Fan-Szene

Abschied und Neubeginn: Letztes Spiel im Oosterpark am 22. Dezember 2005 und Premiere im Euroborg im Januar: Gemeinsame Choreo der Z-Side, Fanatics und Supporters Vereniging unter dem Motto „Gemeinsam eine goldene Zukunft für unseren Club bauen“ Fotos: Groningen Fanatics Das Gesicht des Nordens Stadt Groningen seit 1040, FC Groningen seit 1971, Choreos in Groningen seit 2001: Die Groningen Fanatics haben eine neue Tradition eingeführt.

er niederländische Erstligist FC Zu den Neuerungen beim FC Gronin- gewohnten Material nicht wirklich etwas Groningen zählt derzeit zur er- gen gehört neben den sportlichen und anfangen konnten. Dweiterten Kandidaten-Gruppe wirtschaftlichen Perspektiven, dass die Aber die damals unter dem Namen für die UEFA-Cup-Quali kation. Auch, jüngeren, ultraorientierten Fans deut- „Ultimate Fan Team“ (UFT) agierende wenn dies noch kein Grund für allzu licher in Erscheinung treten als in den Gruppe gab nicht auf, und während der überschwängliche Euphorie ist, be ndet Vorjahren. Optisches Indiz sind auf- Saison 2003/04 gelang so etwas wie ein sich der Club aus Westfriesland doch ge- wändig gestaltete und einwandfrei in- Durchbruch – und dass die Groninger genüber den Vorjahren, in denen er eher szenierte Choreogra en. Maßgebliche mittlerweile Top-Choreografen sind, ist zum unteren Mittelfeld zählte, im Auf- Urheber dieser Aktivitäten der grün- offensichtlich. schwung. Der Umzug vom 12.500 Zu- weißen Fankurve sind die Groningen Stadionwelt sprach mit Ronald Dijk- schauer fassenden Oosterparkstadion ins Fanatics. stra (22) von der seit 2004 in „Groningen neu gebaute Stadion Euroborg im Januar Die Ursprünge der Gruppe gehen Fanatics“ umbenannten Gruppierung 2006 ist ohne Zweifel einer der Gründe zurück auf das Jahr 2001, in dem man über den Stellenwert dieser Inszenie- für diesen Trend. meinte, es sei an der Zeit, auch hier Leute rungen und die Entwicklungen in der Darüber hinaus hat der Neubau, dem zusammenzuführen, die Tifo-Aktionen Szene. viele Fußballfans unter anderem wegen nach italienischem Vorbild auf die Beine seiner umfangreichen Mantelbebauung stellen. Dazu, dass die erste Aktion beim Stadionwelt: Eure Choreos sind von ho- mit einiger Skepsis entgegenblickten, Spiel gegen Ajax alles andere als ein Er- her Qualität – wer ist dafür zuständig? auch für die Fanszene, die jetzt auf einer folg war, steht man: Die grünen und Dijkstra: Wir sind eine Gruppe von 15 Tribüne des meist ausverkauften 20.000er weißen Pappen seien zu klein gewesen, Leuten, die die Choreogra en ausarbei- All-Seaters geschlossen auftreten kann, auch habe man nicht bedacht, dass die tet. An den Spieltagen kommen aber um Positives bewirkt. Zuschauer auf der Tribüne mit dem un- die 30 zum Aufbauen zusammen.

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sind alle unter einem Dach zusammen- gerückt und werden auf einer Tribüne zu einer echten Einheit. Es ist in den Niederlanden eigentlich nicht üblich, 90 Minuten zu singen, aber da verändern wir allmählich unseren Stil, und die Stimmung hat sich schon ganz gut entwickelt. Stadionwelt: Du bist 22 – be ndest du dich damit im Durchschnittsalter der Leute, die den neuen Stil in den Nieder- landen vertreten? Auch auswärts optische Unterstützung: ob bei Twente… Dijkstra: Ja, das trifft ziemlich genau zu. …oder in Heerenveen Aber wir werden ja auch älter, und wenn Stadionwelt: Kann eure Gruppe allein denn ich 30 bin, werde ich immer noch das ma- sieht sich vielleicht auch mal Spiele in Ham- diesen Materialaufwand  nanzieren? chen, was ich jetzt mache. burg oder Bremen an, das aber einfach nur, Dijkstra: Nein, die Groningen Fanatics sind Stadionwelt: Versucht Ihr auch im Bereich weil es nicht allzu weit weg ist. ja Teil der „Supporters Vereniging“. Von des akustischen Supports Neuerungen, Stadionwelt: Und welche Vereine sind dieser Seite bekommen wir 2.000 Euro pro oder beschränkt sich das auf die Einfüh- eure ärgsten Gegner? Jahr. Außerdem betreiben wir unser eige- rung von Choreos? Dijkstra: Das sind in erster Linie Twente, nes Merchandising, und wir führen auch Dijkstra: Wir singen natürlich alle die Heerenveen und Ajax. Choreo-Sammlungen durch. Vereinshymne; darüber hinaus haben Stadionwelt: Wie sieht bei euch es aktuell Stadionwelt: Wie ist die Akzeptanz für wir bei den Gesängen mittlerweile einen aus mit einem übergreifenden Fan-Netz- eure Aktionen und den Ultra-Style in der Mix aus italienisch angehauchten Lie- werk? gesamten Fanszene? dern, klassischen englischen und ganz ei- Dijkstra: Seit dem einen Treffen im letz- Dijkstra: Am Anfang hatten wir schon genen Sachen. Manche Lieder sind auch ten Jahr, wobei wir aber nicht involviert Probleme mit den anderen Fans. Wir ha- auf „Groniges“, das ist der Dialekt unse- waren, ist es sehr ruhig geworden. Diese ben als „Ultimate Fan Team“ mit ein paar rer Region. ganze Kultur ist bei uns noch nicht sehr Sachen begonnen, aber dann passierte Stadionwelt: Gruppen, die sich optisch alt, da ist in dieser Hinsicht also auch zwei Jahre lang erst mal nichts mehr. gut präsentieren, geraten leicht in den noch nichts organisiert. Vielleicht ändert 2003 ging es weiter – und jetzt im neuen Ruf, sehr darauf  xiert und reine Cho- sich das noch, wenn die Gruppen mal Stadion entwickelt es sich richtig gut. reo-Trupps zu sein. Das ist bei euch also größer geworden sind. Stadionwelt: Mit dem neuen Stadion Eu- nicht der Fall? Stadionwelt: Und die WM? Bekanntlich roborg seid Ihr also zufrieden? Dijkstra: Für mich persönlich sind die sind die Oranje-Fans ja eine Welt für sich, Dijkstra: Ja, wir sind hier sehr zufrieden, Aktionen auf den Tribünen schon sehr die mit der anderen Fankultur wenig ge- aber das alte Stadion Oosterpark vermis- wichtig – aber der Rest auch. Für uns mein hat. sen wir trotzdem sehr. Dort sind wir nun bedeutet es alles, unser Team zu sup- Dijkstra: Mit diesen Clowns, die mit Ka- einmal aufgewachsen. porten.Und dabei wollen wir einfach alle rotten und Perücken auf dem Kopf rum- Stadionwelt: Eure optischen Aktionen Möglichkeiten voll ausschöpfen. Es geht laufen, kann ich gar nichts anfangen, die kommen gut rüber, das ist die eine Seite. insofern nicht um die Selbstdarstellung, haben ja auch wirklich nichts mit der Sze- Wie würdest du aber die Qualität eures sondern nur um den Club. ne der Club-Fans zu tun. Ich weiß nicht, Supports beschreiben? Stadionwelt: P egt Ihr denn Freundschaf- wie es anderen geht – aber ich persönlich Dijkstra: Der Umzug ins neue Stadion hat ten auf nationaler oder internationaler kann mich auch mit der Nationalmann- sich als sehr vorteilhaft für die Szene er- Ebene? schaft nicht identi zieren. Es wäre für wiesen. Zuvor waren wir auf zwei Tribü- Dijkstra: Es gibt persönliche Kontakte, aber mich undenkbar, dort Spieler von Ver- nen verteilt, da war die Stimmung nicht als Gruppe – nein. Einige fahren öfters mal einen, die sonst meine Gegner sind, zu besonders in den letzten Jahren. Jetzt rüber nach England zu Yeovil Town, man unterstützen.���Ingo Partecke

FC Groningen – Ajax Amsterdam: „Seit 1040 [erste urkundliche Erwähnung der Stadt Groningen] das Gesicht des Nordens“. Die Blockfahne zeigt die Stadt um 1750.

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