KUNST Reisende aus Russland Mit phantastischen Aquarellen, Bildern und Collagen begeistert Anna Parkina Sammler und Kuratoren in aller Welt.

erade war sie in Venedig, jetzt sei sie in Moskau, sagt ihre Berliner G Galerie. Außerdem Paris, wo sie studiert hat, und London, gele- gentlich . Die Russin Anna Parkina, 29, reist seit elf Jahren durch die Kunst-Welt. war da auch eine Station. Keine unwichti- ge, denn damals, vor drei Jahren, hatte sie dort ihre erste Galerieschau in Europa. Ihre „unglaublich eigenständigen, inhaltlichen und nicht handwerklichen Collagen“ hatten die beiden jungen „Coma“-Galeristen bei einer Off-Gruppenschau entdeckt und Parkina sofort ausgestellt. Die führte als Erstes eine Tanzperformance auf, begleitet von einem Pianisten. Später zeigte Parkina dann ihre Bilder und begeisterte damit nicht nur Sammler, sondern auch Kuratoren. Daniel Birnbaum etwa, der sie zur Venedig-Biennale einlud. Eine große Skulptur, Aquarelle und Collagen zeigt sie dort, mit Vögeln, Hochhäusern, Schriften und ausge- schnittenen Bildfragmenten. Und in vier Vitrinen Bücher mit Zeich- nungen und Notizen.„Ich zeichne eigentlich immer“,sagt Parkina. Über ihre Kunst müsse sie nicht lange grübeln, „es kommt so, beim Machen und beim Beobachten des alltäglichen Lebens“. Denn dort 53. Biennale fände heute die Revolution statt, im Kleinen, „man muss nur Venedig. Bis hingucken“.Manchmal erinnern ihre Arbeiten an die russische 22.11. Palazzo del- Avantgarde. Findet sie nicht, sie denke eher an die Ästhetik des le Esposizioni in den Giardini. Punk, sagt Parkina. „Aber es gibt sicher eine bestimmte rus- www.labiennale.org sische Sicht der Dinge.“ INGEBORG WIENSOWSKI

zeption und Bedeutung der großen Lehr- Ausstellungen im Juli und Denkanstalt der Moderne heute.

BADEN-BADEN DDR von Künstlern, die dort gelebt und Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla. Entre deux actes – Loge de comédien- gearbeitet haben. Sie zeigen den Alltag How to Appear Invisible. Temporäre ne. Kunsthalle. 25.7.–11.10., Tel. 07221/ der Menschen, ihre Freiheiten und Zwän- Kunsthalle. 11.7.–6.9., Tel. 030/25 76 20 40. 30 07 64 44. ge. Unter den Fotografen sind Christiane Das aus den USA und Kuba stammende Die 1909 geborene Designerin Janette Eisler, Arno Fischer, Thomas Florschuetz, Künstlerpaar, das zurzeit in Berlin lebt, Laverrière ist in Deutschland kaum be- Helga Paris und Ulrich Wüst. zieht eine niedrige Zwischendecke in die kannt; erst als die Künstlerin Nairy Halle ein, auf der ein unsichtbarer Tänzer Baghramian mit ihr gemeinsam aus- Modell Bauhaus. Martin-Gropius-Bau. über den Köpfen der Besucher rhythmi- stellte, bekam die Französin Aufmerk- 22.7.–4.10., Tel. 030/25 48 60. sche Geräusche erzeugt. Dazu ein Video samkeit. Baghramian richtet auch diese Interdisziplinär und experimentell soll- vom Abriss des Palasts der Republik. Schau ein und zeigt Laverrière-Werke te der Unterricht im Bauhaus ablaufen; zusammen mit Arbeiten zwischen Kunst die Technik und Kunst, die Architektur Pierre et Gilles. Retrospektive. C/O, Post- und Design anderer Künstlerinnen. und das Design, die dort entstanden, fuhramt. 25.7.–20.9., Tel. 030/27 90 89 40. sollten praxisorientiert, zeitlos und sozial In post-postmoderner Zeit kann Kitsch BERLIN sein. Die erste gemeinsame Schau der durchaus Kunst sein. Jedenfalls gilt das Übergangsgesellschaft. Porträts und Bauhaus-Institutionen in Berlin, Dessau für die französischen Künstler Pierre und Szenen 1980–1990. Akademie der Küns- und Weimar zum 90. Gründungstag bet- Gilles, die Fotos von Popstars, Heiligen te. 10.7.–11.10., Tel. 030/20 05 70. tet die Arbeiten von Bauhaus-Meistern und Strichjungen übermalen und mit Fotos und Filme über die soziale, kultu- und -Schülern in diesen Kontext ein. Glyzerintränen und buntem Glimmer

relle und politische Wirklichkeit in der Thema der Ausstellung sind auch Re- verzieren. Doch hinter der bunten Ober- COMA (L.);FOTOS: MICHAEL ALBERS GORMLEY. (O.); ANTONY COURTESY OF GALERIE (PARIS/SALZBURG)THADDAEUS ROPAC UND WHITE CUBE (LONDON) (R.)

28 7/2009 KulturSPIEGEL Highlights Parkina-Werk „The case is open“ (2007) Seine „Innovationsfreude, Kreativität, Spontaneität, Pro- duktivität“, so behauptet Pol- ke, 68, verdanke er der Kar- toffel, die im Dunklen zu „wahrem Schöpfertum“ fähig sei. Manchmal gäben ihm auch „Höhere Wesen“ Anwei- sungen – und diese setzt der Kölner Altmeister mit brillan- tem Witz seit 1963 auch in Editionen um: in Offsetdruck Sigmar Polke. Die etwa, als Fotos und Fotoko- Editionen. pien. Dank einer Schenkung Köln. Museum Ludwig. von 200 Werken zeigt das Mu- 4.7.–27.9., Tel. 0221/ seum einen phantastischen 22 12 61 65. Überblick dieser Auflagen.

Gormley, 58, ist bekannt für seine Menschenskulpturen, etwa Abgüsse von hockenden, liegenden oder stehenden Per- sonen. Inzwischen hat er sein Werk um die Erfahrung des Körpers im Raum erweitert. Unter den vier Serien des Bri- ten, die in dieser Schau gezeigt werden, ist seine neue Arbeit „Clearing V“ von 2009, für die er eine zwölf Kilometer lange Antony Gormley. Aluminiumstange durch den Bregenz. Kunsthaus. Raum spannt. Durch das sich 12.7.–4.10., Tel. ständig verändernde Blickfeld 0043/5574/48 59 44 33. wird auch der Betrachter zum Bestandteil des Werks. KUNST

fläche, so die Veranstalter, verberge sich men wie Künstlerbücher, Editionen, Ma- „ein ironisch-kritischer Blick auf Pop- Karla Black. Kunstverein. 4.7.–6.9., Tel. gazine oder Schallplatten fördern woll- kultur, Homosexualität und Religion“. 040/32 21 57. ten. Die Schau dokumentiert die Arbeit Zu einem „Bühnenbild“ für diese Aus- der Gruppe; unter den Künstlern sind DÜSSELDORF stellung der Schottin soll die vorange- Cindy Sherman, Matthew Barney, Te- Cat Walk. NRW-Forum. 26.7.–1.11., Tel. gangene Schau von Kostis Velonis wer- rence Koh, Liam Gillick und Larry Clark. 0211/892 66 90. den, denn Black baut ihre ephemeren Kunstmessen und Modeschauen haben Bodenskulpturen und eine hängende Ar- MÜNCHEN vieles gemeinsam: die theatralische beit aus Materialien wie Puder, Lippen- „Do You Love Me?“ Lutz Bacher. Kunst- Selbstdarstellung, die Aura des Insider- stift, Pappe und Papier zwischen den verein. 4.7.–13.9., Tel. 089/22 11 52. treffens, die dramatische Inszenierung, Werken des Griechen auf. Die 1945 geborene Amerikanerin hält die Spannung zwischen Kreativität und ihre Person vor der Kunstwelt verbor- Kommerz. Die Ausstellung zeigt die HEIDELBERG gen, nicht aber ihr Werk, das sich jeder spektakulärsten Catwalks von Top-Desi- Jorinde Voigt. Kunstverein. 4.7.–23.8., Tel. Einordnung entzieht. Bacher dreht Vi- gnern wie John Galliano, Hussein Cha- 06221/18 40 86. deos, überarbeitet Comic- und Porno- layan, Marc Jacobs, McQueen oder Vik- Die Flugbahn eines Adlers oder auch hefte oder Prominentenfotos und atta- tor + Rolf, die durch Videoeinblendun- Großstadtgeräusche zeichnet die Wahl- ckiert damit vorherrschende Macht- gen und Multimedia-Installationen zu berlinerin (KulturSPIEGEL 10/ 2007) in strukturen und Konventionen. 3D-Spektakeln animiert werden. zarten, schwungvollen Linien auf und versieht sie mit Zahlen, Pfeilen oder No- SCHWÄBISCH HALL GOSLAR tizen, als handele es sich um Ordnungs- David Hockney. Nur Natur. Kunsthalle und Herbert Volk- systeme. Würth. Bis 27.9., Tel. 0791/94 67 20. mann. Mönchehaus Museum. 17.7.–20.9., Seit Hockney in seine Heimat Yorkshire Tel. 05321/49 48. KARLSRUHE zurückgekehrt ist, haben sich seine Mo- Gemälde und Installationen der beiden Learn to Read Art: A History of Printed tive verändert. Statt Pools die Sandbucht Berliner Künstlerfreunde, die auch schon Matter. Kunstverein. 3.7.–6.9., Tel. 0721/ von Bridlington, statt kalifornischem Le- mal ein Atelier geteilt haben. Ihre ge- 282 26. bensgefühl Getreidefelder, Hügel und meinsame Performance zur Goslarer 1976 gründeten Künstler in New York Täler. Durch den Wechsel zwischen Nah- Reichsversammlung von 1009 sorgt ga- die Non-Profit-Organisation Printed und Fernsicht wirken die 70 gemalten rantiert für einen ganz neuen Blick auf Matter, weil sie das elitäre Kunstsystem in und gezeichneten Landschaften real und die Historie. Frage stellen und alternative Kunstfor- unwirklich zugleich.