Freitag 01.04.2016 Nr. 14 Fr. 5.–

Flüchtlinge Migrationsforscher Kamel Dorai über Solidarität im Nahen Osten und das Gejammer im Westen. Seite 28 UND WIR REDEN

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INHALTFlüchtlinge Foto: eleni kougionis

In Afghanistan war Hamid Analphabet. In Basel entwickelte sich der Flüchtling Seite zum Besten seiner Integrationsklasse. Zu Besuch bei jugendlichen Asylbewerbern. 6

Boxen Foto: reuters Neue Galerie Foto: hans-jörg walter

Sein grösster Kampf: Arnold Gjergjaj Seite Zwei Frauen bringen mit Kunst Seite trifft auf einen Ex-Weltmeister. 34 neues Leben auf den Vogesenplatz. 40

Kimberley Wichmann S. 4 Knackeboul Bestattungen S. 24 Kulturflash S. 41 Unser Kolumnist wollte in Uganda Kultwerk S. 43 Zeitmaschine S. 44 Entwicklungsprojekte besuchen Wochenendlich S. 45 und mit lokalen Musikern spielen. Sie, er, es S. 46 Dann erlebte er die brutale Impressum S. 46 Seite Realität des Ghettos. 25

TagesWoche 14/16 EDITORIAL PORTRÄT 4

Der Untergang des Abendlandes Kimberly Wichmann von Olivier Joliat s ist ein Nebenaspekt, versteckt am Ende Kimberly Wichmann vereint in der unseres Beitrags über Flüchtlingskinder Chemiserie+ die Secondhand- in Basler Schulen. Aber er verrät einiges Kulturen von Süd- und Nordamerika. Reto Aschwanden E über unseren Umgang mit Asylbewerbern: Basel- Leiter Produktion us den Ferien bringt man gerne land verzichtete bislang auf eigene Integrations- Kleider-Souvenirs nach Hause. Kimberley Wichmann kehrte je- und Berufswahlklassen und schickte «seine» jun- Weiterlesen, S. 10 doch mit leeren Koffern von ih- gen Flüchtlinge in die Stadt zum Unterricht. Arem Surftripp heim. Um an Geld zu kom- men, musste sie am Ende der 20 Monate ­Damit ist nun Schluss, denn mittlerweile leben so quer durch Amerika Bus, Bretter und sogar viele asylsuchende Jugendliche in Basel-Stadt, ihre Kleider verkaufen. «Eine bittere Zeit, Alle zwei Monate doch inspirierte mich die Erfahrung für dass keine Platz für «Ausserkantonale» mehr eine neue den Neuanfang hier», resümiert die 35-jäh- bleibt. Schulklasse rige Architektin in ihrer unlängst eröffne- tageswoche.ch/ ten Chemiserie+ an der Claramatte. Kaum kommen mehr Flüchtlinge, als die +712y5 Im Lokal an der Claramatte kombiniert Bürokratie in unserer heilen Welt vorsieht, Wichmann gebrauchte Kleider mit fri- schen Ideen. Hier sollen Frau und Mann ­gelangen wir an unsere Grenzen. Das nennen wir nicht nur ihre Nasen in Secondhand-Klei- dann Flüchtlingskrise. Im Nahen Osten können der ohne Müffel-GoÛt stecken können; hier kann man selbst verkaufen und tauschen. die Menschen darüber nur lachen. «Welche «Bei uns ist dieses System noch nicht Flüchtlingskrise?», fragen Freunde des Migra- ­bekannt. In Nordamerika funktioniert es schon seit den Siebzigerjahren.» tionsforschers Kamel Dorai in Jordanien, wenn Wichmanns Interesse für Mode und ge- sie die Europäer jammern hören. brauchte Kleider im Speziellen war vor der Reise gering. «Ich hatte in Teenie-Jahren Denn dort geht es nicht um Tausende. Dort Ski- und Trainerjacken in Brockis gesucht, sind es fast drei Millionen. Die Hälfte der jorda- Weiterlesen, S. 28 aber erst in Südamerika fand ich Gefallen nischen Bevölkerung bilden Flüchtlinge aus am Stöbern in den Secondhandshops.» ­Palästina, dem Irak und Syrien. Kamel Dorai sagt «Andi machte mir im Interview: «Die Jordanier sehen in den Medi- «Welche auf dem Brett kniend en, wie Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrin- Flüchtlingskrise?», tageswoche.ch/ den Antrag, und wir ken, und fragen sich: Wie konnte es so weit kom- +i3s1h men, dass die Staaten, die sich als Verfechter der konnten uns auf der Menschenrechte gebärden, so etwas zulassen?» Verlobungswelle küssen.» Abgesehen von den verlorenen Menschen- Die heissen «Ropa Americana» und bie- leben liegt darin für Dorai die schlimmste Kon- ten zu günstigen Preisen bessere Ware als sequenz der europäischen Flüchtlingspolitik: reguläre Shops, da die Qualität der «Ameri- kanischen Kleider» höher ist. «Wir kauften «Niemand im Nahen Osten glaubt mehr an Euro- nur noch in den ‹Ropa Americana›, auch pas Rolle als Hüter der Menschenrechte.» Bettwäsche, da die Supermärkte nur Ware mit hohem Plastikanteil hatten, was die Das Verdikt ist klar und selbstverschuldet: Nächte im Bus nicht erträglicher machte.» Es ist der Untergang des Abendlandes als Hort Dass Textilien zum roten Faden ihres Trips werden, hatte Wichmann nicht ge- der Humanität. dacht. Eigentlich wollte sie mit Freund Andi tageswoche.ch/+unqs0 × Anderhub in einem Van, den sie ­Eugen ge- tauft hatten, einfach den Wellen folgen. «Ich träumte seit meinem Architekturstudium von einem Surftrip mit Andi.» Im März 2013 war es soweit. Die beiden flogen ihrem selbstumgebauten Dodge- Feuerwehr-Bus Jahrgang 1978 nach, den sie

TagesWoche 14/16 Kimberley Wichmann in ihrem Laden: «Einige sind sich zu gut, Geld für gebrauchte Kleider zu nehmen.» Foto: alexander preobrajenski nach Chile verschifft hatten, und starteten fen konnten. In Kalifornien ging das wegen Geld für gebrauchte Kleider zu nehmen. ihren «Endless Summer». «Wo wir enden den strengen Abgasvorschriften nicht.» Dabei macht der Tausch oder Weiterverkauf würden, war unklar. Wir spekulierten sogar gerade in der schnelllebigen Mode Sinn.» darauf, in Kalifornien weiterzuleben.» Erste Kunden Latinos und Afrikaner Einen Monat nach Eröffnung hängen Dort erlebte das Paar die schönste Welle. Zurück in der Schweiz mussten beide die von Anderhub geschreinerten und «Wir waren in der kalifornischen Scorpion von vorn anfangen. «Uns war klar, dass wir ­geschraubten Gestelle jedenfalls voll. «Ein Bay draussen. Die Wellen waren klein, aber vernünftigerweise schon früher zurückge- paar Latinos aus dem Quartier shoppen perfekt zum Nebeneinander-Surfen. Da kehrt wären. Aber wann ist man schon mal hier schon selbstverständlich und auch machte mir Andi auf dem Brett kniend den so frei?» Beide haben in Basel wieder Arbeit eine Handvoll Amerikaner kam schon tau- Antrag, und wir konnten uns auf der Verlo- ­gefunden. Wichmann arbeitet 60 Prozent schen. Die Schweizer stellen interessiert bungswelle sogar noch küssen. Ein einma- in einem Architekturbüro. «Ich mag die Fragen und bringen beim nächsten Besuch liges Glück.» ­Architektur, doch dieser Beruf kann dich Kleider mit.» Geheiratet haben sie eher pragmatisch auffressen.» Mit dem Teilzeitpensum kann Es scheint, der Kleidertausch wird auch denn romantisch in Nevada – aber nicht sie keine Bauprojekte mehr planen, dafür hierzulande populär – nicht nur nach Fuss- klassisch in Las Vegas, sondern in Lake hat sie mehr Zeit, andere Ideen zu verwirk- ballspielen oder auf Baby-Kleiderbörsen. Tahoe. Dort kannten sie Freunde, die Trau- lichen – wie ihre Chemiserie +. tageswoche.ch/+jhlfd × zeugen und zugleich Gastgeber der Hoch- Wichmann hofft, die Schweizer für das zeitsnacht waren. «Ausserdem konnten wir Kleiderkonzept zu gewinnen. «In der Wohl- Chemiserie+, Drahtzugstr. 24, Basel dort Eugen einlösen, damit wir ihn verkau- standsgesellschaft sind sich einige zu gut, www.chemiserieplus.ch

TagesWoche 14/16 Flüchtlinge Im Wohnheim der Sozialfirma B2 finden Jugendliche, die alleine geflüchtet sind, eine Heimat auf Zeit. Sie führen ein Leben zwischen Schule, Ämtliplan, gemeinsamem Essen und Warten auf den Asylentscheid. VOM ANALPHABETEN ZUM KLASSENBESTEN Foto: eleni kougionis 8 von Matthias Oppliger Schweiz sind, was sie arbeiten, solche Din- Morgen vor der Schule sein Zimmer putzen ge. Neben Hamid besteht die Klasse an die- oder den Gang staubsaugen?» s ist halb 8 Uhr morgens und der sem Tag aus einer Äthiopierin, einer Tami- Die meisten der jungen Bewohner leben Staubsauger läuft bereits. Ha- lin, einem Eritreer und einem Kosovaren. seit Mitte Dezember im B2. «Damals kam mid* räumt vor der Schule noch Die meisten sind seit vielen Jahren in der die Anfrage vom Kinder- und Jugenddienst sein Zimmer auf, während seine Schweiz, Hamid ist trotzdem der beste Basel-Stadt, ob wir freie Plätze hätten», sagt EKollegen den Gang wischen und die Küche Schüler. Vom Analphabeten zum Klassen- Thomas Mohler, Geschäftsleiter bei B2. putzen. Die Morgen im Wohnheim der besten, es ist eine steile Karriere. ­Sozialfirma B2 sind geschäftig, jeder der Das Bett im zehn jugendlichen Asylsuchenden hat ein Tür öffnen statt Licht löschen dichtes Tagesprogramm vor sich. Im Alphabetisierungskurs bringt die Hegenheimer-Quartier Wir befinden uns in einem flachen Hin- Lehrerin Ursula Hofmann ihren Schülern terhaus im Hegenheimer-Quartier, nicht beiläufig auch etwas über die Schweiz bei. ist für die jungen Männer weit vom Burgfelderplatz. Hier betreibt B2­ «Was fällt euch ein zur Schweiz? Was ist spe- seit Jahren ein betreutes Wohnangebot für ziell hier?», fragt sie. «Schokolade», ruft die der erste sichere Ort junge Männer. Während sich die Klientel Äthiopierin und «Käse». Sie mag zwar bei- ursprünglich hauptsächlich aus straffälli- des nicht, doch die Klischee-Schweiz hat seit Langem. gen Jugendlichen zusammensetzte, wer- auch sie verinnerlicht. «Berge, Wasser, den die Zimmer seit einigen Monaten von ­Uhren», die Tafel füllt sich langsam mit 2015 nahmen die Asylgesuche in der sogenannten UMA bewohnt. Die Abkür- ­Begriffen. Vor Hamid auf dem Tisch liegt Schweiz zu. Dramatisch war der Anstieg zung geht leicht über die Lippen, doch ein Metalletui mit sechs Caran-d’Ache- insbesondere bei den UMA. Während 2014 ­dahinter verbergen sich schwierige bis Farbstiften, darauf sind ein Schweizer- noch knapp 800 unbegleitete junge Asyl­ ­tragische Schicksale: UMA ist Amts- kreuz und die Umrisse des bekanntesten suchende in der Schweiz ankamen, waren deutsch für «Unbegleitete minderjährige Schweizer Bergs zu sehen. es ein Jahr darauf bereits rund 2700. Auch Asylsuchende». anteilsmässig wuchs diese Flüchtlings- Hamid und seine Mitbewohner waren «Welcher Schweizer gruppe um mehr als das Doppelte. Der Bür- zum Teil monatelang unterwegs. Ohne gerkrieg in Syrien schlug viele Familien ­Eltern oder andere Bezugspersonen, den Jugendliche würde schon und Jugendliche in die Flucht. Schleppern, Soldaten und Polizisten wehr- Die UMA geniessen besonderen Schutz los ausgeliefert. Sie kommen aus Syrien, am Morgen vor der in der Schweiz, ihre Betreuung und Unter- dem Iran, aus Afghanistan. Und jetzt bringung stellt die Behörden vor spezielle müssen sie los. Das Tram fährt gleich, die Schule sein Zimmer Herausforderungen. Unterstützung suchte Schule ruft. die Sozialhilfe, die in Basel für die Asyl­ Die Jugendlichen sind zwischen 15 und putzen oder den Gang suchenden zuständig ist, unter anderem 17 Jahre alt, die meisten besuchen die ei- bei Privaten wie B2. gens geschaffenen Integrationsklassen an staubsaugen?» Dort stand die Infrastruktur bereit. Das der Schule für Brückenangebote. Hamid Wohnangebot im Hegenheimer-Quartier aber ist Analphabet, er hat zuvor noch nie Nadja Gisske, Leiterin Wohnheim B2 hat sich für die Unterbringung straffälliger eine Schule von innen gesehen. Also Jugendlicher zwar etabliert, doch die Aus- ­besucht er zunächst einmal einen Alphabe- Danach kommen die Himmelsrichtun- lastung sank zuletzt. Heute bewohnen noch tisierungskurs bei Ecap an der Clarastrasse, gen dran. Frau Hofmann zeigt nach oben, drei ursprüngliche Klienten den rechten einem Bildungsinstitut für fremdsprachige Hamid ruft: «Luft, Himmel, Dach». Alle Flügel. «Wir konnten in kurzer Zeit einen Erwachsene. Die fehlende Schulbildung ­lachen, gemeint war natürlich «Norden». ganzen Gebäudeflügel freiräumen», sagt merkt man ihm aber nicht an, Hamid Es kommt immer wieder zu lustigen Miss- Mohler. Sollte die Nachfrage weiter steigen, spricht von allen Jugendlichen im B2 am verständnissen. Die Lehrerin bittet den Eri- würden die übrigen drei Klienten in B2- besten Deutsch. treer, das Licht zu löschen. Er öffnet statt- Wohngruppen im Gundeli untergebracht. dessen die Türe. So könne B2 insgesamt 32 jugendliche Die Kälte in Basel macht Hamid macht so rasante Fortschritte, Asylsuchende aufnehmen. dass er im Sommer in die Integrationsklas- Hamid nichts aus. se wechseln kann. «Er hat solche Freude Möglichst unter Ihresgleichen am Lernen, das muss gefördert werden», Dabei gelten besondere Aufnahmekrite- Daheim in Afghanistan, sagt Hofmann. Also lässt sie Hamid am PC rien: Die Jugendlichen müssen männlich Texte tippen, die sie ihm diktiert. Die ande- und mindestens 15 Jahre alt sein und soll- auf dem Bauernhof ren Schüler füllen währendessen in ihren ten nicht unter einer wahrnehmbaren star- Alphabetisierungsbüchern Übungen aus. ken Traumatisierung leiden. Ausserdem seines Vaters, dort waren Als Nächstes will Hofmann ihm eine Bib- schaut B2 darauf, dass die Gruppe ethnisch liothekskarte organisieren. «Damit er dort und sprachlich möglichst homogen zu- die Winter wirklich hart. den Computer benutzen und Bücher aus- sammengesetzt ist. leihen kann.» Ich frage ihn, wie es ihm Pro Jugendlichen erhält B2 von der Auf dem Weg zur Schule unterhalten wir ­gelungen ist, so schnell Deutsch zu lernen. S­ozialhilfe monatlich 5860 Franken für uns. Über das Wetter in der Schweiz zum «Ich lese sehr gerne», antwortet Hamid. ­Unterbringung, Begleitung und Tages- Beispiel. Es ist ein schöner Tag, die Sonne Er beherrscht­ Deutsch unterdessen besser struktur. Die ursprüngliche Klientel war mit scheint. Die letzten Tage in Basel waren kalt, als seine Muttersprache, zumindest 7480 Franken pro Monat und Person deut- doch das habe ihm nichts ausgemacht, sagt schriftlich. lich teurer. Regelmässige Coachinggesprä- Hamid. Zu Hause in Afghanistan auf dem Hamid ist wahnsinnig fleissig», sagt che oder Besuche bei der Psychologin sor- Bauernhof seines Vaters, dort seien die Nadja Gisske. Sie leitet das Wohnheim von gen dafür, dass es den Jugendlichen auch Winter wirklich hart gewesen. B2. «Er, aber auch die anderen Jugendli- abseits der Alltagsbewältigung gut geht. Wenig später soll Hamid seinen Klas- chen, machen jeden Abend Hausaufgaben «Uns geht es darum, dass die UMA hier die senkameraden auf der grossen Weltkarte und sie lernen gemeinsam.» Die jungen Zeit bis zum Asylentscheid möglichst ent- zeigen, wo er herkommt. Doch zuerst er- ­Syrer, Afghanen und Iraner seien extrem spannt verbringen können», sagt Mohler. zählen alle kurz etwas über sich. Wo sie her- pflichtbewusst, sagt Gisske. «Welcher Nach der beschwerlichen und gefährli- kommen, wie lange sie bereits in der Schweizer Jugendliche würde schon am chen Flucht ist das Bett im Hegenheimer-

TagesWoche 14/16 Sonderförderung für den Klassenbesten: Die Lehrerin diktiert Hamid kurze Texte, er tippt sie in den Computer. foto: Eleni Kougionis

Quartier oft der erste sichere Ort, den diese einschüchternd auf sie. «Wirklich ausge- den Grund für seine Flucht, über die Reise, jungen Männer finden. lassen sind die Jungs selten», sagt Bähler. über seine Hoffnungen und Wünsche. Am Mittag kehrt Hamid aus der Schule Man spüre die Ungewissheit, die das War- «Ich komme aus einem kleinen Ort auf zurück. Er besteht darauf, uns einen Tee zu ten auf den Asylbescheid in ihnen auslöse. dem Land im Taliban-Gebiet, ungefähr servieren. Nacheinander finden sich alle 18 Autostunden von Kabul entfernt. Mein Bewohner ein. Im Wohnheim hat Betreuer «Manchmal mussten Vater besitzt dort etwas Land und einen Claudio Bähler das Mittagessen zubereitet. Bauernhof. Die Taliban wollten mich ein- Bähler wohnt zusammen mit seiner Frau wir wochenlang ziehen und zum Kämpfer machen. Da hat im gleichen Haus und ist die wichtigste mich mein Vater fortgeschickt. Er und ­Ansprechperson für die Jugendlichen. bei einem Schlepper mein kleiner Bruder sind noch dort, meine Im Heim werden sämtliche Mahlzeiten Mutter ist gestorben. Um meine Flucht zu gemeinsam eingenommen. Sie sind fester im Haus ausharren.» finanzieren, musste mein Vater ein Stück Teil des Tagesprogramms und eine Gele- Land verkaufen. Damit haben wir die genheit, sich auszutauschen. Heute gibt es Hamid, Asylsuchender in Basel Schlepper bezahlt, das hat ungefähr 7000 Pommes, was bei den jungen Männern für Dollar gekostet. Begeisterung sorgt. Nach dem Essen können wir uns mithil- Die Flucht hat drei Monate gedauert Die kommt allerdings nur scheu zum fe eines Übersetzers eingehender mit Ha- und führte mich über Pakistan und Iran in Ausdruck, unsere Anwesenheit wirkt wohl mid unterhalten. Über seine Heimat, über die Türkei, von dort nach Griechenland,

TagesWoche 14/16 10 Flüchtlinge über den Balkan nach Österreich und schliesslich in die Schweiz. Wir reisten ent- Basel muss immer mehr Bildungs­­­- weder zu Fuss oder im Auto. Dabei war ich meist alleine unterwegs. Eine Zeit lang hat angebote für Flüchtlinge einrichten. mich ein junger Mann begleitet, den ich ­unterwegs kennengelernt habe. Manchmal Doch dieser Aufwand lohnt sich. mussten wir wochenlang bei einem Schlep- per im Haus ausharren und uns verstecken. Die Flucht war sehr schlimm, viele Leute Alle zwei Monate sind unterwegs verschwunden. Niemand weiss, wohin. Als wir über das Meer fuhren, sah ich ein ganzes Boot voll mit toten Frau- eine neue Schulklasse en. Da waren sicher 15 Leichen. Ich wurde unterwegs nirgendwo regist- riert, erst in der Schweiz. Hier wurde ich ­zuerst im Empfangszentrum unter­ge- bracht. Nach etwa eineinhalb Monaten von Renato Beck linge in Basel zurechtfinden können, wel- kam ich dann zu B2. Ich bin so froh, dass ich che gesellschaftlichen Regeln und Konven- hier bin. Endlich darf ich in die Schule ie goldene Regel im Umgang tionen zu beachten sind. ­gehen. Zu Hause habe ich nie eine Schule mit jungen Flüchtlingen lautet: besucht. Ich musste meinem Vater auf dem So früh wie möglich mit der 80 Prozent finden eine Lehrstelle Hof zur Hand gehen. Es war mein grösster ­Integration beginnen. Doch der Denn es sind nicht die fehlenden Räum- Wunsch, dass ich hier etwas lernen darf. Derhöhte Zustrom an Schutzsuchenden lichkeiten oder die Schwierigkeiten, aus­ Am liebsten würde ich später studieren und stellt das Basler Bildungssystem vor gebildete neue Lehrkräfte zu finden, wel- Arzt werden. Aber ich weiss, dass das sehr Schwierigkeiten. Alle zwei Monate im che für die Bildungsbehörde die grösste schwierig ist für mich. Schnitt musste in Basel seit Beginn der Herausforderung darstellt, so Maier: «Es ist Nach Afghanistan will ich nicht mehr Flüchtlingskrise eine neue Schulklasse ge- die grosse Heterogenität der jugendlichen zurück. Höchstens, um noch einmal mei- bildet werden, in denen vor Krieg und Flüchtlinge.» Manche hätten einen höhe- nen Vater und meinen kleinen Bruder zu Elend geflohene Jugendliche unterge- ren Abschluss vorzuweisen, andere könn- sehen. Wir telefonieren einmal im Monat bracht werden. Zwei Millionen Franken ten kaum Lesen und Schreiben. zusammen. Es geht ihnen nicht so kosten die zusätzlichen Angebote pro Jahr Bislang weisen die Berufswahlklassen schlecht.» ab 2017. eine beachtlich hohe Erfolgsquote auf: «Man darf keine Zeit verlieren, sondern 40 Prozent schaffen direkt den Weg in eine Wenn Hamid über die muss sofort mit dem Sprach- und Integrati- Berufslehre, weitere nach einem onsunterricht beginnen», sagt Ulrich Mai- ­zusätzlichen Jahr. Nur jeder Fünfte schafft Schule spricht, wirkt es, er, Leiter Mittelschulen und Berufsbildung es auch dann nicht, den ersten Schritt auf im Erziehungsdepartement. Dies verlange dem Arbeitsmarkt zu unternehmen. «Die als würde er einen Teil auf Seiten der Behörden eine grosse Flexi- Zahl an Lehrstellen für vergleichsweise Un- bilität, denn man könne nicht vorhersehen, qualifizierte ist beschränkt», erklärt Maier, seiner Last abgeben. wie viele Flüchtlinge zugeteilt würden – weshalb es letztlich nicht alle schaffen. und vor allem nicht, wie viele davon min- Probleme schafft die Verteilpraxis des Hamid wirkt angespannt. Beim Spre- derjährig seien. Schweizer Asylsystems bei der Volksschule, chen hält er seine Arme verschränkt. Das weil Familien oft gezwungen sind, im Ver- Erzählen fällt ihm schwer und doch strahlt Manchmal beginnt es lauf des Asylprozesses den Wohnort zu er eine gewisse Ruhe aus. Er lächelt scheu. wechseln. Dadurch ist ein geregelter Schul- Wenn er über die Schule spricht, strahlt er beim Elementaren: betrieb über längere Dauer oft nicht mög- sogar. Als ob er einen Teil seiner Last abge- lich, sagt Maier. Neun Kindergärtler, 14 Pri- geben hätte und Platz für etwas Neues Wie finde ich mich marschüler und 26 Sekundarschüler mit schaffen konnte. Als ob dort, wo vorher Fluchthintergrund gehen derzeit in Basel nichts war, etwas Neues keimen würde. in Basel zurecht? zur Schule. Nächste Woche sind Schulferien, dann steht für Hamid und seine Kollegen von B2 Was sind die Regeln? Baselland muss selber schauen ein Tag im Schnee auf dem Programm. Bislang schaffe man es in Basel, sämtli- Ausserdem wollen sie den Garten aufräu- Bislang, sagt Maier, gelinge die Kraft­ che jungen Ankömmlinge zügig in einem men, Tische rausstellen und vielleicht den anstrengung. Seit den letzten Sommerferi- Bildungsangebot unterzubringen. Warte- Grill ein erstes Mal in Betrieb nehmen. en wurden vier neue Integrations- und fristen gibt es noch keine. Folgen hat die ­Danach beginnt der Frühling und die Ju- ­Berufswahlklassen gebildet, dazu eine Auf- ­angespannte Situation für den Nachbar- gendlichen erleben bald die ersten warmen fanggruppe mit total 76 Schülern. Diese kanton Baselland. Um genügend Kapazitä- Tage in der Schweiz. ­ermöglichen fremdsprachigen Zuzügern, ten in den Integrations- und Berufswahl- tageswoche.ch/+ciwrj × auch nach Erfüllung der obligatorischen klassen bewahren zu können, hat Basel- Schulpflicht in einem staatlichen Bil- Stadt die Vereinbarung aufgekündet, * Name geändert. Da die jungen Männer Weiterlesen, S. 28 dungsangebot unterzukommen. Während ­wonach auch Baselland zugeteilte Flücht- im B2 noch minderjährig sind, wurden ein bis zwei Jahren lernen Jugendliche zwi- linge teilnehmen können. Der Nachbar- sie so fotografiert, dass sie nicht zu erken- schen 16 und 20 Jahren, was es braucht, um kanton wurde gebeten, eigene Strukturen nen sind. den Weg in den Schweizer Arbeitsmarkt zu aufzubauen. finden. tageswoche.ch/+ 712y5 × «Welche Doch die neugebildeten Integrations- Flüchtlingskrise?», klassen müssen teilweise beim Elementa- tageswoche.ch/ ren beginnen: In einer im Januar aufge- +i3s1h gleisten Spezialklasse geht es zunächst nur darum, wie sich die minderjährigen Flücht-

TagesWoche 14/16 Foto: eleni kougionis 12 Schulden Ende 2016 verjähren in der Steuerverwaltung Verlustscheine im Wert von 98 Millionen. Der Kanton Basel geht deshalb nun auf die Schuldner los – und gefährdet damit Existenzen. Geld eintreiben – koste es, was es wolle

Obdachlos, eingeschätzt und Jahre später vom Steueramt betrieben. foto: keystone von Yen Duong

s herrscht Hochbetrieb in den Räumen der kantonalen Inkasso stelle am Fischmarkt 10. Die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter Eder Steuerverwaltung müssen hereinholen, was noch zu holen ist. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Ende dieses Jahres verjähren alle Verlustscheine, die vor 1997 ausgestellt wurden. Früher waren Verlustscheine unver- jährbar. Mit der Revision des Schuldbetrei- bungs- und Konkursgesetzes per 1.­ Januar 1997 wurde eine Verjährungsfrist von 20 Jahren eingeführt. Gemäss «Tages-Anzeiger» wird die Zahl der ablaufenden Verlustscheine schweiz- weit auf drei Millionen geschätzt. Bei ­einem durchschnittlichen Forderungs­ betrag von 5000 Franken ergibt das 15 Mil- liarden Franken Schulden, die sich Ende Jahr in Luft auflösen, wenn die Gläubiger untätig bleiben.

Ein «Riesenproblem» Untätig ist der Kanton Basel-Stadt dies- bezüglich ganz und gar nicht. Im Auftrag der Regierung hat vor über drei Jahren die Inkassostelle ihre Arbeit aufgenommen. Sie hat den Auftrag, sämtliche Forderun- gen der Verlustscheine für die Verwaltung einzutreiben. Das macht sie seither auch fleissig. Für den Kanton Basel-Stadt droht Ende 2016 viel Geld verlorenzugehen. Gemäss Christian Mathez, Leiter Rechtsdienst bei der Steuerverwaltung, verfallen am 31. De- zember in der Verwaltung voraussichtlich 28 500 Verlustscheine. Darunter Steuer­ forderungen von Kanton und Bund sowie weitere Forderungen anderer Verwal- tungsstellen im Gesamtbetrag von insge- samt 98 Millionen Franken. Systematisch fordert die Inkassostelle der Steuerverwaltung deshalb die Schuld- ner auf, ihre Verlustscheine zurückzukau- 13 Schulden fen. Erwartet wird eine Zahlung innert 30 Tagen oder ein Zahlungsvorschlag. Wer die 30-tägige Frist nicht nutzt, wird betrie- Die Steuerverwaltung will Geld von einst ben. Damit erhöht sich die Chance, das Geld mittel- bis längerfristig zurückzube- Obdachlosen. Ein Betroffener erzählt. kommen: Die Frist von 20 Jahren beginnt mit der Eröffnung der Betreibung nämlich von Neuem. Die Steuerverwaltung gewinnt «Das würde meine dadurch zwei Jahrzehnte Zeit. Die ablaufenden Verlustscheine be- schäftigen momentan auch die Schulden- Existenz vernichten» beratungsstelle «Plusminus» intensiv: «Die Verlustscheinbewirtschaftung des Kantons ist ein Riesenproblem für unsere Klientin- von Yen Duong ren von der Sozialhilfe abhängig war. «Man nen und Klienten. Viele von ihnen werden muss doch von Fall zu Fall schauen und von einer fernen Vergangenheit eingeholt, er Brief kam aus dem Nichts auch mal Kulanz zeigen. Hätte die Steuer- als sie zum Beispiel die Steuererklärung und löste bei M.A.* eine verwaltung ihre Arbeit richtig gemacht, nicht ausgefüllt hatten und deswegen ein- ­Lebenskrise aus. Dass ihn seine hätte sie nämlich gesehen, dass ich damals geschätzt wurden», sagt die Präventions- Vergangenheit als Heroin­ Sozialhilfebezüger war, und mich nicht so verantwortliche Agnes Würsch. Dabhängiger so einholen würde, hatte der hoch einschätzen dürfen.» 48-Jährige nicht erwartet. Aus seiner Dro- Fälle wie den von M.A. kennt die Om- Mehr Privatkonkurse genzeit hat M.A. bei der Basler Steuerver- budsstelle, die bei Konflikten zwischen der Manche Klienten trifft die Forderung waltung Verlustscheine in der Höhe von Basler Verwaltung und Bevölkerung vermit- unerwartet, weil sie nicht mehr wissen, dass über 44 000 Franken offen. telt, zur Genüge. Ombudsfrau Beatrice Ing- sie Verlustscheine haben. Zudem sei die Die Inkassostelle des Kantons forderte lin sagt: «Dieses Problem tritt momentan­ Zahlungsaufforderung für Verlustscheine ihn in einem Brief letzten September zum häufig auf, zumal die Verlustscheine Ende gerade für jene Personen, die eine erfolgrei- Rückkauf der Verlustscheine auf. Wenn er Jahr erstmals verjähren.» Die Beschwerde- che Schuldensanierung hinter sich hätten, die Rechnung nicht innert 30 Tagen beglei- stelle des Kantons hat versucht, für Perso- sehr heftig. «Für sie bedeutet dies, dass sie che oder einen Zahlungsvorschlag mache, nen, die zu hoch eingeschätzt wurden, eine eine zweite Sanierung machen müssten – leite die Verwaltung die Betreibung gegen Lösung zu finden. «Wir haben viel mit der eine unzumutbare Variante.» ihn ein. «Ich fiel aus allen Wolken», sagt Steuerverwaltung diskutiert – alle unsere Würsch bezeichnet die Verlustschein­ M.A. «Ich bin davon ausgegangen, dass ich Lösungsvorschläge für Erlassungsgesuche bewirtschaftung des Kantons in diesen Fäl- keine Schulden habe – das sagte mir zumin- wurden nicht akzeptiert», sagt Inglin. len als «stossend». «Grundsätzlich sind die dest das Fürsorgeamt damals.» Der Ombudsstelle sind die Hände ge- Hürden bei der Steuerverwaltung sehr bunden. «Rechtlich handelt die Steuerver- hoch – eine Einigung zu finden ist sehr «Rechtlich handelt die waltung korrekt. Aber für die Menschen, schwierig. Manchmal bleibt dann nur ein die damals gar nicht so viel verdient hatten, Privatkonkurs übrig.» Steuerverwaltung korrekt. sich aber nicht gegen die hohe Einschät- Die Privatkonkurse haben in den letzten zung wehrten, ist die Situation menschlich drei Jahren gemäss Auskunft des Kon- Für die Betroffenen aber unerträglich», sagt Inglin. Aktiv müsse kursamts in Basel-Stadt zugenommen: wohl die P­ olitik werden, denn um etwas Wurden 2013 noch 26 Privatkonkurse regis- ist die Situation ­dagegen un­ ternehmen zu können, brauche triert, waren es 2014 insgesamt 34. Vergan- es eine Gesetzesänderung. genes Jahr gingen 51 Personen in Konkurs. menschlich unerträglich» tageswoche.ch/+ e25m2 × Kein Spielraum Ombudsfrau Beatrice Inglin Die Steuerverwaltung bestätigt auf ­Anfrage, dass es praktisch keinen Spiel- Damals, das war in den 1990er-Jahren. raum gibt: M.A. war heroinsüchtig und lebte mehrere «Personen, die ihre steuerlichen Mit- Jahre auf der Strasse. In dieser Zeit füllte er wirkungspflichten nicht erfüllen, die Steuererklärung nicht aus. «Ich war gar werden amtlich eingeschätzt. Dagegen nicht in der Lage dazu. Ausserdem hatte ich können sie Einsprache erheben oder keine Wohnadresse, um Briefe entgegenzu- Rekurs ergreifen, um eine Korrektur zu Verlustscheine nehmen.» Das führte dazu, dass ihn die erwirken. Verstreicht die Rechtsmittel- Steuerverwaltung einschätzte und dabei frist unbenutzt, wird die Steuerforde- Nach Ablauf der Pfändung erhält auf Beträge zwischen 10 000 und 14 500 rung rechtskräftig und damit auch voll- ­der Gläubiger einen Verlustschein, Franken pro Steuerjahr kam. «Ich verdien- streckbar.» falls seine Forderung vom Schuld­ te in der Tat früher mal gut. In dieser Zeit, Einen Ausweg aus dieser Misere gibt es ner nicht gedeckt werden konnte. als die Steuerverwaltung mich einschätzte, für M.A. also nicht. «Die ganze Situation Verlustscheinforderungen werden war ich aber von der Sozialhilfe abhängig», ­belastet mich extrem. Erst recht, weil ich im Betreibungsregisterauszug sagt er heute. wieder mit beiden Beinen im Leben stehe – angezeigt. Eine Löschung erfolgt Für M.A. ist es ein Ding der Unmöglich- und jetzt das.» Er habe darum viel Alkohol erst, wenn die Verjährung einge­ keit, die Verlustscheine von über 44 000 konsumiert. «Einfach, damit es erträglicher treten ist oder die Schuld getilgt Franken zurückzukaufen: «Das würde mei- wird. Mittlerweile habe ich aber wieder wurde. Für den Verlustschein gilt ne Existenz vernichten. Ausserdem will ich ­damit aufgehört.» Die gesetzliche Frist von eine Verjährungsfrist von 20 Jahren. das auch nicht, weil ich damals gar kein 30 Tagen ist inzwischen längstens vorbei. Die Verjährung kann aber unterbro­ Einkommen erzielt hatte.» Er versuchte der M.A. wird derzeit von der Steuerverwal- chen werden, sobald eine neue Steuerverwaltung seinen Fall darzulegen – tung betrieben. Somit begleiten ihn die Betreibung eingeleitet wird, der und stiess dabei auf taube Ohren. Schulden 20 weitere Jahre. Schuldner die Forderung anerkennt M.A. findet es störend, dass sich die Ver- oder einen Teil davon ­begleicht. waltung kompromisslos zeigt, obwohl er * Name der Redaktion bekannt nachweisen kann, dass er vor über 20 Jah- tageswoche.ch/+ fy0bt × Leere und Tristesse: Im Innovationspark herrscht Ruhe statt Kreativbetrieb. foto: jeremias schulthess

Innovationspark von Jeremias Schulthess ie Fenster sind abgedunkelt, auf Der Innovationspark zeitige Ergebnisse, dem Bürotisch liegen Papiere verstreut, am Computer sitzt behaupten seine Macher. Doch konkrete ein etwa fünfjähriger Bub, der Deinen Film schaut. Nebenan befindet sich Resultate blieben bisher weitgehend aus. ein weiteres Büro. Darin gibt es einen weis­ sen Tisch mit Laptop und Telefon. Das sind die Räume an der Gewerbe­ strasse in Allschwil, in denen zwei Unter­ nehmen sitzen, die der Innovationspark laut eigenen Aussagen hier ansiedelte. Erfindung Überhaupt wirken Räumlichkeiten, in de­ nen der Innovationspark seinen Sitz hat, heruntergekommen. Ein Mitarbeiter eines Unternehmens vor Ort sagt: «Das ist nicht gerade das, was man sich unter einem einer Erfolgs­ ­Innovationspark vorstellt.» Der Innovationspark Region Nordwest­ schweiz, der 2011 von den beiden Halbkan­ tonen und der Handelskammer beider ­Basel (HKBB) gegründet wurde, ist seit ei­ geschichte nem Jahr an der Gewerbestrasse aktiv. Die einstigen Räumlichkeiten von Actelion an der Gewerbestrasse nutzt der Innovations­ park, bis in einigen Jahren weitere Fläche und ein Neubau im Bachgraben-Areal zur Verfügung stehen. Der Park sei jedoch ­bereits heute eine «Erfolgsgeschichte», sagt HKBB-Direktor Franz Saladin. Das begründet er so: Man habe bereits 4500 von 5000 Quadratmeter Fläche an «mehrere kleine Firmen» vermietet. Das ­erklärten die Verantwortlichen des Innova­

TagesWoche 14/16 15 Das Departement für Biomedical Engi- werden, will Saladin aber nicht sagen. Er neering belegt rund 2800 Quadratmeter. verweist auf einen Landratsbericht, in dem AOT hat etwa 250 zur Verfügung und Mini- von Kosten für «elektronische Vermark- navident belegt laut eigenen Angaben we- tungs-Instrumente und Social-Media-Akti- niger als 15 Quadratmeter – wie viel Fläche vitäten» die Rede ist. Einen Twitter- oder die Beratungsfirma MTIP mietet, konnte Facebook-Account führt der Innovations- nicht in Erfahrung gebracht werden. park indes nicht. Die Baselbieter SP-Co-Präsidentin Re- «Wir haben sehr viel gemacht» gula Meschberger war in der Kommission, Daraus ergibt sich eine vermietete Flä- als die Verantwortlichen des Innovations- che von etwa 3000 Quadratmetern, wovon parks inklusive Regierungsrat Thomas der allergrösste Teil dem Departement für ­Weber das Projekt vorstellten. Sie habe das Biomedical Engineering zufällt. Wie der Ganze kritisch hinterfragt, sagt Meschber- Innovationspark auf die 4500 Quadratme- ger. «Der Innovationspark wurde uns als ter kommt, die bereits an Firmen vermietet grosse Erfolgsgeschichte verkauft.» Den seien, bleibt somit unklar. Kommissionsmitgliedern sei nichts ande- Mehrere Anfragen der TagesWoche, die res geblieben, als den Verantwortlichen zu Räume zu besichtigen und unter anderem vertrauen. Am Ende stimmte Meschberger Filmaufnahmen vor Ort zu machen, schlägt und die Mehrheit der Landrätinnen und der SIP-Geschäftsführer André Moeri aus Landräte für den Verpflichtungskredit. und verweist auf HKBB-Direktor Saladin, der für Presseanfragen verantwortlich sei. Die Betriebskosten Moeri sagt Anfang März, er habe erst Mitte April wieder Zeit. umfassen auch Social- Auf die Frage, was der Innovationspark seit dem Einzug an der Gewerbestrasse vor Media-Aktivitäten. einem Jahr konkret erreicht habe, sagt Sala- din: «Wir haben sehr viel gemacht.» So Einen Twitter- oder habe der SIP die Räumlichkeiten an der ­Gewerbestrasse umgebaut. Die Universität Facebook-Account führt erklärt hingegen auf Anfrage, die Kosten für den Mieterausbau in Höhe von 1,2 Milli- der Innovationspark onen Franken habe man selbst ­bezahlt. Ein Höhepunkt des noch jungen Inno- indes nicht. vationsparks habe zudem 2015 stattgefun- Leere und Tristesse: Im Innovationspark herrscht Ruhe statt Kreativbetrieb. foto: jeremias schulthess den, erklärt Saladin. Die Werner-Siemens- Einen Business-Plan für die kommen- Stiftung sprach 15 Millionen Franken für den Jahre legten die Verantwortlichen den tionsparks im ­Januar vor der Volkswirt- ein Medtech-Projekt, das dereinst im SIP Politikern nicht vor. Saladin versicherte je- schafts- und ­Gesundheitskommission des unterkommen soll. Doch die 15 Millionen doch in der Landratskommission, dass der Landrats. gehen an das Projekt, nicht an den SIP. Für Entwurf eines Business-Plans bereits stehe Welche Firmen der Innovationspark – Saladin ist es aber ein Erfolg, da ein SIP- und demnächst vorgelegt werden könne. neu Swiss Innovation Park (SIP) genannt – Vorstandsmitglied die Akquisition der Gel- Auf die Anfrage, wann dieser Business-Plan bereits nach Allschwil gelockt hat, beant- der in die Wege leitete. «Der SIP konnte mit vorgelegt werde, sagt Saladin: «Die Busi- wortet Saladin nicht. Die Webseite des SIP diesem Kristallisationskeim äusserst er- ness-Pläne sind nicht öffentlich.» nennt vier Projekte, die bereits im Innovati- folgreich starten.» In der zweiten Phase, die der Innovati- onspark beheimatet seien: AOT und Mini- onspark ab 2018 anpeilt, soll ein Neubau im navident (zwei Spin-Offs der Uni und des Geld von Kantonen Bachgraben-Areal entstehen, etwa 200 Me- Universitätsspitals Basel), MTIP, ein Unter- Der Innovationspark erhielt 2013 eine ter vom heutigen Standort entfernt. Dafür nehmen, das Startups berät, sowie das halbe Million Franken von den Kantonen werde der Innovationspark die Kantone ­Departement für Biomedical Engineering Baselland und Basel-Stadt. 2014 legten die um eine Anschubfinanzierung anfragen, der Universität Basel. Halbkantone eine Million drauf. Nun spra- heisst es im Bericht an den Landrat. Die chen der Grosse Rat und Landrat im Kosten für das Gebäude in Allschwil und Der SIP führt auf seine ­Dezember 2015 und Februar 2016 einen ein weiteres in Delémont belaufen sich auf Verpflichtungskredit in Höhe von 2,7 Milli- etwa 132 Millionen Franken. Page zwei Spin-Offs der onen Franken. Das sind grosse Pläne. Fraglich bleibt, Dieses Geld verwendet der Innovations- ob die Unklarheiten bis dahin geklärt sind Uni auf. Doch deren park für drei Mitarbeiter und Betriebskos- und ob die Firmen, welche die Macher des ten von 2016 bis 2018. Damit soll «die Pro- Innovationsparks ankündigen, bis dahin Geschäftsführer sagt: jektierung des Designs und das Anlocken kommen werden. von Investoren» finanziert werden, so sag- tageswoche.ch/+ 43j9g × «Mit dem Innovations­ ten es die SIP-Verantwortlichen in der Landratskommission. park­ haben wir eigentlich Saladin erklärt, es gehe in erster Linie darum, «die Geschäftsstelle und damit den ANZEIGE nichts zu tun.» weiteren Aufbau des Innovationsparks zu finanzieren». Also zum Beispiel darum, das Die Geschäftsführer der beiden Spin- Marketing auszubauen und die Räume her- Noch keine Offs zeigen sich überrascht, dass der SIP zurichten. Lehrstelle 2016? ihre Unternehmen auf seiner Webseite auf- Für Mitarbeiter und Betriebskosten Drohender Lehrabbruch? führt. Frank Berlinghoff von Mininavident budgetiert der SIP jeweils 1,35 Millionen Jetzt anrufen und Lehrvertrag sichern! sagt: «Echt? Mit dem Innovationspark Franken über drei Jahre. Wofür die 1,35 Mil- Tel. 078 614 14 40 stiftung-fbj.ch ­haben wir eigentlich nichts zu tun.» lionen Betriebskosten konkret verwendet

TagesWoche 14/16 Grösse max. 2-spaltig, Höhe nach Ergebnis

16 Innenstadt von Dominique Spirgi In die leer stehenden Geschäfte in en Spalenberg rauf, die Freie Strasse runter wurde in den der Freien Strasse zieht neues Leben letzten Monaten das Lied vom Tod der Einkaufsstadt Basel ein – dank Modeläden aus Spanien. D­gespielt. Die Schreckensvision leerer Schaufenster wurde sogar zum offiziellen Comité-Sujet für die Basler Fasnacht 2016, das mit dem Titel «Mer mache dicht» Shop- ping-Endzeitstimmung verbreitete. Wie ein Fels in der Brandung stemmte Budgetketten sich der Geschäftsführer von Pro Inner- stadt Basel, Mathias F. Böhm, gegen die schlechte Grundstimmung. Die leer ste- henden Läden in der Freien Strasse und in der Gerbergasse würden nicht auf Dauer für die verwaist bleiben, wiederholte er mantra­ artig. Der Leerstand sei vorübergehend und bloss ein Zeichen für einen grundsätz- lichen Wandel im Detailhandel. Er sollte recht behalten. Die Läden wer- Freie Strasse den neu belebt. Allerdings wird sich das Angebot an der Top-Einkaufsstrasse verän- dern. Alteingesessene Traditionsfirmen und Geschäfte, die nicht auf das veränder- te Einkaufsverhalten der Bevölkerung re- agieren können, machen neuen Läden Platz. Und diese neuen Läden sind wie in vielen europäischen Einkaufsstrassen zu einem grossen Teil Filialen internationaler Detailhandel-Multis. In der Freien Strasse machen sich ins­ besondere Brands von spanischen Textil- multis breit. Wie die Besitzerfamilie Kost in der «Schweiz am Sonntag» bestätigte, wird Freie Strasse: Eine Einkaufsmeile im Umbau. foto: nils fisch eine Filiale des Mittelpreis-Modelabels Massimo Dutti die Räumlichkeiten des tra- ditionellen ehemaligen Sportgeschäfts Kost Sport an der Freien Strasse 51 bezie- hen. Massimo Dutti gehört zum spani- schen Textilmulti Inditex, der mit dem ­Label Zara bereits einen prominenten Platz an der Freien Strasse besetzt. «Es findet ein Refreshing statt, das der Stadt letztlich guttun wird.» Mathias F. Böhm, Pro Innerstadt

Ein paar Häuser weiter oben, an der Freien Strasse 59, wo früher Benetton seine Textilien verkaufte, wird der spanische ­Modekonzern Mango eine Grossfiliale er- öffnen. Mango ist bereits auf der unmittel- bar gegenüberliegenden Strassenseite in einem kleineren Geschäftshaus präsent und will diesen Standort mit seiner J­ugendlinie Violetta belegen.

Kommt die H&M-Edellinie COS? Verwaist ist auch der ehemalige Sitz der Postfinance an der Freien Strasse 38. Schon länger geht das Gerücht um, dass die H&M- Edellinie COS, die sich in Genf und Zürich bereits niedergelassen hat, dort einziehen werde. Der Sprecher der Liegenschaftsbe- sitzerin PSP Group aus Zürich will dieses Gerücht weder bestätigen noch dementie-

TagesWoche 14/16 17

Die Macher der neuen Pop-up-Store-Plattform: Gastronom Elias Buess (l.) und Ladenbesitzer François Spira. foto: dominique spirgi ren: «Wir geben noch keine Namen be- mischung von Einkaufsstrassen sorgen. Nur ein traditionelles Basler Mode­ kannt. Der Mietvertrag ist noch nicht un- Auch in der Freien Strasse ist für gastrono- geschäft wehrt sich wie das gallische Dorf terzeichnet und wir überlassen es grund- mische Auffrischung gesorgt. Im oberen von Asterix gegen die internationale Uni- sätzlich dem neuen Mieter, seinen Einzug Teil der Strasse hat sich die aus Dänemark formisierung der Freien Strasse. Es handelt zu kommunizieren.» stammende Trend-Café- und Saftkette Joe sich um die ehemalige «Fashion Gallery» & The Juice einen Standort gesichert. Spira. Zwar haben die Besitzer im vergan- Sushi an der Gerbergasse Dort werden sich vielleicht schon bald genen Sommer die Geschäftsaufgabe Ebenso zurückhaltend und zugleich die Gäste des ersten Schweizer Ablegers ­bekannt gegeben. Die Enkel des Firmen- vieldeutig äussert sich die PR-Agentur der Budget-Design-Hotelkette Motel One gründers haben inzwischen aber anders ­Loews GmbH in München, die COS im verköstigen, das über und neben der Basler entschieden. deutschsprachigen Raum vertritt: «Zu ei- Filiale der deutschen Modekette New Yor- Zusammen mit dem Jung-Gastrono- ner Eröffnung eines neuen COS Stores in ker eingerichtet wird. Die Eröffnung ist auf men Elias Buess hat Mitbesitzer François Basel liegen uns zum jetzigen Zeitpunkt September geplant. Spira ein neues Konzept für das Geschäft keine Informationen vor. Sollte ich hier kreiert, das in zwei Jahren seinen 100. eine entsprechende Pressemitteilung er- Die Spira-Enkel stemmen ­Geburtstag wird feiern können. Bereits ab halten, dann leite ich diese natürlich umge- 28. April wollen die Besitzer die nach ihren hend an Sie weiter», heisst es. Wie ein sich gegen die Worten «gleichgeschaltete» Einkaufsstras- grundsätzliches Dementi klingt das nicht. se mit einer neuen Plattform für Pop-up- «Die Besitzerfirmen sind nicht generell «Gleichschaltung» Stores und «Drinks, Snacks & Kaffi» bele- zu schnellem Handeln gezwungen, teilwei- ben. Spira sagt: «Wir wollen einen kreativen se durch bestehende Mietverträge, ande- der Freien Strasse Gegenpol setzen zur uniformen internatio- rerseits wird oft gleich die grundsätzliche nalen Eintönigkeit in der Freien Strasse.» Positionierung und Art der Nutzung und bieten eine Plattform tageswoche.ch/+ jdmrx × ­geprüft», sagt Mathias F. Böhm, der Ge- schäftsführer von Pro-Innerstadt. Das gilt für Pop-up-Stores. auch für die Liegenschaften der ehemali- ANZEIGE gen Schuh­geschäfte Botty und Deiss an der Ein Zwischenbilanz zeigt, dass an der Gerbergasse. An diesen Standorten sind Freien Strasse internationale Geschäfte im noch keine Nachmieter bekannt. Böhm ist Budget- oder Mittelpreis-Segment domi- Do 07.04. 20:00–21:30 aber überzeugt, dass sich für diese Top-La- nanter werden. Nostalgiker und Lokalpat- «Canti popolari Vol. 2» – SoloVoices gen leicht zahlungskräftige Nachmieter rioten mögen diese Filialisierung der Top- finden lassen werden. Einkaufsstrassen Basels bedauern. Böhm Fr 08.04. / Sa 09.04. Bereits bekannt ist, dass die Schweizer aber freut sich, dass es unter international «Versus» – Festival IGNM Basel Sushi-Kette Yooji’s das ehemalige Laden­ erfolgreichen Top Brands in Basel «eine Drei Konzerte mit elektronischer Musik T 061 683 13 13

lokal des Herrenbekleidungsgeschäfts grosse Nachfrage» nach Basler Niederlas- www.garedunord.ch Paul Kehl an der Gerbergasse beziehen sungen gibt. «Es findet ein Refreshing statt, wird. Gastrounternehmen, freut sich das auch andernorts zu beobachten ist, und Böhm, würden für eine belebende Durch- das der Stadt letztlich guttun wird», sagt er.

TagesWoche 14/16 18 St. Johann Auf die «Villa Carmen» folgt das Projekt Johannshof: Ein Beispiel, wie Zwischennutzung, Aufwertung und die Forderung nach mehr Wohnraum zusammenspielen. Umbrüche an der Vogesenstrasse

von Michel Schultheiss wohnungen stehen. Vor rund vier Jahren, der Immobilientreuhänder Dominique als der einstige Eigentümer gestorben war, ­Beurret sagt, auch wenn es «um privilegier- ine Zeit lang wucherten hier im erwarben die Investoren Manuel Levy und tes Wohnen» gehe. Vorgarten die Rosen. Ein Tausch- Patrick Dreyfus vom Basler Familienunter- kasten sorgte mal für Aufsehen, nehmen Regent Lighting die Parzelle. Am Adieu Kreativität aber auch für unerwünschtes Neubauprojekt beteiligt sind ausserdem Entsprechend sieht das Kundenprofil ESperrgut. Und bis zuletzt gab es hier immer zwei Basler Firmen: das Architekturbüro aus: «Eher gut qualifizierte Leute» hätten wieder kleinere Ausstellungen zu sehen. ­Staehelin, Gisin und Partner sowie das sich gemeldet, sagt Beurret, «etwa von Fir- Die Rede ist vom Areal der «Villa Carmen», ­Immobilienunternehmen Beurret und men wie ­Novartis, Roche und Actelion». Es einem Altbau an der Vogesenstrasse 23. Partner für die Vermarktung. seien aber auch «kreativ Tätige» dabei, und Den Kosenamen verdankt er seinen letzten Geplant sind insgesamt 42 Eigentums- ein paar Expats sollen ebenfalls zu den ­Bewohnern. wohnungen, verteilt auf ein fünfstöckiges künftigen Bewohnern gehören. Doch viele Heute steht hier ein Bagger. Die zwei Vorderhaus und ein viergeschossiges Hof- Käufer «wohnen bereits jetzt im Quartier Altbauten an der Vogesenstrasse 23 und 25 gebäude. Dazu kommen 42 Parkplätze. Die oder in der Umgebung». ­sowie eine Holzscheune werden abgeris- Wohnungen, die bislang nicht vergeben Das Areal, wo diese Eigentumswohnun- sen. Anfang 2018 sollen unter dem Namen sind, kosten zwischen 640 000 bis 940 000 gen entstehen, war im Quartier nicht ganz Johannshof zwei Gebäude mit Eigentums- Franken. «Ein mittleres Preissegment», wie unbekannt. Die neuen Investoren hatten

Zwischengenutzte Altbauten weichen Eigentumswohnungen: Die «Villa Carmen» liegt in Trümmern, das Projekt Johannshof wartet nur noch auf seine Umsetzung. fotos: michel schultheiss 19 zahlreiche Zwischennutzungen ermög- Olivier, einer der ehemaligen WG-­ Und: «Wir möchten ermöglichen, dass licht, die in den letzten paar Jahren frischen Bewohner der «Villa ­Carmen», sagt: «Mir auch Leute aus dem Quartier und nicht nur Wind in die Vogesenstrasse brachten. ist schon klar, dass das vermutlich so ge- Manager Eigentum erwerben können», Ab 2012 bewohnten zwei junge Familien macht wurde, damit das Haus nicht besetzt sagt Staehelin. während eines Jahres zu günstigen Preisen werden konnte.» Aus diesem Grund sieht er Die Bauarbeiten an der Vogesenstrasse den Altbau. Zu den Bewohnern gehörte un- dem Projekt Johannshof mit gemischten stellen nicht den einzigen Umbruch im ter anderem Andri Werlen, Mitbegründer Gefühlen entgegen: «Wenn man die Strasse St. Johann dar. Das gleiche Architekturbü- des Rucksacklabels «Indiz». In der Holz- anschaut, hat fast jeder nur für sich gelebt», ro plant am Burgfelderplatz, gleich beim scheune im Hinterhof befand sich sein Ate- stellt er fest. Mit der «Villa Carmen» ver- Restaurant Al Giardino, weitere Eigen- lier. Zeitweise waren dort auch ein Maler, schwinde eine Wohnform, die das Ganze tumswohnungen – wie ein mächtiger ein Designer und ein Jongleur unterge- ein wenig aufgelockert habe. Schild soll sich der Neubau dort erheben. bracht. Ein Schreiner, ein Tai-Chi-Raum, Und auch andere Firmen haben Projekte eine Velowerkstatt. Und das Kunstprojekt Dicht bauen, schön wohnen am Laufen, etwa in der St. Johanns-Vor- Pataphysisches Institut. Das mit dem Neubau beauftragte Archi- stadt, wo das Gebäude der alten Post neuen «Es gab viel Raum für wenig Geld», erin- tekturbüro befand sich bis vor Kurzem Luxuswohnungen weichen wird. nert sich Werlen. «Dafür wurde der Zwi- während sieben Jahren gleich neben der Die Veränderungen im Quartier stossen schennutzungsvertrag immer nur für ein «Villa Carmen», in der Nachbarschaft des nicht nur auf Gegenliebe. Auf der Baustelle paar Monate verlängert.» In der Zwischen- einstigen Parzellen-Eigentümers. Für Ar- an der Vogesenstrasse hatten Unbekannte zeit ist er mit seinem ­Label umgezogen. chitekt Dieter Staehlin ist klar: «Die beiden vor dem Abbruch der «Villa Carmen» ihre Dass sich sein ehemaliger Wohn- und Häuser stehen zu lassen war keine Option.» Slogans an die Fassaden gesprayt: «Ab­ ­Arbeitsort nun in ein Renditeobjekt ver- Die zwei niedrigeren Altbauten mit dem gerissen für Luxus», «Immobilienhaie wandelt hat, findet er schade, aber auch Hinterhof und den Werkstätten standen in stoppen». nachvollziehbar: «Die Liegenschaft war seinen Augen «wie eine Zahnlücke» in der schon in einem maroden Zustand», sagt Häuserzeile. «Aufstrebendes Hip-Quartier» Werlen. «Um den Stil zu erhalten, hätte man Die einstige «Mini-Gewerbeinsel» steht Auf der Website des Projekts Johanns- die Substanz viel früher schützen müssen.» noch immer, aber nicht mehr lange als Son- hof liest sich der Wandel selbstredend ganz Nach den beiden Familien nutzten Frei- derling mitten in einer Wohnzone. anders: «Zurzeit laufen einige städtebau- berufler und Studierende den Altbau für Nach Ansicht von Staehelin ist es der liche Veränderungen, welche zur weiteren eine Fünfer-WG – für total 2200 Franken im Kanton, der seit der Errichtung der Nord- Aufwertung des Quartiers beitragen wer- ­Monat. Diejenigen, die das Haus liebevoll tangente die Anweisungen gibt. «Es gab den», heisst es da. Die Beispiele sind die Ge- ­«Villa Carmen» tauften. ­einen brutalen Druck auf das Quartier», gend um den Bahnhof St. Johann, das um- findet er. Und meint damit die Bemühun- genutzte Hafenareal oder der Novartis Das ewige Dilemma gen des Staates, neuen Wohnraum zu schaf- Campus. Die Investoren wollen offensicht- Bei Kritikern der Stadtaufwertung führt fen, um die Bevölkerung, die einst dem ­ lich auf den Zug aufspringen. Das St. Jo- diese Art von Zwischennutzungen immer St. Johann den Rücken kehrte, wieder hann habe in den letzten Jahren eine «deut- wieder zu Diskussionen: Einerseits können zurückzuholen: den höheren Mittelstand. liche Qualitätsverbesserung erfahren und dadurch Mieter mit schmalem Budget eine Daher sieht Staehelin seine Aufgabe da- wurde zum aufstrebenden Hip-Quartier, Zeit lang günstig wohnen, arbeiten und rin, dicht zu bauen, aber ohne Abstriche in das auch viele Menschen aus der Pharma- neue kreative Impulse fürs Quartier brin- der Wohnqualität. So soll zum Beispiel das branche und von der Universität anzog», ist gen. Andererseits sichern sie dabei auch entstehende Hofgebäude an der Vogesen­ auf der Website zu lesen. das Neubauprojekt ab. strasse von einer Grünzone umgeben sein. tageswoche.ch/+ nlru1 ×

Zwischengenutzte Altbauten weichen Eigentumswohnungen: Die «Villa Carmen» liegt in Trümmern, das Projekt Johannshof wartet nur noch auf seine Umsetzung. fotos: michel schultheiss ANZEIGE

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Gesehen von Tom Künzli

Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 41-Jährige wohnt in .

TagesWoche 14/16 Parkraum Die weissen Parkfelder werden blau von Yen Duong

ie Mitarbeiter des Bau- und Ver- kehrsdepartements verbrauchen D derzeit sehr viel blaue Farbe. Seit Herbst 2013 wandeln sie alle weiss markier- ten Gratis-Parkplätze in der Stadt Basel auf Allmend in blaue Zonen um. Das schmerzt in erster Linie die Autopendler, die ihre Fahrzeuge nicht mehr kostenlos über Stun- den abstellen können und nun eine Besu- cherparkkarte für einen halben (sechs Franken) oder ganzen Tag (zehn Franken) lösen müssen. Unbeschränktes Gratis-Parkieren ist ­bereits heute an vielen Orten nicht mehr Bald erweitert: die Fondation Beyeler. Foto: Fondation Beyeler/Mark Niedermann möglich. In sieben von neun Quartieren ist die Ummarkierung schon abgeschlossen. Museum Gelände gelegenen Iselin-Weber-Park am Wie Jasmin Fürstenberger, Sprecherin des Bachtelenweg. Die Eigentümerin sei bereit, Bau- und Verkehrsdepartements sagt, gab der Fondation Beyeler das 9500 Quadrat- es 2013 etwa 12 000 weisse, unbewirtschaf- Beyeler plant meter grosse Grundstück zu günstigen tete Parkplätze in Basel. «Bis Ende März Konditionen zu verkaufen – unter der 2016 werden etwa 10 500 dieser Parkplätze ­Bedingung, dass diese sich zu Erhalt und hauptsächlich in Parkplätze der blauen ohne Basler Pflege des Parks verpflichtet und die Bewil- Zone mit Anwohnerprivilegierung umge- ligung zum Bau eines ergänzenden Muse- wandelt sein.» Architekten umsbaus erhält. Rund 1500 Parkplätze müssen noch Der Erweiterungsbau würde an die Stel- ­ummarkiert werden. Gratis parkieren kön- von Dominique Spirgi le der heutigen Wohnhäuser am Bachtelen- nen Autofahrer momentan nur noch im­ weg zu stehen kommen. Darin sollen neue St. Johann und Iselin – und auch das nicht ie Museumsstadt Basel boomt und Ausstellungsräume – für Schenkungen und mehr lange: «Ab April werden die Parkplät- baut aus. Mitte April wird das Dauerleihgaben, wie es heisst – und ein ze im Postleitzahlkreis 4055 ummarkiert. D Kunstmuseum Basel seinen neuen neues Auditorium Platz finden. Ab Juni folgen die Parkplätze im Postleit- Erweiterungsbau feierlich einweihen. Und zahlkreis 4056», so Fürstenberger. während sich alle Augen der Kunstwelt auf Geld aus Bern und Zürich dieses Ereignis richten, treibt wenige Kilo- Der Erweiterungsbau – vom Erwerb von Gratis-Parkplätze verschwinden meter nordwestlich davon die Fondation Land und Liegenschaften, über die Finan- Bis Mitte 2016 werden sämtliche Gratis- Beyeler in Riehen ihre eigenen Ausbau- zierung des Neubaus bis hin zum Betrieb Parkplätze – wie geplant – verschwunden pläne voran. und Unterhalt für die ersten zehn Jahre sein. Nach der bisherigen Regelung gab es Wie die Fondation Beyeler mitteilt, hat – wird privat finanziert. Dafür liegen laut auf Basler Allmend rund 12 000 Parkplätze sie «elf führende nationale und internatio- Mitteilung der Fondation Beyeler bereits in der weissen und 14 000 in der blauen nale» Architekten mit einem Studienauf- feste Zusagen in der Höhe von 50 Millionen Zone. Neu wird es nun also 26 000 Parkplät- trag für den Erweiterungsbau betraut. Franken vor. Bis jetzt bekannte Geldgeber ze in der blauen Zone geben (Anwohner Unter den ausgewählten Büros befindet sind die Wyss Foundation des Berner können eine Jahreskarte für 140 Franken sich keines aus Basel, dafür gleich vier aus Milliardärs Hansjörg Wyss (Präsident der ­lösen). Japan – darunter das renommierte Büro Beyeler-Stiftung) sowie die Daros Collec- Am meisten Parkplätze auf Allmend gibt Sanaa, das bereits auf dem Novartis Cam- tion des Zürcher Industriellen Stephan es übrigens mit 4360 respektive 4148 Stück pus und auf dem Vitra-Gelände in Weil am Schmidheiny. in den Postleitzahl-Kreisen 4054 (Paulus/ Rhein bemerkenswerte Spuren hinterlas- Über den aktuellen Stand des Land­ Bachletten/Neubad) und 4058 (Kleinbasler sen hat. erwerbs und des Baubewilligungsverfah- Altstadt und oberes Kleinbasel). Mit 1179 rens will sich die Fondation Beyeler zum Plätzen ist diese Zahl im Postleitzahl-Kreis Preisgekrönte Architekten jetzigen Zeitpunkt noch nicht äussern. Der 4051 (Grossbasler Altstadt und angrenzen- Unter den nationalen Architekten sticht Umstand aber, dass konkrete Studienauf- de Gebiete) am niedrigsten. der zwar in Basel geborene, aber in Grau- träge vergeben wurden, und die Tatsache, tageswoche.ch/+vsw7h bünden heimische Peter Zumthor heraus. dass der Riehener Gemeindepräsident Er ist wie das Büro Sanaa und mehrere wei- Hansjörg Wilde im Beurteilungsgremium tere eingeladene Architekten Träger des Einsitz hat, deuten darauf hin, dass es hier Pritzker-Preises, der weltweit wichtigsten nicht mehr allzu viele Hürden zu überwin- Auszeichnung für Architektur. Auch der den gibt. ­Architekt des bestehenden, viel gelobten tageswoche.ch/+tksjx × Museum-Hauptbaus, Renzo Piano, ist Trä- ger dieses Preises. Entstehen soll der geplante Erweite- rungsbau auf dem südlich vom heutigen

TagesWoche 14/16 Bildstoff 360° tageswoche.ch/360

Brasília Dafür haben sie Geld: Die Industrie­ lobby von São Paolo protestiert vor dem National­ kongress mit auf­ blasbaren Riesen­ enten gegen geplante Steuer­ erhöhungen. Gregg Newton/Reuters

Paris Das ist kein Schlaf­ zimmer für Leute, die schon überall waren. Oder nicht nur. Im Aquarium von Paris darf ein Wettbewerbsgewin­ ner im Haifisch­ becken nächtigen. Zudem soll die Aktion «missver­ standenen» Hai­ arten Aufmerksam­ keit verschaffen. Charles Platiau/ Reuters

Schanghai Die Schweizer Post will, dass ihre Paket­ boten schneller arbeiten. Auch in China müssen die Leute vom Liefer­ service auf Zack sein, darum brin­ gen sie sich mit ein paar Liegestützen in Form. Reuters/Stringer Kairo Mit dem Schrecken davon gekommen: Ein Crewmitglied des entführten Egypt­Air-Fliegers wird nach der glimpflich ausge- gangenen Entfüh- rung getröstet. Mohamed El Ghany/ Reuters

Dalandsadgad Warum nicht mal Kamel-Polo in der Wüste Gobi? Hier geht es allerdings nicht um missver- standene Tiere, sondern um ein mongolisches Fest namens «Temee- nii Bayar». Nicht im Bild: ein Ren- nen vollbeladener Kamele über 15 Kilometer, die der Sieger in 35 Minuten und 12 Sekunden bewältigte. B. Rentsendorj/ Reuters

TagesWoche 14/16 24 Bestattungsanzeigen Basel-Stadt und Region

Allschwil Helber-Burkhardt, allee 59, Basel, Trauer- Strohmeier-Meier, Graf-Pederzoli, Urs Margaretha Elisabeth, feier: Freitag, 01.04., Rolf, von Dürnten/ZH, Bruno, von Basel/BS, von Basel/BS, 10.30 Uhr, Friedhof 11.06.1957–29.03.2016, Gempen/SO, 03.08.1936–20.03.2016, am Hörnli. Oberdorf 30, Muttenz, 26.09.1959–25.03.2016, Leimenstr. 67, Basel, Sasse, Karl Dieter, von Trauerfeier: Dienstag, Baselmattweg 193, Trauerfeier: Dienstag, Basel/BS, 17.08.1934– 05.04.2016, 16.15 Uhr, Allschwil, Trauerfeier 05.04., 14.30 Uhr, 23.03.2016, Rütlistr. 43, ref. Kirche St. Arbo- und Beisetzung im Dorfkirche Riehen. Basel, Trauerfeier: gast, Urnenbeisetzung engsten Familienkreis. Henzler-Löffler, Karl, Dienstag, 05.04., im engsten Familien- kreis. Matter, Peter Heinz, von Basel/BS, 11.00 Uhr, Peterskir- von Kölliken/AG, 22.12.1929–12.03.2016, che. Pratteln 10.05.1938–28.03.2016, Fatiostr. 35, Basel, Schmid-Gallmann, Aral, Özcan, von Weiherweg 22, All- Trauerfeier: Freitag, Anneliese, von Riggis- Pratteln/BL, schwil, Trauerfeier 01.04., 14.30 Uhr, berg/BE, 28.09.1929– 03.04.1936–28.03.2016, und Beisetzung: Friedhof am Hörnli. 21.03.2016, Zürcherstr. Essigweg 25, Pratteln, Freitag, 08.04.2016, Huber-Vontobel, Urs, 143, Basel, wurde Trauerfeier und Bei- 10.30 Uhr, Besamm- von Basel/BS, bestattet. setzung im engsten lung: Kapelle Friedhof 03.07.1940–25.03.2016, Schöllkopf-Ryter, Familienkreis. Allschwil. Sustenstr. 13, Basel, Rudolf, von Basel/BS, Reinach Trauerfeier: Freitag, Basel 21.01.1917–20.03.2016, Buchner, Erich, von 01.04., 11.30 Uhr, Horburgstr. 54, Basel, Basel/BS, 23.05.1929– Aeberli-Reinhard, Leonhardskirche wurde bestattet. 28.03.2016, Schalber- Irmgard, von Reigolds- Basel. wil/BL, 17.08.1937– Schumacher, Maria str. 75, Reinach, 28.03.2016, Ensishei- Kehrli, François, von Ursula, von Ricken- Trauerfeier: Freitag, merstr. 1, Basel, Innertkirchen/BE, bach/SO, 28.10.1942– 08.04.2016, 14.00 Uhr, Trauerfeier: Freitag, 21.04.1962–23.03.2016, 12.03.2016, Neubadstr. Friedhof Fiechten, 08.04., 15.30 Uhr, Rheingasse 25, Basel, 165, Basel, wurde Reinach. wurde bestattet. Friedhof am Hörnli. bestattet. Frei, Sonja, von Au/ Bont-Fausch, Eleo- Krug-Seeberger, Sigg-Zuber, Elisabeth, SG, 17.07.1929– nora, von Basel/BS, Sylvia, von Basel, von Basel/BS, 23.03.2016, Bruder- 19.04.1924–22.03.2016, 22.09.1927–15.03.2016, 29.01.1923–18.03.2016, holzstr. 41, Reinach, Giornicostr. 144, Basel, Inselstr. 76, Basel, Jacob Burckhardt- Trauerfeier: Donners- wurde bestattet. wurde bestattet. Str. 11, Basel, Trauer- tag, 07.04.2016, 10.00 Uhr, Friedhof Fiech- Bürgi-Plattner, Löhrer-Scherrer, Max feier: Montag, 04.04., ten, Reinach. Richard, von Basel/ Eduard, von Wald- 13.30 Uhr, Friedhof BS, 26.09.1923– kirch/SG, 16.06.1930– am Hörnli. Meyer-Jost, Jean, von 21.03.2016, Weiler- 20.03.2016, Höhen- Vorraro-Cardella, Basel/BS, 09.04.1928– weg 8, Basel, wurde weg 61, Basel, Trauer- Rosa, aus Italien, 23.03.2016, Eggfluh- bestattet. feier: Freitag, 01.04., 24.06.1935–26.03.2016, str. 52, Reinach, Trau- 13.30 Uhr, Friedhof erfeier und Urnenbei- Dimetto-Conrad, Giornicostr. 222, Basel, am Hörnli. setzung: Mittwoch, Silvio Antonio, von Trauerfeier: Dienstag, 13.04.2016, 14.00 Uhr, Basel/BS, 10.11.1926– Lüthi-Lüscher, Anna- 05.04., 13.30 Uhr, Friedhof Fiechten, 24.03.2016, Holeestr. marie, von Laupers- Friedhof am Hörnli. Reinach. 119, Basel, Trauerfeier: wil/BE, Wasser-Weiss, Elise, Freitag, 01.04., 09.30 11.08.1950–25.03.2016, von Basel/BS, Riehen Uhr, Friedhof am Asconastr. 3A, Basel, 01.09.1930–25.03.2016, Grolimund-Gais- Hörnli. Trauerfeier: Dienstag, Sperrstr. 100, Basel, rucker, René Anton, 05.04., 14.30 Uhr, Trauerfeier: Donners- von Riehen/BS, Fabian, Jürgen Dieter, Tituskirche. aus Deutschland, tag, 07.04., 14.00 Uhr, 07.09.1934–28.03.2016, 18.06.1955–23.03.2016, Muhmenthaler-Heu- Dorfkirche Klein- Inzlingerstr. 164, Breisacherstr. 83, berger, Marianne Ida, hüningen. Riehen, Trauerfeier: Basel, Trauerfeier: von Basel/BS, Sumis- Muttenz Freitag, 01.04, wald/BE, Elfingen/ 14.00 Uhr, Kapelle Mittwoch, 06.04., Gisin-Jauslin, Johan- 13.30 Uhr, Friedhof AG, 21.04.1939– Gottesacker Riehen. 23.03.2016, Eichen- nes «Hans», von am Hörnli. Muttenz/BL, Tenni- Walliser, Gebhard str. 24, Basel, wurde Kanisius, von Dor- Fest-Bösiger, Elisa- bestattet. ken/BL, 07.10.1922– beth, von Basel/BS, 27.03.2016, Römer- nach/SO, 24.12.1926– 20.01.1946–25.03.2016, Müller-Beer, Ella, von weg 23, Muttenz, 17.03.2016, Lerchenstr. 6, Basel, Zweisimmen/BE, Bestattung: Dienstag, Im Esterli 22, Riehen, Trauerfeier im engs- 05.04.1932–23.03.2016, 05.04.2016, 14.00 Uhr, wurde bestattet. ten Kreis. Roggenburgstr. 35, Friedhof Muttenz, Basel, Trauerfeier: Trauerfeier anschlies- Hefti-Vogt, Kurt, von Mittwoch, 06.04., Luchsingen/GL, send in der ref. 11.30 Uhr, Friedhof Kirche St. Arbogast. 04.01.1942–17.03.2016, am Hörnli. Dorfstr. 38, Basel, Gräser-Stöcklin, wurde bestattet. Paiz-Stocker, Eva Charlotte Mathilde, Elisabeth, von Ober- Helber-Burkhardt, von Basadingen- mumpf/AG, Schlattingen/TG, Margaretha, von 02.04.1954–20.03.2016, Basel/BS, 03.08.1936– 16.12.1946–28.03.2016, Güterstr. 97, Basel, Rührbergstr. 5, Mut- 20.03.2016, Leimen- wurde bestattet. str. 67, Basel, Trauer- tenz, Trauerfeier: feier: Dienstag, 05.04., Ridino-Cafarelli, Mittwoch, 06.04.2016, 14.00 Uhr, ref. Kirche 14.30 Uhr, Dorfkirche Giuseppina, aus laufend aktualisiert: Riehen. Italien, 15.05.1934– St. Arbogast, Urnen- 23.03.2016, Wettstein- beisetzung im engsten tageswoche.ch/todesanzeigen Familienkreis.

TagesWoche 14/16 25 Knackeboul Entwicklungsprojekte besuchen, rappen mit lokalen Musikern – so war die Reise nach Uganda geplant. Doch dann brach die Realität des Ghettos über den Muzungu aus der Schweiz herein.

Bobi hat sich als einziger angefragter Künstler geweigert, an einem Promo-Song für Präsident Museweni mitzuwirken. ­Museweni sichert sich mit Repression und politischen Tricks seit 30 Jahren die Macht – und das obwohl in Uganda offiziell Demo- kratie herrscht. Im Ghetto erklären Bobi Wine und seine ch bin zurück von einem zehntägi- Entourage fundiert die Dynamiken und gen Uganda-Trip. Die Chance dazu Ungerechtigkeiten des Alltags in Kampala. gab mir Viva con Agua, eine weltweit Die Arbeitslosenquote ist hoch, die Bildung operierende «All-Profit-Organisati- tief, die Löhne sind ungerecht, die Mittel- Ion», die regelmässig auch in Basel, etwa im schicht ist quasi inexistent. Die Menschen Umfeld des Open Air Basel aktiv ist. vegetieren arm und frustriert dahin, wäh- Nach einem 24-Stunden-Flug mit Zwi- rend sich eine politische Elite auf dem Berg schenlandung in Ruanda kommen wir um Knackeboul ist Rapper, Beatboxer mit Bestechungsgeldern internationaler vier Uhr in der Früh in Kampala an, der und Publizist. Konzerne (Uganda ist reich an Bodenschät- Hauptstadt von Uganda. Es ist dunkel und tageswoche.ch/+4axak zen) ein schönes Leben gönnt. heiss. Der Fahrer will uns durch die Haupt- stadt bringen, bevor die Staus losgehen. Die hässliche Realität der Selbstjustiz Ein erstes Klischee wird relativiert: Wäh- tige Zusammenarbeit unter den einzelnen Mitten im Gespräch, es ist inzwischen rend den Schweizern strenge Arbeitsmoral Hilfswerken weitgehend ausschliesst. dunkel, im Studio nimmt Octopizzo seinen attestiert wird, behauptet man von Afrika- Die unerträglichste Art des Muzungu- Part auf, während wir draussen rauchen, nern eher das Gegenteil. Von wegen! Um Fiebers wütet aber immer noch in Form der höre ich plötzlich fürchterliches Geschrei. halb fünf ist die halbe Stadt auf den Beinen. Christianisierung. Gerade Evangelikale Ich sehe einen Mann, der um sein Leben Arbeitet, atmet, lacht. aus dem amerikanischen Bible Belt strö- rennt und dabei sein T-Shirt auszieht. Hin- Dann bricht der Tag an und das Land men ins Land, um diesen «armen Teufeln» ter ihm her eine schreiende Meute ange- wird seinem Ruf als «Pearl of Africa» mehr ihre Dämonen auszutreiben. führt von Boda-Boda-Fahrern(M­ otorrad-­ als gerecht. Lilablaurot-Töne und dunkel- Spätestens wenn man sieht, wie in den Taxis). Sie verschwinden etwa 100 Meter grüne Pflanzenwelten dringen durch den Dorfschulen christliche Moral, Disziplin von uns entfernt hinter einem Blechzaun. Staub und den Beton des Molochs. Endlich und das ewige Repetieren englischer Phra- Das Geschrei und die beängstigende Ener- aus der Stadt raus, nehmen die Farben sen gefördert und Aufklärung, die Anima- gie in der Luft schwillt an und verebbt nach überhand. Die Pracht der Natur färbt auch tion zu selbstständigem Denken und Eman- ein paar Minuten wieder. auf die Menschen, die Kleider, die Häuser zipation vernachlässigt werden, treten die Der Mann war wohl ein Dieb. Vielleicht und sogar Vehikel ab. Symptome dieses Fiebers offen zutage. wurde er auch zu Unrecht als solcher be- Ein zweiter Fahrer übernimmt. In einem schuldigt. Jedenfalls wurde er nicht weit klimatisierten Jeep der Welthungerhilfe. Zehn Minuten nach dem entfernt von uns gelyncht. Einige Jungs aus Von den Einheimischen nur «Welthunger» Bobi Wines Entourage ­gehen zum Schau- genannt, afrikanisch «Weldhanga». Lynchmord flackert platz. Als sie zurückkommen, zucken sie mit Dutzende Hüttendörfer, Tausende von den Achseln: «He’s dead.» Dem jüngsten Menschen, vor allem Kinder. Ohne genü- Blaulicht durchs Ghetto. von ihnen steht das Entsetzen ins Gesicht gend zu essen, ohne ausreichenden Wasser- geschrieben, die älteren Jungs meinen, das zugang. Mitten im glühenden Nichts. Wie Die Polizei eskortiert einen sei hier normal. Es gibt im Ghetto kein Ge- leben diese Menschen? Wie könnte man setz. Man kann nicht die Polizei rufen. Das ­ihnen helfen? Wie ist es so weit gekommen? Politiker ins reiche Viertel. ist die hässliche Realität der Selbstjustiz. Denkt sich ein verweichlichter M­ uzungu Ich zittere am ganzen Körper. Man beru- («Weisser») namens Knackeboul, während Zurück in der Hauptstadt Kampala geht higt mich: Als Muzungu habe ich nichts zu er in einer klimatisierten Zeitkapsel ins Pro- die Akklimatisierung an dieses Land weiter. befürchten. Etwa zehn Minuten später jektgebiet und weit in die Vergangenheit – Gefördert von der Offenheit der Menschen, doch noch Blaulicht. Die Polizei eskortiert oder besser: Verlassenheit – dringt. der Musik und der Freude in unserer ge- einen Politiker ins reiche Viertel. mischten Reisegruppe aus Schweizern, Später sitze ich aufgewühlt auf dem Das Muzungu-Fieber Deutschen und Einheimischen. Aber auch Rücksitz eines Boda-Bodas, bin glücklich, Dieses Land leidet seit über 200 Jahren beeinträchtigt durch das Chaos und das ein Muzungu zu sein, und schäme mich am Muzungu-Fieber. Die Weissen kamen ­offensichtliche Elend in den Ghettos. gleichzeitig unendlich dafür. erst als Missionare, dann als Kolonialher- Hier lernen wir den Ghettopräsidenten × ren, dann wieder als Kolonialherren in richtig kennen. Nachdem ich schon im Pro- Form von Grosskonzernen und schliess- jektgebiet mit ihm aufgetreten bin, wirds lich als Hilfswerke – NGOs. nun richtig intensiv. Der Ghettopräsident Problematisch dabei ist, dass die Hilfs- ist Bobi Wine, einer der bekanntesten ugan- werke in ihrer Arbeit oft selbst wie Konzer- dischen Musiker und Rapper, mit dem wir, ne funktionieren: mit plakativen Bildern ein paar Rapper aus Europa und Afrika, in von verhungernden Kindern, Rentabilität seinem Studio am Rand des Ghettos einen und Konkurrenzdenken, das eine vernünf- Song aufnehmen.

TagesWoche 14/16 26 Irland von Georg Kreis Ostern vor 100 Jahren sollte die Iren aus stern ist manchmal früher, manchmal später im Jahr. Vor der britischen Herrschaft erlösen. Klappte hundert Jahren war Ostern am 24. April. Für die irische Nation nicht ganz. Der Versuch zählt noch immer. Oein historisches Datum, an das immer ­wieder erinnert wird. Dabei orientiert man sich allerdings nicht an der Zählung der Kalendertage, sondern am wechselnden Ostertermin. So ist am vergangenen Ostersonntag, Fest des Leids dem 27. März, des Aufstands gedacht wor- den, der vor 100 Jahren die Unabhängigkeit der Insel vom britischen Königreich hätte bringen sollen. Ostern: das Fest des Leids und der Auferstehung – auch der irischen und der Nation. Kontroversen unter der Oberfläche Die Gedenkfeier galt einer höchst wi- dersprüchlichen Geschichte und setzte Auferstehung entsprechend unterschiedliche Beurtei- lungen frei. Gefeiert wurde jedoch mit den üblichen Ingredienzien: Es ging nicht ohne viel Militär und vorbeibrausende Jets (der britische Sender BBC sprach von ­Irlands grösster Parade), es folgten oder gingen voraus Kranznieder­legung,

Auch wenn er niedergeschlagen wurde: Der Osteraufstand in Dublin erschütterte das britische Empire. foto: getty images 27 ­Salutschüsse, Fahnenkult und Schweige- Erschiessung von 15 Aufständischen hätte wie weit man als ehemalige Kolonie nun minute. Natürlich alles begleitet vom übli- es jedoch auch aus Gründen der Staats­ selber dem Lager der Kolonialmächte chen Jubiläumskommerz: T-Shirts, Kühl- räson absehen sollen. Die Hingerichteten angehörte. schrankmagnete, als «Zeitzeugen» kostü- wurden zu Volkshelden, zu Märtyrern der Dass so eine Feier auch Züge der Selbst- mierte Schauspieler und dergleichen. irischen Unabhängigkeit. beweihräucherung trug, liess sich freilich Unter der Oberfläche des Mega-Events nicht vermeiden. Trotzdem musste sie es lauerten allerhand Kontroversen. Ein wich- Das Beste, was die sich gefallen lassen, dass auch darauf hin- tiger Streitpunkt war und ist, ob die Auf- gewiesen wurde, wie weit Irland in der ständischen von Ostern 2016 ehrenvolles Aufständischen leisteten, ­Zwischenzeit zuweilen von dem Ideal von Angedenken überhaupt verdienten. 1916 entfernt war – mit dem Kindermiss- Father Seamus Murphy, ein führender war die Unabhängigkeits- brauch, dem Scheidungs- und Abtrei- Geistlicher Irlands, stellte sich auf den bungsverbot, der korrupten Nähe von Bau- Standpunkt, die Aufständischen hätten erklärung. unternehmern, Bankern und Politikern sich nicht auf den katholischen Glauben und anderem mehr. Hingegen entsprach berufen können, sie hätten nicht dem Das Jubiläum setzt tatsächlich die Frage die im letzten Herbst über eine Volksab- «Christian God» gedient. Die Aufstän­ frei, ob dieser Aufstand überhaupt nötig stimmung eingeführte Homo-Ehe («same- dischen hatten aber verkündet, dass die ­gewesen sei. Hätte man auf dem Verhand- sex marriage») durchaus den historischen ­Befreiung Irlands von der britischen lungsweg nicht weiter kommen können? Vorgaben. Fremdherrschaft nur noch eine Frage von Bis 1912 hatte Grossbritannien drei An- Tagen sei – «mit Gottes Hilfe». läufe unternommen, um Irland zu einem Die Reaktion der Briten Ob die kleine Gruppe aus Schriftstel- Autonomiestatus mit eigenem Parlament Besonders interessieren könnte, wie lern, Sprachfanatikern, Lehrern, Veteranen zu verhelfen. 1912 reagierten vor allem Grossbritannien auf die Feier des Auf- und revolutionären Marxisten bei der Be- ­nordirische Protestanten am «Ulster stands vor 100 Jahren reagiert hat. In der setzung der legendär gewordenen Haupt- ­Covenant» mit offener Aufkündigung des recht breiten Medienberichterstattung un- post rücksichtslos vorgingen, wird nicht re- Gehorsams gegenüber der Krone. Für sie serer Breitengrade blieb dies weitgehend kapituliert. Gesagt wird aber, dass auf die bedeutete «Home Rule» nichts weniger als eine Leerfläche. In einem Nebensatz wur- schlecht vorbereitete Aktion die brutale «Rome Rule» unter katholischer Vorherr- de gesagt, dass Prinz Charles aus Sicher- ­Repression durch britische Streitkräfte mit schaft. Die protestantische Seite schuf eine heitsgründen nicht nach Dublin geflogen modernster Artillerie folgte und dass dabei grossangelegte Miliz und liess sie 1914 mit war. Von Downing Street kam offenbar unzählige Menschen umkamen, über die deutschen Waffen versorgen. ­keine Erklärung – war ja auch kein briti- Hälfte Zivilisten, unter ihnen 40 Kinder. Das Beste, was die Aufständischen leis- sches Fest. teten, war die Unabhängigkeitserklärung, Für die britische Presse war das «Easter Osteraufstand: ein Wendepunkt? die am vergangenen Ostersonntag natür- Rising» aber doch ein Thema. Betont wurde Nach einer Woche war der «Spuk» vor- lich wieder verlesen wurde und zuvor in aus gegebenem Anlass vor allem die Ähn- bei. Und doch wirkte er nach und nährte ­allen Schulen verteilt worden war. Insbe- lichkeit und Verflochtenheit der beiden den Unabhängigkeitskrieg, der 1919 ein- sondere die folgende Passage kann Gültig- ­Nationen, sogar von Blutsbrüderschaft war setzte, zwei Jahre dauerte und auf den auch keit beanspruchen: die Rede. noch ein langer inneririscher Bürgerkrieg «Die Republik garantiert religiöse und Es wurde an den Staatsbesuch der briti- folgte sowie die Gründung des Freistaates bürgerliche Freiheit, gleiche Rechte und schen Königin im Mai 2011 erinnert – den 1922. gleiche Chancen für all ihre Bürger und er- allerersten in Irland – und an den Gegenbe- Im heutigen Gedenken wird mit «1916» klärt ihre Entschlossenheit, Glück und such des irischen Präsidenten Higgins vom gerne eine doppelte Premiere beansprucht: Wohlstand der ganzen Nation und all ihrer April 2014. Irland könne doch ­wieder Mit- erster Aufstand gegen Kolonialherrschaft Teile zu fördern, alle Kinder der Nation glied des Commonwealth werden (nach und erste soziale Revolution (noch vor der- gleich hoch zu achten ...» dem Austritt von 1949), Königin Elisabeth II. jenigen in Russland). Der Osteraufstand Vor dem 100-Jahr-Gedenken bestand sei für viele Mitglieder ja kein Staatsober- war auch für die irische Kulturministerin auch eine gewisse Sorge, ob dadurch die in- haupt mehr, man sei vor allem eine Werte- Heather Humphreys der Anfang vom Ende zwischen wieder grösser gewordenen gemeinschaft etc. der britischen Fremdherrschaft – «the Spannungen in Nordirland angeheizt wer- Im «Sunday Telegraph» wurde sogar die ­seminal moment in our history, which set den könnten. Vom 50-Jahr-Gedenken von Meinung vertreten, dass sich Grossbritan- Ireland on the path to independence». Und 1966 heisst es, dass es wesentlich nationa- nien bei Irland für begangene Fehler er war inspirierendes Vorbild für andere listischer inszeniert und ein indirekter früherer Generationen entschuldigen Kolonien des britischen Imperiums. ­Vorlauf für den 1969 in Nordirland losge­ sollte – «for wrongs committed by previous Hat hier die nationale Heilsgeschichte tretenen Bürgerkrieg gewesen sei. generations» – das Jahrhundertjubiläum ihren Ausgangspunkt? Dieser zu einfachen wäre eine gute Gelegenheit dazu. Man kann Überzeugung könnte man entgegenhalten, Austariertes Gedenken sich allerdings auf den Standpunkt stellen, dass man womöglich auch ohne dieses Er- Der offizielle Gedenktenor war nun aber dass Elisabeth II. in ihrer bemerkenswer- eignis heute gleich weit wäre. Der weitere ganz darauf gestimmt, dass man aller Opfer ten Rede von 2011 wenigstens ihr königli- Verlauf der Geschichte war nur begrenzt gleichermassen gedenken sollte, der Auf- ches Bedauern ausgedrückt habe: davon bestimmt, jedenfalls weniger vom ständischen, der in Mitleidenschaft gezo- «To all those who have suffered as a con- Aufstand als von der britischen Reaktion genen Zivilbevölkerung und der gefallenen sequence of our troubled past I extend my auf ihn. Ordnungskräfte. Ein Teil des Gedenkens sincere thoughts and deep sympathy. With Der Aufstand von 1916 wurde auf briti- wurde auch an die Somme-Schlacht ab­ the benefit of historical hindsight we can all scher Seite als heimtückischer Dolchstoss getreten mit der Bemerkung, dass diese see things which we would wish had been Online empfunden. In einem Moment, da das selbstverständlich einbezogen sei. done differently or not at all.» Mutterland – auch mit irischen Soldaten – Die Schuldfrage wurde im jetzigen Ge- «Allen, die infolge unserer gestörten auf dem Kontinent gegen den deutschen denken nicht angerührt. Der Anlass wurde Vergangenheit gelitten haben, versichere Feind kämpfte und auf dem Schlachtfeld vor allem genutzt, um Bürger und Bürger­ ich meine aufrichtige Verbundenheit und der Somme schwerste Verluste hinnehmen innen dazu aufzurufen, mit Zuversicht in mein tiefes Mitgefühl. Im Genuss des histo- musste. Dass das Königreich mitten im die Zukunft zu schauen. Gewürdigt wurden rischen Rückblicks können wir alle Dinge tageswoche.ch/ Krieg auf keinen Fall im Rücken eine zwei- auch die Armee-Einsätze im Irak, im Liba- sehen, die wir lieber anders oder gar nicht themen/ te Front aufkommen lassen wollte, ist leicht non, in Afghanistan und in Ruanda. Im Falle getan hätten.» Georg Kreis nachvollziehbar. Von der standrechtlichen des Iraks hätte man sich fragen können, tageswoche.ch/+ 2q2jo ×

TagesWoche 14/16 28 Migrationsforschung Kamel Dorai studiert Flüchtlingsbewegungen. Ein Gespräch über den arabischen Umgang mit Flüchtlingen, Solidarität zwischen Nachbarn und den Reputationsverlust Europas. «Welche Flüchtlings- Krise?»

von Samuel Schlaefli Hass wächst und sich die gesamte Region dergelassen. Und auch für viele NGOs aus in eine falsche Richtung entwickelt.» Wie aller Welt wurde Amman zur ersten Wahl. amel Dorais Faszination für den soll er seinen drei Kindern den Wahnsinn Das klingt, als würde Amman zum Nahen Osten begann vor 20 Jah­ im Nahen Osten plausibel erklären? London des Nahen Ostens. ren. Während seines Studiums – Herr Dorai, Sie leben seit zwei Jahren Genau. Amman haftete lange Zeit ein Geografie, weil er darin die bes­ in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. provinzielles Image an. Nun hat es ein kos­ Kten Chancen zum Reisen sah – besuchte er Das kleine Land hat seit Beginn des mopolitisches Flair – dank der Flüchtlinge. erstmals Jordanien. Bald darauf den Liba­ Kriegs in Syrien mehr als 600 000 Ich kann mir aber kaum vorstellen, non, Syrien und die palästinensischen Flüchtlinge aufgenommen. Wie hat dass alle Jordanier die Flüchtlinge in ­Gebiete. sich dadurch der Alltag verändert? erster Linie als kulturelle Bereiche- Das war in den Neunzigerjahren, noch In den 90ern, nach Beginn des Golf­ rung wahrnehmen. bevor eine Mauer die palästinensischen kriegs, eröffneten irakische Flüchtlinge Natürlich ist die Lage in den Dörfern Gebiete von Israel abschnitt, als der Liba­ überall in der Stadt Bars, Kaffees, Restau­ und Städten im Norden Jordaniens, wo die non einen wirtschaftlichen und kulturellen rants und Ateliers. Aktuell passiert dassel­ Menschen den Flüchtlingswellen am Aufschwung erlebte und die Moscheen in be mit den Syrern – und die Jordanier lie­ stärksten ausgesetzt sind, problematischer. Damaskus lebendige Orte waren, wo Mus­ ben es! Früher gingen viele Jordanier zum In manchen Gemeinden hat sich die Ein­ lime, Christen und Drusen ein und aus gin­ Vergnügen nach Damaskus, wegen des wohnerzahl in zwei Jahren verdoppelt. Es gen – zum Spielen, Singen und Beten. «Wer ­leckeren Essens, wegen der Kunstszene fehlt die Infrastruktur für ein derartiges erst einmal seinen Fuss in den Nahen und der belebten Strassen und Märkte. Wachstum. Trotzdem haben wir auf lokaler ­Osten gesetzt hat, der kommt nicht mehr Nun haben sie das in der eigenen Stadt. Ebene bisher eine ausgeprägte Solidarität davon los», sagt der Franzose heute. Weil Jordanien zudem eines der letzten si­ mit den syrischen Flüchtlingen beobachtet. Trotzdem hat Dorai die Region manch­ cheren Länder in der Region ist, haben sich Bei vielen Europäerinnen und Europä- mal satt. «Es ist deprimierend mitanzu­ in Amman viele Intellektuelle und Künstler ern erzeugen die aktuellen Flücht- sehen, wie die Spannungen zunehmen, der aus Damaskus, Bagdad und Palästina nie­ lingsströme Ängste und Ablehnung.

TagesWoche 14/16 Hüttensiedlung für Zehntausende: Das Flüchtlingscamp Zataari in Jordanien, wo die Kinder leben, die auf unserer Frontseite abgebildet sind. Foto: reuters 30 Kamel Dorai Gibt es im Gegensatz dazu eine typisch hinweg anhält, wie aktuell in Syrien, und im Nordlibanon gezeigt haben. 2014 fand wuchs in Tune- arabische Reaktion darauf? immer mehr Flüchtlinge ohne Aussicht auf deshalb eine Abkehr statt von einer­ humani- sien und Frank- Es herrscht eine von der Mehrheit Rückkehr im Land leben. Die Jordanier und tären Perspektive auf die Flüchtlingsfrage reich auf. Nach ­geteilte Haltung vor, dass die Grenzen für Libanesen, die nun ein Zimmer fürsyrische ­ hin zu einer Perspektive der nationalen Si- seinem Studium Flüchtlinge offen sein müssen und dass es Familien zur Verfügung stellen, sind meist cherheit. Darin liegt ein Teil der Erklärung, forschte er zu die Verantwortung jedes Einzelnen sei, selber arm und haben wenig Raum. Ein sol- weshalb die Krise im ­Nahen Osten zur euro- Flucht und Mig- sein Bestes zu tun, um die Hilfsbedürftigen ches Zusammenleben funktioniert für eini- päischen Krise wurde. ration im Nahen zu beherbergen. Bei einer Krise können ge Monate, aber nicht über Jahre hinweg. Wie meinen Sie das? Osten. Dafür Araber auf sofortige Hilfe innerhalb ihres Um Flüchtlinge länger unterzubringen, sie Die Lebensumstände der Flüchtlinge lebte er in Beirut persönlichen Netzwerks zählen – dafür mit Wasser, ­Lebensmitteln und Medizin zu wurden sehr schwierig. Ich gebe Ihnen ein und Damaskus. braucht es keine formellen Strukturen oder versorgen, braucht es den Staat und inter- Beispiel: Seit Jordanien die Grenze dicht Seit zwei Jahren Entscheide. Das ist sehr hilfreich. nationale Hilfsorganisationen. Genauso machte, stecken in einem Transitcamp in koordiniert er in Wie erklären Sie sich diese arabische bei der Einschulung von Kindern. bei Ruweished über 26 000 Flüchtlinge fest. Amman für das Solidarität? Sie haben den IS im R­ ücken und eine ge- Institut français Die Absorption verschiedener Migrati- «Das europäische schlossene Grenze vor sich. Nicht einmal du Proche-Ori- onswellen ist Teil der Identität der meisten das IKRK kann helfen, weil das Gebiet kei- ent (Ifpo) ein Staaten im Nahen Osten. Dafür ist Jordani- Asylsystem wäre nem Staat gehört und durch niemand dreijähriges en ein Paradebeispiel: Das heutige Staats- ­geschützt wird. Nach der Schliessung der Forschungspro- gebiet von Jordanien gehörte einst zu gros- durchaus imstande, Grenzen sahen viele Syrer keine langfristi- jekt zur aktuel- sen Teilen zu Palästina und Syrien; das ge Perspektive mehr in den Ländern des len Massenmig- Land war nur spärlich bewohnt. Ab 1948 ka- mit einer solchen Krise Nahen Ostens. Zugleich ging die Hoffnung ration im Nahen men die palästinensischen Flüchtlinge, die auf eine Rückkehr nach Syrien verloren. Osten. Über bald die Hälfte der Bevölkerung ausmach- fertigzuwerden.» Ihnen blieb nur die Flucht nach Europa diese Arbeit ten. Die zivilgesellschaftlichen Strukturen, und die Hoffnung auf Asyl dort. sprach Dorai an die damals in vielen arabischen Ländern Wie reagierten die Regierungen der Die meisten arabischen Länder haben der Universität als Reaktion auf etwa 700 000 palästinensi- Nachbarstaaten auf den syrischen die Genfer Flüchtlingskonvention von Basel. sche Flüchtlinge aufgebaut wurden, helfen Exodus? 1951 nie unterzeichnet, aus Angst, nun auch bei der Integration der Syrer. Zumindest am Anfang herrschte eine dadurch die Forderung nach einer Später folgten die Libanesen, die vor dem ­Politik der offenen Tür. Die Situation änder- Rückkehr der palästinensischen Bürgerkrieg flohen, und danach irakische te sich schlagartig mit dem Auftauchen des Flüchtlinge aufzugeben. Ist das mit ein Flüchtlinge als Folge der Golfkriege. Die IS. Danach fürchteten viele Nachbarn Syri- Grund, dass viele Flüchtlinge in meisten Menschen im Nahen Osten wissen, ens, dass der IS Terroristen als Flüchtlinge Europa Asyl suchen? was es heisst, in Not zu sein, weil sie einst in ihre Länder einschleusen könnte. Nicht Wer keinen offiziellen Flüchtlingsstatus selbst auf Asyl und Hilfe angewiesen waren. ohne Grund, wie Anschläge in Beirut und hat, kann von einem Staat jederzeit ausge- In Jordanien setzt sich die Bevölkerung auch heute noch zur Hälfte aus ehemaligen Kamel Dorai: «Migration kann man nicht verhindern.» Foto: alexsander preobrajenski Flüchtlingen zusammen. Inwiefern spielt der oft gepriesene Familienzusammenhalt in arabischen Familien eine Rolle bei der Versorgung der Flüchtlinge? Die meisten Araber haben Verwandte in Nachbarländern. So gehören die Men- schen im Norden Jordaniens demselben Clan an wie diejenigen im Süden Syriens. Wer in solchen Fällen Flüchtlinge bei sich aufnimmt, beherbergt keine Fremden, son- dern einen Teil seiner Familie. Das gehört im arabischen Raum zum guten Ton. Funktioniert das auch für entfernte Verwandte, die man vielleicht noch gar nie kennengelernt hat? Durchaus, es gibt das allseits geteilte Be- wusstsein, dass die Türen stets offenstehen. Geht diese Solidarität über ethnische und religiöse Gemeinschaften hinaus? Ja. Die christlichen Assyrer aus dem Irak, die vor dem Islamischen Staat ­geflüchtet sind, wurden in Jordanien gut aufgenommen. Viele fühlen sich nicht als Araber und sie sind auch keine Muslime. Trotzdem verbindet sie ihre Flucht mit der Geschichte vieler Jordanier. Sind diese informellen Netzwerke für die Versorgung der syrischen Flücht- linge im Nahen Osten vielleicht sogar wichtiger als die staatlichen und internationalen Institutionen? Zu Beginn des Kriegs in Syrien auf jeden Fall. Doch längerfristig ist eine Mischung aus beidem nötig. Denn natürlich führt es zu Problemen, wenn die Krise über Jahre 31 wiesen werden; er ist nur temporär gedul- französischen Grenze Asyl zu beantragen, det. Die meisten Flüchtlinge im Nahen stehen die Chancen bei etwa 94 Prozent. Vortragsreihe der Uni ­Osten leben deshalb in ständiger Unsicher- Die EU-Staaten behaupten, sie seien Basel zu Flucht und heit. Sie wissen nicht, wie lange sie in ihren überrumpelt worden von der Situation Migration Gastländern bleiben können. Anders als in und überfordert durch die hohe Zahl Europa, wo mittelfristig die Möglichkeit der Flüchtlinge. Das Departement für Gesellschafts- besteht, Bürger des Aufnahmelandes zu Die Situation ist aber nicht neu; dassel- wissenschaften der Universität werden – mit allen Rechten, die damit ver- be hatten wir schon vor zehn Jahren mit Basel organisiert als Reaktion auf bunden sind –, fehlen solche Mechanis- den Flüchtlingen aus dem Irak. Damals öff- die aktuelle Flüchtlingsdebatte men in Jordanien oder Libanon. Es fehlt nete Schweden als einziges Land seine mehrere öffentliche Vorträge zum jegliche Perspektive, sich ein neues Leben Grenzen. Ich erinnere mich an ein Treffen Thema. Aktivisten, Schriftsteller und aufbauen zu können. Vor allem für Famili- 2007 in Damaskus, an dem schwedische Wissenschaftler aus Jordanien, en und junge Leute, die in Ausbildung sind Regierungsvertreter sich darüber beklag- Syrien, der Türkei und Europa oder ins Berufsleben einsteigen wollen, ist ten, dass ihr Land viel mehr Flüchtlinge informieren über Ursachen, Konse- diese Situation sehr belastend. aufgenommen habe als alle anderen EU- quenzen und Wahrnehmung von Staaten. Schweden plädierte damals für Flucht. Dabei kommen auch Betrof- «Schweden plädierte ­einen europäischen Mechanismus zur ge- fene zu Wort, wie der syrische rechten Verteilung von Asylsuchenden und Schriftsteller Yassin Al-Haj Saleh. schon 2007 für einen setzte sich für eine Lösung ein. Niemand Unser Interviewpartner Kamel Dorai unternahm etwas. 2008 schloss Schweden war am 15. März der erste Gast. europäischen Mecha- seine Grenzen; der Menschenschmuggel wurde zum blühenden Geschäft. Am 5. April spricht die türkische nismus zur gerechten Sie glauben also, dass es durchaus Aktivistin Senay Özden über die Möglichkeiten gab, die jetzige Krise zu Situation von Flüchtlingen in der Verteilung von Asylsu- antizipieren? Türkei und die neue europäisch-tür- Absolut! Die Regierungen haben ihren kische Kooperation. chenden. Doch niemand Kopf zu lange in den Sand gesteckt, statt 18.15 bis 20 Uhr, Kollegienhaus der vorzusorgen. Natürlich geraten Asylsys- Universität Basel, Hörsaal 102, unternahm etwas.» teme unter Druck, wenn sie plötzlich mit 1. Stock, Petersplatz 1, Basel. vielen Flüchtlingen in sehr kurzer Zeit kon- Seit Anfang Jahr sind mehr als 480 frontiert sind. Menschen auf der Überfahrt nach Die Vorbereitung der EU auf poten- plus Norwegen und die Schweiz – haben Europa im Mittelmeer gestorben. Wer zielle zukünftige Flüchtlingsströme gemeinsam weniger Flüchtlinge auf­ die Überfahrt schafft, trifft in den war eine andere: Mit jährlich steigen- genommen als Jordanien. Fast drei Millio- potenziellen Aufnahmeländern meist den Budgets (176 Millionen Euro für nen Menschen, die Hälfte der Bevölkerung auf Ablehnung. Was geht Ihnen durch 2016) baute die EU-Agentur Frontex Jordaniens, sind Flüchtlinge aus Palästina, den Kopf, wenn Sie den Umgang den Schutz der Aussengrenzen in den dem Irak oder Syrien. Die Jordanier sehen Europas mit der sogenannten Flücht- letzten Jahren massiv aus … in den Medien, wie Bootsflüchtlinge im lingskrise verfolgen? … um Migration zu verhindern und sie Mittelmeer ertrinken, und fragen sich: Wie Die Anzahl Flüchtlinge, die Europa bis- militärisch zu bekämpfen! Aber Migration konnte es so weit kommen, dass die Staaten, her aufgenommen hat, ist nicht nur im kann man nicht verhindern; die Menschen die sich als Verfechter der Menschenrechte Vergleich mit den Ländern des Nahen Os- werden kommen und sind aufgrund ihrer gebärden, so etwas zulassen? Abgesehen ten gering, sondern auch in Hinblick auf Aussichtslosigkeit bereit, auf der Flucht zu von den Menschen, die auf der Flucht ster- die europäische Vergangenheit. Ich war sterben. Wir müssten uns vielmehr damit ben, ist das für mich die schlimmste Konse- kürzlich in Spanien und habe dort mit beschäftigen, wie wir Migration organisie- quenz der aktuellen EU-Politik. Niemand Hilfsor­ ganisationen gesprochen, die mir ren können. Die neue Regierung in Kanada im Nahen Osten glaubt mehr an Europas erzählten, dass sie früher weit mehr hat in nur zwei Monaten 25 000 Flüchtlinge Rolle als Hüter der Menschenrechte. Schwarzafrikaner versorgt hätten, die mit Flugzeugen in ihr Land gebracht. Wenn Werden andere Akteure dieses morali- übers Meer Richtung Gibraltar geflüchtet sich die EU-Länder ähnlich verhalten hät- sche Vakuum füllen? waren, als heute Syrer. Frankreich hat Ende ten, anstatt sich die heisse Kartoffel gegen- Ja, zum Beispiel Saudi-Arabien oder der Siebzigerjahre über 100 000 Kambod- seitig zuzuschieben, dann gäbe es heute ­Katar. Staaten, die mit Geld um sich werfen schaner aufgenommen, die «Boat people». keine Flüchtlingskrise in Europa. und damit ihre eigenen Werte bewerben. 100 000, in sehr kurzer Zeit – und das war Die Vereinigten Arabischen Emirate haben damals überhaupt kein Problem! Dies «Meine Freunde lachen, im Norden Jordaniens mit viel Geld ein ma- ­obschon Frankreich mitten in einer Wirt- kelloses Flüchtlingslager bauen lassen. Die schaftskrise steckte und die Arbeitslosen- wenn die Europäer von Menschen sehen das; sie merken sich, wer quote hoch war. Das europäische Asylsys- dafür bezahlt hat. Doch mit dem Geschenk tem wäre durchaus imstande, mit einer sol- einer Flüchtlingskrise ist die Anerkennung bestimmter Werte ver- chen Krise fertigzuwerden. bunden; schliesslich hat auch ­Europa seine Wo liegt Ihrer Meinung nach das reden. Europa hat Entwicklungshilfe stets an die Wahrung der Problem? Menschenrechte gekoppelt. In Zukunft Die Regierungen haben sich nicht auf weniger Flüchtlinge wird Hilfe aber vielleicht nicht mehr an die neuen Flüchtlingswellen vorbereitet. Werte gekoppelt, die Europa wichtig sind. Sie konzentrieren sich darauf, die Men- aufgenommen als tageswoche.ch/+i3s1h × schen von der Einreise abzuhalten. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn ein Syrer in Jordanien allein.» der französischen Botschaft in Amman ein ­Visum beantragt, um damit in Frankreich Was sagen Ihre Freunde und Nachbarn einen Asylantrag stellen zu können, stehen in Jordanien über die aktuelle die Chancen, dass er ein solches erhält, bei EU-Flüchtlingspolitik? circa 1,5 Prozent. Doch wenn er es schafft, Sie lachen und fragen: Welche Flücht- illegal in Europa einzureisen und an der lingskrise? 30 Länder – die 28 EU-Staaten

TagesWoche 14/16 Sicherheit Gesichtserkennungssysteme sollen Attentäter enttarnen. Der Markt boomt, aber ist die Technologie verlässlich? Schau mir in die Augen, Terrorist!

Die USA haben 200 000 Verdächtige per Gesichts-Scan erfasst – unter anderem im Irak und in Afghanistan. foto: keystone von Adrian Lobe Die US-amerikanische Zoll- und Grenz­ weiterreisen. Schon heute muss man sich schutzbehörde hat im Rahmen eines Pilot­ bei der Einreise in die USA mit Finger­ ach den Terroranschlägen auf projekts erfolgreich ein solches Gesichts­ abdrücken und Foto registrieren. Diese den Flughafen und eine Metro­ erkennungssystem getestet. Die Technik ist ­Gesichts-Scans sind aber nur die Vorstufe, station in Brüssel kursierte in seit einigen Wochen am John F. Kennedy eine Folie, auf der dann spätere Abgleiche den Medien ein Fahndungs­ Airport in New York in Betrieb und soll erfolgen – also im Grunde genau das, was Nfoto. Es zeigte – etwas verpixelt – die Atten­ langfristig an allen US-Flughäfen imple­ eine Überwachungskamera auch macht. täter mit drei Kofferwagen. Zwei der Täter mentiert werden. Damit wird eine Datenbank gespeist. Das waren dunkel gekleidet, der dritte trug eine Neue an der Technik ist, dass der Abgleich helle Jacke. Das Neue an der Technik unmittelbar erfolgt und man sich nicht Die Identifizierung dauerte­ einen Tag, mehr mit seinem Pass, sondern mit seinen was man je nach Blickwinkel als schnell ist, dass man sich nicht biometrischen Daten ausweist. oder langsam bezeichnen kann. Fakt ist: Das Problem ist, dass Terroristen ihr Alle drei Täter waren der Polizei ­bekannt. mehr mit seinem Pass, Konterfei nicht freiwillig in eine Kamera Man hätte also wissen können, dass sich halten. Sie versuchen, nicht auf dem Radar mutmassliche Terroristen in einem öffent­ sondern mit seinen Daten der Sicherheitsbehörden aufzutauchen. lichen Gebäude aufhalten. Auf Überwachungskameras sind sie nur Geht es nach den Sicherheitsbehörden, ausweist. kurz und meistens nur von der Seite zu sollen an neuralgischen Punkten der Infra­ ­erkennen. Das US-Militär hat deshalb struktur wie Flughäfen, Bahnhöfen oder Reisende müssen bei der Sicherheits­ ­bereits 2014 eine hochauflösende High- öffentlichen Plätzen künftig Gesichts­ kontrolle ihr Gesicht frontal von einer Speed-Kamera getestet, die in der Lage ist, erkennungssysteme eingerichtet werden, ­Kamera fotografieren lassen, die ihr Objek­ ein Gesichtsbild auch aus schrägem Winkel die Aufnahmen von allen Personen ma­ tiv je nach Grösse der Person justiert. Eine zu machen. chen und mit einer Datenbank abgleichen. Software vermisst anschliessend verschie­ Das System wurde entwickelt, um Täter Wäre eine solche Technik in Brüssel zum dene Punkte im Gesicht und gleicht die in einem Auto zu identifizieren , also hinter Einsatz gekommen, hätte das System biometrischen Merkmale mit einer Daten­ einer Glasscheibe. Es könnte aber auch an Alarm geschlagen und die Sicherheitskräf­ bank ab. Zufahrtsstrassen von Flughäfen installiert te am Flughafen gewarnt. «Achtung, ver­ Stimmen die Merkmale mit dem Aus­ werden. «Der hochauflösende Scan kann dächtige Person hält sich in Sektor X auf.» weis überein, darf die Person passieren und gedreht und gekippt werden», sagte John

TagesWoche 14/16 33 ­Datenbasis dann doch gering aus. Es würde nach den Enthüllungen von Edward Snow­ den nicht verwundern, wenn Facebook ­Daten an Geheimdienste weiterreichte oder zumindest eine Hintertür eingebaut hat, die den Behörden Zugang zu den Fotos erlaubt.

Teufelskreis der Überwachung Das Problem ist nur, dass die Bildquali­ tät von Überwachungskameras meist zu wünschen übrig lässt und der Einzelne nicht zweifelsfrei zu erkennen ist. «Wenn das Gesicht von einem Schal verdeckt wird, der Verdächtige eine Sonnenbrille trägt oder die Lichtverhältnisse schlecht sind, kann der Beamte den Verdächtigen nicht finden», erklärt Jain. Facebook hat im ver­ gangenen Jahr einen Algorithmus entwi­ ckelt, der Menschen auf Fotos auch dann identifizieren können soll, wenn ihr Ge­ sicht nicht eindeutig zu sehen ist – anhand ihrer Frisur, Kleidung, Figur und Körper­ haltung. Das könnte auch für die Ermittler ein interessantes Werkzeug sein. Das Department of Homeland Security forscht derzeit unter Hochdruck an hoch­ auflösenden Videokameras, die Personen aus bis zu zehn Metern Entfernung anhand eines Iris-Scans erkennen. Diese biometrischen Merkmale sind so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Schau mir in die Augen, und ich sage dir, ob du ein Terrorist bist. Ein Mitarbeiter der Behörde sagte dem Portal «Defense One»: «Wenn je­ mand die Fluggastbrücke am Airport her­ unterläuft, können wir sagen: ‹Diese Per­ son wurde authentifiziert, sie darf in die Fast-Track-Lane rechts gehen? Diese Per­ son nicht, sie muss zum Screening-Test nach links? Kann das Gerät in einen Com­ Die USA haben 200 000 Verdächtige per Gesichts-Scan erfasst – unter anderem im Irak und in Afghanistan. foto: keystone puter gebaut werden, sodass es nicht ein Add-On-Gerät ist, wie eine Maus?› Die Ant­ Boyd, Direktor der Firma Defense Biomet­ ihre Daten. Wo kein Foto gespeichert ist, wort lautet: Ja.» Verdächtige nach links, rics and Forensics damals. kann logischerweise auch kein Abgleich Rechtschaffene nach rechts. Solche groben Hätte die Technik die jüngsten Anschläge ­erfolgen. «Der Verdächtige hat vielleicht Raster führen in der Praxis allerdings womöglich verhindern können? keine Vorstrafen, also müssten die Polizei­ schnell zu Diskriminierung und Racial Anil K. Jain, Professor für Computer­ behörden Zugang zu diversen Datenban­ Profiling. wissenschaft und Informatik an der Michi­ ken haben, auch nichtkrimineller Natur», Das Problem, das Datenschützer stets gan State University, ist einer der weltweit konstatiert Jain. monieren, ist, dass biometrische Daten des führenden Experten auf dem Gebiet der Gesichts oder der Iris – mithin sehr sensib­ Gesichtserkennung. Er war Berater der Es würde nicht le Daten – ohne Wissen und Einverständnis ­indischen Regierung beim Aufbau des Pro­ des Betroffenen erfasst werden. Wenn nun jekts Aadhaar, bei dem jeder der 1,2 Milliar­ verwundern, wenn an immer mehr Flughäfen Gesichtserken­ den Bewohner aufgrund seiner personen­ nung eingeführt wird, gibt es ein system­ bezogenen Daten und biometrischen Facebook den Behörden immanentes Erfordernis, auch immer Merkmale (Gesichtsbild, Fingerabdrücke mehr Überwachungskameras zu installie­ und Iris) eine zwölfstellige Nummer zuge­ Zugang zu den Fotos ren, um die Software mit entsprechenden wiesen bekommt. Daten zu füttern. Ein Teufelskreis. «Um Gesichtserkennungssysteme ein­ erlaubt. Hätte ein Kameranetzwerk, das die Ter­ zusetzen, muss man erst mal wissen, wer roristen im Taxi auf dem Weg zum Flugha­ der Verdächtige auf der Überwachungs­ Das Department of Homeland Security fen erkannt hätte, Leben gerettet? Viel­ kamera ist», sagt Jain. «Lässt die Person ein und das FBI pflegen schon länger biomet­ leicht. Doch der Preis, den man für diese Paket zurück oder verhält sie sich merk­ rische Datenbanken mit Gesichts-Scans ­Sicherheit bezahlt, ist die omnipräsente würdig? Das geschieht bis jetzt nach der und Fingerabdrücken. Die Biometrically Überwachung im öffentlichen Leben und ­Attacke durch manuelles Auswerten des Enabled Watchlist (BEWL) des US-Verteidi­ der Verlust der Privatsphäre. ­Videos. Wir haben nicht die Fähigkeit, dies gungsministeriums enthält 200 000 Ein­ tageswoche.ch/+ tpa1q × automatisch zu tun.» träge von Verdächtigen im Irak und in Zum anderen müsste die Person in einer ­Afghanistan. Das ist eine ordentliche Datenbank gespeichert und in Echtzeit ge­ Grundlage, doch wenn man bedenkt, dass funden werden. Auch diese Fähigkeit habe auf Facebook täglich 350 Millionen Fotos man nicht. Die Software ist nur so gut wie hochgeladen werden, nimmt sich die

TagesWoche 14/16 «Es wird eine grosse Schlacht.» Arnold Gjergjaj (r.) bei der Medienkonferenz mit . foto: reuters

Boxen von Matthias Oppliger nterschiedlicher könnten die Arnold Gjergjaj trifft am 21. Mai auf beiden Boxer nicht sein, die am Mittwoch in London vor die seinen bisher stärksten Gegner: den Medien traten. Auf der einen USeite Arnold «The Cobra» Gjergjaj, der einstigen WBA-Weltmeister David Haye. ­bescheidene Profiboxer aus Pratteln, der lange neben dem Training im Laden seines Bruders arbeitete und sich langsam und ­beharrlich in der Weltrangliste unter die Top 30 hochkämpfte. Ihm gegenüber ­David «The Hayemaker» Haye, schillerndes Die Kobra Grossmaul, Millionär und Boxer von Weltformat, der schon gegen und im Ring stand. Beim «Face-Off», dem ersten Aufeinan- dertreffen im Rahmen einer Medienkonfe- betritt die ganz renz, nannte Haye die Kobra höflich einen «Gegner, den es erst noch zu schlagen gilt». Es wurde aber klar, dass Gjergjaj aus seiner Sicht ein Aufbaugegner ist. «Alle guten Kämpfer im Schwergewicht sind grösser grosse Bühne als ich, die K­ obra ist es ebenfalls. So kann ich mich für spätere Gegner vorbereiten.» Ausserdem sei es immer ein besonderes Gefühl, einen bisher ungeschlagenen Geg- ner zu besiegen.

«Seine Zeit ist vorbei» Bescheidener fiel Gjergjajs Auftritt aus. Er trat mit den Worten «Hallo England, hal- lo London … hallo Haye» ans Mikrofon. «Ich freue mich, gegen einen der besten ­Boxer der Welt anzutreten.» Doch auch die Kobra hatte ein paar provozierende Worte

TagesWoche 14/16 35 für ihren Gegner übrig: «Seine Zeit ist vor- Der Hayemaker war in Topform, aber Gegner gehabt. Und schliesslich verfolgt bei. Ich kämpfe, um zu siegen. Es wird eine nicht lange. 2013 musste er wegen einer auch Gjergjaj das Ziel, dereinst einen Welt- grosse Schlacht geben und am Ende wird Schulterverletzung vorzeitig vom Boxsport meisterkampf zu bestr­ eiten. «Das ist und nur ein Boxer stehen bleiben.» zurücktreten. Im Januar hat der Haye­ bleibt unser Ziel», sagt sein Manager und So tönte es am Mittwochvormittag, als maker nun sein Comeback gegeben und Trainer Angelo Gallina. offiziell gemacht wurde, was seit einer den Australier Mark de Mori nach nur zwei «Haye ist ein Wunschgegner», sagt Galli- ­Woche gerüchteweise kursierte: Gjergjaj ­Minuten zu Boden geschickt. Der Kampf na. Er lässt aber auch durchblicken, dass kämpft am 21. Mai in der O2-Arena in Lon- gegen die Kobra soll Haye nun den Weg die Herausforderung sehr gross ist. «Mir don gegen den ehemaligen WBA-Cham- z ­urück zu einem Titelkampf ebnen. wäre es lieber gewesen, wir hätten zuerst pion David Haye. Klitschko bekommen.» David Haye hat eine ruhmreiche Karrie- Gut möglich, dass der Als Boxer ist Haye besser als jeder, den re hinter sich. Als Cruisergewicht (bis 90,72 die Kobra im Ring bisher bezwingen muss- Kilogramm) erkämpfte er sich bis 2008 bisher ungeschlagene te. Er ist bekannt für seine Schnelligkeit, für mehrere Titel. Den Wechsel in die höhere seine harten Schläge und für seine Beweg- Gewichtsklasse schaffte Haye spielend, nur Arnold Gjergjaj lichkeit. Man sieht ihm an, dass er ur- ein Jahr später bezwang er in seinem zwei- sprünglich in einer leichteren Gewichts- ten Schwergewichtskampf den Boxgigan- Prügel einstecken muss klasse gekämpft hat. Gut möglich, dass der ten Nikolai Walujew (2,13 Meter gross) und bisher ungeschlagene Gjergjaj Prügel ein- wurde Weltmeister der World Asso- wie noch nie in seiner stecken muss wie noch nie in seiner Karrie- ciation WBA. Diesen Titel musste er 2011 re. Es könnte das Ende seiner lupenreinen wieder abgeben, als er Klitschko nach Karriere. Kampfbilanz werden. Punkten unterlag und dabei eine recht Gallina aber ist zuversichtlich. «Im müde Figur machte. So stark sich Haye und Gjergjaj unter- ­Boxen kann alles passieren, auch Arnold hat scheiden, so gross sind doch die Parallelen: einen harten Punch und er hat in seinen Zurück aus der Verletzungspause Auch Gjergjaj hat eine Verletzungspause letzten Kämpfen Ausdauer bewiesen.» Zum Das änderte sich ein Jahr später, als hinter sich, nachdem er im vergangenen Kampf sind es noch sieben Wochen. «Wir Haye Derek Chisora mit einem techni- Juni gegen den Russen Denis Bakhtov sei- werden intensiv trainieren und in ­Basel ein schen K. o. in der fünften Runde bezwang. nen EBU-Titel zwar verteidigt, sich dabei Trainingscamp errichten», sagt Gallina. Haye war dabei fast nicht mehr wiederzu­ jedoch die rechte Hand gebrochen hatte. tageswoche.ch/+ lvspl × erkennen. Wo er gegen Klitschko noch Gjergjaj und Haye haben genau gleich viele ­zögerlich auftrat und kaum Schläge aus- Profikämpfe hinter sich (29) und sind dabei führte, geschweige denn landete, hagelte es je rund 120 Runden im Ring gestanden. gegen Chisora Punches noch und nöcher. Haye hat dabei aber definitiv die besseren

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TagesWoche 14/16 36 Porträt Gordon Bell macht, was ihm gefällt. Das beschert ihm eine ­faszinierende Vita. Und Basel das Smuk sowie bald auch eine Verwandlung: diejenige des berüchtigten Terra Samba. Der Indie-Immo-König der Feldbergstrasse

von Marc Krebs Bell lebte schon in der Schweiz, als ihn spiel, aber auch Bühnenset, Literatur und 2003 ein Inserat an seine eigene Sozialisie- Geschichte. Sehr viele Facetten, vielleicht s war eines der berüchtigsten rung erinnerte: «Musiker gesucht für die zu viele, um ein guter Schauspieler zu wer- ­Lokale in der Region Basel: Terra Gründung einer Alex Harvey Tribute den», sagt er und lacht verschmitzt. Samba an der Feldbergstrasse, Band». «Das fand ich recht erstaunlich. Und die Musik? «In Glasgow gibt es ehemals bekannt als Sichtbar/­ Alex Harvey aus Glasgow war eine Kultfigur mehr Konzertlokale als in London, das EUnsichtbar, ein zwielichtiges Lokal, wo der in Schottland, aber auch dort kennen ihn prägt. Aber ich singe nicht sehr gut, ich bin eigentliche Gastrobetrieb Nebensache heute nur noch die Leute, die mit der Musik eher ein Schauspieler in Bands. Mir gefällt zu sein schien. Ein Treffpunkt des Milieus der 70er-Jahre aufgewachsen sind.» die Haltung, der Geist des Musikmachens, und der Abgründe, hielten doch Krawall Gordon Bell wurde also Frontmann und aber ich bin kein Purist», sagt er beschei- und Remmidemmi die Basler Polizei nahe- tritt seither mit den Schweizer Musiker- den. Ambitionen? «Himmel, nein!», sagt er zu ständig auf Trab. freunden regelmässig in seiner Heimat auf. und lacht. Jetzt aber ist Ruhe eingekehrt. Zumin- Kurioserweise war Not The Sensational dest nachts. Tagsüber trifft man hingegen Harvey Band aus Zürich für eine gewisse Abenteurer Handwerker an und den neuen Besitzer: Zeit ­sogar die weltweit einzige Formation, Gordon Bell macht, worauf er Lust hat. Gordon Bell. Der 46-jährige Schotte hat die die an die Show des 1982 verstorbenen Diesen Eindruck erhält man auch ange- auffällige Eckliegenschaft beim Matthäus- Schotten erinnerte. sichts seiner Biografie. Er studierte zusätz- platz erworben – und mit ihr seine zweite lich Informatik. Er lebte und arbeitete ein Liegenschaft an der Feldbergstrasse. Kein Eine Bar, davon Jahr in Mexiko. Er kam vor knapp 20 Jahren Immobilienhai, sondern ein lockerer Typ erstmals in die Schweiz. Und jobbte bei der mit T-Shirt, zerzaustem Haar, Dreitagebart. träumte Gordon Bell. UBS, im IT-Bereich. Warum hier, in der Ohne Kittel. Und ohne Allüren. Schweiz? «Ich wollte Ski fahren lernen», Dabei trinkt er gar sagt er. Musiker und Schauspieler Abenteuerlustig ist Bell geblieben, auch Das manifestiert sich rasch, wenn er keinen Alkohol. wenn er sich vor sechs Jahren mit länger- spricht, durch seine Offenheit, aber auch fristiger Absicht in Basel niederliess. Denn aufgrund seines selbstironischen «sense of «Wir reisen jedes Jahr für ein paar Kon- statt ins elterliche Gastrogeschäft einzu- humour». Auf die Frage, wo er aufwuchs, zerte nach Schottland, was grossen Spass steigen – sein Vater war Koch und baute ein nennt er das Umland von Glasgow, die macht», erzählt Bell. Und, wie man bei Kon- Cateringgeschäft auf –, überliess er seinem ­Central Region, und fügt erklärend hinzu: zertmitschnitten auf Youtube mitbekommt, älteren Bruder den Vortritt beim Familien- «der Aargau Schottlands». bereitet dies auch dem schottischen Publi- erbe. Gordon Bell liess sich auszahlen und Farbe ins Grau jener Region brachte die kum Freude. schaute sich in Basel nach einer Immobilie Musik, die in Bells Leben eine grosse Rolle Das Theatralische hat Bell schon als um, in der sich etwas Neues realisieren lies- spielt. Er singt, begleitet sich dazu am ­Jugendlicher fasziniert: «Ich studierte se. Eine Bar, davon träumte er. Obschon ­Klavier, tritt solo auf und in Bands. ­Theater in Glasgow – ein bisschen Schau- Bell selbst gar keinen Alkohol trinkt. «Eines

TagesWoche 14/16 37 Morgens hatte ich einen solchen Hangover, wir ihn, ob er es auch verkaufen würde.» «Zur Über­brückung machen wir vermut- dass ich mir sagte: Das muss nicht mehr Der Besitzer, der Basler Richter und SVP- lich eine ­Zwischennutzung», sagt Bell. sein.» So wie er auch eines Tages das Rau- Kassier Stefan Bissegger, hatte so viel Ärger, Und hat er sich auch schon Gedanken chen bleiben liess. dass er einwilligte und sich von der Liegen- gemacht, wie das Terra Samba in Zukunft Sein Geld investiert er lieber in nachhal- schaft trennte. heissen könnte? «Ja, aber noch ist nichts tigere Projekte: Nach jahrelanger Suche konkret.» Ach, und welcher Name geht ihm stiess er auf die Liegenschaft an der Feld- Selber betreiben will Bell durch den Kopf? «Nun, im Moment gefällt bergstrasse 121. Im Parterre liess er eine mir ein Name, der auf die anrüchige Ver- Wohnung zur Bar umbauen. So kam es zur seine Lokale nicht: gangenheit des Lokals anspielt: ‹Traffic›.» Café-Bar Smuk, die Louise Zitzer betreibt – Herrliche Idee, isn’t it? und die zu Bells zweitem Wohnzimmer «Mir reicht es, etwas tageswoche.ch/+ x2hnm × ­geworden ist. «Denn ich wohne genau obendran», offenbart er. ermöglichen zu können.» Giant Stone Eater live: Donnerstag,­ Trifft sich gut, denn so muss er keine 7. April, 20 Uhr im Smuk Basel. Lärmklagen aus dem ersten Stock befürch- Und was soll hier jetzt geschehen? Die ten, wenn am 7. April im Smuk ein Konzert Mieter sollen bleiben, sagt Bell. Im Erdge- stattfindet. Bell tritt dann mit seiner ande- schoss schwebt ihm eine Kombination aus ren Coverband auf, Giant Stone Eater, die Café und Bar vor, ein Ort, der sowohl tags- Songs von Black Sabbath bis Nick Cave neu über als auch nachts einladend wirkt. interpretiert. «Mein Wunsch wäre es, dass der hintere Saal als ‹Open Space› genutzt werden kann, Bühnenöffner wo lokale Bands und Theaterschaffende Daneben lässt er in Basel eine weitere eine Bühne haben.» So uneigennützig? Bühne bauen, im ehemaligen Terra-Samba- «Ich glaube, wenn der Saal belebt ist, profi- Haus. Warum hat er dieses Gebäude eigent- tiert auch das Café.» Dieses will er wie beim lich erworben? «Mir ist das Lokal immer Smuk nicht selber betreiben. «Mir reicht es, schon aufgefallen, irgendwie ein Fremd- etwas ermöglichen zu können», sagt er. körper, irgendwie auch anziehend ... Louise Der Umbau hat erst gerade begonnen, Zitzer kam mit dem Besitzer ins Gespräch – die grosse Eröffnung wird wahrscheinlich und statt einfach nur zu pachten, fragten im nächsten Jahr über die Bühne gehen.

Ein Schotte belebt die Feldbergstrasse: «Weshalb ich in die Schweiz kam? Um Ski fahren zu lernen.» foto: nils fisch 38 Film Regisseur Tobias Nölle erzählt im Interview, was er mit Francis Ford Coppola gemeinsam hat, und wieso der Österreicher Georg Friedrich einen Schweizer spielt. Beziehungskrimi mit Wiener Schmäh

von Hannes Nüsseler einige Zuschauer berührt, das hat mich mit vielem versöhnt. Mir persönlich gefällt die loys ist eigen. Der Zürcher Privat- schauspielerische Leistung am besten – detektiv mit österreichischen und dann auch einzelne Momente, manch- Wurzeln lebt in der Wohnung mal nur ein Bild. seines unlängst verstorbenen Unlängst war der Schweizer Katastro- A­Vaters, dessen Heimorgel in der Ecke phenfilm «Heimatland» in den Kinos ­anstaubt. Der Städter observiert professio- zu sehen, an dem Sie ebenfalls beteiligt nell Menschen und schaut sich die Kame- waren. Hat sich die Arbeit an dem raaufnahmen zu Hause an wie Tierdoku- Episodenfilm sehr unterschieden von mentationen. Aloys ist einsam und damit der Arbeit an «Aloys»? nicht allein. Das kann man nicht vergleichen. Bei Eines Tages erwacht der Privatdetektiv «Heimatland» hatten wir nur wenig Zeit für auf dem Busbahnhof, um etliche Videobän- unsere Episoden, jeder musste Kompro- der erleichtert. Eine Frauenstimme am misse eingehen. Beim eigenen Film kann ­Telefon fordert ihn zu einem Experiment man genauer arbeiten, das geht von der auf: Der Detektiv soll seine Gedanken wan- «Den österreichischen Farbe der Tapeten bis zu den Schnürsen- dern lassen und so seine geheimnisvolle keln, alles hat seinen Grund in der Psycho- Erpresserin finden – andernfalls spielt sie Akzent fand ich gut, logie der Figuren. Allerdings ist dieser die Aufnahmen den Betroffenen zu. Aloys ­Unterschied nicht wertend gemeint, «Hei- presst seinen Kopf wie geheissen gegen weil er die Figur matland» hat mir durch die schnellere eine Wand und findet sich – schwups – in ­Arbeitsweise auch viele Türen geöffnet. einem zauberhaft gschpässigen Wald und innerhalb der Schweiz Ausserdem ist die Auswertung eines einer ebensolchen Geschichte wieder. ­Gemeinschaftsfilmsviel angenehmer, die Mit seinem ersten Langfilm «Aloys» noch mehr isoliert.» Verantwortung trägt man zu zehnt. Für fühlt Tobias Nölle dem Schweizer Isolatio- «Aloys» muss ich allein geradestehen, das nismus auf den Zahn, das Debüt gewann an erreicht. Wie sind Sie selbst mit dem bereitet manchmal auch Bauchschmerzen. der Berlinale 2016 den Preis des Verbands Ergebnis zufrieden? Wie sind Sie auf die Geschichte von internationaler Filmkritiker. Wir haben Ui, die Website ist wirklich uralt, und es «Aloys» gekommen? den Regisseur gesprochen – selbstver- hat auch lange gedauert bis zum ersten Dramaturgisch bin ich eher blauäugig ständlich am Telefon. Langfilm. Was «Aloys» betrifft: Ganz zufrie- vorgegangen, das war für mich mehr wie Herr Nölle, auf Ihrer alten Website den ist man nie, im Nachhinein würde ich malen. Ich habe versucht, eine Stimmung deklarieren Sie einen Langfilm als Ihr vieles anders machen. Aber man lernt im- zwischen Traum und Realität zu erzeugen, Ziel und einen guten Film als Ihren mer dazu und versucht, das Beste darin zu auch wenn es zu Beginn dieses thrillerhaf- Traum. Mit «Aloys» haben Sie beides sehen. Der Film hat an der Berlinale doch te Element gibt: Da ist einerseits die Figur

TagesWoche 14/16 «Er ist magisch», sagt Regisseur Tobias Nölle über seinen Hauptdarsteller Georg Friedrich. foto: Simon Guy Faessler, ©Hugofilm des Detektivs, der die Welt nur durch seine Friedrich für mich einer der ganz Grossen. uns nicht mehr in die Augen sehen, um mit- Kamera wahrnimmt, andererseits das Ele- Er hat diese Aura, diesen unglaublichen einander zu sprechen. Ausserdem filme ich ment der Reise, die er mittels Telefon an- ­Instinkt beim Spielen und diese extrem nicht gerne Handys und Laptops ab. Die tritt. Oft weiss ich nicht, ob solche Ideen ­cinematische Physiognomie. Für mich ist werden in zehn Jahren total antik sein. überhaupt filmisch umsetzbar sind. Das ist er magisch. Das findet man bei Schweizer Manchmal fühlte ich mich an den zwar anstrengend, spornt mich aber mehr Schauspielern dieser Altersklasse selten. Siebzigerjahre-Thriller «The Conver- an als eine Geschichte, die ich genauso gut sation» von Francis Ford Coppola als Buch schreiben könnte. «Der Detektiv muss sein erinnert, in dem Gene Hackman einen Gibt es denn eine Komplizenschaft Abhörspezialisten spielt … zwischen dem Beobachter Aloys und eigenes Problem lösen, Ja, das ist ein Seelenbruder oder -vater Ihnen? von Aloys. Da gibt es eine ganz klare Verbin- Selbstverständlich gibt es Parallelen. er wird sozusagen zu dung, auch wenn mein Film ohne Mordfall Aloys filmt, ich auch. Filmemachen ist ein auskommt. Ich fand es spannend, einen Beruf, bei dem man aufpassen muss, dass seinem letzten Fall.» Detektivfilm zu drehen, bei dem es nicht man zwischen Realität und Fiktion unter- um einen Fall geht, sondern um den Detek- scheiden kann. Man verbringt sehr viel Zeit Telefoniert wird zwar auch mit Han- tiv selbst: Er muss sein eigenes Problem in seinen eigenen Geschichten. Und als dys, trotzdem scheint die Technologie lösen und wird sozusagen zu seinem letz- ­Bewohner eines teils sehr konservativen insgesamt veraltet. Was steckt hinter ten Fall. Das Seltsame daran ist, dass ich Landes, das sich gegen Veränderungen ab- diesem Entscheid? «The Conversation» komplett vergessen schottet, erkenne ich mich ein Stück weit in Ich fand es spannend, eine Figur zu zei- hatte und die Gemeinsamkeiten erst beim Aloys wieder. Er ist sehr schweizerisch. gen, die in der konservativen Welt des Schreiben entdeckte. Dieses Wiederent­ Umso überraschender ist bei diesem ­Vaters gefangen ist. Aloys muss nicht nur decken war ein tolles Erlebnis, weil sich die Schweizer Thema dann, dass die seine Einsamkeit überwinden, sondern Parallelen zu meinem eigenen Film unbe- Hauptfigur mit einem Wiener Akzent den Sprung in die Gegenwart schaffen. wusst e­ rgeben haben. Und eigentlich ist die spricht … ­Natürlich lässt sich der Film auch im Hin- Paranoia der Nixon-Ära heute noch aktuell. Den österreichischen Akzent fand ich blick auf die soziale Entfremdung lesen, tageswoche.ch/+ b5sx7 × gut, weil er die Figur innerhalb der Schweiz die sich über die digitalen Medien abspielt. noch mehr isoliert. Ausserdem passt die Aber ich wollte das nicht plakativ themati- Sprache perfekt zu dem verstaubten büro- sieren, denn dieses Problem besteht seit kratischen Umfeld. Aber vor allem ist Georg der Erfindung des Telefons: Wir müssen

TagesWoche 14/16 «Den Platz aktivieren.» Alys Williams (l.) und Lea Whinyates Hess. foto: hans-jörg walter

Neue Galerie von Naomi Gregoris alerien haben es nicht einfach. Das Projekt Vitrine bringt Leben Hohe Mietpreise, Kosten für Messen und der launische in den Glaskubus unter dem Viadukt Kunstmarkt machen es vielen GGaleristen schwer, mit dem kommerziellen am Vogesenplatz. Galerienmodell (grosse White Cubes, keine Events ausser Vernissage und Finissage, Akquisition immer öfter über Händler statt Künstler) Erfolg zu haben, geschweige denn Geld damit zu verdienen. Das ist auch in Basel nicht anders, nach Londoner der Art schwindet das Interesse an den ­lokalen Galerien jeweils rapide, das Season Opening ist nur noch eine bescheidene ­Angelegenheit mit fehlendem Zusammen- halt unter den Beteiligten. Pfupf fürs «Die Galerien müssen sich wirklich ­etwas überlegen», fand die Basler Galeris- tin Karin Sutter 2012 und rief zu mehr kurz- weiligen Veranstaltungen und Events auf. Drei Jahre später musste sie ihre Galerie St. Johann schliessen. Ein ernüchterndes Beispiel, das wenig Hoffnung für ein erfolgreiches ­Bestehen der Basler Szene aufkommen liess.

Der Name ist Programm Bis jetzt. Denn nun sieht es so aus, als würde sich der Wind drehen. Nach der ­Eröffnung von «Neue und Alte Kunst Basel» an der Bäumleingasse geht nun nur wenig später auch am Vogesenplatz eine neue ­Galerie auf. Der kleine Glaskasten unter

TagesWoche 14/16 41 FLASH dem Viadukt gegenüber der Bar Brut er­ Stellwerks. Nun sei es an der Zeit, dass ver­ fährt ein neues Innenleben. Nach der Bou­ mehrt auch sichtbare Aktionen zum Zug tique für Massanzüge, die weniger als ein kommen. Jahr in der begehbaren Säule auf Kund­ Sichtbarkeit ist kein Problem, mit dem KULTUR schaft wartete, wird hier am 1. April die die Vitrine zu kämpfen haben wird. Die Retrospektive Galerie Vitrine eröffnet. Ausstellungen werden dank der ausgeklü­ gelten Architektur rund um die Uhr auf Grenzen ausloten, Neues ausprobieren dem Platz sichtbar sein und wie eine grosse Vitrine gibt es bereits in England, als Installation funktionieren. Hinzu kommt 16 Meter langes Fenster am Bermondsey eine Kollaboration mit der Bar Brut, die Square in der Nähe der London Bridge. «Es den Kuratorinnen während der geplanten ist witzig: Vitrine in London hat ganz ähn­ Veranstaltungen wortwörtlich zur Seite ste­ lich begonnen wie Vitrine am Vogesen­ hen wird. «Die Vitrine soll nicht als ab­ platz.» Alys Williams lacht. Die Kuratorin geschlossener Raum oder blosses Schau­ hat vor sechs Jahren den Projektraum in fenster den Platz dekorieren, sondern aktiv der britischen Hauptstadt gegründet – in in den Raum eingreifen und einladen», einem Umfeld wie nun in Basel: An einem meint Williams. Genau darin liegt der Platz, der mitten in der Stadt lag, aber doch ­Unterschied zum White Cube: Die Vitrine nicht so recht ins Bewusstsein der Bewoh­ soll ein Raum sein, der über das blosse Aus­ ner rücken wollte. Wie der Bermondsey stellen hinaus und in den umliegenden Square soll auch der Vogesenplatz als Zent­ Raum hineindenkt. rum eines aufgewerteten Quartiers belebt Stellan Skarsgård werden. «Die Vitrine soll nicht als Wer Williams und ihre Basler Projekt­ partnerin Lea Whinyates Hess kennenlernt, blosses Schaufenster den im Stadtkino merkt schnell: Wenn die beiden loslegen, kommt das mit der Belebung auf jeden Fall Platz dekorieren, sondern Man kennt ihn aus den aufwühlenden Fil­ schon einmal gut. Gutgelaunt sitzen sie men von Lars von Trier: den schwedischen ­wenige Tage vor der Eröffnung an einem aktiv in den Raum Schauspieler Stellan Skarsgård. Das Stadt­ der Tischchen vor der Bar Brut, teilen sich kino Basel würdigt ihn im April mit einer mit dem Architekten Jens Müller eine Fla­ eingreifen und einladen.» Retrospektive. Nebst Filmen ist er auch – sche Sekt und reden über neue Galerien­ exklusiv auf grosser Leinwand – in der modelle. Sie sind wie Karin Sutter der Alys Williams, Kuratorin ­aktuellen britischen Mini-Serie «The River» ­Ansicht, dass man die Idee einer Galerie zu sehen, in der Skarsgård als titelgebender weiterdenken muss, um Erfolg zu haben. Den Auftakt zu dieser raumübergreifen­ Polizeikommissar John River brilliert. Die Glassäule auf dem Vogesenplatz bie­ den Öffnung macht die Vernissage am­ te das optimale Setting dafür, meint 1. April – ein grosses Fest mit einer Grup­ Sonntag, 3. April, 17 Uhr. Whinyates Hess: «Hier können wir die penausstellung und Performances von Klostergasse 5, Basel. Grenzen ausloten und Neues ausprobie­ Nino Baumgartner und Garrett Nelson auf www.stadtkino.ch ren.» Nicht zuletzt weil hier ein Architek­ der Wendeltreppe und den Betonblöcken turbüro mit an Bord ist: Jens Müller von des Platzes. Die Ausstellung trägt den Titel Pantera Pantera, der auch mit am Tisch «A journey from a sweeping gesture to a las­ sitzt. Er hat zusammen mit seinem ting effect» – eine Reise von einer schwung­ ­Geschäftspartner Thomas Wüthrich den vollen Geste zu einem nachhaltigen Effekt. Innenraum der Säule entworfen – ein raffi­ Er könnte nicht besser gewählt sein. niertes System aus mobilen Wänden, die tageswoche.ch/+ ezwku × Dokumentarfilm den beiden Kuratorinnen grösstmögliche Gestaltungsfreiheit bieten. Galerie Vitrine, Volta Zentrum, Vogesenplatz, Basel. «Dem Himmel Die Vitrine bewegte sich www.vitrinegallery.com Eröffnung: in London in einem Freitag, 1. April 2016, 18 bis 22 Uhr, zu nah» Ausstellungsdauer: ähnlichen Umfeld wie 2. April bis 3. Juni 2016. im Kino Atelier in Basel: mitten in der Der Dokumentarfilm «Dem Himmel zu nah» erzählt die Geschichte einer lebens­ Stadt und doch nicht bejahenden Frau, die sich fragt, was ihre Geschwister dazu getrieben hat, sich das so recht im Bewusstsein Leben zu nehmen. Ruhig und ohne Senti­ mentalität wirft der Film von Annina Furrer der Bewohner. existenzielle Fragen auf. Sie lädt am Sonn­ tag im Atelier zur Basler Premiere – und Auch Müller sieht Potenzial im Vogesen­ zum anschliessenden Podiumsgespräch, platz: «Hier braucht es Leute, die etwas mit bei dem Fachpersonen, Angehörige und dem Platz anstellen, er muss aktiviert wer­ Betroffene mitwirken. × den. Nicht nur mit Detailhandel, sondern durch Menschen, die vor Ort sichtbar pro­ Sonntag, 3. April, 11.15 Uhr. duzieren.» Am Vogesenplatz passiere viel Kultkino Atelier, Theaterstrasse 7, im Hintergrund – die Schokoladenmanu­ Basel. faktur Rehmann beispielsweise oder die www.kultkino.ch hauseigene Brauerei «Gleis 1 Bier» des

TagesWoche 14/16 15.45—FR-SO: 10.45—FR: 23.10— SA: 20.00 F/d BASEL CAPITOL SA: 20.30 D • IN ORDER Kinoprogramm Steinenvorstadt 36 kitag.com OF DISAPPEARANCE [16/14 J] • BATMAN V SUPERMAN: DAWN Norw/d • EDDIE THE EAGLE [4/4 J] OF JUSTICE – 3D [12/10 J] SA: 22.15 E/d/f 14.00/17.00—FR-SO: 10.50— • LA PASSION 14.00/20.30 FR-MO/MI: 20.00—FR/SA: 23.00— D’AUGUSTINE [10/8 J] • MY BIG FAT E/d/f F/d/e Basel und Region GREEK WEDDING 2 [4/4 J] DI: 20.20 SO: 13.00 E/d/f 14.20/17.20—FR-SO: 11.15— • RIVER 14.00 D E/d • BATMAN V SUPERMAN: FR-MO/MI: 20.20—FR/SA: 23.20 SO: 17.00 12. bis 18. Februar DAWN OF JUSTICE [12/10 J] • ZOOMANIA [6/4 J] • ABERDEEN 17.00—FR-MO: 20.30 E/d/f FR-SO: 11.00 D MO: 18.30 E/f • THE REVENANT [16/14 J] • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] • EMPORTE-MOI [12/10 J] 17.00 E/d/f 13.20/15.40/18.00— MO: 21.00 F/d • MISS YOU ALREADY [12/10 J] SA/MO/MI: 20.20 D • EIN MANN VON WELT [12/10 J] DI/MI: 20.30 E/d/f FR/SO/DI: 20.20 E/d/f MI: 18.30 Norw/d/f ANZEIGE • KUNG FU PANDA 3 [0/0 J] • DER PARFÜMIERTE KULT.KINO ATELIER FR-SO: 11.30—FR-SO/MI: 13.40 D ALBTRAUM • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] MI: 21.00 E/d Theaterstr. 7 kultkino.ch FR-SO: 11.50 D • VIRGIN MOUNTAIN [12/10 J] • LOLO – DREI IST EINER STUDIO CENTRAL FR/MO-MI: 12.00 Isländisch/d ZU VIEL [12/10 J] Gerbergasse 16 kitag.com • THE CHINESE LIVES FR/SO: 11.30—SA/MO/MI: 18.15— OF ULI SIGG [0/0 J] SO/DI: 20.30 F/d •POTLIGHT S [12/10 J] 12.10 Ov/d/f 16.00—FR/SO/DI: 18.15— 14.30/17.15/20.00 E/d/f • UNSERE WILDNIS [6/4 J] FR/SA/MO/MI: 20.30—SA: 11.30 D FR/MO: 12.10 D • MY BIG FAT FRICK MONTI • MATHIAS GNÄDINGER – DIE GREEK WEDDING 2 [0/0 J] LIEBE SEINES LEBENS [10/8 J] 13.40—FR-SO: 11.30— Kaistenbergstr. 5 fricks-monti.ch 12.15 Dialekt/d FR/SO/DI: 16.00—FR/SA: 23.00— • MY BIG FAT • SUFFRAGETTE [12/10 J] MO/MI: 20.30 D GREEK WEDDING 2 [0/0 J] 19.00—FR/SA/MO-MI: 12.15 E/d/f • ALLEGIANT – FR-MO: 20.15 D • HEIDI [0/0 J] DIE BESTIMMUNG 3 [12/10 J] • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] 13.40 Dialekt 13.10—FR-SO/MI: 18.10— SA: 14.30—SO: 15.30 D • OUR LITTLE SISTER [16/14 J] FR/SO-MI: 20.40—SA: 23.10 D • DAS TAGEBUCH Jap/d E/d/f DER ANNE FRANK [12/10 J] 13.45/18.15 MO/DI: 18.10 D • DAS TAGEBUCH • DEADPOOL [16/14 J] SA: 17.00 DER ANNE FRANK [12/10 J] 13.40—FR/SO/DI: 20.30— • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] 14.00/20.45 D FR/SA: 22.50—SA/MO/MI: 16.00 D SO: 13.15 D • HORIZONTES [8/6 J] • LONDON HAS FALLEN [16/14 J] • ICH BIN DANN MAL WEG [8/6 J] 14.00 Ov/d/f 13.50/18.20—FR/SA: 22.40 D SO: 18.00 D • THE CHINESE RECIPE [12/10 J] • 10 CLOVERFIELD LANE [14/12 J] • KONZERT BLUES CARAVAN 15.00 Ov/d/f 15.45—FR/SO/DI: 18.00— 2016: BLUE SISTERS • MON ROI [14/12 J] FR: 22.30—SA: 20.40— MI: 20.15 15.30/20.20 F/d MO/MI: 20.15 D • CHOCOLAT [12/10 J] FR/SO/DI: 20.15—SA: 23.15— LIESTAL ORIS 15.45/20.00 F/d MO/MI: 18.00 E/d/f Kanonengasse 15 oris-liestal.ch • L’HERMINE [6/4 J] • EDDIE THE EAGLE [0/0 J] F/d • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] 16.15 15.50—FR/SO/DI: 18.10— D •LO LO [12/10 J] FR: 22.45—MO/DI: 13.30— FR-SO: 13.30 F/d D • KUNG FU PANDA 3 [0/0 J] 16.30/20.30 MO/MI: 20.30 D • GROZNY BLUES [14/12 J] FR/SO/DI: 20.30—SA: 23.10— DI: 18.00—MI: 16.15 Ov/d E/d/f • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] 17.00 MO/MI: 18.10 D • AS I OPEN MY EYES [14/12 J] • Opera – Metropolitan Opera FR-SO: 15.45 Arabisch/d New York: • ZOOMANIA [6/4 J] 18.00 MADAME BUTTERFLY [0/0 J] SA: 10.30—MI: 14.00 D •M ROO [12/10 J] E E/d/f SA: 18.55 • ALLEGIANT – 18.00 • HOW TO BE SINGLE [14/12 J] DIE BESTIMMUNG 3 [12/10 J] • HAIL, CAESAR! [8/6 J] D D E/d DI: 20.30 FR: 18.00 18.30 • BATMAN V SUPERMAN: DAWN • EL CLAN [16/14 J] PATHÉ PLAZA OF JUSTICE – 3D [12/10 J] 21.00 Ov/d/f FR-SO: 20.30 D • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] Steinentorstr. 8 pathe.ch • BATMAN V SUPERMAN: SA/SO: 11.45 Dialekt • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] DAWN OF JUSTICE [12/10 J] • DER LETZTE DER 13.50/16.00—FR/SO/DI/MI: 18.10 D MO/DI: 20.15 D UNGERECHTEN [14 J] E/d/f F/d MO: 18.10 • LONDON HAS FALLEN [16/14 J] SO: 11.00 • DER GEILSTE TAG [12/10 J] SA/SO: 18.00 D • DEM HIMMEL ZU NAH [14/12 J] D Dialekt FR/SO/MO/MI: 20.20 • RENOIR: REVERED SO: 11.15 • BATMAN V SUPERMAN: DAWN AND REVILED MOVIE & DINE ANSCHL. PODIUMSGESPRÄCH OF JUSTICE – 3D [12/10 J] SO: 11.00—MO: 18.00 E/d D PATHE KÜCHLIN | FR, 1. APRIL | FILMSTART: 20.30 UHR (D) MIT GÄSTEN. FR/SA: 22.45—DI: 20.20 • MY BIG FAT MODERATION PRO MENTE SANA. • EDDIE THE EAGLE [0/0 J] GREEK WEDDING 2 [0/0 J] • ABOVE AND BELOW [12/10 J] E/d/f DI: 14.15 D ÖFFNUNG CINE DELUXE 30 MIN. VOR FILMSTART E/d SA: 18.10 SO: 11.30 SA: 20.30 D GOLDEN AGE NACHMITTAGSKINO MIT KAFFEE UND KUCHEN KULT.KINO CAMERA REX • Ballet – Royal Opera House Rebgasse 1 kultkino.ch London: GISELLE Steinenvorstadt 29 kitag.com MI: 20.00 Ov/d • GRÜSSE • KUNG FU PANDA 3 – 3D [4/4 J] AUS FUKUSHIMA [12/10 J] 14.30 D SPUTNIK FR/SA/MO-MI: 14.15/21.00— E/d/f D/Jap/d 17.30 SO: 13.15/19.45 • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] Poststr. 2 palazzo.ch • ZVIZDAN – FR-MO: 15.00—DI/MI: 14.15 D • OUR LITTLE SISTER [16/14 J] MITTAGSSONNE [14/12 J] • MISS YOU ALREADY [12/10 J] FR/SA: 17.45 Jap/d FR/SA/MO-MI: 14.30/20.30— Ov/d/f FR-MO: 18.00/21.00—DI/MI: 17.15 • CHOCOLAT [12/10 J] SO: 17.30 E/d/f FR-MO: 20.15 F/d • OFFSHORE – ELMER UND • BATMAN V SUPERMAN: DAWN • UNSERE WILDNIS [6/4 J] DAS BANKGEHEIMNIS [12/10 J] OF JUSTICE – 3D [12/10 J] SA: 15.30—SO: 13.15 D FR/SA/MO-MI: 16.30— E/d/f SO: 15.30 Dialekt/D/d FR-DI: 20.00 •ALTEN F [12/10 J] • KITAG CINEMAS Ladies Night: SO: 10.30—DI/MI: 18.00 Dialekt • SON OF SAUL [14/12 J] HOW TO BE SINGLE SO IN ANWESENHEIT DER FR/SA/MO-MI: 17.00 E/d/f SO: 15.30 Ov/d/f DI: 20.00 REGISSEURIN SILVIA HÄSELBARTH • KITAG CINEMAS Movie Night: • DER GROSSE SOMMER [6/4 J] • MUSTANG [12/10 J] Dialekt FR/SA/MO-MI: 18.30— THE HUNTSMAN & SO: 15.30—MO: 18.00 SO: 20.00 Türk/d/f THE ICE QUEEN – 3D • THE CHINESE LIVES MI: 20.00 E/d/f OF ULI SIGG [0/0 J] • DEM HIMMEL ZU NAH [14/12 J] D Dialekt • KITAG CINEMAS Opera Live: SO: 18.00 19.00 GISELLE [4/4 J] •M ROO [12/10 J] TICKETS: CHF 89.– PRO PERSON • THE DANISH GIRL [12/10 J] ohne Dialog E/d SO: 11.00 E/d/f MI: 20.15 DI/MI: 20.15 Der Preis beinhaltet ein mehrgängiges Flying Dinner, Cüpli, Rot- und Weisswein, Bier, • DER GROSSE SOMMER [6/4 J] Mineral, Kaffee à discretion und Filmbesuch. Dialekt STADTKINO SISSACH PALACE SO: 11.15/17.45 • DIE DUNKLE SEITE Klostergasse 5 stadtkinobasel.ch Felsenstrasse 3a palacesissach.ch Tickets sind an der Kinokasse und online auf pathe.ch erhältlich. DES MONDES [12/10 J] D • BALIKBAYAN #1 MEMORIES • SON OF SAUL [14/12 J] SO: 13.30 OF OVERDEVELOPMENT FR-MO: 18.00 Ov/d/f BASEL MI STADT PATHE MI KINO CATERING BY: REDUX III • MY BIG FAT NEUES KINO FR: 18.00 Ov/d GREEK WEDDING 2 [0/0 J] Klybeckstr. 247 neueskinobasel.ch IN ANWESENHEIT DES REGISSEURS 20.30 D • AVRIL ET • ANNE TRISTER [16/14 J] • KUNG FU PANDA 3 [0/0 J] LE MONDE TRUQUÉ [10/8 J] FR: 21.15—SO: 15.00 F/d SA/SO/MI: 16.00 D FR: 21.00 F/d • PINK RIBBONS, INC. • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] SA: 15.00 E DI: 18.00 Dialekt PATHÉ KÜCHLIN • BREAKING THE WAVES [12/10 J] • HEIDI [0/0 J] SA: 17.00 E/d/f MI: 18.00 Dialekt Steinenvorstadt 55 pathe.ch • MAMAN EST CHEZ • DER GEILSTE TAG [12/10 J] LE COIFFEUR [9/12 J]

TagesWoche 14/16 sequent per #sandiegofire die aktuellsten 43 Updates in die Welt hinaus. Am Ende des Tages hatten es ihm Dutzende gleichg­ etan, erst die Anwohner, dann die Journalisten und schliesslich der Rest der Welt. Das ers­ te Hashtag war geboren. Seither sind neun Jahre vergangen und der hübsche Gartenhag ist das meist­ genutzte Symbol der Internetwelt. Ob in Tweets über politische Geschehnisse (#Je­ SuisCharlie wurde bis zu 6500 Mal pro ­Minute, insgesamt über fünf Millionen Mal benutzt) oder Sportereignisse (#World­ CupFinal, über 32 Millionen) – Hashtags sind nicht mehr aus Twitter wegzudenken. Und schon gar nicht aus Instagram: Hier wird das Symbol so enthusiastisch wie masslos eingesetzt, je mehr, desto besser, egal wie sinnfrei der Inhalt der Nachricht.

Isaac Newtons Sauklaue Hierzulande hatte das auch als Raute­ zeichen bekannte Symbol bereits vor sei­ nem Internetfame eine beachtliche Karrie­ re hinter sich: Angefangen als Ausgeburt der Sauklaue Sir Isaac Newtons (wobei die­ se Entstehungstheorie bis heute umstritten ist – Tatsache bleibt, dass Newtons Notiz mit dem ­Ligaturzeichen lb für Pfund ver­ dächtig nach Hashtag aussieht und das Symbol im Amerikanischen bis heute als «pound sign» bezeichnet wird), tauchte es Keine Anzündhilfe, aber ein Brand verhalf diesem Ding zur Verbreitung. foto: getty images Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals als Nummerierungszeichen in englischen Pu­ Kultwerk #224 blikationen zum Thema Buchhaltung auf. Wobei jeweils das # vor der Zahl als Num­ merierung und das nach der Zahl als Ge­ Das Hashtag ist das meistgenutzte Symbol wichtsindikator galt, also: #5 = Nummer 5 / 5# = 5 Pfund. der Welt. Doch woher kommt das hübsche Danach folgten unterschiedliche Kon­ texte, in denen das Symbol bis heute in Ding? Eine kurze Entstehungsgeschichte. ­Gebrauch ist: In der Informatik (Fragment­ bezeichner), Technik («Für weitere Infor­ mationen drücken Sie bitte die Rautetas­ te»), Mathematik (Parallelogramm), im Schach (Matt), in der Medizin (Knochen­ # – ein Ding, sie brüche), in der Heraldik (als Zeichen für die Farbe Schwarz) und auf schwedischen Landkarten («Achtung Holzlager»). ewig zu binden Seinen bislang letzten grossen Auftritt hatte das Hashtag im Hinterzimmer eines amerikanischen Fernseh­komikers: Jimmy Fallon (#funny) und sein Gast Justin Tim­ berlake (#stillhot) führten darin eine Kon­ von Naomi Gregoris twittern, zur Bündelung ein Doppelkreuz versation in Hashtags – und demonstrier­ vor ‹San Diego Fire› setzt, damit man die ten ­dabei meisterlich, wie ­beschränkt und s war 2007, in San Diego wütete ganze Berichterstattung mit einem Klick fantastisch zugleich das Zeichen funktio­ ein fieser Buschbrand und Nate im Blick hat?» Die Nachricht kam vom niert: Einerseits bricht es jedes Thema auf Ritter war überfordert. Im Vier­ Netzaktivisten Chris Messina, der bereits ein viel zu einfaches bescheuertes­ Schlag­ telstundentakt postete der Ent­ einige Monate zuvor auf Twitter vorge­ wort herunter, andererseits öffnet es mit Ewickler Updates über die Brände auf Twit­ schlagen hatte, das Doppelkreuz (auf Eng­ diesem Schlagwort eine Bandbreite an ter, um seine Follower auf dem Laufenden lisch «hash» in der Kombination mit «tag» ­Assoziationen und kulturellen Codes, zu halten. für «Markierung») zu benutzen. Wortspielen und Referenzen, die so on Parallel versuchte er, den Überblick über point sind, dass keine Erklärung der Welt es die Tweets anderer Bewohner zu behalten, «Das wird nie funktonieren» besser treffen würde. die ihrerseits berichteten. Frustriert über Doch selbst das damalige Avantgardis­ Bevor also einmal mehr die altbekannte die Masse an Nachrichten, die im Cyber­ ten-Medium Twitter fand den Gedanken Zeitgeist-Larmoyanz eintritt, bleiben wir space herumflirrten, beschloss er, all seine eines Symbols, das Themengebiete grup­ lieber bei diesem grossartigen Symbol, das Tweets mit «San Diego Fire:» zu ­beginnen, pieren sollte, zu nischig: Die Verantwortli­ unsere Leben reicher und die Sinnzusam­ um wenigstens ein bisschen Ordnung in die chen wiesen Messina ab: «Sowas ist nur für menhänge darin zugänglicher gemacht hat. Sache zu bekommen. Nerds, das wird nie funktionieren.» Danke lieber Gartenhag für die 150 Jahre Kurz darauf bekam er eine Nachricht: Bis das Feuer kam. Ritter hörte auf Mes­ Beistand in allen Lebensbereichen. «Wie wärs, wenn du und alle, die darüber sina und twitterte den ganzen Tag lang kon­ tageswoche.ch/+4t9hj ×

TagesWoche 14/16 44 rend der gesellschaftlich produzierte Reichtum wächst. Vor diesem Hintergrund schienen die Massnahmen, mit denen man für gewönlich die Konjunktur ankurbelt, keinen langfristigen Erfolg zu versprechen. Für Gorz war klar: Die gesellschaftlich not- wendige Arbeit und der durch sie produ- zierte Reichtum musste zwingend neu ver- teilt werden. Dementsprechend plädierte Gorz in ­seiner 1983 publizierten Schrift «Wege ins Paradies» für ein von einem Arbeitsplatz unabhängiges Grundeinkommen. In die- sem Grundeinkommen habe man jedoch nicht «ein Arbeitslosensalär» zu sehen oder eine «milde Unterstützung derjenigen, die die Gesellschaft marginalisiert». Vielmehr sei es «das jedem Bürger zukommende Recht, auf sein ganzes Leben verteilt das Produkt des nicht weiter reduzierbaren Quantums an gesellschaftlich notwendiger Arbeit zu erhalten, die er im Laufe seines Lebens zu erbringen hat. Es sieht kaum so aus, als würde dieses Quantum gegen Ende Denkfutter: Ein alter Schinken zu einer aktuellen Debatte. foto: Hans-jörg walter des Jahrhunderts 20 000 Stunden über- schreiten.» Ob diese 20 000 Stunden Arbeit Zeitmaschine am Stück oder in Etappen geleistet würden, bliebe dem Einzelnen überlassen. Ein Grundeinkommen ist alles andere als Lohn für erzwungene Untätigkeit Entscheidend an dieser Konzeption ei- eine neue Idee. Der Philosoph André Gorz nes Grundeinkommens ist natürlich das Recht (andere würden sagen: die Pflicht) forderte dies schon vor über 30 Jahren. auf Arbeit in einem Umfang von 20 000 Stunden. Dies in Betrieben und Institutio- nen, in ­denen die Arbeitsabläufe und -inhalte weitgehend festgelegt sind – Gorz Grundeinkommen bezeichnet sie deshalb als dem «hetero- nomen Sektor» zugehörig. Mehr Gestaltungsmöglichkeiten böte dem Einzelnen – allein oder im Verein mit und Emanzipation andern – die Lebenszeit jenseits der 20 000 Stunden. Nichtsdestotrotz war Gorz davon über- zeugt, dass auch die Arbeit im «hetero- nomen Sektor» für die Menschen attraktiv sei. Weil sie es erlaubt, «Leute von ausser- von Martin Stohler dem nachindustriellen Neoproletariat der halb zu treffen und mit ihnen weniger ver- Status- und Klassenlosen an, die zeitweilig, traute und freiere Beziehungen zu unter- nfang der 1980er-Jahre war die als Ersatz- und Gelegenheitsarbeiter oder halten als mit all denen, die in einem sofort Arbeiterbewegung der entwi- Teilzeitangestellte, Hilfs- oder Aushilfs- die Schwester, die Tochter, die Kusine, die ckelten Länder mit einer tief­ dienste verrichten – Tätigkeiten, die in Schwiegertochter usw. sehen und einen in greifenden Krise konfrontiert. nicht allzu ferner Zukunft zumeist von der einem genau eingeteilten Universum situ- AFür den Ökonomen und Philosophen Automation ausgelöscht werden.» ieren, in dem jeder seinen zugewiesenen ­André Gorz (1923–2007) waren die ge­ Platz hat.» werkschaftlichen und politischen Arbeiter- 20 000 Stunden Lebensarbeitszeit Grundeinkommen und Emanzipation organisationen gar an einem toten Punkt Die ökonomische Krise, die dem Wirt- waren für Gorz zwei Seiten derselben Me- angelangt. schaftsaufschwung der Nachkriegszeit daille. Dabei war ihm klar, dass Letztere Die Fixierung der marxistischen Linken Mitte der 1970er-Jahre ein jähes Ende nicht zwangsläufig aus Ersterem folgt: und vieler Gewerkschaften auf die (Fabrik-) ­bereitet hatte, war für Gorz keine vorüber­ «Die Garantie eines vom Arbeitsplatz Arbeiterklasse erwies sich in seinen Augen gehende Erscheinung. Automaten be­ unabhängigen Einkommens kann emanzi- als Sackgasse. In seinem 1980 erschie­ gannen bereits zunehmend menschliche patorisch oder repressiv, linker oder rech- nenen Buch «Abschied vom Proletariat» Arbeitskräfte zu ersetzen und die mikro- ter Prägung sein, je nachdem sie den In­ begründete Gorz dies unter anderem da- elektronische Revolution zeichnete sich dividuen neue Räume individueller und ge- mit, dass die ökonomische Entwicklung auch schon ab. Von daher rechnete Gorz sellschaftlicher Tätigkeit öffnet oder im Ge- nicht eine grosse Teile der Gesellschaft um- vielmehr damit, dass die für einen dauer- genteil nur der gesellschaftliche Lohn für fassende Arbeiterklasse geschaffen habe, haften Aufschwung nötigen Arbeitsplätze ihre erzwungene Untätigkeit ist.» wie dies manche erwartet hätten. Das nicht geschaffen, sondern in der Tendenz tageswoche.ch/+lfpcn × Gegenteil sei der Fall, schrieb er: vernichtet würden. «Die traditionelle Arbeiterklasse ist nur Die Entwicklungen führten zur para­ noch eine privilegierte Minderheit. In ihrer doxen Situation, dass der Bedarf nach Mehrheit gehört die Bevölkerung heute menschlicher Arbeitskraft abnimmt, wäh-

TagesWoche 14/16 45 Wochenendlich in Kopenhagen Für das dänische Adjektiv «hyggelig» gibt es keine präzise deutsche Übersetzung. Doch dieses Wort trifft die Atmosphäre in Kopenhagen ganz genau. Die «hyggeligste» Stadt der Welt

von Philip Vlahos Säuglinge selbst im Winter unbeaufsichtigt draussen gelassen. m Flughafen von Kopenhagen Viel besser als mit Kinderwagen lässt es werden Ankommende von fah­ sich auf den grosszügig ausgebauten Velo­ nenwedelnden Dänen begrüsst. bahnen fortbewegen. Diese verlaufen nicht Dabei handelt es sich nicht etwa nur neben den gewöhnlichen Strassen, Aum nordländischen Kampf­patriotismus, sondern zweigen auch als Abkürzungen sondern um eine «hyggelig»-herzige Tradi­ durch die Quartiere ab. Der Zoologe Des­ tion, mit der Dänen heimkehrende Freun­ mond Morris meinte einmal, dass grosse de und Verwandte begrüssen. Gemütlich, Städte für Menschen so ungeeignet wie vertraut, angenehm und warmherzig sind Zoos für Tiere seien. Wer allerdings an den Umschreibungen des dänischen Kose­ vielen städtischen Seen, Kanälen, Hafen­ worts hyggelig, für das es auf Deutsch keine gebieten und Promenaden in Kopenhagen direkte Übersetzung gibt. rumkurvt, fühlt sich «artgerecht gehalten» Die Hygge zieht sich in Kopenhagen aber und wird dabei das Gefühl nicht los, dass spürbar durch alle Erlebnisse, die man an ein paar sehr intelligente Menschen hinter einem Wochenende machen kann. dieser Stadtplanung steckten. Zur allgemeinen Hygge der Stadt tragen etwa die Schutzmauern aus Babys in Kin­ Ohne Selfie Stick nach Christiania derwägen rund um die Restaurants bei. Und dann ist da noch Christiania, ein Richtig gelesen: In Dänemark werden Bruch mit der traditionellen Hygge. Das Gebiet ist seit 1971 eine alternative Wohn­ Anbeissen siedlung. War diese «Freistadt» lange Zeit Im «Pussy Galore» gibt es wunderbare ­Gegenstand vieler Kontroversen, ist sie «Artgerecht»: Hier kann der Mensch Mensch sein. Burger und andere Speisen. Kopen­ ­unterdessen zur Touristenattraktion ge­ hagen gilt als verhältnismässig teure worden. Nur fahren die Scharen an Besu­ Reisedestination. Das zentral gelegene chern ihre Selfie Sticks vor dem Eingang Lokal «Kaffix» am Sortedams-See ein letztes Mal aus. Denn in Christiania ist untergräbt dabei den Marktzwang, das Fotografieren verboten. indem es sämtliche Salate, Kaffees Kein Wunder, ist doch dort der Verkauf und Sandwiches für zwölf Kronen von Hanf und Haschisch von der Stadt ge­ (CHF 1.75) verkauft. duldet – in geordneten Reihen von Markt­ ständen zu fairen, geregelten Preisen. Viele Anschauen Händler tragen Sturmmasken. Der Verkauf Wer Sinnesreize sucht, der findet im ist schliesslich nach wie vor illegal. Louisiana Museum of Modern Art Apropos: Wer sich vor der Reise nicht beeindruckende zeitgenössische Aus­ nur im hiesigen Drogenmilieu, sondern stellungen. Meine persönlichen Lieb­ auch im dänischen Film weiterbilden lingsentdeckungen: Die «kinetischen möchte, dem sei die Pusher-Trilogie mit Reliefs» von JesÚs Rafael Soto und Mads Mikkelsen wärmstens empfohlen. Werke des dänischen Avantgardisten Das wirklich interessante an Christiania Asger Jorn. ist allerdings nicht das öffentliche Kiffen, sondern die Anatomie einer autonomen Abhängen Gemeinde. Das Herzstück der Freistadt bil­ Bofællesskab ist der Begriff für däni­ det ein grosser Baumarkt, in dem Holz, sche Hauswohngemeinschaften. Die Schläuche, Wannen, Rahmen und Herde Haus-WGs wurde vor allem in den abgesetzt werden, die die improvisierten 1960er/1970er-Jahren von dänischen Bauten überhaupt erst ermöglichen. Familiengruppierungen vorangetrie­ ­Jedoch verfügt selbst Christiania über ein ben, die ihre Bedürfnisse nicht in den eigenes Baureglement: Neubauten werden Noch schnell ein Bild, drinnen herrscht Fotoverbot. städtischen Wohnmöglichkeiten jeweils im Plenum genehmigt. fotos: philip vlahos ­befriedigt sahen und kleine Commu­ Letzlich habens halt auch die Alternati­ nities bildeten. Heute sorgen diese ven gern hyggelig. Häuser für einen reichen Fundus an tageswoche.ch/+ix6nb × Airbnb Übernachtungsmöglichkeiten.

TagesWoche 14/16 Impressum

TagesWoche Chefredaktion/ Jonas Grieder Bildredaktion Unterstützen Sie unsere Arbeit 6. Jahrgang, Nr. 14; Geschäftsleitung (Multimedia-Redaktor), Nils Fisch mit einem Jahresbeitrag verbreitete Auflage: Christian Degen Renato Beck, Korrektorat Supporter: 60 Franken pro Jahr 10 800 Exemplare (prov. Wemf- Digitalstratege Yen Duong, Yves Binet, Balint Csontos, Enthusiast: 160 Franken pro Jahr beglaubigt, weitere Infos: Thom Nagy Naomi Gregoris, Chiara Paganetti, Gönner: 500 Franken pro Jahr tageswoche.ch/+sbaj6), Creative Director Christoph Kieslich, Irene Schubiger, Mehr dazu: tageswoche.ch/join Gerbergasse 30, Hans-Jörg Walter Marc Krebs, Martin Stohler,­ 4001 Basel Redaktion Felix Michel, Dominique Thommen Druck Herausgeber Karen N. Gerig Matthias Oppliger, Verlag und Lesermarkt Zehnder Druck AG, Wil Neue Medien Basel AG (Stv. Chefredaktorin), Jeremias Schulthess, Tobias Gees Designkonzept und Schrift Redaktion Amir Mustedanagić Dominique Spirgi, Abodienst Ludovic Balland, Basel Tel. 061 561 61 80, (Leiter Newsdesk), Samuel Waldis Tel. 061 561 61 61, [email protected] Reto Aschwanden Redaktionsassistenz [email protected] (Leiter Produktion), Béatrice Frefel Anzeigenverkauf Die TagesWoche erscheint Tino Bruni (Produzent), Layout/Grafik COVER AD LINE AG täglich online und jeweils am Mike Niederer (Produzent), Anthony Bertschi, Tel. 061 366 10 00, Freitag als Wochenzeitung. Hannes Nüsseler (Produzent), Carol Engler [email protected] greenpeace.ch/meere

WAS WIRKLICH ZÄHLT, MERKT MAN ERST, WENN ES NICHT MEHR DA IST. Mit ihren zerstörerischen Fangmethoden bringt die Fischereiindustrie dutzende Fischarten dermassen unter Druck, dass diese kurz vor dem Aussterben stehen. Im Mittelmeer ist der Bestand des Blauflossenthuns um mehr als 80 Prozent zurückgegangen. UNTERSTÜTZEN SIE UNS MIT EINER SMS SPENDE: Bsp. CHF 20.–: «GP MEERE 20» an 488 senden

CHF 1.– bis CHF 99.– möglich – Ihre Telefonnummer wird nicht weiter verwendet. AZA TagesWoche CH-4001 Basel Neue Medien Basel AG PP/Journal Gerbergasse 30, 4001 Basel Redaktion: 061 561 61 80 Post CH AG Abo: 061 561 61 61 tageswoche.ch

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