Technische Perfektion und Präzision zeichnen sie aus. und Silber über mich», - so sprach Aschenputtel zum um sich selbst zu drehen und ihre langen Äste wie die Die Haltung der Gruppe f.64, die in den Dreissiger Jah- Bäumchen beim Grab ihrer Mutter, worauf sie ein schö- Arme einer Balletteuse herumzuwerfen. Trotz der mi- ren gegründet wurde beeinfl usste ihn nachhaltig. Diese nes Kleid erhielt. Die vom in Paris lebenden Fotografen nutiösen Wiedergabe des Sujets wirken die Aufnahmen Gruppe realisierte Bilder, die von vorn bis hinten scharf Bruno Vautrelle porträtierten Buchen sehen aus, als auch abstrakt. Es geht dem Künstler um die Formen an waren und wandte sich mit dieser Strenge gegen den hätten sie solch märchenhafte Fähigkeiten. Sie wach- sich und nicht um eine verschlüsselte Aussage. Kurven, «seichten Salonstil». Diese Scharfzeichnung, wie auch sen knorrig und widerspenstig in alle möglichen Rich- Zickzack, Überschneidungen: keine Verrenkung scheint das Arbeiten mit kontrastreichem Hochglanzpapier, tungen, als wollten die Äste zum Himmel hoch klettern diesen Bäumen zu schwierig zu sein. Ob hier die Blair- zeichnen Vautrelles Technik aus. Retusche und Manipu- und die Wurzeln den Boden erobern. Der Künstler kennt Hexe am Werk war? Vautrelle hat dieses aus der Norm lation stand die Gruppe kritisch gegenüber. Dies brau- den Ort noch aus seiner Kindheit. Damals sei alles noch fallende an den Bäumen fasziniert. Es sind anarchische chen die verrückten Bäume von Verzy auch nicht! wilder gewesen und hätte noch nicht unter Naturschutz Formen, eine art «danse macabre» der Natur. Bewegung gestanden. Es handelt sich um das Waldstück von Verzy, ist etwas, das Vautrelle magisch anzieht. Er hat sich so- das sich im Naturpark von Reims befi ndet. Hier fotogra- gar selbst schon als Trapezkünstler betätigt. fi erte Vautrelle die komplexe Pracht der Buchen. Ent- Technische Perfektion Bruno Vautrelle ist 1968 in standen sind Schwarzweissaufnahmen von bestechen- der Champagne geboren und lebt heute in Paris. Er Bruno Vautrelle dem Rhythmus. hat einen Magister in Fotografi e und arbeitet als frei- Galerie Rigassi Danse macabre «Für mich tanzen diese Bäume, schaffender Fotograf für Werbekampagnen von L’Oréal Münstergasse 62 es gibt sogar einen Baum, der Tango tanzt und einer bis hin zu Jean-Paul Gaultier. Diesen Professionalismus 3011 Bern macht eine Pirouette», erklärte der Künstler. Und tat- merkt man auch den künstlerischen Aufnahmen an. Bis am 30 April 2005 14 KUNST IM BILD

Wer mehr Lust auf Kreativität hat, kann spontan an ei- nem Workshop mitmachen. Viermal täglich fi ndet dieser unter Anleitung statt. Donnerstags können Erwachsene an einem Themenabend teilnehmen. Drei Atelierräume werden modern modular ausgestattet. Es gibt zudem ein Fotolabor, eine Druckmaschine und einen Keramiko- fen. Da Paul Klee vielfältig und interdisziplinär gear- beitet hat, ist diese Vielfalt ebenso im Kindermuseum Creaviva zu fi nden. Eine Hauptzielgruppe für ein Kinder- museum sind natürlich vor allem Schulklassen. So als Beispiel das «Museo in erba», welches damals noch vor Eröffnung 190 Anmeldungen von Schulklassen zu ver- zeichnen hatte. Kinder führen Kinder Ein Highlight im Zentrum Paul Klee werden die speziellen Führungen von Kindern und für Kinder sein. Bereits seit März werden 11 bis 12 jährige Kinder ausgebildet, welche ab Juni die gleich- altrigen oder jüngeren Kinder durch die Sammlung und Bilderwelt von Paul Klee führen - ohne Erwachsene. Kinder haben eine andere Sprache und es ist um eini- ges interessanter und lehrreicher, sich nicht immer von Bild: zVg. Erwachsenen belehren zu lassen. Da wäre es sicher an- gebracht zu überlegen, ob diese Führungen nicht eben LUKAS VOGELSANG auch Erwachsenen angeboten werden sollten, damit diese etwas von der kindlichen Erinnerung zurück erhal- ten. «Du bist Original» und «Du machst (ein) Original» sind Grundsätze des Konzeptes. Es kann nicht schaden, das kind in mir wenn wir Erwachsenen uns wieder vermehrt damit aus- einandersetzen würden. ein Kindermuseum, welches anders sein muss… Im Wandel Dass ein Kindermuseum erst mit den Menschen, die es besuchen, lebt und sich entwickelt, ist ■ Unter einem Kindermuseum stellt man sich vielleicht zess hängen. Eine gelebte Erfahrung kann uns niemand allen klar. Viel Leben werden zum Beispiel die «Artists in eine Ausstellung von Kinderzeichnungen oder eine Ex- mehr nehmen, da nützen theoretische Vorträge oder residenz»-Projekte bringen, wenn Kunstschaffende aus perimentierzone vor, ein Ort in einem Museum, in dem gekonnt analytisches Wissen wenig. In der Schweiz wur- den Bereichen Musik, Theater, Tanz und Literatur, Male- Malwände, Farben, Workshops, Knöpfchen, Hebel und de das erste Kindermuseum 1985 in Baden auf der Ba- rei und Film im ZPK gastieren und spezielle Workshops eine Menge Aha-Effekte vorherrschen. Doch was kann sis einer Spielzeugsammlung eröffnet. Im Jahre 2000 anbieten werden. Es werden auch keine konventionellen es sein, was soll es sein und warum muss es sein? Geht eröffnete das «Museo in erba» in Bellizona die Tore und Publikationen produziert, sondern Arbeitsinstrumente, es nur darum, unseren Kindern das Malen beizubringen, war der weltweit erste Ableger des eindrucksvollen Kin- welche animieren und lehren sollen. An Adrian Weber damit wir Erwachsenen die Bilder stolz hinter dem Stu- dermuseums «Musée en l’Herbe» in Paris, welches 1975 und sein Team stellt dies hohe Anforderungen in Bezug bentisch an der Wand präsentieren können? gegründet wurde. auf Flexibilität und Koordination. Es wird für das Team Am 1. Oktober 2003 begann Adrian Weber die Arbeit Creaviva Im Juni eröffnet das Kindermuseum Creavi- kaum so etwas wie einen normalen Tagesablauf geben, als Leiter des Kindermuseums vom Zentrum Paul Klee. va (der Name wurde durch eine Wettbewerbsausschrei- ein Standard-Programm, welches nach Schema ablau- Sein Auftrag: Ein Kindermuseum von Null auf Hundert bung gewählt) im Zentrum Paul Klee und setzt ebenfalls fen wird. Und dies unterscheidet ein Kindermuseum aufzubauen. Eines für Menschen von 4 bis 88 Jahren ein historisches Zeichen: Es ist das erste Kindermuse- vom eigentlichen Museumscharakter: Hier wird nicht – eine breite Defi nition. Der Sekundarlehrer mit Marke- um, welches sich ausschliesslich dem Werk eines einzel- einfach ein Bild aufgehängt und hängen gelassen – hier tingausbildung war zuvor Schulungsleiter bei der Firma nen Künstlers widmet. Und wenn das Zielpublikum von wird das Bild, sobald es hängt, im übertragenen Sinne Caran d’Ache in Genf, was ihm zu internationalen Kon- 4 bis 88 Jahren defi niert ist, so sind die Erwachsenen immer wieder neu übermalt… takten und zu einem vielseitigen «Branchenblick» ver- oder eben die «Kinder in ihnen» (oder die Erwachsenen, half. Er erteilte Gestaltungskurse in der deutschen und die vergessen haben, dass sie auch Kind sind…), eben- Infos: französischen Schweiz und war für Publikationen im so angesprochen. Paul Klee hat das Thema Kind immer www.creaviva.zpk.org // www.zpk.org Bereich Lehrerfortbildung zuständig. Aber auch künst- wieder aufgenommen. Naheliegend deshalb, dass im lerisch war er aktiv, einerseits durch die Ausbildung an Zentrum Paul Klee das Kind eine aussergewöhnliche der privaten Kunstschule ECAP in Nizza, andererseits Rolle zu spielen hat. Das Kindermuseum Creaviva wird durch seine selbständige Tätigkeit als Cartoonist, Kari- mit einem trainierten Team Workshops und Ausstellun- katurist und Illustrator. Und mit einem von 1‘000 Visio- gen begleiten. Es stützt sich dabei auf die Arbeit des nen und Ideen gefüllten Sack trat er vor die entstehen- Kunstmuseums Bern, welches seit 1980 neue Massstä- den Pforten des Kindermuseums und lernte bald, dass be in der Vermittlung von Paul Klee an Berner Schulen die Realität anders aussehen würde und musste. setzt. Ziel ist es, interaktiv die Wahrnehmung der Be- Der Begriff Kindermuseum kommt aus Amerika, sucherInnen, also die Deutung, das Verstehen und das abgeleitet vom Begriff «Children’s Museum». Das Kon- Hinterfragen von Kunst zu fördern. Fragen, welche un- zept beruht auf dem Nachahmen und Experimentie- weigerlich im Zusammenhang mit Kunst entstehen und ren, selber «Hand anlegen» oder «learning by doing», die Auseinandersetzung damit, sollen Platz haben. Dazu be-greifen eben. Das Erlebnis lehrt uns und bleibt als gibt’s spontan die Möglichkeit in einer interaktiven Aus- Erfahrung, als rekonstruier- und erinnerbarer Lernpro- stellung, welche frei zugänglich ist, zu experimentieren. KULT IM KIND 15

den Vergleich zu buddhistischen Lehren herbeiziehen, wenn man wollte, was ich jetzt gerade nicht will, aber es handelt sich hier eindeutig um eine unvergleichliche Low-Tech-Kreativität, die zu Tage befördert wird. Und wer es nicht glaubt, der soll kommen und sehen und staunen, heuer zum zwanzigsten Male am heiligen Klös- terlistutz!

kultivieren [lat.] 1a) [Land] bearbeiten, urbar machen; b) Kulturpfl anzen anbauen. 2.a) etwas sorgsam pfl e- gen; b) etwas auf eine höhere Stufe bringen, verfei- nern. 3. den Acker mit dem Kultivator bearbeiten. Kultivator der, mit Hacken versehenes Ackergerät zur Bodenbearbeitung. kultisch [lat.] den Kult betreffend, zum Kult gehörend. kultiviert gebildet; verfeinert, gepfl egt; von vornehmer Lebensart.

Viele Kulteranistinnen bearbeiten pfl egen, verfeinern Bild: zVg. diesen Kultus immer wieder aufs Neue, bauen, basteln, JÀNOS GAZDAG schrauben, bohren, schweissen, schwitzen und schwat- zen, lachen und fl uchen und freuen sich immer wieder auf die nächsten Renntage, die einen als aktive Fahre- 20. berner renntage, rinnen, Bremserinnen, Beisteherinnen, Mitrennerinnen und Mitkuchenesserinnen, - (die männliche Form soll an dieser Stelle selbstverständlich immer mitgemeint sein) ein stück berner kultur? - die andern, die Kultivatorinnen, als die Organisatorin- nen, Helferinnen, Lobbystinnen, Arbeiterinnen, Rennlei- Kultur [Iat.] die, 1) Gesamtheit der Lebensäußerungen Rennen werde ich nicht verpassen keine Entschuldigung terinnen, Sekretariatsfachkräftinnen, Telefonistinnen, der menschl. Gesellschaft in Sprache, Religion, Wis- vorschieben, soviel sei sicher! Troubleshooterinnen, Nagel-auf-den-Kopf-Trefferinnen senschaft, Kunst u. a. 2) allg.: Pfl ege, Veredlung, und andere wohl auch. Vervollkommnung, vor allem der menschlichen Ge- Kult, Kultus [Iat.] der, Pfl ege, Verehrung, Ohne all diese gäbe es den Kult nicht. Nur, und das sittung, Lebensführung und der Umwelt des Men- Kulte 1) an feste Vollzugsformen gebundene Religions- sollte ich der Richtigkeit halber doch noch erwähnen, schen. 3) Urbarmachung des Bodens; Anbau, Pfl ege ausübung einer Gemeinschaft. 2a) übertriebene von einem Ackergerät mit Hacken habe ich in diesem von Nahrungspfl anzen. 4) auf geeigneten Nährbö- Verehrung für eine bestimmte Person; 2b) über- Zusammenhang noch nichts in Erfahrung bringen kön- den gezüchtete Bakterien oder Zellarten. triebene Sorgfalt für einen Gegenstand. kultivieren, nen, leider. pfl egen. ■ Was wäre der Mensch in seiner Gesamtheit ohne das Kulteranist [lat.-nlat] Vertreter des Kultismus. Kulturfi lm berichtet im Ggs. zum Spielfi lm hauptsäch- Spiel, die Freude, die Ausgelassenheit, das Spektakel, lich über Brennpunkte des Natur- und Kulturge- die Spannung? Welcher Grossanlass wiederspiegelt bes- Werden echte Kulteranisten (die weibliche Form soll schehens (Dokumentarfi lm); Unterrichtsmittel. ser diese Gesamtheit der Lebensäusserungen als das hierbei höfl ich stets mitgemeint sein) beigezogen, wo- Berner Seifenkistenrennen? An welchem genialen Ber- bei zu sagen wäre, dass meine Wenigkeit, wie schon er- Auch der fehlt nicht, der Film der Filme als Video wird ner Ereignis wird der Boden der Menschlichkeit ebenso wähnt, nicht direkt dazu zu zählen ist, werden die Zau- wieder zu haben sein, und das natürlich am Ort der hochkarätig urbargemacht, gepfl egt, kultiviert gezüch- berformeln für das heisseste Kultobjekt nur zögerlich kultischen Handlungen. («Berner Boliden 2001» der 16. tet? Welche Flause im Kopf, welcher Floh im Ohr, Wurm Preis gegeben. Fast ein bisschen kultisch, nur den Ein- Berner Renntage von Pierre Reischer) im Detail fi ndet hier nicht den besten Nährboden zur geweihten vorbehalten, scheint die Religionsausübung Entwicklung des Genius, der Muse, der ultimativen Le- sich vor allem um die «Lust an der Unvollkommenheit», Kulturgeschichte Darstellung der geistigen und gesell- benserfahrung? Wer wollte nicht einmal dabei sein, die am «frohen Spektakel für die ganze Familie» und an der schaftlichen. Entwicklung der Menschheit, i. Ggs. zu ultimative Steuerung zu erfi nden, das genialste Brems- «Kultivierung des Erlebniswertes» zu drehen. Ganz im polit. Geschichtsschreibung. klotzsystem zu testen, die allseits begehrte Drahtseil- Gegensatz zum Automobilkult, der Reichtum, Prestige, Steuerrad-Lenkung zu entwickeln, dabei sein und an Perfektion, Power, Macht, Pferdestärken und Mobilität Eben, heuer zum zwanzigsten Male! Und wer sagt, das seiner Kurventechnik zu feilen? ins Zentrum der religiösen Rituale setzt, vertritt der hier sei keine Kulturgeschichte der weiss es eben nicht rich- Ich auf alle Fälle schon! Ich wäre so einer, habe genannte und verehrte Ritus die Wiederverwendbarkeit tig. Dieses Jahr du, wie auch ich, dabei. als Kind immer wieder davon geträumt, eine Kiste zu (neudeutsch: Recycling) von Werkteilen. Dazu schreibt Die Berner Renntage sind KULT ! bauen, mitzufahren. Irgendwie hat es nie geklappt. einer der Kulteranisten von Bern in seinem allgemeinen Mein Vater war nicht werkstatttauglich. Der Götti lebte Ratgeber für Seifenkisten , dass es eine Kunst sei, die Die 20. Berner Renntage fi nden vom 29. April bis in Ungarn, der gute Onkel hatte anderes im Kopf und Kultobjekte zu bauen und, dass es das Wesen der Sei- 1. Mai am Klösterlistutz beim Bärengraben statt. (FR: sonst war auch niemand da, der meine innersten und fenkisten sei, dass sie aus Materialien entstehe, die nie Technische Prüfungen), (SA: Probeläufe), (SO: Haupt- höchsten aller Sehnsüchte erkannt hätte. Tja, Pech ge- und nimmer zu diesem Zweck produziert wurden, so- rennen). habt, die Sehnsucht, die höchste, blieb. Später habe ich wie ja auch die Seifen schon lange nicht mehr in Kisten Jànos Gazdag arbeitet in der Fach- und Koordinations- es auch nie richtig geschafft, Zuschauer zu werden. Ir- verpackt werden. (Dieser Ratgeber ist zu beziehen bei stelle DOK - Dachverband für offene Arbeit mit Kin- gendwie war immer was anderes los, konnte ich gerade www.fatamorgana.ch) Anders als bei anderen Kultobjek- dern der Stadt Bern nicht, war krank, labil, euphorisch verliebt oder sonst ten scheint hier gerade die Schlichtheit, Einfachheit, Be- www.spieleninbern.ch aus dem Häuschen. Aber dieses Jahr, dieses zwanzigste scheidenheit eine grosse Rolle zu spielen, man könnte www.berner-seifenkisten.ch 16 KUNST IM BILD

MARTA NAWROCKA

gestohlen werden, der Rucksack in den Kanal fallen, THE BALLAD OF der TukTuk-Fahrer mich übers Ohr hauen: mir ist alles egal. Hauptsache sie bleiben bei mir. «These boots are BONNIE AND CLYDE made for walking»-summend fahre ich mit dem Skytrain zurück zum Hotel und mache es. Ich ziehe sie an. Und I was born on a ranch in Wyoming, hoffentlich nie mehr ab. Ja, ich bin tatsächlich durch Not treated like Helen of Troy, Bangkok’s Strassen gestiefelt. Bei 27 Grad im Schatten. Was taught that rods were rulers, Mit ihnen bin ich zu weitaus mehr fähig. Ich habe Träu- Die semantische Ähnlichkeit zwischen And ranked with greasy cowboys. . . . me, in denen ich Lassos werfe und Kühe brandmarke. «Galerie» und der von Sklaven ange- You’ve read the story of Jesse James Mit dem Marlboro-Mann in den Sonnenuntergang reite. triebenen Institution ist rein zufällig. Of how he lived and died Banken ausraube. Weshalb ich sie dann Bonnie (links) If you’re still in need of something to read und Clyde (rechts) genannt habe. ■ Kulturpolitische Schocks jüngsten Datums stecken Here’s the story of Bonnie and Clyde: Zurück in der Schweiz: Bonnie und Clyde müssen neue uns noch in den Hirnwindungen. Der Verband der vi- Sohlen verpasst bekommen. Ängstlich gehe ich zum suellen Künste Visarte hat rechtzeitig mit der öffentli- Ich habe sie dort gefunden, wo ich sie nie vermutet hät- Schuster meines Vertrauens und frage ihn, wie lange chen Aufmerksamkeit des Themas eine Diskussion über te. Der Chatuchak-Weekend-Market in Bangkok ist ein es denn dauert. Die Antwort: gnadenlos. Ein ganzes Kunst lanciert. In der gleichnamigen Veranstaltungsrei- riesiges Labyrinth an klitzekleinen Läden – wenn man Wochenende werde ich von meinen Gefährten getrennt he wird jeden dritten Dienstag im Monat Tacheles ge- diese vollgestopften Nischen überhaupt so nennen darf sein. Ich verkrieche mich zuhause und schaue alte Cow- redet: An den ersten fünf gut besuchten Anlässen ging – welche mit engen Passagen verbunden sind. Man ver- boyfi lme. Clint Eastwood im Poncho. Countdown’s am es um ökonomische Aspekte, Kriterien zeitgenössischer mutet hinter jeder Ecke den Minotaurus oder schlim- Mittag. Das beruhigt ein bisschen. Als ich mich am Mon- Kunst, die Weihnachtsausstellung, Künstlerateliers, so- meres. Ich habe hinter der Ecke aber meine Liebe ge- tag unauffällig und turnschuhbesohlt zum Stiefel-Kran- wie die Ansprüche von Politiker an Kunst. Man wolle alle funden: Bonnie und Clyde. Bevor sich der werte Leser kenhaus mache, möchte ich fast einen Strauss Blumen Fragen des Kunstsystems beantworten, meint Heinrich Sorgen um meine liebschaftlichen Präferenzen und Nei- mitnehmen. Oder wenigstens eine Überraschungs-Wel- Gartentor, einer der Initiatoren und Moderatoren der gungen macht: Bonnie und Clyde sind ein paar Stiefel. come-Back-Party veranstalten. Ich verkneife mir beides Diskussionen. Begreifen wir Kunst als Forschung an der So, jetzt dürfen Sie sich Sorgen machen. Denn ich liebe – bin ja schliesslich nicht objektfi xiert oder so. Bonnie Gesellschaft, ist es nur logisch, dass diese auch ihr ei- die beiden vom ganzen Herzen. Dank dem etwas dubi- und Clyde sehen super aus. Der freundliche Schuster genes System hinterfragt. Wollen wir Künstler als po- osen Hang der Thailänder zu Western-Klamotten habe hat ihnen ein paar Lebensjahre mehr eingehaucht oder litische Funktionäre, die nur äussern dürfen, was nicht ich auf besagtem Markt mit hoffnungsvollen Augen die –geklebt. Ich führe sie aus, zum Kaffee trinken. Der O- irritiert? Solche die sich vorwiegend durch eine hohe Läden nach ihnen abgesucht: Meinen lang ersehnten Schritt ist wieder zurück! Das Vor- und Zurückschwin- Kompetenz in Sachen Eigenmarketing auszeichnen und und erwünschten Cowboystiefeln. Und siehe da – bei der gen beim Laufen ist wieder da – ich fühle die Kraft der auf Kosten ihrer Entwicklung zu einem unverkennbaren dritten «Sheriff & Deputy»-Nische zieht der mandeläu- zwei Mustangs. Gewappnet gegen alles Böse laufe ich Markenzeichen stilisieren? Es kann kaum die Idee sein, gige Verkäufer sie aus einem riesigen Plastiksack. Sie durch die Berner Gassen. Freundlichen Gesichtern sage dass Kunstschaffende aus existenziellen Überlegungen sind perfekt. Die richtige Farbe. Der richtige Absatz. Der ich: «But all in all, our troubles are small, ’til we get like gezwungen sind, verkaufbare Kunst zu produzieren richtige Grad an Gebrauchsspuren. Ich gebe Mr. Man- Bonnie and Clyde». Den anderen: «And one of these oder Subventionsgöttern nach ihrem Nektarmund zu delauge 500 Baht und strahle. Nun kann mir der Pass days these boots are gonna walk all over you.» reden. Insbesondere weil die Qualitätskriterien zeitge- nössischer Kunst, anders als vormals relevante hand- werkliche Fertigkeiten, von Politik und Markt selten kompetent beurteilt werden können. Kunst als letztes NEUES INFORMATIONS- Refugium vor dem Quotendruck anderer Medien. Wie aber bringt sich Kunst ein, noch zu jung, um GESETZ AB 2006 – nach Claes Oldenburg - im Museum auf ihrem Arsch zu sitzen, reif genug aber, dem Betrachter vor dem Kopf zu ■ Als George Turklebaum 51, am Samstag in seinem cher Legenden kann man viel über urbane und moderne hängen? Im April stellen Galeristinnen für einmal nicht New Yorker Büro von der Putzfrau angesprochen wur- Kultur lernen. Einige frühe Historiker wie z. B. Tacitus, aus, sondern sich dem Publikum. Sie erzählen über die de, war George schon seit Montag tot. Herzattacke at- Geoffrey von Monmouth und Herodot waren die Stamm- Funktion von Galerien und wie sie diese wahrnehmen. testierte der Arzt. Makaber, denn Turklebaum hockte väter der urbanen Mythen. Sie überlieferten Gerüchte Was einen guten von einem schlechten Galeristen un- volle 5 Tage vor seinem Schreibtisch und starb unbe- und anekdotische Berichte als historische Fakten. Diese terscheidet, und welche neuen Formen der Kunstver- merkt von seinen 23 Arbeitskollegen die mit ihm das Aufzeichnungen waren dann wiederum die Grundlage mittlung angedacht werden. Darüber, wie Künstler in Grossraumbüro teilten. Die Londoner Times, der Guar- für andere Berichte, und so wurden vielfach wiederholte Galerien aufgenommen werden und nötigenfalls wieder dian und die BBC übernahmen die Meldung. nicht exakte Überlieferungen zu einem selbstlaufenden von ihnen freikommen. Nur: die Gräuelvorstellung war eine Urbane Legende, Teufelskreis. Heutzutage behandeln Historiker histori- Ähnlich einer Galerie ist auch an Tacheles der Ein- ein Hoax, ein blöder Witz, der sich über Internet, Emails sche Belege von Geschichtsschreibern wie den erwähn- tritt frei und das persönliche Gespräch mit den Darbie- und schlussendlich in der Zeitung manifestierte. ten mit äußerster Vorsicht, doch mit dem Internet ist tenden beim Apero erwünscht. Verkauft wird allerdings Der Begriff Urban Legend wurde zum ersten Mal von noch eine weitere Gefahrenquelle hinzugekommen: nichts. (jlf) Jan Harold Brunvand, einem Professor für Englisch be- Im Informationszeitalter fi nden Urban Legends ra- kannt gemacht. In seinem 1981 erschienenen Buch «Der send schnell fruchtbaren Boden. So schnell, dass sich Tacheles VI: Galeriebetrieb. verschwundene Anhalter: Amerikanische Urban Le- die Internetbehörde ICANN zu drastischen Maßnahmen Mit Francesca Pia und Dorothe Freiburghaus, gends und deren Bedeutung» benutzte er eine Samm- genötigt sieht: Ab 2006 müssen ins Internet gestellte Moderation: Heinrich Gartentor. lung dieser Geschichten, um zwei Aussagen zu machen: Informationen durch den Truth Verifi cation Act geprüft Dienstag 19. April 2005, 18.30 Uhr Legenden, Mythen und Folklore kommen nicht nur bei werden und dürfen nur mit deren Zertifi kat online pu- Im Aktionsraum der Visarte im Progr. so genannten primitiven oder traditionellen Gesell- bliziert werden. Ob die neue Gesetzgebung eingehalten www.visartebern.ch/Tacheles.htm schaften vor und zweitens, durch die Untersuchung sol- werden kann, wird bei ICANN allerdings bezweifelt. (sf) DIVERSES 17

STADTLÄUFER

■ nr. 8 // britannien. Als ich vor fast zehn Jahren mit der Bahn durch Grossbritannien fuhr, fi elen mir neben der topfebenen Landschaft vor allem zwei Dinge auf: Atomkraftwerke mit bis zu acht Kühltürmen und Klein- städte aus roten Sichtbacksteinen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie die Käffer geheissen haben oder warum ich überhaupt dort gewesen bin, aber die Erinnerung daran löst bei mir im- mer noch Gefühle wie Einheit, Verbundenheit und Ruhe aus – ganz im Gegensatz zu höchst ambivalenten, auf- strebenden britischen Grossstädten wie zum Beispiel Glasgow oder Manchester, die ich vor kurzem besucht habe. Irgendwie haben halt monotone Häuserzeilen, immergleiche Hauseingänge und identische Vorgärten etwas für sich – sie machen klassenlos. Warum ich in dieser Kolumne über Grossbritannien schreibe? Ganz einfach: Kürzlich bin ich durch das Weis- sensteinquartier spaziert und habe mich wie damals auf der Insel gefühlt. Zwischen 1919 und 1925 wurde die Eisenbahndersiedlung aus dem Boden gestampft, und obwohl sie nicht mit roten Sichtbacksteinen aufwarten DIE WA(H)REN HELDEN: kann, so verströmen die zweigeschossigen Walmdach- bauten doch den Duft monotoner Bahnromantik. Alles, was mich beim Stadtläufern durch den Weis- senstein an die Schweiz erinnert hat sind linksgesteuer- te Autos, Strassennamen wie «Bundesbahnweg» oder Psychotischer Langhalsdrache «Simplonweg» und eine einzelne Felsenaubier-Laterne, Zeichnung: 2003, Sebastian Johannes Hämmerli (Jrg. 1996) die sich ein Bewohner über die Eingangstüre gehängt Pokémon-Inspirationen hat – wahrscheinlich, um sein Haus von allen anderen unterscheiden zu können. (al)

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SARAH ELENA SCHWERZMANN LAURENT EINEN SCHRITT VORAUS

■ Anfangen hat es im London der Achtziger Jahre als der Begriff elektronische Musik noch gar nicht existier- te und man an zum Teil illegalen Partys in verrauchten Clubs und Lagerhallen bis zum Abwinken feiern konnte. Wir schreiben das Jahr 1986: Zu einem Zeitpunkt, als Hip-Hop in der kleinen Musikszene noch vorherrschend war lernen sich Dave Henley und Justin Langlands, die später Pressure Drop werden sollten, im WAG Club durch einen Freund kennen. Nur ein Jahr später sollte sich Laurent Garnier an einem Gig von Mike Pickering in London dazu entschliessen, um jeden Preis DJ zu wer- den. Des Feierns bald einmal schon ein wenig überdrüssig SARAH ELENA SCHWERZMANN und voller Tatendrang organisieren die beiden dann die sogenannten Heavy-Duty-Nächte, wo unter anderem die Stereo MCs, London Posse und die Jungle Brothers «ICH WEIGERE MICH, EINE COMPILATION ZU MIXEN» auftreten. 1990 ist es dann soweit: Nach ewigem Abfei- ern und Organisieren erblickt das erste gemeinsame ■ Blau. Das ist erst einmal alles, was man sieht, wenn aus zu eilen, obwohl sie versucht, möglichst unsichtbar Projekt von Dave und Justin unter dem Namen Pressu- man Sonja Moonear so auf den ersten Blick betrachtet. zu bleiben. Komischerweise spielt sie aber fast nie in re Drop das Licht der Welt. Das Baby nennt sich «Back Wunderschöne grosse Augen. In Blau. Es ist noch früh Genf. Wie kommt denn das? «In Genf werden fast keine 2 Back». Die Scheibe bildet das Fundament für ihren am Nachmittag. So gegen halb drei. Sonja und ich tref- Partys organisiert. Nur die Weetamix-Crew macht re- speziellen und bisweilen sehr eigenwilligen Stilmix, aus fen uns in einem kleinen gemütlichen Café in der Gen- gelmässig etwas. Die buchen allerdings selten Lokaldjs. welchem sich die Komponenten Dub und Reggae am fer Innenstadt. Sonja entpuppt sich schon in den ersten Und mal etwas spontan organisiert wird, bin ich meist stärksten heraus kristallisieren. Um ihren Sound noch paar Minuten als sehr angenehme Interviewpartnerin. schon ausgebucht. Ich spiele viel öfter in Zürich als in zu verfeiern, bedienen sich die beiden den verschie- Sie gehört glücklicherweise nicht zu den Künstlern die Genf. Eigentlich schade aber was kann man machen? densten Stilen: Von Hip-Hop über Drum’n’Bass und Soul Fragen, welche sorgfältig darauf bedacht sind nicht mit Vielleicht werde ich selber mal einen kleinen Club auf- bis hin zu Trip-Hop fi ndet man in ihrem Jamaika-Groove Ja oder Nein beantwortet zu werden eben mit Ja oder machen und wieder anfangen, Partys zu schmeissen. alles – und noch viel mehr. Nein beantwortet. Im Gegenteil plaudert sie locker drauf Ziemlich sicher sogar. Aber erst wenn mir das Aufl egen Die ersten beiden Alben «Upset» und «Front Row» wer- los. Meist über sich, ohne dabei irgendwie selbstverliebt verleidet ist oder wenn ich mich zu alt dafür fühle. Das den nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz ver- zu wirken (was manche Genfer Künstler übrigens so an kann allerdings noch dauern». Erfahrung hätte sie zu- öffentlicht, weil dort anscheinend das Publikum offener sich haben). mindest, denn Partys organisiert hat sie schon viele. ist. Ziemlich frustrierend für die beiden, ihre Musik in Sonja Moonear ist 1978 in Genf geboren und gehört Und das immer mit Herz und Seele. Allerdings wurde es ihrem Heimatland nicht präsentieren zu dürfen. Doch somit zu den wenigen Genfer Künstler die wirklich aus dann einfach zu deprimierend, als sie und ihr Team nach James Lavell, Gründer des legendären Mo’Wax Labels Genf sind. Im Alter von sechs Jahren dann erste Kontak- einem erfolgreichen Abend immer wieder die Polizei auf importiert ein paar hundert Exemplare von «Upset» te mit der Musik: Sonja beginnt Klavier zu spielen. Mit den Hals gehetzt bekamen. Darum setzt sie im Moment und vertreibt sie in England. Mit Erfolg, denn Leftfi eld elf entdeckt sie David Bowie und Depeche Mode, später auf das Aufl egen. Eine Rechnung die wohl aufzugehen werden auf Pressure Drop aufmerksam und holen sie dann KLF und die Acid-Welle, als diese die Schweiz er- scheint, denn Sonja Moonear ist eine der wenigen DJs, auf ihr Label Hard Hands, auf welcher dann die «Tearing reicht. Sicherlich haben diese Sounds grossen Einfl uss die es schaffen, im Gespräch zu bleiben ohne alle fünf the Silence»-EP, diesmal auch in England, erscheint. In- auf die Entwicklung ihres Musikstils. Diesen beschreibt Minuten eine Compilation zu machen oder ein Album zwischen ist das Duo um ein Mitglied reicher geworden. sie, indem sie die Produzenten, die sie am liebsten mag zu veröffentlichen. Im Gegenteil. Sie weigert sich re- Martin Fishley ergänzt Dave und Justins Sound perfekt. aufl istet. Die signifi kantesten sind dabei wohl «Sieg über gelrecht: «Dauernd sagen mir Leute, ich solle doch mal Mit seiner kraftvollen Stimme verwandelt er auf eigen- die Sonne», dem übrigens ihr Partner Martin Schopf ali- eine Compilation machen oder meine selber produzier- sinnige Art und Weise lange Töne in ein Vibrato, was as Dandy Jack angehört, Baby Ford, einer der Initianten ten Tracks veröffentlichen, aber ich habe einfach keine dem Sound ein besonderes Markenzeichen verleiht. der Acid-Bewegung und DJ Assault, der erst kürzlich Lust, diesen Regeln zu folgen. Ich produziere nur, weil es Kurze Zeit nach dem Neuzugang interessiert sich das mit einem Kate Wax-Remix begeistert hat. mir Freude macht und nicht weil ich damit berühmt wer- Major Columbia für das Trio. 1997 dann erscheint «Elusi- Doch genug von anderen geredet. Was steht im Moment den will. Es ist mir allgemein sehr wichtig, nur Sachen zu ve», Pressure Drops bisher anspruchvollstes Album. bei Sonja denn so an? «Seit mehr als drei Jahren bin ich machen, auf die ich Lust habe. Dieses Jahr hat man mir Undsoweiterundsofort. Ein Erfolg reiht sich an den an- jedes Wochenende als DJ unterwegs», erzählt sie ge- angeboten, die Streetparade Underground CD zu mixen. deren. Und deshalb können wir Berner besonders stolz nüsslich und man merkt sofort, dass ihr das Reisen und Ich habe darauf nicht reagiert. Ich glaube ich hätte da- sein, die Engländer am 9. April anlässlich der Dubquest Aufl egen grossen Spass macht. Wo sie überall aufl egt, mit vielleicht gutes Geld verdienen können, aber das in der Dampfzentrale empfangen zu dürfen. Ein Muss erzählt sie nicht. Dazu ist sie viel zu bescheiden. Und Konzept des Projekts passte einfach nicht zu mir». Na für alle echten Fans des E-Sounds. trotzdem sollte es gesagt sein: Fast alle ihre Bookings das hört man doch gerne. führen die DJ Frau ins Ausland. Ob nach Paris, London Dubquest: 9. April 2005, Dampfzentrale, ab 22 Uhr oder gar nach Japan, überall hin scheint ihr ihr Ruf vor- Infos: www.escorteaze.com Infos: www.dubquest.com oder www.pressuredrop.co.uk MUSIK 19

MARTA NAWROCKA bitterschokolade aus dem hohen norden Madrugada, das Hotel und «The Deep End»

■ Der Koi-Fisch im Aquarium der Hotel-Lobby heisst konzentriert. Egal um was für einen Musikstil es sich Wie war es denn mit der Harmonie in der Band? Wilhelm Tell. Der arme. Ich frage ihn, ob er wohl schon handelt – ob es ein schneller oder langsamer Song ist Ihr habt ja alle ziemlich unterschiedliche Musikstile «The Deep End» gehört hat, das neue Album von Ma- – es sollte ein gutes Stück mit einer guten Melodie sein. und –präferenzen. drugada. Würde ja noch passen, zu seiner Situation. Das war so eine Art Mission für uns. Robert: Als unser erster Drummer die Band verliess «Blubb» sagt Wilhelm Tell nur. Naja, da warte ich wohl Sivert: Wir hatten da kein Konzept oder so etwas in veränderte sich die ganze Chemie zwischen uns. Wie lieber auf Gesprächspartner, die sich besser artikulieren der Art. Wir kümmerten uns nur um gute Lieder. Das man auf unserem letzten Album «Grit» hören kann war können. Zum Beispiel: Sivert Höyem, den Mann mit der Album hat aber auch diese Roots-Elemente: den Blues, zu dieser Zeit niemand zu Kompromissen bereit. Nach Schokoladenstimme, und Robert Buras, den Meister der wie du erwähnt hast, aber auch Gospel und den Country. «Grit» tourten wir, dann gingen unsere Wege ein biss- verklärten Gitarrenklänge. Die beiden sind zwei Drittel Diese Elemente hört man verstärkt auf diesem Album chen auseinander. Sivert verfolgte seine Solopläne, ich besagter Band namens Madrugada. Die Norweger tru- – mehr als auf denen zuvor. habe an anderen Sachen gearbeitet, Frode an einem deln auch schon in die Lobby ein, Sivert am Telefon. Robert: Wir arbeiteten auch sehr lange an den Lie- Soundtrack. Dies war gut für die Band, es hat unseren Er bespricht ein Konzert in Stockholm mit Madrugada- dern. «The Lost Gospel» geht auf die vorletzte Platte Geist aufrecht erhalten. Danach gingen wir wieder zu Bassisten Frode Jacobsen. Mit einer Stimme, die die «The Nightly Disease» zurück. Wir hatten ihn seit dann täglichen Proben über. Wir arbeiteten sehr, sehr hart. Hotelhalle mit ihrem Bass vibrieren lässt. Nachdem er nicht mehr gespielt – bis wir ihn aus unserer Überra- Wir kamen alle wieder nach Oslo und lebten dort zusam- fertig gebrummelt hat, darf ich ihn und Robert über ihr schungskiste herausnahmen. men. Frode hatte nämlich zwei Jahre in Berlin gewohnt, neues Album be- und ausfragen. Wir lassen Wilhelm Tell Also sind es quasi alte Bekannte? Sivert und ich ein halbes Jahr. bei den knipsenden Japanern zurück und begeben uns Sivert: Ja, so arbeiten wir nunmal. Anfänglich sind Wenn wir gerade von eurem Vorgänger «Grit» in eine gemütlichere Ecke. Die Männer aus dem hohen es nur ein paar Griffe, ein bisschen Melodie und ein paar sprechen: dieses Album hat bei den meisten Madrug- Norden bestellen sich: einen Tee. In Berlin war das nicht Textzeilen – dann nennen wir es einen Song. Dann liegt ada-Fans ziemlich angeeckt. Da hörte man Kommen- immer so, wie ich später im Interview erfahren darf. der eine Weile lang rum und irgendjemand bastelt ein tare wie «Das ist nicht mehr das wahre Madrugada». Aber erst mal was zur neuen Platte: bisschen daran. Wir spielen ihn auch nicht oft bevor wir Euer neues Album führt die Tradition von «Grit» ihn endgültig wieder verstaubt aus dem Schrank holen nicht fort. Hatten diese Reaktionen damit zu tun? Euer Album «The Deep End» kombiniert die unter- und fertig stellen. Eigentlich reden wir mehr darüber, Sivert: Nein, das hätten wir sowieso gemacht. Es schiedlichsten Musikstile – über Blues, Folk, Rock bis als ihn zu spielen. Manchmal kann man auf diese Weise hatte mit dem Weggang von Jon, unserem Drummer zu hin zum Soul. Trotzdem hört es sich kompakt an. Wie ziemlich enttäuscht werden: man spielt das Lied wieder tun. Wir mussten einfach schnell was Neues machen. Ir- habt ihr die Harmonie bewahren können? und es ist nicht mehr so eindrücklich wie man es in Erin- gendwie war alles ein bisschen aus den Fugen geraten. Robert: Wir haben uns vor allem auf die Melodien nerung hatte. Zudem musste jeder seinen Kopf durchsetzen und sein 20 MUSIK

eigenes Ding durchziehen. Es war wohl nicht so eine The Streets» vor, wie eine wilde Zigeunerin über die gute Zeit für Madrugada. Wir wollten, dass «Grit» ein- Strasse tanzt. Woher kommen plötzlich diese Latino- fach ein bisschen roher klingt als unser restliches Zeug. Rhythmen? Sivert: Ja, das ist dieser Flamenco-Beat. Ich weiss Die Titel der Alben lassen schon ahnen: «Grit» klingt eigentlich gar nicht, ob‘s wirklich Flamenco ist – wir ken- nach etwas rauhem, hartem, vielleicht auch ober- nen uns da nicht so aus. Jedenfalls wollten wir ein paar fl ächlichem. «The Deep End» klingt eher introvier- spanische Elemente in die neuen Lieder einfl echten, tiert, wie eine Reise zu den tiefen Schichten des Be- quasi als Huldigung an unseren spanischen Namen Ich wusstseins, zur sinnlichen Seite des Hirns. Bin ich da zumindest fi nde Spanien sehr faszinierend: die Kultur Tausend Schichten: «The Deep End» auf dem richtigen Pfad. und vor allem die Lyrik. Es war jedenfalls mal schön es Madrugada bedeutet Morgendämmerung. Und so hört Sivert: Ja. Klingt so, als wärst du auf einem der rich- zu versuchen und unserem Namen gerecht zu werden. es sich auch an: Klänge im Niemandsland der Zeit, tigen Pfade (lacht). zwischen dem Nicht-mehr und dem Noch-nicht. Nie Um was für eine sinnliche Reise handelt es sich Auf «Hard To Come Back» gibt es auch ein paar spa- einfach, aber auch nie anstrengend. Nach den ersten denn? nische Strophen – wie ist der Text zu diesem Lied beiden Alben «» und «The Nightly Sivert: Es ist dieses sinkende Gefühl, das Gefühl, die entstanden? Ihr singt da von Bars und Alkohol... Disease» tanzte das dritte, «Grit», ein wenig aus der Kontrolle zu verlieren. Sivert: (zieht die Luft ein) Ooooh... Reihe. Madrugada war plötzlich dem Garagenrock Robert: Ja, so haben wir uns wahrscheinlich gefühlt, Robert: Das war damals...Back in Germany (lacht)! verfallen – was viele Hörer vor den Kopf gestossen hat. als wir in Berlin waren (beide lachen). Wir sind ein biss- Sivert: Es geht ums Trinken... So wartete man drei ungeduldige Jahre lang auf den chen an unsere Grenzen gegangen... Robert: ...und wie man sich verliert... Nachfolger des Problemkindes und hält nun «The Deep War es eine wilde Zeit? Sivert: Ja. Weisst du, manchmal, wenn es dir egal ist, End» in den Händen. Robert: War es, um ehrlich zu sein. verlierst du den Fokus und fängst an abzurutschen. Im Man darf sich die Schweissperlen von der Stirn Es ist eine wilde Stadt... Grunde genommen geht es darum, dass du nach einer wegwischen: Das neue Werk von Madrugada ist kein Sivert: Ja, das ist sie. Trinkeskapade nicht mehr dieselbe Person bist – es ist experimentelles Geplänkel mehr. Die Songs tönen wie Robert: «The Deep End» entstand wohl aus dieser immer ein Schritt weiter runter auf der Leiter. reif gepfl ückt, die Stimme von Sänger Sivert Höyem Erfahrung. Aber wir versuchen uns nun zusammenzu- Also eine Referenz an Berlin? auch. Vieles fi ndet man auf «The Deep End»: Soul, reissen. Und... Robert: Nicht konkret an Berlin. Ein Freund von mir Rock, Folk, Country und sogar ein bisschen Gospel. Nur Sivert: ...nett zu sein (lacht). ist ein Junkie, auch andere nahe Bekannte haben so noch das wilde «Ramona» erinnert an die «Grit»-Phase. Themenwechsel: ich möchte über Madrugada und ihre Probleme. Wir selbst waren ja auch nicht immer die Neu sind die spanischen Einfl üsse auf «Stories From das weibliche Geschlecht sprechen. Warum zieren bravsten Jungs... The Street» und «Hard To Come Back» – auf letzterem immer Frauen eure Covers? Sivert: Manche Leute lassen sich einfach für ein bat man ein paar mexikanische Arbeiter des Studios Sivert: It‘s because we like girls. halbes Jahr gehen und das wars dann. Es ist aber sehr ans Mikrofon. Angelo Badalamenti, der Hofkomponist Robert: Keiner unserer Texte wäre je entstanden, schwierig wieder zurück zu kommen, wenn man sich so von David Lynch, hat dem sphärisch-schönen «Hold wenn da nicht die Frau wäre. gehen lässt. On To You» ein bisschen Twin Peaks-Atmosphäre Sivert: ...wenn da nicht die Frau wäre (lacht)! Das Ihr habt «The Deep End» in Los Angeles aufge- eingehaucht. Der Opener «The Kids On High Street» klingt fürchterlich! Nun, das war wohl eher ein Zufall, nommen. Madrugada hat ja diesen melancholisch- scheint all die musikalischen Einfl üsse Madrugadas in dass eine Frau auf unserem ersten Cover war. Robert skandinavischen Klang. Für die meisten Europäer ist sich zu vereinen: Robert Buras‘ Gitarre singt immer und ich liefen durch East Village und sahen ein Gaffi tti Los Angeles aber fast so etwas wie die Hauptstadt ein bisschen mit, Sivert Höyem‘s Stimme hat natürlich an der Wand. Ein paar Tage später gingen wir wieder der Oberfl ächlichkeiten. War es nicht fast ein Schock wie immer die Oberhand und Frode Jacobsens Bass dorthin und machten ein Foto davon, weil wir dachten, in L.A. ausgerechnet ein Album über das dunkle Ende mehr Beachtung. Generell wurde auf «The Deep End» es würde sich schön machen auf unserem Album. der Seele aufzunehmen? mehr am Bass gearbeitet als auf den Alben zuvor. Generell würde ich sagen, dass sehr viele eurer Sivert: Ich glaube L.A. ist ein sehr mystischer, fast Auch die Balladen, eine Stärke Madrugadas, wurden Songs Geschichten über Frauen erzählen – manchmal schon Angst machender Ort. Im Winter sind da nicht mit «Sail Away» und «The Lost Gospel» ins Spiel mehr, manchmal weniger offensichtlich. Immer auf sehr viele Leute auf der Strasse. Diese Stadt hat sehr gebracht. Obwohl letzteres ein bisschen wie «Majesty» eine dunkle, fast erotische Art. Welche Rolle spielen viele Gesichter und ist auch der Ursprung grossartiger klingt, der bisher erfolgreichsten Single Madrugadas. die Frauen bei eurer Musik? Kunst. Wird aber verziehen. Fazit: tausend Schichten, Tag- Sivert: Da ist ein sehr starker romantischer Aspekt Robert: Sie ist nicht nur oberfl ächlich. Man meint und Nachtträume, Aufrüttler und Benebler. Wie die in unserer Musik – die Kombination von Kunst und gu- dies, weil so viel Unterhaltung dort produziert wird. Man verschiedenen Nuancen einer Farbe: Rot. ter Rockmusik. Wie bei Buddy Holly. Dieses romantische darf aber «The Gun Club», «The Doors» und Charles Bu- Madrugada werden übrigens, laut eigenen Aussagen, Element ist es, was uns an Rockmusik so fasziniert. kowski nicht vergessen. irgendwann im Mai in der Schweiz auftauchen. Robert: Da sind immer sehr starke Gefühle im Spiel. Wenn du dich verliebst oder Verlangen spürst oder dich Auf dem Weg aus dem Hotel schmeisse ich Wilhelm Tell Madrugada trennst: da sind immer starke Emotionen dabei. Aus die- ein paar Brocken Bitterschokolade ins Wasser, als der «The Deep End» sen Emotionen ist schon ein Haufen guter Musik ent- Portier gerade nicht hinhört. Wenn er Madrugada schon EMI-Music standen. Bei uns ist das genauso, das inspiriert uns. nicht hören kann, so soll er sie wenigstens mal schme- www.madrugada.net Einige eurer neuen Lieder erinnern mich wieder an cken können. Frauengeschichten. Ich stelle mir bei «Stories From CD-TIPP 21

Morgain - shy one Brüggemann – Eis für e Blues und di Savina Yannatou & Primavera en Salo- Dies ist bereits die zweite CD der Irish-Folk-Gruppe Mor- Die Fünfte. Ich mag mich an ein Interview mit Brügge- nico - Sumiglia gain: ein echt wundervolles Werk. Man könnte meinen, mann erinnern – ich war gerade in meiner spätpubertie- Stimmakrobatik ist etwas eigenwilliges. Savina Yannatou irische Folksmusik hätte in Bern den Ursprung gefun- renden Phase. Was mich überzeugte war die Einfachheit hat schon mehrmals in der Schweiz an Jazz-Festivals den. Vor allem die kraftvolle und überraschend frische und das Echte in Dänu’s Stimme. So kann ich mich auch Spuren hinterlassen und begeistert (zum Beispiel letz- Interpretation des traditionellen «Paddy’s Lament» geht noch an das gespielte Stück erinnern, sogar im Text: La tes Jahr in Zürich). Die neuste CD «Sumiglia» ist mit der unter die Haut. Obwohl oder weil die Stimme von Marti- mi ReMi la si! «Eis für e Blues und di» ist im gleichen 1993 gegründeten Band eingespielt worden. Sie bewe- na Wiesmann nicht perfekt sitzt, gewinnt das Album an Stil – ein Stück Berner Musik. Vielleicht ist Dänu Brüg- gen sich musikalisch zwischen Korsika und Afrika, Israel Lebendigkeit. Das einzige Stück, welches aus der Reihe gemann noch mehr als Polo Hofer und Stiller Has der und Türkey und dem Rest der Welt. Ein kleines Klang- tanzt, ist «Milou/ An e tschie», welches in französischer eigentliche Vertreter des Berner-Klangs - sofern es den wunder. Savina Yannatou ist Griechin und spielt und Sprache daherkommt. Das irritiert, hat aber eine ge- überhaupt gibt. Blues mag nicht mehr im Trend sein, singt sich beherzt durch mediterrane Klänge. Manchmal schichtlichen Hintergrund, der – wenn bekannt – seine doch dafür ist dieses Album umso länger hörbar. Und klingt sie wie Loreena McKennitt, doch löst sie sich sehr notwendige Richtigkeit hat. Hohe Loblieder stimmen in den Blues zu spielen, liegt nicht jedem, Dänu schon. schnell aus Klischees heraus. Ein stimmungsvolles, ver- jedem Falle alle Arrangements an! Ob «instrumentals» Das Album ist überraschend rau und schwer und tanzt zauberndes Album mit fantastischen MitmusikerInnen oder «vocals», es sind einfach fantastische Landschaf- gleichzeitig seine ganz eigenen Schritte, ganz leicht und und eine handvoll Träume für die Reise. (vl) ten. Eines der bessern Berner-Produktionen der letzten ohne Angst, einen falschen Tritt zu wagen. Muss es auch ECM Records / ECM 1903 Monate. Morgain wird dem Namen sehr gerecht und nicht. Dänu Brüggemann und seine Crew haben was lässt den Frühling kraftvoll grün einziehen. Vielen Dank ganz spannendes produziert. Die Stimmung trifft. Wer Dino Saluzzi – Senderos dafür! (vl) mit Bern was anfangen kann oder was lernen will, soll Mit Dino Saluzzi und Jon Christensen sind gleich zwei Zytglogge Verlag / Zyt 4898 unbedingt reinhören. (vl) der grossartigsten Musiker zusammengekommen. Und www.morgain.ch Zytglogge Verlag / Zyt 4091 es ist erstaunlich, was ein Perkussionist und ein Bando- www.daenubrueggemann.ch neonspieler im Klang erzeugen mögen. Gut, Saluzzi ist Tomazobi – Chue nicht irgendein Bandoneonspieler und Christensen töp- Ok, geben wir uns geschlagen: Bern hat die erste wirk- GMF – Beat Mondial perlet auch nicht einfach auf ein paar Trommeln herum. liche «Boigruup»! Tomazobi heissen die Jungs, sind WOW! Zuwenig Zwick in den Beinen? Von der Berni- Dino Saluzzi ist einer von den Musikern, die es hinkrie- schön, knusbrig und frech und ziehen den Zürchern mal schen Lahmheit ergriffen? Zuviel Winterspeck, der ab- gen das magische Element auf eine CD zu bannen. Fast wieder vorne durch. Sie sind die wahren Helden der Ber- trainiert werden muss? GMF! Da kommt kein Weg vor- auf allen Saluzzi-Produktionen gibt es den «perfekten ner-Musikbranche und haben in diesem Frühling den na- bei. Man könnte meinen, die 10-köpfi ge Band hätten das Moment», wo die Welt für einen Bruchteil stehen bleibt tionalen Sommerhit 2005 (und den restlichen Jahren…) Padent auf Funk. Und hier und da und noch ein Schritt… und den Atem hält. Und dies erreichen beide Musiker veröffentlicht. Haltet euch fest, mit «Lulu» kommt ihr ins Yeahh! Das hat Groove! Die neuste CD-Produktion «beat auf diesem Album gleich mehrmals. Alles weitere ist Schwitzen. Den besten Schweizer Videoclip dazu gibt’s mondial» ist masslos – obwohl das Studio viel von der Aufbau und Nachhall. Das Zusammenspiel ist unbe- im Netz: www.tomazobi.ch (oder auf der DVD). Sehens- Lebendigkeit weggefressen hat oder das Album etwas schreiblich, die Arrangements sind Bandoneon-like und wert! Aber auch die restlichen Stücke spritzen mit Witz, «aggressiver» hätte abgemischt werden können. Aber weit. Wer eine gute Musikanlage sein eigen nennen Arroganz und Blödel durch trubadurische Welten. Und es ist auch so eine Glanzleistung. Man wird’s nicht glau- kann, wird sich ob der wundervollen Aufnahme freuen. für «Trubaduren» sind sie ziemlich weltlich gerichtet. So ben, aber das ist eine Berner-Band. Tophit: Akwaabao Es ist eine CD, wie wir sie von ECM so sehr schätzen und überrascht das Album mit vielen lustigen musikalischen – mehr kann man nicht sagen. Züri West, tut mir leid, ihr es ist Musik, welche dem Leben Sinn gibt. Was wird die Spielereien. Doch das muss man einfach hören. Die seit alt geworden. (vl) Welt einmal ohne Dino Saluzzi tun... (vl) meisten BernerInnen kennen die Gruppe eh: Nach über Sound Service / 140205-2 ECM Records / ECM1845 200 Konzerten mit der letzten «Trubadur isch bäck»!- www.gmf.ch Tour sind sie kein unbeschriebenes Blatt mehr. Und so manchem Mädel wurden beim Anblick der Jungs die Beine schwach… eben Boigruup mässig. «Chue» kommt mit einer DVD die noch viel besser als das Audio-Anden- ken ist. Doch das muss man selber gesehen haben. 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BENEDIKT SARTORIUS der widerspenstige liedernarr

■ Seine Alben, vergriffenen und verschrobenen Maxis Ein Ende ist nicht abzusehen, auch wenn er “ä richtigä fehlt ihm allerdings noch. So bleibt Sarbach unverglei- und Kassettchen nennen sich “Liäb”, “Schön”, “Fiin”, Softie” geworden sei. “Meine Stärke ist es, dass ich chbar und passt in keine gängige Schublade. “Weich”, “Härzig”, “Süess”, neuerdings nun “Brav” Ideen habe. Oder besser: Dass ich mich getraue, meine Im April schnallt Peter Sarbach seinen pyramiden- (SoundService). Dazu zieren Quietschentchen, Hünd- Ideen zu verwirklichen”. Zwanzig neue Ideen schafften artigen Gitarrenkorb auf den Rücken und begibt sich chen und Giraffen die von Eddie Feldmann gezeichneten es nun auf den sechsten regulären, bislang ernstesten auf eine weitere, etappenweise “nicht sehr homöopath- Covers. Was also erwartet die Hörer in Sarbachs Welt? Sarbach Tonträger “Brav”. Da fi ndet sich etwa das ex- ische” Dreigang-Velotour, ein letztes Abenteuer sozusa- Weiteren “sidefi ine”, konservierenden Mundartrock? plizit globalisierungskritische “Globaal”: Die Global- gen. Vielleicht, wer weiss das schon, begeht er die näch- “Uh, das schmöckt nach Kitsch?” Nur lustige Clown- isierung erscheint in Form des Aals als Geschenk. Als ste Tour zu Pferde, zu Wasser oder zu Fuss. Weiter hegt erien? Nonsens? Geschenk, das “kolossaal” frisst und vernichtet, ohne Sarbach Ideen für seinen zweiten Roman, dem Nach- Nein. Peter Sarbach, der selbsternannte Lieder- “moraal” unkontrolliert wächst und immer neue For- folger des surrealen Heimatromans “Albin”, der laut narr, Wu-schelkopf, Extremsportler und Buchautor aus derungen stellt. Oder die fatale Liebesgeschichte mit Quelle eine Mischung aus “Ueli der Knecht” und “Herr Oberdiessbach, führt sein Publikum mit den naiven “Elsi”: Hinter den Schiessständen und Hornusserhüt- der Ringe” sei. Wenn er dann mal alt sei, möchte er eine Titeln in die Irre und betont das Zweideutige, die Ab- ten schätzälä und ärfälä sie. Man kann es erahnen: Elsi Tangokapelle mit “autä Päpple” gründen, die die Alter- gründe und Feinheiten des “Weichen” und “Härzigen”. geht ins Frauenmilitär, der Barde klagt, die Beziehung sheime bespielen soll. “Warum?”, möchte man fragen, Die milden Adjektive dienen als Tarnung, als Verpack- ist zu Ende. Schliesslich “Ärnscht”: Das Lied basiert auf doch schon antwortet die schlaue Cousine des dummen ung für sein subversives Liedgut, das die Einen zum einer Episode, die Sarbach in Ecuador miterlebte. Die Fragewortes: “Darum!” Wahnsinn treibt. Andere wiederum schliessen es umso Lehrerin des Dorfes streikt, die Schule bleibt geschlos- inniger in ihre Herzen, was selbstredend für den Mann sen, die Regierung unternimmt nichts. Die Männer de- Sarbach ist auf Velotour! Ausgewählte Daten: mit dem breiten Emmentaler Akzent spricht. battieren, Meinungen gehen hin und her und übertönen 1. April, Alte Chäsi, Gysenstein (mit Tourneefi lm “s`Läbe Alles nahm 1988 seinen Anfang: Vierspurgerät, die scheppernde Musik ab Platte. “Öppis mües sech än- isch wienes Lied” von Manuel Bosshard, erhältlich bei Schrummen, Hardcore, Metal, Trash, Werwolfattacken, därä, no diä Nacht”, sagen sie. Nichts ändert sich und www.dePROromantik.ch) Terror, Umweltkatastrophen, Lärm. Dann tritt das kur- als “dr Morgä aatopplät het, isch inä nüüt angers blibä 2. April, Café Kairo, Bern zlebige Trio Humanopathix mit ähnlichem Programm an. aus das Liäd”. Traurig sei’s gewesen, so Sarbach. Weiter 3. April, Mokka, Thun Das Mokka in Sarbachs Wohnsitz Thun beehrten sie mit gibt’s die elegischen, wunderbaren “Insel” und “Kitsch”, 23. April, Bären, Münchenbuchsee (mit Tourneefi lm) ihrem einzigen Auftritt, den MC Anliker laut Legende zu Lektionen in liedernärrischen Skizzierungen (“Luxus”, 24. April, Fabriktheater, Erlach (mit Tourneefi lm) den Worten hinriss, er sei froh, dass das Konzert endlich “Schüüch”), wo feine Ironie immer wieder die Rolle 25. April, Bad Bonn, Düdingen (mit Tourneefi lm) zu Ende sei. Einen Humanopathix Nachhall fi ndet sich des Liedernarren Sarbachs bricht. Feine musikalische 26. April, In Sarbachs Stube (Adresse siehe unten) auf Sarbachs bisher herbstem erhältlichen Stück Musik Details (Glockenspiel, Bouzouki, Klarinette…) veredeln 27. April, Recyclingwerkstatt Drahtesel, Bern (“Weich”, 1998). Nach der Aufl ösung folgte 1992 die Ab- “Brav”, das mit dem Rausschmeisser “Wott” endet. 28. April, Parterre, Bern kehr: “Nur auf Missstände aufmerksam machen, kann es Nein, er habe keine Zeit, mit Winetou zu grillieren, ke- 29. April Wartsaal, Bern auch nicht sein. Da geht man ja kaputt”. Im Hardcore kä- ine Zeit für Francine Jordi, die ihm ihre Wohnung zeigen men Worte laut Sarbach nicht richtig zur Geltung. “Man will, keine Zeit für Britney Spears, weil: “D`Mieti louft”. Alle Daten unter www.gottehildi.ch kann nicht schräge Wortspielereien machen. So begann Ja, er sei es zu einem Teil selber, das sei ja das verrückte, ich, leise Stücke mit akustischer Gitarre zu spielen. Am so Sarbach zur oft gestellten Frage, ob er denn wirklich Kontaktadresse: Anfang war es mir selber peinlich. Das brätschet ja gar so sei. Will heissen: Skurril, kauzig, melancholisch und Peter Sarbach nicht, ist nicht hart und wild. Ich habe mich trotzdem sehr liebenswürdig. Die Zuschrift “Liedernarr” wurde Untere Hauptgasse 24 getraut und mittlerweile bin ich recht zufrieden.” nötig, weil sich Sarbach nicht als Liedermacher sieht. 3600 Thun Inzwischen zählt das närrische Songbook des wid- Versöhnend ausgedrückt sei der Liedernarr eine Sparte Tel: 033 221 53 14 erspenstigen Sarbach über hundert, nie gestelzte Titel. des Überbegriffs Liedermachers. Eine klare Defi nition Götti Brächtu, Spysmatt 24 MUSIK

LUKAS VOGELSANG kleemusik oder was ein Auditorium Bern zu bieten hat… Bild: Lukas Vogelsang

■ Im Juni geht’s los: Bern erhält den modernsten Kon- sik des 20. Jahrhunderts, sowie musikdramatischem denen Traditionen und überraschende Konfronta- zertsaal in der Stadt und dieser soll ein akkustische Mei- Schaffen. tionen von Stilen, entwickeln ein attraktives Span- lenstein setzen, so wie damals das KKL in Luzern oder Das Konzept Kaspar Zehnders Konzept baut auf Ak- nungsfeld. die Stravinsky Hall in Montreux. Natürlich nicht ganz so tivitäten, welche sich, vom Zentrum ausgehend, in vier Improvisation – Der Rahmen eines Musikstücks wird gross, aber Bern- und Kleegerecht. Rund 300 Personen konzentrischen Kreisen ausdehnen: Der innerste Kreis durch die Interpretation in theatralischer, improvi- werden auf der fi x installierten Rampen-Bestuhlung thematisiert die Persönlichkeit, die Werke von Paul Klee sierender und spontaner Weise immer neu defi niert. Platz fi nden. Die Bühne misst ca. 61 m2 - das Casino und fi nden im Auditorium statt. Der Zweite umfasst das Auch das Publikum spielt dabei eine zentrale Rolle. Bern muss also nicht bangen, dass Symphoniekonzerte gesamte Areal des Zentrum Paul Klee. Das betrifft die Miniatur – Die musikalische Aussage wird sowohl in der abwandern: Dazu reicht der Platz nicht und das Konzept Ausstellungsräume, das Kindermuseum, die Museum- Komposition, als auch in der Interpretation auf ihren spricht ebenfalls einen anderen Inhalt. Trotzdem hat strasse, die Restaurants, Foyer und die Umgebung. Der Kern reduziert. sich die Camerata Bern, das 14-köpfi ge Streicheren- dritte Kreis bewegt sich über Bern und wirkt in Auffüh- semble, welches seit über 40 Jahren als musikalisches rungsorte der bestehenden Kulturinstitutionen. Dabei Klee und Musik Paul Klee war ein Opernliebhaber und Aushängeschild für Bern in aller Welt konzertiert, mit wird das Zentrum Paul Klee zum Co-Veranstalter. Im liebte Mozart über alles. Ursprünglich wollte er Musiker ihrer eigenständigen und vom Zentrum unabhängigen vierten Kreis spielt vor allem das Ensemble Paul Klee werden. Noch im Gymnasium wirkte er im Berner Stad- Konzertreihe ins Zentrum Paul Klee verschoben. auf nationaler und internationaler Ebene eine wichtige torchester mit. Nachdem er sich in München, als Kunst- Neue Wege Ein Museum und ein Konzertsaal – dies Rolle und wird im Austausch das «Label Paul Klee» und student von Heinrich Knirr und später Franz von Stuck, sind verschiedene Schuhe. Ein Museum besucht man Bern repräsentieren. Was im voraus gemunkelt, kann für die Bildende Kunst entschieden hatte, bewegte er bestenfalls einmal – ein Konzertsaal mehrmals im Jahr. also endlich Wirklichkeit werden: Klassische Musik wird sich weiterhin regelmässig in Musikerkreisen und lernte Natürlich versuchen viele museale Institutionen mit in Bern nicht mehr nur ein unberührbares symphoni- da 1899 die Pianistin und später seine Frau Lily Stumpf neuen Konzepten dem Besucherschwund standzuhal- sches Erlebnis bleiben, sondern tritt aus dem Rahmen kennen. Ein musikalisches Schlüsselerlebins hatte er in ten. Das Zentrum Paul Klee hat den Vorteil, dass es heraus und mischt sich unters Publikum. Im Zentrum Bern bei einer Aufführung von Offenbachs «Les Contes von Anfang an mit einem vielschichtigen Programm Paul Klee werden wir dies mit «Strassenmusik» in der d’Hoffmann» im damals neuerbauten Stadttheater. Der Menschen mehrmals ins Zentrum bringen kann. Alle Museumsstrasse, 20 Minuten-Konzerte, Musik im Kin- «Hoffmann» zeigt am Deutlichsten die Verwandschaft Betriebs-Konzepte der einzelnen Abteilungen veran- dermuseum (auch für grosse Kleingebliebene), mit Gas- zu Klee in der Mischung von Ernst und Heiter, Märchen kern im Basisgedanken die Zusammenarbeit mit den tensembles und natürlich der Camerata Bern, mit dem und Satire, irdischem und sphärischem. Aber Mozart anderen Abteilungen. Ein Vorteil, den die Leitung des Ensemble Paul Klee in Kammermusikalischer-Form oder war für Klee der grösste Komponist und sein Kam- Zentrums im Bewusstsein hat und zu Nutzen weiss. Im am festlichen Festival-Anlass erleben können. Das ver- mermusikpartner Karl Grebe äusserte sich dazu so: « Zentrum Paul Klee einen Musiksaal zu integrieren mag staubte Bild eines Museums zerfällt im Staub… Es wäre sinnlos, vom dem Musiker Paul Klee zu reden, auf den ersten Blick unheimlich genial erscheinen, doch Folgende Stichworte geben den programmatischen ohne von Mozart zu reden, denn Paul Klees musikali- steht und fällt ein solches Unterfangen natürlich mit der Rahmen zum Konzept: sches Weltbild hatte seinen Schwerpunkt eindeutig bei künstlerischen Leitung – um nicht gekünstelt zu wirken diesem Meister. (…) (Zitat Karl Grebe in «Paul Klee als und gar ein Abwinken zu erzeugen. Paul Klee war viel- Zeitgenossenschaft – Das Repetoire ist nicht auf be- Musiker», Aufsatz im Ausstellungskatalog «Paul Klee seitig – ebenso sind es die Interpretationen. stimmte Zeitepochen eingegrenzt. Die Programme und die Malerei», 1986). Kaspar Zehnder ist dieser künstlerische Leiter und zeichnen sich durch Offenheit für neue musikalische Jede Begegnung mit dem Zentrum Paul Klee macht zu dieser Wahl hat sicher dessen sichere Wert seiner Ar- Strömungen aus und reagieren fl exibel auf Verände- klar, dass nicht nur ein paar Bilder und eine handvoll beit und Erfahrung geholfen, wie aber auch sein Inter- rungen in Kultur und Gesellschaft. Konzerte stattfi nden oder dass die Bilder in den Aus- esse und Konzept am Paul Klee. Der 1970 in Riggisberg/ Synästhesie – Ausgehend von der Musik werden Brü- stellungsräumen still vor sich hinraunen werden. Schon Bern geborene Dirigent und Solist ist bereits künstle- cken nicht nur zur Literatur und Bildender Kunst, nur ein Zipfel einer Information – egal ob man sich für rischer Leiter des Budgdorfer Kammerorchesters, des sondern auch zu theatralischen, fi lmischen und in- den Künstler interessiert oder nicht - ergibt so viel inte- Philharmonischen Orchesters Sibiu (Rumänien), des teraktiven Kunstformen geschlagen. ressanten Stoff zum Nachdenken und zum Erforschen, HKB-Sinfonieorchesters, der Sommerfestspiele Murten Heterogenität – Die Kombination von klassischen In- dass das gesamte Zentrum Paul Klee zu einer Entde- Classics und ab Sommer 2005 Chefdirigent der Prague strumenten mit Oud, Taragot, Balalaika, Cymbalom ckungsreise – für jede/n individuell – wird und wir so Philharmonia. Sein musikalisches Interesse gilt der Mu- oder Xala (Bern), sowie Programme mit verschie- manche Fragen hinaustragen werden. MUSIK 25

KLAUS BONANOMI «du papi, warum hei teil lüt gärn jazz?» Bild: Michael Brecker / zVg. oder: zugvögel und andere gern gesehene gäste

■ Weiss jemand, wo die eigentlich überwintern? Egal, bische Lautmalereien, cooler Jazz, zur Abwechslung pünktlich zum Frühlingsbeginn sind sie wieder da in mal schnell ein astreiner Reggae (Don Cherry’s «Home unseren mitteleuropäischen Fussgängerzonen, die 137 Boy» winkt von ferne) und plötzlich ganz schrill sägende buntgekleideten bolivianischen Panfl öten-Gruppen, und Gitarren: «Auch die gehören zu mir! Ich bin ja schliess- dudeln uns ihr «El Condor pasa» rauf und runter. Doch lich mit dieser ganzen Rockmusik der 70er-Jahre auf- der Frühling bringt auch andere Zugvögel zurück – alle gewachsen, Leute wie Jimi Hendrix oder Led Zeppelin Jahre wieder gern gesehene Gäste: Michael Brecker, haben bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlas- nach wie vor das Mass aller Dinge am Tenorsaxophon, sen», so Truffaz im aktuellen Interview in der Zeitschrift beehrt uns ein weiteres Mal mit seinem Besuch, in der «Jazz’n’More». Band des Zürcher Gitarristen Harald Haerter, zusam- Vom Franzosen Erik Truffaz ist’s nur ein kleiner men mit dem Trompeter Erik Truffaz. Letztes Jahr wars Schritt zu seinem norwegischen Berufskollegen, dem im Uptown auf dem Gurten, nun machen die Herren auf Trompeter und Elektroniker Nils-Petter Molvær. Auch ihrer Europatournee Zwischenhalt im Berner Hotel Nati- der schaut rasch in Bern vorbei – BeeFlat präsentiert onal. Michael Brecker, der an Ostern seinen 56. Geburts- ihn in der Reihe «Solo Performing Artists». Und damit tag gefeiert hat, mittlerweile elf Grammys gewonnen hat nicht genug, auch ein weiterer Vertreter der aktuellen und auf unzähligen CDs verewigt ist, muss niemandem europäischen Jazz-Elite kommt diesen Monat nach mehr etwas beweisen. Sein Spiel ist unverkennbar, und Bern, nämlich der Franzose Renaud Garcia-Fons mit doch schafft er es, sich an die verschiedensten musika- seinem mediterranen Trio. Ach ja, und dann läuft wei- lischen Umfelder anzupassen! terhin die mittlerweile 30. Ausgabe des Jazzfestivals «Du Papi, warum hei eigentlich teil Lüt gärn Jazz?» im Marians Jazzroom: Hans Zurbrügg hat auch dieses fragte mich einmal mein Sohn. Ich versuchte ihm dies Jahr einige gern gesehene Gäste aus Übersee wie Gary zu erklären, indem ich ihm mein erstes, prägendes Jazz- Burton, Monty Alexander und Clark Terry eingefl ogen Erlebnis schilderte: Das war in Willisau; ich war damals und präsentiert sie jeweils eine Woche lang in seinem kaum 20, und auf der Bühne stand das Quintett von Pat Club in der Inneren Enge (mehr zum Jazzfestival, das im Metheny mit den Saxophonisten Dewey Redman und Mai dann aufs grosse Finale zusteuert, in der nächsten Michael Brecker und der «Hintermannschaft» Charlie Nummer von ensuite!). Haden und Jack DeJohnette. Es war die Band, die unter Mit meinem Sohn war ich übrigens mittlerweile auch der Leitung Pat Methenys das wunderbare, vorwiegend einmal im Ausgang im Marians. Den Auftritt des Lew Ta- akustische Doppelalbum «80/81» eingespielt hatte. backin Trio fand er noch ganz cool. Aber er steht weiter- Drei Stunden dauerte das Konzert, ganze vier Stücke hin auf Eminem. spielte die Band, und ich war hingerissen von den aus- gedehnten solistischen Höhenfl ügen, den kollektiven Konzerthinweise: Improvisationen und dem dichten Zusammenspiel der Sonntag 3. April, Turnhalle im PROGR, Bern / 21.00 fünf Protagonisten. All das, was den Jazz auf der Büh- Nils Petter Molvær (tp, electronics) ne so faszinierend macht – dass alles im Moment selber Freitag 22. April, Theater im National, Bern / 21.00 geschieht; dass Du nie weisst, was als nächstes kommt; Michael Brecker (sax), Harald Haerter (g), Erik Truffaz dass das, was Du jetzt hörst, noch nie zuvor jemand ge- (tp), Flo Stoffner (g), Florian Götte (eb), Bänz Oester (b), hört hat und nie wieder jemand genau so hören wird – Marcel Papaux (dr) all dies erlebte ich damals zum ersten Mal. Und während Sonntag 24. April, Turnhalle im PROGR, Bern / 21.00 andere Helden meiner Jugendzeit wie Old Shatterhand Renaud Garcia-Fons (b), Antonio «Kiko» Ruiz (g), Negri- und Winnetou mittlerweile Vergangenheit sind, sind die- to Trasante (perc) (Bild Titelseite dieser Nummer) se fünf Musiker, in welchen Zusammenhängen sie auch Freitag 29. April, Theater im National, Bern / 20.00 spielen, meine grossen Favoriten geblieben. e.s.t. - Esbjörn Svensson Trio: Esbjörn Svensson (p), Dan Wie Harald Haerters aktuelle Band mit Michael Bre- Berglund (b), Magnus Öström (dr) cker und dem Trompeter Erik Truffaz klingt, das kann Daten Jazzfestival Bern sind in der Agenda ersichtlich. auf der letztjährigen CD «CatScan» nachgeprüft wer- den; 2001 erschien unter dem Titel «Cosmic» ein Live- CD-Tipps: Album der Haerter-Brecker-Band mit Dewey Redman Harald Haerter: «CatScan». Unit Records, 2004 anstelle von Truffaz. Harald Haerter: «Cosmic». TCB, 2001 Von Erik Truffaz ist derweil ebenfalls eine bemer- Pat Metheny: «80/81». ECM, 1980 kenswerte CD erschienen: «Saloua» heisst sie, einge- Erik Truffaz: «Saloua», Blue Note, 2005 spielt mit dem arabischen Sänger Mounir Troudi, also e.s.t. Esbjörn Svennson Trio: «Viaticum». ACT, 2005 in der Formation, die Ende März im PROGR spielte. Ara- Nils-Petter Molvær: «NP3». Universal, 2002 26 DIVERSES

STEPHAN FUCHS da helfen, wo andere keinen Mumm haben

■ Patpong, Bangkoks hotpoint der Sexindustrie weiss wie die Enden der Menschlichkeit aussehen können. Im Schmelztiegel Patpongs entstand 1985 eine Organisati- on, die da beginnt, wo offi zielle nicht unmittelbar Helfen können oder wollen. Sie nennt sich EMPOWER, Edicati- on Means Protection Of Women Engaged in Re-creati- on. Die EMPOWER Foundation ist wohl der einzig wahre Schutzengel jener, die im Sex Gewerbe arbeiten und sie in gesundheitlichen Fragen, in Schulungsprogrammen, Rechtsfragen und in der AIDS Hilfe unterstützt. Aus dem Schoss der Organisation entstand 1995 die Asia Pacifi c Network of Sex Workers (APNSW). EMPOWER bringt auch eine Zeitung raus: Badgirls, die wohl einzi- Bild zVg. ge Zeitung für und von arbeitenden im Sexmilieu. Doch nicht nur: Die Tagesaktualitäten im Überblick: Sie hilft jenen Tsunami-Opfern, die von den offi zi- ellen Hilfsorganisationen vergessen wurden. Sie sucht THAI FOOD – EINE KULINARISCHE ENTDECKUNGS- ROUND TABLE & HAUPTPRÄSENTATION DER nach den Vermissten die nicht registriert sind, sie hilft REISE Garküchen bieten Spezialitäten aus den vier Re- EMPOWER FOUNDATION ÜBER AKTUELLE HILFS- den MigrantInnen indem sie Informationszentren auf- gionen Norden, Nord-Osten, Zentralthailand und Süd- AKTIVITÄTEN IN SÜD-THAILAND Noi und Chumpon baut, engagiert sich – zusammen mit dem Artists-Net- thailand an. Die thailändische Küche gilt als eine der Apisuk, Leiter der Empower Foundation, informieren work Thailand - am Wiederaufbau der Infrastuktur für besten der Welt, auch als eine der vielseitigsten und über ihre Projekte und stellen sich der Diskussion. Kunsthandwerker. Sie hilft Menschen, die nicht in den Raffi niertesten unter den Küchen Asiens. TRADITIONELLER TANZ Erleben Sie die faszinie- Genuss der Hilfsleistungen gelangen, wie beispielsweise «SILABHA» KUNST UND KUNSTHANDWERK renden, traditionellen Tänze Thailands, perfekt präsen- Fischern, denen versprochene Hilfe für dringend benö- AUS THAILAND – AUS FAIREM HANDEL Ein bunter tiert in farbenprächtigen Original-Kostümen vom Thai tigte Ausrüstung für den Fischfang bis anhin nicht zuteil Markt mit Produkten aus thailändischem Kunsthand- Classic Club Burgdorf unter der Leitung von Frau Su- wurde. werk. radanai Chanti Janong. Zugunsten der EMPOWER Foundation Thailand fi n- Die Empower Foundation hat sich direkt nach dem PROMI – KARAOKE – WETTBEWERB UND BLU- det am 30. April in Zusammenarbeit mit dem Theater- Tsunami für die Wiederherstellung der Infrastruktur für MENVERKAUF Der Promi-Karaoke-Wettbewerb ver- festival auawirleben, der Beratungsstelle Xenia, Nakii Kunst und Kunsthandwerk vor Ort (z.B. für Batik-Künst- spricht nebst gekonnten Sangeskünsten auch ein heite- Nak, Chantal Coppex und maly: Service Culturel & Editi- ler) eingesetzt und Artists-workshops angeboten. Direk- res Auge! Die Berner Persönlichkeiten bekommen zwei on der Benefi z-Tag Silabha statt. ter kann Hilfe nicht veranschaulicht werden. Wochen vor Auftritt ein von ihnen ausgewähltes Lied Und dabei verwandelt sich der PROGR in Thais BLUMENSTAND Der samstägliche Blumeneinkauf zugeschickt, das sie auf dem Weg zur Arbeit, unter der Kulturgarten: Sowohl im Hof als auch in der Aula und kann zu einem guten Zweck im Hof des PROGR getätigt Dusche oder wo sonst man sich des Singens einübt, trai- der Café-Bar «Turnhalle» animieren vielfältigste kuli- werden. Auch werden Havelaar-Rosen als Sympathie- nieren können. Als besondere Herausforderung sind die narische und kulturelle Angebote, die zum Verweilen Kundgebung für die Teilnehmer des Promi-Karaoke- Teilnehmenden an der Veranstaltung aber zusätzlich und staunen einladen. Im Innenbereich werden Perfor- Wettbewerbes verkauft gefordert: Ein Thai-Song soll unvorbereitet - «ab Blatt», mances europäischer Künstler, die mit der Empower THAILÄNDISCHE HEISSLUFTBALLONE – AKTION respektive mit Unterstützung des Videotextes - zum Foundation verbunden sind kostenlos auftreten, Tradi- FÜR KINDER UND ERWACHSENE In Thailand gibt es Besten gegeben werden. tioneller Tanz, ein Karaoke-Wettbewerb mit prominen- den sehr schönen Brauch, papierene Heissluftballone THAI-DISKO Mit Karl Bruckschwaiger, Philosoph, ten Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft und Politik, – mit einem Wunsch versehen - zu bestimmten Festen in Historiker, Performancekünstler und leidenschaftlicher und die Thai-Disko sorgen für heitere Unterhaltung. Wer den nächtlichen Himmel steigen zu lassen: Ein «beweg- DJ aus Wien und DJane ChaCha aus Bern sich entspannen will, kommt in den Genuss traditionel- tes Firmament» von berückender Schönheit. TRADITIONELLE THAI-MASSAGE Die beiden in ler Thai-Massagen. Und; nicht zu vergessen, die Drag- FRIENDS OF EMPOWER Europäische Performance- Bern ansässigen Unternehmen «Wat Phoo – klassische Queen-Show, ein Gala-Auftritt der schillernden Art! Die Künstler bedanken sich mit einem Auftritt in Bern für Thai-Therapie» und «Number One» bieten den ganzen thailändische Drag Queen Xtravaganza besticht durch ihre Einladung an das Performancefestival ASIA TOPIA, Tag traditionelle Thai-Massagen an. Witz, Charme und Warmherzigkeit. Vom Scheinwerfer- das jährlich von der Empower Foundation in Bangkok licht gestreichelt, das Mikrophon in der Hand, bietet und Chiang Mai ausgerichtet wird. ACTivity – ARTivity Xtravaganza eine anspruchsvolle Show – ein Feuerwerk ist Teil der Strategie der Empower Foundation, aktuelle 30. April 2005 der Farben und Fantasie! Kunst im sozio-kulturellen Kontext zu vermitteln. PROGR_ Zentrum für Kulturproduktion Bern / 12:00 CARTOON 27 www.fauser.ch

KLAUS BONANOMI VON MENSCHEN UND MEDIEN

Wo hockt Gott?

■ Das wissen auch die Gelehrten nicht so ganz genau. oder über die Mechanismen von Inszenierung und Per- für unsere Gesellschaft, dass es künftig zwar mehr Me- Aber sie arbeiten daran. Zehn Professoren an der Evan- sonalisierung in der politischen Kommunikation fi nden dien-Profi s geben wird, dafür aber weniger Ökonomen, gelisch-Theologischen Fakultät der Uni Bern sind derzeit am IMW genauso statt wie eine grosse Forschungsar- Politologinnen oder Historiker mit medienwissenschaft- damit ausgelastet, zusammen mit 180 Studierenden beit zur Geschichte des Hauses Ringier von der kleinen lichem Hintergrund. dieser Frage nachzugehen. Den SEinen gibts der HEerr Zofi nger Druckerei von Anno 1833 zum drittgrössten Dass das Institut für Medienwissenschaft bei der im Schlaf, stellt man fest, angesichts der Tatsache, dass Schweizer Medienkonzern mit seinen mächtigen Bou- Geldverteilung einmal mehr leer ausgegangen ist, kri- ein Theologieprofessor an der Uni Bern nur 18 Studie- levardblättern, die auch schon mal einen Botschafter tisiert der Förderverein Medienwissenschaft in einem rende zu betreuen hat und sich somit ein bisschen wie oder einen Regierungsrat zu Fall bringen. Eine aktuel- offenen Brief: «Wir können nicht nachvollziehen, dass im Paradies vorkommen darf. Denn anderswo sieht’s le Facharbeit untersucht die Informationsvermittlung die Universitätsleitung in der Bundesstadt Bern, einer schlechter aus; im Durchschnitt kommt an der Uni Bern in der Tagesschau und in «10 vor 10», eine andere die Hochburg von Politik, Verwaltung und Medien, nicht ein Professor auf 57 Studierende, und in der Psycholo- Berichterstattung zum Tschetschenien-Konfl ikt in der einen Schwerpunkt und ein veritables Kompetenz- gie zum Beispiel hat jeder Professor im Schnitt gar 140 Schweizer Presse. Und zusammen mit dem Förderver- zentrum jener Fächer schafft, die durch den Standort Studierende in die Geheimnisse von Geist und Seele ein- ein Medienwissenschaft organisiert das Institut Publi- ausgezeichnet begründet sind, nämlich Politikwissen- zuführen. kums-Veranstaltungen zu aktuellen Themen; die nächs- schaft, Medienwissenschaft, Verwaltungswissenschaft Geradezu anarchische Verhältnisse herrschen te befasst sich mit der Katastrophen-Berichterstattung und öffentliches Recht.» Und die Journalisten-Gewerk- schliesslich in der Medienwissenschaft: Für 900 Stu- in den Schweizer Medien*. schaften Impressum und Comedia warnen in einem dierende hat die Uni Bern einen einzigen Professor an- Doch dieses reichhaltige Menu ist in Gefahr: Trotz gemeinsamen Communiqué: «In Zeiten verschärfter gestellt, den wackeren und unermüdlichen Roger Blum. des grossen Nachholbedarfs und steigender Studen- Medienkonzentration, Sparprozessen bei Zeitungen und Zusammen mit einem engagierten Stab von Assisten- tenzahlen hat es die Leitung der Universität abgelehnt, elektronischen Medien, der aktuellen gesellschaftlichen tinnen, Gastdozenten und unterstützt von einem För- dem Fach Medienwissenschaft einen weiteren Profes- Entwicklung in Richtung ,Mediokratie‘, muss die Medien- derverein mit allerlei Prominenz aus Medien, Politik und soren-Lehrstuhl zu fi nanzieren, und stattdessen andere wissenschaft höchste Priorität geniessen. Wir brauchen Wirtschaft, bietet Blum am IMW, dem Berner Institut für Fächer berücksichtigt. Deshalb hat man am IMW nun die mehr kritische Refl exion und nicht weniger!» Medienwissenschaft, seinen Studierenden ein breites Notbremse gezogen: Künftig soll es nicht mehr möglich Angebot an Vorlesungen, Seminarien und Diskussions- sein, im Nebenfach Medienwissenschaft zu studieren. *»Tsunami, Gondo, 11. September: Katastrophenberichte foren; Exkursionen in die diversen Medienhäuser berei- Dafür will man zusammen mit der Universität Freiburg der Medien» - Eine öffentliche Veranstaltung mit Hei- chern das Semesterprogramm. einen Master-Studiengang anbieten. Master statt Ne- ner Hug (Tagesschau), Markus Jedele (SRG-Forschungs- Die aktuellen und historischen Vorgänge in der benfach, das heisst zwar weniger, aber dafür besser aus- dienst), Roger Blum (Professor IMW) Schweizer Medienlandschaft bieten reichlich Stoff für gebildete Studierende; es heisst mehr Spezialisierung Donnerstag, 7. April, 18.15 h; IMW, Unitobler, Hörsaal Lehre und Forschung: Vorlesungen über Medienethik und Professionalisierung. Und das wiederum bedeutet F021, Lerchenweg 36, Bern 28 BÜHNE

STEPHAN FUCHS von königen, rittern und anderen helden

■ Nebel wird aufziehen und das schnauben der Streit- ten, seinen skurrilen Lauf. Dies, ein tragisch – bizarres eine kleine Wundertat gewirkt hat... oder war es doch rosse wird zu vernehmen sein. Unbehaglichkeit, Unter- Szenario, eines typisch mittelalterlichen Dramas, denn anders? tänigkeit, vielleicht gar Furcht wird sich verbreiten dann, auf dem Schlachtfeld der Männer, bleibt es danach den Weich geworden von den Darbietungen, kommt es wenn sich von den Rossen die Mannen in ihren schwe- Frauen vorbehalten die geschundenen Leiber zu bergen. den Rittern wohl auch nicht mehr darauf an, dass die ren Rüstungen vom Sattel stemmen um sich schweren Von Kunde aus irischer Erde weiß die «Traurige Krö- beiden Lyriker die Dreistigkeit besitzen, den Willen zum Schrittes in die Gewölbe zu begeben und ausgerechnet nung» zu berichten. Ein Machtbesessener hat in Irland Wiederstand zu stärken und offen plädieren für die auf den Bänken neben ihnen Platz zu nehmen. Helden- die Krone an sich gerissen, dabei hat er nicht vor Mord Freiheit der Unterdrückten zu kämpfen. Kein Wort, kein hafte Ritter, Kämpfer und Abenteurer, vielleicht gar Kö- zurückgeschreckt! Ein raunen wird wohl durch den ONO Faustschwert das sich in den steinernen Boden bohrt nig Ludowich wird sich zu ihnen gesellen. Ein strenger Keller gehen, die Bänke werden näher herangezogen, um das Treiben der beiden Vortragenden zu unterbin- Geruch nach alter Suppe, Urin und Schweiss, gepaart die letzten Helmvisiere werden aufgeklappt. Angelo Nef den, denn zu wahr ist deren Kunde. mit Pferdescheisse und altem Moder wird ihr Näschen und Luzi Rohner erzählen, was einige Ritter lieber nicht Geschichten von gestern – für Ohren von heute! Die brüskiert sein lassen. Von weit her werden die schwar- hören wollen: Offensichtlich dringt ein Geisterchor in ei- Ritter aus dunklen Zeiten sind nicht ausgestorben, sie zen Horden mit ihren Burschen, Fahnen und Schwertern ner der nächsten Nächte in die Gemächer des irischen sind unter uns! Die teilweise schaurig – gruseligen Er- gekommen sein, einige fl üstern sich auch die unverhoff- Meuchelkönigs und hält ihm den Spiegel seines Gewis- zählgedichte von machtgierigen Herrschern und ritter- te Ankunft der Ritterschaft Otto des III. von Grandson sens vor Augen! Einige Visiere im ONO Keller schnappen lich – heldenhaften Kämpfern gemahnen an gegenwär- zu, sie seien unweit vor den Toren des ONO an der Kram- sicher unweigerlich wieder zu und es wird leise mit den tige Ereignisse, die uns in ihrem Anachronismus, in ihrer gasse 6 gesehen worden. Ob die Melder dies anhand der tapferen Streitern. Mittelalterlichkeit, erschrecken... noch werden Macht- ranzigen Burgsuppe von Grandson gerochen haben, die Doch damit noch nicht genug der Wunder; die Balla- kämpfe mit rüden Methoden durchgeführt, noch sind an den Rittern klebt wie das Blut auf den Schlachtfel- den berichten noch von anderen Ungeheuerlichkeiten. fanatische «Helden» und «Kämpfer für das Ehere und dern, ist noch nicht klar. Bischoff Kletus fordert den vor Reichtum strotzende Grosse» wie die Rattenfänger unterwegs. Das Mittelalter An zwei Tagen wird die Streitschar und ihr Gefolge Kaiser auf, sein rücksichtsloses Ausbeuten des Volkes will kein Ende nehmen. die Suppenkessel im ONO aufstellen und den alten Bal- niederzulegen. Jetzt stehen sie aber auf, die nach Burg- laden von Angelo Nef und Luzi Rohner lauschen. «Von suppe stinkenden Ritter. Genug ist genug schreien eini- Königen, Rittern und anderen Helden» berichten die ge, doch sie werden fl ugs wieder zur Raison gebracht, Von Königen, Rittern und anderen Helden beiden. Die klassischen Erzählgedichte stellen bald ein- denn was wahr ist, ist wahr: Bischof Kletus bewies dem Szenische Balladenmatinee // Balladen mit Angelo dringliche Dramen, bald satirische Grotesken dar. Kunde König nämlich, dass sein Vermögen auf Blut und Tränen Nef, Andreas Wittner und Luzi Rohner aus fernen Schlachten, fernen Landen und Herren wird aufgebaut ist. Unter uns EnsuitlerInnen, die Krieger- ONO: Bühne, Galerie, Bar, Kramgasse 6, Bern zu vernehmen sein, Balladen von Lenau, Uhland, Schil- männer müssen ja nicht wissen, dass der gute Kletus 22.04.2005/ 20:30 // 24.04.2005/ 11:30 ler, Heine, Mörike und dazu Klavierstücke von Prokofi eff, Zimmermann, Diestel und Schubert, gespielt von Andre- as Wittner. Liederabende wie diese, man hörte einiges aus frem- den Burgen, arten auch schon mal wüst aus. Dann, wenn die Ritterschaft, oder gar Otto der III, nicht mehr recht wissen wie die Ballade nun eigentlich gemeint ist. Neh- men sie sich in Acht, die Burschen verstehen manchmal keinen Spaß außer, derjenige handle über den Thurgau- er Walter von Klingen. Mutig sind die beiden Lyriker, er- zählen sie doch über das Drama des problematischen König- und Kaiserseins und um die Sehnsucht nach Hel- dentum. Herrscher tauchen in den Geschichten auf, die sich den niedrigsten Machttrieben hingeben, gar man- cher wird sich dabei ertappt fühlen um wutentbrannt aufzustehen. Die Balladen sprechen auch von jenen ruhmsüchtigen Abenteuern, die der Glorie der Mächti- gen blind nacheifern und dabei werden mittelalterliche Hahnenkämpfe gleichermaßen vorgeführt wie halsbre- cherische Mutproben. Aus weiter ferner Lande berichtet die Ballade «Schlachtfeld bei Hastings» von Heinrich Heine, in der es um die Suche des gefallenen Königs auf dem Schlacht- feld geht. Dabei nimmt ein Botenbericht zweier Mönche die vom Überfall der Normannen auf Britannien berich- KINOS/ FILM 29

reit, seinen ganzen Besitz an seine Tochter zu verma- chen und sich selbst zum Christentum zu bekennen. Regisseur Michael Radford (Il Postino) wagte sich an dieses bisher unverfi lmte Theaterstück und hat die tragische Komödie an Originalschauplätzen in Venedig aufwändig und mit prachtvollen Bildern umgesetzt. Der Film ist ein Feuerwerk aus feinster Schauspiel- kunst. Ihn sich anzusehen ist nicht nur ein optisches Ver- gnügen durch die grandiose Kulisse und Architektur. Er ist auch der Beweis, dass es Schauspieler gibt, die sich nicht nur Shakespeares Sprache auf der Zunge zergehen lassen, sondern sie uns Menschen des 21.Jarhunderts so zu vermitteln vermögen, dass man sie versteht. Man kann nicht umhin, die Leistungen der Darstel- ler und Darstellerinnen hervorzuheben, selbst die Ne- benrollen sind mit grosser Sensibilität besetzt. Jeremy Irons spielt den fatalistischen, aber grossherzigen Anto- nio, Joseph Fiennes seinen impulsiven Freund Bassanio und Freier von Portia, welche von Lynn Collins verkör- pert wird. Ihr zuzusehen ist bereits ein Vergnügen für sich, denn Portia zählt zu den intelligentesten und fas- Bild: zVg. zinierendsten Frauenrollen von Shakespeare und Lynn SONJA WENGER Collins überzeugt auf der ganzen Linie mit Charme und Stärke. Doch allen voran macht Al Pacino als der Jude «der kaufmann von venedig» Shylock den Film sehenswert. Shylock ist trotz aller Handlungsstränge die zentrale Figur. Obwohl viele sei- William Shakespeares ner Motive abstossend oder unbarmherzig erscheinen, empfi ndet man trotzdem ein immenses Mass an Sympa- «Wem Böses angetan wird, wird im thie und Mitgefühl. Furchtlos wie man Al Pacino kennt, Gegenzug auch Böses tun» (W.H Auden über Shylock) ordnet er sich vollumfänglich seiner Rolle unter und lässt die Kamera schmerzhaft nahe an sich heran. Man ■ Shakespeare auf der Bühne bedeutet üblicherweise Während in Belmont Hochzeit gefeiert wird, haben spürt seine Wut beinahe körperlich und ist zutiefst be- lange Stücke. Es bedeutet einen stetigen Wechsel zwi- sich in Venedig inzwischen schlimme Dinge ereignet. rührt wenn er seine berühmte Rede hält: «Hat nicht ein schen traurig und lustig und immer wieder die Ausein- Antonios Schiffe sind gesunken, sein Reichtum ist dahin, Jude Augen? Hat nicht ein Jude Hände, Organe, Sinne, andersetzung mit den grundsätzlichen Fragen und The- und Shylock besteht unerbittlich auf die Erfüllung seines Leidenschaften? Genährt mit derselben Nahrung, ver- men des Lebens. Shakespeares präzise Beschreibungen Schuldscheins. Einerseits als Rache für die Demütigun- wundet mit denselben Waffen, (...) Wenn ihr uns stecht, decken das ganze Spektrum menschlicher Emotionen gen und Diskriminierungen, die er erleiden musste, an- bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? ab: Neid, Eifersucht, Vertrauen, Liebe, Geld, Rassismus dererseits aus Wut und Schmerz über die Flucht seiner (...) Und wenn ihr uns Unrecht tut, sollen wir uns nicht und Schönheit . Das macht seine Stücke so faszinierend Tochter Jessica in die Arme ihres Freundes Lorenzo. rächen?» (Akt III, Szene 1) Wenn am Ende der Gerichts- und einen selbst neugierig auf jede neue Adaption, sei Als die Nachricht von Antonios Lage in Belmont ein- verhandlung Shylock als gebrochener Mann dasteht, es nun im Theater oder im Film. trifft, bricht Bassanio mit seinem Gefährten Gratiano dann gibt Al Pacino der Rolle all seine Würde zurück Doch der Film überzeugt bereits in der ersten Minu- nach Venedig auf, um dem Freund in seinem Unglück «Der Kaufmann von Venedig» ist nicht nur das meist te durch seine überraschende Nähe und man fühlt sich beizustehen. Aber auch Portia und ihre Vertraute Neris- gespielte und komplexeste, sondern auch das kontro- sofort in die Zeit des Venedigs Ende des 16.Jahrhnderts sa verlassen Belmont, als junge Männer verkleidet, um verseste Stück von Shakespeare. Nicht nur das eigene, versetzt. Der Kaufmann Antonio, welcher sein gesamtes in das weitere Geschehen einzugreifen. Im Gerichtssaal moderne Gerechtigkeitsempfi nden wird auf eine harte Vermögen in Handelsschiffe angelegt hat, lässt sich aus von Venedig spitzt sich der Konfl ikt zwischen Antonio Probe gestellt. Es scheint vielmehr auch ein Ding der Freundschaft zu dem frisch verliebten, aber hoch ver- und Shylock zu. Der Jude besteht auf seinem Schein und Unmöglichkeit zu sein, dass Stück unbelastet aufzufüh- schuldeten Aristokraten Bassanio auf einen ungewöhn- ist allen Ermahnungen zur Milde von Seiten des Dogen ren oder zu konsumieren. Gemäss dem Regisseur geht lichen Handel mit dem jüdischen Geldverleiher Shylock unzugänglich. Auch die doppelte Summe, die ihm Bassa- es jedoch nicht um religiöse Unterschiede, sondern um ein. Dieser seinerseits ist von einem tiefen Hass gegen nio bietet, schlägt er aus . fehlerhafte, menschliche Wesen und das Konzept der Antonio erfüllt, welcher ihn öffentlich gedemütigt hat Während der denkwürdigen Gerichtsverhandlung Vergebung. Es ist ein Stück über Anti-Semitismus, über und sieht hierin eine willkommene Gelegenheit, Rache übernimmt die als junger Rechtsgelehrter verkleidete Diskriminierung und Vorurteil, aber anti-semitisch ist es zu üben. Ohne lange Besinnung und gegen die Beden- Portia die Führung. Noch einmal versucht sie, Shylock nicht. Im Gegenteil: Shakespeare lässt weder die christ- ken Bassanios, bürgt Antonio für einen Kredit von 3‘000 zur Mässigung zu bewegen. Als dieser jedoch hartnäckig liche noch die jüdische Gemeinschaft einen moralischen Dukaten mit einem Pfund seines eigenen Fleisches. auf sein Recht pocht und schon das Messer zückt, mit Sieg davontragen. Mit diesem Geld kann Bassanio jetzt angemessen dem er Antonio zu Leibe gehen will, wendet sich das Es war das erklärte Ziel des Regisseurs, eine dynami- um die Hand von Portia, der reichen Erbin von Belmont, Blatt und Shylock wird selbst mit den Waffen des Rechts sche Balance zwischen den tragischen und komischen werben. Ihr Herz hat er längst gewonnen, der Besiege- geschlagen. Nach dem Gesetz von Venedig fällt sein Hab Elementen zu schaffen, das Stück so mit Leben zu erfül- lung des Glücks steht jedoch eine Klausel von Portias und Gut an den Staat, wenn er bei Vollzug seines An- len, dass die Figuren realistisch wirken und trotzdem der verstorbenem Vater im Wege. Nur den darf Portia hei- spruches nur einen Tropfen Blut von Antonio vergiesst. Geist des Originals erhalten bleibt. Es ist ihm vortreffl ich raten, der aus drei verschlossenen Schatullen diejenige Und weil er einem Bürger von Venedig nach dem Leben gelungen. wählt, die ihr Bild enthält. Mit anderen Bewerbern tritt trachtete, hat er das seine verwirkt. Um sein Leben zu Untypisch für Shakespeare dauert der Film nur 131 Bassanio an, doch nur er löst das Rätsel richtig. retten, erklärt sich ein völlig gebrochener Shylock be- Minuten und startet am 31.3.2005 in den Kinos. 30 WWW.BERNERKINOS.CH

www.cinematte.ch / Telefon 031 312 4546 www.kellerkino.ch / Telefon 031 311 38 05 www.kinokunstmuseum.ch / Telefon 031 328 09 99

Von kleinen Cäsaren und Narbenge- Mur Robert Altman Ein Meister wird 80 sichtern Themenreihe: Israelisch-palästinensischer Konfl ikt Altman ist einer der richtungweisenden Regisseure Eine Filmreihe über Gangster, Gauner und Polizisten. (Simone Bitton, Frankreich/Israel 2004, 96’, Arabisch/ der USA und ein konsequenter Satiriker der amerikani- Die Filme erzählen vom Aufstieg und Fall des Gangsters Hebräisch/d) schen Verhältnisse. Er hat über 80 Filme realisiert, die Rico Bandello in «Little Ceasar», vom machthungrigen «Mur» verfolgt die Spuren einer Trennung in einer der verschiedensten Genres erprobt und dabei eine unver- Leibwächter in «Scarface», vom entlassenen Häftling geschichtlich am meisten belasteten Gebieten der Welt. gleichbare Meisterschaft erreicht. Robert Altmans Kino Rocky Sullivan in «Angels With Dirty Faces», vom De- Entstanden ist eine sehr persönliche Meditation der besteht aus einem Blick und einer Methode. Beides hat tektiv Sam Spade in «The Maltese Falcon», vom Under- Regisseurin Simone Bitton über eine Mauer und die da- er zu einer Perfektion getrieben, die auch das Unperfek- cover-Cop und vom Gangster als Muttersöhnchen in durch gefangenen und eingeschlossenen Menschen auf te einschliesst. Unsere kleine Hommage zu Altmans 80. «White Heat» und vom legendären Gangsterpärchen in der einen wie auf der anderen Seite. Der Film gibt uns Geburtstag bringt sieben Kinofi lme aus seinem unfang- «Bonnie & Clyde». aber auch Einblick in die Schönheit dieses Landes und reichen Werk zur Wiederaufführung. Im Zentrum steht die Menschlichkeit seiner Bewohner. (Ab 14.4.) die Chandler-Verfi lmung «The Long Goodbye» (1973), Svenska Nätter die als Reedition in neuer Kopie zu sehen ist und zu den Einen bunten Querschnitt durch das Filmschaffen aus Private besten Filmen der 70-er Jahre zählt. Gezeigt werden zu- Schweden zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem Ber- Themenreihe: Israelisch-palästinensischer Konfl ikt dem: «M*A*S*H» (1970), «Nashville» (1975), «Three Wo- ner ISC, das zum fünften Mal einen Konzertzyklus mit (Saverio Costanzo, Italien 2004, 90’, Arabisch/Englisch/ men» (1976), «The Player» (1992), «Short Cuts» (1993) schwedischen Bands organisiert. Filmperlen von Meis- Hebräisch/d/f) und «The Company» (2003). terregisseur Ingmar Bergman stehen neben dem Kind- Der Film des 29-jährigen italienischen Regisseurs Save- erhit Pippi Langstrumpf, die Komödie «Jalla Jalla» ne- rio Costanzo erzählt von den täglichen kleinen Absur- Kunst und Film: Unter Verschluss ben Roy Anderssons düster-komischer Parabel «Songs ditäten des israelisch-palästinensischen Konfl ikts. Isra- – Opfer der russischen Filmzensur From The Second Floor» – ein stilistisches Panorama, elische Militärs besetzen das Haus der siebenköpfi gen Anlässlich der aktuellen Ausstellung «Avantgarde im das die Vielfalt des schwedischen Filmexports zeigt. Familie, weil es an einem strategisch wichtigen Punkt Untergrund – Russische Nonkonformisten aus der Konzertinfos: www.isc-club.ch. liegt. Das Zusammenleben der Besatzer mit der Fami- Sammlung Bar-Gera» im Kunstmuseum Bern zeigt das lie führt neben vielen Problemen aber auch zu einer Kino im April Andrej Tarkowskijs «Der Spiegel» sowie Asiatische Komödien menschlichen Annäherung. (Ab 21.4.) «Abschied von Matjora» von Elem Klimov. Fernost fi nden regelmässig den Weg in unsere Kinos - weniger bekannt sind Komödien aus den Ländern des Im Nordwind Kurzfi lmtage Oberhausen on Tour Lächelns. In unserem kleinen Zyklus mit heiteren Filmen (Bettina Oberli, Schweiz 2004, 95’, Dialekt) Die Kurzfi lmtage Oberhausen sind legendär. Mit ihrer aus Asien zeigen wir Ang Lees «The Wedding Banquet» «Im Nordwind» spielt in einer Zeit, in der das raue Klima hervorragenden Programmation setzen sie seit 50 Jah- und «Eat Drink Man Woman» sowie zwei irrwitzige Ko- der New Economy auch die Schweiz – dieses einst so ren wichtige Akzente innerhalb der Film- und Kinowelt. mödien aus Japan. Besonders empfehlenswert: «Die Fa- sichere und wohlbehütete Land – heimsucht. Erwin Graf, «Hier habe ich jahrelang jeden Film gesehen, mich all- milie mit dem umgekehrten Düsenantrieb», ein schrä- 50, führt ein bürgerliches Leben in einer bürgerlichen jährlich gefreut auf die Tage in Oberhausen. Diese Er- ges Porträt einer Familie, das dem Wahnsinn des Alltags Stadt mit Frau und Tochter und Job. Doch dann verliert eignisse waren für mich, für meinen Entschluss, Filme freien Lauf lässt und gleichzeitig eine Realsatire über er plötzlich seine Anstellung als Personalleiter bei der zu machen, wichtig.» (Wim Wenders). Zu seiner 50. das beengte Leben in Japan ist. Auch «Monday» des Firma, für die er beinahe zwanzig Jahren arbeitete. Ausgabe geht das Kurzfi lm-Festival auf Europa-Tournee Kult-Regisseurs Sabu treibt die japanischen Verhältnis- Erwin ist erschüttert. Zu Hause hält er die Kündigung und präsentiert wiederum eine Auswahl an Filmen, die se ad absurdum. geheim, schliesslich sind die Grafs gerade dabei, ihren gesellschaftlich äusserst relevant sind, kulturelle Diffe- Die Unigruppe von Amnesty International lädt zum Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Jeden morgen renzen thematisieren und wegen ihrer ästhetischen In- Filmabend in die Cinématte. Unter dem Motto Wirt- verlässt er im Anzug die Wohnung. Er ist überzeugt, novationskraft stark überzeugen. Oberhausen on Tour schaft und Menschenrechte werden die Filme «Jenseits dass er bald eine neue Stelle fi nden wird. Nach Wochen besucht auch die Schweiz und ist vom 23.-26. April zu der Schnellstrasse» und «Performing The Border» vor- ohne Erfolg wächst seine Anspannung ins Unerträgli- Gast im Kino Kunstmuseum. gestellt, die sich mit den Schattenseiten des neolibera- che. Seine Ehefrau Kathrin spürt die Unruhe bei Erwin, len Wirtschaftsmodells in Mexiko beschäftigen. Die Fil- doch sie fürchtet die Konfrontation. memacherin Ursula Biemann ist anwesend. Eintritt frei, Nomination für den Schweizer Filmpreis 2005. (Ab 7.4.) Kollekte. Für das Tagesprogramm die Tageszeitung oder das Internet 31 KI N O in der Reitschule LICHTSPIEL www.reitschule.ch / Telefon 031 306 69 69 www.lichtspiel.ch / Telefon 031 381 15 05 www.pasquart.ch / Telefon 031 322 322 71 01

Resistencia – violencia – pasión Französische Filmreihe Neue Schweizer Filme Kampf – Gewalt – Leidenschaft. Gemeinsam mit dem StudentInnenfi lmclub der Uni Rund zwanzig Dokumentar-, Spiel, Kurz-, und Anima- Filme zu und aus Kolumbien Bern zeigen wir Reprisen aus der französischen Filmge- tionsfi lme bieten einen Einblick in das einheimische Seit Jahrzehnten herrscht in Kolumbien Krieg, dessen schichte. Die 1938 entstandene, mit witzigen Dialogen Filmschaffen des letzten Jahres. Zu zahlreichen Vor- Ursachen tief liegen: soziale Ungerechtigkeit, politische gespickte Komödie «La femme du boulanger» (6.4.) von stellungen stehen ausserdem die RegisseurInnen dem Unterdrückung und rücksichtslose wirtschaftliche Aus- Marcel Pagnol, «La grande vadrouille» (13.4.), eine Kult- Publikum Red & Antwort. beutung. Doch Kolumbien ist auch ein Ort der Friedens- Komödie von Gérard Oury, in der drei Engländer wäh- «Ma famille africaine» (15.-16.4) suche. Den mutigen Frauen und Männern, die sich der rend dem zweiten Weltkrieg über dem von Deutschen Thomas ist ein etwas pedantischer Filmemacher, Léa Kriegstreiberei entgegenstellen, ist die Fotoausstellung besetzten Paris abstürzen und auf abenteuerliche Wei- seine afrikanische Frau. Zusammen bilden sie ein explo- «Memoria – der vergessene Krieg in Kolumbien» gewid- se ins Vichy-Frankreich entkommen. Altmeister Truffaut sives Paar. Sie hat Heimweh, er denkt an die Miete. Sie met. Sie wird in Bern an der Uni-Tobler vom 18. bis 30. erzählt in «Jules et Jim» (20.4.) mit genialer Leichtig- klagt über ihre Schwierigkeiten, sich zu integrieren, er April gezeigt. Parallel dazu zeigt das Kino der Reitschu- keit von einem unkonventionellen Ménage-à-trois. stöhnt über Affenfl eisch, das er in seinem Koffer nach le Filme, die die Situation in diesem Land in vielfältiger Hause bringen musste... Weise refl ektieren. Les petites gens (Malen’kje Ljudi) Der Sonntag 17.4 ist dem Berner Filmemacher Jürg Den Anfang dieses Zyklus’ machen zwei Verfi lmungen Nariman Turebayev erzählt in seinem poetischen, hu- Neuenschwaner gewidmet: «Q Begegnungen auf der von Erzählungen des kolumbianischen Nobelpreisträ- morvollen Film «Les petites gens» (7.4. 18h) von zwei Milchstrasse» um 10h30 und «Les amis d’Amadou» um gers Gabriel García Márquez: Für «Eréndira» (31.3./1.4.) Freunden, die eine kleine Wohnung in der kasachischen 20h30 dokumentieren aus zwei verschiedenen Perspek- und «Milagro en Roma»(7./8.4.) hat er gleichzeitig die Hauptstadt Almaty teilen und gemeinsam versuchen, tiven dieselbe Reise des Filmemachers in Westafrika. Drehbücher verfasst. Die Gewalt wird in verschiedenen sich in der neuen, nach kapitalistischen Spielregeln und Um 10h30 in Anwesenheit von Jürg Neuenschwander Spielfi lmen thematisiert, so in «La virgen de los sica- westlichen Vorbildern strukturierten Gesellschaft zu- Die «Trickfi lmrolle» am 18.4 umfasst die Filme aus rios» (14./15.4.) und «Confesión a Laura» (28./29.4.). rechtzufi nden. dem Swissimage-SSA Trickfi lmwettbewerb, der in So- In letzterem bildet der Beginn des Bürgerkriegs 1948 lothurn über die Bühne ging. Für LiebhaberInnen vom den politischen Hintergrund für eine intime Dreiecksge- Dennis Nyback presents Animationsfi lmen ein Muss! schichte. Gewalt, aber auch Drogen, sind im Alltag von Seit Jahren stellt der New Yorker Filmhistoriker und Vom 22.-25.4 stehen Filme von (ehemaligen) BielerIn- Strassenkindern allgegenwärtig. Diesen Alltag schildert Filmsammler Dennis Nyback Rollen aus seinem uner- nen im Zentrum: In «Karim Patwa‘s Spaceship» stellt «La vendedora de rosas» (21./22.4.). Zwei Dokumentar- schöpfl ichen Fundus zusammen und tourt damit durch sich der Filmemacher auf originelle Art Fragen nach fi lme zeigen mögliche Auswege aus diesem Teufelskreis: die Welt: Herkunft und Identität. Am 23.4, 20h30 in Anwesenheit So stellt «Amadeus in Medellin» (16.4.) das Projekt einer Bad Bugs Bunny von Karim Patwa. Anschliessend Party mit DJ. Musikschule vor und «Vielleicht bin ich morgen schon Am 30.4. gastiert Dennis Nyback im Lichtspiel mit einer «Zeit der roten Nelken» von Heidi Specogna folgt tot» (9.4.) zeigt, wie Jugendliche versuchen mit Rap- Reihe besonders obskurer, beunruhigender und heimtü- den Spuren von Nadja Bunke, der Mutter von Tania La Musik die alltägliche Gewalt zu verarbeiten und gegen ckischer Trickfi lme aus den 30er- bis in die frühen 50er- Guerrillera, welche über mehrere Jahre die Kampfge- sie anzugehen. Jahre: als kulturelle Zeitdokumente sind diese Filme fährtin von Che Guevara war. Weiter zeigen wir drei Dokumentarfi lme von Mar- Zeugen der rassistischen, sexistischen und kulturellen «Turi» (29.-30.4) widmet sich einem dunklen Kapitel ta Rodríguez. Sie zählt zu den Pionierinnen des kriti- Klischees und Stereotypen, die diese Zeit prägten. Ny- Schweizer Geschichte, den Verdingkindern. Der heute schen kolumbianischen Kinos. Filme wie «Chircales» back zeigt damit eine dunkle Seite von Warner Brothers 79-jährige Deutschschweizer Arthur Honegger erzählt und «Amor, mujeres y fl ores» (beide 30.4.) setzt sie als Animation auf, die bis heute gerne verschwiegen wird. im Film von Lotty Wohlwend offen von seiner Kindheit politisches Manifest ein, um auf soziale und rechtliche Really the blues und seinem Werdegang als Journalist und Buchautor. Missstände aufmerksam zu machen. Wichtig ist ihr auch Ebenfalls von Dennis Nyback stammt dieses Programm «La nébuleuse du coeur» (1.-2.5.) die Wiederentdeckung der kulturellen Wurzeln der Indi- mit seltenen Perlen aus der Bluesgeschichte von 1929 Der neue Film von Jaqueline Veuve behandelt das The- genas, was sich sehr deutlich in «Nuestra voz de tierra, bis 1964. Darunter fi nden sich die einzig bekannte fi lmi- ma Herztransplantation und zeigt uns, was es bedeutet, memoria y futuro» (2. und 23.4.) zeigt. sche Aufnahme von Bessie Smith, der Königin des Blues voller Angst und vergeblich auf ein Spenderorgan zu sowie seltene Featurettes von Billie Holiday, Jimmie warten. Am 1.5, 18h00, in Anwesenheit von Jaqueline Rushing, Sonny Terry, Brownie McGee, Thelonius Monk Veuve und vielen anderen Grössen des Blues (1.5.). ertappt!

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