Einige Kaffee-Ersatzpflanzen aus botanischer und kulturgeschichtlicher Sicht

C – A – F – F – E – E trink nicht so viel Kaffee! Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich blaß und krank, sei doch kein Muselmann, der ihn nicht lassen kann! Der Kaffee-Kanon von Karl Gottlieb Hering (1766 – 1853)

Thomas Gladis

G e t r e i d e - und auch F r u c h t k a f f e e sich von Mekka ausgehend in der ganzen is- sind dem Bohnenkaffee ähnliche Getränke, die lamischen Welt. Im Hochland Südarabiens in heute als Ersatz-Kaffee oder Kaffee-Ersatz be- Kultur genommen, erfolgte die Ausfuhr zu- zeichnet werden. Es handelt sich um geröstete, nächst nur über den Hafen von Mocha, auch gemahlene und anschließend gebrühte oder Mokka genannt, das heutige Al Mukha im Je- gekochte, häufig gefilterte heiß oder kalt ge- men. nossene Getränke, die aus Pflanzenteilen einer In Konstantinopel, heute Istanbul, wurde 1554 oder aus Mischungen von Teilen verschiedener das erste europäische Kaffeehaus eröffnet. Arten hergestellt werden. Rom und Venedig lernten den Kaffee 1626 Kaffee ersetzen wollen setzt die Kenntnis von kennen. 1652 gab es das erste englische Café Kaffee voraus. Sein unverwechselbares Aroma in London und 1697 öffnete das erste deutsche und die schnell eintretende anregende Wirkung in Bremen. Die einst vor Wien lagernden türki- lassen den bitteren Geschmack der ersten schen Soldaten haben nach der Niederlage vor Tasse schnell vergessen. Nicht zu unterschät- Wien 1739 bei ihrem Rückzug sicher auch ei- zen ist sein Nährwert, wenn man „een Schääl- nige Säcke Kaffee zurücklassen müssen. Die schn heeßen“ nach sächsischer Art mit viel österreichischen Truppen erbeuteten sie und Milch trinkt – und „scheen ßieße miß or ßein“. sollen die Kaffee-Zubereitung von Gefangenen gelernt haben – so eine Legende, denn das Kurze Kaffeehaus-Geschichte erste Kaffehaus in Wien eröffnete bereits 1683. Coffea arabica L. - Nicht Arabien sondern Bald wurde auch Preußen vom Kaffee erobert. Äthiopien ist das Ursprungsland des Echten, Noch bevor Friedrich II. (1712 – 1786) am 31. Arabischen oder Berg-Kaffees. Die einschlägig Mai 1740 gekrönt wurde, konnte man auch in bekannten Lexika vermuten, daß die Nut- Berlin ins Café gehen, seit 1721. Der „Alte zungsmöglichkeit der „Bohnen“ zwischen dem Fritz“ bekriegte Österreich und wetterte gegen 9. und 14. Jh. im Bergland der süd-äthiopi- die ihm stets zu teuren Importe. Schließlich schen Provinz Kaffa entdeckt wurde. Die in verbot er gar den Konsum von Bohnenkaffee Äthiopien noch heute praktizierte sehr ur- aus Übersee für das einfache Volk. Wirksamer sprüngliche Zeremonie der Kaffeezubereitung war die napoleonische Kontinentalsperre von und der Geschmack des Getränks weichen 1806 bis 1813. Abgesehen vom blühenden von jenen in allen Ländern der Erde stark ab: Schwarzmarkt mußte man nach Alternativen Nach dem sehr scharfen Rösten der Bohnen in für den beliebten Übersee-Kaffee suchen. Der einer großen Eisenpfanne werden die Samen „falsche Kaffee“ oder „Café du Continent“ grob gemahlen oder im Mörser zerstoßen und wurde salonfähig. Dabei war sicher von Vorteil, anschließend mit Wasser und Zucker in einem daß dieser Kaffee „au lait“ getrunken wurde, bauchigen Tonkrug aufgekocht. Das Getränk mit viel Milch, was ihn geschmacklich sehr ist tiefschwarz. Es duftet und schmeckt nicht aufwertet. Der Begriff M u c k e f u c k soll wie der uns bekannte Bohnenkaffee. von preußischen Soldaten als französische Be- Im 14. – 15. Jh. gelangte der Kaffee als Ersatz zeichnung für „falschen Kaffee“, Mocca faux, für den im Koran verbotenen Alkohol nach 1870 während des deutsch-französischen Krie- Arabien und wurde dort in Kultur genommen. ges eingeführt worden sein. Nach einer ande- Kaffeegenuß war dem Propheten Mohammed ren Lesart handelt es sich um einen aus West- (auch Muhammad, 570 – 632) also nicht be- falen stammenden Begriff, zusammengesetzt kannt. Die Sitte des Kaffeetrinkens verbreitete aus Mucken (brauner Holzmulm) und fuck (faul).

Samensurium 16/2005 - 47 - Doch bleiben wir zunächst noch beim echten Die Anfänge des Kaffee-Genusses Kaffee: Kurz – sie liegen im Dunkeln. Vielleicht muß Rund ¾ der Kaffee-Weltproduktion liefert die die Geschichte aber auch korrigiert wenn nicht Art Coffea arabica. Daneben gibt es rund 13 umgeschrieben, einfach vom Kopf zurück auf weitere Kaffee-Arten, die – ersatzweise – kulti- die Füße gestellt werden, denn möglicherweise viert werden. Die wichtigsten sind: hat der Bohnen-Kaffee ja die heute als Er- – Coffea benghalensis Roxb. ± eine koffein- satzpflanzen gehandelten Surrogate erst ver- arme, auch als Zierstrauch verwendete Art drängt: Die Menschen waren schon immer ex- aus Indien, perimentierfreudig und beobachteten alles äu- – Coffea canephora Pierre ex Froehner – der ßerst sorgfältig, was mit der Erschließung äquatorial-afrikanische, ¼ der Weltproduk- neuer Nahrungsquellen und Genußmittel zu- tion liefernde Robusta-Kaffee und sammenhing. Am besten ist doch wohl, wenn – Coffea liberica Bull – Liberia-Kaffee aus sich beides miteinander verbinden läßt. Neh- dem tropischen Westafrika. men wir nur das Beispiel der Gerste (Hordeum Die süßen, meist zweisamigen Steinfrüchte vulgare L. s.l. – oder anderer Getreide und Hir- und vor allem die Samen einer ganzen Reihe sen, allesamt Süßgräser Gramineae / Poa- verwandter Wildarten werden gesammelt. Ex- ceae): perten schätzen die Zahl der Coffea-Arten – Die reifen Früchte (botanisch sind es weltweit auf 40 – 60. Keineswegs einfacher als Karyopsen) unverarbeitet zu verspeisen ist die arbeits- und zeitintensive Lese von Hand möglich, macht aber wenig Spaß, ruiniert oder die maschinelle Ernte in den Plantagen die Zähne und schädigt die Verdauung. mit anschließenden technischen Verfahren zur Aufwendig und lästig ist insbesondere die Naß- oder Trockenaufbereitung der Früchte ist Entfernung der Spelzen, doch die dafür die Suche nach den von Schleichkatzen (Fam. entwickelten Techniken ließen sich auch Viverridae) unverdaut ausgeschiedenen Sa- anderweitig einsetzen (z.B. zur Konservie- men auf dem Boden. Die Tiere fressen nur die rung; ROTHMALER und NATHO 1957, gesunden, süßen und vollreifen Kaffee-Kir- WILLERDING 1970) und die Züchtung unbe- schen. Nach der Darmpassage sind die Samen spelzter Getreide war ein gewaltiger Fort- auf natürliche Weise optimal fermentiert und schritt. aufbereitet. Die Nutzung dieses von Palmrol- – Die Körner an Tiere zu verfüttern oder sie lern (Paradoxurus sp.) veredelten Rohkaffees damit anzulocken, ist eine früher wie heute kam zuerst in Indonesien auf. „Kopi Luwak“ ist sehr verbreitete Veredlungsmöglichkeit. der seltenste und teuerste Kaffee der Welt. – Will man verhindern, daß die Ernte verdirbt Jährlich werden rund 200-230 kg davon und Vorratsschädlinge fern halten (Schim- „gefunden“. Jedes einzelne Kilogramm kostet mel, Korn- und Mehlkäferbefall, Getreide- bis zu 1.000,- . Etwas „billiger“, doch auch motten, Mäuse), empfehlen sich beson- minderwertiger sind die Samen der in Afrika an dere Lagerungs- und Konservierungsme- eigens dafür gehaltene Zibetkatzen verfütterten thoden (u.a. darren1, räuchern). Ange- Kaffeekirschen, denn die afrikanischen röstete Spelzgetreide lassen sich leichter Schleichkatzen sind Allesfresser, was den dreschen. Fermentationsprozeß nachteilig beeinflußt. In – Man kann die Körner unreif kauen, dann Äthiopien wird jedoch das namensgebende, schmecken sie angenehm süß. Wohl jedes ebenfalls sehr teure Duftdrüsensekret der Zi- Kind, das auf dem Lande aufgewachsen ist betkatzen gelegentlich zum Aromatisieren des Kaffees verwendet. 1 Nach GALL (1975) bedeutet T r o c k n e n ge- Wegen des hohen Preises der Rohware wurde ringen Wasserentzug bei mäßig hohen Temperatu- Bohnenkaffee schon immer gern etwas ge- ren. Unter D a r r e n oder D ö r r e n wird star- streckt, in Notzeiten auch vollständig durch ker Wasserentzug mittels Heizanlagen verstanden, Surrogate ersetzt. Neben den nach der Kaffee- wobei die Keimfähigkeit reifer Samen z.T. verloren Verordnung zugelassenen Pflanzenteilen, geht. R ö s t e n definiert er als den völligen Wasserentzug, die teilweise Umwandlung von Zuckerarten oder Beimischungen (geringe Stärke in Dextrine bei Temperaturen über 100 °C Mengen Speiseöle, Melasse, Kochsalz und und den Verlust der Keimfähigkeit. Die Körner Pflanzenauszüge sind erlaubt) gab und gibt es werden leichter verdaulich, die Speisen wohl- eine Fülle anderer Röstprodukte, die vor allem schmeckender, angeschimmeltes Lagergut wieder das gemahlene Fertigprodukt zu verlängern genießbar. „Noch Anfang unseres Jahrhunderts war helfen. es mancherorts üblich, derart verdorbenes Getreide scharf zu rösten, um es wenigstens als Kaffeersatz nutzen zu können“.

- 48 - Samensurium 16/2005 oder seine Ferien dort verbracht hat, wird Eine dieser Kombinationen besteht darin, sich ein Leben lang daran erinnern. Röstprodukte zu vermahlen und dann mit ko- – Leider ist die Zeit der Milchreife kurz. Ern- chend heißem Wasser oder Milch zu übergie- tet man das noch grüne und weiche Korn, ßen. Nimmt man dafür Gerste, ist je nach um es durch heiße Trocknung zu konser- Dauer und Intensität des Röstprozesses bzw. vieren, kann man es jederzeit wieder ein- der Menge zugesetzter Flüssigkeit ein aroma- weichen und z.B. kochen oder braten. tisch schmeckender Brei oder eben der Ger- – Die reifen Früchte werden entspelzt, ge- sten-Kaffee fertig. Geröstete Wintergersten- schält, grob zerstoßen, gemahlen oder ge- körner wurden im Volksmund einst quetscht; aus Flocken, Graupen, Grieß, „Spitzbohnen“ genannt. Verwendet man Ger- Grütze und Mehl dann die verschiedensten stenmalz, entsteht echter Malzkaffee. Die Ger- Gerichte zubereitet: Brei, Suppe, Fladen- ste ist eines der ältesten, ja das typische Ge- brot (Gerste hat keinen Kleber). Selbst treide der Antike. Für Mitteleuropa gibt es seit ähnliche Produkte können ganz unter- der jüngeren Steinzeit Nachweise für die Kul- schiedliche Verarbeitungsschritte erfor- tur. Doch im rohen Zustand wie auch als Mehl dern, beispielsweise die Herstellung von ist die Gerste verglichen mit Roggen und vor Cornflakes (aus Mais) und die von Hafer- allem mit Weizen im Geschmack das mit Ab- flocken. stand unattraktivste Getreide. – Man kann die Körner auch einweichen und Die Braukunst ist nachweislich sehr alt. Über so zum Keimen bringen. Dann werden sie die Verwendung der Gerste als kaffeeartiges wieder weich und süß, weil die darin ent- Getränk wissen wir fast nichts und können nur haltene Stärke zu Zucker abgebaut wird. vermuten, daß schon im alten Babylon und in – Erneutes Austrocknen und dabei erwär- Ägypten so etwas ähnliches wie Muckefuck ge- men (darren) läßt die gekeimten Körner trunken wurde – so steht es in einigen Lexika absterben. Auf diese Weise modifiziertes (z.B. der Wikipedia): „Typischerweise wird Ge- Getreide gewinnt weiterverarbeitet neue treidekaffee aus Gerste, Malz, Roggen, Ei- Geschmackseigenschaften und ermöglicht cheln, Bucheckern, Feigen oder Zichorien weitere Verarbeitungsvarianten, z.B. ein- (Chicorée) gewonnen, aber es wurde auch mit weichen, kochen mälzen, vergären. Pflanzen wie Lupine, geröstete, gemahlene – In den heißen, sommertrockenen Regio- Möhren, Dattelkerne, Weintraubenkerne, Erd- nen – beispielsweise Äthiopiens – wird die mandel, Spargel, Hagebutte, Vogelkirsche, Ernte nicht selten auf dem Feld in Brand Buchecker, Kartoffeln, Mandeln und Mais ex- geraten oder bei kriegerischen Auseinan- perimentiert. Schon in Babylon und im alten dersetzungen mutwillig angesteckt worden Ägypten verstand man sich auf die Herstellung sein. Ist die Lebensgrundlage vernichtet, von Getränken aus gerösteten Körnern…“. Der sind Hungersnöte die Folge. Die auf den vorsichtige Brockhaus schreibt in der Enzyklo- verkohlten Flächen gefundenen, nicht ganz pädie von 1996: „Wie Funde von Gerstenkör- verbrannten Körner schmecken sehr an- nern im vorderasiatischen Raum belegen, genehm und werden die Menschen veran- wurde Gerste dort bereits im 9. Jahrtausend v. laßt haben, den Prozeß des kontrollierten Chr. genutzt. Gerstenähren sind auf altägypti- Röstens ganzer Körner, später auch ande- schen Wandmalereien abgebildet. Gerste rer Verarbeitungsstufen, in das Repertoire wurde zunächst geröstet und zerkleinert als der Techniken aufzunehmen. Interessan- Brei, später auch als fladenartiges Brot geges- terweise gibt es in Äthiopien sehr viele sen. In Europa ist Gerste in der Jungsteinzeit schwarzährige Gersten, während man in verbreitet worden.“ Deutschland heute fast nur solche mit gel- Man versuchte auch damals schon, aussichts- ben Ähren kennt. reiche Verarbeitungstechniken auf andere, im – Eine Sonderform des Röstens ist das Puf- Überfluß vorhandene Pflanzen anzuwenden. fen oder Poppen, am bekanntesten von Nächstliegend ist die Verwendung anderer Ge- Mais, Reis und Weizen, doch auch be- treidearten: Roggen und Weizen zum Beispiel. stimmte Nacktgersten eignen sich dafür, Menschen früherer Zeiten warfen nicht leicht- und es ist sogar von einigen Bohnensorten fertig etwas noch Verwendbares weg. Kein bekannt. Wunder, daß sie auch aus Verarbeitungsabfäl- – Weitere Bereicherungen der Produktpalet- len wie Dattel- und Traubenkernen kaffeeartige te ergeben sich aus Kombinationen und Getränke hergestellt haben oder ungenießbare Abfolgen der vorgenannten Methoden. Pflanzenteile wie Spargelfrüchte und Baum- rinde zu nutzen versuchten, indem sie damit

Samensurium 16/2005 - 49 - experimentierten. Rösten, mahlen, aufkochen lichen Mittelmeerraum. Sie befindet sich nach- sind noch heute praktizierte Aufschlußverfah- weislich seit der Antike im Anbau – doch in ren. Um die Mühe der Arbeit entspannt genie- jener Zeit für welchen Zweck? Heute wird sie ßen zu können, mußte man störenden Grund nur noch in einer Weise genutzt, die in der An- und Schwebstoffe abseihen, das Produkt filtrie- tike gänzlich unbekannt war: als Gründün- ren – es entwickelten sich regelrechte Zere- gungspflanze. L. angustifolius L. – die Blaue monien, frei nach dem Motto: Keine Kultur oh- oder Schmalblättrige Lupine ist hie und da ne Genuß, kein Genuß ohne Arbeit. Alles hatte noch als Schwäbischer, Garten- oder Bauern- seine Zeit. kaffee bekannt. Sie stammt ebenfalls aus dem Weite Teile Europas waren einst dicht mit Bu- Mittelmeerraum. In anderen Regionen der Erde chen und Eichen (Fagaceae) bewachsen. Die werden die dort heimischen oder kultivierten Früchte beider Gattungen sind ein ausgezeich- Lupinenarten in ähnlicher Weise verwendet. netes Tierfutter und dienen ebenso wie die der Die viel kleineren Samen von Hornklee ( Eßkastanie noch heute der menschlichen Er- L.), Flügelerbse ( purpureus nährung. Die Nutzung geschälter, sorgfältig L.), mancherorts besser bekannt als Englische gerösteter Eicheln ist für Europa seit der Bron- Kaffee-Erbse oder Pois café, vor allem aber zezeit belegt (KNÖRZER 1972). Am beliebtesten von Astragalus boeticus L., der aus dem Mit- waren und sind die bitterstoffarmen, großfrüch- telmeerraum und Vorderasien stammenden tigen Pflanzen, von denen Mensch wie Tier Kaffee-Wicke bzw. dem Spanischen Tragant, mehr vertrug und zu sich nahm. Die Bäume ja selbst die der Erdnuß (Arachis hypogaea L.) wurden gefördert, ja gar als Edelreiser verwen- verdienen in diesem Zusammenhang Erwäh- det. Azinheiras – in dem Falle Steineichen nung. Sie alle wurden früher oder später auf (Quercus ilex L.) heißen sie beispielsweise in dem Markt von einer Pflanzenart verdrängt, die Portugal. In Mitteleuropa wurden und werden aus einer ganz anderen Pflanzenfamilie mancherorts vielleicht noch heute Früchte bzw. stammt. Sie gehört zu den Korbblütengewäch- Samen von Castanea sativa Mill., Fagus sylva- sen (Asteraceae / Compositae) und bei ihr lie- tica L., Quercus robur L. und anderen Eichen- fern nicht die Früchte oder Samen den Kaffee arten als Kaffee-Ersatz verwendet. Quercus sondern die Wurzel: brantii Lindl. – die Manna-Eiche – wächst im Für das Jahr 1753, fast genau 30 Jahre nach Irak, in der Türkei und Kurdistan. Auch ihre Eröffnung des ersten Kaffee-Hauses in Berlin Früchte sind eßbar und dienen wie nicht an- ist verbürgt, daß man die geröstete Wurzel des ders zu erwarten dort als Kaffee-Ersatz. Kapuzinerbartes als Kaffee-Surrogat zu nutzen In der großen Pflanzenordnung der Hülsen- verstand. Die auf ertragreiche Wurzeln selek- früchtler ( / Leguminosae) gibt es eine tierten Kulturformen der Wegwarte (Cichorium ganze Reihe von Arten, die als Nahrungs- und intybus L. var. sativum Lam. et DC.) lieferten Genußmittel verwendet und in vielfältiger den nach den bunten Tüten, in denen er ge- Weise verarbeitet werden. Kaum ein Europäer handelt wurde benannten „Päcklikaffee“, dem – weiß, daß in Asien aus Leguminosen auch Bier wohl nach übermäßigem Genuß – eine nach- gebraut wird (ZARNKOW 2005, pers. Mitt.). Ge- teilige Wirkung auf die Verdauung nachgesagt läufiger ist uns da schon die Verwendung der wird. Doch zu viel Bohnenkaffee ist für emp- gerösteten und gemahlenen Samen als Kaffee- findliche Mägen auch nicht bekömmlich. Au- Surrogat: ßerdem verursacht er Herzklopfen und Schlaf- Glycine max (L.) Merr. – die Sojabohne ist als störungen. Der eingangs wiedergegebene weltwirtschaftlich bedeutendste Eiweiß- und Kaffee-Kanon läßt das bereits ahnen. Frei von Futterpflanze bekannt. Sie stammt aus Asien. anregenden Inhaltsstoffen, doch verfälscht mit Unreife und gekeimte Samen dienen als Ge- gerösteten Löwenzahnwurzeln (Taraxacum müse. Reife, geröstete und gemahlene Samen spp.) und gar Mohrrüben (Daucus carota L.), waren und sind u.a. als Kaffee-Ersatz im Ge- hat selbst der Zichorien-Kaffee für manche brauch. Für den gleichen Zweck nutzt man in Aufregung gesorgt, Politik und die Mühlen der Georgien gelegentlich die Samen von Vicia Bürokratie in Bewegung gesetzt. Wer also faba L. var. minor (Peterm. em. Harz) Rothm. meint, die Politik nutze im allgemeinen nur den und var. equina Pers. (BERIDZE et al. 1986). Politikern, sie schaffe keine Werte sondern im Lupinen – Lupinus cosentinii Guss. – die aus Frieden Blendung und Ungerechtigkeit, doch dem südwestlichen Mittelmeerraum stam- Leid und Verwüstung im Kriege – lernt am Bei- mende Bunte Lupine oder „Kaffee-Erbse“ ist spiel des Kaffeegenusses gleich mehrere nur eine von ihnen. Nahe verwandt ist L. pilo- Pflanzen kennen, die das Gegenteil belegen, sus Murr. – die Behaarte Lupine aus dem öst- deren Anbau und Verarbeitung durch kleine

- 50 - Samensurium 16/2005 und große Regenten und ihre Kriege direkt Die erfolgreichen Unternehmer organisierten gefördert wurde. (Fast) alle Mitteleuropäer die wohl erste logistisch motivierte Umsiedlung mußten das geliebte Modegetränk Bohnenkaf- einer ganzen Fabrik in ein am Reißbrett ge- fee in diesen und in den anschließenden Not- plantes Industriegebiet bei laufender Produk- zeiten entbehren. Überall wurde fieberhaft tion. Die neue Produktionsstätte entstand di- nach Alternativen gesucht, die sich unter ande- rekt am neuen Ludwigsburger Bahnhof. Um rem auf der Basis von Getreide, Feigen (Ficus das bereits waggonweise ausgelieferte, pro- carica L.), Zichorie, etc. dem koffeinhaltigen fessionell designte, intensiv beworbene Er- Original anzunähern versuchten. Die Zucker- zeugnis noch besser abzusetzen, erfolgte eine rübe Beta vulgaris L. convar. crassa Alef. s.l. Ausbildung der fahrenden Händler zu geschul- var. altissima Döll) verdankt sogar ihre Exi- ten Handelsvertretern. Die Umsätze konnten stenz der Politik, dem Einfuhrverbot von Rohr- weiter gesteigert werden, das Unternehmen zucker aus Übersee und den Aktivitäten eines expandierte nach dem Fall von Zoll- und Han- gewissen Herrn Franz Karl Achard um das delsschranken auch ins Ausland. Die Erkenn- Jahr 1800. Doch das ist eine andere Ge- barkeit des für verschiedene Märkte variierten schichte. Produktes (Deutschland, Donaumonarchie, Frankreich, Italien, Schweiz, USA) wurde ge- Vom Genußmittel zum Alltagsgetränk währleistet Bei in besten Zeiten bis zu 90% Firmengeschichten Gewinn gegenüber den Herstellungskosten Das Industriezeitalter brachte einen grundle- ließ sich all das bequem finanzieren. Die Firma genden Wandel in der Ernährungskultur mit Franck war Hauptsponsor der Olympiade 1932 sich. Während auf dem Lande der Tag noch in Amsterdam und 1936 in Berlin. mit Wasser-, Bier- und Milchsuppen oder Brei- Im 18. Jahrhundert war die Zichorie als Zusatz nahrung begann, reduzierte sich in den Städ- zum teuren Bohnenkaffee beliebt – die Francks ten unter wachsendem Zeitdruck die Zahl der wählten die Kaffeemühle als einprägsames Mahlzeiten von fünf auf drei. Schnell ge- Symbol für ihren „Aecht Franck“. 1887 hat die schmierte, zudem leicht transportable Schnit- Berliner Konkurrenzfirma den „Kathreiner Fei- ten oder Brötchen kamen auf. Dieses erste fast genkaffee“ und drei Jahre später den food war ohne eine heiße Tasse Tee oder den „Kathreiner Kneipp Malzkaffee“ (auf Gersten- schneller aufmunternd wirkenden Kaffee malz-Basis) auf den Markt gebracht. Es muß- schwer zu bewältigen. Ordentlich gekaut und ten neue Produkte geschaffen werden, da der auf gesunde Ernährung geachtet wurde immer Absatz von Zichorie zurückging. 1910 ent- weniger – ein Trend, der bis heute anhält. wickelte die Firma Heinrich Franck die Marke Bereits seit Ende des 18. Jh. bestanden einige „Kornfranck“ auf der Basis von Roggenmalz. Zichorienfabriken in Deutschland. Johann Der Kampf des „Roten“ (Franck) gegen den Heinrich Franck war einer der ersten, der 1828 „Blauen“ (Kathreiner) Kaffee fand 1943 mit der die einheimischen Bauern zum Anbau der kriegsbedingten Fusion beider Firmen ein En- Zichorie ermunterte. Als Inhaber eines Kondito- de. Als „Franck und Kathreiner“ waren sie für rei- und Spezereiengeschäfts in Vaihingen an andere Produzenten unschlagbar. Während der Enz hat er dort im gleichen Jahr seine erste des zweiten Weltkrieges hat Kathreiner die kleine Zichorienfabrik errichtet. Für sein Pro- Kriegsmarke „Linde’s“ herausgebracht. Diese dukt formuliert Franck ein zukunftweisendes Mischung aus Gerstenmalz, Roggen und lebensmitteltechnologisches Ziel: „Ich will mei- Zichorien gibt es noch heute. Mit der Zichorie nen Kunden dienen, indem jedes Päckchen blieb die Erinnerung an Krieg und Not verbun- gleich gut schmecken und die gleiche Ausbeu- den. Der alte „Aecht Franck Cichorien-Kaffee“ te ergeben soll“, das er beharrlich verfolgt und kam nun als „Mühlen-Franck“ in neuer Aufma- das ihn überregional bekannt macht. Seine chung in den Handel, ganz ohne augenfälligen Söhne steigen in das Geschäft ein und erken- Hinweis auf die darin enthaltenen Wurzel- nen bald, daß die Einheitlichkeit der erzeugten Zichorien. Auch dies war eine Innovation im Rohstoffe ausschlaggebend für die Qualität Lebensmittelbereich, die viele Nachahmer ge- des Endproduktes ist. Sie züchten und ver- funden hat. mehren die Zichorien von nun an selbst und Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Entwicklung garantieren den Bauern bei Verwendung ihres des Instant-Verfahrens, löslicher Produkte vor- Saatgutes Abnahmepreis und Abnahmemen- angetrieben: Caro-Kaffee war die Instant-Vari- gen – zwei Pionierleistungen, die viele Nach- ante von Linde’s Kornkaffee. Kathreiner folgte ahmer gefunden haben und die heute ein glo- ohne eigenen Markennamen. Heute gibt es bales Eigenleben führen. den „Kornfranck“ als lösliche Variante in Lizenz

Samensurium 16/2005 - 51 - von Nestlé aus Freiburg. Als Lizenzprodukt hen lassen sollte. Mit einem Schuß Milch ver- wird auch der alte „Aecht-Franck“ von dem setzt, gewinnt Muckefuck an Aroma. Beson- einstigen Feigenkaffeeproduzenten Strehle ders interessant ist er als kräftiges Konzentrat weiter produziert. Dieser erfreut sich auch gekocht (auf 1 Espressoportion ½ TL Pulver) deshalb großer Popularität, weil sich viele und auf ein Glas Milchschaum gegossen als Menschen vor allem in ländlichen Gegenden in „latte macchiato“. In Italien gehört „orzo“ in jede schlechten Zeiten ihren „Kaffee“ aus dem ei- Espressobar und wird genüßlich von allen Ge- genen Getreide selbst rösten und ihn dann mit nerationen getrunken. In Frankreich ist meist „Aecht-Franck“ verfeinern. 1971 wechselte der eine Instant-Mischung mit richtigem Kaffee im Eigentümer nochmals, Nestlé kaufte die Angebot. Schade, daß der Muckefuck in Unifranck GmbH. In Ludwigsburg werden bis Deutschland immernoch mit dem Ersatzimage heute fast alle genannten Marken hergestellt, der Kriegszeiten kämpfen muß, denn er ist denn nach wie vor kommt es auf die Kenntnis eine gesunde, köstliche und ganz eigenstän- der lebensmitteltechnologischen Aufbereitung dige Alternative zum Bohnenkaffee: Er enthält an, vor allem das Darren und Mälzen. kein Koffein, ist deshalb also auch für Men- schen mit Bluthochdruck und für Kinder geeig- Ersatz oder Zusatz? net. Nur wenige Schwangere meiden Bohnen- Im Lebensmittelrecht gilt seit 1981 die Verord- kaffee bewußt weil sie wissen, daß das darin nung über Kaffee, Zichorie, Kaffee-Ersatz und enthaltene Koffein ihre ungeborenen Kinder Kaffee-Zusätze. Kaffee-Ersatz oder -Surrogat nicht zur Ruhe kommen läßt. Ersatzkaffee hat ist „ein Produkt aus gereinigten, gerösteten keine entwässernde Wirkung. Er kann mithin Pflanzenteilen, das durch Ausziehen mit hei- sogar Senioren empfohlen werden, die häufig ßem Wasser ein kaffeeähnliches Getränk lie- zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen. fert und dazu bestimmt ist, als Ersatz von Kaf- fee zu dienen“. Hingegen sollen Kaffee-Zusät- Biodiversität und Nutzungsvielfalt ze den Bohnenkaffee würzen. Kaffee-Ersatz- Dieses Thema begegnet uns bei den Kaffee- mischungen bestehen aus Bohnenkaffee und Ersatzpflanzen in besonders ausgeprägter Kaffee-Ersatz. Kaffee-Ersatz-Extrakt ist löslich, Form. Von weltweit 185 Pflanzenarten kann es handelt sich dabei um Instant-Mischungen, man in der Mansfeld-Datenbank nachlesen, die heiß oder kalt aufgegossen werden. daß sie in irgendeinem Zusammenhang mit Während Muckefuck in Kriegszeiten eine ver- Kaffee kultiviert werden, als Schattenpflanzen gleichbare Notlösung für Kaffeetrinker wie ein in den Plantagen beispielsweise oder als Zu- bestimmtes Quantum getrockneter Rosenblät- satzstoffe. Je nachdem, in welchem Feld man ter für die Raucher war, hat er seinen ganz ei- als Abfrage ’coffee surrogate’ oder ’coffee genen geschmacklichen Reiz nie ganz verloren substitute’ eingibt, sind es 1, 15 bzw. 26 Pflan- und ist deshalb bis heute nicht aus den Rega- zenarten, die aufgelistet werden. Zieht man len der Supermärkte verschwunden. Landkaf- andere Quellen hinzu, beispielsweise die Pfaf- fee wird aus 5 unterschiedlichen Grundproduk- Database „ for a Future – edible, me- ten hergestellt: Zichorie (nach der Ernte zer- dicinal and useful plants for a healthier world”, kleinert, gedarrt und dann nochmals zerklei- sind es plötzlich sehr viel mehr und durchaus nert, schließlich geröstet), Gerste und Roggen andere „Kaffee-Pflanzen“, mit denen man kon- (beide werden erst eingeweicht und dann kräf- frontiert wird. Doch die Zahl der als Kaffee-Er- tig geröstet), Malz (meist aus Gerste, seltener satzpflanzen wild gesammelten oder kultivier- aus Weizen oder Roggen produziert: die Ge- ten Pflanzenarten steigt rapide an, je mehr Da- treidekörner werden angekeimt, gedarrt und tenbanken oder Literaturquellen man heran- anschließend geröstet; der Röstmalzzucker zieht (u.a. HEISTINGER 2005, vgl. Anhang 1). gibt ein kräftiges, süßlich-bitteres Aroma) so- Dieses Beispiel läßt vermuten, daß Sitten und wie Feigen (getrocknet, klein geschnitten und Gebräuche der Menschen verschiedener Kul- geröstet; durch den hohen Zuckergehalt der turen so sehr unterschiedlich gar nicht sind. Feige entstehen kräftige Röstbitterstoffe). Unabhängig von der Naturausstattung gibt es ein bestimmters Repertoire an Verhaltens- Und so wird er getrunken: mustern und Phantasien, die durchgespielt und Landkaffee wird heute meist als Instantgetränk abgearbeitet werden. Doch ist es nicht er- angeboten und kann auch als reines Milch- staunlich, wie wenig wir über Sitten und Ge- getränk zubereitet werden. Daneben gibt es bräuche unseres eigenen Volkes wissen und den gemahlenen filterfähigen Kaffee-Ersatz, wie dieses Wissen verteilt ist? In der Ge- den man ähnlich wie Tee etwa 3 Minuten zie- schichte reicht der Horizont kaum über die Ge-

- 52 - Samensurium 16/2005 neration der Eltern und Großeltern hinaus. Wir menschlichen Wirtschaftens geborgen. Sind bewundern Naturvölker und deren Fähigkeit, sie nun im Laufe der Jahrtausende verkohlt sich eine Vielzahl wildlebender Tiere und oder wurden diese Früchte und Samen gerö- Pflanzen nutzbar machen zu können und be- stet, dann in Höhlen sicher aufbewahrt, gele- schränken uns selbst auf die Nutzung eines gentlich in Gefäßen gehortet, die im Fußboden beständig abnehmenden Spektrums kultivier- von Häusern eingelassen waren? So vor ter, hoch domestizierter Arten. Schädlingen, Feinden, Nachbarn, Neidern ver- steckt, wurden sie wie so manch legendärer Koffein allein – weder Kaffee noch Ersatz Schatz bei der Flucht unfreiwillig zurückgelas- Bereits im Jahre 1669 wurde von einem in sen, schlicht vergessen? Die Fundumstände Südamerika tätigen Missionar die Wirkung ei- lassen mehrere Deutungen zu: Aus einer jün- nes zu den Seifenbaumgewächsen (Sapinda- geren neolithischen Siedlungsschicht im türki- ceae) gehörenden Gewächses beschrieben, schen Hacilar sind beispielsweise Körner und das nicht zu den Kaffee-Ersatzpflanzen gehört, Vesen des Kulturemmers beschrieben worden, der Guarana (Paullinia cupana H.B.K). Minen- die deswegen so vorzüglich erhalten geblieben arbeiter stellen aus den koffeinhaltigen Früch- sind, „weil sie nach dem Verkohlen in einen ten ein Erfrischungsgetränk her. Dazu werden unbrauchbar gewordenen Brunnen geschüttet die Früchte gewaschen, geröstet und gemah- worden sind, wo sie dann 7.000 Jahre unbe- len. Anschließend mit Wasser vermengt und rührt verblieben“ (KÖRBER-GROHNE 1994). Ist zu einem Teig geknetet, werden kurze, dicke es nicht merkwürdig, daß die ältesten, 3.000 Stäbe oder flache Kuchen geformt, die man in bis 3.500 Jahre alten Maisfunde unverkohlt der Sonne oder über dem Feuer trocknen läßt, geblieben sind (vgl. GREBENšÈIKOV 1959)? bis sie hart geworden sind. Diese „Knabber- Die Vielfalt der weltweit noch immer als Kaffee- stäbe“ trägt man bei sich und raspelt bei Ersatz verwendeten Pflanzenarten ist ein deut- Bedarf die benötigte Menge ab. So kann man liches Indiz dafür, daß wohl alle Kulturen, die zwei bis drei Tage lang ohne Nahrungs- sich des Feuers bedienen, vor Urzeiten und aufnahme reisen. Durch den hohen Anteil an unabhängig voneinander entdeckt haben, daß Ballaststoffen und Rohfasern wird das Guara- aus gerösteten Pflanzenteilen schmackhafte na-Koffein langsam vom Organismus aufge- Getränke bereitet werden können, lange bevor nommen. Aufgrund der schonenden Koffeinab- die Araber den nach ihnen benannten Kaffee gabe ist Guarana auch für Personen geeignet, zu kultivieren begannen, ja lange ehe der die Kaffee oder Tee nicht vertragen, aber auf Mensch Äcker und Gärten anlegte. Heute ken- die anregende Wirkung ungern verzichten nen wir nicht einmal mehr die Namen dieser wollen. Guarana gilt als die stärkste natürlich Getränke, die sicher nicht nur aus gerösteter vorkommende Koffeinquelle. Mit ca. 4 – 8 % Gerste bereitet wurden. Die anhaltende Domi- enthält sie bei gleicher chemischer Zusam- nanz des Bohnenkaffees hat die zahllosen an- mensetzung dreimal soviel Koffein wie norma- deren Röstgetränke in geschichtlich ver- ler Kaffee. Physiologisch entspricht die Wir- gleichsweise kurzer Zeit marginalisiert. kung der des in Kaffee, Tee, Mate etc. vorkom- menden, chemisch identischen Koffeins.

Fazit Danksagung Die Methode, aus gerösteten Körnern einen Für die Anregung zu dieser Recherche danke würzigen Sud zu kochen, war nach einigen ich Andrea Heistinger (Schiltern/Altrei). Für Er- Quellen schon in Babylon und im alten Ägypten gänzungen, Literatur und Hinweise zum Thema bekannt. Sie ist demnach so alt wie das Bier. danke ich Hella Brumme (Sangerhausen), Dr. Exaktere Angaben wird vorerst niemand ma- Andreas Emmerling-Skala (Lennestadt), Eva- chen können. Nach Manfred RÖSCH vom Lan- Maria und Reinhard Heller (Waddekath), desdenkmalamt Baden-Württemberg (2005, Marina Hethke (Witzenhausen), Dr. Manfred pers. Mitt.) dürfte das Rösten von Pflanzentei- Rösch (Landesdenkmalamt Baden-Württem- len so alt sein wie der Gebrauch des Feuers berg) und Dr. Jürgen Schultze-Motel (Quedlin- und selbst gefertigter Gefäße. Damit wäre der burg). Ersatzkaffee nicht nur viel älter als der Boh- nenkaffee sondern auch wesentlich älter als die Ursprünge der Landwirtschaft. Leider selten genug werden Funde rätselhafter, verkohlter Pflanzensamen aus früheren Zeiten

Samensurium 16/2005 - 53 - Literatur SWR- Kaffee-oder-Tee-Ecke: Wandel in der BERIDZE, R.V., R. FRITSCH, V.N. KANDELAKI, D. Frühstückskultur am Bsp. von Kornfrank MAND JALADZE, K. PISTRICK and N. Ersatzkaffee http://www.swr.de/kaffee-oder- TARADAšVILI, 1986: Collection of indigenous tee/essen/kaffee/2004/01/14/ taxa of cultivated plants in the Georgian SSR bzw. -/2003/04/09/index.html 1985. Kulturpflanze 34, 305-316. Vox-Sendung über Kopi Luwak (17. Sept. GALL, W., 1975: Rösten und Darren in urge- 2005) www.vox.de schichtlicher Zeit. Alt-Thüringen. Jahresschrift Wikipedia des Museums für Ur- und Frühgeschichte http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite Thüringens. H. Böhlaus Nachf., Weimar, Bd. 13, 196-204.

GREBENšÈIKOV, I., 1959: Mais als Kulturpflanze. Anhang 1. Liste bekanntermaßen genutzter Neue Brehm-Bücherei 123, 80 S. Kaffee-Ersatzpflanzen: HEISTINGER, A., 2005: Altrei und sein Kaffee. Abelmoschus esculentus (Malvac.), Geschichte und Geschichten des Altreier Kaf- Aesculus hippocastanum (Hippocastanac.), fees, der Kaffee-Surrogate und des Bohnen- Amygdalus communis (Rosac.), Apium kaffees. Autonome Provinz Bozen Südtirol, graveolens (Apiac.), Arachis hypogaea Abt. 22 für land-, forst- und hauswirtschaftliche (Fabac.), Arctium minus (Asterac.), Berufsbildung, 39 S. Asparagus officinalis (Asparagac.), KÖRBER-GROHNE, U., 1994: Nutzpflanzen in Astragalus boeticus, hamosus (Fabac.), Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie. 3. Avena abyssinica, barbata, brevis, byzantina, Aufl. K.-Theiss-Verlag, 490 S. fatua, ludoviciana, nuda, nudibrevis, orientalis, sativa, sterilis, strigosa, wiestii (Poac.), KNÖRZER, K.-H., 1972: Eine bronzezeitliche Balsamorhiza deltoidea, sagittata (Asterac.), Grube mit gerösteten Eicheln von Moers-Hüls- Bauhinia esculenta (Fabac.), Berberis spp. donk. Bonner Jahrb. Köln/Wien 172, 404-412. (Berberidac.), Beta vulgaris (Chenopodiac.), ROTHMALER, W. und I. NATHO 1957: Band- Brachychiton populneus (Sterculeac.), keramische Kulturpflanzenreste aus Thüringen Bromus secalinus, tectorum (Poac.), Buxus und Sachsen. Beitr. z. Frühgesch. d. Landwirt- spp. (Buxac.), Canavalia gladiata, (Fabac.), sch. 3, Berlin. Castanea dentata, sativa (Fagac.), Caulophyllum thalictroides (Berberidac.), WILLERDING, U., 1970: Vor- und frühgeschicht- Cerasus avium (Rosac.), Ceratonia siliqua liche Kulturpflanzenfunde in Mitteleuropa. Neue (Fabac.), Cicer arietinum (Fabac.), Cichorium Ausgr. u. Forsch. in Niedersachsen 5, Hildes- intybus (Asterac.), Coix lacryma-jobi (Poac.), heim. Coprosma acerosa, areolata, atropurpurea, billardieri, brunnea, foetidissima, grandifolia, Links hirtella, lucida, moorei, nitida, petriei, Guarana http://www.omikron- propinqua, pumila, repens, rhamnoides, online.de/naturhaus/angebote/kraeuter/monogr robusta, rotundifolia, rugosa, serrulata, af/guarana.htm virescens, tinctoria (Rubiac.), Cordia africana, alliodora (Boraginac.), Cornus mas, Mansfeld-Datenbank http://mansfeld.ipk- gatersleben.de/mansfeld/Query.htm sanguinea, (Cornaceae), Corylus avellana, uses: coffee surrogate: 1 Art; plant uses: spp. (Corylac.), Crataegus laevigata, coffee substitute 26 Ersatzpflanzen; 185 hits monogyna (Rosac.), Crotalaria pallida for 'coffee' – wobei die meisten Coffea-Arten (Fabac.), Cucumis sativus (Cucurbitac.), fehlen. Cyperus esculentus (Cyperac.), Cytisus scoparius (Fabac.), Daucus carota (Apiac.), Pfaf-Database, Search by use / edible use: Dioscorea heptaneura, macrostachya Coffee, Kaffee-Ersatzpflanzen (Dioscoreac.), Diospyros kaki, virginiana, http://www.ibiblio.org/pfaf/D_search.html bzw. whyteana (Ebenac.), Echinochloa crus-galli http://www.ibiblio.org/pfaf/cgi- (Poac.), Elytrigia repens (Poac.), Euphorbia bin/find_use?ED_USE=Coffee lathyris (Eiphorbiac.), Fagus crenata, grandifolia, japonica, longipetiolata, lucida, orientalis, sylvatica (Fagac.), Fagopyrum

- 54 - Samensurium 16/2005 esculentum, spp. (Polygonac.), Ficus carica lobata, lyrata, marilandica, michauxii, (Morac.), Fragaria vesca, spp. (Rosac.), mongolica, muehlenbergii, myrsinaefolia, nigra, Galium aparine, verum, spp. (Rubiac.), oblongifolia, palustris, petraea, phellos, Genista tinctoria (Fabac.), Gleditsia phillyreoides, prinoides, prinus, pungens, robur, triacanthos (Fabac.), Glycine max, soja rubra, semecarpifolia, serrata, shumardii, (Fabac.), Grevuina avellana (Proteac.), stellata, suber, undulata, variabilis, velutina, Gymnocladus dioica (Fabac.), Helianthus virginiana, x webbiana, wislizenii (Fagac.), annuus, lenticularis (Asterac.), Hibiscus Rhus integrifolia (Anacardiac.), Ribes spp. sabdariffa (Malvac.), Hordeum vulgare, (Crossulariac.), Robinia pseudoacacia jubatum (Poac.), Ilex latifolia (Aquifoliac.), Iris (Fabac.), Rosa canina, spp. (Rosac.), Rubus missouriensis, pseudacorus, setosa (Iridac.), idaeus, spp. (Rosac.), Rumex aculeatus, Juglans regia (Juglandac.), Juniperus brownii, crispus (Polygonac.), Scolymus communis, horizontalis, scopulorum hispanicus (Asterac.), Scorzonera hispanica (Cupressac.), Lathyrus japonicus, spp. (Asterac.), Secale cereale (Poac.), Senna (Fabac.), Leontodon hispidus (Asterac.), auriculata, bicapsularis, birostris, occidentalis, Ligustrum indicum, japonicum, obtusifolium septemtrionalis, tora (Fabac.), Setaria italica, (Oleac.), Lens spp. (Fabac.), Linum viridis (Poac.), Silybum marianum (Asterac.), usitatissimum (Linac.), Lithocarpus Sium sisarum (Apiac.), Solanum tuberosum pachyphyllus (Fagac.), Lotus spp. (Fabac.), (Solanac.), Sonchus arvensis (Asterac.), Lupinus albus, angustifolius, cosentinii, luteus, Sorbus aucuparia, spp. (Rosac.), Spergula pilosus, spp. (Fabac.), Lycium chinense spp. (Caryophyllac.), Symphytum tuberosum (Solanac.), Mahonia swaseyi, trifoliata (Boraginac.), Taraxacum albidum, (Berberidac.), Malus domestica, spp. (Rosac.), bessarabicum, brassicaefolium, erythropodium, Manihot grahamii (Euphorbiac.), Metroxylon formosanum, heterolepis, hondoense, sagu (Arecaceae), Nelumbo nucifera hybernum, japonicum, kok-saghyz, laevigatum, (Nelumbonac.), Nuphar luteum (Nymphaeac.), magellanicum, megalorrhizon, mongolicum, Nymphaea alba, candida (Nymphaeac.), obovatum, officinale, platycarpum, sinense / Oryza spp. (Poac.), Panicum spp. (Poac.), Taraxacum sect. Ruderalia (Asterac.), Parkia biglobosa, javanica, Pastinaca sativa Tetragonolobus purpureus (Fabac.), (Apiac.), Petroselinum crispum (Apiac.), Theobroma cacao (Sterculiac.), Tilia spp. Phaseolus vulgaris (Fabac.), Phormium (Tiliac.), Tragopogon porrifolius, spp. cookianum, tenax (Agavac.), Phoenix (Asterac.), Triglochin maritimum, palustris dactylifera, paludosa, reclinata (Arecac.), (Juncaginac.), Trigonella foenum-graecum Pisum sativum (Fabac.), Prunus domestica, (Fabac.), Triticum spp. (Poac.), Triosteum persica (Rosac.), Pyrus pyraster, spp. perfoliatum (Caprifoliac.), Ugni molinae (Rosac.), Pseudotsuga menziesii (Pinac.), (Myrtac.), Ulmus americanus (Ulmac.), Psophocarpus tetragonolobus (Fabac.), Umbellularia californica (Laurac.), Vicia faba, Quercus alba, aliena, aucheri, bicolor, brantii, tetrasperma, spp. (Fabac.), Vitis spp. (Vitac.), cerris, chrysolepis, coccifera, coccinea, Zea mays (Poac.), Ziziphus jujuba (Rhamnac.) dentata, dilatata, douglasii, dumosa, ellipsoidalis, emoryi, engelmannii, falcata, frainetto, fruticosa, gambelii, garryana, glauca, Dr. Thomas Gladis ilex, imbricata, ithaburensis, kellogii, laevis, Silbergrasweg 50 lamellosa, leucotrichophora, libani, lineata, D-12439 Berlin

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