17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/53

53. Sitzung

Freitag, den 23.02.2018

Mainz in der Steinhalle des Landesmuseums

Mitteilungen des Präsidenten ...... 3205 Abg. Jens Ahnemüller, AfD: ...... 3220 Abg. Benedikt Oster, SPD: ...... 3221 Fragestunde Abg. Christian Baldauf, CDU: ...... 3222 – Drucksache 17/5450–...... 3205 Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: ...... 3222, 3224 Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissen- schaft, Weiterbildung und Kultur: . . . . . 3205, 3206 Die Mündlichen Anfragen Nummern 11 bis ...... 3207, 3208 20 werden wegen Ablaufs der Fragestunde ...... 3209 gemäß § 98 Abs. 4 GOLT in Kleine Anfragen Abg. Dr. Peter Enders, CDU: ...... 3205, 3207 umgewandelt...... 3224 ...... 3208, 3209 Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: . . . . 3206, 3207 Digitale Teilhabe an Schulen sicherstellen – ...... 3215 umfassenden Ansatz verwirklichen Abg. Michael Wäschenbach, CDU: . . . . 3206, 3216 Antrag der Fraktion der CDU ...... 3218, 3219 – Drucksache 17/5438– Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: ...... 3207, 3214 ...... 3216, 3217 dazu: Abg. Johannes Klomann, SPD: ...... 3208 Digitale Bildung: die Zukunft gestalten Abg. Uwe Junge, AfD: ...... 3209, 3216 Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der ...... 3220, 3221 SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abg. Bettina Brück, SPD: ...... 3209, 3211 – Drucksache 17/5491–...... 3225 ...... 3212 Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: 3209, 3211 Abg. Anke Beilstein, CDU: ...... 3225, 3232 ...... 3212, 3213 Abg. Astrid Schmitt, SPD: ...... 3226, 3228 ...... 3214 Abg. Michael Frisch, AfD: ...... 3227, 3228 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ...... 3233 NEN: ...... 3211 Abg. Helga Lerch, FDP: ...... 3229, 3233 Abg. Helga Lerch, FDP: ...... 3211, 3213 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abg. Anke Beilstein, CDU: ...... 3212 NEN: ...... 3230, 3234 Abg. Alexander Schweitzer, SPD: . . . . 3213 Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: 3231 Abg. Ellen Demuth, CDU: ...... 3213 Mehrheitliche Ablehnung des Antrags der Frak- Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für tion der CDU auf Ausschussüberweisung. . 3234 Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demogra- fie: ...... 3214, 3215 Mehrheitliche Ablehnung des Antrags – Druck- ...... 3216, 3217 sache 17/5438 –...... 3234 ...... 3218 Abg. Marion Schneid, CDU: ...... 3214 Mehrheitliche Annahme des Alternativantrags Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, – Drucksache 17/5491 –...... 3234 Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau: . . 3218, 3219 ...... 3220, 3221 Starke Familien – Für eine lebensnahe Fa- ...... 3222, 3223 milienpolitik in Rheinland-Pfalz ...... 3224 Antrag der Fraktion der CDU Abg. Steven Wink, FDP: ...... 3218 – Drucksache 17/5439–...... 3234 Abg. Josef Dötsch, CDU: ...... 3219

3203 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

Abg. Simone Huth-Haage, CDU: . . . . . 3235, 3237 Abg. Reinhard Oelbermann, CDU: . . . . 3247, 3249 ...... 3242 Abg. Helga Lerch, FDP: ...... 3249 Abg. Michael Frisch, AfD: ...... 3236, 3238 Abg. Uwe Junge, AfD: ...... 3250 ...... 3239, 3243 Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE ...... 3244 GRÜNEN: ...... 3251 Abg. Anke Simon, SPD: ...... 3236 Prof. Dr. Salvatore Barbaro, Staatssekretär: 3252 Abg. Julia Klöckner, CDU: ...... 3238 Abg. Thomas Roth, FDP: ...... 3240 Tagesordnungspunkt mit Besprechung erledigt. 3253 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: ...... 3241 Situation der Transplantationsbeauftragten Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, in Rheinland-Pfalz Jugend, Integration und Verbraucherschutz: 3242 Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung Überweisung des Antrags – Drucksache auf Antrag der Fraktion der CDU 17/5439 – an den Ausschuss für Familie, Ju- – Drucksachen 17/4856/5239/5370 – . . . . 3253 gend, Integration und Verbraucherschutz. . 3244 Abg. Dr. Christoph Gensch, CDU: . . . . 3253, 3258 Die DITIB in Rheinland-Pfalz Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: . . . . 3254 Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: ...... 3255 der AfD und der Antwort der Landesregierung Abg. Steven Wink, FDP: ...... 3256 auf Antrag der Fraktion der AfD Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für – Drucksachen 17/3585/4006/5408 – . . . . 3244 Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demogra- fie: ...... 3257 Abg. Joachim Paul, AfD: ...... 3244, 3246 Abg. Katharina Binz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ...... 3248, 3252 NEN: ...... 3257 ...... 3253 Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: . . . . 3245, 3246 Tagesordnungspunkt mit Besprechung erledigt. 3259

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Präsidium:

Präsident Hendrik Hering, Vizepräsident Hans-Josef Bracht, Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund.

Anwesenheit Regierungstisch:

Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung, Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport, Herbert Mertin, Minister der Justiz, Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur; Clemens Hoch, Staatssekretär.

Entschuldigt:

Abg. Michael Billen, CDU, Abg. Alexander Fuhr, SPD, Abg. Andreas Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU, Abg. Ingeborg Sahler-Fesel, SPD, Abg. Arnold Schmitt, CDU, Abg. Gerd Schreiner, CDU, Abg. Nico Steinbach, SPD, Abg. Gabriele Wieland, CDU, Abg. Johannes Zehfuß, CDU; Malu Dreyer, Ministerpräsidentin; Dr. Thomas Griese, Staatssekretär, Heike Raab, Staatssekretärin.

3204 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

53. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz 3. Inwieweit hält es die Landesregierung für vertretbar, am 23.02.2018 anders als andere Bundesländer kein Stipendienpro- gramm für Medizinstudierende zu haben, die sich dafür zu einer landärztlichen Tätigkeit in Rheinland- Beginn der Sitzung: 09:30 Uhr Pfalz verpflichten?

Präsident Hendrik Hering: Präsident Hendrik Hering: Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Sie zum 3. Plenartag in dieser Woche, zur 53. Plenarsit- Wolf. zung, begrüßen.

Schriftführende Abgeordnete sind Herr Kollege Oelber- Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- mann und Frau Kollegin Kazungu-Haß, die auch die Red- terbildung und Kultur: nerliste führen wird. Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Da- Entschuldigt fehlen heute Herr Kollege Billen, Herr Kollege men und Herren Abgeordnete! Ich beantworte die Fragen Fuhr, Herr Kollege Hartenfels, Frau Kollegin Kohnle-Gros, seitens der Landesregierung wie folgt: Frau Kollegin Sahler-Fesel, die Herrn Kollegen Schmitt, Schreiner, Steinbach und Zehfuß und die Kollegin Wie- Zu Frage 1: Die Forderung nach einer Erhöhung der Medi- land. zinstudienplätze wird bundesweit bereits seit vielen Jahren diskutiert. Tatsächlich hat sich die Zahl der Studienplätze Seitens der Landesregierung fehlen entschuldigt die Mi- für Studienanfängerinnen und Studienanfänger an der Jo- nisterpräsidentin, Frau Staatsministerin Spiegel und die hannes Gutenberg-Universität in von 2013 bis 2018 Staatsekretäre Dr. Griese und Raab. um rund 40 Studienplätze erhöht. Das entspricht einem Aufwuchs von etwa 10 %. Hierüber hat die Landesregie- Entschuldigung, Frau Staatsministerin Spiegel ist ab rung im Landtag, im Wissenschaftsausschuss, im Gesund- 13:00 Uhr entschuldigt. Wir sind froh, dass sie heute Mor- heitsausschuss und als Antwort auf Große und Kleine gen noch an der Plenarsitzung teilnehmen kann. parlamentarische Anfragen ausführlich berichtet.

Wir dürfen bereits Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag Mehr Studienplätze sind aber nur eine von mehreren Ant- begrüßen, und zwar die „Pensionärsgruppe“ der Polizei worten auf die Frage, wie ärztliche Versorgung angemes- Worms und Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums sen sichergestellt werden kann. Beispielsweise ist die Lan- Mainz-Oberstadt, 9. Jahrgangsstufe. Herzlich willkommen desregierung aktuell dabei, die Voraussetzungen für die im Landtag! Einbeziehung regionaler Standorte in die Ausbildung der Medizinstudierenden zu schaffen. Einbezogen werden soll (Beifall im Hause) die Ausbildung während des klinischen Abschnitts. Die- ses Vorgehen wird begleitet von der aktiven Umsetzung Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf: des Masterplans Medizinstudium 2020 zur Reform des Medizinstudiums, an der das MWWK gemeinsam mit dem Fragestunde MSAGD intensiv arbeitet. – Drucksache 17/5450– Die Regionalisierung der Medizinerausbildung und die Um- setzung des Masterplans Medizinstudium 2020 zielen dar- Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten auf ab, schon innerhalb der Studiums Schwerpunkte auf Dr. Peter Enders (CDU), Sicherung der ärztlichen Ver- praktische Fertigkeiten und das Fach Allgemeinmedizin sorgung – Nummer 6 der Drucksache 17/5450 – betref- zu legen. So wollen wir erreichen, dass die ausgebildeten fend, auf. Medizinerinnen und Mediziner sich für die Arbeit in der ärztlichen Versorgung in der Fläche begeistern und in grö- Bitte, Herr Dr. Enders. ßerer Zahl eine kurative Tätigkeit anstreben.

Abg. Dr. Peter Enders, CDU: Zusätzlich erhoffen wir uns von der Regionalisierung, dass wir junge Menschen aus diesen Regionen auch über das Ich frage die Landesregierung: Studium hinaus dort halten können und so die medizini- sche Nachwuchsgewinnung in der Fläche sichergestellt 1. Warum entspricht die Landesregierung weiterhin wird. nicht den Forderungen der CDU-Fraktion und aus der Ärzteschaft selbst nach einer Erhöhung der Stu- Wie Sie sehen, ist das Medizinstudium Gegenstand einer dienplätze für Medizin in Rheinland-Pfalz? intensiven Weiterentwicklung. In diesem Zusammenhang werden auch die Ausbildungskapazitäten zu beraten und 2. Inwieweit hält es die Landesregierung für verantwort- gegebenenfalls anzupassen seien. bar, dass Rheinland-Pfalz somit weiterhin hinsichtlich der Studienplatzdichte pro 100.000 Einwohner auf Ich weise darauf hin, dass in der 49. Sitzung dieses Hau- einem der hinteren Plätze liegt? ses am 25. Januar 2018 einstimmig beschlossen wurde,

3205 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 die weitere Erörterung dieses Themas in den Ausschüs- Präsident Hendrik Hering: sen vorzunehmen. Eine Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Anklam-Trapp. Zu Frage 2: Der Begriff der Studienplatzdichte ist weder im vorliegenden Antrag noch ansonsten näher definiert Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: und wird auch von keiner amtlichen Statistik erfasst. Der Aussagegehalt dieser Relation ist auch gering. Sehr geehrter Herr Minister Wolf, zu dem Stipendium für Medizinstudierende habe ich eine Frage gerade im Hin- Die Nachfrage nach Studienplätzen an der Mainzer Uni- blick darauf, dass aufgrund der Anrechnung der Zeiten, versität ist zweifellos ein Zeichen für die Attraktivität des Wartezeiten mit Rettungsdienstausbildung usw., sich die- Studienortes Mainz. Aber eine solche Zahl lässt keine ses Studium nach hinten verlegt. Die jungen Menschen Rückschlüsse auf den Verbleib und die Tätigkeit der aus- sind ein Einkommen gewohnt und studieren jetzt Medizin gebildeten Ärztinnen und Ärzte zu. Ob diese im Inland mit dem Wunsch, kurativ tätig zu werden. Wie können wir und zudem in der Patientenversorgung tätig werden, in diese Menschen unterstützen? welchem Bundesland sie sich niederlassen oder ob sie ins Ausland abwandern, kann aus einer Studienplatzzahl nicht abgeleitet werden. Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- terbildung und Kultur: Zu Frage 3: Im Rahmen der Umsetzung und Weiterentwick- Zunächst einmal vielen Dank für diese Frage. lung des Masterplans Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung hat das MSAGD schon frühzeitig Stipendien- Wir haben bei der Frage eines Stipendiums in Verbindung modelle mit den Partnern diskutiert. Die Partner standen mit der Versorgung in ländlichen Räumen natürlich die einem umfassenden Stipendiummodell ablehnend gegen- Problematik, dass sich die Menschen sehr früh in diesem über. Studium in einer Lebensphase entscheiden müssen, in der sie letztendlich weit entfernt sind von der späteren Das Land hat sich entschieden, Studierende zu fördern, Entscheidung, sich im ländlichen Raum mit einer Praxis die einen Abschnitt des Praktischen Jahres in der Allge- niederzulassen oder in den urbanen Räumen, wo sie ge- meinmedizin verbringen. Dieses PJ-Förderprogramm wur- gebenenfalls ihr Studium verbracht haben. de Anfang 2018 mit Zustimmung der Partner dieses Mas- terplans ausgeweitet. Seitdem können auch Studieren- Wir legen größten Wert darauf, dass wir ein hochwerti- de externer Universitäten eine Förderung erhalten, wenn ges Medizinstudium anbieten, in dem die Studierenden sie das PJ-Tertial Allgemeinmedizin in einer rheinland- eine qualitativ hochwertige Ausbildung genießen, in der pfälzischen Lehrpraxis absolvieren. sie Einblick in alle Bereiche des Medizinstudiums erfahren, indem wir sie zunehmend in die Erfahrungswelt der ärztli- Die Kassenärztliche Vereinigung in Rheinland-Pfalz, die chen Praxis gerade in der Allgemeinmedizin und mit den bei der Weiterentwicklung des Masterplans im Jahr 2011 beschriebenen Maßnahmen letztendlich auch in die Erfah- die Auflage eines Förderprogramms für Studierende im rungswelt einer Allgemeinarztpraxis im ländlichen Raum Rahmen des Strukturfonds in Aussicht gestellt hatte, hatte heranführen, damit sie sich ganz bewusst für diese berufli- sich damals gegen die Einführung, gegen die Durchfüh- che Option als sehr attraktive Option entscheiden können. rung eines Stipendienprogramms entschieden und fördert Das heißt, die frühzeitige Einbindung in die Erfahrungswelt stattdessen Famulaturen in Hausarztpraxen im ländlichen der Allgemeinmedizin und einer Praxis letztendlich auch Raum. im ländlichen Raum, ist der Weg, den wir gehen, um hier die medizinische Versorgung in den Regionen zu sichern. In Verbindung mit den weiteren Aktivitäten an der Univer- sitätsmedizin Mainz zur Stärkung der Allgemeinmedizin, zum Beispiel im Projekt „Begleitetes Studieren“, wird so Präsident Hendrik Hering: den Studierenden die Allgemeinmedizin nahegebracht. Da- Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Wäschenbach. mit können sie für eine Weiterbildung in der Allgemeinme- dizin begeistert werden, um sich bewusst für den Haus- arztberuf zu entscheiden. Studierende, die sich zu Beginn Abg. Michael Wäschenbach, CDU: des Studiums um ein Stipendium bewerben, haben die- sen wertvollen Erfahrungsschatz in der Regel noch nicht. Sehr geehrter Herr Minister, wie verhält es sich mit den Ergänzt wird dies unter anderem durch ein Niederlassungs- Kommunalfinanzen, wenn Kommunen aus der Not heraus, förderprogramm. in der die ärztliche Versorgung nicht mehr gewährleistet ist, eigene Förderprogramme auflegen, aber einerseits Haus- Insgesamt wirkt das Bündel der verschiedenen Förderin- haltskonsolidierungen anstehen und es andererseits eine strumente und Maßnahmen des Masterplans zur Stärkung Aufgabe der Daseinsvorsorge ist? Unterstützen Sie diese der Allgemeinmedizin nicht nur deutlich direkter, sondern Aktivitäten auf kommunaler Ebene? auch nachhaltiger, als allein ein Stipendienprogramm dies tun könnte. Diese Maßnahmen greifen gerade in der Pha- Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- se, in der auf die Orientierung am ehesten Einfluss genom- terbildung und Kultur: men werden kann. Zunächst einmal ist es sicherlich richtig, dass wir auch So weit die Antwort die Landesregierung. innovative Modelle benötigen,

3206 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ein schöner Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ausdruck: „innovative Modelle“!) Sehr geehrter Herr Minister, in dem Masterplan der ärztli- die zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung im chen Ausbildung sind sowohl die Förderprogramme Famu- ländlichen Raum über das klassische tradierte historische latur als auch PJ-Tertial Allgemeinmedizin ausgewiesen. Modell der Landarztpraxis hinausgehen. Wie man diese Diese Förderprogramme werden ausgebaut, heißt es da. Modelle letztendlich realisiert, welche Konzepte man dazu Könnten Sie uns das bitte noch ein bisschen erläutern? findet, wie man diese finanziert, das ist deutschlandweit eine Thematik, die stark in der Diskussion ist und zu der man sicherlich auch nicht den einen Königsweg findet, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- sondern hier wird es eine ganze Reihe von verschiedenen terbildung und Kultur: Konzepten geben, die letztendlich diese Frage beantwor- Letztendlich bezieht sich dieser Ausbau darauf, dass durch ten. diese Bausteine, die im Medizinstudium integriert sind, die Studierenden im Verlauf ihres Studiums – tatsächlich Das ist im Fluss. Das ist in der Weiterentwicklung. Aber ich schon in einem relativ frühen Stadium im Studium, aber bin mir sicher – gerade das Land ist mit den beschriebenen dann eben auch im Praktischen Jahr – durch einen fest Maßnahmen heute schon aktiv –, dass wir ausreichend vorgegebenen Baustein von mehreren Monaten in einer Wege dazu finden werden. Praxis, in der Regel in einer allgemeinmedizinischen Pra- xis, im ländlichen Raum tätig sind, um dort durch die eige- ne Tätigkeit und die Erfahrungen, die sie dabei sammeln, Präsident Hendrik Hering: die Vorteile einer solchen beruflichen Karriere zu sehen Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dr. Enders. und die Grundlage dafür zu legen, dass sie sich dann auch für diesen Karriereweg entscheiden.

Abg. Dr. Peter Enders, CDU: Präsident Hendrik Hering: Herr Minister, wie bewerten Sie die Forderung der Lan- desärztekammer, die seit vielen Monaten erhoben wird, Eine Zusatzfrage der Kollegin Dr. Groß. die Zahl der Studienplätze um 10 % zu erhöhen, ganz unabhängig von der Entwicklung der Studienplätze in der Vergangenheit? Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Ich bin der Meinung, dass man sehr wohl mit einer Erhö- hung der Studienplatzanzahl dem Problem des Ärzteman- Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- gels Herr werden kann; denn die Bundesärztekammer terbildung und Kultur: warnt, in drei Jahren könnten bis zu 30.000 Ärzte fehlen. Vielen Dank für die Frage, Herr Dr. Enders. Wenn wir uns die Frage stellen, wie man die Ärzte von der Nur ist diese Frage selbstverständlich auch im Kontext der Metropolregion in das Land bekommt, braucht man auf der aktuellen Entwicklungen zu sehen. Alles andere wäre nicht einen Seite zunächst einmal eine Aufstockung der Anzahl sinnvoll. und zum Zweiten parallel dazu ein Stipendienprogramm, um sie dann ins Land zu holen, oder wie sehen Sie das? Grundsätzlich muss man aber zwei Themenstellungen un- terscheiden. Das eine ist die Frage, ob wir generell mehr Ärztinnen und Ärzte brauchen, also ob wir in Deutschland – Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- das ist eine deutschlandweite Frage – mehr Studienplätze terbildung und Kultur: brauchen oder nicht. Davon zu unterscheiden ist die Frage, Ich sehe es, wie ich erläutert habe, tatsächlich anders. wie wir die ärztliche Versorgung in ländlichen Räumen des Zum einen – und ich wiederhole es gern – ist mit einer ein- Landes sicherstellen, was letztendlich bedeutet, wie wir fachen Erhöhung der Zahl der Studienplätze das Problem erreichen, dass genügend junge Ärztinnen und Ärzte be- der gesundheitlichen Versorgung in allen Regionen und reit sind, sich in den verschiedenen Regionen des Landes auch in ländlichen Räumen nicht gelöst. niederzulassen und kurativ tätig zu sein. (Abg. Alexander Licht, CDU: Aber es wäre Das löst man nicht mit der einfachen Betrachtung der An- nicht falsch!) zahl von Studienplätzen, weil die Studienplätze natürlich – das wissen wir auch alle – in den großen urbanen Räu- Schauen Sie sich doch einmal die Landkarte an. Ein Blick men, in den großen Städten, in den Metropolregionen an- auf die Landkarte erleichtert die Orientierung. gesiedelt sind und sich dann die zentrale Frage stellt, nach (Heiterkeit der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, langen Jahren des Studiums und der Facharztausbildung, SPD) wie wir es erreichen, dass die Ärztinnen und Ärzte dann diese Metropolregionen, diese urbanen Räume verlassen Die Universitätsmedizin Mainz ist in der Metropolregion und im ländlichen Raum ärztlich tätig sind. Rhein-Main angesiedelt. Wir haben in der Rheinschiene zwei eng benachbarte Metropolregionen, nämlich Rhein- Main und Rhein-Neckar, mit drei großen Universitätsmedi- Präsident Hendrik Hering: zinen, nämlich Mainz, Frankfurt und Heidelberg/. Eine weitere Zusatzfrage von Frau Kollegin Anklam-Trapp. Dort haben wir eine extrem hohe Dichte.

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Selbstverständlich sieht man mit einem Blick auf die Land- Präsident Hendrik Hering: karte sehr schnell, dass damit die Frage, wie wir junge Ärztinnen und Ärzte in Westerwald, Eifel, Hunsrück und Mir liegen noch drei Wortmeldungen vor, danach betrachte Pfälzerwald gewinnen, nicht beantwortet ist. ich die Mündliche Anfrage als beantwortet.

Zunächst Herr Kollege Klomann. Ein Medizinstudium ist einschließlich der Facharztqualifi- zierung ein sehr langes Studium. In dieser Zeit, in diesen langen Zeiträumen werden Beziehungen aufgebaut, wird Abg. Johannes Klomann, SPD: ein soziales Umfeld geschaffen, und natürlich ist es extrem schwierig, dann nach fünf bis zehn Jahren die Menschen Herr Minister, Sie haben vor Kurzem zusammen mit der in völlig andere Regionen zu bringen. Gesundheitsministerin eine Pressemitteilung herausgege- ben über mögliche Kooperationen der Universitätsmedizin Deswegen setzen wir genau da an, weil es den Königs- Mainz mit Kliniken in Trier und Koblenz. Die Frage ist: Was weg natürlich nicht gibt, und versuchen, durch ein Bündel erhoffen wir uns davon, und wie weit sind diese Gespräche von Maßnahmen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt den fortgeschritten? Regionen des Landes die Chance zu geben, sich in ihrer Attraktivität zu präsentieren, den Studierenden die Mög- lichkeit zu geben, Erfahrungen zu sammeln, einerseits in Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- der medizinischen Welt der Allgemeinmedizin, aber ande- terbildung und Kultur: rerseits eben auch in den ländlichen Räumen, und somit Wir erhoffen uns davon in erster Linie, dass sich die Wahr- auch die Entscheidung für eine Praxis in den Regionen scheinlichkeit einer Niederlassung in diesen regionalen positiv zu fällen. Räumen erhöht. – Warum? (Abg. Alexander Licht, CDU: Das wusste (Abg. Alexander Licht, CDU: Aber nur eine ich schon gestern!) kleine Wahrscheinlichkeit!)

– Nein, das ist nämlich jetzt interessant. Man muss die rich- Präsident Hendrik Hering: tigen Konzepte wählen, dann wird die Wahrscheinlichkeit auch größer. Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Enders. (Abg. Alexander Licht, CDU: Aha! Aha, genau!) Abg. Dr. Peter Enders, CDU: – Aha! Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass man, wenn man die Studienplätze erhöht, eine größere Chance hat, das Das machen wir doch in anderen Bereichen auch. Wir Problem der Ärzteversorgung zu lösen, als wenn man zu- haben in vielen Bereichen Fachkräftemangel. Das betrifft wartet? nicht nur die Medizin. In all diesen Bereichen verfolgen wir doch das Konzept „aus der Region für die Region“, um Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- Studierende für die Regionen zu gewinnen, damit wir dann terbildung und Kultur: dort Fachkräfte haben.

Da muss ich jetzt einen kleinen Ausflug in die Mathematik Natürlich ist der Ansatz in diesem Bereich genau der, dass der Wahrscheinlichkeitsrechnung machen. wir Studierende zu einem relativ frühen Zeitpunkt während des Medizinstudiums schon in Regionen des Landes brin- (Heiterkeit der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, gen. Mit etwas Glück sind das dann vielleicht sogar noch SPD) Studierende, die aus den Regionen des Landes kommen. Wir möchten, dass diese Studierenden die Möglichkeit Das Problem kleiner Wahrscheinlichkeiten ist das folgende: haben, diese Regionen kennenzulernen, und dass auch Wenn Sie eine kleine Wahrscheinlichkeit erhöhen, kommt die Regionen die Möglichkeit haben, sich als attraktiver immer noch eine kleine Wahrscheinlichkeit dabei heraus, Arbeits- und Lebensraum zu präsentieren. auch wenn die größer ist. Wenn Sie eine Wahrscheinlich- keit von wenigen Prozent haben, dass sich junge Ärztinnen Natürlich ist das kein einfacher Weg. Wir sind deutschland- und Ärzte auf dem Land niederlassen, und Sie erhöhen weit mit an der Spitze der Entwicklung. Wir werden auch die Zahl dieser Ärztinnen und Ärzte durch die Erhöhung keinesfalls Abstriche machen an der Qualität der Lehre, der Studienplätze, dann erhöht sich zwar in der Tat die und daher wird das auch nicht nach der Devise „schnell, Wahrscheinlichkeit, dass die einzelne Landarztpraxis viel- schnell“ gemacht, sondern wir werden sehr fundiert vorge- leicht besetzt wird, aber die Wahrscheinlichkeit bleibt klein. hen. Wir werden uns auch die Zeit lassen, die nötig ist, um Deswegen muss man an anderer Stelle ansetzen. gute Konzepte zu erarbeiten, und, wie gesagt, wir werden keinesfalls Abstriche bei der Qualität der Lehre machen. (Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Präsident Hendrik Hering: Noch mehr Mathematik wollten Sie jetzt nicht haben, nicht wahr? Eine Zusatzfrage des Kollegen Junge.

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Abg. Uwe Junge, AfD: Präsident Hendrik Hering: Danke, Herr Präsident! Herr Minister, natürlich werden Vielen Dank, damit ist die Anfrage beantwortet. mehr Studienplätze am Ende auch mehr Mediziner her- vorbringen, und damit wird die Wahrscheinlichkeit größer (Beifall der SPD, der FDP und des werden, dass man sie dann in die entsprechenden Regio- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nen verteilen kann. Das ist ja klar. Ich rufe damit die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Die Frage ist aber – dazu höre ich im Moment nur wohl- Bettina Brück und Astrid Schmitt (SPD), MINT-Land gemeinte Absichtserklärungen –: Welche Anreize wollen Rheinland-Pfalz: gute Bildung für gute Fachkräfte Sie ganz konkret bieten, damit junge Mediziner nach ihrem – Nummer 7 der Drucksache 17/5450 – betreffend, auf. langen Studium in den Metropolen in den ländlichen Raum gehen? Gibt es vielleicht Überlegungen, eine Praxis zu Frau Brück trägt die Fragen vor. subventionieren? – Ich gehe einmal völlig unvoreingenom- men an die Sache heran, ohne dass ich davon Sach- und Abg. Bettina Brück, SPD: Fachkenntnisse habe. Aber ich frage einmal als Bürger: Gibt es solche Möglichkeiten und solche Überlegungen? Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum hat das Bildungsministerium eine MINT- Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- Initiative gestartet? terbildung und Kultur: Das sind die Maßnahmen des Masterplans des Landes, 2. Welche neuen Maßnahmen beinhaltet die MINT- der meines Wissens schon 2007 auf den Weg gebracht Initiative des Bildungsministeriums? wurde und jüngst auch noch einmal erweitert wurde und genau an diesen Stellen ansetzt, und zwar nicht mit einem 3. Wird ein besonderer Schwerpunkt auf eine Maßnah- Stipendienprogramm am Anfang des Studiums, wenn die me gelegt? Leute weit entfernt sind von einer späteren Entscheidung, welchen beruflichen Weg sie in der Medizin gehen, son- 4. Wie schätzt die Landesregierung den nachhaltigen dern am Ende des Studiums. Das sind die Bausteine des Erfolg solcher Maßnahmen ein? Praktischen Jahres der Famulatur, es sind aber auch ganz konkrete Unterstützungsmaßnahmen und Anreize, sodass man dann, wenn man die Entscheidung für eine Praxis Präsident Hendrik Hering: fällt, dort auch Unterstützung findet. Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Dr. Hubig. Präsident Hendrik Hering:

Es gibt noch eine Zusatzfrage von Herrn Dr. Enders. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Abg. Dr. Peter Enders, CDU: Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündli- che Anfrage wie folgt: Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass die Initiative zur Verlagerung von klinischen Studienplatzkapazitäten nach Zu Frage 1: Die sogenannten MINT-Fächer – also Mathe- Trier und Koblenz primär von den dortigen Kliniken aus- matik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – sind ging und es sich dabei nicht um zusätzliche Studienplätze Zukunftsfächer und bieten jungen Menschen hervorragen- allgemein handelt, sondern um rein klinische Plätze, die de Berufsperspektiven. Dennoch fehlten den deutschen von Mainz aus verteilt werden? Unternehmen Ende September 2017 rund 291.000 Ar- beitskräfte im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Das sind 42,9 % mehr als im Vorjahr und so viele wie Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Wei- nie zuvor. Wir wissen, dass angesichts der fortschreiten- terbildung und Kultur: den Digitalisierung und des demografischen Wandels der Wenn Sie sich die Zulassungszahlen als relevante Zahlen Fachkräftebedarf im MINT-Bereich auch künftig sehr hoch für die Planung betrachten – diese Zahlen kennen Sie aus bleiben wird. den Antworten auf verschiedene Kleine Anfragen –, dann sehen Sie, dass sich diese Zulassungszahlen gesteigert Das wollen wir ändern. Wir wollen jungen Menschen ent- haben. Wir vergrößern nun mit der Regionalisierung die lang der Bildungskette von der Kita bis zum Übergang Ausbildungskapazität in den klinischen Bereichen. Durch in das Studium und in den Beruf Lust auf MINT machen die Erhöhung der Zulassungszahlen, die bereits erfolgt ist, und ein nachhaltiges Interesse an diesen Fächern wecken. bedeutet dies, dass wir einerseits zusätzliche Absolventin- Wir wollen Jugendliche für eine duale Ausbildung oder ein nen und Absolventen vor Ort haben werden im Bereich der Studium im MINT-Bereich begeistern und so qualifizierte Regionalisierung, während auf der anderen Seite die Ab- Fachkräfte und insbesondere auch Lehrkräfte im Bereich solvierendenzahlen in Mainz nicht unbedingt in gleichem Mathematik und Naturwissenschaften und Informatik ge- Maße sinken werden, weil sich eben die Zulassungszahlen winnen. Rheinland-Pfalz soll ein starkes MINT-Land wer- am Anfang des Studiums erhöht haben. den.

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Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es eine breit unter- Als Viertes möchte ich noch die Weiterentwicklung von stützte Gesamtstrategie, in der die vielen guten Ideen und Paten- und Mentoringsystemen mit den Hochschulen, Be- Ansätze, die es heute schon gibt, gebündelt sind. Deshalb trieben und anderen Partnern sowie eine noch stärke- habe ich im November 2016 mit einem ersten runden Tisch re Einbindung der Eltern erwähnen. Darüber hinaus hat die MINT-Initiative „Erforschen, entwickeln, Zukunft gestal- das Bildungsministerium eine ganze Reihe von weiteren ten“ ins Leben gerufen. Sie soll die Angebote entlang der MINT-Fördermaßnahmen zur Unterstützung von Kitas und Bildungskette enger verzahnen und regional feste Struktu- Schulen entwickelt. Querschnittsthemen sind dabei die ren schaffen. Alle Kinder und Jugendlichen sollen praktisch Frauen- und Mädchenförderung sowie die Digitalisierung. erfahren, wie vielfältig und spannend MINT-Berufe sind, Insgesamt wird die Landesregierung bis zum Ende der und wissen, welche Karrierechancen sie bieten. Legislaturperiode mindestens 1 Million Euro für diese Maß- nahmen zur Verfügung stellen. Dabei ist mir persönlich besonders wichtig, dass es uns gelingt, mehr Mädchen und Frauen den Zugang zu die- Mein besonderer Dank gebührt angesichts der umfang- sen spannenden und zukunftsträchtigen Berufsfeldern zu reichen Maßnahmen und sehr intensiven Vorarbeiten ins- ebnen. Mit diesem Ansatz zählt Rheinland-Pfalz bundes- besondere den Partnerinnen und Partnern des runden weit zu den Vorreitern. Eine ähnlich umfassende und breit Tisches und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgestellte Gesamtstrategie findet sich kaum in einem des Bildungsministeriums, die wirklich in unglaublich enga- anderen Bundesland. gierter und hervorragender Art und Weise zusammengear- beitet haben. Zu Frage 2: Zusammen mit vielen Partnerinnen und Part- nern aus Bildung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ha- Zu Frage 3: Eine erfolgreiche MINT-Förderung hängt maß- ben wir den runden Tisch etabliert, an dem auch die geblich davon ab, dass sie passgenau auf die regiona- 17 Partner des Ovalen Tisches zur Fachkräftesicherung len Gegebenheiten und Bedarfe zugeschnitten ist. Darin sitzen. Dort haben wir gemeinsam vier vorrangige Hand- sehen wir großes Potenzial und setzen deswegen einen lungsfelder identifiziert und darauf aufbauend Maßnahmen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung von MINT- entwickelt. Regionen.

Erstes Handlungsfeld ist die systematische Erfassung der Die neue MINT-Geschäftsstelle wird diesen Förderwettbe- zahlreichen MINT-Aktivitäten aller Partner in Rheinland- werb konzipieren, ausschreiben und begleiten. Interessier- Pfalz, von der Kita über Schule, Ausbildung und Studi- te regionale Akteure können sich ab dem 1. April 2018 von um bis in die Betriebe. Deshalb werden ab Mai 2018 alle der MINT-Geschäftsstelle Rheinland-Pfalz bei der Antrag- MINT-Angebote in Rheinland-Pfalz, also Veranstaltungen, stellung beraten lassen. Der Start des Förderwettbewerbs Materialien, Schülerlabore und vieles mehr, in einer On- ist für den Sommer geplant, damit wir die ersten beiden linedatenbank zu finden sein. Eine neue Homepage gibt Regionen noch 2018 auszeichnen können. es schon, die derzeit nach und nach gefüllt wird. Die erfolgreichen Bewerber erhalten als Anschubfinanzie- Ein weiteres Handlungsfeld ist die Entwicklung von MINT- rung eine Fördersumme von bis zu 30.000 Euro sowie die Regionen, in denen sich die unterschiedlichen Akteure dauerhafte Begleitung und Beratung durch die Geschäfts- vor Ort – Kitas, Schulen, Hochschulen, Forschungsinsti- stelle. tute, Unternehmen und Verbände, Stiftungen und Verei- ne, Politik und Verwaltung – in ihren Aktivitäten zur MINT- Zu Frage 4: Die Nachhaltigkeit der Maßnahmen ist uns be- Nachwuchsförderung koordinieren. sonders wichtig. Darauf haben wir auch bei der Konzeption geachtet. Wir wollen und werden dauerhafte Entwicklun- Um MINT-Regionen in Rheinland-Pfalz zu fördern, wer- gen und Veränderungen anstoßen. Deshalb haben wir den wir zusammen mit dem Ministerium für Wissenschaft, die MINT-Initiative in der rheinland-pfälzischen Fachkräf- Weiterbildung und Kultur und dem Ministerium für Wirt- testrategie für die Jahre 2018 bis 2021 verankert. Mit den schaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau einen MINT- Partnerinnen und Partnern des Ovalen Tisches der Mi- Regionen-Förderwettbewerb initiieren und eine MINT- nisterpräsidentin werden wir in den kommenden Jahren Geschäftsstelle des Landes einrichten. Sie wird als landes- immer wieder überprüfen, ob und welche Veränderungen weite zentrale Anlaufstelle für alle Fragen im Zusammen- und neue Maßnahmen erforderlich sind. hang mit MINT-Bildung fungieren. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Kollegen Professor Wolf Bezogen auf den einzelnen jungen Menschen ist uns wich- und Dr. Wissing bedanken, deren Ministerien zusammen tig, MINT-Angebote entlang der gesamten Bildungskette mit dem Bildungsministerium diese Kooperation begründet anzubieten. Wir sorgen dafür, dass die jungen Lernenden haben und sie auch gemeinsam finanzieren. auf ihrem Weg von Kita und Grundschule über die weiter- führenden Schulen bis zur Ausbildung und zum Studium Insgesamt sollen die MINT-Inhalte und -Angebote entlang immer wieder Anreize bekommen, sich altersgemäß mit der Bildungskette besser vernetzt und die Übergänge zwi- Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und Informatik schen den verschiedenen Bildungsabschnitten besser ge- zu beschäftigen. So stellen wir sicher, dass es nicht bei staltet werden. So gibt es künftig eine zentrale Koordi- einmaligen Aktionen bleibt. nierungsstelle für MINT-Fortbildung am Pädagogischen Landesinstitut und eine Synopse zum Lernen für diesen Durch die Einbindung des Pädagogischen Landesinstituts mathematisch-technischen Bereich vom ersten bis zum haben wir MINT auch innerhalb der Lehrkräftefortbildung 20. Lebensjahr. nachhaltig verankert.

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Ich bin überzeugt, dass uns mit der MINT-Initiative ins- nehmen, die in eigener Regie MINT-Projekte zum Beispiel gesamt ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Sicherung auch an den Grundschulen fahren. Ich nenne hier beispiel- des Fachkräftenachwuchses in Rheinland Pfalz gelingt. haft Boehringer Ingelheim, das schon seit Jahren diese Übrigens hat uns auch der Vorstandsvorsitzende der bun- Aktivitäten pflegt. Wie ist sichergestellt, dass auch die Ak- desweiten Initiative „MINT Zukunft schaffen“, der ehemali- tivitäten solcher Unternehmen in den gesamten Prozess ge Telekomvorstand Herr Sattelberger, ein gutes Zeugnis einbezogen werden? ausgestellt und im November gesagt, es gebe wohl kein Land, das MINT so ganzheitlich und nachhaltig anpackt wie Rheinland-Pfalz. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lerch. Zunächst einmal ist gut!) zu sagen, Boehringer Ingelheim ist auch Mitglied des run- den Tisches, weil wir wissen, dass Boehringer Ingelheim So weit meine Antwort. sehr aktiv bei der MINT-Förderung im Land ist.

Als wir mit den Arbeiten begonnen haben, haben wir fest- Präsident Hendrik Hering: gestellt, dass es in Rheinland-Pfalz unglaublich viele Ak- Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Brück. tivitäten, Wettbewerbe, Programme und Unterstützungs- maßnahmen im MINT-Bereich gibt. Wir haben aber auch den Eindruck gewonnen, den uns die Teilnehmerinnen und Abg. Bettina Brück, SPD: Teilnehmer des runden Tisches bestätigt haben, dass vie- les nebeneinander und parallel läuft. Durch diesen runden Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen. Sie ha- Tisch haben wir diese Maßnahmen und das Wissen von- ben als Ziel genannt, die Fachkräftesicherung besser zu einander in einem ersten Schritt gebündelt. unterstützen, und die Partner des runden Tisches erwähnt. Können Sie vielleicht ausführen, wer die Partner an die- Mit der Onlinedatenbank, die im Mai dieses Jahres in Be- sem Runden Tisch zur MINT-Initiative sind? trieb geht, haben wir eine Plattform geschaffen, auf der alle Akteure und Akteurinnen ihre Angebote einstellen kön- Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: nen. Sie können dann zum Beispiel als Stichwort „Mainz- Bingen“ eingeben, und dann sehen Sie, was in Ihrer Re- Die Partner des runden Tisches sind zum einen die Part- gion an verschiedenen Angeboten oder Aktivitäten wann nerinnen und Partner des Ovalen Tisches der Ministerprä- angeboten wird. Das wird sicherlich noch einmal deutlich sidentin. Zu diesen gehören die Staatskanzlei, das Ministe- mehr Transparenz schaffen. rium für Soziales, das Ministerium für Bildung, das Ministe- rium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Das Zweite wird sein, dass wir es mit diesem Förderwett- die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bun- bewerb, den wir ausgeschrieben haben, schaffen wollen, desagentur für Arbeit, die Industrie- und Handelskammern, dass Rheinland-Pfalz weitere acht MINT-Regionen zu den die Landwirtschaftskammern, die Landesvereinigung Un- zwei bereits bestehenden in Trier und in der Westpfalz ent- ternehmerverbände, der Landesverband der Freien Berufe wickeln kann. Innerhalb dieser MINT-Regionen wollen wir Rheinland-Pfalz, der Einzelhandelsverband, der Hotel- und dann zu einer stärkeren Vernetzung und Zusammenarbeit Gaststättenverband und die Gewerkschaften. Ich nenne der Partnerinnen und Partner vor Ort aus allen verschiede- es jetzt einmal etwas ressortbezogener. nen Sparten kommen.

Über diese Mitglieder des ovalen Tisches hinaus beteiligen sich auch noch die anderen Ressorts, die auch betroffen Präsident Hendrik Hering: sind. Das sind zum Beispiel das Ministerium für Familie und Jugend, das Ministerium für Wissenschaft, die Kom- Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Köbler. munen und Regionen. Wir haben den Landeselternbeirat, die Landesschülervertretung, das Pädagogische Landes- Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: institut und auch die ADD mit am runden Tisch. Frau Ministerin, es ist wichtig, schon im frühen Kindesalter Wir haben aber auch Stiftungen und Verbände, die sich der die Neugierde an Naturwissenschaften und Forschung zu MINT-Förderung in einem besonderen Maße widmen, wie wecken. Sie haben das Haus der kleinen Forscher genannt. zum Beispiel die Stiftung Haus der kleinen Forscher oder Können Sie noch einmal darstellen, welche Aktivitäten es die Stiftung PfalzMetall, die sich mit an diesem runden im frühkindlichen Bereich bzw. in Grundschulen gibt? Tisch beteiligt.

Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: Präsident Hendrik Hering: Wir haben einen besonderen Fokus auf den frühkindlichen Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Lerch. Bereich und die Primarstufe gelegt und entwickeln für die- se Bereiche Unterrichtsmaterialien oder Lehrmaterialien für die Kitas. Wir fangen bei den Kitas an und haben da- Abg. Helga Lerch, FDP: für die Kooperation mit dem Haus der kleinen Forscher. Frau Ministerin, Sie haben von der Bündelung der MINT- Wir werden die Erzieherinnen und Erzieher künftig im Be- Aktivitäten gesprochen. Wir haben in unserem Land Unter- reich Naturwissenschaften und Technik fortbilden, weil wir

3211 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 die Erfahrung gemacht haben, dass viele dieses Thema Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: noch etwas scheuen. Es gibt aber sehr schöne und niedrig- Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beilstein. Diese Entwick- schwellige Angebote für Kinder und für die Kitas, mit denen lung der MINT-Regionen, diesen Förderwettbewerb wird man diese ganzen Themenbereiche abdecken kann. die MINT-Geschäftsstelle leiten. Diese Geschäftsstelle, die in Trier sitzt, hat die doppelte Funktion, sich einerseits um In der Synopse, die ich vorhin erwähnt habe, wird hier- diesen Wettbewerb zu kümmern und denjenigen Regio- zu genau dargestellt werden, welche Themen man mit nen, die interessiert sind, dabei zu helfen, einen Antrag welchen Maßnahmen und welchem Material gut in die Ki- zu entwickeln, der dann ab April eingereicht werden kann. tas bringen kann. Wir werden nächste Woche auch damit Das heißt, die Regionen, die interessiert sind, werden von starten, dass wir alle rheinland-pfälzischen Kitas mit Pixi- Anfang an sehr genau beraten und vernetzt werden, so- Büchern versorgen. dass es jenseits der Frage, ob sie am Ende dann den (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Es kommt alles Zuschlag bekommen, für die MINT-Region gewisse Syner- wieder!) gien geben wird.

Jede Kita in Rheinland-Pfalz bekommt einen doppelten Wir haben genaue Kriterien, die wir aufstellen und den in- Satz an Pixi-Büchern, jeweils zehn Stück, die mathemati- teressierten Regionen zur Verfügung stellen werden. Uns sche, naturwissenschaftliche und technische Berufe dar- geht es darum, dass es eine nachhaltige Veranstaltung stellen, auch sozusagen unter Aufbruch der Geschlech- ist, die Regionen vor Ort schon eine Vorstellung von ei- terrollen. Ein Pixi-Buch heißt zum Beispiel „Mein Vater ist nem Netzwerk haben und sie Partnerinnen und Partner Erzieher, und meine Mutter ist Ingenieurin“, weil wir festge- mitbringen. Es wird sehr genaue Kriterien geben, wie die- stellt haben und es dazu Studien gibt, dass man in diesem se Anforderungen aussehen. Man kann sich nicht einfach frühen Stadium diese Geschlechterrollen, die sich dann bewerben und sagen, wir schauen erst einmal, sondern es weiter auswirken und wir mit Bedauern zur Kenntnis neh- gibt Kriterien, die abgeprüft werden. Dann kommen diese men, dass viel zu wenige Mädchen und junge Frauen in MINT-Regionen in eine zweite Runde. diese Bereiche gehen, verändern kann. Das ist das, was wir neben vielen anderen Maßnahmen im Kitabereich ma- Jede MINT-Region – pro Jahr werden es zwei sein, die chen. wir dann auszeichnen – bekommt 30.000 Euro, im ers- ten Jahr 20.000 Euro, im zweiten Jahr 10.000 Euro als Anschubfinanzierung. Natürlich müssen die Regionen vor Im Primarbereich, also bei den Grundschulen, werden Ort auch noch einmal Mittel und Ressourcen mitbringen. wir den Schulen Technikkisten zur Verfügung stellen. Das Das ist aber auch Sinn der Sache. Wir wollen sie dabei beginnt auch nächste Woche mit einer MINT-Woche, im unterstützen. Sie erhalten dann von der Geschäftsstelle Rahmen derer ich am Montag eine Grundschule besuchen fortlaufend während ihrer Arbeiten und auch, wenn sie ih- werde. Diese Technikkisten sind immer auch mit Unter- re Aktivitäten schon begonnen haben, weiterhin Beratung richtsmaterial, mit einer Einführung und einer Fortbildung und Unterstützung. beim Pädagogischen Landesinstitut verbunden, in der die- jenigen, die diese Fortbildung machen, auch noch einmal Der Leiter der MINT-Geschäftsstelle war früher bei der kostenlose Technikkisten, Metallbaukästen für die Schule Transferagentur und dort zuständig für die Entwicklung der bekommen. Darüber hinaus wird noch zahlreiches und um- MINT-Region in Trier, sodass er über sehr viel Know-how fangreiches Unterrichtsmaterial erarbeitet, sodass wir auch und Hintergrundkenntnisse verfügt. Wir haben uns sehr im Primarbereich gutes und niedrigschwelliges Material gefreut, dass wir ihn im Wege der Ausschreibung für diese zur Verfügung stellen sowie die entsprechenden Fortbil- Stelle gewinnen konnten. dungen anbieten können.

Präsident Hendrik Hering: Präsident Hendrik Hering: Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Brück. Mir liegen jetzt noch sechs weitere Zusatzfragen vor. Da- nach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Abg. Bettina Brück, SPD: Zunächst hat Frau Kollegin Beilstein das Wort. Frau Ministerin, seit einigen Jahren ist die verpflichtende Berufs- und Studienorientierung in rheinland-pfälzischen Schulen erfolgreich am Werk. Wie kann diese MINT- Abg. Anke Beilstein, CDU: Initiative mit der Berufs- und Studienorientierung opti- Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, dass MINT- mal verknüpft werden, sodass individuelle Förderung und Regionen entwickelt werden sollen und ab dem Frühjahr Chancen für alle Kinder daraus erwachsen und sie sich Anträge zur Unterstützung gestellt werden können. Sie über mathematisch-naturwissenschaftliche Bereiche im sprechen von einer Anschubfinanzierung von 30.000 Euro. Berufsleben informieren und diesen Weg auch einschla- Mich würde interessieren, ob diese Summe pro Region gen? oder insgesamt zu sehen ist. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: Wie sehen diese Eckpunkte aus? Gibt es ein Konzept, oder sagt man, man läßt es völlig offen? Das würde mich Frau Abgeordnete Brück, wir haben heute schon MINT- interessieren. Exellenzschulen und ausgezeichnete MINT-Schulen, die

3212 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 das schon vorleben, die im Rahmen der Berufs- und Präsident Hendrik Hering: Studienorientierung auch einen Schwerpunkt auf die Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schweitzer. mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufe legen und schon vorher durch Wahlkurse, Wahlpflichtfächer und Leis- tungskurse ein breites Angebot an MINT haben. Abg. Alexander Schweitzer, SPD:

Die Schulen, die sich noch nicht so stark auf MINT fo- Frau Ministerin, Sie haben in einem Halbsatz angespro- kussiert haben, werden das künftig können, weil auch sie chen, dass sich Herr Sattelberger, früherer Vorstand der Material bekommen. Auch die Bundesagentur ist mit bei Telekom, mit dem System, das Sie jetzt für Rheinland-Pfalz uns am runden Tisch vertreten, die diese Tage der Berufs- dargestellt haben, beschäftigt und sich positiv geäußert und Studienorientierung sehr intensiv mit begleitet und hat. Das ist schon spannend, dass sich ein ehemaliger entsprechend Material zur Verfügung stellen wird. Vorstand eines großen Unternehmens in diesem Bereich geäußert hat. Können Sie einmal ausführen, was er sich angeschaut hat und aus welchen Gründen er nach Ihrer Präsident Hendrik Hering: Auffassung zu dieser Einschätzung gekommen ist?

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Demuth. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: Herr Dr. Sattelberger ist Vorstand der Initiative „MINT Zu- Abg. Ellen Demuth, CDU: kunft schaffen“. Ich habe die Maßnahmen und Überlegun- Sehr geehrte Frau Ministerin, mich interessieren Erfahrun- gen von Rheinland-Pfalz im Rahmen dieser MINT-Initiative gen, die Sie mitnehmen in die neue Initiative aus einer vorgetragen. Wir haben uns sehr intensiv darüber unter- alten Initiative, nämlich der Einführung von MINT- bzw. halten und über diese verschiedenen Maßnahmen gespro- Technik- und Maschinenbaufächern an den Fachoberschu- chen. Ihn hat die Vielzahl der Maßnahmen und vor allen len. Hier sind die Anmeldezahlen mit einem einstelligen Dingen die Strukturierung erstaunt, nämlich dass wir sehr Bereich mittlerweile auf einem Tiefpunkt angekommen. strukturiert vorgehen, landesweit und nachhaltig die Maß- Welche Erfahrungen nehmen Sie aus dem Feedback von nahmen planen und alle Akteure – aus den Kammern, der diesen Fachoberschulen für die Etablierung der neuen In- Wirtschaft, den Universitäten, der dualen Ausbildung, also itiative mit, besonders im Hinblick auf die Attraktion für aus ganz unterschiedlichen Bereichen – mit eingebunden Mädchen? haben.

Er ist übrigens nicht der einzige, der uns gelobt hat, wenn Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: ich das einmal so sagen darf. Die Körber Stiftung, die die MINT-Region Westpfalz mit angestoßen hat, sagte, das, Auch die Vertreterinnen und Vertreter der Fachoberschulen was wir im Rahmen des Förderwettbewerbs planen, sei sitzen mit am runden Tisch. Wir haben sehr breit einge- vorbildhaft. Gestern Abend war ich auf einer Veranstaltung laden, wir sind insgesamt über 60 Personen an diesem zum Thema MINT des Verbands deutscher Unternehme- runden Tisch. Dort werden auch diese Erfahrungen mit rinnen. Ich stellte dort unsere Maßnahmen vor, und die eingebracht. Unternehmerinnen, die aus ganz Deutschland kamen, sag- ten, sie könnten keine andere Region nennen, wo es in Wir haben gerade auf die Übergänge großen Wert gelegt, dieser Flächendeckung und Nachhaltigkeit solche MINT- da wir die Erfahrung gemacht haben, dass die Schüle- Maßnahmen gäbe. rinnen und Schüler, die am Anfang in der Kita oder ei- ner Grundschule von MINT-Themen noch begeistert sind, dann mit zunehmendem Alter in der Pubertät das Interesse Präsident Hendrik Hering: verlieren. Wir entwickeln derzeit eine Handlungsempfeh- Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Lerch. lung, eine Handreichung für die Schulen, die Möglichkeiten darstellen, wie man Mädchen stärker für diese Themen interessieren kann, da Mädchen einen anderen Zugang Abg. Helga Lerch, FDP: zu diesen mathematisch-technischen Berufen haben als die Jungen. Sie stellen sich häufig eher die Frage, warum Frau Ministerin, Schülerinnen und Schüler, die sich im sie sich das anschauen sollten, wozu das später dienen MINT-Bereich besonders hervortun, sollen ein MINT- soll. Sie wollen ein Fernziel haben. Hier werden wir den Zertifikat erhalten. Wer vergibt das Zertifikat, und welche Schulen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stellen, Kriterien liegen ihm zugrunde? wie man Mädchen stärker interessieren kann. Das ist der eine Punkt. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: Der andere Punkt ist, dass wir natürlich mit den Oberschu- Das MINT-Zertifikat wird von der Schule vergeben, und len im Gespräch sind und dort nachfragen. Ich denke, dass zwar für die Schülerinnen und Schüler, die in der Sekun- durch diese Initiative, die im Land stärker ankommt, auch darstufe I sind, also in der 5. bis einschließlich 10. Klasse. das Interesse und das Bewusstsein darüber, wie stark Dort soll in diesem MINT-Zertifikat als Beigabe zum Zeug- man in diesen Berufen am Ende Erfolg haben kann und nis aufgeführt werden, welchen besonderen Aktivitäten die sie auch in finanzieller Hinsicht attraktiv sein können, an Schülerinnen und Schüler nachgegangen sind. Das be- den Fachoberschulen entsprechend kommuniziert wird. zieht sich nicht auf den Rahmen dessen, was in der Schule

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üblich ist. So genügt es zum Beispiel nicht, in Mathematik Drucksache 17/5450 – betreffend, auf. die Note 1 zu haben. Stattdessen geht es um Aktivitäten, die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel im Rahmen Bitte, Frau Dr. Groß. von Jugend forscht, NaT-Labs – also Labortätigkeiten – und Kooperationen mit Universitäten verfolgt haben. Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Wir glauben, dass das zum einen die Schülerinnen und Ich frage die Landesregierung: Schüler anfeuern und motivieren wird, in dem Bereich mehr zu machen. Zum anderen ist das Zertifikat ganz hervorragend für die späteren Bewerbungsunterlagen ge- 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ankündigung eignet, weil die Schülerinnen und Schüler damit zeigen der designierten Großen Koalition, in einem Sofort- können, dass sie in diesem Bereich besondere Fähigkei- programm 8.000 neue Pflegefachkraftstellen schaf- ten, Kenntnisse und Interessen mitbringen. fen zu wollen, zumal bundesweit derzeit 24.000 und in Rheinland-Pfalz 2.000 Pflegefachkraftstellen un- besetzt sind? Präsident Hendrik Hering: 2. Wie bewertet die Landesregierung, im Hinblick auf Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Schneid. die Situation der Pflege in Rheinland-Pfalz, die recht- liche Umsetzbarkeit und Finanzierung der im Koaliti- Abg. Marion Schneid, CDU: onsvertrag genannten flächendeckenden Tarifverträ- ge für Pflegefachkräfte, wenn die Löhne in Deutsch- Frau Ministerin, Sie sprachen davon, dass Technikkisten land noch immer von den Tarifpartnern ausgehandelt und Arbeitsmaterialien in die Schulen gebracht werden werden? sollen. Ist daran gedacht, dass auch die Unternehmen vor Ort, die sich daran beteiligen, diesen Austausch fördern 3. Wie bewertet die Landesregierung, im Hinblick auf und zum Beispiel mit Versuchen in die Schule kommen die Situation der Pflege in Rheinland-Pfalz, die For- oder die Schüler in den Unternehmen an praktischen Ver- derung des Arbeitgeberverbands Pflege nach Er- suchen teilnehmen können? nennung eines Pflegebeauftragten direkt im Kanzler- amt?

Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: 4. Wie versteht die Landesregierung die im Koalitions- Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneid. Ja, daran ist ge- vertrag festgeschriebenen verpflichtenden Koopera- dacht, und das wird in der Praxis schon so gelebt. Die Un- tionsverträge zwischen der Kassenärztlichen Verei- ternehmen, die wir über die Kammern sehr gut erreichen, nigung und den Pflegeeinrichtungen? haben zum Teil auch selbst – wie Boehringer Ingelheim – ein großes Interesse daran, Kontakte zu den Schulen zu haben und dort ein Stück weit ihren eigenen Nachwuchs Präsident Hendrik Hering: frühzeitig zu fördern und zu fordern. Sie kommen mit in Für die Landesregierung antwortet Staatsministerin die Schulen und bieten selbst zum Beispiel Auszubildende Bätzing-Lichtenthäler. an, die in die Schulen gehen und im Rahmen des Tags der Berufs- und Studienorientierung berichten, was ihre Ausbil- dung ausmacht und wie sie sie sehen. Neudeutsch heißt Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, das „Testimonials“; sie fungieren sozusagen als Vorbilder. Arbeit, Gesundheit und Demografie:

Es ist auch ein Teil unserer Strategie, dass wir sagen, wir Sehr geehrter Herr Präsident! Die Mündliche Anfrage der brauchen Mentoringprogramme und Vorbilder in den Schu- Abgeordneten Dr. Groß beantworte ich namens der Lan- len, Menschen, die in diesen Berufen arbeiten und die von desregierung wie folgt: sich aus berichten, was die Berufe ausmachen und welche Vorteile sie haben. Da sind wir sehr eng mit den Schulen Zu Frage 1: Das Verhandlungsergebnis von Union und zusammen. Die Wirtschaft kommt in die Schulen, auch die SPD ist ein Signal zur Verbesserung der Rahmenbedin- Universitäten, die zum Beispiel mit den Schülerinnen und gungen für die Pflegekräfte. Die Vereinbarung, 8.000 neue Schülern die Technikbaukästen nutzen; Studierende erklä- Fachkraftstellen zu schaffen, ist ein erster wichtiger Schritt ren ihnen, wie sie damit arbeiten können. Da holen sich in die richtige Richtung. Besonders positiv ist, dass pfle- die Schulen das Know-how von außen, das auch gerne gebedürftige Menschen und ihre Angehörigen nicht durch gewährt wird. erhöhte Pflegekosten belastet werden, da der Aufwand in vollem Umfang von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden soll. Präsident Hendrik Hering: Die Landesregierung ist sich bewusst, dass die 8.000 zu- Vielen Dank, damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. sätzlichen Kräfte bundesweit nicht dem tatsächlichen Be- (Beifall der SPD, der FDP und des darf in den Einrichtungen entsprechen. Wie gesagt, es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) geht hier um einen ersten Schritt, der sehr zeitnah umzu- setzen wäre. Sicherlich haben Sie Verständnis, dass es Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten noch zu früh ist, heute über das Datum für das Inkrafttreten Dr. Sylvia Groß (AfD), Pflegenotstand – Nummer 8 der eines entsprechenden Gesetzes zu spekulieren. Diesem

3214 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 ersten Schritt müssen dann weitere folgen. So ist es auch Deshalb ist es gut, dass in dem Verhandlungsergebnis ausdrücklich im Koalitionsvertrag festgehalten. von Union und SPD festgehalten wird, die Sachleistun- gen sollen kontinuierlich an die Personalentwicklung an- Selbstverständlich wird es mit Blick auf die Fachkräftesitua- gepasst werden. Wenn die Pflegeversicherung steigende tion in der Pflege bundesweit eine Herausforderung sein, Pflegekosten durch höhere Leistungen auffängt, muss dies die 8.000 Fachkraftstellen auch tatsächlich zu besetzen. selbstverständlich auch auf der Einnahmeseite gegenfinan- Aus Sicht der Landesregierung ist es jedoch wichtig, für die ziert sein. Mit Blick auf die erheblichen Beitragssatzstei- Träger von Pflegeeinrichtungen verlässliche Rahmenbe- gerungen durch die Pflegestärkungsgesetze gilt es daher, dingungen zu schaffen, damit sie die Arbeitsbedingungen auch einen Finanzierungsbeitrag aus Steuermitteln in den für die Pflegekräfte gezielt verbessern können. Diese Ver- Blick zu nehmen. lässlichkeit bietet die Vereinbarung nicht zuletzt wegen der klaren Aussage zur Finanzierung. Zu Frage 3: Die Landesregierung erkennt an, dass Bun- desregierung und Bundestag in eigener Verantwortung Darüber hinaus geht es auch um eine Botschaft an die über die Bestellung eines Beauftragten für die Pflege ent- Pflegekräfte selbst und an die jungen Menschen, die dar- scheiden. Unmittelbare Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz über nachdenken, eine Pflegeausbildung zu beginnen: Die sind in dieser Frage nicht ersichtlich. Politik hat verstanden, dass wir uns intensiv und bundes- weit mit den Rahmenbedingungen für professionelle Pflege Zu Frage 4: Eine gute ärztliche Betreuung ist ein wesent- befassen müssen und werden. licher Bestandteil der Versorgung pflegebedürftiger Men- schen. Mit der Möglichkeit, dass stationäre Pflegeeinrich- Schließlich ist es dann die gemeinsame Aufgabe aller Ak- tungen Kooperationsverträge mit geeigneten Vertragsärz- teure, dafür zu sorgen, dass neue Stellen auch möglichst tinnen und Vertragsärzten schließen, hat der Gesetzgeber besetzt werden. Daran arbeiten wir in Rheinland-Pfalz seit bereits eine wichtige Grundlage für die Verbesserung der vielen Jahren und ganz aktuell mit der Fachkräfte- und Versorgung geschaffen. Durch bedarfsgerechte Besuche, Qualifizierungsinitiative 2.0. eine verbesserte Erreichbarkeit auch an Wochenenden und Feiertagen sowie einer Verbesserung des Informati- Zu Frage 2: Die Koalitionsparteien wollen gemeinsam mit onsaustausches verbunden mit genauen und verbindlichen den Tarifpartnern dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Absprachen kann insgesamt eine Verbesserung der Ver- Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen. Sie sorgung erzielt werden. sprechen sich für angemessene Löhne und gute Arbeitsbe- dingungen aus und wollen dafür die gesetzlichen Voraus- Leider ist es noch nicht allen Einrichtungen gelungen, ent- setzungen schaffen. Die Landesregierung bewertet das sprechende Kooperationsverträge abzuschließen. Um die- Ziel angemessener Löhne und guter Arbeitsbedingungen sen wichtigen Baustein der Versorgung pflegebedürftiger in der Pflege, das auf Bundesebene formuliert worden ist, Menschen weiterzuentwickeln, brauchen wir mehr Verbind- auch für die Pflege in Rheinland-Pfalz als den richtigen lichkeit. Die Koalitionspartner auf Bundesebene haben sich Schritt in die Zukunft. daher entschieden, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Pflegeeinrichtungen zu verpflichten, Kooperations- Als ein Instrumentarium zur größtmöglichen Verbreitung verträge abzuschließen, damit die verbesserte Versorgung guter Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge steht nach allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekommt. aktueller Gesetzeslage zum einen das Institut des Flächen- tarifvertrags zur Verfügung, das die Unternehmen einer be- stimmten Branche und Region bindet, soweit sie Mitglied Präsident Hendrik Hering: im entsprechenden Tarif- und Arbeitgeberverband sind. Eine Zusatzfrage der Kollegin Anklam-Trapp. Zum anderen haben Tarifpartner unter bestimmten Vor- aussetzungen die Möglichkeit, beim zuständigen Arbeits- ministerium die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Tarifvertrags zu beantragen. Die Allgemeinverbindlichkeits- Sehr geehrte Frau Ministerin, sollte der Koalitionsvertrag erklärung von Tarifverträgen bewirkt, dass die Rechtsnorm plus des zugrunde liegenden Tarifvertrages auch für alle bis- in Kraft treten und die Gemeindeschwester als gesamt- her nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer staatliche Aufgabe den präventiven Hausbesuch starten innerhalb des sachlichen, räumlichen und persönlichen können, um Pflege im hohen Alter zu verhindern, wäre dies Geltungsbereichs des Tarifvertrags verbindlich werden. ein Paradigmenwechsel in der Pflege in Deutschland?

Was die Finanzierung tariflich vereinbarter Gehälter durch Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, die Kostenträger gegenüber den Trägern von Pflegeein- Arbeit, Gesundheit und Demografie: richtungen betrifft, gibt es im Pflegeversicherungsrecht eine klare Regelung. Entsprechende Gehälter können bei Vielen Dank, Frau Abgeordnete Anklam-Trapp. In der Tat, Entgeltverhandlungen nicht als unwirtschaftlich abgelehnt der präventive Hausbesuch, der im Koalitionsvertrag auf- werden. Weniger deutlich ist derzeit, in welchem Maße genommen wurde, ist das Schließen der Lücke, die es die Pflegeversicherung steigende Pflegekosten auffängt. bisher im Bereich der Pflege in Deutschland gegeben hat, Es gibt zwar eine Dynamisierungsregelung, diese räumt nämlich die Lücke der Prävention in der Pflege. Wir haben der Bundesregierung jedoch erhebliche Gestaltungsmög- in Rheinland-Pfalz diese Lücke bereits aus Eigeninitiative lichkeiten ein und bietet keine Handlungssicherheit, dass mit der Gemeindeschwesterplus geschlossen, mit unserem zusätzliche Belastungen pflegebedürftiger Menschen, ihrer eigenen, zu 100 % aus Landesmitteln finanzierten Modell- Angehörigen und der Sozialhilfeträger vermieden werden. projekt. Wir sind sehr froh, dass wir diesen Ansatz mit

3215 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 dem präventiven Hausbesuch jetzt auch auf Bundesebe- eben, wir sind mit unserer Fachkraft- und Qualifizierungsi- ne verwirklichen können. Die Finanzierung soll über das nitiative schon seit Jahren dabei, die Ausbildungszahlen Präventionsgesetz sichergestellt werden. So können wir zu steigern, die Arbeitsbedingungen und Rahmenbedin- sicher sein, dass künftig auch die Prävention in der Pflege gungen in der Pflege zu verbessern. Deshalb ist es sehr eine große Rolle spielen wird. Damit wird es den Men- zu begrüßen, dass der Bund sich nun auch dieser Aufgabe schen ermöglicht, so lange wie möglich selbstbestimmt zu annimmt. Wie genau diese konzertierte Aktion auf Bun- Hause zu leben und erst später, wenn überhaupt, in die desebene aussehen soll, wird man erst sehen, wenn die Pflegebedürftigkeit zu gelangen. Bundesregierung konstituiert ist.

Präsident Hendrik Hering: Präsident Hendrik Hering:

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wäschenbach. Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Groß.

Abg. Michael Wäschenbach, CDU: Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Frau Ministerin, würden Sie es begrüßen, anstelle eines Frau Ministerin, wie bewertet die Landesregierung die An- Pflegebeauftragten bei der Bundesregierung eine Bundes- kündigung im Koalitionsvertrag, in einem Sofortprogramm pflegekammer zu errichten? die Arbeitsbedingungen von Fachkräften und Betreuern in der Pflege so attraktiv zu machen, dass ausreichend Men- Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, schen den Pflegeberuf ergreifen, wenn für die Rahmenbe- Arbeit, Gesundheit und Demografie: dingungen in der Pflege die Selbstverwaltung zuständig ist? Wie will man da einwirken? Vielen Dank für die Frage, Herr Wäschenbach. Die Errich- tung einer Bundespflegekammer würde ich sehr begrü- ßen, weil wir in Rheinland-Pfalz mit der ersten Landes- Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, pflegekammer Pioniere waren. Ich würde es schon sehr Arbeit, Gesundheit und Demografie: begrüßen, gerade für die vielen Tausend Menschen, die hervorragende Arbeit in der Pflege leisten, damit sie auch Frau Dr. Groß, vielen Dank für die Frage. bundesweit eine Interessenvertretung bekommen, eine Stimme, die für die Pflege spricht. Das würde ich sicherlich Sie fragen nach der Bewertung eines solchen Sofortpro- sehr begrüßen. Die Einrichtung eines Pflegebeauftragten gramms. Ich finde dieses Sofortprogramms sehr gut, und im Kanzleramt liegt, wie ich ausgeführt habe, in den Hän- finde, es ist auch sehr zu begrüßen, dass man sich nicht den der Koalitionspartner bzw. des Deutschen Bundestags. nur um die Rahmenbedingungen, sondern auch um die Ich glaube, dazu brauchen wir keine Bewertung abzuge- Arbeitsbedingungen kümmern und zu Verbesserungen ben. kommen will. Ich kann nur, wenn ich das darf, den Ver- antwortlichen auf Bundesebene die Empfehlung geben, genauso zu agieren, wie wir es in Rheinland-Pfalz tun. Präsident Hendrik Hering: Wir setzen uns gemeinsam mit den Partnerinnen und Part- Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Junge. nern aus der Selbstverwaltung der Pflege an einen Tisch, und wir haben es in gemeinsamer Kraftanstrengung und Abg. Uwe Junge, AfD: gemeinsamen Verantwortlichkeiten erreicht, dass wir die Situation im Bereich der Pflege in Rheinland-Pfalz ver- Frau Ministerin, im Koalitionsvertrag liest man im Rahmen bessert haben. Das geht nur gemeinsam. Das schafft die der „Konzertierten Aktion Pflege“ von einer Ausbildungs- Politik nicht alleine. Das schafft aber auch die Selbstver- offensive. Können Sie schon sagen, wie sich das auf das waltung nicht alleine. Hier muss man gemeinsam zusam- Land Rheinland-Pfalz auswirken wird? menarbeiten. Das ist auch mit dieser „Konzertierten Aktion“ gemeint, und da kann man – wie gesagt – nur schauen, wie hervorragend das in Rheinland-Pfalz mit den verschie- Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, denen Beteiligten funktioniert. Das ist sicherlich auch ein Arbeit, Gesundheit und Demografie: Vorbild für die Bundesebene. Vielen Dank, Herr Junge.

Ich bitte um Verständnis, dass es in der Tat vielleicht ein Präsident Hendrik Hering: bisschen früh ist, weil dieser Koalitionsvertrag noch nicht Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wäschenbach. einmal beschlossen ist. Von daher, glaube ich, was ganz wichtig ist, ist die Botschaft, dass man auch in Berlin er- kannt hat, Pflege ist mitten in der Gesellschaft angekom- Abg. Michael Wäschenbach, CDU: men. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, hier etwas zu tun. Frau Ministerin welche Möglichkeiten sehen Sie, darauf ein- zuwirken, dass die generalistische Ausbildung jetzt endlich Wir sind aus rheinland-pfälzischer Sicht sehr froh, dass der zum Abschluss kommt, damit die Pflegeschulen anfangen Bund die Verantwortung so übernimmt. Ich sagte gerade können zu planen?

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(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das sich natürlich auch die Frage stellen, wer das auffängt. Ich müssen Sie den Herrn Rüddel fragen und glaube, wir sind uns hier alle einig, dass eine stärkere Ei- nicht Frau Bätzing-Lichtenthäler!) genbelastung der Gepflegten, der Angehörigen nicht noch zu steigern ist, dass sie absolut stabil gehalten werden muss. Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Eigenbelastung Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, laut GEK Pflegereport aus dem Jahr 2017 von rund 670 Eu- Arbeit, Gesundheit und Demografie: ro monatlich. Das ist schon ein sehr hoher Eigenanteil, das Herr Wäschenbach, danke für die Frage. heißt, den können wir keinesfalls weiter steigern.

Wie gesagt, ich trage hier in Rheinland-Pfalz als Ministe- Ich glaube, bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung kön- rin Verantwortung. Ich glaube, es wäre jetzt zu gewagt zu nen wir auch nicht immer weiter an den Stellschrauben sagen, was man den Berliner Kolleginnen und Kollegen drehen, sodass für mich ganz klar ist, hier müssen wir raten muss. Ich hoffe sehr, dass es zu dem Abschluss gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen und kommt. Ich bedauere es sehr, dass dieses hervorragende über einen Steuerzuschuss in diesem Bereich ganz klar Gesetzesvorhaben, auf das die Länder so lange gewartet sprechen. haben, so lange auf Eis gelegen hat und letztendlich nur in einem Kompromiss geendet ist, weil wir in Rheinland-Pfalz hervorragende Erfahrungen mit der Generalistik gemacht Präsident Hendrik Hering: haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Groß. Generalistik brauchen. Deswegen kann man nur an die Verantwortlichen in Berlin appellieren, insbesondere an die Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss, dass sie Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: ihrer Verantwortung gerecht werden und so schnell wie möglich die letzten erforderlichen Abstimmungen auf den Frau Bätzing-Lichtenthäler, wir haben im Prinzip ein dicho- Weg bringen. tomes Problem, einmal die Bezahlung, wenngleich das nicht das Hauptargument für den Mangel ist. Ich habe mit (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Genau vielen Pflegeeinrichtungen gesprochen. Es sind die Bedin- richtig!) gungen, und die Bedingungen kann ich nur ändern, indem ich das Pflegepersonal aufstocke. Präsident Hendrik Hering: Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Groß. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie: Ja. Das war jetzt eher eine Feststellung, Frau Dr. Groß. Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Aber ich denke mir jetzt einmal die Frage hinein. Frau Ministerin, Sie sprachen gerade steuerliche Zuschüs- se an, dass auch der Bund sich beteiligen müsse. Sie sag- Erst einmal ist es richtig, dass die Bezahlung alleine nicht ten aber auch, dass die Pflege eine gesamtgesellschaftli- ausschlaggebend ist. Das ist vollkommen richtig. Aber Sie che Aufgabe ist. werden mir auch Recht geben, dass die Differenz zwischen Langzeitpflege und Akutpflege nicht haltbar ist, gerade Können Sie sich vorstellen, oder gehen Sie mit mir kon- wenn wir künftig über eine Generalistik sprechen, sodass form, dass der Bund doch eine signifikante Menge an wir hier auf jeden Fall zu einer Vereinheitlichung oder zu Geldern in die Pflege einbringen sollte analog der 14 Milli- einer Angleichung kommen werden. arden Euro, die er auch in den Gesundheitsfonds steckt? Wir haben in unserer Fachkraftinitiative immer schon einen ganz großen Schwerpunkt auf das Thema Arbeitsbedin- Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, gungen, Rahmenbedingungen gelegt. Da ist ein Thema Arbeit, Gesundheit und Demografie: und ein ganz wichtiger Punkt genügend Personal. Deswe- gen warten wir gespannt auf das wissenschaftliche Verfah- Frau Dr. Groß, vielen Dank für diese Nachfrage. ren, das Mitte 2020 in Berlin zur Personalbemessung im Bereich der Pflege erarbeitet werden soll. Da wird dann Meine Ausführungen zu dem Thema Steuerzuschüsse ha- dargelegt, wie viel Personal wirklich erforderlich ist. Das ist ben sich darauf bezogen, dass ich sage, ich sehe eine ganz wichtig, aber auch – darauf haben wir in Rheinland- große Notwendigkeit, die Bezahlung in der Pflege zu ver- Pfalz mit unserer Fachkraftinitiative ein starkes Augenmerk bessern und zu verändern. gelegt – die weiteren Rahmenbedingungen: Führung in Ich glaube, es kann nicht angehen, dass jemand, der in den Einrichtungen, Organisationsabläufe, Verlässlichkeit der Altenpflege arbeitet, im Durchschnitt rund 600 Euro bei Dienstplänen. – Das sind alles Rahmenbedingungen, weniger verdient als in der Krankenpflege. Wir sprachen die mit eine Rolle spielen, Arbeitsbedingungen, die den gerade von der Generalistik. Vor diesem Hintergrund wird Menschen, die in der Pflege arbeiten, die Arbeit erleichtern das in Zukunft noch brisanter, wenn die Generalistik einge- sollen und wo sicherlich noch Handlungsbedarf besteht. treten ist, wenn zwischen diesen verschiedenen Bereiche so große Unterschiede klaffen. Präsident Hendrik Hering: Wenn man die Bezahlung verbessert, dann muss man Es liegt noch eine weitere Zusatzfrage vor. Danach be-

3217 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 trachte ich die Anfrage als beantwortet. 3. Wie gestaltet sich das Verhältnis der abgerufenen Bundesmittel pro Einwohner nach Kenntnis der Lan- Herr Wäschenbach, bitte. desregierung im Bundesvergleich?

4. Wie hoch waren die Investitionen des Landes- und Abg. Michael Wäschenbach, CDU: Bundesstraßenbau in Rheinland-Pfalz im Jahr 2017 Frau Ministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass der Ko- insgesamt? alitionsvertrag die Chance für einen Paradigmenwechsel und einen Kulturwandel in der Pflege bringen kann und Vielen Dank. endlich der Pflege die Bedeutung beimisst, die sie gesell- schaftspolitisch braucht? Präsident Hendrik Hering: (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Also sind Sie der Meinung, das Frau Für die Landesregierung beantwortet Herr Verkehrsminis- Ministerpräsidentin Dreyer gut verhandelt ter Dr. Wissing die Mündliche Anfrage. hat?) Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Landwirtschaft und Weinbau: Arbeit, Gesundheit und Demografie: Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerne Herr Wäschenbach, wir begrüßen diesen Koalitionsvertrag antworte ich auf die Mündliche Anfrage. Sie gibt mir die sehr, gerade weil Frau Dreyer für uns diesen Bereich Ge- Möglichkeit, Ihnen im Plenum die hervorragende Leistung sundheit und Pflege verhandelt hat und wir auch sehr froh des Landesbetriebs Mobilität im vergangenen Jahr 2017 sind, viele rheinland-pfälzische Aspekte dort wiederzufin- darzustellen. den wie den schon genannten präventiven Hausbesuch. Im vergangenen Jahr wurde nicht nur beim Bau der Bun- Ja, wir begrüßen es sehr, wie ich es vorhin sagte, dass desfernstraßen erstmals in der Geschichte des Landes in Berlin jetzt endlich angekommen ist, dass das Thema der Wert von 400 Millionen Euro Bauumsatz in Rheinland- Pflege einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung be- Pfalz überschritten, sondern auch im Landesstraßenbau darf, es in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und konnten alle Mittel verausgabt werden. neben den Ländern, die alle schon sehr viel in diesem Bereich tun, auch der Bund Verantwortung übernehmen Ein so hoher Wert, meine Damen und Herren, wurde bis- muss und es nach den vergangenen Jahren, in denen der her in Rheinland-Pfalz noch nie erreicht. Es ist nicht nur Bund im Bereich des Pflegeversicherungsrechts und der den vielen Überstunden der Mitarbeiterinnen und Mitar- Pflegestärkungsgesetze tätig geworden ist, erforderlich ist, beiter des Landesbetriebs Mobilität geschuldet, sondern die weiteren Hausaufgaben im Bereich der Personalbe- auch den Neueinstellungen zu verdanken. Mittlerweile stel- messung, der Bezahlung, der Rahmen- und der Arbeitsbe- len wir beim Landesbetrieb Mobilität nahezu jede Woche dingungen zu erledigen. eine zusätzliche Ingenieurin oder einen zusätzlichen In- genieur ein. Natürlich benötigen die neuen Kräfte noch eine gewisse Einarbeitungszeit, trotzdem ist es uns gelun- Präsident Hendrik Hering: gen, innerhalb kurzer Zeit die Planungskapazitäten massiv Vielen Dank, damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. hochzufahren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS Vor dem Hintergrund der vielen geleisteten Überstunden 90/DIE GRÜNEN) sowie des großen Einsatzes der Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter des Landesbetriebs Mobilität finde ich Äußerun- Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Ste- gen seitens der CDU, die dieses Ergebnis schlechtreden ven Wink und Cornelia Willius-Senzer (FDP), Straßen- wollen, unangemessen, und ich möchte die Mitarbeite- baumittel – Nummer 9 der Drucksache 17/5450 – betref- rinnen und Mitarbeiter des Landesbetriebs vor solchen fend, auf. Behauptungen und vor solchen unangemessenen Äuße- rungen in Schutz nehmen. Wer trägt vor? – Herr Wink, bitte. (Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abg. Steven Wink, FDP: Vielen Dank. Zu Frage 1: Die für den Bundesfernstraßenbau abgerufe- nen Bundesmittel beliefen sich in den vergangenen Jahren Wir fragen die Landesregierung: auf folgende Summen: 343 Millionen Euro im Jahr 2013, 353 Millionen Euro im Jahr 2014, 337 Millionen Euro im 1. Wie haben sich die abgerufenen Bundesmittel für Jahr 2015, 356 Millionen Euro im Jahr 2016 und der Re- den Straßenbau in den vergangenen fünf Jahren ent- kordwert von 404,6 Millionen Euro im Jahr 2017. wickelt? Im Vergleich zum Jahr 2013 haben wir die Mittel damit 2. Auf welcher Grundlage werden die Investitionsmittel um 18 % nach oben gefahren. Betrachtet man alleine die beim Bund beantragt? Jahre 2016 und 2017, so konnten wir Bundesmittel von

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48,2 Millionen Euro zusätzlich verbauen. Das entspricht Präsident Hendrik Hering: einer Steigerungsrate von über 10 % innerhalb eines Jah- Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dötsch. res.

(Beifall der FDP und der SPD) Abg. Josef Dötsch, CDU:

Zu Frage 2: Der Landesbetrieb Mobilität ermittelt auf der Herr Minister, für den LBM besteht die Möglichkeit, auch Grundlage der laufenden Bauverträge und der zur Um- Planungsleistungen an externe freie Ingenieurbüros zu setzung geplanten Maßnahmen das erforderliche Budget. vergeben. Wie hoch ist in Rheinland-Pfalz der Anteil der Dabei wird von einer günstigen Prognose hinsichtlich des Leistungsvergabe an freie Ingenieurbüros, was die Pla- zur Verfügung stehenden Personals, des vorbereitenden nungsleistungen angeht? Planungsverlaufs und natürlich auch der Witterung aus- gegangen. Auf dieser Grundlage entscheidet der Bund, Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, bis zu welchem Betrag das Land Investitionsmittel aus Landwirtschaft und Weinbau: dem Bundeshaushalt verausgaben kann. Damit wir unse- re Planungs- und Baukapazitäten voll auslasten, sind wir Herr Kollege, selbstverständlich vergeben wir sehr viel bestrebt, diese Mittel möglichst hoch anzusetzen. auch an freie Ingenieurbüros. Diese Summe ist in den letzten Jahren auch massiv angestiegen. Ich kann Ihnen Aus Sicht der Landesregierung ist es sinnvoller zu riskie- die genauen Zahlen im Augenblick nicht nennen, werde ren, nicht alle angesetzten Mittel verbauen zu können, als sie Ihnen aber gern nachreichen. Aber die Kapazitäten, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass Vorhaben daran schei- die wir am freien Ingenieurmarkt bekommen, nutzen wir tern, weil nicht genügend Mittel beantragt wurden. selbstverständlich.

Zu Frage 3: Nach Auskunft des Bundesministeriums für Präsident Hendrik Hering: Verkehr und digitale Infrastruktur steht Rheinland-Pfalz Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wäschenbach. bezogen auf die Investitionen pro Kopf auf Platz 5 im Ver- gleich der 16 Bundesländer und ist damit weitaus bes- ser positioniert, als dies nach seinem Ranking in der Ein- Abg. Michael Wäschenbach, CDU: wohnerzahl zu erwarten wäre. Herr Minister Wissing, ist es nicht richtig, dass 28,6 Millio- nen Euro Baumittel im Jahr 2017 zurückgegeben wurden Ich kann Ihnen auch sagen, uns stünden nach dem Kö- oder nicht verbaut werden konnten? nigsteiner Schlüssel 4,8 % der gesamten Bundesmittel zu. Verbaut wurden in Rheinland-Pfalz 6,3 %. Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Es ist mir völlig unerklärlich, weshalb in der Öffentlichkeit Landwirtschaft und Weinbau: der Wahrheit zuwider behauptet wird, wir in Rheinland- Herr Kollege, ich glaube, dass bei der öffentlichen Diskus- Pfalz würden Gelder, die uns zustünden, nicht abrufen, sion über diese Zahl ein Irrtum entstanden ist. Es wird der und diese würden in anderen Ländern verbaut. Die Realität Eindruck erweckt, dass die von uns angemeldete Zahl eine ist eine andere. Wir haben mehr als die uns zustehenden objektive Zahl sei. Wenn Rheinland-Pfalz beispielsweise 4,8 %, nämlich 6,3 % des Gesamtvolumens in Rheinland- 433 Millionen Euro beim Bund anmeldet, dann beruht die- Pfalz verbaut und damit zulasten anderer Länder. Aufgrund se Anmeldung aufgrund einer Prognose. Das heißt, wir unserer hohen Planungskapazitäten haben wir mehr Geld gehen davon aus, dass wir bei großer Anstrengung diese nach Rheinland-Pfalz geholt. 433 Millionen Euro erreichen. (Beifall der FDP, der SPD und der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE Wenn ich als Minister dort 400 Millionen Euro anmelde, GRÜNEN) werden mir 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wenn ich dann aber diese 400 Millionen Euro erreicht habe, habe ich vielleicht nicht die Möglichkeit, darüber hin- Zu Frage 4: Über die bereits genannten 404,6 Millionen Eu- aus zu verbauen. Deswegen fährt die Landesregierung die ro für die Bundesstraßen hinaus wurden bei uns 93,5 Mil- Strategie, eine große Summe anzumelden, um möglichst lionen Euro in die Landesstraßen investiert. Dabei sind die viele Bundesmittel hierherzuholen. Ausgaben auf den Aufwandspositionen des im Haushalt ausgewiesenen Bauprogramms, nämlich nicht investiver Das ist wie beim Stabhochsprung. Dort liegt der Weltre- Aufwand wie Markierungen, Kleinstmaßnahmen zur Ver- kord bei 6,16 Meter. Rheinland-Pfalz ist in diesem Fall kehrssicherheit, noch gar nicht eingerechnet, sodass 2017 bereit, die Latte auf 6,20 Meter zu legen, weil wir das ehr- insgesamt knapp eine halbe Milliarde Euro in die Straßen geizige Ziel haben, den Rekord zu übersteigen. 2017 ist des Landes Rheinland-Pfalz investiert worden sind. uns das gelungen, weil wir die 400-Millionen-Euro-Grenze erreicht haben. Andere Bundesländer legen die Latte et- Meine Damen und Herren, eine halbe Milliarde in einem was niedriger, vielleicht nur auf 5 Meter, und springen dann Jahr! 5,20 Meter.

(Beifall der FDP und der SPD) Wenn Rheinland-Pfalz 5,80 Meter springt, hat es mehr

3219 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 erreicht als der vergleichbare Sportler aus dem anderen Abg. Uwe Junge, AfD: Bundesland. Herr Minister, herzlichen Dank für den Vergleich mit dem (Beifall der FDP, der SPD und des Stabhochsprung. Ich habe auch Stabhochsprung gemacht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und weiß natürlich auch – – –

Deswegen ist diese Zahl, die Sie nennen, also die von uns (Zurufe von der SPD: Oh! Jo!) nicht ganz abgerufenen Mittel, keine Zahl, die sich so um- drehen lässt, dass dem Land Rheinland-Pfalz dadurch ein – Ja, ja, ja! Nachteil entsteht. Im Gegenteil, Rheinland-Pfalz hat durch die ehrgeizige Anmeldung des Verkehrsministeriums einen (Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD) Vorteil erlangt. Der drückt sich wie folgt aus: Ich habe mein Leben nicht hier vertan, sondern ich habe Uns stehen nach dem Königsteiner Schlüssel 4,83 % der tatsächlich auch etwas geleistet. gesamten Bundesmittel zu, verbaut haben wir aber durch (Weitere Zurufe von der SPD) unseren Mut und unsere ehrgeizige Anmeldung 6,3 % der Bundesmittel. Aber in der Tat, ich weiß auch, wenn man – – – (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr (Zuruf von der SPD: Drei Meter vorher beachtlich!) gescheitert! – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Welche Diese Mittel fehlen in anderen Bundesländern, die weniger Frage steckt dahinter?) angemeldet haben oder die geringere Planungskapazitä- ten haben; aber das verantworten nicht wir in Rheinland- – Sie würden schon beim Anlauf scheitern. Sie würden da Pfalz. schon zusammenbrechen. (Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Aber natürlich ist klar, wenn ich die Latte sehr hoch lege, Zurufe von der SPD: Guter LBM!) aber weiß, mein Stab ist zu kurz, um einmal dabei zu blei- ben, dann werde ich die Höhe nicht schaffen.

Präsident Hendrik Hering: (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja, der Stab ist zu kurz! – Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ahnemüller. Weitere Zurufe aus dem Hause)

– Darf ich bitte zu Ende sprechen? – Es ist wirklich schwie- Abg. Jens Ahnemüller, AfD: rig, gegen diese Lächerlichkeiten anzusprechen.

Herr Minister, gibt es einen Vergleich der verwendeten Bundesmittel aller Bundesländer rein auf die Summe be- Präsident Hendrik Hering: zogen? Herr Junge, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Abg. Uwe Junge, AfD: Landwirtschaft und Weinbau: Gut, ich setze noch einmal an. Ja, selbstverständlich gibt es die Möglichkeit, die Summen abzurufen, wie viel von den gesamten Bundesmitteln in Stabhochsprung ist eine sehr schwierige Disziplin. Wenn die einzelnen Bundesländer geflossen ist. Wenn Sie diese der Stab zu kurz ist, werden Sie die Höhe nicht schaffen. Zahlen interessieren, können wir sie Ihnen gern liefern. Dann werden Sie sehen, dass überproportional viel nach Ich finde es schon relativ bemerkenswert, dass Sie sagen, Rheinland-Pfalz geflossen ist, nämlich die besagten 6,3 % Sie fordern mehr Mittel an, als Sie eigentlich verbauen des gesamten Kuchens, obwohl uns nach der Größe nur können. Das ist natürlich eine Strategie, die man fahren 4,83 % zustehen. kann. Sie kostet dennoch Steuergeld, aber zunächst ein- mal Buchgeld; denn Sie fordern zunächst einmal etwas an, Deswegen möchte ich an der Stelle wirklich einmal klarstel- das Sie möglicherweise nicht verarbeiten können. len, dass die immer wieder in der Öffentlichkeit wiederholte Behauptung, wir würden zugunsten anderer Länder Investi- Aber dennoch haben wir in diesem Hause schon sehr tionen unterlassen, so ziemlich das Gegenteil der Wahrheit deutlich darüber gesprochen – dazu haben Sie auch Aus- ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. führungen gemacht –, dass wir sowohl die Mitarbeiter, aber auch – das haben Sie mir in einem anderen Zusammen- (Beifall der FDP, der SPD und des hang auch einmal gesagt – die Firmen gar nicht haben, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) um all diese Herausforderungen bewältigen zu können.

Präsident Hendrik Hering: Das hat sich also jetzt grundlegend geändert? – Ich bin ja froh darüber, das ist ja wunderbar, wenn es so ist, wie Sie Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junge. es gerade ausgeführt haben.

3220 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, (Beifall der FDP, der SPD und des Landwirtschaft und Weinbau: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja. Die Überstunden der Mitarbeiter und die hohen Planungs- kapazitäten haben dazu geführt, dass Rheinland-Pfalz 2017 – ich betone es noch einmal – eine halbe Milliarde Abg. Uwe Junge, AfD: Euro in einem Jahr in seine Infrastruktur investieren konn- Aber wo war der Wandel, und was hat diese Entwicklung te. jetzt umgekehrt? – Das würde mich interessieren. (Beifall der FDP und der SPD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!) Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau: Präsident Hendrik Hering: Herr Kollege, die grundlegende Veränderung ist der Aus- Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Oster. bau der Planungskapazitäten beim Landesbetrieb Mobilität. Wie ich vorhin ausgeführt habe, haben wir im vergangenen Jahr jede Woche mindestens einen Straßenbauingenieur Abg. Benedikt Oster, SPD: oder eine Straßenbauingenieurin eingestellt. Wir fahren die Planungskapazitäten massiv hoch. Herr Minister, wie Sie richtig gesagt haben, wird gerade versucht, uns bewusst in ein falsches Bild zu rücken, und Ich möchte Ihnen das noch einmal erläutern. Im Jahr 2016 behauptet, wir hätten all die Jahre nicht genug Gelder ab- haben wir 356,3 Millionen Euro Bundesmittel verbaut. Ich gerufen. Können Sie auch noch einmal einen Vergleich hätte nun für das Jahr 2017 400 Millionen Euro beantragen ziehen zu den letzten 10 Jahren? können; dann hätte ich mich feiern lassen können dafür, (Abg. Christian Baldauf, CDU: Das wird dass ich 100 % erreicht habe. Dann hätte ich aber weni- aber peinlich für euch, ihr habt ja nichts ger Geld nach Rheinland-Pfalz geholt; denn ich konnte gemacht!) 404,6 Millionen Euro holen, weil ich über 430 Millionen Euro angemeldet hatte. Haben Sie vielleicht diese Zahlen griffbereit, um einmal aufzuzeigen, wie viel „on top“ abgerufen wurde? Nun könnte ich hergehen und sagen, ich melde für 2018 404,6 Millionen Euro an, da ich weiß, dass ich diese Mittel mit meinen Kapazitäten verbauen kann. Das mache ich Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, aber nicht. Ich werde noch mehr anmelden als 2017. Landwirtschaft und Weinbau:

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Jawohl!) Ja, Herr Kollege, im Jahr 2008 wurden 300 Millionen Euro in Rheinland-Pfalz verbaut, 2009 376 Millionen Euro, 2010 Warum? Weil wir die Planungskapazitäten weiter in die 352 Millionen Euro, 2011 380 Millionen Euro, 2012 316 Mil- Höhe fahren. Ich riskiere, dass wir am Ende vielleicht wie- lionen Euro, 2013 343 Millionen Euro, und dies stieg dann der knapp unter dem bleiben, was wir angemeldet haben, an – ich habe die Zahlen vorhin schon einmal genannt – weil ich so viel wie möglich in Rheinland-Pfalz verbauen auf den Rekordwert von aktuell 404 Millionen Euro allein möchte. an Bundesmitteln.

(Beifall der FDP, der SPD und des Ich sage es noch einmal: Wir werden diesen Kurs fortset- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zen, wir ruhen uns auf diesem hohen Investitionsniveau nicht aus. Allerdings wurde in diesem Zusammenhang Deswegen sage ich noch einmal, mir geht es darum, so auch schon mehrfach darüber debattiert, ob man nicht hoch wie möglich für Rheinland-Pfalz zu springen. Ich trick- noch mehr Landesstraßenbaumittel investieren müsse. Da- se nicht, indem ich die Latte niedrig lege, um mich für eine zu kann ich nur sagen, Sie sehen, man braucht ein ausge- mittelmäßige sportliche Leistung feiern zu lassen, sondern wogenes Verhältnis zwischen verfügbaren Landesmitteln ich habe den Ehrgeiz, die Latte jedes Jahr höher zu legen. und den abrufbaren Bundesmitteln. Dass wir es geschafft (Beifall der FDP, der SPD und des haben, alle Landesmittel zu verbauen und den Rekordwert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auf Bundesebene zu erreichen, zeigt, dass die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter, die diese Prognosen erstellen, Ich werde immer wieder deutlich machen, dass die Be- einen großen Sachverstand und eine hohe Kompetenz hauptung, dass wir dadurch zugunsten anderer Länder haben, weil sie es ziemlich gut hinbekommen, so viel wie Gelder verschenken, das Gegenteil der Wahrheit ist. Wir möglich in die Infrastruktur zu investieren. Ich bin mit dem haben 2017 einen Rekordwert erreicht in den Infrastruktu- Ergebnis des Jahres 2017 höchst zufrieden. rinvestitionen in Rheinland-Pfalz. Dies ist möglich gewesen wegen der hohen Planungskapazitäten, es ist aber auch (Beifall der FDP, der SPD und des möglich gewesen – dies gehört auch zur Führung in einem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ministerium dazu –, weil wir uns intensiv mit dem LBM beschäftigen und die hohe Motivation immer honorieren. Präsident Hendrik Hering: Deswegen ist es schade, wenn durch politische Trickse- reien behauptet wird, es würden Gelder nicht abgerufen Es liegt noch eine Zusatzfrage von Herrn Baldauf vor, da- werden, die man hätte verbauen können. nach betrachte ich die Mündliche Anfrage als beantwortet.

3221 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

Abg. Christian Baldauf, CDU: Privatwirtschaft zur Umsetzung unserer Infrastrukturvorha- ben. All das muss aufeinander abgestimmt sein, und dabei Herr Minister, bei allem, was Sie sagen, und auch bei muss man auch die rechtliche Situation im Blick haben. Planfeststellungsbeschlüssen, die noch nicht ausreichend Wenn Planungsrecht geschaffen worden ist – möglicher- kopiert sind, aber zumindest einmal verkündet werden, weise erfolgt dies ganz schnell –, steht man auch unter kann man feststellen – das möchte ich schon an dieser Zeitdruck, zügig bauen zu müssen; ansonsten verfällt das Stelle sagen –, Herr Kollege Oster, den Willen kann man Planungsrecht. Ihnen nicht absprechen. Aber in den letzten 10 Jahren ist unter Rot-Grün sehr wenig passiert. Diese Dinge werden selbstverständlich eng aufeinander (Abg. Benedikt Oster, SPD: Das stimmt abgestimmt. Selbstverständlich werden dann, wenn die doch nicht! Das ist eine falsche Dinge zur Realisierung anstehen und auch ins Landesstra- Behauptung!) ßenbauprogramm aufgenommen werden, diese Projekte natürlich auch entsprechend mit Haushaltsmitteln unter- legt; denn es macht keinen Sinn, zu planen und Baurecht Präsident Hendrik Hering: zu schaffen, um am Ende nicht realisieren zu können.

Herr Baldauf, Sie sollen eine Frage stellen. (Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abg. Christian Baldauf, CDU: Präsident Hendrik Hering: Deswegen frage ich Sie, Herr Minister, Sie haben angekün- digt, eine Vielzahl – ich meine, 15 – Umgehungsstraßen Vielen Dank, damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. verwirklichen zu wollen. Sie haben auch gesagt, das geht nicht auf einmal, das ist klar. Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS (Zuruf von der SPD: 17!) 90/DIE GRÜNEN), Aktuelle Maßnahmen für saubere Mobilität – Nummer 10 der Drucksache 17/5450 – betref- – 17, noch besser! fend, auf.

Herr Minister, ich würde von Ihnen gern wissen, ob Sie auch in diesem Bereich bereit sind, die Haushaltsansätze Frau Blatzheim-Roegler trägt die Fragen vor. für diese Umgehungsstraßen entweder schon darzustellen, wo noch nichts drinsteht oder nur für die Zukunft etwas drinsteht, oder sie nach vorn zu ziehen. Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN:

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Wir fragen die Landesregierung: Landwirtschaft und Weinbau: 1. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für Herr Kollege, zunächst einmal haben wir mit dem Pro- zielführend, um die Luftqualität in den Städten zu gramm für die 17 Ortsumgehungsstraßen aus den vielen verbessern? Wünschen, die von kommunaler Seite an uns herangetra- gen worden sind, etwas gemacht, was sehr wichtig ist, um 2. Wer soll aus Sicht der Landesregierung für eine den Betroffenen konkret zu helfen. Wir haben uns die Pro- Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw, welche die jekte angeschaut, die ein hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis vorgegebenen gesetzlichen Grenzwerte nicht einhal- haben und von denen wir heute sagen können, dass sie ten, zahlen? auch nach den Vorgaben, die wir seitens des Rechnungs- hofs zu erfüllen haben – – – 3. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag für einen ticketlosen ÖPNV in ausgewählten Städten Wir können nicht jede Straße als Landesstraße bauen, ein- in dem Schreiben der Bundesregierung an den EU- mal ganz unabhängig vom Nutzen-Kosten-Verhältnis. Aber Umweltkommissar Karmenu Vella als Maßnahme bei diesen 17 Projekten sehen wir das Nutzen-Kosten- zur Luftverbesserung in allen von Grenzwertüber- Verhältnis als ausreichend gut an, sodass wir zur Vermei- schreitungen betroffenen Städten? dung von Wartezeiten so früh wie möglich mit der Planung dieser Straßen anfangen wollen. Das Ganze ist für den 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, LBM und auch für das Ministerium ein ziemliches Kunst- um den Radverkehr zu fördern und insbesondere werk; denn Sie können nicht hergehen und ganz viel auf den Umstieg auf das Fahrrad für Berufspendlerinnen Halde planen. Wenn Sie am Ende Baurecht haben, müs- und -pendler attraktiver zu machen? sen Sie das auch in einer bestimmten Zeit umsetzen.

Dabei spielt auch das Thema eine Rolle, das Herr Kol- Präsident Hendrik Hering: lege Junge angesprochen hat. Wir müssen viele Dinge Für die Landesregierung antwortet Herr Verkehrsminister beachten. Wir müssen die Planungskapazitäten, die Bau- Dr. Wissing. betreuungskapazitäten beachten, wir müssen aber auch die Kapazitäten in der privaten Bauwirtschaft beachten; (Vizepräsident Hans-Josef Bracht denn wir bauen nicht selbst, sondern wir bedienen uns der übernimmt den Vorsitz)

3222 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, widrigen Manipulationen von Motoren ist nicht hinnehmbar Landwirtschaft und Weinbau: und vollkommen inakzeptabel. Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Kollegin Blatzheim- Hardwarenachrüstungen von Fahrzeugen, die aus diesem Roegler, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, Grunde nicht den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich dass Sie das hochaktuelle Thema Saubere Mobilität auf- des Luftschadstoffausstoßes genügen, dürfen nicht den gegriffen haben. Wie alle wissen, fand gestern die dazu Eigentümern der Fahrzeuge angelastet werden, die Fahr- richtungsweisende Verhandlung vor dem Bundesverwal- zeughersteller sind hier als Verursacher heranzuziehen. tungsgericht statt, die für die rheinland-pfälzischen Städte Was verkauft wurde, muss auch geliefert werden, und zwar Mainz, und Koblenz von größter Bedeutung nicht nach der äußeren Gestalt, sondern auch nach den ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung Schadstoffgrenzwerten. über mögliche Dieselfahrverbote für bessere Luft in Städ- ten vertagt. Die Entscheidung soll am 27. Februar verkün- (Beifall der FDP und vereinzelt bei SPD, det werden. CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stimme mit Ihnen überein, ja, die Vereinbarkeit von Zu Frage 3: Zur Thematik Kostenloser ÖPNV ist eben- Mobilität und dem der Menschen vor Luftschadstoffen wird falls auf die zuvor schon angesprochenen Maßnahmen uns insbesondere in den Ballungsräumen große Kraftan- der Städte Mainz, Ludwigshafen und Koblenz hinzuweisen, strengungen abverlangen. Wie bereits gestern Nachmittag die kurzfristig eine Stickoxidminderung bewirken können. berichtet, unterstützt die Landesregierung mit dem Akti- Diese gilt es nun, rasch umzusetzen. Das von der Bundes- onsprogramm „Saubere Mobilität“ die von Grenzwertüber- regierung angesprochene Projekt zum kostenlosen ÖPNV schreitungen betroffenen drei rheinland-pfälzischen Städte ist eher langfristig einzuordnen. Erkennbar ist dies bereits Mainz, Koblenz und Ludwigshafen nach besten Kräften, daran, dass der Bund zunächst Erfahrungen in Testgebie- damit die Stickoxidbelastungen zeitnah sinken und die ten sammeln möchte und gar nicht über eine flächende- Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden. ckende Einführung nachdenkt. In diesem Zusammenhang sind auch noch viele offene Fragen zu klären. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfra- ge seitens der Landesregierung wie folgt: Aus Sicht der Landesregierung ist ein kostenloser ÖPNV in den betroffenen rheinland-pfälzischen Städten schon Zu Frage 1: Die von Grenzwertüberschreitungen betroffe- alleine aufgrund der ungeklärten Kostenfrage nicht in der nen drei rheinland-pfälzischen Städte haben mit der Unter- gebotenen Kurzfristigkeit realisierbar. Ein solches Vorha- stützung des Landes Maßnahmen definiert, die kurzfristig ben sollte zunächst auch auf seine Wirkungen, insbeson- eine Stickoxidminderung bewirken können. Diese gilt es dere auf die erforderlichen Kapazitätserweiterungen hin nun, im Rahmen des Aktionsprogramms „Saubere Mobili- untersucht werden. Die beabsichtigte Änderung der Ver- tät“ des Landes rasch umzusetzen. Hierdurch kann die Zeit kehrszusammensetzung wird wohl kaum ohne zusätzli- effektiv genutzt werden, bis die Maßnahmen des Bundes che Fahrzeuge und zusätzliches Personal sowie bauliche greifen. Maßnahmen einhergehen können. Die damit verbundene Die Städte entscheiden dabei selbst, auf welche Strategien Kostenfrage ist völlig offen. und Instrumente sie setzen, da die örtlichen Verhältnisse unterschiedlich sind. Was in einer Stadt effektiv sein kann, Allein schon diese Fakten lassen erkennen, dass damit muss nicht auch in der anderen im gleichen Maße zur kein rasch umsetzbares Vorhaben skizziert werden kann. Stickoxidreduzierung beitragen. Ich will auch daran erinnern, eine Erweiterung des ÖPNV- Angebots, an dem wir seitens der Landesregierung sehr Im Rahmen des Förderprogramms „Automatisierung und stark interessiert sind, ist kein einfaches Unterfangen. Man Vernetzung im Straßenverkehr“ des Bundes erfolgte die muss, wenn man beispielsweise im Schienenpersonen- Übergabe der Zuwendungsbescheide für die Erstellung nahverkehr zusätzliche Kapazitäten haben möchte, nicht der Masterpläne „Green-City“ Ende Dezember 2017. Die nur die Fahrzeuge beschaffen, sondern unter Umständen Erstellung der Masterpläne ist zwischenzeitlich vonseiten auch die Schienenwege ausbauen. Welcher Zeitraum da- der Städte beauftragt bzw. steht in Kürze an. Ziel der Mas- für erforderlich ist, ist, glaube ich, allen Mitgliedern dieses terpläne ist die Identifizierung und Bewertung geeigneter Hohen Hauses bekannt. Maßnahmen als Basis für eine Prioritätenreihung. Wenn man Busverkehre mit schadstofffreien Antrieben Die Ergebnisse der Masterpläne bleiben somit als Beurtei- ausweiten möchte, ist es gar nicht so einfach, mehr Bus- lungsgrundlage abzuwarten. Im Kern ist die Bewertung der fahrer zu finden, die man zusätzlich bräuchte; denn der Eignung immer in Verbindung mit der Realisierbarkeit bzw. Fachkräftemangel spielt uns an dieser Stelle nicht gerade dem Zeithorizont zur Umsetzung der jeweiligen Maßnah- in die Hände. men zu betrachten. Hier sind die Städte die kompetenten Ansprechpartner, weshalb über diese Fragestellung auch Daher sieht die Landesregierung in einem kostenlosen dort entschieden werden muss. ÖPNV keine Lösung für die erforderliche rasche Minde- rung der Stickoxidbelastung. Hinsichtlich einer mittel- bis Zu Frage 2: Bürger und Wirtschaft dürfen nicht für das langfristigen Betrachtung steht die Landesregierung dem Versagen von Fahrzeugherstellern und Kontrollbehörden Projekt mit einer gewissen Skepsis gegenüber, weil die bestraft werden. Die Täuschung der Verbraucherinnen und Frage noch nicht beantwortet wurde, wie man mit den länd- Verbraucher durch die Fahrzeughersteller bis hin zu rechts- lichen Räumen umgeht.

3223 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!) Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Zu einer Zusatzfrage erteile ich Frau Abgeordneter Wir haben heute schon Urbanisierungstendenzen in der Blatzheim-Roegler das Wort. Gesellschaft, die insbesondere eine Landesregierung wie die rheinland-pfälzische vor große Herausforderungen stel- len. Wir müssen in der Fläche Lebensqualität sicherstellen. Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Es kann nicht sein, dass wir am Ende kostenlosen ÖPNV NEN: in den großen Metropolen Deutschlands haben, diese Gel- der, die dorthin fließen, dann aber am Ende fehlen, um den Sehr geehrter Minister, vielen Dank für die Beantwortung. ländlichen Raum mit entsprechenden ÖPNV-Angeboten Ich habe noch eine Frage. Welche Maßnahmen auch zur zu versorgen. Stärkung von sauberer Mobilität, beispielsweise verbesser- ter ÖPNV, ergreift die Landesregierung für den ländlichen (Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS Raum? 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Das ist besonders wichtig; denn das Stichwort Kostenloser Landwirtschaft und Weinbau: ÖPNV bedeutet nicht, dass er wirklich kostenlos ist, er ist nur unentgeltlich für die Nutzer, aber selbstverständ- Frau Kollegin, ich habe vorhin schon das Thema Rad- lich müssen die gesamten Kosten, Personal und Sachkos- schnellwege genannt. Wir sind auch dabei, zusätzlich in ten, an anderer Stelle getragen werden. Wenn das durch den Schienenpersonennahverkehr zu investieren. Wir ha- Steuergelder finanziert werden soll, dann darf es nicht da- ben ein großes Interesse daran, dass das ÖPNV-Angebot zu führen, dass diese Steuergelder für den Ausbau des in der Fläche weiter ausgebaut wird. ÖPNV in der Fläche im ländlichen Raum fehlen. Wir haben auch Elektrifizierungen auf den Weg gebracht, (Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, etwa in Ludwigshafen, um ein attraktives Angebot für Ar- FDP) beitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu machen, mit dem ÖPNV zum Arbeitsplatz zu kommen. Daran haben alle ein Zu Frage 4: Zum Radverkehr ist zu sagen, dass die Lan- Interesse. desregierung das Fahrrad im Alltags- und Berufsverkehr als ein Verkehrsmittel ansieht, das im multimodalen Zu- Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das ÖPNV-Angebot sammenwirken mit dem ÖPNV mehr Potenzial hat, als es – in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz spielt der heute bereits entfaltet. Das heißt, wir sehen darin gute Schienenpersonennahverkehr eine sehr große Rolle – ins- Möglichkeiten und halten das für ein wichtiges Verkehrs- gesamt für die Lebensqualität im ländlichen Raum in Zu- mittel. kunft eine erhebliche Rolle spielen wird. Als Beispiel kann ich Ihnen die Reaktivierung der Schienenstrecke Hom- Wichtig sind sichere Abstellmöglichkeiten an den Bahnhö- burg – Zweibrücken nennen. Wir denken auch über die fen und an den anderen ÖPNV-Haltestellen. Fördermittel eigenen Landesgrenzen hinaus. des Landes fließen hierbei etwa in den Bau einer Fahr- radstation am Bahnhof Trier. Radfahrer werden auch im Wir haben es beim Schienenpersonennahverkehr nicht Alltags- und Berufsverkehr ihr Rad nur dann nutzen, wenn ganz einfach, wenn es um die Reaktivierung von Strecken sie sich auf der zur Verfügung stehenden Infrastruktur si- geht, weil die Kosten zum Teil erheblich sind, wenn Stre- cher fühlen. Deswegen müssen wir hier investieren und cken wieder reaktiviert werden und wir das Kosten-Nutzen- tun das auch. Verhältnis beachten müssen. Das macht es manchmal nicht einfach, zum Teil sind es erhebliche Kosten. Aber Das Land investiert weiter in den Bau von Radwegen. wir wissen auch, dass diese Kosten gut investiert sind. Auch das ist wichtig. 2017 wurden in Rheinland-Pfalz rund Ländliche Räume ohne ÖPNV-Angebot können keine gute 15 Millionen Euro für den Radwegebau ausgegeben. Der- Zukunft haben. selbe Betrag ist für 2018 vorgesehen.

Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Ein neues Element der Fahrradinfrastruktur sind Rad- schnellwege. Seit 2014 liegt eine Potenzialanalyse vor, Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht mehr vor. Vielen die sieben grundsätzlich geeignete Korridore in Rheinland- Dank, Herr Minister. Die Frage ist beantwortet. Pfalz identifiziert. Das Land sucht nun gemeinsam mit den Kommunen nach Wegen der Umsetzung. Wir haben ein (Beifall der FDP, der SPD und des großes Interesse daran, dass auch Radschnellwege in BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rheinland-Pfalz unser Verkehrsangebot erweitern. Das sind gute Infrastrukturinvestitionen, weil der Fahrradver- Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende kehr als emissionsfreier Verkehr eine besondere Bedeu- der Fragestunde. tung, eine zunehmende Bedeutung erlangen wird. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, be- (Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE grüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerin- GRÜNEN – nen und Schüler des Reichswald-Gymnasiums Ramstein- Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr Miesenbach, 10. Jahrgangsstufe. Seien Sie herzlich will- richtig!) kommen im Landtag! Wir freuen uns, dass Sie da sind und

3224 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 sich für Politik interessieren. Unsere Demokratie braucht Doch bei allem Jubel haben sich bei der nüchternen Be- Sie. trachtung der Faktenlage viele ungelöste Baustellen aufge- tan. Es beginnt bei der Grundsatzfrage, welche Rolle ein (Beifall im Hause) mündiger Bürger in der digitalen Welt einnehmen soll. Soll er lediglich ein Nutzer oder auch ein Gestalter sein, der Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 21 der Ta- die Technik seinen eigenen Bedürfnissen anpassen kann? gesordnung auf: In Ihrem Alternativantrag stellen Sie die Medienkompetenz Digitale Teilhabe an Schulen sicherstellen – in den Mittelpunkt. Ja, die Medienkompetenz ist unbedingt umfassenden Ansatz verwirklichen wichtig, und die Anstrengungen dazu begrüßen wir sehr, Antrag der Fraktion der CDU ohne Frage. Aber reine Medienkompetenz ist etwas an- – Drucksache 17/5438– deres als Gestaltungskompetenz. Die kommt nämlich in Ihrem Antrag nicht vor. Darin unterscheiden wir uns. dazu: Digitale Bildung: die Zukunft gestalten (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Das schließt das Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP doch mit ein!) und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/5491– – Nein, es schließt es nicht mit ein, es ist etwas anderes. (Beifall bei der CDU) Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf zunächst der antragstellenden Frakti- Reine Medienkompetenz genügt nach unserer Ansicht on das Wort zur Begründung des Antrags erteilen. Frau nicht, um dem umfassenden Bildungsauftrag gerecht zu Abgeordnete Beilstein, Sie haben das Wort. werden. Es genügt nicht, Office-Programme zu beherr- schen oder beim Smartphone alle Bedienungsmöglichkei- Abg. Anke Beilstein, CDU: ten zu kennen. Gestaltungskompetenz bedeutet, neben der reinen Nutzung auch in der Lage zu sein, Systeme Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Man- zu hinterfragen oder auf eigene Bedürfnisse anzupassen. gel, der sich durch die Ein- und Auswirkungen der Digitali- Erst das ist Mündigkeit in der digitalen Welt. sierung in den letzten 20 Jahren vollzogen hat, ist rasant, und er wird immer ärger. Längst nicht mehr geht es nur um (Beifall der CDU) Schriftverarbeitung und Kommunikation per E-Mail oder um einen Austausch über die sozialen Netzwerke, nein, Gestalter kann nur werden, wer die Grundprinzipien kennt. der digitale Wandel ist allumfassend: vom Einkauf über Deswegen sind grundlegende Informatikkenntnisse über Bankgeschäfte, Informationsrecherche in und für alle Le- digitale Abläufe, die Bildung von Algorithmen, die Vernet- benslagen bis hin zum Einzug in nahezu jedes Berufsfeld. zung von Daten und ein Verständnis von Funktionsweisen wichtig. Diese Gestaltungskompetenzen kann der Schüler (Beifall der Abg. Hedi Thelen, CDU) nur im Fach Informatik erhalten.

Damit ist klar, die Prinzipien der digitalen Welt haben zwi- (Beifall der CDU) schenzeitlich alle Lebensbereiche durchdrungen. Daher ist es unserer Auffassung nach unumgänglich, dass (Beifall bei der CDU) das Fach Informatik im Fächerkanon überdacht werden muss. Wir halten es für längst überfällig, dass informati- In § 1 des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes wird der sche Bildung ab Jahrgangsstufe verpflichtend unterrichtet Auftrag der Schule geregelt. Dort heißt es: Sie vermittelt werden muss, damit alle Schüler diese Bildung erhalten Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, die freie Entfal- und nicht zufällig die 4.000 in der Sekundarstufe I, die ein tung der Persönlichkeit und die Orientierung in der moder- Wahlfach belegen, oder die 400 im Leistungskursbereich nen Welt zu ermöglichen, und hat das Ziel, zur Erfüllung der Oberstufe. der Aufgaben in Staat, Gesellschaft und Beruf zu befähi- gen. – (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Die „7“ haben Sie vergessen! Ab Klassenstufe 7!) Es liegt also auf der Hand, dass der allumfassende digi- tale Wandel auch entsprechende Auswirkungen auf den – In der Klasse 7 haben wir keine verbindliche Informatik, Bildungsauftrag des Landes hat. und das ist der Punkt.

(Beifall bei der CDU) (Beifall der CDU)

Im vergangenen Jahr feierte das Programm „Medienkom- Nach wie vor fehlt eine flächendeckende Anbindung an petenz macht Schule“ sein zehnjähriges Jubiläum. Ich war das schnelle Internet. Das ist eine weitere offene Baustelle. auf dieser Jubiläumsveranstaltung. Die Vorstellung der am Hier rufen Sie nach dem Bund, damit er Mittel zur Verfü- Projekt Beteiligten war definitiv spannend und interessant. gung stellt. Es war beeindruckend, was heute alles möglich ist von der Unterrichtsgestaltung über Projekte mit ausländischen (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Schulträger!) Schulpartnerschaften bis hin zu dem Engagement der Me- dienscouts. – Sie rufen nach den Schulträgern – ich höre den Unkenruf

3225 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 von links –, damit diese IT-Fachkräfte zur Verfügung stel- (Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Es geht len. Aber wo sehen Sie eigentlich die Rolle des Landes in nicht nur um Medienkompetenz!) diesem Feld? Deshalb ist sie auch mehr, Frau Kollegin Beilstein, als nur (Beifall der CDU – informatorisches Wissen. Sie muss aus unserer Sicht fach- Abg. Julia Klöckner, CDU: Richtig!) und themenübergreifend arbeiten und sich eben nicht nur auf wenige Unterrichtsstunden im Fach Informatik konzen- Wenn digitale Bildung eine gesamtgesellschaftliche Auf- trieren. gabe ist, dann kann sich das Land hier keinen schlanken Fuß machen (Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Nicht verstanden! – (Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS Abg. Julia Klöckner, CDU: Darum ging es 90/DIE GRÜNEN: Neue Aufgaben braucht nicht! Anderer Antrag!) das Land!) Wir sind seit über zehn Jahren – Sie nannten ja vorhin den und ist in der Pflicht. Dazu gehört auch, dass man ent- Geburtstag – erfolgreich mit diesem Konzept unterwegs sprechend Lehrerinnen und Lehrer ausbildet, intensive und haben bundesweit eine Vorreiterrolle inne. Ich bin sehr Nachschulungen vornimmt und auch einen Blick auf die froh, dass Ministerin Hubig diesen Weg mit viel Herzblut Informatiklehrer wirft. Hier stellen wir einen Rückgang fest und engagiert fortsetzt. Dieser zehnjährige Geburtstag und fragen, was Sie dagegen tun. macht deutlich, dass wir seit über zehn Jahren mit einem Konzept – Sie haben uns vorhin unterstellt, wir seien kon- (Beifall der CDU) zeptionslos, aber das Gegenteil ist der Fall – unterwegs Mir ist klar, das alles kostet Geld, und zwar viel Geld. Aber sind. wenn ich jetzt nachfragte und von der Landesregierung (Beifall der Abg. Bettina Brück, SPD) wissen wollte, wie viel Geld das kostet, bin ich mir ziemlich sicher, Sie könnten es nicht sagen. Sie könnten keine Aus- kunft darüber geben. Das macht deutlich, Ihnen fehlt ein Dieses Programm setzt Lehren und Lernen mit digitalen Gesamtplan, eine Gesamtstrategie mit festen Zielpunkten. Medien um, bedient die Aus-, Fort- und Weiterbildung und bezieht alle an Schulen Beteiligte ein, eben auch die El- (Beifall der CDU) tern, die Schülerinnen und Schüler und die Schulleitung. Und wir haben wichtige Partner im Boot, das wissen Sie Wenn es anders ist, dann nennen Sie hier diese Zielpunkte, doch auch. damit wir das überprüfen können, auch anhand der Zahlen, (Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Darum die später im Haushalt stehen. Wenn aber diese Grundla- geht es nicht!) gen nicht da sind, dann sind Sie nicht in der Lage, seriös die umfassende digitale Teilhabe unserer Schülerinnen Frau Kollegin Beilstein, offensichtlich war das Konzept so und Schüler für die nächsten Jahre zu planen. Darüber erfolgreich, dass die KMK – die Konferenz der Länder im müssen wir reden, und deshalb bitten wir auch um Über- Bildungsbereich – im Jahr 2016 unser Konzept als Grund- weisung unseres Antrags an den Ausschuss. lage für ihr Konzept zur Bildung in der digitalen Welt über- nommen hat. Vielen Dank. (Beifall der CDU – (Beifall bei SPD und FDP) Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!) Frau Kollegin, Ihr Antrag, den Sie uns heute hier vorlegen, ist aus meiner Sicht ein ziemlich oberflächlicher Schnell- Vizepräsident Hans-Josef Bracht: schuss, weil Sie sich an wenigen Zahlen festbeißen, noch Als nächster Rednerin erteile ich das Wort Frau Abgeord- dazu ist er viel zu einseitig. Ich bin schon erstaunt, dass neter Schmitt von der Fraktion der SPD. darin solche Sachen wie der KMK-Beschluss oder die di- gitale Bildung als Begriffe noch nicht einmal vorkommen. In der Überschrift sagen Sie, Sie hätten einen umfassen- Abg. Astrid Schmitt, SPD: den Ansatz, aber wenn man die Luft aus Ihrem Antrag herauslässt, dann fokussieren Sie sich im Grunde auf den Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Informatikunterricht ab der 7. Klasse. Die Digitalisierung – das wurde vorhin richtig dargestellt, Frau Kollegin Beilstein – bestimmt immer mehr Lebens- (Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Ja, weil und Arbeitsbereiche. Deswegen brauchen wir Kompeten- es über die Medienkompetenz hinausgeht!) zen, und natürlich muss sich auch die Bildungspolitik die- sen großen Herausforderungen stellen. Ich will Ihnen sagen, tun Sie nicht so, als ob es das heute nicht gäbe. Wir wissen doch, wie viele Schülerinnen und Kinder und Jugendliche – dort oben sitzen viele von ihnen – Schüler heute bereits in der Sekundarstufe I und Sekun- nutzen tagtäglich digitale Medien zur Informationsbeschaf- darstufe II Informatik als Wahlpflichtfach oder Pflichtfach fung, Unterhaltung und Kommunikation, und natürlich be- belegen. Es ist doch nicht so, dass das nicht in unserem wegen sie sich auch in sozialen Netzwerken. Aus unserer Konzept wäre. Unterstellen Sie das bitte nicht. Sicht muss die Vermittlung von Medienkompetenz genau an dieser Lebenswirklichkeit ansetzen und sie aufgreifen. (Beifall bei der SPD)

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Ich sage es Ihnen noch einmal, digitale Bildung muss Quer- sondern – Frau Kollegin – wir haben auch eine hervorra- schnittaufgabe in allen Unterrichtsfächern sein. Natürlich gende Grundlage für die Herausforderungen der Zukunft. ist es uns auch ganz, ganz wichtig, dass die Schulen das in ein pädagogisches Gesamtkonzept einbinden. Es nutzt (Abg. Julia Klöckner, CDU: Der Hahn fliegt, nichts – ich überspitze –, einen Informatiklehrer hinzustel- der Nürburgring fährt!) len, und ansonsten passiert nichts. Außerdem ist uns der Ansatz wichtig, dass alle Schülerinnen und Schüler unab- Schauen Sie einmal in den Koalitionsvertrag, Sie waren hängig von ihrer sozialen Herkunft den gleichen Zugang ja offensichtlich dabei. Es ist genau in unserem Sinne zu diesen neuen Medien haben. Im Endeffekt kommt es Bestandteil des neuen Koalitionsvertrags. Ich glaube, die auch bei uns auf eine aktive und selbstbestimmte Teilhabe haben auch einmal ins rheinland-pfälzische Konzept ge- an, die sich am pädagogischen Mehrwert orientiert. Das schaut. ist der Fokus. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall der Abg. Bettina Brück, SPD) (Beifall der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dafür sind wir heute mit unserem Landesprogramm schon breit aufgestellt. Ich habe keine Zeit mehr, die ganzen Stichworte zu nennen. Vizepräsident Hans-Josef Bracht: (Abg. Julia Klöckner, CDU: Tja, das ist das Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen von Frau Problem! Stichworte!) Schmitt erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Frisch.

Ein Beispiel ist das, was wir im Zusammenhang mit dem MedienkomP@ss machen. Wir sind doch schon weiter als Abg. Michael Frisch, AfD: das, was Sie hier fordern. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schmitt, Sie haben davon gesprochen, man (Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Nein, das müsse an die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugend- ist doch etwas anderes!) lichen anknüpfen. Das hört sich gut an. Deshalb weiten – Nein, das ist nichts anderes. Das ist eine gute Basis. Das Sie dieses Programm „Medienkompetenz“ zusehends aus. führen wir jetzt in den Grundschulen ein. In 125 Schulen Sie haben zunächst einmal die Grundschulen in den Blick sind wir gestartet. Wir weiten das aus. Zu nennen ist auch genommen, als Nächstes folgen die Kitas. Ich warte dar- das Projekt „Schulcampus RLP“ mit der Online-Plattform. auf, dass wir von der Landesregierung demnächst ein Programm „Medienkompetenz im Kreißsaal“ vorgelegt be- kommen. Es ist nicht so, dass ich hier nur jubeln will. Natürlich kön- nen und müssen wir diese Konzepte weiterentwickeln, weil (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Ha, ha, ha!) auch die digitale Bildung einem dynamischen Prozess un- terliegt. Aber dann wäre es schon ganz gut, Frau Kollegin Aber das Ganze ist leider nicht so lustig. Ich würde die- Beilstein, wenn der Bund endlich einmal mit den von Frau sem Ansatz ausdrücklich widersprechen wollen. Gerade in Ministerin Wanka versprochenen Fördermitteln einer Zeit, die völlig von den digitalen Medien übersättigt (Abg. Julia Klöckner, CDU: Na klaaar! – ist, in der auch kleine Kinder bereits stundenlang vor dem Weitere Zurufe von der CDU) Fernseher und dem Computer sitzen, brauchen wir einen Rückzugsraum, der von diesen Einflüssen weitgehend frei- – nein, Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln – um die gehalten wird. Ecke kommt. Natürlich hat das auch etwas mit Geld zu tun. (Beifall der AfD) Das wissen Sie.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Na klaaar!) Wir hatten einmal Projekte wie den Waldkindergarten. Wir brauchen keinen Tabletkindergarten. Kinder sollen spielen, die Natur erfahren, basteln, sich handwerklich betätigen, Es trifft eben nicht zu, dass Sie dort bisher Ihre Hausauf- mit allen Sinnen gerade in diesen ersten Jahren ihre Um- gaben gemacht haben. welt erfahren. Wir wissen aus vielen Studien – nicht nur von (Beifall bei der SPD) Professor Spitzer – der Hirnforschung und Psychologie, dass es kontraproduktiv ist, wenn wir hier in verstärktem Maße digitale Medien einsetzen. Wir wollen die Weiterentwicklung des Landesprogramms „MedienkomP@ss“. Wir wollen stärker länderübergreifende Der große Fehler ist, dass nicht zwischen einer Medien- Kooperationen. Wir wollen natürlich auch einen verbesser- bedienkompetenz und einer Medienmündigkeit unterschie- ten schnellen Internetzugang für möglichst alle Schulen. den wird. Die Bedienkompetenz brauchen Sie weder Kin- Wir wollen auch gerne schon in der frühkindlichen Bildung dern noch Jugendlichen beizubringen. Das können die in mit altersgerechten Konzepten starten. Zusammengefasst aller Regel besser als wir Erwachsene. Da lerne ich noch glaube ich, wir sind mit unserem Landesprogramm nicht etwas von meinen Kindern. Aber die Medienmündigkeit nur heute bereits gut aufgestellt, ist das Entscheidende, nämlich mit den Medien verant- (Abg. Julia Klöckner, CDU: Super, spitze, wortungsbewusst und reflektiert umzugehen. Sie wollen immer alles prima!) mir doch nicht im Ernst erzählen, dass Sie das über ein

3227 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 solches Projekt bereits Kitakindern nahebringen können. schreiben lernen. Wir wollen auch gar nicht Programmie- Das können allenfalls 12- und 13-Jährige, und selbst die ren oder sonst etwas im Kindergarten unterrichten und noch nicht alle. Jeder, der Kinder hat, weiß, was es für ein ins Zentrum unserer Arbeit stellen. Ich habe vorhin erklärt, Problem ist, selbst mit Jugendlichen und jungen Erwach- warum unser Ansatz ein umfassender ist. senen über dieses Thema zu diskutieren, weil sie es nicht schaffen, diesen Reizen zu widerstehen und sich auf das Ich habe zum Beispiel von der Einbeziehung der Eltern ge- zu konzentrieren, was wirklich wichtig wäre. Ich halte es sprochen, die dringend notwendig ist. Wir haben doch alle für einen großen Fehler, wenn wir das alles immer weiter unsere Erfahrungen aus unserem Umfeld. Dort sehen wir herunterbrechen, bis hin zum Kindergarten. doch, dass die Zweijährigen dasitzen und auf dem Tablet herumwischen. Man muss also mit den Eltern reden und (Beifall der AfD) sagen, wie pädagogisch verantwortungsvoll mit diesem Ansatz umgegangen wird. Wenn Sie uns etwas anderes Was die Schulen betrifft, gibt es die OECD-Studie „Stu- unterstellen, ist das grob falsch. Sie negieren das einfach. dents, Computers and Learning“, die eindeutig nachge- wiesen hat, dass die verstärkte Nutzung digitaler Medien (Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD) eben nicht per se zu besseren Schulleistungen führt. Statt- dessen wird deutlich gesagt – genau das ist unser Kon- – Nein, es ist grob falsch und trifft nicht zu. zept –, die Förderung von Grundkenntnissen in Rechnen und Schreiben trägt mehr – ich zitiere – zur Angleichung Das ist mir wichtig zu sagen. Von daher, glaube ich, sind von Bildungschancen bei, als die Ausweitung und Subven- wir mit altersgerechten Konzepten auf dem richtigen Weg. tionierung von Zugang zu Hightechgeräten und Dienstleis- tungen. Und noch eines, Herr Kollege Frisch: Wir machen das nicht als Selbstzweck. Immer dient dieser Einsatz der neu- (Beifall der AfD) en Techniken dem pädagogischen Primat, so kann man das nennen. Pädagogik steht oben drüber. Noch ein Letztes. Nutznießer dieser ganzen Entwicklung sind die Anbieter von Hard- und Software: Apple, Bertels- (Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD) mann, Microsoft und Co. Wenn es da nicht hingehört in die Schule, dann kann es im (Glocke des Präsidenten) späteren Studium gemacht werden, wenn sich Menschen spezialisieren wollen. Ich möchte nicht, dass unsere Kinder dazu missbraucht werden, die Gewinne solcher Konzerne zu erhöhen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE Vielen Dank. GRÜNEN) (Beifall der AfD) Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Frisch von der AfD. Zu einer Erwiderung erteile ich der Frau Abgeordneten Schmitt das Wort. Abg. Michael Frisch, AfD: Abg. Astrid Schmitt, SPD: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- ren! Als ich Ende der 1970er-Jahre an der Johannes Eine kurze Erwiderung, weil ich im Gegensatz zum Kolle- Gutenberg-Universität in Mainz Mathematik studierte, be- gen keinen vorbereiteten Zettel dabei habe; das war eine fand sich die Informatik noch in den Kinderschuhen. Zwar seltsame Kurzintervention. gab es schon die ersten Computer, aber deren Nutzung (Abg. Michael Frisch, AfD: Ich habe zitiert!) war einer kleinen Gruppe von Experten vorbehalten. Auch wir als Lehramtsstudenten beschäftigten uns im Rahmen – Ja, ja, ja, alles in Ordnung. der numerischen Mathematik mit der Konstruktion von Algorithmen und erstellten Programme zur Lösung mathe- Ich will das gerne noch einmal richtigstellen. Ich glaube, matischer Probleme. Sie müssen mir nicht erzählen – ich habe das entsprechen- de Fach studiert und mich mit frühkindlicher Entwicklung Da es nur wenige Rechner gab, die ausschließlich von befasst –, geschultem Personal bedient werden durften, mussten wir diese Programme mithilfe von schreibmaschinenähnlichen (Abg. Uwe Junge, AfD: Falsche Schlüsse Geräten in Lochkarten übertragen, die dann abgegeben gezogen!) und stapelweise von der Maschine verarbeitet wurden. Je- der kleine Tippfehler führte unweigerlich zum Abbruch des was notwendig ist, damit Kinder später einmal weiterfüh- Programms und erforderte einen komplett neuen Vorgang, rende Kulturtechniken lernen können. Natürlich setzt das der in der Regel mehrere Stunden dauerte. voraus, dass sie als Erstes motorische Grundfähigkeiten lernen, ansonsten können sie nachher nicht lesen und Ich erinnere mich noch gut an viele Freitagnachmittage, an

3228 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 denen ich gespannt darauf wartete, ob mein Algorithmus In zwei Punkten ist der vorliegende Antrag nach unserer erfolgreich gelaufen war und er auch zu dem gewünschten Auffassung zu undifferenziert. So unterscheidet er nicht Ergebnis führte; denn erst dann konnte für einen pflicht- zwischen den einzelnen Schularten und berücksichtigt da- bewussten Studenten die Heimfahrt in das ersehnte Wo- her nicht die besondere Situation der Grundschule. Dies- chenende beginnen. bezüglich haben wir schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir dort einen Computereinsatz im Unterricht aus Als viele Jahre später die Computer ihren Einzug in die prinzipiellen Erwägungen nicht für sinnvoll halten. In den Schulen hielten, lag es natürlich nahe, auf die numerische ersten Jahren soll das Erlernen von grundlegenden Fähig- Grundbildung der Mathematiker zurückzugreifen und ihnen keiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben im Vordergrund mangels speziell ausgebildeter Lehrer den Informatikun- stehen. Nach allem, was wir aus Hirnforschung und Psy- terricht zu übertragen. So durfte auch ich über viele Jahre chologie wissen, ist die Nutzung von Computern dabei hinweg die Schüler mit den Geheimnissen von Hardware eher kontraproduktiv. und Software vertraut machen. Auch im Hinblick auf die weiterführenden Schulen hätten (Abg. Astrid Schmitt, SPD: Laut CDU ist wir uns eine Differenzierung nach Schulformen und Un- das fachfremd!) terrichtsinhalten gewünscht. So ist es sicherlich sinnvoll, flächendeckend eine Grundbildung im Umgang mit Textver- Daher ist mir das Thema dieses Antrags wohlbekannt. arbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbankverwaltung sicherzustellen, weil diese Kompetenzen heute in nahezu Dass aus der beschriebenen Notlösung ein Dauerzustand allen Berufsfeldern benötigt werden. Ob aber die äußerst werden würde, war bei ihrer Einführung nicht abzusehen. anspruchsvolle, die Mehrheit der Schüler überfordernde Erstmals Ende 2016 und dann noch einmal im Dezem- Erstellung von Algorithmen und Programmen wirklich ver- ber 2017 habe ich eine Anfrage an die Landesregierung pflichtend sein sollte, lässt sich mit Fug und Recht bezwei- gestellt, um Auskunft über die Dimension des Problems feln. Die meisten von uns fahren Auto, ohne dass wir in der fachfremder Unterricht an rheinland-pfälzischen Schulen Lage wären, einen Motor im Detail zu verstehen oder ihn zu erhalten. Dabei kam neben einigen anderen ernüch- gar zu konstruieren. ternden Zahlen auch heraus, dass ein erheblicher Teil des Informatikunterrichts nach wie vor von nicht ausreichend Nicht zuletzt klammert der Antrag die Frage nach den Kos- qualifizierten Lehrern erteilt wird. Dies gilt insbesondere für ten für eine umfassende Digitalisierung der Schulen völlig die Realschule plus und die Gesamtschulen, aber selbst aus. Hier fallen nicht nur hohe Aufwendungen für die An- in den berufsbildenden Schulen und am Gymnasium lag schaffung und Wartung von Computern, Whiteboard und der Anteil im vergangenen Schuljahr bei etwa 20 %. Co an, sondern vor allem auch für die regelmäßige Erneue- rung dieser Geräte im Zuge des technischen Fortschritts. Es ist zu begrüßen, dass die CDU-Fraktion das jetzt auf- gegriffen hat; denn in der Tat leiden sowohl Schüler als Ob es richtig ist, einen großen Teil der begrenzten Res- auch Lehrer unter dieser Situation. Gerade aus meiner sourcen dauerhaft hierfür einzusetzen, anstatt etwa die eigenen Erfahrung weiß ich, wie schwierig es ist, in einem Unterrichtsqualität durch eine Verkleinerung der Klassen extrem innovativen, sich ständig fortentwickelnden Bereich zu verbessern, ist durchaus fraglich. wie der Informatik ohne solides Fachwissen und oft leider auch ohne ausreichende Fortbildungsangebote seitens (Beifall bei der AfD) des Landes den Ansprüchen der Schüler an einen gu- ten Unterricht gerecht zu werden. Hier besteht dringender Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der An- Handlungsbedarf in der Ausbildung und Einstellung von trag der CDU-Fraktion greift ein wichtiges Thema auf und qualifiziertem Personal. Insoweit können wir dem Antrag enthält viele richtige Impulse. Da wir jedoch in einigen der CDU uneingeschränkt zustimmen. Punkten Verbesserungsbedarf sehen, würden wir es be- grüßen, im Ausschuss weiter darüber zu diskutieren. Gleiches gilt für die Forderung nach schnellem Internet- anschluss für alle Schulen und einem klaren Konzept zur (Glocke des Präsidenten) Betreuung der schulischen Computersysteme. Die hier an- fallende Arbeit wird bis heute nahezu ausschließlich auf In der vorliegenden Form können wir dem Antrag nicht die Lehrkräfte abgeschoben. Vergleicht man den Umfang zustimmen und werden uns deshalb enthalten. der zu erfüllenden Aufgabe mit den dafür gewährten Ent- lastungsstunden, dann kann man dieses Vorgehen nur als Vielen Dank. Ausbeutung bezeichnen. Ich habe mehr als einmal erlebt, dass mein für die Systembetreuung zuständiger Kollege (Beifall der AfD) das ganze Wochenende an der Schule verbracht hat, da- mit am Montagmorgen der Informatikunterricht stattfinden Vizepräsident Hans-Josef Bracht: konnte. Sollte Zustände sind völlig unhaltbar. Nun erteile ich Frau Abgeordneter Lerch von der Fraktion Wenn das Land einen vernünftigen Informatikunterricht der FDP das Wort. und dazu auch eine funktionierende EDV-basierte Schul- verwaltung haben will, dann muss man entweder die Kom- Abg. Helga Lerch, FDP: munen finanziell entsprechend ausstatten oder aber selbst Personal einstellen, das sich um Technik und Administrati- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Koalitions- on der Computersysteme kümmert. vertrag der Ampelkoalition wird das Thema Digitale Bildung

3229 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 an mehreren Stellen behandelt. Darin heißt es unter ande- ob die bisher übliche Fachbindung des Studiums der Infor- rem – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Digitale matik an die Fächer Mathematik und Physik aufgehoben Bildung und der Erwerb digitaler Kompetenzen entschei- werden kann, um damit die Zahl der Studierwilligen zu den über Berufs- und Lebenschancen. Sie sind für uns erhöhen. Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe daran, die von zentraler Bedeutung. Online Lehren und Lernen soll notwendigen mathematischen Inhalte in das Studium der Standard werden an allen weiterführenden Schulen. Wir Informatik so zu verankern, damit nicht zwingendermaßen werden unsere Schulen bei der Vermittlung digitaler Bil- ein Mathematikstudium notwendig ist, aber doch die not- dung unterstützen und dabei das erfolgreiche Landespro- wendige mathematische Grundbildung gegeben ist. Ich gramm ,Medienkompetenz macht Schule‘ fortentwickeln. erhoffe mir von der Freigabe der Fächerbindung eine er- Dabei wird neben der Hardwareausstattung die digitale Bil- höhte Anzahl von Studentinnen und Studenten, die das dung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften Fach Informatik in Zukunft mit einem beliebigen Zweitfach intensiviert und die Vermittlung digitaler Kompetenzen (...) studieren können. ausgeweitet.“ – So weit das Zitat. An anderer Stelle geht der Koalitionsvertrag noch einmal explizit auf das digitale Was die Weiterentwicklung des Schulbuchkatalogs anbe- Lernen in der Weiterbildung ein. langt, was Sie auch in Ihrem Antrag ausführen, hinsicht- lich lehrplankonformer digitaler Bildungsmedien, weiß ich, Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist sich dass es auch hier seit Jahren Gespräche zwischen dem ihrer Verantwortung bezüglich der digitalen Gestaltung von Bildungsministerium und den Schulbuchverlagen gibt. Zukunft bewusst und hat dies auch mit dem Digitalisie- rungskabinett zur Chefsache gemacht. Meine Damen und Herren, der im vorliegenden Antrag der CDU angesprochene technische Support für die Schulen (Beifall der FDP, der SPD und des ist allerdings ein Thema, welches die Schulen und die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Schulträger in gleichem Maße befasst. Hier hängt es sehr Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!) stark von der Finanzkraft und dem politischen Willen der jeweiligen Kommune, der Schulträger, ab, ob eine solche Dabei gilt es, die technischen Voraussetzungen zu schaf- Unterstützung vor Ort geleistet wird oder nicht. Fakt ist, fen, damit die Schulen in unserem Land eine zeitgemäße dass die Lehrkräfte mit einer technischen Wartung von IT technische Infrastruktur erhalten. Rheinland-Pfalz hat sich in der Schule nicht alleingelassen werden dürfen. Hier sind auf den Weg gemacht und hofft, mit der angestrebten Auf- alle aufgefordert – der Bund, das Land, die Kommunen –, hebung des Kooperationsverbots nun auch die notwendige gemeinsam Lösungen zu finden; finanzielle Unterstützung des Bundes zu erhalten, die seit Langem angekündigt war. Das ist eine offene Baustelle, (Glocke des Präsidenten) die man auch ansprechen darf, Frau Beilstein. denn so, wie es im Moment an den Schulen läuft, kann es (Staatsminister Roger Lewentz: Muss man nicht weitergehen. sogar!)

Bezüglich der Nutzung neuer Medien im Unterricht darf Meine Damen und Herren, abschließend gilt immer noch: dies allerdings nicht allein mit dem Fach Informatik in Ver- Der Mehrwert von Unterricht hängt vom Lehrer und nicht bindung gebracht werden. Informatik ist weit mehr als die allein von den Medien ab. Auf den Lehrer kommt es an. Die Nutzung moderner Medien im Schulunterricht. Deshalb notwendige Hardware kann nur die technische Grundlage halten wir es für wichtig, zwischen dem Fach Informatik dafür sein. auf der einen Seite und der anwendungsbezogenen Nut- (Glocke des Präsidenten) zung neuer Medien auf der anderen Seite in der Schule zu unterscheiden. Vielen Dank. Fast alle Schulen im Land haben es sich zum Ziel gesetzt, ein sogenanntes Medienkonzept zu entwickeln, das die Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Schüler jahrgangsbezogen mit den Herausforderungen und Chancen neuer Medien vertraut macht. Dabei lernen Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Köbler von der Frakti- die Schüler anwendungsbezogene Risiken kennen, aber on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. auch die Möglichkeiten, die ihnen diese Medien bieten. Das Fach Informatik geht dabei weit über die anwendungs- Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: bezogene Nutzung digitaler Medien hinaus. Nicht jeder – daher war das Bild absolut richtig –, der ein Auto fährt, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! muss Kfz-Mechaniker sein. Deshalb halten wir die in Ihrem In diesem Jahr jährt sich der Todestag des größten Sohns Antrag formulierte Forderung nach einer großen Auswei- meiner Heimatstadt, Johannes Gutenberg, zum 550. Mal. tung des Fachs Informatik für völlig überzogen. Johannes Gutenberg hat mit seiner bahnbrechenden Er- findung der Druckkunst mit beweglichen Lettern unsere (Beifall der FDP, der SPD und des Informations- und Mediengesellschaft erst begründet. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Abg. Julia Klöckner, CDU: Ohne Lettern Um eine künftig bessere Versorgung mit Informatiklehrern kein Lektor!) zu garantieren, habe ich vor etwa einem Jahr im Auftrag meiner Fraktion einen Prüfauftrag an das Bildungsministe- Zuvor wurden Bücher von Mönchen in Schreibstuben ge- rium herangetragen. Dabei ging es darum zu überprüfen, schrieben oder abgeschrieben und vervielfältigt. Dank sei-

3230 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 ner bahnbrechenden Erfindung ist es erst möglich gewor- eine Gesundheitsfrage und eine Chance, das Wissen di- den, Wissen und Informationen in breite gesellschaftliche gital an unseren Schulen zu haben. Da ist das Projekt Kreise zu transferieren. Die heutige breite Bildung der Mas- „Schulcampus“, das die Landesregierung angeht, der ab- se der Bevölkerung wäre ohne die Erfindung Johannes solut richtige und vorbildliche Weg. Gutenbergs überhaupt nicht denkbar. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Heute befinden wir uns in einem neuen revolutionären bei SPD und FDP) Zeitalter. Man spricht von der digitalen Revolution, die in dem Jahr 2002, also dem Jahr, in dem die Menschheit Dazu braucht es aber auch die entsprechende Ausstattung. in der Lage ist, mehr Informationen digital als analog zu Deswegen ist es dringend geboten, den Breitbandschluss speichern, begonnen hat. Heute sind bereits 98 % des unserer Schulen weiter voranzutreiben. Das ist ein ganz weltweiten Informationsaustauschs digital. wesentlicher Punkt. WLAN an allen Schulen muss unser Ziel sein. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir warten immer es ganz, ganz wesentlich und ganz, ganz wichtig ist, dass noch auf die von Frau Wanka versprochenen 5 Milliarden wir diese Revolution, so wie es Johannes Gutenberg da- Euro, die wir dringend brauchen, um hier in unsere Infra- mals getan hat, in allererster Linie als Chance begreifen, struktur zu investieren. Aber letztlich ist es auch so, die Bildung und Wissen noch weiter und noch breiter in die beste Ausstattung nutzt nichts, wenn ich vor Ort nieman- Gesellschaft zu vermitteln. den habe, der sich im Zweifelsfall damit auskennt. Deswe- (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gen müssen wir auch die Anstrengungen unternehmen, der SPD und der FDP) dass wir gemeinsam mit den Schulträgern, die dafür die Zuständigkeit haben, dafür sorgen, dass auch entspre- Natürlich ist auch die Anwendungskompetenz eine wichti- chende IT-Fachkräfte bereitstehen und es nicht wie viel zu ge Kompetenz, Frau Beilstein. Es ist wirklich schön, wenn oft bisher der Lehrer, der sich am besten auskennt, noch Sie in das Weltmuseum der Druckkunst gehen, was viele nebenher macht, Schülergruppen machen, um zu erleben, wie die Druck- kunst funktioniert und wie Bücher gedruckt werden. Ist es (Glocke des Präsidenten) aber nicht wesentlich, wesentlich wichtiger für den Erfolg des Mediums gewesen, dass die Menschen lernen, wie sie dass wir da auch noch Konzeptionen entwickeln, damit die mit diesen Büchern umzugehen und einzusortieren haben, entsprechende Ausstattung auch genutzt wird. So kann die was darin steht? digitale Revolution an unseren Schulen weiter vorangehen. Wir sollten den Nutzen und die Chancen für die Zukunft Es mag damals vielleicht auch die Befürchtung gegeben für unsere Kinder sehen. Ich glaube, Johannes Gutenberg haben, wenn die Menschen gedruckte Bücher vor sich ha- würde das gut finden. ben, werden weniger Menschen das Schreiben erlernen. Das absolute Gegenteil ist aber doch der Fall gewesen. So Herzlichen Dank. verhält es sich jetzt auch mit den digitalen Medien. Man (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, muss nicht jeden 0-1-Code kennen, um Medienkompetenz der SPD und der FDP – zu erlangen. Deswegen ist es wesentlich wichtiger, so wie Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ist die Landesregierung das sehr erfolgreich macht, den Be- doch der aus „Mainz bleibt Mainz“!) reich der Medienkompetenz als Querschnittsaufgabe in unseren Schulen anzubieten. Wenn wir da in den vergan- genen zehn Jahren über 20 Millionen Euro investiert haben Vizepräsident Hans-Josef Bracht: und bundesweit vorne sind, dann kann ich Ihren Antrag Für die Landesregierung spricht nun Frau Staatsministerin sozusagen nur als Unterstützung werten, in diesem Be- Dr. Hubig. reich in unseren Schulen, was digitale Medienkompetenz angeht, weiter voranzuschreiten. Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz herzlich für den Antrag der CDU, Was mir aber sehr, sehr wichtig ist, ist das Thema Ausbau weil er zum einen ein wichtiges Thema aufgreift und zum der digitalen Plattformen und digitalen Inhalte. Wir stehen anderen uns bzw. mir die Gelegenheit bietet aufzuzeigen, mit dem Projekt „Schulcampus“ sozusagen in den Start- dass und wie wir in Rheinland-Pfalz bereits seit Jahren löchern, dass auch Inhalte wesentlich stärker als heute und mit großem Erfolg digitale Bildung verwirklichen; denn digitalbasiert und medienbasiert genutzt werden. das, was Sie fordern, tun wir schon längst. Darüber hinaus tun wir übrigens noch sehr viel mehr. Dazu gehört auch, Das bedeutet nicht, am Ende das Buch zu verdrängen, sehr geehrte Frau Beilstein, dass wir natürlich eine Ge- aber ich sage zum einen, es entspricht der Lebenswirk- samtstrategie des Landes haben. Ich bin gern bereit, dazu lichkeit der jungen Leute, die heute alle in den sozialen noch einmal im Bildungsausschuss zu berichten. Medien im Internet unterwegs sind, und – ich sage das auch als Vater von zwei Grundschulkindern – es entlastet Diese Gesamtstrategie umfasst natürlich nicht nur die in- die Rücken unserer Kinder. Wenn nicht mehr jedes Buch formatorische Grundbildung, sondern sie umfasst auch die jedes Mal mitgenommen werden muss, dann ist das auch Fragen der Medienkompetenz, und sie umfasst noch vie-

3231 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 les mehr, nämlich die Frage der Infrastruktur, wie Schulen verschiedene Passwörter gibt, sondern nur noch einen ausgestattet sein müssen, wie Breitband, WLAN usw. in Zugang auf einer Plattform. Das Entscheidende gegen- den Schulen vorhanden sein muss, die Frage der Fort-, über der Bildungscloud des Bundes ist, dass dann auch Weiter- und Ausbildung der Lehrkräfte und natürlich auch digitale Arbeitsmaterialien inhaltlich zur Verfügung stehen, die Frage der Lehrpläne, der Kompetenzen der Schülerin- die einfach und vor allen Dingen auch qualitätsgeprüft und nen und Schüler, die sie erwerben müssen. urheberrechtlich einwandfrei sind.

Diese Gesamtstrategie des Landes Rheinland-Pfalz – des Neben dem Aufbau des Schulcampus schaffen wir im Mo- Bildungsministeriums – orientiert sich an der Digitalstra- ment die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zur Ein- tegie der Kultusministerkonferenz, die im Dezember 2016 führung digitaler Lehr- und Lernmittel, also des digitalen beschlossen worden ist. An dieser hat Rheinland-Pfalz Schulbuchs. Auch da werden wir mit den Schulbuchverla- aufgrund des vorhandenen Know-hows sehr intensiv mit- gen weiter in Kontakt bleiben. Das ist nicht ganz einfach, gearbeitet. weil die Schulbuchverlage natürlich auch kommerzielle In- teressen haben und wir sicherstellen müssen, dass der Im Einzelnen geht es um Folgendes: Es geht darum, dass Datenschutz für die Schülerinnen und Schüler ausreichend wir die Kompetenzvermittlung der Lehrkräfte zentral in gewährleistet ist. den Mittelpunkt gestellt haben. Wir konzentrieren uns aber nicht nur auf die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer im Schließlich unterstützen wir natürlich auch die Digitalisie- Studium und in der Ausbildung, sondern wir haben auch rung vor Ort. Wir beraten Kollegien. Wir – damit meine ich und vor allem die über 40.000 Lehrkräfte im Blick, die in auch das Pädagogische Landesinstitut und natürlich die den Schulen arbeiten. Das ist ohne Zweifel eine Heraus- ADD – koordinieren pädagogisch. Im Rahmen von „Me- forderung, der wir uns mit einer Kombination von Online- dienkompetenz macht Schule“ unterstützen wir bei der und Offlineformaten in der Fort- und Weiterbildung stellen. Anschaffung von Hardware, beim Ausbau von Schulnetz- Und auch in der Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen werken und bei der Konzeptentwicklung. und Erziehern werden wir diesen Kompetenzerwerb ver- stärken. Natürlich ist der Ausbau der Breitbandinfrastruktur unver- zichtbar. Das Land Rheinland-Pfalz koordiniert in Zusam- Was den Fachkräftebedarf anbelangt, habe ich über menarbeit mit den Schulträgern und dem Bund diesen Pro- die MINT-Initiative heute Vormittag schon berichtet, zess und finanziert den notwendigen Landesanteil. Das wie wir hier auch mehr Fachkräfte im mathematisch- Innenministerium stellt dazu nächstes Jahr noch einmal naturwissenschaftlichen Bereich gewinnen wollen. Wir wol- speziell für die Schulen einen hohen Millionenbetrag zur len natürlich speziell auch nach Informatikfachkräften wei- Verfügung. ter suchen. Frau Abgeordnete Lerch hat schon darüber berichtet, dass wir die Fächerbindung von Informatik an Was die Wartung und den Support anbelangt: Die Bund- Mathematik oder Physik bei Lehramtsstudierenden auf- Länder-Vereinbarung, die wir im Moment im Bund zur Um- heben werden. Auch dort werden wir mehr Studierende setzung der 5 Milliarden Euro – wenn sie denn hoffentlich gewinnen. kommen, im Koalitionsvertrag sind sie vorgesehen – fast ausgehandelt haben, sieht auf Bitte von Rheinland-Pfalz Darüber hinaus ermöglichen wir künftig den Schulen ver- und auf Hinwirken von Rheinland-Pfalz vor, dass es auch schiedener Schularten eine Informatikprofilsetzung mit Un- Regelungen zum Support und zur Wartung der IT gibt. Das terricht in Informatik ab der Klasse 5. ist eine Aufgabe, die uns tatsächlich alle betrifft. Ich will jetzt überhaupt nicht die Verantwortung in die eine oder in Herr Abgeordneter Frisch, fachfremd heißt nicht, nicht aus- die andere Richtung schieben. Wir wissen alle, dass wir reichend qualifiziert. Das müssten Sie auch wissen; denn, gemeinsam daran arbeiten müssen. Das tun wir auch. Wir wenn fachfremd unterrichtet wird, wird von mathematisch- haben da schon viel erreicht, aber noch nicht genug. technischen Lehrkräften unterrichtet. Fragen Sie einmal die Kollegen aus Kaiserslautern – Informatiklehrkräfte –, Vielen Dank. mit denen wir in sehr engem Kontakt sind und die uns sagen, natürlich kann informatorische Grundbildung auch (Beifall der SPD, der FDP und des von fachfremden Lehrkräften sehr gut und ganz hervorra- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gend vermittelt werden. Das passiert auch so.

Um die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zur Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Bildung in der digitalen Welt in allen Unterrichtsfächern Aufgrund der längeren Redezeit der Landesregierung steht fachspezifisch zu vermitteln, haben wir bereits im letzten jeder Fraktion noch zusätzlich eine Minute Redezeit zu. Jahr mit der Überarbeitung der Lehr- und Rahmenpläne Gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Beilstein von der begonnen. Wir sind also schon weiter als das, was die Fraktion der CDU. Sie haben dann noch zwei Minuten Re- Digitalstrategie der KMK uns vorgegeben hat. Wir werden dezeit. diese als digitale Lehrpläne online zur Verfügung stellen.

Der Schulcampus Rheinland-Pfalz wurde schon erwähnt. Abg. Anke Beilstein, CDU: Hier werden wir die bereits bestehenden landesweiten kostenfreien Lern-, Austausch- und Kommunikationsplatt- Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bei- formen weiterentwickeln und zu einem Webportal verbin- träge hier heute haben mir gezeigt, dass wir mit unserem den mit der Folge, dass es nicht mehr fünf oder sechs Antrag richtig liegen,

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(Beifall bei der CDU) (Beifall der CDU – Abg. Astrid Schmidt, SPD: Stellen Sie doch und zwar deshalb, weil hier in Teilen immer noch nicht der einen Antrag!) Unterschied zwischen einer reinen Medienkompetenz und einer Gestaltungskompetenz verstanden wurde. Vizepräsident Hans-Josef Bracht: (Vereinzelt Beifall bei der CDU – Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Frisch. Herr Frisch, Abg. Julia Klöckner, CDU: Richtig!) Sie haben noch eine Minute Redezeit.

Wir begrüßen, dass vieles im Bereich der Medienkompe- tenz getan wird. Das macht aber nicht fit für die Gestaltung, Abg. Michael Frisch, AfD: für die mündige Anwendung. Frau Ministerin, was den fachfremden Unterricht betrifft, (Abg. Astrid Schmidt, SPD: Das ist darin muss ich bei allem Respekt sagen, hier trifft eine ministe- enthalten, ich sage es noch einmal!) rielle Sicht, was mich betrifft, auf die Erfahrung des Prak- tikers. Es ist leider eben nicht so, dass die Lehrer nur Deswegen bleibt es dabei, ein verbindlicher Informatikun- im Bereich der informatorischen Grundbildung fachfremd terricht muss geschaffen werden, damit hier alle Schülerin- eingesetzt werden, sondern weit darüber hinaus. Da brau- nen und Schüler gleiche Voraussetzungen haben. chen Sie schon ein solides Studium. Ansonsten könnten wir alle möglichen Leute, die sich ein bisschen mit Word (Beifall bei der CDU) und Excel auskennen, in die Schulen schicken und dort Informatik unterrichten lassen. Hier sind einige Beispiele genannt worden, zum Beispiel das Auto, dessen Verbrennungsmotor man nicht kennen (Beifall der AfD) müsse. Es gibt aber andere Dinge, die man kennen muss. Man kann sich in ein Auto hineinsetzen, aber wenn man es Was die Finanzierung der IT-Fachkräfte betrifft, heißt es im beherrschen will, wenn man richtig fahren will, muss man Ampelantrag – ich zitiere –, die Landesregierung solle bei zum Beispiel Kenntnis von anderen Dingen haben. Wie den Schulträgern dafür werben, den Schulen IT-Fachkräfte berechnet sich ein Bremsweg? Das sind Grundvorausset- zur Verfügung zu stellen. – zungen und Hintergründe, die man kennen muss. Wenn ich einen Taschenrechner in der Hand habe, weiß ich zwar, Meine Damen und Herren, genauso gut können Sie einen welche Tasten ich drücken muss, aber man muss grundle- Nackten auffordern, Ihnen Kleidung zur Verfügung zu stel- gende Kenntnisse über die Rechenarten haben. Genauso len. Das ist völlig absurd angesichts der Haushaltslage verhält es sich mit der Anwendung in der digitalen Welt. vieler Kommunen. Frau Ministerin, ich freue mich, dass Sie gesagt haben, dass Sie das als dringendes Thema (Vereinzelt Beifall bei der CDU) erkannt haben und dass Sie sich gemeinsam mit allen darum kümmern wollen. Nur, ich möchte deutlich darauf Abschließend möchte ich zwei Punkte aufgreifen. Zum hinweisen – auch als Kommunalpolitiker –, es kann nicht einen ist eben die Rede von den IT-Fachkräften gewesen. sein, dass es letzten Endes wieder bei den Kommunen Frau Lerch, Sie haben gesagt, es ist derzeit noch abhängig hängen bleibt. von den kommunalen Gegebenheiten, von den finanziel- (Glocke des Präsidenten) len Leistungensfähigkeiten der einzelnen Kommunen. Das darf eben nicht sein. Da ist das Land in der Pflicht, gern auch mit der Unterstüt- (Beifall bei der CDU) zung des Bundes. (Beifall der AfD) Deswegen sage ich ganz klar, es kann nicht sein, dass die Schulen zwar Tablets, Rechner und alles Mögliche haben, aber die Lehrer vor den Klassen stehen und mit dem Un- Vizepräsident Hans-Josef Bracht: terricht nicht anfangen können, weil es nicht funktioniert. Nun erteile ich Frau Abgeordneter Lerch von der Fraktion (Glocke des Präsidenten) der FDP das Wort. Auch Sie haben noch eine Minute Re- dezeit. Das heißt, wir brauchen diese Fachkräfte. Deswegen muss eine Kommunikation zwischen Land und Schulträgern neu Abg. Helga Lerch, FDP: stattfinden, weil es nichts mehr mit einer rein technischen Ausrüstung zu tun hat. Es ist Mittel der Bildung. Deswegen Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, keiner kann es da auch nicht weitergehen wie bisher. hat hier gesagt, dass es allein die Aufgabe der Kommunen sei, für die IT-Betreuung an Schulen verantwortlich zu sein, Abschließender Punkt: Frau Ministerin, Sie haben gesagt, sondern jeder hat das unterstrichen. Die Ministerin hat das Sie werden im Bildungsausschuss gern noch einmal be- unterstrichen, ich habe es noch einmal gesagt, andere richten. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem aus meiner haben es gesagt. Es muss eine Gemeinschaftsaufgabe ersten Rede nachkommen und einen Plan vorlegen mit von Kommunen, Land und Bund sein. Man muss Wege Zahlen, wie Ihre Strategie aussieht, was wir benötigen, wie finden, hier Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen, da- die einzelnen Zwischenschritte sind. mit in Zukunft dieses von allen festgestellte Problem einer

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Lösung zugeführt wird. Vizepräsident Hans-Josef Bracht:

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Richtig!) Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist Ausschuss- überweisung des Antrags beantragt. Besteht darüber Ein- vernehmen? Und noch einmal, Frau Beilstein. Wenn Sie Informatik ab Klasse 7 fordern, was ich für falsch halte, dann müssen (Abg. Martin Haller, SPD: Nein!) Sie auch sagen, welche Fächer wegfallen sollen, welche Stundenanteile wegfallen sollen. – Das scheint nicht der Fall zu sein. Wir müssen dann formell abstimmen. Wer der beantragten Ausschussüber- (Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS weisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich 90/DIE GRÜNEN) um des Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Danke schön. Für Stimmenthaltungen ist kein Raum. Damit ist der An- Dann werden Sie eine Diskussion bekommen, die sehr trag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD, unerquicklich ist. der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt. Vielen Dank. Wir stimmen nun über den Antrag der CDU – Drucksa- (Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS che 17/5438 – in der Sache ab. Wer diesem Antrag zustim- 90/DIE GRÜNEN) men möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke Vizepräsident Hans-Josef Bracht: schön. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE Nun hat Herr Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthal- GRÜNEN noch für eine Minute das Wort. tung der AfD abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Drucksache 17/5491 –. Wer dem Alternativantrag Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das aufgreifend, was die Kollegin Lerch eben zu Recht Gegenstimmen? – Danke schön. Für Enthaltungen ist kein gesagt hat, Frau Beilstein, wir sind uns in anderen Dis- Raum. Damit ist der Alternativantrag der Fraktionen der kussionen immer wieder einig, dass wir auch das Thema SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Politische Bildung in den Schulen stärken wollen und dass Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE wir eigentlich auch glauben, dass der Sozialkundeunter- GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD ange- richt vielleicht früher ansetzen soll. Dann kommt immer nommen. wieder die Frage, wo wir das wegnehmen. Wenn Sie jetzt noch weiterhin fordern, auch den Informatikunterricht sozu- Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Ta- sagen als Anwendungsfach weiter auszubauen, müssen gesordnungspunkt aufrufe, darf ich als Gäste auf unserer Sie diese Frage natürlich auch entsprechend beantworten, Zuschauertribüne Mitglieder der AfD sowie Bürgerinnen wenn Sie das seriös diskutieren wollen. und Bürger aus dem Wahlkreis 4 – Neuwied – begrüßen.

Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich habe vorhin ver- (Beifall im Hause) sucht zu erklären, warum man sozusagen nicht immer ein Buch drucken können muss, um mit Büchern umzugehen, Außerdem begrüße ich junge Leute des Jugendrats Ko- und deswegen das Thema Medienkompetenz das Ent- blenz. scheidende ist im Gegensatz zur Anwendungskompetenz. (Beifall im Hause) Jetzt haben Sie gesagt, man muss den Bremsweg ken- Weiter begrüße ich Schülerinnen und Schüler des nen, wenn man ein Auto fahren will. Nein, das ist nicht Karolinen-Gymnasiums Frankenthal, 10. Jahrgangsstufe, ganz korrekt, weil man den Anhalteweg kennen muss. Der Klasse 10 a. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen bei Anhalteweg berechnet sich nämlich aus Bremsweg und uns! Reaktionszeit. (Beifall im Hause) Ich hatte Matheleistungskurs gehabt. Wissen Sie, ich habe den Matheleistungskurs gehabt, Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

(Glocke des Präsidenten) Starke Familien – Für eine lebensnahe Familienpolitik in Rheinland-Pfalz habe es aber für den Führerschein trotzdem nicht ge- Antrag der Fraktion der CDU braucht. Wissen Sie, was der Fahrlehrer gesagt hat? Ein- – Drucksache 17/5439– fach halber Tacho. Das stimmt immer!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten und bei SPD und FDP) vereinbart. Zur Begründung des Antrags darf ich nun der

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Abgeordneten Simone Huth-Haage für die Fraktion der Meine Damen und Herren, deshalb schlagen wir eine Bün- CDU das Wort erteilen. delung aller Angebote vor, und zwar eine Bündelung der Angebote von Bund, Land und Kommunen und der freien Träger in einem übersichtlichen Angebot, in einem Online- Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Familienatlas. Wir können uns auch vorstellen, dass man das auch als eine Art App auf das Handy laden kann. Das Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Eltern wäre ein Quantensprung und würde Familien wirklich ganz in Rheinland-Pfalz leisten Großartiges. praxisnah helfen. (Beifall bei der CDU) (Beifall der CDU)

Sie unterstützen ihre Kinder, sie ermutigen, sie trösten und Die Inanspruchnahme von familienpolitischen Angeboten setzen alles daran, dass ihre Kinder ein eigenständiges sollte nicht von der Findigkeit und von der Cleverness ab- Leben führen können. Dafür haben sie unseren Dank und hängen. Es ist eine Frage der sozialen Fairness. unsere Anerkennung verdient. (Beifall bei der CDU) Die CDU-Fraktion geht einen entscheidenden Schritt wei- ter. Wir möchten, dass Eltern mehr lebensnahe Unterstüt- Wir möchten niedrigschwellige Angebote. Das erspart Zeit zung erfahren. In den vergangenen Jahren wurde familien- und bringt viele gute Angebote wirklich nah an die Famili- politisch vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie en. vorangetrieben. Es wurde der Ausbau der Kindertages- betreuung ins Auge gefasst – ohne Frage ein wichtiges Zu guter Letzt – das ist mein dritter Punkt, den ich hier Thema –, aber hierbei darf Familienpolitik nicht stehen blei- noch einmal betonen möchte – möchten wir Initiativen ben. Ziel muss es sein, Familien nicht nur als potenzielle unterstützen und nicht allein auf staatliche institutionelle Arbeitnehmer ins Auge zu fassen, sondern Familie auch Angebote setzen. Es gibt eine ganz große Vielzahl von als Wert an sich zu begreifen. tollen Angeboten im Land – Krabbelgruppen, Initiativen, Eltern-Kind-Gruppen –, die sich auch vernetzen, einen (Beifall der CDU und der AfD) Austausch und frühkindliche Bildung ermöglichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb sollten wir unsere Diesen Punkt bestätigt auch das Netzwerk evangelischer Strukturen an Familien ausrichten und nicht vom umge- und katholischer Eltern-Kind-Gruppen in Deutschland, zu kehrten Weg ausgehen. Eine gute Familienpolitik geht der übrigens auch die Evangelische Kirche der Pfalz ge- deshalb von den Alltagssorgen und den tagtäglichen Her- hört. In ihrer jüngsten Veröffentlichung hat man unseren ausforderungen von Familien aus. Ansatz voll bestätigt, dass man viel stärker einen Fokus auf einen familienpolitischen Ansatz legen sollte. Genau Meine Damen und Herren, ich habe mich sehr gefreut, als das möchten wir tun. vorhin Kolleginnen und Kollegen signalisiert haben, dass wir über diesen Antrag im Ausschuss weiter diskutieren (Beifall der CDU) werden. Das finde ich bemerkenswert. Wir freuen uns auch auf diese Aussprache. Deshalb möchte ich mich hier in Meine Damen und Herren, diese Gruppen und Initiativen aller Kürze auf drei Punkte, die uns noch einmal wichtig stehen unter einem großen Druck. Deshalb brauchen wir sind, beschränken. auch eine stärkere finanzielle Förderung und eine nied- rigschwellige Förderung dieser Angebote. Immer mehr Wir möchten, dass alles getan wird, damit wir Ehen stär- Familien – das ist sicherlich eine Folge der wachsenden ken, wir Familien stärken, wir Partner- und Eheberatungen Mobilität in unserer Gesellschaft – haben vor Ort keine ausbauen; denn wir sehen darin einen Baustein, Familien Struktur mehr, keine Großeltern mehr, keine familiären auch präventiv zu stabilisieren. Bindungen mit Personen, die auch einmal kurzfristig ein- springen können. Deshalb muss man hier Raum für solche (Beifall der CDU) Angebote schaffen.

Ein zweiter Punkt, der uns wichtig ist: Wir wissen, in Fa- Das Familienleben ist vielseitig und vielfältig, es ist span- milien ist immer etwas los, im Beruf, in der Schule, bei nend, leider oft aber auch kräftezehrend. Deshalb tun wir den Hobbys. Es gibt Arztbesuche, Familienfeste usw. Die- gut daran, Familien in Rheinland-Pfalz zu unterstützen. se Reihe ließe sich beliebig weiter fortführen. Diese un- terschiedlichen Interessen zu koordinieren, ist manchmal Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. nicht einfach. Es ist wichtig, dass die Angebote für Fami- lien gebündelt werden. Eltern, die den Ansprüchen der Herzlichen Dank. Erwerbswelt, der Familie und ihrer Umgebung gerecht wer- (Beifall der CDU – den müssen, sind oft in einer schwierigen Situation. Wir Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!) möchten nicht, dass sie erst Caritas, Diakonie, Jugend- amt und das örtliche Rathaus abklappern müssen, um zu erfahren, welche Möglichkeiten der Unterstützung es Vizepräsident Hans-Josef Bracht: letztendlich gibt. Als nächster Rednerin erteile ich Frau Abgeordneter Si- (Beifall bei der CDU) mon von der SPD-Fraktion das Wort.

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Abg. Anke Simon, SPD: Das Thema Babysitter – das weiß ich nicht – würde ich jetzt noch eher bei der Kommune sehen. Wir haben in Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Ludwigshafen beispielsweise kommunale Bildungsland- Kollegen! Frau Huth-Haage hat es schon erwähnt, wir ha- schaften, bei denen auch quartiersbezogen solche Sachen ben uns verabredet, das Ganze im Ausschuss etwas diffe- zusammengefasst sind, Netzwerke gebildet wurden und renzierter zu diskutieren. Babysitterkurse auch durch den Kinderschutzbund ange- boten werden. In dem Bereich machen wir schon sehr viel. Wenn man den Eingangstext des Antrags liest, so kön- nen wir in den meisten Teilen das unterschreiben, was Sie Ansonsten denke ich, wir können im Ausschuss noch ein- geschrieben haben. Auf jeden Fall die ersten zwei Absät- mal ausführlich darüber reden. ze, den vierten Absatz auch. Beim dritten Absatz müssen wir noch einmal ausführlicher darüber reden, was schnell Vielen Dank. abrufbare Angebote sind, ob sich das auf das Angebot bezieht oder auf die schnelle Information, und wie wir das (Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS Ganze organisiert bekommen. 90/DIE GRÜNEN)

Ich gebe Ihnen recht, dass es für Familien eine Erleichte- rung ist, wenn sie unkompliziert an Informationen kommen. Vizepräsident Hans-Josef Bracht: Wir sollten uns aber darüber unterhalten, wie wir das ge- Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten stalten wollen, wer das bezahlt und für die Aktualität der Frisch von der Fraktion der AfD das Wort. Daten verantwortlich ist. Auf jeden Fall sind in dem Punkt die Kommunen mit an Bord. Abg. Michael Frisch, AfD: Das heißt, wenn wir uns vom Land hinstellen und sagen, wir machen eine tolle Plattform, dann geht das nicht oh- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! ne die Kommunen. Vor allen Dingen sollten wir uns auch Das Eintreten für die Familie – früher einmal Markenkern noch einmal über den Begriff unterhalten. Sie hatten im christdemokratischer Politik – ist in der Merkel-CDU zu ei- Antrag den Begriff „Familienatlas“ vorgeschlagen. Ich ha- nem Randthema verkommen, das man gelegentlich pflicht- be einmal recherchiert. Der Begriff ist bereits durch das bewusst bespielt, Institut Prognos belegt. Sie haben einen richtigen Atlas (Beifall der AfD) für Rheinland-Pfalz und auch für andere Bundesländer mit einem ganz anderen Inhalt. um die eigene Wählerklientel nicht allzu sehr zu verprellen.

Auch der Begriff „Familienwegweiser“, der sich anbieten (Abg. Christian Baldauf, CDU: Oh je! Und könnte, ist schon durch das Bundesministerium belegt. das um 12:15 Uhr!) Es gibt in diesem Bereich schon viele Angebote. So gibt es zum Beispiel beim Familieministerium eine Datenbank Auch der hier vorliegende Antrag ist ein Beweis für diese über die Familieninstitutionen. Es gibt beispielsweise auf These. Anstatt wirkliche Verbesserungen für die Familien der Seite des Innenministeriums den Bürger- und Unter- einzufordern, verliert man sich im Kleinklein: Erstellung nehmensservice (BUS) – die Kollegen aus dem Innen- eines Familienatlas, mehr Förderung für Elterninitiativen ausschuss kennen das vielleicht noch –, in dem alle öf- und Krabbelgruppen vor Ort, kurzfristige Betreuungsmög- fentlichen Ämter mit ihren Leistungen und Formularen in lichkeiten in den Kommunen, Stärkung der Paar- und Ehe- Rheinland-Pfalz aufgeführt sind. Das heißt, ich kann im beratung – gut gemeinte und sicherlich auch hilfreiche Internet – das kann ich auch, wenn ich ein Smartphone Vorschläge, denen man natürlich zustimmen kann. habe, mit Apps – über die bekannten Suchmaschinen re- cherchieren. Dann finde ich schon einiges. Dazu in der Antragsbegründung schöne und richtige Sät- ze über die Bedeutung der Familien, ihren unschätzbaren Ich muss dazu sagen, als ich kleine Kinder hatte und Ange- Wert für die Gesellschaft und Lob für die Arbeit der Eltern, bote gesucht habe, habe ich zuerst einmal bei der Kommu- die weit überwiegend ihr Bestes tun, damit es ihren Kin- ne gesucht. Ich wäre im ersten Moment nicht auf die Idee dern gut geht. gekommen, auf einer Landesseite zu schauen, sondern die Kommune ist für mich die Lebenswirklichkeit. Man kann Doch das alles bleibt politische Lyrik, bleibt mut- und vor dort schauen, was sie haben. allem konzeptlose Alibipolitik, solange man nicht bereit ist, an den wirklichen Problemen unserer Familien nachhaltig Es gibt dort auch Best-Practice-Beispiele verschiedener etwas zu ändern. Kommunen. Ich habe mir Internetseiten beispielsweise von Trier-Saarburg, Worms, Mainz und Ludwigshafen an- Das zeigt schon ein kurzer Rückblick auf das Landtags- geschaut. Sie haben genau diese Familienangebote, auf wahlprogramm 2016 der CDU Rheinland-Pfalz, etwas vor- denen sie vom Kitaplatz über Ferienangebote alles für ihre eilig Regierungsprogramm genannt. Dort stand folgender Kommune darbringen und wohin man auf einem kurzen Satz – ich zitiere –: Es wird in der Nachfolge des Betreu- Weg kommt. ungsgeldes ein Landesfamiliengeld eingeführt. So können wir jungen Familien wieder Wahlfreiheit zurückgeben. – Interessant sind auch Ihre nächsten Punkte. Ich denke, dass wir bei der Kindertagespflege schon sehr viel ge- Von dieser Forderung hat sich die Union nach der Wahl macht haben. in aller Stille verabschiedet. Den schließlich von uns ein-

3236 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 gebrachten Antrag auf ein Landeserziehungsgeld hat sie (Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU) abgelehnt. sondern die die Interessen von Eltern und Kindern konse- Auch dem AfD-Vorschlag nach einer Absenkung der quent an die erste Stelle setzt. Grunderwerbsteuer für Familien mit Kindern und gerade erst gestern unserer Initiative für eine Deckelung der fami- Meine Damen und Herren von der Union, kommen Sie liären Eigenbeteiligung bei den Kosten der Schülerbeför- mir nicht wieder mit dem Argument, die Zeiten hätten sich derung in der Oberstufe hat sie sich verweigert. geändert.

Zugleich drücken immer schwerere Lasten auf die Famili- (Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU) en, vor allem explodierende Wohn- und Mietkosten, für die die Union seit 2005 mit ihrer verfehlten Politik, wie etwa Ja, es ist richtig: tempora mutantur, aber sie ändern sich der Mehrwertsteuererhöhung, der Abschaffung der Eigen- nicht von selbst. heimzulage und einer sozial ungerechten Energiewende verantwortlich ist. (Abg. Christine Schneider, CDU: Nein!)

(Beifall der AfD) Die Politik hat hier sehr wohl eine Verantwortung. Durch die von ihr gesetzten Rahmenbedingungen steuert sie ge- Echte Verbesserungen und Reformen bleiben Fehlanzei- sellschaftliche Entwicklungen in erheblichem Maße. Die ge. Auf Bundesebene hat die Union zwar die Mütterren- von Helmut Kohl angekündigte geistig-moralische Wende te eingeführt, dabei aber mit den Frauen, die vor 1992 hat die Union nicht nur nicht umgesetzt, nein, sie hat sich nur ein oder zwei Kinder bekommen haben, den größten unter Angela Merkel gesellschafts- und auch familienpoli- Teil der Mütter ausgeschlossen. Die vom Bundesverfas- tisch dem von den Achtundsechzigern geprägten Zeitgeist sungsgericht mehrfach angemahnte familiengerechte Ren- immer weiter angepasst. tenreform, die die Erziehungsleistung von Eltern endlich angemessen berücksichtigen würde, hat sie als Kanzle- (Beifall der AfD) rinnenpartei nicht umgesetzt. Sie findet sich auch in den Vereinbarungen einer möglichen zukünftigen Regierungs- Während wir als AfD hier einen Paradigmenwechsel an- koalition nicht wieder. streben, setzt die CDU die Fehler der Vergangenheit fort, verharrt im Mainstream und beschränkt sich – man sieht (Abg. Christian Baldauf, CDU: es an diesem Antrag – auf kosmetische Korrekturen. Sie Grundfreibeträge!) kuriert an Symptomen, anstatt an die Wurzel der Proble- me zu gehen. Sie verteilt wieder einmal Trostpflästerchen, Stattdessen will man jetzt mit Milliardenaufwand einen anstatt zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln. Rechtsanspruch auf die Ganztagsgrundschule auf den Weg bringen, was zu einer noch stärkeren Verstaatlichung Dennoch sind wir gern bereit, über die einzelnen, durchaus der Erziehung und einer weiteren Schwächung der Famili- sinnvollen Vorschläge dieses Antrags im Ausschuss weiter en führen wird. zu diskutieren. Meine Damen und Herren, dies alles zeigt sehr klar: Wo Vielen Dank. es um spürbare, nachhaltige Entlastungen für Eltern mit Kindern und um die effektive Stärkung von Familien geht, (Beifall der AfD) kneift die CDU. Großen Worten und Wahlkampfverspre- chungen folgen keine Taten. Ja, man schließt sich nicht einmal vernünftigen Vorschlägen anderer an. Wir brauchen Vizepräsident Hans-Josef Bracht. eine familienfreundliche Steuerreform mit einem realisti- schen Steuerfreibetrag für Kinder und eine Rentenreform, Mir liegen zwei Meldungen für Kurzinterventionen auf die die die Erziehungsleistungen von Eltern endlich angemes- Ausführungen des Vorredners vor, und zwar zunächst von sen würdigt. Frau Huth-Haage. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Wir brauchen eine gleichberechtigte finanzielle Anerken- nung häuslicher Erziehungsarbeit statt einer völlig ein- Abg. Simone Huth-Haage, CDU: seitigen staatlichen Förderung außerfamiliärer Betreuung. Herr Präsident, herzlichen Dank. Ich hatte vorhin wohl et- Kurzum, wir brauchen endlich Gerechtigkeit und Wahlfrei- was voreilig gesagt, dass wir uns hier etwas kürzer fassen heit für unsere Familien. können, weil wir darüber noch im Ausschuss sprechen, aber das ist jetzt leider nicht möglich; denn Ihren Aus- (Beifall der AfD) führungen muss man schon noch ein paar Korrekturen hinzufügen. Für dieses Ziel setzt sich allein die AfD ein. (Abg. Christian Baldauf, CDU: Das was Sie sagten, Sie haben die Dinge angesprochen, die wir jetzt der entlarvende Satz!) gefordert haben und hier nicht mit Anträgen belegt haben. Das ist komplett falsch. Punkt 1: Landesfamiliengeld. Das Wir stehen für eine wirklich familienfreundliche Politik, für war nicht nur eine Forderung in unserem Wahlprogramm, eine Politik, die Familien nicht primär als Zulieferer für die sondern in dieser Legislaturperiode hatten wir auch einen Wirtschaft oder als Reproduktionsort sieht, Antrag zum Landesfamiliengeld.

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(Beifall bei der CDU) keinen Änderungsantrag gestellt? Wenn es Ihnen ein An- liegen ist, Familien in diesem Bereich zu unterstützen – wir Punkt 2: Sie haben die Grunderwerbsteuer angesprochen. haben dargestellt, wie sehr viele Familien darunter belas- Auch da haben wir einen eigenen Antrag gehabt. Wir ha- tet sind –, dann hätten Sie eine Alternative vorschlagen ben nicht nur einen Antrag gehabt. Wir haben auch auf können. Dann hätten Sie sagen können, wir wollen es unseren Antrag hin eine Anhörung im Ausschuss bean- grundsätzlich auch machen, aber wir wollen es anders tragt. machen. Das haben Sie nicht getan. Stattdessen haben Sie unseren Antrag einfach rigoros abgelehnt. Punkt 3: Gestern konnten wir diesem Antrag nicht zustim- men, weil er inhaltlich und handwerklich falsch war. Noch einmal zu den Visionen, von denen Sie hier sprechen. Liebe Frau Huth-Haage, wenn Sie den Familienatlas, der (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der vielleicht durchaus sinnvoll ist, als einen Quantensprung in FDP) der Familienpolitik bezeichnen, dann muss ich mich doch wirklich fragen, ob das der richtige Ansatz ist, um den riesi- Herr Kollege, das ist genau der Unterschied. Wir haben gen Problemen, die viele Familien in unserem Land haben, Anträge, die sich wirklich an den Bedürfnissen der Famili- tatsächlich gerecht zu werden. Wir sehen das anders. Des- en ausrichten, die visionär und mutig sind, die aber auch halb werben wir für einen grundsätzlichen Wandel in der handwerklich richtig gemacht sind. Das ist in vielerlei Hin- Familienpolitik. Ich denke, dass wir dabei bei vielen Famili- sicht der Unterschied zu Ihren Anträgen. Da unterscheiden en auf große Zustimmung treffen. wir uns.

(Beifall bei der CDU) Vielen Dank. (Beifall der AfD) Vizepräsident Hans-Josef Bracht:

Sie wollen unmittelbar antworten? Es gibt noch eine weite- Vizepräsident Hans-Josef Bracht: re Kurzintervention, aber bitte schön. Zu einer weiteren Kurzintervention auf Ihre erste Rede, Herr Frisch, erteile ich Frau Abgeordneter Klöckner von Abg. Michael Frisch, AfD: der Fraktion der CDU das Wort. Verehrte Frau Huth-Haage, Sie werden verstehen, dass ich an dieser Stelle nicht nur auf diese kleinen, durchaus Abg. Julia Klöckner, CDU: vernünftigen Vorschläge eingehe, sondern wenn wir über Familienpolitik reden, dann müssen wir als AfD immer dar- Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kol- auf hinweisen, dass hier die Dinge grundsätzlich schief lege, Ihr Name ist zwar Frisch, aber Ihre Rede und Ihr laufen. Familienbild sind genau das Gegenteil davon.

(Zuruf von der SPD: Bei der AfD läuft (Beifall der CDU und vereinzelt bei FDP einiges schief!) und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür ist die CDU mitverantwortlich, weil sie sich nicht Ich will eines ganz deutlich sagen. Ich nehme das spe- deutlich absetzt von dem, was alle anderen Parteien im ziell für uns als Union in Anspruch. Aber so wie ich die Land, aber auch im Bund als eine angeblich moderne, aus anderen Kollegen auch verstanden habe, ist unser Ansatz unserer Sicht aber sehr kritikwürdige Familienpolitik betrei- für Familie durchaus zwischen den Fraktionen zu differen- ben. zieren. Wo Sie uns alle aber nicht hinstellen können, ist, uns vorzuwerfen, dass wir Familie nur als Lieferant für die Was das Landesfamiliengeld betrifft: Dann haben Sie hier Wirtschaft sehen würden. nicht das beantragt, was Sie im Wahlkampf versprochen hatten. Sie haben eine zusätzliche Unterstützung für kin- (Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS derreiche Familien beantragt. Das ist auch sehr respek- 90/DIE GRÜNEN) tabel, aber das war weder das, was wir gefordert hatten, noch das, was Frau Klöckner im Wahlkampf vollmundig Wissen Sie, was das übersetzt heißt? Ich will nur einmal den Wählern versprochen hat. darauf eingehen, was das übersetzt heißt. Sie sagen das so locker hier. Sie testen immer wieder Grenzen aus, was (Beifall der AfD) Sie hier wirklich ohne Widerspruch machen können. Es zieht mich von dem Platz hoch, wenn ich so etwas höre, Versprochen hatten Sie ein Landesfamiliengeld analog zu weil das so untergeht: Wenn Sie uns unterstellen, wir se- dem gestrichenen Betreuungsgeld, so wie das die Bayern hen Familien als Lieferanten für die Wirtschaft, dann sehen gemacht haben. Das ist etwas vollkommen anderes. Sie Kinder als Ware. Keiner in diesem Saal sieht Kinder oder Familie als Ware. (Abg. Uwe Junge, AfD: Ja!) (Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD) Unseren Antrag zur Schülerbeförderung haben Sie abge- lehnt. Sie haben hier noch einmal die Gründe genannt. Das will ich Ihnen ganz deutlich sagen. Achten Sie bitte Das kann ich akzeptieren, aber warum haben Sie dann darauf, welchen Sprachgebrauch Sie hier haben.

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(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS (Beifall bei der CDU) 90/DIE GRÜNEN) Insofern passen Sie auf Ihre Sprache auf. Hier verschiebt Jetzt komme ich zum Thema Familienbild. Die Familien- sich etwas. bilder heute im Jahr 2018 sind sehr unterschiedliche. Ich selbst komme aus dem ländlichen Raum. Ich bin auf dem (Beifall der CDU und bei SPD, FDP und Weingut auf dem Land groß geworden: immer mehrere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Generationen auf dem Hof, auch heute bei uns drei Ge- nerationen auf dem Hof. Das ist ein ganz anderer Ansatz Vizepräsident Hans-Josef Bracht: als vielleicht heute in der Stadt, in der die Familie und die Kinder aufgrund der beruflichen Mobilität ganz weit weg Zu einer Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Frisch von Opa und Oma sind. Die haben durchaus mitunter ein das Wort. konservatives, bewahrendes Familienbild. Sie aber haben ein Familienbild, das nicht konservativ ist. Das ist reaktio- när. Abg. Michael Frisch, AfD:

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS Verehrte Frau Klöckner, meine Damen und Herren! Das 90/DIE GRÜNEN) war wieder ein schönes Beispiel für reflexartige Reaktio- nen, sobald bestimmte Stichworte hier im Raum fallen. Sie wollen einen vormodernen Zustand wiederherstellen. Es gibt einen Unterschied zwischen konservativ und reak- (Unruhe im Hause) tionär. Ja, ich muss es leider so sagen. Wir haben das hier mehr- Jetzt bin ich ganz zentral bei der Rolle der Frau. Ich höre fach in den letzten Tagen erlebt. Sobald bestimmte The- mir das gern von Männern an, die einem sagen, was alles men und bestimmte Meinungen ausgesprochen werden, für Frauen gut sein soll. (Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Sie armer Unschuldiger!) (Heiterkeit bei der AfD) kommen die Reaktionen, ohne dass man genau hingehört Ich weiß, ich habe es dann auch schwer zu reden, weil ich hat, was gesagt worden ist, und ohne, dass man auf das leider selbst keine Kinder habe. Aber das nimmt mir nicht eingeht, was hier an Argumenten vorgetragen worden ist. die Fähigkeit ab wahrzunehmen, was bei Freundinnen, bei Ich habe nicht ein einziges Wort über das Thema Rolle der mir in der Familie und bei meinen eigenen Patenkindern Frau in der Familie und in der Gesellschaft gesagt. Das ist los ist. pure Fantasie, was sie jetzt hier hineingestellt haben. (Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der AfD)

Frauen und Männer haben in der heutigen Zeit ganz an- Es hat nichts mit dem zu tun, was ich hier vorgetragen dere Ansätze für eine Work-Life-Balance, für die Themen habe. Pflege der eigenen Eltern und die Pflege der Kinder, den (Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Anspruch, Zeit mit Kindern zu verbringen, aber auch das, Ausweichrhetorik!) was sie gelernt haben – gerade der Blick auf Frauen – anzuwenden und immer wieder in den Beruf zu kommen. Ich wäre Ihnen auch dankbar gewesen, wenn Sie mir er- Es geht nicht um die Alternative Vollzeit zu Hause oder klärt hätten, warum unser Familienbild nicht wertkonser- Vollzeit in einer anonymen Betreuungseinrichtung. Uns vativ, sondern reaktionär ist. Auch da sind Sie jedes Argu- geht es um Wahlfreiheit von Eltern. Deshalb lohnt es sich, ment schuldig geblieben. Sie werfen das einmal einfach Anträge zu lesen und sie sich nicht von einem Referenten so in den Raum, holen sich den Beifall des Publikums ab wieder pauschal aufschreiben zu lassen. und freuen sich darüber, aber es ist völlig inhaltslos, was Sie hier gesagt haben. (Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU) Glocke des Präsidenten) Ich werde Ihnen jetzt einmal erklären, warum unser Famili- Ich will noch einen Satz sagen: Familien leben in der Viel- enbild nicht reaktionär ist, sondern es ein sehr fortschrittli- falt und in der Konkretheit. Es gibt Strukturkonservatismus ches Familienbild ist. Ich habe das immer wieder an dieser und den reaktionären Ansatz. Letzterer sind Sie. Es gibt Stelle dargestellt. aber auch Wertkonservatismus und neue Formen, den Wert weiter zu tragen, dass Familien, Kinder und Genera- (Beifall der AfD – tionen füreinander da sind. Wir haben hier zum Beispiel Heiterkeit bei SPD, CDU, FDP und das Thema Tagesmütter. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Glocke des Präsidenten) – Jetzt hören Sie einmal wieder nicht zu. Das ist das alte Problem. Sie sollten dann auch einmal wahrnehmen, was Das hat etwas mit Realität zu tun, dass Eltern nach ihren andere sagen. Generell ist aber ein Problem in diesem Bedürfnissen und denen der Kinder auswählen können. Hause, dass nicht miteinander debattiert, sondern sehr

3239 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 viel, sehr schnell auf andere eingeschlagen wird. Ich be- Vizepräsident Hans-Josef Bracht: daure das sehr. Das ist einer demokratischen Kultur nicht wirklich förderlich. Frau Kollegin, eine Kurzinterventionauf eine Erwiderung auf eine Kurzintervention geht leider nicht. Sie haben aber (Abg. Michael Hüttner, SPD: Die bringen noch Redezeit für die nächste Runde. Jetzt hat Herr Abge- Sie doch hier rein, die antidemokratische ordneter Roth von der Fraktion der FDP das Wort. Kultur!)

Wir haben immer wieder betont, dass uns Wahlfreiheit, Abg. Thomas Roth, FDP: Selbstbestimmung und Gerechtigkeit für die Familien wich- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! tig sind. Wenn man sich da einmal anschaut, welche Politik Der Schutz der Familie ist eine der wichtigsten Aufgaben auch die CDU zuletzt gemacht hat, dann ist es schon so, des Staates. Den Bedürfnissen von Familien gebührt des- dass wir riesige Beträge in den Ausbau der außerhäusli- wegen besondere Aufmerksamkeit. Diese Bedürfnisse sind chen Kinderbetreuung stecken, vielfältig, genauso wie unsere Gesellschaft, und einem ste- (Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist ten Wandel unterzogen. Wahlfreiheit! – (Vizepräsidentin Barbara Abg Julia Klöckner, CDU: Das ist Schleicher-Rothmund übernimmt den Wahlfreiheit!) Vorsitz) aber wir honorieren Familien nicht in gleicher Weise auch Deshalb ist die Familienpolitik eine absolute Priorität die- dafür, was sie zu Hause an Erziehungsleistung arbeiten. ser Landesregierung und der Ampelfraktionen – ich denke, Das ist genau der Punkt. Wir fördern hier ein bestimmtes auch der Kolleginnen und Kollegen der CDU – und läuft Verhalten, und damit drängen wir Eltern – ob sie es wollen bestimmt nicht schief, wie der Kollege der AfD das soeben oder nicht – dazu, dieses Verhalten, was vielleicht von der suggerieren wollte. politischen Mehrheit gewünscht wird, auch zu überneh- men. In zurückliegenden Plenarsitzungen hat sich auch die Ge- legenheit ergeben, das ausführlich darzustellen. Beispiels- (Abg. Christian Baldauf, CDU: 95 %!) weise wurde im Rahmen der Großen Anfrage „Familien in Rheinland-Pfalz“ ein umfassendes Bild über die Situati- Das ist keine Freiheit und Selbstbestimmung von Familien. on der Familien und die familienpolitischen Maßnahmen Wir stehen dafür, dass Familien selbst entscheiden können der Landesregierung gegeben. Auch mit der Debatte zum und man sie finanziell dazu in die Lage versetzt, wirkliche Elterngeld Plus im letzten Plenum wurden weitere Instru- Wahlfreiheit auszuüben. mente der Familienpolitik aufgezeigt, mit denen Familien in Rheinland-Pfalz unterstützt werden. (Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU) Die Unterstützungsangebote für Familien in Rheinland- Jetzt erklären Sie mir einmal, was an diesem Familienbild Pfalz sind dabei äußerst vielfältig und auch vielschichtig. reaktionär ist. Es ist hoch fortschrittlich, weil den Familien Die beitragsfreie Kita ab zwei Jahre leistet einen wichtigen nichts mehr hilft als Freiheit und Selbstbestimmung. Beitrag und wird oft zu Recht herausgestellt – das wird in- zwischen auch vermehrt über Ländergrenzen anerkannt –, (Beifall der AfD) aber auch weitere Angebote sorgen für starke Familien in unserem Land. Zum Thema Gerechtigkeit: Wir haben immer wieder dafür So ist in Rheinland-Pfalz mit den frühen Hilfen, den flä- plädiert – es steht auch in unserem Parteiprogramm und chendeckenden Beratungsstellen und der Förderung von in unseren Wahlprogrammen –, dass die Erziehungsleis- Familiensituationen ein umfassendes Angebot an Famili- tung auch bei der Rente endlich berücksichtigt werden enberatung gegeben. Dieses wird vom Land entsprechend muss; denn auch das ist ein Punkt: Frauen, die über viele bedarfsgerecht gefördert. So wurden jüngst etwa vom Mi- Jahre hinweg ihre Kinder in freier Entscheidung betreut nisterium weitere Mittel zur Förderung der Häuser der haben, sind bei der Rente hinterher in doppelter Hinsicht Familie eingestellt. Dabei sind die jeweiligen Angebote auf die Dummen. Sie erwerben keine Rentenansprüche, und die unterschiedlichsten Lebenslagen angepasst. Dies um- sie können in der Zeit, in der sie nicht arbeiten gehen, auch fasst auch explizit Beratung zur Ehe oder zur Erziehung, nicht selbst dafür sorgen, dass sie sich etwas für das Alter wie sie im Antrag der CDU gefordert wird. zurücklegen.

(Glocke des Präsidenten) Die Landesregierung beschränkt sich aber nicht nur darauf, bestehende Institutionen zu fördern. Mit Blick auf die ver- änderten Lebensrealitäten von Familien werden darüber Hier könnten Sie eingreifen. Auch das wäre ein modernes hinaus auch neue Projekte ins Leben gerufen. So wurde im Familienbild. Dafür steht die AfD. vergangenen Jahr speziell für Alleinerziehende das Projekt der Onlineberatung gestartet. Um Familien mehr Zeit für Vielen Dank. einander zu ermöglichen, wird außerdem das Projekt „Zeit für Familien“ in Rheinland-Pfalz mit Kooperationspartnern (Beifall der AfD) durchgeführt.

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Als Stelle zur Vernetzung der familiären Unterstützungs- war nie der Fall. Wenn das so gewesen wäre, wären im angebote agiert zum Beispiel die Servicestelle „Netzwerk 19. Jahrhundert viele Familien verhungert. Allein schon Familie stärken“. Durch sie werden die Familiensituationen deswegen mussten Frauen einer Arbeit nachgehen, um verbunden und auch weiterentwickelt. Lohn und Brot für ihre Familien zu bekommen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, die Familien in (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Rheinland-Pfalz stehen gut da. Ihnen wird ein breites Netz der SPD und der FDP) an Hilfs- und Unterstützungsangeboten bereitgestellt. Mit Jetzt aber zum Antrag der CDU. Ich denke, sie geben da- einer Vielzahl von Maßnahmen treibt die Landesregierung mit gute Impulse. Im Ausschuss können wir darüber reden, eine lebensnahe Familienpolitik voran. wie wir das weiter umsetzen können. Sie wollen einen Familienatlas erstellen lassen, um die Angebote für Famili- Wir als Ampelkoalition sind dabei immer bestrebt, diese en nachvollziehbar machen zu können. Ich glaube, dass erfolgreiche Familienpolitik fortzusetzen und weiterzuentwi- die Grundidee, die dahinter steht, die richtige ist. Ich will ckeln. Deswegen freuen wir uns auch auf dahin gehende aber darauf hinweisen, dass wir auf der Landesebene den Diskussionen im Ausschuss. „Ratgeber Familie“ haben. Das ist eine Broschüre, die ich sehr, sehr gut finde, in der die Angebote zusammengefasst Haben Sie vielen Dank. werden. Ich möchte aber infrage stellen, ob Familien in der (Beifall der FDP, der SPD und des Lebensrealität, wenn sie nach Angeboten suchen, tatsäch- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich auf die Seiten der Landesregierung oder des Landes gehen. Es wäre doch viel wichtiger, solche Angebote in der Region vor Ort bei den Kommunen zu haben. Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Ich kann Ihnen als Beispiel die Seite www.familien-in- Kollege Köbler. mainz.de nennen, auf der wir schon seit 2005 familienge- recht alle Angebote bündeln und aufbereiten. Wenn wir es dann gemeinsam vielleicht hinbekommen, dass die Kom- Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: munen diese Angebote flächendeckend einführen, und wir vielleicht ebenfalls darüber reden, ob das auch als App Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! für Familien von Nutzen sein kann, können wir darüber im Rheinland-Pfalz ist ein familienfreundliches Land. Kinder Ausschuss konkret sprechen. und Familie stehen im Zentrum der Politik der Landesre- gierung. Deswegen freuen wir uns auch über die Initiative Sie wollen, dass Fördermöglichkeiten für Elterninitiativen der CDU, die wir als Unterstützung auf dem Weg, weite- – Krabbelgruppen, kurzfristige Betreuungsmöglichkeiten, re Verbesserungen beim Thema Familienfreundlichkeit in Tageseltern, Babysitter usw. – durch die Kommunen geför- unserem Land zu erreichen, verstehen. dert werden. Ich denke, es ist vollkommen logisch, dass wir dann, wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Liebe Frau Kollegin Huth-Haage, was hätte es mehr als aber auch Zeit für sich selbst organisieren wollen, jenseits den Hinweis gebraucht, dass Ihr Antrag in die richtige des hervorragend ausgebauten Netzes an Kindertagesbe- Richtung geht, als die Stellungnahme der AfD-Fraktion, treuung auch auf Randzeiten und Wochenenden schauen die einem Welt- und Familienbild hinterhertrauert, das es müssen, wie wir Angebote immer weiter verbessern und so in der Realität nie gegeben hat? ausbauen können. Das ist zunächst einmal eine Frage der kommunalen Angebotsstruktur, aber natürlich stehen (Abg. Michael Frisch, AfD: Welches denn? auch wir in der Pflicht zu schauen, was wir da noch besser Erklären Sie das doch mal!) fördern können. Ich glaube, im Kern laufen Sie da bei uns Ich habe mir einmal die Erwerbstätigkeitsquoten von Män- offene Türen ein. nern und Frauen angeschaut. Das war ganz spannend. Früher hat die Haupterwerbstätigkeit bei vielen Familien Das gilt natürlich auch für das Thema, das Sie anspre- auf dem eigenen Hof stattgefunden. Die Frage, wie viel da- chen, nämlich die weitere Unterstützung der Paar- und von der Mann oder die Frau übernommen hat, kann nicht Erziehungsberatung in unserem Land. Herr Kollege Roth ganz geklärt werden. Es gibt aber erste Zahlen aus dem hat dazu schon einige Ausführungen gemacht. Ich glau- Jahr 1907. Daran wird deutlich, dass die Erwerbstätigen- be, es ist ein ganz wesentlicher Punkt zu sehen, was wir quote von Frauen ungefähr 10 % unter dem Durchschnitt da an hervorragenden Angeboten von den vielen konfes- lag, aber mit 35 % die Erwerbstätigkeit von Frauen viel, sionellen, aber auch überkonfessionellen Trägern bei uns viel höher lag, als Sie suggerieren wollen. Soll ich Ihnen im Land haben. Wir konnten im vergangenen Jahr beim sagen, wo wir in den 2000er-Jahren angekommen sind? 50. Geburtstag von pro familia, um eine Organisation als Beispiel herauszugreifen, sehen, was für eine hervorra- (Abg. Michael Frisch, AfD: Dazu habe ich gende Beratungsarbeit in den Beratungsstellen für die doch gar nichts gesagt!) Familien in unserem Land geleistet wird. Wenn wir gemein- sam schauen wollen, wie wir das weiter stärken können, In den 2000er-Jahren sind wir da angekommen, dass die können wir das im Ausschuss gerne tun. Erwerbstätigkeitsquote der Frauen ungefähr 8 % unter dem Durchschnitt lag. Das bedeutet, es ist völlig verquer Meine Damen und Herren, Familienfreundlichkeit schei- zu glauben, dass im 19. Jahrhundert die Frauen nur bei tert im Alltag oft an ganz konkreten Dingen. Zum Beispiel, den Kindern saßen und nur der Mann arbeiten ging. Das wenn beide Elternteile arbeiten wollen und für die Fahrt

3241 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 zur Arbeit um 07:35 Uhr der Bus erreicht werden muss, hört der Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung. Das aber der Schulhof erst um 07:45 Uhr öffnet. Ich würde mir ist so, das ist notwendig, und das gehört so. wünschen, dass wir dazu kommen, (Beifall der CDU) (Glocke der Präsidentin) Zur Wahlfreiheit gehört aber auch, Familien finanziell zu dass sich vor Ort die Träger, die Akteure zusammensetzen unterstützen. Auch das ist wichtig. Das ist der sogenannte und kommunale Familien- und Zeitatlanten erstellen, um Policy-Mix. solche kleinen Hürden, die aber den Alltag der Familien ausmachen, zu beseitigen, damit wir noch familienfreundli- (Beifall bei der CDU) cher werden, als wir es in Rheinland-Pfalz schon sind. Nur eine Anmerkung am Rande: Auch das ist aus einer Vielen Dank. Anhörung herausgekommen, die wir mit einem Antrag be- gründet haben. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP) (Beifall der CDU)

All das, was an Anhörungen in dieser Legislaturperiode Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: und davor gelaufen ist, kam in der Regel von der Union. Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Huth-Haage. Deshalb sollten Sie den Ball flach halten, manchmal ein Ihnen steht noch eine Redezeit von 2 Minuten und 30 Se- bisschen Demut zeigen und das akzeptieren, respektieren kunden zur Verfügung. und wertschätzen, was andere schon erkämpft und für was andere schon gestritten haben.

Abg. Simone Huth-Haage, CDU: (Beifall der CDU) Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Ich bedanke mich bei den Vorrednern. Ich denke, im Ausschuss werden das Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: konstruktive Beratungen. Ich freue mich, dass sich offen- sichtlich etwas getan hat, gerade was den Bereich Ehe- Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin und Erziehungsberatung angeht. Das war bei den Haus- Spiegel. haltsberatungen aus Ihren Reihen nicht unbedingt so der Tenor. Es freut mich, wenn sich da etwas bewegt hat. Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz: Frau Simon und Herr Köbler, ich freue mich auch, dass Sie die vielfältigen Angebote angesprochen haben, die es Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Da- bereits gibt. Genau an diesem Punkt wird aber deutlich, es men und Herren! Ich stimme der CDU ausdrücklich zu, gibt eine Vielzahl von Angeboten. Wir müssen erreichen, wenn sie sagt, die Leistungen, die Familien für die Ge- dass die gebündelt, niedrigschwellig zusammengefasst sellschaft erbringen, sind von unschätzbarem Wert. Ich werden, sodass sie für die Familien ganz einfach zu errei- denke, wir sind uns einig im Ziel, dass wir Familien so chen sind. Das ist der Punkt. gut wie möglich unterstützen wollen. Deshalb ist es der Landesregierung auch ein zentrales Anliegen, alle Fami- (Beifall der CDU und bei der AfD) lien im Land zu fördern, egal in welcher Familienform sie zusammenleben, und familien- und kinderfreundliche Le- Ich will noch einen Punkt ansprechen. Wir haben sicherlich bensbedingungen im ganzen Land zu verwirklichen. Wir in den vergangenen Jahren eine große Vielzahl von fami- sehen diese Vielfalt; wir unterstützen diese Vielfalt. Das ist lienpolitischen Anträgen seitens der Union gestellt. Das für uns eine moderne Familienpolitik, meine Damen und sind alles Anträge gewesen, die sowohl inhaltlich als auch Herren. formell korrekt und sehr gut waren. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ich will einen Punkt herausgreifen, weil eben von der Wahl- der SPD und der FDP) freiheit gesprochen wurde. Ich will etwas zur Wahlfreiheit sagen. Das ist sicherlich der Punkt gewesen, auf den wir Eine gute Politik für Familien ist eine Gemeinschaftsauf- uns immer konzentriert haben; denn das ist etwas, was mit gabe, die nur gelingen kann, wenn alle an einem Strang uns heimgeht. ziehen. Dazu gehören auch die Kommunen, nicht staatli- che Organisationen und Institutionen sowie die Familien (Beifall bei der CDU) selbst und ihr Umfeld.

Ich habe hier in den vergangenen Jahren immer wieder für Rheinland-Pfalz ist mit Blick auf Betreuungsinfrastruktur, Wahlfreiheit gekämpft und bin dafür oft beschimpft worden. Bildung, Arbeitsmarkt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf Ich bin nicht beklatscht worden. Das ist nicht gefeiert wor- sowie lebensphasenorientierte Unternehmens- und Perso- den, sondern das ist hier sehr hart ausgefochten worden. nalpolitik überdurchschnittlich familienfreundlich. Die Bei- tragsfreiheit in der Kindertagesbetreuung für Kinder ab (Abg. Julia Klöckner, CDU: Stimmt!) zwei Jahren sorgt für mehr Geld in den Haushaltskassen unserer Familien und dafür, dass der Kitabesuch eben Zur Wahlfreiheit gehört aber beides. Zur Wahlfreiheit ge- nicht am Geldbeutel scheitert.

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Auch das Kindertagesbetreuungsangebot ist sehr gut aus- Gesundheit von Kindern und Familien verbessern, die Stra- gebaut. So stehen für 41,4 % der Kinder unter drei Jahren tegien auch gegen Armut entwickeln, die die Integration Betreuungsplätze zur Verfügung. Von den über dreijähri- von zugewanderten Familien forcieren und die den Zusam- gen Kindern besuchen 96,6 % eine Kindertageseinrich- menhalt der Generationen stärken; denn für Familien – das tung. Das ist ein sehr guter Wert. ist klar – bestehen viele Herausforderungen.

Ebenso leistet die Kindertagespflege hier einen Beitrag. Wir wissen mittlerweile auch, dass Zeit als Ressource für Sie liegt in der Verantwortung der örtlich zuständigen Ju- Familien ein ganz wichtiges Thema ist. Deswegen gestaltet gendämter und bietet rund 4.500 Kindern in Rheinland- die Landesregierung eine Familienpolitik, die dazu beiträgt, Pfalz einen Betreuungsplatz. dass Familien weniger unter Zeitnot leiden und stressfreie Zeit mit- und füreinander verbringen können. Wir haben Das Land unterstützt die Kommunen in ihrer Verantwortung hierzu Modellprojekte durchgeführt, deren Ergebnisse wir für die Kindertagesbetreuung mit jährlich rund 620 Millio- derzeit auswerten. nen Euro. Das kann sich sehen lassen. Schlussendlich haben wir auch die Idee eines Onlineange- Infrastruktur für Familien bieten auch die vom Familienmi- bots im Ministerium schon in den letzten Monaten gehabt. nisterium geförderten Institutionen, wie Häuser der Familie, Es wird derzeit im Zuge der Neuauflage des Ratgebers Familienbildungsstätten und Familienzentren. Diese Insti- Familie der Landesregierung bereits umgesetzt. Unser Rat- tutionen sind Orte der Begegnung, des Austauschs und geber Familie ist seit vielen Jahren eigentlich das zentrale der Förderung für Familien. Sie sind niedrigschwellig. Das Informationsmedium für Familien, für Fachdienste und Fa- ist auch gut so. Es gibt dort eine ganze Palette an Kursen, milieneinrichtungen. Er findet überaus große Anerkennung, Angeboten und Informationen. Das ist eine ganz wichtige und er liegt niedrigschwellig – das ist das Wichtigste – aus. Säule für die Familien in Rheinland-Pfalz. Man kann ihn in den Jugendämtern, Kinderarztpraxen, Geburtskliniken, Kitas und bei den Orten der Begegnung (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bekommen. Hier sind wir jetzt mit der Umsetzung eines der SPD und der FDP) Onlineangebots zum Ratgeber befasst, der auch auf mobi- Sie sorgen auch für eine schnelle Hilfe bei Erziehungs- le Endgeräte ausgerichtet sein soll. Dadurch geben wir als und Alltagsfragen, und sie tragen mit dazu bei, eine famili- Landesregierung allen Familien im Land analog und on- engerechte Infrastruktur vor Ort vorzuhalten. Wir haben in line einen umfassenden Überblick über familienrelevante jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens Angebote und Dienste in unserem Land. einen solchen Ort der Begegnung. Diese über 100 Fami- lieninstitutionen fördert das Familienministerium mit über Herzlichen Dank. 1 Million Euro im Jahr. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zusätzlich fördern wir die 60 Familien- und Erziehungsbe- ratungsstellen im Land mit jährlich knapp 4 Millionen Euro. Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Rheinland-Pfalz beteiligt sich zudem an der Finanzierung Durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung ste- der virtuellen Beratungsstelle der Erziehungsberatung; hen den Fraktionen jeweils noch eine Minute und 30 Se- denn hier können Eltern über eine Mailberatung schnell kunden Redezeit zur Verfügung. Gibt es noch Wortmeldun- und unkompliziert Unterstützung erhalten. gen? – Herr Frisch von der AfD-Fraktion.

Das ist vor allen Dingen gut für Betroffene, die noch oder keine Beratung vor Ort nutzen möchten oder schlicht keine Abg. Michael Frisch, AfD: Zeit für den Weg zu einer Beratungsstelle haben oder die eine umgehende Unterstützung in einer aktuellen Krise Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon benötigen. erstaunlich. Sie gerieren sich immer als die Superdemo- kraten, und wenn dann eine Debatte entsteht, die auch Meine Damen und Herren, das alles sind gute Rahmen- einmal hin- und hergeht, dann fangen Sie auf einmal an zu bedingungen, auch um das Eheleben von Paaren in stöhnen, und man hat den Eindruck, Sie wollen möglichst Rheinland-Pfalz zu stärken. Aber machen wir uns nichts schnell ins Wochenende. vor, Politik kann keine Ehen retten. Politik kann vielleicht (Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ehen befördern, initiieren, Politik kann Ehen möglicherwei- Unterstellung! – se schaden, aber Politik kann keine Ehen retten. Abg. Christine Schneider, CDU: Eine Unverschämtheit!) (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das ist schon bemerkenswert. Ich will das hier nur einmal feststellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch all diese Maßnahmen unterstützen wir mit unserer Politik Familien (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wir sind erheblich. Mit vielen Partnerinnen und Partnern in der Fa- auch am Wochenende unterwegs! Sie sehe milienpolitik unterstützt die Landesregierung schon seit ich nicht! Sie sind zu Hause und liegen im langem Prozesse und Maßnahmen, die Familien stärken, Bett! Wir sind beim Bürger!) die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine an Lebensphasen orientierte Personalpolitik fördern, die die Aber zur Ministerin, Frau Spiegel, nur einen einzigen Satz

3243 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 zu Ihren Ausführungen. Diese Sätze stammen aus einem sogenannten Sieggebet,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Wir wollten (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Der keine Überstunden abrechnen!) AfD!)

– Sie sollten sich nicht so aufregen. das die türkische Religionsbehörde Diyanet der DITIB in Deutschland aufgetragen hatte. In mindestens einem Fall (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich war führte eine DITIB-Filliale die Anweisung aus. Im süßen nicht über Monate in Thailand!) Baden-Württemberg beteten Mädchen in Kopftüchern die- se Zeilen auf Anweisung eines Imams nach, Wort für Wort. Frau Ministerin – – – Es ist davon auszugehen, dass diese Gebete auch hier (Zurufe im Hause – bei uns stattgefunden haben; denn Funktionäre der DITIB Glocke der Präsidentin) waren maßgeblich an der Pro-Erdogan-Demonstration in Köln im Sommer 2016 beteiligt, ein vielsagender Finger- zeig. Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Bitte, Kolleginnen und Kollegen, Herr Frisch hat das Wort. Rechtfertigung neo-osmanischer Machtpolitik durch Re- Sie haben noch eine Minute. ligion, Instrumentalisierung von Kindern für militärische Kriegspropaganda – DITIB erweist sich einmal mehr als (Weitere Zurufe im Hause) verlängerter Arm des Erdogan-Regimes, als Staat im Staa- te. – Herr Frisch hat das Wort. (Beifall der AfD)

Abg. Michael Frisch, AfD: Unterdessen prüft die Landesregierung allen Ernstes noch immer ausdauernd, ob DITIB staatsfern ist und damit als Frau Präsidentin, das ist nett von Ihnen, aber es muss Religionsgemeinschaft die Vorgaben nach Artikel 7 Grund- dazu auch eine gewisse Aufmerksamkeit bestehen. gesetz erfüllt. Sie hat die notwendige politische Bewer- tung bequem ausgelagert. Auf zwei in Auftrag gegebene Ein Satz, Frau Ministerin, zu dem, was Sie gesagt haben. Gutachten – Kosten: bislang 36.000 Euro – folgten zwei Sie haben hier festgestellt, wir geben 620 Millionen Euro weitere. Das Ende der Begutachtungen wird grob für ein für die Kindertagesbetreuung an die Kommunen. Für die weiteres Jahr veranschlagt – ohne Gewähr natürlich. Familien, die ihre Kinder selbst erziehen, gibt es null Euro. Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Große Anfrage unserer Fraktion hat sich mit den Gut- achten und Verhandlungen über einen Staatsvertrag be- (Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS schäftigt. DITIB sollte – ich zitiere wörtlich aus der Großen 90/DIE GRÜNEN: Das ist Quatsch!) Anfrage – als gefragter und verlässlicher Vertragspartner islamischen Religionsunterricht für Schulkinder verantwor- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: ten. – Der Islam, den der türkische Staat in der erdogani- sierten Republik verbreitet, ist de facto eine Staatsreligion, Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Wortbeiträgen war die Christen zu Bürgern zweiter Klasse stempelt. Das halte zu entnehmen, dass Ausschussüberweisung gewünscht ich hier fest. DITIB soll also Religionsunterricht hier bei uns ist, und zwar an den Ausschuss für Familie, Jugend, Inte- mitverantworten. Angesichts der zu Beginn geschilderten gration und Verbraucherschutz. Herrscht Einvernehmen? – Szenen kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Dann verfahren wir so. (Beifall der AfD) Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf: Interessant ist nicht nur, was im Zuge der Verhandlungen Die DITIB in Rheinland-Pfalz thematisiert, sondern vielmehr, was – wahrscheinlich aus Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD politischem Kalkül – ausgelassen und ausgeblendet wurde. und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Die Analyse macht deutlich, die Landesregierung wollte Fraktion der AfD ihren Gegenübern stets unbequeme Fragen ersparen. Sie – Drucksachen 17/3585/4006/5408 – – und das vorweg – verhandelte naiv, ließ sich von einer aus der Zeit gefallenen Integrationsromantik leiten. Sie Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. agierte unverantwortlich. Herr Paul von der AfD-Fraktion hat das Wort. Ebensowenig wurden im Vorfeld und im Zuge der Verhand- lungen die Eigentumsverhältnisse der DITIB-Grundstücke Abg. Joachim Paul, AfD: geklärt und thematisiert. Warum ist das so wichtig? Weil das Kernproblem nicht existenter Staatsferne bzw. der Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Ich zitiere: Gott Steuerung durch den türkischen Staat damit zusamme- soll unserer Armee den Sieg verleihen. Gott soll unseren hängt; denn ist DITIB Köln Eigentümer eines Grundstücks, Feinden keine Chance lassen. – übt mittelbar die Zentrale, und damit Diyanet, Hausrecht (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So und Kontrolle aus. Eine Filliale, zum Beispiel in Ludwigs- spricht die AfD!) hafen, wäre dann vollständig in der Hand dieser Zentrale.

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Reformer könnten bequem ausgegrenzt und entfernt wer- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: den. Das ist ein Faktum. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Kazungu-Haß. Aber auch danach wurde nicht gefragt. Die Teilnahme und Unterstützung der Pro-Erdogan-Demonstration wurde von Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: rheinland-pfälzischen Funktionären in Köln nicht themati- siert, obwohl sie der Landesregierung ja gegenüber saßen. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen Über ihre Gegenüber wusste die Landesregierung ohnehin und Kollegen! Es gibt tatsächlich viele Fragen, die sich im sehr wenig. Auch dass es lediglich einen Verhandlungstag Hinblick auf DITIB stellen, Fragen, die auch wir, die auch gegeben hat, spricht für eine unangemessene Einschät- ich beantwortet haben möchte. Deswegen hat ja auch die zung der Situation. Landesregierung nach dem Putschversuch in der Türkei zwei weitere Gutachten in Auftrag gegeben und die Ver- Offenkundig ist es auch gar nicht möglich; denn unsere handlungen unterbrochen. Große Anfrage ergab, dass auf Türkisch verfasste DITIB- Texte nicht zur Einschätzung des potenziellen Verhand- Leider findet sich in Ihrer Großen Anfrage nahezu nichts, lungspartners herangezogen wurden. das uns dabei helfen würde herauszufinden, wie wir ge- meinsam mit DITIB ein Miteinander regeln könnten. Sie (Abg. Michael Frisch, AfD: Hört, hört!) stellen die Anfrage, davon abgesehen, vor der Zeit; denn tatsächlich debattieren könnten wir erst fundiert, wenn das Ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundord- religionswissenschaftliche und das juristische Gutachten nung wurde lediglich – ich zitiere wörtlich aus einer Ant- vorliegen. wort – vorausgesetzt und erwartet. – Robust eingefor- dert wurde es nicht, ein Versäumnis, das bei den DITIB- Dennoch möchte ich einige Punkte nochmals für meine Funktionären offenkundig – betrachtet man die mangelnde Fraktion klarstellen. Im Verhältnis zu DITIB und auch zu Bereitschaft, sich kritisch und reflektiv mit den Ereignissen anderen Religionsgemeinschaften, die von uns anerkannt auseinanderzusetzen – entsprechenden Eindruck hinter- und entsprechend als Verband in Entscheidungen einge- lassen hat. bunden werden wollen, muss es eine dualistische Heran- gehensweise aus Offenheit, aber auch absoluter Klarheit Die Landesregierung sagte uns – ich zitiere wörtlich –, sie in der Sache geben. habe keine Veranlassung gehabt, in den Verhandlungen die interne Struktur der DITIB zu thematisieren. – Dazu ist (Zuruf das Abg. Matthias Joa, AfD) Folgendes anzumerken: Der Islam ist mit 5 % der Bevölkerung der Bundesrepublik Erstens, DITIBs interne Stuktur ist keine Privatsache; denn Deutschland eine Größe, die es als sinnvoll erscheinen diese Struktur bestimmt Ausrichtung und Politik der Organi- lässt, über Verbände gebündelt ins Gespräch zu kommen, sation, also das Äußere. Das zu verkennen, ist aberwitzig. mit Landes- oder eben auch mit der Bundesregierung. Deutschland ist ein säkularer Staat. Unser Zusammen- Zweitens, die Verantwortung für den Religionsunterricht leben wird durch das Grundgesetz, unsere Verfassung, ist schwerwiegend genug, um genauer hinzuschauen und geregelt. Die demokratisch beschlossenen Gesetze, das unbequeme Fragen zu stellen. Wer in unsere Schulen will, Gewaltmonopol des Staates und die Unabhängigkeit unse- muss Belege für Staatsferne und Verfassungstreue liefern. rer Gerichte sind von allen Menschen in unserem Land zu Da reichen nicht Satzungen zweifelhafter Herkunft. akzeptieren. Die Religionsfreiheit wird dabei nicht begrenzt, jedoch werden keine Handlungen von uns akzeptiert, die (Beifall der AfD) sich außerhalb unseres Konsenses befinden. (Beifall der SPD, der FDP und des Zudem hat unsere Große Anfrage ergeben, dass das Land BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – bei Gülen-Anhängern oder tatsächlichen und vermeintli- Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!) chen Erdogan-Gegnern Gefährdetenansprachen durchfüh- ren und sie warnen musste, hier bei uns im Land. Dass Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin überzeugte Ver- die Landesregierung von ihren Gegenübern erwartete – fassungspatriotin. Staat und Religionsgemeinschaften, das ich zitiere –, dass sie konsequent einschreiten, sollten war schon immer ein natürliches Spannungsverhältnis. ihr politische Einflussnahmen bekannt werden – das er- Deswegen ist es richtig, dass die Regeln des Miteinan- wartet die Landesregierung von ihren Gegenübern, den ders, zum Beispiel in Kirchenverträgen und Konkordaten, DITIB-Funktionären –, führt eine Naivität vor Augen, die geregelt werden. DITIB wurde bereits im Gutachten aus kennzeichnend für den gesamten Verhandlungsprozess dem Jahr 2016 als anerkennungsfähig bezeichnet. Doch ist. dann kam der Putschversuch in der Türkei, der bis heute (Glocke der Präsidentin – nicht nur das Verhältnis der Türkei zu Deutschland grund- Beifall der AfD) sätzlich änderte. Der ehemals laizistische Staat scheint immer mehr von religiösen Motiven geleitet zu werden. Ein letztes Wort: Die Frage, ob DITIB staatsfern ist, ist Die Religionsbehörde Diyanet verbreitet entsprechende längst eine rhetorische geworden. Brechen Sie die Ver- Predigten. Die Auseinandersetzung zum Beispiel mit der handlungen endgültig ab, und prüfen Sie ein Verbot dieser Gülen-Bewegung bekommt dort auch Raum. Ist DITIB un- verfassungsfeindlichen Organisation. Es wird höchste Zeit! abhängig von Diyanet?

(Beifall der AfD) (Heiterkeit bei der AfD)

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Ist der Landesverband Rheinland-Pfalz von DITIB, um den warum Sie das tun, warum Sie so vorsichtig sind. Vorsich- es hier geht, damit auch unabhängig von Erdogan? Das tig haben Sie überhaupt nicht verhandelt. gilt es zu klären. Diese Aufgabe übernehmen nun auf der wissenschaftlichen Seite die Gutachter. Unsere Große Anfrage hat ergeben, ein Verhandlungstag, und Sie wussten noch nicht einmal, ob Ihre Gegenüber Es hat sich bewährt, dass das Land Rheinland-Pfalz – an- eine geistliche Ausbildung hatten, ob sie Doppelstaatler ders als zum Beispiel Hessen – sehr viel vorsichtiger vor- waren oder anderes. Das hat Sie alles nicht interessiert. gegangen ist. Es war eine Tür-und-Angel-Verhandlung, die meines Er- achtens dem Gegenstand des Religionsunterrichts an den (Abg. Joachim Paul, AfD: Vorsichtig!) Schulen völlig unangemessen ist.

Als Religionslehrerin weiß ich, wie klar wir auf unsere Auf- (Beifall der AfD) gabe an staatlichen Schulen vorbereitet werden: kein Be- kenntnis erzwingen, keine Mission, immer auf dem Boden der Verfassung. Nichts anderes erwarten wir auch von Leh- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: rerinnen und Lehrern, die islamischen Religionsunterricht erteilen. Zu einer Erwiderung erteile ich Frau Kollegin Kazungu-Haß das Wort. (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Eine Selbstverständlichkeit!) Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Das gelingt im Rahmen unseres Modellversuchs des Bil- dungsministeriums seit 2004 sehr gut. In Deutschland aus- Drei Punkte möchte ich nennen, Herr Kollege Paul. Ers- gebildete, mit einer staatlichen Lehrbefähigung ausgestat- tens – Sie werden es kaum glauben –, Sie sprechen auch tete Kolleginnen und Kollegen übernehmen diese Aufgabe. gerade mit einer Doppelstaatlerin. Ich hoffe, das stört sie So gelingt Integration. Das bedeutet dann auch gegensei- nicht. tigen Respekt. (Abg. Joachim Paul, AfD: Nö!) (Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP) Zweitens, nach Artikel 7 Abs. 3 Grundgesetz ist es so, dass der Religionsunterricht an staatlichen Schulen gemeinsam Wenn die Gutachten zeigen, dass wir mit diesen Grundsät- mit den Religionsgemeinschaften geregelt werden muss. zen, die ich eben benannt habe, auch mit DITIB gesichert Es ist durchaus richtig, dass Sie bemerken, das kann auch arbeiten können, dann dürfen sie nicht nur, sondern sollten irgendjemand anders sein. Es ist nämlich tatsächlich so, die Verhandlungen fortgeführt werden. dass wir in unserem Modellversuch darauf zurückgreifen, mit örtlichen Gemeinden zu arbeiten und den Islamunter- Danke schön. richt entsprechend zu gestalten.

(Beifall der SPD, der FDP und des (Abg. Joachim Paul, AfD: Na also!) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich habe eben aber auch gesagt, dass es natürlich bei Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: einer Größe von 5 % der Bevölkerung Sinn ergibt, tatsäch- lich jetzt genau zu schauen, wie man mit den Verbänden Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Paul das Wort. eine größere Anzahl an Gläubigen zusammenfassen kann.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Größe ist aber Abg. Joachim Paul, AfD: kein Kriterium allein!)

Liebe Kollegin Kazungu-Haß! Die politische Bewertung Drittens, wenn Sie genauer nachgeschaut hätten, wüssten ist Ihre Aufgabe. Verschanzen Sie sich doch nicht hinter Sie auch, dass nach dem Grundgesetz erst einmal jede Gutachten. Was wollen Sie denn noch für Indizien, dass Gemeinschaft, die sich Religionsgemeinschaft nennt, eine keine Staatsferne vorliegt? Religionsgemeinschaft ist, dass die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft – das war der erste Schritt, um Es gibt keine Pflicht zum Abschluss eines Staatsvertrages. den es ging, dafür waren diese Gutachten gedacht – erst Islamischer Religionsunterricht – warum muss das DITIB einmal eines Landessache ist, die sich nur auf ein Bundes- machen? Es besteht keine Pflicht dazu. Verschanzen Sie verfassungsgerichtsurteil stützen kann. Dies sagt uns, ob sich nicht hinter Gutachten. es überhaupt zum Staatsvertrag kommt. Sie vergessen, einen Schritt nach dem anderen zu machen, und stellen (Beifall der AfD) etwas dar, was nicht wahr ist.

Wenn wir hier von der Verfassungsfeindlichkeit reden, die (Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist nicht in Rede steht bzw. nicht in Rede steht, dann legen Sie bitte wahr!) den Maßstab an, den Sie am ersten Plenartag angelegt haben. Es ist schon bemerkenswert, welche Kapriolen Sie Wir waren noch an der Stelle, uns zu überlegen, ob wir schlagen, um sozusagen nicht zu einer politischen Bewer- DITIB als anerkannte Religionsgemeinschaft in einen tung gezwungen zu werden. Der Bürger müsste wissen, Staatsvertrag einbinden wollen.

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Ich möchte Ihnen am Ende noch eines sagen: Ein solcher Wie die Kollegin schon sagte, 5 Millionen unserer Mitbür- Staatsvertrag ist unglaublich wichtig, da gerade für den ger sind muslimischen Glaubens. Religionsunterricht ganz viele Dinge festgelegt sind. Türken – und ich betone, auch Kurden – aus der Türkei (Abg. Joachim Paul, AfD: Ein nutzten und nutzen zu weiten Teilen die zahlreichen Ge- Verhandlungstag!) betshäuser und suchten und suchen die Unterstützung durch die Imame der DITIB. Es gibt wenige andere bei uns Wenn man den nicht hat, dann bleibt einiges im Vagen. im Land; leider, sage ich ausdrücklich dazu. Von daher haben wir aus der Zeit des Modellversuchs einen Weg gesucht, uns auf breitere Füße zu stellen. Ich Damit waren die DITIB-Gemeinden für uns lange Zeit ein glaube, das war gut so. fester Bestandteil des religiösen Lebens in den Orten und Städten. Wir sehen jetzt, wir haben das Problem mit DITIB. Das gilt es jetzt zu lösen. Ich habe mich überhaupt nicht da- Ich betone, Sie waren es für uns, solange sich die Türkei vongemacht, sondern ich habe gerne Details, über die ich als säkularer Staat mit muslimischer Prägung verstand, diskutieren kann. Sie selbst haben meist andere Möglich- in dem Religion ihren wichtigen Platz hat, aber nicht die keiten, ihre alternativen Fakten zu generieren. Politik bestimmt. (Abg. Uwe Junge, AfD: Ach je!) (Beifall der CDU) Ich warte dann doch, bis Wissenschaftler so etwas richtig Der Einfluss des Staates in seiner kemalistischen Form beurteilt haben. war für uns relativ akzeptabel. Leider – da gebe ich allen anderen recht – hat sich das seit Erdogan radikal geän- Danke schön. dert. Wir mussten Verschiebungen und Verwerfungen in (Beifall der SPD, der FDP und des den Gemeinden registrieren. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einige Beispiele dafür: Geistliche werden als Spitzel des Staates missbraucht. Türkische Politiker versuchen auf Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: inakzeptable Weise, deutsche Wahlen zu beeinflussen. Für die Fraktion der CDU spricht Herr Kollege Oelbermann. Türkische Politiker radikalisieren und politisieren die Ge- meinden in Deutschland, um sie für ihre eigenen innenpo- litischen Zwecke zu missbrauchen. Abg. Reinhard Oelbermann, CDU: Zu alledem werden selbstverständliche Grundrechte in der Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Paul, ein Türkei in den letzten Jahren außer Kraft gesetzt. bisschen müssen wir die Diskussion wieder versachlichen. Aber das bekommen wir auch hin. Wie kann das weitergehen? Momentan mit der DITIB gar nicht – da sind wir uns einig –, Wie froh wären wir alle, wenn wir diese Debatte heute nicht führen müssten. Lange Zeit war die DITIB für uns alle der (Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD) wichtigste Kontakt zu den muslimischen Gemeinden. solange sich nicht ändert, was nach unserem Verständ- (Abg. Uwe Junge, AfD: Naiv war das!) nis geändert werden muss. Wir brauchen Gottesdienste in deutscher Sprache, selbstverständlich. Wir brauchen – Nein. Lange Zeit war das so. Religionslehrer, die in Deutschland unter deutscher Kul- (Abg. Uwe Junge, AfD: Ja, aber das macht turaufsicht der deutschen Bildungsministerien ausgebildet es nicht besser!) werden, selbstverständlich. Wir brauchen bei der DITIB die nachgewiesene Freiheit von staatlichen Einflüssen. Für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ist das in weiten Teilen immer noch so. Für uns sind An- Wir brauchen bei allen Beteiligten das Bekenntnis zu allen sprechpartner bei den Religionsgemeinschaften ungeheu- unseren Grundrechten, nicht zu einzelnen herausgesuch- er wichtig. Wir brauchen unbedingt auf allen Seiten das ten. Gespräch. Wir brauchen die verbindliche Anerkennung des deutschen (Beifall der CDU und bei FDP und Rechts und unseres politischen Systems, das damit zu- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sammenhängt. Darauf aufbauend brauchen wir gelebte Integration von allen Seiten. Mit der jüdischen Gemeinde, mit den christlichen Gemein- den und vielen, vielen anderen klappt das gut, wenn es (Beifall der CDU und bei SPD, FDP und auch gelegentlich zu Reibereien kommt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lange Zeit war das mit den Verantwortlichen der DITIB Bis dieser Zustand wieder eintritt, ist die Entscheidung, durchaus auch so. Zumindest war es im Ansatz möglich. Im die Zusammenarbeit mit der DITIB ruhen zu lassen, eine eigenen Selbstverständnis vertreten die DITIB-Gemeinden richtige Entscheidung, und keiner von uns hätte sie anders nun einmal den großen Teil der Muslime in Deutschland. getroffen.

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Hoffentlich kommen bald wieder gesprächsbereite Zeiten. Erst einmal Unerträgliches verkünden und dann, falls es Hoffentlich wächst bei unseren türkischen Mitbürgern das aus den eigenen Reihen Widerspruch gibt, sofort zurück- Verständnis auch für unsere Kritik. Hoffentlich werden wir rudern, als verwirrte Einzelmeinung darstellen und die uns alle wieder der großen Aufgabe der Integration ge- Angelegenheit relativieren. Das kommt mir irgendwoher meinsam bewusst. bekannt vor und müsste Ihnen auch bekannt sein. (Beifall der CDU, der SPD, der FDP und Wir unterstützen diesen Weg, wo immer wir können. Was des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – diese Anfrage mit ihren überaus schlichten Fragen und Abg. Uwe Junge, AfD: DITIB ist das übrigens genauso schlichten Antworten Thema!) (Heiterkeit der Abg. Julia Klöckner, CDU) – Herr Junge, Sie haben es heute Morgen wieder mehrfach gemacht. ausgerechnet jetzt an neuen Erkenntnissen bringen soll, ist mir allerdings nicht so richtig klar. (Glocke der Präsidentin)

(Beifall der CDU und vereinzelt bei FDP – Oh, ich muss zum Schluss kommen. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Abg. Julia Klöckner, CDU: Aus demselben Es sind zwei Zusatzgutachten in Auftrag gegeben worden. Holz! – Das dauert schon eine Zeit lang. Ich glaube, einer der Abg. Matthias Joa, AfD: Erdogan Gutachter ist erkrankt. So undankbar sind wir über die Zeit unterstützt den IS!) gar nicht. Warten wir diese doch einfach einmal ab. Ich bin sicher, das Ergebnis wird kritisch sein. Wir werden auch Ich kürze ab. Religionsfreiheit und Verfassung sind zwei dann noch Zeit haben zu überlegen, was wir tun. Seiten derselben Medaille. Das eine kann es ohne das an- dere nicht geben. Unabhängig von der Aktuellen Debatte (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war haben unsere muslimischen Mitbürger und Mitbürgerinnen ein kluger Beitrag!) uneingeschränkt das Recht, ihren Glauben zu leben.

Eine politische Debatte braucht in meinen Augen eine so- (Beifall der CDU und bei der SPD – lide Grundlage und keine Generalverdächtigungen und Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Genauso Pauschalisierungen. ist es! – Glocke der Präsidentin) (Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Keine leichte Aufgabe für uns alle. Aber wir müssen alle Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!) daran arbeiten, vor allen Dingen die DITIB-Gemeinden, aber wir auch. Ich gebe Ihnen recht, Herr Paul – das haben Sie auch noch nicht gehört –, in absehbarer Zeit wird die DITIB kein (Glocke der Präsidentin) Ansprechpartner für uns sein, Vielen Dank. (Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD) (Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – für das Land nicht und ganz bestimmt nicht für den Reli- Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Guter gionsunterricht. So wird es aber auch momentan gehand- Beitrag!) habt, und kein Mensch hat die Absicht, im Moment daran etwas zu ändern, Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Auch das ist richtig!) Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Paul das Wort. wenn sich nicht Grundsätzliches ändert.

(Beifall der CDU und der SPD) Abg. Joachim Paul, AfD: Lieber Herr Kollege, Sie haben lange Zeit zugeschaut. Wir als CDU werden eine Änderung daran garantiert nicht Über Jahre sind Sie hier im Plenum vertreten. Sie haben akzeptieren, solange sich das nicht grundlegend ändert. zugeschaut, und Sie haben auch weggeschaut; denn die Islamisierung unter Erdogan, die Abkehr vom Erbe Ata- Dass trotzdem die Debatte nun von den Kollegen auf der türks war ein Prozess, der über Jahre gegangen ist. rechten Seite losgetreten worden ist, wundert mich nur mäßig. Es ist gerade ein Beleg, dass DITIB staatsnah ist; denn diese Islamisierung bildete sich auch hier im Alltag bei Ich habe mir vor diesem Beitrag heute viel Zeit genom- den hier lebenden Türken ab, Schritt für Schritt. Sie haben men und die Berichte und Beiträge radikaler Vertreter aus weggeschaut. Das ist die Wahrheit, die hier offenkundig den DITIB-Gemeinden angehört. Ich habe sie gehört, ich wird. habe sie gesehen und gelesen. Oft hatte ich dabei Déjà- vu-Erlebnisse. (Beifall der AfD)

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Sie hat sich im Alltag abgebildet. (Abg. Joachim Paul, AfD: Gehetze ist aber nicht parlamentarisch!) Sie versuchen zu überblenden, dass viele Vertreter der Altparteien der Versuchung erlegen sind, bei DITIB auf- – Gehetze nehme ich zurück; bei Geschimpfe bleibe ich. zutreten und dort politisch sozusagen eine Art Nähe zu Lassen Sie es doch. Ich bemühe mich wirklich um Sach- suggerieren, um Wählerstimmen zu bekommen, weil es lichkeit. Es wäre schön, wenn Sie und Ihre Kollegen das ein großer Verband ist. auch täten. Wenn Sie einmal ganz viel Zeit haben, (Beifall der AfD) (Abg. Julia Klöckner, CDU: Nationalismus auf beiden Seiten!) Dieser Versuchung konnten viele nicht widerstehen, zum Beispiel Herr Söder. Frau Landtagspräsidentin, ich glau- vergleichen Sie einmal DITIB-Reaktionen von extremisti- be, Sie waren auch bei der Eröffnung der DITIB-Moschee schen Menschen dort und Reaktionen auf Anwürfe, die in Germersheim dabei. Viele konnten dieser Versuchung gegen Sie gestaltet werden. Viel Spaß dabei. nicht widerstehen. Das versuchen Sie hier mit seltsamen Angriffen zu überblenden. (Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Unsere Große Anfrage hat sehr wohl Erkenntnisse er- bracht; denn es gab nur einen Verhandlungstag – das muss man sich einmal vorstellen –, und wichtige Punkte Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: sind gar nicht angesprochen worden. Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Lerch. (Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Es gibt doch noch gar keinen Vertrag!) Abg. Helga Lerch, FDP: Wichtige Themen wurden nicht angesprochen. Deswegen Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Diskussi- mussten die DITIB-Funktionäre auch gar nicht zurückru- on gleitet ab. Wenn hier behauptet wird, dass Interessen, dern, irgendetwas verschleiern oder irgendetwas als Ein- die mit dem Gewinn an Wählerstimmen zu tun haben, die zelfälle darstellen, weil sie zu diesen Ereignissen gar nicht Diskussion um DITIB bestimmen, ist das der falsche An- befragt worden sind. Das ist der Skandal im Skandal. satz.

(Beifall der AfD) (Beifall bei FDP, SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Es ist richtig, und wir tun dies auch. Wir stellen kritische Fragen zu DITIB. Zu einer Erwiderung hat Herr Kollege Oelbermann das Dennoch – das wurde auch durch meinen Vorredner hier Wort. deutlich – war DITIB lange Jahre ein verlässlicher Partner. Das dürfen wir bei aller Diskussion nicht ausklammern.

Abg. Reinhard Oelbermann, CDU: Aber die aktuellen Entwicklungen – und darum geht es – Herr Paul, das tut schon weh, wenn man Ihnen zuhört, machen uns große Sorgen und machen auch eine Neu- ohne dass Sie irgendeinen Ansatz von Sachlichkeit haben. bewertung notwendig. Die Eignung von DITIB als Partner muss vor dem aktuellen Hintergrund der politischen Ent- (Beifall der CDU und bei SPD, FDP und wicklung in der Türkei hinterfragt werden. Genau das tun BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wir heute in diesem Parlament.

Mir ist nicht erinnerlich, dass irgendein CDU- Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat rea- Verantwortlicher jemals mit einer DITIB-Gemeinde ge- giert. Es wurde sich bei den anstehenden Vertragsverhand- kuschelt hätte. lungen nicht auf die Gutachten von 2014 zurückgezogen; denn diese Gutachten sind heute veraltet. (Beifall der Abg. Julia Klöckner, CDU) (Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Wir kümmern uns um Religionsgemeinschaften vor Ort. Genau!) Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. Wir lehnen jede Form von Radikalität ab. Das sollten Sie sich auch einmal auf die Wir können uns darauf nicht verlassen. eigenen Fahnen schreiben und bei Ihnen selbst anfangen, dann wäre uns allen wesentlich gedient. Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei wurden zwei weitere neue Gutachten in Auftrag gegeben, um wissen- (Beifall der CDU und bei SPD, FDP und schaftlich untersuchen zu lassen, ob sich die Stellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – DITIB als Religionsgemeinschaft verändert hat, und zwar Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!) hier in Rheinland-Pfalz. Die Ergebnisse werden im Som- mer erwartet. Auf der Grundlage, aber auch mit Blick auf Lassen Sie doch dieses allgemeine Geschimpfe und Ge- die aktuellen Verhältnisse, wird die Landesregierung dann hetze und versuchen Sie einmal, irgendwo zur Sachlichkeit ihre Entscheidung fällen, wie die Partnerschaft oder Nicht- zurückzukommen. partnerschaft mit DITIB weiter gestaltet wird.

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Bei allem gilt immer noch – Herr Oelbermann, das kann Expertisen abwarten. ich nur unterstreichen –, wenn wir die Dialogbereitschaft abbrechen und das Gespräch nicht mehr der rote Hand- Vielen Dank. lungsfaden in der Politik ist, meine Damen und Herren, dann haben wir verloren. Es gibt keine anderen Möglich- (Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE keiten in der Demokratie. GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

(Beifall bei FDP, SPD, CDU und BÜNDNIS Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: 90/DIE GRÜNEN) Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Junge das Wort. Wir lassen uns von anerkannten Experten und Wissen- schaftlern beraten und begleiten. Wir stützen uns auch auf diese Erkenntnisse, aber das entlastet uns nicht von der Abg. Uwe Junge, AfD: Pflicht, abschließend politisch zu entscheiden. Genau das Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau ist der Prozess. Niemand kann uns vorwerfen, dass wir nur Lerch, natürlich sind Anfragen dafür da, dass man Fragen die Wissenschaft im Auge haben, sondern die letztendli- stellt. Dumme Fragen gibt es nicht, nur dumme Antworten che Entscheidung wird politisch getroffen. Das zeichnet oder nicht aussagefähige Antworten. verantwortungsvolles politisches Handeln aus. Sie sagen, die beiden Gutachten seien veraltet. Wir haben (Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und sie einsehen können: nicht alle, aber doch einen gewissen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Anteil – Sie vermutlich auch – im September 2016. Sie Meine Damen und Herren, wie man es genau falsch macht, sind bis heute nicht veröffentlicht. Deshalb dürfen wir auch zeigt die AfD mit der vorliegenden Großen Anfrage; denn nicht darüber sprechen, aber wir wissen sehr wohl, dass eine Vielzahl der Fragen rückt DITIB generell – das ist diese Gutachten Zweifel am tatsächlichen Status einer Re- das Schlüsselwort – in die Nähe von Verfassungs- und ligionsgemeinschaft zumindest in Aussicht stellen. Staatsfeinden. Wir brauchen eine differenzierte Betrach- Jetzt wurden neue Gutachten beauftragt. Nun fragt man tungsweise. Sie können uns abnehmen, dass auch wir das sich: Warum? Waren die alten nicht ausreichend? – Ich Gespräch mit DITIB-Vertretern gesucht haben, um uns ein fand schon, aber gut, ich habe vielleicht eine andere Sicht rundes Bild zu machen. Das Bild ist unterschiedlich. Es auf die Dinge. Seitdem sind aber 15 Monate vergangen, ist facettenreich, aber es ermächtigt uns nicht zu einem und wir haben immer noch kein neues Gutachten. Ich Generalverdacht. Das ist der falsche Weg. glaube, hier wird auf Zeit gespielt. Ich finde das nicht in Ordnung, Lassen Sie mich festhalten, wie ich es bereits anfangs dargestellt habe: Ja, wir haben Bauchschmerzen, was die (Beifall der AfD) aktuelle Entwicklung von DITIB als Verband angeht. Diese beziehen sich aber hauptsächlich darauf, inwiefern DITIB weil die Menschen durchaus wissen wollen, mit wem sie die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat nach- es zu tun haben. Erst seit dem Putsch, der am 15./16. Ju- weisen kann. li 2016 stattgefunden hat, zu sagen, da gab es vorher eine (Abg. Joachim Paul, AfD: DITIB ist der Entwicklung in der Türkei, die nichts unmittelbar damit zu türkische Staat!) tun hatte, war der Weckruf für Sie alle: Achtung, da ist irgendetwas – eigentlich mehr eine Gegenreaktion auf den Das ist die entscheidende Frage für die Einstufung als Re- Putsch als zu DITIB. ligionsgemeinschaft. Diese Frage ist auch zu beantworten, wenn wir die notwendigen Unterlagen haben. Wir wissen, Diyanet ist eine Aufsichtsbehörde für alle fast 1.000 DITIB-Moscheen in Deutschland. Da muss man Meine Damen und Herren, aber – und das ist mir wich- doch hingucken, und da können wir nicht darüber ver- tig, noch einmal zu betonen – es gibt keinen Grund, die handeln, ob es in irgendeiner Form eine Zusammenarbeit Muslime in Rheinland-Pfalz, die zu einer DITIB-Gemeinde geben kann, sondern da müssen wir klar und deutlich sein. gehören, unter einen Generalverdacht zu stellen. Ich finde es wirklich nicht in Ordnung – das ist schon im (Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE Programm aller anderen Parteien –, dass Sie fast zu jedem GRÜNEN) Thema in irgendeiner Form ein AfD-Bashing konstruieren. Nein, hier geht es ganz klar um DITIB und um nichts an- Die muslimischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz sind zum deres. Wir wollen nicht pauschalisieren. Tun Sie es bitte Großteil gut integriert. Die Moscheen von DITIB werden auch nicht. schlicht nicht immer, aber sicherlich in den meisten Fällen zur Ausübung der Religion aufgesucht. Danke schön.

(Glocke der Präsidentin) (Beifall der AfD)

Es gibt keinen Grund, warum die Einstellung dieser Per- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: sonen von den Entwicklungen um DITIB betroffen sein soll. Deshalb lassen Sie uns behutsam vorgehen, vertrau- Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau ensvoll das Gespräch fortführen und das Ergebnis der Kollegin Schellhammer.

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Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: grüner Seite auch sehr intensiv – mit der DITIB. Grüne Vertreterinnen und Vertreter, insbesondere Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und und Cem Özdemir, haben sich sehr intensiv mit der Ent- Herren! Herr Kollege Oelbermann, ich bin Ihnen sehr dank- wicklung in der Türkei und selbstverständlich auch mit der bar für Ihren Beitrag, auch dass Sie sich tatsächlich die DITIB auseinandergesetzt. Dabei ist für uns eine klare Mühe gemacht haben, alle möglichen Reden von DITIB- Trennung zwischen politischer Kritik und pauschaler Verun- Imamen anzuschauen und sich auf die Recherche zu be- glimpfung einer Religion geboten; denn wir haben weiter geben. Ich denke, Ihr sachlicher Beitrag und diejenigen das Ziel, Partner für den islamischen Religionsunterricht meiner Vorrednerinnen der Koalition haben dieser Diskus- an rheinland-pfälzischen Schulen zu finden. sion gutgetan. Wenn DITIB ein solcher Partner sein will, muss sie sich (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, klar und deutlich vom türkischen Staat emanzipieren und SPD, CDU und FDP) dies auch in ihren Vereinsstrukturen nachvollziehen. Der Wir haben also als Grundlage dieser Debatte eine Große Grundsatz galt vor einem Jahr, er gilt, und er wird auch Anfrage vorliegen, die im September 2017 beantwortet noch morgen gelten. Das ist unser Maßstab zur Beurtei- worden ist und nun im Februar 2018 zur Aussprache ge- lung der DITIB. stellt wird. Wir alle haben beobachtet, die Entwicklungen in der Türkei haben auch in diesem Zeitraum noch weitere Da sind wir klar und deutlich, aber auch klarer und deut- dramatische Züge angenommen. licher als die AfD in dieser Frage; denn Sie verdammen einerseits den Einfluss von Erdogan auf die DITIB, an- Seit dem Putschversuch in der Türkei im Sommer 2016 dererseits feierten Ihre Anhänger genau diesen Diktator, ruhen die Verhandlungen mit den islamischen Verbänden dass er einen Journalisten – nämlich Deniz Yücel – ein über die Vereinbarung zum islamischen Religionsunter- Jahr lang ohne Anklage in den Knast warf. richt und über andere grundlegende Dinge. Es geht nicht (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nur um den Religionsunterricht, sondern auch um Fragen SPD, CDU und FDP – der Bestattung und weitere Fragen der Zusammenarbeit, Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD) die für die 4 % Muslime, die in Rheinland-Pfalz leben, auch wichtig sind. Das ist zwiespältig. Das ist nicht klar. Da sind wir im Um- gang mit der DITIB wesentlich klarer. Vor diesem Hintergrund wurden inzwischen zwei Zusatz- gutachten in Auftrag gegeben, die die Einordnung der isla- Einschränkung der Pressefreiheit, unliebsame Journalis- mischen Verbände als Religionsgemeinschaften überprü- tinnen und Journalisten, Wissenschaftler und Menschen- fen sollten. Für mich ist bei allen Gutachten, die in Auftrag rechtsaktivisten werden durch Massenverhaftungen in Ge- gegeben werden, die ganz zentrale Frage: Kann der tür- fängnisse gesteckt: Der Rechtsstaat wurde quasi abge- kische Staat direkt oder indirekt bei einem islamischen schafft. Das ist leider die traurige Entwicklung. Von genau Religionsunterricht in unsere Klassen hineinregieren oder solchen Maßnahmen träumen Sie von der AfD doch ei- kann er dies nicht? – Das ist die zentrale Frage. Deswe- gentlich. gen finde ich es gut und richtig, dass hier sehr sorgfältig geprüft wird. Nur wenn diese Frage klipp und klar mit Nein Sie haben Massenverhaftungen gefordert. War das nicht beantwortet werden kann, ist DITIB für uns ein denkbarer Ihr Wording? Wieso feiern Sie beispielsweise, dass ein Partner für islamischen Religionsunterricht in Rheinland- unliebsamer Journalist in der Türkei ohne Anklage im Ge- Pfalz. fängnis saß? Stattdessen missbrauchen Sie die Kritik an der DITIB, die sachlich angebracht ist. Sie missbrauchen Ich habe schon im vergangenen Januar gesagt, wir ver- diese Kritik meiner Ansicht nach. langen von der DITIB, dass sie sich vom türkischen Staat emanzipiert. Ich muss aber feststellen, das Gegenteil ist (Glocke der Präsidentin) passiert. Die Vorstandswahlen der DITIB Deutschland im Dezember letzten Jahres haben uns klar vor Augen ge- Sie nennen es immer wieder und nehmen es, um die Men- führt: Diyanet als verlängerter Arm von Erdogan hat seinen schen, die muslimischen Glaubens oder aus der Türkei Einfluss auf DITIB noch weiter zementiert. Von einer Re- hierher gekommen sind, in die Kritik zu stellen. ligionsgemeinschaft frei von Weisungen der türkischen Regierung können wir heute keinesfalls ausgehen. Unser Ziel ist es, in Rheinland-Pfalz mit Partnern einen islamischen Religionsunterricht einzusetzen und umzuset- Dabei müssen wir aber betrachten – das haben wir auch zen. Die DITIB ist für uns so lange kein Partner, bis sie von grüner Seite thematisiert –, dass es in der Vergangen- sich nicht klar erkennbar vom türkischen Staat emanzipiert heit Ermittlungen der Bundesstaatsanwaltschaft gegeben hat. hat, die der DITIB Spionage gegen in Deutschland lebende türkische Gläubige vorgeworfen haben. Hier scheint sich (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die türkische Regierung der DITIB und ihrer in der Türkei der SPD, der FDP und des Abg. Reinhard ausgebildeten Imame nur bedient zu haben. Aber dieser Oelbermann, CDU) Vorwurf konnte nicht weiter erhärtet werden. Das gehört auch dazu. Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Wir beschäftigen uns sachlich und konstruktiv – und von Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Paul das Wort.

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Abg. Joachim Paul, AfD: Hass. Nichts anderes, und das darf völlig unabhängig von Erdogan gesagt werden. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich sagte es be- reits, und das macht unsere Große Anfrage auch klar, dass Vielen Dank. man entscheidende Fragen nicht gestellt hat. Im Innenaus- schuss hatten wir das Thema. Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet. Aber ich gebe Ihnen den Rat – auch der Lan- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: desregierung –, einmal hinzuschauen, wer der Eigentümer der DITIB-Grundstücke der Moscheegemeinden ist; denn Für die Landesregierung spricht Herr Professor Barbaro. das zeigt ganz klar, wer DITIB im Griff hat. Es ist die Köl- ner Zentrale. Es ist Diyanet. Das sind Fragestellungen, die wichtig sind; denn sollte die DITIB Köln der Eigentümer Prof. Dr. Salvatore Barbaro, Staatssekretär: sein, kann sie jederzeit sagen, du kommst aber nicht mehr ins Haus, du kommst nicht mehr auf das Grundstück. Das Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- ist Macht, das ist politische Macht, und der müssen Sie ren! Ich will mich zunächst einmal bei Frau Kazungu-Haß, auf den Grund gehen. Schauen Sie dahin. Das ist ganz Herrn Oelbermann, Frau Schellhammer und Frau Lerch wichtig. sehr herzlich bedanken. Ich finde, die Debatte hat gezeigt, dass es bei Fragen des Zusammenlebens unserer Gemein- (Beifall der AfD – schaft durchaus unterschiedliche Ansätze geben kann, Zurufe von der FDP) aber dass Demokraten in der Lage sind, tatsächlich sach- lich und sachorientiert miteinander zu diskutieren.

Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: (Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU) Herr Kollege Paul, Sie beziehen sich auf die Landesregie- rung. Bitte, beziehen Sie sich auf Frau Schellhammer. Ich will gerne auf den Antragsteller eingehen. Die Kritik, man habe über Jahre hinweg in einer linksromantischen Abg. Joachim Paul, AfD: Schwärmerei mit DITIB Verhandlungen geführt, haben Sie im Grunde genommen weitgehend selbst aufgehoben; Dann stelle ich den Bezug, der vielleicht auch Ihnen klar denn viermal haben Sie heute betont, man habe nur ein geworden ist, klar her. einziges Gespräch mit den Verbänden geführt. – Entwe- der haben wir jahrelang mit DITIB verhandelt und einen Somit kann keine Emanzipation erfolgen, wenn ich in der Vertrag gemacht, oder wir haben nur einmal mit ihnen ge- Hand der Zentrale bin. Der Ruf nach Emanzipation ist sprochen. Aber beides kann nicht sein. schön, aber sie kann strukturell gar nicht erfolgen, weil die Eigentumsverhältnisse vielleicht so sind, wie ich sie Sie können uns vorwerfen, dass wir zu weit gegangen beschrieben habe. sind, aber dann sagen Sie, wie konntet ihr nur einmal mit ihnen diskutieren. Also wir sind nicht so weit gegangen wie Dann vielleicht noch ganz kurz: Die Staatsferne DITIBs die Hessen. Das stimmt. Die Hessen haben einen Vertrag ist längst widerlegt; denn bei jedem Ereignis sehen wir gebildet, und das setzt wahrscheinlich mehr als ein Ge- eine Befehlskette. Erdogan will, Erdogan wünscht, Diyanet spräch voraus. Aber die Zurückhaltung in Rheinland-Pfalz weist an, Diyanet befiehlt, ordnet an und wünscht, und als Anlass zu nehmen und zu kritisieren, dass man zu weit DITIB folgt. Sie führen das durch. Schauen Sie sich die gegangen ist, ist einfach nur hochgradig widersprüchlich, perfekt organisierte Demonstration pro Erdogan in Köln- passt aber leider in Ihre gesamte Argumentationskette. Deutz an. Ich war da. Es waren beklemmende Bilder, die ich in Deutschland nicht sehen möchte. Ganz klar. (Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall der AfD) Herr Oelbermann, zu Ihrem Hinweis, schlichte Fragen er- Zu Deniz Yücel: Deniz Yücel ist ein Journalist, der einiges fordern auch schlichte Antworten. Es ist tatsächlich so. geschrieben hat. Er ist als Journalist damit in die Öffentlich- keit getreten. Dann muss er und darf er kritisiert werden. Ich will seitens der Regierung zu der Debatte nur zwei Auch das ist Pressefreiheit, dass ich sage, das, was ein Sachen sagen. Erstens will ich das festhalten, was wir Journalist schreibt, gefällt mir nicht. schon immer sagten und auch in den letzten Jahren immer (Zuruf der Abg. Pia Schellhammer, zur Voraussetzung für Gespräche für einen Religionsunter- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) richt, aber auch in anderen Bereichen gesagt haben: Mit einer Religionsgemeinschaft ist das klare Bekenntnis zu Keiner hat doch gesagt, dass er ohne Verfahren eingelocht einer Staatsferne verbunden. Es darf niemals sein, dass ir- werden soll. Es ist doch absurd, was Sie behaupten. Er gendein Staat Einfluss auf religiöse Inhalte nimmt, egal wo hat Dinge geschrieben, die heute als Satire gelten, die Sie sie auch betrieben werden. Zweitens, der uneingeschränk- uns aber immer vorwerfen – Stichwort Poggenburg. te Zuspruch und das uneingeschränkte Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. (Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Uwe Junge, – Nein, was Yücel geschrieben hat, ist keine Satire. Es ist AfD)

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Das steht und stand nie außer Frage, und das ist auch Teil öffentlich gemacht. Das war ganz wichtig. unserer Verfassung. (Beifall der AfD – Den zweiten Part, den ich sagen möchte, ist, wer von an- Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, deren mehrfach die Verfassungstreue einfordert, muss sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auch selbst leben. Ich verstehe auch Sie nicht. Es gibt genug Politiker der (Abg. Michael Frisch, AfD: Richtig!) Freien Demokraten, zum Beispiel in Baden-Württemberg, die sagen, DITIB ist verfassungsfeindlich und die VS- Unsere Verfassung verlangt, dass wir in Fragen des Re- Beobachtung fordern. Da frage ich Sie, was ist denn Ihre ligionsunterrichts immer auch eine Partnerschaft haben. Meinung in der Regierung, Stichwort Verfassungsfeindlich- Der Staat hat nicht das Recht, alleine Religionsunterricht keit? Das müssen Sie uns einmal beantworten. zu gestalten. Er verlangt vom Staat eine Partnerschaft mit Religionsgemeinschaften oder Kirchen. Er verlangt von (Beifall der AfD) Religionsgemeinschaften, dass sie auf dem Boden der Ver- fassung stehen und staatsfern sind. Die Analyse darüber, Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: ob eine Gemeinschaft eine Religionsgemeinschaft ist, ins- besondere an der hier formulierten Frage der Staatsferne Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist dieser orientiert, kann sich nicht daran orientieren, dass irgend- Tagesordnungspunkt beendet. jemand einmal etwas auf Facebook gelesen hat, sondern das muss sauber und rechtssicher im Sinne der Gerichte Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf: geklärt werden. Situation der Transplantationsbeauftragten in (Beifall der SPD, der FDP des BÜNDNIS Rheinland-Pfalz 90/DIE GRÜNEN) Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Deswegen verschanzt sich niemand hinter Gutachten. Wir Fraktion der CDU halten uns an unsere Verfassung, wir arbeiten an unserem – Drucksachen 17/4856/5239/5370 – Rechtsstaat, und ich bin stolz darauf, in diesem Rechts- staat leben zu können, der nicht nach Willkür argumentiert, sondern klar sagt, was die Verfassung will, wie unser Zu- Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. sammenleben gestaltet sein soll. Das arbeiten wir auch genau so ab. Wer spricht? – Herr Dr. Gensch.

Vielen Dank. Abg. Dr. Christoph Gensch, CDU: (Beifall der SPD, der FDP und des Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kollegen! Wir besprechen heute die Große Anfrage der CDU-Fraktion „Situation der Transplantationsbeauftragten Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: in Rheinland-Pfalz“, in rheinland-pfälzischen Krankenhäu- sern. Wir tun dies, weil im Themenbereich der Organ- Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Paul das Wort. transplantation der Transplantationsbeauftragte einen sehr wichtigen Baustein darstellt, um die Organspendezahlen in Deutschland wieder anzuheben. Abg. Joachim Paul, AfD: Herr Staatssekretär Barbaro, das war sehr interessant. Aktuelle Zahlen aus Bayern legen zumindest nahe, dass Aber ich kann Ihnen diesen angeblichen Widerspruch auf- optimale Arbeits- und Betätigungsbedingungen dieser Be- lösen. Sie haben pressewirksam, medienwirksam einen auftragten hierzu einen signifikanten Beitrag leisten kön- langen Prozess verkündet. Ich unterstelle der Landesre- nen. gierung eine wahltaktische Motivation. Wir erinnern uns an die Auftritte von Frau Ministerpräsidentin Dreyer vor der Wie wir alle wissen, sind die Organspendezahlen mittler- DITIB-Gemeinde in Ludwigshafen, die türkische Fahne im weile auf einem historischen Tiefstand, insbesondere infol- Hintergrund, eindrückliche Bilder. Es war sozusagen die ge der Organspendevorfälle im Jahr 2011/2012, zu denen PR. Wenn man dann die Decke hinter diesem Verhand- ich auch aus medizinischer Sicht sagen muss, ja, es gab lungsprozess wegzieht, stößt man auf einen Verhandlungs- Verfehlungen und Richtlinienverstöße an einzelnen Trans- tag, ein kurzatmiges Unternehmen, in dem wesentliche plantationszentren, die allerdings zu einem solch riesigen und unbequeme Fragen nicht gestellt worden sind. Skandal aufgebauscht wurden, dass sie und die Folgen uns bis zum heutigen Tag begleiten. Das hat einen gan- Ich habe Ihnen eben Hinweise gegeben, was man hätte zen medizinischen Zweig in Misskredit gebracht, der wie fragen müssen, und zu welchen Ergebnissen man hätte kaum ein anderer dringend auf eine hohe gesellschaftliche kommen können. Das ist ein Verhandeln, das naiv und in Akzeptanz und Mitarbeit der Bevölkerung angewiesen ist. seiner Frequenz völlig unangemessen ist. Das ist insofern kein Widerspruch, sondern hier klafft eine Lücke zwischen Bei vielen Menschen ist von den damaligen Vorfällen leider PR – eventuell wahltaktischer PR – und tatsächlichem Ver- nur im Kopf hängen geblieben, dass in deutschen Kranken- handlungsgeschehen. Diese Lücke haben wir jetzt hier häusern mit Organspenden unredlich umgegangen wird.

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Ich muss Ihnen ganz klar sagen, das ist absolut nicht der Sie sind ihrem Unterstützungsauftrag an die Krankenhäu- Fall. ser zu allgemein, und die Qualifikationsvoraussetzungen sind nicht hinreichend spezifiziert. (Beifall bei der CDU) Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, das In deutschen Krankenhäusern wird sehr sorgfältig, um- war Ihnen als Koalition bzw. in den Koalitionsverhandlun- sichtig, mit einer hohen medizinischen Kompetenz und gen klar. Das haben Sie schon im Frühjahr 2016 erkannt Exzellenz im Bereich der Transplantationsmedizin gearbei- und dort eine Novellierung des Ausführungsgesetzes vor- tet und vorgegangen. gesehen. Allerdings ist es bisher bei dieser Ankündigung auch zwei Jahre später geblieben. Die Folgen, die ich initial beschrieben habe, wie sehen die Zahlen aus: Deutschlandweit hatten wir 2011 noch (Beifall der CDU) 1.200 Organspender. Das ist auch schon wenig. Aber das ist bis zum heutigen Tage im Jahr 2017 auf knapp unter Aus Sicht der CDU-Fraktion nimmt sich die Landesregie- 800 Organspender zurückgegangen. Das ist schon eine rung zu viel Zeit, die für dieses wichtige Anliegen verloren erschreckend niedrige Zahl. Das sind 400 Organe pro Jahr geht. weniger. Das sind auch 400 Tote pro Jahr mehr. Lassen Sie mich noch einmal klar sagen, aus unserer Sicht Stellen Sie sich solch einen Vorgang einmal in einem ande- besteht ein Regelungsbedürfnis bezüglich einer Spezifizie- ren Setting vor: Kriminalität, islamischer Terrorismus, was rung der fachlichen Qualifikation der Transplantationsbe- das bei der Organtransplantation oder bei der Organspen- auftragten. Wir glauben, dass wir eine Regelung brauchen, de für Folgen hätte. Davon spricht keiner. dass die Entnahmekrankenhäuser für die anfallenden Fort- bildungskosten aufkommen müssen, und wir brauchen Standards für Freistellungen der entsprechenden Trans- Wir haben allerdings ein großes Problem. Aktuell warten in plantationsbeauftragten. Deutschland ca. 10.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Jeden Tag sterben Patienten, die auf dieser Liste stehen. Mit diesen Regelungen – auch das gehört zur Wahrheit da- Man hat überhaupt nur eine Chance, ein Organ zu bekom- zu – sind andere Länder schon weiter. Ich ganz persönlich men, wenn man auf einer sogenannten Dringlichkeitsliste und auch meine Fraktion vertreten die Ansicht, dass wir steht, eine HU-Liste, eine High-Urgency-Liste. Das Prin- im Interesse der Organspende und der Organtransplan- zip dieser Listenführung ist recht einfach. Je kränker der tation in Rheinland-Pfalz diesen Rückstand aufholen und Mensch, je schlechter der Gesamtzustand, desto höher schleunigst tätig werden sollten. die Chance auf ein Organ. Das dauert in Deutschland mitt- lerweile so lange, dass Patienten über Monate nur noch Ich danke Ihnen. auf der Intensivstation lebensfähig sind bzw. beim Warten auf ein Organ versterben. (Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe ist es nun, alle zusammen eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für die Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Organtransplantation, für die Organspende wiederherzu- stellen. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Anklam-Trapp.

(Beifall der CDU) Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ein Bestandteil dieser Bemühungen sollte es sein, die Rol- Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und le der Transplantationsbeauftragten zu stärken. Das ist Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Menschen, natürlich nicht der einzige Ansatz. Wir müssen uns über die feiern zwei Geburtstage. Ein neues Herz, eine ge- verschiedene Dinge in dem Themenbereich unterhalten, spendete Leber oder Lunge ermöglichen nach einer un- auch über grundsätzliche Vorgehensweisen, wie es mit der heilbaren schweren Erkrankung ein neues Leben. Unser erweiterten Widerspruchslösung aussieht als ein Lösungs- gemeinsamer ehemaliger Kollege von der CDU-Fraktion modell versus der proaktiven Zustimmungslösung, die wir im Landtag, Thomas Günther, feiert einen solchen zweiten im Moment noch haben. Geburtstag und kann mit der neuen Kraft eines neuen Or- gans als Stadtbürgermeister seiner Heimatgemeinde gute Aber Transplantationsbeauftragte sind eine zentrale Dienste tun. Schnittstelle im System der Organspende und der Organ- transplantation. Hier hat das bundesweite Transplantati- Genauso dankbar sind Menschen, die nach oft jahrelanger onsgesetz den Ländern bereits vor Jahren ermöglicht bzw. zermürbender Dialysebehandlung befreit werden von die- ins Stammbuch geschrieben, das Betätigungsfeld dieser ser Maschine und dank eines Organs wieder zum Leben Transplantationsbeauftragten zu spezifizieren. Stichwor- zurückfinden. Genauso wichtig ist es bei der Transplantati- te: erforderliche Qualifikationen, organisationsrechtliche on von Gewebe – es sind ja nicht nur Organe –, wenn man Stellung, arbeitsrechtliche Freistellung, um nur einige zu wieder sehen kann, weil man das Glück hat, eine Horn- nennen. – Hier reichen unsere landesrechtlichen Bestim- hautverpflanzung erfolgreich geschenkt zu bekommen. mungen im Ausführungsgesetz nicht aus. Herr Dr. Gensch, in der Tat, wir haben zu wenige Organe. (Beifall bei der CDU) Es gibt zu wenige Menschen, die sich bereit erklären, ihre

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Organe zu spenden. Dennoch liegt Rheinland-Pfalz im bun- wichtig. desweiten Vergleich mit – wenn auch noch zu wenigen – 10 % leicht über dem Bundesdurchschnitt, wie Ihre Große Lassen Sie mich noch in Beantwortung der finanziel- Anfrage ergab. Am Beispiel der Leber betrachtet konnten len Frage sagen, die Entnahmekrankenhäuser haben im im Jahr 2016 30 Organe in unseren Transplantationszen- Jahr 2017 von der DSO 967.000 Euro für ihre Leistun- tren verpflanzt werden und im letzten Jahr 35 Organe. gen erhalten. Ich sagte bereits, die Krankenhäuser dürfen Damit konnten 35 Leben im Jahr 2017 gerettet werden. keinen Gewinn machen, aber sie dürfen auch nicht drauf- Bei den Nieren ist es etwas mehr. 2017 waren es immerhin legen. 68 Organe. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Ich möchte an dieser Stelle an die Hinterbliebenen erin- Freistellung für diese besondere Tätigkeit in der Position nern, die vor einer sehr schwierigen Entscheidung stehen des Transplantationsbeauftragten werden wir stärken. Wir und in dieser schicksalhaften schweren Zeit dennoch Kraft werden weiterhin Öffentlichkeitsarbeit machen, auch mit über den Tag hinaus schöpfen, wenn eine Transplantati- einer wertschätzenden Auszeichnung für Krankenhäuser, on möglich war. Ich war als ehemalige Transplantations- die sehr erfolgreich transplantieren. schwester 16 Jahre lang in der Uniklinik genau dafür zu- ständig. Lassen Sie uns dieses wichtige Thema auch immer wieder den Menschen erklären, getreu dem Motto der Initiative Ich möchte mich bei den Transplantationsteams bedan- Organspende in Rheinland-Pfalz: „Herz zu verschenken“. ken, die großartige Arbeit leisten, und ich möchte mich im Namen der SPD-Fraktion bei den Menschen bedanken, Vielen Dank. die wissentlich eine positive Willensentscheidung treffen. (Beifall der SPD, der FDP und des Wir alle werden von den Krankenkassen gefragt, ob wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bereit sind, Organspender zu werden. Ich halte es für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich immer wieder die- sen Fragen zu widmen. Auch wir als Landtagsabgeordnete Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: dürfen dafür werben und dürfen an Schulen gehen. Ich selbst besuche in den nächsten Tagen eine IGS. Ich bin Für die AfD-Fraktion spricht Frau Dr. Groß. dort eingeladen, nach Möglichkeit immer gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), um zu informieren und die Menschen mitzunehmen. Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Es muss perfekt organisiert sein. Es darf kein so wertvolles Die Deutsche Stiftung Organtransplantation, kurz DSO Organ verlorengehen. Zum Empfänger muss der passen- genannt, beklagt in einer Pressemitteilung vom 15. Ja- de Spender gefunden werden, und wir haben gemeinsam nuar 2018 den niedrigsten Stand der Organspenden seit mit der DSO, den Krankenkassen, der Ärztekammer und 20 Jahren. Herr Dr. Gensch, das, was Sie gesagt haben, vielen weiteren Partnern daran zu arbeiten. ist richtig. Ich möchte es nicht wiederholen.

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzischen Kran- Auch wegen dieses niedrigen Standes fordert die DSO kenhäuser sind gut organisiert. An jedem Krankenhaus, einen gemeinschaftlichen Intensivplan zur Förderung der in dem eine Intensivstation ist, ist ein Transplantations- Organspende. beauftragter. Insgesamt sind es in Rheinland-Pfalz 109. Ein Schwerpunktzentrum wie die Uniklinik in Mainz hat al- (Unruhe im Hause) lein zehn dieser Transplantationsbeauftragten. Diese sind freigestellt. Herr Dr. Gensch, nach dem Organspende- Im Rahmen dessen weist die DSO auch in Bezug auf Vergabeskandal war es wirklich wichtig zu klären, dass umfangreiche Analysen aus der Zusammenarbeit mit den kein Krankenhaus daran verdient und dass diese selte- Kliniken auf organisatorische Schwachstellen hin, die ge- ne, besondere Situation bei Angehörigengesprächen und gebenenfalls dazu führen können, mögliche Organspender bei der Transplantübergabe durch die Stärkung der Trans- als solche nicht zu erkennen. Die DSO fordert hier, Voraus- plantationsbeauftragten eine eigenständige Disziplin im setzungen dafür zu schaffen, dass die Organspende zu Krankenhaus erfordert. einem selbstverständlichen Bestandteil der medizinischen Versorgung am Lebensende wird, und führt an, dass eine Wir haben im Koalitionsvertrag verankert, dass der Trans- regelhafte Einbeziehung der Transplantationsbeauftragten plantationsbeauftragte gestärkt wird mit der Facharztaus- in die maßgeblichen Entscheidungsprozesse zu positiven bildung und künftig auch mit dem Curriculum. Ich stehe Effekten für die Organspende führen würde. Insgesamt als Fachkrankenschwester voll dahinter; denn kaum eine fordert die DSO also, die Rolle der Transplantationsbeauf- Fachdisziplin im Krankenhaus erhält mehr Respekt wie tragten zu stärken. die Intensivschwestern und -pfleger, die sehr viel leisten. Wenn sie auch Angehörige beraten, da sich ohnehin ein Dabei lohnt sich natürlich auch ein Blick auf das umfang- Vertrauensverhältnis gebildet hat, halte ich das mit der reiche Aufgabenfeld der Transplantationsbeauftragten. Sie Novellierung des Landesgesetzes und dem gemeinsamen sind sowohl Ansprechpartner für alle beteiligten Mitarbeiter Koalitionsvertrag, wie er zwischen SPD, FDP und BÜND- der Kliniken in allen Fragen auf dem Gebiet der Organtrans- NIS 90/DIE GRÜNEN vereinbart wurde, für den richtigen plantation als auch Ansprechpartner für die regionalen Un- Weg. Das Gesetz ist in Vorbereitung, und das ist auch tergliederungen der DSO. Ihnen obliegt die Erarbeitung

3255 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 klinikinterner Standard Operating Procedures (SOP), Leit- Zudem trägt sie dem Umstand Rechnung, dass in das Auf- linien zu Einleitung und Ablauf einer Organspende sowie gabengebiet der Transplantationsbeauftragten auch regel- die Anpassung des Unterstützungsumfangs der Organisa- mäßige Tätigkeiten fallen. Insoweit sollte eine entsprechen- tionszentrale DSO. de Regelung unserer Meinung nach bei der Novellierung des Landesgesetzes zur Ausführung des Transplantations- Die Transplantationsbeauftragten organisieren einschlä- gesetzes berücksichtigt werden. gige Informations- und Fortbildungsveranstaltungen. Sie führen regelmäßig Besprechungen mit beteiligten Perso- Vielen Dank, meine Damen und Herren. nen durch mit dem Ziel, das Verständnis und die Motivation für die Gemeinschaftsaufgabe Organspende zu vertiefen. (Beifall der AfD)

Zudem obliegt den Transplantationsbeauftragten die Eta- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: blierung der betreffenden klinikinternen Dokumentations- verfahren als Bestandteil der internen Qualitätssicherung Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wink. und der Dokumentation des Versorgungsauftrags. Entspre- chende Erhebungsbögen sind dabei monatlich der DSO zur Analyse des Organspenderaufkommens vorzulegen. Abg. Steven Wink, FDP: Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol- Ein derartig umfangreiches Aufgabengebiet erfordert ad- legen! Einiges haben wir schon gehört, auch, dass zur äquate fachliche Qualifikationen und regelmäßige Fort- Erfüllung des Versorgungsbereichs und zur vertrauensvol- und Weiterbildungen. Insoweit ist es natürlich zu begrüßen, len Kooperation mit der DSO, die als Koordinierungsstelle wenn die Landesregierung ankündigt, im Rahmen der in fungiert, für jedes Krankenhaus ein Transplantationsbeauf- diesem Jahr anstehenden Novellierung des Landesgeset- tragter eingesetzt werden muss. Das Anforderungsprofil für zes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes sowohl die Transplantationsbeauftragten beinhaltet nicht nur die die fachlichen Qualifikationen spezifizieren als auch eine fachliche Kompetenz, sondern auch die Bereitschaft, mit verbindliche Freistellung für Fort- und Weiterbildungsver- Engagement und auch innerer Überzeugung diese höchst anstaltungen festschreiben zu wollen. wichtige Aufgabe zu erfüllen.

Die Ausführungen der Landesregierung hierzu sind aus Die DSO forderte im November letzten Jahres hinsichtlich unserer Sicht allerdings zu wenig konkret; denn die Frei- des Organmangels in Deutschland die Entwicklung eines stellungsregelung sollte dem Transplantationsbeauftrag- gemeinschaftlichen Initiativplans. Die Transplantationsbe- ten zum einen eine tatsächliche Freistellung ermöglichen, auftragten sollen hierbei durch kontinuierliche Weiterbil- zum anderen aber auch der unterschiedlichen Struktur dung, Unterstützung, Wertschätzung – auch das haben der Krankenhäuser Rechnung tragen. Wie die Landesre- wir gehört – und durch die Entlastung von anderen Aufga- gierung hier letztlich gedenkt, das umzusetzen, ist aus ben gestärkt werden. der Antwort auf die gegenständliche Große Anfrage wenig nachvollziehbar, und das ist unbefriedigend. Zum Thema der Organspende in Rheinland-Pfalz möch- te ich hervorheben, dass entgegen des Bundestrends im Zudem sollen die Kliniken künftig verpflichtet werden, ihre Jahr 2017 im Vergleich zu 2016 mehr Organe gespendet entsprechenden Freistellungsregelungen konkret beim Mi- wurden, die Zahl der Transplantationen aber gleich blieb. nisterium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie anzuzeigen. Hier entsteht der Eindruck, dass die konkrete Derzeit sind in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern Ausgestaltung der Freistellungsregelung auch künftig bei 109 Transplantationsbeauftragte bestellt. Somit entspre- den jeweiligen Kliniken verbleiben soll. chen die Krankenhäuser den gesetzlichen Bestimmungen, dass mindestens ein Beauftragter oder eine Beauftragte Außerdem ist nicht klar, zu welchem Zweck die Kliniken bestellt werden muss. hier ihre Freistellungsregelungen anzeigen bzw. welche Handlungsoptionen sich hieraus für das Ministerium erge- An der Universitätsklinik Mainz sind mit zehn die meisten ben sollen. Beauftragten eingesetzt, gefolgt vom Städtischen Kranken- haus Pirmasens mit fünf Beauftragten. Um die fachliche Aber gleichwohl stellt sich hier aus unserer Sicht bereits Qualifikation der Beauftragten zu gewährleisten, wird in die Frage, ob es bei 109 Transplantationsbeauftragten in Rheinland-Pfalz das alljährliche Curriculum „Organspende“ über 70 Kliniken nicht sinnvoller wäre, eine einheitliche nach den Vorgaben der Bundesärztekammer angeboten. gesetzliche Freistellungsregelung zu schaffen, anstatt eine Ziel hierbei ist die Vermittlung sämtlicher Aspekte in Bezug Vielzahl von Freistellungsregelungen zu ermöglichen und auf postmortale Organspende sowie Transplantation. diese gegebenenfalls zu prüfen. Eine solche Lösung hat der Freistaat Bayern etabliert, der für Transplantationszen- Inhalte sind die gesetzlichen Grundlagen, die Spenderer- tren eine völlige Freistellung der Transplantationsbeauf- kennung, Hirntod und Hirndiagnostik, Allokation, Angehöri- tragten vorsieht und in den Entnahmekliniken eine antei- genbetreuung und die erfolgreiche Transplantation selbst. lige Freistellung stufenweise entsprechend der Zahl der Die Fortbildung umfasst 32 Stunden Theorie, ein achtstün- Intensivbehandlungsbetten. Eine derartige Freistellungsre- diges Kriseninterventionsseminar und die Teilnahme an gelung schafft einheitliche Bedingungen und berücksichtigt einer Organspende. gleichzeitig auch durchaus die unterschiedlichen Struktu- ren in den Kliniken. Im Rahmen der Novellierung des Landesgesetzes zur Aus-

3256 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 führung des Transplantationsgesetzes Rheinland-Pfalz soll Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern zu. durch eine regelmäßige Teilnahme an zertifizierten Fort- Die Landesregierung bereitet gerade eine Novellierung bildungsangeboten die Qualitätssicherung gewährleistet des Landesgesetzes zur Ausführung des Transplantati- werden. onsgesetzes in Rheinland-Pfalz vor, um insbesondere die Stellung dieser Transplantationsbeauftragten zu stärken. Außerdem soll im Rahmen dessen die Qualifikation für die So sollen die fachlichen Anforderungen im Gesetz spe- Beauftragten spezifiziert werden. zifiziert werden. Transplantationsbeauftragte sollen unter anderem Ärztinnen und Ärzte sein, die über eine für diese Bei der Novellierung des Landesgesetzes soll weiterhin Tätigkeit geeignete Facharztausbildung verfügen und das eine entsprechende Freistellungsregelung, die von jedem Fortbildungscurriculum der Bundesärztekammer absolviert Kollegen und jeder Kollegin angesprochen wurde, im Hin- haben. blick auf die Tätigkeit und die Fortbildung der Beauftragten festgeschrieben werden. Es ist von unermesslicher Bedeu- Auch soll die Stellung der Transplantationsbeauftragten ver- tung, dass die verantwortungsvolle Aufgabe der Transplan- bessert werden, indem die Krankenhäuser dann gesetzlich tationsbeauftragten auch unter entsprechenden Rahmen- verpflichtet sind, zum einen die Kosten der Fortbildung zu bedingungen ausgeübt werden kann. tragen, aber sie sollen eben auch dazu verpflichtet werden, die Transplantationsbeauftragten für die Teilnahme an den Abschließend möchte ich an dieser Stelle allen Frauen regelmäßigen Fortbildungen freizustellen. und Männern danken, die in unserem Land die verant- wortungsvolle Aufgabe der Transplantationsbeauftragten Wir können dieses Vorgehen nur begrüßen; denn es stärkt übernehmen und hervorragende Arbeit leisten. Ohne den nicht nur die Transplantationsbeauftragten, sondern das unermüdlichen Einsatz und ihr Engagement wäre vieles System der Transplantation und der Organspende insge- nicht umsetzbar. samt. Auch solche Maßnahmen können aus unserer Sicht dazu beitragen, das verloren gegangene Vertrauen in das (Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist System insgesamt wieder zu gewinnen, und in Zukunft es!) dazu führen, dass wir wieder mehr Organspenden und da- Daher muss und wird es unser Ziel sein, die Rolle der durch auch mehr Transplantationen, lebensrettende Ope- Transplantationsbeauftragten zu stärken sowie ihre Wert- rationen, durchführen können. schätzung, die Organspende selbst und die Beratung für die Menschen über die Organspende weiter voranzutrei- Vielen Dank. ben. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP) Vielen Dank. (Beifall der FDP, der SPD und des Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!) Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Bätzing- Lichtenthäler. Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Kollegin Binz. Arbeit, Gesundheit und Demografie: Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kol- legen! In diesem Jahr wurden die Zahlen für die Organ- Abg. Katharina Binz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: spenden veröffentlicht. Sie sind alarmierend. Wir haben Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen es gehört, sie haben bundesweit einen historischen Tief- und Kollegen! Die Zahlen aus dem Januar, die die DSO stand erreicht. Lediglich in fünf Bundesländern konnten veröffentlicht hat und die bereits angesprochen worden wir einen Anstieg der gespendeten Organe verzeichnen. sind, haben uns erneut vor Augen geführt, dass die Zahl Eines davon ist Rheinland-Pfalz. der Organspenden bzw. auch der Transplantationen wei- terhin ernüchternd niedrig sind. Es braucht also von uns Entgegen dieses besorgniserregenden Bundestrends ha- allen weitere Kampagnen, Aufklärung, Bewusstseinsbil- ben wir in Rheinland-Pfalz erstmals den Negativtrend dung und den Abbau von Ängsten und Vorurteilen. seit 2012 durchbrochen, die Zahl der gespendeten Or- gane stieg um 10,5 % auf 137 im Jahr 2017. Leider beobachten wir, dass durch die schon angesproche- nen Skandale, die in den letzten Jahren öffentlich wurden Aber uns allen ist klar, dass diese Zahlen nicht zufrieden- – Sie kennen die Fälle –, das Vertrauen der Bürgerinnen stellend sind und wir unsere Bemühungen um die Stär- und Bürger in das etablierte System der Organtransplanta- kung der Organspende weiterführen müssen. Neben der tion erschüttert wurde. Hier sind wir alle gefragt, Vertrauen Entscheidungslösung stützt sich die Stärkung der Organ- wieder aufzubauen – Frau Kollegin Anklam-Trapp ist schon spende vor allem auf drei Säulen: darauf eingegangen – und weiter für die Lebenswichtigkeit der Organspende zu werben. Die erste Säule ist die kontinuierliche Information und Auf- klärung der Bevölkerung unter anderem durch unsere im Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang kommt den Jahr 2002 gegründete Initiative Organspende Rheinland-

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Pfalz, die die Landesregierung finanziell und ideell unter- tenentwurf haben wir bezüglich der Freistellungsregelung stützt. einen Weg gewählt, der auf der einen Seite die tatsächli- che Freistellung der Transplantationsbeauftragten ermög- Meine Damen und Herren, die zweite Säule ist die Ko- lichen, aber auf der anderen Seite – das ist bei der Hete- operationsvereinbarung Rheinland-Pfalz zur Förderung rogenität unserer Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz sehr der postmortalen Organ- und Gewebespende, die wir im wichtig – auch der sehr unterschiedlichen Struktur unse- Jahr 2006 als gemeinsame Initiative der Landesärztekam- rer Krankenhäuser Rechnung tragen soll. Das heißt, die mer, der Landeskrankenhausgesellschaft, der Landeszen- Krankenhäuser werden künftig verpflichtet werden, ihre trale für Gesundheitsförderung und der DSO mit dem Mi- Freistellungsregelung beim Sozialministerium anzuzeigen. nisterium unterzeichnet haben. Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Novellierung des Auch diese Kooperationsvereinbarung unterstreicht noch Transplantationsgesetzes stärkt die Arbeit der Transplanta- einmal ganz deutlich, dass die Organspende eine Gemein- tionsbeauftragten. Neben diesen gesetzlichen Regelungen schaftsaufgabe ist, die auf vielen Schultern liegt. dürfen wir alle gemeinsam darüber hinaus nicht nachlas- sen, wenn es darum geht, Vorbehalte gegenüber dem Die dritte Säule, die es bei der Stärkung der Organspende- Thema abzubauen und die Bevölkerung zu informieren bereitschaft zu nennen gilt, ist das Landesgesetz zur Aus- und aufzuklären. führung des Transplantationsgesetzes. Die Beantwortung der Großen Anfrage hat gezeigt, wir haben in Rheinland- Ich lade Sie herzlich ein, diesen Weg weiter mit uns zu Pfalz 73 Krankenhäuser mit 109 Transplantationsbeauf- gehen. tragten, die aktiv in den Transplantationsprozess, in den Organspendeprozess, eingebunden sind. Meine Damen Herzlichen Dank. und Herren, dabei – das möchte ich ausdrücklich beto- (Beifall der SPD, der FDP und des nen – leisten die Transplantationszentren eine vorbildliche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und hervorragende Arbeit.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: 90/DIE GRÜNEN) Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Ich möchte auf die vergangene Woche verweisen, in der Dr. Gensch das Wort. das Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern für sein vorbildli- ches Engagement durch das Ministerium und die DSO ausgezeichnet wurde. Im Westpfalz-Klinikum Kaiserslau- Abg. Dr. Christoph Gensch, CDU: tern hat es im Jahr 2016 neun Organspenden gegeben. Sehr geehrte Frau Ministerin, erlauben Sie mir vorab eine Das sind die meisten, die es in Rheinland-Pfalz gegeben persönliche berufsbedingte Anmerkung: Ich schreibe Sie hat. ab jetzt krank.

Meine Damen und Herren, mit der Novellierung des Trans- (Abg. Michael Hüttner, SPD: Sehr rührend!) plantationsgesetzes auf Bundesebene wurde mit der Frei- stellungsregelung für Transplantationsbeauftragte ein Mei- Sie waren schon letzte Woche krank, wie ich auf Twitter lenstein erreicht. Deswegen ist jetzt der nächste wichtige verfolgen konnte. Ich muss sagen, Ihr Gesundheitszustand Schritt die Novellierung unseres Landesgesetzes, um die hat sich doch deutlich verschlechtert. Als Mediziner kann Position der Transplantationsbeauftragten weiter zu stär- ich das beurteilen. Ab jetzt sollten Sie zu Hause bleiben ken. und sich um Ihre Gesundheit kümmern.

Genau diesen Weg gehen wir zur Zeit. Ziel unserer No- (Vereinzelt Beifall im Hause) vellierung ist es unter anderem, die fachliche Qualifikation der Transplantationsbeauftragten künftig gesetzlich zu Inhaltlich möchte ich nur noch auf die Zeitschiene ein- spezifizieren. Danach sollen Transplantationsbeauftragte gehen. Nach der Koalitionsvereinbarung sind zwei Jahre Ärztinnen und Ärzte sein, die über eine geeignete Fach- ins Land gegangen. Im Frühjahr 2016 haben Sie in Ihrer arztausbildung verfügen und das Fortbildungscurriculum Vereinbarung diese Novellierung angekündigt. Bis zum der Bundesärztekammer zum Transplantationsbeauftragten- heutigen Tag ist nichts passiert. Sie sagen jetzt, Sie arbei- Arzt absolviert haben. teten gerade daran, ein Referentenentwurf befinde sich in der Bearbeitung. Ich bitte Sie, jetzt mit Hochdruck diesen Was uns auch wichtig ist, ist die künftige Fortbildung und Entwurf fertigzustellen. vor allem die kontinuierliche Fortbildung. Sie ist für die Qualifizierung und die Qualitätssicherung von größter Be- Sie haben recht, ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zu- deutung. Deshalb werden wir in unserem Landesgesetz sammenhang ist die Freistellung der Transplantationsbe- die regelmäßige Teilnahme, und zwar mindestens alle zwei auftragten. Sie haben auch recht, diese vollständige Frei- Jahre an Fortbildung für Transplantationsbeauftragte, ver- stellung, wie sie in Bayern an den Transplantationszentren pflichtend regeln. durchgeführt wird, kann man nicht an allen Krankenhäu- sern machen. Die Heterogenität der Krankenhausstruktur Ein weiterer zentraler Aspekt, der hier schon genannt gibt das nicht her. Es macht auch keinen Sinn. Aber dass wurde, wird die Regelung bezüglich der Freistellung der man an den Transplantationszentren Personen hat, die es Transplantationsbeauftragten sein. In unserem Referen- hauptberuflich machen und sich mit Kraft und Intensität

3258 Landtag Rheinland-Pfalz - 17. Wahlperiode - 53. Sitzung, 23.02.2018 dieser Aufgabe widmen können, halte ich für einen ganz zu nehmen und hier tätig zu werden. wesentlichen Aspekt. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU) (Beifall der CDU und bei der AfD) Das ist etwas, was aus meiner Sicht dazu geführt hat, dass die Bayern mit dieser 20 %-Steigerung der Organ- Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund: spendezahlen einen Turnaround geschafft haben und man ein Kausalitätsprinzip feststellen kann: Das wurde geän- Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, damit ha- dert, deswegen gingen die Zahlen nach oben. – Bei allen ben wir unsere Tagesordnung abgearbeitet. anderen Bundesländern steht man eher vor den Frage- stellungen: Gut, hier sind 5 % mehr, dort 10 % mehr, wie Ich schließe die Sitzung, wir sehen uns wieder am Mitt- erklären wir uns das? Ist das ein statistischer Ausreißer? woch, dem 21. März. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wo- Geht es nächstes Jahr wieder nach unten? – Ein kausales chenende und einen guten Heimweg. Prinzip kann ich nicht erkennen. Insofern tun wir gut daran, dem bayerischen Weg zu folgen oder ihn uns zum Vorbild Ende der Sitzung: 14:12 Uhr

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