GEME EN IN H D C E R I N

K

E I E D T T E I R M S T E D T

St. Christian, St. Katharina, St. Martin, St. Johannis, Poppenbüll St. Anna, Tetenbüll St. Martin, St. Michael, Welt St. Stephanus, um die Zeit der Kirchengründungen

ies ist ein Ausschnitt aus der Karte „Eiderstedt. Deichlinie um 1200 mit den älteren Kögen, Warfen und Kirchen, den Wasserläufen und Geest- D zügen.”, die Dr. Rudolph Koop für das 1936 bei Lühr&Dircks in Garding erschienene „Eiderstedter Heimatbuch, 1. Teil: Besiedlung und Bedeichung” gezeichnet hat. Diese Karte entspricht in vielen Details nicht dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, aber sie vermittelt einen Eindruck von den Verhältnissen auf Eiderstedt zur Zeit der Kirchengründungen.

Im Norden und Nordwesten war das Gebiet durch Priele und Sumpfgebiete stark gegliedert. Es entsprach aber nicht dem heutigen Sand- und Schlick- watt, sondern dem hohen bewachsenen Vorland, war also nicht ständig den Gezeiten ausgesetzt. Die Süderhever trennte Utholm und Eiderstedt vonein- ander und ging in das Fallstief über, das Westerhever zur Insel machte. Pop- penbüll und Osterhever wurden durch das Kraultief getrennt, waren aber durch flache Deiche gegen zu häufige Überflutungen gesichert. Tetenbüll lag durch die Offenbüller Bucht noch direkt am Vorland und war damit bei Sturmfluten dem Einfluss des Meeres ausgesetzt. Eiderstedt heute

Quelle: OpenStreetMap Köge in Eiderstedt und einige Bedeichungsjahre Ein Koog ist ein Bereich der flachen Marsch, der durch Deichbau gegen Überflutung durch die See geschützt und durch Entwässerung nutzbar gemacht wurde.

nach: H.Kunz / A.Panten Die Köge Nordfrieslands 1997 Historischer Überblick

Eiderstedt und die Kirchen in Garding, Katharinenheerd, Poppenbüll, Osterhever, Tetenbüll, Vollerwiek, Welt und Zeit Aus aller Welt Westerhever

Ab Chr. Geburt Landnahme der Marschen entlang 1000 54-68 n. Chr. Kaiser Nero beherrscht das der Eider Römische Reich ab 7. Jh. Einwanderung der Friesen wohl 65 n. Chr. Märtyrer-Tod des Paulus in Rom 1103 Bau der Tatinger Kirche 1100 1050 Zerstörung von Haithabu 1109 Bau der Gardinger Kirche Sandwehle 1077 Kaiser Heinrich IV. geht nach 1113 der Pastor der Gardinger Kirche wird Canossa erschlagen 1096 Beginn der Kreuzzüge 1113 es werden Kapellen in Katharinenheerd, Osterhever, Poppenbüll, Tetenbüll, Voller- 1147-49 2. Kreuzzug wiek und Welt gegründet 1157 Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1117 die Gardinger Kirche wird am jetzigen widersetzt sich dem Papst Standort neu gebaut 1189-92 3. Kreuzzug Kaiser Friedrich I.

1252 Kriegszug des König Abel nach Eiderstedt 1200 1227 Friedrich II. besiegt die Die Eiderstedter geloben, den Heiligen Dänen bei Bornhöved Christian zu Garding mit Gold zu beschla- gen, wenn sie vor König Abel geschützt würden. Abel stirbt auf dem Milderdamm

1350 Pest auf Eiderstedt 1300 1339-1453 der „Hundertjährige Krieg“ 1362 1. Grothe Mandränke, nach Pest und 1347-53 „Der Schwarze Tod“, europ. Sturmflut werden viele Warften aufge- Pestepidemie; ca. 25 Mio. geben d. h. „wüst“ (Hundorf) Tote – 1/3 der Bevölkerung 1370 der Staller Ove Hering beendet mit den stirbt Utholmern die Herrschaft der Woge- 1386 Vereinigung Schleswigs mit männer in Westerhever Holstein

1403–30 Höhepunkt der Fehde mit den Dithmarschern 1400 1440 Erfindung des Buchdrucks 1415 Zerstörung der Kirche Welt durch Dith- 1460 Schleswig und Holstein mit marscher Dänemark verbunden 1426 „Die Krone der rechten Wahrheit“ – Das 1492 „Entdeckung“ Amerikas alte Eiderstedter Landrecht 1498 Vasco da Gama erreicht 1437 Deichstreit bei Osterhever mit 36 Toten Indien durch die Weigerung Gardings, Katha- rinenheerds, Tetenbülls und Poppenbülls, beim Hever-Deich zu helfen Ca. 1450 Kirche Vollerwiek: Anbau des Chorraums und Errichtung des Altars (ältester Schnitzaltar Eiderstedts) 1451 Errichtung des Turmes der Tetenbüller Kirche 1494 der Priester Nikolaus Süwels wird in Poppenbüll (oder in Garding) erschlagen. Daraufhin dürfen 6 Wochen keine kirch- lichen Handlungen, d. h. auch keine Beerdigungen, vorgenommen werden. Ausbruch einer Seuche, vermutlich Pest Eiderstedt und die Kirchen in Garding, Katharinenheerd, Poppenbüll, Osterhever, Tetenbüll, Vollerwiek, Welt und Zeit Aus aller Welt Westerhever

1509 der Gardinger Kirchturm fällt im Sturm 1500 1517 Beginn der Reformation (6. 12.) (Martin Luther, 1527 „Friedensvertrag“ zwischen Dithmarschen 95 Thesen an die Schloss- und Eiderstedt kirche in Wittenberg) 1540 alle Gräben waren ausgetrocknet 1522 Übersetzung des Neuen 1580-1660 kulturelle Blüte Eiderstedts: in vielen Testaments Kirchen werden Kanzeln, Triumphkreuz- 1529 die Türken vor Wien gruppen, Taufsteine, Chorbänke u.v.a.m. 1577 Francis Drake umsegelt die errichtet, die bis heute die Kirchen Welt schmücken, meist gespendet von Bürge- rinnen und Bürgern des jeweiligen Dorfes

1604 Errichtung des hölzernen Glockenturmes 1600 1618-48 der 30-jährige Krieg („Glockenstapel“) der Kirche Katharinen- 1624 Kardinal Richelieu ist heerd Minister in Frankreich 1612 Bau der Süderbootfahrt als wichtige 1629 Friede von Lübeck zwischen Wasserverbindung zwischen Katingsiel Christian IV von Dänemark und Garding und Wallenstein 1612 Bau der Norderbootfahrt als wichtige 1643-1715 Ludwig XIV. Wasserverbindung von Tönning über („Der Staat bin ich!“) Katharinenheerd nach Tetenbüll 1665 Gründung der Universität 1628 Einquartierung von kaiserlichen Truppen Kiel auf Eiderstedt mit vielen Plünderungen 1696 Einführung der Konfirmation 1634 2. Grothe Mandränke mit vielen Toten, durch Christian Albrecht Verlust von Vieh und Sachwerten; viele 1697 Prinz Eugen besiegt die Hofbesitzernamen verschwinden Türken 1676-80/1687-98 Das Propstwahlrecht wird aus- gesetzt

1700 Martje Flohrs (1689-1747) aus Katharinen- 1700 1700-21 der nordische Krieg heerd prägt als Zehnjährige gegenüber 1776-83 der nordamerikanische den feindlichen Soldaten den Trinkspruch: Freiheitskrieg „Et gah uns wohl op unse olen Dage”, 1789 Ausbruch der französischen der bis heute oft zitiert wird Revolution 1713 Besetzung Eiderstedts durch den schwe- 1790 in England wird das erste dischen General Steenbock Rettungsboot getestet 1731 Eiderstedt erlangt das Privileg der Propst- wahl zurück 1737 Eiderstedt verweigert eine General- visitation. Propst Gentzel weigert sich, an der Synode in Rendsburg teilzunehmen.

Weiter auf der nächsten Seite Historischer Überblick

Eiderstedt und die Kirchen in Garding, Katharinenheerd, Poppenbüll, Osterhever, Tetenbüll, Vollerwiek, Welt und Zeit Aus aller Welt Westerhever

1813/14 Einquartierung russisch-schwedischer 1800 1804-14 Napoleon ist Kaiser Truppen in Eiderstedt 1804 Einführung der Schulpflicht 1819 Neubau des Pastorats in Poppenbüll 1803-15 Befreiungskriege 1822 Einbau neuer Stützpfeiler in der Kirche 1848 1. Schleswig-Holsteinischer von Osterhever, Umgestaltung der Kanzel Krieg unter Verwendung älterer Teile 1864 2. Schleswig-Holsteinischer 1850 Propst Feddersen verlässt Eiderstedt, ein Krieg „konstituierter“ Propst wird eingesetzt; 1867 Schleswig-Holstein wird sechs Pastoren werden abgesetzt preußische Provinz 1854 das Propstwahl-Privileg wird aufgehoben 1886 Bau des ersten Automobils 1861/62 Eindeichung des Süderheverkooges 1895 Einweihung des Nord- 1877 große Renovierung der Kirche von Ostsee-Kanals Osterhever 1879 Renovierung der Poppenbüller Kirche mit Erneuerung der Decke, die „unschön“ und z. T. „anstößig“ bemalt war; Entfernung des Chorgitters von 1605 1893 Bau der Eisenbahn Tönning – Garding 1895 Bau des Dachreiters in Poppenbüll mit einer Turmuhr und Abbruch des frei- stehenden Glockenturms 1898 Bau der Orgel in Welt durch den renom- mierten Orgelbauer Wilhelm Sauer, Frankfurt (Oder)

1908 Errichtung des Turmes der Kirche Welt 1914-18 Erster Weltkrieg 1917 Einschmelzen der Tetenbüller Stunden- 1929 Beginn der Weltwirtschafts- glocke und der großen Poppenbüller krise Glocke für Kriegszwecke 1933-1945 NS-Herrschaft 1928 Sanierung der Innenwände der Kirche in Kirchenkampf in der Evan- Osterhever, die von einer dicken Salpeter- gelischen Kirche zwischen schicht bedeckt waren der „Bekennenden Kirche“ 1932 Zusammenlegung der Pfarrstellen von und den „Deutschen Christen“ Osterhever, Poppenbüll und Westerhever 1936 erste Fernsehsendung in Berlin 1935 Einweihung des Tümlauer Kooges 1900 1939-45 Zweiter Weltkrieg (Hermann-Göring-Koog) 1938 Judenpogrom in Friedrich- 1938 Einweihung des Norderheverkooges stadt, ausgeführt hauptsäch- (Horst-Wessel-Koog) lich durch SA-Männer aus 1938 Ein Flugzeug beschädigt die Turmspitze und Eiderstedt der Tönninger Kirche 1953 Aufstand in der DDR 1962 Sturmflut am 16./17.Februar 1961 Mauerbau 1966-1977 Renovierung der Kirche Welt – in dieser 1969 Mondlandung Zeit war die Kirche geschlossen; 1970 der Kreis aus anschließend wiedereröffnet als Pro- den Kreisen Eiderstedt, grammkirche „Sommerkirche Welt“ Husum und Südtondern 1969 Zusammenschluss der Kirchengemein- gebildet den Welt und Vollerwiek 1978/79 Schneewinter in Schleswig- zur Kirchengemeinde Welt-Vollerwiek Holstein Eiderstedt und die Kirchen in Garding, Katharinenheerd, Poppenbüll, Osterhever, Tetenbüll, Vollerwiek, Welt und Zeit Aus aller Welt Westerhever

1984-86 Renovierung der Poppenbüller Kirche, 1985 Einrichtung des „National- insbesondere der Orgel von 1847 unter park Schleswig-Holstein- Mithilfe eines Orgelbauvereins isches Wattenmeer“ 1990 Artistische Reparatur der Kirchturmspitze 1989 Wiedervereinigung Deutsch- in Osterhever ohne Einrüstung des Turmes lands

2002 Einsturz und Abbruch des Süderhauses 2000 2000 erster BSE-Fall in Deutsch- der Kirche St. Anna, Tetenbüll land 2002 Fusion der Kirchengemeinden Tetenbüll 2001 Terroranschlag am 11.9. in und Katharinenheerd zur Kirchen- USA gemeinde Tetenbüll/Katharinenheerd 2002 Einführung des „Euro“ 2004-2009 Um den drohenden Einsturz der Kirche 2005 Angela Merkel wird Bundes- in Tetenbüll zu verhindern, werden um- kanzlerin fangreiche Gründungsmaßnahmen mit 2009 der Nationalpark Schleswig- notwendiger Erneuerung von 10 Stütz- Holsteinisches Wattenmeer pfeilern realisiert wird von der UNESCO zum 2004 Zusammenstoß und Absturz zweier Weltnaturerbe erklärt Tornados nahe Poppenbüll 2013 Gründung der „Nordkirche“ 2007 Kirchliche Kooperation „Mittelregion 29. Okt. Sturm Christian Eiderstedt“ 5. Dez. Sturm Xaver 2008 Fusion der Kirchengemeinden Oster- hever, Westerhever und Poppenbüll zur Kirchengemeinde Heverbund 2009 Fusion der Kirchenkreise Eiderstedt, Husum-Bredstedt und Südtondern zum Kirchenkreis Nordfriesland 2010-2012 grundlegende Renovierung der Kirche St. Michael in Vollerwiek: Abstützen der Westfassade, Erneuerung des Mauerwerks der Westfassade, neue Dacheindeckung, Maueranker im Chorraum, Innenanstrich der Wände und des „Sternenhimmels“, Restaurierung von Altar, Kanzel und Triumphkreuzgruppe 2013 Kirche Katharinenheerd: Neuanstrich der Nordwand durch Gemeindeglieder 2013 900 Jahre Kirchengeschichte (siehe 1113) als gemeinsames Fest der Kirchen- gemeinden Heverbund, Tetenbüll/Katha- rinenheerd und Welt-Vollerwiek sowie aller beteiligten Kommunen und Vereine Besonderheiten in St. Christian, Garding

Früher auch St. Bartholomäus und Die Orgel St. Maria Magdalena Gesamtwerk aus drei Stilepochen: Das goti- Schon der romanische sche Hauptwerk wurde in der Renaissance Ursprungsbau hatte einen (um 1608) durch ein zusätzliches Register kreuzförmigen Grundriss, (heute Regal 8‘) erweitert. Es befindet sich war jedoch mit einer über dem Spieltisch in einem kleinen holz- flachen Holzbalkendecke vergitterten Schränkchen. Das Rückpositiv versehen. Wahrscheinlich folgte als selbständiges Werk um 1654. gab es eine halbrunde Mechanisches Regierwerk, Schleifladen, Apsis im Osten. mechanische Spieltraktur. In der Gotik (1483-1488) wurde der Bau gänz- Es ist die älteste Orgel Norddeutschlands lich umgestaltet. Größere Fensteröffnungen, (1512). der Anbau des Altarraumes, die Errichtung der Stützpfeiler und der Gewölbe sowie die Errichtung des Turmes. Das gewölbte Kirchenschiff ist einzigartig auf Eiderstedt. Die Zweischiffigkeit findet sich in Nordelbien nur noch in Krummesse bei Lübeck und Petersdorf auf Fehmarn.

Die Kanzel

Die Kanzel (1563) wurde ergänzt um die Kanzeltür (1631) sowie ein Gemäldefeld (1658), das Christus auf dem Berg der Verklä- Bildtafeln an der Nordempore rung darstellt (Mt. 17). Die vier Reliefs der vom Staller Sivert Sievertsen und seiner Frau gestifteten Kanzel zeigen den Sündenfall (1. Mose 3), die Aufrichtung der ehernen Schlange (4. Mose 21), Jesu Kreuzigung und Die um 1620 entstandenen Bilder, die die Jo- Christi Auferstehung (Original gestohlen, sefsgeschichte aus dem Alten Testament (1. 1980 nach photographischer Vorlage neu Mose 37-50) nacherzählen, wurden um 1840 geschnitzt). Die Aufsätze des Kanzeldeckels sämtlich braun übermalt (vgl. Orgelempore) wurden später mit barocken Schnitzereien und 1981 wieder freigelegt. verziert. Besonderheiten in St. Katharina, Katharinenheerd

Die Kanzel St. Georg Man sieht es auf den ersten Blick, wenn man Was macht St. Georg in der Kirche St. Katha- die Kirche betritt: Die Kanzel ist zu groß für rina? Die Wege dieses Reiters in die Kirche diese Kirche. Es ist nicht bekannt wie diese sind nicht bekannt, er stammt aber aus der Kanzel den Weg nach St. Katharina gefunden Zeit vor der Reformation, wahrscheinlich aus hat. Vermutungen besagen, dass sie aus dem 15. Jh. Zu der Figur wird in Katharinen- einer der Kirchen stammt, die in schweren heerd eine Geschichte erzählt: Während der Sturmfluten mit großen Teilen der Inseln Tumulte um die Einführung der Reformation untergegangen sind. Die Tür zum Aufgang hatte der dänische König die Ablieferung der hat das Jahr 1612 festgehalten. Der Grundriss Kirchenschätze verlangt. Um den Heiligen der Kanzel ist ein unregelmäßiges Sechseck. Georg zu bewahren, wurden Ross und Reiter Die Bilder des Kanzelkorbes sind dreifach unweit der Kirche gerahmt. Die Bilder sind folgende (von links auf einer Fenne nach rechts): 1. Die Verkündigung des Engels vergraben und an Maria, dass sie bald einen Sohn gebären später, als sich werde. 2. Die Geburt Jesu samt Ochs und alles wieder Esel und den Hirten. 3. Die Kreuzigung Jesu, beruhigt hatte, im Hintergrund ist Jerusalem zu sehen. Links von dort wieder vom Kreuz steht Maria, rechts Johannes, eine geborgen. Noch weitere Frau kniet in der Mitte. 4. Es folgt die heute trägt die Auferstehung Jesu, er trägt das Kreuz mit der Fenne den Na- Siegesfahne (der Tod ist besiegt, Christus hat men „Holtenpeer“. uns das Leben gewonnen!). Beim Schalldeckel ist auffällig, dass die Proportionen nicht recht stimmen, die Taube Das Schnell’sche Epitaph symbolisiert den Heiligen Geist, der Ein Epitaph ist Denkmal zur Erinnerung an die Predigenden einen Verstorbenen. Epitaphe befinden sich beseelen soll. 1977 im Unterschied zu einem Grabmal nicht wurde die Kanzel zwangsläufig am Bestattungsort, sind meist aufwändig res- aber sehr künstlerisch gestaltet, so auch hier. tauriert, bis heute Das Epitaph stammt aus 1658. Das Bild in der streiten sich die Mitte zeigt drei Personen, die eine Vision des Betrachterinnen Weltenrichters erleben. Im offenen Himmel und Betrachter, ob befindet sich Jesus, ein Engel hält den Sieges- die Farbgebung kranz, andere gelungen ist. Palmzweige, einer die Krone. Geprägt Die Uhr wird das Epitaph Selten findet sich eine Uhr in einer Kirche. Hier durch die vier Por- in Katharinenheerd schlägt sie schon seit 1617. traits: das obere Bis heute zeigt sie der Gemeinde, was die Stun- zeigt das Bild der de geschlagen hat. Von Beginn an hatte die Frau Schnell, die Uhr nur einen Zeiger, der Zeiger unter der Uhr drei anderen ihre ist ein alter Zeiger, der erneuert worden ist. Ehemänner. Besonderheiten in St. Martin, Osterhever

Altar Madonna

Die von Haupt beschriebene „Neigung zur Seit 2010 kann man die behutsam restaurier- Darstellung des Wilden und Grauenhaften“ te Madonna zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Schnitzaltar von 1520 zeigt sich beson- wieder in St. Martin bewundern. 1902 erhielt ders deutlich im unteren Feld des linken Heinrich Sauermann aus Flensburg sie als Seitenflügels, mit der Geißelung. Sicherlich Leihgabe für das Flensburger Kunstgewer- hatte zumindest die linke Figur, die mit wil- bemuseum. Er rettete damit die Figur vom dem Gesichtsausdruck zum Schlag ausholt, Dachboden der Kirche. Sauermann erwarb ursprünglich auch das Relief „Beweinung Christi“ als Leih- eine Gerte gabe für das Museum, das offensichtlich bei oder ein an- einer früheren deres Schlag- Umarbeitung werkzeug in des Altars her- der Hand. ausgelöst und beziehungslos abgestellt worden war.

Taufengel Grabstein Ulves

Vermutlich 1822 wurde ein älterer Taufstein Am 7. April 1583 ist der „ACHTBAR UND durch einen Taufengel ersetzt. Im Allgemei- VORNEHME JACOP VLVES ... CHRISTLICH IN nen wurden Taufengel an einem Seil befes- GODT DEN HEREN VERSCHEDE“. Die Darstel- tigt, das über eine Rolle mit einem Gegenge- lung der Personen in Eiderstedter Tracht, der wicht verbunden war. Wie bei diesem Engel spanischen Hoftracht nachempfunden, ist in war in der Gürtelregion eine Öse befestigt. seiner Feinheit von hohem künstlerischen Mit Hilfe einer Stange mit Haken konnte der Rang. Über die dargestellten Personen ist Taufengel dann aus seiner erhöhten Position nichts bekannt. zur Taufhandlung herabgezogen werden. So hatte man bei Gottesdiensten mehr Platz in der Kirche. Die Taufschale für das Taufwasser, die in den Kranz eingefügt wurde, fehlt leider. Besonderheiten in St. Johannis, Poppenbüll

Alte Glocke Epitaph Gentzel Im Turm und damit leider nicht zu besichti- M. Conradus Gentzel aus Nordhausen in gen, hängt die alte Glocke, die wie die Taufe Thüringen war 1582 – 1612 Pastor in Poppen- 1590 von Melchior Lucas in Husum gegossen büll und starb hier mit 62 Jahren. In seiner wurde. Sie ist mit den gleichen Medaillons Amtszeit wurden Taufe und alte Glocke geschmückt, die auch auf der Taufe zu finden angeschafft. sind. Sie trägt zwei Schriftbänder: „VTH DEM Sein Sohn glei- FVIR BIN ICK GEFLATEN. M. MELCHER LVCAS chen Namens, GRAPEN VNDE KLOCKEN GETER THO HVSEM der Pastor in HEFFT MI GEGATEN“ und „ANNO 1590 BIN ICK Westerhever DES CARSPELS KLOCKE THO POPPENBVL GE- war, stiftete GATEN THO DER TIDT IS GEWESEN DE PASTOR dieses Epitaph M. CONRADVS GENTSELIVS BRODERS PETERS 1617 zum LEHNSMANN. TETE PETERS. JACOB MANNIS. Gedenken an TAM PETERS. TETE EDDELFS.“ (nach: “ Die Kunst- seinen Vater. denkmäler der Provinz Schleswig-Holstein Weitere Nach- Kreis Eiderstedt“ fahren waren Berlin 1939) Ihr ist Pastoren und glücklicherweise das auch Propst in Schicksal der großen Eiderstedt. Glocke von 1839 er- spart geblieben, die im 1. Weltkrieg (1917) im Turm zerschlagen wurde und für die Epitaph Rieve Munitionsherstellung Das Bild von Friedrich Wilhelm Rieve wurde eingeschmolzen 1888 von Carl Ludwig Jessen (Deezbüll) wurde. gemalt und in einen Rahmen der Möbeltisch- lerei Heinrich Sauermann (Flensburg) einge- Poppenbüll setzt. Friedrich Wilhelm Rieve (1790 – 1867) Das Innere der Kirche vor 1923 (Bild aus: Die hat der Kirche Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Hol- 1847 die Orgel stein Kreis Eiderstedt Berlin 1939) Das origi- geschenkt nale Gestühl aus der Zeit von 1600 -1650 war bis und hinterließ 1964 erhalten. Es war in drei Blöcken mit der Gemeinde Längs-und Quergängen angeordnet. 1923 mehrere Lega- wurde der Chorbalken mit Kreuzgruppe wieder te. (s. auch: an „Poppenbüll seinem – Ein Dorf im ursprüng- Wandel der lichen Zeiten“ 2. Er- Platz am gänzungsband Chorbo- 2011) gen ange- bracht. Besonderheiten in St. Anna, Tetenbüll

Altar Sakramentenschrank

Der Altar wurde 1523 geschaffen; seine Im Altarraum findet man in einer Wandnische Schnitzereien kommen aus der Brüggemann- einen Sakramentenschrank aus spätgotischer schule. 1654 erhielt der Altar die seitlichen Zeit. Die Tür trägt in gotischen Buchstaben Anschwünge und die Bekrönung, aus der die Inschrift : „hir is in de licham unses Herrn“, sich die Figur des auf dem Regenbogen d. h. hier befindet sich der Leib unseres thronenden Weltenrichters heraushebt. Herrn. Das Abendmahlsbrot, d. h. die Hostien, Dargestellt werden im Mittelfeld die Kreuzi- wurden hier aufbewahrt. Zum Empfang von gung und auf den Seitenflügeln die Dornen- Brot und Wein krönung, Jesus vor Pilatus, Geißelung und kniete man Kreuzabnahme. nieder. Die Alle Wege durch die Kirche sind auf den Abendmahls- Altar gerichtet. Dort feiert die Gemeinde die bänke rechts Begegnung mit dem menschenfreundlichen und links des Gott, besonders im Abendmahl. Darauf wei- Altars aus sen auch die Bibelverse auf der Predella hin: dem Jahr 1697 Es sind die Worte Jesu zu seinen Jüngern erinnern noch beim letzten heute daran. Abendmahl. Bis heute sprechen sie seine große Einladung aus, und bis Die Logen im Altarraum heute ist Christen die Im Jahr 1762 entstanden die beiden Logen Gemeinschaft im Altarraum. Die nördliche ist kenntlich an diesem gemacht als Beichtstuhl. (s. linke Abb.) Die Tisch wichtig. Inschrift sagt es ausdrücklich: „Ich bekenne dir, Herr, meine Sünd und verhele meine Mis- sethat nicht. Psalm 32V5“ und „Gehe hin mein Sohn oder Tochter deine Sünden sind dir vergeben Matth. 9V2“. - Zur damaligen Zeit war es üblich, sich vor dem sonntäglichen Gang zum Abendmahl zu einem Beichtge- spräch bzw. zu einem Austausch über Fragen des Glaubens zu treffen. Man meldete sich gleichzeitig zur Abendmahlsfeier an. Es war auch üblich, dabei die finanziellen Beiträge für die Gemeinde zu übergeben. Außerdem bestand natürlich jederzeit die Möglichkeit, außerhalb des privaten Bereichs des Pastors sich ungestört von Sorgen und Problemen zu entlasten. Die Beichte war üblich und keines- falls mit der Reformation abgeschafft. Besonderheiten in St. Martin, Vollerwiek

Der Altar Die Kanzel

Der Altar stammt aus der Mitte des 15. Jh. Die Kanzel stammt aus den Jahren und ist damit der älteste Schnitzaltar Eider- 1586/1587, der Künstler ist nicht bekannt. stedts. Der Künstler, der ihn geschaffen hat, Diese Kanzel ist mit ihren nach vorne ist nicht bekannt. Das Mittelbild zeigt die aufgeklappten Seiten eine interessante Kreuzigung Jesu, in den Seitenfeldern sind Abwandlung des Eiderstedter Typs. Mit Korb, die zwölf Apostel zu sehen. Oben finden sich Schalldeckel, Treppe und Tür stellt sie ein typisch gotische Zierbögen. Die Kleidung der stattliches Werk der Renaissance dar. In den Menschen auf dem Mittelbild ist die, die man fünf Feldern sind dargestellt (von rechts nach aus dem 15. Jh. kennt. Einige Figuren lassen links): Die Erschaffung Adams (man beachte, sich gut erkennen und erklären: In der Bild- wie Gott Adam den Atem einhaucht), Sün- mitte unterhalb des Kreuzes sitzt der Schrei- denfall, Ankündigung der Geburt Jesu an Ma- ber, der die sog. Kreuzestitulatur INRI (die ria, Taufe und Kreuzigung Jesu. Mit ein wenig ersten Buchstaben von „Iesus Nacarenum Rex sprachlicher Fantasie lassen sich die Inschrif- Iudaeorum“, also „Jesus von Nazareth, König ten lesen: „Wo leflick sindt de Vothe der Ba- der Juden“) schreibt. Auf der linken Seite sind den de dar Frede vorkundigen“ (Wie lieblich Maria, Jesu Mutter und sein Jünger Johannes sind die Füße der Boten, die den Frieden zu sehen, darüber hinaus vier weitere Frauen, verkündigen, darunter Maria von Magdala, Maria – Mutter Jes 52,7) und des Jacobus und Salome. im Sockelfries: „Doeth Bote und gelovett an dat Evan- gelim“ (Tut Buße und glaubt an das Evangelium, Mk 1,15).

Die Malereien am Chorbogen Bei der Renovierung der Kirche in den Jahren wie die Menschen durch die Jahrhunderte 2010-2012 sind am Chorbogen unterschied- die Kirche immer wieder unterschiedlich liche Malereien entdeckt worden. Sie zeigen, gestaltet haben. Die Rhomben und die Rosetten auf der rechten Seite stammen wohl sogar aus dem 12. Jh., also der Zeit der Entstehung der Kirche. Das Bild in der Mitte zeigt (wahrscheinlich) Jesus als Weltenrichter und stammt aus der Barockzeit. Auch hat sich gezeigt, dass die gesamte Kirche einmal blau gestrichen war – welch ein anderer Raumein- druck muss das gewesen sein! Besonderheiten in St. Michael, Welt Der Taufstein Die Orgel

Seit fast 500 Jahren werden Kinder in diesem Eine Besonderheit in Eiderstedts Kirchen Taufstein getauft, er stammt aus dem Jahr stellt die Orgel mit ihrem Prospekt dar. 1521. In seiner Größe gibt er auch Zeugnis Denn der Orgelprospekt wurde 1847 aus über eine sich durch die Jahrhunderte ver- der Klosterkirche in Itzehoe übernommen. änderte Taufpraxis: Früher wurden die Neuge- Der zweigeschossige Rokokoprospekt ist borenen drei mal ganz in das Becken einge- vermutlich zwischen 1750 und 1780 entstan- taucht. Von anderen Taufsteinen dieser Zeit den. Sämtliche dort sichtbaren Pfeifen sind unterscheidet sich dieser dadurch, dass er als Holzimitationen und dienen nur der Optik. einziger am äußeren oberen Rand eine latei- Hinter dem Prospekt verbirgt sich ein in nisch-plattdeutsche (!) Umschrift in gotischen den letzten Jahren aufwändig restauriertes Minuskeln trägt: „anno domini dusent CCCCC Kleinod: eine romantische Orgel von der unde XXI“, Firma Sauer (Frankfurt/Oder), die zahlreiche dank derer Orgeln gebaut sich das Ent- hat, darunter stehungsjahr die Orgel im genau benen- Berliner Dom. nen lässt. Mit ihren mit- 2014: unter filigra- Restaurierung nen Klängen, des Taufsteins die an Streich- dank der Un- instrumente terstützung erinnern, stellt des Förderver- sie ein beson- ein Eidersted- deres Stück des ter Kirchen. Orgelbaus dar.

Der Beichtstuhl

Der große Beichstuhl an der Nordseite fällt Peter. Aus Platzgründen hat er aber nach ei- schon beim Betreten der Kirche auf. Das ner großen Renovierung nicht dort, sondern Symbol des Heiligen Petrus, die gekreuzten in Welt Aufstellung gefunden. In Gebrauch Schlüssel, zeigen, ebenso wie seine Größe, genommen wurde er 1703, es handelt sich seinen vorherigen Standort: Die Kirche in St. also wie bei fast allen Eiderstedter Beicht- stühlen um einen evangelischen Beichtstuhl. Aufgrund seiner Bauform lässt sich anneh- men, dass diese Beichtstühle Rückzugsräume innerhalb der Kirche waren, gaben aber auch Raum für das offene Gespräch. Bis in die Mitte des 19. Jh. gab es hier auf Eiderstedt offensichtlich eine lebendige Beichttradition, davon zeugt auch der zweite Beichtstuhl der Kirche auf der Südseite im Chorraum, der aus dem 1650 stammt. Besonderheiten in St. Stephanus, Westerhever Der Turm Die Kanzel

Nach Zerstörung der ersten Kirche durch die Über dem Altar Sturmflut von 1362 erhielt der Neubau 1370 erhob sich seit einen Turm, der 1805 die Kanzel, fortan als Zei- die durch einen chen für die Steg mit der Sak- Seefahrer dien- ristei verbunden te und deshalb war. 1804 nicht, wie Heute hängt sie an der Südwand, wobei geplant, mit die drei ältesten dem Kirchen- Seiten erhalten schiff abge- geblieben sind. rissen werden Auf den Reliefs durfte. sind Geburt, 2013/14 wurde Auferstehung der Turm grund- und Himmelfahrt legend saniert. dargestellt.

Die Taufe Der Altar

Mit dem Umbau im Jahre 1965 wurde aus dem bisherigen „Kanzel-Altar“ nun ein her- kömmlicher. Als Altarbild dient das Gemälde „Heilige Familie“ des in Westerhever gebore- nen Jacob Alberts, das er nach einem Origi- nal van Dycks gemalt und seinem Heimatort 1900 geschenkt hat.

Die Taufe ist aus Sandstein und wohl im 12. Jh. per Schiff aus demWeserbergland gekom- men. Lange Zeit war sie im Turm verborgen und wurde erst 1900 wieder aufgestellt, stand aber bei Beerdigungen im Weg. 1904 wäre sie beinahe als Leihgabe an den Flensburger E. Sauermann gegangen, den Gründer des Kunstgewerbe-Museums; ein Veto des Prop- sten verhinderte das. Seit 1958 hatte sie zu- Das Altarkreuz besteht aus vergoldetem Zinn nächst ihren Platz in der Südostecke der und stammt aus der Zeit des Kirchenneubaus Kirche – heute steht der älteste Taufstein der im Jahre 1804 Halbinsel Eiderstedt in der Nordostecke. Die Kirchen der Kirchengemeinden Eiderstedt Mitte www.kurtriggert.de

St. Christian, Garding St. Katharina, Katharinenheerd

St. Martin, Osterhever St. Johannis, Poppenbüll

St. Anna, Tetenbüll St. Martin, Vollerwiek

St. Michael, Welt St. Stephanus, Westerhever

Eine Veröffentlichung der Kirchengemeinden Eiderstedt Mitte Redaktion: Holger Beermann, Ute Böttcher, Rolf Rölke Markt 4 · 25836 Garding · Telefon: 0 48 68 - 172 67