Hohenlohe als Residenzlandschaft

Städtebau und Landschaftsgestaltung im 18. Jahrhundert

Seinen Residenzen des 18. Jahrhunderts verdankt eine Vielzahl bedeutender Bau- und Kunstdenkmale. Der Beitrag beschäftigt sich jedoch weniger mit einzelnen Schlössern oder Hofgärten als mit deren Entstehungs- zusammenhängen und kulturlandschaftlichen Verflechtungen. Dies führt zu der Frage nach der Bedeutung und der Schutzwürdigkeit objektübergrei- fender geschichtlicher Überlieferung.

Volkmar Eidloth

Einführung urkundlich fassbar. In kurzer Zeit dehnten sie ihre Besitzungen vor allem in den von überörtlichen Die hohenlohischen Residenzen stellen in der ter- Herren weit gehend freien Raum nach Südwes- ritorialgeschichtlich vielgestaltigen Kulturland- ten aus. Mit der großen Landesteilung von 1553/ schaft Südwestdeutschlands eine Besonderheit 55 wurde das hohenlohische Herrschaftsgebiet dar. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts war das zunächst in die beiden Hauptlinien Waldenburg ohnehin nur mäßig große Herrschaftsgebiet und Neuenstein aufgespalten, die sich in der Fol- mehrfachen Landesteilungen unterworfen, was gezeit nochmals in fünf bzw. sechs Nebenlinien eine Vielzahl kleiner Residenzen auf engstem verzweigten. Das führte dazu, dass zu Beginn des Raum entstehen ließ. Naturräumlich umfasst das 18. Jahrhunderts acht selbständige hohenlohische ehemalige Territorium im Nordosten des heuti- Linienterritorien nebeneinander bestanden. Auf gen Baden-Württemberg einen Ausschnitt aus Waldenburger Seite waren dies Hohenlohe-Schil- dem südwestdeutschen Schichtstufenland. Sein lingsfürst (heute im bayerischen Regierungsbe- Kernstück bilden die Gäuplatten der Hohenloher zirk Mittelfranken gelegen), Bartenstein und Pfe- Ebene, die die tief in den Muschelkalk einge- delbach; zur Neuensteiner Linie zählten Langen- schnittenen Täler von , Jagst und Tauber in burg, Kirchberg, Ingelfingen, Weikersheim und einzelne Ebenen, Platten und Riegel zerlegen. . Die Herren von Hohenlohe, benannt nach einer Selbstverständlich besaß jeder der Linienältesten Burg Hohlach bei Uffenheim, sind am Nordrand auch seinen eigenen Wohnsitz und war bestrebt, dieses Gebietes, im Taubergrund um Weikers- diesem einen repräsentativen Residenzcharakter heim, zu Beginn des 12. Jahrhunderts erstmals zu geben. Dieses Bemühen verstärkte sich noch.

Hohenlohische Residenzen im IB. Jahrhundert

Hofgarten

1 Städtebauliche und landschaftsgestalterische Maßnahmen an hohen- lohischen Residenzen im 18. Jahrhundert .NEUENSTEJN (Entwurf und Zeichnung V. Eidloth, 1998). IBURG

115 nachdem die Mitglieder der Linie Waldenburg gen aufstieg. Die Stadt hatte jedoch bereits zuvor 1744 persönlich die Reichsfürstenwürde verlie- Mittelpunktsaufgaben übernommen und bildete hen bekamen und die waldenburgischen Gebiete schon früh das administrative und vor allem das 1757 zum Fürstentum erhoben wurden. Die Linie kulturelle Zentrum . Zudem war Neuenstein, die wegen des damit verbundenen Öhringen bei der Hauptlandesteilung verschont Aufwandes die Fürstenwürde lange abgelehnt worden und verblieb bis 1782 im gemeinsamen hatte, nahm sie dann doch schließlich 1764 an. Besitz der beiden Hauptlinien Neuenstein und Im folgenden wird versucht, die verschiedenen Waldenburg. , seit Mitte des 16. Jahr- Planungen und Projekte zum Ausbau der hohen- hunderts hohenlohischer Amtssitz, kam dagegen lohischen Residenzen im 18. Jahrhundert, soweit auch im 18. Jahrhundert nicht über den Status ei- sie in der Kulturlandschaft Hohenlohes als histo- ner Nebenresidenz hinaus. Ihre Residenzfunktion rische Elemente oder Strukturen überliefert sind, im 18. Jahrhundert bereits verloren hatten die vergleichend darzustellen. Die Darstellung be- beiden mit der Landesteilung 1553/55 entstan- schränkt sich dabei auf jene vier signifikanten Maß- denen Stammsitze in Neuenstein und Walden- nahmenkomplexe, die im 17./18. Jahrhundert bei burg, die bei unseren folgenden Überlegungen jeder Residenz in Mitteleuropa in mehr oder min- deshalb auch keine Rolle mehr spielen. der großem Umfang zur Ausführung kamen. Da- Verschieden waren in Hohenlohe aber auch die zu gehören topographischen und siedlungsgeschichtlichen 1. Die Gestaltung des Herrschaftssitzes und die Rahmenbedingungen für die barocken Residenz- städtebauliche Zuordnung von Residenzstadt und gestaltungen. Den Kern der Residenzen Walden- Residenzschloss; burg, Langenburg oder Kirchberg bildeten bei- 2. Die Anlage planmäßiger Stadterweiterungen; spielsweise die in extremer Spornlage errichteten 3. Die Ausstattung der Residenzen mit Garten- ehemaligen Höhenburgen staufischer Ministeria- und Parkanlagen; ler, an die sich auf den Höhenrücken kleine befe- 4. Die Umlandverflechtungen der Residenz- stigte Burgstädtchen anschließen. Ebenfalls im orte durch die Anlage von Trabantenschlössern Schutz einer Höhenburg, jedoch in dem engen (Abb. 1). Taltrichter eines in den Kocher mündenden Sei- Die Ausgangsbedingungen für eine derartige tenbachs, entstand Ingelfingen. Bei Weikersheim Ausgestaltung der Residenzorte waren in den ho- und Neuenstein handelte es sich um planmäßige henlohischen Fürstentümern jedoch nicht ein- Stadtanlagen in Tallage, deren Ausgangspunkt heitlich. Unterschiedlich waren schon der Zeit- mittelalterliche Wasserburgen waren. Das eben- punkt und die Umstände der Errichtung der ein- falls im Tal gelegene Öhringen ging dagegen aus zelnen Residenzen. So stehen sich unter den einem zu Beginn des 11. Jahrhunderts gegründe- hohenlohischen Residenzorten des 18. Jahrhun- ten Kollegiatsstift hervor und war - im Unter- derts alte, bis auf das 16. Jahrhundert zurückge- schied zu den anderen Orten - wohl schon Stadt, hende Herrschaftsmittelpunkte, wie Weikers- bevor es im 13. Jahrhundert an Hohenlohe kam. heim oder Langenburg, und ganz junge Residen- 2 Bartenstein, Aus- zen wie Bartenstein, Ingelfingen oder Kirchberg Residenzschlösser schnitt aus der württem- gegenüber. bergischen Flurkarte Eine Sonderstellung nimmt Öhringen ein, das Den Anfang mit den barocken Schlossbauten in von 1834. 1677 zur Residenz einer Linie Hohenlohe-Öhrin- Hohenlohe machte Schillingsfürst. Im Dreißigjäh- rigen Krieg war die am westlichen Ende eines Bergrückens errichtete mittelalterliche Burg zer- // stört worden. An gleicher Stelle entstand Ende Hoff JURTEiVSTEJN des 17. Jahrhunderts und in einer zweiten Bau- phase um 1720/30 ein Schlossneubau nach den Plänen des Würzburgers Joseph Greising bzw. des darmstädtischen Hofbaumeisters Louis Remy de la Fosse, der die Form einer zum ehemaligen Halsgraben und zur Vorburg geöffneten Dreiflü- gelanlage besitzt. Diese Standorttreue ist mit ei- ner Ausnahme ein Charakteristikum aller hohen- lohischen Residenzschlösser. Sie führte allerdings nicht nur zu Beschränkungen bei der Ausdeh- nung der Schlossbauten, sondern warf auch - in Schillingsfürst unübersehbare - Probleme bei der nach absolutistischem Staatsverständnis und Machtanspruch erforderlichen Ausrichtung des

116 3 Bartenstein, Schloss- vorplatz und Blick in die Schlossstraße (Foto 1998). gesamten Residenzortes auf den Herrschaftssitz auf den Mittelbau, so dass sich ein trapezförmi- auf. ger Ehrenhof ergibt. Diesem Ehrenhof vorgela- Günstiger waren die topographischen Vorausset- gert ist ein Platz, der von drei repräsentativen zungen hierfür in Bartenstein. Auch in Barten- Doppelhäusern begrenzt wird, die 1750-60 für stein lag die mittelalterliche Burg exponiert an der Hofbedienstete und Beamte der Residenz errich- Spitze eines Bergspoms, der sich nach Osten zu tet wurden. Diese Gebäude nehmen in ihrer Stel- jedoch rasch verbreitert (Abb. 2). In den Resten lung die Achsen der Schlossanlage auf, deren Sei- der im Bauernkrieg verwüsteten und 1632 erneut tenflügel im Süden in der Bebauung der Schloss- beschädigten Burg richtete sich Graf Philipp Karl straße und im Norden mit dem Aufgang zum 1688 eine zunächst bescheidene Residenz ein, Hofgarten eine städtebauliche Verlängerung fin- der 1711-16 durch den Bamberger Baumeister den (Abb. 3). Bernhard Schießer eine große Schlosskirche zu- Anders als in Schillingsfürst und Bartenstein, wo gefügt wurde. Zwischen 1751 und 1763 folgten es keine Vorgängerbauten gab, die es zu berück- unter Beteiligung des fürstabtlichen Hofbaumei- sichtigen gegolten hätte, bestanden in den Resi- 4 Kirchberg, „Geometri- sters Andreas Gallasini aus Fulda und des Bauin- denzen Kirchberg und Langenburg stattliche und scher Grundriß über die spektors Johann Georg Wölffling der Neubau des wohlerhaltene Renaissanceschlösser. So kam es Hoch Gräffllche Resident! Corps de logis und des zum Kirchenflügel im Nor- hier im 18. Jahrhundert lediglich zu Umbauten und Stadt Kirchberg", den symmetrischen Südflügels. Die Achsen der und Erweiterungen mit freilich auch städtebau- gefertigt von J. Z. Krieg, beiden Schlossflügel treffen in stumpfem Winkel lichem Anspruch, galt es doch mit den Neubau- 1747, Ausschnitt.

117 5 Kirchberg, Stadt und Schloss von Süd- osten (Foto 1995).

Projekten der beiden waldenburgischen Residen- seitigen Schlossflügels und des ihm vorgelager- zen zu konkurrieren. In Kirchberg fügte der mark- ten Marstalls gelegt worden, deren prunkvoll ge- gräfliche Hofarchitekt Leopoldo Retti aus Ans- staltete Durchfahrten nun auf eine Achse mit bach dem alten Schloss zur Stadt hin 1738 und dem Portal der 1618 vergrößerten und verschö- 1741 zwei Flügelneubauten an, die 1756 auch nerten Stadtkirche zu liegen kamen. Die beiden durch ein neues Corps de logis verbunden wur- stadtbildprägenden Dominanten Schloss und Kir- den und die ähnlich wie in Bartenstein leicht di- che traten damit in unmittelbare Beziehung zu- vergieren. Der so gewonnene Ehrenhof wurde in einander, so dass der Platz dazwischen zum städ- Kirchberg allerdings mit einer Mauer und einem tebaulichen Bindeglied zwischen Stadt und Resi- in die Mittelachse der Schlossanlage gestellten denz werden konnte. Torhaus abgeschlossen. Die heute vorhandene Die architektonische Ausformung begann dann Öffnung des Schlossprospektes zur Stadt ist erst unter Graf Karl Ludwig, der von 1709 an in Wei- nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden und kersheim residierte: Gleich nach seinem Regie- hatte den Abbruch zweier herrschaftlicher Bau- rungsantritt beauftragte er Jakob Börel mit dem ten des 18. Jahrhunderts zur Voraussetzung (Abb. Bau des so genannten Kavaliershauses an der 4 u. 5). Südseite des Marktes. Das schlichte Mansard- Einen Sonderfall, den wir in diesem Zusammen- dachgebäude, das am Portal die Initialen des Bau- hang nicht unerwähnt lassen dürfen, stellt die herren sowie die Datierung 1711 trägt und heute Anlage des Marktplatzes in Weikersheim dar, das Rathaus beherbergt, war als Dreifamilienhaus durch die eine für Hohenlohe einzigartige gestal- für Hofbeamte gedacht. Gleichzeitig mit der Er- terische Verbindung von Schloss und Stadt er- richtung des Kavaliersbaus erhielt auch das ge- reicht wurde, obwohl an der Schlossarchitektur genüberliegende Kornhaus des 16. Jahrhunderts 6 IngelfIngen, Plan zur im 18. Jahrhundert keine baulichen Veränderun- eine neue, 1712 fertiggestellte Fassade gegen Erweiterung der Marian- gen erfolgten. Der Grundstein dazu war bereits den Platz. Damit war nach der Längsachse auch nenvorstadt, 1785. im 17. Jahrhundert mit dem Neubau des stadt- die Querachse des Platzraums bestimmt und ar- chitektonisch akzentuiert. Sein charakteristisches Aussehen gab dem Markt- platz jedoch der in fürstlich-öttingischen Diens- ten stehende Ingenieursoffizier Johann Christian Lüttich. 1729 errichtete er die beiden Pavillons für Rentamt und Wache mit den anschließenden, im Viertelkreis geführten Arkadenbauten. Sie ge- ben dem Platzraum einen würdevollen Abschluss im Westen und leiten dennoch zum Schloss hin, lassen den Markt zum Cour d'honneur der Re- sidenz werden. An der übrigen Bebauung des Marktplatzes wurde noch bis in das beginnende 19. Jahrhundert gearbeitet, obwohl mit dem Tod Karl Ludwigs 1756 die Residenzzeit in Weikers- heim endete.

118 Unter den hohenlohischen Residenzen das ein- zige Beispiel für die Aufgabe der angestammten Höhenburg und die Wahl eines neuen, den neu- zeitlichen Repräsentationsansprüchen entgegen- kommenden Schlossstandortes ist Ingelfingen. 1625 kam es zum Schlossneubau am Südrand der Stadt in bequemer Tallage und ab 1705, nachdem Ingelfingen zum Sitz einer von Langen- burg abgeteilten eigenständigen Linie geworden war, wird dieser durch eine Dreiflügelanlage er- setzt. Trotz der eigentlich günstigen Bedingun- gen unterblieb jedoch auch bei der barocken Er- neuerung eine deutliche städtebauliche Zuord- nung von Schloss und Stadt.

Stadterweiterungen

Der Plan zu einer Stadterweiterung in Ingelfingen wurde 1781 gefasst und ab 1782 in mehreren Bauphasen realisiert. Welches Ziel Fürst Friedrich Ludwig damit verfolgte, lässt seine „Proclama- tion" von 1782 erkennen: „Es ist Hauptgegen- stand dieses gnädigsten Fürsten, die neuen Ein- wohner dieser Vorstadt glücklich zu machen, zu deren Ende Höchstderselbe alles in den Stand zu setzen sich gnädigst beeifern, wodurch der Handlungs- und Nahrungszweig in den besten Flor gesetzt werden möge." Der neue, Marian- nenvorstadt genannte Stadtteil sollte demnach vorwiegend der Ansiedlung privater Unterneh- mer und qualifizierter Handwerker dienen. Um entsprechende Ansiedler zu gewinnen, wurden sern, die in den 1790er Jahren und noch bis 1806 7 Ingelfingen, westlicher so genannte Baugnaden gewährt. Der Aufruf als östlicher Abschluss der Mariannenvorstadt er- Abschnitt der Mariannen- fand zunächst aber nur mäßigen Anklang, so richtet wurden (Abb. 8). vorstadt (Foto 1998). dass sich Friedrich Ludwig veranlasst sah, eine Neben merkantilistischen Ideen wie in Ingelfin- Anzahl Häuser aus eigenen Mitteln zu erstellen. gen, liegen dem planmäßigen barocken Stadt- 8 Ingelfingen, Klein- häuser in der Mariannen- Die Aufsicht über den Baufortgang war Johann ausbau in Bartenstein hauptsächlich religionspo- vorstadt (Foto 1950er Georg Glenck übertragen, der nach seinem Stu- litische Absichten zugrunde: 1667 traten die bei- Jahre). dium in Berlin zuerst an der Saline in Hall gearbei- den Söhne Georg Friedrichs II. von Schillingsfürst, tet hatte, bevor er zum hohenlohischen Baurat die in die katholische Familie der Grafen von und Salinendirektor ernannt wurde. Ob Glenck Hatzfeld eingeheiratet hatten, zum katholischen auch der Autor des unsignierten Ausbauplans Glauben über. Ein Konfessionswechsel der Un- von 1785 ist, bleibt allerdings unklar (Abb. 6). tertanen war damit zwar nicht verbunden und Dieses Projekt sah eine repräsentative hufeisen- konnte auch nicht erzwungen werden, doch för- förmige Platzerweiterung vor, die jedoch nicht derten die konvertierten Waldenburger Linien ab zur Ausführung kam. dem späten 17. Jahrhundert gezielt die Ansied- Statt dessen folgte die neue Vorstadt dem Verlauf lung katholischer Bevölkerung in ihren Gebieten. der alten Landstraße nach Künzelsau beiderseits So entstand selbst in der kleinen Nebenresidenz in gerader Bauflucht. Das mittelalterliche Steu- Kupferzell durch die Zuwanderung katholischer bertor wurde beseitigt und durch ein nicht er- Familien eine bescheidene vorstädtische Sied- haltenes Säulentor ersetzt. 1784 entstand auf der lung. bis dahin noch weit gehend unbebauten Nord- In Bartenstein begann die planmäßige Erweite- seite die pyramidenförmige Esse des Hofschlos- rung der Stadt spätestens um 1750. Fürst Ludwig sers. Die Wohnhausbebauung bestand zunächst Leopold trieb den Ausbau voran, indem er zwi- aus weitgehend ähnlichen zweigeschossigen, schen 1769 und 1774 auf eigene Kosten und traufständigen Einzel- und Doppelhäusern (Abb. nach dem in dieser Zeit üblichen Modellhaus- 7). Sie unterscheiden sich deutlich von den einfa- schema Häuser errichten ließ, die er anschließend chen, nurmehr eingeschossigen Handwerkerhäu- zu einem günstigen Preis bevorzugt an Neu-

119 Hofbeamtenschaft konzipierten Vorstadt stellt die sogenannte Karlsvorstadt in Öhringen dar. Die Planungen dazu begannen bereits Ende der 1770er Jahre. Verstärkt vorangetrieben wurde der Vorstadtbau, nachdem Öhringen 1782 in den alleinigen Besitz der Neuensteiner Hauptlinie übergegangen war. Fürst Ludwig Friedrich Carl von Hohenlohe-Neuenstein-Oehringen be- stimmte Öhringen zu seinem ständigen Aufent- haltsort und verlegte 1791 auch seinen Sommer- sitz in die Karlsvorstadt. Wie die Mariannenvorstadt in Ingelfingen folgt die Karlsvorstadt einer alten Ausfallachse, der wichtigen Post- und Handelsstraße - 9 Öhringen, Situations- ansiedier katholischen Glaubens verkaufte. Die Nürnberg. Allerdings ist uns für die Öhringer plan der Karlsvorstadt, durchgängig zweigeschossige, traufständige Neu- Stadterweiterung kein umfassender Planentwurf um 1832. bebauung setzt dabei geradlinig die mit dem süd- überliefert. In einem Stadtplan von Öhringen aus lichen Schlossflügel eingeschlagene Richtung dem Jahr 1774 ist die Karlsvorstadt zwar darge- fort. Der Gesamtentwurf für die auf das Schloss stellt; die Eintragung mit schwarzer Tusche er- orientierte und an ihren drei Ausgängen durch folgte aber erst Anfang des 19. Jahrhunderts und Torhäuser gesicherte Stadtanlage von Bartenstein auch der hier abgebildete Lageplan entstand erst wird Andreas Gallasini und Johann Georg Wölff- um 1832 (Abb. 9). Über die eingehenden Bau- ling zugeschrieben, die uns schon im Zusammen- gesuche entschied die herrschaftliche Bauver- hang mit der Neugestaltung des Schlosskomple- waltung von Fall zu Fall; Leiter der fürstlichen xes begegnet sind. Baudeputation war seit 1781 - der uns bereits Eine Schwierigkeit, mit der sich im 18. Jahrhun- bekannte - Johann Georg Glenck. dert Residenzen auch andernorts auseinanderzu- Der charakteristische Knick im Straßenverlauf setzen hatten, war der mit den wachsenden An- gliedert die Karlsvorstadt in einen inneren, schon sprüchen der Hofhaltung steigende Raumbedarf 1786 fertiggestellten, und einen äußeren Ab- für Hofbeamte und Residenzpersonal. Innerhalb schnitt, dessen Ausbau bis in das 19. Jahrhundert der bestehenden Altstädte stand dafür in der andauerte. An der Nahtstelle der beiden Teilstü- Regel nur wenig Platz zur Verfügung. Konnten cke stehen sich die Bauten der Domänenkanzlei nicht bei Umgestaltungs- und Neuordnungsmaß- und des fürstlichen Palais gegenüber. Ein klassizi- nahmen im Umfeld des Schlosses entsprechen- stisches Säulentor, das wie in Ingelfingen an die de Einrichtungen geschaffen werden - wie etwa Stelle des mittelalterlichen Stadttores trat, eröff- in Bartenstein und Weikersheim war man ge- net die Vorstadt und schließt sie zur Altstadt hin zwungen, auf vorstädtische Gebiete auszuwei- optisch ab. Wegen der bereits angrenzenden Vor- chen. In Langenburg z. B. bestand schon seit dem stadtbebauung fiel der erst 1792 errichtete Tor- 16. Jahrhundert eine Vorstadt vor dem Oberen bau allerdings bescheidener aus als von Glenck Tor. Nach Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg ursprünglich gedacht (Abb. 10). Die Wohnbe- wurde diese im 18. Jahrhundert wieder bebaut bauung der Karlsvorstadt beherrscht der Typ des und in diesem Zusammenhang auch zwei einge- zweigeschossigen, heute steinsichtigen Werk- schossige Doppelhäuser für Schlossbedienstete steinhauses mit Mansardwalmdach. Hinter den errichtet. Mauern, die die freistehenden Einzelhäuser zum Ein besonders repräsentatives und anschauliches Straßenraum hin miteinander verbinden, lagen Beipiel einer vornehmlich zur Unterbringung der große private Gärten.

10 Öhringen, Karls- vorstadt mit Oberem Tor (Foto 1996).

120 Garten- und Parkanlagen

Aus der Kartierung (Abb. 1) geht deutlich her- vor, dass die Anlage von Gärten und Parks die am häufigsten ausgeführte Verschönerungsmaß- nahme an den hohenlohischen Residenzen im 18. Jahrhundert darstellt. Neue Hofgärten ent- standen nicht nur im Zusammenhang mit allen Schlossneubauten, selbst in Residenzorten, in de- nen man die bestehenden Renaissanceschlösser unverändert weiterbenutzte, wurden diesen neue Schlossgärten angeschlossen. Die einzige Aus- nahme bildet , das mit dem Ausster- ben der Linie Waldenburg-Pfedelbach 1728 sei- ne Residenzfunktion verlor und dessen aus dem ohne jede optische oder gestalterische Verbin- ? 7 Kirchberg, Situations- 17. Jahrhundert stammender „Herrengarten" in dung zum Schloss angelegt werden. plan des Sophienbergs, der Folgezeit verfiel. Mit der Neugestaltung des Kichberger Hofgar- aufgenommen von In Weikersheim war 1708 mit der barocken Neu- tens in der Vorstadt wurde in der Regierungszeit L. Kretschmer, Anfang gestaltung des alten Schlossgartens begonnen Graf Friedrich Eberhards begonnen. 1736 bezahl- 19. Jahrhundert. worden. Der nassau-zweibrückensche Hofgärt- te man für einen Gartenriss 3 Gulden an den Hof ner Daniel Matthieu lieferte den Entwurf für die in Zweibrücken, zu dem verwandtschaftliche Ver- heute rekonstruierte Neuanlage. Ihren Südab- bindungen bestanden. Für die Neuausformung schluss bildet die in der Hauptachse des Gartens wurde das Gelände des alten Hofgartens mit Hil- zur Landschaft des Taubertals geöffnete Archi- fe erheblicher Aufschüttungen zum Jagsttal hin tekturkulisse einer Orangerie - erbaut 1719/23 erweitert und ein glockenförmiges Parterre ange- nach Plänen jenes Johann Christian Lüttich, dem legt, dessen Mittelpunkt eine Fontäne bildete. wir auch die Arkaden-Exedra am Weikersheimer 1749 entstand an der Nordseite des Hofgartens Marktplatz verdanken. Einen älteren herrschaftli- eine Orangerie. Für den Orangeriebau waren der chen Lustgarten gab es auch in Öhringen, doch Hofmaurer und der Hofzimmermann eigens nach lag dieser südlich weit vor der Stadt. Nachdem Cappel bei Öhringen geschickt worden, um das der Witwensitz Öhringen 1677 in eine Residenz dortige Orangerieschloss zu begutachten. Ein umgewandelt worden war, wurde diese Anlage 1762 begonnenes Projekt zu einer repräsentati- aufgegeben und in unmittelbarer Nachbarschaft ven Erweiterung mit einem Terrassengarten nach vom Schloss ab 1712 ein neuer Hofgarten ange- Süden blieb offensichtlich in den Anfängen ste- legt, dessen Mittelachse ein Theatergebäude ab- cken. Statt dessen wandte sich Fürst Christian schließt. Eine 1781 massiv ausgeführte Treppen- Friedrich Carl, der 1767 die Regierung übernom- brücke half, die Stadtmauer und die Ohrn zu men hatte, der landschaftsgärtnerischen Ausge- überwinden, die Schloss und Schlossgarten wei- staltung des so genannten Alten Berges zu, der terhin voneinander trennten. später nach der zweiten Gemahlin des Fürsten in Weitaus größere Schwierigkeiten für die Anlage „Sophienberg" umbenannt wurde. Mit den Ideen zeitgemäß-repräsentativer Gärten bereitete an der Landschaftsgartenkunst in Berührung ge- mehreren Orten die Topographie. So ließ es die kommen war Fürst Christian Friedrich Carl mög- ausgeprägte Spornlage in Bartenstein, Schillings- licherweise schon bei seinem Besuch in Bayreuth fürst und Kirchberg nicht zu, die Hofgärten un- 1769. Die Reisen zum Schönbusch bei Aschaf- mittelbar am Schloss anzulegen und Schloss und fenburg und nach Wilhelmsbad im Jahr 1782 Garten in einen Zusammenhang zu bringen. In hängen dann nachweislich mit der Anlage des Bartenstein besteht durch den seitlichen, in der Sophienbergs zusammen, mit dessen Gestaltung Verlängerung der Achse des nördlichen Schloss- man noch im gleichen Jahr begann. Geleitet wur- flügels gelegenen Treppenaufgang zum Garten, den die Arbeiten von Johann Friedrich Christian aber wenigstens ein städtebaulicher Bezug. Be- Krüger, seit 1786 Hofgärtner in Kirchberg, der gonnen wurde mit dem Bartensteiner Hofgarten selbst im Schönbusch gearbeitet hatte und dem 1716, also noch vor dem eigentlichen Schloss- Fürsten vom dortigen Hofgärtner empfohlen neubau. Der zentrale Gartenpavillon entstand - worden war. Am Sophienberg wurde der mar- vielleicht nach Plänen von Louis Remy de La Fosse kante Bergkegel - ein Umlaufberg der Jagst-sys- - in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In tematisch bepflanzt, mit einem feinmaschigen, Schillingsfürst und Kirchberg mussten die Hof- dem Gelände folgenden Wegenetz überzogen gärten dagegen aufgrund der ungünstigen Ge- sowie mit Kleinarchitekturen und Staffagebauten ländesituation in noch größerer Entfernung und bereichert und seine Spitze durch eine kreisförmi-

121 •iiiti"'-

72 Weikershelm, „Prospektivischer Plan... ^c.rc: (des) Lust Schlosses a auf dem Carlsberg nebst der Gegend der Residenz Stadt Welckers- .rjsc.fc. A helm", Homännlsche Erben Nürnberg, 1747.

ge Baumpflanzung akzentuiert. 1796 waren die tert, und in Langenburg gestaltete in den 1780er Maßnahmen im wesentlichen beendet (Abb. 11). Jahren wohl ebenfalls Johann Friedrich Christian Von der vielfältigen Ausstattung der von Beginn Krüger den Nord- und Westhang beim Schloss als an für die Öffentlichkeit zugänglichen Anlage hat „Englischen Garten". sich nur wenig erhalten. Dazu gehören ein klei- nes, „Christiansruhe" genanntes Salongebäude Sommer-, Lust- und Jagdschlösser von 1789 und der „Belvedere" von 1791, ein Rin- denpavillon auf einem ruinenartigen Unterbau. Ihre intensiven gestalterischen Beziehungen mit Kleinere Anlagen im landschaftlichen Stil aus dem Umland, die die Residenzstadt zum „Mit- dem ausgehenden 18. Jahrhundert finden sich telpunkt eines die Landschaft bewusst einbezie- 73 Langenburg, auch an anderen hohenlohischen Residenzen: In henden Residenzraums" (Ennen) machen, sind Jagdpark Ludwigsruhe Bartenstein wurde der terrassierte Hofgarten um ein Wesensmerkmal frühneuzeitlicher Residen- (Foto 1998). einen landschaftlichen Teil nach Norden erwei- zen. Komponenten dieser Umlandverflechtun- gen sind die Öffnung der Residenzstadt durch Garten- und Parkanlagen in die Landschaft-wie wir sie auch bei den vorangegangenen Beispielen beobachten konnten - und mehr noch die Er- richtung von Sommerresidenzen, Lustschlössern und Jagdparks in der näheren und weiteren Um- gebung.

Bei der Anlage von Jagdparks konnte in Hohen- lohe im 18. Jahrhundert durchwegs auf ältere Ein- richtungen zurückgegriffen werden. Die wichtig- ste unter ihnen war das im frühen 16. Jahrhun- dert errichtete Jagdschloss Hermersberg mit der umliegenden „Wildfuhr", die gemeinschaftlich genutzt wurde. Während des 18. Jahrhunderts besaßen Ingelfingen 1ln und Öhringen 5/i2 Anteile

122 an dem Jagdrevier. Die Bedeutung von Hermers- Verschiedene Künstler, die uns schon an anderen berg war jedoch bereits deutlich zurückgegangen hohenlohischen Residenzen begegnet sind, wa- und insbesondere Öhringen investierte, wie die ren in den 1770er und 1780er Jahren in Frie- Kartierung (Abb. 1) erahnen lässt, in andere Pro- drichsruhe beschäftigt, neben dem Kirchberger jekte. Auch bei dem Gutshof Lindenbrunn, östlich Hofgärtner Krüger auch Johann Georg Glenck. von Langenburg, war schon im 16. Jahrhundert Letzterer entwarf für Friedrichsruhe außer ver- ein Wildgehege angelegt worden. Unter Graf schiedenen Gartenpavillons ein Schießhaus in der Ludwig von Hohenlohe-Langenburg wurde 1736 Gestalt eines griechischen Tempels und eine so bis 1742 der Wildpark neu eingerichtet, ummau- genannte Moschee, die allerdings nicht erhalten ert (Abb. 13) und neben der alten Hofanlage nach sind bzw. nicht zur Ausführung kamen. Grünen- einem Entwurf Leopolde Rettis ein Jagdschloss wald zufolge war Friedrichsruhe in diesen Jahren erbaut. 1761 erfolgte die Umbenennung der gan- „Mittelpunkt eines lebhaften verwandtschaftli- zen Anlage in Ludwigsruhe. chen Verkehrs zwischen den einzelnen hohenlo- Einen besonders repräsentativen Jagdpark, des- heschen Vettern in Weikersheim, Langenburg, sen ursprüngliches Aussehen unter anderem ein Kirchberg und Ingelfingen. Die zahlreichen Tage- Lamberiebild von 1747 im Rittersaal des Weikers- bücher des Fürsten (Ludwig Friedrich Karl; Anm. heimer Schlosses wiedergibt, hat sich in den d. Verf.) sind angefüllt mit Notizen über diese Be- 1720er Jahren Graf Karl Ludwig mit dem nach suche und deren Urteile über das Friedrichsruher ihm benannten Karlsberg bei Weikersheim ge- Bauwesen. Die neuesten Bauten werden begut- schaffen (Abb. 12). Auch hier bestand minde- achtet, Ratschläge ausgetauscht, denn überall stens seit 1679 ein von einem Holzzaun einge- suchte man die Schloßgärten zu verschönern und friedeter Tiergarten. 1726 wurde damit begon- zu bereichern; nirgends aber waren die Möglich- nen, das Gelände mit einer massiven Mauer zu keiten schon rein räumlich so unbegrenzt wie in umgeben. Zur gleichen Zeit entstand am Süd- Friedrichsruhe". hang ein herrschaftlicher Weinberg mit dazu- Die Residenz Öhringen verfügte ab 1736 neben gehöriger Kelter. Ab 1727 arbeitete man an dem Friedrichsruhe jedoch noch über ein zweites Som- repräsentativen baulichen Zentrum des Wild- merschloss, das - im Zusammenhang mit dem parks. Nach Plänen Johann Christian Lüttichs ent- Kirchberger Hofgarten bereits erwähnte - Oran- stand ein zweigeschossiges Lusthaus mit quadra- gerieschloss im wenige Kilometer östlich von Öh- tischem Grundriss, das von einem runden um- ringen gelegenen Cappel. Dem leider stark verän- mauerten Hof umschlossen wird, an dem vier derten Hauptgebäude vorgelagert war ein Lust- eingeschossige Pavillonbauten liegen. Die Namen garten mit Wasserspielen und kleineren Garten- der vier Nebengebäude geben ihre Funktion an: bauten. Unmittelbar vor dem Cappeler Orange- Küchen-, Chaisen-, Kavaliers- und Stallpavillon. rieschloss und seinem Garten verlief die alte Leider wurden in den 1860er Jahren der Mittel- Straße zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall, bau und zwei der Nebengebäude abgebrochen. die seit 1776 zur von Pappeln gesäumten Chaus- Ein Alleenstern mit dem Zentralbau im Mittel- see ausgebaut wurde und entlang der wenig spä- punkt erschließt den Jagdpark. Am Ende der ter vor Öhringen die Karlsvorstadt entstand. Eine Südallee errichtete man 1742/43 den „Neuen Pa- stattliche Lindenallee führt bis heute von der ehe- 14 Weikersheim, villon", heute Gelbes Haus genannt, einen Saal- maligen Residenzstadt Öhringen auch zum frühe- so genanntes Gelbes bau, von dem aus sich ein großartiger Ausblick in ren Jagdschloss Friedrichsruhe (Abb. 15). Alleen Haus am Karlsberg die Landschaft bietet (Abb. 14). verbanden aber nicht nur die Residenzen und ihre (Foto 1997). Auf einen 1612 angelegten Tiergarten geht schließlich auch die Öhringer Sommerresidenz Friedrichsruhe zurück. Das zugehörige Jagdhaus wird noch 1708 als „von keiner sonderlichen Consideration ... zumal im hintern Giebel sehr baufällig" beschrieben und ab 1712 durch einen Neubau ersetzt. Ähnlich wie später beim Wei- kersheimer Karlsberg war das Hauptgebäude von verschiedenen Sekundärbauten umstellt, darun- ter zwei Marstallgebäude, ein Küchenbau und ein Jägerhaus. 1776 wurde ausgehend vom Hauptportal des Schlosses eine Alleenachse an- gelegt, an deren Ende als Point de vue ein nicht erhaltenes Gartenhaus stand. Dahinter lag ein in französischem Geschmack gestaltetes Blumen- parterre.

123 Trabantenschlösser miteinander; ab der Mitte des Mit dem Gesamtanlagenschutz gemäß Para- 18. Jahrhunderts wurde das ganze Territorium graph 19 räumt das Denkmalschutzgesetz von mit einem Netz neuer Kunststraßen überzogen. Baden-Württemberg den Gemeinden zudem die Ein pyramidaler Gedenkstein am südwestlichen Möglichkeit ein, bedeutende Stadtgestalten und Stadtausgang von Kirchberg erinnert bis heute städtebauliche Zusammenhänge durch eine kom- daran mit der Inschrift: „Im Fränkischen Kreis munale Satzung unter Denkmalschutz zu stellen. machte Hohenlohe-Kirchberg den Anfang mit Bislang sind mit Langenburg und Weikersheim dem Chaussee-Bau hier auf dieser Stelle, 1753". freilich erst zwei der ehemaligen hohenlohischen Residenzstädte einem entsprechenden Vorschlag Ausblick des Landesdenkmalamtes gefolgt; für Barten- stein ist eine Gesamtanlagenschutzsatzung zur Zusammenfassend lässt sich feststellen: Bei der Zeit in Arbeit. Der Gefährdung von kulturhistori- Ausgestaltung derhohenlohischen Residenzen im schen Überlieferungen, die darüber noch hinaus- 18. Jahrhundert wurden erhebliche städtebau- gehen und im Landschaftsbezug ihre wichtigste liche und landschaftsgestalterische Anstrengun- Bedeutung haben, lässt sich auf der Grundlage gen unternommen. Dabei handelt es sich um des Denkmalschutzgesetzes schließlich kaum mehr einen komplexen siedlungsgeschichtlichen Vor- begegnen. gang mit großer Raumwirksamkeit, der die Kult- Rechtlich gesehen sind Schutz und Pflege der his- urlandschaft Hohenlohes so nachhaltig geprägt torischen Kulturlandschaft - wenn überhaupt - hat, dass man auch von einer Residenzlandschaft nur über ein Zusammenwirken verschiedener Hohenlohe sprechen kann. Diese stellt einen his- Rechtsinstrumente und eine Zusammenarbeit torischen Kulturlandschaftsausschnitt dar, dessen verschiedener Institutionen, auch solcher, die sich geschichtliche Bedeutung nicht nur an die seiner weniger der Konservierung als der Entwicklung historischen Einzelelemente herankommt, son- verpflichtet fühlen, sicherzustellen. Eine ganze dern sie in vielen Fällen sogar weit übertrifft. Da- Reihe einschlägiger Gesetze verpflichtet die Trä- mit entzieht sie sich jedoch zu einem großen Teil ger raumwirksamer Planungen ausdrücklich, ne- dem Zugriff des Denkmalschutzes und dem gän- ben den landesrechtlich geregelten Belangen von gigen konservatorischen Handeln, die in Baden- Denkmalschutz und Denkmalpflege auch die der Württemberg in besonderem Maße dem Einzel- historischen Kulturlandschaft bei ihren Überle- denkmal verpflichtet sind. gungen zu berücksichtigen. Das setzt aber vor- Kulturdenkmale im Sinn des Denkmalschutzge- aus, dass Wissen um kulturlandschaftsgeschicht- setzes stellen dabei zwar nicht nur die Schloss- liche Bedeutung erlangt und so aufbereitet wird, bauten, sondern auch flächenhafte historische dass es frühzeitig und unmittelbar in die geeig- Kulturlandschaftselemente, wie beispielsweise der neten kommunalen und regionalen Planwerke Jagdpark Ludwigsruhe oder der Landschaftsgar- eingebracht werden und im Planungsprozess ten des Sophienbergs bei Kirchberg dar. Auch steuernd wirken kann. eine so komplexe Anlage wie die Öhringer Som- Mit seinem Fachbeitrag zum Landschaftsplan der merresidenz Friedrichsruhe besitzt in Sachgesamt- Gemeinde Weikersheim hat das Landesdenkmal- 15 Öhringen 'ne't Kulturdenkmaleigenschaft. Diese umfasst ne- amt 1997 ein Beispiel für eine solche Vorgehens- Lindenallee zum Jagd- ben den Schloss- und verschiedenen Nebenge- weise geliefert. Kernstück ist eine thematische schloss Friedrichsruhe bäuden die erhaltenen Gartenbereiche sowie die Karte im Maßstab 1:15000 mit allen schutz- (Foto 1998). Lindenallee nach Öhringen. würdigen historischen Kulturlandschaftsbestand- teilen des Gemeindegebietes (Abb. 16). Ihrer Er- scheinung in der Landschaft nach sind diese in Bodendenkmale (violett), Denkmale des Garten- und Landschaftsbaus (grün) und Baudenkma- le (rot) unterschieden. Kulturdenkmale im Sinn des Denkmalschutzgesetzes, wie z. B. der Jagd- park Karlsberg mit dem „Gelben Haus" (Objekt Nr. 1.20 und 1.21), werden dabei in kräftigen Farbtönen wiedergegeben; erhaltenswerte histo- rische Landschaftselemente, denen die beson- dere Bedeutung von Kulturdenkmalen nicht bei- gemessen werden kann, wie etwa der fürstliche Weinberg und die fürstliche Kelter von 1727 und 1730 (Objekt Nr. 1.22 und 1.23), sind in blasse- ren Farben dargestellt. Ein ausführlicher Textteil interpretiert das Kartenbild und erläutert Vertei-

124 lung, Art und strukturelle Beziehungen der kar- tierten Einzelobjekte. Wenigstens für eine der ehemaligen Residenzen liegt damit eine differenzierte Darstellung vor, die erkennen lässt, wie sehr die Hofhaltungen des 18. Jahrhunderts zur Einzigartigkeit der hohenlo- hischen Kulturlandschaft beigetragen haben, und die die Grundlage schafft für einen verant- wortungsvollen Umgang mit diesem Erbe.

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