Kinderfernsehen in Deutschland

zwischen Qualitätsansprüchen und Ökonomie

unter Berücksichtigung der Vorschulserie Sesamstrasse

Fachbereich für Geistes- und Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Carolo–Wilhelmina zu Braunschweig zur Erlangung des Grades Doktorin der Philosophie (Dr. phil.), genehmigte

Dissertation

von

Dipl. - Päd. Marina Wladkowski

geboren in: Salzgitter

Eingereicht am: 06. Januar 2003

Rigorosum am:

Referent: Prof. Dr. Hein Retter

Korreferentin: PD Dr. Petra Korte

Titelbild: Sesamstrasse (vgl. http:// www.ndrtv.de/start.html (24.05.01))

Braunschweig, Januar 2003 Danksagung ____III

Danksagung

Mein Dank gilt Prof. Dr. Hein Retter für die wissenschaftliche Betreuung dieser Arbeit und die interessante Themenstellung. Frau PD Dr. Petra Korte danke ich für die Bereitschaft, das Koreferat übernehmen zu wollen.

Ich danke Frau Angelika Paetow vom Programmbereich `Kinder und Familie` des Norddeutschen Rundfunks, Frau Bettina Bergwelt vom Studio Hamburg sowie der Redaktion Sesamstrasse und dort speziell Frau Anke Schmidt-Bratzel für die Hintergrundinformationen zu der Vorschulsendung.

Für Korrekturen, zahlreiche Anregungen und guten Zuspruch danke ich Andrea Papenburg, Antje Laskowski, Bernd Quoika, Claudia Romahn, Eva Hanel, Familie Jung, Familie Schneider, Familie Sonnit, Felix Langer, Kaj Krüger, Konni Müller, Kroll`s, Manu Hofmann, Nele Beiss, Peggy Schimke, Sonja Paschke und Xenia Kooiker.

Meiner Familie danke ich herzlichst für die finanzielle und moralische Unterstützung während meines gesamten Studiums und der Promotion. Meinem Neffen Jannik Wladkowski sage ich danke für die fleißige Mithilfe als Fotomodell und `Anschauungsobjekt`.

Mein ganz besonderer Dank gilt in Liebe, Holger Jung.

Inhaltsverzeichnis IV

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Aufgabenstellung………………………………………………………………… 6 1.1. Methode………………………………………………………………………………………………... 7 1.2. Kinderfernsehen: Eine Begriffsbestimmung……………………………………………………….. 8 2. Geschichte des Kinderfernsehens………………………………………………………………. 10 2.1. Die Anfänge im Dritten Reich……………………………………………………………………….. 10 2.2. 1950er Jahre - geprägt von der Bewahrpädagogik………………………………………………. 11 2.3. 1960er Jahre - das ZDF als Kontrastprogramm………………………………………………….. 14 2.4. 1970er Jahre - Erfolg der Vorschulserien…………………………………………………………. 16 2.5. 1980er Jahre - Konkurrenz der Privatsender……………………………………………………... 19 3. Kinderfernsehen heute…………………………………………………………………………….. 23 3.1. Aktuelle Entwicklung und Marktförmigkeit………………………………………………………… 23 3.2. Einschaltquoten………………………………………………………………………………………. 30 3.3. Organisation der Fernsehsender…………………………………………………………………… 33 3.4. Gesetzliche Rahmenbedingungen…………………………………………………………………. 35 3.4.1. Jugendschutz………………………………………………………………………………. 37 3.4.2. Finanzierung……………………………………………………………………………….. 42 3.4.3. Werbung……………………………………………………………………………………. 42 4. Kinder als Fernsehrezipienten……………………………………………………………………. 44 4.1. Fernsehnutzung von Kindern……………………………………………………………………….. 44 4.1.1. Sehdauer…………………………………………………………………………………… 46 4.1.2. Genrepräferenzen…………………………………………………………………………. 51 4.1.3. Sendungs- und Senderpräferenzen……………………………………………………... 52 4.2. Kindliche Wahrnehmung und Verarbeitung………………………………………………………. 58 4.2.1. Kindliche Entwicklungsprozesse………………………………………………………… 59 4.2.2. Motive des Fernsehkonsums…………………………………………………………….. 66 4.2.3. Rezeptionsverhalten………………………………………………………………………. 69 4.3. Strittige Themen im Kinderprogramm……………………………………………………………... 76 4.3.1. Merchandising als neue Werbeform…………………………………………………….. 76 4.3.2. Zeichentrickserien…………………………………………………………………………. 82 5. Fernsehen und Erziehung…………………………………………………………………………. 87 5.1. Qualität im Kinderfernsehen………………………………………………………………………… 87 5.1.1. Qualitätskriterien für das Kinderfernsehen……………………………………………… 88 5.1.2. Kindgerechte Fernsehdramaturgie………………………………………………………. 97 5.1.3. Informationsprogramme…………………………………………………………………... 99 5.2. Fernsehpädagogische Überlegungen……………………………………………………………... 100 5.2.1. Sozialisationsfunktion des Mediums Fernsehen……………………………………….. 101 5.2.2. Familien und Fernsehen…………………………………………………………………... 106 5.2.3. Medienerziehung…………………………………………………………………………... 109 5.2.4. Fernsehfreie Erziehung…………………………………………………………………… 113

Inhaltsverzeichnis V

6. Die Vorschulserie Sesamstrasse…………………………………………………………………. 117 6.1. Geschichtlicher Hintergrund…………………………………………………………………………. 117 6.1.1. Die amerikanischen Wurzeln……………………………………………………………… 117 6.1.2. für Deutschland………………………………………………………….. 121 6.2. Struktur und Konzept der Sesamstrasse heute………………………………………………….. 123 6.2.1. Philosophie der Sendung…………………………………………………………………. 126 6.2.2. Protagonisten………………………………………………………………………………. 128 6.2.3. Rahmengeschichten………………………………………………………………………. 135 6.2.4. Comedy als Konzeptmittel………………………………………………………………... 138 6.2.5. Die Marke Sesamstrasse…………………………………………………………………. 139 6.3. Wirkungsforschung zur Sendung…………………………………………………………………... 143 6.4. Qualitätsmerkmale…………………………………………………………………………………… 148 6.4.1. Charaktere………………………………………………………………………………….. 149 6.4.2. Geschichten………………………………………………………………………………... 150 6.4.3. Dramaturgie………………………………………………………………………………… 153 6.4.4. Pädagogische Schwerpunkte…………………………………………………………….. 155 6.5. Weiterentwicklung und Perspektiven………………………………………………………………. 157 7. Zusammenfassung und Ausblick………………………………………………………………... 160 8. Literatur……………………………………………………………………………………………….. 163 Literatur aus dem Internet…………………………………………………………………………… 181

Anhang Glossar der Autoren………………………………………………………………………………………………. 184 Abkürzungsverzeichnis…………………………………………………………………………………………… 187 Interview mit Frau Schmidt-Bratzel……………………………………………………………………………… 190

Lebenslauf der Verfasserin………………………………………………………………………………………. 196 Eidesstattliche Erklärung………………………………………………………………………………………… 197

1. Einleitung und Aufgabenstellung Seite 6

1. Einleitung und Aufgabenstellung

Seit mehr als fünf Jahrzehnten gibt es in Deutschland Kinderfernsehen. In dieser Zeit haben sich die Fernsehlandschaft und das damit angebotene Kinderprogramm erheblich verändert. Mit dem Aufkommen der privaten Fernsehanbieter in den 1980er Jahren wird die Konkurrenz unter den einzelnen Sendern immer stärker. Auswirkungen auf das Kinderfernsehen sind – wie im Folgenden ausgeführt – zu erkennen. Die Zielgruppe Kinder wird von Fernsehverantwortlichen und der werbetreibenden Wirtschaft mit zunehmendem Interesse beobachtet. Da sich die Kaufkraft dieser Zielgruppe enorm erhöht1, gelten Kinder schon als ernstzunehmende Konsu- menten und sollen durch ein ansprechendes Kinderprogramm frühzeitig an den Sender gebunden werden (vgl. Köser 1998, S. 583; Kruse 1994, S. 454f.). Heute besitzen 99% der Haushalte in Deutschland mindestens einen Fernsehapparat (vgl. Bundesforum Familie 2002, S. 21). Die Hälfte von ihnen verfügt über einen Kabelanschluss oder eine Satellitenempfangsanlage (vgl. Helbig 2001, S. 44ff.). Mindestens 29% der Kinder besitzen einen eigenen Fernseher (vgl. mpfs 2000, S. 56) und können selbstständig über ihr Programm bestimmen. Kinderfernsehen befindet sich heute im Zwiespalt zwischen verschiedenen Qualitätsansprüchen und ökonomischen sowie markt- politischen Anforderungen. Viele Autoren2 haben sich des Themas Kinderfernsehen mit seinen zahlreichen Facetten angenommen. Im öffentlichen Diskurs steht vor allem das Thema Gewalt im Fernsehen mit seiner Auswirkung auf Kinder (vgl. z.B. Glogauer 1993, Theunert 1995, Aufenanger 1995c, Nolting 1999). Durch das Erfurter Attentat3 im April 2002 wird die Diskussion erneut verstärkt und gilt als Auslöser für eine umgehende Erneuerung des Jugendschutzgesetzes. Doch nicht nur die gezeigte Gewalt im Kinderfernsehen ist ausschlaggebend für eine Qualitäts- diskussion. Eventuelle Diskrepanzen zwischen den Ansprüchen der Kinder, Eltern4 sowie Pädagogen an das Kinderfernsehen und den Interessen der Fernsehverantwortlichen sind zu beachten.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema Kinderfernsehen in Deutschland zwischen Qualitätsansprüchen und Ökonomie. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf die deutschsprachige Literatur ab 1990. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die ökonomischen Ziele und der Quotendruck für die Fernsehverantwortlichen so vorrangig sind, dass diese die Qualität des Kinderfernsehens nachhaltig beeinflussen. Hierbei soll auf mögliche Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern und den privaten Fernsehanbietern eingegangen werden. Qualität wird definiert über die Bedürfnisse der Kinder, ihr Rezeptionsverhalten sowie über die Ansprüche der Eltern und Pädagogen.

Im Folgenden wird in Kapitel 1.1. die Methode der Arbeit erläutert und in Kapitel 1.2. eine Begriffsbestimmung des Kinderfernsehens durchgeführt.

1 vgl. Kapitel 3.2. 2 Im Text wird vereinfachend nur die männliche Form verwendet. 3 vgl. http://www.welt.de/daten/2002/04/30/0430mm329415.htx (20.09.02) 4 bzw. relevante Bezugspersonen der Kinder. Der Begriff Eltern impliziert im Folgenden auch alternativ andere relevante Bezugspersonen (z.B. Großeltern, Pflegeeltern). 1. Einleitung und Aufgabenstellung Seite 7

Einen Überblick zur Geschichte des Kinderfernsehens in der Bundesrepublik Deutschland bietet das zweite Kapitel. Dieser historische Abriss dient in erster Linie dazu, aufzuzeigen, mit welcher Haltung die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bisher Fernsehen für Kinder produziert haben und wie sich der Kinderfernsehmarkt durch die Konkurrenz der privaten Anbieter verändert hat. Ein Einblick in die Entwicklungen und Zusammenhänge ist von Relevanz, um die heutige Situation ganzheitlich zu erfassen, Parallelen aufzuzeigen und die Auswirkungen des Quotendrucks der Fernsehverantwortlichen nachvollziehbar zu machen. Daraufhin wird im dritten Kapitel die Situation des heutigen Kinderfernsehens beleuchtet. Es umfasst einen Überblick zum Kinderfernsehmarkt in den letzten zwölf Jahren sowie aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen, Organisation und Finanzierung der verschiedenen Sende- anstalten. Zudem wird die Bedeutung der Einschaltquoten dargelegt. Die Kinder selbst treten im vierten Kapitel als Rezipienten ins Blickfeld. Ihre Fernsehnutzung und - gewohnheiten sowie Entwicklungsprozesse und Motive der Rezeption werden näher betrachtet. Die kindliche Wahrnehmung und Verarbeitung spielt eine entscheidende Rolle im Hinblick auf den Anspruch der jungen Zuschauer an das für sie eigens entworfene Programm. Die im öffentlichen Diskurs strittigen Kinderprogrammthemen werden am Beispiel des Merchandisings und anhand von Zeichentrickserien dargestellt. Sie können zur Abgrenzung von Qualitätskriterien für das Kinderfernsehen beitragen. Die Erziehung wird im fünften Kapitel unter dem Aspekt der Nutzung des Mediums Fernsehen betrachtet. Ein Ansatz zur Definition des Qualitätsfernsehens für Kinder wird dargestellt. Fernsehpädagogische Überlegungen verknüpfen das Fernsehen mit der gesellschaftlichen Funktion des Mediums und dem Erziehungsaspekt in der Familie. Hierbei werden verschiedene Medienerziehungskonzepte vorgestellt. Abschließend wird die Vorschulserie Sesamstrasse im sechsten Kapitel näher betrachtet. Sie soll als Beispiel für eine Kindersendung dienen, die die scheinbare Widersprüchlichkeit zwischen Qualitätsansprüchen und ökonomischem Handeln seit fast 30 Jahren erfolgreich verbindet. Eine Zusammenfassung der vorliegenden Arbeit beinhaltet das siebte Kapitel. Es soll einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des Kinderfernsehens in Deutschland geben und eine Empfehlung zur Erziehung im Zusammenhang mit dem Fernsehen. Im achten Kapitel wird der Literaturnachweis aufgeführt und der Anhang beinhaltet sowohl ein Glossar der Autoren, ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Interview mit der verantwortlichen Redakteurin der Sesamstrasse, Frau Schmidt-Bratzel.

1.1. Methode

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um einen Literaturbericht. Die dabei angewandte Methode kann als hermeneutisch bezeichnet werden. Allgemeine Hermeneutik ist der Versuch, die erkenntnistheoretischen Bedingungen des Verstehens zu analysieren. Ziel ist es, „ein objektives, nachprüfbares und logisch stringentes […] Bild vom Sinnzusammenhang“ (Retter 1997, S. 44) des bearbeiteten Textes zu vermitteln. Das Interpretieren bedeutet nach Retter zudem die Einordnung des zu interpretierenden Textes in einen geistig-kulturellen Gesamtzusammenhang (vgl. ebenda). Niemand geht aber `voraussetzungslos` an das Verstehen 1. Einleitung und Aufgabenstellung Seite 8 eines Textes heran, jeder bringt ein Verständnis mit ein. Das kann durch sein Wissen, seine Biographie oder eine fest bestehende Meinung geprägt sein. „Indem wir von diesem Vorverständnis her einen Text [...] nachvollziehen, erweitert sich unsere (Er-) Kenntnis, mit dieser gehen wir an einen anderen Text heran (oder an denselben), wir bewegen uns im Grunde in einer Art Kreis oder Spirale“ (Gudjons 1995, S. 59). Die Tatsache des bereits durch eigene subjektive Erfahrung präsenten Wissens um das, was Objekt vertieften Verstehens sein soll, bezeichnet man daher als `hermeneutischen Zirkel`. Das Subjekt und sein kultureller Kontext sind also schon notwendige Bedingungen sowohl für die Gestaltung eines Sinnträgers als auch für seine Auslegung. Hermeneutisches Verstehen ist demzufolge nie abgeschlossen, denn das Verstehen als Ziel hermeneutischer Bemühungen hat hierbei nicht Produkt-, sondern Prozesscharakter (vgl. Gudjons 1995, S. 60).

Die Informationen basieren hauptsächlich auf deutschsprachiger Fachliteratur aus der Medienpädagogik ab 1990. Sie wurde aus der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Braunschweigs bezogen, sowie der Datenbank ERIC, die einen umfassenden Überblick über pädagogische Literatur gibt. Da es sich bei der vorliegenden Fragestellung um ein aktuelles Thema handelt, wurde überdies viel im Internet recherchiert. Der Einsatz von Suchmaschinen u.a. entsprechender online-Buchhändler oder Verlage im Internet5 erwies sich als besonders hilfreich. In der Arbeit werden Umfragen von Fachinstitutionen wie etwa der GfK und Forschungen der Kinder und Medien-Studien (KIM) des mpfs genutzt. Überdies sind Fachzeitschriften wie z.B. Tendenz6, TelevIZIon7 oder merz8 hinzugezogen worden. Für das sechste Kapitel „Die Vorschulserie Sesamstrasse“ kann ferner ein persönliches Interview mit der verantwortlichen Redakteurin der Sesamstrasse, Frau Schmidt-Bratzel, dienen. Es wird dem Anhang dieser Arbeit beigefügt. Zudem liegt das neue Konzept der Sesamstrasse für das Jahr 2003 vor, das von der NDR-Redaktion und dem Produzententeam des Studio Hamburgs zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund von qualitativen Untersuchungen des Programms und unter entwicklungs- psychologischer Sicht wurde dieses Konzept gemeinsam von Anke Schmidt-Bratzel, Bettina Bergwelt und Angelika Bartram entwickelt. Dabei übernahm Dr. Jan-Uwe Rogge die pädagogische Beratung. Da es (noch) keine Einheitlichkeit im Zitieren und Angeben von online–Recherchen gibt, wird in der vorliegenden Arbeit die Methode von Stefan Engel angewandt (vgl. Engel 2000, S. 66 u. S. 189). In denen als `Kommentar` gekennzeichneten Passagen der Arbeit wird die persönliche, kritische Meinung der Verfasserin zu dem jeweiligen Thema dargestellt.

1.2. Kinderfernsehen: Eine Begriffsbestimmung

„Kinderfernsehen ist, wenn Kinder fernsehen“, sagte Gert K. Müntefering Anfang der 70er Jahre (Schwanebeck 2000, S.11). Dieser vielzitierte Satz9 macht das Dilemma des Kinderfernsehens sichtbar: Einerseits gibt es eigens für Kinder konzipierte Sendungen und andererseits werden von

5 z.B. Amazon oder Kopäd-Verlag 6 Zeitschrift der BLM 7 Zeitschrift des IZI 8 Zeitschrift des JFF 9 vgl. ebenda; Esser 1994, S. 363; Grewenig 1994, S. 55 u.a. 1. Einleitung und Aufgabenstellung Seite 9 den Kindern aber zweifelsohne so genannte Erwachsenensendungen konsumiert. Dieses „heimliche Kinderprogramm“ (vgl. Paus-Haase 1997; Kruse/Tarnow 1998, S. 461) beinhaltet vor allem Spielfilme, Unterhaltungssendungen, Familienserien, Gameshows, Sportsendungen, sowie Musikvideos und –sendungen. Zunehmend wird dementsprechend in Kinderprogrammen diesen bevorzugten Sendearten Rechnung getragen (vgl. Hammerstein 2001). Der Begriff `Kinder` umfasst im Kontext dieser Ausführungen sämtliche Personen in der Bundesrepublik zwischen drei und dreizehn Jahren10. Bernhard Schäfers setzt `Kinder` mit dieser Altersspanne gleich, die Jugendphase fängt mit dreizehn Jahren an (Schäfers 1998, S. 22f.). Daher wird die Gruppe der Drei- bis Dreizehnjährigen bei der Messung des Fernsehverhaltens durch die GfK dem Synonym Kinder zugeteilt. Zunehmend sind bereits Jüngere schon Fernsehkonsumenten (vgl. Kupczik 2001), jedoch wird diese Gruppe der sogenannten Fernseh- anfänger (noch) nicht bei empirischen Untersuchungen zum Fernsehverhalten berücksichtigt. “Die einschaltquotenstärksten Sendungen werden meist nicht von den Kinderredaktionen verantwortet. Um es böse zu sagen: Kinderfernsehen ist, wenn Kinder fernsehen, aber wenn Kinder fernsehen, dann läuft kein Kinderfernsehen, sondern [Erwachsenen- programm]” (Grewenig 1994, S. 55). Es wäre wissenswert, was für die jungen Zuschauer die Faszination des Erwachsenenprogramms ausmacht. Aus methodischen Gründen wird jedoch in der vorliegenden Arbeit auf diese Fragestellung verzichtet. Im Folgenden wird das Kinderfernsehen als solches betrachtet, das sich mit seinem Angebot speziell an Kinder richtet und ausdrücklich für diese Zielgruppe produziert ist. Der Tatbestand als solcher, dass Kinder häufig Sendungen sehen, die nicht ausdrücklich für sie angeboten werden, sollte bei den Überlegungen dieses Themas aber stets mitbedacht werden.

10 Soziodemographische Gruppen (vgl. http://db.ard.de/abc/main.index_ abc (11.06.01)) 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 10

2. Geschichte des Kinderfernsehens

Die Darstellung der Geschichte des Kinderfernsehens ist für die vorliegende Arbeit aus folgenden Gründen relevant: Die heutige Entwicklung des Kinderfernsehens in den öffentlich-rechtlichen und den privaten Sendern hängt eng mit seiner Geschichte zusammen. Die deutsche Kinder- fernsehgeschichte ist in erster Linie – jedenfalls bis Mitte der 1980er Jahre – die Entwicklung des Kinderprogramms von ARD und ZDF. Durch die Einführung des dualen Rundfunksystems wird diese Situation grundlegend geändert. Der Wettbewerb mit den kommerziellen Anbietern um die Gunst der kindlichen Rezipienten beeinflusst nicht nur die Quantität des Kinderfernsehens in Deutschland, sondern löst zudem Diskussionen um deren Qualität aus (vgl. z.B. Aufenanger 1996, S. 34ff.; Schwanebeck 2000, S. 21ff., 63ff.). Die Konkurrenzentwicklung der Sender beginnt schon mit dem Sendestart des ZDF und ist somit kein neumodernes Problem. Im Folgenden wird die Geschichte des Kinderfernsehens exemplarisch für die Bundesrepublik Deutschland aufgearbeitet. Ein Bericht über das Kinderfernsehen in der DDR bis zur Wiedervereinigung 1990 wird ausgelassen, da das damals von sozialistischen Erziehungszielen geprägte Kinderfernsehen keinen wesentlichen Einfluss auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit hat. Die Frage nach Diskrepanzen zwischen Anspruch und Quote lag in der DDR nicht vor, denn der Bestandteil des Einheitlichen sozialistischen Bildungssystems waren drei Erziehungs- träger: Schule, Elternhaus und Pionierorganisation11. Es wurde „sogar inoffiziell vom vierten Erziehungsträger, dem Kinderfernsehen gesprochen“ (Kohlsdorf 1995, S. 125). Es konnte kein Plan der Kinderfernsehmacher realisiert werden, ohne die Zustimmung von Margot Honecker, der Ministerin für Volksbildung. Ihr klares Ziel ist „die Erziehung zur kommunistischen Moral“ (zit. in: ebenda). Einschaltquoten als Maß für den wirtschaftlichen Erfolg einer Sendung waren demzufolge überflüssig. Der folgende historische Überblick dient dazu, aufzuzeigen, wie bisher Kinderfernsehen gestaltet wurde und wie sich der Kinderfernsehmarkt vor allem durch die Konkurrenz der privaten Anbieter in den zwölf Jahren geändert hat. Zudem sollen gewisse mediale und gesellschaftliche Entwicklungsetappen dargestellt werden, die das Kinderfernsehen grundlegend beeinflusst haben.

2.1. Die Anfänge im Dritten Reich

Die Geburtstunde des Fernsehens in Deutschland liegt mitten im Nationalsozialismus, als vollelektronische Fernsehbilder erste Übertragungen möglich machen. Da das Medium Fernsehen in Deutschland zu dieser Zeit nur weniger als 1.000 Teilnehmer findet, kann es noch nicht als öffentliches Massenmedium bezeichnen werden (vgl. Saldecki 1998, S. 19). Ab Ende 1939 werden Kindersendungen im Berliner Fernsehsender „Paul Nipkow12“ sonntags von 15.00 bis 16.00 Uhr ausgestrahlt. Das Hauptprogramm für Erwachsene wird während des Krieges täglich von 18.00 bis 20.00 Uhr gesendet. Die damaligen Kindersendungen befassen sich mit Themen, die schon aus dem Rundfunk für Kinder bekannt sind: Kindergymnastik, Märchen (Schatten-,

11 Kinderorganisation der Freien Deutschen Jugend (FDJ) 12 Benannt nach dem deutschen Erfinder Paul Gottlieb Nipkow. 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 11

Puppen- und Fernsehspiele13) sowie Handarbeitstätigkeiten. Die Nationalsozialistische Rundfunk- Korrespondenz schreibt im November 1939 über die Kindergymnastiksendung mit Detlef Neumann-Neurode: „Er tritt regelmäßig mit einer Schar kleinster Jungen und Mädchen vor die Bildfänger und zeigt den Müttern, von welcher Wichtigkeit eine sachgemäße Kindergymnastik ist. Er führt das den Zuschauern so anschaulich vor, dass sie zu Hause ohne weiteres diese Übungen mit ihren Kindern nachmachen können“ (Hickethier 1991b, S. 94). Da diese Sendungen jedoch nur in ca. 30 so genannten öffentlichen „Fernsehstuben“ in Berlin und Hamburg angeschaut werden können (vgl. Karstens 1999, S. 16), ist der Wunsch des massen- haften Animierens eher verfehlt worden. Im Juni 1940 wird die Sendung eingestellt. Ab Februar 1940 beginnt ein neues Sendeformat auf dem Berliner Sender mit dem Name „Husch, husch – aus dem Busch! Schaut und hört, was unsre Knaben diesmal Euch zu melden haben“ (Hickethier 1991b, S. 95). Im Blickfeld dieser fünfminütigen Sendungen stehen Kinder, die etwas vorführen oder mit denen die Fernsehtante „Käthe“ etwas unternimmt. Dies sind u.a. Bastelnachmittage, Singen oder spielende Kinder im Blickfeld der Kamera. Knut Hickethier ist der Meinung, dass die Sendung „den Eindruck einer Gemeinschaft zwischen den Kindern auf dem Bildschirm und den Kindern davor durch allerlei Mitmachaktionen [...] wecken“ (ebenda) möchte. Das nationalsozialistische Propagandaprogramm geht an der Zielgruppe Kinder nicht vorbei. So werden z.B. im Nachmittagsprogramm für Kinder Propagandafilme aus Hermann Görings Luftfahrtministerium gezeigt, welche sich mit den Themen Segelfliegen, dem „Feldzug in Polen“ oder den „imperialistischen“ Engländern – meist in Spielfilmfassung – beschäftigen. Hickethier beschreibt ein Sonntagnachmittagsprogramm wie folgt:

„Von der eher lustigen Geschichte, wie ein jugendlicher Til Eulenspiegel einen Schabernack macht, geht die Reihe immer stärker zu den `erwachseneren` Themen und endet schließlich bei einem Propagandafilm […]. Über das Segelfliegen, eine dem Anschein nach ganz und gar unmilitärische Form des Fliegens, hatte der Nationalsozialismus schon vor dem Krieg viele Jungen für das Fliegen gewonnen – und damit zugleich für die SS, bei der sie das Segelfliegen kostenlos betreiben konnten“ (Hickethier 1991b, S. 95f.). In den Jahren 1943 und 1944 wird das gesamte NS-Fernsehen auf das so genannte „Lazarettfernsehen“ zur Betreuung verwundeter Soldaten umgestellt (vgl. ebenda, S. 99). Von 1944 bis 1950 findet eine fernsehfreie Zeit in Deutschland statt, welche durch die politischen Umstände während und nach dem Krieg bedingt ist.

2.2. 1950er Jahre – geprägt von der Bewahrpädagogik

Ab April 1951 beginnt die ehemalige Rundfunk- und Fernsehgestalterin Ilse Obrig mit dem Aufbau der Fernsehsendungen für Kinder beim NWDR. „Vom 25.04.1951 lassen sich jedenfalls bereits in den Programmausdrucken von ihr geleitete Kinderfernsehsendungen für Hamburg und ab dem 23.03.1952 für Berlin nachweisen“ (Hickethier 1991b, S. 99). Die promovierte Psychologin ist nach Karstens nicht die einzige Fernsehverantwortliche mit nationalsozialistischer Vergangenheit. Namen wie Gerhard Eckert oder Werner Höfer werden von Karstens erwähnt (vgl. Karstens 1999,

13 Live-Ausstrahlung einer theatermäßigen Inszenierung im TV-Studio. Heute: Spielfilm, der direkt für eine Ausstrahlung im Fernsehen hergestellt worden ist (auch: TV Movie o. Fernsehfilm). 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 12

S. 16). Doch sind deren Erfahrungen mit dem neuen Medium Fernsehen zu diesem Zeitpunkt von großer Bedeutung für den Neubeginn und die weitere Entwicklung des Fernsehens (Hickethier 1991b, S. 100). Die erste Kindersendung im Hamburger Programm wird damals von der Zeitschrift `Fernseh-Informationen` in der 2. April-Ausgabe 1951 ausführlich beschrieben: „[...] Fünf Minuten vor 4 Uhr erschien auf dem Bildschirm eine geschnitzte Kuckucksuhr – ein reizender `Pausenzeichen`-Einfall, der die kleinen Zuschauer an den Empfänger mit dem vollen Stundenschlag in höchste Spannung versetzte: Würde wirklich mit dem vollen Stundenschlag der Kuckuck erscheinen? Dann öffnete sich der Blick ins Studio, wo über 30 Kinder versammelt waren, ein kleines Mädchen begrüßt die Zuschauer, das `Lied vom Fernseh-Kinderfunk` wurde zum ersten Mal gesungen, und schließlich stellte Frau Dr. Obrig den `Spielmann` am Flügel und die Mitwirkenden vor. Gemeinsam packten sie ein Paket aus, das ein von einer Rundfunkzeitschrift gestiftetes Stofftier enthielt (es handelte sich hier um das Maskottchen14 der `Hör Zu`, das deren Chefredakteur, Eduard Rhein [...] werbewirksam gespendet hatte [...]), das sofort seinen Ehrenplatz auf dem Flügel bekam. Und dann entwickelt sich aus ungezwungenem Gespräch das Programm dieses Nachmittags: wir wollen zaubern! Die Kinder waren eifrig dabei, ihre Kunststücke vorzubereiten, durchstöberten eine Bastelkiste nach dem notwendigen Material, und während die Kamera immer wieder die kleinen, völlig mit sich beschäftigten Gruppen aufsuchte, sangen die anderen Kinder ein Lied, spielte der `Spielmann` fröhliche Melodien, fanden sich kleine Künstler, die mit Akkordeon und Klavier umzugehen wussten. [...] Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, führten die Fernsehkinder ihre Zauberstücke vor, und als sie dann zum Abschied noch einmal ihr Lied sangen und den kleinen Zuschauern am Empfänger einen Abschiedsgruß zuwinkten, war eine volle Stunde im Fluge vergangen.“ (Hickethier 1991b, S. 101). Diese Fernsehkinderstunde mit Dr. Ilse Obrig (vgl. Abb. 1) wird wöchentlich einmal ausgestrahlt.

Abbildung 1 Ilse Obrig mit Kindern in der Fernsehkinderstunde15

Die Kinderstunde aus dem Studio ist laut Schürmann-Mock als führender Typus der fünfziger Jahre und Ilse Obrig als seine Vertreterin zu bezeichnen. Der Psychologin wird Geschick bei der spielerischen Belehrung und eine besondere Gabe im Umgang mit Kinder attestiert: „[...] geballte Aufmerksamkeit, wenn sie vorlas oder Geschichten erzählte. Brave Antworten, wenn sie Zwischenfragen stellte“ (Schürmann-Mock 1999, S. 123). Daneben gibt es im Abendprogramm Sendungen, die sich durch ihre Form und ihren Inhalt „durchaus an Kinder wandten“ (Hickethier

14 Der Igel Mecki ist deutsche Merchandising-Produkt. Es wird zum populären Aushängeschild der Fernsehzeitschrift Hörzu. Verschiedene Mecki-Produkte werden hergestellt wie ein Film, Postkarten, Bildergeschichten, Stoffpuppen von der Firma Steiff, eine Kinderbuchreihe, Stellschilder, Zahlteller und andere Werbematerialien (vgl. Kübler 1994, S. 345f.). 15 vgl. Erlinger 1994, S. 381. 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 13

1991b, S. 103). Dies betrifft vor allem Puppentheatersendungen und Schattenspielfilme, die teilweise schon in der NS-Zeit zu sehen waren. Ab 1953 werden zudem Zeichentrickfilme wie Kalif Storch und Spielfilme wie Das doppelte Lottchen ausgestrahlt. Bis Ende 1953 erweitert sich das Kinderfernsehangebot auf fünf verschiedene Sendungen pro Woche, eine Differenzierung des Angebots findet jedoch nicht statt. Das Nachmittagsprogramm, in dem bisher u.a. Sendungen für Kinder platziert sind, fällt nicht unter den 1953 geschlossenen ARD-Fernsehvertrag und wird somit von den Fernsehanstalten als eine freiwillige Leistung betrachtet. Dies bedeutet, dass sich das Nachmittagsprogramm „mit geringen finanziellen und organisatorischen Mitteln zufrieden geben musste” (Löhr 1991, S. 47). Es wird an dem Konzept „aus Mitmachspielen, Kasperletheater, Schattenspiel, Basteln und Singen“ (Hickethier 1991b, S. 104) festgehalten. Ende der 50er Jahre unterteilt das Nachmittagsprogramm seine Beiträge für das Kinderfernsehen in zwei Kategorien: „[...] für Kinder von vier Jahren an und für Kinder ab acht Jahren [...]“ (Mundzeck 1991, S. 28). Zu den schon bekannten Sendeformaten kommen amerikanische Serien wie Fury, Union Pacific oder Texas Ranger hinzu. Dies sind Abenteuer- und Wildwestformate, die hauptsächlich sonntags gezeigt werden. Die wenigen Zeichentrickfilme werden von den Kindern gut angenommen, jedoch verzichtet die ARD auf den Einkauf der in den USA erfolgreichen Walt Disney Produktionen. Der deutsche Erziehungswissenschaftler Horst Wetterling lobt dies mit der Begründung, dass diese Cartoons lediglich ein „Geschäftsprodukt einer Fabrik von Plattheit und Mache“ (Kübler 1994b, S. 358) seien. Heike Mundzeck beschreibt diese Situation so, dass es „unter den professionellen Kulturkritikern schon bald Proteste gegen die Verwüstung des Menschen, die Reizüberflutung und Suchtgefährdung [gab] und daran anschließend die beschwörende Forderung: Kinder unter acht Jahren sollten aus psychologischen und pädagogischen Erwägungen grundsätzlich nicht fernsehen“ (Mundzeck 1991, S. 28). Dieter Saldecki erklärt, dass Realität und Fiktion schon damals ein Problem aufwerfen, denn „Martin Keilhacker versuchte zu belegen, dass kleinere Kinder Filminhalte nur in Einzelbildern erfassen könnten, Filmsequenzen oder längere Handlungen würden sie überfordern [...]“ (in: Erlinger 1998, S. 19). Paul Löhr zählt die damaligen Forderungen der Fachgutachter im Einzelnen auf: · „weitere Ausdehnung und langfristige Planung des Kinderprogramms, · kindgemäße Auflockerung des Programms und dessen Orientierung an den Alltags- erfahrungen der Kinder, · betonte Hinwendung des Programms zu den 6- bis 10jährigen, · Balance zwischen informativen und fiktiv-unterhaltenden Programmteilen, · Entspannte und gelassene Präsentation und Moderation des Kinderprogramms, · Ausstattung der verantwortlichen Redaktionen mit ausreichend finanziellen und organisatorischen Mitteln“ (Löhr 1991, S. 48). Die Werbung wird Thema der Diskussionen, denn die Kinder fasziniert besonders „das Werbe- und Werberahmenprogramm sowie ein großer Teil der Erwachsenen-Unterhaltung“ (Löhr 1991, S. 48). Da die Eltern zu der damaligen Zeit selbst erst wenig Fernseherfahrungen haben, stellt es für sie eine besondere Schwierigkeit dar, mit der Fernsehfaszination ihrer Kinder zurechtzukommen. Laut Löhr (vgl. ebenda, S. 48) gibt es drei typische Formen des Elternverhaltens: · Das generelle Fernsehverbot für ihre Kinder · Die Nutzung des Fernsehens als eine `Art` des Babysittings 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 14

· Die Rechtfertigung des Fernsehens als erzieherische Instanz Hierbei war das Fernsehverbot nicht so weit verbreitet wie die zwei letztgenannten Formen des elterlichen Verhaltens gegenüber dem Medium Fernsehen. „Irritiert waren Sozialpädagogen und Lehrer aus zweierlei Gründen: Einerseits mussten sie sich gegen einen konkurrierenden und gleichzeitig unkontrollierbaren `Neben- und Miterzieher` durchsetzen. Andererseits sahen sie […] die Gefahr, dass die Kinder durch den Fernsehkonsum und dessen Nachwirkungen daran gehindert werden, sich aufmerksam, konzentriert sowie lern- und spielbereit auf die Anforderungen der Kindergarten- und Spielsituationen zu beziehen“ (Löhr 1991, S. 48). Diese Phase einer nach Esser bezeichneten `bewahrpädagogischen Grundhaltung` Kindern gegenüber hält sich noch bis in die 60er Jahre (vgl. Esser 1994a, S. 364). Kinder sollen in einem „medienfreien Schonraum“ (Six 1999, S. 21) aufwachsen, um sie vor den Gefährdungen seitens der Massenmedien zu schützen.

KOMMENTAR Die Bezeichnungen `bewahrpädagogisch` oder `medienfreier Schonraum` finden sich in weiten Teilen der Sekundärliteratur. Sie implizieren negative Assoziationen beim kritischen Umgang mit dem Medium Fernsehen. Die ernstzunehmenden Ängste und Sorgen der Eltern bzw. Pädagogen werden nicht ausreichend dargestellt. Der Durchbruch des Fernsehens in den Familien wird durch die Kritik an dem Medium nicht aufgehalten, obwohl die Anschaffung eines Fernsehgerätes zudem teuer ist. Die erste Million der Fernsehteilnehmer wird im Herbst 1957 erreicht, damit steigen die Einnahmen der Sender aus der Fernsehgebühr von fünf Mark auf einen ertragreichen Standard (vgl. Karstens 1999, S. 19). In diesem Jahr werden Video-Aufzeichnungen mit Hilfe der MAZ realisierbar. Dieses Verfahren zur Speicherung von Fernsehsignalen macht es möglich, Sendungen in größerem Umfang vorzuproduzieren, anstatt sie zeitgleich zur Ausstrahlung im Studio aufführen zu müssen. Dies erleichtert die Planung und Koordination und wirkt sich auf das Gesamtprogramm aus, denn Wiederholungen sind von nun an durchführbar (vgl. Karstens 1999, S. 18). 1958 besitzen zwei Millionen Haushalte einen Fernseher, 1960 schon vier Millionen und drei Jahre später sind es acht Millionen Haushalte (vgl. Mayer-Ebeling 1999, S. 21; Kübler 1994b, S. 352). „Industrie und Handel erzielen Traumumsätze, es gibt täglich 5000 Käufer und endlose Lieferzeiten“ (Mayer-Ebeling 1999, S.21).

2.3. 1960er Jahre – das ZDF als Kontrastprogramm

Die ARD beschließt 1960, keine Sendungen mehr für Kinder unter sechs Jahren auszuarbeiten. „Trotz bald aufkommender Zweifel […] hielt man sich fast zehn Jahre lang bei der ARD und dem seit 1963 bundesweit auf Sendung gegangenen ZDF daran, kein Programm für Vorschulkinder zu produzieren“ (Mundzeck 1991, S. 28). Das ZDF wird als Konkurrenz- und Kontrastprogramm ab dem 1. April 1963 ins Leben gerufen und ist wie die ARD eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts. Der ARD-Programmbeirat plädiert von nun an für den intensiven Ausbau des Kinderprogramms sowie der finanziellen und organisatorischen Mitteln. „Dass hinter diesem Plädoyer die Befürchtung stand, man könnte den zu erwartenden Kinderfernseh-Aktivitäten des ZDF nicht Paroli bieten, liegt auf der Hand“ (Löhr 1991, S. 49). Das Kinderprogramm des ZDF wird ab 1966 jedoch nur sporadisch ausgestrahlt. Es 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 15 werden in beiden Sendern kostengünstige ausländische Produktionen erworben wie z.B. Flipper, Die kleinen Strolche, Lassie, Die Kinder von Bullerbü, Tarzan. Deutsche Produktionen sind u.a. Augsburger Puppenkiste (vgl. Abb. 2), Der Hase Cäsar, Die Höhlenkinder (vgl. Löhr 1991, S. 47ff.; Saldecki in: Erlinger 1998, S. 20f.).

Abbildung 2 Augsburger Puppenkiste (HR)16

1969 bringt Gerd Albrecht, Dozent an der Berliner Hochschule für Film und Fernsehen, die Diskussion um das Kleinkinderfernsehen wieder in den Vordergrund: „Die Kinder tun, was sie nach wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen gar nicht tun sollten. Sie sehen Sendungen, die sie nach diesen Erkenntnissen gar nicht begreifen und verstehen können. Allerdings: Sie begreifen, verstehen und verarbeiten sie aber nun doch – allen bisherigen Erkenntnissen der Wissenschaft zwar nicht zum Trotz, wohl aber zur Widerlegung. […] Dies geschieht nur auf der Ebene ihrer beschränkten Erkenntnis- und Verallgemeinerungsfähigkeit. Aber immerhin! Die Kinder wurden dem Fernsehen ausgesetzt. Und – ob sie sollten oder nicht […] – sie lernten die Sprache dieses Kommunikationsmittels. Sie mussten sie lernen, falls sie nicht scheitern wollten. […] Die soziale Wirklichkeit hat also die Wissenschaft überholt“ (Albrecht zit. von Mundzeck 1991, S. 28f.). Er fordert demzufolge Fernsehsendungen, die in Sprache und Inhalt, Form und Zielsetzung der kindlichen Verstehensstruktur angemessen seien. Müntefering ist davon überzeugt, dass „Kinder ein Recht haben auf Unterhaltung und Information über den Bildschirm“ (ebenda, S. 29). Seine WDR-Redaktion stellt 1967 10 Thesen zum Kinderprogramm auf, die u.a. besagen, dass „Unter- haltung keine, für besonderes Liebsein verabreichte, süße Sonderration, sondern essentieller Bestandteil des Lebens der Kinder und damit eines Fernsehprogramms für Kinder sein müsste“ (Saldecki 1998, S. 21). Untersuchungsergebnisse aus den Bereichen der Soziologie und Psychologie zeigen laut Saldecki Ende der 60er Jahre zudem, „dass die kindliche Entwicklung nicht mit einer inneren Notwendigkeit abläuft, sondern sehr stark von äußeren Einflüssen abhängig ist […]“ (ebenda, S. 21). Das Fernsehen wird von nun an zur Frühförderung von Kindern neu entdeckt und genutzt. Andere Fernsehsender folgen dieser Intention und so sendet der Bayrische Rundfunk 1969 die erste deutsche Vorschulserie Die Spielschule17. Mundzeck ist der Meinung, dass diese gut vorbereitet sowie pädagogisch-didaktisch konzipiert sei und sich als Bildungshilfe im Vorschulbereich eignet (vgl. Mundzeck 1991, S. 29). Zudem gibt es Begleit-

16 vgl. http://db.ard.de/abc/main.index_abc (11.06.01) 17 später : Das feuerrote Spielmobil 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 16 materialien zur Sendung für Eltern und Kinder. So wird die Vorschulserie schnell zum Erfolg und gilt heutzutage als Vorläufer dieser Kinderprogrammsparte.

2.4. 1970er Jahre – Erfolg der Vorschulserien

Kinderfernsehen gewinnt in den 70er Jahren zunehmend internationale Bedeutung. So bilden sich Ausschüsse für Kinderprogrammbeurteilungen, wie z.B. der Prix Jeunesse in München, dem internationalen Fernsehwettbewerb von Kinder- und Jugendsendungen18. 1970 begeistert die amerikanische Vorschulserie Sesame Street die Juroren und Kritiker beim Prix Jeunesse und erreicht den ersten Preis. Ein Jahr später gewinnt sie zudem den Japan Prize in Tokio (vgl. Saldecki 1998, S. 21). Nie zuvor hat ein Kinderprogramm international soviel Aufmerksamkeit geerntet19. Der NDR und WDR senden 1971 in ihren dritten Programmen fünf Folgen der Sesame Street in Originalfassung. Kurz darauf bildet sich die ARD-Arbeitsgemeinschaft `Vorschuler- ziehung`, die den Auf- und Ausbau des Kleinkinderprogramms zum Ziel hat und ein Diskussions- forum für die Planung und Produktion bieten soll (Löhr 1991, S. 53). Ende Januar 1973 wird die Vorschulserie zum ersten Mal unter dem Namen Sesamstrasse im Ersten und den dritten Programmen von NDR, , SFB, HR und WDR ausgestrahlt. Die ARD- Arbeitgemeinschaft `Vorschulerziehung` bemüht sich zudem um eigenständig produzierte Vorschulprogramme, woraus sich u.a. die Lach- und Sachgeschichten / Sendung mit der Maus und das feuerrote Spielmobil entwickeln. Diese Projekte sind als Serien konzipiert und werden in Magazinform ausgestrahlt. Als pädagogische Ziele werden genannt: „Realitätsbewältigung, Identitätsfindung, soziales Lernen, Anregung von Phantasie und Kreativität, Vermittlung von Spaß und Abenteuer, Förderung von Selbständigkeit und Selbsttätigkeit.“ (Löhr 1991, S. 54). Saldecki beschreibt die Entwicklung der Sendung mit der Maus: „Wir dachten [...] an ein Magazin, das von Bildern und weniger von Worten leben sollte. Ein ganz entscheidender Unterschied [...] war es, die alte Sprache des Dokumentarfilms zu vermeiden. [...] Wir beschlossen die Lach- und Sachgeschichten zu planen, mit Bildern aus der Umwelt, die der Kindergarten, die Schule, die Kinderbücher nicht liefern konnten“ (Saldecki 1998, S. 23). Diese Einspieler in dem dreißigminütigen Kindermagazin sollen seiner Meinung nach jedoch nicht belehrend wirken, denn wenn z.B. „die Herstellung von Seife in der Maus gezeigt [wird], dann ging es nicht darum, dass Kinder am nächsten Tag selber Seife herstellen konnten, sondern dass sie, wenn sie abends die Seife (hoffentlich) in die Hand nahmen, ein anderes Gefühl dazu hatten, als noch am Tag zuvor“ (ebenda, S. 23). Im WDR-Pressetext vom 7. März 1971 heißt es: „Eine so genannte Lachmaus hat sich im WDR-Kinderprogramm breit gemacht. Friedrich Streich hat sie gezeichnet, eine komische, amüsante Trick-Maus, die wie ein Chamäleon ihren Charakter wechselt. Es handelt sich um eine emanzipierte Maus, sagt der Redakteur Gert K. Müntefering dazu. [...] Sie wurde erdacht, um die kurzen Lach- und Sachgeschichten zu verbinden, die an diesem 7. März erstmals im deutschen Fernsehen gesendet werden“ (Saldecki 1998, S. 23). Ab 1973 wird dieses Kindermagazin Sendung mit der Maus (s. Abb. 3) genannt und trägt nur noch als Untertitel den Namen „Lach- und Sachgeschichten“. Das ZDF bemüht sich ebenfalls Anfang

18 vgl. http:/www.prixjeunesse.de (28.05.02) 19 siehe z.B. Erlinger 1998, S. 597-617 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 17 der 70er Jahre, ein eigenes Vorschulprogramm aufzubauen. Das Kleinkinderprogramm der Drei- bis Sechsjährigen wird eingeteilt in die Abteilung `Bildung und Erziehung` (untergeordnet der Abteilung `Kultur`) und das Kinderprogramm der Sieben- bis Dreizehnjährigen wird der Abteilung `Kinder und Jugend` zugeteilt. Zudem wird ein Gremium `Jugend, Bildung und Erziehung` des ZDF-Fernsehrates gebildet, um die Programmentwicklung zu fördern. Ab Herbst 1973 sendet das ZDF als erstes Vorschulprogramm die eigens produzierte Rappelkiste.

Abbildung 3 Sendung mit der Maus: Elefant, Maus, Ente20

Hierbei legt der Mainzer Sender den Schwerpunkt „auf das `soziale Lernen` und die `emotionale Verständigung` durch entsprechende Geschichten“ (Mundzeck 1991, S. 31). Josef Göhlen meint hierzu: „Kinderprogramme sind für mich Konkurrenzprogramme [...]. Es (das Kinderprogramm) ist ein pädagogisches Journal, das folgende Stichworte berücksichtigen muss: · Hilfe zur Emanzipation des Kindes [...], · Hilfen zur Orientierung in dieser Gesellschaft und in der Welt [...], · Hilfen zu seiner Entspannung, zu seiner Erholung, zum Aufbau neuer Kräfte: Spaß, Spiel, Spannung, Anregung zur Phantasie, zur Kreativität [...]“ (Löhr 1991 zit. nach Göhlen, S. 56).

Zudem wird ein kritisches Bewusstsein der Kinder gegenüber dem Medium Fernsehen, seinen Verantwortlichen und seinen Verführungsabsichten gefordert, die im Zentrum eines soziologisch orientierten Ansatzes stehen (vgl. Six 1999, S. 21). Die Aktivitäten der beiden Fernsehsender sind laut Löhr „entscheidend vom Konkurrenzkampf zwischen ARD und ZDF geprägt“ (Löhr 1991, S. 52). Zum einen legt das ZDF werktags sein Kinderprogramm ebenfalls wie die ARD in die Zeit zwischen 17.00 und 18.00 Uhr und zum anderen werden im ZDF zunehmend „kommerziell gestylte Großserien offeriert“ (ebenda), die das Kinderpublikum an den Sender binden sollen. ARD und ZDF bauen beide darauf, jedem Sendetag eine bestimmte Programmsparte (sog. Pro- grammfarbe) zuzuweisen (s. Tab. 1). Damit wird das wöchentliche Kinderprogramm für das junge Publikum transparenter. Die Programme kommen jedoch mit dieser Konzeption „ausgenommen einige Zeichentrickserien wie Biene Maja und Heidi, in ihrer Reichweite nicht an das Interesse, das dem Werberahmenprogramm galt, heran“ (Löhr 1991, S. 56). Werbung findet schon hier ein großes Interesse bei den Kindern. Beim ZDF wird das Werberahmenprogramm zudem wochentags von den Zeichentrickfiguren Mainzelmännchen präsentiert und schafft somit einen zusätzlichen Anreiz für Kinder. Diese werden von der Wiesbadener `Neue Film-Produktion –

20 vgl. http://db.ard.de/abc/main.index_abc (11.06.01) 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 18

Animation Film GmbH` entwickelt und dienen bis heute als Markenzeichen des ZDF nicht nur als Identifikation mit der Stadt Mainz, sondern sollen an die „gutmütigen und aufgeweckten Heinzelmännchen“21 erinnern.

Tabelle 1 Programmfarben für das Kinderprogramm bei ARD und ZDF in den 70er Jahren

Wochentag ARD ZDF

Unterhaltungsmagazine (z.B. Problemserie, Puppen- u. Tier- Montag Das Montagsmagazin) geschichten

Serien Infosendungen Dienstag (z.B. Poly und der schwarze (z.B. Technik für Diamant) Kinder, Galerie für Kinder) Spielfilme Abenteuerserien Mittwoch Informationsmagazine Zeichentrickfilme Donnerstag (z.B. Was sagst Du dazu?) (z.B. Biene Maja, Heidi, Sindbad, Wickie)

Freitag

Kindersendungen im Samstag nachmittäglichen Familienprogramm Serien und Spielfilme Literaturserien Sonntag (z.B. Merlin, Timm Taler)

Die ARD-Anstalten bieten im Werberahmenprogramm gezielt kurze Einspielfilme, die Kinder ansprechen (vgl. Löhr 1991, S. 56). Mitte der 70er Jahre werden erste Merchandisingprodukte der beliebten Fernsehfiguren wie Biene Maja, Heidi, Mainzelmännchen oder Pumuckl erfolgreich vermarktet. Die Fernsehsender nutzen hierbei eine neue Finanzierungsmöglichkeit neben den Rundfunkgebühren und können somit zusätzlich die Steigerung des Bekanntheitsgrades einer bestimmten Sendung oder Figur erzielen. Laut Albert Schäfer konsolidiert sich das Kinder- programm des ZDF in den Jahren 1974 bis 1977 u.a. mit den Sendungen Wickie, Black Beauty, Karlsson vom Dach, der umweltorientierten Abenteuerserie Aktion Grün, der Ratesendung 1, 2 oder 3 und der Kindersportsendung Pfiff (vgl. Schäfer 1998a, S. 33ff.). Gesellschaftlich wird der Fernseher in den 70er Jahren in das Familienleben integriert. Im Wohnzimmer werden die Möbel um das Fernsehgerät gruppiert, damit jeder einen guten Blick auf den Bildschirm genießen kann (vgl. Aufenanger 1996, S.8). „Der Fernsehapparat ist zu einem Familienmitglied geworden“ (Hesse 1999, S. 25) und das gemeinschaftlich abendliche Fernsehen wird fast zu einem Ritual im Familienleben.

21 http://www.zdf.de/treff/ mainzelmaennchen/17114/index.html (25.05.01) 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 19

2.5. 1980er Jahre – Konkurrenz der Privatsender

In den 80er Jahren legt das ZDF mehr Wert auf das nachmittägliche Familienprogramm. Göhlen möchte mit der Abteilung `Kinder und Jugend` die „Qualität widerspiegeln, die laut Programm- nutzungsdaten von der Familie insgesamt gewünscht werden: leichte und aktionsreiche Unter- haltung. Bezugspunkt der Programmgestaltung war also nicht die Herausbildung von Gefühls-, Denk- und Handlungseigenschaften auf Seiten der Kinder, sondern das, was sie `wollen`“ (Löhr 1991, S. 60). Aus konzeptionellen Gründen wird die Kooperation mit den Abteilungen `Unterhaltung`, `Fernsehspiel`, `Film` und `Reihen/Serien` gesucht, die für das Werberahmen- programm zuständig sind. Daraufhin wird das offizielle Kinderprogramm nur noch dreimal wöchentlich ausgestrahlt: sonntags, montags und mittwochs. An den restlichen Tagen stehen den Kindern lediglich die so genannten Familienprogramme zur Verfügung, die wiederum das Werberahmenprogramm beinhalten (vgl. ebenda, S. 61). Im Gegensatz dazu hat die Redaktion `Bildung und Erziehung` die Vorstellung, Sendungen für Klein- und Vorschulkinder sollen „Ruhe, Sicherheit, Selbstwertgefühl, Eigenständigkeit und Horizonterweiterung“ (Hermann zit. von Löhr 1991, S. 61) vermitteln. Dies soll besonders für die Serien Rappelkiste, Neues aus Uhlenbusch, Bettkantengeschichten und das Umweltmagazin Pusteblume22 gelten sowie für die ausländischen Produktionen, die das ZDF in ihr Programm aufnimmt23 (vgl. ebenda, S. 61). Bei der ARD wird entschieden, vier Aktivitäten von der Koordination `Familienprogramm` zu realisieren: 1. Anspruchsvolle Filme (Rosi und die große Stadt, Die rote Zora u.a.) 2. Ausbau der Kooperation mit den Produzenten der CSSR (Die kleine Hexe; Luzie, der Schrecken der Straßen; Der fliegende Ferdinand u.a.) 3. Ausstrahlung teils eigen produzierter, teils gekaufter Abenteuer- und Unterhaltungsserien (Matt und Jenny, Klamottenkiste, Tom & Jerry - Cartoons sowie Disneyproduktionen) 4. Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Rundfunkwerbung im Hinblick auf Sendungen, die im Werberahmen- und zugleich im Kinderprogramm Platz finden sollen (Meister Eder und sein Pumuckl, Tom Sawyer und Huckelberry Finn, Michel aus Lönneberg u.a.) (vgl. Löhr 1991, S. 59)

Gerade der letzte Punkt dieses Beschlusses wird aufgrund von erheblichen Finanzierungs- problemen verwirklicht. Obwohl es 1969 sowie 1974 Rundfunkgebührenerhöhungen gegeben hat und die letzte sogar mit einer Sparauflage verbunden ist (vgl. Karstens 1999, S. 24), scheint dieser Schritt unumgänglich. Waren die Erlöse aus den Fernsehgebühren in den ersten zwanzig Jahren des Fernsehbestehens stetig gestiegen, allein aus dem Grunde, dass immer mehr Haushalte einen Fernsehapparat erworben und anmeldeten (vgl. Abb. 4), stagnierten die Teilnehmerzahlen derzeit und somit auch die Erträge. „Und das zu einer Zeit, in der das Fernsehen sein Sendevolumen gegenüber den fünfziger Jahren insgesamt etwa verdreifacht hatte und in der die Kosten ungebrochen weiter anstiegen“ (Karstens 1999, S. 24).

22 Ab 1981 unter dem Namen Löwenzahn ausgestrahlt. 23 z.B. Mathis, ein Junge aus Norwegen; Ferien auf Saltkrokan und Anderland 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 20

Das Sparpaket betrifft hauptsächlich das Programm der Sieben- bis Elfjährigen Kinder und führt „zu einer leichten Reduzierung des wöchentlichen Programmvolumens, zu einem vermehrten Einsatz von Wiederholungssendungen und dazu, den Montagstermin mit der Wiederholung des Sonntagnachmittags gesendeten Kinderprogramms auszufüllen“ (Löhr 1991, S. 59).

25

20

15

in Mio. 10

5

0 1952 1955 1960 1965 1970 1975 1980

Jahr

Abbildung 4 Angemeldete Fernsehteilnehmer in der BRD von 1952 bis 1980 in Mio.24 Es werden neue Sendungen entwickelt, wie z.B. 1982 der Weltspiegel für Kinder, ein Magazin, das vor allem aus Portraits von Kindern aus aller Welt besteht; Tiersendungen wie Tiergeheimnisse, Kleine Fische – große Fische oder ABC der Tiere und Dokumentationsreihen wie Bilder unserer Erde sowie Natur und Technik (vgl. Saldecki 1998, S. 25f.). Im ZDF erfolgt 1985 eine wichtige organisatorische Änderung: Nach Göhlens Weggang legt man die Abteilungen `Kinder und Jugend` sowie `Bildung und Erziehung` zusammen und eine Hauptredaktion `Kinder, Jugend und Familie` entsteht unter der Leitung von Michael Albus. Hierbei betreut das Kinderprogramm Markus Schächter und das Kleinkinderprogramm Bärbel Lutz-Saal und Elmar Lorey. Zwei Jahre wird das Kinderprogramm des ZDF von der neuen Hauptredaktion umgestaltet und neue Konzepte werden erstellt. Im Januar 1988 läuft das Programm in neuer Form an, „dessen Zielvorstellung – so Michael Albus – Realitätsaneignung, Identitätsfindung und Fantasieentfaltung sind, die vor allem mit journalistischen und erzählerischen Mitteln erreicht werden sollen“ (Löhr 1991, S. 62). Das Kinderprogramm wird als ein täglicher Stundenblock angeboten, wobei diese Blöcke wieder mit verschiedenen Programmfarben versehen werden. Das Kleinkinderprogramm ist hierbei sonntags und mittwochs vorgesehen. Die neuen Programminhalte sind u.a. die Kindernachrichtensendung logo (vgl. Abb. 5), das Vorschulprogramm Siebenstein, das Astrid-Lindgren-Festival, die Serien Anne auf Green Gables, Mino, Wind in den Weiden oder die Informationssendungen Komm Puter und mittendrin. Nach Albert Schäfer „hat das Kinder- und Nachrichtenprogramm des ZDF in der Tat sein Gesicht verändert. Zahlreiche Auszeichnungen auf nationalen und internationalen Festivals bescherten der Redaktion, die bislang zwar ein treues Publikum, jedoch wenig öffentliche Aufmerksamkeit hatte, ein neues Image“ (Schäfer 1998, S. 37). Mit Einführung des dualen Rundfunksystems 1984 sind private Fernsehanbieter auf Sendung

24vgl. Hickethier 1998b, S. 201 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 21 gegangen und haben sich zunehmend dem Kinderprogramm gewidmet25 (vgl. Köser 1998, S. 585). In der Konkurrenz zwischen den tradierten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und den neuen kommerziellen Anbietern werden unterschiedliche Programmkonzepte propagiert (vgl. Bleicher 1997, S. 10). „Wurden programmstrategische Entscheidungen bis tief in die 80er Jahre hinein noch weitgehend in einem Schutzraum getroffen, beeinflusst lediglich durch den notwendigen Seitenblick zum Konkurrenten ARD, so entstand spätestens Ende des Jahrzehnts eine grundlegend neue Situation durch das immer umfangreicher werdende Kinderprogramm der sich etablierenden kommerziellen Konkurrenz“ (ebenda, S. 38). Auf den Markt der jungen Zuschauer drängt eine Fülle von neuen Programmangeboten, „die zwar kein konkretes medienpädagogisches Ziel mit dem Programmsegment Kinderfernsehen verbanden, die Zuschauergruppe als Fernsehkonsument jedoch durchaus ernst nahmen“ (Volkmer 1997, S. 242).

Abbildung 5 logo – Nachrichten für Kinder26

Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern dominieren Vorschulserien und bei den kommerziellen Anbietern Zeichentrick (vgl. ebenda). Dieser Druck der kommerziellen Anbieter macht sich ab 1988 stark bemerkbar in sinkenden Einschaltquoten bei ARD und ZDF. „Als Folge des Quotenrückgangs tauchen erste Ahnungen von künftigen Finanzproblemen auf, und damit verbunden waren Sendeplatzdiskussionen, die in den folgenden Jahren zwar zu einer quantitativen Ausweitung, zugleich aber zu einer qualitativen Ver- schlechterung der Sendeplätze für das Kinder- und Jugendprogramm führten“ (ebenda). Diese schlechteren Sendeplätze tragen ferner nicht dazu bei, die Quoten für das Kinderfernsehen zu erhöhen. Laut Löhr haben ARD und ZDF trotz aller Einschränkungen „ein Kinderfern- sehprogramm zuwege gebracht, das einen unverwechselbaren und unverzichtbaren Pluspunkt im Gesamtangebot der Anstalten darstellt“ (1991, S. 62). Nach über 36jähriger Tätigkeit für den WDR blickt Müntefering heute zurück und meint zur Gründung der privaten Sender: „Ich habe diese Entwicklung erst mal als Chance gesehen, weil ich Anhänger des Geldausgebens für Kinder bin. Ich habe mich dann doch gewundert, dass das kommerzielle Fernsehen bis heute den gesellschaftlichen Auftrag im Hinblick auf Kinder nur ökonomisch definiert. [...] Was man unterschätzt hat, war die Tatsache, dass die Bedrohung für uns [die öffentlich-rechtlichen Sender] weniger von den Kindersendungen der Privaten ausging als vom gesamten Zwischenreich der Action- und Trickserien, die im eigentlichen Sinn kein Kinderfernsehen sind, die aber vor allem am frühen Abend ein hohes Potential an Zuschauern binden“ (in: Schwanebeck 2000, S. 165).

25 u.a. RTL, ProSieben, Kabelkanal (ab 24.12.1994 Kabel 1), Sat.1 (vgl. Hollstein 1998, S. 181) 26 vgl. http://www.zdf.tivi.de/logo (18.05.01) 2. Geschichte des Kinderfernsehens Seite 22

KOMMENTAR Das Aufkommen der privaten Fernsehanbieter hat die Entwicklung auf dem Kinderfernsehmarkt der 80er Jahre stark beeinflusst, aber nicht nur im negativen, sondern auch im positiven Sinne. Die Programmgestalter der einzelnen Fernsehsender mussten sich nun stärker mit dem Inhalt und dem Anspruch der jungen Rezipienten auseinandersetzen, um bei der wachsenden Konkurrenz mithalten zu können. 3. Kinderfernsehen heute Seite 23

3. Kinderfernsehen heute

Seine Geschichte prägt die heutige Entwicklung des Kinderfernsehens entscheidend. Die Marktentwicklung richtet sich in den 1990er Jahren bis heute nach Senderstrategien und Produktionsentscheidungen, die historisch begründet sind. Programmstrategische Differenzen zwischen den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten lassen sich nachvollziehen durch ihre unterschiedlichen Voraussetzungen, ihre Organisation sowie den gesetzlichen Richtlinien für das Kinderfernsehen.

3.1. Aktuelle Entwicklung und Marktförmigkeit

In den 90er Jahren setzt sich die Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanstalten um die Gunst der jüngsten Zuschauergruppe potenziert fort. Im Kampf um die Marktführerschaft im deutschen Fernsehen sind Kinder eine ebenso interessante wie schwierige Publikumsgruppe. Nicht nur die kommerziellen Fernsehveranstalter „haben ihr Herz für Kinder entdeckt und bieten ihren Financiers, der werbetreibenden Wirtschaft, mithin eine Zielgruppe, wie sie homogener und marktbewusster, kaufwilliger und aufnahmebereiter kaum denkbar ist” (Smith 1993, S. 40). Sie und die geldgebende, werbetreibende Wirtschaft haben die jüngste Zuschauergruppe schnell als lukrative Zielgruppe entdeckt: „Freie Programm- und Medienselektion in Kombination mit einer gestiegenen Kaufkraft, sowie einer Beteiligung an vielen wichtigen Konsumentscheidungen in der Familie lassen Kinder zu einer besonders interessanten und deshalb von der Industrie stark umworbenen Zielgruppe werden” (Mattusch 1995, S. 430). Die Sechs- bis Neunzehnjährigen verfügen im Jahr 2001 über eine Kaufkraft von mehr als 16,36 Mrd. Euro27, im Jahr 1996 waren es noch 8,82 Mrd. Euro28 (vgl. Mayer 1998, S.49) und allein bei den Sechs- bis Dreizehnjährigen stieg die Kaufkraft von 2001 bis 2002 nochmals um 3%29. Für die Öffentlich-rechtlichen steht neben der Erfüllung ihres Programmauftrages vor allem die Imagepflege durch ein qualitativ wertvolles Kinderprogramm im Vordergrund. Mit hochwertigem Kinderfernsehen lassen sich nicht nur die Jüngsten gewinnen; gutes und ansprechendes Kinderprogramm garantiert den Sendern Sympathien der Eltern und allgemeine Anerkennung in der Öffentlichkeit (vgl. Theunert 1995, S.16). Für private wie öffentlich-rechtliche TV-Anstalten ist das Kinderprogramm als integra- tiver Bestandteil ihres Gesamtprogramms gleichermaßen von Bedeutung, „weil [das] Kinderpublikum von heute das Erwachsenenpublikum von morgen sein wird” (Stolte 1991, S. 3). Insofern ist das Kinderfernsehen nicht mehr nur durch redaktionelle und inhaltliche Aspekte bestimmt, sondern ökonomische Gesichtspunkte spielen ebenso - genau wie in anderen Programmbereichen - eine entscheidende Rolle. Der Begriff Medienkompetenz wird zum `Schlagwort` der Medienpädagogen der 90er Jahre und ist bis heute wiederholt Thema in der öffentlichen Diskussion um Kinder und ihren Medienumgang (vgl. Gapski 2001, S. 13ff.). Winterhoff-Spurk meint:

27 vgl. http://www.bauermedia.com/news-3.php (20.07.2001), damals 32 Mrd. DM 28 damals 17,25 Mrd. DM 29 vgl. http://www.bauermedia.com/presse/september2002/ kidsVa2002. php (05.09.2002) 3. Kinderfernsehen heute Seite 24

„Der Begriff Medienkompetenz wird im öffentlichen Sprachgebrauch und in der Fachliteratur häufig sehr ungenau gebraucht – manchmal bezeichnet er undifferenziert alles menschliche Verhalten, das irgendwie mit einem Bildschirm zu tun hat, etwa die Bedienung von technischen Geräten.“ (Weidenbach 2000 zit. nach Winterhoff-Spurk, S. 46) Laut Moser lässt sich dieser Begriff zurückführen auf eine von Baacke geführte Adaption des Konzeptes der kommunikativen Kompetenz des Soziologen Habermas (vgl. Moser 2000, S. 213 zit. nach Baacke 1972, Habermas 1971). Baacke beschreibt 1997 Medienkompetenz als einen aus vier Dimensionen bestehenden Begriff: · Medienkritik (man sollte fähig sein, sich analytisch, ethisch und reflektiv auf Medien zu beziehen) · Medienkunde (Das Wissen über Medien im Sinn der Informiertheit über das Mediensystem, im Rahmen einer instrumentell-qualifikatorischen Fähigkeit, die entsprechenden Geräte bedienen zu können) · Mediennutzung (sowohl durch Rezeption als auch aktiv als Anbieter fungieren zu können) · Mediengestaltung (innovativer und kreativer Umgang mit den Medien) (vgl. ebenda, S. 214 u. Baacke 1997b, S. 221f.).

Beim ZDF gibt es ab 1992 wieder eine Neustrukturierung des Kinderfernsehens, als Markus Schächter die Redaktionsleitung verlässt. Die bisherige Redaktion `Kinder und Jugend` wird erneut eingeteilt in zwei Abteilungen: Die Redaktion `Kinder I` (Leitung: Susanne Müller) und `Kinder II` (Leitung: Albert Schäfer). Dabei ist `Kinder I` hauptsächlich für Unterhaltung, Trick, Serie und Spielfilm verantwortlich und `Kinder II` für Informations-, Magazin- und Kleinkinderprogramme. Zudem ist die Redaktion `Kleine Reihe – Familienprogramm`, die ehemals aus der Abteilung `Erziehung und Bildung` hervorgegangen ist, verantwortlich für Fernsehspielreihen, die u.a. spezielle Angebote für Kinder aufweist (vgl. Schäfer 1998, S. 38). Es entstehen neue Programmangebote wie z.B. das Informationsmagazin PuR, Fernsehspielreihen wie Achterbahn und Karfunkel, die Kinderredeshow Basta! oder die Zeichentrickserie Alfred J. Kwak. Die Konkurrenz zu den privaten Fernsehsendern wird immer stärker und Einzelne der privaten Kanäle entwickeln sich laut Müller zu Quasi-Spartensender für Kinder. „40 Stunden Kinderprogramm in der Woche – regelmäßig, zuverlässig, großflächig, leicht konsumierbar, fast ausschließlich Zeichentrickserien“ (Müller 1998, S. 43). Müller und Schäfer machen im ZDF-Jahrbuch 1992 die Schwierigkeit deutlich, in der sich die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter befinden: „Wir müssen uns stärker als das Gesamtprogramm der Diskussion über das expandierende Angebot stellen. Wir sollen beweisen, dass das Gebührenfernsehen seinem Bildungs- und Informationsauftrag gerecht wird. Wir sollen attraktiv sein und zugleich Distanz ermöglichen. Mit anderen Worten: Wir haben die Aufgabe, die jungen Zuschauer zu begeistern und ihnen dennoch nicht jeden heimlichen und unheimlichen Wunsch zu erfüllen. Öffentlich-rechtlichen Kinderprogramm- machern ist nicht alles erlaubt, was Kindern gefällt“ (Müller 1992, S. 61f.). Die privaten Anbieter kämpfen um das Interesse der jungen Zuschauer und stellen im Laufe der 90er Jahre ihr Kinderprogramm um oder stellen spezielle Kindersendungen ein: Sat.1 lässt im Herbst 1993 seine Kinderprogrammstrecke „Querbeet“ auslaufen, da die werberechtlichen Grundsätze vom Sender nicht zu tragen sind. Der Grund hierfür ist das Verbot der Werbung innerhalb einer solchen Programmstrecke für Kinder. Einzelne Kindersendungen werden dagegen 3. Kinderfernsehen heute Seite 25 noch ausgestrahlt. Kabel 1 stellt sein gesamtes Kinderangebot ein. ProSieben gibt ab 1994 das explizite Kinderprogramm auf. Das sogenannte „Familienprogramm“ wird aber weiterhin angeboten, das besonders von Kindern konsumiert wird und bei dem ungehindert Werbung laufen darf (vgl. Erlinger 1998, S. 184). Ab April 1995 gründet die RTL Group unter ihrer Dachmarke einen neuen Sender, der sich hauptsächlich der Zielgruppe Kinder und Familien widmen soll: Super RTL (vgl. Voß 2000, S. 439). Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von ARD und ZDF erarbeitet 1994 ein Konzept für einen öffentlich- rechtlichen Kinderkanal. Doch die kommerziellen Sender kommen ihnen zuvor und der erste private Kinderkanal namens Nickelodeon etabliert sich in Deutschland. Dies ist ein amerikanischer, weltweit operierender Medienkonzern. Die Medienfirma Kirch kündigt das digitale Fernsehen an, das Kinderkanäle enthalten soll. Andere Medienkonzerne haben die Absicht, eigene Kinderkanäle zu schaffen wie z.B. der Pay-TV-Sender Premiere sowie Disney und Fox (vgl. Müller 1998, S. 45). Im Januar 1995 beschließen die Intendanten von ARD und ZDF die Einrichtung eines gemeinsamen werbefreien Spartenkanals für Kinder. Am 01.01.1997 wird der Sendebetrieb vom Standort Erfurt aufgenommen. Obwohl der Name `Der Kinderkanal` vorerst nur ein Arbeitstitel sein soll, wird die Bezeichnung beibehalten und gilt bis heute. Das Logo, das vorerst mit einem Doppel-X als unbekannte Größe für ein endgültiges Logo stehen soll, wird heutzutage durch `Ki.Ka` ersetzt. Laut Müller und Schäfer bietet der Kinderkanal „die Vielfalt der öffentlich-rechtlichen `Elternprogramme`: Anregendes, Unterhaltendes, Bildendes, Informierendes. [...] Sensibler Umgang mit der Gewalt- frage, altersgerechte Themenwahl, professionelle Sorgfalt, Werbefreiheit.“ (ebenda, S. 49). Daher lautet der erste PR-Slogan „gewaltfrei – werbefrei – frei ab drei“ (vgl. Neuß 1997, S. 117), der sich stark an besorgte Eltern richtet. Der Erfolg ist schon nach einem halben Jahr Sendebetrieb zu erkennen, der Kinderkanal erreicht 10% Marktanteil in der Zielgruppe. Müller und Schäfer beschreiben das Angebot des Kinderkanals folgendermaßen: „Wir setzen auf großflächige programmliche Vielfalt, zeigen Spielfilme neben Serien, szenische Programme neben nonfiktionalen Produktionen, Zeichentrick neben Real- sendungen. [...] Wir zeigen die Klassiker wie etwa die Sesamstrasse und Löwenzahn, von denen jedoch ständig neue Folgen produziert werden. Gleichzeitig strahlen wir Premieren- programme aus, die modern in der Themenwahl und Gestaltung sind.“ (Müller 1998, S. 49). Zu dem Programm im Ki.Ka kommen zu den klassischen ARD und ZDF-Angeboten neue Sendungen hinzu, die sich an der Lebenswelt der jungen Rezipienten orientieren. Wie etwa im September 1998 die erste `Kinder-Weekly`30 im deutschen Fernsehen, Schloss Einstein, das interaktive Magazin AKTIV BOXX oder Die Pfefferkörner. Ab März 1999 wird die Vorschulserie Teletubbies im Ki.Ka und der ARD ausgestrahlt. Diese wird von dem englischen Sender BBC erworben und sorgt in Deutschland für kontroverse Diskussionen in Eltern- sowie in Pädagogenkreisen (vgl. Schäfer 2000, S. 37; Förster 1999, S. 242; Neuß 2001, S. 7ff.). Mit langen Bildeinstellungen, nur wenigen Schnitten und vielen Wiederholungen sollen die Sendungen für Kinder im Vorschulalter gut zu verstehen sein. Die Hauptkritikpunkte an der Sendung richten sich gegen die Form der Sprache und löst Debatten über das generelle Einstiegsfernsehalter der Kinder aus. Der Erfolg der Teletubbies zieht noch andere Vorschulserien nach sich, die schon an Kleinkinder gerichtet sind wie etwa Der Bär im großen blauen Haus seit September 2000 und

30 Wöchentlich ausgestrahlte Serie 3. Kinderfernsehen heute Seite 26

Tweenies31 (vgl. Abb. 6) seit April 2001 bei Ki.Ka oder Toggolino, ein Vorschulblock seit April 2000 bei Super RTL, u.a. mit der erfolgreichen Kleinkindersendung Bob der Baumeister (vgl. Schosser 2001, S. 5; Der Kinderkanal ARD/ZDF 2001 (Pressemappe)).

Abbildung 6 Die Tweenies32

Mit einem durchschnittlichen Marktanteil von über 40% in der Zielgruppe hat sich Bob der Baumeister mittlerweile „in die Herzen der kleinen TV-Zuschauer gebahnt“ (Schmit 2002, S. 7). In der Serie sollen Werte wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Solidarität vermittelt werden (vgl. ebenda).

KOMMENTAR Hierbei sollte beachtet werden, dass diese Sendungen auch von Kindern unter drei Jahren konsumiert werden, die in der Fernsehforschung noch gar nicht bedacht und aufgeführt werden.

Im Mai 1998 muss Nickelodeon aus finanziellen Gründen seinen Sendebetrieb in Deutschland einstellen (vgl. Erlinger 1998, S. 5f.). RTL und Sat.1 legen ihr Kinderprogramm gezielt auf den Vormittag des Wochenendes (vgl. Rosenbaum 2000, S. 107). Es haben sich fünf private Sender auf dem Kinderfernsehmarkt herauskristallisiert: RTL, RTL 2, ProSieben, Sat.1 und vor allem Super RTL. Bei ARD und ZDF gehen die Werbeeinnahmen von 1992 bis 1997 wegen der großen Kon- kurrenz der privaten Anbieter zurück. Bei der ARD sinken die Einnahmen von fast 307 Mio. Euro33 auf ca. 153 Mio. Euro34. Beim ZDF sieht es ähnlich aus: Die Erlöse aus Werbespots verringern sich von gut 358 Mio. Euro35 auf fast 153 Mio. Euro36 (vgl. Chill 1999, S. 94). Die ARD und das ZDF verzichten aus diesem Grund kurz nach dem Start des Ki.Ka montags bis freitags auf die Ausstrahlung des Kinderprogramms (vgl. Rosenbaum 2000, S. 107). Jedoch ist das Programm des

31 auch vom englischen Sender BBC übernommen wie die Teletubbies 32 vgl. Der Kinderkanal ARD/ZDF 2001 (Pressemappe) 33 damals ca. 600 Mio. DM 34 damals ca. 300 Mio. DM 35 damals ca. 700 Millionen DM 36 damals ca. 300 Millionen DM 3. Kinderfernsehen heute Seite 27

Ki.Ka nur über Satellit oder Kabeleinspeisung zu empfangen. Das bedeutet, dass die rund fünf Millionen Haushalte mit terrestrischem Empfang keine „umfassende Grundversorgung der Kinder durch Programme des Kinderkanals“ (Rosenbaum 2000, S. 107) erhalten. Beim Pay-TV-Sender DF1 gibt es ab Mitte der 90er Jahre unter den Labels `Junior TV` und `K-Toon` eigene Kinderkanäle, die ganztägig senden (vgl. Mikat 2000, S. 44). Im November 1998 streicht der Sender sein Kinder- und Jugendprogramm aus wirtschaftlichen Gründen (ebenda, S. 13). Der Schwerpunkt des Sendeinhalts liegt bei den privaten Anbietern hauptsächlich in Zeichentrickserien wie z.B. Tom & Jerry, Familie Feuerstein, Die Schlümpfe, Captain Future, Sailor Moon, Power Rangers oder Mummies Alive, in denen eine eindeutige Gut-Böse-Polarisierung stattfindet. Mikat, ist der Meinung, dass lediglich Super RTL hierbei eine Ausnahme bildet, die nicht nur eingekaufte Zeichentrickserien anbietet, sondern „eigens für Kinder produzierte(n) Dokumentationen und Magazine(n)“ (Mikat 2000, S. 53) ausstrahlen. Zudem bietet er eine „große Anzahl an Tiermagazinen und –dokumentationen, die sich zum Teil an die ganze Familie richten [...]“ (ebenda, S. 52). Zudem gibt es bei Super RTL Kindermagazine wie Art Attack oder `Super, Metty`. In der von Super RTL eigenproduzierten Actionspielshow Super Toy Club treten zwei Mannschaften aus je vier Mädchen und vier Jungen in unterschiedlichen Spielrunden jeweils gegeneinander an (vgl. Abb. 7).

Abbildung 7 Super Toy Club: Kinder mit Moderator David Wilms37

Diese aktionsreiche Show, die seit 1999 von der holländischen „TV-Trashfabrik Endemol (`Big Brother`) produziert wird, ist so erfolgreich, dass ihre Idee sogar eine Zeitlang von ProSieben fürs Abendprogramm kopiert wurde“ (Hammerstein 2001, S. 74). Mit einem durchschnittlichen Kindermarktanteil von über 30 % ist der Super Toy Club eine der erfolgreichsten Kindershows im deutschen Fernsehen38 und nutzt die Werbeform des Product Placement, um sich zu finanzieren. Dies bedeutet, dass im Rahmen der Spielhandlung tatsächlich existierende Produkte verwendet, deutlich gezeigt und platziert werden, um sie zielgruppengerecht zu bewerben (vgl. Felser 1997, S. 21f.). Insbesondere im Finale beim Parcourslauf durch ein riesiges Spielwarengeschäft der Firma „Toys`R`us“ werden der Hauptsponsor selbst und seine Waren gewinnbringend dargestellt und als Hauptgewinne eingesetzt39: In einer vorgegebenen Zeit versuchen die zwei Teams so viele Spielsachen wie möglich im Einkaufswagen über die Ziellinie zu bringen, die sie dann als Gewinn behalten dürfen. Der Moderator David Wilms ist davon überzeugt, dass diesem Konzept eine pädagogische Bedeutung zukommt:

37 vgl. http://www.grundy-le.de/seiten/shows/02_005_001.html (13.09.02) 38 vgl. ebenda 39 vgl. http://www.toysrus.de (03.09.02) 3. Kinderfernsehen heute Seite 28

„Die Kinder müssen sich untereinander absprechen, wer welche Aufgabe übernimmt. Sie lernen, was Teamarbeit bedeutet“ (David Wilms zit. in: Super RTL Kommunikation 2001, S. 15). Was die öffentlich-rechtlichen Sender betrifft, so ist mehr Vielfalt im Kinderprogramm zu beobachten. Dabei werden sowohl Kaufproduktionen als auch eigenproduzierte Formate eingesetzt, die zeigen, „dass die Tendenz vieler Medienanbieter, im Kind den Kunden zu sehen, sich bei den öffentlich- rechtlichen Sendeanstalten verstärkt” (Hollstein 1997, S. 50). So nehmen sie zunehmend auch Actionspielshows mit Clubcharakter in ihr Kinderprogramm auf, um die jungen Zuschauer an sich zu binden: Tigerenten Club (ARD/Ki.Ka), Pumuckl TV (BR), Tabaluga Tivi (ZDF/Ki.Ka), Käpt`n Blaubär Club (WDR/Ki.Ka), TKKG – Der Club der Detektive (ZDF/Ki.Ka), Maus Club (WDR/Ki.Ka) oder Wenn. Dann. Die.. – Show im Ki.Ka (vgl. Gangloff 2000, S. 29). Derartige Clubsendungen setzen sich aus einer situativen Rahmenhandlung sowie Einspielfilmen, bestehend aus Realserien und Zeichentrick, zusammen. Außerdem sind Spiele ein wesentlicher Bestandteil, wobei es neben Aktionsspielen der Studiogäste Gewinnspiele gibt, an denen sich die zuschauenden Kinder beteiligen können, in denen auch Product-Placement-Konsumgüter präsentiert und als Gewinne angeboten werden. „Selbstverständlich hat Kinderprogramm immer etwas mit Markt zu tun. Marktpreise, Marktanteile und Vermarktung sind unser tägliches Geschäft. Auch der Ki.Ka kann sich diesen Marktgesetzen nicht entziehen“ (Beckmann 2002, S. 4). Die Sendestrecken und einzelne Sendungen für das Kinderfernsehen erhalten in allen Sendern zur schnellen kindlichen Identifizierung einen Dachnamen, der sich mit dem Sender verbinden soll40. Meist führen Moderatoren durch die Sendung, ähnlich wie bei Magazinen (Hollstein 1997, S. 50). Laut Theunert entdecken Kinder „nicht nur Sendungen, sondern früh Sender. Ihnen prägt sich schnell ein, wo sie gut und regelmäßig bedient werden, und die Chance, dass sie ihrem Sender treu bleiben, wächst“ (Theunert u.a. 1995, S. 16). Zuschauerbindung ist demnach auf dem fortschreitenden dualen Fernsehmarkt zu einem `magic word` (Volkmer 1997, S. 243) geworden und soll bereits bei den jüngsten Fernsehzuschauern kultiviert werden: „Kinderfernsehen ist im kommerziellen Medienmarkt mehr als nur die Produktion und Rezeption fernsehmedialer Angebote. In Zeiten sich stetig ausdifferenzierender Programmangebote stellt für Kinderprogramme die Bindung der immer knapper werdenden Ressource ‘Aufmerksamkeit’ eines der obersten Ziele dar, um im Medienmarkt zu bestehen” (Mattusch 1997, S.9). Ab September 1999 sorgt zudem eine neue Zeichentrickserie aus Tokio im Kinderprogramm von RTL 2 für Aufsehen: Pokémon41. Diese sind von dem japanischen Computerhersteller Nintendo in Auftrag gegeben worden, um den Absatz des entsprechenden Gameboy-Programms und der dazugehörigen Sammelkarten zu fördern (vgl. Hammerstein 2001, S. 76). Zu diesem Zeitpunkt ist das Produkt Pokémon schon seit drei Jahren in Japan und in Amerika seit einem Jahr ein Verkaufsschlager42. In Deutschland werden ausnahmslos gute Einschaltquoten für RTL 2 erzielt und im Merchandisingbereich große Umsätze erlangt. Im Jahr 2001 wird der dritte Kinofilm produziert. „Die Bandbreite [des Merchandising] reicht von Marketing, Verkaufsförderung bis zum Prozess des

40 z.B. bei Super RTL, wo alle Sendungen `Super` im Namen enthalten oder beim ZDF, das speziell für Kindersendestrecken die Untermarke `tivi` einführt, die auch für die Kleinsten sofort erkennbar neben dem ZDF Logo auf dem Bildschirm platziert wird. 41 Abkürzung für „pocket monster“ (Taschenmonster) 42 vgl. http://www.stern.de/computer-netze/spezial/3042.html (12.06.01) 3. Kinderfernsehen heute Seite 29 reinen Lizensierens“ (Salm 1998, S. 251). Nach Hammerstein erfüllen diese Zeichentrickserien „faktisch den Tatbestand der Dauerwerbesendung“ (ebenda). Die Mehrfachvermarktung dieses Produkts wird allein schon durch die Schöpfung von 150 verschiedenen Charakteren erleichtert und durch eine „künstliche Verknappung (von manchen Figuren gibt es nur wenig Spielkarten) der Kaufrausch der Kinder weiter angeheizt“ (Eck 2/2000, S. 23). Das Beispiel Pokémon zeigt, dass Werbung in und um das Kinderprogramm zur Normalität wird und besonders der Merchandising- bereich für Produkte aus dem Kinderfernsehen kann bis zu 50% der Produktionskosten abdecken (vgl. Böll 1997, S. 15). „Wenn wir uns die Produktionsbudgets von heute anschauen, müssen wir bei qualitativ hochwertigen Animationen mit Produktionskosten von 15 bis 20 TDM43 pro Minute (und sogar mehr) rechnen. Diese hohen Aufwendungen sind selbst bei den öffentlich-rechtlichen Sendern kaum mehr ohne die Unterstützung der Industrie zu finanzieren“ (Böll 1997, S. 14). Mittlerweile sind auch schon andere Serien in der gleichen Art und Weise wie Pokémon als Nachfolger etabliert, bei denen die Nebenlizenzen weit mehr Gewinn versprechen sollen, als die Serie an sich: Die Serien auf RTL 2 wie Digimon, Dragon Ball, Dragon Ball Z, die auf die Bedürfnisse der hauptsächlich männlichen Rezipienten nach Stärke und Kampf ausgerichtet sind (vgl. Götz 2002, S. 43) oder die seit August 2002 auf Super RTL ausgestrahlte Serie Sponge-BOB, die in einer Unterwasserwelt spielt und für die Kleinsten unter den Rezipienten entwickelt wurde44. „Das Format ist extrem innovativ und konnte sich international sowohl kommerziell als auch in der Akzeptanz bei den Zuschauern bewähren“ (Schmit 2002, S. 7). In den USA wird SpongeBOB schon seit drei Jahren erfolgreich gesendet und lockt täglich 17 Millionen Kinder vor den Fernseher (vgl. Braunschweiger Zeitung 2002b, S. 8). Der Merchandising- Erfolg ist mit dem der Pokémons vergleichbar und soll demnächst auch in Deutschland folgen: „Sollte SpongeBOB bei uns so toll blubbern wie in den USA, kommen nächstes Jahr auch hier jede Menge Fan-Artikel auf den Markt“ (Direktor Sales & Marketing bei Super RTL, Florian Ruckert, zit. in: Braunschweiger Zeitung 2002b, S. 8). Die passenden Gameboy- und Playstationspiele gibt es aber jetzt schon auf dem deutschen Markt (vgl. Abb. 8). Die Richtlinien des Rundfunkstaatsvertrages und der Landesmedienanstalten für die Werbung, die im Umfeld von Kinderprogrammen platziert wird, veranlassen Programmverantwort- liche auf dem Kinderfernsehmarkt indirekte Werbung wie Merchandising, Product Placement und Sponsoring nicht nur als zusätzliche Finanzierungsform zu nutzen, sondern von vorn herein als elementarer Finanzierungsbestandteil eines Programms zu integrieren (vgl. Sander u.a. 1998, S. 239-250 und Salm 1998, S. 251-269). Laut Kids Verbraucher Analyse 2002 verfügen die rund 6,37 Mio. Sechs- bis Dreizehnjährigen z.Zt. über eine Kaufkraft von 5,12 Mrd. Euro45. Super RTL ist seit 1998 Marktführer bei den Kindern. „Seit drei Jahren ist Super RTL Marktführer unter Deutschlands Kinderprogrammen – und mit großem Abstand vor dem öffentlich-rechtlichen Kinderkanal (Ki.Ka) und RTL 2“ (Hammerstein 2001, S. 74). Das Geschäft mit Nebenlizenzen und Merchandisingprodukten ist erfolgreich (vgl. Super RTL 2001, S. 3f.). Die Erlöse werden laut Susanne Schosser bei Super RTL „komplett reinvestiert – in

43 8.000,- bis über 10.000,- Euro 44 vgl. http://.super-rtl.de (13.09.02) 45 vgl. http://www.bauermedia.com/presse/september2002/kidsVa 2002.php (05.09.2002) 3. Kinderfernsehen heute Seite 30

Programminhalte und die vier medialen Plattformen der Unterhaltungsmarke Super RTL, in Fernsehen, Internet, Merchandising und Printmagazin“ (Schosser 2001, S. 4).

Abbildung 8 PlayStation-Spiel der Serie SpongeBOB46

Claude Schmit nennt hierbei als grundlegende Ziele für das Kinderfernsehen: Eigenproduktionen und Rechteerwerb. Die Bruttoeinnahmen stiegen bis 2001 auf knapp 174 Mio. Euro47 und der Jahresüberschuss hat sich von 2000 innerhalb eines Jahres um rund 10% gesteigert (vgl. Schmit 2001, S. 3).

KOMMENTAR Das Beispiel Super RTL zeigt, dass ein Sender, der hauptsächlich Kinder als Zielgruppe anspricht, wirtschaftlich sehr erfolgreich agieren kann. Diese Erfolge können jedoch nur mithilfe der vielen Lizenzverkäufe, Merchandisingprodukten und anderen wirtschaftlichen Strategien erzielt werden. Kinderfernsehen ist mittlerweile zu einem normalen Wirtschaftsgut geworden.

3.2. Einschaltquoten

Einschaltquoten geben im Wesentlichen an, wie viele Zuschauer eine Sendung bzw. einen Fernsehkanal innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingeschaltet haben. Sie fungieren demnach als Indikator der Fernsehnutzung. Die Quote gibt in Prozent oder Millionen an, wie viele Fernseh- geräte in den Fernsehhaushalten eines bestimmten Gebiets innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls durchschnittlich eingeschaltet waren48. Laut Karstens wird der Einschaltquote seit dem Sendestart des ZDF 1963 als Konkurrenzprogramm der ARD Rechnung getragen: „Prompt wurde denn auch ein erstes System etabliert, das den Erfolg der einzelnen Sendungen beim Publikum zahlenmäßig erfassen konnte: Die Geburtstunde des ZDF ist zugleich die der Einschaltquote“ (Karstens 1999, S. 22). Hans-Joachim Kuhlenkampff soll einmal gesagt haben: „Wenn ich mal unter 70% habe, hör ich auf“ (Drösser 1995, S. 30). Diese Quote ist heute reine Illusion. Die prozentualen Haushaltsquoten aus den früheren Jahren wie z.B. 1962 mit 95% für Mainz wie es singt und lacht oder 1974 mit 87% für Drei nach Neun sind heute nicht mehr erreichbar (vgl. ebenda). Solange noch keine privaten

46 vgl. www.amazon.de 47 entspricht ca. 340 Mio. DM 48 vgl. http://db.ard.de/abc/main.index_abc (18.05.01) 3. Kinderfernsehen heute Seite 31

Fernsehanstalten existierten, waren die Ergebnisse und Analysen danach ausgerichtet, wie viele Fernsehgeräte auf welchen der wenigen Kanäle eingeschaltet waren. Von 1963 bis 1974 ermittelte diese Zahlen das Institut Infratam und von 1975 bis 1984 das Institut Teleskopie (vgl. Karstens 1999, S. 405). Erst seit 1975 werden Zuschauer genauer erfasst. Ab 1985 werden die Meßmethoden erheblich verfeinert und von nun an sind detaillierte soziodemographische Analysen möglich. Seitdem ist die GfK für die Fernsehforschung zuständig, fast zeitgleich mit dem Beginn des dualen Rundfunksystems. Bei der GfK handelt es sich um ein großes Marktforschungsunternehmen, das in den verschiedensten Bereichen der Konsumgüterindustrie und Dienstleistungsbranche forscht49. Der Wert wird in der Bundesrepublik in einem repräsentativen Panel von Haushalten mit Messgeräten der GfK kontinuierlich erhoben50. Er ist nach Programmen und Sendungen differenzierbar. Die Ergebnisse ermittelt man anhand sozialwissenschaftlicher Methoden, die u.a. Aussagen machen über gemeinsame Merkmale dieser Rezipienten, wie z.B. Alter, Geschlecht, Einkommen (vgl. Karstens 1999, S. 495). Die Daten werden in Sehdauer, Verweildauer und Nettoreichweite aufgeteilt. Dabei gibt die Sehdauer an, wie viel die Zielgruppe an einem Tag durchschnittlich fernsieht, wobei die Nichtseher in die Bewertung eingehen. Die Verweildauer gibt die zeitliche Zuwendung derjenigen an, die tatsächlich fernsehen. Mit der Nettoreichweite wird der Prozentsatz der Rezipienten bezeichnet, die während eines Tages mindestens eine Minute hintereinander fernsehen (vgl. Feierabend 1998, S. 167ff.). Kein anderes Medium kann seine Leistungswerte so schnell, so verlässlich und überprüfbar dokumentieren wie das Fernsehen51. Ausgewählt werden rund 5.600 repräsentative Fernseh- haushalte der Bundesrepublik und hierbei erfasst die GfK alle Zuschauer ab drei Jahren (vgl. Voß 2000, S. 431). Mit der Einführung der Privatsender 1984 wird die Konkurrenz der Anbieter immer größer und die Quote wird zur „Ikone der modernen Fernsehgesellschaft“ (Elitz 1995, S. 24). „Jeden Morgen schlägt in Deutschland für Programmverantwortliche in Fernsehsendern, Produzenten von TV-Programmen, Mediaverantwortliche der Markenartikelindustrie und für Planer oder Einkäufer bei Werbe- und Mediaagenturen die Stunde der Wahrheit. Jeweils am Tag nach der Ausstrahlung des Programms übermittelt die GfK Fernsehforschung noch vor 9.00 Uhr die Fernsehnutzungsdaten des Vortags.“52 Der Blick auf die Einschaltquoten des Vorabends beeinflusst langfristig die Strategien von öffentlich- rechtlichen und privaten Fernsehanbietern. „Beleidigt vom sinkenden Zuspruch der Zuschauer, verschanzen sich ARD und ZDF in ihren Anstalten und halten die Fahne des anspruchsvollen Programms hoch“ (Drösser 1995, S. 101). Einerseits rechtfertigt die Fernsehgebühr der öffentlich- rechtlichen Sender die Forderung nach Qualität sowie der Grundversorgung und andererseits werden sinkende Quoten als Argument gegen die Gebührenfinanzierung begründet (vgl. Elitz 1995, S. 24). Doch die Quote ist jene „Währung, mit der allein der Werbemarkt funktioniert“ (ebenda), sie ist bei den privaten Sendern mittlerweile die Grundlage jeder Programmentscheidung. Sind die Einschaltquoten einer Sendung zu gering, wird diese aus dem Programm entfernt. Die Höhe der Einschaltquote bestimmt den Preis der Werbung innerhalb dieses Programms (vgl. Lerchenmüller- Hilse u.a. 1998, S. 90).

49 vgl. http://www.gfk.de (13.08.02) 50 vgl. http://db.ard.de/abc/main.index_abc (18.05.01) 51 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 52 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 3. Kinderfernsehen heute Seite 32

„[...] wenn einer sagt, er macht eine Sendung und braucht keine Einschaltquote, dann ist das dummes Zeug, dann frage ich mich, was machen die dann mit unseren Gebühren bei den Öffentlich-Rechtlichen“ (Hans Meiser zit. in: Moser 2000, S. 78) In den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden die Etats für Kinderprogramme zunehmend gekürzt. „Der Rückgriff auf die Programmarchive wird zunehmend notwendiger“ (Schwanebeck 2000, S. 13). Unter Quotengesichtspunkten behindern die Kinderprogramme nach Schwanebeck den Programmfluss des Senders. Was für die Kinder bedeutet, dass sie bei allen Sendern auf Programme für Erwachsene ausweichen müssen (vgl. ebenda). Die privaten Anbieter stehen offen zu ihrem rein ökonomischen Anliegen und Helmut Thoma erklärt: „Wir lassen den Öffentlich- Rechtlichen die Gebühren und damit die Querelen um Qualität. Wir verlassen uns auf die Quote“ (Thoma zit. in: Drösser 1995, S. 101). Das Kinderprogramm bildet hierbei keine Ausnahme. Die Sendeplätze für das junge Publikum werden von allen Anstalten nach marktorientierten Kriterien ausgewählt, damit das Programm seine Zielgruppe mit größerer Wahrscheinlichkeit erreicht (vgl. Köser 1995, S. 583). Hierbei spielt die frühzeitige Senderbindung eine große Rolle und die zunehmende Kaufkraft der Kinder ist ein weiteres Argument für die Werbewirtschaft. So ist das Rezipientenverhalten bei verschiedenen Altersgruppen im Tages-, Wochen- oder Jahresverlauf sowie im Fernsehkonsum unterschiedlich53. Betrachtet man die durchschnittliche Sehdauer des Jahres 2001 nach einzelnen Altersgruppen, fällt auf, dass die Sehdauer pro Tag zwischen den Gruppen variiert. Die Kinder schauen rund 98 Minuten pro Tag fern. Die Vierzehn- bis Neunund- zwanzigjährigen Fernsehzuschauer 134 Minuten und die Dreißig- bis Neunundvierzigjährigen 191 Minuten. Die über Fünfzigjährigen tragen am meisten zum Fernsehkonsum in der Bundesrepublik bei. Sie verbringen rund 250 Minuten am Tag vor dem Fernsehgerät54 (vgl. Abb. 9).

Abbildung 9 Durchschnittliche Sehdauer 2001 nach einzelnen Altersgruppen55

Bei der Sehbeteiligung im Tagesverlauf sind ähnliche Einschaltmuster in den vergangenen Jahren und im Jahr 2001 zu beobachten. Die Schwerpunkte der Fernsehnutzung werden bei allen

53 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 54 vgl.ebenda 55 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 3. Kinderfernsehen heute Seite 33

Altersgruppen zusammen zu der Tageszeit zwischen 19.30 Uhr und 22.00 Uhr, mit einem Spitzenwert von etwa 40 Prozent um 21 Uhr erreicht56 (vgl. Abb. 10).

Abbildung 10 Durchschnittliche Sehbeteiligung im Tagesverlauf 2001, Zuschauer ab 3 Jahre57

„Ist ein Mehr an Einschaltquoten [...] gleichzusetzen mit einem Mehr an Erfolg?“ (Stolte 1996, S. 135). Nachweisbar ist der Erfolg nur da, wo er messbar ist. Dies ist am einfachsten mit Quantitäten, aber das Zuschauerverhalten verändert sich z.B. durch das Zapping enorm und stellt die Quote als Instrumentarium in Frage (vgl. Theunert 1995, S. 101): „Das Argument der Quote, das heute den Fernsehmarkt reguliert, wackelt mehr und mehr. Für den künftigen Fernsehmarkt mit noch mehr Programmen und mit Möglichkeiten, Sendungen individuell zu variieren, wird es kaum noch taugen. Publikumsakzeptanz und – wünsche müssten auf anderen Wegen, die mehr Sicherheit bieten, erfasst werden, wenn die Fernsehanbieter die Zuschauerschaft wirklich bedienen wollen und sich nicht nur mit dem eingeschalteten Apparat oder einem kurzen Moment Aufmerksamkeit begnügen möchten“.

KOMMENTAR Es stellt sich die Frage, ob man tatsächlich diese telemetrisch erhobenen Daten als alleinige Indikatoren für den Erfolg oder Misserfolg eines Kinderprogramms heranziehen kann. Erfolg ist ein zielgerichteter Vorgang, er trägt immer den Bezug auf jemanden oder etwas in sich, bei dem man erfolgreich sein will. Sogar die GfK selbst weist darauf hin, dass ihre Daten unter Vorbehalt zu bewerten sind, denn vor allem jüngere Kinder haben möglicherweise Schwierigkeiten mit der Bedienung der Personentaste des GfK-Rekorders58. Dessen korrekte Handhabung jedoch Voraus- setzung ist, um überhaupt als Zuschauer registriert zu werden.

3.3. Organisation der Fernsehsender

Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen am Beispiel des ZDF dargestellt werden, das in drei Instanzen eingeteilt ist. Es sind der Fernsehrat, der Verwaltungsrat sowie der die Anstalt

56 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 57 vgl. ebenda 58 vgl. http://www.gfk.de/ (13.08.02) 3. Kinderfernsehen heute Seite 34 repräsentierende und für das Programm verantwortliche Intendant59. Dieser wird für jeweils fünf Jahre vom Fernsehrat60 gewählt. Dies ist ein Aufsichtsgremium, das sowohl beratend als auch kontrollierend fungiert und in dem 77 Mitglieder vertreten sind. Sie kommen aus den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft und sollen damit die pluralistische Gesellschaftsordnung repräsentieren61: Vertreter von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberorganisationen und kulturellen Institutionen (vgl. Chill 1999, S. 87). Der Verwaltungsrat setzt sich aus vierzehn Mitgliedern zusammen: Fünf Vertreter der Länder, ein Vertreter des Bundes und acht weitere Mitglieder, die weder in einer Regierung noch in einer gesetzgebenden Körperschaft eingebunden sein dürfen62. Der Verwaltungsrat überwacht die Tätigkeit des Intendanten vor allem in Haushaltsfragen. Die gemeinnützige Fernsehanstalt gliedert sich in sechs Geschäftsbereiche: Intendanz, Programmdirektion, Chefredaktion, Direktion Europäischer Programmbeteiligung, Technische Direktion, Verwaltungsdirektion (vgl. Baum 1999, S. 274 ff.). Das Organisationsschema (vgl. Abb. 11) zeigt die Eingliederung des Programmbereichs Kinder und Jugend. Die Organisation im privaten Fernsehsektor sieht im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Sendern anders strukturiert aus, weil diese privatwirtschaftlichen Unternehmen das grundlegende Ziel haben, Gewinne zu erwirtschaften.

Verwaltungsrat Intendanz Fernsehrat

Chef- Programm- Verwaltungs- Intendanz etc. redaktion direktion direktion

Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft

Programmbereich Spielfilm

Programmbereich Kinder und Jugend

etc.

Abbildung 11 Organisationsschema des ZDF63

Die RTL Group ist z.Zt. Marktführer und soll als Beispiel dienen. Bei der RTL Group ist die Gesellschafterstruktur wie folgt aufgeteilt: Bertelsmann besitzt 53,2%, BWTV gehört 37%, diese setzen sich wiederum aus 80% Bertelsmann sowie 20% WAZ-Verlag zusammen. Die restlichen 9,8% sind Streubesitz verschiedener Aktionäre (vgl. Abb. 12). Effektiv unterhält der Bertelsmann- Verlag demnach 82,8% der RTL Group. Wenn ein privater Fernsehsender entsteht, müssen seine

59 seit März 2002 Markus Schächter (löst Prof. Dr. h.c. Dieter Stolte nach zwanzigjähriger Intendanz ab) 60 bei den ARD-Anstalten: Rundfunkrat 61 vgl. http://www.zfd.de/ZDFde/.html(12.08.02) 62 vgl. . http://www.zfd.de/ZDFde/.html(12.08.02) 63 vgl. http://www.gfk.de/ (20.05.01) 3. Kinderfernsehen heute Seite 35

Gesellschafter zunächst investieren. Das Management erwirbt z.B. „Lizenzen für Spielfilme und Serien, vergibt Aufträge für Produktionen, kauft Dienstwagen und vieles mehr“ (Karstens 1999, S. 353). Der Sender erzielt Erlöse, indem er mit dem investierten Geld ein Programm ausrichtet, das z.B. durch den Verkauf von Werbezeiten oder Einnahmen von Gebühren daraufhin Gewinne abwirft. Die Zulassung und Programmkontrolle wird über die Landesmediengesetze der Bundesländer geregelt (vgl. Kapitel 3.4.).

Abbildung 12 RTL Gesellschafterstruktur64

Diese sind seit 1984 in allen Bundesländern eingerichtet worden und ihre Beschlussgremien sind Medienräte, in denen wie in den Rundfunk- und Fernsehräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten sind (vgl. Chill 1999, S. 104).

3.4. Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter sind wesentlich geprägt von der geschichtlichen und politischen Situation Deutschlands in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Regime Hitlers hat alle Medien `gleichgeschaltet` und das Medium Fernsehen für eigene Propagandazwecke ausgenutzt. Daher wird in der Nachkriegszeit die Dezentralisierung des Rundfunks auf die Länder von den Alliierten gefördert, um die Beherrschung der Massenmedien durch die Regierung zu verhindern. Leitende Strukturprinzipien sind die „staatsferne, dezentrale Organisation des Rundfunks sowie die Sicherung politischer, kultureller und gesellschaftlicher Vielfalt“ (Holznagel 1999, S. 27). Basis hierfür bildet das Grundgesetz (GG) in seinem Artikel 5, Absatz 1, Satz 1: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Um einen Missbrauch der Medien für die Zukunft auszuschließen, verleiht die verfassungsgebende Versammlung der Medienfreiheit einen so hohen Stellenwert. Die festgeschriebenen Rechte der

64 vgl. http://www.rtl.de(21.08.02) 3. Kinderfernsehen heute Seite 36

Meinungs- und Informationsfreiheit, Pressefreiheit und Freiheit der Berichterstattung sowie das Zensurverbot werden als essentielle Grundlage für eine funktionierende Demokratie begriffen (vgl. Karstens 1999, S. 32).

KOMMENTAR Jedoch ist der Begriff `Meinung` hierbei ein unkonkreter, denn zugrunde liegende Motive oder gar Beweise sind dabei nicht nötig. Damit sind auch durchaus falsche, rein emotionale oder polemische Äußerungen durch das Grundgesetz weitgehend geschützt. Nur Tatsachenbehauptungen, die bewusst oder erwiesenermaßen falsch sind, fallen nicht unter den Schutz des Grundgesetzes. Damit sind die Medien mehr als nur ein Wirtschaftsgut. Ohne die Massenmedien ist in einer modernen Gesellschaft die notwendige demokratische Meinungs- und Willensbildung nicht möglich (vgl. Karstens 1999, S. 32). Auf diese Weise wird die Grundlage für die föderale Struktur des deutschen Rundfunkwesens gelegt. 1950 wird die `Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands` gegründet und am 1. November 1954 geht das ARD-Fernseh- gemeinschaftsprogramm auf Sendung. Die Bundesregierung versucht kurz darauf, die Rundfunk- verhältnisse zu ihren Gunsten zu ändern (vgl. Hickethier 1991a, S. 28). Laut Karstens sei die Adenauer-Regierung unzufrieden mit der „einseitig politisch linksorientiert“ (Karstens 1999, S. 19) eingestellten ARD und der Meinung, dass die Interessen des Bundes vernachlässigt würden. Daher strebt sie eine Bundesfernsehanstalt an, die von der Bundesregierung kontrolliert und privatwirtschaftlich organisiert werden soll. Dies führt zur Gründung der `Deutschland-Fernseh- GmbH` mit einem Stammkapital von knapp 11.800,- Euro65. Den elf Bundesländern soll jeweils ein geringer Anteil in Höhe von ca. 511,- Euro66 zugeteilt werden und der Bund sichert sich hierbei die Anteils- und Stimmenmehrheit. Gegen diese Maßnahme der Bundesregierung erheben die Länder Klage und im Februar 1961 wird beim Bundesverfassungsgericht das erste Fernsehurteil gefällt: Die `Deutschland-Fernseh-GmbH` wird als rechtswidrig aufgelöst und dem ZDF wird als öffentlich- rechtliche Anstalt der Weg geebnet für ein Konkurrenz- und Kontrastprogramm. „Nachdem Adenauer mit dem Bundesfernsehen gescheitert war, übernahmen es die Länder, ein verfassungsrechtlich unbedenkliches bundesweites Fernsehprogramm auf die Beine zu stellen, das zugleich mit den bei Regierung und Regierungspartei unbeliebten Länder- Anstalten der ARD nichts zu tun haben sollte“ (Karstens 1999, S. 21). Die Kompetenzen bezüglich des Post- und Fernmeldewesens werden in diesem Urteil geklärt und fallen ab sofort unter die Funkhoheit der Deutschen Post67, sowie das Fernsehen unter die Kulturkompetenz der Länder gestellt wird. Betont wird „insbesondere die Staatsfreiheit des Rundfunks und seine Funktion als `Medium` und `Faktor` der öffentlichen Meinungsbildung“ (Holznagel 1999, S. 29). Am 06. Juni 1961 wird der Staatsvertrag der Länder der Bundesrepublik Deutschland beschlossen und begründet ARD und ZDF als gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts. Der erste Sendetag eines bundesweiten Vollprogramms des ZDF ist der 1. April 1963. Mit den Landesrundfunkanstalten der ARD schließt das ZDF 1964 einen Koordinierungs- abkommen ab. Heutzutage ist die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender der Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland in der

65 damals in DM 23.000,- 66 damals in DM 1.000,- 67 Hierbei nimmt die Bundespost lediglich eine zentrale Aufgabe beim Bereistellen der technischen Einrichtungen ein (laut Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.1961). 3. Kinderfernsehen heute Seite 37 konsolidierten Fassung des fünften Rundfunkstaatsvertrags (RStV), der sich seit dem 1. Januar 2001 in Kraft befindet68. Die Rundfunkstaatsverträge, die von den Regierungschefs der Länder und von den Länderparlamenten beschlossen werden, legen im Einzelnen die duale Rundfunkordnung fest. Sie beinhalten demnach das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk (vgl. Chill 1999, S. 45f.). Die Rundfunkgesetze bestimmen den Aufbau der Landesrundfunkanstalten und geben Auskunft über die Befugnisse der Gremien (Intendant, Rundfunkrat, Verwaltungsrat). Die Landesmediengesetze legen die Regeln für den privaten Rundfunk fest. Dies schließt die Bedingungen für eine Sendererlaubnis und die Befugnisse der Aufsichtsorgane ein (vgl. ebenda). Die öffentlich-rechtlichen Sender haben im Gegensatz zu den privaten Sendern den Auftrag der `Grundversorgung`. Diesen Begriff hat das Bundesverfassungsgericht im vierten Rundfunkurteil von 1986 eingeführt (vgl. Strasser 2000, S. 11). Hierzu zählt zunächst eine Übertragungstechnik, die einen Empfang der Sendungen für alle Zuschauer ermöglicht (vgl. ebenda, S. 12). Damit ist bis auf weiteres die terrestrische69 Technik gemeint. Das Bundesverfassungsgericht erläutert den Inhalt der Grundversorgung in seinem Urteil vom 6. Oktober 1992: „Grundversorgung bedeutet weder eine Mindestversorgung noch beschränkt sie sich auf den informierenden und bildenden Teil des Programms. Sie ist vielmehr eine Versorgung mit Programmen, die dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechen [...] und die technisch für alle empfangbar sind.“ (in: Chill 1999, S. 96). Hierzu gehören nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts Unterhaltung und Sport. Daher verlangt es von den öffentlich-rechtlichen Sendern „ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung“ (in: Chill 1999, S. 97). Folglich gehören zum klassischen Programmauftrag Information, Bildungssendungen und Unterhaltung gleichermaßen. Die ARD und das ZDF haben sich darauf geeinigt, diese Ausgewogenheit für das ganze Programm und für Sparten zu gewährleisten (vgl. ebenda). Der Auftrag der Grundversorgung der öffentlich-rechtlichen Sender rechtfertigt u.a. die Rundfunkgebühren.

3.4.1. Jugendschutz

Der Kinder- und Jugendmedienschutz für den Bereich des Fernsehens ist Teil des gesamten Jugendmedienschutzes. Dieser umfasst alle auf dem Markt befindlichen Medien wie etwa das Internet oder Computerspiele. Die wichtigste gesetzliche Grundlage hierfür ist das Grundgesetz, das laut Art. 5, Absatz 2 besagt, dass die Rechte auf Meinungs- und Pressefreiheit ihre Schranken in den folgenden Vorschriften findet: Im Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS), in Teilen des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG), des Strafgesetzbuches (§ 131; § 184 StGB) sowie im Rundfunkstaatsvertrag, der zum 01.01.2001 aktualisiert wurde. Speziell in § 3 RStV bezieht dieser sich auf den Jugendschutz im Fernsehen (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 85 u. Appelhoff 1994, S. 564ff.). Sendungen, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen beeinträchtigen, dürfen danach nur noch in der Zeit zwischen 23.00 und 6.00 Uhr ausgestrahlt werden. Bei Filmen, die ab zwölf Jahren freigegeben sind, „ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen“ (§ 3, Absatz 2, Satz 2 RStV). Filme ab Sechzehn Jahren dürfen ab 22.00 Uhr gezeigt werden. Neu ist

68 vgl. http://www.artikel5.de/gesetze/rstv.html (18.06.01) 69 d.h. ohne Kabelanschluss o. Satellitenanlage 3. Kinderfernsehen heute Seite 38 zudem im novellierten Rundfunkstaatsvertrag die Bestimmung hinsichtlich der Ausstrahlung indizierter Sendungen: Dies ist in Zukunft von der Erlaubnis des zuständigen Kontrollorgans (Landesmedienanstalt, Rundfunkrat) anhängig. „Bisher konnten alle Sender die abweichende Beurteilung selbst treffen, die Ausstrahlung wurde erst nachträglich kontrolliert“ (Gangloff 1999a, S. 6). Im Falle der Ablehnung kann ein erneuter Ausnahmeantrag gestellt werden, wenn durch Bearbeitung solche Teile verändert worden sind, die die Indizierung offenkundig veranlasst haben (vgl. § 3, Absatz 3). Außerdem müssen laut § 3, Absatz 4 RStV Sendungen, die nach den vor- stehenden Bestimmungen nur zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr verbreitet werden dürfen, durch akustische Zeichen angekündigt oder durch optische Mittel während der gesamten Sendung kenntlich gemacht werden. Dies entspricht den EU-Fernsehrichtlinien (vgl. Gangloff 1999a, S. 5). Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob es dann nicht den erhöhten Reiz des Verbotenen für Kinder darstellt. „Eine optische Kennzeichnung könnte [...] Jugendliche, die durch das Programm zappen70, erst auf die `verbotenen Früchte` aufmerksam machen“ (ebenda). Die akustische Kennzeichnung vor dem Beginn der Sendung stellt keine Garantie dar, denn viele Zuschauer schalten sich laut Tilmann P. Gangloff erst später zu (vgl. ebenda). In diesem Fall würde der Hinweis ungeachtet bleiben.

KOMMENTAR Die Sender haben sich auf eine einheitliche Variante geeinigt. Sendungen, die nach dem Jugendschutzgesetz nur zwischen 22.00 und 6.00 Uhr ausgestrahlt werden dürfen, werden mit einem akustischen Zeichen vor der Ausstrahlung angekündigt. Die Zweifel an dieser Regelung scheinen begründet, denn genau wie bei Medikamentenhinweisen im Fernsehen oder Warnhin- weisen auf Zigarettenpackungen, wird vermutlich auch diese Warnung größtenteils unbeachtet bleiben. Nichtsdestotrotz gibt es z.Zt. keine besser Alternative, um auf die Zielgruppenrelevanz des Films aufmerksam zu machen.

Die Landesmedienanstalten können nach § 3, Absatz 5 RStV für digital verbreitete Programme des privaten Fernsehens festlegen, unter welchen Voraussetzungen von den Sendezeitbeschränkungen der Absätze 2 und 3 ganz oder teilweise abgewichen werden kann. Dies gilt nur dann, wenn der Sender diese Sendungen mit einer allein für diese verwandte Technik verschlüsselt und vorsperrt (z.B. durch einen Decoder). Zudem muss er sicherstellen, dass die Freischaltung durch den Nutzer nur für die Dauer der jeweiligen Sendung oder des jeweiligen Films möglich ist. Die Landesmedienanstalten bestimmen hierbei, welche Anforderungen an die Verschlüsselung und Vorsperrung von Sendungen zur Gewährleistung eines effektiven Jugendschutzes zu stellen sind. Jedoch gilt dieser Paragraph versuchsweise nur bis zum 31. Dezember 2002 (laut § 53a RStV). „Hintergrund dieser Novellierung waren die – aus Sicht des Jugendschutzes – ernüchternden Erfahrungen bei einem Praxistest mit der d-box, dem Decoder für digitales Fernsehen. Die d-box-Kindersperre, lautete damals das Resümee des Medienforschers Bernd Schorb, sei für den Jugendschutz unbrauchbar“ (Gangloff 1999a, S. 7). Die Ergebnisse dieser von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) in Auftrag gegebenen Studie widersprechen den Erwartungen der Sender deutlich: Die Kindersperre ist

70 Hin- und Herschalten zwischen verschiedenen Fernsehkanälen mit Hilfe der Fernbedienung. 3. Kinderfernsehen heute Seite 39 fehlerhaft entwickelt, unzureichend erläutert und schwer zu handhaben. Deshalb, aber auch aus Unkenntnis und Bequemlichkeit, benutzen die Eltern die Kindersperre nicht. Zudem sind die Eltern kaum über Regelungen und Institutionen des Kinder- und Jugendschutzes informiert (vgl. Voß 3/1999, S. 13). „Die neue Jugendschutzregelung für das digitale Fernsehen [...] läuft also auf eine Kombination zwischen Sender- und Elternverantwortung hinaus. Wenn die Eltern jedoch `die PIN-Nummer an den Fernseher kleben`, kommentiert Stefan Schmitz, Jusitziar von Premiere World, `kann man nichts machen`“ (Gangloff 1999a, S. 7). Laut § 3, Absatz 6 RStV dürfen Trailer71 für Sendungen, die der Sendezeitbeschränkungen unterliegen, nur zu den Zeiten ausgestrahlt werden, in denen der Film oder die Sendung selbst laufen darf. Neu ist in dem Rundfunkstaatsvertrag, dass die Landesmedienanstalten ein komplettes Sendeformat bewerten können (z.B. eine Talkshow-Reihe). Laut § 3, Absatz 7 RStV können Sendeformate beispielsweise zeitlich nach hinten verlegt werden, wenn die Ausgestaltung des Themas, der Themenbehandlung, Gestaltung oder Präsentation in einer Gesamtbewertung einem Verstoß des Rundfunkstaatsvertrages gleich kommt. Verschiedene Institutionen befassen sich mit der Prüfung von Film- und Fernsehinhalten wie z.B. die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS), die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) oder die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF). Hierbei prüft die FSK im Auftrag der Jugendministerien der Bundesländer Kino- und Videofilme, die in der Öffentlichkeit aufgeführt werden sollen und kennzeichnet sie für entsprechende Altersgruppen als freigegeben. Die fünf Kategorien der Altersgrenzen sind hierbei: ohne Altersbeschränkung, ab 6 Jahren, ab 12 Jahren, ab 16 Jahren und ab 18 Jahren.

KOMMENTAR Die Jugendschutzaltersbegrenzungen sind im novellierten Staatsvertrag nicht eindeutig geregelt. So ist z.B. bei Filmen, die freigegeben sind ab zwölf Jahren in § 3, Absatz 2, Satz 2 RStV nachzulesen, dass „bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen“ ist. Diese Aussage ist unkonkret formuliert und daher von der Auslegung der einzelnen Sendeanstalten abhängig.

Nach einem ähnlichen Modell gründet sich 1993 die FSF, die sich hauptsächlich mit den Produkten der privaten Anbieter beschäftigt wie z.B. mit Serien, TV-Movies72 oder Talkshows (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 86f.). Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern verpflichtet sich der Rund- funkrat die Einhaltung der empfohlenen Zielgruppe und der damit verbundenen Sendezeit einzuhalten und bei den privaten Sendern übernimmt dies die jeweilige Landesmedienanstalt. Da die Fernsehanbieter zumeist eine bundesweite Ausstrahlung ihres Programms anstreben, ist eine enge Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten erforderlich (vgl. Appelhoff/Schober in: Deutsches Jugendinstitut 1994, S. 567f.). Zu diesem Zweck bildet sich die Gemeinsame Stelle Jugendschutz der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (KDLM). Diese und die jeweiligen Landes- medienanstalten können laut dem neuen Staatsvertrag bei Verstößen gegen Jugendschutz- bestimmungen Bußgelder von bis zu 500.000,- Euro erheben (vgl. § 49, Absatz 1, Nr. 5 in Verbindung mit Absatz 2 RStV).

71 Programmankündigungen mit bewegten Bildern 72 Spielfilme für das Fernsehen 3. Kinderfernsehen heute Seite 40

In den letzten Jahren ist bereits eine Debatte darüber geführt worden, dass die gegenwärtigen Gesetze zum Jugendschutz unübersichtlich und inhaltlich zu wenig aufeinander abgestimmt seien (vgl. Gottberg 2002, S. 4). Auslöser für eine neue Mediengewaltdiskussion sowie einer schnelleren Jugendschutzreform ist die Tat eines Erfurter Abiturienten73, der am 26. April 2002 in seiner Schule 16 Menschen erschossen hat und sich danach selbst tötete (vgl. ebenda). Der neue Gesetzentwurf soll die bisherige Trennung der Zuständigkeiten im Jugendschutz beseitigen und gemeinsam mit einem neuen Jugendmedienschutzvertrag der Länder einen einheitlichen Ordnungsrahmen für den gesamten Jugendschutz schaffen74. Ziel dabei ist, die verschiedenen Jugendschutzgesetze quantitativ zu reduzieren und die Koordination der unterschiedlichen Institutionen zu verbessern. Die bisherigen Gesetze zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit und über jugendgefährdende Schriften werden in einem Gesetz zusammengefasst, das nur noch als Jugendschutzgesetz (JuSchG) benannt wird (vgl. Gottberg 2002, S. 4). Dieser neue Gesetzentwurf wurde vom Bundes- tag und vom Bundesrat verabschiedet und nach Zustimmung der Landtage wird das neue Jugend- schutzgesetz voraussichtlich im April 2003 in Kraft treten75. Es umfasst allgemeinen Jugendschutz- bestimmungen, wie z.B. Rauchen in der Öffentlichkeit, Abgabebestimmungen für alkoholische Getränke und Besuch von Tanzveranstaltungen, sowie Vorschriften für Offline-Medien, die neben Printmedien, Kino und Video nun auch Computerspiele beinhalten (vgl. Bundesgesetzblatt 2002, S. 2731ff.). Neu ist im Jugendschutzgesetz u.a. eine Regelung, wonach Kinder ab 6 Jahren auch Kinofilme besuchen dürfen, die erst ab 12 Jahren freigegeben sind, wenn sie von einem sorge- berechtigten Erwachsenen begleitet werden (vgl. Bundesgesetzblatt 2002, S. 2732). Der Hintergrund dieser neuen Regelung nach § 11, Absatz 2 JSchG scheint die Stärkung der Erziehungsverantwortung der Eltern zu sein (vgl. Gottberg 2002, S. 4).

KOMMENTAR Zwar gibt es auch in anderen Ländern diese sog. Parental-Guidance-Regelung, wie etwa in Großbritannien oder Dänemark, doch gilt es dort für alle nächsthöheren Altersstufen. Fraglich ist, warum in Deutschland diese Ausnahme nur für die Altersstufe sechs bis zwölf gilt und nicht auch für die jeweils anderen Altersstufen. So dass ein Sechsjähriger mit einem Elternteil in einen Film ab zwölf Jahren gehen kann, aber ein Zwölfjähriger nicht in einen Film ab sechzehn Jahren. Eine Begründung für diese einzige Ausnahme gibt es nicht. Auch wenn die FSK-Angabe nur eine Empfehlung darstellt, verlassen sich die meisten Eltern auf die Meinung der Experten. Eine Freigabe ab zwölf Jahren mit einer gleichzeitigen Option für Kinder ab sechs Jahren, könnte die Eltern verunsichern. Fraglich ist, warum man nicht eher die fünf Kategorien der Altersgrenzen76 genauer einteilt. Der Sprung zwischen der Altersgrenze sechs und zwölf Jahren ist groß, denn er beinhaltet zwei verschiedene Entwicklungsstufen. Zu diskutieren wäre, ob eine zusätzliche Altersstufe (evtl. bei neun Jahren) eingeführt werden sollte.

Nach Auffassung der Kirchen verschärft diese Regelung das Problem altersgemäßer Freigabe von Kinofilmen in Deutschland weiter (vgl. Braunschweiger Zeitung 2002d, S. 31):

73 Robert Steinhäuser hat nachweislich gewalthaltige Computerspiele konsumiert und seine Tat ähnelt im Ablauf stark einem dieser Spiele. 74 vgl. http://www.jugend.rlp.de/aktuell/aktuelles_jugendschutz.htm (18.10.02) 75 vgl. http://www.politik-digital.de/netzpolitik/jugendschutz/ jugendschutz.shtml (18.10.02) 76 ohne Altersbeschränkung, ab 6 Jahren, ab 12 Jahren, ab 16 Jahren und ab 18 Jahren 3. Kinderfernsehen heute Seite 41

„Zu kritisieren sei […] der Automatismus der neuen Regelung. […] Im schlimmsten Fall könnte die Freigabe ab zwölf nahezu überflüssig werden, weil in der Diskussion im Prüfungsausschuss immer berücksichtigt werden müsse, dass eine Freigabe ab zwölf den Film automatisch auch für Sechsjährige öffnet“ (ebenda). Die Freigabeprüfer der katholischen und der evangelischen Kirchen regen nun dazu an, dass der Prüfungsausschuss zusätzlich entscheiden könnte, ob ein Film ab 12 Jahren eine zusätzliche Kennzeichnung für die Parental Guidance erhält (vgl. ebenda). Im neuen Jugendschutzgesetz wird zudem in § 11, Absatz 5 festgelegt, dass Werbefilme oder –programme, die für Tabakwaren oder alkoholische Getränke werben, nur nach 18.00 Uhr in Filmveranstaltungen vorgeführt werden dürfen. Der § 12 JSchG regelt die Freigabe von Bildträgern mit Filmen oder Spielen. Sie dürfen Kindern in der Öffentlichkeit nur zugänglich gemacht werden, wenn sie von der Obersten Landesjugendbehörde oder einem Organ der Freiwilligen Selbstkontrolle für die entsprechenden Alterskategorien freigegeben sind. Dasselbe gilt auch für elektronische Bildschirmspielgeräte, die öffentlich aufgestellt sind (vgl. § 13, Absatz 1 JSchG). Genauso wie Kinofilme sollen auch Spielprogramme eine Altersfreigabe erhalten (vgl. § 14 JSchG). Zudem werden in dem neuen Jugendschutzgesetz u.a. einzelne Veränderungen in Bezug auf die Sicherheit im Internet stattfinden (vgl. Bundesgesetzblatt 2002, S. 2733ff.).

KOMMENTAR Unter Spielprogrammen fallen nicht nur erwerbbare Computerspiele, sondern auch Spiele, die den Kindern über das Internet zugänglich sind. Hier stellt sich das Problem des Anbieters dieser Spiele. Solange es auf einem deutschen Server herunterzuladen oder zu spielen ist, greift das neue Gesetz eindeutig. Doch wenn der Server für das Spiel nicht in Deutschland stationiert ist, wird das Gesetz hinfällig. Anbieter dieser Internetspiele werden diese Gesetzeslücke voraussichtlich zu nutzen wissen. Da zudem eine immer größere Verschmelzung von TV und Internet stattfindet, gilt das gleiche Problem bei Spielfilmen. Mittlerweile ist es mögliche jegliche Filme, Musik und Spiele im Internet zu finden und auch auf den eigenen Computer herunterzuladen. Da das Herunterladen von Daten für jedermann, der sich mit dem Medium Internet auskennt, möglich ist, steht der Jugendschutz hier vor neuen und schwierigen Aufgaben. Es kann kaum kontrolliert werden, wer sich einen Film oder ein Spiel auf den eigenen Computer lädt, der z.B. erst ab achtzehn Jahren freigegeben ist oder sogar indiziert wurde.

Besondere Bestimmungen für elektronisch verbreitete Medien, die das Fernsehen oder Internet umfassen, werden demnächst in einem Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) zusammengefasst, der sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindet (vgl. Gottberg 2002, S. 4). Er soll nach Verabschiedung des Länderparlaments gemeinsam mit dem JSchG im April 2003 in Kraft treten.

„Bezüglich des Internets ist ein erheblicher Fortschritt darin zu sehen, dass die bisherige rechtliche Trennung von Telediensten und Mediendiensten aufgehoben wird, sie heißen von nun an Telemedien und für beide gelten die gleichen Bestimmungen“ (Gottberg 2002, S. 6). Als gemeinsame Aufsicht für Fernsehen und Internet wird eine Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gegründet (vgl. ebenda). Die öffentlich-rechtlichen Sender werden jedoch nicht der Aufsicht der KJM unterliegen. Ziel des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ist u.a. das Verhältnis von Selbstkontrolle und staatlicher Aufsicht klar zu regeln (vgl. Gottberg 2002, S. 7). 3. Kinderfernsehen heute Seite 42

3.4.2. Finanzierung

Nach § 12, Absatz 1 des Rundfunkstaatsvertrages finanziert sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch Rundfunkgebühren, Einnahmen aus Rundfunkwerbung und sonstigen Einnahmen. Vorrangige Finanzierungsquelle soll die Rundfunkgebühr sein. Diese sind in den Jahren zwischen 1992 bis 1998 nur minimal gestiegen (vgl. Abb. 13). Die Rundfunkanstalten melden jährlich einen Finanzbedarf an, der von der KEF auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geprüft wird. Über die Höhe der Gebühren entscheiden dann die Ministerpräsidenten der Länder in einem Staatsvertrag, der von allen 16 Landtagen genehmigt werden muss (vgl. Chill 1999, S. 92).

25000

20000

15000

10000

IST-Plan in Mio. DM 5000

0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Jahr ARD ZDF Ki.Ka andere* gesamt

Abbildung 13 Gebühreneinnahmen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten von 1992 bis 1998 (Ist-Plan in Mio. DM)77

Die privaten Veranstalter können ihre Rundfunkprogramme laut § 43 RStV durch Einnahmen aus Werbung und Teleshopping78, durch sonstige Einnahmen, insbesondere durch Entgelte der Teilnehmer (Abonnements oder Einzelentgelte), sowie aus eigenen Mitteln finanzieren. Eine Finanzierung privater Veranstalter aus der Rundfunkgebühr ist unzulässig.

3.4.3. Werbung

Die Dauer der Werbung wird in § 15 RStV festgelegt, so besagt der Absatz 1 dieses Paragraphen, dass die Gesamtdauer der Werbung im Ersten Fernsehprogramm der ARD und im ZDF jeweils höchstens 20 Minuten werktäglich im Jahresdurchschnitt betragen soll. In den dritten Programmen der öffentlich-rechtlichen Sender wird die Werbung durch § 15, Absatz 2 des Rundfunkstaats-

77 vgl. Chill 1999, S. 91 / *andere sind: , Deutschlandradio, Phoenix, KEF, LMA 78 Dauerwerbesendungen 3. Kinderfernsehen heute Seite 43 vertrages untersagt. Das Satellitenprogramm und die digitalen Angebote von ARD und ZDF bleiben von dieser Vorschrift unberührt. Nach 20.00 Uhr sowie an Sonntagen79 dürfen Werbesendungen überhaupt nicht ausgestrahlt werden (vgl. § 15, Absatz 1, 3. Satz RStV).

KOMMENTAR Hierbei nutzen die öffentlich-rechtlichen Sender eine Lücke im Gesetz, indem sie z.B. sonntags oder nach 20.00 Uhr statt Werbung zu schalten, dann das Product Placement oder das Sponsoring von Sendungen einsetzen.

Zudem dürfen nach § 14, Absatz 1 RStV Sendungen für Kinder80 nicht durch Werbung oder Teleshopping-Spots unterbrochen werden. Dieser Grundsatz für das Kinderfernsehen gilt ebenso für die privaten Anbieter laut § 44, Absatz 1 RStV. Die Dauer der Werbung bei den privaten Anbietern ist in § 45, Absatz 1 ausführlich geregelt, so darf der Anteil an Sendezeit für Teleshopping, Werbespots und andere Formen der Werbung 20% der täglichen Sendezeit nicht überschreiten. Schwarze Zahlen kann ein privater Sender demnach nur mit Werbeeinnahmen erzielen. Diese bedingen sich durch die für die Werbeplatzinteressenten vielversprechenden Sendezeiten. Werbung ist demnach abhängig von der Einschaltquote, d.h. wie viele der Zielgruppenpersonen erreicht werden. Diese Brutto-Reichweite bestimmt den Preis pro 20 Sekunden Werbezeit (vgl. IP Deutschland 2000, S. 27ff.). Zusatzerlöse können hierbei sein: Merchandising, Teletext81, Internet, 0190-Service-Nummern, Gewinnspiele, Printobjekte82, Programmverkauf oder der Konzept- und Formatverkauf (vgl. Karstens 1999, S. 365ff.).

79 sowie an Feiertagen, die im ganzen Bundesgebiet anerkannt sind 80 sowie Übertragungen von Gottesdiensten 81 bzw. Videotext 82 Zeitschriften und Magazine (z.B. Sendung mit der Maus -Magazin o. Pokémon-Comic) 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 44

4. Kinder als Fernsehrezipienten

Um die Qualität des Fernsehens für Kinder einschätzen zu können, ist es notwendig, die Kinder selbst als Fernsehrezipienten zu beobachten. Basis der Rezeptionsforschung sind repräsentative Befragungen, qualitative Untersuchungen und Einzelfallstudien. Quantitative Untersuchungen werden von der GfK durchgeführt, deren telemetrischen Daten als Grundlage der Rezeptions- forschung gelten (vgl. Feierabend 1996, S. 186). Kinder sind eine heterogene Zielgruppe der wissenschaftlichen Untersuchungen und ihr Umgang mit dem Medium Fernsehen variiert aufgrund differenter entwicklungspsychologischer Voraussetzungen in den unterschiedlichen Lebens- phasen. Dem wird in den Studien Rechnung getragen, indem man die Kinder zumeist in drei verschiedene Altersgruppen84 teilt: Vorschulkinder (3-5 Jahre), Grundschulkinder (6-9 Jahre) und die Zehn- bis Dreizehnjährigen (vgl. Feierabend 1996, S. 186). Darüber hinaus differenzieren Beschreibungen zum kindlichen Fernsehverhalten neben dem Alter, das Geschlecht auch die Herkunft. So unterscheiden die Studien seit der Wiedervereinigung zwischen ost- deutschen und westdeutschen Kindern, die Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts noch markante Unterschiede aufwiesen (vgl. Feierabend 1998, S. 167). Das kindliche Rezeptions- verhalten hat sich bei ihnen jedoch in den letzten Jahren so weit angenähert (vgl. ebenda), dass in der vorliegenden Arbeit nicht weiter darauf eingegangen wird. Nicht zuletzt wird das kindliche Fernsehverhalten entscheidend von der sozialen Schichtzugehörigkeit der Kinder und der Bildung ihrer Eltern beeinflusst (vgl. Böhme-Dürr 1991, S. 186ff.). Die Daten werden in Sehdauer, Verweildauer und Nettoreichweite aufgeteilt. Dabei gibt die Sehdauer die Zeit an, die Kinder an einem Tag durchschnittlich fernsehen, wobei die Nichtseher berücksichtigt werden und in die Bewertung eingehen. Die Verweildauer gibt die zeitliche Zuwendung derjenigen Kinder an, die tatsächlich fernsehen. Mit der Nettoreichweite wird der Prozentsatz der Rezipienten bezeichnet, die während eines Tages mindestens eine Minute hintereinander fernsehen (vgl. Feierabend 1998, S. 167ff.).

4.1. Fernsehnutzung von Kindern

61% aller Kinder in der Bundesrepublik Deutschland schalten täglich den Fernseher ein, diese Nettoreichweite umfasst rund 5,36 Millionen junger Zuschauer (vgl. Feierabend 2002, S. 222). Die neuesten Daten aus der Fernsehforschung der GfK zeigen, dass im Jahr 2001 in Deutschland 93% der Kinder in einem Kabel- oder Satellitenhaushalt leben. Über Kabel stehen ihnen durch- schnittlich 36 und über Satellit 43 Fernsehprogramme zur Verfügung. Eine geringere Programm- auswahl von ungefähr neun Sendern85 haben noch rund 7% der Drei- bis Dreizehnjährigen (vgl. Feierabend 2002, S. 222). Nach der Analyse von Feierabend und Klingler lässt sich ein korrela- tiver Zusammenhang zwischen dem Programmangebot und der Fernsehnutzung von Kindern feststellen (vgl. Abb. 14). An einem durchschnittlichen Tag sehen in einem terrestrisch ausge-

84 Diese Altersangaben sind nur als Näherungswerte zu verstehen. Die Übergänge in den Entwicklungsstufen sind fließend (vgl. Kapitel 4.2.) 85 Haushalte mit einem terrestrischen Empfang 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 45 statteten Haushalt nur 49% der Kinder fern, während in einem Kabelhaushalt 61% und in einem Satellitenhaushalt 63% fernsehen (vgl. Feierabend 2002, S. 222).

Sehdauer von Kindern nach Empfangsebene Mo-So, 3.00-3.00 Uhr, 3-13 Jahre

120 100 80 60 40 20 0 terrestrisch Kabel Satellit

Jahr 2000 Jahr 2001

Abbildung 14 Sehdauer von Kindern in Min./Tag nach Empfangsebenen im Vergleich 2000/200186

KOMMENTAR Bei dem dargelegten Zusammenhang, dass in Haushalten mit weniger Senderangebot weniger Kinder das Fernsehgerät nutzen, müsste überprüft werden, ob dies auf das geringere Programm- angebot zurückzuführen ist oder vielmehr auf die Erziehungsmethoden und Einstellungen der Eltern. Aus den Daten geht eine Überprüfung nicht hervor. Im Folgenden wird in diesem Kapitel die Wichtigkeit der Vorbildfunktion der Eltern auf die Kinder näher erläutert. Es wäre daher über- prüfungswürdig, aus welchen Gründen die Eltern mit terrestrisch geführten Haushalten, kein Interesse an einem Kabel- oder Satellitenempfang haben. Zudem sollten die Sehgewohnheiten, Lebensumstände, die Schulbildung sowie die generelle Einstellung zum Fernsehen dieser Familien bewertet werden (vgl. u.a. Hurrelmann 1989, S. 63ff.). Dies hat einen großen Einfluss auf die Fernseherziehung der eigenen Kinder und könnte somit ausschlaggebend für die vorliegenden Ergebnisse sein.

Bei den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Sechs- bis Dreizehnjährigen spielt das Fernsehen eine große Rolle (vgl. Feierabend 2002, S. 221). Es liegt in der Beliebtheitsskala in den letzten Jahren kontinuierlich auf Platz zwei hinter dem Treffen mit Freunden (vgl. Abb. 15). Das Spielen ist nur fast so beliebt wie das Fernsehen. 18% aller Kinder machen am liebsten Sport und 15% beschäftigen sich gern mit einem Tier. Etwa jedes zehnte Kind gibt als Lieblingsbeschäftigung das Hören von Tonträgern, Malen oder Basteln, Computernutzung und Unternehmungen mit den Eltern an (vgl. Feierabend u.a. 2000, S. 10). Die größte Bindungskraft eines Mediums für die Gruppe der Sechs- bis Dreizehnjährigen besitzt heutzutage das Fernsehen. Drei Viertel von ihnen könnte eher auf den Computer, das Radio oder Zeitschriften verzichten (vgl. Feierabend 2002, S.

86 vgl. Feierabend 2002, S. 223 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 46

221). Es ist demnach unbestritten, dass das Fernsehen nach wie vor eines der beliebtesten Freizeitvergnügen von Kindern darstellt.

Video sehen

Telefonieren

Gameboy

lesen (kein Schulbuch)

Eltern/Familie

PC (spielen/lernen)

Malen/Zeichnen/Basteln

CD/Kassette/Schallplatte

mit Tier beschäftigen

Sport treiben

Spielen

Fernsehen

Freunde treffen

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 in Prozent

Abbildung 15 Liebste Freizeitbeschäftigung der Sechs- bis Dreizehnjährigen87

4.1.1. Sehdauer Die durchschnittliche Sehdauer der Kinder beträgt im Jahr 2001 am Tag 98 Minuten (vgl. Abb. 16).

101 100 99 98 97 96 95 94 93 92 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

Abbildung 16 Entwicklung der durchschnittlichen Sehdauer von Kindern in den Jahren 1992 bis 2001 in Min./Tag88

In Anbetracht der deutlich gestiegenen Programmangebote für Kinder ist die gesamte Entwicklung von 1992 bis heute laut Sabine Feierabend und Erik Simon als kontinuierlich zu interpretieren (vgl.

87 vgl. Feierabend 2000, S. 10 88 vgl. Feierabend u.a. 2002, S. 221 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 47

Feierabend 2001, S. 178). Bachmair vermutet, dass das Fernsehen langsam seine Funktion als Leitmedium verliert und der Computer mit seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten zum Zentrum des kindlichen Medienhandelns avanciert (vgl. Bachmair 1997b, S. 13ff.). Immerhin ist er in der Beliebtheitsskala der Kinder in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und 1999 schon mit 9% vertreten (vgl. Feierabend u.a. 2000, S. 10). Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der kindliche Fernsehkonsum so stabil geblieben ist. Im Gegensatz dazu ist der Fernsehkonsum der Erwachsenen in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Kinder sehen etwa nur halb soviel fern wie Erwachsene (vgl. Klingler 1994, S. 52-56 u. S. 120ff.). Die jüngeren Rezipienten scheinen demnach seit dem Zuwachs des Fernsehangebots bei ihrer Fernsehnutzung vermehrt zu selektieren (vgl. Feierabend 1998, S. 169). Der Fernsehkonsum steigt jedoch mit dem Alter der Kinder kontinuierlich an. Die Gruppe der Drei- bis Fünfjährigen weist eine Sehdauer von 76 Minuten auf, bei den Grundschulkindern steigt der Konsum auf täglich 93 Minuten und die ältesten Kinder bis dreizehn Jahren schauen am Tag durchschnittlich 113 Minuten fern (vgl. Abb. 17).

120 100 80 60 40 20 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

3- 5 Jährige 6- 9 Jährige 10- 13 Jährige

Abbildung 17 Sehdauer in Min./Tag der Kinder im Gruppenvergleich von 1992 bis 200189

Herauszuheben ist hierbei, dass in der Langzeitbetrachtung nur die jüngste Zuschauergruppe der Drei- bis Fünfjährigen einen Anstieg der Sehdauer aufweist. Lag in dieser Altersgruppe der Durchschnitt im Jahr 1992 noch bei 66 Minuten pro Tag, so sind es im Jahr 2001 zehn Minuten mehr (vgl. Feierabend 2002, S. 221). Bei Kindern, die über ein eigenes Fernsehgerät verfügen, liegt die Sehdauer um 20 Minuten über dem Durchschnitt und die Verweildauer beträgt bei Kindern mit eigenem TV-Gerät sogar 34 Minuten mehr als bei den Rezipienten ohne eigenen Fernsehapparat (vgl. Feierabend 2002, S. 224). Die Verfügbarkeit des Fernsehens in den Kinderzimmern steigt zudem kontinuierlich, denn waren 1999 noch 29% der Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren im Besitz eines eigenen Gerätes, sind es 2000 schon 34% (vgl. Feierabend 2001, S. 176). Mittlerweile hat jedes dritte Kind zwischen sechs und 13 Jahren einen eigenen Fernsehapparat (vgl. Feierabend 2002, S. 221). Werner Glogauer sieht diesen Trend als

89 vgl. Feierabend 2002, S. 221 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 48

Gefahr für ausschweifenden Fernsehkonsum. Bei den Kinder mit einem eigenen Fernsehgerät „beträgt [...] der Anteil der Frühseher 65,5% und 81% sehen Sendungen des Vorabend- und des Abend- und Spätprogramms“ (Glogauer 1998, S. 28). Auch Theunert bestätigt, dass der Besitz eines eigenen Fernsehapparats spätes Fernsehen begünstigt (vgl. Theunert 1995, S. 17f.). Nach einer Untersuchung von Jo Groebel beträgt der Anteil sogenannter Vielseher 6% aller Kinder (vgl. Riemann 8/2000, S. 12). Die Untersuchungsdaten einer repräsentativen Fragebogenerhebung von 1999 über Schüler der Klassen 1 bis 5 von Sabine Riemann weisen ihrer Meinung nach auf, dass das Interesse für das Fernsehen „geringer ausgeprägt ist als erwartet“ (Riemann 8/2000, S. 12). Indessen ist Glogauer davon überzeugt, dass „viele Kinder mehr Zeit vor dem Fernseher verbringen als in der Schule“ (Glogauer 1998, S. 28). Er errechnet allein unter den Grundschülern 20% Exzessivseher und 35% Vielseher90 (vgl. ebenda). Bei den Vorschulkindern gehört laut Rainer Peek und Wolfgang Tietze schon fast ein Viertel zu den Vielsehern (vgl. Peek 1994, S. 102). Genausogross ist der Anteil der Wenigseher in dieser Altersgruppe, die durchschnittlich bis zu 15 Minuten pro Tag fernsehen. Die Normalseher unter den Drei- bis Sechsjährigen machen rund ein Drittel der Kinder aus, die ungefähr 15 bis 45 Minuten pro Tag den Fernseher nutzen. Jedes siebte Kind dieser Altersgruppe ist Nichtseher (vgl. ebenda).

KOMMENTAR Diese Angaben der Autoren sind kritisch zu betrachten, da es zu der Definition der Fernsehtypen keine allgemein gültige Regel für die Zuordnung gibt: Glogauer unterscheidet bei den Grundschulkindern Vielseher unter mit mehr als 2,6 Stunden und Exzessivseher mit mehr als 4 Stunden Fernsehen am Tag (vgl. Glogauer 1998, S. 143). Seine Ergebnisse umfassen jegliche Fernsehrezeption, so auch Videofilme. Dahingegen werden in der Untersuchung von Feierabend / Klingler Kinder mit einer Sehzeit von mehr als 3 Stunden am Tag als Vielseher bezeichnet (vgl. Feierabend 1998, S. 170). Löhr wiederum setzt die obere Grenze für die Durchschnittsseher unter den Kindern bei bis zu zwei Stunden Fernsehkonsum täglich (vgl. Löhr 1995, S. 47). In der Altersgruppe der Vorschulkinder definieren Peek und Tietze als Vielseher Kinder mit einem Fernsehkonsum von über 45 Minuten Sehzeit (vgl. Peek 1994, S. 102). Dies sollte bei der Bewertung der einzelnen Aussagen der Autoren beachtet werden. Hierbei wird deutlich, wie unterschiedlich Medienexperten bei der Definition von `normalem` und `überdurchschnittlichem Fernsehkonsum` bei Kindern sind.

Karin Richter hält es für wenig sinnvoll aufzuzählen, wie viele Kinder Exzessivseher, Vielseher oder Normalseher sind (Richter 8/2000, S. 11). Ihrer Meinung nach ist es notwendig, dass die Schule „weitaus konsequenter und produktiver als bisher auf gesellschaftliche Entwicklungen und Erfordernisse – auch und gerade im neuen medialen Rahmen – reagiert“ (ebenda). Zudem sollen politisch Verantwortliche Rahmenbedingungen für multimediale Entwicklungen schaffen (vgl. ebenda). Im Vergleich zwischen den Geschlechtern wird eine stärkere Zuwendung des männlichen Nachwuchses zum Medium Fernsehen deutlich (vgl. Feierabend 2002, S. 223). Eine mögliche Erklärung ist laut Windgasse, dass Fernsehinhalte in der Regel eher auf die Bedürfnisse von Jungen als auf die von Mädchen ausgerichtet sind (vgl. Windgasse 1998, S. 55f.). Feierabend stellt fest, dass Kinder die Sehgewohnheiten der Erwachsenen adaptieren, denn es ist eine

90 Diese Ergebnisse umfassen auch Videorezeptionen der Kinder. 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 49 zunehmende Verschiebung der Fernsehnutzung von Kindern zu beobachten (vgl. Feierabend 2001, S. 180 u. S. 188). Ab 17.00 Uhr steigt die Fernsehnutzung der Kinder kontinuierlich an und die Prime Time liegt zwischen 18.45 und 20.00 Uhr, die sich am Samstag noch mehr nach hinten verschiebt (vgl. Abb. 18). Die Verweildauer ist um diese Zeit für alle Altersgruppen am Höchsten (vgl. Best 1996, S. 58). „[...] morgens kommen die schlechten Filme und abends die guten, wo Kinder nicht gucken dürfen“ (Haydar, 12 Jahre, in: Theunert 1995, S. 20).

Abbildung 18 Fernsehnutzung von Kindern im Tagesverlauf91

Je älter die Kinder sind, desto später wird der Nutzungshöhepunkt am Tag erreicht, dieser Trend zeichnete sich schon in den Anfangsjahren des Fernsehens ab. Mögliche Gründe für den Zuwachs der Fernsehnutzung mit steigendem Alter könnten in der Haltung der Eltern zu finden sein. Wie in anderen Bereichen auch räumen sie ihren Kindern mit wachsendem Alter beim Umgang mit dem Fernsehgerät mehr Freiheiten ein. Hinzu kommt die Möglichkeit der älteren Kinder, in anderen Haushalten fern zusehen. Für sie hat das gemeinsame Fernsehen mit Freunden z.B. einen hohen Stellenwert (vgl. Theunert 1995, S. 17f.). Besonders beliebt waren in der Prime Time im Jahr 2000 Spielfilme wie Asterix oder Titanic und Unterhaltungsformate wie Wetten, dass.. oder Wer wird Millionär (vgl. Feierabend 2001, S. 183) und im Jahr 2001 ähnlich wie im Vorjahr mit Sendungen wie Domino Day und wieder Wer wird Millionär (vgl. Feierabend 2002, S. 229). Diese favorisierten Sendungen stellen kein explizites Kinderfernsehen dar. Am Wochenende verschiebt sich die Fernsehnutzungskurve nochmals, so dass freitags um 21.30 Uhr noch jedes fünfte Kind vor dem Fernsehgerät sitzt und um 22.30 Uhr immerhin noch jedes zehnte (vgl. Feierabend 2002, S. 225). Bereits morgens schauen die Kinder fern (hauptsächlich am

91 vgl. IP Deutschland 1998, S. 9 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 50

Wochenende): „Samstags und sonntags dann gucke ich so, wenn ich aufstehe, um acht oder so. Dann gibt’s auch schon Kinderfilme“ (zehnjähriges Mädchen, zit. in Theunert 1992, S. 6). Das Medienhandeln der Kinder wird durch das Vorbild der Eltern beeinflusst (vgl. Fischer 2000, S. 47). Die Intensität des kindlichen Fernsehkonsums ist u.a. abhängig von der formalen Bildung und dem sozialen Status der Eltern: „Die Familie als wichtigste Sozialisationsinstanz im Leben insbesondere jüngerer Kinder setzt sozusagen die Rahmenbedingungen für das kindliche Medienverhalten – quantitativ wie qualitativ“ (Horn 1990, S. 241). Sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Merkmale des Fernsehverhaltens der Eltern haben somit einen großen Einfluss auf den Fernsehkonsum der Kinder (vgl. Hurrelmann 1996, S. 89ff.). Zwischen dem Fernsehkonsum der Eltern und Kinder besteht ein „konsistenter positiver Zusammenhang“ (Wilhelm 1997, S. 115). Je länger die Eltern fernsehen, umso länger sitzen die Kinder vor dem Bildschirm (vgl. ebenda, S. 116). Besonders groß ist der Einfluss der Eltern bei Einzelkindern (vgl. ebenda, S. 188ff.). Die Senderpräferenzen der Eltern und ihrer Kinder sind ähnlich. Hurrelmann, Hammer und Stelberg haben festgestellt, dass die Einschaltroutine der Eltern die Kinder beeinflusst (vgl. Hurrelmann 1996, S. 75ff.). So zeigt sich eine Übereinstimmung bei Vorlieben von Privatsendern oder öffentlich-rechtlicher Sender und dem spezifischen Programm (vgl. ebenda). „Die meisten Eltern vergessen, dass sie ihren Kindern auch beim Fernsehen als Vorbild dienen. Sie regen sich zwar über den hohen Fernsehkonsum der Kinder auf, stellen ihr eigenes, wenig vorbildhaftes Medienverhalten aber nicht in Frage“ (Kruse 1998, S. 447). Es ist anzunehmen, dass zur Übernahme des Fernsehverhaltens der Eltern ein regelmäßiges Fernsehen in der Familie beiträgt (vgl. Hurrelmann 1996, S. 66ff.). Die weitaus häufigste Form des Fernsehens findet mit den Geschwistern statt (vgl. Fischer 2000, S. 48). Am Abend sehen die Kinder vorwiegend mit ihrer gesamten Familie fern. Bei der Programmauswahl entscheiden nachmittags eher die Kinder oder Mütter und abends vorwiegend die Väter (vgl. Bretz 2/1997, S. 105f.). Das Erwachsenenprogramm übt auf die Kinder einen großen Reiz aus. Sie zeigen einen Einblick in die fremde (Erwachsenen-) Welt und zudem erfüllt es die Kinder mit stolz, wenn sie den `richtigen` Spielfilm nach 20.00 Uhr sehen dürfen (vgl. Kruse 1998, S. 461). Doch weil im Erwachsenenprogramm Identifikationsmöglichkeiten und die Nähe zum Kinderalltag in der Regel fehlen, „gestaltet sich der Fernsehgenuss am Abend für die Kinder meist zum `leeren` Konsum, der – in bezug auf Krimis und Actionserien – allenfalls noch hilft, `abzuhärten` und die Angstgrenze weiter auszudehnen“ (ebenda, S. 459). Die für Kinder relevanten Inhalte, die ihnen Anknüpfungspunkte an den Alltag, Orientierungs- und Identifikationsmöglichkeiten bieten könnten, fehlen demnach. Kinderkanäle könnten helfen, den Kindern zu ihrer individuellen Sehzeit angemesseneres Programm anzubieten, da Vollprogrammsender dies nicht leisten können (vgl. Theunert 1995, S. 95f.). Doch würde dies laut Kruse eher zu einer „Vereinzelung und Vereinsamung der Kinder innerhalb der Familie“ (Kruse 1998, S. 462) führen, denn wie oben erwähnt, entscheiden abends im Wohnzimmer die Eltern (bzw. vorwiegend die Väter) über das Fernsehprogramm. So müssten abends die Kinder allein und getrennt von ihrer Familie in ihrem Zimmer fernsehen, um einen Kinderkanal einschalten zu können (vgl. ebenda).

KOMMENTAR 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 51

Derzeit wird im deutschen Free-TV kein Kinderprogramm nach 19.00 Uhr angeboten, obwohl gerade hier – wie bei den Erwachsenen auch – erst die Prime Time beginnt. Aber eben weil es auch die Hochphase der erwachsenen Fernsehrezipienten ist, steht das Kinderprogramm in Konkurrenz mit dem Erwachsenenprogramm der Vollprogrammsender. Der Ki.Ka wird ab 2003 sein Angebot zeitlich nach hinten erweitern. Fraglich ist, ob das die Kinder in der Familie `isoliert`, wie es Kruse befürchtet (vgl. Kruse 1998, S. 462) und damit das Eigentum eines Fernsehgerätes für die jungen Rezipienten immer wichtiger wird. Oder aber die Kinder ignorieren das für sie laufende Programm, damit sie bei ihrer Familie fernsehen können. Dies ist auch der Fall, wenn sie keinen eigenen Apparat besitzen und abends das Programm im elterlichen Wohnzimmer kaum selbst bestimmen können. Wünschenswert wäre, wenn Eltern stärker die Möglichkeit nutzen würden, Kinderprogramme gemeinsam mit den Kindern anzusehen. Der Kinderfernsehmarkt wird auf das erweiterte Sendeverhalten des Spartensenders Ki.Ka vermutlich mit einem verstärkten Familienangebot reagieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Die Zeit, die dem Fernsehen täglich gewidmet wird, unterliegt zudem saisonalen Schwankungen. Wie bei den Erwachsenen ebenso zu beobachten, schauen Kinder in den kälteren, kurzen Wintermonaten mehr fern als an den Tagen der hellen und langen Sommermonaten (vgl. Feierabend 2002, S. 224). „Verlockt die Jahreszeit und das Wetter zu außerhäuslichen Aktivitäten, ist das Fernsehen bei Kindern weniger gefragt [...]“ (Peek 1994, S. 101). Gemessen am Durchschnittswochentag liegt die Nettoreichweite im letzten Jahr in diesen Wintermonaten 14 Prozentpunkte über der Reichweite in den Sommermonaten (vgl. Feierabend 2002, S. 224). Unverändert bleibt die verstärkte Fernsehnutzung der Kinder – ob Sommer oder Winter – an den Tagen des Wochenendes (vgl. Feierabend 2002, S. 223).

4.1.2. Genrepräferenzen Ein Viertel aller Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren gibt an, nahezu täglich Zeichentrickfilm und/oder Serien anzuschauen (vgl. Feierabend 2000a, S. 20). Hierbei wird das Zeichentrickgenre stärker von den jüngeren und Serien eher von den älteren Kindern bevorzugt (vgl. ebenda). Die Lieblingsgenres der Kinder sind ferner geschlechterspezifisch zu unterscheiden: Bei Jungen dominieren die Zeichentrickfilme und bei Mädchen die Daily Soaps (vgl. Abb. 19). Die Prioritätenliste der Sechs- bis Dreizehnjährigen wird danach von Kindersendungen, Sport- sendungen und Tiersendungen fortgesetzt, wobei die Sportsendungen hauptsächlich von den Jungen gesehen werden (vgl. Feierabend 2000a, S. 22). Kindersendungen und Tiersendungen sind bei beiden Geschlechtern annähernd gleich beliebt. Musiksendungen, Quizsendungen und Familienfilme werden eher von den Mädchen bevorzugt; Actionfilme sowie Sciencefictionserien stoßen hingegen bei Jungen auf größeres Interesse (vgl. ebenda). Das Interesse an Zeichen- trickfilmen sinkt jedoch mit zunehmendem Alter (vgl. Feierabend 2001, S. 185). Der höchste Teil der Nutzungsdauer dieser Altersgruppe entfällt auf fiktionale Angebote, diese steigt wiederum mit dem Alter der Kinder (vgl. ebenda). Mit zunehmendem Alter schwindet das Interesse an fantastischen Inhalten und realistischere Darstellungen werden von den Kindern bevorzugt (vgl. Schumacher 1998, S. 50). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 52

Zeichentrickfilme/-serien

Daily Soaps

Kindersendungen

Sportsendungen

Tiersendungen

(Pop-)Musiksendungen

Show- u. Quizsendungen

Krimis

Familienfilme

Actionfilme/-serien

Science-Fiction-Filme/-Serien

Talkshows (nachmittags)

Mysterie-Serien

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 in Prozent

gesamt Mädchen Jungen

Abbildung 19 Lieblingsgenres der Sechs- bis Dreizehnjährigen92

Während sich die kleineren Kinder bis neun Jahren hauptsächlich mit Animationen vergnügen, suchen sich die Zehn- bis Dreizehnjährigen im Bereich Fiktionales vermehrt Sendungen mit dem Inhalt Unterhaltung, Spannung und Komödie (vgl. Feierabend 2001, S. 186). Die Drei- bis Dreizehnjährigen insgesamt rezipieren im Jahr 2001 zu 61 Prozent Fiktion, je 12 Prozent Informa- tion und Unterhaltung, rund 3 Prozent Sport und ganze 11 Prozent Werbesendungen (vgl. Feierabend 2002, S. 229).

4.1.3. Sendungs- und Senderpräferenzen

Fast drei Viertel aller Kinder in der Bundesrepublik können eine Lieblingssendung aus dem Fernsehen nennen (vgl. Feierabend 2000a, S. 16). Sie kennen sich demnach gut in dem Fernseh- programm aus und entwickeln bestimmte Vorlieben. Kinder bevorzugen unterhaltsame und regelmäßige Angebote (vgl. BLM 2000b, S. 22). „Alles was so witzig und so spannend ist, und wo ein Held drinne ist“ (Heiko, zwölf Jahre, zit. in: Theunert 1995, S. 32). Im Winter des Jahres 1996 haben Hans-Dieter Kübler und Wolfgang Swoboda 220 Vorschulkinder im Auftrag der ALM nach ihren Lieblingssendungen und -videotiteln befragt und kamen zu dem Ergebnis, dass bei den jungen Zuschauern weiterhin traditionelle Vorschul- programme der öffentlich-rechtlichen Sender und Trickfilm der meist privaten Anbieter beliebt sind (vgl. Kübler 1998, S. 237). Oben auf der Liste sind Sesamstrasse, König der Löwen und Sendung

92 vgl. Feierabend 2000a, S. 23 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 53 mit der Maus zu finden (vgl. ebenda). Die Daten der Fernsehnutzung der Kleinsten zeigen auf, dass im Jahr 2000 Vorschulsendungen des Ki.Ka an erster Stelle stehen, jedoch hierbei vorwiegend die neueren Sendungen wie Teletubbies und Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen bevorzugt werden93. Unter diesen zehn beliebtesten Sendungen des Jahres sind sechs der Teletubbies – Folgen befindlich (vgl. Tab. 2). Vorschulkinder sehen vorwiegend Sendungen, die für sie bestimmt sind. In diesem Alter ist dies jedoch noch auf das restriktive Kontrollverhalten der Eltern zurückzuführen (vgl. Theunert 1995, S. 29). Neumann- Braun spricht hierbei von der „gate keeper“-Funktion der Eltern (vgl. Neumann-Braun 1993, S. 498f.). Umso jünger die Kinder sind, umso seltener schalten sie den Fernseher selbst ein, vielmehr bestimmen die Älteren über das Programm (vgl. Theunert 1995, S. 29). Dadurch kommen sie mit dem Erwachsenenprogramm in Kontakt (vgl. Kruse 1998, S. 459). „Informations- und Unterhaltungssendungen am Abend kennen Vorschulkinder nur in Aus- nahmefällen, und auch am frühen Abend halten sie sich nur begrenzt und sicher nicht immer primär wegen des Fernsehprogramms im Wohnraum der Familie auf“ (Kübler 1998, S. 239).

Tabelle 2 Hitliste der Sendungen 2000 bei den Drei- bis Fünfjährigen94

Rang Sender Titel In Mio MA in % 1. Ki.Ka Die wunderbare Reise.. 0,37 57,8 Folge 52, Wdh. 2. Ki.Ka Die wunderbare Reise.. 0,37 55,9 Folge 51, Wdh. 3. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,36 49,1 4. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,36 49,3 5. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,36 48,2 6. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,34 55,4 7. Ki.Ka Die Biene Maja, Folge 14, 0,33 52,1 Wdh. 8. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,33 44,1 9. Ki.Ka Teletubbies, Wdh. 0,32 47,9 10. Ki.Ka Die wunderbare Reise.. 0,32 57,7 Folge 41, Wdh.

Bewusst nehmen sie, laut Kübler und Swoboda, nur ihre Lieblingssendungen in den Kinder- programmen und Zeichentrickserien wahr. Die Medien bieten den Kindern außerdem diverse Identifikationsmuster. Mit diesen Medienlieblingen „bestreiten, bekräftigen und versinnbildlichen Kinder ihre Beziehungen und Interaktionen untereinander“ (Kübler 1998, S. 333). So wird das Kinderspiel heute mit aktuellen Medienvorlagen vermengt. Hierbei lassen sich geschlechter- spezifische Akzente beobachten: Mädchen beschäftigen sich vorwiegend mit weibliche Figuren wie etwa Pippi Langstrumpf oder mit Zeichentrickfilmen in denen die Protagonisten Tiere sind und

93 vgl. http://www.gfk.de (20.09.01) 94 Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 54

Jungen begeistern sich hauptsächlich für männliche Heldenfiguren aus Zeichentrickserien wie etwa den Power Rangers. Im Spiel äußert sich dies folgendermaßen, dass Jungen kämpfen und siegen möchten, wohingegen Mädchen Spielhandlungen entwerfen, in denen soziale Beziehungen überwiegen (vgl. ebenda). Grundschulkinder nutzen das Fernsehen verstärkt als Unterhaltungsmedium (vgl. Riemann 8/2000, S. 12). Ausgewiesenes Kinderprogramm – vor allem der öffentlich-rechtlichen Sender – erfährt „nur relativ geringe Akzeptanz“ (ebenda). Bei den Kindern im Grundschulalter verändert sich diese Wahrnehmung und das Interesse für Erwachsenensendungen nimmt zu (vgl. Kübler 1998, S. 239). Erwachsenen- sowie Familiensendungen besitzen von nun an vermehrte Anziehungskraft für die Grundschüler (vgl. Riemann 8/2000, S. 13). Am Beliebtesten sind weiterhin Zeichentrickformate der privaten Sender und besonders bei den Mädchen Daily Soaps wie etwa Gute Zeiten – Schlechte Zeiten (vgl. Tab. 3).

Tabelle 3 Rangfolge der von Grundschülern häufig gesehenen Sendungen 199995

Rang Lieblingssendung Sender

1. Gute Zeiten – Schlechte Zeiten RTL 2. Darkwing Duck Super RTL 3. Sailor Moon RTL 2 4. Käpt`n Balu Super RTL 5. Simpsons ProSieben 6. Arielle, die Meerjungsfrau Super RTL 7. Tabaluga Tivi ZDF Tex Avery Show Super RTL 8. 101 Dalmatiner Super RTL 9. Unter uns RTL 10. Meister Eder und sein Pumuckl Ki.Ka

Jan-Uwe Rogge ist der Meinung, dass Kinder intuitiv spüren, warum sie einige Sendungen mögen und andere nicht. Sie schauen nicht wahllos irgendeine Fernsehsendung an (vgl. Rogge 1999, S. 30). Ein informierter Umgang mit dem Medium Fernsehen ist in diesem Alter zu beobachten. Die Programmzeitschrift spielt bei den Kindern bereits eine wichtige Rolle für die Sendungsauswahl (vgl. Klingler 1994, S. 5). Viele der jungen Zuschauer kennen Programmplätze und Uhrzeiten der Fernsehangebote, die sie bevorzugen und schalten gezielt ein (vgl. Theunert 1995, S. 29f.). Von den Kindern werden durch das Zappen für sie interessante Programme gefunden, jedoch konsumieren sie auf diese Weise verschiedene Sendungen parallel und daher häufig nur bruchstückhaft (vgl. ebenda, S. 32ff.). Die Zuschauergruppe der Zehn- bis Dreizehnjährigen ist nur schwer mit Kinderfernsehen zu erreichen, diese Kinder wenden sich bereits verstärkt dem Erwachsenenprogramm zu (vgl. Hofmann 13/2000, S. 40). Diese Kinder schauen zu 74,1% kein explizites Kinderprogramm mehr. Kruse erkennt einen Trend, dass zunehmend jüngere Kinder sich dem Erwachsenenprogramm zuwenden. Sie ist der Meinung, dass das Publikum traditioneller Kinderprogramme wie Sendung

95 vgl. Riemann 8/2000, S. 12f. 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 55 mit der Maus immer jünger werden und die Sesamstrasse heute „allenfalls noch die Kleinkinder“ (Kruse 1998, S. 449) gewinnen kann. Besonders beliebt sind bei den Zehn- bis Dreizehnjährigen Sendungen wie Simpsons oder Bravo TV und Daily Soaps (vgl. Hofmann 13/2000, S. 40). Die reinen Unterhaltungsprogramme nutzen hierbei 87,1% dieser Zielgruppe96 (vgl. ebenda). Die genutzten Unterhaltungssendungen des angebotenen Kinderfernsehens beinhalten zum einen Realhandlungen, in deren Mittelpunkt die Zielgruppe selbst steht (z.B. Schloss Einstein) und zum anderen Zeichentrickserien (z.B. Pokémons), die gut ein Drittel der Zehn- bis Dreizehnjährigen bevorzugen (vgl. Hofmann 2000a, S. 41f.). Ole Hofmann ist der Meinung, dass das Angebot im Kinderfernsehen für diese Altersgruppe ungenügend ausgebaut ist und ein Programm ermöglicht werden sollte, „das sie versteht, das sie ernst nimmt und in ihrer Kompetenz dort abholt, wo sie sind“ (Hofmann 2000a, S. 40). Auch wenn sich diese Kinder am Ende ihrer Lebensphase der Kindheit befinden, sollten sie seiner Meinung nach im Kinderfernsehen nicht unbeachtet bleiben (vgl. ebenda, S. 44). Das explizite Kinderfernsehangebot des deutschen Fernsehens bietet hauptsächlich Programme für die Gruppe der Sechs- bis Siebenjährigen an (vgl. Abb. 20).

120

100

80

60

40

20

0 3-5 J. 3-5 & 6-9 J. 6-9 J. 6-9 & 10-13 10-13 J.

Altersgruppen

Abbildung 20 Angebot im expliziten Kinderfernsehen nach Zielgruppen Zu den populärsten Kindersendungen bei den Kindern insgesamt zählen im Jahr 2000 die Pokémons und deren Nachfolger Digimons97 (vgl. Feierabend 2001, S. 176), die auf RTL 2 ausgestrahlt werden. Sie erreichen vor allem die Altersgruppe der Sechs- bis Neunjährigen, deren Marktanteile häufig über 70% liegen (vgl. Feierabend 2001, S. 187). Die beliebtesten Kinder- sendungen bei den anderen Sendern sind bei Super RTL Zeichentrickformate wie Doug, Chip und Chap, Disneys Gummibärenbande; bei Ki.Ka sind es Serien wie Biene Maja, Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen, Pinoccio und Sandmännchen oder Märchenfilme wie König Drosselbart (vgl. Feierabend 2001, S. 186f.). RTL und ProSieben erreichen die meisten Kinder ohne explizites Kinderprogrammangebot. Hier sind die nutzungs- stärksten Sendungen Gute Zeiten – Schlechte Zeiten oder Simpsons, welche von den Sendern selbst als Familienprogramm gekennzeichnet werden (vgl. ebenda). Bei den Kinderprogrammen der öffentlich-rechtlichen Vollprogrammsender werden traditionelle Sendeformate von den jungen

96 nach einer Sekundäranalyse der IZI zu den Daten der GfK-Fernsehforschung von 1999 97 Digitale Monster 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 56

Zuschauern bevorzugt, wie etwa Die Sendung mit der Maus und Löwenzahn, sowie Formate wie die Spiel- und Clubsendungen Tigerenten Club und Tabaluga Tivi oder Familienprogramme, wie etwa Unser Charly (vgl. ebenda). Im ersten Quartal des Jahres 2001 belegen laut GfK-Forschung die Sender Super RTL, RTL und RTL 2 die ersten Plätze bei der Zielgruppe Kinder (vgl. Abb. 21). Im weiteren Verlauf des Jahres 2001 ändern sich diese Marktverhältnisse kaum. Bei der Ganztagsbetrachtung bleibt SuperRTL Marktführer, gefolgt von RTL, RTL II und dem Ki.Ka (vgl. Feierabend 2002, S. 230).

Super RTL

RTL

RTL 2

KI.KA

ProSieben

Sat.1

ARD

ZDF

Kabel 1

VOX

DSF

0 5 10 15 20 25 in Prozent

Abbildung 21 TV-Marktanteile ganztägig erstes Quartal 2001 bei den Drei- bis Dreizehnjährigen98

Die Betrachtung von Tagesmarktanteilen, die von 3.00 – 3.00 Uhr gelten, lässt jedoch außer Acht, dass der Ki.Ka nur zwischen 6.00 und 19.00 Uhr ausgestrahlt wird. Wenn man nur diese Zeit des Tages vergleicht, verschiebt sich die Rangliste der kinderfavorisierten Sender folgendermaßen: Super RTL ist mit 21,6% weiterhin auf dem ersten Platz, dann aber folgt schon der Ki.Ka mit 16,6% und RTL 2 mit 13,4% landet erst auf dem dritten Rang und RTL kommt mit 8,6% auf Platz vier (vgl. Feierabend 2002, S. 227). In dieser Zeitbetrachtung sind die ersten 15 Lieblingssendun- gen der Kinder beim Ki.Ka und bei SuperRTL zu finden, wie etwa Nils Holgerson, Der kleine Bär und Jim Knopf beim Ki.Ka und bei SuperRTL Sendungen wie Marsurpilami, Der Löwe von Oz oder Die Biber Brüder (vgl. Feierabend 2002, S. 228). Die Marktführerschaft im Kinderfernsehen sollte dabei differenziert betrachtet werden. So können – je nach Zeitabschnitt und Bezugsgruppe – verschiedene Anbieter den Titel für sich beanspruchen. Das ZDF z.B. ist am Marktanteil des Kinderfernsehens auf einem der hinteren Ränge platziert, jedoch am Samstagvormittag zwischen 6.00 und 13.00 Uhr99 ist es mit 16,1% Marktanteil führend vor RTL, Sat.1 und dem Ki.Ka (vgl. Kuchenbuch 2002, S. 12). Die in den Jahren zuvor so erfolgreichen Programmformate Pokémons und Digimons befinden sich im Jahr 2001 erst ab dem Rang 15 in der Beliebtheitsskala der

98 vgl. tendenz 1/2001, S. 46f. 99 Zu dieser Zeit wird die ZDF-Kinderprogrammstrecke tivi ausgestrahlt. 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 57

Kinder und die damit verbundenen Vorjahresgewinne des Senders RTL 2 können sich mittlerweile nicht mehr halten (vgl. Feierabend 2002, S. 230). Eindeutig profitieren konnte davon laut Feier- abend der Ki.Ka, der bei den jüngsten Fernsehzuschauern deutliche Zugewinne erzielt und seit seiner Gründung 1997 in seiner Sendezeit wochentags erfolgreich an Marktanteilen dazu gewonnen (vgl. Abb. 22).

25

20

15

10

5

0 1997 1998 1999 2000 2001

Ki.Ka RTL RTL 2 Super RTL ProSieben

Abbildung 22 Entwicklung der Marktanteile in Prozent des Ki.Ka und seiner Hauptkonkurrenten wochentags von 6.00 – 19.00 Uhr bei Kindern im Fünfjahresvergleich100 Super RTL steht trotzdem weiterhin mit über 20% Marktanteil mit Abstand für die Kinder an der Spitze aller Sender, mit einem Programm zwischen Zeichentrickserien, Vorschulprogrammen und Spielfilmen. Susanne Schosser definiert das Programm von Super RTL folgendermaßen: „Klassiker vermischen sich dabei mit schrillen Cartoons; familientauglicher Zeichentrick am Vorabend wird durch originelle Vorschulprogramme am Vormittag ergänzt“ (Schosser 2001, S. 5). Wobei sie großen Wert auf die `Zeichentrickkompetenz` – wie sie es nennt - ihrer Firma legt (vgl. Pregel 2/2000, S. 38). So ist die Serie Pokémon zuerst Super RTL angeboten worden, „entsprach aber den Ansprüchen des Senders nicht“ (vgl. ebenda) und verschafft ab 1999 RTL 2, einem anderen Mitglied der RTL Group, beachtlichen Quotenaufschwung. Der Ki.Ka kann nach der RTL Group erst den vierten Platz bei den jungen Zuschauern im Ganztagesvergleich besetzen. Er kann mittlerweile von mindestens 80% der Fernsehhaushalte empfangen werden (vgl. Feierabend 2001, S. 176). Als einziger Sender, der ausschließlich Kinderprogramm anbietet, ist er zur Prime Time101 der Kinder nicht aktiv (vgl. ebenda). Ab dem Jahr 2003 wird der Ki.Ka sein Angebot jedoch bis 21.00 Uhr aus diesem Grund ausweiten und ab dem Jahr 2005 bis 22.00 Uhr102. Knapp gefolgt

100 vgl. Feierabend 2002, S. 227 101 18.45-20.00 Uhr (vgl. Kapitel 4.1.) 102 vgl. http://www.digitv.de/news/viewnews.cgi?newsid1014895912,490 18, (10.07.02) 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 58 in der Rangfolge wird der Kinderspartensender von ProSieben, ein Sender der gar kein explizites Kinderprogramm mehr ausstrahlt. Kinder nutzen im großen Maße solche Fernsehinhalte, die nicht für sie produziert sind (vgl. Windgasse 1998, S. 56). Der Anteil der Fernsehnutzung der Kinder, die nur auf das Kinderprogramm entfällt, ist bei den Vorschulkindern fast 60%, bei den Grundschülern nur noch 53% und bei der Zielgruppe der Zehn- bis Dreizehnjährigen lediglich 25,9% (vgl. Hofmann 13/2000, S. 42). Dies macht deutlich, warum Sender, die kein explizites Kinderfernsehen (mehr) anbieten, trotzdem einen hohen Marktanteil bei den Kindern erzielen können. Differenziert man die Sendervorlieben nach dem Geschlecht, zeigt sich eine unterschiedliche Nutzung. Die Angebote von RTL, RTL 2, ARD, ZDF und den dritten Programmen der öffentlich-rechtlichen Sender sowie des Ki.Ka werden intensiver von Mädchen genutzt. Wohingegen Serienangebote von ProSieben und Super RTL eher die Jungen bevorzugen (vgl. Windgasse 1998, S. 56). Kinder mit einem eigenen Fernsehgerät ziehen die Programme der kommerziellen Fernsehanbieter vor (vgl. Weiler 1997, S. 47).

KOMMENTAR Unbeachtet werden in der Statistik der GfK die Musikkanäle MTV und VIVA, die jedoch gerade für die älteren Kinder an Interesse gewinnen (vgl. Volkmer 1997, S. 243). Laut einer Umfrage von Infratest Burke im November 1997 schalten 21% der älteren Kinder und Jugendlichen täglich 21% VIVA und 13% MTV ein (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 18). Es ist anzunehmen, dass sich diese Zahlen in den letzten Jahren eher noch erhöht haben. Aktuellere Daten hierzu lassen sich jedoch nicht finden und die Musiksender sind in der allgemeinen Kinderfernsehforschung seit Jahren unbeachtet.

Die Nutzung der diversen Fernsehsender unterliegt täglichen Schwankungen, was laut Feierabend ein Indiz dafür ist, dass für die kindliche Senderauswahl eher die Sendung selbst eine Rolle spielt als eine Kanalbindung (vgl. Feierabend 1998, S. 176ff.).

4.2. Kindliche Wahrnehmung und Verarbeitung

Um die kindliche Wahrnehmung und Verarbeitung von Fernseheinhalten verstehen zu können, ist es nötig, das Rezeptionsverhalten, den Entwicklungsstand der Kinder sowie ihre Problemfelder und die damit verbundenen Motive des Fernsehkonsums mit in Betracht zu ziehen. Jedes Kind rezipiert Fernsehangebote geprägt von seinem kognitiv-emotionalen, sozialen und moralischen Entwicklungsstand und verarbeitet sie individuell in Abhängigkeit dieser Prozesse (vgl. Paus- Haase 1998b, S. 77). Im Verlauf ihrer Entwicklung werden Kinder mit einer Vielzahl von Anfor- derungen und Problemen konfrontiert, die bei ihnen häufig Angst und Unsicherheit verursachen (vgl. Fischer 2000, S. 52). Ihre Entwicklungsaufgaben bestehen darin, mit anderen Menschen umzugehen und Ereignisse einschätzen sowie beurteilen zu können. Außerdem müssen sie ihre personale und soziale Identität ausbilden. Emotionale Reaktionen auf Medienreize sind abhängig vom kognitiven Entwicklungsstand des Kindes (vgl. Wilhelm 1997, S. 31). Während der gesamten Kindheit unterscheiden sich die Art und Weise, wie Kinder das Fernsehen wahrnehmen und nutzen. Innerhalb des Entwicklungsprozesses differenziert sich das Verständnis und die Beurteilungsfähigkeit der Kinder gegenüber den Fernsehinhalten und –darbietungsweisen immer 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 59 mehr (vgl. Theunert 1995, S. 41ff.). Entwicklungsprozesse laufen bei Individuen unterschiedlich ab, daher ist die Wirkung von Medien bei jedem anders einzuordnen (vgl. Kübler 1998a, S. 255). Die Verarbeitung von Fernsehinhalten ist demnach individuell. Kinder und Erwachsene gehen mit unterschiedlichen Sichtweisen an Fernsehsendungen heran (vgl. Rogge 1999, S. 34). Die Wahrnehmung von problematischen Inhalten ist bei den Kindern demnach differenzierter als Erwachsene vielfach annehmen (vgl. BLM 2000b, S. 44).

4.2.1. Kindliche Entwicklungsprozesse Kinder lernen ihre Umwelt sukzessiv kennen und entschlüsseln das Fernsehen mit seinen Inhalten und Gestaltungsmitteln erst nach und nach (vgl. BLM 2000b, S. 28). Im Verlauf ihrer Entwicklung verfeinern die Kinder ihre kognitiven und sozial-moralischen Fähigkeiten. Das Fernsehen als Bestandteil des kindlichen Alltags unterliegt dem besonderen Entwicklungsstandpunkt des einzelnen Kindes. „Die Vorlieben der Kinder für Genres, Sendungen und Protagonisten zeigen, welche Fernsehangebote Kinder verschiedenen Alters und Geschlechts ansprechen. Da jedoch die Vorlieben auch innerhalb der Alters- und Geschlechtsgruppen variieren, ist davon auszugehen, dass jenseits der biologischen Komposition Alter und Geschlecht weitere Faktoren die Vorlieben steuern. Um ihnen auf die Spur zu kommen, ist ein tieferer Blick in die Kinder selbst, in ihre Entwicklung und ihre Lebens- und Alltagswelt notwendig“ (Theunert 1995, S. 40). Jean Piaget untersuchte die kognitive Entwicklung des Menschen (vgl. Zimbardo 1992, S. 65ff.) und stellte zur globalen Einteilung der kognitiven Entwicklung vier qualitativ verschiedene Phasen103 dar, die noch heute die Grundlage für medienpädagogische Ansätze bilden: 1. Sensomotorische Phase (0-2 Jahre) Das Kind kommt von einfachen reflexhaften Bewegungen zu koordinierten Handlungen, die das Wissen um einfache Tatbestände offenbart. Das Kind verinnerlicht teilweise dieses Verhalten und muss nicht mehr alle Handlungen praktisch durchprobieren. 2. Präoperationale Phase (2-7 Jahre) Das Weltbild des Kindes ist egozentrisch, es kann noch nicht abstrahieren. Diese Phase wird durch den wachsenden Gebrauch abstrakter Symbole charakterisiert, der sich z.B. beim fantasie- vollen Spielen beobachten lässt. 3. Phase der konkreten Operationen (7-11 Jahre) Diese Phase ist geprägt durch ein relativ hoch entwickeltes Problembewältigungsverhalten und dem Erwerb erwachsenen Denkens. Hiermit wird die egozentrische Weltsicht korrigiert und Selbstreflexion ist möglich. Geistige Operationen wie etwa Logik und schlussfolgerndes Denken werden zum konkreten Problemlösen eingesetzt. 4. Phase der formalen Operation (11-13 Jahre) In dieser Entwicklungsphase lernen die Kinder Hypothesen zu formulieren und neue Konzepte herzuleiten. Sämtliche kognitive Operationen lassen sie Klassifikationen, Hierarchien und Inklusionen, Begriffsdefinitionen, elementare logische Operationen und Kategorisierung von Zahlen ausführen.

103 vgl. Zimbardo 1992, S. 66ff.; Kübler 1998a, S. 43 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 60

Piaget ist der Auffassung, dass alle Kinder diese Phasen in derselben Reihenfolge durchlaufen. Die Entwicklungsgeschwindigkeit könne dabei aber unterschiedlich sein (vgl. Zimbardo 1992, S. 66). Das biologische Alter gibt Anhaltspunkte für den Entwicklungsstand des Kindes, ist aber nicht allein dafür verantwortlich. Daneben gewinnen sozial-räumliche Umweltfaktoren an Bedeutung für die Fernsehrezeption (vgl. Paus-Haase 1997b, S. 257). Entwicklungsprozesse werden demnach zusätzlich von der sozialen Umwelt beeinflusst. „In welchem Ausmaß die Eltern dem Kind Dinge erklären und sich mit ihm auseinandersetzen, die Offenheit und Vielfältigkeit der Erfahrungsräume u.ä.m. beeinflussen die kindliche Entwicklung [...]“ (Theunert 1995, S. 43). Daher gibt die biologische Altersentwicklung nur eine und keinesfalls eine generell gültige Rahmung ab. Neben dem Alter, Geschlecht, entwicklungsbedingten Persönlichkeitsmerkmalen sind die Motive zum Fernsehkonsum von weiteren Faktoren abhängig, wie z.B. dem sozialen Umfeld (vgl. Charlton 1992, S. 51). Die Erwerbsprozesse werden demnach durch verschiedene soziale Räume und Institutionen äußerlich beeinflusst wie etwa die Familie, Peergroup, Kindergarten und Schule (vgl. Sutter 1999, S. 73). Was ein Kind wahrnimmt, hängt von seinem persönlichen Situationsverständnis ab und kann sich sogar sehr von der Intention des Autors oder Regisseurs unterscheiden (vgl. Wilhelm u.a. 1997, S. 31). Die vier Entwicklungsstufen von Piaget gelten noch heute in der medienpsychologischen Forschung als Orientierung, obwohl es nach Kübler zur „kontinuierlichen Prüfung solcher Modelle herausfordert und die integrative Einbeziehung sämtlicher Umweltfaktoren verlangt – also auch oder heute gerade der Medien, da sie als mögliche Stimuli Entwicklungsprozesse verändern können“ (Kübler 1998a, S. 42f.). Die veränderten Lebensbedingungen der Kinder mit ihrer physischen und sozialen Umwelt legen laut Paus-Haase eine Überprüfung des Stufenmodells von Piaget nahe, da es auf jahrzehnte altem Beobachtungsmaterial basiert (vgl. Paus-Haase 1998b, S. 87). Bachmair geht sogar davon aus, dass Kinder heutzutage die Protagonisten ihrer gesellschaftlichen Entwicklung sind und den eigenen Alltag sowie ihren Lebenslauf selbst gestalten (vgl. Bachmair 1998a, S. 88f.). Dies ist ein Phänomen der „Enttraditionalisierung der industriegesellschaftlichen Lebensformen“ (Beck zit. von Bachmair 1998a, S. 87), denn der hohe materielle Lebensstandard und soziale Sicherheit in dieser Gesellschaft haben die Menschen aus den traditionellen Klassenbedingungen und Versorgungsbezügen der Familie herausgelöst. Die „recht pauschale Annahme“ (Kübler 1998a, S. 255), dass Kinder erst ab dem Alter von zehn bis zwölf Jahren Inhalte wie Erwachsene wahrnehmen und davor (noch) anderen Wahrnehmungs- und Verstehensmodi folgen, müsse nach Kübler zu der Einsicht führen, dass sie nicht mühelos befragt werden können. Piaget verließ sich bei seinen Befragungen ausschließlich auf die verbalen Beschreibungen der Kinder, die er mit dem Denkprozess gleichsetzte. Doch heute geht man davon aus, dass Kinder durchaus etwas verstehen können, ohne in der Lage zu sein, es erklären zu können (vgl. Zimbardo 1992, S. 70). Bei der Erforschung der Metakognition zeigt sich, dass eine Diskrepanz besteht zwischen dem, was Kinder über ihre Denkprozesse berichten und dem, was sie im nichtverbalen Verhalten zeigen. Dies lässt darauf schließen, dass Piaget die kognitiven Fähigkeiten von Kindern unterschätzt hat (vgl. ebenda). Theunert ist der Meinung, dass neben den geistigen und sozialen Fähigkeiten auch sogenannte fernsehspezifische Fähigkeiten vom Kind erlernt werden müssen: 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 61

„Um das Fernsehen in adäquater Weise nutzen zu können, müssen die Kinder neben ihren geistigen und sozialen, spezifische fernsehbezogene Fähigkeiten ausbilden“ (Theunert 1995, S. 45). Das Fernsehverständnis steht im engen Zusammenhang mit den kognitiven Fähigkeiten und sozialen Erfahrungen des Kindes (vgl. Fischer 2000, S. 54). Fernsehinhalte und –darbietungs- weisen zu verstehen, markiert demnach eine weitere Entwicklungsaufgabe, die in den übrigen Entwicklungsprozess integriert werden soll (vgl. BLM 2000b, S. 28). Basierend auf Teilen des Modells von Piaget stellt Theunert drei Entwicklungsstufen vor, die die kognitiven, sozial- moralischen und fernsehbezogenen Fähigkeiten ab dem Vorschulalter beinhalten (vgl. Tab. 4).

Tabelle 4 Entwicklungsverlauf der Kinder mit fernsehbezogenen Fähigkeiten104

Alter Kognitive Fähigkeiten Sozial-moralische Fernsehbezogene Fähigkeiten Fähigkeiten

3-6 Denken ist an den Beziehungen werden nur Ausschnitte und Personen unmittelbaren Augenschein egozentrisch betrachtet. werden aufgenommen, wenn gebunden. ein Bezug zum eigenen Ich entdeckt wird.

6-10 An konkreten Beispielen Situationsbezogen wird Inhalte und Personen mit werden verschiedene Aspekte zunächst die Sichtweise eines Bezug zur eigenen Lebens- gedanklich verbunden und direkten Gegenübers welt werden in größeren Handlungsfolgen abgeschätzt. nachvollzogen. Allmählich Handlungskontexten verortet, gelingt es, sich selbst aus der zunächst in Episoden, dann in Warte des Gegenübers zu Geschichten. Sendungen beurteilen. werden zunehmend differen- ziert betrachtet.

10-13 Abstrakte Zusammenhänge Verschiedene Sichtweisen Rezeption ist gebunden an werden begriffen und können von mehreren Menschen eigene Interessen, die über verallgemeinert werden. werden realisiert und können die unmittelbare Lebenswelt gleichzeitig koordiniert hinausreichen. Die formalen, werden. Beziehungen können dramaturgischen und distanziert beobachtet inhaltlichen Dimensionen des werden. Fernsehverständnisses werden ausgeformt.

Dabei gibt die kognitive Stufe des Entwicklungsverlaufs das Niveau an, auf dem das Kind z.B. physikalische Zusammenhänge und logische Probleme versteht. Die Stufe der sozial- moralischen Entwicklung zeigt auf, ob es soziale Beziehungen eingehen und erfassen kann sowie von welchen moralischen Orientierungen es sich dabei leiten lässt (vgl. Theunert 1995, S. 48). Die Moralentwicklung wird als Fähigkeit moralischen Urteils untersucht, die „das Vermögen voraussetzt, verschiedene Perspektiven zu differenzieren und zu koordinieren“ (Sutter 1999, S. 75). Fernsehbezogene Fähigkeiten umfassen den Grad, in welchem Umfang das Kind Fernsehangebote verfolgen, begreifen und beurteilen kann (vgl. Theunert 1995, S. 48). Das Fernsehen nimmt verschieden Sinne gleichzeitig in Anspruch: Sehen und Hören müssen miteinander verknüpft werden. Zudem sind Erzählmuster, Handlungsablauf und die damit verbundenen Botschaften schwer zu erfassen. Der innere Aufbau von Szenen und deren Verknüpfung zu Handlungssträngen müssen von den Kindern nachvollzogen werden können, um sie zu entschlüsseln (vgl. Theunert 1995, S. 46ff.). Entwicklungspsychologisch müssen die

104 vgl. Theunert 1995, S. 49 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 62

Kinder beim Fernsehen drei kognitive Fähigkeiten erlernen: Die Segmentierung des Ereignis- ablaufes in einzelnen Einstellungen, das Konzentrieren auf die wesentlichen Aspekte und Handlungsteile rekonstruieren, die nicht explizit ausgeführt werden (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 58). Die Aufmerksamkeit bei Kleinkindern ist aus entwicklungspsychologischer Sicht in starkem Maße abhängig von der Auffälligkeit des Wahrgenommenen (vgl. ebenda). Schon mit etwa sechs Monaten reagieren Kinder auf verschiedene visuelle und akustische Signale des Fernsehens. Zwei- bis Dreijährige interessieren sich besonders für schnelle visuelle Handlungsabfolgen und Vier- bis Neunjährige für schnelle, aktionsreiche Inhalte (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 55). Bordwell spezifiziert die Entwicklungsstufen anhand der Entwicklung kognitiver Schemata: Personen-, Szenen-, Format- und Narrationsschemata (vgl. Barth 1995, S. 28). Bei jüngeren Kindern in der präoperationalen Phase sind vorerst die Personen- und Szenenschemata relevant (vgl. ebenda). Die tiefere Bedeutung einer Geschichte sowie die Absichten der Protagonisten erschließt sich den Vorschulkindern noch nicht, sie lassen sich von markanten Personen und Figuren faszinieren (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 58). Demnach konzentrieren sie sich auf die vorkommenden Personen (personenorientierte Schemata) und auf die konkrete Umgebung, in denen die Personen handeln (Szenenschemata). „Die phasenweise hohe visuelle Aufmerksamkeit in dieser Altersgruppe kann als Bemühen des Kindes gewertet werden, die fortlaufend auf die Sinnesorgane einwirkenden Reize in irgendeiner Form zu ordnen. Wesentlicher Anker dieser Informationsverarbeitung bildet für Kinder im Vorschulalter zunächst das bloße Wiedererkennen des Gesehenen und dessen Benennung“ (Barth 1995, S. 28f.). Sie verstehen nur lineare, einfach Handlungsstränge (vgl. Schumacher 1998, S. 49). Das Verstehen und Erkennen ist fragmatisch und zufällig (vgl. Barth 1995, S. 29). In diesem Alter interpretieren die Kinder die einzelnen Szenen, jedes Bild als eigene Geschichte und können Rahmenhandlungen nicht als gesamten integrierten Handlungsablauf definieren (vgl. Groebel 1998, S. 63f.). Sie sind zwar in der Lage einzelne Szenen oder isolierte Episoden nachzuerzählen, können aber noch nicht alle Elemente einer Geschichte zu einem Ganzen zusammenfügen (Moser 2000, S. 137). Kinder bis zum neunten Lebensjahr haben Schwierigkeiten damit, Haupt- von Nebenhandlungen oder räumliche wie zeitliche Handlungsabläufe zu unterscheiden (vgl. Rogge 1999, S. 69). So haben die einzelnen Sequenzen einer Handlung für das Kind oft einen stärkeren eigenständigen Aussagecharakter, den Erwachsene so nicht nachvollziehen können, da sie es automatisch im Gesamtkontext einbetten (vgl. Groebel 1998, S. 64). Die Film- und Fernsehdramaturgie, wie das Nebeneinander von hörbaren und visuellen Elementen, stellen hohe Anforderungen an die kindliche Wahrnehmung und Verarbeitung dar. Diese können den Gefühlshaushalt eines Kindes überfordern (vgl. Rogge 1999, S. 83). Im Vorschulalter ist entwicklungsbedingt die Angst vor dem Verlassensein das zentrale Thema (vgl. Jörg 1994b, S. 28ff.). Trailer können z.B. für Kinder zum Problem werden und Ängste hervorrufen, wenn darin zusammenhanglose Ausschnitte aus Filmen für Erwachsene gezeigt werden (vgl. Groebel 1998, S. 64). „Für Kinder sind die zusammengeschnittenen `Highlights` ob des fehlenden Kontextes häufig nicht einordenbar; da sie als `Scharfmacher` fungieren und entsprechend aufregende Szenen ins Zentrum gestellt werden, sind die zusätzlich oft schwer zu verkraften“ (Theunert 1995, S. 154). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 63

Außerdem können Kinder das Programm schwer von der Werbung sowie Fiktion oft nicht von der Realität unterscheiden (vgl. Groebel 1998, S. 61). Fiktion lässt sich für sie lediglich durch äußere, formale Merkmale erkennen wie Musik, Gelächter oder Zeichentrickdarstellung (vgl. Winterhoff- Spurk 2001, S. 59). Für die Vorschulkinder ist ein Unterhaltungsprogramm gleichermaßen real wie eine Nachrichtensendung und die Werbeeinblendung genauso wirklich wie eine Dokumentation, sofern Elemente vorkommen, die sie aus ihrer Lebenswelt kennen (vgl. Groebel 1998, S. 63). Eine deutliche Trennung ist erst im Alter von etwa sieben bis acht Jahren möglich (vgl. ebenda). Medien transportieren nicht nur Informationen und Unterhaltung, sie vermitteln `Welten`. Vermitteln bedeutet hierbei nicht nur Transfer, sondern Konstruktion von Realität, medien- spezifische Gestaltung und Suggestion von Wirklichkeit als objektives Kommunikationsangebot sowie als subjektive Wahrnehmung (Perzeption). Dabei bedingen sich mediale Wirklichkeits- präsentationen und ihre subjektive Übernahme bzw. mentale Verarbeitung wechselseitig (vgl. Kübler 1994a, S. 78). `Welt` meint nach Kübler zugleich Abbilder von Realität, symbolische Kodifikationen, medienspezifische Formate und imaginierte, fiktive Szenarien, und dies jeweils in unzähligen Mischvariationen. Es wird für den Rezipienten jedoch immer schwerer, zwischen existenter Wirklichkeit und der medial vermittelten Realität zu unterscheiden105. Es setzt somit eine hohe Abstraktionshandlung voraus, um die Bilder auf dem Fernsehmonitor als Abbildung zu verstehen (vgl. Kübler 1998a, S. 258). So kann die Kameraeinstellung zu Missverständnissen wie im Fall der vierjährigen Anja führen. Als sie in einem Tierfilm Ameisen in Großaufnahme sieht, erschrickt sie: „Bei uns sind die viel kleiner, sonst könnten die mich ja fressen. So kann ich unsere im Garten zermatschen“ (zit. in Rogge 1999, S. 69). Außerdem dauert es eine Zeitlang, bis sich die Kinder von der Vorstellung lösen, dass sie mit den Figuren am Bildschirm direkt in Kontakt treten können (vgl. Theunert 1995, S. 41). Kinder im Vorschulalter sind häufig davon überzeugt, dass Fernsehfiguren fühlen und handeln wie sie selbst und dass sie vor dem Bildschirm von diesen Figuren gesehen werden können (vgl. Paus-Haase 1998b, S. 92). Sie sind noch nicht in der Lage konsequent zwischen Medienfiguren und Personen, mit denen sie im Alltag Kontakt haben, zu unterscheiden (vgl. Wilhelm 1997, S. 31). Erst im Laufe ihrer Entwicklung erwerben die Kinder Fähigkeiten, mit denen sie die Fernsehwelt differenzierter und umfassender beurteilen können. Fernsehtechniken wie Schnitt, Montage, Zoom, Zeitsprünge und Rückblenden lernen die Kinder erst mit der Zeit zu verstehen (vgl. Paus-Haase 1998b, S. 92). Patricia M. Greenfield bezeichnet die Begabung, visuelle, hörbare und dramaturgische Techniken von Medien zu entschlüsseln und zu deuten als `Viewing Literacy` (vgl. Rogge 1999, S. 69). Basierend auf Greenfields Definition übernimmt Rogge diesen Begriff ins Deutsche und bezeichnet ihn als `Filmlesefähigkeit` (vgl. ebenda). Ab dem achten Lebensjahr und mit Beginn der operationalen Phase nach Piaget werden die Schemata verfeinert. Während vorher die äußere Handlung Ausgangspunkt der kindlichen Wahrnehmung ist, kann das Kind nun komplexere Handlungen verstehen (vgl. Barth 1995, S. 24ff.). Die Kinder sind flexibler im Denken, treffen eigene Schlussfolgerungen und die reizdominierte Fernsehaktivität wird abgelöst durch eine gezielte Informationssuche (vgl.

105 z.B. Realityshows wie Big Brother, die selbst von Erwachsenen schlecht einzuordnen sind 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 64

Winterhoff-Spurk 2001, S. 58). Da das Kind nun selbst in seine soziale Rolle hineinwächst, rückt die Vielfalt mentaler Einstellungen von Personen in den Fokus der kindlichen Aufmerksamkeit (vgl. Fischer 2000, S. 54). Es bewertet und betrachtet Absichten, Motive, Gefühle, Handlungen und die äußeren Merkmale einer Person als Einheit und kann bereits von der eigenen Person abstrahieren (vgl. Schumacher 1998, S. 49). Das Kind ist nun also in der Lage, sich in die Perspektive einer anderen Person zu versetzen und durchschaut Filmtechniken wie etwa Überblendungen oder Zeitsprünge (vgl. Barth 1995, S. 26f.). Während der Werbeeinblendung sind diese Kinder weniger aufmerksam und nutzen das Medium Fernsehen verstärkt als Informationslieferant (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 59). In dieser Phase seiner Entwicklung eignet sich das Kind sogenannte Format- und Narrationsschemata an (vgl. Barth 1995, S. 29f.). Das Format- schemata umfasst das Genrewissen des Kindes, es kann bestimmte Ereignisfolgen und Handlungsmuster erkennen und hat ein besseres Verständnis der Sendung. So kann es zwischen Fiktion und Realität besser unterscheiden (vgl. Schumacher 1998, S. 49). Das Narrations- schemata ermöglicht dem Kind, die Gesamtdramaturgie von Fernsehsendungen zu verstehen (vgl. Barth 1995, S. 29f.). Ab dem zehnten bis zwölften Lebensjahr beginnt das Kind deduktiv zu denken und stellt eigene Hypothesen auf, um sie wiederum zu überprüfen. Die Akteure im Fernsehen werden auf abstrakter Ebene miteinander in Beziehung gesetzt und Konflikte sowie die Position aller Beteiligten sind für das Kind durchschaubar (vgl. Schumacher 1998, S. 51). Es kann in diesem Alter mehrere Aspekte von Situationen erfassen und reflektieren (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 59). Die Phase der formalen Operation lässt das Kind je nach Filmformat, Rezeptions- kontext und Umfang persönlichen Modells ein vielfältiges Rezeptionsverhalten zeigen (vgl. Barth 1995, S. 30). Hierfür ist nach Bordwell das erworbene Situationsmodell verantwortlich (vgl. ebenda). Dieses Modell beinhaltet das persönliche Modell und das Kontextmodell: Das persönliche Modell repräsentiert persönliches Wissen, Erfahrungen, Meinungen und Bewertungen des Individuums. Situationsmodelle verbinden mittels Schemata diese persönlichen Wissensbestände einerseits mit den Inhalten aus dem Fernsehen und andererseits mit den jeweiligen Einstellungen und Wissensbeständen des Rezipienten (vgl. Barth 1995, S. 29). Auf der Suche nach der eigenen Identität ist die Perspektive der Kinder nicht mehr auf konkrete Personen zentriert, sondern vielmehr auf allgemeinen Handlungsoptionen (vgl. Schumacher 1998, S. 51). „Sie beschäftigen sich schon auf abstrakter Ebene mit ethisch-moralischen Fragen und allgemeinen Themen wie z.B. soziale Beziehungen, globalen Phänomenen und ihren Ursachen [...]“ (ebenda). Das Kontextmodell hat die Aufgabe, mentale Repräsentation an die jeweils aktuelle Rezeptionssituation zu adaptieren. Das bedeutet, dass das Kind z.B. Kommentare und Bewertungen der Eltern oder Freunde zu einer Filmhandlung registriert und dies dann Einfluss nimmt auf seine eigene Rezeption (vgl. ebenda). „Da die soziale Umgebung, in der ein Kind fernsieht, zu einem nicht unerheblichen Teil dessen Einstellung und Bewertung gegenüber dem Fernsehen sowie verschiedenen TV- Genres mitbestimmt, und deren Niederschlag im Kontextmodell die Grundlage für eine dekontextualisierte und generalisierte, dauerhafte Repräsentation im Langzeitgedächtnis bildet, sind der gemeinsamen Herstellung und Aufrechterhaltung einer Rezep- tionssituation durch das Kind und seine Partner wichtige Größen für den Erwerb medienspezifischer Kenntnisse und Schemata“ (Barth 1995, S. 29f.). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 65

Durch Zuordnung der elterlichen Kommentare kann also das Kontextmodell wichtige Verstehens- und Bewertungshilfe sein und das Format- sowie Narrationsschema beim Kind fördern (vgl. ebenda). Bachmair ist der Meinung, dass die Rolle des Fernsehens vom „Muster der individuellen Erlebnis- und Handlungswelt“ (1998a, S. 85) der Kinder abhängt. Die schema- und wissens- basierte Fernsehinterpretation der Kinder umfasst demnach eine allgemeine kognitive Entwick- lung, die soziale Umgebung und die Interessen des Kindes. Dieses allgemeine Modell von Bordwell gibt einen Überblick über die vorgestellte kognitive Organisation für ältere Kinder, in der verschiedene rezeptionsrelevante Themenbereiche spezifiziert und durch Relation miteinander verbunden werden (vgl. Abb. 23).

Abbildung 23 Schema- und wissensbasierte Fernsehinterpretation nach Bordwell106

Die Zielgruppe Kinder stellt demnach eine heterogene Gruppe dar, die laut Löhr beim Programmgestalten beachtet werden sollte. Jener Mannigfaltigkeit sollten Kindersendungen Rechnung tragen, denn die jüngsten der kindlichen Zuschauer wollen und brauchen andere Inhalte und Formen als die ältesten dieser Zielgruppe (vgl. Löhr 1995, S. 56ff.). Sutter steht auf dem Standpunkt, dass Kinder Medienangebote aktiv für die eigene Entwicklung nutzen können (vgl. Sutter 1999, S. 80). Eine Vielzahl an Serien und Filmen greifen Alltagserfahrungen auf und bieten den Kindern gefühlsmäßige Identifikationen. Jedoch fliehen vielsehende Kinder in multimediale Welten, wenn ihre Umwelt Kreativität, Fantasie und Träume nicht mehr zulässt (vgl. Rogge 1999, S. 12). „Besorgniserregend ist für mich“ - so Rogge - „die Kluft zwischen jenen Kindern, die mehr oder minder bewusst mit dem Fernsehen, ja dem Medienangebot insgesamt umgehen, und jenen, die in mediale Traumwelten fliehen“ (ebenda). Um mit Problemen zurecht zu kommen, flüchten sich Kinder oft in phantastische Welten und „versuchen, sich im Spiel langsam an die Lösung der (Entwicklungs-) Aufgabe heranzuwagen“ (Fischer 2000, S. 53). Die Fantasie bildet hierbei eine wichtige Verbindungsfunktion zwischen Selbst und Realität (vgl. ebenda). Vor allem die soziale Situation der Kinder gewinnt bei der Beurteilung der Realitätsfrage eine zentrale Funktion. Isolierte Kinder tendieren eher als gesellige dazu, Fernsehinhalte für real zu halten (vgl. Paus-Haase 1998b, S. 93).

106 vgl. Barth 1995, S. 30 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 66

4.2.2. Motive des Fernsehkonsums Die Nutzungsdaten zeigen, dass für Kinder das Medium Fernsehen eine zentrale Stelle in ihrem Alltag einnimmt. Ihre Motive für den Fernsehkonsum sowie ihre Bedürfnisse im Hinblick auf das Fernsehen und die Funktionen, die das Medium für sie erfüllen kann, müssen erkannt werden, um die Sichtweise der jungen Zuschauer zu verstehen. Dies ist nicht einfach, da Kinder „vermutlich noch weniger als Erwachsene darüber nachdenken und Auskunft geben können, welche Bedürfnisse sie mit der Rezeption eines bestimmten Mediums oder einer bestimmten Programmsparte befriedigen” (Charlton 1992, S. 51). Dadurch bleiben viele Antworten auf die Frage nach Motiven und Bedürfnissen unbeantwortet. Neben Alter, Geschlecht und entwicklungs- bedingten Persönlichkeitsmerkmalen sind die Motive zum Fernsehkonsum von einer Menge weiterer individueller Faktoren abhängig, wie z.B. dem sozialen Umfeld (vgl. Fischer 2000, S. 226). Demnach sind sie einer großen Variabilität unterworfen und können nicht durch eine einfach `Ursache-Wirkungs-Beziehung` dargestellt werden. Nichtsdestotrotz gibt es eine Reihe von Motiven, die im Zusammenhang mit dem kindlichen Fernsehkonsum stehen und deswegen im folgenden Erwähnung finden sollen. Gemeinsam mit den kindlichen Fernsehumgangsweisen können diese Hintergründe Hinweise darauf geben, welche Ansprüche Kinder haben und somit wie Kinderfernsehen qualitativ gestaltet sein sollte, um von seiner Zielgruppe akzeptiert zu sein. Ihr Umgang mit dem Bildschirmmedium zeigt, „welche Erwartungen und Wünsche sie an das Fernsehen und seine Angebote richten, aber auch was ihnen Schwierigkeiten bereitet und welche Ansprüche sie aufgrund dessen an das Fernsehen haben” (Theunert 1995, S. 95). Die Fernsehlandschaft bietet den Kindern Erfahrungsmöglichkeiten, denen die jungen Rezipienten mit ihren „Bedürfnissen nach Sinneserregung und Erkundung, nach Sicherheit und Ordnung, nach Zugehörigkeit und Liebe, nach Achtung und Geltung, nach Verstehen und Selbstverwirklichung“ (Tulodziecki 1998, S. 535) begegnen. Ein Grundmotiv für den kindlichen Fernsehkonsum ist die Neugier. Kinder scheinen sich von allem, was sie noch nicht kennen angezogen zu fühlen. Die Neugier ist mit vielen anderen Motiven verwoben. Neben ihr sind Vermeidung von Langeweile und Ablenkung die am häufigsten genannten Gründe für den Fernsehkonsum von Kindern (vgl. Groebel 1994, S. 24f.). Die Befriedigung dessen erreichen Programme, wenn sie zum einen dem kindlichen Unterhaltungs- und Spannungsbedürfnis genügen (vgl. ebenda). Die kindliche Nutzung von Fernsehunterhaltung ist primär mit dem Wunsch verknüpft, Langeweile zu umgehen. Kinder in reizarmen Situationen erwarten vom Fernsehen eine gewisse Anregung ihrer Erlebniswelt. Langeweile ist das bei allen Kindern am weitesten verbreitete Motiv zum Fernsehen (vgl. Fischer 2000, S. 228). Fernsehunterhaltung hat eine Eskapismus-Funktion, was bedeutet, dass sie zur Vermeidung oder zur Ablenkung von belastenden Situationen dient: Die Flucht in die andere, leicht fassbare Fernsehwelt lenkt von den Schwierigkeiten des Alltages ab, denn im Gegensatz zur Realität löst sich in der ‘schönen Welt des Fernsehens’ am Ende alles zum Guten (vgl. Theunert 1995, S. 64ff.). „Durch das Fernsehen versuchen sich Kinder auch einer schönen, freundlichen und menschlichen (Um-) Welt zu versichern und sich somit emotional zu entlasten; insbesondere dann, wenn sie schlechte Erfahrungen gemacht haben“ (Fischer 2000, S. 61). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 67

Aus diesem Grunde sind dem jungen Publikum die in den meisten Geschichten des Kinderfernsehens vorkommenden Happy-Ends so wichtig. Kindern suchen zum einen Hilfen und Anregungen für die Bewältigung aktueller Erfordernisse und Probleme, und zum anderen Modelle und Vorbilder für ein richtiges und erfolgreiches Handeln, was nicht nur ihr jetziges, sondern auch ihr zukünftiges Leben betrifft (vgl. Theunert 1995, S. 77ff.). Das Fernsehen dient dort als Orientierungshilfe, wo unmittelbare Erfahrungen verwehrt sind: Stadtkinder haben z.B. die Möglichkeit durch die Sendung Neues aus Uhlenbusch das Leben auf dem Land kennen zu lernen, und Landkinder können durch die Rappelkiste eine Einblick in die Lebenswelt von Stadtkindern gewinnen (vgl. Haen 1986, S. 141f.). Doch der Fernseher kann die Realität nur nachzeichnen. „Alles, was aus dem Fernsehen kommt, ist Kost aus zweiter und dritter Hand. [...] Die im Programm präsentierte Umwelt ist nicht natürlich. Sie ist konstruiert und künstlich – geschnitten und nachvertont – auch bei den sogenannten Umweltsendungen“ (Tarnow 1998, S. 261). Für viele Kinder sind die Bindung und die Orientierung an Fernsehpersonen von großer Bedeutung, weil es für sie laut Klingler in ihrer eigenen Lebenswelt kaum zuverlässige Bezugspersonen gibt (vgl. Klingler 1994, S. 219f.). Ist dies der Fall, so entwickeln sie eine sehr intensive Beziehung zu Fernsehfiguren. „In manchen Fällen bauen Kinder, insbesondere solche, die sonst nicht so viel Kontakt zu Gleichaltrigen haben, `parasoziale Beziehungen` zu den Fernsehfiguren auf“ (Fischer 2000, S. 60f.). Spätestens ab dem Grundschulalter hat das Fernsehen für Mädchen andere Orientierungs- funktionen als für Jungen: Generell suchen sie eher weibliche Identifikationsfiguren, in denen sie Aspekte der traditionell weiblichen Geschlechtsrolle wiederfinden. Die Identifikationsfiguren des männlichen Nachwuchses verkörpern vermehrt durchsetzungsstarke Handlungskonzepte, zumal Jungen Fernsehen zum Teil als “Mutprobe” betrachten (vgl. Bachmeier 1998, S. 104 u. Theunert 1992, S. 75-86). Zur persönlichen Identitätsfindung der Kinder kann das Fernsehen nur eine latente Rolle einnehmen (vgl. Fischer 2000, S. 229). Die Befriedigung des Spannungs- bedürfnisses wird ebenfalls in Unterhaltungsprogrammen gesucht und umfasst ein Erleben intensiver Gefühle (vgl. Fischer 2000, S. 60). Kinder brauchen eine Welt in Aktion, in Spannung und Bewegung. Wenn dieses Bedürfnis in ihrem Alltag nicht ausreichend befriedigt wird, ist das Unterhaltungsangebot im Fernsehen für sie eine Möglichkeit, die fehlende Anregung zu kompensieren (vgl. Theunert 1995, S. 67ff.). Das Spannungsbedürfnis variiert jedoch nicht nur mit dem Alter, es ist einer geschlechtsspezifischen Variation unterlegen: Der männliche Nachwuchs wird eher durch den Konsum von Actionsendungen befriedigt, während Mädchen körperliche Gewalt – die häufig Bestandteil von Actionsendungen ist – ablehnen und die Befriedigung ihres Spannungsbedürfnisses mehr in Geschichten suchen, die soziale Ereignisse und Begegnungen zum Inhalt haben (vgl. Groebel 1994b, S. 24f.). Die Unterhaltungslust der jungen Fernseh- zuschauer ist zudem mit dem Wunsch nach der sogenannten Angstlust und einer harmonischen Auflösung von bedrohlichen Situationen verbunden (vgl. Theunert 1995, S. 68ff.). Das Erleben intensiver Gefühle umfasst demnach nicht nur lustige, spannende Inhalte, sondern ein negatives Erleben von Trauer und Angst (vgl. Fischer 2000, S. 60). Dies wird durch den dramaturgischen Aufbau der meisten Unterhaltungssendungen erfüllt: Ein Akteur – mit dem sich das Kind 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 68 identifiziert – gerät in Gefahr. Am Ende der Geschichte kann er sich jedoch wieder befreien bzw. wird befreit (vgl. Theunert 1995, S. 97f.).

Das Beispiel Die Pfefferkörner Die Kinderserie Pfefferkörner erfüllt das kindliche Bedürfnis nach Spannung, Gemeinschafts- gefühl, Humor, Lebensmodellen und Happy-End. Sie wird seit 1999 auf dem Ki.Ka und der ARD ausgestrahlt und handelt von fünf Freunden, die gemeinsam einige Abenteuer in Hamburg bestehen (vgl. Filmförderung Hamburg 1999, S. 5). Das Konzept richtet sich an Acht- bis Zwölfjährige. Im Zentrum jeder Folge steht eine abgeschlossene, spannende Kriminalgeschichte, die die fünf Pfefferkörner gemeinsam lösen (vgl. Abb. 24).

Abbildung 24 Die Pfefferkörner107

Themen sind dabei u.a. Tierschutz, Jugendbanden, Umweltsünder, erster Liebeskummer oder Streit mit den Eltern (vgl. Mestre 1999, S. 3). „Um viele Themen, die Kinder von sich selbst und ihren Freunden kennen, die spannend sind, mal zum Lachen reizen, die das Herz bewegen und zum Schluss doch immer wieder Mut machen zur Fröhlichkeit. Egal, ob sie in einen Fall hineinstolpern oder intuitiv ein Abenteuer wittern – mit sensiblem Gespür für Recht und Unrecht folgen die Pfefferkörner ihrem Verdacht. Selbst aktiv zu werden, bringt Spaß, schafft Selbstbewusstsein und das wachsende Gefühl von Unabhängigkeit“ (ebenda). Normale Probleme der Kinder und ihre Lebensumstände werden thematisiert, z.B. der Verlust eines geliebten Haustieres oder die Scheidung der Eltern. Die Protagonisten sind drei Mädchen und zwei Jungen zwischen acht und zwölf Jahren, die jeweils für einen speziellen Kindertyp sowie einer anderen Biografie stehen und mit denen sich die Rezipienten identifizieren können.

Kinder haben neben dem ausgeprägten Unterhaltungsbedürfnis ein Bedürfnis nach Information, welches eng mit der kindlichen Neugier verbunden, im Gegensatz dazu aber zielgerichtet ist (vgl. Theunert 1995, S. 70). Für die Befriedigung des Informationsbedürfnisses ist das Fernsehen eine mögliche Quelle. Die Informationen müssen jedoch nach Theunert in ‘kindgerechter’ Form dargeboten sein:

107 vgl. http://www.pfefferkoerner.de (24.09.02) 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 69

“Mit ausführlichen Erklärungen, die sie verstehen können, anschaulich, aber nicht betulich präsentiert, sachlich aber nicht trocken vorgebracht. Und wenn es zwischendrin etwas zum Schmunzeln oder Lachen gibt, schätzen sie das besonders” (Theunert 1995, S. 98). Das zielgerichtete kindliche Informationsbedürfnis ist stark altersabhängig. So steht bei den Vorschulkindern der Erwerb von Wissen über Erscheinungsweisen und Erklärungen über ihre Umwelt im Vordergrund. Daher sind bei ihnen Magazine wie Die Sendung mit der Maus, die u.a. die Funktionsweisen von alltäglichen Gebrauchsgegenständen und Phänomenen erklärt, sehr beliebt (vgl. Schumacher 1998, S. 49). Ältere Kinder hingegen haben sich bereits ein größeres Fakten- und Funktionswissen angeeignet. Sie sind nun daran interessiert, dieses Wissen zu strukturieren, und Verbindungen zwischen den einzelnen Wissensbestandteilen herzustellen. Dabei kann wiederum das Fernsehen Hilfestellung geben, jedoch nicht nur mit Informations- sendungen, sondern gleichfalls mit fiktionalen Programmen. Kinder suchen im Fernsehen zudem Wissen über das Alltagsleben, welches ihnen hilft, ihr tägliches Leben zu gestalten. Bei den Älteren kommt zusätzlich ein Interesse an Weltwissen hinzu, da für sie nicht mehr nur ihre unmittelbare Umgebung wichtig ist. Sie beginnen nunmehr, sich mit der ‘Erwachsenenwelt’, wie z.B. gesellschaftlichen Phänomenen, zu beschäftigen. Ein Interesse an den Grenzen der Wirklichkeit und des Möglichen, tritt verstärkt bei älteren Kindern auf (vgl. Theunert 1995, S.72- 77). Eine aktive Motivation, etwas vom Fernsehen zu lernen, scheint aber laut Fischer eher für Kinder aus dem gehobeneren sozialen Milieu von Bedeutung zu sein (vgl. Fischer 2000, S. 229). Die sozialen Rahmenbedingungen, insbesondere das familiäre Umfeld der Kinder, hat einen erheblichen Einfluss auf den kindlichen Fernsehkonsum und die Fernsehmotive. Die elterliche Fernsehrestriktionen, Wohnverhältnisse, Freizeitverhalten, Tagesablauf, Freundeskreis, Familien- form sowie der Stellenwert des Fernsehens für die Eltern und Geschwister stehen im engen Zusammenhang mit dem quantitativen und qualitativen Fernsehkonsum (vgl. Fischer 2000, S. 227). So ist z.B. ein wichtiges Motiv der Kinder fernzusehen, um mit der Familie zusammen zu sein. „Häufig ist das gemeinsame Fernsehen habitualisiert, das allabendliche Fernsehen `Ritual`“ (Fischer 2000, S. 228). Dabei ist auffällig, dass das gemeinsame Fernsehen dazu führt, dass Fernsehinhalte konsumiert werden, die nicht unmittelbar zu den Programmpräferenzen der Kinder zählen oder nicht für sie geeignet sind (vgl. Fischer 2000, S. 213).

4.2.3. Rezeptionsverhalten Kinder sind selbstverständlich in der Lage, Fernsehprogramme je nach Stimmungslage auszuwählen (vgl. Groebel 1998, S. 62). Die Programme, bei denen sie sich nicht ernst genom- men fühlen, schalten sie gezielt ab (vgl. Rogge 1999, S. 31). Bei hohem Anregungsbedürfnis wählen sie aufregende Sendungen mit schnellem Schnitt und bei niedrigem, tendieren sie eher zu Sendungen, die beruhigend wirken (vgl. Groebel 1998, S. 62). Ein Film wird von Kindern nicht nur gesehen, sondern ganzheitlich erlebt. Je mehr Sinne ein Film anspricht, desto intensiver nimmt er das Kind emotional ein (vgl. Rogge 1999, S. 41). Das rationelle Erfassen eines Films oder einer Sendung ist für Vor- und Grundschulkinder unwichtig. Das emotionale Erleben eines Film oder einer Serie steht viel stärker im Vordergrund als das Verstehen (vgl. Neuß 2000, S. 222). Die kindliche Wahrnehmung stellt eine gefühlsbetonte Aktivität dar, bei der das psychische Erleben körperlich ausgelebt wird (vgl. ebenda). Während des TV-Konsums ist die Aufmerksamkeit nicht in 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 70 erster Linie auf den Bildschirm gerichtet, sondern es werden Umgebungsreize von den jungen Zuschauern permanent wahrgenommen (vgl. Groebel 1998, S. 63). Rogge hat über Gespräche mit Kindern herausgefunden, wie sie sich selbst während des Sehens erleben: „Da bin ich richtig mitgegangen!“ „Ich habe gezittert“ „Feuchte Hände habe ich gehabt“ „Mit den Füßen habe ich getrampelt und in die Hände geklatscht“ (zit. in Rogge 1999, S. 70). Kinder lachen, schreien und kommentieren einen Film. Sie ahmen die Mimik und Gestik von Helden und Heldinnen nach, sie übernehmen deren Bewegungen und lassen sich von den Gefühlen anstecken. Der Film macht etwas aus dem Kind, aber das Kind macht daraus genauso seinen eigenen Film, sein ganz persönliches Erleben (vgl. ebenda). Die Kinder `komponieren` sich aus dem Angebot ihre eigene Sendung zusammen (vgl. Groebel 1998, S. 63). Das Filmerleben der Kinder kann nach Rogge als ganzheitliches Empfinden, eine körperlich-seelische Einheit bezeichnet werden. Es wird durch das Hören aufgebaut. Im Gegensatz zu den Erwachsenen werden Geräusche und Musik von Kindern weniger distanziert wahrgenommen als optische Reize (vgl. Rogge 1999, S. 41). Auch spüren Kinder eher als Erwachsene die Schallwellen über die Haut und die Knochen, so dass „manch helle Töne [...] eine Gänsehaut“ hervorrufen, „während die dunklen Töne in die Knochen gehen“ (Rogge 1999, S. 43). Beim Hören liegt der Schwerpunkt laut Rogge auf dem Gefühl, beim Sehen überwiegen hingegen Klarheit und Rationalität. Er möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: „Wenn man in einem dunklen Zimmer ein unbekanntes Geräusch hört, macht man das Licht an, um sich Eindeutigkeit und Distanz zu verschaffen“ (Rogge, 1999, S. 42). Viele Kinder halten sich daher bei spannenden Szenen zuerst die Ohren zu, dann die Augen oder verlassen den Raum, um sich vollends zu distanzieren. Bei Erwachsenen ist dies andersherum: Sie würden sich zuerst die Augen zuhalten, da sie mehr visuell bewerten (vgl. Rogge 1999, S. 42f.). Erwachsene und Kinder nehmen demnach Filme und Sendungen unterschiedlich wahr. Zudem beurteilen Kinder Handlungen inhaltlich nicht nach einem „erwachsenen“ Maßstab, sondern ausschließlich in Bezug auf ihr eigenes Ich, ihr Empfinden und sozialen Bindungen (vgl. Brungs 2000, S. 31). Sie nehmen Handlungen selektiv wahr. „Wenn sie sich also von einer Szene besonders angesprochen fühlen, dann durchleben die Kinder das Filmgeschehen, als wären sie in die entsprechende Szene integriert. Ihre Freude und Angst, ihr Schaudern, ihr Ekel oder ihre Traurigkeit sind ernsthaft, wirklich und echt“ (Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 25). Die angstmachende Wirkung, die vom Fernsehen ausgeht, wird von Erwachsenen daher oft falsch eingeschätzt. Kinder ängstigen sich bei anderen Szenen, als Erwachsene vermuten oder bleiben dabei erstaunlich gelassen (vgl. Brungs 2000, S. 30f.). Was folglich für Erwachsenen bei einer Fernsehsendung ein Problem sein kann, muss für Kinder keins darstellen, weil sie es übersehen. Andererseits kann etwas für ein Kind eine gefühlsmäßige Belastung sein, was die Eltern gar nicht bemerken (vgl. Rogge 1999, S. 43). Rogge unterscheidet drei verschiedene Beteiligungsgrade der kindlichen Rezeption (vgl. ebenda): 1. Phase der intensiven Beteiligung und Abwendung 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 71

Intensive Beteiligung und Abwendung findet wechselseitig statt. Häufig bei kleineren Kinder, die einer Sendung intellektuell nicht gewachsen sind oder bei Kindern, die ein Thema gefühlsmäßig nicht aushalten. 2. Phase des intensiven Mitgehens / aktives Beteiligtsein Eine hohe Aufmerksamkeit der Kinder, ohne völlig in den Bann gezogen zu sein. Die Kinder sind mit allen Sinnen aktiv beteiligt, sie kommentieren Handlungen, drücken Gefühle aus und ihre Körperhaltung zeigt, wie intensiv sie mitgehen. 3. Phase des Mitfühlens Die Kinder reagieren weniger auf Ansprache von Außen und leben in ihrer eigenen Gefühlswelt. Nebentätigkeiten, Kommentare und Sprache treten in den Hintergrund. Die intensivste Zuwendung äußert sich in einem Gebannt- und Überwältigtsein. Meist steigt die Pulsfrequenz an und der Atem stockt oder beschleunigt sich. Die Augen werden weit aufgerissen und der Mund steht offen.

KOMMENTAR: Die verschiedenen Phasen und Beteiligungsgrade vermischen sich und wechseln naturgemäß bei den Kindern von Situation zu Situation und die Phasen sind selbst auch in verschiedenen Abstufungsgraden zu beobachten. So sind in der Phase des intensiven Mitgehens zeitweise auch Anzeichen der dritten Phase bei den Kindern zu beobachten, wie z.B. das Rezipieren mit einem halboffenen Mund (vgl. Abb. 25).

Abbildung 25 Der fünfjährige Jannik beim Rezipieren mit halboffenem Mund und aufrechter Sitzhaltung108

Und während derselben Rezeptionssendung wiederum Abwendung bzw. Entspannung des gesamten Körpers zu beobachten (vgl. Abb. 26). Dieser Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung kann u.a. mit der Dramaturgiegestaltung der Sendung zusammenhängen. So gibt z.B. eine Wellendramaturgie den jungen Zuschauern innerhalb einer Sendung immer wieder Zeit, sich zu entspannen.

Die körperlichen Bewegungen während des Fernsehens zeigen den Eltern, was in den Kindern vor geht (vgl. Rogge 1999, S. 70). Sie beugen somit unbewusst einer Übererregung vor, fühlen

108 Foto: Wladkowski, 2001 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 72 sich von dem, was sie dort gerade sehen, zu sehr beansprucht und `klinken` sich daher aus dem Film oder der Sendung aus (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 32).

Abbildung 26 Jannik, fünf Jahre, beim Rezipieren in entspannter Körperhaltung und mit geschlossenem Mund109

Ein anderer Gesichtspunkt ist die sogenannte Aufmerksamkeitsträgheit. Anderson hat herausgefunden, dass ein Programm, das ein Kind in den ersten zehn Sekunden fesselt, mit immer größerer Wahrscheinlichkeit weiterhin für Aufmerksamkeit sorgt (vgl. Groebel 1998, S. 63). Es wird hierbei von einer Art Sogwirkung gesprochen, die auch bei Erwachsenen beobachtet wird (vgl. ebenda). „Zwar kann man hier noch nicht von einer Suggestiv- oder Hypnosewirkung des Fernsehens sprechen, doch immerhin ist festzustellen, dass eben auch die bereits angesprochenen Umweltreize zunehmend ausgeklammert werden“ (Groebel 1998, S. 63). Fischer hat festgestellt, dass hinsichtlich der Rezeptionsweise die Wenigseher dem Fernsehen während der Rezeption mehr Aufmerksamkeit schenken, als Vielseher. Bei diesen ist der Aufmerksamkeitsgrad abhängig vom Inhalt der Sendung (vgl. Fischer 2000, S. 229). Im Hinblick auf die Rezeptionssituation muss unterschieden werden, ob das Kind alleine fernsieht oder mit anderen. Nur selten konsumieren Kinder Sendungen alleine, meistens sind Geschwister und abends häufig die Eltern dabei (vgl. Fischer 2000, S. 199). Kindern geht es mehr um das Erleben von Sendungen als um das Verstehen. Sie verlangen nach den ihnen bekannten und vertrauten Strukturen, nach dem Helden, von dem sie wissen, dass er trotz aller Gefahren am Ende siegt. Nur, weil sie ihre filmischen Formate kennen, können sie sich auf das Filmerleben einlassen. Dazu gehört das Wissen um das Happy-End und, dass sich in Cartoons, Tierfilmen oder Krimis alles zum Erträglichen wendet. Ansonsten würden die Angst, die gefühlsmäßige Überforderung und die Verunsicherung dominieren (vgl. Rogge 1999, S. 70).

Das Beispiel der Teletubbies Die Teletubbies ist eine Vorschulserie, die seit 1999 in Deutschland zu kontroversen Diskussionen führt:

109 Foto: Wladkowski, 2001 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 73

„Das ist Fernseh-Folter für Erwachsene, ein guter Gag für Schulkinder, von denen sich viele mittlerweile spaßeshalber mit einem gesäuselten `Winke winke` verabschieden, und ein netter, harmloser Spaß für Windelträger“ (Maus 2000, S. 38). Am Beispiel der Teletubbies (vgl. Abb. 27) hat das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) eine Studie im Jahr 1999 durchgeführt, in der das Rezeptions- verhalten der Vorschulkinder während der Teletubbies-Sendungen im Vordergrund steht (vgl. Götz 2001, S. 93). Diese hat gezeigt, dass die Kinder während der Rezeption äußerst aktiv sind: Sie reden, erklären und kommentieren Szenen, sie bewegen sich, winken, tanzen und springen (vgl. Götz 2001, S. 103). Nach Götz sind die Grundlagen hierfür in der spezifischen Gestaltung der Sendung zu finden. Der Ablauf ist immer gleich, zuerst gibt es den Vorspann, der mit den Worten eines Erzählers beginnt: „Hinter den Hügeln und keinem bekannt, hier liegt das Teletubby-Land“ (vgl. Neuß 2001, S. 7). Dann geht die Sonne auf, die das Gesicht eines Babys trägt und die Teletubbies erscheinen gemeinsam mit dem Eröffnungslied (vgl. Höller 2001, S. 53).

Abbildung 27 Die vier Teletubbies: Tinky Winky, Dipsy, Laa Laa und Po110

Es folgt eine kleine Geschichte im Teletubby-Land und danach gibt es ein Auswahlverfahren, bei dem einer der Teletubbies ausgewählt wird, um den kommenden Film zu zeigen. Dies findet auf dem Bildschirm seines Bauches statt. Die Kinder nutzen diese Situation gern, um mit ihrer Familie zu raten, wer von den vier Teletubbies diesmal ausgewählt wird (vgl. Götz 2001, S. 97f.). „Ein Viertel der gesamten Sendung ist vom Ablauf nahezu gleich, es ändert sich nur die jeweilige Figur, die herausspringt, auf deren Bauch der Film zu sehen ist [...]. Kinder lieben derartige Spiele, bei denen immer wieder das Gleiche geschieht, sich nur weniges ändert und die Wahrscheinlichkeit für ein Erfolgserlebnis hoch ist.“ (Götz 2001, S. 98). Nach dem Auswahlverfahren folgt die Bauchgeschichte, die als Einspielfilm doppelt hintereinander gezeigt wird. Im Mittelpunkt dieser Einspieler stehen immer Kinder im Vorschulalter, also der Zielgruppe entsprechend, die aktiv etwas machen wie basteln, spielen, singen oder tanzen (vgl. Götz 2001, S. 100). Die Wiederholung des Einspielfilms während einer Folge, soll dem Wunsch der Kinder nach Wiederholung nachkommen und ihren verschiedenen Sinneseindrücken Zeit zur Koordinierung geben (vgl. Gangloff 2000, S. 34). Das soll nicht nur das Verstehen des Gesehenen

110 vgl. http://www.tvshows.de/teletubbies/tubby-gallery3/gallery.htm (30.05.01) 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 74 steigern, sondern auch das Selbstbewusstsein, da die Kinder beim zweiten Sehen des Films Dinge wiedererkennen können und Erfolgserlebnisse empfinden (vgl. ebenda). „Denn genauso wie sie wieder und wieder die gleichen Kassetten hören oder zum zehnten Mal dieselbe Geschichte erzählt bekommen möchten, genauso lieben sie es, eine Sendung öfter anzusehen, dabei neue Facetten zu entdecken, Unverstandenes zu begreifen, Handlungsmuster zu durchschauen“ (Theunert 1995, S. 155). Danach finden sich die Kinder im Teletubby-Land wieder, in dem nun eine größere Geschichte mit den vier Teletubbies gezeigt wird. Diese spielen Ball, fahren Roller, singen oder tanzen, was den Spielvorlieben der Zielgruppe entspricht (vgl. Höller 2001, S. 47). Daraufhin folgt eine Animationssituation, bei der die Teletubbies tanzen und ausgelassen sind. Diese Bewegungen der Figuren faszinieren die Kinder, sie versuchen, diese nachzuahmen. Im Mittelpunkt steht hierbei laut Götz das lustvolle Erleben des eigenen Körpers. Die Bewegungen der Teletubbies kommen dem kindlichen Körpergefühl dabei sehr nahe. „In den Teletubby-Bewegungen geht es nicht darum, `den Bauch einzuziehen` oder Bewe- gungsfreude zu disziplinieren. Die Teletubbies machen es vor: Jeder kann sich so bewegen, wie er oder sie dazu Lust hat“ (Götz 2001, S. 95). Danach folgt die Verabschiedung mit winkenden Teletubbies und untergehender Sonne. Die Symbolik der auf- und untergehenden Sonne markiert laut Höller und Müller einen festgelegten Zeitraum mit klarem Beginn und Ende (vgl. Höller 2001, S. 53). Der Aufbau der Sendung spricht die Kinder – so Götz – auf verschiedene Weisen an und laden sie ein, sich jeweils unterschiedlich einzubringen (vgl. Götz 2001, S. 104). Die einfachen Handlungsstränge ohne Nebenschauplatz und die wiederholten Einspieler mit langen Bildeinstellungen sowie sprachlich und musikalisch ruhige Gestaltung, motivieren die Kinder zum Nachsprechen und aktiven Mitmachen (vgl. Höller 2001, S. 51ff.). Durch wiederkehrende direkte Ansprache, entstehen Räume zum Mitmachen, Mitdenken und Vorausdenken (vgl. Götz 2001, S. 105). Die ritualisierenden Elemente und Spiel- szenen bieten den Kindern Sicherheit und Orientierung (vgl. Höller 2001, S. 57). Anhand einer Grafik werden die typischen Momente der Rezeptionssituation dargestellt (vgl. Abb. 28). Es zeigt sich, dass schon ein- bis zweijährige Kinder Gefallen an den Teletubbies finden. Besonders interessiert sind sie an den bunten Figuren, die sie laut Götz aufgrund ihrer einfachen, einfarbigen Gestaltung gut aufnehmen und wiedererkennen können (vgl. Götz 2001, S. 107). Zudem entsprechen Körperform, Bewegung und Sprache dem Bewegungsablauf und Körperwahrneh- mung der Zielgruppe. Sie identifizieren sich mit den Teletubbies aufgrund ihres kleinkindhaften Aussehens und Verhaltens (vgl. Höller 2001, S. 44 u. 47). Gangloff ist der Meinung, dass die Teletubbies für Vorschulkinder problemlos zu verarbeiten sind und Anregungen zum Mitmachen bieten (vgl. Gangloff 2001, S. 32). Die inhaltliche Gestaltung der Sendung hat keine Angst auslösenden Elemente und Gewalt oder Spannung bleiben außen vor (vgl. Höller 2001, S. 52). Die Serie soll den Kindern Zeit zum Verarbeiten geben und entspricht seiner Meinung nach „perfekt kindlichen Wahrnehmungsfähigkeiten“ (ebenda). Die ruhige, langsame Gestaltung, die vielen Wiederholungen lassen den Kindern Zeit, sich zwischenzeitlich vom Fernseher abzuwenden und sich kleine `Fernsehpausen` zu nehmen, sich zu entspannen und dann wieder aufmerksam zuzuschauen (vgl. Höller 2001, S. 52). „Keines der Kinder, die wir beobachteten, `klebte` mit den Augen am Fernseher. Immer wieder wendeten sich die Kinder auch anderen Tätigkeiten zu, spielten oder suchten das Gespräch mit anderen“ (ebenda). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 75

Abbildung 28 Typische Momente der Rezeptionssituation von Vorschulkindern bei den Teletubbies111

Laut Götz haben die Kinder während des Sehens der Serien permanente Erfolgserlebnisse, weil die Teletubbies diversen Ritualen gehorchen und dies die Sendung entsprechend vorhersehbar macht (vgl. Götz 2001, S. 98f.). Je älter die Kinder sind, umso geringer ist das Bedürfnis nach Wiederholung und Ritualisierung. Daher gibt es für Vier- bis Fünfjährige laut Höller und Müller keine neuen Anreize durch diese Sendung (vgl. Höller 2001, S. 58). Trotzdem besteht Zweifel an der Wirkung der bruchstückhaften Sprache, die die Teletubbies von sich geben. Große Bedenken haben viele Eltern und Erzieher wegen negativer Auswirkungen auf den Sprachgebrauch ihrer Kinder: „Der gesamte Kindergarten meiner Tochter befindet sich in einer Art Sprachauflösung. Bald kann gar kein Kind mehr `Hallo` sagen. Ich höre schon jetzt fast nur `Ah-Oh, Ah-Oh`“ (Mutter zit. in: Gangloff 2001, S. 31). Die Sprachform in der Sendung besteht aus drei unterschiedlichen Ebenen: Die Teletubbies sprechen in der oft kritisierten `Babysprache`. Aber in den kleinen Dokumentarfilmen werden Kinder gezeigt in ihrem Lebensalltag und diese benutzen die ganz normale Alltagssprache (vgl. Röll 2001, S. 21f.). Hinzu kommt eine dritte Ebene der Sprachform, die des Erzählers. „Kinder lernen somit, ganz wie im Alltagsleben, dass Sprache mehrere Dimensionen aufweisen und die Welt mit unterschiedlichen kommunikativen Mitteln erschlossen werden kann“ (Röll 2001, S. 22).

111 vgl. Götz 2001, S. 105 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 76

Beobachtungen haben zudem ergeben, dass Kinder Ausdrücke der Teletubbies nicht mit ihrer eigenen Sprache verwechseln (vgl. Gangloff 2001, S. 31). Den Grammatikerwerb der Kinder können einige Minuten Teletubby-Sprache pro Tag laut Szagun nicht beeinflussen: „Dagegen stehen täglich Tausende von Äußerungen der Erwachsenen in der Umwelt eines Kindes. Die Häufigkeit der normalen gesprochenen Erwachsenensprache ist also ungleich viel höher. Damit können die Teletubbies nicht konkurieren. Die Befürchtungen, die Sprache der Teletubbies könne zu Sprachstörungen führen, sind ungerechtfertigt“ (Szegun 2001, S. 76). Die Kinder lernen diese Sprache eher wie Vokabeln und nutzen sie dementsprechend. Szegun meint, dass dieses Phönomen der Jugendkultur ähnelt, bei dem die Nutzung bestimmter Ausdrücke nichts mit richtig oder falsch zu tun hat, sondern eine Frage der sozialen Zugehörigkeit ist (vgl. Szegun 2001, S. 77). „Mit einem Zerfall der Sprache […] hat es jedenfalls nichts zu tun. Was die Natur als ein robustes Kommunikationssystem geschaffen hat, wird nicht so schnell zerstört durch den etwas eigenartigen Sprachgebrauch harmloser, pummeliger Fernsehkerlchen“ (ebenda).

KOMMENTAR Doch ist hierbei grundsätzlich zu diskutieren, ab welchem Alter Kinder den Fernseher nutzen sollten. Eine Zielgruppe unter drei Jahren ist nicht wünschenswert. Trotzdem sollte diese Gruppe beobachtet und in die GfK-Forschung aufgenommen werden.

4.3. Strittige Themen im Kinderprogramm

Werbung, irreale Zeichentrickserien und gewaltvolle Fernsehinhalte in der Rezeption von Kindern erzeugen bei den Erwachsenen Befürchtungen, dies könne negative Auswirkungen auf die Kinder haben: Konzentrationsstörungen, verminderte Kommunikationsfähigkeit, Werbedruck, Kommerzia- lisierung der Kindheit, Verlust von Kreativität und Fantasie, Zunahme von Aggression sowie stereotype Identifikationsfiguren (vgl. Schäfer 2000, S. 7; Schneider 1997, S. 111). „Ein Problem, dass mit der zunehmenden Verkabelung der Haushalte zugenommen hat und noch zunehmen wird“ (Hövel van den 1991, S. 186). In diesem Kapitel soll ein kurzer Einblick in die Themen werbewirksames Merchandising und Cartoons beispielhaft gewährt werden. Das Thema Gewalt im Fernsehen wird hierbei am Beispiel der Zeichentrickserien behandelt.

4.3.1. Merchandising als neue Werbeform Mit Sendebeginn der privaten Fernsehanstalten beginnt in den 1980er Jahren ein „regelrechter Werbeboom“ (Hollstein 1998, S. 185). Nicht zuletzt steigt das Interesse an der Vermarktung von Kindersendungen mit Hilfe alternativer Werbeformen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass explizite Werbung im Kinderfernsehen gesetzlich untersagt ist. Merchandising bildet eine solche Werbeform, die das Marketing, die Verkaufsförderung und reine Lizenzierung umfasst (vgl. Salm 1998, S. 251ff.). Nach Kübler meint das Merchandising im engeren Sinn ein Zusatzgeschäft der Medienbranche, „um geistige Erzeugnisse so in verschiedenen Bereichen zu konkretisieren und zu produzieren, dass sie als Begleitware verkauft werden können und zugleich wieder für das Ausgangsprodukt werben“ (Kübler 1991, S. 149). Der Bekanntheitsgrad und die Popularität von Sendungselementen oder die Kompetenz eines Programms wird für ein bestimmtes Themenfeld 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 77 genutzt (vgl. Karstens 1999, S. 365). Der Sinn des Merchandisings ist demnach die Popularität einer Sache auszunutzen, und sich mit dem Produkt in diesen Erfolg einzuklinken (vgl. Felser 1997, S. 23). Diese Art der Vermarktung hat Walt Disney112 schon in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts betrieben, als er mit seinen Zeichentrickfiguren wie etwa Mickey Mouse den Lizenzhandel erschuf (vgl. Mattusch 1998, S. 430). Damals sind mehr als 50.000 Disney-Lizenzen vertrieben worden (vgl. Kagelmann 1992, S. 32). In Deutschland sind ab Mitte der 70er Jahre Fernsehfiguren öffentlich-rechtlicher TV-Anbieter wie die Biene Maja, Heidi oder Pumuckl erfolgreich vermarktet worden, was jedoch in keinem Vergleich zu dem perfektionierten Merchandising-Geschäft seit der Dualisierung des Rundfunksystems steht (vgl. Kagelmann 1992, S.31-38). Neu ist in den 90er Jahren, dass die Produktionsfirmen von vorn herein gezielt Fernsehfiguren aufbauen, bei denen die gesamte Bandbreite der Auswertungskette ausgeschöpft werden kann. Diese Merchandising-Konzepte sind multinational umsetzbar (vgl. Gangloff 2001, S. 29). „Wir entwickeln die Figuren so, dass sie merchandisingfähig sind. Ich finde es deprimierend, dass man mit Merchandising mehr Geld verdient als mit dem eigentlichen Produkt, in das man Kreativität und Risiko investiert hat. Ich kriege durch Benjamin Blümchen jedes Jahr einen bestimmten Betrag an Merchandisingeinnahmen. Das bringt mir Geld. Die Produktionen sind ein reines Verlustgeschäft – das glaubt mir keiner“ (Hahn 1992, S. 16). Diese strategisch geplante Nutzung von Lizenzen verläuft so, dass man für bestimmte Charaktere oder Motive schon vor dem offiziellen Erscheinen einer neuen Figur, Serie oder eines Films Lizenzen vergibt (vgl. Kagelmann 1992, S. 33). Die Lizenznehmer versuchen möglichst viele Verträge abzuschließen, um sich die hoffentlich positive Resonanz des Publikums zu sichern (vgl. ebenda). Die beliebten Figuren und Motive werden dann für den Verkauf von Produkten des täglichen Lebens verwendet, sie reichen vom Computerspiel, über die TV-Serie, Kinofilm, Plüschtiere, Hörspiele, Bettwäsche (vgl. Abb. 29), Magazine, Uhren, Brettspiele, Kleidung, Internet bis hin zu Lebensmitteln wie Joghurts und Kelloggs mit Motiven, Sammelbildern oder -figuren.

Abbildung 29 Merchandisingprodukt: Biene Maja–Bettwäsche113

112 Walter Elias Disney (1901-1966), amerikanischer Filmproduzent, machte ab 1922 Zeichentrickfilme und errang dadurch Weltruhm. 113 Foto: Wladkowski, 2001 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 78

Sogar die Weingummis nehmen die Form der Figuren der Sendung mit der Maus oder Käpt`n Blaubär an (vgl. Stern 30/2001, S. 130). Die Verflechtung zwischen Kinderfernsehen und Merchandising ist nicht nur als reines Zusatzgeschäft zu bezeichnen, sondern erfährt den Stellenwert eines elementaren Finanzierungsbestandteils von Fernsehprogrammen (vgl. Salm 1998, S. 251ff.). „Angetreten sind wir mit dem Anspruch, dass `die Maus` kein Kind zum Kauf von irgendwas anregen soll. Aber mittlerweile hat sich die Landschaft gewandelt, so dass es wahrscheinlich sein muss“ (Armin Mailwald zit. von Hollstein 1997, S. 49). Wie bei den Pokémon-Produkten ist auch bei He-Man, Super-Mario und Ninja Hero Turtles zu beobachten, dass von Anfang an eine konsequent durchgeplante Spielzeugwelt erschaffen wird, die dann Produkte wie Puppen, Computerspiele und Fernsehserien nach sich ziehen (vgl. Felser 1997, S. 24). Die natürliche Neigung in der Kindheit Geschichten nachzuahmen, wird bei dieser Vermarktungsstrategie zielgenau ausgenutzt (vgl. Baacke 1997a, S. 71). Zudem wollen Kinder das Vertraute und Bekannte immer wiedersehen genauso wie Geschichten mehrmals hinter- einander hören. Alles, was bei den Kindern beliebt ist, lässt sich gut vermarkten (vgl. Hollstein 1998, S. 185). Wenn sie also eine Fernsehfigur mögen, wollen sie diese gern öfter sehen und um sich haben (vgl. Kagelmann 1992, S. 38). Plüschmäuse verkaufen sich daher besser, wenn sie so aussehen wie in der Sendung mit der Maus. Viele Jungen und Mädchen lieben diese Fernsehmaus und möchten mit ihr spielen (vgl. Karstens 1999, S. 365). Beckmann ist der Meinung, dass die Ki.Ka-Fans ihre Sympathie mit dem Sender durchaus mit einem T-Shirt ausdrücken dürfen und eine TV-Figur, die positive Werte verkörpert, auch einen Platz im Kinderzimmer verdient (vgl. Beckmann 2002, S. 5). „Wir begreifen das Merchandising als programmbegleitende Maßnahme, die den Interessen der Kinder folgt und nicht der Gewinnmaximierung“ (ebenda). Nach Kline hat diese Werbeform in erster Linie das Ziel, das Produkt „in den Herzen und Köpfen der Kinder zu verwurzeln“ (Kline 1991, S. 224). Kinder sind daher besonders gut für Merchan- disingprodukte zu begeistern (vgl. Felser 1997, S. 23). „Die [Kinder] mögen die Biene Maja oder die Turtles, und dann entdecken sie die Figuren überall. Auf jedem Ding. Und dann heißt es, die und die will ich haben. Da ist die Maja drauf. Da kannst du argumentieren, wie du willst. Die beharren einfach darauf. Du bist machtlos gegen die Macht der Werbung“ (eine Mutter zit. in Rogge 1999, S. 159). Der Film oder die Sendung hört nicht mit dem Happy-End auf, wenn die Protagonisten später beim Einkauf wieder gesehen werden, beginnt der Konflikt zwischen Eltern und Kindern. Dieser kann in einer lautstarken Auseinandersetzung enden, wenn Eltern nicht bereit sind, diese Produkte zu kaufen (vgl. Rogge 1999, S. 161). 1997 gibt es etwa 400 Lizenzprodukte in Deutschland (vgl. Schneider 1997, S. 111). An Hand der Teletubbies sieht man die Vielfalt der Lizenznehmer und Produkte (vgl. Tab. 5). Über 100 Merchandisingartikel gibt es allein von den Teletubbies in Deutschland (vgl. Televizion 12/1999/2, S. 6), weltweit beläuft sich die Zahl auf ungefähr 4.000 (vgl. Gangloff 2001, S. 36). „In der Hitliste der `Top Lizenzen` haben die Teletubbies laut Spieleriese Hasbro auf dem deutschen Spielwarenmarkt sämtliche anderen Verkaufsknüller hinter sich gelassen, darunter immerhin solch global erfolgreiche Marken wie Star Wars, Sesamstrasse, Disney und Pokémon“ (ebenda). 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 79

Grundsätzlich dürfen sich nur solche Produkte mit den Teletubbies schmücken, die auf die Zielgruppe zugeschnitten sind. „[...] also keine Feuerzeuge und Kleidung nur bis zu einer bestimmten Größe“ (Gangloff 2001, S. 37). Esser nennt diese Art des Merchandisings eine `sensible` Vermarktung, die auch bei Käpt`n Blaubär funktioniert. Bei diesem Produkt hat es einen „ersten, zaghaften Versuch einer finanziell gewinnbringenden innerdeutschen Koproduktion“ gegeben (vgl. Esser 1992, S. 19). Es ist wichtig, dass eine Lizenz in hohem Maße auf den Faktoren Bekanntheit, Beliebtheit und Identifikation basiert. „Die Zielgruppenaffinität muss schon stichhaltig sein“ (Eck 2/2000, S. 22). Es macht wenig Sinn, sich einer neuen Marke zu versichern, die aber beispielsweise nicht zur Zielgruppe des neuen Produkts passt. Zudem müssen die Kommunikations- und Marketingmaßnahmen auf diesen Lizenzcharakter abgestimmt werden, so dass der Verbund zwischen ihm und der Marke funktioniert (vgl. ebenda). Der Merchandising- artikel muss zum Image der Sendung und des Senders passen (vgl. Karstens 1999, S. 367). Im Idealfall für den Verkauf wird das Bedürfnis durch eine Sendung geweckt und direkt ein Kaufimpuls ausgelöst (vgl. Karstens 1999, S. 366). Die Begleitprodukte zu den einzelnen Sendungen werden nicht ausschließlich in klassischen Werbespots vorgestellt, sie dienen zudem als Gewinnprodukte in entsprechenden anderen Sendungen der Fernsehanstalt.

Tabelle 5 Teletubbies Lizenznehmerliste (Auszug)114

Firma Produkt Ki.Ka TV-Serie À la carte AG Masken, Schlüsselanhänger, Schlüsselanhänger mit Geldbörse, Wecker, Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel Amscan Partyartikel GmbH Partyprodukte Ardek-Arbeitsgemeinschaft der Baby- und Sitz- und Liegebuggy, Shopper, Sportwagen, Jogger Kinderausstatter Besteam int. Spielwaren Vertriebs GmbH Puppenwagen, Puppenbuggies, Puppenbetten etc. Bike Fashion Vertriebs GmbH Kinderfahrradaccessoires: Korb, Trinkflasche, Fahrradhandschuhe, Klingel, Hupe, Flaggen, Helme EMI Electrola GmbH CDs, MCs, Compilations Hasbro Deutschland GmbH Spielwaren und Plüsch Panini Verlags GmbH Monatliches Magazin u. Sammelsticker mit Album Ravensburger Buchverlag Otto Maier Buchprogramm GmbH Ravensburger Interactive Media GmbH Videos u. Hörspielkassetten Ravensburger Spieleverlag GmbH Puzzles und Spiele TV Media Limited Nacht- und Unterwäsche für Kinder, Bekleidung Verlag Jürgen Döll Schreibwarenlinie (u.a. Malstifte, Radierer, Geschenkpapier, Malblöcke, Geschenktüten etc.) u.a. u.a.

So können sie wiederum zu einer Steigerung des Bekanntheitsgrades des neuen Lizenzprodukts sowie des Senders selbst genutzt werden (vgl. Hollstein 1998, S. 185). Im Jahre 1999 werden über 6 Milliarden Euro115 allein mit Lizenzartikeln in Deutschland umgesetzt (vgl. Eck 2/2000, S. 22). Bei den Sechs- bis Dreizehnjährigen kann jedes fünfte Kind Bücher oder Zeitschriften seiner Fernsehlieblinge nennen und ungefähr genauso viele Kinder besitzen Kleidungsstücke oder Spielfiguren ihrer Bildschirmhelden (vgl. Abb. 30). Mit Ausnahme der Begleitbücher und Zeit- schriften zu Sendungen scheint das Interesse an Merchandisingartikeln jedoch mit steigendem Alter zu sinken (vgl. Feierabend 2000a, S. 19). Mit Hilfe des Merchandisings lassen sich die

114 vgl. Eck 2/2000, S. 25 115 damals 12 Milliarden DM 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 80

Einspielergebnisse eines Spielfilms oder einer Serie erheblich übertreffen. So liegt z.B. der Profit an Merchandisingartikeln bei dem Film Der König der Löwen von Walt Disney mit fast einer Milliarde Dollar um das Dreifache über dem Ergebnis an der Kinokasse (vgl. Winkler 1995, S. 28 u. Bode 1997, S. 135). Das Interesse der Werbewirtschaft und die damit verbundenen Werbeaufwendungen stellen im kommerziellen Fernsehen die Finanzierungsgrundlage der Kindersendungen – genauso wie die des Erwachsenenprogramms – dar. Für die Sender ist Merchandising laut Karstens „ein Geschenk des Himmels“ (Karstens 1999, S. 348). Statt für Werbung Geld ausgeben zu müssen, können die Sender sogar zusätzlich Geld verdienen. „Kindersendungen müssen sich durch Werbung bezahlt machen. Kindersendungen, die keine schwarzen Zahlen machen, haben im Programm eines privaten Fernsehunter- nehmers aus diesem Grund keine besondere Chance. Kindersendungen, die in ihren Produktionskosten höher sind als die zu erwartenden Werbeeinnahmen, finden nicht statt” (Schneider 1994, S. 150). Oft werden daher Merchandisingprodukte damit legitimiert, dass das ersparte Geld es ermöglicht, qualitativ bessere und pädagogisch wertvolle, aber kostspielige Produktionen zu verwirklichen (vgl. Salm 1998, S. 262). Merchandising ist ein wirkungsvolles Absatzinstrument, jedoch gibt es keine schlüssige, empirisch überprüfte Theorie, die erklären oder beweisen kann, wann und warum eine Merchandisingfigur Waren besser verkaufen lässt (vgl. Kagelmann 1992, S. 37).

nichts davon

Buch/Magazin

Kleidung

Spielzeug/-figur

Schreibutensilien

Bettwäsche

Tasche/Rucksack

0 10 20 30 40 50 60 in Prozent

Abbildung 30 Merchandising-Produkte der Sechs- bis Dreizehnjährigen 1999116

Nichts desto trotz sprechen die Umsatzzahlen der Werbewirtschaft für sich und Kinder sind die treuesten Merchandisingkonsumenten. Zudem verfügen sie über ein immer größer werdendes Taschengeldbudget und sind wichtige Einflussfaktoren bei Kaufentscheidungen der Eltern (vgl. Aufenanger 1997a, S. 10). Sie haben ein umfangreiches Produktwissen und Markenbewusstsein (vgl. IP Deutschland 1998, S. 11). Kinder haben bei der Kaufentscheidung der Erwachsenen einen Einfluss auf alle Waren, doch am meisten beim Kauf von Süßwaren mit 68% Einflussnahme, 62%

116 vgl. Feierabend 2000a, S. 19 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 81 auf Sport-/Turnschuhe, 60% bei Getränken, 59% bei Hosen und Jeans, 56% auf Sportartikel aller Art und auf Lebensmittel immerhin 54% (vgl. ebenda). Werbeslogan wie `Gotta catch ´em all`117 bei den Pokémon üben auf die Kinder einen enormen Druck aus (vgl. Gangloff 2001, S. 29). Dieser hohe direkte und indirekte Werbedruck auf Kinder fördert eine „Kommerzialisierung der Kindheit“ (Schneider 1997, S. 111) und zudem eine Ausweitung der Verführung, sich in künstlich aufgebaute Scheinwelten zu flüchten (vgl. ebenda). In diesen medialen Scheinwelten können die jungen Zuschauer alles erleben, ohne auf Grenzen zu stoßen, denen sie in der realen Welt allzu oft begegnen. „Die vielen Grenzen im komplizierten Leben der modernen Industriegesellschaft sind ein schwerwiegendes Problem für die Kinder. Wenn die Grenzen sich mit Unfreundlichkeit und Lieblosigkeit paaren, sind sie auch deutlich erkennbar. Die Grenzen bleiben jedoch auch bei größtem Verständnis für Kinder und ihre aktive Weise, das Leben und die Welt zu entdecken“ (Bachmair 1993, S. 21). Die Medienwelt mit ihren Konsum- und Produktangeboten steht in einem engen Dreiecksverhältnis mit dem einzelnen Kind sowie der Kinderkultur (vgl. Abb. 31). Ein Zusammenhang zwischen der Medienwirkung und der Sozialisation der Kinder ist hierbei zu beobachten. Medien und Werbung nutzen Veränderungen der Kindheit für moderne und dynamische Werbetaktiken und beeinflussen wiederum die Trends und Veränderungen der Kindheit selbst (vgl. Baacke 1993, S. 168).

Abbildung 31 Wirkung der Werbung als Wechselverhältnis118

Die Wirkung ist keine gerichtete, eindimensionale Beziehung zwischen Werbung und Kindern, sondern es besteht ein Wechselwirkungsverhältnis. Es gibt keine Untersuchung, die „längerfristige, direkt auf Werbeeinflüsse nachweisbare Wirkungen“ (Baacke 1993, S. 166) belegen könnte. Allerdings weist Baacke darauf hin, dass unbewiesene Zusammenhänge trotzdem existieren können und es bisher nur an verlässlichen Untersuchungsmethoden mangeln könnte (vgl. Baacke 1999, S. 334ff.). Zweifelsohne können sich emotionale Einflüsse der Fernseh- werbung nur im Zusammenhang mit einem Konsumklima entfalten, in dem Kinder heute auf- wachsen (vgl. ebenda). Durch die Werbung werden Weltbilder transportiert. Rogge ist der Meinung, dass Werbung nicht manipuliert, aber ihre Macht ausnutzt, indem mit Motiven des Dazugehörens, des Lebensstils und des Erfolgsgefühls gearbeitet wird (vgl. Rogge 1999, S. 164).

117 `Du musst sie alle kriegen` 118 vgl. Baacke u.a. 1993, S. 167 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 82

Esser glaubt, dass es heutzutage ohne Merchandising keinen wirtschaftlichen Fernseherfolg mehr geben kann (vgl. Esser 1992, S. 19). „Merchandising wird also bewusst zum Verbreitungsinstrument von Inhalten eingesetzt, mit dem Ziel, ein engstmögliches Netz der Aufmerksamkeitserzeugung um den Konsu- menten zu ziehen, das keine Lücke mehr lässt. Wenn die Kinder überall sind, dann ist auch das Lizenzprodukt omnipräsent“ (Salm 1998, S. 262). Rogge ist davon überzeugt, dass Werbung für Kinder in Zukunft noch umfassender und allgegenwärtig sein wird (vgl. Rogge 1999, S. 161).

4.3.2. Zeichentrickserien Neben Spielfilm und Dokumentation stellt die Animation119 eine dritte Hauptgattung des Fernsehfilms dar (vgl. Esser, 1992, S. 17). Es ist ein Verfahren der Filmtechnik, welches zwei- oder dreidimensionale Objekte im Film scheinbar belebt. Diese Illusion wird durch computer- gesteuerte Einzelbildaufnahmen erreicht, wobei jede einzelne Bewegungsphase abfotografiert und im Film fortlaufend präsentiert wird. Zeichentrick ist eine Animationstechnik, die heute zu der bekanntesten und populärsten Form der Animation gehört (vgl. ebenda). „Die Zeichentricks sind noch älter als der Film – und wie sie funktionieren, lehrt schon ein Blick ins Daumenkino. 24 Zeichnungen pro Sekunde ergeben die Illusion von fließender Bewegung. Doch wo früher die Zeichner tatsächlich jedes Bild in Handarbeit fertigten, hilft heute der Computer. Er ist schneller und billiger“ (Seidl 1995, S. 72). Sie stammen ursprünglich aus dem Comicbereich und zeichnen sich durch temporeiche Handlungen und fantasievolle Protagonisten aus (vgl. Baacke 1997b, S. 47). Zeichentrickserien werden im deutschen Fernsehen hauptsächlich im Rahmen des Kinder- oder Familienprogramms angeboten (vgl. Esser 1992, S. 17). Der Schwerpunkt im Kinderprogramm der privaten Sender liegt auf diesem Genre, das bei den jungen Zuschauern bevorzugt wird. „Während die Kleinen in den 50er und 60er Jahren noch für ruhig erzählte Bildergeschichten zu begeistern waren, bezeichnen heute sogar schon Kindergartenkinder solche Angebote als `Babykram` und wenden sich oft lieber den schnell geschnittenen Action-Cartoons zu“ (Esser 1994b, S. 386). Daher können Zeichentrickserien im deutschen Fernsehen dem Kinderprogramm zugeordnet werden (vgl. ebenda). Zeichentrickserien liefern den Kindern die gewünschten intensiven Gefühle mit Spaß, Spannung und das Erzählmuster ist nach mehrmaligem Sehen leicht durchschaubar. So erhalten die Kinder eine gewisse Sicherheit, sie kennen sich bei den Protagonisten aus und können sich auf das Happy-End verlassen (vgl. BMFSFJ 1999, S. 20). Private und öffentlich- rechtliche Sender bieten diese Form der Fernsehunterhaltung, die sich für das Marketing gut eignet und somit kein Finanzierungs- oder Refinanzierungsproblem darstellt. Jede Serie hat andere Ausrüstungen, Monsterfiguren oder Helden, die es der Spielzeugindustrie erlauben, ständig neue Merchandisingprodukte absetzen zu können. „Zeichentrickprodukte sind konfektionierte Massenware, sie werden von den großen, meist US-amerikanischen Produktionsgesellschaften angeboten und sind relativ billig, sie lassen sich international besser vermarkten, weil kulturelle Besonderheiten bei den animierten Charakteren weniger eine Rolle spielen als bei Realfilmproduktionen“ (Mikat 2000, S. 46). Zudem lassen sich diese zeitlosen Cartoons beliebig oft wiederholen, ohne unmodern zu wirken, wie es z.B. bei Realfilmproduktionen geschehen kann. Zeichentrickserien mit bis weit über

119 animare [lat]: beseelen, beleben 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 83 einhundert Einzelfolgen sind keine Seltenheit und bestimmen in immer komprimierterer Form das Programmschema der kommerziellen Sender (vgl. Esser 1998, S. 345). Alle Zeichentrickserien bieten Inhaltselemente, die sie miteinander verbinden und können daher in fünf Serientypen zusammengefasst werden (vgl. Theunert 1993, S. 27): Typ 1: Bewegter Alltag Dieser Serientyp präsentiert alltägliche Situationen und Erlebnisse, wie sie sich (fast) überall zutragen könnten (z.B. in der Familie o. im Freundeskreis). Der Inhalt kann Streiche, Streitereien, Alltagsschwierigkeiten o.ä. darstellen. Bsp.: Die Simpsons, Familie Feuerstein, Die Schlümpfe. Typ 2: Gerechte Kämpfe In den Serien dieses Typs treten die Helden gegen `das Böse` an. Oft findet die Handlung auf fremden Planeten, in anonymen Großstädten oder fernab jeglicher Zivilisation statt. Im Mittelpunkt des Geschehens steht der Kampf des `Guten` gegen das `Böse`. Die gerechten, guten Kämpfer sind verlässliche Kameraden, die den Schwächeren helfen. Bsp.: Ninja Turtles, Pokémon. Typ 3: Kleine Abenteuer In diesen Serien erfahren die Protagonisten außergewöhnliche Erlebnisse in einer fremden Umgebung oder entdecken Vertrautes völlig neu. Freiwillig oder unfreiwillig geraten sie in Abenteuer, aus denen sie sich mit Geschick oder Glück befreien können. Bsp.: Arielle, Aladdin. Typ 4: Persönliche Scharmützel Der Inhalt dieser Serien ist der `tägliche Kleinkrieg` in dem die Protagonisten Rivalen darstellen, die sich gegenseitig das Leben erschweren. Mit Gemeinheiten, hinterlistigen Tricks und handfesten Grobheiten versuchen sie sich gegenseitig hereinzulegen, sind aber meist selbst das Opfer. Bsp.: Tom und Jerry. Typ 5: Erfolgreiche Gaunerjagd In diesem Serientyp sorgen die Protagonisten (Detektive, Ordnungshüter o.ä.) für Recht und Ordnung. Die Amtsträger in den Serien bewältigen dies eher mit Glück, während die Amateure meist mit einfallsreichen Ideen an ihr Ziel kommen. Bsp.: Blinky Bill, Chip und Chap. Theunert und Schorb haben Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren nach ihren Vorlieben befragt und erfahren, dass die Serientypen Bewegter Alltag und Gerechte Kämpfe am Beliebtesten sind (vgl. Abb. 32). Hierbei bevorzugen die Mädchen eher den Typ Bewegter Alltag und die Jungen den Serientyp Gerechte Kämpfe (vgl. ebenda). Welche Schwierigkeiten die Helden der Animationsserien des Typs Bewegter Alltag meistern müssen, ist zwar von Serie zu Serie unterschiedlich, doch lassen sich einige Grundkonflikte und Themen zusammenfassen, die an der kindlichen Lebenswelt anknüpfen (vgl. Mikat 2000, S. 47). Ein solcher Konflikt kann ein Streich oder eine Gedankenlosigkeit der Kinder sein, die zu Problemen120 führen kann. So stehen im Mittelpunkt der Geschichten Verwirrungen und ein Durcheinander, welches am Ende glücklich aufgelöst und in Ordnung gebracht wird. Zudem spielen Konflikte und Streitereien unter den Protagonisten eine Rolle, die die Kinder aus eigener Erfahrung mit Erwachsenen, Geschwistern oder Freunden aus ihrem Alltag kennen (vgl. Baacke 1997b, S. 71). Die Akteure sind oft tierischer Gestalt oder Fantasiefiguren. In vielen Serien lassen sich außerdem Handlungen finden, in denen

120 meist mit den Erwachsenen 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 84 sich die kleineren und schwächeren Akteure gegen die Großen durchsetzen und eigene Wege gehen. Die Dramaturgie findet ohne Verfolgungsjagd oder spektakuläre Action statt (vgl. ebenda).

Bewegter Alltag

Gerechte Kämpfe

Kleine Abenteuer

Persönliche Scharmützel

Erfolgreiche Gaunerjagd

0 10 20 30 40 50 60 Basis: 130 positive Nennungen

Jungen Mädchen gesamt

Abbildung 32 Beliebte Serientypen in Cartoons bei den Sieben- bis Elfjährigen121

Die Konfliktlösungen sind gewaltfrei. Streitereien werden friedlich beglichen und durch großen Einfallsreichtum, magische Kräfte oder Freundschaft erreicht (vgl. Mikat 2000, S. 47). Die jungen Zuschauer nutzen diesen Serientyp zur Orientierung im eigenen Alltag (vgl. Baacke 1997b, S. 71). „Das Rezept dieser Serien ist die Kombination aus Vertrautem und Kuriosem. Bekannte Handlungsorte wie die Familie oder die Schule und bekannte Konflikte und Themen der Kinder – groß werden, sich durchsetzen, Streitigkeiten aushandeln – werden mit phantastischen Wesen oder magischen Lösungen verknüpft“ (Mikat 2000, S. 48). Gegenüber diesen bewegten Alltagsgeschichten dominieren in den aktionsreichen Zeichentrick- serien des Typs Gerechte Kämpfe menschliche Figuren wie Jugendliche oder Erwachsene. Tierfiguren und Fantasiewesen kommen selten vor. Die Protagonisten zeichnen sich durch magische oder starke kämpferische Kräfte aus, sind klug und verfügen über umfangreiches technisches Wissen (vgl. ebenda). Sie treten gegen übermächtige Gegner an, um ihre hehren Zielen durchzusetzen. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Kampf zwischen dem `Guten` und dem `Bösen`. Die Abwehr vielfältiger Bedrohungen, der Kampf ums Überleben oder sogar die Rettung der Welt sind Themen, die eine gewaltvolle Konfliktlösung rechtfertigen sollen (vgl. Baacke 1997b, S. 47). Die Kämpfe gehen ohne Blutvergießen von sich und selbst die Figuren, die getötet oder explodiert sind, tauchen völlig unversehrt wieder auf (vgl. Theunert 1994, S. 101). Die Dramaturgie ist temporeich und endet grundsätzlich mit einem Happy-End. Mikat ist der Meinung, dass dieser Serientyp unter pädagogischen Gesichtspunkten weniger empfehlenswert ist (vgl. Mikat 2000, S. 49). Die Zeichnung einer stets bedrohten Welt, in der die einzigen Strategien zur Lösung von Konflikten Gewalt und Zerstörung sind, lässt diesen Schluss zu. Unter dem Aspekt

121 vgl. Theunert 1993, S. 28f. 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 85 des Jugendschutzes gelten diese Serientypen jedoch als entlastend. Sie entsprechen dem bekannten Muster des Märchens mit Hexen, guten Feen und finsteren Protagonisten. Kindliche Ängste und Machtfantasien werden projiziert und dramaturgisch wieder aufgefangen (vgl. Mikat 2000, S. 49). Laut Baacke bieten die Protagonisten dieses Serientyps fantasievolle Identifikations- figuren, die den Kindern kurzfristig emotionale Unterstützung in Konfliktsituationen liefern können (vgl. Baacke 1997b, S. 47). Indessen ist Theunert der Meinung, dass irreale und folgenlose Darstellungen von Gewaltanwendung dazu führen, dass die enthaltene Gewalt den Kindern kaum auffällt und nicht ernst genommen wird (vgl. Theunert 1994, S. 101f.). Sie tritt gegenüber der Faszination für die Helden und für die mit Technik und Zauberei inszenierten Kampfhandlungen in den Hintergrund. Mikat ist davon überzeugt, dass unter Jugendschutzgesichtspunkten vornehm- lich die gestalterischen Aspekte gegen eine Ausstrahlung am frühen Morgen sprechen, „denn Erregung und Spannung werden oft durch einen aufputschenden Sound und schnelle Bildfolgen erzeugt. Das Kampfgetümmel wirkt meist hektisch und lädt jüngere Zuschauer förmlich auf“ (Mikat 2000, S. 49). In der Schule gibt es jedoch direkt nach einer Rezeption keinen Freiraum, um diese Spannung abzubauen.

Das Beispiel He-Man (Serientyp Gerechte Kämpfe)

Als Prinz Adam lebt He-Man mit seinen Eltern auf dem Planeten Eternia im Schloss Grayskull und ist ein durchschnittlicher, nicht sonderlich mutiger Mensch. Doch sobald die Bösen, vor allem sein Widersacher Skeletor, auftauchen und Eternia oder anderen Gefahr droht, verwandelt sich Prinz Adam in He-Man mittels eines Zauberschwerts und wird zum unbesiegbaren Helden (vgl. Abb. 33).

Abbildung 33 Zeichentrickheld He-Man mit Zauberschwert122

He-Man sucht niemals Streit oder greift an, seine Gewaltaktionen sind damit legitimiert, dass er Eternia, das Schloss Grayskull oder in Not geratene Freunde retten muss. Sein Schwert verleiht ihm dabei magische Kräfte, es kann Lasergeschosse oder Angreifer in Luft auflösen und macht He-Man unbesiegbar im Zweikampf. Physische Gewalt steht sowohl inhaltlich als auch dramaturgisch im Mittelpunkt (vgl. Theunert 1994, S. 48f.; S. 98). Während die Mädchen, vor allem ältere, die Serie eher langweilig finden, ist sie für die Jungen altersunabhängig voller Action (vgl. Theunert 1994, S. 74f.).

122 vgl. http://www.he-man-power.de/indexjav.htm (20.08.01) 4. Kinder als Fernsehrezipienten Seite 86

Jedes Kind entwickelt in der Auseinandersetzung mit der eigenen Welt eine individuelle `Gewaltschwelle`, die ein persönlicher Maßstab dafür ist, welche Gewaltdarstellungen Kinder als harmlos, belastend oder als belustigend ansehen (vgl. BMFSFJ 1999, S. 29). „Diese Kritik an gewalthaltigen Inhalten ist nicht unberechtigt, sie greift aber zu kurz, wenn sie nur das Fernsehen als Ursache für aggressives Verhalten macht“ (ebenda, S. 28). Genau wie alle Fernsehinhalte sind diese Auswirkungen entwicklungspsychologisch und individuell von der Lebenswelt des Kindes abhängig. Alle Kinder haben Ängste wie z.B. vor dem Alleinsein, vor Dunkelheit, vor konkreten Erlebnissen wie einen Raubüberfall oder mysteriösen Dingen wie Gespenstern oder Monster (vgl. BMFSFJ 1999, S. 24). In der Gewaltwirkungsforschung gibt es verschiedene Theorien (vgl. Nolting 1999, S. 52ff.), doch Einigkeit herrscht in der Annahme, dass Ängste nicht (nur) durch Fernsehsendungen entstehen, sondern in der Verbindung des Fernseherlebnisses mit vorhan- denen Ängsten und Unsicherheiten.

KOMMENTAR Im deutschen Fernsehen sind jedoch nicht nur gewalthaltige Zeichentrickserien zu sehen. Es ist zu unterscheiden zwischen gewalthaltigen und kindgerechten Produktionen. So gibt es im Ki.Ka oder bei Super RTL auch Zeichentrickserien zu sehen, die sich an den Bedürfnissen, der Lebensumwelt und der Fantasie der Kinder orientieren und den dramaturgischen Rahmen nicht überziehen. Zu nennen sind hierbei Serien im Zeichentrickformat wie Tabaluga, Marcius, Jim Knopf, Pettersson und Finuds (alle Ki.Ka) oder Bob der Baumeister, Die Biber Brüder, Sponge- BOB (alle Super RTL).

Bei dem Serientyp Kleine Abenteuer lassen sich keine gravierenden Unterschiede in der Beliebtheit bei den Geschlechtern feststellen (vgl. Theunert 1993, S. 28f.). Die persönlichen Scharmützel werden dahingehend eher von den Mädchen beachtet, wohingegen den Jungen die Erfolgreiche Gaunerjagd offensichtlich mehr zusagt. Theunert und Schorb vermuten, dass der Grund dafür darin zu finden ist, dass der Typ Erfolgreiche Gaunerjagd mit dem Einsatz für recht und Ordnung dem kämpferischen Wesen der Gerechten Kämpfe eine gewisse Nähe aufweist (vgl. ebenda). Die Geschichten sind fesselnd, lustig oder fantasievoll, je nach anvisierter Altersgruppe auch temporeich. Sie liefern den Kindern Material zum Rätseln und Mitfiebern (vgl. Baacke 1997c, S. 23). Die Persönlichen Scharmützel hingegen sind Serientypen, die Schadenfreude ermög- lichen, wenn den Akteuren ein Unheil passiert. Physische Gewalthandlungen spielen eine nachrangige Rolle und psychische Gewalt findet in subtiler Weise statt (vgl. Theunert 1993, S. 30). „Wortwitz, temporeiche lustige Action, schrille Gestalten und Verhaltensweisen sind hier besonders häufig zu finden“ (Baacke 1997b, S. 95). Indem was Kinder bevorzugt schauen und wie sie es in ihr Spiel einbauen, teilen sie latent mit, was sie bewegt. Ihre Wünsche, Sorgen, Ängste und ihre Fragen, mit denen sie sich gerade beschäftigen, werden sichtbar (vgl. Hövel van den 1991, S. 186). Dabei versuchen sie ihre Ängste und handlungsleitenden Themen, zu verarbeiten.

5. Fernsehen und Erziehung Seite 87

5. Fernsehen und Erziehung

Alle Ergebnisse der Rezeptionsforschung weisen darauf hin, dass Fernsehen im alltäglichen Leben von Kindern einen zentralen Stellenwert einnimmt und sie nachhaltig beeinflussen kann. Das Fernsehen wirkt auf (fast) jedes soziale Handeln der Kinder oder steuert es sogar (vgl. Kübler 1994a, S. 97). Ein von dem Medium Fernsehen ausgehender Stimuli veranlasst als „heimlicher Miterzieher“ (Schäfer 2000, S. 10) kindliche Sozialisations- und Lernprozesse. Der amerikanische Medienökonom Marshall McLuhan sagt: „Alle Medien massieren uns gründlich durch. Sie sind dermaßen durchgreifend in ihren persönlichen, ökonomischen, ästhetischen, psychologischen, moralischen, ethischen und sozialen Auswirkungen, dass sie keinen von uns unberührt, unbeeinflusst, unverändert lassen“ (McLuhan zit. in: AG Kinder- und Jugendschutz u.a. 1995, S. 33). Dies betrifft besonders die Kinder in der Gesellschaft, die einen sinnvollen und angemessenen Umgang mit dem Fernseher lernen müssen. Das Ziel der Erziehung müsste daher sein, den Kindern ein aufgeklärtes Rezeptions-, Informations- und Kommunikationsverhalten zu vermitteln. Fernsehverantwortliche sollen den Kindern Qualitätsfernsehen bieten (vgl. Cippitelli 2000, S. 22ff.). Qualitätskriterien für das Kinderfernsehen sind jedoch schwer universal zu bestimmen, da die Kinder eine inhomogene Gruppe darstellt. Dennoch haben Medienpädagogen versucht, Empfehlungen für ein qualitativ hochwertiges Kinderprogramm herauszuarbeiten. Fernsehpädago- gische Überlegungen sollen im letzten Teil dieses Kapitels helfen, den Einfluss des Mediums Fernsehen auf die Sozialisation, das Familienleben und auf die Erziehung selbst sichtbar zu machen. Verschiedene Medienerziehungskonzepte werden dargestellt, zu denen auch ein alternatives Konzept gehört, das den Fernseher gänzlich ausschließt.

5.1. Qualität im Kinderfernsehen

Seit Beginn des Kinderfernsehens und verstärkt seit der Einführung des dualen Rundfunksystems, sind die Ansichten bezüglich der Kriterien, die qualitätsvolle Kindersendungen kennzeichnen, höchst unterschiedlich (vgl. Lenssen 1997, S. 239). Das Kinderfernsehen befindet sich als ein Segment mit allen seinen Teilbereichen jeweils in enger Relation zur Entwicklung einer Gesell- schaft und ihren Wert- und Normenvorstellungen. Von einem Kinderprogramm, das inhaltlich den nationalsozialistischen Erziehungsidealen folgte, von der `Bewahrpädagogik` der 50er Jahre, von dem Vorschulfernsehboom der 60er Jahre, von der Einführung des dualen Rundfunksystems in den 80er Jahren mit einer Ausweitung des Unterhaltungsangebots für Kinder im Fernsehen bis zu der Forderung nach Medien- und Fernsehkompetenzen hat jede Zeit ihre Meinungsführer und wiederum ihre Kritiker gefunden. „Die seit mehr als 50 Jahren geführte Debatte um das Kinderfernsehen hat auf dem Hintergrund der Kommerzialisierung, bestimmt durch die Frage nach Einschaltquoten und Marktanteilen, seit Etablierung der dualen Rundfunkordnung erneut an Brisanz gewonnen. Auch die Diskussion um Qualität im Kinderfernsehen scheint wieder entbrannt.“ (Paus- Haase 1997b, S. 245). Faktoren für eine Überlegung der Qualität im Kinderfernsehen sind also heutzutage geprägt durch Bildungspolitik und Bildungsökonomie ebenso wie durch Marktinteressen und spezielle Marketing- strategien. Demzufolge ist es nicht einfach, Qualität für das Kinderfernsehen universal festzu- 5. Fernsehen und Erziehung Seite 88 legen, da sich nicht nur die Massenkommunikation stetig ändert, sondern mit der Individuali- sierung das funktionale Zusammenspiel der vertrauten Kultur (vgl. Bachmair 1997a, S. 226). Kinder sind überdies Individuen, die je nach Alter, Geschlecht, Entwicklungsstand, kognitiven und sozialen Fähigkeiten, ihrer Umgebung und persönlichen Lebensumstände andere Qualitäten von Sendungen bevorzugen und benötigen. Entsprechend sind ihre Erwartungen an das, was ihnen Fernsehen bieten soll, verschieden (vgl. Lenssen 1997, S. 239). Eltern und Pädagogen äußern häufig den Wunsch nach einer besseren Qualität des Kinderprogramms (vgl. Esser 1992, S. 18). Wissenschaftler haben versucht anhand der Entwicklung der Kinder, ihres Rezeptionsverhaltens und pädagogischer Praxiserfahrungen, Qualitätskriterien herauszuarbeiten und daraus Empfeh- lungen für Pädagogen, Eltern und nicht zuletzt für die Programmverantwortlichen selbst abzuleiten.

5.1.1. Qualitätskriterien für das Kinderfernsehen

Der Begriff Qualität wird meist im Zusammenhang mit vergleichenden Bewertungen mehrerer gleichartiger Produkte verwendet. Richtet sich die Untersuchung dabei auf die messbare Beschaffenheit des überprüften Gegenstandes, so spricht man von objektiver Qualität. Diese unterscheidet sich von der subjektiven Qualität, die sich aus der Prüfung gleichartiger Produkte nach den Kriterien des individuellen Nutzens ergibt (vgl. Microsoft Corporation 1998). Es gibt wenig Einigkeit darüber, was im Kinderfernsehen qualitativ hochwertig sein soll (vgl. Wiedemann 1997, S. 191). Die derzeitigen Argumentationslinien befassen sich einerseits mit Qualität, die vom Publikum selbst entschieden wird (vgl. Baacke 1997c, S. 31), das die Qualität mit der Quote gleichsetzen würde. Andererseits gibt es die Argumentation, dass Qualität am Produkt festge- macht werden sollte und so normative Maßstäbe festgelegt werden können (vgl. Neuß 1997, S. 118). Qualität kann nach Nikken lediglich subjektiv bestimmt werden, da es keinerlei objektiven Instrumente gibt, mit denen das Qualitätsniveau gemessen werden könnte (vgl. Nikken 1995, S. 30). Medienpädagogen betrachten sowohl die medialen Angebote als auch die sich anschließende Bedeutungshaltigkeit im Alltag als symbolische Texte in der kindlichen Lebenswelt (vgl. Bachmair 1997c, S. 59ff.). Mit der Beschreibung einer Mensch-Medien-Beziehung bleiben sie auf einer deskriptiven Ebene. „Qualität – so steht zu vermuten – ist ein Annährungswert, multifaktoral, mehrperspekti- visch, auf eine Vielfalt von Angeboten ausgerichtet, um die zunehmend komplexer werdende Alltagswelt von Kindern angemessen zu thematisieren, damit Kinder daran wachsen können“ (Jacobi 1998, S. 14). Rogge ist davon überzeugt, dass Kinder nicht wahllos irgendeine Fernsehsendung ansehen, sie spüren intuitiv, warum sie einige Sendungen mögen und andere nicht (vgl. Rogge 1999, S. 31). Er hat in Gesprächen mit Kindern herausgefunden, dass Kinder und Erwachsene mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen an Fernsehsendungen herangehen. Malte, 8 Jahre: „Meine Eltern sagen, ich guck mir jeden Scheiß an. Stimmt gar nicht. Ich guck mir nur an, was mich interessiert. Also die Turtles oder He-Man find ich ätzend. [...] Irgendwie sind die nicht spannend. Und auch nicht richtig echt. Daraus kann ich doch nichts lernen. Und so doof wie in diesen Serien stellen sich die Bösen doch auch nicht an. Nicht mal unser beknackter Nachbar, der immer gleich meckert.“ 5. Fernsehen und Erziehung Seite 89

Sophie, 9 Jahre: „Also Zeichentrick mag ich nicht so. Das geht mir zu schnell. Und meistens wird dort nur geschlagen und geprügelt. Das finde ich blöd. [...] Ich finde Lassie oder Black Beauty gut. So Tierfilme jedenfalls, wo`s um Abenteuer geht. [...] ..da weiß ich, dass es gut ausgeht.“ Thomas, 7 Jahre: „Früher, als ich noch kleiner war, da mochte ich Lucky Luke nicht. Ich hab das nicht verstanden. Aber nun find ich die Sprüche cool. Absolut Klasse. Meine Eltern mögen das nicht, weil die denken, bald rede ich auch so. Tu ich aber nicht, höchstens, um die zu ärgern.“ (Alle Zitate aus: Rogge 1999, S. 31ff.) Aus den Aussagen der Kinder zu Wünschen und Bedürfnissen an ihr Fernsehprogramm, lassen sich Vorschläge herausfiltern, was qualitativ hochwertiges Kinderfernsehen ist. Kinder bevorzugen unterhaltsame und regelmäßige Angebote (vgl. Schell 2000, S. 22). Spannung, „ein bisschen `kribbeln im Bauch` und ein gutes Ende“ (Schumacher 1998, S. 47) erwarten die jungen Rezipienten. Genauso wichtig ist den Kindern eine Verlässlichkeit von vertrauten Strukturen und Protagonisten. Kinder haben – so Rogge – ein Gespür für Qualität, sie legen nur andere Maßstäbe an als ihre Eltern (vgl. Rogge 1999, S. 40). „Wer Kinder als Publikumsgruppe ernst nimmt und ihnen ein angemessenes Programm anbieten will, das ihre Wünsche und Ansprüche befriedigt, muss sie in größerem Umfang mit qualitätsvollen Angeboten bedienen und die Programmstrukturen an ihren Rezeptionsbedingungen ausrichten“ (Theunert 1995, S. 167). Qualität kommt jedoch nicht allein dadurch zustande, dass die Angebote, die Kinder favorisieren, bereits als Qualität deklariert und dann per Einschaltquote gemessen werden kann. „Kinder sind von vornherein offener, unvoreingenommener und gutgläubiger als Erwachsene“ (Aufenanger 1996, S. 34). Sie haben sich noch kein festes Urteil über bestimmte Dinge des Lebens und der Welt gebildet. Trotzdem sollten die Rezeptionsweisen von Kindern im Mittelpunkt der Programm- gestaltung stehen und als Qualitätskriterium Beachtung finden. Denn es kann nur das Kinderfern- sehen gut sein, das Kinder tatsächlich ansehen (vgl. Paus-Haase 1997b, S. 258). Die Interessen der Kinder sind also ernst zu nehmen, können aber nicht als alleiniger Maßstab für Qualität fungieren (vgl. Jacobi 1998, S. 14). Das den Kindern angemessene Programm ist nicht nur vom Inhalt und der Gestaltung abhängig (vgl. Theunert 1995, S. 152). Programme mit Qualitäts- anspruch können Kinder laut Paus-Haase nur dann erreichen, wenn diese an den Interessen der heutigen Generation anknüpfen. Die Wahrnehmungsweisen und die Lebensumstände haben sich seit der ersten Fernsehgeneration grundlegend geändert und sollten von den Programm- verantwortlichen beachtet werden (vgl. Paus-Haase 1997b, S. 256). Theunert ist der Meinung, dass in allen Sendern kaum angemessen berücksichtigt wird, dass sich im Tagesverlauf das Kinderpublikum verändert hat (vgl. Theunert 1995, S. 154). Der Sendeplatz markiert daher eins der Kriterien für qualitativ hochwertiges Kinderfernsehen, denn Programme müssen dann angeboten werden, wenn Kinder zuschauen (vgl. Groebel 1994c, S. 29). „Kinder erwarten `ihre` Sendungen zu den Zeiten, zu denen sie sehbereit sind, sie möchten sich darauf verlassen können, dass diese regelmäßig auf festen Programmplätzen auftauchen, und sie schätzen es, wenn sie die Sendeschienen und Sendungen, die sich an sie wenden, leicht identifizieren können“ (Theunert 1995, S. 152f.). So ist die wichtigste Zeit für Kinder der Vorabend, wobei zu dieser Zeit viele verschiedene Generationen gemeinsam fernsehen. Laut Theunert müssten dort Sendungen angeboten werden, die für Kinder ab dem Grundschulalter und zugleich für Erwachsene interessant sind, aber dabei die Jüngsten nicht emotional überfordern (vgl. Theunert 1995, S. 155). Kinder befinden sich noch 5. Fernsehen und Erziehung Seite 90 in der Entwicklung und verdienen laut Paus-Haase daher eine besondere Beachtung und Verantwortung. Programminhalte sollten z.B. auf die Unterschiede der Geschlechter eingehen, das Alter, sozial-räumliche Umweltfaktoren sowie die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Kinder beachten (vgl. Paus-Haase 1997b, S. 256). Die Frage nach der Qualität im Kinderfern- sehen hängt eng mit den Entwicklungsaufgaben von Kindern, ihrem Geschlecht und ihren spezifischen Lebensbedingungen in dieser hochtechnisierten `Informationsgesellschaft` zusam- men. Wiedemann ist der Meinung, dass Kinderfernsehen als ein Bestandteil von Kinderkultur primär daran gemessen werden sollte, was es zur Bewältigung von Entwicklungsaufgaben beitragen kann (vgl. Wiedemann 1997, S. 192). Die Zielgruppe Kinder ist ferner eine kommerziell ernst zu nehmende Gruppe, die über eine enorme Kaufkraft verfügt und darüber hinaus großen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Eltern hat (vgl. Paus-Haase 1997b, S. 245). Trotzdem werden Kinder laut Theunert nachrangig zum Hauptprogramm der Erwachsenen behandelt: „Die oft von der Finanznot diktierte Gewohnheit, Kindersendungen wegen Sport- ereignissen oder ähnlichem aus dem Programm zu `kicken`, steht im krassen Gegensatz zu dem kindlichen Wunsch nach Verlässlichkeit `ihrer` Sendungen“ (Theunert 1995, S. 153). Laut Kübler und Swoboda scheinen die „anspruchslosen Programme“ (Kübler 1998a, S. 340) immer mehr an Akzeptanz zu verlieren, und Qualität für alle Sender und ihr Image wichtiger zu werden. „Aber letztlich zählen fallende Einschaltquoten und sinkende Werbeschaltungen“ (ebenda). Nur über eine breite Diskussion und Initiativen im Publikum können ihrer Meinung nach Qualitätsmaßstäbe für das Kinderprogramm durchgesetzt werden. Dies versuchen die evangelische und katholische Kirche, die seit 1995 das Kinderfernsehen beobachten und es in Fachtagungen wie „Der Runde Tisch: Qualitätsfernsehen für Kinder“ regelmäßig bewerten (vgl. Cippitelli 2000, S. 21f.). Das Ziel soll die Qualitätssteigerung und Vielfaltsicherung in den Programmen für Kinder sein, jedoch nicht auf der Basis von Gesetzesnovellierungen, sondern durch eine umfassende Selbstverpflichtung der Programmverantwortlichen (vgl. Jacobi 1998, S. 14). Daher nehmen an den Fachtagungen Vertreter der verschiedenen Sender und Landesmedienanstalten, Medienpädagogen, Programmkritiker und Stellvertreter der UNICEF- und UNESCO-Kommission genauso teil wie Vertreter des Prix Jeunesse und des Deutschen Kinder- Film & Fernseh-Festivals Goldener Spatz (vgl. ebenda). Dieses Expertenforum hat 1996 ein Thesenpapier zusammengestellt, das ein „erstes Kriterienraster für Programmqualität im Kinderfernsehen“ (Jacobi 1998, S. 17) bilden soll: · Kinder sollen einen Anspruch auf qualitativ hochwertiges Fernsehprogramm haben (sie sollen den professionellen und ästhetischen Standard anderer Programme entsprechen).

· Die vielen Genres, Formate und Inhalte im Kinderfernsehen sollen den Kindern in ange- messener dramaturgischer Weise aufbereitet werden und sollen sich durch Innovation und Originalität ausweisen.

· Kinderprogramme sollen unterhaltend und informierend sein. Sie sollen die Bedürfnisse und Erwartungen, Hoffnungen und Neugier sowie die Erfahrungen und 5. Fernsehen und Erziehung Seite 91

Erlebnisse der Kinder berücksichtigen. Damit soll ihnen Orientierung und Raum für eigene Gefühle gegeben werden. Der Programminhalt soll Mut machen, Stärke ver- mitteln und bei der altersgerechten Entwicklung mithelfen.

· Kinderprogramme sollen die Fragen, Themen und Interessen von Kindern ernst nehmen und alters- sowie geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigen. Es sollte das Bewusstsein der jungen Rezipienten für die eigene Lebenswelt und für fremde Kulturen fördern und deren Wertschätzung unterstützen.

· Kinderprogramme brauchen verlässliche Sendezeiten. Die Platzierung der Programme sollte altersangemessen und für Kinder leicht auffindbar sein.

· Kinderprogramme benötigen eine gute finanzielle Ausstattung sowie qualifizierte Programmmitarbeiter. Dies soll unterschiedliche Formen der Finanzierung voraussetzen.

· Die Kriterien für die Qualität im Kinderfernsehen sind einerseits die Beschaffenheit des Produkts selbst: gegenständliche, sprachliche und akustische Artikulation oder Zeichnung und die damit verbundene Form der kindlichen Rezeption. Andererseits soll die Resonanz des Publikums ein Kriterium darstellen, also die Einschaltquoten (vgl. Jacobi 1998, S. 15).

Beide Seiten der Qualitätsbeschreibung sollen hierbei gleichermaßen ernst genommen werden. Zudem sollen Rahmenbedingungen des Mediensystems nach Jacobis und Jankowskis Meinung entscheidend sein: „Wenn die Angebote der dualen Fernsehwelt nicht in der Unterscheidung zwischen qualitäts- und quotenfixierten Programmen für Kinder stecken bleiben sollen, müssen produktionsspezifische Werte wie Aktualität, Relevanz, Glaubwürdigkeit und handwerkliche Beschaffenheit im publizistischen Wettbewerb mit marktspezifischen Werten wie Finanzierung, Rechteerwerb und (internationale) Verwertbarkeit verbunden werden“ (Jacobi 1998, S. 15). In Kindersendungen schlägt sich laut Bachmair die Welt- und Lebensdeutung der Erwachsenengeneration nieder, so z.B. welche Vorstellungen Erwachsene von einem sinnvollen Leben haben und was davon für die nächste Generation bedeutsam sein soll (vgl. Bachmair 1997a, S. 233). Kübler und Swoboda sind der Meinung, dass bei der Debatte über das Kinderfernsehen meist die Kinder selbst ins kritische Visier geraten. „Angeblich sind sie es, die ständig nach Action, Klamauk und bunter Rasanz, nach Cartoons, Shows und Spots auf der Mattscheibe gieren [...]“ (Kübler 1998, S. 341). Die Befunde und Erkenntnisse zeigen aber deutlich, dass hier die Eltern selbst den Umgang mit dem Fernsehgerät so `vorleben`, ohne es explizit zu merken. Bachmair hat sechs Kriterien für Qualitätskinderfernsehen zusammengestellt (vgl. Bachmair 1997a, S. 233): 1. Der Planungs- und Produktionsprozess von Qualitätssendungen soll reflektiert und explizit verantwortet ablaufen. Themen und Dramaturgie sollen unter dem Aspekt der an Kinder weitergegebenen Lebens- und Weltdeutungen überprüfbar sein. Dabei sollen aber nicht die spezifische Gestaltungsmöglichkeiten des Fernsehens wie Fantasie, Kreativität, Assoziativität, intensive Bilder, Spaß und Banalität fehlen. 5. Fernsehen und Erziehung Seite 92

2. Qualitätssendungen sollen ein utopisches Moment gelingendes Kinderlebens vorstellen. Es sollte Freiheit, Autonomie, Geborgenheit, Verstehen, Bewunderung, Aufregung und Abenteuer, Ruhe und Gelassenheit beinhalten.

3. Zu den Hoffnungen auf ein gelingendes Leben gehören auch die Ängste zu scheitern, Bedrückung und die Geborgenheit zu verlieren. Intensive und überzogene bis groteske Darstellungen sind in diesem thematischen Kontext nicht auszuschließen. Wichtig ist, extreme fiktionale Darstellungen daraufhin zu prüfen, ob sie den subjektiven Themen und dem jeweiligen Alter mit seinen spezifischen Medien- und Genreerfahrungen angemessen sind.

4. Kindersendungen können zudem die Aufgabe haben, zu kompensieren, was in der aktuellen Welt für Kinder verloren gegangen ist. Ihnen sollen demnach nicht nur die dunklen Seiten des Lebens gezeigt werden.

5. Kindersendungen sollen einfühlsam sein für Themen, Handlungs- und Erlebnis- weisen der Kinder und offene Ausdrucksformen von ihnen übernehmen.

6. Kindersendungen sollen helfen, die psychische Innenwelt und die äußere soziale Lebenswelt der Kinder zu ordnen, zu klären und zu deuten.

Eltern und Pädagogen beklagen sich speziell über das ungleiche Verhältnis zwischen Qualität und Quantität im Zeichentrick (vgl. Esser 1992, S. 19). Seit der Einführung des dualen Rundfunksystems ist das Angebot an Zeichentrickserien gestiegen. Der Einfluss auf die inhaltliche und ästhetische Gestaltung ist in Deutschland jedoch gering, da 80-90% der Zeichentrickserien Kaufproduktionen aus dem Ausland123 sind (vgl. Salm zu 1998, S. 267). Serielle Animationsprodukte sind in Europa kaum bezahlbar (vgl. Müntefering 1995, S. 26). Albus ist der Meinung, dass „die Explosion des Genres“ einher geht mit einer Verschlechterung der Qualität (vgl. Albus 1994, S. 384) und möchte mit dem ZDF-Kinderprogramm eine „Offensive gegen die Gewaltspirale im Zeichentrick“ (ebenda) starten. Enrico Platter vom WDR versucht drei wesentliche Kriterien einer Trickfilmästhetik für Europa hervorzuheben: 1. Inhalt Es sollen Geschichten mit Protagonisten entwickelt werden, die human und trotzdem spannend sind. 2. Bildästhetik Graphisch sollte die Geschichte auf der europäischen Bilderbuchtradition basieren, die der Kunst näher steht als dem Comic. 3. Musik Die musikalische Untermalung der Geschichte sollte nicht zu dominant sein und die Rezipienten mit „Plastik-Musik und schrecklichen Stimmen“ (Platter zit. in Esser 1992, S. 19) zuschütten, sondern eine Hörbildung gewährleisten. Das ZDF setzt auf den neuen europäischen Zeichentrick und kündigt Serien mit „komödiantischer Qualität, die sich im Tempo, der Dramaturgie und der Ästhetik der Figuren vom schwarz-weiß-

123 hauptsächlich USA u. Japan 5. Fernsehen und Erziehung Seite 93

Klischee vieler Serien unterscheiden soll. [...] in denen Humor nicht für Verdummung steht, Spaß nicht zur Schadenfreude verkommt, Spannung nicht brutal werden muss und Konfliktlösungen nachvollziehbar sind“ (zit. in Esser 1992, S. 19) an. Aufenanger gibt einige pauschale Ratschläge für die Auswahl von qualitativem Kinderfernsehen. Die Sendung sollte seiner Ansicht nach altersgemäß ausgesucht werden, sie sollte spannend und unterhaltend sein, manchmal auch informativ. Sie sollte wenig Gewaltszenen beinhalten und sich mit kindgerechten Themen befassen (vgl. Aufenanger 1996, S. 38). Hinweise z.B. auf das Alter können dabei Fernsehzeitungen, die Sender selbst oder auch der Videotext geben. Seine Bewertungskriterien sind Witz und Humor, Spannung, Konfrontation und Konflikte, Freundschaft, ästhetische Aspekte, Problemlösungsvorschläge, Lebenswelt der Kinder, Rollenbilder, Charaktere und der Sinn der Sendung (vgl. Aufenanger 1996, S. 76ff.). Eltern sind bei ihren Kindern im Umgang mit dem Fernsehen wichtige Berater. Sie haben genauso wie Erziehungswissenschaftler differenzierte Vorstellungen von Qualität im Kinder- fernsehen. Doch gibt es in Deutschland bisher keine repräsentative Erhebung, die sich eigens damit befasst (vgl. Schmidtbauer 2000). Eine niederländische Studie kann einen Einblick geben, welche Maßstäbe Eltern an die Qualität einzelner Kinderprogramme anlegen (vgl. Nikken 1995, S. 30). Diese sind nicht gleichzusetzen mit der Meinung der Eltern in Deutschland, können aber europäische Tendenzen aufzeigen. Als wichtigste Qualitätskriterien werden Verständlichkeit, ästhetische Qualität und Engagement angegeben. Weniger bedeutsam scheinen Unterhaltung, Unschädlichkeit124 und Glaubwürdigkeit zu sein. Dem Kriterium Anwesenheit von Identifikations- modellen wird am wenigsten Bedeutung von den Eltern zugestanden. Nikken ist der Meinung, dass dieser Punkt trotzdem ein starkes Qualitätskriterium sein sollte, da für die sozial-emotionale Entwicklung geeignete Vorbilder menschlichen Verhaltens den jungen Zuschauern geboten werden sollten (vgl. Nikken 1995, S. 31). Dabei zeigt sich in weiteren Umfragen dieser Studie, dass Eltern mit jüngeren Kindern den Nutzen von geeigneten Identifikationsmodellen im Fernsehen höher bewerten. Außerdem messen Väter und Mütter mit älteren Kindern der Unschädlichkeit von Fernsehsendungen weniger Gewicht zu. „Die jüngeren Kinder sollen wohl mehr geschützt werden. Erst wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, halten die Eltern es für weniger problematisch, dass ihre Kinder mit brutaler Realität konfrontiert werden“ (Nikken 1995, S. 32). Im April 2001 hat das IZI eine Online-Umfrage125 unter deutschen Eltern erhoben, die jedoch keine Repräsentativität darstellt (vgl. Götz 2001b, S. 41). Die Ergebnisse dieser Umfrage weist auf qualitative Tendenzen hin. Danach sind sich die Erwachsenen einig, dass es Fernsehregeln in der Familie geben muss. Diese orientieren sich an zeitlichen Limitierungen und dem gezeigten Inhalt, bei dem sie vor allem Wert auf Bildungs- und Informationssendungen und das Merkmal kind- bzw. altersgerecht legen. Mit deutlichem Abstand dazu folgen die Merkmale unterhaltende und lustige Sendung sowie als negatives Merkmal: Gewalt. Diese Qualitätsvorstellungen sind laut Götz eher als allgemein zu werten, daher sind die Eltern nach konkreten Sendungen befragt worden. Sie sollten die vorgelegten Nennungen als geeignet oder ungeeignet einstufen (vgl. Götz 2001b,

124 Programminhalte ohne gewalthaltige und angstauslösenden Szenen 125 in Internetforen wie www.Eltern.de, www.kinder.de, www.familie.de, www.elternnetz.de u.a., es nahmen 153 Mütter u. 9 Väter teil. 5. Fernsehen und Erziehung Seite 94

S. 42). Hierbei zeigt sich eine deutliche Dominanz der öffentlich-rechtlichen Anbieter für die als geeignet angebotenen Sendungen (vgl. Tab. 6).

Tabelle 6 Nennung der Eltern für geeignete Kindersendungen126

Elterliche Nennungen geeigneter Kindersendungen Die Sendung mit der Maus (ARD/Ki.Ka) 91 Löwenzahn (ZDF/Ki.Ka) 58 Sesamstrasse (ARD/Ki.Ka) 48 Biene Maja (ZDF/Ki.Ka) 31 Teletubbies (ARD/Ki.Ka) 28 Sandmänchen (MDR/Ki.Ka) 23 Tiersendungen (allgemein) 17 Der Bär im großen blauen Haus (Ki.Ka) 15 Heidi (ZDF/Ki.Ka) 13

Die Sendung mit der Maus belegt eindeutig die Spitzenposition, gefolgt von Löwenzahn und Sesamstrasse. Bei der Frage nach ungeeigneten Sendungen steht Pokémon mit großem Abstand mit 42 Nennungen auf Platz eins bei den Eltern. Auch die viel diskutierten Teletubbies finden sich hier auf Platz fünf der Nennungen ungeeigneter Sendungen. Danach kommt die Genreangabe Krimis, daraufhin folgt Digimon127, das Genre Nachrichten128 und die Teletubbies (vgl. Tab. 7).

Tabelle 7 Nennung der Eltern für ungeeignete Kindersendungen129

Elterliche Nennungen ungeeigneter Kindersendungen Pokémon (RTL 2) 42 Krimis (allgemein) 27 Digimon (RTL 2) 21 Nachrichten (allgemein) 20 Teletubbies (ARD/Ki.Ka) 13 Talkshows (allgemein) 12 Die Simpsons (ProSieben) 8 Horrorfilme (allgemein) 7 Sailor Moon (Sat.1130) 7

Pokémons werden aufgrund ihrer gewalthaltigen Inhalte von den Erwachsenen als ungeeignet eingestuft. Zudem entsprechen die Serien Pokémon, Digimon und die Teletubbies nicht der Ästhetik und den Vorstellungen der Eltern (vgl. Götz 2001b, S. 44). Diese Ergebnisse erklärt sich Götz u.a. durch den öffentlichen Diskurs über Kindersendungen. So steht dieser auf Seiten der Sendung mit der Maus und trägt somit dazu bei, diese zur Marke zu stilisieren, die das gesellschaftliche Verständnis von Qualitätsprodukten im Kinderfernsehen prägt (vgl. Götz 2001b,

126 vgl. Götz 2001b, S. 42 127 Nachfolgerserie der Pokémons 128 Diese Nennung erfolgt hauptsächlich bei Eltern mit Vorschulkindern 129 vgl. Götz 2001b, S. 44; Kindersendungen sind es im explizitem Sinne nicht, man kann sagen, es sind allgemein Sendungen oder Genres, die Eltern nicht für Kinder als geeignet empfinden. 130 Seit 7. Oktober 2000 läuft Sailor Moon auf Sat.1, vorher lief die Serie auf RTL 2. 5. Fernsehen und Erziehung Seite 95

S. 43). Weitere Befragungen zeigen, dass Eltern sich von den Sendungen, die sie selbst als Kinder gesehen haben, emotional angesprochen fühlen und aufgrund ihrer eigenen positiven Rezeptionserfahrung als geeignet für Kinder einstufen (vgl. Götz 2001b, S. 45). „So schön es ist, dass es hier scheinbar etwas gibt, wo sich Produzierende, Eltern, PädagogInnen und JournalistInnen einig sind, so besteht auch die Gefahr, eine Ikone zu produzieren“ (Götz 2001b, S. 45). Die Sendungen, die als ungeeignet genannt werden, stehen ebenso in der öffentlichen Kritik. Daher sind Eltern vermutlich in ihrer Meinung geprägt (vgl. Götz 2001b, S. 43). Gerade die Pokémons (vgl. Abb. 34) sind ein Beispiel für einen öffentlichen Diskurs in Medien und Erziehungseinrichtungen wie Schule oder Kindergarten. Eltern fühlen sich zudem häufig davon unter Druck gesetzt, dass ihre Kinder aus der Peergroup ausgeschlossen werden könnten, wenn sie sich dem Trend nicht anpassen und lassen sie diese Sendungen widerwillig doch anschauen.

Abbildung 34 Protagonisten der Zeichentrickserie Pokémon131

„Hier entsteht für die Eltern eine Zwickmühle, die durch den nicht zu unterschätzenden finanziellen Aufwand, den die Pokémon-Begeisterung bedeutet, noch verstärkt“ (Götz 2001b, S. 44). Insgesamt lassen sich aus den Ergebnissen der nicht-repräsentativen Umfrage folgende Qualitätskriterien der Eltern herausfiltern: Kindersendungen sollen ihrer Meinung nach hauptsächlich lehrreich und altersadäquat sein (vgl. Abb. 35). Zudem setzen Erwachsene den Schwerpunkt für die Kindersendungen auf das Merkmal gewaltfrei und informativ. Lustige Sendungen sind für die Eltern ein geeigneter Faktor, danach folgen die Merkmale Unterhalt- samkeit und Verständlichkeit von Kindersendungen, die weniger häufig genannt werden. Götz findet diese Ergebnisse, auch wenn sie lediglich als qualitative Tendenzen zu werten sind, durchaus verständlich. Eltern entwickeln Regeln im Umgang der Kinder mit dem Fernsehen und die häufigste Einflussnahme richtet sich auf den Inhalt des Gesehenen. Die tradierten und vom öffentlichen Diskurs als empfehlenswert eingestuften Sendungen werden dabei von den Eltern bevorzugt. Denn Fernsehen für Kinder ist „nach wie vor als pädagogisch wenig wünschenswert

131 Vgl. http://www.stern.de/computer-netze/spezial/3042.html (12.06.01) 5. Fernsehen und Erziehung Seite 96 stigmatisiert“ (Götz 2001b, S. 42). Fernsehsendungen sind dann bei Eltern beliebt, wenn sie meinen, dass ihre Kinder daraus etwas lernen können.

lehrreich

altersadäquat

gewaltfrei

informativ

lustig

unterhaltsam

verständlich

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Abbildung 35 Liste der am häufigsten genannten Begründungen für geeignete Kindersendungen (über alle Sendungen)132

„Fernsehen ist ja auch Chance: zur Erweiterung des eigenen Horizonts, zur Teilnahme an Erfahrungen und Erlebnissen anderer Menschen, zur Vertiefung von Kenntnissen und Informationen“ (Herbert 1991, S. 209). Tendenzen für Qualitätskriterien des Kinderfernsehens lassen sich demnach erfassen, doch die Umsetzung dessen stößt häufig auf finanzielle Grenzen. Kinderfernsehen ist ein Wirtschaftsmarkt und solange die kostspieligen Produktionen ihren Einsatz nicht honoriert bekommen, werden ausländischer Fremdproduktionen genügen müssen, die lediglich den Einsatz von minimalen Synchronisationen erfordern (vgl. Müntefering 1995, S. 29). „Lassen sie uns nicht darüber streiten, ob und warum Janosch besser ist als Power Rangers. 800.000 Videokassetten mit `Tiger und Bär133` im preiswerten Sortiment an den Kassen einer Billigkette sind aber sicher auch eine qualitativ bessere Botschaft als ein in evangelischen Akademien aufgestellter Wertekatalog“ (ebenda). Das bedeutet, dass eine Vermarktung wie etwa das Merchandising heutzutage weiterhin eine feste Größe im Kinderfernsehmarkt darstellen wird, um Finanzierungen zu ermöglichen. Die Fernsehverantwortlichen sollten den Grad zwischen dem Anspruch der Kinder, ihrer Eltern und Pädagogen sowie den eigenen internen finanziellen Zwängen zu verbinden wissen. „Das Ziel einer neuen Generation von Kinderredakteuren ist daher, Unterhaltung und Qualität miteinander zu koppeln und sogar mit der Vermarktung eine glückliche Verbindung einzugehen“ (Esser 1992, S. 19).

132 vgl. Götz 2001b, S. 42 133 Eine Folge von Janosch. 5. Fernsehen und Erziehung Seite 97

5.1.2. Kindgerechte Fernsehdramaturgie

Kinder sollen – je nach Alters- und Entwicklungsstand – erproben, wie sie das Fernsehen nutzen können. Daher sind Eltern, Pädagogen, aber auch Produzenten, Redakteure und Autoren gleichermaßen gefragt, sich mit diesem Thema eingehend zu befassen (vgl. Rogge 1999, S. 44). Die Dramaturgie eines Films oder einer Serie hat Einfluss darauf, ob ein Kind überfordert ist oder die Chance einer emotionalen Distanzierung bekommt. Das Medium Fernsehen erzählt den Kindern Geschichten und gibt ihnen Informationen. „Und die gut erfundene und medial gut erzählte Geschichte vermittelt, so eine wichtige Botschaft, Lebenserfahrung als Angebot. Die traditionelle Narration erfordert Geduld bei Dramatik und Dramaturgie.“ (Erlinger 1998, S. 151). Es ist laut Rogge wenig verwunderlich, wenn sich bei Kindern nach einem actionreichen Film die aufgestaute Spannung in überzogener Lautstärke und starkem Bewegungsdrang entlädt (vgl. Rogge 1999, S. 44). Dies geschieht meist bei Dramaturgien, die bis zum Schluss anhalten und erst in letzter Minute ein Happy-End folgen lassen. Die Spannungskurve wird den ganzen Film über nicht entlastet und somit kann eine Entspannung für das betrachtende Kind erst in letzter Minute stattfinden. „Hierdurch kommt es bei Kindern auf Grund der ständig steigenden Spannungsbögen zu einer Übererregung und damit zu einer Überforderung, wenn nämlich ihre Aufnahme- und Verarbeitungskapazitäten überstrapaziert werden“ (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 25). Dies entspricht in keinem Fall einer Dramaturgie, die Kindern zugute kommt und kann eine Steigerung der Körpertemperatur, erhöhten Herzschlag oder Albträume zur Folge haben (vgl. ebenda). Viele Sendungen und Regisseure versuchen, eine „kindgerechte“ Dramaturgie einzu- setzen, was jedoch nicht bedeutet, dass dies mit belehrendem Ton, langweiligen Kamera- einstellungen und nichtssagenden Bildern stattfinden muss. Serien wie Sesamstrasse, Die Biene Maja (vgl. Abb. 36), Die Sendung mit der Maus oder PuR bieten Unterhaltung und Vergnügen, nehmen aber zugleich kindliche Gefühle ernst.

Abbildung 36 Die Biene Maja134

Diese Sendungen sind nicht auf den großen Spannungsbogen mit dem abschließenden Happy- End ausgerichtet. Sie bestehen aus mehreren kleinen Spannungsbögen, zwischen denen sich die Kinder beruhigen können. „Das wird durch den sparsamen Einsatz von Geräuschen, Musik und Sprache noch unterstützt […]“(Rogge, 1999, S. 45). Hörbare Gestaltungselemente sind enthalten, ohne die jungen Zuschauer zu überfordern, wie etwa ein ruhiges Lied oder farbenfrohe Landschaftsaufnahmen. Die Möglichkeit zur Distanzierung bleibt dem zusehenden Kind somit offen.

134 vgl. http://www.diebienemaja.de/ (21.09.01) 5. Fernsehen und Erziehung Seite 98

„Eine Spanne von etwa 10 Minuten entspricht zudem etwa der durchschnittlichen Aufmerksamkeitsspanne eines Grundschulkindes. Diese `Häppchendramaturgie` erleichtert folglich das Verständnis [...]“ (Esser 1998c, S. 121). Häufig rezipieren Kinder lustige Fernsehsendungen nur zur Entspannung. Langweilige Szenen in einem Film beurteilen sie durchweg positiv, da diese ihnen Zeit zur `Erholung` geben (vgl. Fischer 2000, S. 217). Das Ziel hierbei ist nicht das still und starr vor dem Fernseher sitzende Kind, sondern das, welches während des Fernsehens Aktivität zeigen darf. Dieses Kind wird dann in der Lage sein, mit den gefühlsmäßigen Herausforderungen von Fernsehsendungen produktiv umzugehen (vgl. Rogge 1999, S. 46). Die kindlichen Qualitätsansprüche an eine Sendung sind Überschaubarkeit und Erleben. Die jungen Zuschauer wollen von ihrer Lieblingsserie emotional mitgerissen werden, doch um das aushalten zu können, brauchen sie die Sicherheit und Verlässlichkeit eines ihr vertrauten, dramaturgischen Rahmens. Dieser sollte aus acht Elementen bestehen (vgl. Rogge 1999, S. 47ff.) 1. Ein klarer, überschaubarer Aufbau der Sendung. Dazu gehören der Vorspann, die Haupthandlung und der Abspann. Die Haupthandlung weist einen Spannungsbogen auf, der mit einem Happy-End schließt. 2. Eine Wellendramaturgie (mit kleinen Spannungsbögen) gibt dem jungen Zuschauer die Möglichkeit, kurzfristig aus der Handlung auszusteigen oder sich Nebenaktivitäten zu widmen, was zur Entspannung während des Films dient. 3. Ein klares, gutes Ende ist wichtig, da z.B. ein offener Schluss zu erheblichen Verunsicherungen bei Kindern führen kann. Kinder versuchen, offene Spannungsbögen zu Ende zu fantasieren oder zu deuten, wobei sie sich mit dem unsicheren Schicksal des Protagonisten identifizieren. 4. Kinder favorisieren eine überschaubare Zahl an Darstellern. Beliebt sind Konstellationen mit einem Helden und einem Nebenhelden (z.B. Die Biene Maja). Hierbei verkörpert der Nebenheld meist die Wirklichkeit mit vielen Schwächen, menschlichen Fehlern und ist trotzdem sehr liebenswert. Wegen einer verwirrenden Zahl an Darstellern oder wenn die Zuordnung von „Gut“ und „Böse“ sich als schwierig erweist, lehnen Kinder einen Film oft ab. 5. Ein weicher Zeichenstil löst positive Assoziationen aus. Schon Walt Disney zeichnete seine Zeichentrickfiguren in einem weichen, runden Stil: runder Kopf, runde Körper, große, runde Augen und Pupillen. Dies löst positive Assoziationen und Gefühle aus. Kinder malen positive Figuren selbst rund und negative stellen sie meist automatisch eher mit eckigen Formen dar. 6. Bewegung und Action sind bedeutsame Gestaltungsprinzipien. Kinder mögen Verfolgungsjagden und Wettrennen, doch sollte alles in einem erträglichen Rahmen stattfinden. Zudem müssen die Kinder nachvollziehen können, warum ihr Held so handelt. 7. Ein räumliches und zeitliches Koordinationssystem. Kinder brauchen eine Kulisse als Orientierungsmoment, um Held und Handlung einordnen zu können. Diese Bezugspunkte können ruhig frei erfunden sein (z.B. Bullerbü oder Takatukkaland). 8. Die Hörwelt der Bilder ist entscheidend. Sprache, Musik und Geräusche: Je mehr Sinne ein Film anspricht, umso intensiver wird er von Kindern erlebt, umso mehr lassen sie sich 5. Fernsehen und Erziehung Seite 99

in den Bann ziehen. Damit kann ein besonderes Filmerleben aufgebaut werden. Insbesondere Geräusche und Musik, die die Bilder bzw. die Handlung begleiten, sind wichtig.

KOMMENTAR Die acht o.g. Punkte von Rogge zeigen, dass kindgerechte Dramaturgie durchaus nicht langweilig sein muss und den Wünschen von Kindern nach Spannung und Unterhaltung sowie Informationen nachkommen kann. Es ist z.B. nicht nötig, eine chaotische Geräuschkulisse zu fabrizieren, um die Spannung zu erhöhen und damit von der schlechten Handlung des Kinderfilms abzulenken. Der Wunsch der Kinder nach einem auflösenden Happy-End lässt sich im Kindergenre relativ einfach erfüllen, doch bei z.B. Trailern für das Erwachsenenprogramm, die auch tagsüber den Film vom Abend ankündigen, ist dies oft nicht der Fall. Hier werden Ausschnitte aus Erwachsenenfilmen gezeigt, die spannende Szenen enthalten und oft für Kinder in skurrilen inhaltlichen Zusammenhängen stehen. Eine Auflösung oder ein Happy-End gibt es in Trailern nicht, sie sollen offen bleiben und die Neugier der Erwachsenen wecken, den Film am Abend einzuschalten. Oft stehen die Kinder dann allein mit den angsteinflößenden Bildern in ihrem Kopf da. Auch wenn diese Trailer nur einige Sekunden lang sind, können die zusammenhanglosen Bilder für Kinder zum Problem werden.

5.1.3. Informationsprogramme für Kinder

Neben Zeichentrickserien und Shows haben es Informationsprogramme für Kinder schwer, ihr Publikum zu erobern und zu halten. Es gibt aber auch erfolgreiche Informationsprogramme, die von einer großen Zahl Kinder gesehen und geschätzt werden. Hier sind die klassischen Sendungen wie Löwenzahn und Die Sendung mit der Maus zu erwähnen. Den öffentlich- rechtlichen Sendern ist laut Rundfunkstaatsvertrag vorgeschrieben, dass sie mit ihren Sendungen außer unterhalten, auch bilden und informieren sollen. Die Eltern erwarten zudem ein lehrreiches Programm für ihre Kinder. In der Studie Kinderwelten 2000 zeigt sich, dass Eltern dem Fernsehen zutrauen, Wissen über kindliche Lebenswelt sowie globale Informationen zu vermitteln (vgl. RTL Disney Fernsehen 2000, S. 32). Der Fernseher wird nicht nur von den Eltern als Wissensvermittler gesehen, sondern auch von den Kindern. Spaßbefriedigung steht nicht allein im Mittelpunkt der Rezeptionsgründe. Tatsächlich kann das Fernsehen das sichtbar machen, was sich für das menschliche Auge normalerweise nicht erschließt: Die Welt des Mikro- und Makrokosmos. Sie kann jeden Menschen über seinen Bildschirm erreichen, fremde Tiere, rätselhafte Pflanzen und Bilder aus der Wüste oder den kältesten Regionen der Antarktis lassen sich so bequem aus dem Fernsehsessel betrachten (vgl. Rogge 1999, S. 21). Die Zeit kann gerafft oder gedehnt werden und zeitgleich lassen sich Ereignisse von jedem Punkt der Erde oder aus dem Weltraum mit moderner Technik ins Wohnzimmer senden. Die Neugier der Kinder ist grenzenlos, auch wenn sich Kinder im Vorschulalter auf Ereignisse in ihrem Nahbereich konzentrieren, suchen sie bald Auskunft auf Fragen abstrakter Natur, außerhalb ihres Alltagslebens. Die Kinderredaktionen135 reagieren darauf, indem sie eine Vielzahl an Informationsprogrammen anbieten: Naturdoku-

135 besonders in öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten 5. Fernsehen und Erziehung Seite 100 mentationen, Reportagen über Musik, Technik, Politik und den Kinderalltag. Beispielhaft können genannt werden: Löwenzahn (vgl. Abb. 37), Kinderweltspiegel, Sendung mit der Maus, Was-ist- was-TV, logo oder PuR. Überwiegend werden diese Inhalte in Magazinformen verpackt und von einem Moderator oder einer Moderatorin präsentiert. In zunehmendem Maße vermitteln Zeichentrickfiguren oder Puppenfiguren die Information oder fungieren als Co-Moderatoren (z.B. bei PuR, logo). Diese Programme sollen nicht nur die Neugier der Kinder befriedigen, sondern es sollte den Kindern Spaß machen, hinzuschauen, mitzudenken und mitzuentdecken. Zweifelsohne können Sendungen und Filme Wissen vermitteln und den kognitiven Entwicklungsstand von Kindern erhöht, doch dies allein gibt keine Garantie eines Wissenszuwachses bei Kindern.

Abbildung 37 Peter Lustig, Moderator bei Löwenzahn136

Der Anspruch jedes Kindes ist individuell und damit seine emotionale Aufnahme des Gesehenen. Rogge ermutigt Erzieherinnen und Eltern dazu, „die in den Filmen angesprochenen Gegenstände aufzusuchen, um so der filmischen Vermittlung von Wissen die direkte hinzuzufügen“ (Rogge, 1999, S. 100). Das Miteinander von mittelbaren und unmittelbaren Erfahrungen ist für den Fernsehgebrauch von Kindern empfehlenswert und sollte in ein soziales und kommunikatives Netzwerk eingeflochten werden. Dies hat positive Auswirkungen auf die Kreativität, die Fantasie und die Medienkompetenz von Kindern (vgl. ebenda).

5.2. Fernsehpädagogische Überlegungen

Das Fernsehen ist in der Alltagswelt in den meisten Familien Deutschlands allgegenwärtig und erscheint den Erwachsenen zunächst eher als eine manipulative und bedrohliche Welt (vgl. Götz 2000b, S. 195). Die Kinder sind im Umgang mit dem Fernsehen dagegen unbefangen und akzeptieren es als selbstverständlichen Teil ihres Lebens. Sie nutzen die Welt der Medien und des Konsums als ihre direkte und unmittelbare Erfahrungswelt (vgl. Bachmair 1993, S. 21). Bei der Erziehung spielt das Medium Fernsehen eine zunehmend große Rolle, denn es wirkt nicht nur auf die Sozialisationsprozesse der Kinder, sondern nimmt Einfluss auf das Familienleben und das Erziehungsverhalten der Erwachsenen.

136 vgl. http://www.kika.de/_inhalte/tv/sendungen/l/loewenzahn/ index.shtml (01.10.02) 5. Fernsehen und Erziehung Seite 101

5.2.1. Sozialisationsfunktionen des Mediums Fernsehen

Seit der Erfindung des Buches, des Radios oder Fernsehens und der elektronischen Medien besteht ein begründetes Interesse, zu verstehen, wie die Medien das Verhalten der Menschen in der Gesellschaft beeinflussen. Die Medienwirkung erschließt sich letztlich in Kategorien des Verhaltens. Denn nur das Verhalten ist über Befragungen und Beobachtungen hinlänglich registrier- und messbar. Dabei muss die Forschung nach Kübler davon ausgehen, dass Elemente medialer Wirkungen heutzutage in (fast) jedes soziale Handeln der Individuen eingelagert sind oder es sogar steuern (vgl. Kübler 1994a, S. 97). Soziales Handeln wird daher als abhängige Variable betrachtet. Es ist ein Resultat der von den Medien ausgehenden Stimuli. Das soziale Handeln wird nach Max Weber als ein solches Handeln definiert, „welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ (zit. in: ebenda). Eine Wirkung des Fernsehens als „heimlicher Miterzieher“ (Schäfer 2000, S. 10) auf die kindlichen Sozialisations- und Lernprozesse ist somit unbestritten. „Mit seinen Inhalten und Darstellungen transportiert es Botschaften, Werte und Normen und prägt unsere Alltagserfahrungen“ (Herbert 1991, S. 209). Sozialisation bedeutet und verkörpert den Prozess der individuellen Vergesellschaftung jedes einzelnen. Das Individuum passt sich den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Handlungsmustern und Normen nicht bloß an. Indem es sie kennen lernt, ausprobiert, interpretiert und sich schließlich aneignet, erzeugt das Kind nicht nur für sich kognitive Muster, sondern modifiziert, verändert, kreiert die wahrgenom- menen und ausagierten bis zu einem gewissen Grad. Denn soziale Strukturen und Normen sind nie ganz statisch (vgl. Schäfers 1995, S. 29ff.). Da sich das soziale Gefüge erst im Handeln reproduziert, wird jedes Individuum unweigerlich zum aktiv produzierenden Teilhaber desselben, sobald es in diesem Gefüge lebt137. „Denn die mediale Sozialisationswelt ist stets eine symbolische, die kognitiv wahrgenommen, gedeutet, verarbeitet, rekonstruiert und artikuliert werden muss“ (Kübler 1994a, S. 104). Daneben sind noch Handlungen zu lernen, die sich zum einen auf die Medien als materielle Apparatur richten und die zum anderen bei der Rezeption der Medien als soziale Kontextbedingungen anfallen. So sind für die Mediensozialisation immer mehrschichtige Prozesse anzunehmen und in geeigneten Erkenntnismodellen abzubilden. Dies ist nötig, um die Komplexität und Kontingenz der medialen Sozialisation – der Sozialisation via medial vermittelte Symbole – zu analysieren (vgl. ebenda). Für G.H. Mead konstituiert sich Gesellschaft aus dem dynamischen Gefüge individueller, nicht naturhaft festgelegter Interaktionen der Menschen untereinander (vgl. Kübler 1994a, S. 19). Kommunikation stellt sich hierbei als als Symbolische Interaktion dar. Fundamental ist hierfür, dass sich jedes Individuum in Interaktionen reflexiv verhalten kann. Das bedeutet, sich selbst und den anderen, aber auch sich selbst in Bezug auf den anderen und diesen wiederum in Bezug auf das eigene Ich unwillkürlich – metakommunikativ – zu beobachten, sich in dessen Rolle und dessen Selbstidentifikation zu versetzen und darauf wiederum das eigene Verhalten abzustellen (vgl. ebenda). So vollzieht sich ein permanenter Prozess der

137 z.B. Ein Paar wird durch die Geburt eines Kindern zu Eltern, ihre Rollen verändern oder zumindest ergänzen sich; Die Beziehung zur Verwandtschaft wird durch die Existenz des Kindes anders, auch Nachbarschaften ergeben sich neu oder situieren um. So sozialisieren sich alle gegenseitig, selbst wenn das Baby noch nicht selbständig handeln und sich artikulieren kann, nimmt es hier Einfluss. 5. Fernsehen und Erziehung Seite 102

Selbst- und Fremdidentifikation und – interpretation wie in einer unendlichen Spirale. Dies geschieht parallel zum expliziten Rollentausch der Kommunikationspartner.

KOMMENTAR Ein Individuum zeigt demnach ein „signifikantes Symbol“ (z.B. Geste) und darauf folgt eine offene oder auch verdeckte Reaktion durch eine andere Person, das Gegenüber. Beide Interaktionspartner gewinnen daraus eine Vorstellung von der eingegangenen kommunikativen Handlung. Dieser Prozess der wechselseitigen Interpretation und Re-Interpretation, das `role- taking`, geschieht nicht nur in der konkreten, individualisierten Kommunikationssituation, sondern auch als kollektiver Prozess in der Gesellschaft und deren dauernder Konstitution, mit `generalisierten Anderen`. Das ist eine Entwicklungsaufgabe der Kinder, die zum Sozialisations- prozess gehört.

Die rezipientenorientierten Ansätze der Medienwirkungsforschung sehen das Publikum und das Individuum als aktiv handelndes Wesen (vgl. Kübler 1994a, S. 100). Individuen handeln nicht nur gegenüber den Inhalten und Programmen, sie entwickeln Handlungen gegenüber dem Fernsehen, bevor sie mit ihm in kognitiven Kontakt treten. Für das Handeln der Kinder, das sich auf die Medien bezieht, lassen sich nach Kübler vier Ebenen und Dimensionen unterscheiden: 1. Elementare, universale Perzeptions138- und Rezeptionshandlungen: Sie sind einerseits von der Entwicklung und Beschaffenheit des Fernsehens, andererseits von den vorherrschenden Sozialisationsformen und damit den jeweiligen mentalen Dispositionen des einzelnen sowie der sozialen Gruppe (Familie) abhängig. 2. Handlungen in der jeweiligen konkreten Rezeptionssituation: Diese müssen nicht unmittelbar auf die Medienrezeption (bestärkt oder abwehrend) bezogen sein, aber in ihrem Kontext habituell und/oder situativ geschehen und dadurch die Medienrezeption auf unterschied- liche Weise beeinflussen (z.B. gemeinsames Abendessen der Familie, das fast immer zur gleichen Zeit und während eines bestimmten Fernsehprogramms stattfindet). 3. Handlungen, die Medien zum Bezugspunkt oder zum Thema haben: Hier haben diese Medien eine postrezeptive139 Integrationsfunktion: Medien als Gesprächsthema in anderweitig strukturierten sozialen Situationen (z.B. auf dem Schulhof). 4. Handlungen, die anscheinend unabhängig von Medien sind: Diese Handlungen dürften den größten Anteil des alltäglichen Lebens ausmachen. Denn die Medien „sind nur ein Teil der sinnstiftenden symbolischen Umwelt des Menschen, und ihr Stellenwert wird wesentlich determiniert von den jeweiligen Gegebenheiten der sozialen Situation und der Persönlichkeit der Rezipienten“ (Hunziker zit. in Kübler 1994a, S. 101). Aus solchen Erfahrungen hat sich ein vielseitiges Medienwissen gebildet, das täglich bestärkt wird. „Es bezieht sich auf Geräte und Fabrikate, auf technische Qualitäten aller Art, auf Programmstrategien und -strukturen, auf deren Verantwortliche und auf medienpolitische Positionen, auf materielle und ideologische Hintergründe der Produktion, auf Stars, Genres und Highlights der Medienszenerie etc.“ (ebenda).

138 Erfassen, Wahrnehmen als erste Erkenntnisstufe 139 nachher aufnehmend, empfänglich 5. Fernsehen und Erziehung Seite 103

Je länger es die Medien gibt, desto historischer wird dieses Wissen, umso länger und umfangreicher wird seine Tradition. Solche Wissensbestände sind bis zu einem gewissen Grad erforderlich, um das Fernsehen und seine Inhalte kompetent in das Alltagsleben zu integrieren, sie als Teile oder Stimulanzien und Themen des alltäglichen Lebens nutzen zu können (vgl. Pross u. Rath zit. in Kübler 1994a, S. 101). Dieses Wissen entscheidet darüber, welche Medien ausgewählt und genutzt werden und mit welcher Qualität die Nutzung und Rezeption erfolgt. Medien gelten für Kinder und ihrer Identitätsfindung als unentbehrlich und einflussreich. Sozialisation gilt als nie abgeschlossen, mithin ein lebenslanger Prozess. Der Sozialisation von Kindern wird aber nach wie vor die höchste Beachtung entgegengebracht und das größte Gewicht beigemessen. So gibt Kübler fünf verschiedene Sozialisationsinstanzen an, die aufeinander aufbauend zu betrachten sind (vgl. Kübler 1994a, S. 102f.): 1. Familie als primäre Sozialisationsinstanz: Sie vermittelt zwischen Individualität und intimer Offenheit, sozialer Regelhaftigkeit und Funktionalität und nimmt somit eine elementare Soziali- sationsaufgabe wahr. 2. Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Schule): Hier werden kollektive Regeln und Rollenmuster gelernt, die die der Familie ergänzen, aber diesen auch entgegengesetzt sein können. 3. Peergroup: Für ältere Kinder (und stärker noch in der Jugendphase) kommt die Gruppe der Gleichaltrigen hinzu. Sie verkörpern weitere informelle, affektiv bedeutsame Sozialisationswelten, die – zumal für Einzelkinder – zusätzliche ungeregelte, intersubjektiv auszuhandelnde Handlungsmuster und Wertigkeiten anbieten. 4. Tertiäre Sozialisationswelten (Ausbildung, Berufstätigkeit): Offensichtlich erweitern sich mit diesen Sozialisationswelten die Aktions- und Lebensradien des einzelnen, vergrößern sich seine sogenannten sozial-ökologischen Zonen. 5. Konsum- und Freizeitangebote (z.B. Vereine, Kirche): Weil die Wahrnehmung der Individuen stark divergiert, werden sie selten systematisch in den Sozialisationskonzepten berücksichtigt. Gänzlich quer zu diesen fünf Stadien und Schichtungen von Sozialisation fungieren die Medien und insbesondere das Fernsehen (vgl. Kübler 1994a, S. 103). Nach Charlton geht das Lernen vom Fernseher mit dem Lernen für die Fernsehkompetenz einher (vgl. Charlton 2001b, S. 75ff.). Seiner Meinung nach braucht es „die Schule des wirklichen Lebens, um Fernsehangebote“ (Charlton 2001b, S. 78) richtig zu verstehen. Das Selbstver- ständnis des Kindes wird in großem Maße durch das Fremdverstehen gefördert, welches z.B. beim Verstehen von Geschichten geübt wird. Durch das Beobachten von fiktiven Geschichten, kann ein Mensch Handlungsmotive, Handlungssituationen und Handlungserfolge beobachten. Demnach können Kinder auch Mithilfe von Fernsehgeschichten lernen, ihre eigene Handlungs- situation und eigene Handlungsmotive mit den Augen des anderen zu sehen (Charlton 2001b, S. 78). „Das Kind muss also im realen Leben lernen, um Fernsehangebote angemessen verstehen zu können. Umgekehrt übt es anhand von (Fernseh-) Geschichten zum Beispiel sein Fremdverstehen, was ihm im Alltag zum Vorteil gereicht“ (Charlton 2001b, S. 75). 5. Fernsehen und Erziehung Seite 104

In den meisten Familien ist das Fernsehen ständig präsent, steuert oder prägt sogar mehr oder weniger das Alltagsleben, bestätigt oder verunsichert die sozialen Muster der Erziehung. „Die überkommenen Stufen der Sozialisation, nämlich vom Intim-Persönlichen zum Anonym-Funktionalen, vom erzieherisch Dosierten zum marktgängigen, permissiven Überfluss, werden von den Medien unentwegt durchbrochen, sie überlagern sie womöglich ganz“ (Kübler 1994a, S. 103). Neil Postman geht sogar davon aus, dass das Fernsehen die Kindheit gänzlich beseitigt hat, weil es Tabuthemen mit seinen ständig zugänglichen Bildern schonungslos anböte (vgl. Postman 1999, S. 97ff.). Er ist der Meinung, dass das Fernsehen nicht über Ereignisse berichtet, sondern sie künstlich herstellt und sich dafür jedes kulturelle Tabu zunutze macht (vgl. Postman 1999, S. 98f.). Denn die schonungslose Aufdeckung aller Geheimnisse der Kultur stellt eine schwere Herausforderung für die Autorität der Erwachsenen und die Neugier der Kinder dar. Sie blicken hinter die Kulissen des Erwachsenenlebens und entwickeln infolgedessen Einstellungen, die Postman als erwachsenenmäßig bezeichnet – eine zynische oder gleichgültige Haltung gesellschaftlicher Vorgänge (vgl. Postman 1999, S. 112). „Nichts ist rätselhaft, nichts erfurchtgebietend, nichts bleibt dem öffentlichen Blick ver- borgen. Eine allgemein verbreitete Ansicht, die vor allem Fernsehleute gerne ins Feld führen, wenn sie kritisiert werden, hebt gerade hervor, dass die Kinder heute – ungeachtet dessen, was man sonst noch über die Auswirkungen des Fernsehens auf junge Menschen sagen könne – jedenfalls besser informiert seien als Kinder jemals zuvor. [...] Es bedeutet, dass sie zu Erwachsenen geworden sind oder zumindest den Erwachsenen ähnlich geworden sind. Es bedeutet, dass sie aus dem Garten der Kindheit vertrieben werden, indem man ihnen die Frucht des Erwachsenenwissens zugänglich macht“ (Postman 1999, S. 114). In der allmählichen Aufdeckung und Entschlüsselung der Welt erkennt Postman eines der symbolischen Fundamente für die neuzeitliche Phase der Kindheit, wie sie sich seit dem Buchdruck als erzieherisches und biographisches Ideal verbreitet hat. Das Fernsehen macht es sich seiner Meinung nach zur Aufgabe, Informationen mit Bildern zu bewegen, nicht sie zu sammeln. Die statische und lineare Form eines Buches hingegen kann bei einem Thema verweilen und es infolgedessen gründlicher untersuchen (vgl. Postman 1999, S. 98). „Das Fernsehen bietet eine ziemlich primitive, freilich unwiderstehliche Alternative zur linearen, sequentiellen Logik des gedruckten Wortes und tendiert dazu, die Härten einer an der Schrift orientierten Erziehung irrelevant zu machen. [...] Das Fernsehen verlangt keine besonderen Fähigkeiten und entwickelt auch keine Fähigkeiten“ (Postman 1999, S. 93). Schulte-Markwort ist der Meinung, dass Kindheit – zumindest die unbeschwerte Kindheit – heute nicht mehr existiert und bezeichnet sie als einen „Mythos“ (Schulte-Markwort zit. in Metzner 2001, S. 22). Die Kinder dieser Gesellschaft sind körperlich sowie psychisch erkrankt. Nahezu jedes dritte Kind leidet unter Stresssymptomen wie Kopfschmerzen, Nervosität, oder ständiger Müdigkeit. Vergleichbar mit gestressten Managern werden die Kinder von Asthma, Rücken- schmerzen, Schwindel oder Fettleibigkeit geplagt (vgl. ebenda). „Kinder werden heute groß in einer Welt von Erwachsenen, die genug mit sich selbst zu tun haben“ (Gless 2001, S. 66). Familienstrukturen haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Zugleich wird sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Menschen noch erheblich verschieben. Laut Statistischem Bundesamt werden die Menschen bis zum Jahr 2050 im Alter von 5. Fernsehen und Erziehung Seite 105

58 bis 63 Jahren zu den am stärksten besetzten Jahrgängen gehören140. Waren 1950 etwa doppelt so viele Menschen unter 20 Jahre wie über 59 Jahre alt, so wird es 2050 mehr als doppelt so viele ältere als junge Menschen geben. Der Altersaufbau der Bevölkerung am 31.12.1998 gibt einen Überblick zur Aufteilung zwischen älteren und jüngeren Bundesbürgern (vgl. Abb. 38). Viele Formen der Großfamilie sind aufgebrochen und selbst eine klassische Vater-Mutter-Kind-Familie kann in Deutschland nicht mehr als die häufigste Lebensform bezeichnet werden (vgl. Petzold 2001, S. 16ff.). Neue Familienformen sind u.a. Ein-Eltern-Familien, Adoptivfamilien, Lebensab- schnittspartnerschaften, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Patchwork-Familien, Pflegefamilien oder Wohngemeinschaften. Für den Nachwuchs gibt es einen Beziehungsersatz in Form vom Fernsehen und anderen elektronischen Medien wie etwa Computer, Gameboy, Discman, Radio, Playstation. Gless nennt diese Ersatzliebe E-Love141 (vgl. Gless 2001, S. 66). Die Orientierung bieten nicht mehr die Eltern sondern die ganze Welt. „Die Eltern begreifen immer seltener, dass Kinder eine lebenslange Aufgabe sind“ (Schuster zit. in Gless 2001, S. 66).

Abbildung 38 Altersaufbau der Bevölkerung am 31.12.1998142

Die Lebenswirklichkeit der Kinder scheint problematisch. „Kinder, die nach dem Terminkalender leben, die wenig Abenteuerumwelten zu entdecken haben, aber mit pädagogisch gestalteten Umwelten fertig werden müssen, die mehr drinnen, in der Wohnung, als draußen spielen müssen, die viel Kontrolle und wenig Freiraum haben, von denen Selbständigkeit verlangt wird, ohne dass sie selber Entscheidungen zu treffen vermögen“ (Hövel van den 1991, S. 192). Pädagogen reagieren laut Neuß seismographisch auf die Veränderung von gesellschaftlichen Strukturen (vgl. Neuß 1997, S. 121). Was für Kinder dieser Kulturepoche als qualitativ hochwerti- ges Kinderfernsehen betrachtet werden kann, wird davon abhängig gemacht. Qualitätsdebatten

140 http://www.destatis.de/allg/d/veroe/d_bevoe.htm (01.09.01) 141 electronic love / elektronische Liebe 142 http://www.destatis.de/basis/d/bevoe/bevoegra2.htm (01.09.01) 5. Fernsehen und Erziehung Seite 106 sind nach Paus-Haase Kulturdebatten und eng verbunden nicht nur an die Vorstellung der Kinder selbst, „sondern ebenso an das Bild von Kindern und Kindheit, das eine Gesellschaft in ihren Normen und Wertvorstellungen in bezug auf Kinder und ihre Erziehung prägt und das diese selbst in starkem Maße charakterisiert“ (Paus-Haase 1997c, S. 54).

5.2.2. Familien und Fernsehen

Beleuchtet man die Geschichte des Kinderfernsehens im Zusammenhang mit der Familie, erkennt man durch das Fernsehen bedingte Veränderungen. In den 50er Jahren und noch zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ist der Fernsehapparat in den deutschen Familien noch nicht weit verbreitet und hat für das Familienleben keine nachhaltigen Wirkungen. Fernsehen ist zu dieser Zeit ein „öffentliches Ereignis, das Kontakte schafft[e]“ (Aufenanger 1996, S. 8). Beliebte Sendun- gen werden in der Gaststätte oder bei Freunden gemeinsam erlebt. Mit der Verbreitung des Fernsehens als Massenmedium in den 70er Jahren nimmt der Bildschirm in den Familien einen höheren Stellenwert ein. Im Wohnzimmer gruppiert man die Möbel um den Fernseher und das gemeinschaftlich abendliche Fernsehen wird in das Familienleben integriert. Der Bildschirm ist in den Kreis der Familie aufgenommen wie ein weiteres Familienmitglied (Hesse 1999, S. 25). Mit Aufkommen der Privatsender in den 80er Jahren erweitert sich das angebotene Programm und führt dazu, dass die unterschiedlichen Familienmitglieder ihren individuellen Programminteressen nachkommen können (vgl. Aufenanger 1996, S. 8). Das Fernsehen der Kinder ist stark an das Familienleben gebunden und einen angemessenen Umgang mit dem Fernsehen können die jungen Rezipienten mit Unterstützung der Eltern erlernen. Haben die Kinder das Fernsehen erst einmal für sich entdeckt, zieht es häufig Konflikte und Diskussionen in der Familie nach sich (vgl. Kübler 1998a, S. 176). Es liegt bei den Streitthemen in der Familie auf Platz zwei gleich nach der Auseinandersetzung um das „Zubettgehen“ (vgl. Krotz 1999, S. 119f.). So zentral das Thema in den Familien sein mag, erst Mitte der 90er Jahre liegen richtungsweisende und repräsentative Daten zum Fernsehgebrauch in den Familien vor (z.B. Kübler 1998a; Hurrelmann 1996; Charlton 2000). „Im Gegensatz zu dieser starken Betonung der Familien aus medienpädagogischer Sicht, hat sie in der deutschsprachigen Medienforschung bis in die Mitte der achtziger Jahre hinein nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Erst mit der Diskussion um den Video- konsum von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt des Jugendmedienschutzes sowie mit der Einführung des erweiterten Programmangebots im Fernsehen [...] wurden Forschungsprojekte angeregt und gefördert, die sich der Beziehung zwischen der Familie und dem Fernsehen widmeten“ (Aufenanger 1991a, S. 83). Kinder benötigen die Beratung ihrer Eltern in der Programmauswahl, ihr Verständnis bei der Verarbeitung von Filminhalten und – vor allem die Fernsehanfänger – die Geduld beim Nachspielen der Filminhalte sowie Anhaltspunkte im Umgang mit dem Medium Fernsehen. Dabei fungieren die Erwachsenen als Vorbilder, auch wenn es ihnen nicht bewusst ist. Bis weit ins Jugendalter hinein orientieren sich die Kinder am Vorbild der Eltern, sie beobachten ihr Verhalten und ahmen es weitgehend nach. Eltern stellen demnach die wichtigsten Lernmodelle für die Kinder dar (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 71). Aber die jungen Rezipienten sind nicht nur in der Nutzung des Mediums Fernsehen durch das Imitationslernen von den Erwachsenen beeinflusst, sondern auch in der Bewertung und dem Umgang mit Fernsehinhalten. Gleichzeitig 5. Fernsehen und Erziehung Seite 107 wird das Verhalten der Erwachsenen in Bezug auf ihre Gefühle von den Kindern latent beobachtet und aufgenommen. Die Orientierung an den offen oder verdeckt vermittelten Werten und Normen der Erwachsenen ist umso wirkungsvoller, je mehr sich das Kind mit demjenigen identifiziert (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 73). So ist dies geschlechtsspezifisch in der Regel bei Mädchen die Mutter und bei Jungen der Vater. Zeigt beispielsweise ein Vater deutlich Gefühle bei einem traurigen Film, äußert er Ablehnung gegenüber dem Gebrauch von Gewalt als Konfliktlösungs- mittel oder verurteilt er die Darstellung von Frauen als `Dummchen`, so prägt dieses Verhalten die Wertmaßstäbe und Einstellungen bei seinen Nachkommen. „Lobt der Vater hingegen den harten Helden, billigt er Gewalt und lässt bei rührenden oder traurigen Filmszenen keine Regung erkennen, trägt dies dazu bei, dass die traditionelle Männerrolle von seinem Sohn übernommen wird“ (Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 73).

KOMMENTAR Eltern sind also wichtige Vorbilder und sollten insbesondere ihre eigenen Fernsehgewohnheiten regelmäßig reflektieren. Sie müssen sich bewusst sein, dass sie einen großen Einfluss nicht nur auf das Fernsehverhalten ihrer Zöglinge haben, sondern auch auf deren Beurteilung und Einschätzung des Inhalts und so ihre Meinung nachhaltig prägen.

Familien bieten Kindern Formen der Alltagsorganisation, stellen vermittelnd den Zusammenhang zu ihrer Umwelt her und gestalten zwischenmenschliche Beziehungen. In diesem Gefüge von Beziehungsgestaltung, Alltagsorganisation und Umweltvermittlung entwickeln Kinder ihr Verhältnis zur Schule bzw. Kindergarten, zu Konsum und Arbeit, zu Freizeit, Kultur u.ä. (vgl. Hurrelmann 1996, S. 24). Als Teil des Familiensystems geht das Fernsehen daher in den Sozialisations- kontext der Familien ein (vgl. Abb. 39).

Abbildung 39 Fernsehgebrauch im Sozialisationskontext der Familie143

Mit der Art der Familienform werden wichtige Voraussetzungen für dieses Gefüge gegeben. Die Fernseherziehung und der Gebrauch des Fernsehgeräts sind einerseits von diesen

143 vgl. Hurrelmann 1996, S. 24 5. Fernsehen und Erziehung Seite 108

Gegebenheiten bestimmt und andererseits sind Rückwirkungen des Umgangs mit dem Fernsehen auf die Alltagsorganisation die Gestaltung der persönlichen Beziehungen und die Vermittlung von Umwelt in der Familie anzunehmen (vgl. Hurrelmann 1996, S. 24). Es findet eine gegenseitige Wechselwirkung statt. Die gesellschaftlichen Systeme wirken zusätzlich extern auf den Fernseh- gebrauch und die Erziehung in den Familien ein. Der Fernsehgebrauch gliedert sich vor diesem Hintergrund in die Alltagsorganisation ein oder konstituiert sich gar. Er hat seine Funktion für das Gesamtsystem Familie, für die verschiedenen Subsysteme und jedes einzelne Familienmitglied (vgl. Hurrelmann 1996, S. 160). „Mittels Fernsehen werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Familienmitglieder betont, stellt man Nähe her oder grenzt sich von den anderen ab. Fernsehen ermöglicht Erfahrungen außerhalb der familialen Grenzen und dient den Eltern zur Normvermittlung“ (ebenda). Wenn Familien gemeinsam fernsehen ist das durchaus auch etwas Schönes. Dabei kommt es aber auch vor, dass Kinder durchaus Sendungen sehen, die sie gar nicht wirklich interessieren oder die nicht für sie geeignet sind (vgl. Götz 2002, S. 42). Auf die Frage, wieso sie darauf kam die Daily-Soap Gute Zeiten, schlechte Zeiten regelmäßig zu sehen, antwortet die neunjährige Vivien folgendermaßen: „Das waren eigentlich meine Eltern, weil die haben da jeden Tag reingeguckt und ich wollte immer Kinderkanal oder so gucken, und dann haben sie gesagt: `Nein Vivian, du gehst entweder ins Bett oder guckst mit uns Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (zit. in Götz 2002, S. 41). Für dieses Mädchen scheint die Sendung zweitrangig zu sein und der familiäre Akt des gemeinsamen Fernsehens steht im Mittelpunkt. Vivien genießt die Gemeinsamkeit und ob die Inhalte der Serie ihr schaden oder sie verunsichern, ist vom familiären Rahmen abhängig. Ob Kinder viel fernsehen oder problematische Nutzungsmuster entwickeln, Programme weder kognitiv noch emotional einordnen können, steht in engem Zusammenhang mit der Problem- belastung in der Familie (vgl. Hurrelmann 1996, S. 88ff.). Dass durch Rezeption hervorgerufene kindliche Ängste die Eltern beunruhigt, ist verständlich und kommt laut Hurrelmann häufig bei vielsehenden Kindern vor. Diese entwickeln nämlich ungünstige Nutzungsroutinen, so dass der Konsum oft wahllos erscheint (vgl. Hurrelmann 1996, S. 98). Der Rezeptionsstil ist zudem vielfach durch Ablenkung und mangelnde Aufmerksamkeit geprägt. So können die Inhalte nicht verarbeitet werden. Kinder haben aber eigene Mittel, um ihre Spannung abzubauen. So schauen sie sich aufregende Filmszenen gern noch mal an, hüpfen herum während des Fernsehens oder lenken sich mit anderen Dingen ab. Viele Eltern scheinen dies als Desinteresse zu deuten, doch liegen sie mit dieser Interpretation nicht immer richtig. Kinder lenken sich oft ab, indem sie beim Fernsehen malen oder spielen, was ein Anzeichen für eine Schutzfunktion des Kindes sein kann. Erwachsene sollten nicht sofort den Fernseher ausmachen, bevor sie das rezipierende Kind nicht näher betrachtet haben. Bei einem tatsächlichen Desinteresse des Kindes an dem Fernsehgeschehen, sollten die Erwachsenen das Kind auffordern, das Gerät selbst abzustellen. Ist jedoch bei dem Kind eine Erregung zu spüren, sollte es die Möglichkeit haben, das Gesehene im Fernsehen zu Ende zu verfolgen und das Happy-End als erlösendes Stilmittel zu erfahren (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 33). Hilfreich ist bei einer deutlichen Anspannung des Kindes eine Unterhaltung über das Gesehene und das 5. Fernsehen und Erziehung Seite 109 gemeinsame Fernsehen mit einem Erwachsenen. Die Voraussetzung für ein Gespräch mit Kindern beim Fernsehen und über deren Fernsehvorlieben oder -ängste ist ein aktives, nicht reglementiertes Zuhören (vgl. Gordon 1993, S. 252ff.). Hierbei sollten die Eltern das Kind ernst nehmen, weil sie sonst nicht als Gesprächspartner akzeptiert werden. Körperliche Geborgenheit ist eine weitere Hilfe insbesondere für kleinere Kinder144. Bei älteren Kindern hilft eine verbale Verarbeitung. Rogge ist davon überzeugt, die Eltern sollten ohnehin in der Nähe ihres rezipierenden Kindes sein, es beobachten und ihm bei der Verarbeitung des Gesehenen helfen, indem sie versuchen, vom Kind aus zu denken und es emotional dort aufzufangen, wo es hängen geblieben ist (vgl. Rogge 1999, S. 71). Viele Erzieher oder Lehrer klagen über das sogenannte Montagssyndrom, d.h. dass viele Kinder sich montags lauter, aggressiver und unruhiger als an anderen Tagen der Woche verhalten (vgl. Neuss 2000, S. 217). Die Kleinen berichten von ihren intensiven Fernseherlebnissen vom Wochenende und spielen viele Szenen nach. In der Medienwirkungsforschung wird oft von einer Reizüberflutung der Kinder ausgegangen (vgl. ebenda). Hinzu kommt, dass vielsehende Kinder allein oder gemeinsam mit Familienangehörigen ungeeignete oder zumindest nicht altersgemäße Inhalte konsumieren. Unverständliches führt dann zu Ängsten und starke emotionale Beteiligung am Fernsehgeschehen kann zur dominanten Erlebnisform führen, die die kognitive Verarbeitung beeinträchtigt (vgl. Hurrelmann 1996, S. 98). Kinder benötigen Figuren und Symbole, mit deren Hilfe sie die Erfahrungen und Erlebnisse ihres Alltags bearbeiten können. Das kann He-Man genauso sein wie ein Protagonist von Pokémon oder auch Sailor Moon (vgl. Hövel van den 1991, S. 189). Diese Figuren sind im Spiel der Kinder integriert und Verbote wirken hier nur selten (vgl. S. 185). Kinder teilen im Spiel und im Gespräch bewusst oder latent ihre Wünsche, Sorgen und Ängste mit. Es sollten daher noch andere Fantasie- und Gestaltungsräume für die Kleinen angeboten und die Ursachen der kindlichen Konflikte hinterfragt werden (vgl. Hövel van den 1991, S. 189f.). Es ist durchaus notwendig, dass Erwachsene Grenzen aufzeigen oder Alternativen anbieten. Bedingungslos alles zu akzeptieren, was Kinder in dieser Hinsicht wollen und nutzen, ist nach Van den Hövels Sicht nicht der richtige Erziehungsweg (vgl. Hövel van den 1991, S. 189).

KOMMENTAR Leider können oder wollen nicht alle Erziehungsberechtigten ihre Kinder auf diese Weise kontrollieren oder mit ihnen über Fernsehinhalte sprechen. Die Alleinerziehenden und/oder Berufstätige haben wenig Zeit, um sich so konsequent um ihre Kinder zu kümmern. Viele genießen die Zeit des rezipierenden Kindes als freie Zeit für sich und wiederum andere sind desinteressiert und stören sich nicht am großen Fernsehkonsum ihrer Kinder. Es wäre wünschenswert, wenn mehr Aufklärung unter den Erwachsenen stattfinden würde. Zuvor müsste das Interesse der Eltern an medienpädagogischen Themen geweckt werden.

5.2.3. Medienerziehung

Medienerziehungskonzepte sind in fast allen Situationen, bei denen es um den Umgang mit dem Fernsehen geht, leitend (vgl. Aufenanger 1994, S. 485). Sie stellen eine Art Alltagstheorie dar, die

144 z.B. es in den Arm nehmen oder auf den Schoß 5. Fernsehen und Erziehung Seite 110 das Denken über das Medium Fernsehen bestimmt. Je nach Ausprägung dieser Konzepte ergeben sich unterschiedliche Vorstellungen über die Begrenzung des Fernsehkonsums oder die Qualitätskriterien der Eltern. Es lassen sich nach Aufenanger fünf verschiedene Typen von Medienerziehungskonzepten herleiten (vgl. Tab. 8).

Tabelle 8 Fünf verschiedene Typen von Medienerziehungskonzepten145

Medienerziehungskonzepte Zentrales Merkmal Lizenzierung: Einteilung der Fernseherlaubnis Erlaubnis bzw. Reglementierung nach qualitativen, inhaltlichen Kriterien Limitierung: Einschränkung der Fernsehdauer Reglementierung bzw. Erlaubnis hauptsächlich nach zeitlichen Kriterien Akzeptanz: Laufen- und Sehenlassen Unreglementiertes Gewährenlassen Ablehnung: Fernsehverbot Verzicht auf Fernsehgerät Akzeptanz: Familienintegriertes Fernsehangebot Situationsabhängig tolerierendes Gewährenlassen

Das erste Konzept ist die Lizenzierung (Einteilung der Fernseherlaubnis), das bedeutet im engeren Sinne, dass die Eltern den Fernsehkonsum ihrer Kinder einteilen. Hierbei wird die Stellung des Fernsehens in der Familie und dessen Bedeutung nach Qualitätskriterien bestimmt werden (vgl. Aufenanger 1994, S. 486). Die Einteilung in qualitative und ungeeignete Sendungen bestimmen die Erwachsenen und die Kinder müssen fragen, bevor sie das Fernsehgerät anstellen dürfen. Mit Limitierung (Einschränkung der Fernsehdauer) wird das zweite Medienerziehungs- konzept beschrieben, bei dem die Eltern den Fernsehzugang der Kinder rein zeitlich beschränken. Beispielsweise dürfen jüngere Kinder weniger Minuten am Tag fernsehen, als ihre älteren Geschwister. Oft überlegen sich die Erwachsenen bestimmte Systeme, damit die Kinder lernen, ihren Fernsehkonsum selbst zu kontrollieren (vgl. ebenda). So wird jedem Kind ein bestimmtes Kontingent an wöchentlicher Fernsehzeit zugesprochen, das es sich selbst einteilen darf. Hierbei soll es lernen, selbständig abzuwägen und seine Zeitreserven sinnvoll einzuteilen. Für dieses Konzept gilt, dass das Fernsehen eher „eine Notlösung [darstellt], wenn andere Freizeittätigkeiten ausgeschöpft sind“ (Aufenanger 1994, S. 487). Das dritte Medienerziehungskonzept ist die Akzeptanz (Laufen- und Sehenlassen). Hierbei gibt es keine Trennung zwischen dem Fernsehen für Erwachsenen und dem für Kinder (vgl. ebenda). Die Kinder dürfen alles sehen, was im Fernsehen gezeigt wird und werden nicht von den Erwachsenen reglementiert. Die Vorstellung der Eltern beruht auf der Annahme, dass das Fernsehen keinen Einfluss auf die Entwicklung der jungen Rezipienten hat (vgl. ebenda). Die Ablehnung (Fernsehverbot) stellt genau das Gegenteil des Akzeptanzkonzepts dar. Dieses vierte Konzept basiert auf grundsätzlichen Vorbehalten der Eltern gegenüber dem Medium Fernsehen und wird vorwiegend wegen seines Inhalts abgelehnt. Die Familie bevorzugt ein fernsehfreies Leben und verzichtet ganz auf das Fernsehgerät. Das fünfte Medienerziehungskonzept Akzeptanz (Familienintegriertes Fernsehangebot) beinhaltet ein situationsbezogenes Gewährenlassen der Kinder im Umgang mit dem Fernsehen. Das bedeutet, dass die Eltern den Kindern einen freien Zugang zu Fernsehsendungen erlauben, da sie ihnen Fernsehkompetenz zutrauen (vgl. Aufenanger 1994, S. 488). Das Erziehungskonzept der Familien

145 vgl. Aufenanger 1994, S. 486 5. Fernsehen und Erziehung Seite 111 ist geprägt von Selbständigkeit und Selbstverantwortung. Fernsehen wird als etwas Alltägliches angesehen, das von allen Familienangehörigen unbefangen genutzt wird. „Das Medienerziehungskonzept dieser Eltern ist von der Vorstellung geprägt, dass die Medien Stärken und Schwächen haben und Kinder schon sehr früh lernen können, mit Medien sinnvoll umzugehen, wenn ihnen entsprechende Erfahrungsräume verschafft werden“ (ebenda). Insgesamt ist Aufenanger davon überzeugt, dass Kindern ein kompetenter, selbstbestimmter und kritischer Umgang mit dem Medium Fernsehen ermöglicht und vermittelt werden sollte. Hierbei sollten ihnen möglichst viele selbständige Erfahrungen gestattet werden und nur dann von den Eltern eingegriffen werden, wenn die jungen Rezipienten die Folgen ihres Medienhandelns nicht überschauen können (vgl. Aufenanger 1994, S. 489). Die Medienerziehung sollte sich nach gleichen Prinzipien richten wie die anderen Erziehungsfragen einer Familie. Der Umgang mit dem Fernsehen sollte demnach nicht weniger eigenständig ablaufen als z.B. der Umgang mit dem Taschengeld (vgl. ebenda). Die Fernseherziehung sollte sich zudem an dem Entwicklungsstand des Kindes orientieren, was folglich bedeutet, dass älteren Kindern mehr Kompetenz zugetraut werden kann als jüngeren. Dabei sollte aber laut Aufenanger darauf geachtet werden, dass individuelle Unterschiede auftreten können. „So kann es sein, dass im gleichen Alter das eine Kind problemlos mit angstauslösenden Szenen im Fernsehen umgeht, indem es wegguckt oder das Fernsehen abbricht, während das andere Kind gebannt die entsprechenden Szenen verfolgt, sich nicht davon lösen, dann aber nachts vor Angst nicht schlafen kann“ (Aufenanger 1994, S. 489). Eine Frage, die mit Aufkommen der Teletubbies in Deutschland neu angeregt wurde, ist der Zeitpunkt, ab wann Kinder mit dem Fernsehen beginnen dürfen (vgl. Kapitel 4.2.3.). Laut Kübler geht die internationale Publikumsforschung davon aus, dass Kinder sich im Alter von zwei bis drei Jahren dem Bildschirm zuwenden (vgl. Kübler 1998, S. 256). In Japan sollen Kinder im Alter von einem bis eineinhalb Jahren schon täglich durchschnittlich zwei Stunden fernsehen und Zwei- bis Dreijährige sogar drei Stunden (vgl. ebenda). In den USA verfolgen schon Säuglinge unter einem halben Jahr das Fernsehprogramm und reagieren vor allem auf akustische Reize und auffallenden Bewegungen auf dem Bildschirm (vgl. ebenda). Ab einem Jahr lässt sich feststellen, dass die Fernsehinformationen hauptsächlich visueller Art von den Kindern gemerkt werden und mitunter eine Figur dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeahmt wird (vgl. Kübler u.a. 1998, S. 256f.). Die kindlichen Fernsehzeiten steigen kontinuierlich ab dem ersten Kontakt mit dem Gerät bis etwa einem Alter von 12/13 Jahren (vgl. ebenda, S. 257). Es zeigt sich, dass schon 1-2jährige Kinder Gefallen an den Teletubbies finden. Eine aktuelle Studie aus den USA hat heraus- gefunden, dass in Amerika ein Viertel der unter Dreijährigen täglich mindestens drei Stunden vor einem Fernsehapparat verbringen146. Allein in der Gruppe der Zweijährigen sind es 40%147. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ist der Meinung, dass die Teletubbies „unter dem Deckmantel des pädagogisch Wertvollen als Ersatzbabysitter herhalten“ (Gangloff 2001a, S. 36). Wenn Eltern ihre Kinder fernsehen lassen, um mehr Zeit für sich selbst und für andere zu haben, wird diese Funktionalisierung des Fernsehens als „Babysitter“ bezeichnet und geht mit einem höheren Fernsehkonsum der Kinder einher (vgl. Neumann-Braun u.a. 1993, S. 503). Demnach

146 vgl. http://www.welt.de/daten/2001/05/06/0506med251687.htx (11.05.01) 147 vgl. ebenda 5. Fernsehen und Erziehung Seite 112 sollen Zweijährige noch nicht vor den Fernseher gesetzt werden, denn immer mehr deutsche Kinder seien fernsehgeschädigt (vgl. ebenda). Es sind auffällige Verhaltensmerkmale festzustellen und es wird geraten, dass Kinder unter zwei Jahren überhaupt nicht fernsehen sollten148. Interessant ist hierbei zu erwähnen, dass selbst der Fötus im Mutterleib schon durch das Fernsehen und andere Medienreize konditioniert werden kann (vgl. Wender 1999, S. 14f.). Dies ist ein entwicklungspsychologisches Forschungsergebnis, das Eltern ferner zur Kenntnis nehmen sollten.

KOMMENTAR Trotz dieser Beobachtungen im In- und Ausland, ist es verwunderlich, dass es bisher nicht üblich ist, bei statistischen Fernseherhebungen (z.B. der GfK), Kinder unter drei Jahren zu beachten. Es wäre doch interessant zu erfahren, wie viele Kleinkinder in Deutschland schon direkt oder indirekt rezipieren und inwiefern Familien die Kleinsten mitgucken lassen bzw. eigens für sie den Fernseher einschalten.

Nur wenige Eltern haben tatsächliches Interesse an medienpädagogischen Angeboten nach Auskunft von Einrichtungen wie etwa Familienbildungsstätten, Jugendämtern, Vereine, Volkshoch- schulen, Medienkompetenzzentren, Kindergärten, Medienzentren, Stiftungen, Verbraucherzentra- len u.ä. (vgl. Abb. 40). Nur ein Drittel der Befragten haben ein großes Interesse an medienpädago- gischen Informationen und Veranstaltungen und nur jeder Zwanzigste bekundet sehr großes Interesse (vgl. Burkhardt 2001, S. 267). Die Hälfte aller Eltern und Familien haben nur wenig und 7% sogar überhaupt kein Interesse. Die Platzierung des Fernsehers innerhalb der Familie spielt zudem keine unwesentliche Rolle in der Fernseherziehung.

kein Interesse sehr groß 7% 7%

groß 36% weniger groß 50%

Abbildung 40 Interesse der Eltern und Familien an medienpädagogischen Informationen und Veranstal- tungen149

So kann ein Fernseher im Esszimmer zum Fernsehkonsum während der Mahlzeiten verleiten oder im Mittelpunkt des Wohnzimmers hierbei das zentrale Familienleben beeinflussen (vgl. Lerchen-

148 vgl. http://www.welt.de/daten/2001/05/06/0506med251687.htx (11.05.01) 149 vgl. Burkhardt 2001, S. 268 5. Fernsehen und Erziehung Seite 113 müller-Hilse 1998, S. 75). Ein unwichtiger Eckplatz z.B. könnte nach Lerchenmüller-Hilse nicht nur ein optisches Zeichen geben, sondern auch unwichtiger im Familienleben werden (vgl. ebenda, S. 76). Viele Kinder haben schon ihren eigenen Fernseher im Kinderzimmer stehen und verfügen selbständig über ihr Programm. Die Frage, ob dies sinnvoll ist, muss jede Familie für sich selbst beantworten. Doch sollten Kinder möglichst erst dann über einen eigenen Fernseher verfügen, wenn sie eine hinreichende Kompetenz im Umgang mit diesem Medium erworben haben (vgl. Lerchenmüller-Hilse 1998, S. 76). Hierbei wird oft die Entwicklung von so genannter Medien- kompetenz der Kinder gefordert (vgl. Baacke 1997a, S. 96ff.).

KOMMENTAR Für viele Kinder – besonders für ältere – bedeutet ein eigenes Fernsehgerät allerdings eine erhebliche Bedeutung als Statussymbol für sich selbst und vor der Peergroup. Diese Gleich- altrigengruppe hat neben der Familie einen erheblichen Einfluss auf das Medienverhalten der Kinder. Die Kinder sind auf dem Weg des Abnabelungsprozesses von der Familie und die Peergroup bieten wichtige Bezugspersonen zur Bildung der eigenen Selbständigkeit. Trotzdem sollte dieser Schritt gut überlegt sein und die Eltern sollten mit den Kindern das Für und Wider diskutieren. Zu bedenken ist hierbei, dass Kinder mit eigenem Fernsehgerät im Durchschnitt öfter und länger rezipieren als andere in ihrem Alter. Trotzdem ist es einigen mediengeschulten Kindern sicherlich zuzutrauen, ein eigenes Gerät zu besitzen. Die Eltern sollten hierbei trotzdem weiterhin das Rezeptionsverhalten der Kinder beobachten und notfalls eingreifen.

5.2.4. Fernsehfreie Erziehung

Wie bereits erwähnt, gibt es ein Medienerziehungskonzept, dass die generelle Ablehnung des Fernsehens beinhaltet. Dieses Konzept gründet sich auf zum Teil weltanschaulichen Positionen wie z.B. die anthroposophische Lebensweise oder auf grundsätzlichen Vorbehalten gegenüber dem Medium Fernsehen und seinen Inhalten, was vornehmlich von der Sorge um das Kindes- wohl geprägt ist (vgl. Aufenanger 1994, S. 487). Ein Anreiz für die Fernsehverweigerung kann von einer ehemaligen Fernsehsucht ausgehen (vgl. Lakotta 1995, S. 134). Es stehen oftmals bildungsbürgerliche Einstellungen im Vordergrund, in denen dem Wort und der Schrift für die Bildung der Persönlichkeit mehr Gewicht eingeräumt wird als dem Bild (vgl. Postman 1999, S. 98). 53,3% der Nichtseher haben einen Hochschulabschluss, rund die Hälfte verfügt über ein Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 2.000,- Euro und 80,3% von ihnen leben in Großstädten oder zumindest in Vororten150. Zwei Millionen Deutsche gestalten ihr Leben mittlerweile ohne das Fernsehen151. Über sie liegen kaum kommunikationswissenschaftlich abgesicherte Kenntnisse vor (vgl. Sicking 1998, S. 9). Im Vergleich mit dem Beginn der Zuschauerforschung werden heute andere Untersuchungsziele definiert, die sich hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen mit quantitativen Fernsehnutzungsdaten und aus kulturkritischer Sicht mit der Vielseherforschung beschäftigt (vgl. Sicking 1998, S. 9). Nichtseher finden in den Studien als eine vernachlässigende Restgröße eher beiläufig eine Erwähnung. Vor dem Hintergrund einer sich differenter darstellen-

150 vgl. http://www.welt.de/daten/2000/04/06/0406mm160901.htx (11.05.01) 151 vgl. ebenda 5. Fernsehen und Erziehung Seite 114 den Lebens- und Mediennutzungsweise sowie der Qualitätsdebatte ist eine Betrachtung dieser vernachlässigten Kategorie angebracht. Die Eltern möchten ihre Kinder vor den schädigenden, gewalthaltigen und unmoralischen Fernsehinhalten schützen (vgl. Lakotta 1995, S. 135). Die Nachteile des Fernsehkonsums können neben Werbe- sowie Konsumdruck, dem Montagssyndrom oder dem Verlust der natürlichen Fantasie physischer Natur sein. Rainer Patzlaff warnt vor den Folgen des Fernsehens für Kinder und Erwachsene. Es soll Gefahren für das Auge darstellen, dessen sonst lebhafte Tätigkeit sinnlos geworden ist und einer „hochgradigen Passivität“ (Patzlaff 2000, S. 24) weicht. Das Blickfeld des Betrachters wird dauerhaft auf einen kleinen Ausschnitt beschränkt. Dies führt zu einem allgemeinen Bewegungsstau (vgl. ebenda, S. 25). Zudem wird durch die Kameraführung und Darstellung eine unterschwellige Meinungssteuerung und Manipulation der Zuschauer bewirkt (vgl. Patzlaff 2000, S. 36-42). „Die Leute sehen was und denken, sie seien informiert, und dabei bleibt doch nur ein dumpfer Eindruck“ (TV-Verweigerer zit. in: Lakotta 1995, S. 136). Patzlaff wertet das Ganze „als Angriff auf die Willenskräfte des Menschen, von denen alle Eigenaktivität ausgeht. Aktivitätsverhinderung findet statt, Willensstau, und damit eine Ich- Verhinderung“ (Patzlaff 2000, S. 26). Mander ist der Meinung, dass das Fernsehen die schöpferische Fantasie des Menschen unterdrückt und die Massenpassivität verstärkt (Mander 1979, S. 301). Zudem ist das Fernsehen nach Mander „eine Form der sensorischen Deprivation; es bewirkt Desorientierung und Verwirrung“ (ebenda). Glogauer hält die Gruppe der Viel- und Exzessivseher zweifellos für fernsehsüchtig. Er macht eine Fernsehsucht an sechs Kriterien fest: 1. Es besteht ein innerer Zwang, sich möglichst uneingeschränkt dem Fernsehen zuzuwenden. 2. Bestimmte Entzugserscheinungen wie Unruhe oder Verstimmungen treten auf, wenn kein ferngesehen wird. 3. Die Fernsehdosis muss quantitativ und qualitativ gesteigert werden, um den gleichen gefühlsmäßigen Zustand zu erreichen. 4. Fernsehen beherrscht das Freizeitverhalten so, dass der gesamte Lebens- und Tagesrhythmus sowie die sozialen Kontakte davon betroffen sind. 5. Psychische Veränderungen und Störungen treten auf. Es kommt zu Realitätsverlust, Angstphobien, Depressionen. 6. Gesundheitliche Schäden können die Folgen sein. Dazu gehören Übergewicht152, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Beschwerden (vgl. Glogauer 1998, S. 146f.). Ein Beispiel hierfür sind die Eheleute Neumann, die den Fernseher abgeschafft haben, als ihnen auffiel, dass ihr Baby zum „Störfaktor im Abendprogramm“ (Lakotta 1995, S. 135) wurde und es pünktlich zum Spielfilm nicht mehr stören sollte. „Man macht sich und die Kinder zu Sklaven des Geräts“ (Neumann zit. in: ebenda). Genauso verhält es sich mit Kindern, die ihren Tagesablauf der Lieblingsserie anpassen (vgl. Götz 2002, S. 41): „Zu Hause beeilen wir uns jetzt abends mit dem Essen, um Dragon Ball nicht zu verpassen“ (Amelie, 9 Jahre).

152 Dies bestätigt auch eine aktuelle Studie aus den USA (vgl. Kapitel 5.2.2. und http://www.welt.de/daten/2001/05/06/0506med251687.htx (11.05.01)). 5. Fernsehen und Erziehung Seite 115

„Manchmal ist es mir zu stressig mit der Uhrzeit. Ich muss dann ja zu Hause sein, wenn es anfängt“ (Sven, 13 Jahre). Die Kinder versuchen rechtzeitig zu Sendebeginn mit ihren Aufgaben fertig zu sein oder kommen gezielt vom Spielen nach Hause. Zum Teil kann das als Strukturhilfe des Tagesablaufs gesehen werden, aber setzt die jungen Rezipienten auch unter Druck und lässt sie andere Aktivitäten zurückstellen (vgl. Götz 2002, S. 41). Mit steigender Fernsehnutzung scheint die Kommunikation in den Familien abzunehmen: „Wo viel ferngesehen wird, da wird auch weniger geredet, da kommen seltener Probleme zur Sprache, werden seltener Konflikte im Gespräch angegangen“ (Eurich 1980, S. 96). Nach Ulrich Skambraks überlassen die Eltern ihre Kinder denen, die eigentlich kein Recht dazu haben: Autoren und Regisseure „der Scheinwelt“ (Skambraks 1988, S. 236). Marie Winn ist der Meinung, dass man lernen kann, den Fernseher mit starkem Willen zu beherrschen und sich nicht davon einnehmen lassen sollte (vgl. Winn 1979, S. 307). Eltern müssten sich bewusst machen, wie groß der Einfluss des Fernsehens auf das Familienleben ist. Es hat negative Auswirkung auf die Mahlzeiten, Gespräche, Spiele und Rituale der Familie (vgl. Winn 1979, S. 306). Kinder, die mit einer fernsehfreien Erziehung aufwachsen, werden aber oft als Außenseiter eingeordnet und von Gleichaltrigen ausgeschlossen (vgl. Aufenanger 1994, S. 487). Bei den Peergroups hat die Medienerfahrung mit dem Fernsehgerät und seinen Inhalten ohnehin eine große Bedeutung. Den Serien und Fernsehhelden wird in den Spielen und Gesprächen der Kinder eine zentrale Rolle zugedacht. Über das Fernsehen lässt sich auf dem Schulhof leicht Kommunikation herstellen, in der Peersgroup finden sich dabei schnell Moden und Trends, die aber auch gleichzeitig „unter Druck setzen, über das nötige Wissen zu verfügen“ (Götz 2002, S. 42). Auch im Unterricht sind TV-Ereignisse heutzutage häufig Thema (vgl. Lakotta 1995, S. 135). „Bei uns in der Klasse reden sie nur noch vom Fernsehen“ (Christoph, 11 Jahre, zit. in: ebenda). Er fühlt sich oft ausgeschlossen und hat den Eindruck, dass seine Mitschüler „ganz nebenbei mehr Informationen aufschnappen als er“ (ebenda). Peinlich empfindet er es zudem, dass seine Klassenkameraden glauben, seine Eltern könnten sich keinen Fernseher leisten. Aufenanger ist der Meinung, dass die Kinder aus fernsehfreien Familien zur Unehrlichkeit gezwungen werden und heimlich bei Freunden oder Nachbarn fernsehen (vgl. Aufenanger 1994, S. 487). Rogge warnt vor striktem Fernsehverbot und den Folgen einer Außenseiterkindheit (vgl. Lakotta 1995, S. 135). Laut Peter Sicking sollen die meisten fernsehsuchtgefährdeten Erwachsenen als Kinder niemals fernsehen oder „der Fernseher wurde als Sanktionsgerät verwendet“153. Er ist der Meinung, dass man Kindern das Fernsehen nicht rigoros verbieten, sondern selektiert und mit den Kindern gemeinsam fernsehen sollte, da es wichtig ist, sofort Fragen der Kleinen beantworten zu können154. Die Familien ohne Fernseher finden kreative Alternativen der Freizeitgestaltung und sind glücklich mit ihrer Entscheidung. „Die Abende zwischen uns sind wieder brisanter geworden“ (zit. in: Lakotta 1995, S. 136). Sicking sieht das Fernsehen ohnehin nicht mehr als das Leit- medium der nächsten zehn Jahre, sondern das Internet und den Computer155. Einigkeit herrscht

153 vgl. http://www.welt.de/daten/2000/04/06/0406mm160901.htx (11.05.01) 154 vgl. ebenda 155 vgl. http://www.welt.de/daten/2000/04/06/0406mm160901.htx (11.05.01) 5. Fernsehen und Erziehung Seite 116 darüber, dass kein Fernsehfilm und keine Fernsehserie in der Lage sind, das Gespräch und Zusammensein mit Eltern oder Freunden zu ersetzen (vgl. Hövel van den1991, S. 187).

6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 117

6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Nachdem in den vorherigen Kapiteln u.a. das deutsche Kinderfernsehen, das Rezeptionsverhalten und die aktuelle Situation auf dem Kinderfernsehmarkt dargestellt wurde, wird in diesem Kapitel eine etablierte deutsche Vorschulserie genauer betrachtet: Die Sesamstrasse. Seit gut 30 Jahren ist diese Sendung in Deutschland im Programm und wird erfolgreich auf dritten Programmen der ARD und seit Gründung des Ki.Ka auch dort ausgestrahlt. Sie ist beliebt bei Eltern, Pädagogen sowie bei den Kindern selbst. Doch was ist der pädagogische Anspruch dieser Sendung, und wie kann sie als eine der wenigen Serien auf dem Kinderfernsehmarkt über einen so langen Zeitraum erfolgreich sein? Im Folgenden werden der geschichtliche Hintergrund der Sendung und das aktuelle Konzept dargestellt, die Marktförmigkeit veranschaulicht und die Qualität der Serie analysiert. Entwicklung sowie die Perspektiven der Sesamstrasse werden aufgezeigt.

6.1. Geschichtlicher Hintergrund

Die Entstehung der Vorschulsendung Sesamstrasse ist eng verbunden mit den gesellschaftlichen Ereignissen in den USA Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Daher werden in diesem Kapitel die geschichtlichen Hintergründe in den USA dargestellt. Die Serie wurde Anfang der 1970er Jahre weltweit bekannt und in viele Länder verkauft. Auch die gesellschaftlichen Veränder- ungen sowie die Bildungsreformdiskussion in Deutschland, boten positive Voraussetzungen für die Übernahme der Kindersendung. Aus der amerikanischen Vorschulserie Sesame Street wurde die deutsche Version Sesamstrasse.

6.1.1. Die amerikanischen Wurzeln

Die vorherrschende soziale Ungerechtigkeit in den USA Anfang der 1960er Jahre speziell gegenüber afroamerikanischen Staatsbürgern führt zur Gründung von Bürgerrechtsbewegun- gen156 und der Forderung nach mehr Chancengleichheit unter der Bevölkerung. Es kam zu Aufständen und Unruhen in fast allen Großstädten des Landes. Im Verlauf des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion bestärkte die Bildungsdiskussion um den Sputnik- schock157 den Ruf nach einer Verbesserung der Ausbildung an amerikanischen Schulen. Zudem kamen eine hohe Anzahl an `Schulversagern` sowie Analphabeten in der amerikanischen Gesellschaft hinzu und es standen nur wenige Vorschuleinrichtungen zur Verfügung (vgl. Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 10). Besonders zeichnete sich eine Benachteiligung der Kinder ab, die in sog. Slums158 aufwachsen: „Bei vergleichenden Untersuchungen zeigte sich, dass keine von neun Slumschulen auch nur annähernd die Leseleistung des nationalen Durchschnittes erreichte, während alle neun Schulen aus wohlhabenden Bezirken weit darüber lagen. Im Median zeigten die Kinder der Slumschulen 3,2 Jahre Rückstand gegenüber den Schülern der anderen Schulen. Im Vergleich zum nationalen Durchschnitt lagen sie 1,2 Jahre zurück“ (US Department, Office of Education, Washington 1970, zit. in: Scherell 1980, S. 16f.).

156 z.B. SNCC, Black Muslims, Black Panther Party 157 1957 wurde von der UdSSR der Sputnik (erster künstlicher Satellit) in die Erdumlaufbahn gebracht. Ein Zeichen für den fortgeschrittenen technischen Ausbildungsstandard in der Sowjetunion. 158 [engl.] “schmutzige Hintergasse”. Am Rande von Großstädten gelegene Wohngegenden, die von sozialen Minderheiten, benachteiligten und ärmlichen Bevölkerungsgruppen bewohnt werden. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 118

Eine intensivere Förderung sollte daher bereits im Vorschulalter und in allen Schichten der Bevölkerung stattfinden (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 201). Das sog. `Head-Start-Programm159` sollte ab 1964 dazu beitragen, Bildungsrückstände aufzuholen sowie die Gesundheits- und Ernährungsversorgung zu verbessern (vgl. Schaub 1995, S. 212). „Die Head-Start-Zentren sind in Schulen, Gemeindehäusern, Kirchen und privaten Gebäuden eingerichtet. Das Programm soll Kinder in Gruppen von mindestens 15 Teilnehmern durch ein breit gefächertes Curriculum auf die schulischen Anforderungen vorbereiten, sie kulturell bereichern und ihren Familien die Integration in die Gemeinden erleichtern“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 136). Latente Bildungsreserven sollten erschlossen werden und die Integration von Kindern aus sozial schwachen Teilen der Bevölkerung in das kulturelle und politische System stand im Vordergrund (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 201). Iben bezeichnete dies als „eine Initiative im `Krieg gegen die Armut`“ (Iben 1993, S. 58). Zudem begründeten die damals neu publizierten Forschungs- ergebnisse zur kindlichen Entwicklung, die kognitive sowie soziale Entwicklungsförderung von allen Kindern, auf wissenschaftlicher Ebene (vgl. Kapitel 2.3.). Das Fernsehprogramm z.B. kann demzufolge „kognitive Entwicklungen fördern, Möglichkeiten zum sozialen Lernen vermitteln, Wissenslücken und […] Erziehungsdefizite bei Unterschichtkindern ausgleichen“ (Saldecki 1998, S. 21). Unter dem Begriff `kompensatorische Erziehung160` wird diese Nutzbarkeit des Fernsehens verstanden, die schon bei Vorschulkindern Entwicklungsrückstände ausgleichen soll. Ungefähr 96% der amerikanischen Familien besaßen zu dem Zeitpunkt einen Fernsehapparat und der Fernsehkonsum der Kinder beträgt ca. 30-50 Stunden pro Woche (vgl. Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 10). Diese hohe Aufmerksamkeit der Kinder zum Medium Fernsehen soll zur Vorschulförderung genutzt werden. Es soll eine entsprechende Fernsehserie in Zusammen- hang mit dem `Head-Start-Programm` entwickelt werden, um die Vorschulförderung massen- wirksam über das Bildschirmmedium zu betreiben (vgl. Schaub 1995, S. 212). Daraufhin konstitu- ierte sich im März 1968 der Children`s Television Workshop161 in New York mit der Fernseh- journalistin Joan G. Cooney als Präsidentin (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 138f.). In Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Beirat wurde eine `Feasibility Study` erarbeitet, die die anfallenden Personal- und Sachkosten kalkuliert sowie die Bedingungen und Möglichkeiten einer Vorschulsendung erarbeitet (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 204). Hierbei diente das Frühlese- und Sprachtrainingsprogramm von Carl Bereiter und Siegried Engelmann aus dem Jahre 1966 als Orientierungsgrundlage für das Konzept der daraus resultierenden Sendung Sesame Street (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 136). Der Name basiert auf dem Zauberspruch `Sesam, öffne dich!` aus dem Märchen Ali Baba und die vierzig Räuber und soll auf die verborgenen Möglichkeiten nach Chancengleichheit und Förderung der Begabungsreserven bei Kindern hinweisen (vgl. Paus-Haase 1986, S. 39). Ein Lernzielkatalog des CTW fasste die Erkenntnisse verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen zusammen. Die daraus resultierende Konzep- tion der Sesame Street wird von Scherell und Jacobi in zehn Punkten aufgegliedert (vgl. Scherell 1980, S. 20f.): 1. Das Material soll für Kinder aufgebaut sein und sie direkt und persönlich ansprechen.

159 head start = [engl.] Vorsprung 160 compensatory education 161 CTW, heute: Sesameworkshop (vgl. http://www.ctw.org/corporate namechange.php (21.08.02))

6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 119

2. Die Kinder erinnern sich an Gesehenes, wenn es 4-5 Mal in der Stunde wiederholt wird. Das wird von den Kindern nicht als langweilig empfunden. 3. Ein Wortreim in einer Fernsehsendung fasziniert die Kinder und sie merken sich den Inhalt besser. 4. Cartoons halten die Aufmerksamkeit von Kindern aufrecht. 5. Die Aussage der Sendung sollte vordergründig zu verstehen sein. Die Aussage muss für sich selbst sprechen und logisch aufgebaut sein. 6. Kinder verlieren das Interesse am Programm, wenn ein Erwachsener in Frontalaufnahme zu ihnen spricht. Das gesprochene Wort können sie noch nicht kognitiv umsetzen. 7. Das Interesse der Kinder kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn eine Person spricht und gleichzeitig das Aufgeführte im Bild zu sehen ist. 8. Der Dialog der Protagonisten in der Sendung sollte wiederholt an den Zuschauer gerichtet sein, sonst verlieren die Vorschüler das Interesse an dem Programm. 9. Eine fesselnde Melodie oder ein humorvolles Ende mögen die Vorschulkinder. Auch die Art der Stimme und die sonstige Akustik sollten für die Kinder interessant gestaltet sein. 10. Das Material sollte wirklichkeitsnah sein, aber auch von Ungewöhnlichem und Neuheit besetzt. Die Beiträge sollen immer wechseln und vom Inhalt sind für die Vorschüler z.B. Tiere, kleine Kinder und Erwachsene wichtig, die eine freundliche und warme Aus- strahlung haben. Cooney ist der Meinung, dass Vorschulkinder in der Lage sind, vom Fernsehen zu lernen. Der Beweis dafür seien Werbespots, „von denen die Kinder fasziniert seien“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 139): „Durch häufige Wiederholungen, kluge visuelle Präsentation, Kürze und Klarheit seien die Kinder in der Lage, Werbeslogans zu wiederholen, Produktnamen zu erkennen und Werbesongs zu singen. Sei der Inhalt der Werbebotschaft auch fragwürdig, so sei doch eines erwiesen: `Durch das Fernsehen können die Kinder etwas lernen und tun es auch im traditionellen erzieherischen Sinn`“ (ebenda). Formal orientiert sich die Sesamstrasse daher stark an der Präsentation von Werbung. Mit kurzen, unterhaltsamen Beiträgen und Wiederholungen soll bei Kindern die Aufmerksamkeit und ein hoher Lerneffekt erzielt werden162. Die kognitiven Lernziele stehen dabei im Vordergrund, wie etwa das Alphabet, Zahlen, Wortschatz, Symbolverständnis, Wahrnehmung, Ordnen, logisches Denken u.ä. (vgl. Iben 1993, S. 59). Das Hauptziel der Sendung ist: „Vieles in kurzer Zeit bei vielen zu erreichen“ (Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 10). Die Protagonisten sind sog. Muppet- Puppen (vgl. Abb. 41), die in der Company163 in New York entwickelt werden. Zudem werden erwachsene Schauspieler eingesetzt, die freundliche, verständnisvolle, tolerante Vorbilder verkörpern sollen und die die Leitfunktion in der Sendung übernehmen (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 142). Die Filmsequenzen werden gemischt aus kurzen Trickfilmen, Real- und Puppenszenen (vgl. Kübler 1994b, S. 360).

162 vgl. http://www.ndrtv.de/start.html (20.05.01) 163 James Maury Henson, amerikanischer Puppenfilmproduzent, der u.a. die Muppet-Show und Fraggles erschuf (1936- 1990). 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 120

„Außen- und Studioaufnahmen, Trickfilme, Puppenszenen und die Mittel der Werbung: Kürze, Klarheit und Wiederholungen sollen eingesetzt werden, um ein breites Publikum zu gewinnen“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 140). Nach ca. 15 Monaten Forschungs- und Erprobungsphase164 wurde die Pilotsendung der Sesame Street 1969 in allen Staaten der USA über das Bildungsfernsehen NET gesendet und erreichte von 13 Millionen möglichen Kindern im Vorschulalter ganze 10 Millionen (vgl. Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 11).

Abbildung 41 Muppets der amerikanischen Sesame Street165

Um die Serie effizienter zu verbreiten, schloss sich CTW später dem Public Broadcasting Service an und wird mittlerweile über kommerzielle Sender der USA ausgestrahlt (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 204). Die amerikanische Vorschulserie begeisterte im Herbst 1970 die Juroren und Kritiker beim Münchner Prix Jeunesse und erreichte den ersten Preis (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 37). Ein Jahr später gewann sie zudem den Japan Prize in Tokio. Nie zuvor hat ein Kinderprogramm laut Saldecki international soviel Aufmerksamkeit geerntet (vgl. Saldecki 1998, S. 21)166. Bis zum Jahre 1975 wurde die Sendung in 50 Länder verkauft (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 153) und bis heute sogar in über 140 Ländern ausgestrahlt167 (vgl. Tab. 9). Seit April 2002 hat die Sesame Street ein neues Format, das 45 Minuten das klassische Programm bietet und danach zusätzlich 15 Minuten ``s World168`. Hier werden Rubriken eingeführt, wie etwa `Die Zahl des Tages` oder `Der Buchstabe des Tages`, die zu einer verstärkten Ritualisierung in der Sendung führen sollen (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Der inhaltliche Schwerpunkt liegt weiterhin auf der Vermittlung kognitiver Lernziele (vgl. ebenda).

164 u.a. Testläufe an der Zielgruppe, Expertenbefragungen 165 vgl. http://www.wer-wie-was.de (22.09.02) 166 siehe auch Erlinger 1998, S. 597-617 167 vgl. http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/Medienzentrum/zmm-news/ (02.10.02) 168 Elmo ist ein Muppet-Monster 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 121

169 Tabelle 9 Internationale Koproduktionen der Sesame Street (einige Beispiele)

Land Titel der Serie Erste Ausstrahlung Brazilien Vila Sésamo Oktober 1972 Mexiko Plaza Sésamo November 1972 Kanada Sesame Street Canada170 Januar 1973 Oktober 1996 Deutschland Sesamstrasse Januar 1973 Niederlande Januar 1976 Frankreich 1, rue Sésame April 1978 Kuwait Iftah Ya Simsim September 1979 Spanien Barrio Sésamo Dezember 1979 (Barri Sèsam171) (1996) Schweden Svenska Sesam Oktober 1981 Israel September 1983 Philippinen Sesame! Dezember 1983 Türkei Susam Sokagi Oktober 1989 Portugal Rua Sésamo November 1989 Norwegen Sesam Stasjon Februar 1991 Russland Ulitsa Sezam Oktober 1996 Polen Oktober 1996 China Zhima Jie Februar 1998 Ägypten ‘ August 2000 Südafrika Juli 2000

6.1.2. Sesame Street für Deutschland

Die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland waren in den 1970er Jahren geprägt von den Studentenbewegungen, deren sozialpolitischen Konzepten und im Zuge der Zunahme erwerbs- tätiger und emanzipierter Frauen zudem von der Forderung nach einer moderneren und verbesserten Kleinkindererziehung (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 202; Gudjons 1995, S. 108). „Der Begriff Chancengleichheit wird zum Schlagwort für die Bildungsreformvorhaben“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 11). Im Rahmen dieser Bildungsreformdiskussion wurde der internatio- nal beachteten Sesame Street auch in Deutschland große Aufmerksamkeit geschenkt. Eine mögliche Übernahme der Serie für das bundesdeutsche Fernsehen stieß auf positive Resonanz (vgl. Schaub 1995, S. 212). Die amerikanischen Produzenten der Vorschulreihe erwarteten bei einer Adaption der Sendung die Gewährleistung des pädagogischen Anliegens. Dazu wären ein wissenschaftlicher Beirat, Begleituntersuchungen sowie die Bereitstellung von Begleitmaterialien für Kinder, Eltern und Erzieher vonnöten (vgl. Iben 1993, S. 59). Sowohl ARD als auch das ZDF verhandelten mit der CTW um die Rechte der Ausstrahlung und Bearbeitung einer deutschen Fassung. Der NDR in Hamburg bekam schließlich den Zuschlag (vgl. Projektgruppe Kinder- fernsehen 1975, S. 86). Auch die Bundesrepublik hatte Interesse an diesem Projekt und so beteiligte sich das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) im Mai 1971 mit rund 1,5 Millionen Euro172 an der Übernahme der Vorschulserie (vgl. Paus-Haase 1998a, S. 202). Die

169 Vgl. Labin 2002. 170 Das war die Originalfassung der Sesame Street. Dahingegen ist Sesame Park die kanadisch Koproduktion, bei der die kanadischen Teile der Serie in einem lokalen Sender produziert werden. 171 In der 5. Staffel im Jahr 1996 wird die spanische Koproduktion in zwei Segmente eingeteilt: Eine davon in katalanischer Sprache (Barri Sèsam) für das Regionalfernsehprogramm. 172 damals 3 Millionen DM 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 122

Hauptgründe für die Förderung der Sendung in Deutschland waren u.a. (vgl. Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 14): · Die zunehmende Verbreitung des Fernsehens. · Das Interesse der Kinder am Fernsehen und der Mangel an bundesdeutschen Vorschulsendungen. · Die zu geringe Anzahl von Kindergärten und Vorschuleinrichtungen. · Die Absicht vieler Schulreformer, möglichst allen Kindern zumindest ähnliche Startmöglichkeiten für die Schule einzuräumen. Aus einem Brief der damaligen Staatssekretärin im BMBW Hildegard Hamm-Brücher, ging hervor, dass das Ministerium in der „bundesweiten Ausstrahlung [einen] bedeutsamen ersten Schritt“ (zit. in: Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 87) sehe, um die Chancengleichheit der Vorschul- kinder zu verbessern. Kritiker der Regierung behaupteten, dass das Fernsehen herhalten müsse, „um `sitzengebliebene Reformen` zu kaschieren“ (ebenda, S. 90). Paus-Haase ist der Meinung, dass hiermit das Kinderfernsehen vom „Sündenbock zum `Nothelfer` avancierte“ (Paus-Haase 1998a, S. 200). Schon im Frühjahr 1971 sendeten NDR, RB, SFB und WDR fünf Folgen der Sesame Street versuchsweise in Originalfassung aus. Die Resonanz des Publikums war positiv (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 88), trotzdem sollte die Sesame Street u.a. noch übertragen werden auf „bundesdeutsche Lebens- und Fernsehverhältnisse“ (Löhr 1991, S. 53). Daher bildete sich die ARD-Arbeitsgemeinschaft `Vorschulerziehung`, die den Auf- und Ausbau des Kleinkinderprogramms zum Ziel hatte. Sie bot außerdem ein Diskussionsforum für die Planung und Produktion der Sendung. Im Januar 1973 wurde die deutsche Fassung der Vorschulserie zum ersten Mal unter dem Namen Sesamstrasse im Ersten und den dritten Programmen von NDR, RB, SFB, HR und WDR erfolgreich ausgestrahlt. Die südlichen ARD- Anstalten BR, SDR, SWF und SR wollten zunächst abwarten. So wurde der in der damaligen Bildungsreformdiskussion „allseits beklagte Kultur- und Bildungsföderalismus in der BRD […] praktiziert“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 88). Im Mai desselben Jahres übernahmen SDR, SWF und SR die Serie doch in ihr Programm (vgl. ebenda, S. 89). Nur der Bayrische Rundfunk weigerte sich mit der Begründung, dass sich die Vorschulreihe formal zu stark an der Präsentation von Werbung orientiere und die soziale Situation in Deutschland nicht der dargestellten entspräche173: „Denn deutsche Kinder, so BR-Fernsehdirektor Helmut Oeller [damals], könnten sich mit den `in der Sendung auftretenden Negern` nicht identifizieren“ (Keller 1999, S. 133).

KOMMENTAR Der Bayrische Rundfunk wehrte sich hierbei eindeutig gegen eine Amerikanisierung des deutschen Fernsehens und der Kultur. Die Anpassung der Sendung an die deutschen Lebens- verhältnisse genügte dem BR bis dato nicht. Die Straße selbst zeigt in der Sendung einen sehr realistischen Straßenzug, der an eine Slumsiedlung erinnert und dem Erfahrungshorizont der amerikanischen Rezipienten weitestgehend entsprach. Die Protagonisten sind selbstverständlich u.a. afroamerikanische Schauspieler, was aber den in Deutschland zuschauenden Kindern definitiv nicht schadet und vielmehr ein multikulturelles Denken fördert. Kinder gehen ohnehin

173 vgl. http://www.ndrtv.de/start.html (20.05.01) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 123 ganz unvoreingenommen und selbstverständlich an andere Menschen heran. Die Resonanz auf die Sendung und Protagonisten sind daher sehr positiv (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 88). Seltsam erscheint, dass der BR sich gegen die Sesamstrasse entscheidet, die aber einige Jahre zuvor vom Prix Jeunesse bejubelt und ausgezeichnet wurde. Diese Stiftung wurde 1964 gemeinsam vom BR, dem Freistaat Bayern sowie der Landeshauptstadt München gegründet, welche auch einige Jurymitglieder stellen (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 98f.). Laut der Meinung der Projektgruppe Kinderfernsehen aus dem Jahr 1975, ist die bayrische Absage „wohl eher damit zu begründen, dass der BR seinen Plan, die `Vorherrschaft` im Vorschul- programm der ARD zu erlangen, gefährdet sah“ (Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 90).

Die deutsche Fassung der Vorschulserie ist eine Mischung aus synchronisierten amerikanischen Originalszenen und deutschen Einspielfilmen. Im Gegensatz zu der amerikanischen Serie stehen in der deutschen Fassung das soziale und emotionale Lernen im Vordergrund (vgl. Iben 1993, S. 59). Durch eigenproduzierte Realfilme werden Lebenssituationen von deutschen Kindern und Erwachsenen dargestellt oder Sachfilme zur Wissensvermittlung präsentiert (vgl. ebenda). Außerdem werden Ende der 70er Jahre eigene Puppen für die Studioszenen bei der Jim Henson Company in Auftrag gegeben, die als Identifikationssymbole besser den deutschen Verhältnissen angepasst scheinen. Dies sind u.a. Samson, der große Bär und Tiffy, der rosa Vogel. Sie führen gemeinsam mit menschlichen Erwachsenen174 durch die Sendung. Saldecki ist der Meinung, dass die Sesamstrasse „neue Programmrealitäten, andere Sehgewohnheiten und Zuschauer“ (Saldecki 1998, S. 21) schafft. „Mit Sesamstrasse begann eine neue Ära im deutschen Kinderprogramm“, so Mundzeck (1991, S. 30).

6.2. Struktur und Konzept der Sesamstrasse heute

Die Sesamstrasse ist ein dreißigminütiges Vorschulmagazin das sich nach der „Erlebniswelt, den Bedürfnissen, Fähigkeiten und Wünschen“ (Bergwelt 2002, S. 1) der Drei- bis Sechsjährigen richtet. Jede Folge besteht aus je der Hälfte des Materials aus synchronisierten Einspielfilmen des amerikanischen Originals und die andere Hälfte stammt aus deutscher Eigen- produktion175. „Die 50% amerikanische Anteile der Sendungen bestehen zur Hälfte aus […] neuen ameri- kanischen Spots und zur Hälfte aus alten amerikanischen Klassikern. Genauso ist es im deutschen Bereich. Weil wir am 08.01.2003 bereits dreißig Jahre Sesamstrasse produzieren, bedeutet das, dass wir mittlerweile viele deutsche Klassiker im Archiv haben und senden können. Natürlich müssen wir dabei auf die Zeitlosigkeit der Stücke achten“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die einzelnen Sequenzen dauern jeweils nicht länger als fünf Minuten (vgl. Bergwelt 2002, S. 3). Die Sendung gliedert sich in zwei Teile: - Rahmengeschichten (Studioszenen in der Straße) - Einspieler aus verschiedenen Genres (u.a. Muppetsketche, Realfilme, Bildergeschichten, Animation)

174 Das waren u.a. bekannte deutsche Schauspieler wie Liselotte Pulver oder Manfred Krug. 175vgl. http://rhein-zeitung.de/on/02/01/28/magazin/news/sesamstrasse. html (04.03.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 124

Die Puppensketche der Magazinsendung sind entweder Einspieler aus den USA, z.B. mit und (vgl. Abb. 42) oder Kermit, aber es werden auch eigene Puppensketche verwendet mit z.B. Pferd und Wolle (vgl. Bergwelt 2002, S. 3).

Abbildung 42 Ernie und Bert176

Bei den Realfilmen, Trickfilmen und Bildergeschichten, gibt es entweder fertiges Material aus Amerika oder eigenproduzierte Einspieler. Die Studioszenen bildet die sog. Rahmengeschichte, sie wird mit den Protagonisten der deutschen Sendung im Studio Hamburg gedreht, wie z.B. Samson, Tiffy, Finchen, Rumpel und den menschlichen Darstellern. Der inhaltliche Aufbau der Sendung wird seit dem Jahr 2000 monothematisch gestaltet. Laut Schmidt-Bratzel führte der frühere assoziative Ablauf dazu, „dass man sich in der Sendung nicht mehr zurecht gefunden hat“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Daher wurde das Konzept neu überdacht und neben der Monothematik eine neue Geschichtenstruktur geschaffen. „Wir setzen heute auf die Zuordnung der Sendungen zu verschiedenen Themenblöcke: Kinder und Kunst, Farben, Emotionen usw. […] Davon verspreche ich mir, dass man bestimmte Themenschwerpunkte bedient, tiefer eintauchen kann und eine Sendewillkür vermeidet. Der Zuschauer kann sich gezielt heraussuchen, was ihn interessiert“ (Schmidt- Bratzel 2002, Interview). Als Bezugspersonen für die Rezipienten werden zudem neue Protagonisten eingesetzt, die lebensfrohe und positive Charaktere haben, wie etwa Feli Filu und der Zauberer Pepe177. Der ursprünglich kompensatorische Charakter der Sendung wird bewahrt (vgl. Iben 1993, S. 60). Hierbei hilft die Dekonstruktion bei der Lernwahrscheinlichkeit, etwa von Buchstaben oder Zahlen (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Das Thema wird dabei reduziert und regelmäßig wiederholt, was u.a. auch komödiantisch wirken kann und soll (vgl. ebenda). „Wiederholungen sind erwünscht, zum einen, weil sie den Lerneffekt vertiefen, zum anderen, weil an vielen Stellen durch Wiederholungen auch Comedy erreicht wird“ (ebenda). Um mehr Comedy zu erreichen, gibt es seit 2002 Pferd und Wolle, die für klassische Slapstickeinlagen sorgen. Der Schwerpunkt der Sesamstrasse liegt aber im Vermitteln von sozialem Verhalten, Kreativität und Selbstbewusstsein178.

176 vgl. http://www.db.ard.de/abc/CONTENT.ergebnis?p_id=877&p _typ=eg (21.08.02) 177vgl.http://rhein-zeitung.de/on/02/01/28/magazin/news/sesamstrasse. html (04.03.02) 178 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/index.html (14.10.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 125

„Wir haben einen sog. Lernzielkatalog, den wir jedes Jahr aktualisieren. Dort sind kognitive, emotionale und soziale Lernziele beschrieben. Wir achten streng darauf, dass ein Thema konsequent durchgeführt und altersgerecht umgesetzt wird. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf das soziale Lernen, wie z.B. emotionale Verarbeitungskurven oder Konfliktlösungen“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die Sendekonzepte werden mitsamt dem Lernzielkatalog regelmäßig der Lebenswelt der jungen Rezipienten angepasst und ergänzt179. „Ein Programm wie die Sesamstrasse über Jahrzehnte nicht nur am Leben zu erhalten, sondern weiterzuentwickeln und immer wieder kritisch zu hinterfragen, verlangt genaue Beobachtung und Analyse kindlicher Bedürfnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen – dieser Aufgabe hat sich der NDR kontinuierlich gestellt“180. So ist z.B. auch der Computer in der deutschen Vorschulsendung integriert, der von Tiffy bevorzugt zur Recherche im Internet genutzt wird181 (vgl. Abb. 43).

Abbildung 43 Tiffy am PC182

Samson hingegen liebt Wortspielereien, was sich in seiner Vorliebe für das Rappen widerspiegelt (vgl. Bergwelt 2002, S. 9). Dieser rhythmische Sprechgesang der Jugendkultur Hip Hop spiegelt den Zeitgeist wieder. Auch in anderen Ländern will die Serie der Kultur sowie dem gesellschaftlichen Umfeld der Kinder gerecht werden und sog. Problemthemen ansprechen. In den Ausstrahlungen z.B. für Mexiko oder Ecuador werden Überlebensstrategien gezeigt, die bei Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüchen, Wirbelstürmen oder Erdbeben wichtig sein können (vgl. Gangloff 1994, S. 12). „Heute konfrontiert Monsterchen Elmo nach dem 11. September 2001 verstörte Kinder in den USA mit dem Terrortrauma, während muslimische Mädchen in Ägypten die Bedeutung einer guten Schulausbildung verklickert wird“.183 Seit 1998 gibt es die Sesamstrasse sogar als israelisch / palästinensische Koproduktion, um den dortigen Vorschulkindern Toleranz und gegenseitigen Respekt beizubringen184. Ab Herbst 2002 wird in Südafrika aufgrund der hohen AIDS-Erkrankungen die eigens entwickelte Muppet-Puppe

179 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/geschichte.html (04.03.02) 180 http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/sendung.html (04.03.02) 181 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/geschichte.html (04.03.02) 182 vgl. http://www.blinde-kuh.de/interviews/tiffy.html(08.10.02) 183 vgl. http://www.aids-presseschau.de/html/se2_10_02.html (02.10.02) 184 vgl. http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/Medienzentrum/zmm-news/ (02.10.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 126

Kami eingesetzt, die HIV positiv ist und Aufklärung in Bezug auf den tödlichen Virus betreiben soll (vgl. Braunschweiger Zeitung vom 13.07.02).

KOMMENTAR Obwohl die Sendung von der amerikanischen Kultur inspiriert ist, wird darauf Wert gelegt, dass jede Sendung das eigene landesspezifische Gesicht bekommt. In verschiedenen Kulturen wachsen die Kinder mit unterschiedlichen Lebens- und Erlebniswelten auf, also auch mit anderen Problemen und Anforderungen an ihr Leben. Diese sind für die jungen Rezipienten entscheidend und werden in der Entwicklung der Sendung berücksichtigt. Die HIV-positive Puppe in Südafrika beispielsweise kann hilfreich sein für die zukünftige Lebensgestaltung der Kinder. In keinem Land der Welt sind die Aidserkrankungen so hoch – jeder neunte Südafrikaner ist mit dem Virus infiziert185. Im Jahr 2000 sind 40% der Todesfälle in Südafrika auf Aids zurückzuführen186. Jedes der Kinder kennt zumindest eine Person, die HIV positiv ist. Viele der Kinder haben Eltern, Geschwister oder Bekannte durch den Virus verloren187. Nur durch frühe Aufklärung kann dagegen angekämpft werden. Die neue Puppe Kami ist lebensfroh, witzig und selbstbewusst. Die Immunschwächekrankheit ist bei ihr noch nicht ausgebrochen und so lebt sie mit den anderen Protagonisten ganz selbstverständlich gemeinsam in der Straße. Sie soll in der südafrikanischen Gesellschaft eine höhere Akzeptanz der HIV-Positiven erreichen und eine Stigmatisierung ver- hindern. Vor allem unter den Heranwachsenden soll Kami Aufklärung schaffen in Bezug auf HIV, den Ansteckungswegen und dem natürlichen Umgang mit den Virusinfizierten.

6.2.1. Philosophie der Sendung Die Welt der Sesamstrasse zeigt eine geschlossene, fantasievolle und magische Realität (vgl. Bergwelt 2002, S. 3). Es ist alles möglich, „was aus einem kreativen Chaos entstehen kann“ (Bergwelt 2002, S. 4). Voraussetzung hierbei ist: · Die Einheit von Raum und Zeit bleibt gewahrt · Die Charaktere und ihre Motivationen sind ihrem Typen entsprechend (verlässlich und für den Rezipienten nachvollziehbar) · Die Logik der Geschichte ist nachvollziehbar und in sich schlüssig Die Sesamstrasse nimmt eine offene, optimistische, selbstbewusste und von Vorurteilen und Gewalt freie Haltung gegenüber der Erlebniswelt von Kindern ein. Dazu gehören: „1. Eine tolerante Haltung gegenüber anderen Kulturen und Menschen, egal, welcher Herkunft und Erscheinung. 2. Die Vermittlung von physisch und emotional sicheren Situationen. 3. Eine bekennend gewaltfreie und verantwortungsbewusste Haltung gegenüber sich selbst und seiner Umwelt.“ (Bergwelt 2002, S. 2). Diese Haltung der Sesamstrasse soll „durch positive Beispiele im selbstverständlichen Umgang miteinander“ (ebenda) veranschaulicht werden. Markenzeichen der Sendung sind die Monster188, die als Identifikationsfiguren der rezipierenden Kinder dienen und die mit den Menschen und

185 vgl. http//www.mdr.de/brisant/327946.html (02.10.02) 186 vgl. http://morgenpost.berlin1.de (13.07.02) 187 vgl. http//www.mdr.de/brisant/327946.html (02.10.02) 188 Muppet-Puppen 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 127 menschliche Fantasiefiguren nebeneinander in der Sesamstrasse leben (vgl. Bergwelt 2002, S. 1 u. 3). Sie kommen auch zum Einsatz in den Einspielfilmen, die in der Sendung ausgestrahlt werden. Die Ziele, die die Figuren bewegen, begleiten und lenken sind (vgl. Bergwelt 2002, S. A8f.): · Ich-Identität (Entwicklung von Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit und Vertrauen in die eigene Stärke) · Gleichwertige männliche und weibliche Rollendarstellung (Akzeptanz des eigenen Geschlechts, sowie Achtung und Respekt vor dem jeweils anderen) · Interkulturelles Verständnis (Verständnis für die Unterschiede der Lebensweisen von Menschen unterschiedlicher Herkunft und selbstverständliche Akzeptanz) · Schwächen und Behinderungen akzeptieren (und lernen mit ihnen umzugehen, bzw. an beeinflussbaren Schwächen zu arbeiten) · Konflikte lösungsorientiert erzählen (Zeigen, dass Konfliktlösungen alters- und entwicklungsabhängig sind und man sich trotz verschiedener Standpunkte und Haltungen mögen und respektieren kann) · Positiv erzählen (Zeigen, wie negatives Denken schwächt und positives Denken dagegen Kreativität fördert und Menschen ermutigt) · Atmosphäre von Sicherheit und Vertrauen (Veranschaulichen, wie emotionale Zuwendung hilft, schwierige Lebenssituationen zu bewältigen) · Positives Körpergefühl (Für die Entwicklung eines Kindes ist geistige und körperliche Bewegung gleichermaßen wichtig) · Umweltbewusstsein (Auf positive Beispiele des Naturschutzes aufmerksam zu machen) · Gesundheitsbewusstsein (Zeigen, dass z.B. Ernährung oder Bewegung wichtig für das eigene Wohlbefinden sind) · Unterschiedliche Familienformen berücksichtigen (z.B. Alleinerziehende Elternteile, gleichgeschlechtliche Paare, Patchworkfamilien) · Verständnis und Respekt für ältere Menschen · Umgang mit Medien und Technik (Durch die Beschäftigung mit dieser Thematik erfahren Kinder, dass es unterschiedliche Formen von Kommunikation gibt; nämlich die unmittelbare von Mensch zu Mensch und die vermittelte mit Hilfe eines Mediums) · Autorität hinterfragen (Vorgegebenes nicht einfach hinnehmen, sondern hinterfragen) Comedy steht neben bzw. in edukativen Lerninhalten. „Sesamstrasse ist Edutainment189 `at it`s best`” (Bergwelt 2002, S. 3). Die neuen Comedy-Figuren Pferd und Wolle190 stehen für Slapstick und Pointen im klassischen Sinne (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Der besondere Comedy- Stil der Sendung wird durch Reduzierung und Wiederholung erzielt (vgl. Bergwelt 2002, S. 1). Zudem soll dadurch auch der Lerneffekt wahrscheinlicher werden (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). „Wir haben also versucht, Komplexität herauszunehmen, um nicht nur die schöne Geschichte zu erzählen, sondern gleichzeitig auch den Lerneffekt zu verbessern“ (ebenda).

189 Mischung aus Education und Entertainment (lehrreich und unterhaltsam) 190 vgl. Kapitel 6.2.2. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 128

Inhalte und Ziele der Sesamstrasse sollen sich grundsätzlich durch die Geschichten selbst vermitteln, nicht durch bloße Situationsbeschreibungen (vgl. Bergwelt 2002, S. 2). Die Handlungsebene wird generell nicht auf einen Erwachsenen verlagert, „der erklärend handelt oder lösend eingreift“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview), sondern die Entwicklung der Geschichte wird auf der Ebene der Kinder gezeigt. Die Geschichten und Beiträge der Sendung erzählen „vom Miteinander-Umgehen, vom Aneinander-Wachsen, vom Füreinander-Dasein, vom Entdecken der Welt und vom Spaß am Chaos“ (Bergwelt 2002, S. 3). Schmidt-Bratzel erklärt, dass die Philosophie der Sendung im kindlichen Hinterfragen von Informationen besteht. Für sie heißt das, dass in der Welt der Sesamstrasse Fragen gestellt werden: „[…] verrückte Fragen stellen, freche Fragen stellen. Fantasie und Wirklichkeit gehören zusammen“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Im Eröffnungslied der Sendung wird dies zusätzlich ausgedrückt: „Der, die, das. Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt bleibt dumm. Tausend tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen. Manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen.“191 Dieses Grundprinzip fließt in alle Beiträge mit ein (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die Sesamstrasse soll als Ort in dem Magazin und als Haltung deutlich werden.

6.2.2. Protagonisten Die Protagonisten in den Studioszenen192 der Sesamstrasse sind Monster, Menschen und menschlichen Fantasiefiguren. In den Einspielfilmen kommen noch Protagonisten aus Trick- oder Realfilmen hinzu. Bei den Studioszenen, die im Studio Hamburg gedreht werden, sind Gastauftritte von Schauspielern oder anderen Muppetfiguren, z.B. aus den USA möglich (vgl. Bergwelt 2002, S. 6). In den amerikanischen Einspielfilmen, die in der deutschen Sesamstrasse eingesetzt werden, gibt es noch mehr Monster. Dies sind u.a. Grobi, das Krümelmonster, Graf Zahl oder Kermit, der Frosch. Sie sind bei den deutschen Kindern genauso bekannt wie in Amerika. Im Folgenden werden jedoch nur die Protagonisten vorgestellt, die in der Rahmengeschichte, also den deutschen Studioszenen, kontinuierlich präsent sind.

DIE MONSTER Die Monster sind das Markenzeichen der Sendung und gelten für die Rezipienten als Identifikationsfiguren (vgl. Bergwelt 2002, S. 5). Jede der Puppen besitzt einen archetypischen Charakter, der für Kinder wiedererkennbar und leicht einschätzbar ist. Samson (vgl. Bergwelt 2002, S. 9): Er ist ein Bär und entspricht dem Charakter eines Fünfjährigen (vgl. Abb. 44). Samson ist neugierig, gutmütig und fast ein bisschen zu naiv. Er ist musikalisch und erfindet gern Wortspielereien sowie Klangmalereien. Daher gehört das Rappen zu seinem Lebensgefühl. Samson ist in seiner Art sehr gemütlich und vorsichtig. Seine Erscheinung ist groß und er ist stark, aber das ist ihm selbst nicht bewusst. Er unterschätzt seine eigene Kraft sowie sein Körpergewicht

191 vgl. http://www-user.rhrk.uni-kl.de/~einsfeld/projekt.html (23.06.02) 192 Rahmengeschichten der Sendung 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 129 meist. Seine Bewegungen wirken daher ungelenk und behäbig. Gespielt wird Samson als einzige Ganzkörperpuppe der Sendung von dem Opernsänger Klaus Esch193.

Abbildung 44 Samson194

Finchen (vgl. Bergwelt 2002, S. 7f.): Sie ist eine Schnecke und ungefähr drei Jahre alt (vgl. Abb. 45). Finchen ist sensibel, fantasievoll, wissbegierig und selbstbewusst.

Abbildung 45 Finchen195

Sie ist sehr zielstrebig und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann lässt sie sich davon auch nicht abbringen. Sie liebt Laub und wohnt daher in einem Laubhaufen in der Sesamstrasse. Das ist ihr Lieblingsplatz. Finchen hat ihrem Alter entsprechend die Fähigkeit, die Realität magisch zu sehen und erlebt daher viele fantastische Geschichten. Für sie sind diese Geschichten immer wahrhaftig. Mit Ausnahme von Samson, stehen die anderen Muppets und Menschen in der Sesamstrasse ihren Geschichten skeptisch gegenüber. Doch Finchen lässt sich dadurch nicht beirren. Sie wird von der Puppenspielerin Andrea Bongers gespielt196. Tiffy (vgl. Bergwelt 2002, S. 11): Sie ist ein Vogel und entspricht dem Charakter einer Sechsjährigen (vgl. Abb. 46). Tiffy ist neugierig, optimistisch, ungeduldig, begeisterungsfähig und versucht immer, alles gleichzeitig zu machen. Sie ist selbstbewusst und benimmt sich manchmal unbedarft überheblich. Sie provoziert hin und wieder durch ihre Lebendigkeit und wirkt dann überdreht. Sie lernt gern – vor allem Zahlen

193 vgl. ebenda 194 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 195 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 196 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 130 und Buchstaben – und ist an technischen Dingen interessiert. Daher besitzt sie auch einen Computer und weiß damit umzugehen.

Abbildung 46 Tiffy197

Sie geht jedes Problem mit Begeisterung an und hat Spaß daran, sich Lösungswege auszu- denken. Dabei ist es ihr egal, ob sie zum gewünschten Ziel führen. Ihr Motto ist: Der Weg ist das Ziel und er muss Spaß machen. Sabine Falkenberg spielt u.a. den Part der Tiffy198. Feli Filu (vgl. Bergwelt 2002, S. 10): Das Monstermädchen Feli Filu (vgl. Abb. 47) bewohnt ein buntes Haus neben Pepe und ist ungefähr so alt wie ihre Freundin Tiffy. Feli Filu ist aufgeweckt, kreativ, selbstbewusst und neugierig, aber auch mitfühlend und verständnisvoll. Ihre Lebenseinstellung ist grundsätzlich positiv, sie ist allem gegenüber unbefangen und direkt. Gern umarmt sie auch andere Lebewesen.

Abbildung 47 Feli Filu199

Feli Filu ist besonders neugierig auf fremde Sprachen und findet immer einen Weg der Verständigung. Sie ist lernbegierig und hat besonders viel Interesse am Lernen von Worten und Liedern aus anderen Ländern. Ihre Problemlösung ist pragmatisch und für sie ist die schnelle Lösungsfindung wichtig. Darin unterscheidet sie sich von ihrer besten Freundin Tiffy. Feli Filu wird von der gleichen Puppenspielerin wie Finchen und Gustav gespielt, daher können die drei Figuren z.Zt. nicht gemeinsam auftreten. Ab November 2002 ist sie als Reporterin unterwegs und befragt Prominente und Kinder200.

197 vgl. http://www.blinde-kuh.de/interviews/tiffy.html(08.10.02) 198 ebenda 199 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 200 vgl. ebenda. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 131

Rumpel (vgl. Bergwelt 2002, S. 12f.): Er ist ein Grautsch201 und der Vetter von Oskar202. Sein Alter ist nicht schätzbar, erwachsen ist er aber noch nicht. Rumpel hat eine aufmüpfige, anarchische Art und stellt sich gern gegen die Meinung der anderen, will damit aber niemandem schaden (vgl. Abb. 48).

Abbildung 48 Rumpel203

Er wohnt in seiner Tonne, die er nur selten verlässt und in der er Unmengen an `grautschigem Krempel` sammelt. Das sind kaputte Gegenstände, mit denen andere nichts mehr anfangen können, wie etwa ein durchlöcherter Schuh, ein kaputter Regenschirm oder eine alte Radkappe. Rumpel liebt diese Art von Müll, genauso wie Gestank und schlechte Laune. Am Liebsten mag er sein Haustier Gustav, eine Raupe. Er ist sein bester Freund, den er fürsorglich behandelt: z.B. Geschichten erzählt oder etwas vorsingt. Im Umgang mit ihm sieht man seine starke Emotionalität. Geprägt von seiner Grautsch-Herkunft zeigt er diese gutmütige Seite aber ungern den anderen Bewohnern der Sesamstrasse. Sein größter Wunsch ist es, einen echten Schlammregen zu erleben und seine Lieblingsredewendungen sind „rattabumbäng!“, „scheußlich schön“ oder „ekelhaft klasse“. Rumpel wird von dem Schauspieler Joachim Hall gespielt204. Pferd und Wolle (vgl. Bergwelt 2002, S. 15f.): Pferd und Wolle, das Schaf, sorgen seit April 2002 vor allem für Spaß und Situationskomik205 in der Sesamstrasse. Sie sind humorvoll, sympathisch, liebenswert, aber etwas einfältig. Sie sind die besten Freunde und erleben gemeinsam ihre Abenteuer. Pferd ist gemütlich, extrem verfressen und knabbert alles an, auch, wenn es nicht genießbar ist (vgl. Abb. 49). Er strahlt positive Energie aus und gibt durchaus einige Lebensweisheiten von sich, denen er sich aber meist selbst kaum bewusst ist. Pferd kommentiert alles mit einem „Jou“ und ist ziemlich vergesslich. Er lebt in einem Gatter in der Sesamstrasse. Der Puppenspieler Carsten Haffke spielt die Rolle von Pferd. Wolle wirkt etwas pfiffiger als Pferd, tut allerdings meist nur so (vgl. Abb. 50). Er ist lebensfroh und davon überzeugt, dass für alles eine Lösung zu finden ist. Wolle ist etwas hektisch und schnell

201 eingedeutscht vom englischen `grouch` (Griesgram) 202 Oskar (aus der Mülltonne) war zu Beginn der deutschen Staffeln in den 70er Jahren der Grautsch und ist weiterhin in der amerikanischen Serie zu sehen. 203 vgl. http://www.rumpelonline.de (23.06.02) 204 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 205 Beide sind in Deutschland für das neue Comedy-Konzept entworfen worden und in den USA bei der Jim Henson Company hergestellt. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 132 begeisterungsfähig. Daher reagiert er oft überschwänglich. Wolle kommentiert alles mit einem „Aha“, bevor er darüber nachdenkt.

Abbildung 49 Pferd206

Sein bester Freund Pferd, bringt ihn durch seine entgegengesetzte ruhige Art oft zur Verzweiflung. Martin Paas spielt Wolle207.

Abbildung 50 Wolle208

Gastmuppets (vgl. Bergwelt 2002, S. 19f.): Gastmuppets sind Charaktere neben den feststehenden deutschen Protagonisten, die vom Sesameworkshop209 in den USA ausgeliehen werden können und gelegentlich in die Rahmen- handlungen der Geschichte eingefügt werden. Das können Puppen sein, wie Schmetterlinge oder Rumpel`s Vetter Oskar mit seiner Freundin Grieshilde (vgl. Abb. 51) oder auch ein anderes Monster der amerikanischen Serie.

Abbildung 51 Grieshilde und Oskar aus Amerika210

206 vgl. ebenda 207 vgl. ebenda 208 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 209 ehemals: Children`s Television Workshop (CTW) 210 vgl. http://www.rumpelonline.de (23.06.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 133

In der Staffel für das Jahr 2003 werden z.B. Ernie und Bert den Figuren der deutschen Sesamstrasse einen Besuch abstatten.

DIE MENSCHEN Die realen Schauspieler stehen für die Welt der Erwachsenen, die aber nicht als allwissende und unantastbare Autoritäten dargestellt werden (vgl. Bergwelt 2002, S. 5). Sie stehen mit den Monstern auf einer Ebene und sie können jeweils freundschaftlich und partnerschaftlich von den anderen lernen. Die Erwachsenen geben zwar mal Ratschläge, aber belehren die Monster nicht und nehmen sie ernst. Die Problemlösung liegt immer bei den Monstern selbst und sie wenden sich erst mit Fragen an die Menschen, wenn sie einige Lösungsmöglichkeiten selbst ausprobiert haben (vgl. ebenda). Die Erwachsenen machen auch Fehler oder wissen in einigen Situationen nicht weiter, wobei die Sicht der Monster ihnen oft hilft, auf überraschende Lösungen zu kommen. Monster und Menschen leben und lernen in der Sesamstrasse nebeneinander und voneinander, sie „sind Partner, Freunde, die sich aufeinander verlassen können“ (Bergwelt 2002, S. 5). Fest in der Sesamstrasse etabliert als Erwachsene sind Caro und Nils, die unten vorgestellt werden. Zudem gibt es von Zeit zu Zeit noch andere Menschen in der Straße, wie z.B. eine selbst- bewusste Hotelbesitzerin oder ein türkisches Mädchen (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Nils und Caro (vgl. Bergwelt 2002, S. 17): Nils und Caro leben in einer modernen, harmonischen Beziehung, in der Gefühle gezeigt und Spannungen lösungsorientiert durchlebt werden (vgl. Abb. 52).

Abbildung 52 Nils und Caro mit Tiffy211

Sie führen gemeinsam einen Gemüseladen und sind gleichberechtigt. Sie sind unkompliziert und natürlich im Umgang miteinander und mit den Monstern. Nils ist ein kumpelhafter Typ und geht strukturiert an Dinge und Probleme heran. Caro hingegen ist spontaner und probiert mehr intuitiv aus, um zu einer Lösung zu finden. Zeitweise passen sie auf das Baby von Caro`s Schwester auf. Gespielt werden die beiden von Miriam Krause und Nils Julius212.

DIE MENSCHLICHEN FANTASIEFIGUREN Zauberer Pepe ist die menschliche Fantasiefigur in der Sesamstrasse, die fest zum deutschen Ensemble des Studios Hamburg gehört. Zudem gibt es gelegentlich prominente Gastschauspieler in der Sendung, die unterschiedliche Fantasiefiguren darstellen.

211 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 212 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/schauspieler.html (04.03.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 134

Pepe (vgl. Bergwelt 2002, S. 18): Pepe ist eine menschliche Fantasiefigur (vgl. Abb. 53) und bewohnt seit April 2001 als Zauberer ein Haus in der Sesamstrasse.

Abbildung 53 Zauberer Pepe213

Er ist lebensfroh, grundlegend optimistisch und sehr experimentierfreudig. Mit seiner fröhlichen Art steckt er die anderen an. Pepe liebt P-Wörter wie etwa Pampelmuse oder Pilzpüree und erfindet damit neue Zaubersprüche. Sein Lieblingswort ist „pompös“, das er ständig für Wortspielereien nutzt, wie z.B. „pompös grandiös“ oder „pompös sensationös“. Wenn er versucht zu zaubern, gelingt es ihm aber nicht auf Anhieb. Pepe gibt trotzdem nie auf, bis er sein Ziel erreicht hat214. Er lässt sich durch Misserfolge nicht entmutigen. Sein unerschöpfliches Bemühen, auch wenn mal etwas nicht so läuft, wie er es sich gewünscht hatte, soll Kindern Mut geben und erfüllt eine positive Vorbildfunktion (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Gespielt wird Pepe von dem Kölner Schauspieler Dirk Bach. Prominente Gäste (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview): Mehrere Prominente haben in der Sesamstrasse eine Gastrolle angenommen und in den Fantastischen Geschichten menschliche Fantasiefiguren verkörpert. Diese Figuren sind allesamt mit Prominenten besetzt worden, die ihre Gage der UNICEF gespendet haben. So hat z.B. Esther Schweins die Hexe Mümü215 gespielt (vgl. Abb. 54). In weiteren Gastauftritten spielen Hape Kerkeling als Zwillinge, Mariele Millowitsch als Fee Alfea, Jürgen Vogel als Schutzengel und Markus Maria Profitlich als Flaschengeist216. Martin Armknecht stellt Prinz Panik dar, der Angst vor Pferden hat. Andere prominente Mitwirkende sind Axel Milberg, Thomas Heinze und Suzanne von Borsody. Frau Schmidt-Bratzel ist der Meinung, dass „mit so hochkarätigen Schauspielern […] notgedrungen gutes Programm für Kinder“ (Interview) entsteht. In der Staffel für das Jahr 2003 soll diese Reihe mit Prominenten fortgeführt werden217.

213 vgl. http://www.br-online.de/jugend/izi/text/rogge15_1.htm (02.11.02) 214 vgl. http://www.ndr.de/ndr/derndr/presse/archiv/200102262.html (10.07.02) 215 vgl. http://www.das-erste.de/kinder/sesamstrasse/ (23.06.02) 216 vgl. http://www.liljan98.de/mmws/news/01a.html (12.10.02) 217 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/index.html (14.10.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 135

Abbildung 54 Schauspielerin Esther Schweins als Mümü218

6.2.3. Rahmengeschichten Die Rahmengeschichten der Magazinsendung werden im Studio Hamburg gedreht und daher auch als Studioszenen bezeichnet. Auftragsproduzent ist das Studio Hamburg und fünf bis sechs freie Autoren sind dort ständig für das Schreiben der Geschichten engagiert (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Diese richten sich nach den Vorgaben und dem Lernzielkatalog der Redaktion Sesamstrasse. Nach Absprache mit der Redaktion und dem Studio Hamburg werden die Rahmengeschichten dann gedreht. Pro Jahr werden 52 der Geschichten produziert. Für die Entwicklung und den Dreh der Studioszenen benötigt es für alle zusammen durchschnittlich ein halbes Jahr (vgl. ebenda). Die Darsteller sind Puppen und Menschen. Eine Rahmengeschichte dauert sechs Minuten und wird in der neuen Staffel 2003 in fünf Teilen erzählt, bestehend aus drei längeren Hauptteilen und zwei Brücken, in denen die Handlung der Geschichte kurz aufgegriffen wird (vgl. Bergwelt 2002, S. A1). Ein besonderer Schwerpunkt wird in den Geschichten inhaltlich auf das soziale Lernen gelegt, wie z.B. emotionale Verarbeitungskurven oder Konfliktlösungen. Bei diesem Format beschränken sich die Autoren pro Geschichte auf einen Konflikt, um die Vorschulkinder nicht zu überfordern und als Happy-End die Auflösung als erlösendes Moment zu präsentieren (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview).

Der Formale Ablauf einer Rahmengeschichte nach dem neuen Sendekonzept ist folgender (vgl. ebenda):

Teil 1: Schneller Einstieg in die Geschichte: Thema, Problem, Motivation, Emotionen etablieren. Brücke 1: Kurze Zusammenfassung der Geschichte. Gag als Überleitung zum nächsten Teil. Teil 2: Welche Komplikationen treten beim Versuch der Lösung auf? Brücke 2: Kurze Fortführung der Geschichte. Gag als Überleitung zum nächsten Teil. Teil 3: Lösung, Happy-End, evtl. noch überraschender Schlussgag. Die einzelnen Teile beginnen in der Regel mit einer Großeinstellung und der direkten Ansprache der Kinder durch einen Muppet (vgl. ebenda). Die Brücken sollen mitten in der Sendung „daran erinnern `Wir sind in der Sesamstrasse`“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die restlichen Einspielfilme gehen monothematisch auf die Inhalte der Rahmengeschichten ein: „Um den Ort Sesamstrasse zu etablieren, habe ich über die Sendung ganz klar ein Thema gesetzt und versuche dieses Thema entweder inhaltlich oder bildlich abzuholen“ (Schmidt- Bratzel 2002, Interview).

218 vgl. http://www.tinuviel.ch/Html/eressea-htm/ES-htm/mumud.htm (12.10.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 136

Damit soll zudem ein Wiedererkennungseffekt erzielt werden, der es den kleineren Kindern erleichtert, aktiv mitzumachen und die Geschichten zu verstehen (vgl. ebenda). Für die älteren Kinder hat das einen humoristischen Wert. Es gibt drei Arten der Rahmengeschichten (vgl. Bergwelt 2002, S. 21f.): 1. Muppet-Sketche Hierbei wird ein kleines, einfaches Grundthema mit einem klaren, emotionalen Konflikt dargestellt. Dieser bildet sich aus oder um den Alltag der Monster, wie z.B. neue Erfindungen, Spiele, Zusammentreffen mit anderen Menschen oder Monstern (evtl. andere Kulturen). 2. Fantastische Geschichten (mit Finchen) Das sind Imaginationsgeschichten, bei denen Finchen auf fantastische Wesen trifft. Das können Sternschnuppen oder Schneeflocken sein oder auch alltägliche Dinge wie ein Wecker, die für Finchen zum Leben erwachen. Diese Imaginationswesen werden meist von Prominenten oder von Gastmuppets dargestellt. 3. Zaubergeschichten mit Pepe Das sind stark emotionale Geschichten, bei denen Pepe etwas zaubert und dabei etwas schief geht. Wichtig ist dabei, dass Pepe eine Motivation, d.h. einen tatsächlichen Grund zum Zaubern hat. Der Konflikt, der beim Zaubern für Pepe entsteht, muss eindeutig dargestellt sein. Die Monster sind dabei immer involviert und ihnen sollte etwas an der Lösung des entstandenen Problems liegen. Als ein Beispiel für eine Rahmengeschichte des Typs Muppet-Sketche wird nachfolgend der inhaltliche Ablauf der Folge 2142 vorgestellt219: · Vorspann / 0‘47“ · Klingelsprache / Teil 1 / 2‘18“ Rumpel hat eine neue Klingel an seiner Tonne installiert. Er erklärt Wolle auch gleich, warum: Er will nicht mehr unnötig gestört werden – alle sollen jetzt über die Klingel mit ihm kommunizieren. 1x klingeln heißt „Ich habe eine kurze Frage“, 2x klingeln heißt „Rumpel, komm mal kurz“ und 3x klingeln heißt „Machst Du was mit mir?“. Als Samson dazu kommt, hat Wolle das schon wieder vergessen, also klopfen beide an Rumpels Tonne, der davon gar nicht begeistert ist... · Ernie + Bert: Count telephone (Puppe) / 1‘49“ · Number dances 3 (Real) / 0‘34“ · Klingelsprache / Brücke 1 / 0‘36“ Samson und Wolle sind sich immer noch klar, wie oft sie eigentlich klingeln müssen... · Wolle & Pferd: Schlafengehen – Sprichwort (Puppe) / 0‘34“ · Wölfe: Wolfssprache (Real) / 5‘05“ · Klingelsprache / Teil 2 / 2‘24“ Inzwischen kommt auch Pferd an die Tonne und versucht Rumpels Klingelsprache zu verstehen. Auch Rumpel ist plötzlich verwirrt und nicht mehr in der Lage, genau zu erklären, wie oft die anderen klingeln sollen. Verwirrt lässt Rumpel die anderen zurück... · Cookie rings the bell (Puppe) / 2‘18“ · Kinder und Kunst: Wir spitzen die Ohren (Real) / 2‘14“ · Klingelsprache / Brücke 2 / 0‘34“ Die Muppets rätseln: Sollen sie jetzt einmal, zweimal oder dreimal klingeln? · Rhythm of door, window, can (Trick) / 0‘25“ · Song: Bells (Puppe) / 3‘05“ · Spacee: Telefon (Trick) / 0‘24“ · Grover220 Bells 5 (Puppe) / 1‘18“

219 Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Sesamstrasse des NDR und des Studios Hamburg. 220 Grobi ist der deutsche Name des amerikanischen . 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 137

· Klingelsprache / Teil 3 / 2‘00“ Wolle, Pferd und Samson probieren weiter Rumpels Klingel, aber nicht einmal mehr Rumpel kann sich erinnern, was die von ihm festgelegten Klingeltöne bedeuten. Am Ende baut Rumpel die Klingel entnervt wieder ab... KOMMENTAR Die Sprache und die diffizile Kommunikationsfähigkeit ist das Grundlegende, das den Menschen ausmacht und seine Sozialisation ermöglicht. In dem Sozialisationsprozess lernen Kinder die Verhaltensweisen, die sie zur Erfüllung sozialer Rollen und zum Erwerb der Ich-Identität benötigt.

„Und ebenso offensichtlich ist, dass der Mensch von den ersten Tagen seines Lebens an die Regeln der Kommunikation zu erlernen beginnt, obwohl diese Regeln selbst, dieser Kalkül der menschlichen Kommunikation, ihm kaum jemals bewusst werden“ (Watzlawick 1993, S. 13). Auch Kommunikationsschwierigkeiten treten in unserer Gesellschaft häufig auf. Kinder müssen früh lernen, was es für Kommunikationswege gibt und dass diese auch gelegentlich zu Missverständnissen führen können. Rumpel denkt sich in der Rahmengeschichte eine neue Kommunikationsform aus, die den Umgang untereinander vereinfachen soll. Doch stellt sich diese Form der Kommunikation als äußerst kompliziert heraus. Diese einfache Geschichte zeigt den Kindern bildhaft, wie kompliziert sich Kommunikation gestalten kann, wenn nicht jeder den gleichen Sprachcode nutzt bzw. kennt. Zudem zeigt die Geschichte mit Humor, dass die menschliche Kommunikation logisch, sinnvoll und wichtig im und für das Miteinander ist. Verschiedene Kommunikationswege werden in den dazwischen gezeigten Einspielern dargestellt wie z.B. das Telefon und die Türklingel und andere Kommunikationsarten wie z.B. das Heulen der Wölfe.

Als ein Beispiel für eine Rahmengeschichte des Typs Fantastische Geschichten wird der inhaltliche Ablauf der Folge 2145 dargestellt221: · Vorspann / 0‘47“ · Der Herbst / Teil 1 / 2‘27“ Der Herbst kommt in die Sesamstrasse. Es stellt sich heraus, dass er keine Lust mehr hat, Herbst zu sein – er wäre lieber der Frühling... · Ernie + Bert: School pageant – Seasons (Puppe) / 3‘36“ · Korean spring dance (Real) / 0‘42“ · Der Herbst / Brücke 1 / 1‘34“ Der Herbst überlegt sich jetzt, wie es wäre, Sommer zu sein... · Naftaline: La neige en été (Trick) / 2‘28“ · Der Herbst / Teil 2 / 1‘03“ Der Herbst ist inzwischen davon überzeugt, dass der Winter auch eine gute Jahreszeit für ihn wäre. Finchen und Samson allerdings wollen den Herbst überzeugen, das zu bleiben, was er ist... · Frutties: Kastanie mit Blättern im Wind (Real) / 0‘22“ · Ookiook (Winter) Song (Trick) / 2‘02“ · Der Herbst / Brücke 2 / 0‘20“ Finchen erklärt dem Herbst, wie sehr sie die Jahreszeit Herbst mag... · Frutties: Traube mit Blättern im Wind (Real) / 0‘29“ · Song: I’ll love you in springtime (Puppe) / 2‘46“ · Mamemo: Kalendergeschichten (Trick) / 3‘17“ · Prairie Dawn: Walk in the woods (Puppe) / 3‘03“ · Der Herbst / Teil 3 / 2‘12“

221 Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Sesamstrasse des NDR und des Studios Hamburg. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 138

Samson und Finchen überzeugen den Herbst weiterhin, als sie ihm dann noch den langweiligen alten Mantel schön schmücken, ist der Herbst begeistert. Fröhlich singt er nun ein Lied über den Herbst. KOMMENTAR Mit dem Oberthema „Herbst“ wird hier eine Folge geschaffen, die dem Herbst eine menschliche Form gibt. Diese fantastische Geschichte erlebt Finchen mit Samson gemeinsam. Die Jahres- zeiten werden vorgestellt und die Unterschiede klar hervorgehoben. Andere kulturelle Traditionen werden dargestellt, wie der koreanische Frühlingstanz. Die Rahmengeschichte endet – wie immer – in einem Happy-End und es wird klar, dass jede Jahreszeit ihre eigenen Vorteile und besonderen Reize hat.

6.2.4. Comedy als Konzeptmittel

Von Kultur zu Kultur ist die Einschätzung von Humor eine andere. Kinder lieben besonders humorvolle Sendeinhalte. Da das Fernseherleben der Vorschulkinder durch das Hören aufgebaut wird, bevorzugen sie speziell sensorischen Humor. Eine lustige Situation sollte daher in einer Geschichte akustisch und/oder visuell ansprechend sein (vgl. Bergwelt 2002, S. 32). Wichtig ist, dass dabei der Witz keine erzieherischen Botschaften in Frage stellt. Einige Beispiele für den visuellen bzw. sensorischen Humor, der in der Sesamstrasse eingesetzt wird: · Physical Comedy Kleinkinder lieben körperbetonte Comedy. Sie sind visuell und einfach mit den Protagonisten im Fernsehen umsetzbar (z.B. Samson rutscht aus Versehen aus und landet im Gemüsebeet. Kinder mögen es, wenn dabei auch akustische Elemente eingesetzt werden, wie Gelächter, witzige Stimmen oder Toneffekte). · Slapstick Bei Vorschülern ist diese Art des Humors sehr beliebt und beinhaltet sowohl Physical Comedy (s.o.) als auch Elemente der Absurdität oder Albernheit. Die Kinder freuen sich besonders über Slapstick-Inhalte, bei denen der vermeintlich Benachteiligte am Ende doch der Klügere ist und den anderen überlistet (z.B. einige Folgen von Ernie und Bert). · Einsatz von Überraschungselementen Dies kann inhaltlich ein überraschendes Ereignis in einer normal anmutenden Handlung sein oder eine unerwartete Wendung in einer bekannten222 Geschichte wie in einem berühmten Märchen (z.B. Rotkäppchen und der Wolf treffen sich im Wald und sind wider Erwarten alte Freunde, die gemeinsam die Großmutter besuchen gehen). Außerdem kann auch mit verbalen Überraschungselementen gearbeitet werden, was Vorschulkinder auch fasziniert, sind erfundene, lautmalerische oder komisch klingende Worte (z.B. blubbern, wabern), übertriebene Aussprache (z.B. leiernde Sprache, sehr hohe oder tiefe Stimme) und Worte oder Sätze, bei denen eines ersetzt wird durch ein anderes Wort oder einen witzigen Ton (z.B. singt das Krümelmonster mit einem Mädchen das ABC-Lied und das Mädchen sagt statt dem Buchstaben immer nur „Krümelmonster“). · Visuelle / sensorische Deplaziertheit

222 je nach kulturellem Hintergrund auszusuchen 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 139

Beispielsweise sind unerwartete Kostüme, seltsame Hüte und Brillen, komische Frisuren oder Schuhe für Vorschulkinder ein Spaßauslöser. Ähnlich ist die Wirkung bei Gegenständen oder Tieren, die unerwartete Töne von sich geben (z.B. eine Banane, die hupt oder eine Ente, die bellt). Einfachheit, Eindeutigkeit und Auflösung ist hierbei wichtig, damit die Kleinsten unter den Rezipienten nicht mit einer falschen Erkenntnis zurückgelassen werden. · Einfache Reime Kleinkinder mögen einfache, wiederholende Reime, die aus wenigen Worten bestehen. In der Wiederholung wird es für die Kinder zum Vergnügen. Diese Comdeyvarianten werden durch Dekonstruktion und Wiederholung noch verstärkt. Pferd und Wolle werden als neue Comedy-Figuren in die Vorschulserie eingeführt (vgl. 6.2.2.): „Pferd ist ganz gezielt deswegen entwickelt worden, um eine Figur zu haben, die im ganz klassischen Sinne eine Comedy-Figur ist. Sie ist sehr reduziert, ein bisschen blöd, aber gleichzeitig auch unerwartet lebensweise. Sie garantiert viel Slapstick und komische Pointen, ist dabei liebenswert mit ihren Fehlern. […] Wolle ist pfiffiger als Pferd, zieht aber leider immer den Kürzeren. Die beiden schlingern von einem Fettnäpfchen ins nächste“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview).

KOMMENTAR Comedy wird hierbei als neues Konzeptmittel der Sendung eingesetzt. Im Zusammenhang mit den neuen Geschichtenstrukturen der Rahmengeschichten soll laut Schmidt-Bratzel eine „ganz spezifische deutsche Sesamstrassen-Kultur geschaffen werden“ (ebenda). Hinter dem Vorder- grund, dass Kinder gerne lachen und Sendungen größtenteils nach ihrem Humorgehalt beurteilen, ist das neue Comedy-Konzept für die Kleinen eine Aufwertung der Sendung. Schwierig ist hierbei nur, den feinen Grad des Humors zwischen Witz und Diskriminierung zu treffen (z.B. wenn eine übertriebene Aussprache witzig sein soll, ein Kind aber selbst so einen `Sprachfehler` hat). Hierbei müssen die Redaktion und das Produktionsteam sensibel darauf achten, dass keine Witze auf Kosten von einer Menschengruppe bzw. einer Behinderung stattfindet. Das würde gegen die Philosophie der Sendung sprechen. Ansonsten ist der Ansatz des neuen Comedy-Konzepts sicherlich der richtige Weg, um Kinder und Familien gemeinsam vor dem Fernseher zu amüsieren. Schmidt-Bratzel erinnert hierbei an das alte „Phänomen der Sesamstrasse und z.B. auch der Muppetshow“ (Interview), dass sie der ganzen Familie Spaß gemacht haben. Das möchte sie mit dem neuen Konzept wieder in Erinnerung rufen und mit der Sendung auch das Interesse der Erwachsene wecken.

6.2.5. Die Marke Sesamstrasse

Die Fernsehsendung Sesamstrasse ist eine Lizenzproduktion mit dem Sesameworkshop in New York. Der aktuelle Vertrag über die Lizenzrechte läuft noch bis zum Jahr 2009 und die Sendung wird vom NDR in Deutschland gemeinsam mit dem HR, SWR, SR und WDR finanziert, wobei der Hauptanteil der TV-Lizenzsumme der NDR selbst trägt (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die Rahmengeschichten werden dem Studio Hamburg in Auftrag gegeben. Die Vorschulserie erzielt im deutschen Fernsehen einen Marktanteil von über 50% bei der Zielgruppe der Drei- bis 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 140

Sechsjährigen223. Die Einschaltquoten sind demnach für ein Kinderprogramm äußerst zufrieden- stellend und konnte durch die Ausstrahlung des neuen Comdey-Konzeptes sogar insgesamt einen Quotenanstieg verzeichnen (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Doch die Sesamstrasse ist weit mehr als eine Fernsehserie. Weltweit genießt sie den Status eines wirtschaftlichen Markenprodukts, das sich auch in anderen Bereichen als über das Fernsehen profiliert. Merchan- disingprodukte der Sendung lassen sich beispielsweise erfolgreich verkaufen. Die amerikanischen Produzenten der Vorschulserie erkennen früh, dass nicht nur die Fernsehsendung den Kindern Spaß macht, sondern durch die weltweite Anerkennung der Serie auch Nebenprodukte einen hohen Marktwert besitzen. Infolge der Popularität der Sendung, schließt die damalige CTW schon im Jahre 1973 mit über 20 amerikanischen Firmen Merchandising- verträge224 über die Marke Sesamstrasse ab (vgl. Projektgruppe Kinderfernsehen 1975, S. 146). Es wird ein 32seitiger Verkaufskatalog herausgegeben, der eine Auswahl der Produkte anbietet. Darin werden u.a. Bücher, Comics, Kalender, Spielzeug, Poster, Filme und Schallplatten präsentiert. In dem Katalog wird behauptet, „alle angebotenen Produkte sollten nicht nur Spaß machen, sie seien auch `didaktisch wertvoll` und setzten den `Lernprozess` fort, den die Fernsehserie in Gang gesetzt hat“ (ebenda).

KOMMENTAR Diese `pädagogisch wertvolle` Aussage soll den Eltern anscheinend ein gutes Gefühl beim Kauf dieser Produkte geben. Natürlich werden nur Produkte angeboten, die zu der Zielgruppe passen. Trotzdem steckt hinter dieser sog. „sensiblen Vermarktung“ eine ausgeklügelte Marketing- strategie, die auch einen Gewinnzuwachs erzielen soll.

Mittlerweile sind mehrere Tausend Merchandising-Produkte der Marke Sesamstrasse auf dem internationalen Markt, wie z.B. Kleidung, Bettwäsche, Bücher, Puppen, Spiele und vieles mehr (vgl. Abb. 55).

Abbildung 55 T-Shirt mit Ernie als Motiv225

Die Rechte an der Marke Sesamstrasse besitzt die amerikanische Jim Henson Company, die u.a. auch für die Produktion der Muppet Show, Fraggles und Der Bär im großen blauen Haus verantwortlich ist226. Die Firma gehört zu den weltweit führenden Lizenzgebern und hat in den vergangenen zehn Jahren allein über 5.000 lizenzierte Produkte auf den Markt gebracht227. Als

223 vgl. http://www.ndr.de/tv/sesamstrasse/sendung.html (04.03.02) 224 vgl. Kapitel 4.3.1. 225 vgl. http://www.Sesamstrasse.de (21.08.02) 226 vgl. http://www.henson.de (06.10.02) 227 vgl. http://www.em-ag.de/dasat/index.php (06.10.02) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 141

öffentlich-rechtlicher Sender ist es dem NDR nicht gestattet, kommerziell tätig zu werden und an diesen Produkten mitzuverdienen. Daher ist es für die Redaktion der Sesamstrasse ein Thema, das sie „nur marginal tangiert“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die Lizenzen für das Merchan- dising sind an EM.TV vergeben (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Trotzdem hat der NDR eine beratende Funktion bei der Produktentwicklung:

„Wir werden natürlich mit einbezogen, weil es das Interesse von EM.TV ist, die Produktentwicklung parallel zur Entwicklung der Sendung zu machen“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Zudem gibt es die NDR Media, ein Tochterunternehmen des NDR, die mit EM.TV in engerem Kontakt steht und sich u.a. um das Merchandising der Sesamstrasse kümmert (vgl. ebenda). Der Medienkonzern EM.TV wird 1989 von Thomas Haffa gegründet und vermarktet international Fernseh- sowie Merchandisingrechte und produziert Kinder- und Familienprogramme228. Im Jahr 1997 geht die Firma an die Börse, um die Internationalisierung voranzutreiben und den Markt zu erweitern. Im März 2000 übernimmt EM.TV für 680 Millionen Euro 100% der Rechte an den Produkten der Jim Henson Company. Dazu gehören nicht nur die Merchandisingrechte an der Sesamstrasse und anderen Henson-Produkten, sondern auch TV-Lizenzrechte z.B. an der Muppet-Show. Aufgrund von Fehlkalkulationen sinken die Gewinne des Medienkonzerns jedoch danach rapide (vgl. Abb. 56).

„EM.TV […] hatte zu seinen Glanzzeiten eine Marktkapitalisierung von 15 Milliarden Euro – bis die EM.TV-Aktien nach wiederholten Gewinnwarnungen und finanziellen Ungereimtheiten im Sturzflug rund 95 Prozent an Wert verloren“229.

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0 1997 1998 1998 1999 1999 2000 2000 2000 2000 2000 2001 2001 2002 2002

Abbildung 56 EM.TV-Aktienwert in Euro von 1997 bis 2002230

Die Kurseinbrüche sollen u.a. mit dem überteuerten Kauf von Formel 1-Fernsehrechten und der Henson-Rechte im Februar/März 2000 zusammenhängen231. Der Firmenchef Thomas Haffa bestreitet das jedoch im Dezember 2000 in einem Interview:

228 vgl. http://www.em-ag.de/dasat/index.php (06.10.02) 229 vgl. http://www.heise.de/newsticker/data/pmz-11.05.02-000/ (04.11.02) 230 vgl. Deckstein 2002, S. 222f. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 142

„Ich will nicht ausschließen, dass wir in der Euphorie vielleicht auch ein bisschen zu viel bezahlt haben. Die `Muppets` aber lohnen sich, glauben Sie mir. Wir sind ein Anbieter von Kinder- und Familienprogramm und leben von Marken. […] Bislang bekam Henson jährlich […] 18 Millionen Dollar für diese Rechte. Es war hundertprozentig richtig, sich diesen Cash jetzt zu sichern“232. Dennoch legt Vizechef Stefan Haffa233 noch Ende 2000 sein Amt nieder (vgl. Deckstein 2002, S. 223). Nach massivem Druck der Aktionäre tritt auch Firmengründer Thomas Haffa im Sommer 2001 zurück. Seit September 2001 leiten Werner E. Klatten und Rainer Hüther das Unternehmen234. Die Brüder Haffa stehen seit November 2002 vor Gericht wegen des Verdachts des Kursbetrugs und bewusster Bekanntgabe falscher Halbjahreszahlen von EM.TV (vgl. Deckstein 2002, S. 222ff.).

KOMMENTAR Dem Erfolg der Marke Sesamstrasse tut dies keinen Abbruch. Die äußerst hohe Summe, mit der die Henson-Rechte gehandelt wurden, zeigt noch einmal deutlich, wie groß die wirtschaftliche Wertigkeit des Kinderfernsehens sein kann. Die Sesamstrasse ist als Klassiker unter den Kindersendungen nicht nur im Fernsehen beliebt, sondern sämtliche Nebenlizenzen nehmen großen Einfluss auf diverse Wirtschaftszweige.

Als ein weiteres Beispiel für die Vielseitigkeit der Ausschöpfungsmöglichkeiten der Vorschulserie, kann zudem die Bühnenshow genannt werden. Seit 21 Jahren gibt es zur amerikanischen Vorschulserie verschiedene Musicals. 1993 wird das deutsches Pendant Sesamstrasse Live gegründet235. Die `Family Entertainment Factory` produziert diese Bühnen- shows und führt bundesweite Tourneen durch (vgl. Ingold 2002, S. 2). Kooperationspartner ist der NDR, der dem Autorenteam der Sesamstrasse Live beratend zur Verfügung steht236. Die Produktion erfolgt unter Mitarbeit des Sesameworkshops und die dazugehörigen Ganz- körperpuppen werden unter Absprache mit der Jim Henson Company von der VEE International237 entwickelt. Mittlerweile wird die fünfte Produktion der Sesamstrasse Live unter dem Titel „Wenn ich groß bin“ auf deutschen Bühnen präsentiert. Die Puppen führen ein Musical auf, in dem die Kinder zu Aktivität und zum Mitmachen angeregt werden. Laut Ingold ist die Bühnenshow eine „aufdringliche, laute, knallbunte Angelegenheit“ (Ingold 2002, S. 2), die zu Unaufmerksamkeit und Verwirrtheit bei den Kindern führt. Die Veranstalter sehen das naturgemäß anders: „Die Shows sind keine Theatervorstellungen, bei der absolute Ruhe erwünscht ist. Im Gegenteil: Sobald der Vorhang sich öffnet und die Stars aus der Sesamstrasse Live anfangen zu singen, zu lachen und zu tanzen, werden die Kinder sogar aufgefordert mitzumachen. […] Die Geschichten in der Sesamstrasse Live sind bewusst so gestaltet, dass sie möglichst die Inhalte der Fernsehshows aufgreifen und weiter führen. Auch die Bühnenfassung versucht, dabei die unterhaltende Komponente mit einem gewissen Bildungsanspruch zu kombinieren.

231 ebenda 232 vgl. http:/www.spiegel.de/spiegel/0,1518,107028,00.html (09.03.02) 233 Bruder des Firmengründers Thomas Haffa 234 vgl. http://www.em-ag.de/dasat/index.php (06.10.02) 235 vgl. http://www.sesamstrasse-live.de/backstage.html (10.07.02) 236 vgl. http://www.sesamstrasse-live.de/backstage.html (10.07.02) 237 Musicalagentur aus Minneapolis, USA 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 143

In `Wenn ich groß bin` erfahren die Kinder viel über die Bedeutung von Freundschaft, das Erlernen von Verantwortung, Selbstbewusstsein und die Kraft der Phantasie.“238 Dabei hat die Produktion aber einen weitaus amerikanisierteren Stil als die deutsche Fernsehserie: „Die US-amerikanische Vorlage wird schlicht kopiert – bis hin zum Drive-In mit Cadillacs und Fritten am Autofenster“ (Ingold 2002, S. 2). Dieser amerikanische Stil zeigt sich auch in den Geschichten und Liedern, was die Kinder aber zu faszinieren scheint. Am Ende der Show wird die Interaktion zwischen den Darstellern und den kleinen Zuschauern weitergeführt, indem die Kinder auf die Bühne eingeladen werden, um gemeinsam mit den Puppen zu tanzen und sich zu verabschieden (vgl. Abb. 57). Die Bühnenshow ist in Deutschland erfolgreich und erreichte bei der vorigen Produktion mit dem Titel „1-2-3… wir träumen!“ bundesweit eine Besucherzahl von 200.000 Menschen239. Selbstverständlich gibt es auf der Homepage der Veranstalter und auf der Tour die dazugehörigen Fanartikel wie CD oder MC des Bühnenstückes und diverse Merchandisingartikel zu kaufen240.

Abbildung 57 Kinder mit den Puppen der Sesamstrasse Live241

KOMMENTAR Mit den Merchandisingprodukten und der hier als Beispiel aufgeführten Sesamstrasse Live wird dem kindlichen Wunsch nach Nähe zu ihren Medienlieblingen entsprochen. Natürlich stehen bei den Firmen, die sich an diese klassische Marke des Kinderfernsehens `hängen` ökonomische Ziele im Vordergrund. Mit der Sesamstrasse Live kommen die Produzenten jedoch einem Wunsch der Fernsehkritiker entgegen: Sie holen die Kinder aus ihren Fernsehsesseln heraus und kommen ihnen auf der Ebene der Theaterbühne mit den Identifikationsfiguren aktiv entgegen.

6.3. Wirkungsforschung zur Sendung

Um die Wirkung der Serie bei den Rezipienten zu überprüfen, wird schon 1973 eine Begleit- untersuchung in den USA zur Sesame Street durchgeführt. Im Auftrag von CTW übernimmt die Forschergruppe Education Testing Service242 diese Aufgabe (vgl. Dericum 1976, S. 19). Sie bringt folgende Ergebnisse hervor (vgl. Arbeitsgruppe Sesamstrasse 1973b, S. 12):

238 vgl. http://www.sesamstrasse-live.de/faq.html (10.07.02) 239 vgl. ebenda 240 vgl. http://www.sesamstrasse-live.de (10.07.02) 241 vgl. http://www.sesamstrasse-live.de/news/galerie.html (10.07.02) 242 ETS 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 144

· Alle Kinder profitieren von der Sendung, vor allem die Kleineren der Rezipienten (Dreijährige mehr als Fünfjährige). · Sozial benachteiligte Kinder, die oft zusehen, haben einen größeren Lernzuwachs als Kinder, die weniger häufig zusehen. · Kinder, die mit einer Bezugsperson (z.B. Mutter) die Sendung sehen und darüber reden, haben größere Lernzuwachse als diejenigen, die allein fernsehen. · Buchstaben und Zahlen werden am besten gelernt. Die Forscher konzentrieren sich dabei ausschließlich auf die quantitative Untersuchung der Programmwirkung und sind laut Scherell „von einer kritischen Würdigung der Sendereihe […] weit entfernt“ (1980, S. 22). Nach einer Gesamtauswertung mehrerer Untersuchungen 1975 ist der Lernzuwachs der rezipierenden Kinder nach Cook weitaus geringer als es der ETS herausgefunden haben will. Diese Ergebnisse sind nicht notwendigerweise der Sesamstrasse zuzuschreiben, da in der Untersuchung der ETS weder die soziokulturellen Hintergründe noch die Persönlichkeit der einzelnen Kinder beachtet wurden (vgl. Scherell 1980, S. 23): „Vielmehr sind die häufigsten Zuschauer überhaupt aufgeweckte Kinder, die bereits mehr wussten, bevor sie die Sendereihe kannten und auch ansahen“ (ebenda). In Deutschland belegen die Untersuchungen des Hans-Bredow-Instituts und einer Elternbefragung zur Sesamstrasse Mitte der 1970er Jahre diese Annahme, dass besonders die Kinder von der Sendung profitieren, die ohnehin schon über bessere Bildungsvoraussetzungen verfügen und durch ihre Eltern eine Hilfestellung bei der Verarbeitung der Sendeinhalte bekommen (vgl. Paus- Haase 1998a, S. 210). So bleibt die Lernwirkung der Sendung beschränkt. Eine kompensatorische Erziehung findet dadurch nicht statt, eher wird die sog. `Bildungsschere` weiter zu öffnen (vgl. ebenda). Scherell und Jacobi stellen 1980 in einer Forschungsarbeit über die Wirkung der Vorschulsendung Sesamstrasse bei Kindergartenkindern aus der deutschen Mittelschicht folgende Schlussthesen zusammen (vgl. Scherell 1980, S. 298): · Die Sesamstrasse geht in seiner Struktur nur ungenügend auf die verschiedenen Altersgruppen und deren Bedürfnisse ein. So wird der Entwicklungsstand der Kinder nur geringfügig bedacht. · Es wird stark auf eine attraktive Darstellungsweise gesetzt, aber nicht auf altersadäquate Inhalte. · Die Wiederholungen und die Muppets erzeugen bei den Kindern einen positiven Vertrautheitsgrad und die Übernahme der intendierten Aussagen. · Die Kinder wissen, was gezeigt wurde, aber trotzdem verstehen sie den Inhalt nicht. Ein Lernen im Sinne von „Verstehen“ findet nicht statt.

KOMMENTAR Die verschiedenen Untersuchungsergebnisse zeigen die Problematik einer solchen Forschungs- arbeit. Die Lernwirkung dieser Serie hängt von verschiedenen Indikatoren ab, die von den Sendemachern selbst nicht alle beeinflussbar sind. So z.B. die Familiensituation der Kinder, das Vorwissen, die Persönlichkeitsentwicklung, die Sozialisation sowie die kognitiven Fähigkeiten. Die Kinder weisen in dieser Zielgruppe eine heterogene Masse auf, die nicht als eine Einheit betrachtet werden kann. Daher sind bei der Entwicklung einer Kindersendung lediglich einige 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 145

Faktoren zu beachten, die bei fast allen Kindern auf positive Resonanz treffen und die die Lernwahrscheinlichkeit erhöhen kann. Das Sendungskonzept der Sesamstrasse wurde seit der Adaption für das deutsche Fernsehprogramm stetig erneuert und den Bedingungen der hier lebenden Kinder angepasst. Große Veränderungen im inhaltlichen (z.B. Rahmengeschichten) und der bildlichen Gestaltung (z.B. Studio, Vorspann) gab es 1995 und 2000. Neue deutsche Kognitionsforschungen wurden bisher zur Sendung nicht erhoben. Das neue Konzept für das Jahr 2003 ist unter entwicklungspsychologischer Sicht ausgearbeitet worden. Die aktuellen Ergebnisse der zugrunde liegenden qualitativen Untersuchung von Rogge werden im Folgenden dargestellt.

Im Mittelpunkt einer qualitativen Untersuchung der Vorschulserie von Rogge243 im Jahr 2001 stehen Beobachtung der Rezeption von zwei Folgen244 sowie Gruppen- und Einzelinterviews (Rogge 2002, S. 8f.). Dies erfolgt bei 310 Kindern in 12 Kindertagesstätten von denen sich fünf im Hamburger Stadtgebiet befinden und sieben südlich von Hamburg in einer ländlichen Gegend. Die Rezipienten kommen aus mittleren sozialen Schichten und sind im Vorschulalter. Der Fernsehkonsum der Kinder liegt im Durchschnitt der Altersgruppe und als Lieblingssendungen werden von ihnen folgende Serien genannt: Die Sendung mit der Maus, Sandmännchen, Sesamstrasse, Löwenzahn, Siebenstein, Teletubbies, Disney Club und Tigerenten Club. Von den älteren unter den Rezipienten werden folgende Zeichentrickserien zusätzlich erwähnt: Heidi und Pokémon (vgl. Rogge 2002, S. 9). Die Vorschulserie Sesamstrasse ist allen Kindern der Untersuchungsgruppe bekannt. Bei der häuslichen Rezeption der Sendung gibt es keinerlei Probleme mit den Eltern. Diese sind durchgehend mit dem Konzept der Sendung einverstanden. Sie wird von ihnen als kindgerecht bezeichnet, weil sie werbefrei, gewaltfrei und ohne angsteinflößende Inhalte sei (vgl. ebenda). Daher erlauben sie ihren Kindern den Konsum der Serie. Hinzu kommt, dass die Kinder diese Sendung allein rezipieren dürfen: „Sesamstrasse dürfen wir alleine sehen, weil wir dort etwas lernen“ (Rogge 2002, S. 9) erklärt der sechsjährige Michael. Der kindliche Umgang mit der Sendung wirkt rituell und selbstbewusst. Allein die Tatsache, dass die Sendung ganz selbständig und allein rezipiert werden darf, gibt den Kindern Selbstbewusstsein: „Dann redet Mama nicht immer dazwischen. Samson ist eben mein Freund und Mami hat die Lindenstraße245“ (Rogge 2002, S. 10). Die Kinder wissen genau, wann die Sesamstrasse kommt, richten sich vor dem Fernsehgerät ein und vertrauen dem Ablauf der Sendung. Laut Rogge sind Vertrauen und Vertrautheit zum Sendungsablauf größten Teils durch die Muppets aufgebaut, auf die sich die Kinder einlassen, deren Charakter und Temperament sie einschätzen können (vgl. Rogge 2002, S. 9). Beliebte Figuren, die die jungen Rezipienten vermehrt erwähnen, sind Samson, Pepe, Ernie und Bert sowie das Krümelmonster (vgl. Abb. 58). Die fünfjährige Anne findet Samson kuschelig und würde ihn gern als großen Bruder haben. Der sechsjährige Jan empfindet die Muppets als gute Freunde und erklärt beschreibt das so: „Irgendwie weiß ich, was bei denen kommt. Ernie, der nervt so ein bisschen und Bert ist der etwas Ruhigere“ (Rogge 2002, S. 9). Die Kinder stellen dabei Bezüge zu ihrem eigenen Alltag her und auch Jan vergleicht das Verhältnis von Ernie und Bert mit dem zwischen ihm und seinem älteren Bruder. Für die Kinder

243 In Zusammenarbeit mit Eva Schäfer von der Universität Hamburg. 244 Folge 2046 u. Folge 2055 245 wöchentlich ausgestrahlte Familienserie auf der ARD 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 146 sind die Muppets mehr als nur bloße Unterhaltung, sie verkörpern Charaktere, Haltung und Lebensprinzipien der jungen Rezipienten.

Abbildung 58 Ernie und das Krümelmonster246

Rogge ist der Meinung, dass dies auf eine „geistreich-witzige, nicht vordergründig-oberlehrerhafte Art“ (Rogge 2002, S. 10) geschieht. So haben die Kinder auch eine klare Meinung zu dem Sendeformat: Lob für die Mischung aus Unterhaltung und Wissensvermittlung sowie das Gefühl, ernstgenommen zu werden und als eigenständige Persönlichkeit anerkannt zu sein. Die Verhaltensbeobachtungen während der kindlichen Rezeption der beiden Folgen sind abwechselnd Faszination und Abgewandtheit. Rogge ist der Meinung, dass dieses Verhalten der kindlichen Wahrnehmungsbesonderheit in dem Alter entspricht (vgl. Rogge 2002, S. 10). Fast 30 Minuten einer Sendung konzentriert zu folgen, würde die Kinder kognitiv und emotional überfordern. Auffallend bei der Beobachtung der Rezipienten ist, dass die Muppets eine besondere Aufmerksamkeit erhalten. Sie und ihre Geschichten stehen ganz klar im Mittelpunkt des kindlichen Interesses. Jegliche Nebenaktivitäten und Unaufmerksamkeit werden beendet, sobald die Muppetpuppen auf dem Bildschirm erscheinen. „Für viele Kinder dienen die kurzen Einspielfilme dazu, abzuschalten, sich neu zu besinnen, um sich dann wieder auf die Muppets und deren Storys einzulassen“ (Rogge 2002, S. 10). Von den Rezipienten kritisch betrachtet wird ein Realfilm-Einspieler über türkische Kinder247, bei dem die kindliche Aufmerksamkeit schnell nachlässt und die Rezipienten sich abwenden. Sie nehmen Kontakt zu den anderen Kindern auf. Der sechsjährige Jonas kommentiert den Realfilm- Einspieler mit den Worten: „Das ist langweilig“ (zit. in: Rogge 2002, S. 10). Rogge vermutet, dass dieses Verhalten der Kinder auf die Qualität des Einspielfilms zurückzuführen ist: „Die Storys über die türkischen Kinder, deren Absichten zweifellos wichtig sind und die in den Lernzielkatalog des Sesamstrassen-Konzepts passen, unterscheiden sich von der Qualität und der ästhetischen Umsetzung der Muppet-Geschichten grundlegend. Viele Storys der Einspielfilme haben keinen Spannungsbogen, die ästhetische Umsetzung ist wenig ansprechend, der Sprecher kindertümelnd. Die Konsequenz: Kinder fühlen sich nicht ernst genommen, sie wenden sich ab“ (Rogge 2002, S. 10). Eine Wissensvermittlung, die lediglich auf das Kognitive ausgerichtet ist, langweilt die Kinder. Sie empfinden es als einseitig und belehrend (vgl. Rogge 2002, S. 11). Aus Sicht der kindlichen Rezipienten geht das Lernen nur gemeinsam mit der Unterhaltung einher, denn Kognition und

246 vgl. http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/Medienzentrum/zmm-news/ (02.10.02) 247 aus der Serie Mischa in der Türkei 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 147

Emotion gehören für sie zusammen (vgl. ebenda). Die Emotionalität finden die Kinder bei den Muppets, in den Songs oder auch in der Musik der Einspieler. Sie können die Aufmerksamkeit der Rezipienten laut Rogge wecken, ohne sie gefühlsmäßig zu überfordern. Beim Rezipienten- verhalten ist dies zu beobachten, wenn die Kleinen mitsingen, klatschen, sich im Takt bewegen oder gestisch und mimisch mitmachen (vgl. Rogge 2002, S. 11). Trotzdem bedeutet diese sendungsbezogene Aufmerksamkeit der Kinder nicht, dass Nebenaktivitäten völlig ausge- schlossen sind. Rogge hat zwei Formen der Beteiligung beobachtet (vgl. ebenda): · Den Kindern sind die Sendungsinhalte unwichtig. Nur wenn ihre Lieblingsprotagonisten kommen, wenden sie sich dem Programm zu. Da sie den Ablauf der Sendung kennen, wissen sie genau, wann sie aufmerksam sein müssen und wann nicht. · Die Kinder führen sendungsbezogene Unterhaltungen miteinander und parasoziale Gespräche während der Rezeption. Sie kommentieren die Inhalte, sprechen direkt mit den Protagonisten, diskutieren mit ihren Freunden über Lösungen für die Probleme der Muppets oder geben stolz bekannt, dass sie die Lösung kennen. Daher mögen es die Kinder auch, wenn sie direkt von den Protagonisten angesprochen werden und z.B. von den Muppets begrüßt werden. „Durch diese Ansprache fühlen sich die Kinder angenommen, es wird eine quasi persönliche Beziehung zu ihnen hergestellt, die für die weitere Wissensvermittlung, die Umsetzung der intendierten Lernziele wichtig ist. Denn je sympathischer der Protagonist, je kompetenter seine Erklärungen, je mehr er Kinder dort abholt, wo sie sind – und dies ist räumlich und intellektuell gemeint –, desto mehr sind Kinder bereit, sich auf ihn und seine Fähigkeiten einzulassen“ (Rogge 2002, S. 11). Die Auswertungen der Interviews haben gezeigt, dass besonders Pepe bei den Kindern starke positive Emotionen hervorruft und sie aktiv werden lässt (vgl. ebenda). Die jungen Rezipienten finden den Charakter lustig, witzig und sind von ihm angesprochen. Sie fühlen sich ihm gleichgestellt. Mit seinen Stärken, seinen Schwächen, seiner Experimentierfreude und seinem positiven Elan fühlen sie sich ihm nah. Er agiert kindlich, aber nicht kindisch (vgl. Rogge 2002, S. 7). Pepe ist optimistisch, weiß immer Rat und hat zudem etwas Geheimnisvolles an sich (vgl. Rogge 2002, S. 11f.). Das mögen die Kinder an ihm und sind dadurch angeregt, eigene (Zauber-) Geschichten zu erfinden oder Pepes Missgeschicke und Erfahrungen mit ihren eigenen zu vergleichen und davon zu berichten (vgl. Rogge 2002, S. 12). Bei einer anderen gezeigten Folge steht im Mittelpunkt der Rahmengeschichte die Frage, wieso das Licht im Kühlschrank brennt. Samson und Finchen suchen nach einer magisch-fantastischen Erklärung und Finchen vermutet, dass die Gurke, die im Kühlschrank liegt, den Lichtschalter anmacht (vgl. Rogge 2002, S. 7). Die Kinder fühlen sich von der Geschichte angesprochen, empfinden sich selbst jedoch als kompetenter als die Protagonisten (vgl. Rogge 2002, S. 12): „Die Kinder kommentierten die Aktionen der Muppets, erzählten sich davon, was sie alles wüssten und kamen sich insgesamt klüger vor. […] Die zuschauenden Kinder […] konnten zusehen, wie die Muppets in ihrem Wissen endlich mit ihnen gleichzogen“ (ebenda). Auch im Interview fordern die Kinder noch einmal nachdrücklich eine Mischung aus Wissensvermittlung und Unterhaltung: „Wenn es nicht lustig, ist, da mag ich nicht hinschauen“ 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 148

(Rogge 2002, S. 12). Zudem müssen die Bilder den ästhetischen Geschmack der Kinder treffen. Reine Erklärungen ohne die dazugehörigen Bilder genügen den Kindern nicht (ebenda): „Die Bilder müssen klasse sein. Ich muss das eben auch sehen, was da erklärt wird, sonst verstehe ich das nicht“ (Tim, sechs Jahre). „Wenn der nur erzählt, dann ist`s auch nicht gut. Ein bisschen Musik, wo ich mitsingen kann, das ist toll. Oder wenn sie das Alphabet mit einem Lied erklären, dann behalt` ich das viel schneller“ (Rafael, sechs Jahre). Nach Rogge haben die Kinder damit zwei wichtige Punkte zur Umsetzung von Lernzielen angesprochen: 1. unterhaltend-emotionalisierende Gestaltungselemente (der Sendung) 2. Alltagsbezüge (zum Rezipienten selbst) Doch die Umsetzung dieser beiden Gesichtspunkte stellt eine große Herausforderung an die Fernsehverantwortlichen dar. Die dramaturgisch eingesetzten Elemente (wie Musik, Kameraführung, Songs) sollen nicht zu schwach eingesetzt werden, weil die Kinder sich sonst schnell langweilen, aber dürfen auch nicht zu stark im Vordergrund stehen, weil das wiederum vom Inhalt ablenken könnte oder die Zielgruppe verunsichert (vgl. Rogge 2002, S. 12). Bei den Alltagsbezügen verhält es sich ähnlich, denn eine überzogene Alltagssituation könnte als Belehrung verstanden werden und die Kinder fühlen sich nicht ernst genommen. Rogge kommt aufgrund der Untersuchung zu dem Schluss, dass die magisch-fantastische Wirklichkeits- auffassung der Sesamstrasse für Kinder kompetent durchgeführt wird (vgl. ebenda).

KOMMENTAR Die Ergebnisse von Rogge sind zwar nicht als repräsentativ zu bezeichnen, doch sind die Tendenzen der Ergebnisse der qualitativen Untersuchung durchaus hervorzuheben und zu beachten. Das kindliche Rezeptionsverhalten und die Motive des Fernsehkonsums der untersuch- ten Kinder zeigen deutliche Übereinstimmungen mit den Kernpunkten in Kapitel 4.2.2. und 4.2.3. dieser Arbeit auf.

6.4. Qualitätsmerkmale

Wie schon in Kapitel 5.1. näher erläutert, lassen sich Qualitätskriterien für Kindersendungen schwer universal festlegen. Jedes Kind rezipiert Fernsehangebote geprägt von seinem kognitiv- emotionalen, sozialen und moralischen Entwicklungsstand und verarbeitet sie individuell in Abhängigkeit dieser Prozesse (vgl. Paus-Haase 1998b, S. 77). Während der gesamten Kindheit unterscheiden sich also die Art und Weise, wie Kinder die Inhalte des Fernsehens wahrnehmen und nutzen. Innerhalb des Entwicklungsprozesses differenziert sich das Verständnis und die Beurteilungsfähigkeit der Kinder gegenüber den Fernsehinhalten und –darbietungsweisen immer mehr (vgl. Theunert 1995, S. 41ff.). Die Zielgruppe der Sesamstrasse sind Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Sie befinden sich in der präoperationale Phase, ihr Weltbild ist egozentrisch, sie können noch nicht abstrahieren. Ihr kognitives Denken ist an den Augenschein gebunden. Diese Phase wird durch den wachsenden Gebrauch abstrakter Symbole charakteri- siert, der sich z.B. beim fantasievollen Spielen beobachten lässt. Kinder sind demnach fantasie- volle Individuen, die jeweils andere Qualitäten von Sendungen bevorzugen und benötigen. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 149

Gleichwohl können einige Merkmale für Qualität anhand des Entwicklungsstandes, der Motive und des Rezeptionsverhaltens der Zielgruppe sowie einer kindgerechten Dramaturgiegestaltung ausgemacht werden. Zudem haben Kinder, Pädagogen und Eltern bestimmte Vorstellungen von einem qualitätsvollen Kinderfernsehen. Unter Berücksichtigung dieser Aussagen und Kriterien lassen sich bei der Vorschulserie Sesamstrasse einige Qualitätsmerkmale feststellen, die im Folgenden insbesondere durch die Charaktere und Geschichten der Sendung sowie die Dramaturgie veranschaulicht werden.

6.4.1. Charaktere Die Charaktere der Sendung sind wichtige Qualitätsfaktoren für die jungen Rezipienten und können Anknüpfungspunkte für den Alltag, Orientierungs- und Identifikationsmöglichkeiten bieten. Die Anwesenheit von Identifikationsmodellen bietet für die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder geeignete Vorbilder menschlichen Verhaltens (vgl. Nikken 1995, S. 31) oder liefert kurz- fristig emotionale Unterstützung in Konfliktsituationen (vgl. Baacke 1997b, S. 47). Vorschulkinder lassen sich von markanten Personen und Figuren faszinieren (vgl. Winterhoff-Spurk 2001, S. 58). Besonders beliebt sind daher in der Sesamstrasse die Muppet-Puppen. Sie sind archetypische Charaktere, die die Rezipienten ohne Probleme durchschauen, wiedererkennen und einschätzen können. Passend zur Zielgruppe gibt es jeweils Figuren, die von ihrer Entwicklung, ihrem Verhalten und Temperament dem der Vorschüler entsprechen könnten. So stellt z.B. Finchen die neugierige Dreijährige dar und Samson den etwas tollpatschigen Fünfjährigen, wobei Tiffy die wissbegierige, etwas altkluge Sechsjährige und Feli Filu als ihre gleichaltrige Freundin eher quirlig und ausgelassen ist. Rumpel wiederum entspricht einem aufmüpfigen Kind, das ungern aufräumt, seine Emotionen nicht zeigen möchte und anarchistisch wirkt. Mithilfe seiner Raupe Gustav sieht der Zuschauer dann doch Rumpel`s fürsorgliche und gefühlvolle Seite (vgl. ebenda). Konflikte werden immer von den Monstern selbst und aus eigener Kraft gelöst, indem sie die Situationen durchleben, in denen sie lernen und sie lösen (Bergwelt 2002, S. 4). Das ermutigt die rezipierenden Kinder zum eigenen Tun und gibt ihnen Kraft und Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Pepe, der Zauberer, wird von den Kindern auch als ein Muppet eingestuft, obwohl er von einem Erwachsenen gespielt wird (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Dies zeigt, dass die Vermischung von Fantasie und Wirklichkeit in der Figur Pepe tatsächlich für die Kinder stattfindet, das Zusammenleben der Menschen und Muppets in der Serie glaubhaft ist und sich die Rezipienten mit Pepe identifizieren können (vgl. Abb. 59). Die jungen Rezipienten finden seinen Charakter lustig und fühlen sich von ihm angesprochen. „Er ist immer voller Energie, Elan und positiver Vorfreude. Obwohl seine Zauberkünste vollkommen schief gehen, ist er dennoch immer begeistert. Er lässt sich nicht unterkriegen und dieses positive Role-Modelling, diese Vorbildfunktion, wird von ihm so durchgängig erfüllt, dass die Kinder sich sicher sein können, dass alles am Ende gut wird. […] Das ist das Tolle an dieser Figur, dass sie letztendlich zeigt, wie man mit Fehlern auf eine sehr humorvolle Art und Weise umgehen kann“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Mit seinen Stärken, seinen Schwächen, seiner Experimentierfreude und seinem positiven Enthusiasmus fühlen sie sich ihm nah und sicher. Er agiert kindlich, aber nicht kindisch, daher fühlen sie sich ernstgenommen und ihm gleichgestellt (vgl. Rogge 2002, S. 7). Zu Beginn der 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 150 einzelnen Sequenzen der Geschichten und bei wichtigen emotionalen Inhalten reden die Figuren in die Kamera und sprechen so die Zuschauer direkt an (vgl. Bergwelt 2002, S. A1).

Abbildung 59 Pepe und Finchen248

„Das Sprechen in die Kamera ist nur für die Identifikationsfiguren, also die Muppets vorge- sehen, die so die zuschauenden Kinder mit in ihre Welt entführen“ (ebenda). Die menschlichen Erwachsenen in der Sesamstrasse wirken zwar nicht als Identifikationsfiguren, aber können durchaus ein gelungenes und gleichberechtigtes Erwachsenenleben ohne Stereotype vorleben. Als fester Bestandteil in der Straße ansässig sind Nils und Caro. Sie spielen ein selbstbewusstes und emanzipiertes Paar, das gemeinsam einen Gemüseladen führt. Sie sind nicht allwissend, aber können den Muppets durchaus als Ratgeber zur Verfügung stehen. Doch es kommt auch vor, dass die Muppets sie darauf bringen, die Dinge aus einer anderen Sichtweise zu sehen und sie alle gemeinsam auf eine überraschende Lösung kommen (vgl. Bergwelt 2002, S. 17). Sie sind tolerante Freunde, die als gleichberechtigte Partner der Muppets fungieren und ihnen jederzeit zur Seite stehen.

KOMMENTAR Die Muppets stehen in der Sesamstrasse als Identifikationssymbole der Rezipienten. Sie entsprechen in ihrem Verhalten und ihrem Entwicklungsstand der Zielgruppe. Durch ihre positive Grundhaltung und dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, werden auch die jungen Rezipienten zu mehr Eigenständigkeit und Kreativität ermuntert. Die menschlichen Darsteller stehen für die reale Welt der Erwachsenen, die für die Muppets als gleichberechtigte Freunde zu sehen sind. Sie zeigen den Kindern ein offenes und tolerantes Miteinander. Die Akzeptanz des eigenen und des anderen Geschlechts sowie der respektvolle Umgang untereinander werden hierbei vorgelebt. Pferd und Wolle sind als Comedyfiguren keine Identifikationssymbole. Über ihre Ungeschicktheit wird gelacht und die Rezipienten fühlen sich Ihnen voraussichtlich eher überlegen als gleichgestellt. Das kann zur Förderung des Selbstbewusstseins der kleinen Zuschauer beitragen.

6.4.2. Geschichten Das Fernsehverständnis der Vorschulkinder steht im engen Zusammenhang mit ihren kognitiven Fähigkeiten und sozialen Erfahrungen (vgl. Fischer 2000, S. 54). Die Qualität der Geschichten-

248 vgl. http://www.br-online.de/jugend/izi/text/rogge15_1.htm (02.11.02)

6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 151 struktur und –inhalte sind für die Rezipienten wichtige Hilfe bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben. Diese bestehen darin, mit anderen Menschen umzugehen und Ereignisse einschätzen sowie beurteilen zu können. Außerdem müssen die Kinder ihre personale und soziale Identität ausbilden. Emotionale Reaktionen auf Medienreize sind abhängig vom kognitiven Entwicklungsstand des Kindes (vgl. Wilhelm 1997, S. 31). Das Fernsehverstehen während der präoperationalen Phase hängt von linearen, einfachen Handlungssträngen ab (vgl. Schumacher 1998, S. 49). Das Fernsehen nimmt verschieden Sinne gleichzeitig in Anspruch: Sehen und Hören müssen miteinander verknüpft werden. Zudem sind Erzählmuster, Handlungs- ablauf und die damit verbundenen Botschaften schwer zu erfassen. Der innere Aufbau von Szenen und deren Verknüpfung zu Handlungssträngen müssen von den Kindern nachvollzogen werden können, um sie zu entschlüsseln (vgl. Theunert 1995, S. 46ff.). Geschichten und Personen im Fernsehen werden hauptsächlich aufgenommen, wenn ein Bezug zum eigenen Ich entdeckt wird. Daher ist es wichtig, Geschichten zu erzählen, die die kindliche Lebenswelt darstellt und in denen sie sich wiederfinden können. Zwar gibt das biologische Alter nur Anhaltspunkte für den Entwicklungsstand des Kindes, aber ist bei der Bearbeitung einer Vorschulserie trotzdem ernst zu nehmen. Die natürliche Neigung in der Kindheit Geschichten nachzuahmen dient als Kommunikationsauslöser und die Kinder nutzen häufig die Mediensymbolik, um latent Botschaften vom eigenen Befinden oder ihrer Sorgen dadurch auszudrücken (vgl. Bachmair 1990, S. 128ff.). So können die jungen Rezipienten durch das Fernsehen ihre Beziehungen und Interaktionen untereinander bestreiten, bekräftigen und versinnbildlichen (vgl. Kübler 1998, S. 333). Das Selbstverständnis des Kindes wird in großem Maße durch das Fremdverstehen gefördert, welches z.B. beim Verstehen von Geschichten geübt wird. Durch das Beobachten von fiktiven Geschichten, kann ein Mensch Handlungsmotive, Handlungssituationen und Handlungserfolge beobachten. Demnach können Kinder auch Mithilfe von Fernsehgeschichten lernen, ihre eigene Handlungssituation und eigene Handlungsmotive mit den Augen des anderen zu sehen (Charlton 2001b, S. 78). Das wiederum hilft bei der Ausbildung der Entwicklungsaufgaben. Eine Vielzahl an Serien und Filmen greift daher Alltagserfahrungen auf und ermöglichen den Kindern gefühlsmäßige Identifikationen. Die Sesamstrasse kann hierbei besonders hervorgehoben werden, da der Ausgangspunkt für die Geschichten immer das kindliche Erleben ist und sie zudem die magisch-fantastische Wirklichkeit der Vorschulkinder beinhaltet. „Das Kind empfindet sich in der magischen Phase als eine Art Mischung aus Wissenschaftler und Magier, aus Forscher und Künstler. Auf der einen Seite weiß das Kind um reale Abläufe, weiß um Hintergründe vieler Dinge. Aber daneben gibt es – ganz zwangsläufig – riesige Lücken, die das Kind mit eigenen Fantasien und selbst gestalteten Überlegungen füllt“ (vgl. Rogge 2002, S. 3). Die fantastischen Geschichten der Vorschulserie gehen konkret auf die magischen Fantasien der Drei- bis Fünfjährigen ein. „Speziell bei Dreijährigen ist es so […]: Wenn sie sich vorstellen, ein Ritter zu sein, sind sie ein Ritter. Da gibt es keine Diskussion. Das haben wir bei den Geschichten berücksichtigt. Zuvor war es so, dass sich speziell in den Rahmengeschichten […] die Muppets nur vor- gestellt oder geträumt haben, sie reisen zum Mond. Das hielten wir vor allem vor dem geschilderten entwicklungspsychologischen Hintergrund für unfair. Wenn ich Finchen in einer Geschichten auf dem Mond zeige, dann erleben wir das natürlich mit ihr und es ist keine Vorstellung oder ein Traum. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 152

Die Fantasie ist so real in dem Alter, dass ich nicht suggerieren muss, dass sie schlafen oder träumen. Dann nehme ich die Wahrnehmungsrealität dieses Alters nicht ernst“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Die Fünf- bis Sechsjährigen sehen die Welt teilweise schon realistischer, lassen sich aber auch gern auf Fantasiegeschichten ein und genießen ihre Überlegenheit den kleineren Kindern gegenüber um das reale Wissen, dass z.B. dass man nicht mit einer Orangenkiste auf den Mond fliegen kann. Die Geschichten der Sesamstrasse löst jedoch diesen Konflikt zwischen den verschiedenen Wissenstandpunkten der Rezipienten nicht auf, sondern lassen jedem Kind seine eigene Wahrheit: „[…] beide Ansätze bleiben gleichberechtigt nebeneinander stehen“ (Schmidt- Bratzel 2002, Interview). Daher steht keiner der jungen Zuschauer nach der Sendung vor einem unlösbaren Konflikt. „Dabei geht es darum, Kinder in jeder Phase ihrer Entwicklung ernst zu nehmen mit ihren Wünschen, Träumen und Allmachtsfantasien, sie nicht als eine Ansammlung von Niedlichkeiten zu sehen, sondern als ein Riesenpotenzial an Möglichkeiten. Kinder ernst zu nehmen heißt auch, die Kraft ihrer Fantasie ernst zu nehmen und dafür zu sorgen, dass man diese Kraft nicht verbaut, sie nicht einseitig in eine intellektuelle Richtung drängt, sondern sie ausbaut zu einer Fähigkeit, die Lust darauf macht, das Leben zu gestalten“ (Bergwelt 2002, S. 1). Die eigene Wahrheit jeden Alters wird demnach in der Sendung anerkannt und in den Geschichten umgesetzt. Doch diese Fantasie, die für die Kinder wahrhaftig wird, kann auch Ängste verursachen, wenn z.B. aus einem dunklen Schatten ein Geist wird (vgl. Rogge 2002, S. 4). „Kinder sind den Objekten der Um- und Nahwelt niemals passiv ausgeliefert. Sie entwickeln selbstbewusste und eigenständige Techniken, um sich der Wirklichkeit zu stellen, sich mit ihr auseinander zu setzen. Kinder erfinden zum Beispiel Fantasiefiguren, unsichtbare Gestalten, die eine Zeit lang Begleiter sind, um dann wieder aus ihrer Welt zu verschwinden“ (ebenda). Im Spiel können die Kinder diese bedrohlichen Eindrücke verarbeiten. Dabei können auch Geschichten helfen. Dafür benötigen diese Geschichten aber das Vertrauen der Kinder und eine gewisse Verlässlichkeit, z.B. in Bezug auf den Ablauf, die Protagonisten und der Dramaturgie.

KOMMENTAR Die Sesamstrasse erfüllt dieses Vertrauen, das die Kinder erwarten und gibt mit ihren Geschichten Anstoß zu Kreativität, Kommunikation und Ausbildung des Selbstvertrauens.

Das Geschichtenerzählen in der Sesamstrasse basiert auf der positiven Verstärkung (vgl. Edelmann 1996, S. 114). Das bedeutet, dass der Lernprozess in der Geschichte damit erhöht wird, dass ein positiver Verstärker eine gewünschte Auswirkung erzielt (vgl. Edelmann 1996, S. 124). Dieser Verstärker kann bei der Sesamstrasse z.B. ein Muppet oder auch ein anderer Protagonist sein. Sie stellen ein Vorbild der Rezipienten dar und gelangen in den Geschichten durch eine positive Grundeinstellung eher zu ihrem Ziel, als durch eine negative Einstellung. Die Inhalte der Geschichten zeigen, dass negatives Denken schwächt und positives Denken dagegen Kreativität fördert und Menschen motiviert (vgl. Bergwelt 2002, S. A8). Konflikte werden klar lösungsorientiert erzählt und präsentieren die verschieden Herangehensweisen der unterschied- lichen Charaktere. Die Geschichten zeigen, dass „man sich trotz verschiedener Standpunkte und Haltungen mögen und akzeptieren kann“ (ebenda). Auch im Umgang mit sog. `schwierigen Themen`, z.B. Geschichten über Behinderte oder Ausländer, werden ganz selbstverständlich 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 153 eingebunden und der Umgang miteinander als normal und positiv dargestellt (vgl. Bergwelt 2002, S. 2). „Bei der Ausgestaltung der Geschichten ist es wichtig, die Ziele, die Kindern vermittelt werden sollen, in eine anschauliche, emotionale, witzige Erzählweise zu packen“ (Bergwelt 2002, S. 30). Um dem Wunsch der Kinder nach Spaß und Action entgegenzukommen wird in der neuen Staffel der Sesamstrasse ein neues Comedy-Konzept eingesetzt.

6.4.3. Die Dramaturgie

Die Dramaturgiegestaltung der Sendung hat entscheidenden Einfluss auf die Wirkung bei Kindern (vgl. Kapitel 5.1.2.). Die Magazinform der Sesamstrasse ermöglicht eine Wellendramaturgie, die bei den Rezipienten regelmäßig zu Entspannungen führen und Kinder mit unterschiedlichen Interessen, Erfahrungen und Wissen erreichen kann (vgl. Bergwelt 2002, S. 3). Jede Folge kann autark verstanden werden, ist in sich schlüssig aufgebaut und endet immer mit einem Happy-End. Für die Sendung werden folgende dramaturgische Aspekte beachtet (vgl. Bergwelt 2002, S. 23- 29): 1. Verlässliche Figuren Die Muppets sind den Kindern vertraut und durch die archetypischen Charaktere sind sie für sie leicht identifizierbar und durchschaubar. Sie nehmen die Sicht der Kinder ein und daher fühlen sich die Rezipienten ihnen nahe. 2. Emotionales Erzählen Emotionalität spielt in jeder Geschichte der Sesamstrasse eine tragende Rolle. Vorschulkinder erleben das Fernsehen sowie Geschichten stark emotional. Daher werden die Geschichten aus dieser Sicht erzählt und dargestellt. Die Protagonisten äußern ihre Gefühle durch Gestik, aber auch verbal und benennen sie. „Bei Emotionen ist es […] wichtig, sie explizit zu machen. Gefühle klar auszudrücken ist für Kinder in dem Alter schwer und Erwachsene schaffen es meistens leider auch kaum“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Ein Mittel, um Emotionen mit dem Publikum zu teilen, ist es, die Protagonisten direkt in die Kamera sprechen zu lassen. Die Emotionen beinhalten natürlich auch die `negativen` Gefühle, wie Angst oder Trauer. Diese werden von den Figuren in der Sendung auch dargestellt. Es wird gezeigt, wie man neuen Mut schöpfen kann, wie man sich helfen oder trösten kann (z.B. durch Sprüche oder Lieder) und dadurch an Stärke gewinnt. 3. Stringente Logik Die Logik der Geschichte muss stimmig sein. Zwar kann sich die Logik der Sesamstrasse von realen Gesetzmäßigkeiten unterscheiden, sollte dabei aber nicht unglaubwürdig erscheinen. 4. Klare Struktur Die Struktur einer Geschichte sollte von den Rezipienten leicht nachvollziehbar sein und immer den gleichen Ablauf haben: a. Der Anfang (Ein auslösendes Moment, das den direkten Einstieg ins Thema bringt.) 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 154

b. Die Mitte (Hier geht es darum, einen Weg bzw. eine Lösung zu finden für das `Problem` bzw. den Konflikt der Geschichte. Dabei kann z.B. durch Slapstick- geschichten das `Problem` noch mehr ins Chaos getrieben werden.) c. Der Schluss (Das Happy-End wird ausgelöst. Optimal ist eine überraschende und witzige Lösung.) Der Ablauf einer Rahmengeschichte wurde in Kapitel 6.2.3. ausführlich dargestellt. 5. Packende Motivation Die Motivation der Handlung sollte für die Kinder nachvollziehbar sein und gleichzeitig spannend. Sie sollte die Neugier der Kinder wecken und ein vorantreibendes Element der Handlung sein. 6. Happy-End Mit dem Ende der Geschichte soll der emotionale Spannungsbogen, der während der Handlung gezogen wird, geschlossen werden. Im Verlauf der Magazinsendung bedeutet das auch, dass der Spannungsbogen am Ende jeden Teils des Ablaufs geschlossen werden sollte oder zumindest in eine optimistische Richtung gelenkt werden soll (z.B. sagt ein Protagonist in die Kamera: `Da wird uns schon noch was einfallen!`). Diese Häppchendramaturgie ermöglicht den kleineren Kindern, sich von Inhalten zu distanzieren und somit zu entspannen. 7. In kleinen Schritten erzählen Handlungen werden in kleinen, nachvollziehbaren Schritten erzählt. Vorschulkinder verstehen es nicht, wenn mehrere Handlungsstränge nebeneinander oder hintereinander ablaufen. Daher wird die Handlung dekonstruiert, d.h. dass ein Vorgang oder die Emotionsregung in kleinste Teile zerlegt wird und dargestellt. Je genauer hier gearbeitet wird, desto näher ist man an dem Erfahrungslevel der kleinen Kinder. Für die älteren Zuschauer wirkt es dagegen komödiantisch. So erfüllt die Dekonstruktion zwei Seiten: Den Lerneffekt für die kleinsten Rezipienten und Comedy für die älteren Kinder und die Erwachsenen (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). 8. Wiederholung Ein natürlicher Wunsch der Kinder ist der nach Wiederholung, das gibt ihren verschiedenen Sinneseindrücken Zeit zur Koordinierung (vgl. Gangloff 2000, S. 34). Es steigert zudem das Verstehen des Gesehenen und das Selbstbewusstsein, da die Kinder beim zweiten Sehen der Handlung Dinge wiedererkennen können und ein Erfolgserlebnis empfinden (vgl. ebenda). „Nehmen wir als Beispiel die Begeisterung, die Kinder zeigen, wenn sie etwas geschafft haben. Aus Freude darüber können sie diese Tätigkeit wieder und wieder tun, fast so, als wollten sie herausfinden, ob sie es wirklich können“ (Bergwelt 2002, S. 26). Daher wird das Wiederholungsprinzip in die Geschichten der Sesamstrasse häufig eingebaut. Überdies bietet es Platz für komödiantische Situationen. 9. Comedy Da Kinder witzige Geschichten bevorzugen, sollen auch die Geschichten der Sesamstrasse den jungen Rezipienten in erster Linie Spaß bereiten. Grundlage hierfür bilden z.B. Slapstick- einlagen, Physical Comedy, visuelle/sensorische Deplaziertheit, einfache Reime oder der Einsatz von Überraschungselementen. 10. Dialoge 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 155

Die Eigenschaften der verschiedenen Charaktere sollen sich auch in der Sprache wiederfinden. Als einfache Wiedererkennungseffekte bieten Lautmalereien oder Rede- wendungen der Figuren ein `sprachliches Logo`: z.B. bei Wolle „Aha“, bei Rumpel „Ratta- bumbäng“ oder bei Pferd „Jou“. Grundsätzlich sollte aber die Sprache nicht das handlungstreibende Element der Geschichten sein. Sie tragen sich durch das Geschehen im Bild. 11. Interaktive Elemente Um den Kindern ein emotionalere Ebene zu der Geschichte zu ermöglichen, bzw. das Gefühl zu geben, in die Handlung einbezogen zu sein, schauen die Protagonisten gelegentlich direkt in die Kamera. So können sie auch die Kinder ansprechen oder in ihre Problemlöse- entwicklung persönlich einbeziehen. So haben die Rezipienten noch mehr Anteil bei der Auflösung, fühlen sich mitverantwortlich und gehen gestärkt mit dem Happy-End aus der Geschichte. 12. Musik/Songs Die Songs werden hauptsächlich für die Vertiefung und Verdeutlichung emotionaler Zustände genutzt (s.o. Nr. 2). Extreme Gefühlsäußerungen sind für kleinere Kinder oft schwer zu verstehen und emotional für sich selbst einzuordnen. Ein Song kann dabei helfen, Emotionen mehr spielerisch darzustellen. Auf dieser Ebene lassen sich `schwierige` Dialoge und Situationen für Vorschüler einfacher verarbeiten. Es kann aber auch einfache Freude oder Glück darstellen und so diese Gefühle besser sichtbar machen. Ein Lied ist dann beschwingend, wenn es an ein bekanntes Kinderlied oder einen modernen Popsong angelehnt ist. Das kann zudem für die Kinder oder Erwachsenen amüsant sein. Ein Beispiel mit Tiffy macht diese Art von Humor sichtbar: Sie will ein Foto machen und singt `Klick – gleich hab ich ein Bild` in der Melodie von Britney Spears249 Hit `Oooops – I did it again`.

KOMMENTAR Vergleicht man die dramaturgischen Schwerpunkte der Sesamstrasse mit denen aus Kapitel 5.1.2. sind große Übereinstimmungen festzustellen. Die grundlegenden kindlichen Qualitätsansprüche, nämlich die Überschaubarkeit und das ganzheitliche Erleben werden in der Sendung erfüllt. Aber die Vielzahl der Protagonisten in den Rahmengeschichten sowie der Einspielfilme könnte für einige Kinder unüberschaubar sein. In Rogge`s Untersuchung wird dies jedoch von den dort rezipierenden Kindern nicht angemerkt. Sie scheinen die Figuren gut unterscheiden zu können und legen ihr Augenmerk auf ihre Favoriten.

6.4.4. Pädagogische Schwerpunkte Die Redaktion der Sesamstrasse aktualisiert jährlich einen Lernzielkatalog, in dem kognitive, emotionale, physische und soziale Lernziele der Sendung verzeichnet werden (vgl. Schmidt- Bratzel 2002, Interview). Unter entwicklungspsychologischen Aspekt werden hier Grundsätze der Sendung ausgearbeitet: „Zu wissen, was für Kinder im Vorschulalter wichtig ist, wie sie sich mit Dingen ausein- andersetzen, was sie schon können, was sie gerade lernen, heißt, auf Geschichten

249 weltbekannter amerikanischer Popstar 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 156

übertragen, einen Ansatz dafür zu haben, für was sich Kinder interessieren, wie und womit man sie fesseln kann“ (Bergwelt 2002, S. A10). Bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben sollen die Geschichten und Figuren der Sendung helfen. Dabei steht das soziale Lernen vor dem Vermitteln von kognitiven Inhalten: „Mittlerweile ist es weniger das kognitive Lernen sondern vielmehr das soziale Lernen, die kulturelle Vermittlung von Werten und das emotionale Lernen, das gesamtgesellschaftlich im Vordergrund steht“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Laut Lernzielkatalog will die Sendung Kinder motivieren, etwas über sich und andere Menschen zu lernen (vgl. Bergwelt 2002, S. A13). Im Mittelpunkt der Geschichten stehen daher Freundschaft, Konfliktlösung, Kooperation, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Integration, Toleranz, Behinderungen und Gruppensozialisation. Dabei sind Beziehungen innerhalb von Gruppen von großer Bedeutung, ob Familie, Nachbarschaft, Kindergarten oder Freunde. Das soziale Verhalten kann durch Geschichten gelernt und geübt werden. Die Wirkung von (Fernseh-) Geschichten auf die kindlichen Sozialisations- und Lernprozesse ist unbestritten (vgl. Kapitel 5.2). „Mit seinen Inhalten und Darstellungen transportiert es Botschaften, Werte und Normen und prägt unsere Alltagserfahrungen“ (Herbert 1991, S. 209). Auch der emotionale Aspekt wird im Lernzielkatalog bedacht. Die Sendung möchte Kinder dazu ermutigen, zu den eigenen Gefühlen zu stehen und mit unterschiedlichen Emotionen adäquat umgehen zu können (vgl. Bergwelt 2002, S. A10). Um mit den eigenen Emotionen oder denen von anderen Menschen umgehen zu können, müssen die Vorschulkinder lernen, Gefühle zu erkennen und selbst ausdrückt. Einfühlungsvermögen soll anhand von Beispielen in den Geschichten geübt werden und Lösungsmöglichkeiten werden dargestellt. Dadurch sollen Kinder ein natürliches Selbstvertrauen in sich selbst, ihre Gefühle und das Verhalten anderer bekommen. Der physische Aspekt beinhaltet im Lernzielkatalog, dass die Rezipienten auf ihre Körperlichkeit aufmerksam gemacht werden. Die Kinder sollen etwas über den eigenen Körper erfahren und ihn als Ausdrucksform zu nutzen wissen (vgl. Bergwelt 2002, S. A17). So werden Sport und andere körperliche Ausdrucksformen gezeigt, Körperpflege, Gesundheit, Ernährung und Zahnpflege thematisiert. Auch die Verkehrserziehung wird unter dem physischen Aspekt erwähnt, da hier von den kleineren Kindern nicht nur die Verkehrsregeln gelernt werden sollen, sondern auch die technische Bewegungsabläufe. In einfachen Geschichten wird ihnen das Verhalten im Straßenverkehr näher gebracht (vgl. Bergwelt 2002, S. A18). Bei dem kognitiven Aspekt des Lernzielkatalogs handelt es sich hauptsächlich um typische Vorschulthemen, die besonders in den Einspielfilmen (neben der Rahmenhandlungen) gezeigt werden. Darunter sind literarische Bildungsinhalte wie Buchstaben, das Lesen, Reime, aber auch mediale Formen der Darstellung wie die Vorstellung der Nutzung einer Bücherei oder des Computers (vgl. Bergwelt 2002, S. A20). Hinzu kommen mathematische Grundlagen hinzu wie Zahlen, Aufzählungen, Maße oder geometrische Figuren. Unter der Überschrift `Wissenschaft` werden zusätzlich einige Inhalte benannt, wie etwa `Lebewesen` (z.B. werden Tiere, Pflanzen, Lebensprozesse wie Wachsen, Atmen, Essen oder Sinne vorgestellt) oder `Unsere Umwelt`, in der z.B. Umweltschutz, Weltraum und Jahreszeiten eine große Rolle spielen (vgl. Bergwelt 2002, S. A22). Ein weiterer und für Kinder wichtiger Inhalt ist die Kunst. In der Sendung soll die Wertschätzung von Kunst, das künstlerische Gestalten, die Musik sowie der Tanz und die Bewegung der Kinder gefördert werden (vgl. Bergwelt 2002, S. A23f.). Als letzter Aspekt für die kognitiven Lerninhalte werden Sinne und 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 157

Wahrnehmung genannt. Diese sollen geschärft werden und die Kinder sollen dazu motiviert werden, die Eigenschaften eines Objekts mit den entsprechenden Sinnesorganen zu erforschen (vgl. Bergwelt 2002, S. A24). Auch auditive oder visuelle Unterscheidungsvermögen soll gezielt trainiert werden, wie z.B. Geräusche, Tiere, Tonfolgen, Formen, Muster oder Positionen wiederzuerkennen. Die jungen Rezipienten sollen ermutigt werden, Fragen zu stellen und zu erkennen, dass sie damit weiterkommen und z.B. Informationen erhalten oder Probleme lösen zu können. Auch das Zuhören kann dabei hilfreich sein. Klassifizierungen, Problemlösestrategien zu entwickeln, Planungen, Voraussagen, Ursache und Wirkung oder auch Vorstellungsvermögen sollen in der Sendung thematisiert werden (vgl. Bergwelt 2002, S. A25f.).

KOMMENTAR Der Lernzielkatalog der Sendung beinhaltet viele verschiedene Aspekte der kindlichen Entwicklung und des kindlichen Bedarfs. Grundsätzlich stellt er in der deutschen Kinderfernseh- landschaft eine erfreuliche Ausnahme dar. Die praktische Umsetzung des Lernzielkatalogs ist hingegen – wie in vielen anderen Bereichen der Pädagogik auch – sicherlich nicht so einfach wie das Festlegen der Punkte dieses Kataloges. Wie schon Rogge in seiner Wirkungsuntersuchung der Sendung im Kindergarten festgestellt hat, sind aber die pädagogischen Schwerpunkte der Sendung fast durchgehend positiv umgesetzt worden. Die Kinder nehmen die Sesamstrasse als `ihre Sendung` auf, identifizieren sich mit den durchweg optimistischen Figuren, lernen von ihnen und nehmen die Inhalte kreativ und aktiv in ihren Lebensalltag auf. Die nach Kapitel 5.1. herausgearbeiteten Qualitätsanforderungen werden in großem Maße erfüllt. Auch der Wunsch nach einem verlässlichen Sendeplatz wird weitestgehend eingehalten und gleich durch mehrere Sendeplätze (z.B. N3, Ki.Ka, HR) unterstützt. Mit dem neuen Comedy-Konzept kommt die Redaktion dem kindlichen Wunsch nach lustigen Programminhalten noch ein Stück näher. Somit kann die Vorschulserie Sesamstrasse die verschiedenen Qualitätsansprüche von Eltern, Pädagogen und Kindern befriedigen.

6.5. Weiterentwicklung und Perspektiven

Die Sesamstrasse gibt es nun mittlerweile dreißig Jahre im deutschen Fernsehen und sie hat sich zu einem klassischen Kinderprogramm entwickelt, das die ältere und jüngere Generation verbindet. Die Redaktion möchte diese generationsübergreifende Gemeinsamkeit in der Ziel- gruppe bündeln und die Sendung so als Familienprogramm etablieren. Auch die Geschichten, die aus der Sicht der Kinder erzählt werden und verschiedene Themen beinhalten werden dafür umstrukturiert. „Ich glaube, wenn man konsequent Geschichten für Kinder erzählt, ist es auch unglaublich interessant für Erwachsene. Sie erfahren etwas über Kinder und bekommen einen Realitätszugang, den sie vielleicht schon verloren haben“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Um die Sesamstrasse zu einem gemeinsamen Familienhighlight werden zu lassen, wird auch das neue Comedy-Konzept weiterentwickelt. Das Comedy-Duo Pferd und Wolle liefert demnächst Satire, die sich auf erwachsene TV-Formate beziehen. Kinder kennen Talkshows und Comedy hauptsächlich von Sendungen, die im Erwachsenenprogramm gezeigt werden. „Wolle und Pferd 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 158 sollen das Manko auf originell-parodistische Weise wettmachen“ (Ehrich 2002, S. 2). Parodien wie „Wolle am Mittag“ – bezogen auf die Talkshow „Vera am Mittag“ – oder „Wetten, was...?“ – in Anlehnung an „Wetten, dass...?“ oder eine Parodie auf die Nachrichten sollen kindgerecht und humorvoll gestaltet werden (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Inhalte, die eigentlich für Erwachsene interessant sind, sollen mit Kinderinhalten gefüllt werden: „Ziel ist, eine Bildsprache abzugreifen, die im Moment Allgemeingut ist und sie Kindern zuzuführen und für die ganze Familie spannend zu gestalten“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Es entstehen zudem neue eigenproduzierte Dokumentarfilmreihen, die in verschiedenen Themenblöcken passend zu den Rahmengeschichten monothematisch ausgestrahlt werden. Das sind z.B. Geschichten über Arbeitswelten der Erwachsenen oder Alltagsreportagen, in denen Kinder begleitet werden bei dem Besuch eines Friseurs oder eines türkischen Barbiers.250 Schmidt-Bratzel gibt einige Beispiele für die Neuproduktionen: „Eine Reportagereihe über seltene Wölfe in Deutschland, eine Reportagereihe über Kinder und ihre Lieblingstiere, außerdem entwickeln wir ein Animationsprojekt zur Verkehrserziehung“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Auch Wolle und Pferd sind in den Dokumentarreihen im Einsatz und beobachten mit Kindern z.B. die Wölfe im Tierpark (vgl. Ehrich 2002, S. 1). Die Szenen aus dem Leben der Wölfe werden gedreht vom Tierfilmer Holger Vogt, der glaubt „Wölfe sind in der kindlichen Fantasie noch immer besetzt als Monster schlechthin“ (zit. in: ebenda). Diesem Vorurteil möchte er mit seinen Langzeit- beobachtungen in einer zwölfteiligen Reihe der Sesamstrasse entgegenwirken. Aufgrund der neuen monothematischen Struktur der Sendung setzt die Redaktion demnach auf die Zuordnung verschiedener Themenblöcke, dazu gehören z.B. auch die Themen Kinder und Kunst, Farben oder Emotionen. „Wir haben vier Sonntage hintereinander z.B. das Thema Kunst. Davon verspreche ich mir, dass man bestimmte Themenschwerpunkte bedient, tiefer eintauchen kann und eine Sendewillkür vermeidet. Der Zuschauer kann sich gezielt heraussuchen, was ihn interessiert“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Zudem sollen vermehrt die sog. `schwierigen` Themen an Kinder herangeführt werden. So wird in Folge des 11. September 2001251 eine Reihe produziert, die Themen wie Religion, Glauben und Grundwerte beinhalten soll (vgl. Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Dabei sollen die Kinder selbst zu Wort kommen und von ihren Wünschen für die Welt und ihrem Glauben berichten. Nach den grausamen Ereignissen des 11. September ist es nach Schmidt-Bratzels Meinung besonders wichtig, wieder eine Selbstverständlichkeit der Begegnung zu finden. Die Vorschulkinder betrifft dieses Thema, weil sie dieser Realität auseinandergesetzt sind. Sie müssen einen Weg finden, diese Probleme zu verarbeiten (vgl. ebenda). „Das Gesellschaftliche Umfeld und seine Veränderungen aufzugreifen, ist immer ein großes Anliegen der Sesamstrasse gewesen“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Dazu gehört für die Redaktion der Sesamstrasse auch, immer auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Entwicklungen zu sein und gezielt pädagogische Beratung zu suchen.

250 vgl. http://www.br-online.de/inhalt/wir_ueber_uns/pressestelle/spezial/ 2002/7209/ (18.11.02) 251 Radikal-Islamische Terroristen sind am 11. September 2001 mit gekidnappten Passagierflugzeugen zeitgleich in die zwei Türme des World Trade Centers in New York und in das Pentagon in Washington geflogen. Dabei sind Tausende von Menschen ums Leben gekommen. 6. Die Vorschulserie Sesamstrasse Seite 159

„Grundsätzlich halte ich das für wichtig im Austausch mit Wissenschaftlern wie Pädagogen, Soziologen usw. zu stehen. Wir möchten wissen, wie sich Kindheit verändert und informiert sein über entwicklungspsychologische Diskussionen“ (Schmidt-Bratzel 2002, Interview). Ein grundsätzliches Ziel der Sendung soll zudem sein, über die Sesamstrasse hinaus aktiv ins Leben zu führen. Anregungen zu Kreativität und Aktivität gibt daher der Schlusstext des Sesamstrassen-Liedes: „Malen, Pinseln, Streichen, Schmieren, rauf und runter, kreuz und quer. Mal was Neues ausprobieren, Selbermachen ist nicht schwer. Heut habt ihr genug gesehen, Sesamstrasse ist jetzt aus. Wozu habt ihr Kopf und Hände? Denkt euch selber mal was aus!“252 Am 8. Januar 2003 wird die Sesamstrasse dreißig Jahre alt und zeigt in einer Sondersendung eine Mischung aus den deutschen und amerikanischen Klassikern und neueren Produktionen. Zudem werden im Jubiläumsjahr viele Aktionen nicht nur im Fernsehen stattfinden: Geburtstagspartys auf zehn bundesdeutschen Bahnhöfen, ein ARD-Kinderfest wird die Medienhelden den Kleinen live näher bringen, ein Sesamstrassen-Mobil ist unterwegs und Feli Filu wird vor Ort Prominente besuchen und sie im Namen der Kinder interviewen (vgl. Ehrich 2002, S. 2).

KOMMENTAR Das 30. Jubiläum der Sesamstrasse wird ausgiebig gefeiert und soll natürlich nebenbei weitere und neue PR für das Vorschulmagazin und dessen Nebenprodukte erreichen. In Hinblick auf die Qualitätsmerkmale der Sendung und die positive Wirkung der Geschichten auf die Kinder ist dies tatsächlich wünschenswert. Zwar werden Nebenerscheinungen wie etwa das Merchandising oft von Eltern und Pädagogen als Problem angesehen, doch ist diese `sensible Vermarktung` der Produkte noch nicht als Gefahr für die Kinder anzusehen. Wenn die Sendung weiterhin Aktualität gewährleistet und den Wünschen der Kinder und ihrer Lebensumwelt entspricht, kann sie auch noch in 30 Jahren vor ihren eigenen Ansprüchen und dem des Fernsehmarktes bestehen. Im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel werden sich diese Ansprüche und Anforderungen generell noch verschieben bzw. verändern. Der pädagogische Auftrag liegt in der steten Begleitung der Sendung, Beachtung entwicklungspsychologischer Forschungsergebnisse und weiterer qualitativer, aber auch quantitativer Wirkungsuntersuchungen.

252 vgl. http://www-user.rhrk.uni-kl.de/~einsfeld/projekt.html (23.06.02) 7. Zusammenfassung und Ausblick Seite 160

7. Zusammenfassung und Ausblick

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mögliche Diskrepanzen zwischen dem hohen Anspruch des Kinderfernsehens und dem entgegenwirkenden Quotendruck der Fernsehverantwortlichen aufzuzeigen. Das Kinderfernsehen ist eng gebunden an die Geschichte Deutschlands und die Gesellschaftsentwicklung der Bundesrepublik. Seit der Zulassung des dualen Rundfunksystems hat sich der Kinderfernsehmarkt bedeutend geändert. Die stetige Zunahme von Fernsehkanälen sowie die organisatorischen Änderungen innerhalb der Branche wirken sich stark auf den heutigen Kinderfernsehmarkt aus. Die Einschaltquote ist das wesentliche Mittel, um den Erfolg einer Sendung quantitativ zu ermitteln und somit das einzige Argument der Werbewirtschaft, den Preis der Fernsehwerbung innerhalb einer bestimmten Programmstrecke festzulegen. Auch die Zielgruppenforschung bedient sich dieses Maßes. Ob die öffentlich-rechtlichen oder die privaten Sender, sie müssen alle die Quote berücksichtigen: Auch im Kinderprogramm werden daher quotenschwache Sendungen abgesetzt253. Mehrere Privatsender wie etwa Nickelodeon gaben das Kinderprogramm gänzlich auf oder verschoben zielgruppenrelevante Sendungen auf das Familienprogramm, in dem Werbe- unterbrechungen zulässig sind. Im Kinderfernsehen wird Werbung wegen der strikten gesetzlichen Bestimmungen lediglich indirekt und latent eingesetzt. Eine dieser Werbeform ist das Merchandising, das eine Lücke zwischen den restriktiven Vorschriften über Werbung im Kinderfernsehprogramm und der werbetreibenden Wirtschaft füllt. Zwar gab es schon Mitte der 1970er Jahre das Geschäft mit den Nebenlizenzen von Fernsehfiguren, doch ist es nicht vergleichbar mit dem strategischen Merchandising der heutigen Zeit. Das ökonomische Anliegen geht soweit, dass mittlerweile auf die inhaltliche Gestaltung und somit auf die Qualität von Kinderprogrammen Einfluss genommen wird. Ganze Fernsehserien werden nur zu dem Zweck erschaffen, um Gameboys, Computerspiele oder ganze Spielwelten zu vermarkten wie im Fall vom Pokémon. Kinderfernsehen heute ist gebunden an die Bedingungen des Marktes. Selbst die öffentlich-rechtlichen Sender können sich nicht diesen marktwirt- schaftlichen Realitäten entziehen. Die Kommerzialisierung der Kinderkultur und ein enormer Werbedruck auf die jungen Zuschauer ist eine Folge dieser Entwicklungen. Durch die grundsätzlich anders strukturierte Organisation der privaten und der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ergeben sich verschiedene Voraussetzungen des ökonomischen Handlungs- spielraums und des Programmanspruchs. Private Sender decken Ihren Finanzbedarf ausschließ- lich durch Werbeeinnahmen und private bzw. institutionelle Investoren und sind gewinnorientiert. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hingegen werden hauptsächlich durch die sog. Rundfunkgebühren finanziert. Einnahmen aus der Werbung sind zwar eine wichtige aber sekundäre Finanzquelle. Die Rundfunkgebühren begründen sich aus dem vom Bundes- gerichtshof definierten Grundversorgungsanspruch der Bevölkerung.

253 z.B.: ZDF: mittendrin, Komm Puter; ARD: Moskito, Vorstadtkrokodile; RTL: Li-La-Launebär; Sat.1: Quärbeet (vgl. Erlinger 1995, S. 583ff., 621ff., 633ff.). 7. Zusammenfassung und Ausblick Seite 161

Daher besteht in der Öffentlichkeit insbesondere hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Erwartung auf ein differenziertes und qualitativ anspruchsvolles Kinder- fernsehen. Für die Kinderprogrammverantwortlichen bedeutet dies häufig eine feine Grat- wanderung zwischen der Qualität und der zu erwartenden Zuschauerquote. Dabei ist es schwer, Qualität universal festzulegen. Die Kinder erwarten teilweise andere Inhalte als ihre Eltern oder Medienpädagogen. Aus der Sicht der Eltern soll das Programm lehrreich und gewaltlos sein, die Kinder bevorzugen überwiegend actionreiche Inhalte und sehen gern Zeichentrickserien, die nicht immer gewaltfrei sind. Pädagogen erwarten umfangreiche Programmgenres und Alltags- geschichten aus der Lebenswelt der Kinder, die Orientierung und Identifikationsmuster bieten. Das Vorschulmagazin Sesamstrasse ist beliebt bei den Kindern, Eltern und Pädagogen gleicher- maßen und weiß sich auf dem deutschen Kinderfernsehmarkt zu behaupten. Inhaltlich überzeugt die Sendung mit kindgerechten Geschichten Comedy, Information und ausgereiften Identifikations- figuren. Der ökonomische Erfolg der Sendung ist der sensiblen Vermarktungsstrategie zu verdanken, die von der Redaktion extern verlagert ist. Deutsche Kindersendungen können demnach tatsächlich erfolgreich und pädagogisch wünschenswert sein. Differenzierte Angebote für unterschiedliche Altersgruppen, Geschlechter und Lebenswelten sind dabei vonnöten. Der Ki.Ka bietet dafür eine erste werbe- und gewaltfreie Programmfläche. Trotzdem könnte die Entlastung, die sich Eltern davon erhoffen, trügerisch sein. Der Spartenkanal könnte sich gerade durch sein teilweise für Kleinkinder angebotenes Programm in Richtung „Babysitter-Kanal“ (Urban 1997, S. 113) entwickeln. Erwachsene sollten sich dabei nicht aus ihrer Verantwortung entlassen fühlen. Für die Programmverantwortlichen bei ARD und ZDF bietet der Ki.Ka schon jetzt eine `Alibifunktion`. Ihr Kinderprogramm wird schrittweise auf den Spartensender verlagert. Es wird sich in naher Zukunft zeigen, ob sich überhaupt noch Kinderprogramme auf den Vollprogrammkanälen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten etablieren können. Bisher bieten sie – auch durch die Einführung des Ki.Ka – den Kindern eine größere Genrevielfalt an mit Informationssendungen und Magazinen. Das Angebot der kommerziellen Sender für die Kinder zeichnet sich hauptsächlich durch Zeichentrickserien aus. Einzige positive Ausnahme ist der Privatsender Super RTL, der ein vielfältiges Kinder- und Familienprogramm anbietet. Eltern verbinden mit Zeichentrickserien meist negative Assoziationen, z.B. dass Kinder aggressiv werden könnten. Doch ist es nicht berechtigt, dem Fernseher eine `Sündenbockfunktion` zuzuweisen. Aggressives und regressives Verhalten der Kinder begründet sich vornehmlich in sozialen Faktoren ihrer Lebensumwelt. Wenn sie vernachlässigt fühlen, schürt das Depressionen. Werte sowie Selbstbewusstsein können sich nicht entwickeln. Für abweichendes Verhalten kann das Fernsehen als alleiniger Verursacher nicht verantwortlich gemacht werden. Insgesamt kann man in Deutschland von einer Fernsehkultur sprechen, die sich schon längst mit der Quote, dem Werbemarkt und der Qualitätsdiskussion arrangiert hat. Vielleicht wäre es für einige Eltern oder Pädagogen wünschenswert, wenn Kinder in einem medialen „Schonraum“ aufwachsen könnten. Kinder brauchen besonders im Kleinkindalter tatsächlich direkte Erfahrungen mit ihrer Umwelt und persönliche, menschliche Beziehungen für ihre soziale und kognitive Entwicklung. Kein Fernseher kann das ersetzen. Trotzdem werden die Kinder früher 7. Zusammenfassung und Ausblick Seite 162 oder später mit dem Medium Fernsehen in Berührung kommen und Interesse daran zeigen. Familien, die eine fernsehfreie Erziehung bevorzugen, werden trotzdem mit dem Medium Fernsehen konfrontiert. Entweder durch den Kindergarten, die Schule oder Freunde werden das Interesse und die Neugier an diesem Medium wecken. Der Großteil der Familien in Deutschland möchte jedoch nicht auf das Bildschirmmedium verzichten. Bei der Erziehung sollten Familien sich daher zu arrangieren wissen. Die Einschränkung des Fernsehkonsums spielt in der Erziehung eine große Rolle. Der Fernseher sollte nicht als Druckmittel oder als Belohnung dienen, da dies den Wert des Mediums grundlos erhöhen würde. Das TV-Gerät sollte in die Erziehung integriert und in den Familienalltag und –organisation aufgenommen werden. Die Eltern müssten besonders ihr eigenes Fernsehverhalten reflektieren und an ihre Vorbildfunktion denken. Sie sollten Partner der Kinder bei der Rezeption und im Umgang mit dem Medium sein, sie beobachten und ihr Verhalten zu interpretieren wissen. Die Informationsgesellschaft ist mitsamt seiner Informationsflut und individueller Rezeptions- möglichkeiten beim Fernsehzuschauer des 21. Jahrhundert angekommen. Interaktives und rückkanalfähiges Digitalfernsehen wird bald in Deutschland flächendeckend eingeführt sein. Das Internet wird sich weiterhin als individueller Informationskanal etablieren. Das wird künftig eine noch größere Herausforderung an den Jugendschutz darstellen. Kinder wachsen in dieser Mediengesellschaft ganz selbstverständlich auf und nutzen die Angebote, die sich ihnen bieten. Spartenkanäle werden sich noch weiter ausbreiten und das individuelle Programm für jede Zuschauergruppe bieten In der Debatte um die Qualität im Kinderfernsehen schlagen sich die Welt- und Lebensdeutungen der Erwachsenen nieder. Kinderfernsehen kann daher als Stellvertreter einer neuen, von Medienexperten ausgelösten Wertediskussion angesehen werden. Erziehung, Verantwortung und Öffentlichkeit treffen sich in diesem Thema und weisen auf veränderte Normen und Grundwerte der Gesellschaft hin. Daher kann angenommen werden, dass die Diskussion um die Qualitäts- kriterien für das Kinderfernsehen künftig die Chance bietet, die Qualitätsdebatte um die allgemeine Fernsehprogrammgestaltung in Deutschland anzuregen. Kinder werden sich in der Welt der Fernsehmedien zurechtfinden, wenn die Erwachsenen ihnen helfen, alle Facetten des Lebens zu erforschen und ihnen die Möglichkeit geben, in einer Lebensumwelt aufzuwachsen, die ihnen Vertrauen und Selbstbewusstsein vermittelt.

8. Literatur Seite 163

8. Literatur

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8. Literatur Seite 181

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Anhang

Glossar der Autoren

Albers, Margret: Geschäftsführerin der Stiftung Goldener Spatz und Leiterin des Deutschen Kinder-Film & Fernseh-Festivals. Appelhoff, Mechthild: M.A., Referentin in der Abteilung Programme, Bereich Forschung und Programmgrundsätze, Landesmedienanstalt für Rundfunk Nordrheinwestfalen. Aufenanger, Stefan: Prof. Dr. Aufenanger ist Diplom-Pädagoge und promovierter Soziologe. Seit 1993 Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik am Fachbereich Erziehungs- wissenschaft der Universität Hamburg. Baacke, Dieter: Erziehungswissenschaftler, Hochschulprofessor der Universität Bielefeld und seit 1997 Vorsitzender der GMK bis zu seinem Tod 1999. Bachmair, Ben: Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Universität Kassel. Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaft / Humanwissenschaft. Bartram, Angelika: Headautorin der Vorschulserie Sesamstrasse, Studio Hamburg. Beckmann, Frank: Programmgeschäftsführer des Ki.Ka in Erfurt. Bergwelt, Bettina: Produktionsleiterin der Vorschulserie Sesamstrasse, Studio Hamburg. Best, Petra: Kommunikationswissenschaftlerin und seit 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Jugend Film Fernsehen (JFF). Cippitelli, Claudia: Soziologin und Medienwissenschaftlerin, Leiterin des Fachreferats „Hörfunk und Fernsehen“ im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Frankfurt. Czaja, Dieter: Jugendschutzbeauftragter bei RTL in Köln und Vorsitzender (des Vorstands) der FSF in Berlin sowie Präsidiumsvorsitzender der Stiftung Goldener Spatz in Erfurt. Draeger, Thomas: Regisseur und Produzent für Kinderfilme. Eder, Sabine: Leiterin des Blickwechsel e.V. – Verein für Medien- und Kulturpädagogik in Göttingen. Erlinger, Hans Dieter: Professor für Didaktik der deutschen Sprache an der Universität-GH- Siegen und war von 1989-97 Leiter des Teilprojektes „Kinderfernsehen und der Markt der 90er Jahre“ des DFG-Sonderforschungsbereichs 240 „Bildschirmmedien“. Esser, Kerstin: Frau Dr. Esser promovierte an der Universität Siegen im Sonderforschungs- bereich 240: Bildschirmmedien. Feierabend, Sabine: Sie ist Medienwissenschaftlerin und seit 1995 Referentin der Medienforschung beim SWF/SWR sowie Leiterin der Geschäftsstelle des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest. Gangloff, Tilmann P.: Gangloff ist Diplom-Journalist und arbeitet als Medienjournalist für Fachzeitschriften (epd medien, werben & verkaufen, medien & erziehung) sowie für Tages- und Wochenzeitungen. Seit 1990 Mitglied der Jury für den Adolf Grimme Preis und anderen Fachjurys für Film- und Fernsehpreise. Göhlen, Joseph: Leiter der Abteilung „Kinder und Jugend“ beim ZDF von 1973 bis 1985. Götz, Maya: Frau Dr. Götz ist Medienwissenschaftlerin am Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI). Ihr Hauptarbeitsfeld ist die Forschung im Bereich Kinder/Jugendliche und Fernsehen. Gottberg, Joachim von: Seit 1994 Geschäftsführer der FSF in Berlin. Grewening, Siegmund: Redaktionsleiter der Gruppe Kinderfernsehen beim WDR. Groebel, Jo: Professor Dr. Jo Groebel ist Direktor des Europäischen Medieninstituts in Düsseldorf, besitzt einen Lehrstuhl für Medienpsychologie an der Universität Utrecht, ist Präsident der Niederländischen Gesellschaft für Kommunikationswissenschaft (VSOM) und Autor für Die Zeit und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Anhang Seite 185

Haase, Jürgen: Regisseur und Produzent für das Fernsehen. Er besitzt diverse Lehraufträge und Gastprofessuren u.a. in Hamburg und Berlin. Hengst, Heinz: Dr. Hengst ist Professor für Sozial- und Kulturwissenschaft an der Hochschule Bremen, Fachbereich Sozialwesen. Mitglied des Instituts für Popular- und Kinderkultur an der Universität Bremen. Arbeitsschwerpunkte: Kindheit, Kinderkultur und Generationenverhältnis. Herr, Axel: Diplom-Betriebswirt und Geschäftsführer von Nintendo Deutschland. Jörg, Sabine: Dr. phil., Dipl.-Psych. Jörg ist freiberufliche Medienforscherin und Autorin. Klingler, Walter: Seit 1995 Leiter der Abteilung Unternehmensplanung / Mediaforschung des Südwest-deutschen Rundfunks. Kübler, Hans-Dieter: Prof. Dr. Kübler ist tätig am Fachbereich Bibliothek und Information, Publikations-, Medien- und Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Hamburg, zudem Privatdozent am Institut Deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik an der Universität Münster und Vorstandsmitglied der GMK. Lenssen, Margrit: Lehrbeauftragte am Fachbereich Medienpädagogik an der Universität Leipzig und Mitarbeiterin der ZDF-Kinderredaktion. Löhr, Paul: Redakteur und Leiter des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayrischen Rundfunk, München. Meiser, Hans: Produzent und Filmmanager. Studierte Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte. Bekannt wurde H. Meiser als Moderator bei RTL u.a. in einer der ersten täg- lichen Talkshows. Mikat, Claudia: Freiberufliche Medienpädagogin sowie Dozentin an der Universität Göttingen. Seit 1994 leitet sie die Geschäftsstelle der FSF in Berlin und nimmt regelmäßig Lehraufträge für Medienpädagogik an der Freien Universität Berlin an. Moser, Heinz: Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Münster und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Pestalozzianum in Zürich. Müller, Susanne: Susanne Müller war als leitende Redakteurin beim ZDF u.a. für die Entwicklung von logo verantwortlich und später gemeinsam mit Gert K. Müntefering und Ernst Geyer maßgeblich an der Konzeption vom öffentlich-rechtlichen Kinderkanal beteiligt. Ab 1992 ist sie Leiterin der Redaktion „Kinder I“ beim ZDF. Mundzeck, Heike: Journalistin. Müntefering, Gert: Programmbereichsleiter des Tagesprogramme-Fernsehen beim WDR. Neuß, Norbert: Medienpädagoge und Akademischer Rat an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Blickwechsel e.V., Verein für Medienpädagogik. Nikken, Peter: Dr. Nikken studierte Psychologie und Massenkommunikation. Sein Doktorthema war „Qualitätsstandards für Kinderfernsehprogramme“. Er ist Initiator des holländischen Expertenzentrums für Jugend & Medien (Expert center on Youth & Media). Paetow, Angelika: Leiterin der Abteilung `Kinder und Familie` des NDR in Hamburg, verantwortlich u.a. für Serien wie Sesamstrasse und Pfefferkörner. Patzlaff, Rainer: Dozent am Seminar für Waldorfpädagogik, Stuttgart. Vorher wissenschaftlicher Assistent an der Freien Universität Berlin. Paus-Haase, Ingrid: s. Paus-Hasebrink. Paus-Hasebrink, Ingrid: PD Dr. Paus-Hasebrink (ehemals Paus-Haase) ist an der Universität Bielefeld Lehr-beauftragte in der Fakultät Pädagogik. Schwerpunkt: Kinder und Medien. Peek, Rainer: Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Postman, Neil: Prof. Postman ist Lehrbeauftragter am Department of Culture and Communication in New York. Platter, Enrico: Leiter der Programmgruppe „Kinder und Jugend“ beim WDR. Anhang Seite 186

Rogge, Jan-Uwe: Dr. rer. soz. Rogge ist freiberuflicher Medienforscher, Familien- und Kommuni- kationsberater. Mitglied der Gesellschaft für Kommunikation und Medien mbH. Rosenbaum, Uwe: Vorstandsmitglied im Förderverein deutscher Kinderfilm und Kuratorium junger deutscher Film. Leiter der Hauptabteilung `Bildung, Familie, Wissenschaft, Fernsehspiel und Unterhaltung` des SFB. Saldecki, Dieter: Redakteur im Kinderprogramm des WDR. Schächter, Markus: Seit März 2002 Intendant des ZDF (Nachfolger von Dieter Stolte). Seit 1981 beim ZDF tätig und von 1985 bis 1992 Redaktionsleiter "Kinder und Jugend". Danach Leiter der Hauptredaktion Programmplanung und Programmdirektor des ZDF. Schäfer, Albert: Ab 1992 ist er Leiter der Abteilung „Kinder II“ des ZDF. Albert Schäfer ist heute Geschäftsführer des Ki.Ka von ARD und ZDF. Schäfer, Dina: Lektorin im Lektoratsbüro Hille & Schäfer für den Bereich Musik, Pädagogik, Bilder-, Kinder- und Jugendbücher in Freiburg. Schmidt-Bratzel, Anke: Seit 1998 beim NDR in Hamburg Redakteurin und seit 2000 Redaktionsleiterin der Sesamstraße sowie Programmverantwortliche für andere Kindersendungen (z.B. Die Kinder vom Alstertal). Schmit, Claude: Geschäftsführer von Super RTL in Köln. Schulte-Markwort: Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Im Auftrag des Sterns führte er mit Claus Barkmann 2001 eine repräsentative Studie über dir psychische und körperliche Gesundheit der Vier- bis 18-Jährigen durch. Schorb, Bernd: Prof. Dr. Schorb hat einen Lehrstuhl an der Universität Leipzig, Fachbereich Medienpädagogik, Zentrum für Kommunikations- und Medienwissenschaft. Schwanebeck, Axel: Dr. phil. Dipl.-Päd. Schwanebeck ist Medienpädagoge und Journalist. Sutter, Tilman: PD Dr. Sutter ist an der Universität Hamburg im Institut für Soziologie Lehrbeauftragter. Theunert, Helga: Dr, Theunert ist Leiterin der Abteilung Forschung im Institut Jugend Film Fernsehen (JFF) in München. Tulodziecki, Gerhard: Professor am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität- Gesamthochschule Paderborn. Urban, Andrea: Leiterin der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen, Sprecherin der Jugendschutzsachverständigen bei der FSK, Kuratoriumsvorsitzende der FSF. Winterhoff-Spurk, Peter: Prof. Dr. Winterhoff-Spurk ist Professor für Organisations- und Medienpsychologie an der Universität des Saarlandes. Anhang Seite 187

Abkürzungsverzeichnis

Abb.: Abbildung Abs.: Absatz AGF : Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung AIDS: Acquired Immune Defiency Syndrome (Erworbenes Immunschwäche-Syndrom) ALM: Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten ARD: Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Art.: Artikel ARTE: Association Relative à la Telévision Européenne Aufl.: Auflage BBC: British Broadcasting Corporation (britische Rundfunkgesellschaft) bes.: besonders Bez.: Bezeichnung BLM: Bayrische Landeszentrale für neue Medien BMBW: Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft BPjS: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften BR: Bayrische Rundfunk BWT: Best Water Technology AG Germany bzw.: beziehungsweise ca.: circa (etwa) CD: Compact Disc CD-ROM: Compact Disc-Read only Memory CSSR: Tschechisch-Slowakische sozialistische Republik CTW: Children`s Television Workshop (USA) / Heute: Sesameworkshop d-box: Databox dctp: Development Company for Television Programs DDR: Deutsche Demokratische Republik d.h.: das heißt DLM: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten DM: Deutsche Mark dpa: Deutsche Presse-Agentur Dr.: Doktor ebd.: ebenda EG: Europäische Gemeinschaft engl.: englisch E-Mail: Electronic Mail epd: Evangelischer Pressedienst ERIC: Educational Resources Information Center EU: Europäische Union e.V.: eingetragener Verein EWG: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft FSF: Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen FSK: Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft gem.: gemäß GEMA: Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte GEZ: Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland GfK: Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung e.V. (Growth of Knowledge) GG: Grundgesetz GjS: Gesetz über die Verbreitung jugend-gefährdender Schriften GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Haftung GMK: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (in Bielefeld) HIV: Human Immune Deficiency Virus (menschliches Immundefekt-Virus) HR: Hrsg.: Herausgeber Internet: International Network Anhang Seite 188

IP: Impact (IP Deutschland: Vermarktung von Werbezeiten und –flächen in elektroni- schen Medien) IZI: Internationales Zentralinstitut für Jugend- und Bildungsfernsehen Jh.: Jahrhundert JFF: Institut Jugend Film Fernsehen jmd.: jemand JMStV: Jugendmedienstaatsvertrag (voraussichtlich ab April 2003) JÖSchG: Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit JuSchG: Jugendschutzgesetz (voraussichtlich ab April 2003) KDLM: Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten KEF: Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten KEK: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich KG: Kommanditgesellschaft Ki.Ka: Kinderkanal der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF KIM: Kinder- und Jugendmedien-Studie KJM: Kommission für Jugendmedienschutz (Aufsicht für Fernsehen und Internet, voraussichtliche Gründung: April 2003) KVA: Kids Verbraucher Analyse LfR: Landesanstalt für Rundfunk LRG: Landesrundfunkgesetz LRR: Landesrundfunkrat MA: Media Analyse MAZ: Magnetische Bildaufzeichnung (das Band selbst wird auch als MAZ bezeichnet) MDR: merz: Medien + Erziehung (Zeitschrift) Mio: Millionen mpfs: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest Mrd.: Milliarden MTV: Music Television NDR: Norddeutsche Rundfunk NET: National Educational Television (USA) NLM: Niedersächsische Landesmedienanstalt NS: Nationalsozialismus, nationalsozialistisch NWDR: Nordwestdeutscher Rundfunk (ein Dreierbund zwischen Hamburg, Köln und Berlin) o.: oder o.ä.: oder ähnliches ODR: Ostdeutscher Rundfunk o.g.: oben genannt ORB: Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg PAL: Phase Alternation Line PAY-TV: Bezahlfernsehen. Form der Senderfinanzierung, bei der die Zuschauer für den Empfang von Sendungen bezahlen müssen. Pay-TV-Sender strahlen ihr Programm verschlüsselt aus. Die Entschlüsselung ist nur durch spezielle Decoder möglich. PBS: Public Broadcasting Service (USA) PC: Personal Computer PIN: Persönliche Identifikations-Nummer PR: Public Relations RB: Radio Bremen RIAS Berlin: Radio im amerikanischen Sektor von Berlin RTL: Radio Télé-Luxembourg (privater Sender) RStV: Rundfunkstaatsvertrag s.: siehe S.: Seite SBS: Special Broadcasting Service SDR: Süddeutscher Rundfunk SFB: SMS: Short Massage Service SNCC: Student Nonviolent Coordinating Committee s.o.: siehe oben Anhang Seite 189 sog.: sogenannte SR: Saarländischer Rundfunk SS: Schutzstaffel StGB: Strafgesetzbuch SWF: Südwestfunk SWR: Südwestrundfunk Tab.: Tabelle TDM: Tausend Deutsche Mark TED: Teledialogsystem TLR: Thüringer Landesanstalt für privaten Rundfunk TV: Television u.: und u.a.: und andere / unter anderem UdSSR: Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Ü-Wagen: Übertragungswagen UFA: Universal Film AG UMTS: Universal Telecommunications System UNESCO: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization UNICEF: United Nations International Children`s Emergency Fund UNO: United Nations Organization USA: United States of America usw.: und so weiter VEE: Vincent E. Egan, Gründer und Präsident von VEE International vgl.: vergleiche VHS: Video Home System WAZ: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Wdh.: Wiederholung WDR: WNDT: New Directions in Television (lokale öffentliche Fernsehanstalt in New York) XX: ehemaliges Logo für den Kinderkanal (s. Ki.Ka) z.B.: zum Beispiel ZDF: Zweites Deutsches Fernsehen zit.: zitiert z.Zt.: zur Zeit

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Interview vom 02.07.2002 mit Frau Schmidt-Bratzel (seit dem Jahr 2000 verantwortliche Redakteurin der „Sesamstrasse“):

1. Die Sesamstrasse ist eine internationale Vorschulserie und wird gemeinsam mit dem amerikanischen Sesameworkshop produziert. Bisher bestand die deutsche Fassung zu 50% aus amerikanischen und 50% deutschen Materialien. Wird diese Tradition fortgesetzt? Ja, dies ist im Vertrag des NDR mit Sesameworkshop so geregelt. Wir bekommen jedes Jahr neues Puppenmaterial mit Ernie & Bert, Animationen und Live-Action-Filme aus den Staaten, das wir synchronisieren. Die 50% amerikanischen Anteile der Sendungen bestehen zur Hälfte aus diesen neuen amerikanischen Spots und zur Hälfte aus alten amerikanischen Klassikern. Genauso ist es im deutschen Bereich. Weil wir am 8.1.2003 bereits dreißig Jahre Sesamstrasse produzieren, bedeutet das, dass wir mittlerweile viele deutsche Klassiker im Archiv haben und senden können. Natürlich müssen wir dabei auf die Zeitlosigkeit der Stücke achten. 2. Welche grundlegende Philosophie steht hinter dem Konzept der deutschen Sendung? Die Sesamstrasse ist ein Ort und eine Haltung. Und das heißt: In der Welt der Sesamstrasse kann man Fragen stellen, verrückte Fragen stellen, freche Fragen stellen, Fantasie und Wirklichkeit gehören zusammen. Dieses Grundprinzip fließt in alle Beiträge ein. 3. Wie ist der grobe Ablauf der Produktion einer Rahmengeschichte? Wir arbeiten eng mit dem Auftragsproduzenten Studio Hamburg zusammen, der die Rahmengeschichten produziert. Fünf bis sechs Autoren sind dort für das Schreiben der Geschichten zuständig, die die NDR-Redaktion dann mit den Producern von Studio Hamburg bespricht. Es werden 52 Rahmengeschichten pro Jahr produziert. Sie werden meistens im Frühjahr bei Studio Hamburg gedreht. Die Entwicklung und der Dreh für all diese Geschichten dauert durchschnittlich ein halbes Jahr. 4. Seitdem Sie in der Redaktion Sesamstrasse tätig sind, wird die Sendung monothematisch aufgebaut. Was bewegte Sie zu dieser Entscheidung? Eine assoziativ gebaute Sendung hat früher z.B. mit einer Geburtstagsgeschichte angefangen und ging dann irgendwann weg von Geburtstag auf Pferde, weil in einem der Beiträge Pferde enthalten waren usw. Wir wissen, dass diese assoziative Abfolge oft dazu führte, dass man sich in der Sendung nicht mehr zu Recht gefunden hat. Ich habe also entschieden, die Struktur der Sendung zu überdenken. Begonnen haben wir mit der neuen Geschichtenstruktur der Rahmengeschichten. Vorher gab es im Ablauf nur drei Teile, also dreimal zwei Minuten. Wir haben jetzt drei Teile plus zwei kleine Brücken als Rahmengeschichte. Diese sollen mitten in der Sendung immer daran erinnern `Wir sind in der Sesamstrasse`. Um den Ort Sesamstrasse zu etablieren, habe ich über die Sendung ganz klar ein Thema gesetzt und versuche dieses Thema entweder inhaltlich oder bildlich abzuholen. Das führt dazu, dass auch ein Wiedererkennungseffekt erzielt wird. Es ist so für die Kleinsten leichter, aktiv mitzumachen und alles zu verstehen. Für die Älteren hat es einen humoristischen Wert. Und das geht bisher sehr gut auf. Wir setzen heute auf die Zuordnung der Sendungen zu verschiedenen Themenblöcken: Kinder und Kunst, Farben, Emotionen usw. Wir haben vier Sonntage hintereinander z.B. das Thema Kunst. Davon verspreche ich mir, dass man Anhang Seite 191 bestimmte Themenschwerpunkte bedient, tiefer eintauchen kann und eine Sendewillkür vermeidet. Der Zuschauer kann sich gezielt heraussuchen, was ihn interessiert. 5. Welche Neuproduktionen gibt es? Im Moment arbeiten wir an attraktiven Neuproduktionen. Eine Reportagereihe über seltene Wölfe in Deutschland, eine Reportagereihe über Kinder und ihre Lieblingstiere, außerdem entwickeln wir ein Animationsprojekt zur Verkehrserziehung. 6. Gibt es neue inhaltliche Ideen für die Umsetzung von „schwierigen“ Themen, die von Kindern aufgearbeitet werden müssen? Wir denken im Moment z.B. darüber nach, in Folge des 11. September, im nächsten Jahr eine Reihe über Religion, Glauben bzw. Grundwerte zu produzieren. Kinder zu befragen, was sie der Welt wünschen oder woran sie glauben. Das recherchieren wir sehr intensiv. Es gibt bereits einige Reihen im Kinderfernsehen zur Religion. Das klassische Wissen über Religion ist vermittelt worden. Die Aufgabe nach dem 11. September ist aber eine andere: Wieder eine Selbstverständlichkeit der Begegnung zu finden. Da suchen wir uns Themen heraus, die anspruchsvoller sind, die sehr viel Recherche bedürfen, wo wir uns Berater hinzuziehen und kontrovers sein wollen. Die Drei- bis Sechsjährigen müssen sich mit dieser Realität auseinandersetzen, weil sie ihr auch ausgesetzt sind. Sie müssen einen Weg finden, es zu verarbeiten. Das Gesellschaftliche Umfeld und seine Veränderungen aufzugreifen, ist immer ein großes Anliegen der Sesamstrasse gewesen. 7. Worauf achten Sie besonders, wenn Sie die Geschichten konzipieren? Wir haben einen sog. Lernzielkatalog, den wir jedes Jahr aktualisieren. Dort sind kognitive, emotionale und soziale Lernziele beschrieben. Wir achten streng darauf, dass ein Thema konsequent durchgeführt und altersgerecht umgesetzt wird. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf das soziale Lernen, wie z.B. emotionale Verarbeitungskurven oder Konfliktlösungen. Bei so einem Format wie der Sesamstrasse, in dem man in kleinen Kunstformen arbeitet, beschränkt man sich pro Geschichte auf einen Konflikt, weil man mehr gar nicht auflösen kann. Dies ist auch wichtig vor dem Hintergrund der Entwicklung von Kindern im Alter unserer Zielgruppe. Speziell bei Dreijährigen ist es so, dass sie in ihrer omnipotenten /magischen Phase sind: Wenn sie sich vorstellen, ein Ritter zu sein, sind sie ein Ritter. Da gibt es keine Diskussion. Das haben wir bei den Geschichten berücksichtigt. Zuvor war es so, dass sich speziell in den Rahmengeschichten die Puppen oder die Muppets nur vorgestellt oder geträumt haben, sie reisen zum Mond. Das hielten wir vor allem vor dem geschilderten entwicklungspsychologischen Hintergrund für unfair. Wenn ich Finchen in einer Geschichte auf dem Mond zeige, dann erleben wir das natürlich mit ihr und es ist keine Vorstellung oder ein Traum. Die Fantasie ist so real in dem Alter, dass ich nicht suggerieren muss, dass sie schlafen oder träumen. Dann nehme ich die Wahrnehmungsrealität dieses Alters nicht ernst. Natürlich ist es für einen Sechsjährigen klar, dass man nicht mit einer Orangenkiste auf den Mond fliegen kann, aber für den Dreijährigen ist es eine Selbst- verständlichkeit und dementsprechend setzen wir das um. 8. Wie genau wird diese kindliche Fantasie in den Geschichten umgesetzt? Aus den unterschiedlichen Wirklichkeitszugängen der Kinder ergeben sich schöne Konflikte für die Geschichten. Finchen z.B. ist für uns die Dreijährige, die genau diese Fantasiewelt bedient und Anhang Seite 192

Tiffy oder Rumpel sind Figuren, die aufgeklärter sind. Am Ende geben wir nicht den Jüngeren oder Älteren Recht, sondern beide Ansätze bleiben gleichberechtigt nebeneinander stehen. Fest in der Straße leben Caro und Nils. Sie leben in der Straße, sind sehr jung und sind Freunde der Muppets. Sie reagieren auf deren Eigenarten und auch auf die fantastischen Erlebnisse von Finchen in einer sehr liebevollen Weise. Die Erwachsene haben dabei aber nicht immer die Lösung oder die richtige Antwort parat, da es ein Grundprinzip unserer Geschichten ist, dass die Lösungen immer bei den Muppets selbst liegen. Wir haben bei den fantastischen Geschichten auch Erwachsene eingeführt, die nicht primär ein erzieherisches Ideal erfüllen, sondern eher auch die Fantasie bedienen, wie einen Ritter, eine Fee, einen Schutzengel etc.. Es gab eine Aktion, bei der mehrere Prominente für einen Tag in der Sesamstrasse einen Gastauftritt hatten und ihre Gage der UNICEF gespendet haben. Sie haben die Rolle von fantastischen Figuren übernommen, Hervorragende Schauspieler haben mit-gemacht, wie z.B. Jürgen Vogel, Axel Milberg, Hape Kerkeling, Suzanne von Borsody und viele mehr. Mit so hochkarätigen Schauspielern entsteht notgedrungen gutes Programm für Kinder. Ein Grund, warum wir diese Kooperation aufgestellt haben, war, weil wir fest davon überzeugt sind, dass Kinder diese Qualität zu schätzen wissen und sie suchen. Daher drehen wir im nächsten Frühjahr wieder mit Prominenten fantastische Geschichten. 9. Sollen die Fantastischen Geschichten dem neuen Format der Sesamstrasse ein stärkeres Profil geben? Fantastischen Geschichten ist ein Geschichtentyp, der sehr viel Gewichtung bekommen hat und der einhergeht mit dem neuen Comedy-Konzept, das wir entwickelt haben. Damit soll eine ganz spezifische deutsche Sesamstrassen-Kultur geschaffen werden. Letztendlich beziehen wir uns mit den fantastischen Geschichten auf die deutsche Geschichtentradition, z.B. die Märchen. 10. Welche Funktion übernehmen die neuen Figuren in der Sendung? Durch neue Figuren wie z.B. den Zauberer Pepe, haben wir den Erfahrungshorizont der Sendung erweitert. Pepe hat ein sehr buntes Haus in der Straße bezogen, bei dem man genau sieht, dass das kein normales Haus ist. Und Pepe ist ein Zauberer. Er ist immer voller Energie, Elan und positiver Vorfreude ist. Obwohl seine Zauberkünste vollkommen schief gehen, ist er dennoch immer begeistert. Er lässt sich nicht unterkriegen und dieses positive Role-Modelling, diese Vorbildfunktion, wird von ihm so durchgängig erfüllt, dass die Kinder sich sicher sein können, dass alles am Ende gut wird. Der konkrete emotionale Lerninhalt der mit dem Charakter Pepe verbunden ist, wird durch folgende Fragen deutlich: `Was passiert, wenn ich was falsch mache?`, `Was passiert, wenn ich etwas angehe und es kommt was ganz anderes dabei heraus?`, `Ich habe mir was anderes vorgenommen und wie gehe ich jetzt damit um?`. Das ist das Tolle an dieser Figur, dass sie letztendlich zeigt, wie man mit Fehlern auf eine sehr humorvolle Art und Weise umgehen kann. Zwei Pepe-Geschichten hat Dr. Jan-Uwe Rogge in Kindergärten getestet. Dabei wurde deutlich, dass Pepe eine Figur ist, die die Kreativität sehr stark anregt. Das ist übrigens ein wichtiges Ziel der Sesamstrasse: über die Sendung hinaus aktiv ins Leben zu führen. Pepe wird von den Kindern als einer der Muppets gesehen. Das ist schön, dieses Zusammen- leben von Muppets und Menschen auf die Art und Weise noch mal natürlich zu machen. Das trägt zur Glaubhaftigkeit der Straße bei. Anhang Seite 193

11. Ist Ihnen dabei auch noch die kompensatorische Erziehung wichtig? Im Ursprung ist es im amerikanischen Format die Begründung gewesen: `Wir wollen Kindern die keinen Zugang zu Bildungsmitteln haben, Chancengleichheit bieten, damit sie ähnlich vorbereitet sind wie andere Kinder, wenn sie in die Schule kommen`. Es ist für uns nach wie vor wichtig, kognitive Ziele aufzubereiten. Das war damals die Kernidee. Mittlerweile ist es weniger das kognitive Lernen sondern vielmehr das soziale Lernen, die kulturelle Vermittlung von Werten und das emotionale Lernen, das gesamtgesellschaftlich im Vordergrund steht. 12. Können Sie mir ein konkretes Beispiel nennen, wie Sie die soziale Kompetenz inhaltlich vermitteln? Wir haben z.B. versucht, das Thema Minderheiten, Unterschiede und Toleranz aufzugreifen und ein deutsch-türkisches Mädchen in der Sesamstrasse gehabt, die mit Feli Filu ein türkisches Lied übt. Es ist uns auch wichtig, das Zusammenleben der Generationen zu zeigen und haben daher z.B. mit Marianne Segebrecht eine ältere Dame im Hotel etabliert, die eine Art Oma-Funktion übernimmt, aber auch eine selbstbewusste eigenständige Frau ist, die weit gereist ist und nun alleine lebt. 13. Trotzdem sollen auch kognitive Lerneffekte erzielt werden. Wie setzen Sie das praktisch um? Es gibt da bestimmte Grundregeln, die wir natürlich beachten, die die Lernwirkung der Sendung wahrscheinlich machen. Das wichtigste Prinzip ist die Dekonstruktion: Ganz klar reduzieren auf das Thema und regelmäßig wiederholen. Es gibt die klassischen Themen: `Da ist oben – da ist unten`, `Ich bin vorne – ich bin hinten`. Bei Emotionen ist es genauso wichtig, sie explizit zu machen. Gefühle klar auszudrücken ist für Kinder in dem Alter schwer und Erwachsene schaffen es meistens leider auch kaum. Explizit machen, bedeutet in unseren Geschichten immer, vor Augen haben, was das Thema ist. Das führt oft auch zu Wiederholung. Wiederholungen sind erwünscht, zum einen, weil sie den Lerneffekt vertiefen, zum anderen weil an vielen Stellen durch Wiederholungen auch Comedy erreicht wird. Wir haben also versucht, Komplexität herauszunehmen, um nicht nur die schöne Geschichte zu erzählen, sondern gleichzeitig auch den Lerneffekt zu verbessern. 14. Wirkt sich das neue Konzept vom Jahr 2000 auf die Quote oder die Zielgruppe aus? Wir haben im letzten Jahr mit der Entwicklung des Comedy-Konzeptes insgesamt einen Quotenanstieg auch in der ARD erreicht. Unser Ziel ist es, die bisherige Zielgruppe der Drei- bis Sechsjährigen zu erweitern, um die Sesamstrasse als Familienprogramm zu etablieren. Das Phänomen der Sesamstrasse und z.B. auch der Muppetshow war es, allen Spaß zu machen, auch den Älteren. Das möchten wir in Erinnerung rufen. Ich glaube, wenn man konsequent Geschichten für Kinder erzählt, ist es auch unglaublich interessant für Erwachsene. Sie erfahren etwas über Kinder und bekommen einen Realitätszugang, den sie vielleicht schon verloren haben. Pferd ist ganz gezielt deswegen entwickelt worden, um eine Figur zu haben, die im ganz klassischen Sinne eine Comedy-Figur ist. Sie ist sehr reduziert, ein bisschen blöd, aber gleichzeitig auch unerwartet lebensweise. Sie garantiert viel Slapstick und komische Pointen, ist dabei liebenswert mit ihren Fehlern. Finchen oder Samson sind hingegen ganz klare Identifikationsfiguren für die Kinder. Für diese Figuren habe ich emotional eine ganz andere Anhang Seite 194

Verantwortung, als bei Figuren wie Groover1 oder wie in diesem Fall Pferd. Wolle ist etwas pfiffiger als Pferd zieht aber leider immer den kürzeren. Die beiden schlingern von einem Fettnäpfchen ins nächste. Dieses neue Comedy-Duo der Sesamstrasse soll Parodien liefern, wie z.B. „Wolle am Mittag“ – als Parodie auf „Vera am Mittag“ – oder „Wetten, was...?“ – eine Parodie auf „Wetten, dass...?“ und eine Parodie auf Nachrichten etc.. Damit sollen TV-Formate parodiert werden, die eigentlich für Erwachsene interessant sind, aber mit Kinderinhalten gefüllt werden. Ziel ist, eine Bildsprache abzugreifen, die im Moment Allgemeingut ist und sie Kindern zuzuführen und für die ganze Familie spannend zu gestalten. 15. In den 1970er Jahren gab es für die Sesamstrasse einen „wissenschaftlichen Beirat“. Welche Rolle spielen für Sie heute wissenschaftliche Erkenntnisse oder pädagogische Beratung? Dr. Jan-Uwe Rogge ist z.Zt. unser Berater. Für die Entwicklung der Rahmengeschichten und des Gesamtformats war es sehr wichtig, mit ihm im Dialog zu stehen. Grundsätzlich halte ich das für wichtig im Austausch mit Wissenschaftlern wie Pädagogen, Soziologen usw. zu stehen. Wir möchten wissen, wie sich Kindheit verändert und informiert sein über entwicklungspsychologische Diskussionen. Dieser Dialog gehört vom Anbeginn zum Konzept der Sesamstrasse. Die Amerikaner haben bei der Entstehung der Sesamstrasse aufgrund von wissenschaftlichen Untersuchungen dieses Format entwickelt und noch heute eine große Researchabteilung2. Ich halte das für unglaublich wichtig. Ein Beirat ist aus unserer momentanen Sicht eine zu starre Konstellation. Wir suchen uns eher sehr gezielt Beratung. 16. Trotzdem soll die Sendung nicht nur pädagogischen Anspruch haben sondern muss auch ökonomisch sein. Wie wird die Sendung in Deutschland finanziert? Die Sesamstrasse ist eine Koproduktion. Copartner sind der HR, SWR, SR und WDR. Sie sind finanziell beteiligt, wobei der NDR den Hauptanteil der TV-Lizenzensumme trägt, die mit Sesameworkshop verhandelt wurde. 17. Liegen die Merchandisingrechte bzw. Lizenzrechte alle beim Sesameworkshop in New York oder sind bei Eigenproduktionen auch eigene Verdienste möglich? Wer hat z.B. die Rechte an deutschen Figuren wie Samson oder Wolle? Sesameworkshop hat die Lizenz für Merchandising in Deutschland an EM.TV vergeben. Und da wir als öffentlich-rechtlicher Sender nicht kommerziell tätig werden dürfen, ist es für uns ein Thema, das uns nur marginal tangiert. Wir werden natürlich mit einbezogen, weil es das Interesse von EM.TV ist, die Produktentwicklung parallel zur Entwicklung der Sendung zu machen. Es gibt zudem eine Tochter des NDR, NDR Media, die sich in Kontakt mit EM.TV um Merchandising kümmert. Merchandising-Erlöse dürfen aber nicht für das Programm eingesetzt werden, sondern nur für Marketingzwecke. 18. Ernie und Bert sind die erfolgreichsten Figuren des Merchandisings. Wie kommen die deutschen Figuren wie z.B. Samson an?

1 dt.: Grobi 2 Research = Marktforschung, Meinungsforschung Anhang Seite 195

Samson ist die beliebteste Figur bei den Kindern in Deutschland, sogar noch vor Ernie und Bert. Eine Studie belegt das. Aber bei den Kaufprodukten sind es Ernie und Bert und das liegt häufig an der Kaufentscheidung der Eltern. 19. Wie lange läuft der gegenwärtige Vertrag mit dem Sesameworkshop in New York noch? Dieser Vertrag läuft jetzt noch bis Ende 2009. 20. Wie eng ist die Zusammenarbeit mit dem Sesameworkshop? Werden Auflagen gemacht? Sesameworkshop bekommt von uns z.B. alle Exposees und hat das Recht zu kommentieren. Zudem kriegen sie von uns alle abgenommenen3 Materialien. Sesameworkshop ist daran interessiert ihren brand zu erhalten und das ist gewährleistet durch den steten Informationsfluss. Die NDR-Redaktion hat das letztendliche Abnahmerecht der Sendung, das heißt inhaltliche und gestalterische Entscheidungen werden in Deutschland getroffen. Jedes Jahr werden die deutschen Puppen in die Staaten geflogen, um dort bei Henson überarbeitet zu werden. Es ist eine gute Koproduktion. Außerdem haben wir einmal im Jahr eine Art Workshop, bei dem wir mit den amerikanischen Kollegen zusammen kommen. Wir überprüfen, was funktioniert oder nicht und wie es weiter gehen könnte, um immer in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sein. 21. Ab 2003 führen Sie das neue Sendungskonzept ein, musste das von den Amerikanern genehmigt werden? Die redaktionelle Hoheit liegt in Deutschland, die Amerikaner haben eine beratende Funktion und werden über alles informiert. Wir haben amerikanische Kollegen, die wir sehr schätzen, mit denen ein spannender Austausch stattfindet. Aber wir treffen an bestimmten Stellen andere Entscheidungen, weil unser Verständnis oft ein anderes ist und natürlich weil wir eine Sendung machen für eine andere Kultur. 22. Wie ist das amerikanische Sendungskonzept? Und inwiefern lassen sich die inhaltlichen Unterschiede zur deutschen Serie ausmachen? Die amerikanische Sendung läuft eine Stunde lang. Davon sind 45 Minuten die Sendung mit klassischen Inhalten wie `Ernie und Bert` oder Zahlenanimationen. Danach folgen 15 Minuten `Elmo`s World`. Das ist ein neues Format In diesem Jahr wurden `Rubriken` neu eingeführt, z.B. `die Zahl des Tages` oder `der Buchstabe des Tages`. Ziel ist es, einen Weg durch die Sendung zu legen, eine Ritualisierung zu schaffen. Seit April dieses Jahres wird das neue Konzept ausgestrahlt. In Amerika zeigt die Straße selbst sehr realistisch ein Neighbourhood4, der für viele Kinder dort Erfahrungshorizont ist. Wir haben das in Deutschland erweitert durch eine neue fantastische Erzählform und neue Figuren wie z.B. Pepe, den Zauberer. Speziell das Bild der Erwachsenen bei uns in den fantastischen Geschichten unterscheidet sich von dem in Amerika. In den Staaten wird immer noch stark Wert darauf gelegt, dass die menschlichen Protagonisten Figuren sind, die Stabilität sowie emotionale Sicherheit geben und die Lösungsvorschläge vorgeben bzw. helfen mit der Realität zurechtzukommen. Es war für die Amerikaner fast eine Revolution, als wir die erwachsenen fantastischen Figuren eingeführt haben.

3 d.h. Sendematerial ist fertig (redaktionelle wie technische Verfahren für die Ausstrahlung sind abgeschlossen) 4 Nachbarschaft