Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis) coriophora

Susan El-Heliebi

Masterarbeit

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora – Bestäubung, Fortpflanzungssystem und Bestandsentwicklung des Wanzenknabenkrauts in der Lobau im Nationalpark Donau-Auen

Eingereicht von Susan El-Heliebi, BSc

an der Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Integrative Naturschutzforschung (INF)

Betreuer: Priv.-Doz. Dipl.-Biol. Dr. Matthias Kropf Mitbetreuerin: Ao.Univ.Prof. DI Dr. Monika Kriechbaum

Wien, Oktober 2015

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

„Jeden Blumenkranz der Auen lass der Seele dazu dienen, neugekräftigt aufzuschauen.“

Rainer Maria Rilke

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

______Ort, Datum Susan El-Heliebi

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Danksagung

Mein herzlicher Dank gilt meinem Betreuer und meiner Mitbetreuerin, deren Herangehensweise an Naturschutzfragen mich immer sehr inspiriert hat:

Priv.-Doz. Dipl.-Biol. Dr. Matthias Kropf für die engagierte Betreuung, die konstruktive Kritik und die vielen interessanten Diskussionen, ohne die diese Masterarbeit nicht zustande gekommen wäre.

Ao.Univ.Prof. DI Dr. Monika Kriechbaum für die Unterstützung bei der Themenwahl, die professionelle Mitbetreuung und die hohe Qualität der Lehre während meines Masterstudiums.

Weiters danke ich:

Em.O.Univ.Prof. Dr. Wolfgang Holzner, der im Jahr 2014 verstorben ist und der für mich während meiner gesamten Studienzeit ein großes Vorbild war.

DI Margit Seiberl für die Einführung in die Monitoringpraxis, das Teamwork und die gemeinsame Zeit am Fuchshäufel bei allen Wetterlagen.

DI Alexander Faltejsek und DI Susanne Leputsch von der MA 49, DI Marlies Schnetz von der MA 22 und Mag. Karoline Zsak vom Nationalpark Donau-Auen für die gute Zusammenarbeit sowie für die zur Verfügung gestellten Unterlagen und Fotos.

Jean Claessens und Jacques Kleynen für die umfangreiche Zusendung der französischen Fachliteratur.

Mein Dank gilt insbesondere meiner Familie:

Christian, Noa und Jakob für die Unterstützung und Motivation während meines Studiums und den Sonnenschein in meinem Leben.

Meiner Mutter Friederike, meinen Geschwistern Sonja, Fatima, Amin und Dina für den Rückenwind. Meinem Vater Mohammed, der diese Arbeit leider nicht mehr lesen konnte.

Nicht zuletzt danke ich Alrun, Amber, Mona und Herwig, die praktisch zur Familie gehören, für die Freundschaft, die Last-minute-Computerreparatur und die Ermutigung in der finalen Phase.

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Kurzfassung

Anacamptis (Orchis ) coriophora ist eine vom Aussterben bedrohte Orchideenart, deren Vorkommen in Österreich und ganz Mitteleuropa in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend erloschen sind. Eine der wenigen großen Populationen der Art ist noch im Nationalpark Donau-Auen am Fuchshäufel in der Wiener Lobau zu finden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es festzustellen, welche Rückschlüsse sich auf das Reproduktionssystem dieser nektarführenden Orchideenart bezüglich der Abhängigkeit von Bestäubern und der Rolle von Fremd- bzw. Selbstbestäubung ziehen lassen. Weiters wird die Frage behandelt, ob sich die positive Bestandsentwicklung der letzten Jahre am Fuchshäufel fortgesetzt hat und wie sich der Brand des Jahres 2011 auf die Populationsdynamik auswirkte. Resultierend aus den Bestäubungsbeobachtungen sind Hymenopteren (Bienen und Hummeln, 52,8% der Individuen) häufige Bestäuber der Pflanze; interessanterweise wurden auch bestäubende Coleopteren (44,4%) und Dipteren (2,8%) ermittelt. Auf Basis von Bestäubungsexperimenten und Samenvitalitätstests konnten Selbstkompatibilität und die Abhängigkeit von Bestäubern dokumentiert werden. Asexuelle Fortpflanzung durch Agamospermie wurde nicht nachgewiesen. Aufgrund von Aufenthaltsdauer und Bestäuberverhalten eines Teils der Insekten und angesichts der kurzen Pollinarienabsenkzeiten ist von erhöhten Geitonogamie-Raten auszugehen. Zusammenfassend wurden Xenogamie und Geitonogamie als arttypische Reproduktionsmodi von A. coriophora identifiziert, wobei der optimale Reproduktionserfolg bei Fremdbestäubung durch Insekten erzielt wird. Hinsichtlich des Brandes von 2011 wurden keine mittelfristig negativen Auswirkungen auf die Population am Fuchshäufel festgestellt, da die Monitoringergebnisse des Jahres 2014 wieder stabile bzw. steigende Individuenzahlen zeigten. Gemessen an Bestäuberfrequenzen, Reproduktionsmodus und -erfolg sowie aktueller Bestandsentwicklung erscheint die untersuchte Population von A. coriophora derzeit sehr vital.

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Abstract

Anacamptis (Orchis ) coriophora is a critically endangered orchid species. Populations of this plant have become almost extinct in Austria and Central over the past decades. However, one of the few large populations can still be found in the Donau-Auen National Park on Fuchshäufel in the Viennese Lobau. The aim of this study is to determine which conclusions can be drawn from the reproductive system of this nectariferous orchid with respect to its dependence on pollinators and the role of cross- and self-pollination in A. coriophora . Moreover, the question has been examined whether the positive population trend of recent years at Fuchshäufel has continued as well as which effects the fire of 2011 had on the population dynamics. Interestingly, in addition to Hymenoptera (bees and bumblebees, 52.8% of individuals) being the most frequent pollinators of the plant, pollinating Coleoptera (44.4%) and Diptera (2.8%) were also identified. Based on pollination experiments and seed viability tests, self-compatibility and dependence on pollinators has been documented. Yet, no asexual reproduction by agamospermy was detected. Due to duration of stay and pollinator behaviour of some of the observed and given the short pollinaria bending times of the species, increased geitonogamy rates can be expected. In summary, xenogamy and geitonogamy have been identified as species-specific reproductive modes of A. coriophora , whereas optimal reproductive success is obtained by -mediated cross-pollination. With regard to the fire of 2011, there were no medium-term adverse effects on the orchid population at Fuchshäufel, because the monitoring results of 2014 showed stable and even increasing numbers of individuals. As measured by pollinator frequency, reproductive success and current population trend, the studied population of A. coriophora currently appears to be very vital.

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG UND FORSCHUNGSFRAGEN 1

2 UNTERSUCHUNGSGEBIET 3

2.1 Nationalpark Donau-Auen und Lobau 4 2.2 Heißländen, Trockenrasen und Fuchshäufel in der Lobau 6 2.3 Schutzbestimmungen im Untersuchungsgebiet 10

3 ANACAMPTIS (ORCHIS ) CORIOPHORA (L.) R.M. BATEMAN, PRIDGEON & M.W. CHASE 13

3.1 Etymologie, Geschichte und jüngste taxonomische Entwicklungen 13 3.2 Abgrenzung zur Unterart A. coriophora ssp. fragrans 15 3.3 Morphologie und Merkmale von A. coriophora 17 3.4 Lebensraum und Gefährdungssituation 20 3.5 Reproduktionsbiologie und Bestäuber 21

4 MATERIAL UND METHODEN 37

4.1 Reproduktionssystem 37 4.1.1 Bestäubungsbeobachtungen 37 4.1.2 Bestäubungsexperimente 38 4.1.3 Vitalitätstests 40 4.1.4 Pollinarienabsenkung (Pollinarien-Bending) 43 4.2 Monitoring 45 4.2.1 Vorgeschichte des Monitorings am Fuchshäufel 45 4.2.2 Monitoring am Fuchshäufel 2014 47

5 ERGEBNISSE 50

5.1 Ergebnisse zu den Tests des Reproduktionssystems 50 5.1.1 Bestäuber und Blütenbesucher von A. coriophora 50 5.1.2 Bestäubungsexperimente 59 5.1.3 Ergebnisse der Vitalitätstests 62 5.1.4 Messergebnisse der Pollinarienabsenkzeiten (Bending-Zeiten) 64

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5.2 Monitoringergebnisse 65 5.2.1 Ausgewählte Ergebnisse für das Obere Fuchshäufel (2008-2014) 66 5.2.1.1 Transekte 4 und 5 66 5.2.1.2 Dauerquadrate DQ III/2 und L1 68 5.2.2 Ausgewählte Ergebnisse für das Untere Fuchshäufel (2008-2014) 69 5.2.2.1 Transekte 1 und 2 69 5.2.2.2 Dauerquadrat DQ 1 71

6 DISKUSSION 72

6.1 Welche Insekten bestäuben und besuchen A. coriophora ? 72 6.1.1 Hymenopteren als Bestäuber 74 6.1.2 Coleopteren als Bestäuber und Besucher 76 6.1.3 Dipteren als Bestäuber und Besucher 78 6.2 Das Reproduktionssystem von A. coriophora 79 6.2.1 Diskussion der Bestäubungsexperimente 79 6.3 Die Populationsentwicklung von A. coriophora am Fuchshäufel 82 6.3.1 Bestandssituation und -entwicklung 82 6.3.2 Auswirkungen des Brandes 2011 83

7 ZUSAMMENFASSUNG 86

8 LITERATURVERZEICHNIS 89

9 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 100

10 TABELLENVERZEICHNIS 102

11 ANHANG 103

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1 EINLEITUNG UND FORSCHUNGSFRAGEN

Das Wanzenknabenkraut, Anacamptis (Orchis ) coriophora, ist eine stark rückläufige Orchideenart, welche in weiten Teilen Österreichs vom Aussterben bedroht ist und deren ehemals ausgedehnte Vorkommen in den vergangenen Jahrzehnten in weiten Teilen Mitteleuropas fast erloschen sind (Perko, 2004; Schratt-Ehrendorfer, 2000). Eine große Ausnahme dieser negativen Entwicklung stellen die artenreichen Heißländen der Lobau im Nationalpark Donau-Auen dar, welche hinsichtlich des Lebensraumschutzes und der Erhaltung von A. coriophora eine zentrale Rolle spielen (Naturschutzbund NÖ, 2012; Schratt-Ehrendorfer, 2000). In der vorliegenden Masterarbeit wurde eine der wenigen großen Populationen dieser Orchideenart untersucht, welche aufgrund ihrer Seltenheit und beeindruckenden Individuenzahlen auf den Trockenlebensräumen des Wiener Fuchshäufels in der Oberen Lobau von besonderer regionaler als auch mitteleuropäischer Bedeutung ist.

Von A. coriophora , welche durch den im Sporn enthaltenen Nektar eine große Bandbreite an Bestäubern anzieht (Van der Cingel, 1995), wird eine duftende Unterart, A. coriophora ssp . fragrans unterschieden. Diese hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in den küstennahen Regionen des Mittelmeerraumes und ist im Gegensatz zur Stammart aufgrund der Besiedelung vielfältiger Kleinbiotope derzeit weit weniger gefährdet (Kretzschmar et al., 2007). Auf Basis von Untersuchungen wurde für ssp. fragrans Insektenbestäubung und ein hoher Fruchtansatz dokumentiert (Dafni und Ivri, 1979; Peisl und Forster, 1975). Während sich die meisten reproduktionsbiologischen Studien der Vergangenheit auf diese duftende Unterart beziehen, ist der Wissenstand zur vom Aussterben bedrohten Stammart vergleichsweise gering.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, den Wissensstand zur Reproduktionsbiologie von A. coriophora zu erweitern. Um festzustellen, welche Insekten die Pflanze bestäuben und besuchen, wurden Bestäubungsbeobachtungen im Untersuchungsgebiet durchgeführt und ein Vergleich mit Berichten verschiedener Autoren über Bestäuber von Stamm- und duftender Unterart mithilfe einer Literaturrecherche angestellt. Des Weiteren wurden am Fuchshäufel verschiedene Bestäubungsexperimente vorgenommen, um den Reproduktionserfolg und die Rolle der Selbstbestäubung im Fortpflanzungssystem von A. coriophora beurteilen zu können. Darüber hinaus wurde die Samenvitalität ermittelt und ergänzende Messungen zu Pollinarienabsenkzeiten der Art durchgeführt, um beurteilen zu können, welche Zusammenhänge und Schlussfolgerungen sich zwischen Resultaten des artspezifischen Reproduktionssystems und dem beobachteten Bestäuberverhalten ergeben.

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Ein weiteres Ziel war die Einschätzung der Populationsentwicklung von A. coriophora am Fuchshäufel unter Berücksichtigung der naturschutzbezogenen Managementmaßnahmen der Vorjahre. Dabei bildeten bereits existierende Forschungsergebnisse zur Bestandsentwicklung am Fuchshäufel eine wichtige Basis zur Einschätzung des Entwicklungstrends bzw. der Populationsdynamik im Untersuchungsgebiet.

In diesem Bereich der Heißlände wurden in den letzten Jahren Erhaltungsmaßnahmen durch Beweidung durchgeführt und die Bestandsentwicklung der Orchideenflora am Fuchshäufel mithilfe eines Orchideenmonitorings beobachtet und intensiv wissenschaftlich begleitet (Grass und Seiberl, 2012; Naturschutzbund NÖ, 2012). Durch das Monitoring des Forschungszeitraums 2006-2011 sollte insbesondere die Frage geklärt werden, ob sich die Schafbeweidung negativ auf ausgewählte Zielarten des Trockenrasens am Fuchshäufel auswirken könnte, wobei auch die Populationsentwicklung von A. coriophora untersucht wurde (Grass und Seiberl, 2012). Im Juli 2011 kam es, vermutlich aufgrund von Brandstiftung, zu mehreren Bränden in der Lobau, wobei auch ein Großteil der Heißlände am Fuchshäufel abbrannte (Faltejsek, 2015, mündl. Mitteilung). Im Jahr 2012 wurden die Monitoringergebnisse in einem Bericht zusammengefasst, aus welchem hervorging, dass für A. coriophora im Untersuchungsgebiet bis zum Brandereignis von 2011 trotz Schafbeweidung ein positiver Entwicklungstrend verzeichnet werden konnte (Grass und Seiberl, 2012).

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das Monitoring von A. coriophora im Jahr 2014 auf den Dauerbeobachtungsflächen des Fuchshäufels wieder aufgenommen, um die Bestandsentwicklung und die Populationsdynamik weiter zu dokumentieren. Zur Abschätzung der Auswirkungen des Brandes vom Juli 2011 wurden die Monitoringergebnisse aus 2014 mit erhobenen Daten von 2008-2012 (Grass und Seiberl, 2012; INF, 2012, unveröffentl.) verglichen.

In diesem Kontext wurden folgende Forschungsfragen formuliert:

Reproduktionssystem • Bestandsentwicklung von A. coriophora am Fuchshäufel

• Welche Insekten besuchen und • Hat sich die positive bestäuben A. coriophora ? Bestandsentwicklung der vergangenen Jahre fortgesetzt?

• Spielt Selbstbestäubung im • Welche Auswirkungen hatte der Brand Fortpflanzungssystem von A. des Jahres 2011 auf die Population coriophora eine Rolle? am Fuchshäufel?

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2 UNTERSUCHUNGSGEBIET

Das Untersuchungsgebiet befindet sich auf der Heißlände am Fuchshäufel in der Oberen Lobau (Abb. 1), welche im Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen gelegen ist. In den nachfolgenden Kapiteln wird ein kurzer Einblick über die historische Entwicklung des Projektgebietes gegeben und die Entstehungsgeschichte des Lebensraums von A. coriophora am Fuchshäufel einschließlich der gesetzlichen Schutzbestimmungen im Nationalpark Donau-Auen und der Lobau beschrieben.

© El-Heliebi

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet auf der Heißlände am Wiener Fuchshäufel (rot umrandet)

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2.1 Nationalpark Donau-Auen und Lobau

Der Nationalpark Donau-Auen, welcher im Jahr 1996 nach mehrjähriger Planungsarbeit eröffnet wurde, stellt eine der ursprünglichsten und großflächigsten Aulandschaften Mitteleuropas dar (Lazowski, 1997). Mit über 43 Flusskilometern erstreckt sich der Nationalpark Donau-Auen von der Oberen Lobau ostwärts bis zur Einmündung der March in die Donau an der Grenze Österreichs zur Slowakei (Naturschutzbund NÖ, 2012) und ist mit seiner derzeitigen Gesamtfläche von 9.300 ha von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als Flussauen-Nationalpark der Kategorie II anerkannt. Mit seiner umfangreichen Flora und Fauna beherbergt der Nationalpark eine enorme Artenvielfalt. Zu den wesentlichen Aufgaben und Zielen des Nationalparks zählen neben dem Schutz der Tier- und Pflanzenarten auch deren Lebensraumschutz und die Bewahrung der für dieses Gebiet repräsentativen Landschaftstypen. Zudem kommt dem Nationalpark bei der aktiven Erhaltung besonderer Lebensräume, wie beispielsweise der Heißländen, eine wichtige Funktion zu. Eine weitere bedeutende Rolle spielt die Nutzung des Nationalparks zu Zwecken der Umweltbildung und Erholung sowie für Wissenschaft und Forschung (Nationalpark Donau-Auen, 2012; 2015a).

Im nordwestlichen Anteil des Nationalparks Donau-Auen liegt die Lobau mit einer Fläche von 2300 ha, was einem Anteil von 24% der Gesamtfläche des Nationalparks entspricht (MA 22, 2005; MA 49, 2015). Das Areal der Lobau verteilt sich auf die Bundesländer Wien und Niederösterreich und ist durch den Hubertusdamm von der Donau abgeschnitten. Ungefähr in der Mitte wird das Gebiet durch das zweite Becken des Donau-Oder-Kanals in die südöstliche, teilabgedämmte Untere Lobau und die nordöstliche, vollständig abgedämmte Obere Lobau geteilt (Abb. 2). Rückgestautes Donauwasser gelangt bei Hochwasser nur noch über eine Unterbrechung im Hubertusdamm, den sogenannten Schönauer-Schlitz, in die Untere Lobau (Lazowski, 1997; Rotter und Schratt-Ehrendorfer, 1999; Schratt-Ehrendorfer, 2011).

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Abbildung 2: Obere und Untere Lobau (Quelle: Rotter und Schratt-Ehrendorfer, 1999)

Die Obere Lobau liegt fast zur Gänze auf Wiener Stadtgebiet (Rotter und Schratt- Ehrendorfer, 1999) und nimmt (ohne Ölhafen) eine Fläche von 11,8 km 2 ein, wovon nur ca. die Hälfte (5,9 km 2) von Wald bestanden ist; 3,7 km 2 sind oder waren landwirtschaftlich genutzte Flächen. Rund 12,7% der Gesamtfläche (1,5 km 2) sind Heißländen, Wiesen oder verbuschten Bereiche. Im Gegensatz zur Unteren Lobau mit fast 60% Waldanteil stellt die Obere Lobau den vom Menschen stärker genutzten Teil der Lobau dar (Dvorak, 2009; NÖ Naturschutzbund NÖ, 2012).

Bis heute gibt es in Österreich speziell in der Oberen Lobau große Vorkommen von A. coriophora (Grass und Seiberl, 2012), besonders auf den Heißländen des Fuchshäufels sind zum Teil Massenbestände dieser Orchideenart zu finden (Holzner und Kriechbaum, 2009). Da die Pflanze außerhalb der Lobau landesweit sehr selten geworden ist, kommt dem Nationalpark Donau-Auen hinsichtlich ihres Schutzes im Wiener Teil des Nationalparks eine besonders große Verantwortung zu (Naturschutzbund NÖ, 2012). Zudem ist die Bedeutung der Heißländen für eine Erhaltung von A. coriophora in Mitteleuropa evident (Schratt- Ehrendorfer, 2000).

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Der Lebensraum von A. coriophora in der Lobau ist durch eine weit zurückreichende Entstehungsgeschichte geprägt, in der menschliche Eingriffe eine bedeutende Rolle spielen. Die natürliche Landschaftsdynamik der Lobau wurde jahrhundertelang von teilweise starken Hochwasserereignissen und Überschwemmungen beeinflusst. Bereits im Hochmittelalter war dieser Teil der Aulandschaft Jagdgebiet der jeweiligen Landesherrn. Kaiserin Maria Theresia überließ die Lobau im Jahr 1745 der Stadt Wien; das kaiserliche Jagdrecht blieb aber noch bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bestehen (Heller, 1997). Ab 1926 genehmigte die Stadt Wien dem „gemeinen Volk“ den freien Zugang zur Oberen Lobau und 12 Jahre später zur Unteren Lobau (Dvorak, 2009).

Im Laufe ihrer langen Geschichte wurde die Lobau vom Menschen für Forstzwecke, zur Trinkwassergewinnung sowie als Acker- und Weideland genutzt (Doppler, 1991). Nach den verheerenden Hochwassern der Jahre 1830 und 1862 hinterließ die anthropogene Einflussnahme vor allem infolge der Donauregulierung ab den 1870er Jahren ihre Spuren. Sie führte durch die Eindämmung und die massive Absenkung des Grundwasserspiegels zu tiefgreifenden Veränderungen in der Aulandschaft (Heller, 1997; Schratt-Ehrendorfer, 1999; 2011). Dennoch konnte die Naturnähe der Landschaft, deren Naturschutzwert in der Komplexität des Gebiets liegt, weitgehend erhalten werden. Die Naturschutzziele für die Lobau sind eher dynamisch als konservierend (MA 22, 2005).

Gegenwärtig ist die Lobau aufgrund ihrer Nähe zur Bundeshauptstadt ein wichtiges und besonders in den Sommermonaten stark frequentiertes Naherholungsgebiet, wodurch zum Teil ein hoher Nutzungsdruck entsteht (Dvorak, 2009). Im Jahr 1992 wurde am Fuchshäufel in der Oberen Lobau ein Naturlehrpfad angelegt (Heller, 1997), wodurch erste Impulse zur Besucherlenkung gesetzt wurden (MA 22, 2005).

2.2 Heißländen, Trockenrasen und Fuchshäufel in der Lobau

Der Begriff „Heißland“ wurde vermutlich erstmals Mitte des 20. Jahrhunderts als in Klammern stehendes Synonym für die „Kalksteppen der Donauauen“ in einer Publikation über die Versteppung der Donau-Auen verwendet. Für die Entstehung dieser außergewöhnlichen Lebensräume waren die früheren Überflutungen und Hochwässer der Donau maßgebend (Hartmann, 1948; Schratt-Ehrendorfer, 2000; 2011).

Infolge der ursprünglichen Flussdynamik entwickelten sich hoch aufgeworfene Schotterkörper, welche später durch die Laufänderungen des Stroms nur noch selten oder nicht mehr überschwemmt wurden. Diese in der Aulandschaft aufgelandeten Schotterinseln oder –zungen wurden nur von dünnen Sand- oder Schlickschichten

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überlagert. Die umfangreichen Donauregulierungsmaßnahmen und die Abdämmung der Lobau führten zu einer weiteren Absenkung des Grundwasserspiegels, welche zu der für mitteleuropäische Verhältnisse teilweise extremen Trockenheit der Heißländen beitrug (Holzner et al., 1986; Hübl, 1972).

Trotz ihres außerordentlichen Artenreichtums sind Trockenrasen und Magerwiesen stark rückläufige und daher besonders schützenswerte Lebensräume. Diese werden aufgrund von Intensivierungsmaßnamen (z.B. durch Flächenumwandlung) oder infolge der Aufgabe traditioneller Bewirtschaftungsformen (wie Mahd oder Beweidung) immer seltener. Bis zu einem gewissen Grad sind daher anthropogene Eingriffe durch Nutzung und Management nötig (Holzner et al., 1986; Holzner und Kriechbaum, 2009).

Aus ökologischer Sicht bilden die Heißländen der Lobau einen sehr wertvollen Bestandteil der Aulandschaft, welche Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bieten. Die auf den Heißländen der Au entstandenen Trockenrasen weisen eine spezielle Artenkombination auf, welche sich von anderen Trockenrasen unterscheidet (Holzner et al., 1986). Die auf Heißländen auftretende unverwechselbare Flora wird durch das gemeinsame Vorkommen östlicher, submediterran-mediterraner und alpiner Florenelemente geprägt (Schratt-Ehrendorfer, 2000; 2011).

Eine der schönsten Heißländen mit besonderen Orchideenvorkommen liegt am Fuchshäufel, dessen vielfältige Vegetationsmosaike durch ineinander übergehendende Pflanzengesellschaften verschiedener Sukzessionsstadien charakterisiert werden (Holzner et al., 1986). Neben Pionieransiedlungen der äußerst seltenen Trockenmoos-Flechten- Gesellschaft auf reinem Schotter ist auf sandigen, leicht humosen Stellen die Bartgras- Gesellschaft Teucrio botryos-Andropogonetum ischaemi ausgebildet. Da die Heißlände fortschreitenden Sukzessionsprozessen unterliegt, kommt es auf den weniger extremen und etwas tiefgründigeren Standorten zur Ausbildung von Halbtrockenrasen, welche von Festuca rupicola (Furchenschwingel) und Bromus erectus (Aufrechte Trespe) geprägt sind (Naturschutzbund NÖ, 2012).

Insgesamt besteht auf der Heißlände am Fuchshäufel eine außergewöhnliche Orchideenflora, welche neben A. coriophora noch einige nennenswerte Rote Liste-Arten wie Anacamptis morio (Kleines Knabenkraut), Orchis militaris (Helm-Knabenkraut) und (Brand-Knabenkraut) umfasst (Holzner et al., 1986). Die Hochblüte dieser Orchideenarten neigt sich zu Blühbeginn von A. coriophora allerdings meist schon ihrem Ende zu. Partiell sind auch kleinflächige Vorkommen des seltenen Federgrases Stipa joannis zu finden . Im südlichen und trockeneren Teil des Fuchshäufels sind u.a. Euphorbia

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora cyparissias und E. seguierana (Zypressen- und Steppenwolfsmilch) stark vertreten (Grass und Seiberl, 2012; Holzner et al, 1986; Schratt-Ehrendorfer, 2011). Weiters sind vereinzelte, schütter stehende Sträucher wie Sanddorn, Liguster und Weißdornbüsche für die Vegetation der Heißlände am Fuchshäufel typisch. Etablierte Baumarten sind meist Schwarz- oder Silberpappeln, welche der Trockenheit zufolge häufig wipfeldürr sind und den steppenartigen Charakter des Fuchshäufels prägen, der teilweise an afrikanische Savannenlandschaften erinnert (Holzner et al., 1986).

Das Untersuchungsgebiet am Fuchshäufel hat eine Gesamtfläche von ca. 3 ha. Zwei Teilbereiche des Areals können hinsichtlich der Geländetopographie und Vegetation gegeneinander abgegrenzt werden; auch speziell in Bezug auf das Vorkommen von A. coriophora gibt es Unterschiede. Daher werden die beiden Teilflächen im Rahmen dieser Arbeit als „Oberes Fuchshäufel“ und „Unteres Fuchshäufel“ bezeichnet (Abb. 2 und 3).

Das Obere Fuchshäufel mit ca. 1 ha Fläche nimmt das nördliche Drittel des Areals ein (vgl. Abb. 1). Der einheitliche, weitgehend geschlossene Trespen-Furchenschwingel- Halbtrockenrasen weist Wiesencharakter und ein überwiegend glattes Relief auf (Abb. 3). Die Fläche ist nur gering verbuscht und umfasst in Bezug auf die Individuenzahl im Gegensatz zum Unteren Fuchshäufel die weitaus größere Teilpopulation von A. coriophora (Grass und Seiberl, 2012). Bis ca. 1990 wurde einmal jährlich gemäht, davor wurde die Untersuchungsfläche teilweise als Wildacker genutzt, weshalb der Boden stellenweise tiefgründiger und besser mit Feuchtigkeit versorgt ist als der benachbarte Trockenrasen (Holzner und Kriechbaum, 2009).

© El-Heliebi

Abbildung 3: Trespen-Furchenschwingel-Halbtrockenrasen am Oberen Fuchshäufel

Die Heißlände des Unteren Fuchshäufels mit 2 ha Fläche weist mit ihrem ausgeprägten Kleinrelief andere Standortbedingungen auf (Abb. 4), Teile des Trockenrasens sind stärker

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora mit wärmeliebenden Gehölzen versaumt und verbuscht und zeigen zum Teil starke lokale Reliefunterschiede von Kuppen und Senken mit wechseltrockenen Bereichen (Grass und Seiberl, 2012).

© El-Heliebi

Abbildung 4: Trockenrasen mit ausgeprägtem Kleinrelief am Unteren Fuchshäufel

Die Besonderheit dieser Lebensräume der Lobau wurde schon von Margl (1972) beschrieben, wonach die Heißländen durch ihre eigenartige Schönheit einen reizvollen Gegensatz zum üppig wachsenden Auwald darstellten. Margls damalige Meinung, es könnte sich auf diesen Standorten aufgrund der geringen wasserhaltenden Kraft des Bodens kein Wald etablieren, hat sich jedoch nicht bewahrheitet.

Ungeachtet der oft starken Trockenheit konnte in den letzten Jahren eine mit zunehmender Geschwindigkeit ablaufende Sukzession zu Gebüsch und Waldunterwuchs beobachtet werden, da aufgrund der fortschreitenden chemischen und biogenen Bodenbildung auch auf den Heißländen eine Ansiedlung von Gehölzen möglich ist. Durch die Verbuschung werden die typischen offenen Bodenstellen dieser Standorte von Streu abgedeckt, was zu einer Veränderung des Mikroklimas und einer Beschattung der xerophilen Pflanzengesellschaften führt (Grass und Seiberl, 2012; Schratt-Ehrendorfer, 1999; 2000).

Aufgrund der naturschutzfachlichen und landschaftsästhetischen Bedeutung der Trockenlebensräume am Fuchshäufel und zur Umsetzung der geltenden nationalen und internationalen Schutzbestimmungen werden vom Nationalparkmanagement Erhaltungsmaßnahmen durch Entfernung von Gehölzen sowie durch Schafbeweidung ergriffen, um dem Rückgang der offenen Heißlandflächen entgegenzuwirken (MA 49, 2007; MA 22, 2008).

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2.3 Schutzbestimmungen im Untersuchungsgebiet

Die Wiener Lobau genießt umfassenden internationalen und nationalen Schutzstatus, kaum ein anderes Gebiet in Österreich wurde mit so vielen Schutzkategorien versehen. 1977 wurde die Untere Lobau (mit 1.037 ha) von der UNESCO als Biosphärenpark anerkannt und gilt seit 1983 zusätzlich als international bedeutendes Feuchtgebiet nach der Ramsar- Konvention. Durch die „Lobauverordnung“ (LGBl. Nr. 32/1978) wies das Magistrat der Stadt Wien die Lobau (mit Ausnahme des Ölhafens und des Donau-Oder-Kanals) mit 2.088 ha Fläche als Naturschutzgebiet aus. 1996 wurde die Wiener Lobau in den Nationalpark Donau-Auen miteinbezogen, und bekam durch das Wiener Nationalparkgesetz (LGBl. für Wien Nr. 37/1996) den höchstmöglichen Schutzstatus verliehen (Dvorak, 2009; Heller, 1997; Lazowski, 1997).

Ein weiterer wichtiger Teil der gesetzlichen Schutzbestimmungen wird seit dem EU-Beitritt Österreichs von zwei Richtlinien gebildet, welche zum Schutz und zur Förderung der biologischen Vielfalt von der Europäischen Union verabschiedet wurden:

Der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, welche allgemein auch als Fauna- Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) bekannt ist, und der Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Die wesentlichste Maßnahme zur Umsetzung der FFH-Richtlinie war die Errichtung eines europäischen ökologischen Netzwerks besonderer Schutzgebiete zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten mit der Bezeichnung „Natura 2000“, wonach die Mitgliedsstaaten der EU zur Nennung von Natura 2000 Gebieten und der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands in diesen Gebieten verpflichtet sind (Ellmauer und Traxler, 2001).

Entsprechend dieser Vorgaben wurde die Lobau von der Stadt Wien sowohl auf Basis der FFH-Richtlinie als auch nach der Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten als Natura-2000-Gebiet (Natura-2000-Gebiet „Nationalpark Donau-Auen (Wiener Anteil), Nummer AT1301000) genannt (Dvorak, 2009), bzw. gilt der Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen gemäß der Europaschutzgebietsverordnung (LGBl. für Wien Nr. 38/2007) mit 2.258 ha Fläche als Europaschutzgebiet (MA 22, 2015).

Von diesem umfangreichen Spektrum an rechtlichen Grundlagen und Schutzkategorien profitiert auch die Population von A. coriophora im Untersuchungsgebiet am Fuchshäufel. In Wien wurden die beiden erwähnten EU-Richtlinien durch die „Verordnung der Wiener Landesregierung über den Schutz wild wachsender Pflanzen- und frei lebender Tierarten

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora und deren Lebensräume sowie zur Bezeichnung von Biotoptypen“ (Wiener Naturschutzverordnung - Wr.NschVO, LGBl. Nr. 05/2000) umgesetzt. Demnach zählt A. coriophora zu den streng geschützten, prioritär bedeutenden Arten mit Schutz der Habitate (Lebensraumschutz) im gesamten Stadtgebiet.

Die orchideenreiche Heißlände des Fuchshäufels ist aufgrund des großen Artenreichtums ihrer Lebensräume gemäß der Natura-2000 Bestimmungen mit zwei Lebensraumtypen nach Anhang I der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie zuzuordnen: der Trockenrasen einerseits als prioritärer FFH-Lebensraumtyp 6240 „Subpannonische Steppen-Trockenrasen“ und der benachbarte Halbtrockenrasen andererseits als prioritärer FFH-Lebensraumtyp 6210, „Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia) (besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen)“ (Naturschutzbund NÖ, 2012).

Darüber hinaus wird in der Lobau seit der Gründung des Nationalparks zwischen Naturzonen, Naturzonen mit Managementmaßnahmen und Außenzonen unterschieden. Dementsprechend wurden auch die Heißländen als „Naturzonen mit Management“ ausgewiesen, welche gemäß dem Wiener Nationalparkgesetz durch regelmäßige Pflegemaßnahmen erhalten werden sollen (Dvorak, 2009; MA 49, 2007). Die Umsetzung der Managementmaßnahmen zur Heißländenpflege am Fuchshäufel erfolgt durch die Magistratsabteilung 49, Abteilung Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien (MA 22, 2008; 2012).

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Im Rahmen einer Evaluierung der Wiesen im Nationalpark Donau-Auen durch den Niederösterreichischen Naturschutzbund (2012) wurde das Fuchshäufel ([Teil]-Fläche 168100, Stadt Wien) im Untersuchungsgebiet als eine von vier Flächen mit Priorität 1 als „Orchideenreiche Heißlände in sehr gutem Zustand“ als besonderes Highlight hervorgehoben. Abb. 5 vermittelt einen Eindruck dieser Heißlände am Fuchshäufel.

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Abbildung 5: Orchideenreiche Heißlände am Fuchshäufel in der Wiener Lobau

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3 ANACAMPTIS (ORCHIS ) CORIOPHORA (L.) R.M. BATEMAN, PRIDGEON & M.W. CHASE

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird das „Wanzenknabenkraut“ gemäß der jüngsten Erkenntnisse der phylogenetischen (stammesgeschichtlichen) Forschung als „ Anacamptis coriophora “ bezeichnet. Allerdings wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass diese Orchideenart auf der Roten Liste gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen Österreichs (Niklfeld und Schratt-Ehrendorfer, 1999), in der Wiener Naturschutzverordnung (Wr. NschVO) sowie in zahlreichen fachspezifischen Werken unter dem ursprünglichen Namen Orchis coriophora angeführt wird.

3.1 Etymologie, Geschichte und jüngste taxonomische Entwicklungen

Das Wanzenknabenkraut , Anacamptis (Orchis ) coriophora aus der Familie der Orchidaceae wurde im Jahr 1753 unter dem zum Teil heute noch wissenschaftlich gebräuchlichen Namen Orchis coriophora in Carl von Linnés Werk „Spezies Plantarum“ erstbeschrieben (Kretzschmar et al., 2007). Eine der ersten Farbabbildungen erschien in „Florae Austriacae“ von Nicolai Josephi Jacquin (1774), welche der Realität sehr nahe kommt (Abb. 6 und 7).

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Abbildung 6: Kupferstich von Abbildung 7: A. coriophora am Wiener A. coriophora (Quelle: Jacquin, 1774) Fuchshäufel

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Etymologisch leitet sich das Wort „ coriophora “ – auf Deutsch „wanzentragend“ - aus dem Altgriechischen „kóris“ (Wanze) und „phoros“ (tragen) ab (AHO Hrsg., 2005, Berger, 2007a; Kretzschmar et al., 2007; Reinhard et al., 1991). In der Literatur gibt es gegensätzliche Meinungen zur Frage, ob sich der Name auf das Aussehen der Blüten (Berger, 2007a) oder den Blütenduft der Pflanze bezieht, welcher dem Geruch bestimmter Wanzen ähneln soll (Reinhard et al., 1991; Rysy, 1997; Van der Cingel, 1995; Vöth, 1999; Ziegenspeck, 1936), wobei sich meist letztere Ansicht durchgesetzt hat.

Im Jahr 1989 entdeckten die Forscher Strack und Klein anhand von Farbstoffuntersuchungen an Anacamptis (Orchis ) coriophora , A. coriophora ssp. fragrans und der im ostmediterranen Raum verbreiteten Anacamptis (Orchis) sancta auffallende chemische Abweichungen von der Gattung Orchis (Reinhard et al., 1991). Ihren Ergebnissen zufolge enthielten die Pflanzenfarbstoffe der Arten relativ einfache Anthocyanin-Muster mit Chrysanthemin und Ophrysanin als Hauptkomponenten, weshalb es sich nach Meinung der Autoren um aus evolutionärer Sicht frühere Arten handeln könnte. Da außerdem einige morphologische Unterschiede zur Gattung Orchis (wie z.B. ein ungeteilter Lippenmittellappen und das Vorhandensein von Nektar im Sporn) sowie Besonderheiten hinsichtlich des Hybridisierungsverhaltens festgestellt wurden, wiesen sie die genannten Arten der neu geschaffenen Gattung „Anteriorchis “ zu (lat. „anterior“: vorher, früher) (Perko, 2004; Reinhard et al., 1991; Strack et al., 1989). Allerdings wurde die Ausgliederung in eine eigene Gattung in der Literatur nicht allgemein akzeptiert, weshalb A. coriophora in vielen Quellen weiterhin unter dem Namen „ Orchis coriophora “ geführt wurde (Kretzschmar et al., 2007; Rysy, 1997).

Weitere neue Erkenntnisse folgten acht Jahre später, als im Rahmen von phylogenetischen Untersuchungen der paraphyletische Charakter der Gattung Orchis im traditionellen Umfang nachgewiesen werden konnte. Aus den Forschungsergebnissen der Forschergruppe um Bateman, Chase und Pridgeon ging hervor, dass die Gattung Orchis kein Monophylum darstellte (Bateman et al., 1997; Kretzschmar et al., 2007; Pridgeon et al., 1997).

Dies bedeutet, dass zwar alle zur Gattung Orchis gehörigen Arten von einem einzigen Vorfahren abstammen, jedoch außerhalb der Gattung noch weitere Arten existieren, die ebenfalls von diesem Vorfahren abstammen, was im Widerspruch zu einem wichtigen Grundsatz der Nomenklaturregeln steht. In Folge kam es zu einer Änderung innerhalb der Taxonomie: Die klassische Gattung Orchis (s. lat.) zerfiel systematisch in drei monophyletische Gruppen, wobei einige Orchis -Arten zur Gattung Anacamptis und andere zur bisher mediterranen Gattung Neotinea überstellt wurden, der Rest verblieb bei Orchis

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(s. str.). Angesichts der neuen phylogenetischen Erkenntnisse wurde auch Orchis coriophora im Zuge der Neugliederung der Gattung Anacamptis zugeordnet (Fischer et al., 2008; Kretzschmar et al., 2007).

Die Veränderungen in der Nomenklatur mit ihren umfangreichen bzw. umstrittenen Folgen führten zu zahlreichen und teilweise kontroversen wissenschaftlichen Diskussionen. Als Konsequenz dieses Diskurses erscheint bis heute eine flexible Handhabung der „alten“ und „neuen“ Namen möglich (Kretzschmar et al., 2007).

3.2 Abgrenzung zur Unterart A. coriophora ssp. fragrans

Eine häufige Erklärung für die Entstehung von Unterarten sind Barrieren zwischen Populationen. Diese Barrieren können unterschiedlicher Art sein (z.B. geografische, temporäre oder anthropogen verursachte) und zu einem eingeschränkten Genaustausch führen. Dabei kommt es zur Ausprägung jener Merkmale, welche bereits vor der Barrierebildung in den betroffenen Populationen in hoher Frequenz vorhanden waren (Kretzschmar et al., 2007).

Von A. coriophora ssp. coriophora wird die mediterrane Unterart ssp. fragrans unterschieden, deren Abgrenzung in der botanischen Literatur längere Zeit kontrovers diskutiert wurde (vgl. Kretzschmar et al., 2007). Oft wurde von einer Verzahnung der Areale (Ascherson und Graebner, 1907; Guglia, 1950; Presser, 2000;) bzw. von Einstrahlungen, Zwischenformen (Ziegenspeck, 1936) und Überschneidungen im Verbreitungsgebiet berichtet (Kretzschmar et al., 2007).

Der Blütenduft oder –geruch, welcher als Lockmittel für bestäubende Insekten bei den Angiospermen oft eine wichtige Rolle spielte (Abrol, 2012), ist bei der Diskussion zur Unterscheidung der beiden Unterarten ein häufig erwähntes trennendes Merkmal (Rysy, 1997; Kretzschmar, 2007; Presser, 2000; Vöth, 1999; Ziegenspeck, 1936). Bei A. coriophora ssp. coriophora sind die Beschreibungen zum Blütenduft uneinheitlich, diese reichen von nicht vorhanden bis (unangenehm) wanzenartig (Vöth, 1999), weshalb die Pflanze neben dem umgangssprachlichen Namen „Wanzenknabenkraut“ manchmal auch wenig schmeichelhaft als „Stinkendes Knabenkraut" bezeichnet wird (Vöth, 1999, Perko, 2004). Die im mediterranen Raum verbreitete, wärmeliebendere Unterart A. coriophora ssp. fragrans duftet hingegen nach Vanille und „ bitteren Mandeln “ (Ziegenspeck, 1936) bzw. fruchtig und angenehm süßlich (Ascherson und Graebner, 1907; Guglia, 1950; Peisl und Forster, 1975; Reinhard et al., 1991; Vöth, 1999;) und wird daher manchmal als „Wohlriechendes Knabenkraut“ bezeichnet (Presser, 2000).

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Ferner wird von vielen Übergangsformen mehr oder weniger duftender Pflanzen berichtet, wobei auch Unterschiede in der subjektiven Wahrnehmung des Blütenduftes eine mögliche Rolle spielen (Van der Cingel, 1995). Den Erkenntnissen von Salzmann et al. (2007) zufolge prägen zwei benzenoide Hauptkomponenten (Hydrochinon-dimethylether und Anisaldehyd) den Pflanzenduft von A. coriophora , wobei beide Komponenten elektrophysiologische Reaktionen in olfaktorischen Neuronen von Apis mellifera (Honigbiene) und Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel) hervorriefen.

Neben den erwähnten olfaktorischen Unterschieden kann ssp. fragrans auch morphologisch von ssp. coriophora abgegrenzt werden, da die Pflanze Merkmale wie einen schlankeren Wuchs, eine schmalere Blüte mit pinkfarbenem Labellum sowie eine längere und spitzere Form des Helms aufweist (Ascherson und Graebner, 1907; Dafni und Ivri, 1979; Guglia, 1950; Kretzschmar et al., 2007; Ziegenspeck, 1936). Darüber hinaus weicht die Farbtönung der Blütenfarbe von der Stammart ab (Fournier 1946 zit. nach Guglia, 1950; Kretzschmar et al., 2007), welche zwischen hellgrün und weinrot variiert (Scappaticci und Michelot, 1998), wobei insbesondere die „schmutzigen“ Farbkomponenten der Stammart fehlen (Presser, 2000). Gemäß Vöth (1999) bilden die Individuen des nördlichen Verbreitungsgebietes im Gegensatz zur der am Mittelmeer vorkommenden Unterart keine Winterblätter aus, auch die Anzahl der Wurzelknollen ist abweichend: Demnach erstarkt im nördlicheren Verbreitungsgebiet von A. coriophora zur Blütezeit eine Wurzelknolle, wohingegen bei der südeuropäischen Unterart bis zu drei unterschiedlich große, rundliche bis ovale Knollen beobachtet werden können. Nach Presser (2000) kann Horstbildung durch vegetative Vermehrung bei ssp. fragrans im Gegensatz zu ssp. coriophora häufiger beobachtet werden.

Ungeachtet dessen sind beide Unterarten trotz der beschriebenen Ähnlichkeiten auch aufgrund der unterschiedlichen Standortansprüche eindeutig voneinander differenzierbar und sollten, wenn überhaupt, nur äußerst selten in einem gemeinsamen Biotop vorkommen (Kretzschmar et al., 2007). A. coriophora ssp. fragrans bevorzugt deutlich trockenere Standorte, steigt aber im Gegensatz zur Stammart nicht in höhere Gebirgslagen auf (Presser, 2000) und ist in mediterran geprägten Klimazonen bis etwa 800m Höhe zu finden. Die duftende Unterart ist im Vergleich mit ssp. coriophora vor allem in küstennahen, vom Meer beeinflussten Klimata noch häufig verbreitet und aktuell weit weniger gefährdet (Kretzschmar et al., 2007).

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3.3 Morphologie und Merkmale von A. coriophora

A. coriophora entwickelt einen (Blüh-)Trieb, welcher der älteren von zwei eirunden Knollen entspringt. Die oberirdischen Organe der Pflanze und die dazugehörige Knolle vertrocknen nach dem Verblühen, wogegen die neu heranwachsende Knolle nach den sommerlichen Regenfällen ihren Spross bis zur Erdoberfläche streckt. Der Habitus von A. coriophora reicht mit 10-40 cm Höhe von zierlich bis mittelgroß. Am Erdboden befinden sich zwei bis vier rosettenartig angeordnete, ungefleckte, lanzettliche Laubblätter von ca. 5-12 cm Länge, weiter oben am Stängel sind zwei bis drei weitere Laubblätter zu finden, welche aber deutlich vor Beginn des Blütenstandes (Infloreszenz) enden. Die Tragblätter sind so lang wie oder etwas länger als der ausgewachsene Fruchtknoten und hüllen im Knospenzustand die Infloreszenz ein, welche sich nach der Bodenerwärmung im Frühjahr entwickelt. Die Infloreszenz ist zylindrisch, meist reichblütig, und voll erblüht ca. 15 cm lang, mit allseitswendig und dicht stehenden, kleinen Blüten. Die dreilappige Lippe ist ca. 8 mm lang, im Basisbereich senkrecht nach unten stehend und deutlich zurückgeschlagen; der Mittellappen ist ungeteilt. Die Lippenränder sind oft dunkler als das papillös behaarte hellere Zentrum, wo typische dunkelrote Punkte oder Flecken zu finden sind. Die Pollinarien stehen langgestielt auf zwei getrennten Klebescheiben, der Fruchtknoten ist gedreht und ca. 1 cm lang. Petalen und Sepalen (Perigonblätter) bilden den geschnäbelten, stets deutlich ausgebildeten, zugespitzten Helm (AHO Hrsg., 2005; Ascherson und Graebner, 1907; Fischer et al., 2008; Griebl, 2013; Holzner et al., 2014; Kretzschmar et al., 2007; Reinhard et al., 1991; Rysy, 1997; Vöth, 1999; Ziegenspeck, 1936).

Einige charakteristische Merkmale von A. coriophora werden in Abbildung 8 dargestellt:

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Abbildung 8: (v.l.n.r.): Infloreszenz mit sich öffnenden Blüten; Detailansicht Blüte mit ungeteiltem Lippenmittellappen; Seitenansicht Sporn und helmförmig geschlossene Perigonblätter.

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Der kurze kegelförmige Sporn ist 5-6 mm lang, abwärts gerichtet und führt oft Nektar, was eine Besonderheit dieser Pflanze ist, da sie als einzige heimische „Knabenkraut“-Art keine Nektar-Täuschblume darstellt (Holzner et al., 2014; Vöth 1999; 2001). Das Vorhandensein von Nektar bei A. coriophora wurde bereits von verschiedenen Autoren als Abweichung von den übrigen Arten der (ursprünglichen) Gattung Orchis beschrieben. Beim Öffnen einer Blüte entdeckte Loew (1905) einen großen Nektartropfen im Blütensporn, der wegen seiner starken Klebrigkeit an der Spornwand haften blieb. Auch Ziegenspeck (1936) berichtete von feinen Tröpfchen im äußersten Ende des Sporns bei Pflanzen, welche abgeschnitten im Wasser gestanden hatten, des Weiteren von vorhandenem „Honig“ bei Pflanzen in freier Natur. Schließlich konnte Eberle (1974) mithilfe von Glukoseteststreifen, welche in den Sporn eingeführt wurden, einen hohen Zuckergehalt nachweisen. Gemäß der Beobachtungen von Vöth (1999; 2001) ist der Sporn bei jungen Blüten nach taufrischen Nächten und bei regnerischer Witterung ca. bis zur Hälfte mit Nektar gefüllt, während dieser an trocken-heißen Tagen fehlte.

Durch die typische Form des Helms sowie durch das nach rückwärts gekrümmte Labellum mit abwärts gerichtetem Sporn bestehen keinerlei Verwechslungsmöglichkeiten zwischen A. coriophora und anderen in Niederösterreich verbreiteten Orchideenarten (Vöth 1999). Laut Rysy (1997) sind beide Unterarten sogar in ganz Mitteleuropa mit keiner anderen Orchidee verwechselbar, außer bei flüchtigem Hinsehen mit Anacamptis (Orchis ) sancta im östlichen Mittelmeerraum, welche jedoch keine gefleckte Lippe aufweist.

Die Blütenfarbe der Pflanze ist variabel. Die Grundfarbe ist purpurn mit oder ohne grünem Unterton und reicht von rosafarbigen zu leicht schmutzig wirkenden hell- bis dunkelrotbraunen Farbtönen (Fischer et al., 2008; Holzner et al., 2014; Vöth, 1999). Albinotische Exemplare (Abb. 9) stellen eine Seltenheit dar (AHO Hrsg., 2005; Griebl, 2013). Bei diesen apochromen Varianten fehlen die Rottöne, wobei die grüne Lippenfarbe erhalten bleibt (Kretzschmar et al., 2007). Allerdings konnte am Fuchshäufel im Jahr 2014 eine große Anzahl dieser weiß-grünen Exemplare beobachtet werden, was möglicherweise auf die beachtliche Populationsgröße am Standort zurückzuführen ist.

Ferner wurden Mutationen von A. coriophora in der Literatur mehrfach als „Monstrositäten“ beschrieben (Abel, 1897; Ascherson und Graebner, 1907), ein mutiertes Individuum, bei dem ein Teil der Blüten zwei statt einer Lippe aufwies, konnte auch 2014 am Fuchshäufel beobachtet werden (Abb. 10).

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Abbildung 9: Albinotisches Exemplar Abbildung 10: Pflanze mit mutierten Blüten (mit schlecht getarnter Springspinne) (teilweise doppellippig)

Die Blühperiode der Pflanze liegt zwischen Mitte Mai und Ende Juni (Vöth, 1999), mit Hauptblüte im Juni (Kretzschmar et al., 2007). Im Jahr 2014 begannen die ersten Individuen am Fuchshäufel gemäß eigener Beobachtungen allerdings bereits Ende April zu blühen. In Abbildung 11 werden die verschiedenen Entwicklungsstadien der Infloreszenzen von Pflanzen am Fuchshäufel bis zur Kapselbildung Anfang Juli 2014 veranschaulicht: April Juni

Mai Juli

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Abbildung 11 : Entwicklungsstadien der Infloreszenz von A. coriophora von Beginn der Blüteperiode bis zur Kapselbildung

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3.4 Lebensraum und Gefährdungssituation

A. coriophora wächst auf nährstoffarmen Böden, welche mit einer schwachen Humusschicht abgedeckt sind und deren pH-Wert sich im basischen bis neutralen Bereich bewegt. Die Böden sind nicht immer gut durchlüftet und nach längerer Regenperiode wasserhaltend (Vöth, 1999; Ziegenspeck, 1936). Die Pflanze ist auf (wechsel-)feuchten oder trockenen Magerstandorten wie Heißländen und Halbtrockenrasen zu finden (Holzner et al., 2014) und teilweise auch salzverträglich (Fischer et al., 2008; Griebl, 2013), wobei gelegentlicher Sedimenteintrag durch Überschwemmungen förderlich zu sein scheint (Presser, 2000). Weitere Biotope sind grasige, mäßig feuchte Wiesen (Dafni, 1987), sonnige Hänge, Sumpfwiesen, lehmige bzw. auch leicht saure Böden (Ascherson und Graebner, 1907; Reinhard et al., 1991). Ziegenspeck (1936) spricht von einer bemerkenswerten und „ausgeprägten Doppelnatur“ der von ihr besiedelten Standorte.

Für A. coriophora werden folgende ökologische Zeigerwerte (nach Ellenberg) beschrieben: Lichtpflanze (8), Wärmezeiger (7) Feuchtezeiger (7), Säurezeiger bis Mäßigsäurezeiger (4), stickstoffärmste bis stickstoffarme Standorte anzeigend (2) (AHO Hrsg., 2005; Universität für Bodenkultur, 2015).

Das Verbreitungsgebiet der Pflanze reicht in Europa vom nördlichen Mittelmeerraum (Spanien bis Türkei und Syrien) bis nach Mittel- und Osteuropa und erreicht im westlichen Mittelmeerraum Nordafrika bzw. im Osten Kleinasien (Kaukasus, Iran) (Rysy, 1997). Im Gegensatz zur duftenden Unterart ist A. coriophora ssp. coriophora auch in hohen Lagen Südeuropas noch zu finden, allerdings kommt die Pflanze in Mittel- und Osteuropa nur noch lückig vor (Presser, 2000). Nördlich der Alpen besiedelt die kälteresistente Stammart laut Kretschmar et al. (2007) Höhen bis 800m, bzw. erreicht sie in vom Mittelmeer beeinflussten Gebirgen auch noch Lagen über 2000m.

Die ursprünglich große Verbreitung von A. coriophora sollte jedoch nicht über deren Gefährdung hinwegtäuschen, da diese Orchideenart während der letzten Jahrzehnte in weiten Teilen Mitteleuropas aus ihrem ehemals ausgedehnten Lebensräumen großräumig verdrängt wurde (Rysy, 1997; AHO Hrsg., 2005). Trotz der nicht so engen Standortansprüche (Schratt-Ehrendorfer, 2000) wird A. coriophora oft als sehr konkurrenzschwache Art bezeichnet (AHO Hrsg., 2005; Kretzschmar et al., 2007), welche gegenüber einer üppigen Begleitflora nicht konkurrenzfähig ist (Vöth, 1999).

In Österreich beherbergen die artenreichen Heißländen der Lobau in Wien und Niederösterreich noch einige der wenigen großen Vorkommen von A. coriophora (Schratt-

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Ehrendorfer, 2000), im Rest des Landes ist die Art jedoch sehr selten geworden und gilt in Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg bereits als ausgestorben bzw. verschollen (Fischer et al., 2008; Perko, 2004; Schratt-Ehrendorfer, 2000).

In Deutschland sind die einst ausgedehnten Vorkommen weitgehend erloschen (Rysy, 1997), wo A. coriophora mit einem rechnerischen Rückgang (auf Basis von Quadratmetern) von fast 97% zu einer der gefährdetsten Orchideenarten des Landes zählt (AHO Hrsg., 2005).

Gründe für das großräumige Verschwinden der Pflanze sind neben den landwirtschaftlichen Intensivierungsmaßnahmen generell der fortschreitende Landnutzungswandel, welcher mit zunehmender Eutrophierung (z.B. Düngereintrag, Immissionen) und Trockenlegung der Biotope dieser Orchideenart zu den dramatischen Arealeinbußen der letzten Jahrzehnte führte (AHO Hrsg., 2005; Kretzschmar et al., 2007; Presser, 2000; Rysy, 1997; Schratt- Ehrendorfer, 2000).

3.5 Reproduktionsbiologie und Bestäuber

Die Orchidaceae zählen zu den größten und artenreichsten Pflanzenfamilien (Dressler, 1982). Sie sind für ihre außergewöhnliche Blütendiversität und komplexen Anpassungen an ihre Bestäuber bekannt (Cozzolino und Widmer, 2005; Van der Pijl und Dodson, 1966), wobei für die meisten Arten eine einseitige Abhängigkeit von bestäubenden Insekten besteht (Van der Cingel, 1995).

Orchideen spielten bereits sehr früh in der Geschichte der Evolutionsbiologie eine herausragende Rolle für die Nachweiserbringung der natürlichen Selektion. Ihre ungewöhnlichen Bestäubungssysteme erregten schon das Interesse von Charles Darwin, welcher argumentierte, dass sie sowohl starke Beweiskraft in Hinblick auf natürliche Selektionsprozesse als auch für die Vorteile von Fremdbestäubung bieten würden (Tremblay et al., 2005), und widmete dem Thema ihrer vielfältigen Bestäubungsmechanismen ein ganzes Buch (Darwin, 1862).

Alle heimischen Orchideen gehören zu den terrestrischen Arten, bei denen es sich um ausdauernde, krautige Pflanzen handelt, welche zum Teil ein beträchtliches Alter erreichen können. Vegetative (ungeschlechtliche) Vermehrung durch die unterirdischen Organe ist möglich und kommt besonders bei von Wildverbiss betroffenen Orchideenarten vor. Für gewöhnlich sind heimische Orchideen aber auf generative (geschlechtliche) Vermehrung über die Ausbildung von Samen angewiesen (Töpfer, 2005).

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Die Früchte der europäischen Orchideen sind Samenkapseln und enthalten mehrere Tausend winziger und leichter Samen, wobei ein Individuum oft mehrere Kapseln ausbildet (Leins und Erbar, 2008, Rasmussen, 1995; Vöth, 1999; Van der Cingel, 1995; Ziegenspeck, 1936). Trotz der hohen Anzahl produzierter Samen entwickelt sich nur ein sehr geringer Prozentsatz des ursprünglichen Samendepots bis zum überlebenden Sämling (Kretzschmar et al., 2007). Der aus evolutionärer Sicht große Erfolg von Orchideen weist jedoch darauf hin, dass die Überlebensvorteile der Zeugung vieler kleiner Samen die Kosten ihrer Produktion übertreffen (Arditti und Ghani, 2000).

Da die staubfeinen Orchideensamen zu den kleinsten im Pflanzenreich gehören, sind Studien über deren Keimungsbiologie zum Zeitpunkt der Freisetzung aus der Kapsel angesichts der geringen Größe erschwert. Aufgrund ihrer Morphologie werden Orchideensamen typischerweise durch Wind verbreitet (Rasmussen, 1995), wobei sich die Karpellen in der oberen Hälfte der trocknenden Samenkapsel öffnen und die Samen verweht werden (Vöth, 1999).

Die Hülle der Orchideensamen besteht aus einer sack- bis netzartigen Testa (äußere Samenhülle), und der hydrophoben Carapace, der wasserabweisenden inneren Samenhülle, welche den Embryo schützend ummantelt. Bei den Samen europäischer Erdorchideen stellt die Carapace eine physikalische Keimhemmung dar, je dicker diese entwickelt ist, desto stärker ist ihre Hemmwirkung. Die Embryos der reifen Orchideensamen bestehen oft nur aus wenigen Zellen. Die geringen Mengen an Nährstoffen (Lipide, Proteine und seltener Stärkekörner) sind ausreichend für die eigene Lebenserhaltung des Embryos, jedoch nicht für den Aufbau eines Keimlings, weshalb die Samen bei ungünstiger Lagerung im Erdboden sehr kurzlebig sind (Dressler, 1993; Rasmussen, 1995; Vöth, 1999; Weinert, 1992; Ziegenspeck, 1936).

Tabelle 1 vermittelt einen Eindruck über die winzige Beschaffenheit der Samen von A. coriophora, die Daten zu deren Dimensionen und der darin enthaltenen Embryos sowie dem luftgefüllten Freiraum in den Testa wurden von Arditti und Ghani (2000) publiziert:

Tabelle 1: Physikalische Charakteristika der Samen von A. coriophora (Quelle: Arditti und Ghani, 2000)

Dimensionen Luftgefüllter Freiraum Samen Embryo in den Testa Länge Breite Volumen Länge Breite Volumen (mm) (mm) (mm 3) (mm) (mm) (mm 3) (%)

0,46±0,06 0,18±0,05 4,17±2,7 0,2±0,02 0,14±0,2 1,11 77

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Durch ihr geringes Gewicht und den luftgefüllten Freiraum in den Testa können die Orchideensamen lange Zeit in der Luft schweben und über weite Distanzen verteilt werden (Arditti und Ghani, 2000). Auf diesem Weg können sie passende potenzielle Habitate erreichen (Van der Cingel, 1995).

Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Etablierung einer neuen Pflanze aus den Orchideensamen ist deren zufällige Landung auf einer offenen Bodenstelle und das Vorhandensein eines passenden Pilzes im Boden (Holzner und Kriechbaum, 2009). Nach der Lokalisierung eines kompatiblen Mykobionten im Erdboden kann die Pflanze die Symbiose mit dem geeigneten Pilz eingehen (Orchideen-Mykorrhiza). Orchideen sind vor allem während ihres Keimlingsstadiums abhängig von der Versorgung mit Nährstoffen durch ihre Pilzpartner; diese Herausforderung besteht manchmal auch für ältere Pflanzen, welche jedes Jahr neu infiziert werden müssen. Vor der Mykorrhiza-Infektion muss eine Wasseraufnahme durch den Embryo stattgefunden haben (Rasmussen, 1995; 2002). Die Infektion des Samens durch den Pilz findet in den nachsommerlichen Wochen mit anhaltender Bodenfeuchtigkeit statt, in welcher sich die Hyphen des Pilzmyzels im Boden ausbreiten und in den Embryo eindringen können (Vöth, 1999). Berichten zufolge können A. coriophora, Anacamptis (Orchis) morio und Anacamptis pyramidalis denselben Pilzpartner gemeinsam nutzen (Mrkvicka, 1995 zit. nach Presser 2000, mündl. Mitteilung).

Aus dem keimenden Embryo entwickelt sich ein obligat mykotrophes Protokorm, dessen Meristem das Mykorhizom produziert. Dieses ist der erste und am stärksten infizierte Teil des Rhizoms, auch die meisten danach gebildeten Wurzeln sind mykotroph. Die Dauer des Protokorm- und Mykorhizom-Stadiums unter natürlichen Bedingungen ist oft nicht bekannt (Rasmussen, 1995). In den infizierten Zellen bilden sich Hyphenknäuel, welche vom Orchideenembryo verdaut werden und ihn so mit Nährstoffen versorgen (Vöth, 1999). Für die erfolgreiche Entwicklung der Pflanze muss sich allerdings ein Gleichgewicht zwischen dem Embryo und den eindringenden Fungi einstellen (Rasmussen, 1995).

Die Orchideen-Mykorrhiza bleibt oft während des gesamten Lebenszyklus der Pflanze bestehen, wobei der Grad der Abhängigkeit von den Pilzen sich im Laufe der Zeit verändert und meist abnimmt. Im adulten Stadium können die meisten terrestrischen Orchideen das Licht zur Photosynthese nutzen, die Mykotrophie bleibt aber oftmals erhalten. Viele der Pilzsymbionten gehören zur Formgattung Rhizoctonia . Die Diversität der Pilze in der Mykorrhiza-Beziehung mit Orchideen schließt neben Saprophyten auch parasitäre Fungi und Ständerpilze (Basidiomycetes) ein. Neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge sind auch ektomykorrhizäre Pilzpartner an der Symbiose beteiligt, was bedeutet, dass lebende Bäume Photosyntheseprodukte in einer dreifachen Symbiose zur Verfügung

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora stellen. Daraus ergibt sich ein komplexes Bild, wonach Orchideen eine breite Diversität von Fungi mit verschiedenen Ernährungsstrategien nutzen, wobei neue, vor allem auf der Identifikation der DNA basierende Forschung das derzeitige Wissen über die Bandbreite der orchideenspezifischen Mykobionten erweitert (Rasmussen, 1995; 2002).

Die Entwicklung nach der Keimung ist je nach Art sehr unterschiedlich, der Lebenszyklus von Orchideen der traditionell abgegrenzten Gattung Orchis könnte dadurch charakterisiert sein, dass sich zuerst die Wurzel in der Nähe des Meristems des Protokorms und daraufhin ein oberirdischer Trieb bildet. An dessen Basis entwickelt sich die Knolle, welche in Folge beginnt, Nährstoffe zu speichern (Rasmussen, 1995). Bei der In-vitro-Anzucht von A. coriophora ssp. fragrans benötigten vitale Samen zum Aufquellen zwei Wochen, die Protokorm-Entwickelung konnte nach zwei weiteren Wochen beobachtet werden. Die Ausbildung vegetativer Triebspitzen fand 8 Wochen nach der Aussaat statt (Bektas et al., 2013).

Details zum Durchschnittalter bzw. zum ersten Blütezeitpunkt von A. coriophora konnten bei der Literaturrecherche nicht gefunden werden. Die Zeitspanne bis zum ersten Blühen anderer Orchis -Arten kann unter günstigen Voraussetzungen kurz sein und wird im Durchschnitt zwischen 2 bis 4,5 Jahren angegeben (Mrkvicka, 1995 zit. nach Presser, 2000, mündl. Mitteilung). Nach der gelungenen Etablierung einer neuen Orchidee und dem Erblühen ihrer Infloreszenz am neuen Standort ist die Bestäubung der nächste Schritt in der Fortpflanzung von A. coriophora .

Ein Verständnis der Bestäubungsbiologie ist maßgeblich für die Interpretation des Fortpflanzungssystems von Pflanzen. Dieses bestimmt die Genfluss-Muster und beeinflusst damit das Gefüge der genetischen Variation innerhalb einer Population (Kearns und Inouye, 1993). Die Reproduktion bei Orchideen erfolgt durch komplexe Bestäubungsmechanismen (Tremblay et al., 2005), ihre Bestäubung ist eine Konsequenz vieler interagierender Faktoren, welche als Ergebnis der natürlichen Selektion in einer Anpassung der Pflanze an die Biologie der Insekten resultiert (Berger, 2006). Die gewöhnliche Fortpflanzungsform ist im Allgemeinen die Samenproduktion nach einer erfolgten Kreuzbestäubung, wobei eine gewisse Anzahl von Orchideen von diesem Trend abweicht (Van der Pijl und Dodson, 1966).

Bei von Bestäubern unabhängigen Orchideen basiert das Reproduktionssystem auf Autogamie (Selbstbestäubung) oder Agamospermie (asexuelle Fortpflanzung, auch „Apomixis“). Solche Fortpflanzungssysteme werden bei einigen Orchideenarten in allen

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora geografischen Zonen beobachtet, wobei gerade bei diesen ein hoher Fruchtansatz festgestellt werden konnte (Neiland und Wilcock, 1998).

Die meisten Orchideen sind selbstkompatibel, ihre Blütenstruktur begünstigt allerdings die Auskreuzung. Durch dieses flexible System haben isolierte Pflanzen zumindest potenziell die Möglichkeit der Selbstbestäubung und Reproduktion (Dressler, 1982; 1993). Kreuzbestäubte und –befruchtete Pflanzen sind xenogam (Abrol, 2012) bzw. allogam. Xenogamie führt durch die Mischung unterschiedlicher Genotypen zu einer Erhöhung oder Aufrechterhaltung genetischer Variabilität, während diese durch Selbstbestäubung reduziert wird (Paulus, 2005).

Bei der Eigenbestäubung findet entweder eine Selbstbestäubung und anschließende Selbstbefruchtung innerhalb derselben Blüte (Autogamie i.e.S.) statt, oder es kommt zur einer Bestäubung zwischen Blüten ein und derselben Pflanze durch Nachbarbestäubung (Geitonogamie), wobei aus genetischer Sicht beiden Fällen der gleiche Effekt zugesprochen wird. Selbstbefruchtung kann jedoch aufgrund mangelnder genetischer rekombinativer Prozesse unvorteilhaft für Pflanzen sein (Leins und Erbar, 2008), allerdings gibt es bei Orchideen viele Übergänge zwischen reiner Allogamie und reiner Autogamie (Claessens und Kleynen, 2012).

Geitonogamie kann bei selbstkompatiblen Arten zu Inzuchtdepression führen und so die Fitness der Pflanze reduzieren (Johnson und Edwards, 2000). Obwohl Selbstbestäubung bei Orchideen ohne Selbst-Inkompatibilitätsmechanismus den Fruchtansatz generell nicht übermäßig zu beeinträchtigen scheint, kann sie zu einer reduzierten Samenproduktion und einer geringeren Ausbildung vitaler Embryos führen (vgl. Tremblay et al., 2005). Bei vielen Pflanzen ist es allerdings üblich, eine Mischung eigener und ausgekreuzter Pollenkörner zu empfangen (Abrol, 2012).

Allogame Orchideen sind meist auf die Übertragung ihres Pollens durch Insekten (Entomophilie) angewiesen (Paulus, 2005). Im Laufe ihrer Evolution entwickelten Orchideen unterschiedliche Strategien, um ihre Bestäuber anzulocken (Berger, 2006; Darwin, 1862; Dressler, 1982; Van der Cingel, 1995), dies geschieht oft mithilfe optischer und olfaktorischer Signale, wonach die Orchideenblüten idealerweise jenen nahrungssuchenden Insekten ihre Pollinien übertragen, welche durch evolutionäre Anpassung befähigt sind, die Bestäubung vorzunehmen (Vöth, 1999).

Obwohl nahezu 75% der europäischen Orchideen nektarlose Täuschblumen sind (Vöth, 2001), lockten die „Ur-Orchideen“ ihre Bestäuber höchstwahrscheinlich durch den Duft und

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora das Angebot von Nektar als Belohnung zur Bestäubung an (Dafni, 1987), wobei im angelsächsischen Sprachgebrauch auch von „rewarding species“ gesprochen wird (Berger, 2006). Die Evolution von „belohnenden“, nektarführenden Orchideen zu nektarlosen Orchideen fand vermutlich in mindestens zwei Linien statt, wonach die einen auch heute noch ihre Bestäuber als Nektar-Täuschblumen „betrügen“, indem sie diese durch Imitation einer Nahrungsquelle irreführen („food deception“), und die anderen paarungswillige Insektenmännchen als Sexualtäuschblumen („sexual deception“) täuschen. Die Kombination von Nektarangebot und der Produktion sexuell anregender Duftstoffe spielte bei dieser Entwicklung eine maßgebliche Rolle, sogenannte „Rendez-vous-Blumen“ können eine evolutionäre Zwischenstufe von nektarführenden Orchideen zu nektarlosen Sexualtäuschblumen gewesen sein, welche beide Geschlechter bestäubender Insekten gleichermaßen anlockten (Faegri und van der Pijl, 1979; Dafni 1987; Van der Cingel, 1995).

Aufgrund des Nektarangebotes zählt auch A. coriophora zu den „belohnenden“ Orchideenarten. Dabei gehen die durch das Nahrungsangebot zum Besuch angelockten Insekten mit der Orchideenblüte durch die Pollenübertragung eine Bindung zum gegenseitigen Nutzen ein (Vöth, 2001).

Viele Orchideenarten geben ihre gesamte Produktion an Pollenkörnern auf einmal an einen Bestäuber ab (Leins und Erbar, 2008), für die gleichzeitige Befruchtung möglichst vieler Samenanlagen ist der lose Pollen dabei zu Pollenpaketen verklebt (Vöth, 2001). Die Aggregation der Pollenkörner ist eine Anpassung an die große Anzahl der Samenanlagen, die im Fruchtknoten der Orchideen befruchtet werden sollen (Dressler, 1982; Nazarov und Gerlach, 1997; Van der Cingel, 1995; Van der Pijl und Dodson, 1966).

Bei A. coriophora wird der Pollen der Antheren in vier sektilen Pollinien durch elastische Fäden (Elastoviscin) zusammengehalten und zu vielen „Massulae“ (Pollenpakete) zusammengefasst (Dressler, 1982; Leins und Erbar, 2008; Nazarov und Gerlach, 1997). Die Pollinien sind gelb gefärbt und durch stielförmige Caudiculae mit dem Viscidium (Klebescheibe) verbunden (Loew, 1905; Nazarov und Gerlach, 1997); in ihrer Gesamtheit werden sie als Pollinarium bezeichnet (Claessens und Kleynen, 2013). Untersuchungen zur Pollenanzahl von A. coriophora ergaben zwischen 61 und 223 Pollenkörner pro Massula und eine daraus errechnete Anzahl von über 61.400 Pollenkörnern pro Anthere (Nazarov und Gerlach, 1997). Bei einer Bestäubung bleibt nicht das ganze Pollinarium auf dem Stigma haften, sondern nur Teile des Pollens oder der Massulae, welche vom Rest des Pollinariums abbrechen, weshalb durch ein Pollinarium eine Reihe von Blüten bestäubt werden kann (Johnson und Edwards, 2000).

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Durch die speziellen Anpassungen der Blütenmorphologie von Orchideen an ihre Bestäuber ist eine präzise Deposition des Pollens auf dem Insekt möglich. Die Orchideenblüte hat sich sozusagen zu einem Präzisionsinstrument für die Pollendeposition entwickelt, deren Zusammenfassung der Pollen in einem Pollinarium zu einer „Alles oder nichts“-Strategie der Pflanze führt (Van der Cingel, 1995; Van der Pijl und Dodson, 1966).

Außerdem findet nach der Entnahme der Pollinarien aus der Blüte durch einen Bestäuber bei vielen Orchideenarten eine Absenkbewegung statt, welche auch als „Pollinarium Bending“ bekannt ist (Cozzolino und Widmer, 2005; Claessens und Kleynen, 2013; Darwin, 1862; Dressler, 1982; Tremblay et al., 2005; Van der Cingel, 1995; Vöth, 1999). Dieser Prozess zur Vermeidung von Selbstbestäubung wurde bereits von Charles Darwin (1862) anhand von Orchis mascula beschrieben und kann auch bei A. coriophora beobachtet werden.

Dabei werden die Pollinarien vom angelockten Bestäuber entnommen und auf Clypeus, Labrum oder Frons des Kopfes angeheftet (Vöth, 2001) (Abb. 12). Nach der Entnahme stehen die Pollinarien entsprechend der ursprünglichen Position innerhalb der Antheren aufrecht. Um das Stigma (Narbe) zu erreichen, müssen sie sich um 90 Grad nach vorne absenken, was aufgrund der Dehydrierung an der Basis der Caudiculae geschieht (Claessens und Kleynen, 2013).

© El-Heliebi © El-Heliebi

Abbildung 12: bestäubende Honigbiene Abbildung 13: Blüte mit bestäubtem mit entnommenen Pollinarien Stigma

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Durch diese Absenkbewegung während des Transportes sind die Pollinien in der richtigen Position, um direkt auf das Stigma der nächsten besuchten Blüte übertragen zu werden (Claessens und Kleynen, 2013; Van der Cingel, 1995). Die erfolgte Bestäubung ist an den gelben Pollenkörnern auf dem Stigma der Blüte meist deutlich zu erkennen (siehe Abb. 13).

Bei Erstbesuchen durch bestäubende Insekten scheint aufgrund der längeren Dauer der Absenkbewegung keine Bestäubung der eigenen oder benachbarten Blüte durch zuvor entnommene Pollinarien stattzufinden (Dressler, 1982; Paulus, 2005). Die Pollinarienabsenkung kann einige Sekunden oder mehrere Stunden dauern und sollte gemäß Darwins Interpretation Geitonogamie vermeiden und die Wahrscheinlichkeit der aus genetischer Sicht für die Pflanze vorteilhafteren Fremdbestäubung und –befruchtung erhöhen (siehe Kapitel 4.1.4) (Darwin, 1862; Johnson und Edwards, 2000; Van der Cingel, 1995).

Nach einer erfolgten Bestäubung schwellen die Samenkapseln an, dennoch ist die Feststellung verdickter Samenkapseln kein Garant für die Ausbildung keimungsfähiger Samen (Paulus, 2005). Bei den meisten holarktischen Orchideenarten findet die Befruchtung 1-2 Wochen nach erfolgter Bestäubung statt (Rasmussen, 1995), für A. coriophora wird eine Dauer von 9 Tagen angeführt (Hildebrand, 1863 zit. nach Rasmussen, 1995).

Nektarführende Orchideen sind hinsichtlich ihres Fruchtansatzes für gewöhnlich wesentlich erfolgreicher als nektarlose Orchideen. Diese Beobachtung wurde speziell bei Orchideen der gemäßigten Zonen gemacht, wobei insbesondere europäische nektarführende Orchideenarten in Hinblick auf den Fruchtansatz hohe Prozentsätze aufwiesen (Neiland und Wilcock, 1998).

Als Folge der Insektenbestäubung wird für A. coriophora ein sehr hoher Fruchtansatz verzeichnet (AHO Hrsg., 2005; Kretzschmar et al., 2007). Demzufolge liegt die Kapselbildungsrate über 50% (Baumann, 1998) bzw. bei 64% (Démares zit. nach Claessens und Kleynen, 2011). Laut Presser (zit. nach Claessens und Kleynen, 2011) liegt sie sogar bei 96%, auch für ssp. fragrans ist eine hohe Kapselbildung von ca. 90% dokumentiert (Dafni und Ivri, 1979).

Häufige Bestäuber beider Unterarten sind Hymenopteren aus der Familie der Apidae , wobei meist Apis mellifera und Bombus sp. verzeichnet werden konnten, seltener wurden

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Dipteren und Coleopteren, sowie Widderchen ( Zygaenidae ) und vereinzelt Wanzen aus der Familie der Lygaeidae (Bodenwanzen) beobachtet (Berger, 2004; 2007a).

Abgesehen von den tatsächlichen Bestäubern von A. coriophora gibt es auch Insekten, welche „nur“ potenzielle Bestäuber oder Pflanzenbesucher sind. Potenzielle Bestäuber sind laut Schatz et al. (2005) Insekten, welche beim Tragen von Pollinien auf der Infloreszenz einer Orchidee beobachtet wurden, wobei aber nicht bestätigt werden konnte, ob die Entnahme, der Transport oder die Deposition von Pollen auf Blüten derselben taxonomischen Einheit durch dasselbe Individuum realisiert wurde. Im Gegensatz dazu sind „Besucher“ Insekten, welche auf der Infloreszenz einer Orchidee beobachtet wurden bzw. sich auf den Blüten aufhalten, ohne Pollen zu transportieren (Claessens und Kleynen, 2012; Schatz et al., 2005).

In Tabelle 2 werden basierend auf einer Literaturrecherche Bestäuber aufgelistet, wobei zwischen ssp. coriophora und ssp. fragrans differenziert wird. Bei den Referenzen sind Zitate der ursprünglichen Literatur aus Übersichtswerken in Klammern angegeben.

Tabelle 3 fasst potenzielle Bestäuber sowie besuchende Insekten von ssp. coriophora und ssp. fragrans aus der Literaturrecherche mit den jeweiligen Autorenkommentaren zusammen.

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Tabelle 2: Bestäuber von A. coriophora ssp. coriophora und ssp. fragrans (Literaturrecherche)

Name des Bestäubers Ordnung Bestäuber von Referenz (Teil 1) ssp. ssp. coriophora fragrans

Dinoptera collaris Coleoptera x • Berger, 2006, 2007b Linnaeus 1758 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (Blauschwarzer Kugelhalsbock)

Oedemera nobilis Scopoli 1763 Coleoptera x • Berger, 2004, 2007b (Blaugrüner Schenkelkäfer) (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011)

Rhagonycha nigritarsis Coleoptera x • Mrkvicka zit. nach Vöth, 1999, mündl. Mitteilung Brullé 1832 (Weichkäfer)

Stratiomys sp . Diptera x • Vöth, 1999 Geoffroy 1762 (Waffenfliege)

Lygaeus saxatilis L. Hemiptera x x • Berger, 2007a (Scopoli 1763) Dornhecker zit. nach Vöth, 1999, mündl. Mitteilung (auch (Bodenwanze) zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (aktueller Name: Spilostethus saxatilis, • Presser, 2000 „Knappe“) • Van der Cingel, 1995

Andrena sp. Hymenoptera x x • Landwehr, 1982 Fabricius 1775 (auch zit. in Bournérias, 1998) (Sandbiene) • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Dafni und Ivri, 1979, Van der Cingel, 1995 und Vöth, 1999) • Reinhard et al., 1991 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011 und Vöth, 1999)

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Name des Bestäubers Ordnung Bestäuber von Referenz (Fortsetzung, Teil 2) ssp. ssp. coriophora fragrans cf. Anthidium sp. Hymenoptera x • Berger, 2004 Fabricius 1804 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (Wollbiene)

Anthophora sp. Hymenoptera x • Landwehr, 1982 Latreille 1803 (auch zit. in Bournérias, 1998) (Pelzbiene) • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Dafni und Ivri, 1979, Van der Cingel, 1995 und Vöth, 1999)

Apis mellifera Hymenoptera x x • Berger, 2004, 2007b Linnaeus 1758 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (Honigbiene) • Dafni und Ivri, 1979 • Landwehr, 1982 (auch zit. in Bournérias, 1998) • Mrkvicka zit. nach Vöth, 1999, mündl. Mitteilung • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Vöth, 1999)

Bombus sp. Hymenoptera x x • Berger, 2004, 2007b Latreille 1802 • Van der Cingel, 1995 (Hummel)

Bombus lucorum Hymenoptera x • Van der Cingel, 1995 Linnaeus 1761 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011 und Bournérias, (Helle Erdhummel) 1998)

Bombus pratorum Hymenoptera x x • Berger, 2004 Linnaeus 1761 • Schatz et al., 2005 (Wiesenhummel) (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011)

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Name des Bestäubers Ordnung Bestäuber von Referenz (Fortsetzung, Teil 3) ssp. ssp. coriophora fragrans

Ceratina sp. Hymenoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Latreille 1802 (auch zit. in Van der Cingel, 1995) (Keulhornbiene)

Eucera sp. Hymenoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Scopoli 1770 (Langhornbiene)

Halictus sp. Hymenoptera x x • Berger, 2004 Latreille 1804 • Landwehr, 1982 (Furchenbiene) (auch zit. in Bournérias, 1998) • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011, Dafni und Ivri, 1979, Van der Cingel, 1995 und Vöth, 1999)

Halictus cf. quadricinctus Hymenoptera x • Berger, 2004 Fabricius 1777 (Vierbindige Furchenbiene)

Lasioglossum sp. Hymenoptera x • AHO Hrsg ., 2005 Curtis 1833 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (Furchenbiene)

Nomada sp. Hymenoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Scopoli 1770 (auch zit. in Van der Cingel, 1995) (Wespenbiene)

Nomada cretensis Hymenoptera x • Vöth, 1999 Schulz 1906 (Kreta-Wespenbiene)

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Name des Bestäubers Ordnung Bestäuber von Referenz (Fortsetzung, Teil 4) ssp. ssp. coriophora fragrans

Osmia cornuta Hymenoptera x • Vöth, 1999 Latreille 1805 (Gehörnte Mauerbiene)

Scoliidae sp. Hymenoptera x • Kretzschmar et al. 2007 (Dolchwespe) • Landwehr, 1982 (auch zit. in Bournérias, 1998) • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011 und Vöth, 1999)

Sphecodes sp . Hymenoptera x • Vöth, 1999 Latreille 1805 (fälschlich determiniert als Trielis villosa var. rubra in Vöth, (Blutbiene) 1975)

Vespula sp. Hymenoptera x • Berger, 2007b Thomson 1869 (Wespe)

Vespula vulgaris Hymenoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Linnaeus 1758 (auch zit. in Van der Cingel, 1995) (Gemeine Wespe)

Xylocopa sp. Hymenoptera x x • Kretzschmar et al., 2007 Latreille 1802 • Landwehr, 1982 (Holzbiene) • Peisl und Forster, 1975 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011 und Dafni und Ivri, 1979 und Van der Cingel, 1995 und Vöth, 1999)

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Name des Bestäubers Ordnung Bestäuber von Referenz (Fortsetzung, Teil 5) ssp. ssp. coriophora fragrans

Xylocopa iris Hymenoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Christ 1791 („ suspected to cut the spurs along the side to reach the (Holzbiene) nectar without pollinating ”)

Xylocopa valga Hymenoptera x • Berger, 2004 Gerstaecker 1872 (Östliche Holzbiene)

Zygaenidae Lepidoptera x x • Berger, 2007b Latreille 1809 (Widderchen)

Zygaena filipendulae Lepidoptera x x • Scappaticci und M ichelot, 1998 Linnaeus 1758 (auch zit. in Claessens und Kleynen, 2011) (Sechsfleck-Widderchen)

Zygaena graslini Lepidoptera x • Dafni und Ivri, 1979 Lederer 1855 (auch zit. in Van der Cingel, 1995) (Widderchen)

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Tabelle 3: Potenzielle Bestäuber und Besucher von A. coriophora ssp. coriophora und ssp. fragrans (Literaturrecherche)

Pote nzielle Bestäuber & Besucher Ordnung Beobachtet auf Referenz Autoren kommentar (Teil 1) ssp. ssp. coriophora fragrans

Thomisidae , sp. Araneae x x • Reinhard et al., 1991 zit. Besucher; fotografiert mit (Krabbenspinne) nach Vöth, 1999 gefangener Honigbiene

Epicometis (Tropinota ) hirta Coleoptera x • Berger, 2004 zufällige Bestäubung Poda 1761 (Rosenkäfer)

Meligethes sp. Coleoptera x • Berger, 2004 zufällige Bestäubung Stephens 1830 (Glanzkäfer)

Bombylius major Diptera x • Berger, 2004 potenzieller Bestäuber Linnaeus 1758 (Großer Wollschweber)

Chlorops sp. Diptera x • Loew, 1905 potenzieller Bestäuber Meigen 1803

(Halmfliege)

Nowickia ferox Diptera x • Berger, 2004 fälschlich determiniert als Panzer 1809 fera (Raupenfliege)

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Pote nzielle Bestäuber & Besucher Ordnung Beobachtet auf Referenz Autoren kommentar (Fortsetzung, Teil 2) ssp. ssp. coriophora fragrans

Bombus sylvarum Hymenoptera x • Berger, 2004 potenzieller Bestäuber Linnaeus 1761 (Waldhummel)

Ceratina cucurbitina Hymenoptera x • Berger, 2004 fotografiert als potenzieller Bestäuber Rossi 1792 (unklar ob entnommene Pollinarien (Schwarze Keulhornbiene) von Serapias lingua stammen )

Nomada braunsiana Hymenoptera x • Vöth, 1999 „an Blüten saugend ohne Pollinarien Schmiedeknecht 1882 zu entnehmen “ (Wespenbiene)

Nomada panzeri Hymenoptera x • Vöth, 1999 „an Blüten saugend ohne Pollinarien Lepeletier 1841 zu entnehmen “ (Wespenbiene)

Zygaena filipendulae Lepidoptera x x • Van der Cingel, 1995 Besucher (fotografiert) Linnaeus 1758 (Sechsfleck-Widderchen)

Zygaena purpuralis Lepidoptera x • Berger, 2006 fotografiert „ mit entnommenen Brünnich 1763 Pollinien von Anacamptis pyramidalis “ (Thymian-Widderchen)

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4 MATERIAL UND METHODEN

4.1 Reproduktionssystem

Da der Fruchtansatz innerhalb und zwischen Orchideenpopulationen sowohl durch die Bestäuberaktivität und –diversität als auch durch die Zusammensetzung der bestäubenden Fauna beeinflusst werden kann (Tremblay et al., 2005), ist die umfassende Dokumentation der Bestäubersituation von A. coriophora eine wichtige Basis für das Verständnis des Fortpflanzungssystems dieser Art.

Zum Test des Reproduktionssystems von A. coriophora wurden die bestäubenden Insekten im Untersuchungsgebiet fotografiert. Darüber hinaus wurden Bestäubungsexperimente unter Ausschluss von Bestäubern durch die Manipulation von Einzelblüten und Einhüllen in kleine Säckchen durchgeführt. Nach der quantitativen Dokumentation der Kapselbildung wurde die Samenvitalität der jeweiligen Testgruppe mithilfe von Tetrazoliumtests analysiert und die Resultate mit einer Kontrollgruppe aus offener Bestäubung unter natürlichen Bedingungen verglichen. Außerdem wurden die Pollinarienabsenkzeiten an verschiedenen Individuen der Population am Fuchshäufel gemessen.

4.1.1 Bestäubungsbeobachtungen

Um Schlussfolgerungen über das Reproduktionssystem der Pflanze hinsichtlich ihrer bestäubenden Insekten im Untersuchungsgebiet ziehen zu können, wurden im Bereich der Heißlände am Fuchshäufel Bestäubungsbeobachtungen durchgeführt. Zur genaueren Dokumentation und Bestimmung wurden zwischen Mitte und Ende Mai 2014 an mehreren sonnigen Tagen Insekten auf verschiedenen Individuen von A. coriophora fotografiert.

Der Versuch, bestäubende Insekten der Pflanze in stündlichen Abständen innerhalb von fünfzehnminütigen Observierungssequenzen auf ausgewählten, eingegrenzten Flächen des Fuchshäufels standardisiert zu beobachten, war nicht von Erfolg gekrönt. Da durch diese Beobachtungsmethode keine Bestäuber verzeichnet werden konnten, wurden die Untersuchungen auf eine größere Teilflächen der Heißlände rund um das Fuchshäufel ausgeweitet.

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4.1.2 Bestäubungsexperimente

Für die Durchführung der Bestäubungsexperimente wurden insgesamt 136 kleine, luftdurchlässige Säckchen (5 x 5 cm) aus weißem Organzastoff zum Ausschluss von Insekten genäht. Um sicherzustellen, dass vor Beginn der Experimente keine Bestäubung der Pflanzen durch Insekten stattgefunden hatte, wurden die Säckchen nach erfolgten Bestäubungsexperimenten zeitgerecht zu Beginn der Blüteperiode Ende April bzw. Anfang Mai auf einzelnen Blüten von zufällig ausgewählten Individuen innerhalb der Population von A. coriophora am Fuchshäufel angebracht (Abb. 14).

© El-Heliebi © El-Heliebi

Abbildung 14: Bestäubungsexperiment am Fuchshäufel 2014. In kleine Säckchen eingehüllte Einzelblüten auf A. coriophora .

Mit Ausnahme der Kontrollgruppe wurden 34 Säckchen pro Testgruppe als „treatment“ verwendet. Die Markierung der verwendeten Säckchen erfolgte je nach gewählter Methode mit unterschiedlichen Farben des Garns, welches zum Verschließen des Säckchens diente. Tabelle 4 gibt eine Übersicht der Bestäubungsexperimente und Methoden zum Test des Fortpflanzungssystems von A. coriophora :

Tabelle 4: Bestäubungsexperimente und Methoden zum Test des Reproduktionssystems

Test des Reproduktions - Entfernung Pollenquelle Einzelblüte systems von A. coriophora der eingehüllt in Pollinarien Säckchen

Agamospermie ja keine Bestäubung ja

Spontane Selbstbestäubung nein Pollen derselben Blüte ja

Manuelle Selbstbestäubung * ja Pollen derselben Pflanze ja

Manuelle Kreuzbestäubung * ja Pollen einer anderen Pflanze ja

Kontrollgruppe nein offene Bestäubung nein

* händische Bestäubung mit zwei Pollinarien pro Stigma

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Da der Besucherandrang im Nationalpark Donau-Auen im Bereich der Heißländen am Fuchshäufel speziell während der Orchideenblüte relativ groß ist, wurde die 25 x 15 m große Versuchsfläche etwas abseits des Lehrpfades an einem ruhigen und weniger frequentierten, nordöstlichen Teilbereich des Oberen Fuchshäufels angelegt und die Randzonen als Fläche für Forschungszwecke entsprechend beschildert.

Bei der Durchführung von kontrollierten Bestäubungsversuchen - wie in diesem Falle durch Manipulation und Einhüllen von Einzelblüten in kleine Säckchen - mussten einige Faktoren im Vorfeld der Versuche berücksichtigt werden, um negativen Effekten in Hinblick auf die Entwicklung der Pflanze vorzubeugen. Die Größe der Säckchen wurde mit 5 x 5 cm den Blüten angepasst, um eine ausreichende Luftzufuhr im Inneren zu gewährleisten. Aufgrund der großen Nähe bzw. auch oft der Fülle der Blüten musste beim Anbringen der Säckchen darauf geachtet werden, das Mikroklima des Blütenstands so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.

Um die Wasser- und Nährstoffversorgung der Blüte nicht zu behindern, durften die Stoffsäckchen nicht zu fest an den Stängel angebunden werden. Aufgrund des zunehmenden Pflanzenwachstums bzw. mit dem Abblühen der Infloreszenz sowie der fortschreitender Kapselbildung und der damit einhergehenden Größenveränderung (Verdickung des Fruchtknotens) mussten die eingehüllten Blüten während der Blütezeit bis zur Samenreife Anfang Juli regelmäßig kontrolliert werden. Das „Nachjustieren“ der Säckchen war in vielen Fällen erforderlich, um ein Abrutschen von den sich bildenden Samenkapseln zu verhindern. Trotz der laufenden Kontrolle kam es aufgrund von Witterungseinflüssen wie Wind und starken Regenfällen zu einem Verlust von 60% der ursprünglich angebrachten Säckchen.

Kurz vor Beginn des Öffnens der Samenkapseln wurden die verbliebenen 55 Säckchen in der ersten Juliwoche von den Pflanzen entfernt und die Kapseln der jeweiligen Bestäubungsversuche sowie weitere 12 Samenkapseln von Individuen aus dem offenen Gelände für die Kontrollgruppe entnommen. Bis zur weiteren Analyse erfolgte die Aufbewahrung aller Kapseln in entsprechend beschrifteten und datierten Pergaminsäckchen, welche während der Trocknungsphase drei Wochen bei Raumtemperatur und danach in einem Kühlschrank gelagert wurden. In einem nächsten Schritt wurden alle Kapseln zur quantitativen Dokumentation von Kapselgröße und - gewicht je Bestäubungsversuch vermessen und gewogen (Abb. 15). Danach wurden die getrockneten Kapseln vorsichtig der Länge nach geöffnet, die entnommenen Samen wurden wiederum in Pergaminsäckchen kühl und dunkel im Kühlschrank aufbewahrt.

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Abbildung 15: Material zur quantitativen Analyse der Samenkapseln

Die Berechnungen und die grafische Umsetzung der Resultate der Bestäubungsexperimente wurden mithilfe von Microsoft Excel 2013 und PASW Statistics 18.0 durchgeführt. Unter Zugrundelegung eines Signifikanzniveaus von α=0,05 wurden die folgenden statistischen Tests durchgeführt: Test auf Normalverteilung der erhobenen Parameter mittels Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest; univariate Varianzanalyse (ANOVA); Levene-Statistik zum Test der Homogenität der Varianzen; anschließende Mehrfachvergleiche durch Tamhane Post-Hoc-Tests.

4.1.3 Vitalitätstests

Die Samenkeimfähigkeit ist für die Überlebensfähigkeit von Orchideenpopulationen maßgeblich, wobei die Art der Bestäubung (Fremd- oder Selbstbestäubung) eine tragende Rolle hinsichtlich der Samenqualität spielt (vgl. Efimov et al., 2012 für Calypso bulbosa ). In vielen Studien ist die Produktion von Samen ein ausreichender Indikator für eine erfolgreiche Bestäubung, in manchen Fällen ist es aber notwendig, die Vitalität der Samen zu bestätigen (Kearns und Inouye, 1993), zumal auch nach einer erfolgten Bestäubung durch das Auszählen der Fruchtstände oft keine genauen Angaben zum Befruchtungserfolg gemacht werden können (Paulus, 2005). Zur Bestimmung der Samenvitalität aus den Kapseln der Bestäubungsexperimente wurden Tetrazoliumtests (TTC-Test) durchgeführt, wobei eine Einteilung der Vitalität der Embryos anhand ihrer Vitalfärbung erfolgte.

Beim TTC-Test werden bei vitalen Samen aktive Dehydrogenasen in den Embryozellen nachgewiesen, bei nicht vitalen Embryos fehlt der Nachweis von Zellaktivität. Die bei der Tetrazolium-Reaktion stattfindende chemische Farbveränderung wird durch das wasserlösliche, farblose 2,3,5-Triphenyltetrazoliumchlorid (TTC) bedingt, welches zu rotem, nicht wasserlöslichem Triphenylformazan reduziert wird. Nach dem Farbumschlag

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora kommt bei vitalen Embryos die rote Färbung zum Vorschein, nicht vitale erscheinen braun oder bleiben farblos. Vor dem TTC-Test ist die Vorbehandlung mit einer Hypochlorit-Lösung nötig, um die innere Samenhülle (Carapace) permeabel zu machen. Bei der Hypochlorit- Behandlung ist die Stärke der Carapace zu berücksichtigen, an welche die Einwirkdauer und Konzentration der Lösung angepasst werden muss (Dafni und Firmage, 2000; Frosch, 1982; Lucke, 1985; Van Waes und Debergh, 1986; Weinert, 1992; Wharton, 1955).

Für die Durchführung der Tests wurde das Protokoll von Jersakova (2006, mündl. Mitteilung) in Anlehnung an für die Samen europäischer Erdorchideen modifizierte Tetrazolium-Methode von Van Waes und Debergh (1986) wie folgt angewandt: Die Samen jeder Kapsel wurden individuell auf eine Hälfte von in der Mitte gefalteten Siebdruckgewebestücken (7,5 x 4,5 cm) aus Polyester (43 Maschen/cm 2) gestreut. Die Samen wurden mit einem Pinsel (jeweils einer pro Versuchsgruppe) gleichmäßig auf dem Siebdruckgewebe verteilt und fest in entsprechend beschriftete Diarahmen einklemmt. Das verwendete Material zum Test der Samenvitalität wird in Abb. 16 abgebildet:

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Abbildung 16: Material zum Test der Samenvitalität

Da sich in einigen Kapseln nur wenige Samen gebildet hatten, wurde die eingestreute Menge verhältnismäßig angepasst, um noch einen Teil der Samen für die etwaige Wiederholung des Tests zurückzubehalten. In manchen Fällen musste aufgrund der geringen Menge der gesamte Kapselinhalt verwendet werden. Obwohl die Samenmenge der Kapseln nicht zur Gänze quantifiziert wurde (bei Auszählung von 100 Samen pro Kapsel), konnte insbesondere bei den Tests zur Selbstbestäubung eine geringe Samenausbildung bereits mit bloßem Auge festgestellt werden.

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Die Samen wurden in einem Glasgefäß mit einer Lösung von destilliertem Wasser,

Calziumhypochlorit CaCl 2O2 (Hersteller: Carl Roth GmbH + Co. KG, Deutschland, Karlsruhe) und Tween-80 (Hersteller: Carl Roth) im Massenverhältnis 289:10:1 (Braun, 2009) übergossen [Permeabilität der Carapace], wobei darauf geachtet wurde, dass sich in den Zwischenräumen des Siebdruckgewebes in den Diarahmen keine Luftblasen bildeten. Nach 12 Stunden Reaktionszeit wurden die Samen drei Mal vorsichtig mit Wasser gespült und wiederum 24 Stunden in dem ausgespülten und mit frischem Wasser gefüllten Glasgefäß belassen [Quellen der Samen].Kurz vor Ablauf dieser Zeit wurde in einem nächsten Schritt eine 1% TTC-Lösung mit 2,3,5-Triphenyltetrazoliumchlorid C 19 H15 ClN 4 (Hersteller: Carl Roth) und destilliertem Wasser hergestellt (10g TTC + 990ml Aqua dest.). Da TTC lichtempfindlich ist (Lucke, 1985), wurde es bis zur Herstellung der Lösung kühl und dunkel gelagert. Das Wasser im Glasgefäß wurde ausgeleert, gespült und die Samen in den Diarahmen mit der 1% TTC-Lösung übergossen. Das verschlossene Glasgefäß wurde 24 Stunden bei 30°C in einem Wärmeschrank aufbewahrt, danach wurde die TTC-Lösung entfernt und die Samen wiederum 3x in Wasser gespült. Zwischen den Spülschritten wurden die Samen jeweils 1-2 Minuten im Wasser belassen [Vitalfärbung].

Im Anschluss wurden Petrischalen mit etwas Vaseline präpariert, die Diarahmen vorsichtig abgetrocknet und geöffnet und die Samen aus dem Siebdruckgewebe auf die Vaseline in den Petrischalen gedrückt. Auf der entstandenen quadratischen Abdruckfläche wurden mit einer Nadel rasterförmige Linien gezogen, um die Auszählung der vitalen bzw. nicht vitalen Embryos mit dem Mikroskop (Olympus CH2 Serie) bzw. Binokular (Zeiss Stemi DV4) zu erleichtern. Es wurden jeweils 100 zufällig gewählte Embryos pro Kapsel gezählt, wobei eine Differenzierung zwischen vitalen (rot oder orange-rote Färbung) und nicht vitalen Embryos (orange-braun bzw. schwarz-grau) in vier Farbkategorien erfolgte. Abbildung 17 stellt einige Beispiele mithilfe von lichtmikroskopischen Aufnahmen (Material-Mikroskop Leica DM4000 M) dar:

Embryos von A. coriophora nach dem TTC -Test vital nicht vital rot orange -rot (orange -) braun schwarz -grau

Abbildung 17: Lichtmikroskopische Aufnahmen der Embryos von A. coriophora zur Analyse der Samenvitalität aus den Bestäubungsexperimenten

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4.1.4 Pollinarienabsenkung (Pollinarien-Bending)

Wie in Kapitel 3.5 (Reproduktionsbiologie und Bestäuber) erwähnt, wurde die Pollinarienabsenkung schon von Charles Darwin (1862) an verschiedenen Orchideenarten ausführlich untersucht und am Beispiel von Orchis mascula näher beschrieben. Gemäß seiner Beobachtungen senken sich die Pollinien dieser Orchideenart nach der Entnahme aus den Blüten ab (Abb. 18), weshalb der Pollen erst nach Abschluss dieser Absenkbewegung in optimaler Position für eine Bestäubung zur Verfügung steht.

Abbildung 18: Darstellung der Pollinarienabsenkung bei Orchis mascula (Quelle: Darwin, 1862) A: Position der Pollinarien nach Entnahme. B: Position der Pollinarien nach Absenkung.

Für A. coriophora wurde der Bendingprozess von Loew (1905) beschrieben, zur Bending- Zeit der Art wurden jedoch keine genaueren Angaben gemacht. Zur Abschätzung der Pollinarienabsenkzeit von A. coriophora wurden die Pollinarien von 26 verschiedenen Individuen am Fuchshäufel mithilfe eines Zahnstochers (bzw. dünnen Holzstücks) aus den Blüten entnommen. Die verhältnismäßig kleine Größe der entnommenen Pollinarien von A. coriophora wird in Abbildung 19 verdeutlicht:

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Abbildung 19: Zur Messung der Absenkzeit entnommene Pollinarien von A. coriophora

Die verschiedenen Bending-Zeiten wurden von Beginn bis zum Ende der Bewegung mithilfe einer Stoppuhr an drei windstillen Tagen gemessen. Vier Messungen fanden am 12. Mai 2014 am Oberen Fuchshäufel statt, die restlichen 22 Messungen wurden am 20. und 21. Mai 2014 am Oberen und Unteren Fuchshäufel durchgeführt.

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4.2 Monitoring

4.2.1 Vorgeschichte des Monitorings am Fuchshäufel

Eine wesentliche Grundlage für effektive Naturschutzarbeit ist die Einschätzung der Gefährdungssituation von Populationen. Diese erfordert fundierte Kenntnisse über deren Größe und Entwicklung, aber auch über ihre Schwankungen. Das Monitoring von Pflanzenpopulationen zählt daher zu einer der wichtigsten Maßnahmen zur Abschätzung von Populationstrends und stellt eine der Kernaktivitäten im Naturschutz dar (Pennerstorfer et al., 2009).

Da sich Teilbereiche des Fuchshäufels wegen der komplexen Geländetopographie für die Mahd als wenig geeignet erwiesen, wurde zwischen 2003 und 2005 ein erster Weideversuch mit Schafen durchgeführt. Als ab dem Jahr 2006 erstmals eine intensivere, kontinuierlichere Schafbeweidung geplant wurde, entstand unter Orchideenkennern und -freunden eine Diskussion darüber, ob die Orchideenflora am Fuchshäufel durch den Einsatz von Weidevieh ernsthaften Schaden nehmen könnte. Anlässlich dieser Bedenken, und um die Auswirkungen der geplanten Beweidungsmaßnahmen zu „überwachen“, wurden Dauerquadrate mit einer Fläche von 1,5 x 1,5m und Transekte mit einer Größe von 200m 2 als Monitoringflächen angelegt. Weiters wurden zwei bereits bestehende Dauerquadrate (DQ1 und DQ2) mit einer Größe von 2x2m in die Beobachtung miteinbezogen (Grass & Seiberl, 2012).

Angesichts der erwähnten standortspezifischen und vegetationsbedingten Unterschiede der südlichen und nördlichen Teilfläche des Fuchshäufels wurde zwischen „Unterem“ und „Oberem“ Fuchshäufel differenziert. Ein Teil der Dauerbeobachtungsflächen wurde von der Beweidung ausgezäunt, um Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Schafbeweidung ziehen zu können (Grass & Seiberl, 2012). Die Differenzierung zwischen den beiden Teilbereichen des „Oberen“ und „Unteren“ Fuchshäufels sowie die Lage der Dauerbeobachtungsflächen werden in Abbildung 20 veranschaulicht:

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Abbildung 20: „Oberes“ und „Unteres Fuchshäufel“ und Übersicht über Dauerbeobachtungsflächen, Rosa: Transekte. Grün: Dauerquadrate. (Quelle: Grass und Seiberl, 2012)

Bei der Auswahl der Monitoringflächen wurden repräsentative Bereiche des Vegetationsmosaiks am Fuchshäufel ausgewählt, wobei neben A. coriophora auch die Orchideenarten Anacamptis (Orchis ) morio , Orchis militaris , Neotinea (Orchis ) ustulata und das Federgras Stipa joannis wichtige Zielarten waren. Während des Zeitraumes von 2006 bis 2012 wurden die Bestandsveränderungen der erwähnten Arten sowohl auf den Transekten als auch auf den Dauerquadraten durch Zählung der Pflanzen beobachtet und dokumentiert, ab dem Jahr 2008 wurde für die Orchideenarten außerdem zwischen blühenden und nicht blühenden Individuen (vegetativen Blattrosetten) unterschieden (Grass & Seiberl, 2012).

Am 13. Juli 2011 brannte fast das gesamte Areal des Fuchshäufels ab (Abb. 21), wobei es sich höchstwahrscheinlich um Brandstiftung handelte. Das Flächenausmaß des Brandes betrug ca. 8,5 ha. Der Brand musste durch die Einsatzkräfte der Feuerwehr gelöscht werden. Das Weidevieh konnten dank des Engagements von Mitgliedern des Nationalparkteams noch rechtzeitig aus den umzäunten Beweidungsflächen befreit werden (Faltejsek, 2015, mündl. Mitteilung).

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Abbildung 21: Brandfläche am Fuchshäufel 2011 (Quelle: A. Faltejsek, MA 49)

Das Folgejahr des Brandes erwies sich als äußerst schwaches Orchideenjahr, allerdings wurde das Monitoring aus finanziellen Gründen in einem geringeren Umfang durchgeführt und auf A. coriophora beschränkt. Um die Auswirkungen des Brandes auf die Population am Fuchshäufel einschätzen zu können, fanden die Zählungen auf eingeschränkten Teilbereichen der Dauerbeobachtungsflächen statt.

Im Jahr 2012 wurden auch die Forschungsergebnisse der Jahre 2007-2011 im Bericht „Begleitmonitoring zum Trockenrasenmanagement Fuchshäufel, Lobau“ zusammengefasst, aus welchem hervorging, dass bis zum Brandereignis im Jahr 2011 trotz Schafbeweidung insgesamt eine positive Bestandsentwicklung von A. coriophora im Untersuchungsgebiet verzeichnet werden konnte. Auf Basis der Zählungen der Transekte stiegen die Jahressummen der Individuen dieser Art in den beweideten Flächen von 48,1% auf 62,6%, wohingegen sie in den ausgezäunten Bereichen von 50,6% auf 36,4% sanken (Grass & Seiberl, 2012). Im Jahr 2013 wurde das Monitoring ausgesetzt.

4.2.2 Monitoring am Fuchshäufel 2014

Im Jahr 2014 wurde das Orchideen-Monitoring am Fuchshäufel wieder aufgenommen und im Rahmen der vorliegenden Arbeit weitergeführt. Die Erhebung der Pflanzen im Untersuchungsgebiet erfolgte wie in den Vorjahren getrennt nach blühenden und nicht blühenden Individuen, um sie mit den Ergebnissen der Vorjahre von 2008 – 2012 (Grass und Seiberl, 2012; INF, 2012, unveröffentl.) vergleichen zu können. Die Zählungen fanden zwischen Ende April und Ende Mai statt.

Die Flächenauswahl für das Monitoring im Jahr 2014 fand sowohl am Oberen als auch am Unteren Fuchshäufel unter Berücksichtigung der für A. coriophora aussagekräftigsten

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Dauerquadrate (mit jeweils 1,5 x 1,5m) und Transekte (mit jeweils 200m 2) auf Basis der Ergebnisse der Vorjahre statt. Die Lage dieser Flächen wurde entsprechend der ursprünglichen Verortung durch markante Bezugspunkte in der Landschaft und durch im Gelände gesetzte Vermessungspunkte festgestellt. Da die Kappen einiger Vermessungseckpunkte in den Monitoringflächen durch die Vegetation stark zugewachsen waren, wurde deren Positionen mittels eines Metallsuchgerätes eruiert. Die Zählungen umfassten am Oberen Fuchshäufel die Dauerquadrate I/1, I/2, I/3, III/1, III/2, III/3, DQ2 und den ehemaligen Schaflagerplatz L1, sowie die Transekte T4 (4 x 50m) und T5 (10 x 20m). Am Unteren Fuchshäufel wurden die Pflanzen auf den Dauerquadraten II/2, II/4, IV/2, IV/4 und DQ1 sowie auf den Transekten T1 (10 x 20m) und T2 (4 x 50m) gezählt.

Die blühenden Pflanzen und Blattrosetten der Dauerquadrate wurden mithilfe eines Maschennetzes (1,5 x 1,5m) mit einer Maschengröße von 15 cm erfasst. Zur Zählung der Individuen wurde das Netz an den Rändern der Dauerquadrate mit Heringen fixiert (Abb. 22). Die Abgrenzung der beiden größeren Dauerquadrate DQ1 und DQ2 von jeweils 2 x 2m erfolgte mit Zollstäben, die Flächen wurde mit Maßbändern geviertelt und die Anzahl der Pflanzen erhoben.

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Abbildung 22: Dauerquadrat am Oberen Fuchshäufel

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Die 200m 2 großen Transekte wurden mit Maßbändern abgemessen und mit diesen an den Rändern mit Heringen fixiert. Für die Erfassung wurde die Fläche mit Zollstöcken in 2m breite Bahnen geteilt und die Pflanzen wiederum getrennt nach blühenden Individuen und Rosetten mit Zwischenergebnissen für Abschnitte von 20m 2 gezählt (Abb. 23).

© El-Heliebi Abbildung 23: Transekt am Oberen Fuchshäufel (abgesteckter Teilbereich)

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5 ERGEBNISSE

5.1 Ergebnisse zu den Tests des Reproduktionssystems

5.1.1 Bestäuber und Blütenbesucher von A. coriophora

Die im Untersuchungsgebiet beobachteten Bestäuber stammten aus den Ordnungen der Hymenopteren, Coleopteren und Dipteren. Aus der Ordnung der Hymenopteren wurden insgesamt 12 Individuen von Apis mellifera (Honigbiene) beobachtet (Tab. 5), welche oft mehrere Blüten derselben Pflanze mit einer Vielzahl anhaftender Pollinarien bestäubten (Abb. 24).

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Abbildung 24: Honigbienen als Bestäuber von A. coriophora

Diese Beobachtung konnte auch bei drei Individuen von Lasioglossum xanthopus (Gelbbein-Schmalbiene) gemacht werden, welche ebenfalls jeweils mehrere Blüten pro Infloreszenz mit vielen anhaftenden Pollinarien besuchten und bestäubten (Abb. 25).

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Abbildung 25: Lasioglossum xanthopus (Gelbbein-Schmalbiene)

Weiters konnten aus der Familie der Apidae zwei bestäubende Hummelarten nachgewiesen werden: Von Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel, Abb. 26) wurden drei bestäubende Individuen und von B. humilis (Veränderliche Hummel, Abb. 27) ein Individuum auf A. coriophora beobachtet. Beide Arten bestäubten zwar mehrere Blüten pro Infloreszenz, verweilten aber nur sehr kurz auf den Pflanzen.

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© El-Heliebi © El-Heliebi Abbildung 26 : Bombus terrestris (D unkle Erdhummel)

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Abbildung 27: Bombus humilis (Veränderliche Hummel)

Außer Hymenopteren wurden auch zwei Bestäuber aus der Ordnung der Coleopteren eruiert: Von Oedemera femorata (Gemeiner Scheinbockkäfer, Abb. 28) konnten sogar 14 Individuen an unterschiedlichen Tagen beobachtet werden, Oxythyrea funesta (Trauer- Rosenkäfer, Abb. 29) wurde insgesamt zwei Mal auf A. coriophora entdeckt.

Der am häufigsten beobachtete Bestäuber war somit Oedemera femorata ; dabei waren die meisten erfassten Individuen Männchen. Die Pflanze wurde auch als Paarungsort genutzt, wobei jeweils viele Individuen dieser Käferart auf A. coriophora gleichzeitig auf den Blüten bzw. in der näheren Umgebung der Pflanzen angetroffen wurden. Ein am Fuchshäufel fotografiertes Käfermännchen hatte nach der Entnahme mehrerer Pollinarien Probleme beim Fliegen. Der Käfer musste mehrfach und in kurzen Abständen auf anderen Pflanzen zwischenlanden und versuchte vergebens, die störenden Pollinarien abzustreifen, welche jedoch am Pollentransporteur haften blieben. Insgesamt wurde diese Käferart durch die Beobachtungen sehr leicht gestört.

Die Individuen von Oxythyrea funesta bestäubten mehrere Blüten pro Pflanze, auch diese Käferart wurde durch die Beobachtungen leicht gestört.

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© El-Heliebi © El-Heliebi Abbildung 28 : Oedemera femorata (Gemeiner Scheinbock käfer), r echts mit entnommenen Pollinarien

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Abbildung 29: Oxythyrea funesta (Trauer-Rosenkäfer), rechts mit entnommenen Pollinarien

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Aus der Ordnung der Dipteren konnte die umgangssprachlich als „Mistbiene“ bezeichnete Schwebfliegenart Eristalis tenax (Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege) als Bestäuber (Abb. 30), sowie aus der Familie der (Raupenfliegen) als potenzieller Bestäuber (Abb. 31) identifiziert werden. Diese beiden Arten wurden jeweils einmal beobachtet, besuchten systematisch mehrere Blüten auf einer Infloreszenz und verweilten insgesamt aber nur kurz auf A. coriophora. Wie die meisten blütenbesuchenden Fliegen nutzt E. tenax die Geschmacksrezeptoren der Füße, um zur gewünschten Nahrungsquelle zu gelangen (Flügel, 2013).

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Abbildung 30: Eristalis tenax („Mistbiene“, Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege), rechts mit entnommenen Pollinarien

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Abbildung 31: Tachina fera (Igelfliege), potenzieller Bestäuber von A. coriophora

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Wie in Kapitel 3.5 (Reproduktionsbiologie und Bestäuber) beschrieben, wird A. coriophora von verschiedenen besuchenden Insekten auch als Teillebensraum genutzt, wobei die Blüten von A. coriophora verschiedenen Fliegenarten, Schmetterlingen und Käfern als Lebensraum und Nahrungsquelle (Pollen und Nektar) dienen. Ohne entsprechende Bestäubungsvorgänge zu vollziehen, können diese Insekten aus Sicht der Pflanze als Blütenbesucher bezeichnet werden.

Abbildung 32 zeigt eine Auswahl besuchender Insekten, welche im Untersuchungsgebiet auf verschiedenen Individuen von A. coriophora erfasst wurden.

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Abbildung 32: Besuchende Insekten von A. coriophora am Fuchshäufel Oben v. l. n .r.: Schnellkäfer (Familie der Elateridae); Phyllopertha horticola (Gartenlaubkäfer) Unten v. l. n. r: häufig beobachtete Fliegenart und Bläuling

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Die Bestäubung bzw. der Besuch durch die mehrfach zitierte Lygaeus saxatilis (Berger, 2007a; Dornhecker zit. nach Vöth, 1999, mündl. Mitteilung; Presser, 2000) konnte am Fuchshäufel nicht mit Sicherheit bestätigt, aber vermutet werden. Die beobachtete Wanze, welche gleichzeitig mit einem Gartenlaubkäfer ( Phyllopertha horticola ) auf A. coriophora anzutreffen war, wurde durch die Beobachtung jedoch gestört und verließ die Pflanze unmittelbar danach. Phyllopertha horticola wurde drei Mal beim Besuch von A. coriophora auf der Suche nach Nektar bzw. beim Pollenfraß beobachtet. Diese Käferart verweilte von allen beobachteten Insekten am längsten auf den Pflanzen und ließ sich auch bei genauerer Betrachtung nicht beim Fressen stören. Weiters wurden drei Individuen einer Käferart aus der Familie der Elateridae (Schnellkäfer) sowie mehrere Fliegenarten beobachtet.

Dass das Leben der Bestäuber und Besucher von A. coriophora jedoch nicht ungefährlich ist, beweist Abbildung 33 mit zwei am Fuchshäufel fotografierten Krabbenspinnenarten, welche die Pflanze als Jagdrevier nutzen: Misumena vatia (Veränderliche Krabbenspinne) in gelber „Tarnfarbe“ mit einer erbeuteten Honigbiene und ein Männchen der Gehöckerten Krabbenspinne, Thomisus onustus , auf der Jagd nach Insekten.

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Abbildung 33 : Krabbenspinnen ( Thomisidae ) auf A. coriophora am Fuchshäufel Oben l. u. r.: Weibchen der Veränderliche Krabbenspinne mit erbeuteter Honigbiene Rechts unten: Thomisus onustus -Männchen auf der Lauer

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Misumena vatia und Thomisus onustus sind Lauerjäger, welche ihre Beute vor allem auf Blütenständen sitzend jagen. Da das Gift dieser Krabbenspinnenarten innerhalb kürzester Zeit durch sofortige Lähmung tödlich wirkt, können sie auch bedeutend größere und wehrhafte Insekten wie Honigbienen, Hummeln oder Wespen gefahrlos erbeuten, ohne dabei selbst gestochen zu werden. Aufgrund der Fähigkeit, ihre Körperfarbe aktiv dem Untergrund anzupassen, tarnen sich diese Spinnenarten durch die Nachahmung der Blütenfarben, wobei das Farbspektrum von Violett über Gelb zu Gelblich-Grün bis Weiß reicht. Der Grad der Tarnung ist dabei je nach Farbe der Blüten allerdings sehr unterschiedlich (Chittka 2001; Flügel, 2013).

Die beobachteten Arten einschließlich der Beobachtungshäufigkeiten werden in Tabelle 5 getrennt nach Bestäubern, potenziellen Bestäubern und besuchenden Insekten angeführt.

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Tabelle 5: Beobachtete Insektenarten auf A. coriophora am Fuchshäufel 2014 (Bestäuber, potenzielle Bestäuber und Besucher)

Name des Insektes Ordnung Verhalten Anzahl der Beobachtungen Oedemera femorata Coleoptera Bestäuber 14 Scopoli 1763 (Gemeiner Scheinbockkäfer) Oxythyrea funesta Coleoptera Bestäuber 2 Poda 1761 (Trauer-Rosenkäfer) Eristalis tenax Diptera Bestäuber 1 Linnaeus 1758 („Mistbiene“, Scheinbienen- Keilfleckschwebfliege) Apis mellifera Hymenoptera Bestäuber 12 Linnaeus 1758 (Honigbiene) Bombus humilis Hymenoptera Bestäuber 1 Illiger 1806 (Veränderliche Hummel) Bombus terrestris Hymenoptera Bestäuber 3 Linnaeus 1758 (Dunkle Erdhummel) Lasioglossum xanthopus Hymenoptera Bestäuber 3 Kirby 1802 (Gelbbein-Schmalbiene) Tachina fera Diptera potenzieller 1 Linnaeus 1761 Bestäuber (Igelfliege) Misumena vatia Araneae Besucher 1 Clerck 1757 (Pflanze als (Veränderliche Krabbenspinne) Jagdrevier) Thomisus onustus Araneae Besucher 1 Walckenaer 1805 (Pflanze als (Gehöckerte Krabbenspinne) Jagdrevier) Elateridae sp. Coleoptera Besucher 3 (Schnellkäfer) Phyllopertha horticola Coleoptera Besuche r 3 Linnaeus 1758 (Gartenlaubkäfer) Bläuling Lepidoptera Besucher 2

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5.1.2 Bestäubungsexperimente

In Summe wurden die Inhalte von 55 Säckchen aus den Testgruppen zu Agamospermie (AS; Entfernung der Pollinarien unter Ausschluss von Bestäubern), spontaner Selbstbestäubung (spSB; keine Entfernung der Pollinarien unter Ausschluss von Bestäubern) und manueller Selbstbestäubung (mSB; Entfernung der Pollinarien unter Ausschluss von Bestäubern und manuelle Bestäubung mit Pollen einer anderen Blüte derselben Pflanze), manueller Kreuzbestäubung (mKB; Entfernung der Pollinarien unter Ausschluss von Bestäubern und manuelle Bestäubung mit Pollen einer anderen Pflanze) sowie 12 Kapseln der Kontrollgruppe (KG; offene Bestäubung unter natürlichen Bedingungen) analysiert (n=67). Details zur Kapselbildung der jeweiligen Bestäubungsexperimente können Abbildung 34 entnommen werden.

16 15 14 14 13 12 12

10 9

8

nKapseln 6

4 3

2 1 0 0 0 0 AS spSB mSB mKB KG

¢ Kapselbildung ¢ keine Kapselbildung; AS = Agamospermie; spSB = spontane Selbstbestäubung; mSB = manuelle Selbstbestäubung; mKB = manuelle Kreuzbestäubung; KG = Kontrollgruppe

Abbildung 34: Ergebnisse zur Kapselbildung je Bestäubungsexperiment

Bei den unbestäubten Blüten der Testgruppe auf Agamospermie konnte keine Kapselbildung festgestellt werden (14 Manipulationen, 0% Kapselbildung). In weiterer Folge wird daher auf die grafische Darstellung dieses Bestäubungsexperimentes verzichtet.

In den Testgruppen zur Selbstbestäubung konnte in der Gruppe der spSB bei 83% der manipulierten Blüten (15 von 18) eine Kapselbildung dokumentiert werden, allerdings waren die meisten Kapseln schlecht entwickelt bzw. klein und teilweise verkümmert. Im Gegensatz dazu bildeten in der Gruppe der mSB fast 93% der manipulierten Blüten (13 von 14) Kapseln unterschiedlicher Größe aus.

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Die kreuzbestäubten Kapseln der Gruppe der mKB waren alle normal bzw. gut ausgebildet (9 Kapseln, 100% Kapselbildung). Die 12 als Vergleichsbasis gewählten Kapseln aus der offenen Bestäubung (KG) waren ebenfalls normal bzw. gut entwickelt.

Für die statistischen Tests wurde ein Signifikanzniveau α=0,05 angenommen. Kapsellängen, –breiten, -gewicht und Samenvitalität wurden mithilfe des Kolmogorov- Smirnov-Anpassungstests auf Normalverteilung getestet, wobei sich der Parameter der Kapselbreite als einziger signifikant von einer Normalverteilung unterschied (siehe Anhang Tab. 8). Die Messergebnisse zu Kapsellängen und -gewicht aus den Testgruppen der spontanen Selbstbestäubung (2) und manuellen Selbstbestäubung (3) sowie der manuellen Kreuzbestäubung (4) und der Kontrollgruppe aus natürlich bestäubten Pflanzen (5) werden in den Abbildungen 35 und 36 dargestellt.

Hinsichtlich der Kapsellänge (Univariate ANOVA; p<0,001) unterschied sich die Testgruppe der spontanen Selbstbestäubung (2) signifikant von allen anderen Bestäubungsexperimenten (paarweiser Vergleich durch Tamhane Post-Hoc-Test), die übrigen Gruppen 3, 4 und 5 waren untereinander nicht statistisch signifikant verschieden (Abb. 35). Ähnlich ausgeprägte Kapsellängen wurden beim Vergleich der Mediane zwischen den Gruppen 3 und 4 festgestellt. Die längsten Kapseln fanden sich in der Gruppe 5 aus offener Bestäubung unter natürlichen Bedingungen.

a b b b

[mm]

Manipulation: 2 = spSB, 3 = mSB, 4 = mKB, 5 = KG Abbildung 35: Kapsellängen in Millimeter je Bestäubungsexperiment (n=67)

60

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Beim Kapselgewicht (Univariate ANOVA; p=0,006) (Abb. 36) stellten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Manipulationen zu spontaner Selbstbestäubung (2) und manueller Kreuzbestäubung (4) heraus (Tamhane Post-Hoc-Test). Gruppe 2 zeigte dabei den niedrigsten Median im Vergleich mit allen anderen Gruppen. Keine signifikanten Unterschiede wurden zwischen den Kapselgewichten der Gruppe 3, 4 und 5 festgestellt, jedoch wies die Gruppe der manuellen Kreuzbestäubung (4) hinsichtlich des Kapselgewichtes den höchsten Median auf.

a ab ab b

[g]

Manipulation: 2 = spSB, 3 = mSB, 4 = mKB, 5 = KG Abbildung 36: Kapselgewichte in Gramm je Bestäubungsexperiment (n=67)

Eine tatsächliche Ausbildung von Samen wurde bei der weiterführenden Auswertung nicht in allen Orchideenkapseln nachgewiesen; diese Kapseln wurden aus der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Samen der übrigen Kapseln (n=49) wurden nach Testgruppen getrennt untersucht, wobei die Samenbildung in der Gruppe der spSB bei nur 20% lag (n=3, keine Samenbildung in 12 von 15 Kapseln). In den Kapseln der mSB konnte in 10 von 13 Kapseln Samen nachgewiesen werden (77% Samenbildung). Sowohl in der Gruppe der mKB (n=9) als auch in den Kapseln der KG (n=12) wurde die Ausbildung von Samen in allen Kapseln (100%) dokumentiert (Abb. 37).

61

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

14

12 12 12

10 10 9

8

6 nKapseln

4 3 3

2

0 0 0 spSB mSB mKB KG

¢ Samenbildung ¢ keine Samenbildung; spSB = spontane Selbstbestäubung; mSB = manuelle Selbstbestäubung; mKB = manuelle Kreuzbestäubung; KG = Kontrollgruppe

Abbildung 37: Samenbildung in Kapseln aus Bestäubungsexperimenten (n=49)

5.1.3 Ergebnisse der Vitalitätstests

Im Zuge der Tetrazoliumtests zur Samenvitalität wurden die Samen aus 49 Kapseln getrennt nach Bestäubungsexperimenten (aufgrund mangelnder Kapselbildung ohne Berücksichtigung des Tests auf Agamospermie) und der Kontrollgruppe analysiert. Bei der statistischen Analyse der Samenvitalität (Univariate ANOVA; p=0,033) stellten sich zum Teil große Unterschiede in Hinblick auf die prozentuellen Vitalitätsanteile in Abhängigkeit der durchgeführten Tests heraus (Abb. 38), insbesondere zeigten die Samen nach spontaner Selbstbestäubung (2) mit einem Median von ca. 18% die mit Abstand niedrigsten Anteile vitaler Embryos. Eine statistisch signifikant verringerte Samenvitalität ergab sich im Vergleich mit den beiden Gruppen 4 (mKB) aus kreuzbestäubten Pflanzen und 5 (KG) aus offener Bestäubung (Tamhane Post-Hoc-Test).

62

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

ab b b

a

Manipulation: 2= spSB, 3= mSB, 4=mKB, 5=KG Abbildung 38: Anteile der Samenvitalität aus Bestäubungsexperimenten in Prozent (n=49)

Für die Samenvitalität aus selbstbestäubten Blüten ergaben sich in Gruppe 3 (mSB) mit einem Median von 45% deutlich höhere Anteile vitaler Samen als in Gruppe 2 (spSB) mit einem Vitalitätsanteil von 18%. Die Resultate des Tests aus manueller Selbstbestäubung unterschieden sich jedoch bedingt durch ihre große Streuung nicht signifikant von den übrigen Gruppen (Abb. 38).

Die Manipulationen zur Kreuzbestäubung der Gruppe 4 und der Kontrollgruppe aus offener Bestäubung (5) zeigten beim Vergleich der Mediane die höchsten Prozentsätze (58-60%) normal entwickelter Embryos in den Samen der getesteten Kapseln und damit die höchsten Vitalitätswerte, wobei kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen diesen beiden Testgruppen festgestellt werden konnte.

63

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

5.1.4 Messergebnisse der Pollinarienabsenkzeiten (Bending-Zeiten)

Für die Messungen der Pollinarienabsenkzeit von A. coriophora am Fuchshäufel ergab sich ein Mittelwert (MW) von 18,8s sowie eine Standardabweichung (Stabw) von 5,76s von Beginn der Messungen (0s) bis zum Ende der Absenkbewegung der Pollinarien (Bending-Ende). Der eigentliche Bending-Vorgang dauerte dabei durchschnittlich 14,3s (±5,2s; Tab 6).

Tabelle 6: Messergebnisse zur Pollinarienabsenkung von A. coriophora am Fuchshäufel

n Bending -Beginn Bending -Ende Bending -Vorgang

[sec] [sec] [sec] 1 8,00 15,00 7,00 2 4,00 14,00 10,00 3 3,00 12,00 9,00 4 6,00 20,00 14,00 5 4,00 30,00 26,00 6 4,50 20,00 15,50 7 5,00 22,00 17,00 8 12,00 28,00 16,00 9 2,00 18,00 16,00 10 4,00 24,00 20,00 11 2,00 19,00 17,00 12 1,00 11,00 10,00 13 7,00 24,00 17,00 14 1,00 18,00 17,00 15 1,00 19,00 18,00 16 25,00 29,00 4,00 17 4,00 20,00 16,00 18 1,00 12,00 11,00 19 4,00 18,00 14,00 20 3,00 11,00 8,00 21 4,00 20,00 16,00 22 3,00 23,00 20,00 23 2,00 18,00 16,00 24 2,00 23,00 21,00 25 1,00 10,00 9,00 26 3,00 10,00 7,00

MW 18,77 14,29 Stabw 5,76 5,15

64

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

5.2 Monitoringergebnisse

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Bestände von A. coriophora getrennt nach blühenden Individuen und Rosetten in den Dauerbeobachtungsflächen am Fuchshäufel im Untersuchungsjahr 2014 erfasst. Die Ergebnisse sowie der Entwicklungstrend dieser Orchideenart im Untersuchungsgebiet werden in Tabelle 7 zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 7: Monitoringergebnisse 2014 und Entwicklungstrend am Fuchshäufel seit 2008

Untersuchte Flächen Blühende Individuen Rosetten Gesamt Trend seit 2008*

Oberes Fuchshäufel

2 TRANSEKTE T4 1109 209 1318 +++ T5 628 66 694 ++

8 DAUERQUADRATE DQ III/2 21 16 37 +++ L1 21 8 29 ++ DQ I/1 20 25 45 + DQ III/1 11 8 19 + DQ I/2 13 5 18 + DQ III/3 12 18 30 + DQ 2 10 4 14 + DQ I/3 9 11 20 +

Unteres Fuchshäufel

2 TRANSEKTE T2 91 31 122 +++ T1 86 40 126 ++

5 DAUERQUADRATE DQ 1 19 2 21 ++ DQ IV/4 ** 9 0 9 + DQ II/2 1 1 2 + DQ II/4 1 0 1 0 DQ IV/2 1 1 2 -

+++ starke Zunahme, ++ Zunahme, + leichte Zunahme, 0 gleichbleibender Bestand, - leichte Abnahme * Datenquelle zur Einschätzung der Bestandsentwicklung 2008-2011: Grass und Seiberl (2012) Datenquelle zur Einschätzung der Bestandsentwicklung 2012: INF (2012, unveröffentl.) ** Datenquelle zur Einschätzung der Bestandsentwicklung 2009-2011: Grass und Seiberl (2012)

2014 erwies sich als außerordentlich starkes Orchideenjahr, welches aufgrund der beeindruckenden und seit Monitoringbeginn mit der höchsten beobachteten Anzahl blühender Individuen (82%) von A. coriophora auffiel. Auf den Dauerbeobachtungsflächen

65

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora des Oberen und Unteren Fuchshäufels (4 Transekte mit je 200m 2 Größe und 13 Dauerquadrate mit je 1,5x1,5m) wurden auf einer Gesamtfläche von 1.180,25 m 2 in Summe 2.507 Individuen erfasst.

Betrachtet man 2008 als Ausgangssituation im Vergleich mit den vorliegenden Ergebnissen der 2014 durchgeführten Zählungen, so zeigten alle Beobachtungsflächen eine Zunahme von A. coriophora , mit Ausnahme der Dauerquadrate II/4 und IV/2. Die deutlichsten Zunahmen konnten im Transekt T4 und dem Dauerquadrat DQ III/2 am Oberen Fuchshäufel sowie im Transekt T2 und dem Dauerquadrat DQ 1 am Unteren Fuchshäufel verzeichnet werden (Tab. 7). Aus diesen Resultaten lässt sich ein positiver Entwicklungstrend hinsichtlich der gesamten Individuenzahl am Fuchshäufel ableiten, woraus insgesamt auf ein Populationswachstum im Untersuchungsgebiet geschlossen werden kann.

In den folgenden Kapiteln werden ausgewählte Resultate der Transekte und Dauerquadrate mit der bemerkenswertesten Bestandsentwicklung am Oberen und Unteren Fuchshäufel dargestellt sowie ein Vergleich zwischen der Situation blühender und vegetativer Pflanzen gezogen. Die Zählergebnisse der nur zur Hälfte ausgezählten Dauerbeobachtungsflächen (T1 und T5) des Jahres 2012 (INF, 2012, unveröffentl.) wurden zur einfacheren Vergleichbarkeit der Daten verdoppelt. Die restlichen erfassten Dauerquadrate werden in Abb. 49 - 57 dargestellt (siehe Anhang).

5.2.1 Ausgewählte Ergebnisse für das Obere Fuchshäufel (2008-2014)

5.2.1.1 Transekte 4 und 5

In den Transekten T4 und T5 des Oberen Fuchshäufels wurde eine Zunahme von A. coriophora beobachtet (Abb. 39 und 40), zudem konnte im Jahr 2014 in beiden Transekten ein vermehrtes Auftreten von blühenden Pflanzen verzeichnet werden, wobei die Individuenzahl in Transekt 4 im Laufe der Jahre stärker anstieg als in Transekt 5.

Die Zahl der Pflanzen in Transekt 4 stieg von 322 im Jahr 2008 auf in Summe 1318 gezählte Individuen im Jahr 2014, von welchen über 84% blühten (Abb. 39).

66

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

1400

1200

1000

800

600

INDIVIDUENZAHL 400

200

0 2008 2009 2010 2011 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012)

Abbildung 39: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 4

In Transekt 5 stieg die Zahl der erfassten Pflanzen von 226 im Jahr 2008 auf 694 Individuen in 2014, der große Anteil blühender Individuen von über 90% ist in Abbildung 40 gut erkennbar.

800 700 Brand 600 500 400 300

INDIVIDUENZAHL 200 100 0 2008 2009 2010 2011 2012* 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.) * Zählergebnis für 2012 hier verdoppelt dargestellt

Abbildung 40: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 5

Ausgehend von einer benachbarten, schon leicht verbuschten Fläche konnte der Austrieb von mehreren jungen Robinienschösslingen in Transekt 5 festgestellt werden (Abb. 41).

67

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

© El-Heliebi

Abbildung 41: Junge Robinienschösslinge in Transekt 5 am Oberen Fuchshäufel

5.2.1.2 Dauerquadrate DQ III/2 und L1

Das Dauerquadrat mit der stärksten Zunahme am Oberen Fuchshäufel war DQ III/2 mit einem Anstieg von 8 auf 37 Pflanzen zwischen 2008 und 2014 (Abb. 42), wovon im Monitoringjahr 2014 mehr als die Hälfte in Blüte standen.

40

35 Brand

30

25

20

15

INDIVIDUENZAHL 10

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 42: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/2

68

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Die zweitstärkste Zunahme der Individuenzahl von A. coriophora in Dauerquadraten des Oberen Fuchshäufels konnte auf dem ehemaligen Schaflagerplatz L1 (Abb. 43) beobachtet werden (Anstieg von 10 auf 29 Pflanzen zwischen 2008 und 2014), wovon insgesamt 72,4% der Pflanzen im Jahr 2014 blühten.

35

30

25 Brand

20

15

INDIVIDUENZAHL 10

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 43: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat L1

5.2.2 Ausgewählte Ergebnisse für das Untere Fuchshäufel (2008-2014)

5.2.2.1 Transekte 1 und 2

In den beiden Transekten 1 und 2 (T1 und T2) des Unteren Fuchshäufels konnte eine Zunahme von A. coriophora beobachtet werden, wobei im Laufe der Jahre in T2 die stärkere Bestandszunahme festgestellt wurde.

In T1 stieg die Zahl der Pflanzen im Jahr 2008 von 42 auf in Summe 126 Individuen im Jahr 2014; die Zahl der blühenden Individuen betrug 68,2% (Abb. 44).

69

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

140

120

100 Brand

80

60

INDIVIDUENZAHL 40

20

0 2008 2009 2010 2011 2012* 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.) * Zählergebnis für 2012 hier verdoppelt dargestellt

Abbildung 44: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 1

In T2 wurde zwischen 2008-2014 eine deutliche Steigerung von 14 auf in Summe 122 Pflanzen verzeichnet, wovon im Jahr 2014 ca. 74,6% blühten (Abb. 45), womit T2 von allen Transekten des Fuchshäufels den stärksten Anstieg von Pflanzenindividuen aufweist.

140

120

100

80

60

INDIVIDUENZAHL 40

20

0 2008 2009 2010 2011 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen; Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012)

Abbildung 45: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 2

70

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

5.2.2.2 Dauerquadrat DQ 1

Im Dauerquadrat 1 (DQ 1) des Unteren Fuchshäufels wurde ein Anstieg von 7 auf 21 Individuen verzeichnet, wovon über 90% der gezählten Pflanzen im Jahr 2014 blühten (Abb. 46). In diesem Dauerquadrat wurden wiederum junge Robinienschösslinge beobachtet.

25

20

15

10 INDIVIDUENZAHL 5

0 2008 2009 2010 2011 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen; Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012)

Abbildung 46: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat 1

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6 DISKUSSION

6.1 Welche Insekten bestäuben und besuchen A. coriophora ?

Insgesamt wurden anhand der Bestäubungsbeobachtungen im Jahr 2014 sieben bestäubende Insektenarten (insgesamt 36 Individuen) von A. coriophora identifiziert. Davon waren mehr als die Hälfte Hymenopteren (52,8% der bestäubenden Individuen; vgl. Abb. 47), darüber hinaus konnten aber auch Coleopteren (44,4%) und Dipteren (2,8%) als Bestäuber der Art ermittelt werden. Die Annahme, dass die häufigsten Bestäuber von A. coriophora aus der Ordnung der Hymenopteren stammen (Berger, 2007a, 2007b; Dafni und Ivri, 1979; Paulus, 2005) wurde beim Vergleich der Ergebnisse der Bestäubungsbeobachtungen mit der Literaturrecherche somit bestätigt (vgl. Tab. 2, 3 und 5).

16

14

12

10

8

6 Individuenzahl 4

2

0 Apis Lasioglossum Bombus Bombus Oedemera Oxythyrea Eristalis mellifera xanthopus terrestris humilis femorata funesta tenax Hymenoptera Coleoptera Diptera

Abbildung 47: Bestäuber von A. coriophora im Untersuchungsgebiet

Bestäubungsbeobachtungen aus der Familie der Zygaenidae wurden am Fuchshäufel nicht gemacht, obwohl verschiedene Arten dieser Familie als Bestäuber von A. coriophora und ihrer mediterranen Unterart beschrieben wurden (Berger, 2007b; Dafni und Ivri, 1979), wie z.B. das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae ) (Scappaticci und Michelot, 1998), welches auch die Trockenrasenflächen und Auwiesen im Nationalpark Donau-Auen besiedelt (Nationalpark Donau-Auen, 2015b).

Dass A. coriophora außer Sandbienen und Hummeln insbesondere Käfer, Fliegen und Wanzen als Bestäuber und Besucher anzieht (vgl. Berger, 2004; 2006; 2007a; 2007b; Loew, 1905; Presser, 2000; Reinhard et al., 1991; Vöth, 1999), während die duftende Unterart ssp. fragrans hauptsächlich von Bienen (insbesondere von A. mellifera ) und

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Hummeln bestäubt wird (vgl. Berger, 2004, 2007b; Dafni und Ivri, 1979; Landwehr, 1982; Mrkvicka zit. nach Vöth, 1999, mündl. Mitteilung; Paulus, 2005; Peisl und Forster, 1975) wurde unter anderem von Presser (2000) zusammenfassend erwähnt.

Diese Aussage konnte nicht bestätigt werden, da beim Vergleich der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit der Literaturrecherche zwischen Bestäubern der verschiedenen Ordnungen keine augenscheinlichen Unterschiede oder „Vorlieben“ für A. coriophora ssp. coriophora oder die duftende Unterart ssp. fragrans festgestellt wurden. Beide Unterarten werden von einem breiten Bestäuberspektrum von Insekten der erwähnten Ordnungen gleichermaßen aufgesucht (vgl. Tab. 2, 3 und 5). Dabei treten Hymenopteren erwartungsgemäß als häufigste Bestäuber auf, allerdings scheint die Pflanze für bestimmte Käferarten sehr attraktiv zu sein. Die Beobachtung, dass der verströmte Pflanzenduft einiger Orchideenarten Substanzen inkludiert, welche für bestimmte Dipteren und Coleopteren stimulierend wirken, wurde schon von Van der Cingel (1995) beschrieben.

Nach Berger (2007a) steht der umgangssprachliche Name „Wanzenknabenkraut“ jedoch nicht in direkter Verbindung mit dem Blütenduft. Vielmehr ähnelte die Form der Lippen, die Größe und insbesondere die Farbe der Blüten bestimmten Wanzen der Familie der Pentatomidae (Baumwanzen) oder Scutelleridae (Schildwanzen), weshalb deren morphologische Ähnlichkeit eine Rolle in der Namensgebung dieser (Wanzen „tragenden“) Orchideenart spielte. Die Wahrnehmung eines intensiven Blattwanzengeruchs (Perko, 2004; Presser, 2000) wurde bei Pflanzen der Population am Fuchshäufel nicht bestätigt, allerdings wird der für A. coriophora sehr spezifische und etwas herbe Pflanzengeruch vermutlich von den meisten Menschen nicht als wohlduftend eingestuft.

Aus der großen Ordnung der Coleopteren sind hierzulande vergleichsweise wenige Vertreter als Blütenbestäuber bekannt und der Blütenbesuch ist oft auf Pollenfraß beschränkt. Dabei haben Käfer mit ihren beißend-kauenden Mundwerkzeugen häufig eine destruktive Wirkung in den Blüten (Flügel, 2013; Leins und Erbar, 2008). Dennoch konnte Cantharophilie (Käferbestäubung) bei A. coriophora am Fuchshäufel durch die beiden für die Pflanze als bisher noch nicht erfassten bestäubenden Käferarten Oedemera femorata (Gemeiner Scheinbockkäfer) und Oxythyrea funesta (Trauer-Rosenkäfer) festgestellt werden. Da Käfer wahrscheinlich zu einer der frühesten Bestäubergruppen von Blütenpflanzen zählen (Flügel, 2013; Leins und Erbar, 2008; Paulus, 2005) und es sich nach Meinung von Strack et al. (1989) bei A. coriophora um eine aus stammesgeschichtlicher Sicht sehr frühe Art handelt (Reinhard et al., 1991), ist die Bedeutung von Coleopteren im Reproduktionssystem von A. coriophora möglicherweise nicht zu vernachlässigen. Dabei liegt die Schlussfolgerung nahe, dass neben einer

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

(geografischen) Barrierebildung zwischen voneinander entfernten Populationen (Kretzschmar et al., 2007) auch Übergänge zwischen Cantharophilie und Melittophilie eine Rolle bei der Entstehung der duftenden Unterart ssp. fragrans spielten. Dennoch ist der hohe Fruchtansatz beider Unterarten heute mehrheitlich auf die Bestäubung durch Hymenopteren zurückzuführen, wonach vornehmlich unspezialisierte Hymenopteren aus der Familie der Apidae und solitäre Bienen die häufigsten Bestäuber sind.

Vöth (1999) deutete den gegensätzlichen Duft von Pflanzenindividuen zwischen entfernt stehenden Populationen als mögliche Strategie der Pflanze zur Sicherung der Reproduktion am jeweiligen Standort, um die jeweils vorherrschende Insektenart zur Bestäubung anzulocken. Diesbezügliche interessante Aspekte werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert.

6.1.1 Hymenopteren als Bestäuber

Einige der Vertreter aus der Familie der Apidae , welche auch am Fuchshäufel beobachtet wurden (vgl. Tab. 5), gingen auch aus der Literaturrecherche hervor. Neben den oft als Bestäuber erwähnten Honigbienen und Hummeln waren dies Wildbienen der Gattung Lasioglossum (vgl. AHO Hrsg., 2005).

Da verwandte Bestäuber auf die funktionelle Morphologie der von ihnen bestäubten Blüten eine ähnliche Selektion ausüben, können bei Kenntnis bestimmter Bestäubungssyndrome Rückschlusse auf die jeweilige Blütenbestäuber-Gruppe gezogen werden. Die daraus resultierenden charakteristischen Merkmale wie Blütenduft, -farbe und Nahrungsangebot wirken für die betreffenden Bestäubergruppen als Locksignale (Vogel, 1954 zit. nach Paulus, 2005). Vorwiegend bienenbestäubte (melittophile) Blütentypen weisen dabei oft eine weiße, gelbe, purpurn oder rötlich-grünlich Blütenfarbe auf und haben einen süßlich- vanilleartigen Duft, weshalb A. coriophora nach der Meinung von Paulus (2005) neben anderen mitteleuropäischen Orchidaceae wie Himantoglossum, Spiranthes und Goodyera zu den melittophilen Orchideenarten mit (sehr) wenig Nektar zählt.

Die Merkmalsausprägung von Blüten ist bestimmten Blumen-Syndromen zuzuordnen, wobei sich im Laufe der Evolution der Blütenpflanzen gekoppelt mit den entsprechenden Bestäubergruppen verschiedene Tierblumen-Syndrome entwickelten. Auch beim Bienenblumen-Syndrom werden die Düfte fast ausschließlich als angenehm beschrieben (z.B. Parfüm- oder Honigdüfte), während das Käferblumen-Syndrom große und offene Blumen mit oft weißen, bräunlichen oder roten Blütenfarben und faulig-fruchtigen Düften beschreibt, wobei Nektar entweder fehlt oder frei zugänglich ist (Leins und Erbar, 2008).

74

Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora

Peisl und Forster (1975) bezeichneten die wohlriechende mediterrane A. coriophora ssp. fragrans als eine der „typischen Bienenblumen mit Nektar “, welche einen weiten Kreis von Hymenopteren unterschiedlicher Größe anspricht, wobei kein einzelner, spezifischer Bestäubungspartner zu existieren scheint. Diese Erkenntnis deckt sich zum Teil mit den Beobachtungen von Dafni und Ivri (1979) bei Beständen von ssp. fragrans im Norden Israels, welche an heißen Tagen hauptsächlich von Apis mellifera aus benachbarten kultivierten Bienenstöcken und anderen meist aus der Familie der Apidae stammenden Insekten bestäubt wurden. Aufgrund des allgegenwärtigen Vorkommens und dank ihrer großen Lernfähigkeit tritt A. mellifera auch in unserer an Wildbienen verarmten Kulturlandschaft oft als wichtiger Bestäuber vieler Orchideenarten auf (Paulus, 2005).

Im Gegensatz zu A. mellifera ist Lasioglossum xanthopus eine solitär lebende Wildbienenart, welche ihren Vorkommensschwerpunkt in extensiv bewirtschafteten Lebensräumen hat. In Deutschland wird die Art als gefährdet eingestuft. Sie nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde und nutzt sowohl Waldränder und Magerrasen als auch brachgefallene Schafweiden als Lebensräume (Westrich, 1990), weshalb die Heißlände am Fuchshäufel aus ökologischer Sicht optimale Lebensbedingungen für L. xanthopus bietet.

Die Beobachtung, dass A. coriophora von Hummeln bestäubt wird (Berger, 2004, 2007b; Schatz et al., 2005; Van der Cingel, 1995) wurde am Fuchshäufel durch die beiden Arten B. terrestris (Dunkle Erdhummel) und B. humilis (Veränderliche Hummel) bestätigt. B. terrestris ist ein Ubiquisit (d.h. in vielen unterschiedlichen Lebensräumen vorkommend). Da die Art jedoch dichte Wälder meidet, ist sie eher im Offenland zu finden. Als kurzrüsselige, polylektische Art erscheint sie bereits im zeitigen Frühjahr als Bestäuber von einer Vielzahl an Pflanzenarten (Hagen und Aichorn, 2014, Westrich, 1990) und ist verglichen mit B. humilis häufiger vorzufinden.

B. humilis ist eine langrüsselige, polylektische Hummelart, deren Vorkommen besonders in den letzten Jahren speziell in Nord- und Westdeutschland zurückgegangen ist. Heute sind die Völker dieser Art noch in Österreich, Süddeutschland und der Schweiz in wenig industrialisierten Gebieten und meist nur in naturbelassenen Lebensräumen zu finden. B. humilis duldet beim Besuch von Trachtpflanzen keine Hummeln anderer Arten. Für eine ungestörte Entwicklung benötigt die Veränderliche Hummel einschürige Wiesen und ist durch die heute üblichen frühen Mahdtermine bedroht (Hagen und Aichorn, 2014, Westrich, 1990), weshalb die durch Viehbeweidung erhaltene Heißlände am Fuchshäufel einen wertvollen Lebensraum dieser Art darstellt.

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Weitere oft genannte, aber nicht im Untersuchungsgebiet beobachtete Bestäuber von A. coriophora und ssp. fragrans sind die solitären Bienen Andrena sp. (Landwehr, 1982; Peisl und Forster, 1975; Reinhard et al., 1991) und Halictus sp. (Berger, 2004, Landwehr, 1982; Peisl und Forster, 1975) sowie verschiedene Holzbienenarten ( Xylocopa spp.) (Berger, 2004; Dafni und Ivri, 1979; Kretzschmar et al., 2007; Landwehr, 1982; Peisl und Forster, 1975). Die meisten dieser Bestäuber wurden dabei häufiger beim Besuch mehrerer Blüten und oft mit einer Vielzahl anhaftender Pollinarien beschrieben.

Die Behinderung durch eine große Anzahl anhaftender Pollinarien wurde von Vöth (1999) für ein Individuum der Gattung Sphecodes sp. (Blutbiene) beschrieben. Das Insekt, welches im Jahr 1975 beobachtet und fälschlich als Trielis villosa var. rubra determiniert (und oft zitiert) wurde, musste durch die Last der Pollinarien auf in der Flugrichtung liegenden Pflanzen pausieren (Vöth, 1999).

Aufgrund der Bestäubungsbeobachtung eines Sandbienenmännchens ( Andrena ) mit ausgestülptem Begattungsorgan auf Blüten von A. coriophora kamen Reinhard et al. (1991) zu dem Schluss, dass der Blütenduft der Pflanze auf bestimmte Insekten sexuell anziehend wirkt. Am Fuchshäufel wurden zwar keine Andrena -Arten als Bestäuber ermittelt, jedoch ist die Pflanze offenbar auch als Paarungsort für bestäubende Coleopteren der Gattung Oedemera attraktiv (siehe auch 5.1.1 und 6.1.1.2).

6.1.2 Coleopteren als Bestäuber und Besucher

Welche Insektenarten als tatsächliche Bestäuber auftreten, hängt unter anderem von den Regionen und ihren Standorttypen ab, wobei immer wieder andere als die üblichen Bestäuber (und Besucher), wie Schwebfliegen, Wanzen (z.B. Lygaeus saxatilis ) oder Käfer beobachtet werden (Paulus, 2005). Es finden sich in der Literatur auch Hinweise, wonach diese Tiere durch den spezifischen Duft von A. coriophora angezogen werden (Presser, 2000).

Dies trifft möglicherweise auch für Oedemera femorata zu, welcher von allen Bestäubern am Fuchshäufel am häufigsten auf Blüten von A. coriophora lokalisiert wurde; wobei verschiedene Individuen dieser Käferart auf Blüten bzw. in der näheren Umgebung der Pflanzen angetroffen wurden, um diese als Paarungsort zu nutzen. O. femorata wurde auch als Bestäuber von Dactylorhiza fuchsii (Fuchs-Knabenkraut bzw. -Fingerwurz) beschrieben (Vöth, 1999), welche in größerem Umfang von Coleopteren bestäubt wird (Paulus, 2005).

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Hinsichtlich der Blütenform ist die Länge der Mundwerkzeuge im Zusammenhang mit der Lage des Nektars ein bestimmender Faktor und stellt eine Koadaption als Ergebnis der Koevolution von Bestäubern und Blumen dar (Leins und Erbar, 2008). Dass sich solche Insekten mit unangepasst erscheinenden, beißend-kauenden Mundwerkzeugen unter den Besuchern und Bestäubern von A. coriophora und ssp. fragrans befinden, stellte schon Berger (2007b) fest. Demzufolge erreichen auch Insekten mit kurzen Mundwerkzeugen zumindest einen Teil des Nektars im Sporn von A. coriophora , da dieser an der Öffnung breit genug ist.

Insbesondere sind Coleopteren der Gattung Oedemera dank ihres schmalen Kopfes imstande, bei der Nahrungssuche weit genug in den Sporn einzudringen, wobei die Pollinarien am Thorax des Tieres angeheftet werden können. Trotz unangepasst erscheinender Mundwerkzeuge sind sie daher in der Lage, ein Auskreuzen der Pflanze zu fördern (Berger, 2007b), was am Fuchshäufel anhand der zahlreichen Beobachtungen von O. femorata bestätigt werden konnte.

Dass die Affinität mancher Insekten für A. coriophora neben dem spezifischen Pflanzenduft wohl auch auf optische Signale der Pflanze zurückzuführen ist, wurde am Fuchshäufel bei Oxythyrea funesta (Trauer-Rosenkäfer) beobachtet. Vermutlich wird diese gepunktete Käferart durch die ebenfalls gepunktete Lippe von A. coriophora angezogen (vgl. Abb. 29). Dieser in Südeuropa sehr aktive Blütenbesucher (Flügel, 2013), bestäubte einige Blüten pro Infloreszenz und flog mit einer Vielzahl anhaftender Pollinarien problemlos zur nächsten Pflanze weiter.

Keine entnommenen Pollinarien konnten bei den mehrfach auf Blüten angetroffenen Individuen von Phyllopertha horticola (Gartenlaubkäfer) und bei den beobachteten Schnellkäfern aus der Familie der Elateridae trotz längerer Aufenthaltsdauer auf A. coriophora festgestellt werden. Interessanterweise wurde P. horticola , wenngleich auch nur in geringem Umfang, als zusätzlicher Bestäuber von Ophrys holoserica (Hummelragwurz) beschrieben. Die sexuell erregten männlichen Tiere dieser Käferart tragen durch den Versuch, mit dem Labellum der Hummelragwurz zu kopulieren zur Bestäubung dieser Orchideenart bei (Paulus, 2005). Die Käfer-Individuen am Fuchshäufel wurden jedoch lediglich bei der Nahrungssuche beobachtet und wurden daher „nur“ als Blütenbesucher bzw. Pollen-Räuber eingestuft.

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6.1.3 Dipteren als Bestäuber und Besucher

Während die meisten Familien der Dipteren nicht primär an Blumen angepasst sind, zeigen einige Syrphidae (Schwebfliegen), Bombylidae (Wollschweber) und Tachinidae (Raupenfliegen) diesbezügliche Adaptionen. Als myiophil werden solche Blumen bezeichnet, welche an diese Dipteren angepasst sind (Van der Cingel, 1995; Van der Pijl und Dodson, 1966).

Von den vielen verschiedenen besuchenden Fliegenarten wurde ein Individuum von Eristalis tenax („Mistbiene“, Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege) aus der Familie der Syrphidae mit entnommenen Pollinarien fotografiert und dem breiten Bestäuberspektrum von A. coriophora ein weiterer „neuer“ Bestäuber hinzugefügt (vgl. Tab. 5). Obwohl Schwebfliegen eine wichtige Bestäubergruppe aus der Ordnung der Dipteren darstellen (Leins und Erbar, 2008) und mit E. tenax Myiophilie (Fliegenbestäubung) bei A. coriophora nachgewiesen werden konnte, dürfte diese Schwebfliegenart aufgrund der mangelnden Blütenstetigkeit jedoch nicht zu den herkömmlichen Bestäubern der Pflanze zählen. Zu diesem Ergebnis kam auch schon Vöth (2002), wonach die Mitnahme der Pollinarien von Orchideen durch Eristalis -Arten nicht dem üblichen Bestäubungsvorgang von Hummeln und Bienen entspricht. Dennoch könne eine Weitergabe des Pollens auf das Stigma der nächsten besuchten Blüte nach Ablauf der Bending-Bewegung erfolgen.

Aus der Familie der Tachinidae wurde Tachina fera (Igelfliege) im Untersuchungsgebiet beobachtet und aufgrund ihres Verhaltes auf Blüten von A. coriophora als potenzieller Bestäuber eingestuft. Ob Raupenfliegen als effektive Bestäuber bestimmter Orchideenarten in Frage kommen, wird kontrovers diskutiert (Paulus, 2005; Vöth, 2002). Obwohl z.B. Tachina magnicornis schon des Öfteren bei der Bestäubung von Neotinea (Orchis) ustulata beobachtet wurde, ist die Pollenübertragung nach der Meinung von Vöth (2002) zufallsweise, weshalb er diese Pollentransporteure nicht als Bestäuber, sondern als „Pollinien wegtragende Fliegen “ bezeichnete. Ziegenspeck (1936) hingegen erwog die bei A. coriophora festgestellte Verkleinerung des Spornes und das Zusammenrücken von Rostellum und Narbenflächen als mögliche Anpassung an eine Bestäubung durch Fliegen.

Die aus der Literaturrecherche hervorgehenden Berichte von Dipteren als Bestäuber von A. coriophora beschränken sich jedoch auf Einzelbeobachtungen. Beispiele sind Stratiomys sp. (Vöth, 1999) und andere Fliegenarten als potenzielle Bestäuber wie Bombylius major , Nowickia ferox (Berger, 2004) sowie Chlorops sp. (Loew, 1905). Daher kann der gelegentliche Beitrag von Dipteren als Bestäuber aufgrund der eher seltenen Dokumentation von Myiophilie bei A. coriophora aus heutiger Sicht als gering eingestuft werden.

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6.2 Das Reproduktionssystem von A. coriophora

6.2.1 Diskussion der Bestäubungsexperimente

Um die eingangs gestellte Forschungsfrage zu beantworten, welche Rolle der Selbstbestäubung im Reproduktionssystem von A. coriophora zukommt , wurden die durchgeführten Ergebnisse der Bestäubungsexperimente hinsichtlich der prozentuellen Kapsel- und Samenbildung sowie der Samenvitalität verglichen und gegenübergestellt (Abb. 48).

100100 100 100 100 93 90 83,3 77 80 70 58,7 60 50,8 50 40,7 40 30 20 17,6 20 10 0 0 0 0 Test auf spontane manuelle manuelle offene Agamospermie Selbstbestäubung Selbstbestäubung Kreuzbestäubung Bestäubung/Kontrolle

¢ Kapselbildung [%] ¢ Samenbildung [%] ¢ Anteile vitaler Samen [%]

Abbildung 48: Kapselbildung, Samenbildung & vitale Samenanteile in Prozent

Da beim Test auf Agamospermie keine Ausbildung vitaler Kapseln erfolgte, wurde im Reproduktionssystem von A. coriophora keine asexuelle Fortpflanzung nachgewiesen. Nachdem Agamospermie für die traditionell abgegrenzte Gattung Orchis bisher nicht beschrieben wurde und nur bei einigen wenigen apomiktischen Arten (z.B. Nigritella nigra und ssp. austriaca ) bekannt ist (Van der Cingel, 1995), entsprachen die Ergebnisse dieses Bestäubungsexperiments den Erwartungen.

Fakultative (gelegentliche) Selbstbestäubung durch den eigenen Pollen tritt auf, wenn im Laufe der Blühperiode keine Fremdbestäubung erfolgt und gilt als Notlösung zur Sicherstellung der Reproduktion (Paulus, 2005). Als fakultativ autogame Arten treten laut Paulus (2005) neben einigen Epipactis -Arten auch Ophrys apifera , Spiranthes spiralis,

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Goodyera , Listera ovata u.a. auf, wobei überzeugende Belege dieser Form der Reproduktion für Orchis - und Dactylorhiza -Arten fehlen.

Nach Reinhard (1977) wird spontane Autogamie durch äußere Einflüsse (wie Erschütterungen durch Insekten, Wind, herabfallende Regentropfen, etc.) ausgelöst, wobei zum Teil klimatische Faktoren zu einem Zerbröckeln der Pollinien bzw. zu einem Herabfallen der Pollinienmassen auf das Stigma führen können.

Da beim Test zur spontanen Selbstbestäubung geringe Kapsel- und Samenbildungsraten und niedrige Vitalitätswerte festgestellt wurden, lässt sich der Rückschluss auf die Abhängigkeit der Art von bestäubenden Insekten ziehen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass spontane Selbstbestäubung bei A. coriophora vermutlich auf oben beschriebene Zufallsprozesse zurückzuführen und in Ausnahmefällen möglich ist, jedoch im Reproduktionssystem der Pflanze selten vorkommt.

Aus dem vergleichsweise höheren Fruchtansatz bzw. den Samenvitalitätswerten der manuell selbstbestäubten Blüten kann abgeleitet werden kann, dass bei A. coriophora keine Selbstinkompatibilität besteht. Dies stimmt mit Aussagen von Neiland und Wilcock (1998) überein, wonach Selbst-Inkompatibilität bei Orchideen selten ist; wo sie dennoch auftritt, sind die beobachteten Raten des Fruchtansatzes sehr niedrig (unter 5%).

Ausgehend von den hohen Kapsel- und Samenbildungsraten der ausgekreuzten Pflanzen und der Kontrollgruppe (100%) und den im Median höchsten Samenvitalitätswerten (58% bzw. 60%) wurden bei den manuell kreuzbestäubten Blüten und den Pflanzen aus offener Bestäubung der höchste Reproduktionserfolg verzeichnet. Dies bestätigt die Beobachtung, dass der unter natürlichen Bedingungen hohe Fruchtansatz der Art auf Insektenbestäubung zurückzuführen ist (AHO Hrsg., 2005) und beweist wiederum, dass hinsichtlich eines optimalen Reproduktionserfolgs eine Abhängigkeit von A. coriophora von ihren Bestäubern besteht.

Ein Mechanismus zur Vermeidung geitonogamer Selbstbestäubung ist wie eingangs erwähnt die Absenkbewegung der Pollinarien nach dem Anhaften an dem Bestäuber (siehe auch Kap. 3.5 und 4.1.4). Diese sollte die aus Sicht der Pflanze optimale Fremdbestäubung und -befruchtung sicherstellen, da sie aufgrund der erhöhten genetischen Rekombinationsmöglichkeiten im Gegensatz zur Selbstbestäubung die „erwünschte“ Form der Fortpflanzung darstellt (vgl. auch Kap. 3.5 und 4.1.4) (Darwin, 1862; Dressler, 1982; Johnson und Edwards, 2000; Leins & Erbar, 2008; Paulus 2005; Van der Cingel, 1995, Van der Pijl und Dodson, 1966).

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Angesichts der relativ kurzen Bending-Zeiten von A. coriophora (MW 18,7s ±5,76s bzw. eigentlicher Bending-Vorgang von 14,3s ±5,2s) ist allerdings davon auszugehen, dass Geitonogamie bei dieser Orchideenart auch durch Pollinarien-Bending nicht vollständig vermieden werden kann, da einige Bestäuber längere Zeit auf den Blüten verweilen, als die jeweilige Absenkbewegung dauert.

Die anderen im Untersuchungsgebiet vorkommenden Orchideenarten, welche alle zu den Nektartäuschblumen zählen, zeigen im Vergleich mit A. coriophora zum Teil ähnliche Bending-Zeiten: Demzufolge dauert die Pollinarienabsenkung bei Neotinea (Orchis ) ustulata zwischen 15-30,7s und liegt bei Anacamptis (Orchis ) morio zwischen 22,1-31,8s; einzig von Orchis militaris werden längere Bending-Zeiten von 42-55,3s verzeichnet (Claessens und Kleynen, 2011).

Geitonogamie kommt bei nektarführenden Blüten im Vergleich zu nektarlosen Orchideenarten häufiger vor, weil die vom Nektarangebot angelockten Insekten länger auf den Pflanzen verweilen und mehrere Blüten derselben Infloreszenz aufsuchen. Die dabei stattfindende geitonogame Bestäubung führt zu einer schlechteren Samenentwicklung als bei Nektartäuschblumen. Diese haben im Vergleich zwar viel niedrigere Besuchsraten, weisen dafür aber eine höhere Rate allogamer Bestäubung auf, da Bestäuber schneller von einer zur anderen Pflanze wechseln (Claessens und Kleynen, 2012). Anderen Studien zufolge konnten allerdings auch bei nektarlosen Orchideenarten unerwartet hohe Geitonogamie-Raten nachgewiesen werden (Kropf und Renner, 2008).

Diese Annahme erhöhter Geitonogamieraten bei A. coriophora stimmt mit Beobachtungen von Dafni und Ivri (1979) bei ssp. fragrans überein, wonach insbesondere A. mellifera mehrere Blüten pro Infloreszenz mit vielen anhaftenden Pollinarien bestäubte und diese Insekten eine lange Besuchsdauer von bis zu einer Minute pro Pflanze aufwiesen. Obwohl Geitonogamie aus genetischer Sicht mit Autogamie gleichzustellen ist, wurde bei ssp. fragrans ein sehr hoher Fruchtansatz von ca. 90% dokumentiert (Dafni und Ivri, 1979).

Der Rückschluss auf erhöhte Geitonogamie-Raten durch länger auf der Pflanze verweilende Bestäuber lässt sich auch für A. coriophora aufgrund des beschriebenen Bestäuberverhaltens der Bienenarten Apis mellifera und Lasioglossum xanthopus sowie der Käferart Oxythyrea funesta ziehen.

Im Gegensatz dazu wird das Auskreuzen durch die geringere Besuchsdauer der übrigen im Untersuchungsgebiet beobachteten Bestäuber vermutlich stärker gefördert (Kapitel 5.1.1 und 6.1.1.). Beide Bombus -Arten ( B. terrestris und B. humilis ) besuchten zwar mehrere

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Blüten pro Pflanze, wiesen dort aber im Gegensatz zu den oben erwähnten Bestäubern eine vergleichsweise kürzere Besuchsdauer auf und tragen daher zur Fremdbestäubung von A. coriophora bei. Aus der Ordnung der Coleopteren fiel Oedemera femorata als Bestäuber durch die hohe beobachtete Individuenzahl sowie die kurze Aufenthaltsdauer auf den Blüten auf. Trotz der seltenen Beobachtung von Myiophilie förderte wohl auch die bestäubende Schwebfliegenart Eristalis tenax auf den Orchideenblüten aufgrund ihres kurzen Verweilens die Fremdbestäubung der Pflanze.

6.3 Die Populationsentwicklung von A. coriophora am Fuchshäufel

6.3.1 Bestandssituation und -entwicklung

Die zu Beginn formulierte Forschungsfrage, ob sich die positive Bestandsentwicklung der Population von A. coriophora am Fuchshäufel der letzten Jahre fortsetzte, konnte durch die Weiterführung des Orchideenmonitorings im Jahr 2014 und den Vergleich mit den Zählergebnissen des Beobachtungszeitraumes 2008-2012 (Grass und Seiberl, 2012; INF, 2012, unveröffentl.) beantwortet werden. Insgesamt zeigt sich mit überwiegend stetig steigenden Individuenzahlen eine fortlaufend positive Entwicklung von A. coriophora im Untersuchungsgebiet, welche bis inklusive 2014 nachgewiesen werden konnte und auf das kontinuierliche Wachstum dieser Population hinweist.

Durch den Einsatz von Monitoringmaßnahmen und den einhergehenden erworbenen Kenntnisstand der Populationssituation bietet sich die Möglichkeit, den Erfolg von Managementmethoden zu verfolgen (vgl. z.B. Pennerstorfer et al., 2009). In diesem Kontext kann auf Basis der Monitoringergebnisse der Einsatz von Weidevieh zur Freihaltung der Trockenlebensräume am Fuchshäufel in Kombination mit der Entfernung verbissresistenter Sträucher in stärker verbuschten Bereichen als optimale Pflegemaßnahmen dieser Heißlände betrachtet werden.

Den Ergebnissen aus 2012 zufolge war in allen Dauerbeobachtungsflächen ein Anstieg der Individuenzahlen von A. coriophora zu verzeichnen, mit Ausnahme von zwei Dauerquadraten des Unteren Fuchshäufels (gleichbleibende Entwicklung in DQ II/4 und geringfügige Abnahme in DQ IV/2, vgl. Tab. 7). Interessanterweise wurde der zweitstärkste Anstieg von Pflanzenindividuen in Dauerquadraten des Oberen Fuchshäufels auf einer ehemaligen Schaflagerfläche verzeichnet, was wiederum darauf hinweist, dass die eingesetzte Managementmaßnahme der Beweidung die Bestandsentwicklung von A. coriophora nicht negativ beeinträchtig hat.

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Von allen Transekten des Fuchshäufels wurde die stärkste Zunahme von Pflanzenindividuen in Transekt T2 des Unteren Fuchshäufels ermittelt. Bei einer differenzierten Berücksichtigung der Bestandsentwicklung auf den beiden untersuchten Teilbereichen des Untersuchungsgebiets wurde am Unteren Fuchshäufel im Vergleich zum Oberen Fuchshäufel eine etwas stärkere Zunahme von Individuen festgestellt. Dieses Ergebnis ist möglicherweise auf das größere vorhandene Wachstumspotenzial der Teilpopulation aufgrund der in Kap. 2.2. erwähnten insgesamt niedrigeren Individuenzahlen von A. coriophora am Unteren Fuchshäufel zurückzuführen.

Obwohl ausgetriebene Robinien ( Robinia pseudacacia ) in den Dauerquadraten D1 und D2 ursprünglich vom Weidevieh verbissen wurden (vgl. Grass und Seiberl, 2012), konnte die erneute Verjüngung dieser Baumart in beiden Flächen registriert werden. Am Oberen Fuchshäufel war der Anstieg der Individuenzahlen von A. coriophora in Transekt T4 stärker als in T5, in welchem ebenfalls einige junge Robinienschösslinge festgestellt wurden.

R. pseudacacia gilt als Neophyt (eine nach dem Jahr 1492 nach Europa eingeführte Pflanzenart) und besitzt die Fähigkeit, Luftstickstoff mithilfe einer Symbiose mit Bakterien der Gattung Rhizobium im Boden zu fixieren. Bei einem vermehrten Aufkommen dieser Baumart auf Magerstandorten kann es daher zu einem unerwünschten Stickstoffeintrag und damit zu erheblichen Veränderung der standortspezifischen Flora (und in weiterer Folge auch der Fauna) kommen. Das klonale Wachstum dieser Baumart, welche in geschlossene Magerrasen mit Wurzelausläufern eindringt, wird durch Störungen gefördert. Da allerdings viele seltene bzw. gefährdete Arten eher an offene Landschaften als an Gehölzbiotope angepasst sind, ist das Einwachsen von Robinien in Trockenlebensräume aus naturschutzfachlicher Sicht ebenso unerwünscht wie das von einheimischen Baumarten (Kowarik, 2010).

Obwohl Robiniennektar für viele Blütenbesucher eine wichtige Nahrungsquelle darstellt (Kowarik, 2010) und trotz des insgesamt positiven Entwicklungstrends von A. coriophora am Fuchshäufel sind fortführende Beobachtungen der Bereiche mit vermehrtem Robinienaufwuchs weiterhin empfehlenswert, um potenziell negativen Einflüssen durch entsprechende Maßnahmen rechtzeitig entgegenzuwirken.

6.3.2 Auswirkungen des Brandes 2011

Um die Auswirkungen des Brandes aus dem Jahr 2011 zu beurteilen, wurden die Bestandsaufnahmen am Fuchshäufel von 2008-2011 (Grass und Seiberl, 2012) und 2012 (INF, unveröffentl.) sowie die Zählergebnisse der vorliegenden Arbeit aus dem Jahr 2014 analysiert und miteinander verglichen. Da die Individuenzahlen von A. coriophora im Jahr

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2014 trotz des Brandes 2011 wieder eine stabile bzw. steigende Tendenz aufwiesen, war keine mittelfristige Beeinträchtigung der Population feststellbar. Das Jahr 2012 nach dem Brandereignis war das einzige des Beobachtungszeitraumes, welches dem positiven Entwicklungstrend nicht folgte. Im Gegensatz zur Bestandsentwicklung von 2008-2011 wurde im Jahr 2012 auf allen erfassten Dauerquadraten eine deutlich reduzierte Anzahl blühender Individuen und vegetativer Blattrosetten festgestellt. Diese Entwicklung wurde wie erwartet auch durch die Ergebnisse der beiden zur Hälfte gezählten Transekte T5 am Oberen Fuchshäufel und T1 am Unteren Fuchshäufel bestätigt.

Negative Folgen von Brandereignissen wurden schon von Kropf et al. (2012) anhand der Bestandssituation anderer europäischer Orchideenarten beschrieben. Demzufolge waren bei Populationen der weltweit stark gefährdeten Barlia metlesicsiana (Himantoglossum metlesicsianum ), einer endemischen Orchideenart Teneriffas, infolge eines Brandes dramatische Auswirkungen erkennbar. Diese betrafen in den beiden Folgejahren des Feuers insbesondere das Blühverhalten sowie den geringen Bestäubungserfolg dieser Art, welche auf den starken Einfluss des Feuers auf die Bestäuberzusammensetzung und damit auf eine verstärkte Bestäuberlimitierung von B. metlesicsiana in den ersten Jahren nach dem Brandereignis hinwiesen.

Obwohl die Zahl blühender Pflanzen bei A. coriophora für gewöhnlich starken annuellen Schwankungen unterliegt (Presser, 2000), wurden bei der Population am Fuchshäufel lediglich in den Jahren 2010 und 2011 geringere Zahlen blühender Pflanzen im Verhältnis zu vegetativen Blattrosetten auf den Transekten und Dauerquadraten im Untersuchungsgebiet beobachtet. Trotzdem zeigten auch diese beiden Jahre vergleichsweise stabile bzw. steigende Individuenzahlen.

Da bei vielen Orchideenarten nur ein Teil der Population zur Blüte gelangt und die Aufnahme vegetativer Individuen oft aufwändig ist bzw. Pflanzen mehrere Jahre unterirdisch überdauern können (Phänomen der Dormanz), ist die Erfassung der Gesamtpopulationen oft schwierig. In „günstigen“ Jahren, in welchen viele Individuen zur Blüte gelangen, ermöglichen Zählungen daher einen guten Gesamtüberblick über die tatsächliche Populationsgröße (Pennerstorfer et al, 2009). Ein solcher Gesamteindruck über die Populationsgröße von A. coriophora am Fuchshäufel konnte im Jahr 2014 mit der seit Monitoringbeginn höchsten erfassten Anzahl von Individuen gewonnen werden, wobei über 82% der Pflanzen auf den Dauerbeobachtungsflächen blühten. Dies deutet darauf hin, dass das Feuer neben den potenziell nachteiligen kurzfristigen Auswirkungen auch positive Effekte auf die Orchideenpopulation hatte.

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Mögliche Ursachen für den hohen Anteil blühender Pflanzen könnten demnach auf die „Öffnung“ der Fläche durch das Abbrennen von Bäumen, Sträuchern und stärker verbuschten Bereichen bzw. auf die durch den Brand resultierende höhere Licht- und Nährstoffverfügbarkeit zurückzuführen sein. Solche Effekte wurden von Roberts (2003) beschrieben, wonach Brände speziell in mediterranen Klimazonen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung von Habitaten mit Orchideenvorkommen spielen. Dabei würden Feuerereignisse die Verfügbarkeit von Licht fördern und die Freisetzung von Nährstoffen und phytoaktivem Material (z.B. Ethylen) erhöhen. Nach Studien von Potts et al. (2003) waren negative Effekte von Bränden in mediterranen Ökosystemen mit katastrophalen kurzfristigen Auswirkungen auf Bestäuber und Pflanzengesellschaften hauptsächlich initial zu verzeichnen. Eine Regeneration von Flora und Fauna sowie Höhepunkte der Blütendiversität waren zwei Jahre nach den Brandereignissen zu beobachten, allerdings wurden in der Studie keine Orchideenarten erwähnt.

Laut Whelan (1995) ist die Blütezeit ein Stadium der pflanzlichen Reproduktion, in welchem die Pflanze durch Feuer besonders störanfällig ist. Auch die Jahreszeit, in der ein Brandereignis auftritt, spielt deshalb eine wichtige Rolle, da bei gerade blühenden Pflanzen die potenziell keimenden Samen eines ganzen Jahres vernichtet werden können. Bei der Beurteilung der Brandauswirkungen auf die vorherrschende Flora sind Intensität und Feuerausmaß (wie Branddauer und Temperatur) stark verknüpft mit physikalischen Faktoren wie Bodentyp und lokalen Klimabedingungen, welche wiederum in enger Interaktion mit der Pflanzenzusammensetzung und Populationsdichte stehen. Bezüglich der Mortalität der betroffenen Fauna sind u.a. die Verfügbarkeit geeigneter Rückzugsgebiete und Charakteristika der Organismen von Bedeutung, jedoch bestehen nach Bränden große Unterschiede hinsichtlich des Rückgangs oder des Anstiegs unterschiedlicher Tierpopulationen (Whelan, 1995).

Abgesehen von den oben genannten Gründen wurde das auffallende Blühverhalten von A. coriophora im Jahr 2014 neben dem Brand möglicherweise auch von anderen Einflüssen begünstigt, da Schwankungsursachen bei Orchideenpopulationen sowohl auf klimatische Faktoren (wie Temperaturverlauf, Niederschlagsmengen und -häufigkeit), unterschiedliche Standortbedingungen (z.B. Bodenzustand, Mikroklima, Begleitflora) als auch die Bestäubersituation zurückgeführt werden können (Pennerstorfer et al., 2009).

Aufgrund dieser Vielzahl an zu berücksichtigenden und potenziellen Einflussfaktoren lassen sich nur sehr generelle Aussagen über die tatsächlichen Brandauswirkungen treffen, was die komplexen Zusammenhänge zwischen dem dynamischen Ökosystem der Heißlände am Fuchshäufel und ihrer Population von A. coriophora widerspiegelt.

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7 ZUSAMMENFASSUNG

Reproduktionssystem

• Welche Insekten • Spielt Selbstbestäubung bestäuben und besuchen im Fortpflanzungssystem A. coriophora ? von A. coriphora eine Rolle?

Die Resultate der vorliegenden Arbeit zeigen, dass A. coriophora ebenso wie ihre Unterart ssp. fragrans ein breites Spektrum an Insekten anzieht, wobei meist Nahrungsgeneralisten als Bestäuber auftreten. Aus den zusammengefassten Ergebnissen gehen für beide Unterarten Bestäuber aus der Familie der Apidae , meist Apis mellifera und verschiedene Bombus -Arten, sowie solitäre Bienen als häufig beobachtete und beschriebene Bestäuber hervor. Außerdem ist die Rolle von Coleopteren im Reproduktionssystem der Art nicht zu vernachlässigen, wobei Oedemera femorata und Oxythyrea funesta als neu erfasste Bestäuber von A. coriophora verzeichnet werden konnten. Bestäubende Dipteren wurden für die Art nur in geringem Ausmaß beobachtet, dennoch konnte Eristalis tenax aus der Familie der Syrphidae als „neuer“ Bestäuber erfasst werden. Im Untersuchungsgebiet wurde die Fremdbestäubung von A. coriophora insbesondere durch O. femorata und verschiedene Bombus -Arten gefördert, während A. mellifera , Lasioglossum xanthopus und O. funesta eher zu geitonogamer Selbstbestäubung beitrugen. Als Konsequenz des beobachteten Bestäuberverhaltens sind erhöhte Geitonogamieraten bei dieser nektarführenden Orchideenart sehr wahrscheinlich.

Beim Test des Reproduktionssystems von A. coriophora wurde die Selbstkompatibilität und die Abhängigkeit der Art von Bestäubern nachgewiesen, asexuelle Fortpflanzung durch Agamospermie konnte jedoch nicht festgestellt werden. Resultierend aus den Messergebnissen der Pollinarienabsenkzeiten kann eine Selbstbestäubung bei A. coriophora auch durch Bending nicht vollständig vermieden werden. Insgesamt stellte sich eine Kombination aus geitonogamer und xenogamer Fortpflanzung als typischer Reproduktionsmodus von A. coriophora heraus. Der optimale Reproduktionserfolg der Art ergibt sich neben dem breiten Bestäuberspektrum und den hohen Besuchsfrequenzen aus der Fremdbestäubung durch Insekten.

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Bestandsentwicklung am Fuchshäufel

•Hat sich die positive • Welche Auswirkungen Bestandsentwicklung der hatte der Brand im Jahr letzten Jahre fortgesetzt? 2011 auf die Population am Fuchshäufel?

Nährstoffarme Trockenstandorte wie Trockenrasen und Halbtrockenrasen zeichnen sich durch ihren außerordentlichen Artenreichtum aus und zählen zu den stark rückläufigen Lebensräumen. Die komplexe Problematik des fortschreitenden Landnutzungswandels wird im hohen Gefährdungsgrad dieser Sonderstandorte widergespiegelt, welche durch landwirtschaftliche Intensivierungsmaßnahmen ebenso bedroht sind wie durch fortschreitende Sukzessionsprozesse infolge von Nutzungsaufgabe (Holzner et al., 1986).

Die eingesetzten Managementmaßnahmen wie Beweidung und Entfernung eingewanderter Gehölze zum Schutz der Trockenlebensräume am Wiener Fuchshäufel sind Voraussetzung für die Erhaltung der individuenreichen Population von A. coriophora und verdeutlichen die hohe Verantwortung für den Weiterbestand der Art in Österreich und wohl auch in Mitteleuropa. Gleichzeitig wird die steigende Bedeutung weitläufiger, zusammenhängender und reich strukturierter Schutzgebiete für die Erhaltung von Habitaten mit großen Orchideenvorkommen und einer hoher Bestäuberdiversität offensichtlich.

Wie im Rahmen der vorliegenden Arbeit dokumentiert wird, konnten das Naturraum- Management der Heißlände und der Lebensraumschutz von A. coriophora am Fuchshäufel im Nationalpark Donauauen in der Wiener Lobau durch Beweidungs- und Entbuschungsmaßnahmen optimal umgesetzt werden. Einem erhöhten Nutzungsdruck des Naherholungsgebietes (wie z.B. durch die benachbarte Seestadt Aspern) und potenziellen Beeinträchtigungen im Bereich der Heißlände könnte mit zusätzlichen Lenkungsmaßnahmen der Besucherströme entgegnet werden.

Auf Basis der Monitoringergebnisse lässt sich ein Populationswachstum von A. coriophora am Fuchshäufel ableiten. Die dargestellten Ergebnisse zum positiven Entwicklungstrend

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Zur Reproduktionsbiologie von Anacamptis (Orchis ) coriophora sollten trotz steigender Individuenzahlen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch wachsende Orchideenpopulationen eines Tages ihre Wachstumsgrenze erreichen.

Mittelfristig wurde kein negativer Einfluss des Brandes auf die Population am Fuchshäufel festgestellt. Da detaillierte Langzeitstudien zu Brandauswirkungen aus mitteleuropäischen Orchideenhabitaten kaum existieren, sind Vergleiche des Brandes auf der Heißlände am Fuchshäufel im Jahr 2011 mit Störungen in ähnlichen Ökosystemen kaum möglich und potenzielle Langzeitauswirkungen aufgrund der Vielzahl an Einflussfaktoren schwer einzuschätzen. In diesem Kontext stellen die Monitoringdaten der letzten Jahre einen wertvollen Beitrag dar und dienen als zukünftige Bewertungsgrundlage der Populationsdynamik von A. coriophora am Fuchshäufel.

Da die Orchidaceae eine sich schnell weiter entwickelnde und an Bestäubern orientierte Familie darstellt, beeinträchtigen Störungen im Bestäubungssystem nicht nur die langfristige Überlebensfähigkeit bestehender Populationen, sondern auch ihr evolutionäres Potenzial (Roberts, 2003). Im Sinne des Naturschutzes der einzigartigen Population von Anacamptis (Orchis ) coriophora am Fuchshäufel sind fortführende Studien zur Bestands- und Bestäubersituation empfehlenswert.

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8 LITERATURVERZEICHNIS

Abel, O., 1897. Einige neue Monstrositäten bei Orchideenblüthen. Verh. Zool. Bot. Ges. Wien, 47, 415-420.

Abrol, D.P., 2012. Pollination biology. Biodiversity conservation and agricultural production. Dordrecht (u.a.): Springer. 792 pp.

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9 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet auf der Heißlände am Wiener Fuchshäufel (rot umrandet) ...... 3 Abbildung 2: Obere und Untere Lobau (Quelle: Rotter und Schratt-Ehrendorfer, 1999) 5 Abbildung 3: Trespen-Furchenschwingel-Halbtrockenrasen am Oberen Fuchshäufel ..... 8 Abbildung 4: Trockenrasen mit ausgeprägtem Kleinrelief am Unteren Fuchshäufel ...... 9 Abbildung 5: Orchideenreiche Heißlände am Fuchshäufel in der Wiener Lobau ...... 12 Abbildung 6: Kupferstich von A. coriophora (Quelle: Jacquin, 1774) ...... 13 Abbildung 7: A. coriophora am Wiener Fuchshäufel ...... 13 Abbildung 8: (v.l.n.r.): Infloreszenz mit sich öffnenden Blüten; Detailansicht Blüte mit ungeteiltem Lippenmittellappen; Seitenansicht Sporn und helmförmig geschlossene Perigonblätter...... 17 Abbildung 9: Albinotisches Exemplar (mit schlecht getarnter Springspinne) ...... 19 Abbildung 10: Pflanze mit mutierten Blüten (teilweise doppellippig) ...... 19 Abbildung 11 : Entwicklungsstadien der Infloreszenz von A. coriophora von Beginn der Blüteperiode bis zur Kapselbildung ...... 19 Abbildung 12: bestäubende Honigbiene mit entnommenen Pollinarien ...... 27 Abbildung 13: Blüte mit bestäubtem Stigma ...... 27 Abbildung 14: Bestäubungsexperiment am Fuchshäufel 2014. In kleine Säckchen eingehüllte Einzelblüten auf A. coriophora...... 38 Abbildung 15: Material zur quantitativen Analyse der Samenkapseln...... 40 Abbildung 16: Material zum Test der Samenvitalität ...... 41 Abbildung 17: Lichtmikroskopische Aufnahmen der Embryos von A. coriophora zur Analyse der Samenvitalität aus den Bestäubungsexperimenten ...... 42 Abbildung 18: Darstellung der Pollinarienabsenkung bei Orchis mascula (Quelle: Darwin, 1862) ...... 43 Abbildung 19: Zur Messung der Absenkzeit entnommene Pollinarien von A. coriophora ...... 44 Abbildung 20: „Oberes“ und „Unteres Fuchshäufel“ und Übersicht über Dauerbeobachtungsflächen, Rosa: Transekte. Grün: Dauerquadrate. (Quelle: Grass und Seiberl, 2012) ...... 46 Abbildung 21: Brandfläche am Fuchshäufel 2011 (Quelle: A. Faltejsek, MA 49) ...... 47 Abbildung 22: Dauerquadrat am Oberen Fuchshäufel ...... 48 Abbildung 23: Transekt am Oberen Fuchshäufel (abgesteckter Teilbereich) ...... 49 Abbildung 24: Honigbienen als Bestäuber von A. coriophora ...... 50 Abbildung 25: Lasioglossum xanthopus (Gelbbein-Schmalbiene) ...... 51 Abbildung 26: Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel) ...... 51

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Abbildung 27: Bombus humilis (Veränderliche Hummel) ...... 52 Abbildung 28: Oedemera femorata (Gemeiner Scheinbockkäfer), rechts mit entnommenen Pollinarien ...... 53 Abbildung 29: Oxythyrea funesta (Trauer-Rosenkäfer), rechts mit entnommenen Pollinarien ...... 53 Abbildung 30: Eristalis tenax („Mistbiene“, Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege), rechts mit entnommenen Pollinarien ...... 54 Abbildung 31: Tachina fera (Igelfliege), potenzieller Bestäuber von A. coriophora ...... 54 Abbildung 32: Besuchende Insekten von A. coriophora am Fuchshäufel ...... 55 Abbildung 33: Krabbenspinnen (Thomisidae) auf A. coriophora am Fuchshäufel ...... 56 Abbildung 34: Ergebnisse zur Kapselbildung je Bestäubungsexperiment ...... 59 Abbildung 35: Kapsellängen in Millimeter je Bestäubungsexperiment (n=67) ...... 60 Abbildung 36: Kapselgewichte in Gramm je Bestäubungsexperiment (n=67) ...... 61 Abbildung 37: Samenbildung in Kapseln aus Bestäubungsexperimenten (n=49) ...... 62 Abbildung 38: Anteile der Samenvitalität aus Bestäubungsexperimenten in Prozent (n=49) ...... 63 Abbildung 39: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 4 ...... 67 Abbildung 40: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 5 ...... 67 Abbildung 41: Junge Robinienschösslinge in Transekt 5 am Oberen Fuchshäufel ...... 68 Abbildung 42: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/2 ...... 68 Abbildung 43: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat L1 ...... 69 Abbildung 44: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 1 ...... 70 Abbildung 45: Ergebnisse der Bestandszählungen in Transekt 2 ...... 70 Abbildung 46: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat 1 ...... 71 Abbildung 47: Bestäuber von A. coriophora im Untersuchungsgebiet ...... 72 Abbildung 48: Kapselbildung, Samenbildung & vitale Samenanteile in Prozent ...... 79 Abbildung 49: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/1 ...... 104 Abbildung 50: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/1 ...... 105 Abbildung 51: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/2 ...... 105 Abbildung 52: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/3 ...... 106 Abbildung 53: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat 2 ...... 106 Abbildung 54: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/3 ...... 107 Abbildung 55: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat II/4 ...... 107 Abbildung 56: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat IV/2 ...... 108 Abbildung 57: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat IV/4 ...... 108

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10 TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Physikalische Charakteristika der Samen von A. coriophora (Quelle: Arditti und Ghani, 2000) ...... 22 Tabelle 2: Bestäuber von A. coriophora ssp. coriophora und ssp. fragrans (Literaturrecherche) ...... 30 Tabelle 3: Potenzielle Bestäuber und Besucher von A. coriophora ssp. coriophora und ssp. fragrans (Literaturrecherche) ...... 35 Tabelle 4: Bestäubungsexperimente und Methoden zum Test des Reproduktionssystems ...... 38 Tabelle 5: Beobachtete Insektenarten auf A. coriophora am Fuchshäufel 2014 (Bestäuber, potenzielle Bestäuber und Besucher) ...... 58 Tabelle 6: Messergebnisse zur Pollinarienabsenkung von A. coriophora am Fuchshäufel ...... 64 Tabelle 7: Monitoringergebnisse 2014 und Entwicklungstrend am Fuchshäufel seit 2008 ...... 65 Tabelle 8: Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest auf Normalverteilung ...... 103 Tabelle 9: Univariate ANOVA ...... 103

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11 ANHANG

REPRODUKTIONSSYSTEM

Tabelle 8: Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest auf Normalverteilung

weight length width vital N 49 49 49 34 Kolmogorov-Smirnov-Z 1,116 1,296 1,654 ,942 Asymptotische Signifikanz (2-seitig) ,166 ,069 ,008 ,338

Tabelle 9: Univariate ANOVA

Quadratsumme df Mittel der F Signifikanz

Quadrate weight zwischen den Gruppen ,000 3 ,000 4,663 ,006 innerhalb der Gruppen ,000 45 ,000 gesamt ,000 48 length zwischen den Gruppen 180,392 3 60,131 14,167 ,000 innerhalb der Gruppen 190,995 45 4,244 gesamt 371,388 48 vital zwischen den Gruppen 4614,542 3 1538,181 3,332 ,033 innerhalb der Gruppen 13849,722 30 461,657 gesamt 18464,265 33

103

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BESTANDSENTWICKLUNG

Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Bestandsentwicklung von A. coriophora der Jahre 2008 bis 2014 in den restlichen erfassten Dauerquadraten des Oberen und Untern Fuchshäufels.

Oberes Fuchshäufel (2008-2014)

50

40

30

20 INDIVIDUENZAHL

10

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 49: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/1

104

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25

20

15

10 INDIVIDUENZAHL

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 50: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/1

30

25

20

15 INDIVIDUENZAHL 10

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 51: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/2

105

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35

30

25

20

15 INDIVIDUENZAHL 10

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 52: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat III/3

16

14

12

10

8

INDIVIDUENZAHL 6

4

2

0 2008 2009 2010 2011 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen; Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012)

Abbildung 53: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat 2

106

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25

20

15

10 INDIVIDUENZAHL

5

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 54: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat I/3

Unteres Fuchshäufel (2008-2014):

1

0,8

0,6

0,4 INDIVIDUENZAHL

0,2

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 55: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat II/4

107

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3

2

INDIVIDUENZAHL 1

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 56: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat IV/2

10

9

8

7

6

5

4

INDIVIDUENZAHL 3

2

1

0 2008 2009 2010 2011 2012 2014 JAHRE

¢ Rosetten ¢ blühende Individuen Datenquelle 2008-2011: Grass und Seiberl (2012); Datenquelle 2012: INF (2012, unveröffentl.)

Abbildung 57: Ergebnisse der Bestandszählungen in Dauerquadrat IV/4

108