Das Retabel Auf Dem Hochaltar in St. Reinoldi
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Das Flügelretabel auf dem Hochaltar der Dortmunder Kirche St. Reinoldi Untersuchungen zu seiner Gestalt, Ikonographie und Herkunft Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät an der Universität zu Köln Lehrstuhl für Kunstgeschichte vorgelegt von Evelyn Bertram-Neunzig aus Leipzig Köln 2004 2 Diese Arbeit wurde im September 2004 von der Philosophischen Fakultät der Universität Köln als Dissertation angenommen. Die Literaturangaben wurden soweit wie möglich auf den neuesten Stand gebracht. Tag der mündlichen Prüfung: 02.02.2005 Erster Referent: Prof. Dr. Anton von Euw Zweiter Referent: Prof. Dr. Susanne Wittekind © 2005 by Evelyn Bertram-Neunzig 3 Vorwort Die vorliegenden Untersuchungen zum Passionsretabel auf dem Hochaltar der Dortmunder Kirche St. Reinoldi entstanden unter der Anregung und Leitung meines Lehrers Professor Dr. Anton von Euw, dem ich mich zu großem Dank verpflichtet fühle. Er weckte meine Begeisterung an dieser Thematik und begleitete die Forschungen durch intensive Gespräche und konstruktive Kritik. Weiterhin bedanke ich mich bei meiner Korreferentin Professor Dr. Susanne Wittekind, die der Untersuchung großes Interesse entgegenbrachte. Die Arbeit konnte nur durch die Unterstützung vieler Archive, Bibliotheken, Museen und Pfarreien realisiert werden. Allen Mitarbeitern, die mir hilfreiche Dienste leisteten und mein Forschungsvorhaben auf vielfältige Art und Weise begleiteten, sei hiermit ausdrücklich gedankt. Hervorzuheben ist die herzliche Aufnahme im Historischen Archiv der Stadt Dortmund durch Professor Dr. Thomas Schilp. Ihm, als auch Dr. Andrea Zupancic, Dr. Monika Fehse, Dr. Martina Klug und Dr. Klaus Lange gilt mein ausdrücklicher Dank für zahlreiche Hilfestellungen, Anregungen und intensive Diskussionen. Besonderen Dank schulde ich auch der Restauratorin Patricia Langen aus Bonn sowie Prof. Dr. Klein aus Hamburg für ihre großzügige Unterstützung bei der technischen Untersuchung des Retabels. Dr. Gudrun Sporbeck aus Köln gebührt mein Dank für die kritische Durchsicht der vorliegenden Arbeit. Schließlich danke ich den Mitarbeitern und Fotografen im Rheinischen Bildarchiv Köln für die kollegiale Zusammenarbeit und die Anfertigung zahlreicher Abbildungen des Retabels. Nicht zuletzt danke ich meiner Familie und meinen Freunden für ihr jahrelanges Interesse und Engagement. Ohne ihre tatkräftige Unterstützung wäre die langwierige Arbeit nicht zustande gekommen. Für Michael, Anne und Jonas 4 VORWORT INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG 8 1. FORSCHUNGSSTAND 13 2. DIE MATERIELLE GESTALT UND ÜBERLIEFERUNG DES RETABELS 19 2.1. Technische Konstruktion 20 2.1.1 Der Schrein 20 2.1.2 Die Skulptur 24 2.1.3 Die Predella 25 2.1.4 Die Flügel 27 2.2 Fassung und maltechnische Ausführung 28 2.3 Restaurierungen und Zustandsänderungen 30 2.3.1 Maßnahmen des 19. Jahrhunderts 30 2.3.2 Restaurierungen von 1898 32 2.3.3 Restaurierungen des Bildhauers A. Mormann und des Kirchenmalers A. Soetebier während der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts 34 2.3.4 Kriegsauslagerung, Rückführung und Neuaufstellung des Retabels 37 2.3.5 Konservierungsmaßnahmen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts 39 3. DIE SKULPTUREN 40 3.1 Komposition und Ikonographie 41 3.1.1 Der Kalvarienberg 41 3.1.2 Der Apostelzyklus 54 3.2 Stilistische Einordnung der Retabelskulptur 57 3.2.1 Formanalyse 57 3.2.2 Zuordnung des Kruzifixes zur Lübecker Kunst um 1450 61 3.2.3 Beziehungen zur Kunst des André Beauneveu 63 3.2.4 Verhältnis zu den steinernen Triforiumsaposteln von St. Martin in Halle und zu den Haller Sakramentshausreliefs 66 3.2.5 Beziehung zur Werkstatt des Meisters des Hakendover Retabels 73 3.2.6 Überlegungen zur Lokalisierung der Werkstatt 74 5 4. DIE TAFELGEMÄLDE 79 4.1 Das Bildprogramm 79 4.2 Komposition, Ikonographie und Stil des linken Flügels 81 4.2.1 Verkündigung 81 4.2.2 Geburt Christi 90 4.2.3 Anbetung der Heiligen Drei Könige 94 4.2.4 Darbringung im Tempel 99 4.2.5 Christi Himmelfahrt 103 4.2.6 Pfingsten 106 4.2.7 Marientod 109 4.2.8 Marienkrönung 114 4.3 Komposition, Ikonographie und Stil des rechten Flügels 117 4.3.1 Gebet am Ölberg 117 4.3.2 Gefangennahme Christi 120 4.3.3 Christus vor Pilatus 123 4.3.4 Geißelung 127 4.3.5 Dornenkrönung und Verspottung 129 4.3.6 Kreuzannagelung 131 4.3.7 Kreuzabnahme 134 4.3.8 Grablegung Christi 137 4.4 Komposition, Ikonographie und Stil der Tafeln am Schreinauszug 139 4.5 Kalvarienbergtafel mit hl. Katharina und hl. Barbara im Brügger Stedelijke Musea, Groeningemuseum 143 4.6 Einordnung der Gemäldetafeln in den Kontext franko-flämischer Kunst 147 5. TYPOLOGIE UND BINNENARCHITEKTUR ÜBERLIEFERTER RETABEL DER BURGUNDISCHEN NIEDERLANDE AUS DER ZEIT VON 1390-1466 155 5.1 Allgemeiner Forschungsüberblick 155 5.2 Formale Kennzeichen 158 5.3 Technischer Exkurs über die Herstellung architektonischer Zierornamente 160 6 5.4 Aspekte arbeitsteiliger Praxis und „serieller“ Fertigung bei der Herstellung großer Schnitzretabel 163 5.5 Zur Herausbildung des „Kapellenschreins“ unter dem Einfluss der burgundischen Hofkunst 164 5.6 Brabanter „Kapellenschreine“ der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts 168 5.7 Gestaltung der Flügel an Retabeln flandrischer und brabanter Provenienz und die spezielle Ausprägung am Dortmunder Retabel 171 6. DER HISTORISCHE KONTEXT 172 6.1 Kirche, Stadtpatron und Patronatsstreit 173 6.2 Der Neubau des Hochchors 177 6.3 Die Innengestaltung des neuen Chors und seine liturgische Nutzung 179 6.4 Das Retabel auf dem Hochaltar 182 6.5 Geschäftliche Beziehungen der Dortmunder Ratsfamilien im Flandernhandel 185 6.6 Die Rolle des Brügger Hansekontors für die Dortmunder Kaufleute 187 6.7 Der Brügger Kunstmarkt und die Retabelproduktion in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts 188 7. SCHLUßBETRACHTUNG 191 KATALOG ERHALTENER SCHNITZRETABEL AUS DEN BURGUNDISCHEN NIEDERLANDEN DER 1. HÄLFTE DES 15. JAHRHUNDERTS Kat.1 Jacques de Baerze/Melchior Broederlam, Kreuzigungsretabel für die Kartause von Champmol, Dijon, Musée des Beaux-Arts 196 Kat 2 Jacques de Baerze/Melchior Broederlam, Heiligen- und Märtyrerretabel für die Kartause von Champmol, Dijon, Musée des Beaux-Arts 199 Kat.3 Zwei Fragmente des Retabels aus Varlar, das sog. „Coesfelder Retabel“, Münster, Westfälisches Landesmuseum 201 Kat.4 Bokeler Retabel, Hannover, Niedersächsische Landesgalerie 204 Kat.5 Neetzer Retabel, Neetze, Kreis Lüneburg, Ev. Pfarrkirche 207 Kat. 6 Grönauer Retabel, Lübeck, Sankt Annen-Museum 210 7 Kat. 7 Passionsretabel aus der Kapelle Santo Antão da Faniqueira, Portugal 213 Kat. 8 Iserlohner Retabel, Iserlohn, Ev. Marienkirche (Oberste Stadtkirche) 216 Kat. 9 Hakendover Retabel, Hakendover bei Tienen, St. Salvator 219 Kat.10 Rheinberger Retabel, Rheinberg b. Xanten, Kath. Pfarrkirche 223 Kat.11 Passionsretabel, Schwäbisch Hall, St. Katharina 226 Kat.12 Riedener Retabel, Stuttgart, Württembergisches Landesmuseum 230 Kat.13 Marienretabel, Funchal, Madeira, Museu Quinta das Cruzes 233 Kat.14 Ternanter Retabel, Ternant, Departement Nièvre, Notre-Dame 237 Kat.15 Pietà- und Apostelretabel, Pamplona, Museo Catedralico y Diocesano 241 Kat.16 Passionsretabel, Ambierle, Departement Loire, Münster Saint Martin 244 Kat.17 Marienretabel im Triptychon der sieben Sakramente des Jean Chevrot, gemalt von Rogier van der Weyden, Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten 247 ANHANG I. Contract mit Herrn J. Hoffmann zur Polychromierung des Altaraufsatzes in der Reinoldikirche, Dortmund, 15.12.1898 251 II. Brief des Architekten G. A. Fischer an Herrn Paul Deimann betreffs der Fertigung einer Christusfigur für das Retabelgesprenge 254 III. Aufmaße des Retabels aus dem Untersuchungsbericht der Werkstatt für praktische Denkmalpflege Edgar Jetter, Vreden, 05.03.1992 255 QUELLEN UND LITERATUR 257 ABBILDUNGEN UND BILDNACHWEIS 8 Einleitung Im Chor der Dortmunder Kirche St. Reinoldi steht auf der Mensa des Hochaltars ein großes Passionsretabel, das zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Werkstätten der burgundischen Niederlande gefertigt wurde (Abb. 1). Das Retabel besteht aus einem rechteckigen Schrein, dessen mittlerer überhöhter Teil 361 cm aufragt sowie einem großen und kleinen Flügelpaar. Im aufgeklappten Zustand beträgt die Spannweite von Schrein und Flügeln 730 cm. Der Schrein ist mit geschnitzten Figuren und Reliefs gefüllt, die Flügel sind auf ihren Innenseiten bemalt. Die Rückseiten weisen keinen Bildschmuck auf. Der Figurenkasten ruht auf einer vorderseitig von Maßwerk durchbrochenen Predella. Sie ist in drei Gefache unterteilt, die rückwärtig zu öffnen sind. Im Schrein ist über einer durchlaufenden Maßwerkleiste die Skulptur eingestellt: im überhöhten Zentrum ein mehrfiguriger Kalvarienberg, flankiert von den zwölf Aposteln, die sich paarweise in angedeuteten gotischen Kapellen unter hohen Baldachinen zum Disput zusammen gefunden haben. Da ihre Attribute weitgehend verloren sind, können heute nur Paulus (4), Johannes der Ev. (7) und Petrus (8) eindeutig identifiziert werden1. Der Kalvarienberg (Abb. 3), bekrönt von drei Baldachinen und hinterfangen durch appliziertes Maßwerk auf der Innenwand des Schreins, besteht aus zwei hochformatigen Reliefblöcken, drei aufragenden Kreuzen und vier kleinen Engelstatuetten. Auf dem linken Relief versammeln sich im Vordergrund die trauernden Frauen und Johannes, um die in Schmerz erstarrte Gottesmutter zu trösten. Auf engstem Raum ist tiefe, in sich gekehrte Trauer und heftig ringende Klage in Szene gesetzt. Im Hintergrund erhebt der greise Longinus, auf einem Zelter sitzend und mit der rechten Hand zum Auge fassend, seine Lanze zum Gekreuzigten empor. Das rechte Relief zeigt in kunstvollen