VIDEO- UND FILMREIHE WS 2006/07 HIER EINIGE TYPISCHE FRAGEN DIE WIR UNS SELBST STELLEN WÜRDEN: HALLO,

1.OH MANN EURE FILME SIND SCHEISSE, KANN ICH NICHT WAS EIGENES

NACHDEM SCHON IM VERGANGENEN SEMESTER DIE LEIPZIGER KUNSTGESCHICHTE VORSCHLAGEN? MIT IHREM GRANDIOSEN PROGRAMM DIE MASSEN BEGEISTERN KONNTE, FINDET IN MAL SEHEN. VERSUCHS MAL DEM JETZIGEN SEMESTER DIE VIDEO- UND FILMREIHE IHR FURIOSES COMEBACK. IN

DEN NEUEN INSTITUTSRÄUMLICHKEITEN ANGEKOMMEN, SIND AUCH DIE TECHNISCH- 2. WARUM MACHT IHR DAS? EN MÖGLICHKEITEN DIESEM VORHABEN BESTENS GEWACHSEN.  WARUM NICHT? (MEHR DÜRFEN WIR EIGENTLICH AUCH NICHT SAGEN.) 

ES WERDEN NACH MÖGLICHKEIT IMMER FILME ODER VIDEOS IN IHRER URSPRÜNGLI- 3. KANN ICH DIESES DING HIER AUCH ALS PAPIERVERSION HABEN? CHEN FASSUNG (MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN) GEZEIGT - AUCH WENN NIEMAND SCHÖN DASS DU FRAGST. KLAR - DRUCKS HALT AUS. ODER GEGEN EINE MA- AUCH NUR ANNÄHERND EIN WORT DAVON VERSTEHT. ZUM EINEN DA SYNCHRONISA-

TIONEN IMMER SELEKTIV SIND UND ZUM ANDEREN DA WIR DIES SO WOLLEN, ES IST TERIALGEBÜHR VON 5,- BEIM FACHSCHAFTSRAT BESTELLEN. (GEBUNDENES

AUCH LUSTIGER. BOOKLET-GANZ TOLL!) TAUSCHANGEBOTE WERDEN AUCH ANGENOMMEN.

DIE FILM- UND VIDEOREIHE SOLL ANREGUNG SEIN, DAS MEDIUM DES FILMS ODER 4.ICH KANN NUR FILME SCHAUEN WENN ICH WAS DABEI TRINKE. KANN ICH

DER BEWEGTBILDARBEITEN ABSEITS DER VORKATEGORISIERTEN SCHEMATA ALS MIR WAS MITBRINGEN?

WÜRDIGES FELD DER KUNSTGESCHICHTLICHEN AUSEINANDERSETZUNG IM AUGE ALSO: IM WINTER WERDEN GRUNDSÄTZLICH NUR WEISSE GETRÄNKE GETRUN-

ZU BEHALTEN. AUSSERDEM KANN MAN SO UNTER DEM DECKMANTEL DER WISSEN- KEN.DANN WERDEN BEI DEN KUNSTGESCHICHTLERN UND INNEN PRINZIPIELL SCHAFT ANDEREN LEUTEN DEN EIGENEN GESCHMACK AUFDRÄNGEN. KEINE BRAUNEN ODER BRÄUNLICHE GETRÄNKE GETRUNKEN. WASSER ODER

BIER ODER SCHNAPS ODER SAFT IST GUT. ABER NUR HELLES BIER. KEIN INHALT DIESES PROGRAMMS IST NEBEN KURZEN BESCHREIBUNGEN AUCH EINE DUNKLER RUM. KEIN TRAUBENSAFT. NUR WEISSER WEIN. AUSFÜHRLICHE LITERATURLISTE ZU MEDIEN- UND FILMTHEORETISCHEN SCHRIFTEN.

DIESES DING HIER WIRD NACH UND NACH ERGÄNZT UND AKTUALISIERT WERDEN 5. WAS KOSTET DIE VORSTELLUNG? (VOR ALLEM DA DIE SPÄTEREN TERMINE DER VORFÜHRUNGEN NOCH NICHT GENAU IST SCHON GUT. FESTSTEHEN.)

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INHALSTVERZEICHNIS PROGRAMM

PROGRAMM Monsoon Wedding // MIRA NAIR // 2001 // 116 MIN

Monsoon Wedding // SEITE 007 Akira // KATSUHIRO OTOMO // 1988 // 124 MIN

Akira // SEITE 017 WWF vs. JING WU MEN // WEI LO // 1972 // 110 MIN

WWF vs. JING WU MEN // SEITE 023 C’est arrivé́ prÈs de chez vous

  C’est arrivé́ prÈs de chez vous // SEITE 027 // RÉMY BELVAUX // 1992 // 95 MIN

rashÔmon // SEITE 033 RashÔmon // AKIRA KUROSAWA // 1950 // 88 MIN hundstage // SEITE 039 Hundstage // ULRICH SEIDL // 2001 // 121 MIN 9/11 // SEITE 049 9/11 // GÉDÉON UND JULES NAUDET // 2002 // 112 MIN snoW wHITE AND THE SEVEN DWARFS // SEITE 053 SNOW wHITE AND THE SEVEN night Of The Living Dead // SEITE 059 DWARFS // TED SEARS // 1937 // 83 MIN pLan 9 From Outer Space // SEITE 067 Night Of The Living Dead // GEORG- War Photographer // SEITE 073

rivers AND TIDES // SEITE 085 ES A. ROMERO // 1968 // 96 MIN LITERATUR // SEITE 093 Plan 9 From Outer Space // ED-

ELEKTRONISCHE RESSOURCEN // SEITE 097 WARD WOOD JR. // 1959 // 79 MIN

AUSBLICK // SEITE 099 War Photographer // 2001 // CHRISTIAN FREI // 96 MIN IMPRESSUM// SEITE 100 RIVERS AND TIDES // THOMAS RIEDELSHEIMER // 2001 // 90 MIN

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 Gottfried: Hey Alla, PRO kann’s losgehen?

 GRAMM Alla:(nicht da).  WS Gottfried: Ich leg Dir mal 2006/07 was in den Mund, weil Du nicht da bist und hier Text stehen soll. Ja? Alla: Na klar. Los geht’s!

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 MONSOON WEDDING

MONSOON WEDDING // INDIEN 2001. Regie: Mira Nair // Buch: Sabrina Dhawan

S: Allyson C. Johnson; D: Naseeruddin Shah, Lillete Dubey, She- fali Shetty, Vijay Raaz u. a.

116 Minuten // Farbe // Sprache: Hindi, Panjab und English mit deutschen Unter- titeln

Hemant Rai: No sugar in mine.   Jai Chand: You’ve been brain- washed by America. Hemant Rai: Whether our parents 19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF introduce us or whether we meet RAUM 15 in a club what difference does it monsoon wedding make? P.K. Dubey: The Peacocks are not dancing, it will not rain. Lalit Verma: The Peacocks are not dancing, it will not rain? Have you smoked Ganja?

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Eine Familie am Rande des Nervenzusam- In diesem wunderbaren Film über Me- menbruchs: Lalit und Pimmi Verda berei- schen, Liebe und die Macht des Schick- ten die Hochzeit ihrer Tochter Aditi vor. Was sals erzählt Mira Nair (SALAAM einfach beginnt, entwickelt sich zu einem BOMBAY, KAMA SUTRA) nicht nur wilden Reigen einzelner Geschichten zum behutsam gesponnene Geschichten über  Lachen, Nachdenken und manchmal auch 10 den Mut zu leben und Fehler zu machen, zum Weinen, als die Familie aus allen Tei- sondern eröffnet einen außergewöhnli- len der Welt zusammenkommt. Zum Fest chen Einblick in das Indien von Heute, (der Sinne) treffen nicht nur verschiedenste Menschen, Generationen und ihre Schick- in dem das Streben nach Modernität im sale aufeinander, sondern auch die zwei Gegensatz zur Pflege Jahrhunderte alter Welten Indiens - die traditionelle und die Traditionen eine explosive wie reizvolle moderne, Kultur und Kult. Und während die Mischung des Zusammenlebens ergibt. Hochzeit nicht nur in den Fluten des begin- Die Liebeserklärung an die Stadt Delhi nenden Monsoons, sondern auch in aber- und ihre Menschen wurde auf der Bien- witzigem Chaos zu versinken droht, führen nale 2001 in Venedig als Bester Film mit alle Geschichten letztlich zu einem furiosen dem “Goldenen Löwen” ausgezeichnet. Finale und - mitten ins Herz.

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 WENN HOLLY UND FILMCLUB WS 2006/07 MONSOON WEDDING BOLLY SICH TRAUEN

Gibt es etwas Künstlicheres als die wichtig ist, dann tut er auch etwas Da gibt es also die Braut, die noch anspruchsvolle Seite der indischen Tradition? Das wäre eine Frage ge- Unkonventionelles, dann zeigt er in einem vorehelichen Verhaltnis mit Filmindustrie mit der globalen Seite wesen, die Mira Nair sich mit “Mon- Herz. Wir kennen diesen Typen von einem verheirateten Mann engagiert versöhnen: Bolly- und Hollywood soon Wedding” hätte stellen können. seinen beiden direkten Vorbildern, ist und daher mit gemischten Ge- vermählen. Bolly werden die Iro- Doch ihr Film will versöhnen. Mit Spencer Tracy und Steve Martin, fühlen ihrer von den Eltern verabre- niestandards und Production Va- Farbenpracht und Tanzeinlage feiert die in gleichnamigen Hollywood- deten Ehe entgegensieht. Dann sind lues von Holly beigebracht, Hollys Nair die Familie. Und nur für Mo- Filmen den “Vater der Braut” gege- da alle möglichen diasporischen Ver- Routine mit Bollys authentisch eth- mente will sie statt “Vater der Braut” ben haben, aber natürlich auch von wandten aus den USA, Europa und nischer Gefühlsmacht unterspült. “Das Fest” zitieren Ungehalten, aber unendlich vielen “Cosby”-Family- Australien, die sich in unterschied- liebenswert: Inmitten des Chaos der Folgen.Er hat das gewinnende und lichen Graden (post-)modernisiert Bollywood verkörpert das Paradox 11 Hochzeitsvorbereitungen vergreift glaubhafte Gesicht der Ideologie. haben. Schließlich gibt es die unver- einer lokalen Kulturindustrie. Denn 12 sich der Vater der Braut schon mal heiratete Cousine, die noch mit 28 ihrem Begriff nach ebenso wie in im Ton. Dann nennt er einen aus “Monsoon Wedding” ist ein Hoch- weiterstudieren will, und zwar Crea- den Diagnosen der üblichen kul- Australien angereisten Yuppie-Ver- zeitsfilm, der die Kernidee aller tive Writing in den USA. Aber auch turpessimistischen Anti-McDonal- wandten einen Trottel oder nervt Hochzeitsfilme entfaltet: Eine - Tra dafür hat der Clan eine Lösung: Ein disten ist die Kulturindustrie etwas, den professionellen Hochzeitsma- dition erneuert sich und wird so be- Onkel sichert die Finanzierung zu, was weltumspannend Lokalkolo- nager Dubey mit seinem traditio- stätigt. Gegensätze kommen zusam- andere wissen von einem unverhei- rit eindampft. Bollywood hat aber nalistischen Geschmack bei der men. Gegensätze entpuppen sich als rateten jungen Verwandten in den alle Kennzeichen einer Kulturin- Auswahl der überüppigen Deko- die zentrifugalen Kräfte der Moder- USA, der das andere Problem lösen dustrie, die man sich eben auch im rationsstoffe. Vater zieht das tradi- ne. Diese Fliehkräfte scheinen das könnte. Das Hochzeitsspektakel ko- Plural denken muss, und ist bis zur tionelle Bunt vor, der Profi wollte traditionelle Institut der Ehe, der stet furchtbar viel Geld - aber wie weitgehenden Exportunfähigkeit modern-minimalistisches Weiß vor- Familie, der Frauenrolle etc. bis zum vor ihm Spencer Tracy und Steve lokal: von der voluminösen Markt- schlagen. Das gehört sich nur auf Bersten zu belasten. Doch dann ist Martin zuckt auch Indiens Super- beherrschung bis zur flächendec- Beerdigungen, bellt der Patriarch. eigentlich - ohne nennenswerten star Naseeruddin Shah nur sym- kenden Ideologieproduktion. Zu Grund - alles wieder gut. Es ist doch pathisch genervt mit den Achseln. den Hoffnungen, die man von kri- Vater ist der beste. Er kann laut wer- besser so. “Monsoon Wedding” ent- tischer Seite mit Filmemachern wie den. Er hat - natürlich im Gegensatz faltet viele bunte Stoffe potenzieller “Monsoon Wedding” ist nicht der Mira Nair verbindet, gehört sicher zu seiner Frau - kein Verständnis für Konflikte, flirtet ein bisschen mit erste im Westen (oder globalen Nor- die Verbreitung der auch in eini- seinen verspielten, faulen und den ihnen. Declan Quinn schwenkt eine den) erfolgreiche Film von Nair, und gen Szenen angedeuteten postkoni- kreativen Dingen zugetanen Sohn. elegant bewegte Kamera, die mit daher soll er nicht nur von der Ver- alen Grundwahrheit, dass es nichts Am Ende wird der noch schwul, den Schärfentiefen ebenso edel Jojo söhnung einer vom globalen brain Künstlicheres gibt als die Tradition - muffelt er. Er ist ungeduldig. Aber er spielt, wie sie den vielen traditionel- drain etwas diasporisch verstreuten und dass die natürlich vor allem ein will das Beste: die Familie zusammen- len Themen und Ritualen Indiens indischen Oberschichtfamilie erzäh- Produkt des Bollywood-Kinos ist. halten, die Tradition bewahren, und folgt. Doch dann lässt sie sie liegen len, sondern mit dieser Erzählung wenn es sein muss, wenn es wirklich und wendet sich etwas anderem zu. die Programmkino-kompatible, Da “Monsoon Wedding”eher kein

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kritisches Projekt ist,wird kein Kon- Grund zur Distanzierung: weder mal zehn Minuten ist alles wieder wood einmal ein affektiert franzö- flikt ausgetragen, auch nicht der von der Ehe noch von der Bolly- im Lot. Während sich die Dog- selnder Ausländer, das zweite Mal zwischen dem absoluten Geltungs- wood-Kompensation durch “wah- ma-Dänen nun filmlang zerflei- ein homophob gezeichneter Schwu- anspruch der Tradition und ihrer re- re Liebe”. Weil es so komplett egal schen und winden, genügt hier ein ler. Er ist auch hier ein Eigenbröd- alen Relativität, sondern im besten ist, kann man sich auch gleich ganz Machtwort des wahren Patriarchen. ler, der nicht genau weiß, warum Falle benannt. Die Familie, die hier doll lieben, scheint das Brautpaar Die Familie kann weitermachen. er eigentlich noch nicht verheiratet mitsamt ihrer zentralen Institution einig zu sein. Daraus hätte eine in- ist, während seine matt verzweifel- gefeiert wird, wird weder - kritisch teressant zugespitzte Paradoxie wer- “Monsoon Wedding” entwickelt im- te Mutter an der Börse spekuliert. - als Zwangsregime gezeigt, das ver- den können, die den Blick auch auf mer wieder Ansätze, eine Art gesell- Doch auch ihn erwischt die Liebe, abredete Ehen stiftet und sexuellen andere Happyends relativiert hätte. schaftliches Panorama zu entwerfen, natürlich standesgemäß zu einer 13 Missbrauch von Kindern duldet, Aber statt Zuspitzung ist das Prin- dessen Horizont nicht bei den Gar- blutjungen Domestikin. Der Regen 14 noch erhält sie - traditionell - Recht, zip Koexistenz - und die ist bei al- tenmauern der Oberschichtanwesen geht nieder, und das vorher sanft indem dieses Modell der indischen ler visuellen Virtuosität ein bisschen endet. Ansätze, von Indien, speziell ironisierte Bollywood-Vokabular der Familie als überlegen gegenüber mo- langweilig. Erst nach 90 Minuten Delhi und dem Pandschab (auch als Liebesszene wird wieder validiert. derneren gezeigt würde. Vielmehr allfälligen Andeutens, ethnoider einem Thema für ein nicht indisches Das muss aber nicht allein an ein wird sie postmodern als ein Rah- Exotik und konfliktscheuer Parata- Publikum), zu sprechen und Schau- postmodernisiertes indisches Publi- men nicht letztbegründbarer Ein- xe kommt der lang erhoffte wirkli- plätze zu vervielfachen. Da aber die kum gerichtet sein, sondern gefällt zelmodelle vorgestellt, die, obwohl che Streit zum Ausbruch. Nicht nur Familie zu leicht gerettet wird, bleibt mindestens ebenso gut einem nördli- sie sich widersprechen, zum Besten der “Vater der Braut” und Altmans dieses Panorama unausgeführt bei chen Kulturmenschenvolk, das gerne aller koexistieren können. Und sei “Wedding” waren Vorbild, sondern einer touristischen Zentralplattitüde wieder heiratet, gerne auch wieder in es wegen der farbenfrohen Feste. für einige Minuten auch “Das Fest”. hängen: beim Land der Gegensätze Familientraditionen macht und - so von Tradition und Moderne. Die möglich - pittoreske Selbstethnisie- So bleibt alles egal. Egal sei es, ob Ria enthüllt, von genau dem libe- Moderne steht dabei nicht für andere rungen zelebriert. Man sucht Solidi- man sich durch eine von den Eltern ralen Onkel, der ihr das Studium Werte, sondern für wertfreie Zonen, tät der Sitte und legitime Veranke- verabredete Ehe oder in einem Club finanzieren will, dem ältesten und in denen kapitalistische Rationalität rung in Gebräuchen, um ein kleines kennen lerne, meint der Bräutigam, besten Intimus der Familie, als Kind herrscht. Die Postmoderne garantiert Wehr in den Strom der Kulturwaren dem auch egal ist, dass seine Braut missbraucht worden zu sein, und die Koexistenz beider Zonen. Muss zu bauen. Bunte Bräute sind da eine noch eine andere Beziehung an den zwar als sie mitbekommt, dass der aber etwas entschieden werden, ent- hübsche Anregung. Wer Macht hat, Eindruck, wird deswegen so beson- sich mittlerweile an dem jüngsten scheidet die traditionelle Instanz - entgeht der Gewalt der Tradition und ders zuckrig zelebriert,weil jedem Mädchen vergeht. Sie fordert vom und zwar, wie es sich für traditionelle kann es sich leisten, sie zu zitieren. klar ist, dass sie nichts als Einsicht Familienoberhaupt eine Entschei- Instanzen gehört, mit dem Herzen. in als Tradition drapierten Pragma- dung. Der zaudert, geht eine Nacht Diedrich Diederichsen tismus sei. Doch obwohl er dieses in sich und kündigt dann dem Onkel Der einzige Akteur, der nicht zur “kulturelle Geheimnis” ausplaudert, die generationenalte Freundschaft. Familie gehört, der Hochzeitsprofi, Dieser Text ist zuerst erschienen in der: sieht “Monsoon Wedding” keinen Vater ist der beste. Nach nicht ein- ist in den Vorbildfilmen aus Holly- die tageszeitung (taz) vom 17.4.2002

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 MONSOON WEDDING MEIN HERZ OH SO WEIT

”Oh shit” sind die ersten Worte der spricht erste karge Sätze mit ihrem Leidenschaft - eine klare Anspielung zu sein. Leider finden sich nicht allzu- Braut, als sie ihren zukünftigen Mann zukünftigen Mann, Oma schwärmt an bollywoodsche Sehgewohnheiten. viel Szenen, in denen die Gesellschaft aus dem Auto steigen sieht. Es ist das von alten Zeiten auf Englisch-Punja- Rührige Aufrichtigkeit des Herzens so treffend karikiert wird. Man will ja erste Mal, daß Aditi ihn erblickt und bi und die Jugend prahlt mit ihrem beweist auch der Vater, als er den nicht zu böse werden, also doch lie- morgen Abend soll nun ihre Hochzeit frisch erworbenen, australischen Ak- reichen, pädophilen Onkel, dem er ber zurück zu den Herzgeschichten. sein. Die neureichen Eltern haben in zent. Tradition und Moderne treffen so viel zu verdanken hat, des Hau- guter indischer Tradition die Ehe ar- in den Sprachgewohnheiten auffällig ses verweist. Er glaubt Ria sofort, als Mag sein, daß die Referenzen an Bol- rangiert, der Bräutigam, ein erfolgs- aufeinander - aber der Zusammen- diese von ihrem Jahre zurückliegen- lywood eine Art manirierte Liebeser- versprechender junger Mann, wurde stoß ist undramatisch, ein leichtes den sexuellen Mißbrauch berichtet klärung an das Heimatland darstel- eilends aus Amerika ins heiße Neu Puffern auf weichen Wohlstands- - Vinterbergs ”Das Fest” läßt grüßen. len, richtig überzeugen können sie 15 Dehli eingeflogen, gutaussehend ist Kissen, alles ist so bunt und feder- im Film nicht. Vielmehr tragen sie 16 er und sympathisch obendrein. Das leicht wie der Garten, der allmählich Schließlich und endlich - wie bei bei zu einem Multi- Kulti-Patchwork ”Oh shit” kann sich somit nur auf die in einem Meer von knallorangenen jeder guten klassischen Komödie, aus Moderne und Tradition, aus In- ganze, komplett absurde Situation ar- Ringelblumen zu versinken scheint. in der das Thema Heirat auf den dien und Amerika, Independent und rangierter Hochzeiten beziehen. Im Tisch kommt - sind auch die Haus- Mainstream-Kino, das in simplen einsetzenden Tumult geht der sponta- Obwohl im fernen Indien, findet angestellten vom Ereignis direkt in- Herzmuskel-Dehnungen und zag- ne Ausrutscher ohnehin unter: Auto- sich der westliche Betrachter bei der fiziert, hier steht ihnen sogar eine hafter Dramaturgie auf der Strecke türen klappen zu, immer mehr Gäste überspannten Hochzeitsgesellschaft eigene Liebeaffäre zu: Der nervöse, bleibt. Zugestanden, einige Szenen trudeln ein, die Mutter der Braut prüft schnell zurecht: Von bunten Saris, Ringelbumen mampfende Partyma- sind originell und ergreifend, aber schnell den Sitz ihres Bustiers, dann satt-sonnigen Farben und filigraner nager verliebt sich in das Hausmäd- spätestens als der Monsoon-Regen stehen erste Gläser auf dem Tisch, Henna-Bemalung einmal abgesehen, chen Alicia und erobert diese bald einsetzt und der Bräutigam auf einem lange Begrüßungsfloskeln überdec- verläuft alles so, wie hierzulande auch. mit einem üppigen Blumenherz. weißen Pferd anrauscht, geht einem ken so manche Verlegenheit, denn ei- Mira Nair versteht es, Indien für den der ambitionierte Stilmix mächtig auf gentlich kennt man sich ja gar nicht. Westen problemlos konsumierbar zu Mit verhaltener Ironie werden klin- die Nerven. Fast möchte man sagen, machen. Das Fremde wird auf schil- gelnde Handys und grelle Versace- Mira Nair hat sich ganz trendbewußt Schnelle Schnitte und wackelnde lernd Folkloristisches reduziert und Schühchen in “Monsoon Wedding” ans postmoderne Regelwerk für hip- Handkamera spiegeln die feierliche verliert dadurch seinen eigenen, mög- als klotzige Statussymbole einer west- pe Filmchen gehalten, und dies dann Hektik temporeich wider. Ein ar- licherweise verstörenden Charakter. lichen Moderne entlarvt. Gefragt ist nicht mit ihrer zutiefst humanistischen roganter Onkel aus Amerika blickt Das Verbindliche und alles Verbinde- alles, was glänzt und teuer aussieht. Weltsicht unter einen Hut gekriegt. wohlwollend in die Runde und es ne ist das Herz, das menschliche, Der Party-Manager hat die Zeichen So wird der Film zum halbehrlichen bedarf keiner vier Sätze, da hat er das einem bei ”Monsoon Wedding” der Zeit nicht nur it- technisch rich- Farbrausch, der westlicher ist, als er der literaturambitionierten Toch- gleich mehrmals weit aufgehen soll: tig verstanden, sondern auch gleich auf den ersten Blick erscheinen mag. ter Ria schon versprochen, ihr das Erzwungene Liebe wird beim ersten begriffen, daß es wichtiger ist,- ge Studium zu finanzieren. Die Braut Kuß und Streichmusik zu wahrer schäftig auszusehen, als es tatsächlich Anke Eickhoff

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AKIRA // JAPAN 1998 Regie: Katsuhiro Ôtomo // Buch: Katsuhiro Ôtomo; Izô Hashi- moto

Mitsuo Iwata; Nozomu Sasaki; Mami Koyama; Tesshô Genda; Hiroshi Ôtake; Kôichi Kitamura; Michihiro Ikemizu u.a.

124 Minuten // Farbe // Sprache: Deutsch

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Tetsuo: A fish out of water dies,

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF 07.10.2006 RAUM 15 huh. AKIRA

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Akira spielt im Jahr 2030 in Neo-Tokio Durch Katsuhiro Otomos monumentales und zu deren Kontrolle den Militärs auf Manga-Meisterwerk Akira gewann der der einen sowie rebellischen Gruppen auf nach einem fiktiven dritten Weltkrieg. Als die japanische Zeichenstil in der westlichen der anderen Seite jedes Mittel recht ist -- beiden jugendlichen Motorrad-Freaks und Welt stark an Popularität. 1988 entstand sogar wenn dabei die ganze Stadt zerstört Gang-Mitglieder Kaneda und Tetsuo zufällig unter seiner Regie der darauf basierende würde. Akira ist die Referenz des rasan- Anime -- zwar nicht ganz so komplex wie ten, grellen Cyberpunks, einer Welt, die einem kleinen Jungen mit greisenhaften die Vorlage, nichtsdestotrotz jedoch eine kein anderer Film besser an den Zuschau- herausragende Arbeit in Otomos unver- er zu vermitteln vermag. Die Animation 19 Gesichtszügen und übernatürlichen 20 Fähigkeiten begegnen, werden sie wechselbarem Stil. Neo-Tokio steht Mit- ist atemberaubend und bis in den Hin- te des 21. Jahrhunderts am Rande von tergrund erstaunlich detailliert. Die Story unversehens in politische Intrigen auf Anarchie und Chaos. Rivalisierende ju- ist komplex, durchdacht und abgehoben, höchster Ebene verwickelt. Mehrere gendliche Motorradgangs beherrschen hervorragend zu dieser Art Anime pas- Gruppen kämpfen um den geheimnisvollen die Straßen. Tetsuo ist Mitglied in Ka- send. Für den unvorbereiteten Zuschauer nedas Gang. Eines Nachts hat er einen allerdings wirkt sie leicht verwirrend, was Akira, der in einem unterirdischen Zusammenstoß mit einem greisenhaft durch die sich aus westlicher Sicht äh- Forschungslabor im Kälteschlaf liegt und aussehenden Kind, das Teil eines Regie- nelnden Charaktere noch verstärkt wird. dessen Erwachen das Ende der Welt rungsprojekts namens Akira ist. Im Rah- Vor dem Hintergrund eines postapoka- men dieses Projekts finden Experimente lyptischen und korrumpierten Neo-To- heraufbeschwören soll. Als bei Tetsuo mit ausgewählten Kindern statt mit der kios, indem Militär und Rebellen um die ebenfalls übernatürliche Fähigkeiten Absicht, deren psychokinetische Fähig- Vorherrschaft kämpfen, bleibt ein paar festgestellt werden und er zunehmend keiten zu verstärken und militärisch nutz- Jugendlichen, die ihre eigenen Probleme bar zu machen. Ausgelöst durch den Un- mit sich und der Gesellschaft haben und größenwahnsinnig wird, ist das der Auftakt fall entwickeln sich nun, verbunden mit immer wieder in den Mittelpunkt rasanter für eine unvorstellbare Katastrophe – aber abstrakten Halluzinationen, bei Tetsuo Verfolgungen mit brutaler Gewalt gera- vielleicht auch für einen Neuanfang. selbst enorme Kräfte, deren zerstörerische ten, nicht viel mehr als ihre Freundschaft. Wirkung alte Freundschaften belastet Hans Lehn

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Akira erschien in Japan von Dezember 1982 bis Juni 1990 in 120 Ein- zelkapiteln im Manga-Magazin Young Magazine des Kodansha-Ver- lags. Bei ihrer Fertigstellung umfasste die Serie ungefähr 2000 Sei- ten, die auch in sechs Sammelbänden zusammengefasst wurden.

Der Manga gelangte von Japan zunächst in die USA. Dort wur- de sein äußeres Erscheinungsbild radikal umgearbeitet: Die Leserich- tung wurde von „japanisch“ auf „westlich“ gespiegelt, und die ursprüng- 21 22 lich schwarz- weiße Serie wurde nachträglich durchgehend koloriert.

Diese US-Fassung wurde vom Carlsen Verlag übernommen und von April 1991 bis Januar 1996 in Deutschland veröffentlicht, wobei die Anzahl der Bän- de durch eine neue Aufteilung auf 19 erhöht wurde. Der ebenfalls erschienene Band 20 gehört nicht zur eigentlichen Serie, sondern beinhaltet ein Skizzen- buch mit Entwürfen. Von Juli 2000 bis August 2001 brachte Carlsen Akira noch einmal auf den Markt, dieses Mal in einer „werkgetreueren“ Ausgabe in sechs schwarz-weißen Bänden, aber immer noch in westlicher Leserichtung.

Die Handlung ist im Film stark gestrafft und bringt durch einen anderen Verlauf als im Manga viele Figuren in einen neuen Zusammenhang. Der Akira-Kinofilm war dank seiner zeichnerisch überragenden Qualität, seiner düsteren Handlung und seiner harten Sozialkritik der erste Anime, der in westlichen Ländern das Klischee von japanischen Zeichentrickfilmen als „Kinderfilmen“ überwinden konnte und auch bei einem erwachsenen Pu- blikum Interesse fand. Vor allem in den USA hatte der Film großen Erfolg und führte dort zu einem stetig wachsenden Interesse an Manga und Anime.

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JING WU MEN // 1972. Regie: Wei Lo // Buch: Wei Lo

S: ; Nora Miao; James Tien; Maria Yi; Robert Baker; Fu Ching Chen; San Chin; Yin-Chieh Han; Riki Hashimoto u. a.

11O Minuten // Farbe // Sprache: Englisch, Kantonesisch, Man- darin mit englischen Untertiteln

23 Wu: I feel dizzy, so dizzy! 24

19.00 Petrov: Three more cups! INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF RAUM 15 Suzuki: Now then, if you want to go out of here, go out like a JING WU MEN Chinese! On your hands and knees! Wu: You mean crawl? Suzuki: Why not? Wu: Oh yes, sure. I will, I will crawl. Crawl!

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Die ewige Feindschaft zwischen (für den amerikanischen Verleih umbenannt in Japanern und Chinesen, die hier The Chinese Connection) kam unter dem Titel Todesgrüße aus über zwei Kampfsportschulen aus- Shanghai in die deutschen Kinos. Fist of Fury war das zwei- te Werk des erfolgreichen Trios “Lee/Chow/Wei”. Geplant als getragen wird, ist Mittelpunkt die-

25 hundertprozentiger Nachfolger des Erstlingswerkes The Big 26 ses Werkes. Chen, Meisterschüler Boss (Premiere: 31. Oktober 1971), schrieb Regisseur Lo Wei einer chinesischen Kampfsport- das Drehbuch fast über Nacht, und mit unglaublichem Einsatz schule, kommt nach längerer Ab- der gesamten Filmcrew konnte Fist of Fury schon am 22. März

wesenheit ins Dojo zurück, um 1972 uraufgeführt werden. Der Film übertraf alle Erwartungen.

bei seiner Ankunft vom Tod seines Hinsichtlich der Darstellung von Gewalt und Zerstörung setzte

Meisters zu erfahren. Dieser wurde Bruce Lee mit diesem Film neue Maßstäbe. Er benutzte erstmals

von Mitgliedern eines rivalisierenden Nunchakus, die das Publikum bis dahin noch nicht gesehen hat-

japanischen Dojos getötet. Chen te. Auffallend ist auch eine mehr oder weniger rassistische Aus- will die Ehre seines Meisters wie- drucksweise von Chen, allerdings nur in deutscher Sprachausga- derherstellen. be, nicht im englischen Original.

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C’EST ARRIVÉ PRÈS DE CHEZ VOUS // BEL- GIEN 1992 Regie: Rémy Belvaux // Buch: Rémy Belvaux

S: Benoît Poelvoorde; Jacqueline Poelvoorde-Pappaert; Nelly Pappaert; Hector Pappaert; Jenny Drye; Malou Madou; Willy Vandenbroeck; Rachel Deman; André Laime u. a.

95 Minuten // Schwarz-Weiß // Sprache: Französisch mit englischen Untertiteln

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Ben: Granny Snuff, ever been

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF snuffed out? RAUM 15

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Ein harter Brocken, den die 3 Regis- gestört ist, ist er doch in einer Form lie- Der Film handelt vom Serienmörder Ben. Dessen seure da dem Zuschauer vorsetzen: Ein benswert, zum Beispiel wenn er über die Leben ist Gegenstand einer Filmreportage eines Dokumentar Film über einen ziemlich Vereinsamung in Neubauwohnung redet verrückten Serienkiller, der jedoch dem oder mit seiner Freundin Kammermu- Fernseh-Reporterteams, das dazu Ben bei seiner Kamerateam und auch dem Zuschauer sik ausübt. Oder eines seiner mehr oder zumindestens auf zwischenmenschlicher weniger gelungen Gedichte rezitiert... “Arbeit” begleitet und filmt. Der Film zeigt nur das Ebene immer näher zu kommen scheint... Und zu schmunzeln gibts auch noch, Und wenn es wenigstens ein “guter” Auf- auch wenns noch so makaber wirkt: Da durch dieses Fernseh-Reporterteam aufgenom- tragskiller wie z.b. Jean Reno als “Leon schießt Ben zum Beispiel während sei- - Der Profi” wäre, aber nein, die Haupt- ner Geburtstagsfeier mehr oder weniger mene Material, das schwarzweiß und oft verwa- person Ben ist ein ziemlich eingebildetes, absichtlich einem Gast in den Kopf und 29 überhebliches und geistesgestörtes Arsch- während alle anderen ziemlich betreten 30 ckelt ist. loch, dass nicht aus höheren Beweggrün- weiter in ihrem Kuchen herumstochern, den tötet, sondern einfach aus Spaß und tut Ben so, als sei nichts passiert. Was um an Geld zu kommen. Wer dabei die diese Szene so komisch macht ist, dass Das Fernsehteam lässt sich dabei immer mehr Opfer sind, spielt keine Rolle, Mann, wir alle sowas schon mal erlebt haben, Frau, Renterin, sogar Kinder - egal. wenn auch nun nicht gerade mit einem auf die Sichtweise des durchaus charmanten Ben Hauptsache, es ist Profit in Form- ei Mord. Jemand sagt bei gedecktem Tisch ner gefüllten Brieftasche zu erwarten. was unangebrachtes und schwupps, ein, der zwischen seinen Morden über Gott und Danach müssen die Leichen natürlich ist die Stimmung am Tiefpunkt. noch beseitigt werden, was Ben erst al- Und genau das macht auch den Reiz dieses die Welt philosophiert und ein gutes Verhältnis zu leine, später mit Hilfe der Filmcrew in Films aus, so abstoßend und ekelerrend einem alten Stausee erledigt. Faustregel alles auch ist, so bekannt kommt es ei- seiner Familie pflegt. Schließlich werden die Mitglie- ist hierbei: Das Gewicht des Ballastes der nem auch vor, sei es nun aus dem eigenen der des Teams zu Mittätern, die auch mal bei der Leiche muss 4 mal so hoch sein wie ihr Leben, aus anderen Dokumentarfilmen Eigengewicht (bei Kindern nur 2 mal), oder überhaupt aus Filmen, blos dass es Beseitigung von Leichen helfen und die von ih- sonst kommt die Leiche wieder hoch. hier weit über die Grenze hinaus getrieben Nach getaner Arbeit begleiten wir Ben wird. Und so sieht man trotzdem hin, ob- rem Tun selbst dann nicht ablassen, als bei einem beim idyllischen Familien- und Nachtle- wohl einem der Verstand sagt: “Schalt aus, ben, bei dem schon mal eine Frau ver- das willst du doch überhaupt nicht sehen!” Schusswechsel der Toningeneur des Teams ums gewaltigt und dann aufgeschlitzt wird. “Mann beißt Hund” ist ein kleines Mei- Das alles zeigt uns der Film schonungs- sterwerk, denn so eine intensive Wirkung Leben kommt. Tatsächlich geht es in dem Film los, wie...... ja wie ein Dokumentarfilm zu erzielen und noch dazu so hinter- eben. Es wird immer drauf gehalten, egal gründig zu sein, das schaffen nur weni- also um das meist nicht direkt sichtbare Reporter- was passiert und wie die Stimmung ist. ge Filme. Dazu noch ein absolut gran- team, dass für eine “gute” Reportage buchstäblich Und das schlimme dabei ist, man be- dioser Hauptdarsteller (er spielt nicht ginnt mit der Filmcrew und Ben zu Ben, er IST Ben) und viele interessante über Leichen geht. symphatisieren. Obwohl er doch geistes und liebenswürdige Nebencharaktere....

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Ein Mann läuft durch eine triste Stadt, philosophiert über das Leben und tötet dabei wahl- Kontrovers und provokativ los Männer, Frauen und Kinder. So läßt sich die Handlung des belgischen Films Mann

beißt Hund grob zusammenfassen. Wer dabei an “Natural Born Killers” denkt, wird wahr- Mit grobkörnigen und verwackelten tionsjournalismus. Die Regisseu- scheinlich enttäuscht sein. “Mann beißt Hund” ist eine ätzende Medienkritik, wobei das Schwarzweißbildern (ein paar Jahre re und Autoren kreierten hier eine Wort Kritik eigentlich zu harmlos gewählt ist. Der Killer Ben wird von einem Kamerateam vor “The Blair Witch Project“, der ätzende Mediensatire, die weitab sich im Vergleich zu diesem Film wie von ästhetischen Hochglanzfilmen begleitet, welches seinen Alltag filmt und kommentiert. Aber was bei Natural Born Kil- ein hübsches Märchen verhält) wer- wie z B. Oliver Stones “Natural lers nur in Ansätzen - und stark vereinfacht - angesprochen wird, entfaltet sich bei Mann den die ZuschauerInnen in diesem Born Killers“ oder Ruggero De- 31 belgischen Kultstreifen “bearbeitet“. odatos blutgetränktem Debilen- 32 beißt Hund in seiner ganzen tragischen Konsequenz: Das Filmteam wird vom unbeteilig- schocker “Cannibal Holocaust“ ist. Ben begeht, anscheinend ohne Mo- ten Beobachter, vom distanzierten Vermittler, zum Handlanger des Mörders. Anfangs mit tive, nach Lust und Laune mehr Die Zuschauer werden ebenso in Begeisterung, später mit wachsendem Entsetzen, lassen sich die Filmer auf das Gesche- als 25 brutale Morde. Dabei tötet die Ereignisse hineingezogen wie er auch ein Kind und vergewaltigt die Filmemacher, die vom irren hen ein und werden von dem charismatischen Killer immer schneller von Mord zu Mord eine Frau. Zwischen den Delikten Ben immer mehr beeindruckt sind. getrieben. Nach und nach verwandelt sich das zunächst lockere Verhältnis der Beobach- gibt er Details über seine Taten wie- Anfangs noch distanziert und be- der, philosophiert über die Liebe, obachtend, erliegen sie selbst der ter zum Täter in einen Alptraum, dem sich die Beteiligten nicht mehr entziehen können. Frauen, Architektur und moder- Faszination der Gewalt und der ne Kunst oder rezitiert Gedichte. Macht über Leben und Tod. Einmal Er besucht seine Grosseltern, sei- mehr taucht die Frage auf: Produ- Besonders beklemmend ist die dokumentarische Aufbereitung des Films. Die ne Mutter und trifft sich mit seiner ziert oder reflektiert Film Gewalt? Freundin. Das triviale Alltagsleben grobkörnigen Bilder sind schwarzweiß und mit einer wackeligen Handkame- des Killers, oder sagen wir lieber, Ähnliche intensive Filme über Ge- ra aufgenommen. Der Zuschauer wird durch direkte Ansprache der Charak- des durchgeknallten Serienmörders, walt sind John McNaughtons “Hen- steht in krassem Gegensatz zu den ry: Portrait Of A Serial Killer“ (USA tere in die Handlung miteinbezogen und so quasi zum Mitwisser- und Täter. Morden, die an Intensität kaum zu 1986), Michael Hanekes “Funny überbieten sind. Dabei wird weniger Games“ (Österreich 1997) und der Wert auf Blut und Gedärme gelegt französische “Baise-moi“ (2000). Der Film wurde bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem “Internationalen Kriti- als auf eine realistische Darstellung. “Mann beißt Hund“ ge- kerpreis” ausgezeichnet. “Mann beißt Hund” ist ein Film der an die Grenzen geht Das Ganze ist extrem zynisch und wann u. a. in Cannes den “In- und auch vor der ungeschminkten Darstellung extremer Gewalt nicht zurück- eine tiefschwarze und bitterböse ternationalen Kritikerpreis“ Anklage gegen die ganzen Reali- schreckt. Nichts für einen gemütlichen Kinoabend. Aber auf jeden Fall sehenswert. ty-TV-Programme und den Sensa- Baldi Baldinger

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RASHÔMON // JAPAN 1950

Regie: Akira Kurosawa // Buch: Ryunosuke Akutagawa; Akira Kurosawa 19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF S: Toshirô Mifune; Machiko Kyô; Masayuki Mori; Takashi Shimu- RAUM 15 ra; Minoru Chiaki; Kichijiro Ueda; Fumiko Honma u. a.

88 Minuten // Schwarz-Weiß // Sprache: Japanisch RASHÔMON 33 34

Priest: I don’t want to hear it. No more horror stories. Commoner: They are com- mon stories these days. I even heard that the demon living here in Rashômon fled in fear of the ferocity of man.

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Mit »Rashomon« erzielte der japanische rai beschuldigt. Tajomaru erzählt von Drei Menschen suchen vor einem Wolken- Regisseur Akira Kurosawa (1910- 1998; dieser Begegnung. Der Wind habe den u.a. »Die sieben Samurai«, 1954) 1950 Schleier der Frau, die auf dem Pferd saß, bruch in einer Tempelruine Schutz: ein Zen- den internationalen Durchbruch. Der einen Moment lang gelüftet, so dass er Film wurde 1951 mit einem Oscar für den ihr schönes Gesicht gesehen habe. Er Priester, ein Holzfäller und ein Knecht. Ihr Ge- besten ausländischen Film ausgezeichnet. sei den beiden gefolgt und habe den Samurai unter einem Vorwand ins Ge- spräch kreist um ein grausiges Verbrechen: Ein Ein Wolkenbruch bringt einen Holz- büsch gelockt, überwältigt und gefes- fäller (Takashi Shimura), einen Priester selt, dann die Frau dorthin gebracht berüchtigter Bandit überfiel ein Ehepaar, tat der (Minoru Chiaki) und einen Knecht und sie vor den Augen ihres Mannes (Kichijiro Ueada) zusammen. Sie sit- vergewaltigt. Unter Tränen habe Masa- Frau vor den Augen des gefesselten Mannes zen auf den Stufen eines halb verfal- ko gefordert, einer von beiden müs- 35 lenen Tempels. Der Holzfäller blickt se sterben. Also habe er den Samurai 36 Gewalt an und tötete ihn dann. niedergeschlagen drein; der Priester losgebunden und im Zweikampf ge- scheint in Gedanken versunken zu sein. tötet. Danach sei die Frau geflüchtet. Nur der Knecht scheint ungerührt von dem, was vor kurzem geschehen ist. Der Holzfäller behauptet gegenüber Der inszenatorisch wie darstellerisch fulminan- Da beginnt der Holzfäller ein Ge- Priester und Knecht, diese Geschich- spräch, scheinbar um die Zeit totzu- te sei nicht wahr, ebensowenig wie die te Film schildert das Gewaltverbrechen aus schlagen, über den Tod des Samurai Version von Masako, die behauptet hat- Takehiro (Masayuki Mori) im nahe ge- te, sie habe ihren Mann aus Verzweif- der unterschiedlichen Perspektive von Beteilig- legenen Wald der Dämonen, dem Ras- lung nach der Vergewaltigung getö- homon. Doch nicht allein der Tod des tet, weil Takehiro ihr mit grenzenloser ten und Tatzeugen, wobei die Begriffe “Wahr- Samurai, vor allem die Umstände, die Verachtung ins Gesicht geschaut habe. dazu führten, bewegen den Holzfäller heit” und “Wirklichkeit” kritisch hinterfragt wer- und den Priester. Denn es gibt völlig Lüge! behauptet der Holzfäller. unterschiedliche Versionen über das den. Daß die durch Rückblenden kunstvoll Geschehene, die sich widersprechen. Auch die Geschichte des toten Samurai, dessen Stimme man über eine Geister- verknüpfte und kaleidoskopartig gebrochene Fest steht nur: Der Samurai wurde mit beschwörerin (Fumiko Honma) gehört einem Schwert getötet. In der Nähe des habe, sei falsch, der behauptet, seine Frau Handlung ins 11. Jahrhundert zurückverlegt Tatorts fand man den Hut seiner Frau habe mit Tajomaru mitgehen wollen, Masako (Machiko Kyô) und einen Beu- und dann habe er sich aus Verzweiflung ist, gibt ihr einen eigenartigen Legendenglanz, tel. Das Paar war mit einem Pferd unter- und Verletzung seiner Ehre selbst getötet. wegs und traf auf den berüchtigten Stra- nimmt ihr aber nichts von seiner zeitlos-”mo- ßenräuber Tajomaru (Toshirô Mifune). Schließlich erzählt der Holzfäller seine Version der Geschichte. Um angeblich dernen” Grundsätzlichkeit. Gleich nach der Tat hatte ein Polizist nicht in den Fall verwickelt zu werden, (Daisuke Katô) Tajomaru festgenom- habe er bisher geschwiegen. Doch aus Zweitausendeins - Lexikon des internationalen Films men, den er des Mordes an dem Samu- einem Versteck heraus habe er beob-

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achtet, wie sich alles zugetragen habe ... monen, der Versuchung – ein ruhiger, unter den Menschen gibt, hat eine ide- Wahrheit, sondern Plausibilität – sowohl Kurosawa, der die Handlung im 11. schöner Wald, der wie ein Wald der ale Wunschvorstellung vom Menschen. bezüglich tragischer wie im Hinblick Jahrhundert ansiedelt, spielt nicht nur Ruhe, des Friedens erscheint. Friedlich Der Knecht denkt ausschließlich in sei- auf als positiv empfundene Ereignisse. mit den Erwartungen des Zuschauers, ziehen Takehiro und Masako, ohne ein nem eigenen Interesse, an sein Fortkom- den Fall zu lösen; er enttäuscht in dieser Wort zu sagen, durch den Wald. Viel- men. Der Holzfäller ist entsetzt über Weder der Samurai, noch Tajomaru Hinsicht sein Publikum. Alle vier Versio- leicht haben Masako und Takehiro etwas das Geschehen und zugleich enttäuscht oder Masako erscheinen in den vier nen sind plausibel, das heißt, sie könn- zu verbergen. Tajomaru liegt an einem über sich selbst, darüber, dass auch er Versionen der Geschichte als jeweils vier ten wahr sein. Aber es könnten auch alle Baum und schläft. Masakos Gesicht ist im Augenblick des Todes an seinen Vor- völlig unterschiedliche Charaktere. Ihre falsch sein oder nur Bruchstücke von verschleiert. Tajomaru und Takehiro be- teil dachte. Der Samurai schildert sich Mentalität, ihr Verhalten unterschei- Wahrheit über das Geschehene enthal- obachten sich, misstrauisch, vielleicht als ehrenhaften, mutigen Mann, der den sich in wichtigen Punkten, aber ten. Möglich ist sogar, dass alle vier Per- argwöhnisch, auf jeden Fall vorsichtig. bereit ist, sich selbst zu töten, um sei- nicht in allen. Wirklichkeit und Wahr- sonen in wesentlichen Punkten die Un- ne Ehre zu retten, während die Version heit konfrontiert Kurosawa – über die 37 38 wahrheit sagen, obwohl die Sympathien Kurosawa lässt durch dieses Szena- des Holzfällers den Samurai als ängst- konkrete Handlung hinaus – mit Plau- wohl vor allem beim armen Holzfäller rio keinen Zweifel daran aufkommen, lichen Feigling erscheinen lässt. Auch sibilität und der Unmöglichkeit, Ge- liegen, der sechs Kinder zu versorgen hat. dass die ganze Atmosphäre eben durch Tajomaru und Masako schildern sich in schehenes zu objektivieren, jedenfalls Zweifel bestimmt ist. Er belässt den ihren Geschichten zum eigenen Vorteil. nicht über magere Faktizität hinaus. Kurosawa lässt die Handlung in einem Betrachter in Unwissenheit, vor allem verfallenen Tempel beginnen. Der Wol- über die Gefühle und die Gedanken Dass Kurosawa die Handlung in das 11. Auf die hervorragenden schauspie- kenbruch hat etwas Entlastendes und der Beteiligten, eine Unwissenheit, die Jahrhundert verlegt, bewirkt nicht etwa lerischen Leistungen vor allem von Beschwerendes zugleich. Er zwingt die er mit den Versionen des Geschehe- eine zeitlich bedingte Entfremdung vom Toshirô Mifune, Machiko Kyô und drei zufällig zusammentreffenden Perso- nen konfrontiert. Der Wald bleibt wie Geschehen. »Rashomon« ist kein »hi- Takashi Shimura will ich nur kurz ver- nen zum Warten und zum Innehalten, er ist. Keine Dämonen sind zu sehen, storischer Film«. Im Gegenteil: Kurosa- weisen. Es gelingt ihnen grandios, die vor allem den Holzfäller, der den Druck, keine Versuchung geht von Dämonen wa lässt keinen Raum für Distanzierung Figuren des Holzfällers, des Tajomaru den die Tragik des Geschehenen verur- aus. Dann liegt in diesem Wald eine von der Handlung, weil er seine Charak- und der Masako je nach Version des sachte, nicht mehr aushalten kann. Der Leiche. Der Wald bleibt, wie er ist. Die tere als zeitlose Figuren vorstellt. Dieser Geschehenen glaubhaft darzustellen. niederprasselnde Regen verhindert die Versuchung liegt im Verborgenen und Zeitlosigkeit kann sich niemand entzie- Flucht vor dem Ereignis, doch zugleich im Ergebnis dessen, was geschehen ist. hen. Er zwingt den Betrachter nicht nur »Rashomon« ist ein Klassiker der Film- löst er den Zwang zur Wahrheit in die zum Hin-Schauen, sondern zudem zur geschichte, der Fragen aufwarf, mit Unmöglichkeit auf, Geschehenes zu ob- Offenbar wird nur, dass alle vier Figu- Selbstreflexion. Welche Ereignisse gibt denen sich auch später immer wie- jektivieren. War es Mord, Selbstmord, ren ein subjektiv eindeutig bestimmba- es im eigenen Leben, die ich aus der Er- der Regisseure beschäftigten (vgl. etwa Tod im Zweikampf, Verzweiflungstat? res Interesse haben, um das Geschehene innerung heraus so erzähle, wie ich es »Memento«, 2000, mit Guy Pearce). Wer waren die treibenden Kräfte, die aus ihrer Sicht zu erzählen. Aber selbst will, oder anders formuliert: wie es mir Durch die Verlagerung der Handlung zum Tod des Samurai führten? War es dies ist nicht unbedingt sicher. Dabei am günstigsten erscheint? Dabei geht es in das 11. Jahrhundert entsteht zwar ein seine Frau, die die Fäden zog und ihren spielen sowohl die soziale Herkunft der nicht so sehr um Wahrheit oder Lüge, gewisser Eindruck von Legende. Doch Mann und Tajomaru in einen von Angst drei im Tempel sitzenden Figuren und sondern eher um (Selbst-) Interpretati- Kurosawa zerstört dieses Gefühl radikal und Feigheit geprägten Zweikampf der drei Tatbeteiligten, als auch ihre on des Ichs. Subjektivität bildet sich vor im Laufe der Handlung. Er lässt dem trieb? War es die Ehre des Samurai? War (damit teilweise zusammenhängende) allem aus der erinnerten Bedeutung, Betrachter keinen Ausweg, sich selbst es die Niedertracht des Straßenräubers? Mentalität eine unabdingbare Rolle. die man Erlebtem in seiner Biografie in dem Geschilderten wiederzufinden. Der Priester ist ein Idealist, will nicht zumisst. Das Kriterium für die Stich- Die Handlung spielt im Wald der Dä- wahr haben, dass es »nur noch Böses« haltigkeit dieser Bedeutungen ist nicht Ulrich Behrens

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HUNDSTAGE // ÖSTERREICH 2001. Regie: Ulrich Seidl // Buch: Veronika; Franz; Ulrich Seidl

S: Maria Hofstätter; Alfred Mrva; Erich Finsches; Gerti Lehner; Franziska Weiss; Rene Wanko; Claudia Martini; Victor Rathbone; Christian Bakonyi; Christine Jirku; Viktor Hennemann u. a.

121 Minuten // Farbe// Sprache: Deusch, Türkisch

39 40

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF RAUM 15 Diese HUNDSTAGE Haare.

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Inhalt: Autofahrern aufzudrängen und sich “Hundstage” ist eine derbe, Während Klaudia (Franziska Weiß), von ihnen mitnehmen zu lassen. Die die frühere Miss Bad Vöslau, selbst- meisten halten es nicht lang mit ihr im vergessen in einem Lokal tanzt, be- Wagen aus, denn sie redet unentwegt, droht ihr krankhaft eifersüchtiger sagt alles zweimal, zählt unnachgiebig vulgäre, teilweise tragikomische und aggressiver Freund Mario (René die zehn günstigsten Discounter auf, Wanko) jeden Mann, der sie anschaut. die zehn beliebtesten Haustiere, die Bei der Heimfahrt demonstriert er zehn häufigsten Krankheiten, spielt immer wieder mit riskanten Fahrma- ihre Kassette mit schmalziger Musik Spießersatire über ein Dutzend növern, wie er sein Auto beherrscht. ab, durchwühlt Handtaschen, singt 41 Nachdem er Klaudia kurz liebkost und sagt dann: “Sie sind ja schon 42 hat, beschimpft er sie als “miese alt. Haben Sie überhaupt noch Sex?” Hure” und wirft sie aus dem Wagen. Über kurz oder lang steht sie dann Wiener, von denen die meisten wieder am Straßenrand, aber davon Herr Walter, ein korpulenter Rentner lässt sie sich nicht irritieren: Sie war- (Erich Finsches), der die meiste Zeit tet einfach auf das nächste Opfer. im Unterhemd und mit Hosenträgern in ihrer Monstrosität an Karika- herumläuft, achtet darauf, dass in sei- Ein Mann (Victor Rathbone) hält an nem Garten der Rasen getrimmt ist einer Ausfallstraße und legt Blumen und kein Papierchen herumliegt. Ge- an ein Mahnkreuz. Eine Frau (Claudia gangen wird nur auf den rechtwink- Martini) wartet in ihrem Wagen, bis turen von Deix erinnern. Nicht lig angelegten Plattenwegen. An den er wieder weggefahren ist; dann legt Zäunen zu den angrenzenden Grund- auch sie einen Blumenstrauß hin. Seit stücken hat er als Sichtschutz drei Me- die kleine Tochter der beiden bei ei- ter hoch Planen gespannt, und als er nem Verkehrsunfall ums Leben kam, zuletzt durch den Einsatz von sich über einen Streit von Nachbarn reden sie nicht mehr miteinander, le- ärgert und vergeblich mit der Polizei ben zwar beide nach wie vor in ihrem gedroht hat, stellt er seinen laufenden Einfamilienhaus, schlafen jedoch in Laien wirkt “Hundstage” beina- Rasenmäher an den Zaun, zieht sich getrennten Zimmern. Die Frau bringt ins Haus zurück, schließt die Terras- schließlich ihren Masseur (Christian sentür und lässt die Rollos herunter. Bakonyi) mit nach Hause. Ihr frü- herer Ehemann beobachtet, wie sie he wie eine Dokumentation. Anna (Maria Hofstätter) tut nichts sich auf der Couch im Wohnzimmer anderes, als sich Autofahrerinnen und von dem Besucher unter den Rock

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fassen lässt, und nachdem die bei- einen Ausgleich für die Fahrtkosten. zufrieden. Dann soll sie Kleider sei- und beteuert: “Ich liebe dich!” Lucki den sich in ihr Schlafzimmer zurück- ner verstorbenen Frau anprobieren, kennt sich nicht mehr aus, geht aus gezogen haben, hört er sie stöhnen. Eine ältere Oberlehrerin (Christine bis ihm eines an ihr gefällt. Und als dem Zimmer, setzt sich weinend auf Der Vertreter Hruby (Alfred Mrvas) Jirku) richtet sich für ihren wesentlich besonderen Höhepunkt schaut er die Treppe, holt sein Klappmesser geht schwitzend von Haus zu Haus, jüngeren Liebhaber Wickerl (Victor ihr, in einem Sessel sitzend, bei ei- heraus und befühlt die scharfe Klin- um Sicherheitssysteme zu verkaufen. Hennemann) her, schneidet und ra- nem Striptease im Wohnzimmer ge. Die vom Sirius (Hundsstern) im Dabei gerät er auch an Herrn Walter, siert sich auch die Schamhaare und zu. Seinen Hund hat jemand vergif- Sternbild Orion beherrschten Tage der bereits eine Videoüberwachung erwartet ihn dann nach vorn über tet. Nach einer weiteren vergeblich vom 24. Juli bis 23. August werden installiert hat, aber keine Alarmanla- den Tisch gebeugt und ohne Slip. durchwachten Nacht nimmt Hruby seit Jahrhunderten “Hundstage” ge- ge kaufen will, weil er einen scharfen Wickerl, ein Zuhältertyp, amüsiert noch einmal Anna mit. Sie wundert nannt; sie gelten als die normalerwei- 43 Hund hat, der – so versichert er dem sich über ihre Geilheit, und sie merkt sich darüber, steigt aber dennoch zu se heißeste Jahreszeit. Die Menschen 44 Vertreter – nichts von Fremden an- nicht gleich, dass er seinen Freund ihm ins Auto. Er fährt mit der Ver- in einer mit Neubausiedlungen, Au- nehme, sich also auch nicht vergiften Lucki (Georg Friedrich) mitgebracht rückten zu einem Haus, sperrt sie in tobahnzubringern und Supermärk- lasse. Nachts legt Hruby sich in sei- hat, der ihr von hinten zwischen die eines der Zimmer, ruft seinen Auf- ten verbauten Vorstadt am südlichen nem Mercedes auf die Lauer nach den Beine fasst. Als ihr bewusst wird, traggeber an und behauptet, die Per- Rand von Wien leiden unter der Hit- Tätern, die in der Umgebung mutwil- dass sie nicht mit Wickerl allein im son gefunden zu haben, die reihen- ze. Ulrich Seidl vermeidet in seinem lig Autos zerkratzen. Zwischendurch Zimmer ist, fühlt sie sich beschämt, weise Autos zerkratzt. Der Mann ist ersten Spielfilm jedes Pathos und be- ruft seine Frau an und fragt, wann er aber nach kurzer Zeit kehrt sie ins zufrieden, geht zu Anna ins Zimmer zieht auch keine Stellung, sondern er endlich nach Hause kommt. Auch er Wohnzimmer zurück, um mit den und – vergewaltigt sie. Lucki taucht leuchtet einfach in das Milieu hinein nimmt Anna ein Stück im Wagen mit, beiden Männern zu trinken. Selbst mit einer Pistole bei der Lehrerin auf und veranschaulicht in sechs natura- aber sie geht ihm so auf die Nerven, als Lucki bereits über die Lehne der und verlangt von Wickerl, der bei ihr listischen Episoden das triste Dasein dass er gleich wieder hält und sie zum Couch kotzt, zwingt Wickerl seine ist, dass er sich für all das, was er ihr der Kleinbürger in dieser Alltagshölle. Aussteigen auffordert. “So eine blö- Freundin, noch ein Glas zu leeren. in den letzten zwei Jahren angetan “Hundstage” ist eine derbe, vulgäre, de Sau!”, schimpft er kopfschüttelnd. Am nächsten Tag kehrt Lucki zurück, hat, entschuldigt. Er redet ihn nicht teilweise tragikomische Spießersatire Herr Walter hat in seinem Keller entschuldigt sich für sein Verhalten direkt an, sondern verlangt von der über ein Dutzend Wiener, von de- Lebensmittel- und Hundefutterpac- und bietet ihr an, Wickerl kaltzuma- Frau, dass sie ihren Geliebten auffor- nen die meisten in ihrer Monstrosität kungen in mehreren langen Regalen chen: “Dann hast a Ruah vor dem!” dert, sich hinzuknien. Als sie zögert, an Karikaturen von Deix erinnern. gestapelt. Mit einer geeichten Präzi- Anlässlich seines 50. Hochzeitstages beschwert er sich: “Was meinst, für Nicht zuletzt durch den Einsatz von sionswage überprüft der pensionierte bittet Herr Walter seine Haushälte- wen ich des mach!” Immer neue Sa- Laien – nur Maria Hofstätter und Ingenieur das Gewicht der Packun- rin (Gerti Lehner), einen schönen chen denkt Lucki sich aus, um Wic- Georg Friedrich sind Berufsschau- gen, und wenn er wieder einmal fest- Schweinsbraten mit Knödeln zuzu- kerl zu demütigen, und schließlich spieler – wirkt “Hundstage” beinahe stellt, dass eine Dose zu wenig wiegt, bereiten und mit ihm zu genießen. muss die Lehrerin ihre Zigarette auf wie eine Dokumentation. Bei den beschwert er sich im Supermarkt und Er bemängelt zwar das “Safterl”, ist dem Arm ihres Geliebten ausdrüc- Filmfestspielen in Venedig gab es da- verlangt nicht nur Ersatz, sondern auch aber im Großen und Ganzen schon ken. Da fällt sie Wickerl um den Hals für 2001 den großen Preis der Jury.

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Ein Wochenende, eine Hitzewelle: Sechs Geschichten, ineinander ver- Man könnte Hundstage als Ulrich vom Leben haben wollen und da- woben, erzählen Fragmente des gewohnten und gewöhnlichen Alltags, Seidls ersten Spielfilm bezeichnen. bei nicht viel weiter gelangen, als Immerhin gab es ein Drehbuch, sich und andere zu quälen. Zusam- mit denen Ulrich Seidl seine Erzähltradition erstmals auf fiktiver Ebene was bei seinen vorherigen Arbei- mengehalten wird dieses Spiel der fortsetzt. Abende voller Singspiele, Sex und Gewalt, Tage voller Verlust ten nicht der Fall war. Andererseits Biographien durch die teils hek- schreibt er aber auch die besonde- tischen, teils trägen Bewegungen von Liebe, der Sehnsucht nach Liebe und gleichzeitig deren Unmög- re Art des “Dokumentarischen” dreier Figuren. Die beweglichste lichkeit. Ein Wochenende voller alltäglichster Katastrophen. “Endlich in seiner Arbeit fort. Ulrich Seidls Figur ist die junge “geistig behin- Filme waren schon immer “Spiel- derte” Frau, deren Lebensinhalt ein Aufschwung: Der eine der beiden Filme, dem der Wettbewerb in Ve- Filme”, weil sie zeigten, wie die darin besteht, sich von Autofah- nedig den seit Tagen ersehnten Aufschwung verdankt, ist Ulrich Seidls Menschen mit ihrer eigenen Bio- rern mitnehmen zu lassen, um sie 45 46 HUNDSTAGE - sehr konkret mit gegenwärtigen Lebensbedingungen graphie vor einer Kamera spielten, während der Fahrt mit imperti- die ihrerseits ihr eigenes Spiel trieb. nenten Fragen nach körperlichen befasst. Verkörpert von einem durchweg großartigen Ensemble aus pro- Und dokumentarisch bleibt auch und sexuellen Befindlichkeiten fessionellen und nicht professionellen Darstellern, stehen rund ein Dut- Hundstage, weil der Film wieder und mit nutzlos akribischem Wis- das Leben von Menschen ohne sen (wie: die zehn größten Super- zend Individuen im Vordergrund, von denen manche eine Geschichte Traum und Mythos wiedergibt. marktketten oder die zehn häu- teilen, während andere Passanten bleiben. Die Umgebung (vorstädti- Für Ulrich Seidl selbst gibt es kei- figsten Krankheiten) an den Rand sche Wohnblöcke, Reihenhaussiedlungen und propere, frei stehende nen Unterschied zwischen Doku- des Nervenzusammenbruchs zu mentarfilm und Spielfilm. Es gibt bringen. Die eher stationäre Figur Eigenheime) und das Wetter geben den Handlungsspielraum vor: Die für ihn nur Filme “über das, was ist ein älterer Witwer, der von sei- einen braten in der Sonne, die anderen machen die Schotten dicht und mich beschäftigt”. Was Ulrich ner Zugehfrau einen Striptease im Seidl beschäftigt, ist, vielleicht orientalischen Stil erhält und das ziehen sich in abgedunkelte Innenräume zurück, um dort alltäglichen entgegen landläufiger Meinung, ewige Gezänk des jungen Nach- Verrichtungen nachzugehen, Sex zu haben oder die Zeit totzuschla- weder das Elend der Menschen barpaares mit dem laufenden Mo- noch ihre dumme Gewalt. Ihn tor seines Rasenmähers übertönt. gen. Dass Seidl einen relativ schonungslosen Film gedreht hat, wird im beschäftigt die Suche nach dem Dazwischen sucht ein Mann den- Kontext seiner bisherigen Arbeiten kaum überraschen. HUNDSTAGE Glück, die Aufgabe des Lebens, jenigen zu erwischen, der nächtens ist ein körperlicher Film, nicht nur, weil er Körper so sehr ins Zentrum an der man gemeinsam und allein Autos ramponiert. Diese Bewe- scheitert, der Zusammenhang zwi- gungen also verbinden die Versu- rückt, sondern auch, weil er dem Zuschauer über die spürbare, beweg- schen dem, was uns kaputt macht, che einer Reihe von Menschen, an te Präsenz der Kamera quasi doppelt nahe rückt. Seidl stellt sich auf und dem, was wir kaputt machen. diesem heißen Wochenende et- was mit ihrem Leben anzustellen. die Seite seiner Figuren und findet Bilder für sie, die neben mancher In Hundstage flicht Seidl Biogra- Entblößung auch eine tiefe Traurigkeit und Schönheit vermitteln.” phie-Fragmente aus einer Wiener Natürlich meint man zuerst sehr Vorstadt zusammen: Menschen, genau zu beobachten, wie die- die an einem Wochenende in der se Menschen an einer so schein- Isabella Reicher, Der Standard heißesten Zeit des Jahres etwas bar einfachen Aufgabe wie einem

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halbwegs würdevollen Leben in nennt: “Überlastung”. Die Men- Bei alledem ist es nicht einmal die einem solch präzisen Bild zu kom- einer Situation ohne materiellen schen in Hundstage sind über- Gewalt, die die Menschen aus- men. Man könnte wohl sagen, die Mangel scheitern. So direkt wie lastet und wissen nicht wovon. üben und erdulden, sondern das Entstehungssituation eines Films in Seidls Filmen sieht man selten, Bewusstsein der Gefangenschaft, wie diesem ist schon selbst eine Art wie Menschen sich selbst und Es ist Wochenende, und das am meisten Pein verursacht. von Gegenbild. Weniger im the- den anderen zur Hölle werden. der Film muss nicht da- Es wird so weitergehen, man wird rapeutischen, eher im diskursiven Aber Seidls Filme funktionieren da von sprechen, was in der sich immer wieder mit den Nie- Sinn. Es ist die Freiheit, die der genau anders herum als gewohnt: Arbeitswoche zuvor mit den derlagen arrangieren. Die Hit- Regisseur seinen Darstellern lässt, Es geht nicht darum, Menschen Menschen geschehen ist. Sie wis- ze, die scheinbar die Dinge auf die diese dazu bringt, ein wahres und Verhältnisse zu entlarven. Es sen es ja selbst nicht, sie tun so, die Spitze getrieben hat, trocknet Bild ihrer Unfreiheit zu schaffen. geht vielmehr darum, Menschen als würden sie sowieso nur an den nur weiter die Körper und See- 47 näher zu kommen, die sich selbst Wochenenden leben. Schon das len aus; sie hat nur sichtbarer ge- So wie die Models in seinem letzten 48 schnell hinreichend enttarnt zu führt zur Überlastung; das Schei- macht, was sonst verborgen blieb. Film sich selbst spielten, so spielt haben scheinen. Menschen, von tern an diesem Wochenende ist auch in Hundstage eine Wirklich- denen man, kaum hat man sie in nur die logische Fortsetzung eines Alle werden in Seidls tristem keit sich selbst, bei der längst das einer ihrer typischen Lebenssitua- umfassenderen Gescheitertseins. Vorstadt-Welttheater gezeigt als Inszenierte und das Authentische tionen beobachten dürfen, nur Die “behinderte” Anhalterin, die Opfer, die auch Täter sind. Ein ineinander verschwommen sind. wünscht, ihnen im wirklichen nirgendwohin unterwegs ist, das solcher Film stellt ein paar wich- Seidl ist gleichzeitig ein genauer, Leben nie zu begegnen, möchte Ehepaar, das nach dem Tod der tige Fragen an die Marxisten (so geduldiger und durchaus nicht man nach einer Zeit doch gern Tochter ohne Grund und ohne es noch welche gibt) und an die unbarmherziger Beobachter und haben und kann es nicht, weil sie Sprache weiter zusammenlebt; der Christen. Das Leben, sagt Ulrich ein Künstler, der Kadrage und selbst immer wieder genau das erfolglose Vertreter von Alarman- Seidl, ist eine Prüfung, die kein Komposition betörend beherrscht. tun und sagen, was es unmöglich lagen, der sich am Ende noch den Mensch besteht. Das Leben in Seidls Kunst besteht darin, in die- macht. Der Zuschauer und die schwächsten unter den schwachen der selbstgemachten Hölle, in der sem enormen Spannungsfeld von Zuschauerin sind in Seidls Filmen Menschen zum Opfer macht, um man jede Chance zur Befreiung Ästhetik und Wirklichkeit, von vollständig in dieses Spiel der Bio- nicht an der Niederlage zugrun- mit der Unterdrückung – minde- Menschen und Bildern, zu be- graphien involviert. Und ande- de zu gehen; der Junge und das stens – eines anderen beantwor- stehen. Es ist der Punkt, an dem rerseits ist der Blick der Kamera Mädchen, die schon hoffnungslos tet, ist seine eigene Überlastung. das Kino das Leben angreift. Mit nicht weniger genau auf die Welt in die Rituale von Eifersucht und Zorn und mit Liebe, gewiss, aber der Dinge gerichtet, die dieses Le- Abhängigkeit geraten sind und Hundstage ist zum großen Teil auch mit einem enormen Wissen ben bedingen: das Shoppingcen- sich in sinnlosen Zornausbrüchen, mit Laien besetzt, und auch von von dem, was das Kino sein kann ter, der Vorgarten, der Parkplatz, Abfolgen von Verstoßen und Ver- Maria Hofstätter (sie spielt die und worauf es sich einlassen kann. die Wohnung der mittleren Preis- folgen demütigen; die Lehrerin, Anhalterin Anna) wussten die Hundstage ist vielleicht kein an- klasse, das Auto als Waffe und die nach der sexuellen Sensation anderen Darsteller nicht, dass sie genehmer, aber ein großer Film. Gefängnis. Die Hitze dieser Tage sucht und doch nur in eine grau- ausgebildete Schauspielerin ist. Einer von denen, die mit der Zu- kommt noch hinzu, um etwas zu sam-banale Quälerei gerät (Seidl Seidl hat sich viel Zeit genommen kunft des Kinos zu tun haben. erzeugen, was der Radiosender erspart da seinen Protagonisten und seinen Darstellern viel Raum wiederholt und euphemistisch be- und seinem Publikum nur wenig). und viel Freiheit gegeben, um zu Georg Seeßlen

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9/11 // USA; FRANKREICH 2002. Regie: Gédéon und Jules Naudet // Buch: Gédéon und Jules Naudet; Tom Forman; Greg Kandra

S: Tony Benatatos; Jamal Braithwaite; Steve Buscemi; Joseph Casaliggi; James Hanlon; Gédéon Naudet; Jules Naudet; Jo- seph Pfeifer; Tom Spinard; Dennis Tardio u. a.

112 Minuten // Farbe // Sprache: Englisch mit deutschen Untertiteln

49 50 This is no

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF fucking Dis- RAUM 15 9/11 ney Land!

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Am 11. September 2001 findet der Anschlag auf das Ende Juni 2001 begannen die Gewicht auf dem Rücken mehr als Bruüder Jules und Gedeon Nau- 80 Stockwerke hinauflaufen müssen. World Trade Center statt. Dabei werden Tausende von det in einem Feuerwehrhaus in Die Dokumentation erhält ihre emo- New York zu filmen. Sie wollten tionale Spannung vor allem durch Menschen getötet, darunter auch 343 Feuerwehrleute. den Alltag eines jungen Feuerwehr- die verschiedenen Blickwinkel, aus mannes zeigen, der, frisch von der denen der Zuschauer das Geschehen Akademie kommend, seinen Job erlebt. Einerseits Jules im Inneren des Die Brüder Gédéon und Jules Naudet, beides Filmema- antrat. Das erschütterndste Ereig- WTCs, andererseits Gedeon von au- nis, das während der folgenden ßen, dazwischen Interviews mit über- cher, haben seit 3 Monaten die Feuerwehreinheit 7, Lad- Monate eintrat, war der Tod eines lebenden Feuerwehrmännern. Zum 51 jungen Kollegen. Niemand konn- Ende hin wird es allerdings etwas zu 52 der 1 für eine Dokumentation gefilmt. Sie haben beide in te ahnen, dass es bald unvorstell- pathetisch. So sieht man Passanten bar viel schlimmer kommen würde. und Feuerwehrleute, dick mit Staub Manhattan die Feuerwehrleute bei der Arbeit gefilmt, als Am Morgen des 11. Septembers bedeckt, aus den Trümmern wan- bricht Jules mit einigen Feuerwehr- ken, begleitet von getragener Musik. der Anschlag passiert ist. Jules hat die einzigen Moment- leuten zu einer Routinefahrt auf. Das vorliegende Video bildet ein ein- Da hört er plötzlich den Lärm eines maliges, authentisches Dokument aufnahmen gemacht, als das erste Flugzeug in das World Flugzeugs dicht über der Stadt, reißt der Ereignisse des 11. Septembers. die Kamera hoch und filmt als Einzi- Jules war der einzige Kameramann, Trade Center geflogen ist und hat die Feuerwehrleute auf ger den Moment, als das erste Flug- der noch innerhalb des World Trade zeug in den Nordturm des World Centers filmen konnte, bevor die Ge- dem Weg zum World Trade Center begleitet. Gédéon Trade Centers rast. Vor Schreck lässt bäude einstürzten. Der ganze Film er fast die Kamera fallen. Aber das mit seinen über zwei Stunden Dau- war bei der Einheit, die im ersten Turm des World Trade ist erst der Anfang des Horrors, der er plus einer weiteren Stunde Inter- in den folgenden eineinhalb Stun- views mit überlebenden Feuerwehr- Centers bei der Evakuierung Hilfe geleistet hat. Beide ha- den über die Feuerwehrmänner männern ist allerdings etwas lang und ganz New York hereinbrechen geraten. Wohltuend sind die aus- ben unglaubliche und unvergessliche Szenen dieses Ta- wird. Jules fährt mit den Feuerwehr- nahmslos nachdenklichen Worte der leuten zum WTC, wo die Chefs in Überlebenden, die sich keineswegs der Lobby des brennenden Turms ihr als Helden fühlen. Sie haben Glück ges im Bild festgehalten, wobei sie selber kurz vor dem Hauptquartier einrichten. Ständig gehabt, das wissen sie. Nach dem Ver- neu eintreffende Feuerwehrmänner lust so vieler Kollegen ist ihr Job je- Kollaps der Türme nur knapp dem Tod entkommen sind. werden nach oben geschickt. Da kein doch nicht mehr derselbe wie zuvor. Fahrstuhl mehr funktioniert, bedeu- Quelle: Video Jakob tet das, dass sie mit über 60 Pfund Elke Wolter

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SNOW WHITE AND THE SEVEN DWARFS // USA 1937. Regie:Ted Sears // Buch: Richard Creedon

S: Roy Atwell; Stuart Buchanan ; Adriana Caselotti ; Eddie Col- lins ; Pinto Colvig ; Marion Darlington ; Billy Gilbert ; Otis Harlan ; Lucille La Verne; James MacDonald u. a.

83 Minuten // Farbe // Sprache: Englisch

53 54 Happy: This is Dopey, he don’t talk none. Snow White: You

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE mean he can’t talk? WÜNSCHMANNSHOF RAUM 15 Happy: He don’t SNOW WHITE AND THE know, he never tried. SEVEN DWARFS

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Schneewittchen und die sieben Zwerge ist zweifellos einer Fragt man heutzutage nach Film-Klas- Achtung vor dem Alter des Films auf, sikern, so ist ein Ende nicht in Sicht. auf der anderen Seite mag man über die der dicksten Brocken aus Disneys Goldenem Zeitalter. Im Viele Schöpfungen werden unabhän- Anfangsversuche und die gewisse Nai- Jahr 1937 entstanden, betäubt er geradezu mit seinem gig von Raum und Zeit als “Unter- vität hinweg schmunzeln. Vieles hatte haltung” definiert, wobei der Hori- noch etwas vom alten Cartoon (bei der gewissenhaften Heraufbeschwören einer verzauberten zont manchmal höher steht als man Entstehungszeit ja auch kein Wunder), Welt, samt einer Fülle an Haupt- und Nebencharakteren denkt. Ein Fall von “steinalt” und z.B. diese schlicht gezeichneten scheu- (eingeschlossen Vierbeiner und Vögel), von denen ein je- doch wieder “quellenfrisch” ist u.a. en Rehe, die noch keinen direkten Disneys erstes Meisterwerk von 1937: Vergleich mit dem später produzierten der ein ausgearbeitetes Eigenleben erhielt. Betrachtet man “Schneewittchen & die 7 Zwerge”. “Bambi” anstreben zu versuchten. Dies Eine neue Ära bahnte sich dem Zu- deutet schlicht auf die Anfänge Disneys 55 Schneewittchens komplexe, graziöse Bewegungen der 56 schauer, einen “Full Animation Fea- und seine immerwährende Weiterent- Finger, der Arme und des Kopfes im Zusammenspiel, so ist ture” hatte man zuvor noch nie wicklung des Animated Features hin. es nicht allein die technische Brillanz der Künstler im Disney- gesehen, zu viele kunterbunte Far- Für die damaligen Verhältnisse war es Studio, die dem Zuschauer ins Auge sticht, sondern auch ben wollten doch anscheinend den aber der Aufstiegsboom, der aus heu- Zuschauer verwirren bzw. blenden tiger Sicht mit der Neudefinition des die gesamte Persönlichkeit ihres gewinnenden Charakters. (wobei letzteres tatsächlich zu definie- Features durch CGI-Erzeugnisse in ren ist, indem man die breite Masse etwa gleichzusetzen ist. Somit komme vom Alltag ablenken konnte, so auch ich wieder auf die Weiterentwicklung Wenn der tödliche Apfel der bösen Königin seine Farbe später während des zweiten Weltkrie- zu sprechen, wobei Naivität bzw. pri- vom giftigen Grün zum rosigen Rot ändert, dann ist der Ef- ges). Dies erklärte natürlich das Ab- mitives Handeln fortlaufend in jedem fekt der Erkenntnis, wie etwas so schönes so erschreckend streiten eines klassischen Mittels übe Film vorzufinden ist, der sich an die längere Zeit, das zuvor schon eine vorhergehende Generation richtete. sein kann, grunderschütternd. Er ist so rein, dass man Weile Verwendung fand (nicht nur Der Film selbst strotzt mit viel Origina- sich völlig dem Horror dieses Augenblickes hingibt. Basie- bei Cartoons, unter denen Walt Dis- lität, die zu Disneys Lebzeiten noch klar ney seinen Erfolg etablierte). Man im Vordergrund stand. Mag sein, dass rend auf dem gleichnamigen Märchen aus der Sammlung gab Disney erst spät Recht, als der das Grimm’sche Märchen die Grundba- der Gebrüder Grimm, ist Schneewittchen und die sieben Film bereits erfolgreich in den Kinos sis legte, doch Disney schnitt die Schür- angelaufen war und die Kritiker sich ze breiter und ließ ihr mehr Spielraum. Zwerge wohl der beste Familienfilm, der, mit mythischen ihre Haare zerrissen, Disney zugestan- So hat z.B. jeder einzelne Zwerg seine Motiven, die geistigen Grundlagen des Erwachsenwerdens denes Lob in die Hände zu reichen. eigene Persönlichkeit, die Charaktere behandelt. Er ist eine hohe Errungenschaft und sollte kei- Belohnt wurde der Film später auch sind klar definierbar - dass es von vie- mit 7 kleinen Oscars, ein gutgemein- len erdachten doch “nur” 7 wurden, nesfalls verpasst werden. ter Gag, dem sich der damalige belieb- liegt viel mehr an der Vorlage selbst als te Kinderstar Shirley Temple annahm. an Disneys angeblich fehlenden Mit- Um auf den Film sprechen zu kommen, teln. Die Künstler verstanden es Tom Keogh so bringt man auf der einen Seite die schon zur damaligen Zeit, mit ih-

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ren Werken visuell zu “spielen”. gen Erzeugnissen konkurriert. Skuriler abgerundet wird. Oder gibt es da ein scheint, sonst hätte man das Set ganz Die eingeführte Multiplan-Kamera Weise sind Bild und Ton vor fast 70 Jah- paar zusätzliche Szenen, u.a. eine lu- klar auf den erwachseneren (aber im (mehrere Schichten zur Tiefenerzeu- ren entstanden - letzteres nur bedingt, stige Ess-Sequenz mit den Zwergen Herzen jungen) “Collector” zuge- gung) ist heute natürlich nichts gegen da es im deutsch-sprachigen Raum (auch auf dem deutschen Kauf-Video schnitten, wie es in den USA und eini- die 3D-weltenorientierte Deep Can- bislang 3 verschiedene Synchronfas- von 1994 enthalten) oder ein kom- gen anderen EU-Ländern der Fall ist. ves-Technik (auch eine Art “tiefge- sungen gegeben hat. Die ersten beiden plett animierte Sequenz mit der bö- Leider denkt so ein Konzern, da ha- stellte Leinwand”, u.a. Verwendung sind dem “Wohnzimmerstudenten” sen Hexe, die hier noch etwas länger ben die “wenigen” Fans nur wenig zu bei Disneys “Tarzan” von 1999), doch niemals zugänglich gemacht worden, beim Zubereiten des vergifteten Ap- entscheiden. Damit möchte ich auch zu Disneys Zeiten war das eine eben- lediglich seltene Zelluloid-Filme der fels ist. Deutsche Käufer dürfen sich klar stellen, dass der Film natürlich bürtige Glanzleistung. Damit kann damaligen Kinozeit dürften aus sich mehr oder weniger auf Kai Pflaume auch für Erwachsene genießbar ist. man es wieder einmal so deuten, des Verwitterns entledigen. Eine Di- freuen, der an Stelle von “Mord ist ihr Als Fazit setzt sich meine per- 57 58 dass die damalige Technik heute ver- gitalisierung wäre die Rettung eines Hobby”-Komissarin Angela Lansbur- sönliche Bewertung nach Ster- altet ist, aber der Film sich weiter- Zeutdokumentes, welches nicht ewig ry (in der englischen Sprachfassung) nen folgend zusammen: hin seit fast 70 Jahren frisch hält lebt. Alte Hörspiele dürften zumin- eine kleine Tour durch Entstehung Film - 5 Sterne (und das liegt jetzt nicht an der vor- dest die deutschen Lieder der zweiten und mehr gibt, damit der Appetit für Ausstattung - 3 Sterne liegenden DVD-Restauration). Synchro beinhalten, während uns von die zweite Disc (die ja in Deutschland -> Das macht im Durchschnitt 4 Disneys erstes Meisterwerk trägt nicht der ersten anscheinend nichts geblie- keine Chance auf eine Herstellung Sterne in der Gesamtwertung. Die umsonst den Titel “The One that star- ben zu sein scheint. Schuld daran war hatte) geweckt wird. Aber auch als ein- DVD ist zwar nicht mehr so leicht ted it all”.Dieser Film ist noch eines die dritte Synchro, die mit der VHS zelnes Segment gesehen, erfährt man erschwinglich (ich rede von den enor- dieser typischen Meisterwerke, wo von 1994 eingeführt wurde und na- hier viel Interessantes (wobei davon men Geldbeträgen bei ebay, jenseits einfach nur mit den sieben Zwergen türlich ohne Bedenken wieder auf der auf der deutschen Disc jedoch auch von gut und böse), jedoch würden gelacht werden kann, man sich vor der vorliegenden DVD verwendet wurde. wieder einiges fehlt). Als Schmankerl Sie den Film nicht bereuen (schon al- bösen Königin fürchtet (speziell klei- Was kann man über die DVD-Aus- für den Fan bietet sich hier ein gran- lein wegen der aufwändigen Restaurati- ne Kinder), mit Schneewittchen eine stattung sagen? Nun, bei Buena Vi- dioser Audiokommentar vom Meister on). Als erster Eintrag in Disneys “Pla- Märchenwelt betritt und gleichzeitig sta Deutschland ist man inzwischen und Schöpfer des Films selbst. Hier tinum”-Reihe (reserviert für die besten mit ihr am Ende des Films trauert. Die oft abgespeckte Versionen von ed- hat man beachtliches geleistet, da man Disneys aller Zeiten), die erst mit dem Musik scheint heute etwas kitschig len amerikanischen Sets gewöhnt, so lange in Archiven nach alten Audio- zweiten Eintrag durch “Die Schöne und zu sein, im Gesamtkontext jedoch auch hier. Da wurden schon 2 Discs aufnahmen suchte (denn Walter gilt das Biest” in Deutschland so behandelt passt sich alles wunderbar dem Film auf eine Disc getrimmt. Dadurch blei- schon lange als tot) und diese letzt- wurde, liegt hiermit also eine ziemlich selbst an. Und wer verzichtet heute ben dem deutschen Käufer tonnen- endlich alle zu einer durchgehenden begehrte DVD zugrunde. Wer mehr schon beim Feierabend auf “Hiho”?! ;) weise Extras vorenthalten, so auch das Spur zusammen flickte. Man spürt re- möchte, sollte entweder zur amerikani- Prioritäten bleiben durch diesen interessante Boni “Disney Through gelrecht eine Art Retrolook auf die da- schen Edition oder zur britischen Box Film garantiert für ewig erhalten... The Decades”, bei dem bekannte malige Zeit. Im Übrigen gibt es noch inklusive schönem Illustrationsbuch Zur DVD: Der Film liegt in einer re- VIPs auf Disneys Werdegang in Film übliche Spiele für die Kleinen oder die greifen (beides ebenfalls out of Print). staurierten Fassung vor, bei der man und mehr zurückschauen und anschlie- ewig jung Gebliebenen. Schade, dass meinen könnte, der Film hätte am ßend ein Jahrzehnt immer mit einem Deutschlands angeblicher Garant für Quelle: branko999 Anfang der frühen 90er mit neuzeiti- jeweiligen Kinotrailer zum Hauptfilm Trickfilm jeder Art das Kind zu sein

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NIGHT OF THE LIVING DEAD // USA 1968. Regie: George A. Romero // Buch: John A. Russo; George A. Romero

S: Duane Jones; Judith O’Dea; Karl Hardman; Marilyn Eastman; Keith Wayne; Judith Ridley; Kyra Schon Charles Craig u. a.

96 Minuten // Schwarz-Weiß // Sprache: English mit deutschen Untertiteln

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE 59 WÜNSCHMANNSHOF 60 RAUM 15 Barbara: They oughta make the day the time changes the first day of night of the summer. living dead Johnny: What? Barbara: Well, it’s eight o’clock, and it’s still light! Johnny: A lot of good the extra day- light does us. You know, we’ve still got a three-hour drive back; we’re not gonna be home until after mid- night.

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George Romeros in Schwarz-Weiß gedrehter Zombie-Klassiker Filmhistorischer Hintergrund

aus dem Jahr 1968 besticht noch Jahrzente später durch ver- Im Jahre 1967 hatte ein junger, gerade erst-27 jaähriger Mann namens George An- störende Bilder. In einem Vorort Pittsburghs werden die Bewoh- drew Romero die Idee zu einer Art Film, wie es ihn bis dato noch nicht gegeben hat- te. Des ewigen Mainstream- Einerlei überdrüssig deutete er die Zeichen seiner Zeit. ner von Zombies verfolgt, die es nach Menschenfleisch dürstet. Zwei der kommerziell gewinnbringendsten Genres hatten ausgedient. Der Kriegs- In einem Haus, dessen Besitzer den Zombies bereits zum Opfer film sowie der Western. Schon im Jahr 1964, durch Leones FÜR EINE HAND- VOLL DOLLAR und noch stärker durch Corbuccis DJANGO (1966) hatte der fiel, suchen zwei voneinander unabhängige Gruppen Zuflucht vor italienische Western den amerikanischen in Europa abgelöst. In den USA ergab sich den Untoten. Durch Radio und Fernsehen erfahren sie, dass man diese Entwicklung vorrangig durch die jugendliche „Gegenbewegung“ der extraterrestrische Strahlung für die Zombieangriffe verantwortlich 60er, in der dieses antiquiert wirkende Genre den Idealen der Hippiegeneration, zu- 61 mindest im Gewand der Edelwestern, nicht entgegen kam (psychedelische Western 62 macht, die sich mittlerweile über das gesamte östliche Gebiet der wie der 1976 entstandene MAD DOG mit Dennis Hopper waren damals noch in Vereinigten Staaten erstrecken. Sobald die Flüchtlinge in der Falle weiter Ferne). So war es denn auch nicht verwunderlich, dass Regisseure wie Sam Peckinpah oder Sergio Leone den Abgesang auf dieses Genre thematisierten. Dass stecken, verlagert Romero den Fokus auf die Probleme, die in- der Kriegsfilm sich mangelnder Beliebtheit erfreute, lag im Zusammenhang mit dem nerhalb der Gruppe auftreten, als man versucht mit der scheinbar in den USA und insbesondere Vietnam allgegenwärtigen Krieg nahe. So verhielt sich denn auch die amerikanische Filmindustrie, wie sich die Filmindustrie zu Kriegs- aussichtslosen Situation umzugehen. Was folgt, ist die Untersu- zeiten immer verhält. Ideenarm marschierten die Studios zurück in die 50er und chung menschlicher Verhaltensweisen, die von Ängsten und Ei- versuchten das inzwischen stärker hinterfragende Publikum mit locker-leichten Un- terhaltungskomödien zu begeistern, was rasch zu einer völligen Ablehnung sowohl gensinn geprägt sind und viele davon abhalten, sich für allgemein der Inhalte, als auch der puritanischen Einstellung der Major- Studios, die diese verbindliche Belange zu engagieren. mit ihren Filmen transportieren wollten, führte. Dem jungen Romero schwebte ein Film vor, dem inhaltlich leicht zu folgen sein sollte, der das Publikum von der ersten Romero macht zwischen den Zombies und den organisierten Jä- Minute in seinen Bann ziehen und derart doppelbödig inszeniert sein sollte, dass er gern keinen Unterschied. Beide erscheinen seelenlos. Der Film reichlich Stoff für Interpretationen anbieten konnte. Er wollte nicht nur handwerk- lässt sich auch als Kritik am männlichen weißen Establishment lich neue Wege gehen, sondern auch im Hinblick auf allegorische Darstellung und Symboliken. lesen. Es ist kein Zufall, dass eine Frau und ein Schwarzer die bei- Seine Grundidee einer Kritik an der Gesellschaft, ihrer Unterdrückung bestehender den Figuren sind, die am vernünftigsten handeln. Es ist genauso Probleme, sowie deren (gewaltsamer) repressiver Lösung bettete er absichtlich in eine triviale, dem Phantastischen verbundene Geschichte, gepaart mit (für dama- wenig ein Zufall, dass die Fortsetzung Dawn of the Dead in einem lige Verhältnisse) drastischen, bis an die Grenzen gehenden Gewaltdarstellungen riesigen Einkaufszentrum spielt, das von Untoten belagert wird -- ein, die medialen Charakter tragen sollten, um dem noch weniger abgeklärten Zu- schauer eine bevorstehende Apokalypse zu verdeutlichen. Er schrieb das Drehbuch eine treffende Analogie zur Konsumgesellschaft. zusammen mit seinem Freund John Russo und legte es im Jahr 1967 verschiedenen größeren Hollywoodstudios vor. Diese lehnten das Drehbuch jedoch aus verschiede- Bryan Reeseman nen Gründen ab. Als erstes störte sie ein für die Traumfabrik typischer Punkt. Das Drehbuch hatte keine Liebesgeschichte vorzuweisen. Weiterhin störte sie das nega-

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tive Ende, sowie die explizit beschriebenen Gewaltdarstellungen. Romero wurde der einsamen Landhaus zu entkommen, aber schnell merkt sie, dass es nicht bei die- Vorschlag unterbreitet, das Drehbuch den Studiovorstellungen anzupassen und even- sem einen Angreifer bleibt. Das Haus ist von hypnotisiert scheinenden Menschen tuell würde er eine Chance bekommen, den Film zu realisieren. Er lehnte dankend umgeben, die sich, sobald sie einen ihnen Nicht-Zugehörigen entdecken, in wilder ab und war sich mit dieser Entscheidung darüber im klaren, dass er das Geld für die Mordlust auf ihn stürzen. Schließlich schafft es ein anderer Mann, Ben, im Land- Finanzierung selbst auftreiben musste. Romero erwähnte in mehreren Interviews, haus Schutz zu finden. Er versucht das Problem sofort anzugehen und nicht lange dass ein geheimer vierter Grund für die Ablehnung seines Drehbuches vermutlich Spekulationen anzustellen, sondern das Nächstliegende zu tun. Die Telefonleitungen darin zu finden war, dass er die Hauptrolle mit einem Farbigen besetzen wollte und sind zusammengebrochen, im Radio spricht man von frisch Verstorbenen, die kurz das war 1967 für amerikanische Filmstudios wirklich fernab des Möglichen. Ein nach dem Tode zu „neuem“ Leben auferstehen. Immer mehr Menschen finden sich Schwarzer mit Collegeabschluss, im Dienste des Staates und ausgezeichneten Ma- in dem Landhaus ein und sehen sich einem aussichtslosen Kampf gegenüber. Doch nieren, wie ihn Vorzeigeschauspieler Sidney Portier in Norman Jewisons IN DER dieser Kampf findet nicht mehr allein draußen gegen die Untoten statt, sondern HITZE DER NACHT (1967) verkörperte, war gerade im Bereich des Möglichen, auch im Haus unter den Lebenden. 63 aber ein „gewöhnlicher“ Farbiger, der die absolut handlungstragende Figur sein sollte 64 ( und der in einer Szene sogar eine weiße Frau niederschlägt) war utopisch. Melvin Interpretation van Peebles Black Power Film SWEET SWEETBACK’S BAD ASSSS SONG und Gordon Parks SHAFT waren im Bewusstsein der weißen Gesellschaft noch in weiter Romeros Aussagen sind äußerst deutlich. Die Untoten sind ein Symbol für Proble- Ferne und somit zeigt sich schon allein hiermit Romeros visionäre Sicht. So kehrte me, Randgruppen oder Minderheiten, mit denen sich die Gesellschaft nicht ausein- Romero in seine Heimatstadt Pittsburgh zurück und trieb mit Freunden soviel Geld andersetzen will. Sie sind die „Ausgestoßenen“, die solange keine Beachtung finden, auf wie nur möglich war, wobei Karl Hardman einen Großteil der Summe zur Ver- bis die Verdrängung zu einer explosiven Entladung führt und im Kollektiv zurück fügung stellte. Das Budget betrug insgesamt 114.000 Dollar und mit ihm sollte ein geschlagen wird. Jetzt, wo eine Ignorierung nicht mehr möglich ist, ist man gezwun- Film fertig gestellt werden, der sowohl in handwerklicher als auch inhaltlicher Insze- gen sich mit dem Verdrängten auseinanderzusetzen. Interessant ist in diesem Zu- nierung wegweisend für den Independend- und Undergroundfilm sein sollte. Rome- sammenhang, dass die meisten Beteiligten nicht direkt durch die Untoten ihr Leben ro drehte in Schwarz/Weiß und lehnte sich damit an den deutschen Expressionismus verlieren, sondern durch ihre Streitigkeiten untereinander. der 20-er Jahre an. Konkurrenzkampf, Profilierungssucht und gegenseitige Schuldzuweisungen bestim- Die Handlung men einen Großteil der messerscharfen und exzellent durchdachten Dialoge. Die einzelnen Figuren werden zwar geradezu stereotyp dargestellt, aber immer wieder in Ein abgelegener Friedhof irgendwo auf dem Land. Das Geschwisterpaar Johnny und ihren Klichees gebrochen. Hierbei werden typische Rollenbilder der 60er Jahre be- Barbara hat eine lange Fahrt hinter sich gebracht, um das Grab ihres Vaters zu besu- nutzt und bloß gestellt. Als erstes wäre da Barbara, die auf die Situation mit weibli- chen. Als ein Gewitter heraufzieht erinnert Johnny sich an alte Kindertage, in denen cher Hysterie reagiert und, nachdem sie erkennt, dass sie die Komplexität der Ereig- er seine schreckhafte Schwester mit kleinen Streichen geärgert hat. Barbara empfin- nisse nicht durchschauen wird, in einen katatonischen Zustand verfällt. Sie verbleibt det dies wenig komisch und sagt ihm er solle aufhören, doch er wiederholt immer den gesamten Film über apathisch, bis sie sich am Ende, als die Untoten das Haus wieder in geheimnisvollem Ton:“ Sie kommen und werden Dich holen.“ Als ein erstürmen, mit wildem Gekreische aus ihrer Apathie befreit und sich der Horde ent- anderer Besucher den Friedhof betritt, setzt Johnny seine Neckereien fort und Bar- gegenstellt. Die Frau der späten 60er befreit sich aus ihrem engen Korsett und will bara geht daraufhin wütend zum Auto zurück. Doch kaum geht sie an dem anderen nicht länger die Rollen einnehmen die ihr zugedacht sind. Die Emanzipation der Besucher vorbei, attackiert dieser sie ähnlich einem wilden Tier. Johnny erkennt die Frau sollte Romero in seinem zweiten Film der Untoten-Trilogie genauer beleuch- Situation sofort und drängt sich zwischen die Beiden, doch bei dem Kampf stürzt ten. Schon gleich als zweites wird uns die Haupt- und Überfigur des Filmes vorge- er zu Boden und verletzt sich am Kopf. Er scheint bewusstlos, und als der Fremde stellt. Der farbige Ben. Er sieht von Anfang an nur das Naheliegende und weiß, dass sich wieder auf Barbara stürzen will flüchtet diese zum Auto. Es gelingt ihr zu einem für Erklärungssuche keine Zeit ist. Es muss gehandelt werden oder die „Dinger“, wie

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sie im Film genannt werden, töten sie. herausstellt, wie man die Untoten beseitigen kann, weicht die Panik der Menschen.

Dies ist auch der Grund, warum Ben der einzige sein wird der die Attacke der Un- Die Seuche hat sich inzwischen im ganzen Land ausgebreitet und Nationalgarde und toten überlebt. Sich auf sich und seine Fähigkeiten besinnend, aber niemals den Bürgerwehren lösen das Problem mit Waffengewalt. Hier zeigt sich deutlich, warum sozialen Zusammenhalt vernachlässigend ist er der Bedrohung gewachsen. Als er das Romero seine Angreifer aussehen lässt wie „normale“ Bürger. Seine “Zombies“ sind Haus verlassen möchte, nachdem alle Untoten verschwunden sind, wird er von einer gekleidet wie Buchhalter, Hausfrauen oder Briefträger und trotzdem laufen andere, Bürgerwehr, die ihn für einen eben solchen Untoten hält, belanglos über den Hau- die sich optisch kaum unterscheiden durch die Straßen und töten sie. Da der gesam- fen geschossen. Die Gesellschaft geht mit Problemen so um wie gewöhnlich. Es wird te Film sehr dokumentarisch eingefangen ist, mit einem hohen Maß an Authentizi- unterdrückt - im Notfall sogar mit Gewalt in härtester Form. Ben ist der Beweis, tät, wirken diese Bilder wie der gesellschaftliche Weltuntergang. Die Menschen töten dass man auch ohne die Gesellschaft überleben kann und muss deshalb einander aus kühler Berechnung gegenseitig, nur um ein beseitigt werden, da er der Gesellschaft somit nicht mehr angehört. Als Nicht-Dazu- System am Laufen zu erhalten, welches vorrangig sich selbst dient. Konkretere Ver- 65 gehöriger kommt er auf den Leichenhaufen der anderen „Ausgestoßenen“ und wird weise, wie z.B. auf den Vietnamkrieg lassen sich an verschieden Stellen wiederfinden, 66 zusammen mit ihnen verbrannt. waren aber nicht die angestrebte Kernaussage. Romeros Rundumschlag war noch viel umfassender. Generell wollte er aufzeigen, wie sich die westliche Gesellschaft im Harry Cooper stellt den typischen, aufrechten Amerikaner der 60er dar. Er weiß wahrsten Sinne des Wortes selbst „zerfleischt“, angedeutet in den kannibalistischen alles, mischt sich in jedes Gespräch ein und ist von seiner Überlegenheit überzeugt. Verspeisungen durch die Untoten. Der Grund für die Wiederkehr der Untoten wird Der selbstbewusste Ben ist somit eine Konkurrenz für ihn. Doch egal wie hitzig die nur minimal beleuchtet und ist auch mehr als humorvolle Anlehnung an die EC- Debatten auch zwischen den Kontrahenten ausfallen, so wird man doch nie das Comics und Horrorfilme der 50er Jahre zu sehen. Auch die Handwerkliche Insze- Wort hören, das man in Anbetracht von Bens Hautfarbe und Coopers rechtskonser- nierung war bahnbrechend. Sowohl mit seiner Arbeit mit der Handkamera, als auch vativem Auftreten erwarten könnte. Romero vermeidet dies bewusst um der Figur mit dem Videoclip-ähnlichen Schnitt - fast 20 Jahre vor M-TV - beeinflusste Rome- des Cooper nicht den Stempel des Rassisten aufzudrücken. Denn das würde es dem ro nicht nur das Genre des Horrorfilmes, sondern den Film allgemein. Kritiker sa- Zuschauer zu leicht machen, ihn in eine Schublade zu stecken. hen das damals natürlich vollkommen anders und verrissen den Film hauptsächlich wegen seiner drastischen Gewaltdarstellungen.Junge Filmemacher kümmerte dies Außerdem ging es ihm um Symbolik. Dass er die Hauptrolle mit einem Farbigen wenig. Im entscheidenden Filmjahr gedreht (1968: 2001-ODYSSEE IM WELT- besetzt hatte, sollte das Synonym für eine Außenseiterfigur sein. Konkrete Rassen- RAUM, ROSEMARIES BABY, THE WILD BUNCH - SIE KANNTEN KEIN problematik sollte nicht angesprochen werden, um die abstrahierende Form zu wah- GESETZ, BONNIE & CLYDE) revolutionierte er den Film und ist seit einigen ren. Die Rolle des Cooper wurde übrigens (meiner Meinung nach brillant) von Karl Jahren im Museum of Modern Art in New York, als auch in London ausgestellt, als Hardman gespielt. Helen Cooper, Harrys Frau, ist die typische Hausfrau, die sich einer der wegweisendsten Filme des modernen Kinos ab den 70er Jahren. Nebenbei um den Zusammenhalt der Familie sorgt. Deutlich ist anzumerken, dass ihre Ehe sollte er auch noch ein Sub-Genre des Horrorfilmes etablieren, welches zwar schon auseinander bricht und sie nur noch von der gemeinsamen Tochter zusammengehal- 1963 mit dem Film BLOOD FEAST seinen Anfang fand, aber durch diesen Film ten wird, die verletzt im Keller des Landhauses liegt. Die Tochter wird erst Annerkennung fand: Den Splatterfilm. Dieser sollte im Laufe der Jahrzehnte ei- sich ihrerseits gegen die Institution Familie wenden, wenn sie sich in einen Untoten nige Wandlungen durchmachen, vom gesellschaftskritischen Film in den selteneren, verwandelt und ihre Eltern angreift. Die Letzten in der Gruppe sind das Teenager- über den Billig- Schockerfilm in den häufigeren, bis zum Fun-Splatterfilm in den paar Tom und Judy. Sie sind verwirrt, haben Angst in der Situation, da sie nicht heutigen Fällen. Dass Romero maßgeblich auch für diese Entwicklung verantwort- wirklich wissen, wie sie sich verhalten sollen. Am liebsten würden sie noch wie Kin- lich war, interessierte ihn wenig. Er verstand sich erst sehr spät als Genre-Regisseur, der reagieren, doch dafür sind sie zu alt. Die Reife der Erwachsenen fehlt ihnen noch da er irgendwann feststellen musste, dass seine apokalyptisch geprägten Allegorien und so können sie auch kaum Entscheidungen überzeugt fällen. Tom ist in seiner einfach am besten im Horrorfilm funktionieren. vermittelnden Art das Bindeglied zwischen den Streitparteien Ben/Cooper. Als sich Marcos Ewert

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PLAN 9 FROM OUTER SPACE // USA 1959. Regie: Edward D. Wood Jr. // Buch: Edward D. Wood Jr.

S: Gregory Walcott; Mona McKinnon; Duke Moore; Tom Keene; Carl Anthony; Paul Marco; Tor Johnson; Dudley Manlove; Joanna Lee; John Breckinridge; Lyle Talbot; u. a.

79 Minuten // Schwarz-Weiß // Sprache: English mit deutschen Untertiteln

67 Criswell: Greetings, my friend. 68 We are all interested in the fu- ture, for that is where you and 19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF RAUM 15 I are going to spend the rest of our lives. And remember PLAN 9 FROM OUTER my friend, future events such SPACE as these will affect you in the future. You are interested in the unknown... the mysteri- ous...

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Aus den Tiefen des Weltalls nehmen Außerirdi- Wohl jeder, der sich diesen Film zu Gemüte geführt hat, hat sich davor oder danach auch seine Entstehungsgeschichte im Film “Ed sche mit expansiven Absichten Kurs auf Mutter Wood” von Tim Burton angesehen. Und tatsächlich werden die dort genährten Erwartungen von diesem “schlechtesten Film aller Erde. Um Unruhe unter den Erdenwürmern zu Zeiten” locker – je nach Haltung – unter- bzw. überboten. stiften, erwecken die Aliens zunächst allerhand Der Platz würde hier nicht ausreichen, sämtliche Fehler des Films aufzuzählen. Lachhafte Kulissen (für ein Flugzeug-Cockpit mus-

69 gruselige Kreaturen wie z.B. den Grafen Dracu- sten etwa zwei Stühle und ein Vorhang reichen), stümperhaft 70 chargierende Schauspieler, die ihre teils grottigen Textzeilen (“In- la von den Toten. Ein flugs zu Hilfe eilendes Po- spektor Clay ist getötet worden - und jemand ist dafür verant- wortlich”) bierernst vortragen, UFO- “Spezialeffekte” unterhalb lizeikommando gerät selbst in Bedrängnis und jeglicher Kritikwürdigkeit, eine haarsträubende und wirre Story. Es ist wirklich erstaunlich, was man in nur 78 Minuten alles falsch verliert einen verdienten Detective an die Rei- machen kann.

hen der Untoten. Nachdem selbst die schwere Andererseits wäre es ungerecht, diesem Film tatsächlich das Prä- dikat “schlecht” zu verleihen, denn man amüsiert sich glänzend, Artillerie des Militärs an den Schutzschilden der und wer vorschnell mit Tiefstnoten um sich wirft, hat noch nie z.B. “Der weiße Hai 4 – die Abrechnung” gesehen. Denn gerade fliegenden Untertassen abprallt, scheint es um mit dem nötigen Hintergrundwissen gewappnet, ist es auch über die Menschheit geschehen. Dann jedoch ent- die vordergründige Gaudi hinaus ein Vergnügen, der mehr als ku- riosen Truppe, die Ed Wood hier zusammengetrommelt hat, bei deckt ein Astronaut im Ruhestand, vor dessen der “Arbeit” zuzusehen: die TV-Ansagerin Vampira, der Wrestler Tor Johnson, Woods Chiropraktiker, der den während der Dreh- Veranda die Außerirdischen zum ersten Mal arbeiten verstorbenen Bela Lugosi doubelt (und ihm kein bisschen ähnlich sieht), oder auch der göttliche Criswell. Letztlich schim- auftauchten, die Achillesferse der Invasoren ... mert in “Plan 9 From Outer Space” trotz Dilettantismus stets die große Begeisterung von Ed Wood für sein Sujet durch – und das macht den Film sehr liebenswert.

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Einleitung herunter, nicht ohne dabei hecktische Bewegungen mit der Hand zu vollziehen, um möglichst viele Feinde zu treffen. Noch wärend die Rüpelreihe sich wunder- Wie Sie wissen, gehe ich normalerweise nicht in Lichtspielhaäuser, aber an die- te woher dieser Nasse Fluch herkam schüttete ich noch die Tüte mit Puffmais sem verregneten Tag vor einigen Jahren machte ich eine Ausnahme. Ich schlug hinterher. Nach mehrmaligen lauten Flüchen verließen die Herrschaften den wie allmorgenlich meine Zeitung auf um mich über das Zeitgeschehen eher frü- Saal und ich konnte den Farbfilm endlich geniesen - dachte ich jedenfalls. Etwa her als später zu informieren, als ich einen Gratiscoupon für eine Kinovorstel- 5 Minuten später kamen 2 Inspektoren von der Sicherheit und verwiesen mich lung meiner Wahl fand. zunächst dachte ich dran, Selbigen zu verkaufen, was des Saales - obwohl die anderen mit den Streitereien angefangen hatten. Wie aber nach kurzer Überlegung eher weniger als mehr funktionieren würde, da dem auch sei: Ich schaute den Film schließlich einige Monate später auf VHS “Unverkäuflich” draufstand. Also beschloss ich selbst ins Kino zu gehen. Etwa Kassette an und konnte mich vollends auf den Film konzentrieren. 3 Stunden später fand ich mich an der Kasse unseren städtischen Lichtspielhau-

71 ses wieder und hatte eher mehr als weniger Filme zur Auswahl. Ich entschied Der Film / Nachtrag 72 mich für den Film mit dem längsten Titel, da man da aus Erfahrung nicht viel falsch machen kann (Deswegen war vermutlich “Kill Bill” so schlecht): Der Dieser Film ist ein (anscheinend nachgefärbter) Farbfilm und geht 79 Minuten Film hieß “Plan Nine from outer Space” - was soviel bedeutet wie Plan Neun lang. In der Originalfassung wurde er in Schwarz/Weiss gedreht. von ausserhalb des Weltalls. Um die Sachverstände des weiteren Textes zu ver- stehen muss ich kurz beschreiben wie das Lichspielhaus aufgebaut ist: Es gibt Zuerst hatte ich die Handlung etwas durcheinander geworfen - aber aus dem einmal einen Sitzbezirk Namens “Parketts” - dieser befindet sich unterhalb der Grund, dass es schon etwas länger her ist, dass ich den Film gesehen hatte bitte Leinwand und geht in der waagrechten bis zum Ende des Lichtspielsaals. Ein ich um Nachsicht. Die Handlung: Ausserirdische wollen die allseitsbeliebte Erde weitere Sitzbezirk nennt sich “Loge” und befindet sich überhalb der anderen erobern. Nachdem allem Anschein nach, 8 Pläne die Weltherrschaft zu über- und geht etwa durch die Hälfte des Raumes und verdeckt sozusagen von oben nehmen fehlschlugen, gehen Sie zu einem 9ten Plan über - daher der Titel. Sie gesehen einen Teil des Parkettes. Wie dem auch sei: Ich hatte einen Platz in der wollen mittels Laserkanone Tote Menschen wieder zu den Lebenden zurückzu- ersten Reihe in der Loge, was bedeutet, dass unmittelbar vor mir niemand sitzte holen um auf diese Weise die Erde zu übernehmen. Die beiden Hauptdarsteller , sondern vielmehr etwa 3 Meter unter mir die Vorderreihe war. Am Sitzplatz der Ausserirdischen heissen in dem Film Eros und Tanna - worauf ich aber nicht mit der Nummer LR1Nr13 - was für Loge Reihe 1 Sitzplatz Nummer 13 steht näher eingehen will. - angekommen packte ich meinen Puffmais (Popcorn) und meine Kolagetränk (Coca Cola) aus. Kurz nachdem der Film begonnen hatte, musste ich feststel- len, dass in der Reihe vor mir (also direkt 1 Reihe vor mir 3 Meter tiefer) eine Meinung Gruppe von Halbwüchsigen saß, die sich eher flegelhaft verhielten als sittlich. Auch nach mehrmaligen zurufen von mir, dass sie sich ruhig zu verhalten zu Mir selbst hat der Film sehr gut gefallen. Die Spezialeffekte waren zum Teil hätten, wurde es nicht stiller. Nachdem ich ihnen schließlich erzürnt schlimme äußerst proffesionell gemacht. Auch die Tatsache, dass einer der Hauptdarsteller Beleidigungen zurief konnte ich nur knapp einer Salve Erdnüsse ihrerseits aus- während der Dreharbeiten starb und der Film trotz eines Doppelgängers fertig weichen, indem ich mich hinter meiner Maximalen Puffmaistüte verschanzte. gefilmt wurde, zeugt für das können dieses Regiesseurs. Jedoch ist mir zu Ohren Wie Sie wissen, bin ich ein ruhiger ausglichener Mensch - jedoch war in diesem gekommen, dass dieser Film angeblich in den Augen vielen Erdenmenschen als Moment das sprichwörtliche Fass - oder vielmehr der Becher - übergelaufen. “schlecht” empfunden wird. Da dies jedoch nur im Auge des Betrachters liegt, Ich Wartete etwa 2 Minuten um den Überraschungseffekt auf meiner Seite zu bitte ich trotzdem um eine faire Bewertung meines Testprotokolls, auch wenn haben. Schließlich schüttete ich etwa die Hälfte meines 0,4 Liter Kolagetränkes Ihnen der Film nicht zugesagt hat.

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WAR PHOTOGRAPHER // SCHWEIZ 2001. Regie: Christian Frei

S: James Nachtwey; Christiane Amanpour; Hans-Hermann Klare; Christiane Breustedt; Des Wright; Denis O’Neill u. a.

96 Minuten // Farbe // Sprache: English und Deutsch mit deutschen Untertiteln

73 James Nachtwey: In a way, if 74 and individual assumes the risk of placing in the middle of a

19.00 INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE war to communicate to the rest WÜNSCHMANNSHOF RAUM 15 of the world what’s happen- WAR PHOTOGRAPHER ing, he’s trying to negotiate for peace. Perhaps that’s the rea- son for those in charge of per- petuating the war do not like to have photographers around.

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James Nachtwey ist der berühmteste Kriegs- den Nahost-Konflikt im Libanon, in Isra- Als bedeutenster Kriegsfotograf fotograf unserer Zeit. Seit fast 20 Jahren fo- el und den besetzten Gebieten porträtiert, tografiert er in Krisengebieten dieser Welt hat sich auf den Kriegsschauplätzen Afrikas - Afghanistan und Bosnien, Ruanda und El aufgehalten. Viele Monate verbrachte er Salvador, Nordirland und Kurdistan, Soma- in Südafrika, um das Ende der Apartheid lia und Südafrika. Dabei entstanden Doku- zu dokumentieren. Immer wieder zog es der letzten Jahrzehnte ist James mente dessen, wozu Menschen auch am ihn zu den Konflikten auf dem Gebiet der Ende des zwanzigsten Jahrhunderts noch ehemaligen Sowjetunion, nach Bosnien, fähig sind: Bilder von apokalyptischem Lei- Rumänien,Tschetschenien. Bei verschiede- den, archaischem Hass, kollektivem Blut- nen Besuchen in Afghanistan entstand 1996 Nachtwey stets an den Krisenher- rausch. James Nachtwey wurde 1948 im eine große Bilddokumentation des dortigen US- Bundesstaat Massachusetts geboren. Er Krieges. “Was ich festhalte”, sagt Nachtwey, 75 besuchte Dartmouth College, eine der an- “wird Teil des ewigen Archivs unseres kol- 76 gesehensten Hochschulen der USA. Dort lektiven Gedächtnisses sein. Und ich weiß, den dieser Welt zu finden, da, wo studierte er Kunstgeschichte und Politik- dass Fotos Verantwortliche zum Handeln wissenschaften und beschloss, Fotograf zu zwingen können. Ohne die Bilder von Bür- werden. Nach dem Ende seines Studiums gerkrieg und Hunger in Somalia wäre nie- jobbte Nachtwey zunächst auf Handels- mand dort eingeschritten. Ohne die Fotos von Menschen ausgelöste Kata- schiffen und als Lastwagenfahrer, dann als aus Bosnien wäre der Krieg vielleicht noch Assistent eines Nachrichten-Redakteurs bei immer nicht beendet.” Von 1986 bis 2001 ist der US-Fernseh-Gesellschaft NBC in New James Nachtwey Mitglied der Foto-Agentur York. 1976 begann er als Lokalfotograf in »Magnum«. Sein Werk ist vielfach ausge- strophen stattfinden. Kosovo, Pa- Neu Mexiko zu arbeiten, ab 1980 als freier stellt und ausgezeichnet worden. So erhielt Fotograf in New York. 1981 fuhr Nachtwey Nachtwey bisher zweimal den World Press nach Nordirland, um die Unruhen vor al- Preis, fünfmal die Robert Capa Medaille, lem in Belfast festzuhalten. Das wurde der dreimal den » bei Amazon Infinity Award lästina, Ruanda, Afghanistan. Mit Beginn seiner internationalen Karriere als des International Center of Photography in Fotograf sozialer und vor allem kriegeri- New York. Nachtwey war sechsmal Magazin- scher Konflikte. Seither hat er in den acht- Fotograf des Jahres in den USA und erhielt ziger Jahren vor allem in den lateinameri- das Eugene-Smith-Gedächtnis-Stipendium. seinen dort entstanden Fotos will kanischen Bürgerkriegen fotografiert, hat

Christian Frei er aufrütteln und aufklären - oft ge- Geboren 1959 in Schönenwerd (SO). Studium der Optischen Medien am Institut für Jour- nalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Fribourg. Seit 1984 freischaf- fender Filmemacher und Produzent. Zahlreiche Auftragsfilme, interaktive Lernprogramme sowie Kurzspielfilme zu Ausbildungszwecken. Dokumentarfilme für Schweizer Fernse- hen DRS “DOK”. Der Kino-Dokumentarfilm “Ricardo, Miriam y Fidel” wurde an über gen unerwartete Widerstände. dreissig internationalen Filmfestivals gezeigt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

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Abtasten in Finsternis als neben Bildern, die von der mörderischen Realität unseres Planeten erzählen. Diese Aussage macht fast soviel Angst wie die zitternden Bilder aus Krieg und Schweizer Dokumentarfilmer begleitet den Kriegsfotografen James Nachtwey Zerstörung.

Alles kaputt. Häuser, Autos: Kaputt. Stromleitungen, Strassen: Kaputt. Men- Der Film stellt Fragen: Kann Photojournalismus etwas zum Guten hin be- schen: Tot oder zerstört. Der Boden dampft noch. Krieg. Ist gerade vorbei. wirken, wenn er so intensiv ist wie der von Nachtwey? Nachtwey glaubt: Ja. Oder nicht? Hohes Surren japanischer Servomotoren. Ein Mann fotografiert. Stumpft Nachtwey ab, angesichts all dieses Elends? Antwort von sich selbst Im Hintergrund: Eine Moschee. Das Kosovo im Juni 1999. und allen seinen Bekannten: Nein, was alle Beteiligten, inklusive Nachtwey selbst, ehrlich zu überraschen scheint. Profitiert man als Kriegsberichterstatter War Photographer des schweizerischen Produzenten und Dokumentarfilmers nicht vom Elend der Hungernden und Ausgebombten? Nachtwey sieht diese Christian Frei ist ein Film, den man vor nicht allzulanger Zeit noch nicht so Gefahr, andererseits habe er seit über 20 Jahren konsequent darauf hingearbei- 77 hätte machen können. Frei hat dem Magnum-Kriegsfotografen James Nacht- tet, Kriegsfotograf zu werden, um das Leiden der betroffenen Menschen einer 78 wey eine von Zürcher Tüftlern konstruierte Microcam auf die Spiegelreflex möglichst breiten Öffentlichkeit in den Industrienationen möglichst deutlich montiert. Somit sehen die Zuschauer von Freis Film das Grauen der Welt aus zu zeigen. Es gelingt ihm. Nachtwey spricht ruhig und präzise. Im Labor gibt Nachtweys Blickwinkel. Manchmal ist die Microcam umgedreht und man sieht er genaue Anweisungen. Auf dem Schlachtfeld rennt er neben jungen Palästi- Nachtweys Gesicht, während er fotografiert. nensern gegen israelische Truppen an, die man nie zu sehen bekommt. Tränen- gasgranaten fliegen. Nachtwey kauert sich hustend in ein dreckiges Eck in Ra- Das nervend hochfrequente Sirren des Filmtransports von Nachtweys Kamera mallah. Einer seiner Freunde äußert die dunkle Vermutung, dass Nachtwey den ist die Begleitmusik zur Selbstzersörung ganzer Völkerscharen, das Klicken von Adrenalinkick braucht, um sich selbst zu spüren. Wenn dem so ist, dann hat Verschluss und Spiegel das asynchrone Metronom zum aussetzenden Herz- der Photograph für diese Sucht wenigstens ein produktives Ventil gefunden. schlag der menschlichen Zivilisation. Von Nachtwey stammt dieses Foto eines von mehreren Machetenhieben verstümmelten Kopfes aus dem Bürgerkrieg “Seine Jeans hatten Bügelfalten”, stellt ein Kollege fest, der aus dem Off einen zwischen Hutu und Tutsi. Nachtwey ist eine still funktionierende Sonde, vom Streifen kommentiert, der Nachtwey und andere Pressefotografen bei gewalttä- Mediensystem auf die der Sonnenseite des Kapitalismus abgewandten Seite des tigen Unruhen in Südafrika zeigt. Der Fotoreporter neben ihm wird angeschos- Planeten geschickt, die hart schwarzweiße Bilder von dort an die klimatisierten sen und wird kurz darauf sterben. Man sieht Nachtwey, wie er seinem Kollegen Bodenstationen sendet. hilft, seinen Oberkörper aufstützt. Außenrum tobt der Wahnsinn. Nachtweys auch unter widrigsten Umständen stets außerordentlich gepflegte Erscheinung Der Film zeigt Nachtwey bei der Arbeit und in seiner New Yorker Wohnung. sticht stets aus der Verkommenheit der Schaupätze hervor. Bei der Arbeit, das heißt, die Kamera folgt ihm in das Kosovo (1999), nach Jakarta (1999) nach Ramallah (2000) und in die Schwefelmine von Kawah Er rast auf dem Rücksitz eines Motorroller-Taxis durch Jakarta, sein Spürsinn Ijen (Indonesien, 1999). Dazu kommen Interviews mit Nachtweys Freunden ruft ihn zu Schauplätzen, von denen alle anderen, die Kollegen seiner Zunft und Kollegen wie CNN-Chefreporterin Christiane Amanpour und Blicke in inklusive, eher davonrennen würden. Ein Kameramann von Reuters erzählt, die Redaktion des Stern, wo ein Artikel mit Fotos von Nachtwey vorbereitet wie ein indonesischer Lynchmob nach einem Attentat vier willkürlich heraus- wird. Drei Redakteure stehen vor einer Fotowand mit Nachtwey-Bildern aus gegriffene Ambonesen durch die Strassen Jakartas jagte und einen nach dem dem Kosovo. Man überlegt, probiert, ordnet. “Das ist schön”, sagt einer der anderen tötete. Nachtwey mittendrin. Er habe die Menge auf Knien angefleht, Redakteure. Nachtwey wird später im Interview sagen, dass immer weniger die Menschen leben zu lassen. Keine Chance. Nachtwey konnte nur noch die Zeitschriften dazu bereit seien, Fotos wie die seinen zu drucken, weil die An- Morde dokumentieren. zeigenkunden ihre Werbeseiten lieber neben Fashion-Strecken platziert sähen

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Helfen oder fotografieren? Nachtweys Antwort: Wenn ich der einzige bin, der aus der Hamburger U-Bahn aus, gehen in das ultrasaubere Gruner-und-Jahr- helfen kann, dann werde ich es tun. Er sehe seine primäre Aufgabe aber in der Gebäude, wo heute schon die Horrorschlagzeilen von morgen komponiert wer- Dokumentation der Ereignisse, sei aber auch selbst durch seine Anwesenheit den. und sein Fotografieren Teil der Ereignisse. Hier, also auf der reflektiven Ebene, zeigt sich eine der beiden Schwächen des Der Film ist voll von intelligenten visuellen Ideen. Auch die Schnitte von der Films. Nie wird die Frage aufgeworfen, inwieweit versierte Konfliktparteien die Kamera-Kamera auf die fertigen Bilder sind so lakonisch wie brillant. Man hat Arbeit der Berichterstatter und Fotografen für sich instrumentalisieren können einen direkten Vergleich, in welchen Situationen das Schwarzweißfoto besser und inwieweit das auch Nachtwey schon widerfahren ist. Während die Schwe- funktioniert als das bewegt-farbige Videobild und wann es umgekehrt ist. felminenarbeiter oder die von Nachtwey in den Slums von Jakarta fotografier- ten Menschen ganz gewiss über jeden Manipulationsverdacht erhaben sind, ist Nachtwey bewegt sich still durch den Wahnsinn, er jagt im Ghetto einen Film das in hochpolitischen Konflikten wie in Palästina oder auf dem Balkan keines- nach dem anderen durch. Man wundert sich von Sekunde zu Sekunde mehr, 79 wegs so. Ein Pulk von Berichterstattern wird in weiße Bunny-Suits gepackt und dass er vollkommen unbeschadet mit einer Kameraausrüstung, die locker 80 von UNO-Experten an den Schauplatz einer Massenerschießung geführt, man 10.000 Euro wert ist, durch die verkommensten Gegenden der Welt laufen und drängelt sich um die besten Shots, Frau Amanpour holt sich eine Atemschutz- dabei auch noch Menschen fotografieren kann, die von Diebstahl und Verkauf maske, es ist nicht mehr auszuhalten. seines Equipments problemlos einige Monate leben künnten. Auch von dieser Seite lässt sich die Frage stellen, wie lange die von Nachtwey Nachtwey sagt, er könne seine Arbeit nur machen, weil ihm die Menschen, die kultivierte Art der Berichterstattung unter den Bedingungen des bellizistischen er fotografiert, vertrauten. So auch die Einwohner eines von Albanern bewohn- Brutal-Kapitalismus noch funktionieren kann, selbst wenn sie sich mit diesem ten Dorfs im Kosovo. Leichen werden ausgegraben, ein mit einer albanischen gewissermaßen in Symbiose befindet. Er selbst sei durch die Bilder aus dem Flagge drapierter Sarg davongetragen. Hier ätte der Dokumentierende nach- Vietnam-Krieg zur Kriegsberichterstattung gekommen, gibt Nachtwey zu Pro- haken müssen. Die wichtige Frage nach der Reflexiviät der Kriegsberichterstat- tokoll. Allerdings, so fügte er an, seien die für die Kriege Verantwortlichen im- tung wurde nicht gestellt. Ist die von Nachtwey reklamierte Nähe nicht auch mer stärker daran interessiert, dass aus den Kriegsgebieten keine für sie unange- ein Problem, wenn beim Rangehen auch die für die Berichterstattung wertvol- nehmen Bilder mehr an die Öffentlichkeit kommen. len Aspekte der Distanz des Beobachters verloren gehen? Die Qualität der Scans der Realität und deren Konvertierung in die Wirklichkeiten unserer Mediensy- Kein Wunder, dass dieselbe Öffentlichkeit sich mehr für harmlos-debile Film- steme ist von entscheidender Bedeutung für unser politisches Handeln. chen aus dem Umfeld der verantwortlichen Müchtigen interessiert als für das, was diese Lebensformen tagtäglich per Fernbedienung anrichten. “War Photo- Die zweite Schwäche des Films ist an vielen Stellen der Soundtrack. Dieser Film grapher” war für den diesjährigen Dokumentarfilm-Oscar nominiert und das hat unglaublich starke Bilder und Frei hätte auf diese Bilder allein vertrauen zu Recht. Bekommen hat den Oscar dann “Murder on a Sunday Morning” der sollen. Immerhin hat er sich selbst auch mit in Gefahr begeben. Bilder wie die- beiden Franzosen Poncet und de Lestrade, der sich mit dem täglichen Rassis- se brauchen keine Musik, die sagt: “Das ist jetzt dramatisch” oder “Das ist jetzt mus im amerikanischen Justizsystem auseinandersetzt - durchaus ein Beitrag traurig”. Die Kritikpunkte verblassen insgesamt jedoch angesichts der Unmit- der Jury zur Selbstkritik Amerikas. Doch zurück zu “War Photographer”: Die telbarkeit und Kraft des Films als Ganzes. Macher des Films, namentlich Christian Frei und Kameramann Peter Inder- gand, haben gemeinsam mit James Nachtwey ihr Leben für die freie Bericht- Ein wesentlicher Pluspunkt: die Montage. Nachtwey bei den Armsten der Ar- erstattung aufs Spiel gesetzt. Dieser Film ist großartig und für jeden politisch men, die zwischen den Eisenbahnschienen in Jakarta leben. Ein Familienvater, Interessierten ein Muss. dem von der Bahn ein Bein und ein Arm abgefahren wurde. Ein schmutziger Zug fährt kreischend und Funken schlagend vorbei. Schnitt. Menschen steigen Günter Hack, 01.04.2002

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Krieg – Photographie – Gewissen ses Elends, und das ist unmoralisch. Möge Studium zunächst als LKW-Fahrer und Nachtwey ist in gewisser Hinsicht Perfektio- sein Sekt bei der nächsten Vernissage schal auf Handelsschiffen, bevor er Assistent- ei nist. Er hält nicht drauf wie ein Papparazzi, „Mein größtes Problem als Fotograf des werden.“ So einfach ist das bei Journalisten. nes Nachrichtenredakteurs bei NBC in dem es auf den Kick ankommt, auf die Sen- Krieges ist, dass ich vom Elend anderer New York wurde. 1976 begann seine Tä- sation. Er will das Elend, den Hunger und profitieren könnte. Dieser Gedanke verfolgt Annette Weber von der „taz“ stellt sich ne- tigkeit als Fotograf in Mexiko, seit 1980 die Folgen des Krieges so weit wie möglich mich. Ich schlage mich tagtäglich damit ben Stöhr und prustet: Er sei zwar „politisch, ist er freier Fotograf in New York. 1981 in ihrem Ausmaß dokumentieren. Bei einer herum, weil ich weiß, dass ich meine Seele analytisch und höflich. Nachtwey lernt zu- begann Nachtweys Karriere als internatio- Besichtigung seiner Bilder bei einem New verkaufen würde, wenn ich jemals Karrie- mindest die Begrüßung in der jeweilig kriegs- nal renommierter Fotograf mit Aufnahmen Yorker Fotofragen muss dieser mehrmals die re und Geld Herr werden ließe über mein relevanten Landessprache. Er bleibt bei den von den Unruhen in Belfast in Nordirland. Fotos nachbelichten, an verschiedenen Stel- Mitgefühl“ (James Nachtwey) Leuten, die er auf seinen Film bannt, und len, um die Wirkung des Grauens möglichst übergibt sie nicht unbedingt ihrem Schick- Seit dieser Zeit fotografierte Nachtwey auf nah an der Realität zu halten. Nicht Sensa- „Ich weiß nicht, was ihn wirklich antreibt“ sal. Er bringt sich ein und versucht, Leben allen Kriegsschauplätzen der Welt, war in La- tionsgier treibt Nachtwey, nicht irgendetwas 81 (Christiane Amanpour, Chefkorresponden- zu retten. Er ist überzeugt, dass die Un- teinamerika, im Nahen Osten, in Afrika, in Rohes, Ungeschöntes will er darstellen, son- 82 tin CNN) gleichheit der Welt zu all den Kriegen führt Südafrika zur Zeit des Endes der Apartheid, in dern die Menschen in der „ersten Welt“ auf und dass, wenn jeder Mensch einmal im Le- der Sowjetunion und in den Ländern des ehe- das aufmerksam machen, wütend machen, James Nachtwey ist wohl der bekannteste ben einen Krieg aus der Nähe gesehen hätte, maligen Jugoslawien, in Tschetschenien und betroffen machen und zum Protest bringen, und bei den Medien begehrteste Fotograf die Zeit der Kriege vorbei wäre. Doch das in Afghanistan. 1986 bis 2001 war Nacht- was im Rest der Welt passiert. In Indonesien des Krieges und des Elends seit Jahren. Der Schweigen, das Warten, das endlose Wieder- wey Mitglied der Foto- Agentur „Magnum“. macht sich Nachtwey mit einer der vielen Fa- Schweizer Regisseur Christian Frei dokumen- holen, dieser repetitive [das Wort steht nicht milien bekannt, die am Rande von Djakarta tiert in seinem Film die Arbeit und die Person im Duden, soll wohl heißen: wiederholte, d. Etliche Preise, u.a. fünfmal die Robert- in Elendshütten hausen, oft in der Nähe der Nachtweys. Die hiesige Filmkritik antwortet Verf.] Wahnsinn von Anstacheln, Abschlach- Capa-Medaille, dreimal den Infinity Bahnlinie. Dem Vater der Familie wurden, unterschiedlich. Während die „Süddeutsche ten und Betrauern - das stellt auch James Award des International Center of Pho- als er eines Nachts betrunken „nach Hause“ Zeitung“ ihn nicht nur als einen „der mu- Nachtwey nicht dar. [...] Wo bei den Kolle- tography, zeichneten seine Arbeit aus. kam, von einem durchrasenden Zug das lin- tigsten, sondern auch besten Kriegsreporter“ gen die Arroganz, die Selbstüberschätzung, ke Bein und der linke Arm abgerissen. Zur tituliert, der einen klaren Blick behalte und die Menschlichkeit und die schnelle Gereizt- Nachtwey arbeitet instinktiv nach einem Familie gehören seine Frau und vier Kinder. den Respekt vor denen wahre, die er foto- heit dazu führen, dass das, was man erlebt Grundsatz des wohl berühmtesten Kriegs- Nachtwey fotografiert sie ebenso nah und in grafiert, katapultiert sich Markus Stöhr vom im Geschäft des Darstellens des Krieges, photographen des 20. Jahrhunderts, Robert Nähe zu ihnen wie auf andere Art die Men- „Schnitt“ – aus sicherer Entfernung von den auch vor Ort zurückgelassen werden kann, Capa: Wenn das Bild nicht gut ist, dann war schen im Kosovo, etwa wie ein Mann über Konfliktherden der Welt – zum selbst ernann- herrscht bei Nachtwey das perfektionistisch der Photograph nicht nahe genug dran. Der einem Grab kniet, den Kopf gesenkt, betend. ten Moralapostel: „Eine spezielle Mikroka- Abgeschlossene. Dadurch ist er selbst zu ei- Film beginnt mit Aufnahmen aus dem Ko- mera wurde entwickelt und an Nachtweys ner dieser unauffälligen Unerträglichkeiten sovo. Nachtwey fotografiert eine weinende Bei den Intifada-Aufständen in der Westbank Fotoapparat befestigt, um ihn auch noch in der Kriege geworden.“ (Man verzeihe mir das Frau vor den Trümmern ihres Hauses, ist sieht man durch die auf Nachtweys Canon solchen Situationen zu beobachten, die für lange Zitieren.) Glaubt man Nachtweys Kol- eifrig damit beschäftigt, die richtige Belich- aufgebaute Mini-Cam das Geschehen aus die Crew zu gefährlich gewesen wären – eine legen von der Presse, könnte man den Doku- tung zu messen, scheinbar ungerührt von der Perspektive des Fotografen, ebenso im High-Tech-Farce, die den Thrill des unsicht- mentarfilm Freis bereits jetzt ad acta legen. dem und denen, was er aufnimmt. Doch Kosovo an einigen Stellen. Nachtwey sagt, baren Bildes feiert und das Dokumentari- Da ich nicht gläubig bin, lasse ich es bleiben. das täuscht. Die konkrete Arbeit ist begleitet das Schlimmste, was er bei seiner Arbeit je sche in Bereiche treibt, wo es sich gleichsam vom Einverständnis der Menschen, die er fo- gesehen habe, sei der Völkermord in Ruan- wieder fiktionaler Muster bedient“. Der Der 1948 in Massachusetts geborene Ja- tografiert. Er fragt sie, sagt ihnen, was er mit da gewesen. Er spricht leise, bedächtig, zu- Film erkläre Nachtwey „zum Indiana Jones mes Nachtwey, der auf dem Dartmouth seinen Fotos beabsichtigt, bittet sie um Er- rückhaltend. Nachtwey ist kein Mann, der des Weltgewissens. [...] Frei interessiert nur College Kunstgeschichte und Politikwis- laubnis, versucht Nähe zu ihnen herzustellen. selbst gerne im Visier einer Kamera steht. die Visualisierung der Visualisierung die- senschaften studierte, arbeitete nach dem Selbst bei der Vorbereitung der großen Aus-

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stellung seiner Fotos „Testimony“ in New soziale Raum von dem unsrigen. Kriegser- einerseits alles zusammenzuwachsen, zusam- „nur“ fest, was nicht mehr reversibel ist, sind York bleibt er zurückhaltend, bescheiden. fahrung, Elendserfahrung ist nicht mehr un- menzurücken, kleiner, enger, gedrängter, nicht unmittelbarer Ausdruck unmittelba- mittelbar, sondern nur noch vermittelt – vor abhängiger zu werden scheint und auf der rer Erfahrung – außer vielleicht für Nacht- Die Aufnahmen entstanden zwischen allem und fast ausschließlich über gewach- anderen Seite die Trennung der Welten auf- wey –, sondern ferne Zeichen einer uns zu- Mai 1999 und November 2000 im Koso- sene und vernetzte Mediensysteme. Gäbe es recht erhalten bleibt. Wenn Nachtwey seine meist verloren gegangenen Welt des Elends. vo, in Djakarta, in Amallah (Palästina), in diese Medien nicht, würden wir so gut wie Canon – die Mini-Kamera Freis oben drauf Kawah Ijen, einer Schwefelmine in Ost- nichts über diese Konfliktherde erfahren. gesetzt – auf die Zonen des Elends und sei- Darin liegt die Tragik der Arbeit eines Ja- Java sowie in New York und Hamburg. ne Menschen hält, dann scheint dies Voy- mes Nachtwey und zugleich unsere eigene Das war einmal anders. Nicht nur im Mit- eurismus zu sein. Frei macht uns scheinbar Tragik. Wenn ich diese Worte schreibe, wie Es gibt unter den Kriegs-Fotografen sicher- telalter und der frühen Neuzeit, sondern bis zu Voyeuren des Elends. Voyeurismus ist viele werden in der Zeit, in der ich schrei- lich menschliche Monster, die sich für die zum zweiten Weltkrieg war Krieg eine un- die Handlung einer Person, die scheinbar be, an Hunger zugrunde gegangen oder Situation der Menschen, die unter Krieg, mittelbare Erfahrung, wenn auch durchaus unbeteiligt Handlungen anderer beobach- massakriert worden sein? Ich weiß es nicht, 83 Armut und Hunger zu leiden haben, nicht unterschiedlich an verschiedenen Orten. tet, um sich daran zu erfreuen, Neugier zu und meine Raum-Zeit-Perspektive ist eine 84 im geringsten interessieren, die Paparazzi In der Ost-West-Konfrontation nach 1945 befriedigen, Lust zu empfinden, zu glotzen. andere als die derjenigen, die zugrunde ge- des Elends, die nach getaner Arbeit mit den änderte sich daran insofern etwas, als Krieg hen. Das ist das Tragische, Furchtbare, schi- Soldaten trinken und in die selben Bordells jetzt eine permanente Bedrohungserfahrung Der Voyeurismus der „zivilisierten“ Welt an er Unbegreifliche, das durch Bilder, Fotos gehen wie sie. Aber der Film über Nacht- wurde. Selbst in dieser Epoche aber wurden den „unzivilisierten“ Handlungen „anderer“ oder Filme, wie sie Freis Kollege von Reu- wey wirft ganz andere Fragen auf als die des Konflikte von den Großmächten zusehends aber ist ein fahler Schein – mal ganz abgesehen ters, Des Wright, macht, nur punktuell, Voyeurismus und des Verdienens am Elend. regionalisiert, nicht nur in einem geographi- von der Verantwortung, die die Großmächte kurzfristig sichtbar und nur mittelbar er- Diese Fragen stellt sich Nachtwey immer schen und geopolitischen, sondern auch in für einen Gutteil des Elends in der Welt selbst fahrbar wird. Unsere Welt teilt sich in exi- wieder, ständig – als Angehöriger einer Welt, einem mentalen Sinn. Der Regionalisierung tragen. Es ist das von uns getrennte, aus dem stentielle Erfahrungshorizonte, die schein- in der die Formen des Elends, die er fotogra- der Konflikte entsprach in wachsendem Blickfeld geratene Elend, der von uns fein bar nichts mehr miteinander zu tun haben. fiert nicht oder nur am Rande vorkommen. Maße die Aufteilung der Welt in soziale (öko- säuberlich getrennte Tod en masse, den die Aber hinter der konkreten Arbeit Nachtweys nomische, kulturelle, politische) Räume, die Canon in die Zonen des Pseudo-Friedens Mögen die einen aus der sicheren Warte ih- spannt sich ein Bogen, der weit zurückgeht. zugleich eine Abschottung der Nicht-Kriegs- trägt. Damit verdient Nachtwey Geld. Und rer moralischen Besserwisserei einen James Welt gegen die Kriegs-Welt mit sich brachte. es ist simpel und hohl, ihm dies zum Vor- Nachtwey, der auf fast alle persönlichen An- Die Kriege von heute, das Elend in Indonesi- Der Sezierung dieser Räume entsprach eine wurf zu machen. Denn er postuliert nicht nehmlichkeiten, auf Familie, Ehe, Kinder, en, der Hunger in Äthiopien und die Slums mental und lebenspraktisch scharfe Tren- nur, dass er mit seinen Bildern den Schrec- Geborgenheit und einiges mehr verzichtet in Rio de Janeiro sind besonders für die nor- nung beider Welten. Wir hier schauen aus ken, den Horror, das furchtbare Ausmaß von hat (was er nicht hätte müssen), verurteilen, damerikanischen und europäischen Län- der scheinbar sicheren Perspektive der Nicht- Völkermord, Krieg, Folter, Massakern und einen Mann, der sich immer wieder in ei- der fremde Welten. Die Konflikte der Welt Kriegs-Welt über Medien in die andere Welt. anderem Elend wieder zu uns zurücktragen gene Lebensgefahr begibt und der nicht der spielen sich in einer geteilten Raum-Zeit will, damit sich etwas ändert. Genau dies tut erste wäre, der während seiner Arbeit um- ab, nicht vor allem in einem physikalischen Wenn der 11. September 2001 jedenfalls ei- er. Und Frei dokumentiert die Dokumen- kommt. Wer mag schon beurteilen, was ihn Sinn von Raum und Zeit, sondern vor al- nes zutage gefördert hat, dann ist es die Pseu- tation des dokumentarisch Notwendigen, dazu treibt, das Elend nicht einfach Elend lem in einem sozialen Sinn. Nach dem Ende dosicherheit dieser Situation. Es gibt keinen Mindesten. Fotos sind Ausschnitte der Rea- sein zu lassen. Darin sehe ich die Bedeutung des Kalten Krieges haben sich endgültig in Konflikt auf der Welt, der nicht mit dem lität, subjektive Schnitte, die nur Momente dieses Fotografen. Kriegsfotograf? Eher eine einer – so paradox das klingen mag – zusam- Rest der Welt zu tun hätte, aber es scheint festhalten, die der Fotograf für wichtig und Art Versuch, Gewissen zu sein und zu haben. mengerückten Welt getrennte Erfahrungs- so. An der Schnittstelle beider sozialer Räu- notwendig hält. Auch Fotos können nur horizonte, Lebensräume und Zeitperspekti- me stehen Menschen wie James Nachtwey. mittelbar künden, Fotos von erbärmlich ab- Ulrich Behrens ven entwickelt. So nahe Ex-Jugoslawien uns In seiner Arbeit konzentriert und persona- gemagerten Hungernden, von niedergemet- geographisch ist, so weit entfernt ist dieser lisiert sich die Paradoxie einer Welt, in der zelten, zerschnittenen Leibern. Sie halten Dieser Text ist zuerst erschienen bei: follow me now

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RIVERS AND TIDES // DEUTSCHLAND, FINN- LAND, ENGLAND 2001. Regie: Thomas Riedelsheimer; Musik: Fred Frith

S: Andy Goldsworthy u. a.

90 Minuten // Farbe // Sprache: English mit deutschen Untertiteln

85 Der Moment, wenn etwas zusam- 86 menbricht, ist unglaublich ent- täuschend. (Der Steinkegel) ist jetzt zum vierten Mal eingestürzt. Und jedes Mal habe ich den Stein etwas bess-

19.00 er kennen ge-lernt, jedes Mal wurde INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE WÜNSCHMANNSHOF der Kegel ein Stück höher. Er wuchs RAUM 15 im Verhältnis zu meinem Verständnis RIVERS AND TIDES des Steins. Das ist wirklich eines der Dinge, um die es in meiner Kunst geht – sie versucht den Stein zu begrei- fen. Offenbar begreife ich ihn nicht gut genug... noch nicht

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 Thomas Riedelsheimer wagte sich ten hat - Wasser, Bäume, Blumen, an ein langwieriges Projekt, als Steine, Schafswolle -, und gestal- Wie etwas konstruiert er beschloss, die Entstehung und tet daraus Kreise, kernförmige die Auflösung von Andy Golds- Plastiken oder Wellenlinien, die worthys Naturinstallationen mit er auf selbstgeschossenen Fotos wird, wie es sich auflöst der Kamera zu begleiten. Nach festhält. Die Sammelbände mit anfänglichen Schwierigkeiten den Abbildungen seiner Arbeiten scheint die außergewöhnliche gehören zu den bestverkauften und zerfällt. In vier Län- Zusammenarbeit erstaunlich Kunstbüchern der Welt. gut funktioniert zu haben. Das 87 Ergebnis zeugt nicht nur von Dass Flut, Sonne und Wind den 88 der Einmaligkeit der Schöpfun- Bemühungen oft tagelanger Ar- dern, zu vier Jahreszeiten gen Goldsworthys sondern auch beit im Nu den Garaus machen, von Riedelsheimers Kunst, ihre ist laut Goldsworthy ‘das Schön- Schönheit eindrucksvoll aber un- ste, was mir und ihnen passieren hat Thomas Riedelshei- aufdringlich in bewegende Bilder kann’. Riedelsheimer gelingt es, einzufangen. Über vier Jahres- Bilder zu zeigen, die dem An- zeiten hinweg begleitete Riedels- spruch des Künstlers genauso mer Andy Goldsworthy heimer mit seinem kleinen Team gerecht werden wie der Neugier und einem Spezialequipment den des Publikums. Dabei gestaltet rastlosen Briten, dessen Hände er das Portrüt eines glücklichen zwar stets ruhig scheinen, dessen Menschen, der auf dem Weg zu- mit der Kamera beob- strubbelige Haare, etwas misstrau- rück zur Natur sich selbst fand isch bohrender Blick und ständi- und dessen Arbeit für ihn Spaß, ges Nachgrübeln doch eine hohe Herausforderung und Erfolg in achtet ... Rivers and Ti- Anspannung bei der Arbeit ver- jeder Hinsicht bedeutet. Riedels- raten. Der in Schottland lebende heimers empfindsame Kameraar- Engländer nimmt keine Rück- beit (belohnt mit dem Deutschen des ist ein kleines Ge- sicht auf sich selbst, wenn es um Kamerapreis 2001), die ausgegli- die Perfektion seiner kurzlebigen chene Komposition seines Filmes Skulpturen aus Eiszapfen oder und die empathische Musik Fred Kompositionen aus Bättern und Friths machen ‘Rivers and Tides’ schenk in der Bilderflut. Dornen geht. Er verwendet alles zu einem seltenen ästhetischen erdenkliche, was die Natur zu bie- Kinoerlebnis. csz.

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Andy Goldsworthy ist weltweit bekannt durch seine faszinierenden geduldige, manchmal vergebliche Warten wurde zum natürlichen Arbeiten mit Naturmaterialien. Eis, Steine, Blätter, Zweige, Was- Bestandteil der Dreharbeiten – wie bei jenem Steinkegel an der ka- ser – Goldsworthy arbeitet mit dem, was er vorfindet, und zumeist nadischen Küste, der während seiner Errichtung fünfmal einbrach, dort, wo er es vorfindet. Einige seiner Arbeiten bleiben in der Land- dann drei Fluten unbeschadet überstand und schließlich unbeob- schaft bestehen, andere vergehen, schmelzen, werden vom Wind achtet bei Ebbe einstürzte. verweht. Allein Goldsworthys Fotografien halten seine kurzlebigen Arbeiten in der Vergänglichkeit der Zeit fest, eine Faszination der Mitte der 90er Jahre stieß Thomas Riedelsheimer zufällig auf einen

89 besonderen Art – seine Fotobände sind die erfolgreichsten Kunst- Artikel über Andy Goldsworthy, in dem dieser mit dem Satz zitiert 90 bücher der letzten Jahre in Deutschland. wurde: ‘Ich möchte den Stein verstehen.’ Riedelsheimers Interesse Thomas Riedelsheimer konnte als erster Filmemacher Andy Golds- war geweckt. „Es sind verschiedene Dinge, die mich an Goldswor- worthy über einen längeren Zeitraum bei seiner Arbeit beobachten. thy faszinieren: die Besessenheit, mit der er seine Arbeit betreibt, Mehr als ein Jahr und über die vier Jahreszeiten begleitete er ihn diese unglaubliche Energie. Ebenso das Wissen und die Erfahrung, nach Kanada, in die USA, nach Frankreich und Schottland, dem die er über die Jahre gesammelt hat, das Wissen vom Licht, dem Wohnort Goldsorthys, in dem der Künstler und sein Werk tief ver- Wetter, dem Boden, dem Stein, über die Dinge, die nicht sofort wurzelt sind. Riedelsheimer dokumentiert das Unvorhersehbare, oder nie offensichtlich sind. Schließlich die fast meditative, hoch- das Überraschende, das permanente Risiko, das in Goldsworthys konzentrierte Ruhe, die er beim Arbeiten hat, und der Druck, der Arbeit steckt; das nie vergebliche Scheitern und den Neubeginn, die Zeitdruck, dem er sich dabei aussetzt.“ leidenschaftliche Geduld und den unbändigen Willen zu verstehen. Der Konzeption von Rivers and Tides lag die Idee von Zeit als zir- Es kam Thomas Riedelsheimer darauf an, den oft langwierigen Pro- kularer und gleichzeitig linearer Erfahrung zugrunde. Wie sich dies zess des Entstehens und Vergehens von Goldsworthys Kunstwerken in Bilder umsetzen ließ, war zu Beginn der Dreharbeiten im Herbst zu dokumentieren. Da Goldsworthy seine Arbeit nicht für die Ka- 1998 relativ offen. „Im Prinzip war es eine spannende Entdec- mera wiederholt, sah sich die Produktion mit der Notwendigkeit ei- kungsfahrt. In Kanada wußten wir z.B. überhaupt nicht, was wir nes großen Drehverhältnisses konfrontiert. Dennoch wurde Rivers drehen würden. Wir wußten nur, daß es um Zeit geht, um Flüs- and Tides auf Film realisiert – für Riedelsheimer ein Versuch, durch sigkeit, um Gegensätze, um Verbindungen. Wir begleiteten Golds- die Stofflichkeit des Materials und das Risiko analoger Filmauf- worthy am ersten Tag bei seiner Erkundung. Als ich ihn dann bei nahmen der Welt von Andy Goldsworthy gerecht zu werden. Das

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laufender Kamera fragte: Was machst du jetzt? antwortete er ziem- Andy Goldsworthy Geboren 1956 in Cheshire, England, Kindheit in Yorkshire. 1974-75 Studium am Brad- lich genervt: ‘I am trying to think!’ und wandte sich ab.“ Zwischen ford College Of Art, von 1975-78 am Preston Polytechnic. 1985 zog Andy Goldsworthy Filmteam und Goldsworthy entwickelte sich dennoch bald ein gro- nach Dunfriesshire und Penpont in Schottland, wo er bis heute mit seiner Familie lebt. ßes Vertrauen. „Mit ein Grund, warum es so schnell sehr gut wur- Seit Ende der 70er Jahre beschäftigt sich Andy Goldsworthy mit dem Arbeiten in der Natur und mit Naturmaterialien und gilt seitem als herausragender Vertreter der Land- de, lag vielleicht darin, daß wir das erste Filmteam waren, das ihm Art. Er realisierte Arbeiten rund um die Welt, u.a. in Schottland, USA, Frankreich, in aktiv geholfen hat. Das hat ihm sehr imponiert. Er betonte, daß er Japan, am Nordpol und in Australien. Seine meist vergänglichen, oft kurzlebigen Arbeiten noch nie einen Filmemacher so nah an sich und seine Kunst heran dokumentiert Goldsworthy mit der Hasselblad-Kamera. Weniger durch Ausstellungen als durch seine Kunstbücher ist er zu einem Star der internationalen Kunstszene geworden. In 91 gelassen hat wie mich.“ Deutschland sind seine Bücher die erfolgreichsten Kunstbände der letzten Jahre. 92 Riedelsheimer wollte die Veränderung der Kunstwerke, die Unbere-

chenbarkeit, die Zeitläufe dokumentieren. Das geduldige, manch- Thomas Riedelsheimer mal vergebliche Warten wurde zum natürlichen Bestandteil der Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Seit 1986 ist Thomas Dreharbeiten. So brach der Steinkegel an der kanadischen Küste Riedelsheimer freiberuflich als Filmemacher, Kameramann und Cutter im In- und Aus- land tätig. Zu seinen eigenen Filmen zählen Borderline (1986/87), Dann werden sie schon während des Bauen fünfmal ein, überlebte drei Fluten unbeschadet schießen (1988/89), Sponsae Christi – Die Bräute Christi (1992), Bildschirmherrschaft und stürzte schließlich unbeobachtet bei Ebbe zusammen. Gedreht (1993), Schweben heisst Lieben (1994), Lhasa und der Geist Tibets (1996/97), Metamor- wurde in einem kleinen Team aus Kameraassistenz, Ton, Aufnah- phosen (1997). Für Sponsae Christi wurde Riedelsheimer mit dem Adolf-Grimme-Preis in Gold ausgezeichnet. Zu seinen weiteren Auszeichnungen gehören der Deutsche Video- meleiter und Riedelsheimer als Regisseur und Kameramann. kunstpreis (Kamera) 1993 und der Filmförderpreis der Stadt München 1998. Rivers and Die Drehzeiten waren großzügig ausgelegt, komplizierte Einstellun- Tides erhielt den Deutschen Kamerapreis 2001. gen – wie eine lange Kreisfahrt im Fluß – konnten in relativer Ruhe realisiert werden. Für die oft aufwendigen Dreharbeiten fernab je- Fred Frith der Straße und Behausung war eine speziell angepasste Ausrüstung “Nach mehr als 20 Jahren mit Aufnahmen und Performances ist Fred Frith so etwas wie die Ikone der Avantgarde Music geworden“ schrieb Die Zeit 1991. Der Multiinstrumenta- notwendig – u.a. ein von Riedelsheimer modifizierter Kamerakran list arbeitete, neben zahlreichen Soloprojekten, u.a. mit John Zorn, Brian Eno, The Resi- und ein selbst entworfener zusammenlegbarer Schienenwagen mit dents, Tom Cora, Bill Laswell, Robert Wyatt und Heiner Goebbels. In den letzten Jahren Aluschienen. Gedreht wurde im Storm King Park in den USA (ab komponierte er zunehmend für Theater, Tanz und Film. Zu seinen Filmarbeiten zählen L’amour, l’argent, l’amour (2000, Philip Gröning), Tango Lesson (1997, Sally Potter); Herbst 1998 über die vier Jahreszeiten), in Nova Scotia in Kanada Middle of the Moment (1995, Humbert/Penzel), Orlando (1992, Sally Potter), Ostkreuz (Winter 1999), Schottland (drei Drehphasen: Frühjahr, Sommer (1991, Regie: Michael Klier). Nicolas Humbert und Werner Penzel porträtierten Fred und Herbst 1999) und im südfranzösischen Digne Frith 1990 in dem vielfach preisgekrönten Dokumentarfilm Step Across the Border.

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 VIDEO- UND FILMREIHE WS 2006/07 amazon.de/11-September-letzten-Stunden-Center/dp/rentals/B00006JKUR LITERATUR br-online.de/kultur-szene/thema/11_september/ KONKRET steiger, Michael: „In diesem Spiel gewinnt immer der Entschlossenste.“Bilder des Terrors im Hollywood-Kino Monsoon Wedding // filmzentrale.com/rezis/monsoonwedding.htm SNOW wHITE AND THE SEVEN DWARFS // amazon.de/Schneewittchen-sieben-Zwerge-Walt-Disney...qid=1161179691/ref=sr_1_24/303- MIRABAIFILMS.COM 7474844-4012202?ie=UTF8&s=dvd MONSOONWEDDING.INDIATIMES.COM DISNEY.GO.COM/PRINCESS Akira // Smed-Puknatis, gudrun: Disneys Schneewittchen und die sieben Zwerge. Egmont Schneider. münchen 1999. carlsencomics.de/cc/show.php3?id=90&nodeid=90&grid=126&proid=gr&katid=sA- =gr tvspielfilm.de/filmlexikon/?type=filmdetail&film_id=332934 Night Of The Living Dead // WWF vs. JING WU MEN // allgaier, joachim: Beschleunigte Untote: Über das Auftreten lebender Toter im Film und die 93 Transitionen eines Genres.online: cinetext.philo.at/magazine/allgaier/untote.html 94 morgan, jasper p.: Die Knochenbrecher mit der Todeskralle : Bruce Lee und der “Drunken dotd.de/notld/inhalt.htm Master” - Legenden des Eastern-Films. MPW. hlle 2003. filmstarts.de/kritiken/Die%20Nacht%20der%20lebenden%20Toten.html moser, leo: Eastern Lexikon : Chow Yun Fat, Bruce Lee, Jet Li, Jackie Chan & Co. - das Lexikon filmszene.de/gold/nacht.html des asiatischen Actionfilms. Lexikon-Imprint-Verlag. berlin 2001. filmzentrale.com/rezis/nightofthelivingdead.htm pflüger, albrecht: Bruce Lees Jeet-kune-do. falken. Niedernhausen/Ts. 1998. kompletter film bei: video.google.com/ (danach suchen) - alternativ auch bei archive.org Wer tötete Bruce Lee? : [sein Leben, seine Karriere, Hollywood, seine Familie, Jeet Kune Do, Philosophie, seine Freunde]. Sensei. kernen 1997. Plan 9 From Outer Space // C’est arrivÉ́ prÈ̀s de chez vous // badmovies.de/content/review100.html Baldwin, john: The Alien in Science Fiction Cinema.online: dvdcult.com/rev_Plan9.htm film- filmzentrale.com/rezis/mannbeissthundbb.htm philosophy.com/vol7-2003/n20baldwin hochschulfilmclub.de/sites/cms/movie_db.pl/film/1018270301.html baldymod.de/content/modules/news/article.php?storyid=1327 RashÔmon // Marmysz, john: The Cutting Edge Between Trash Cinema and High Art. online: film-philosophy. com/vol6-2002/n8marmysz Akutagawa, Ryunosuke: Rashomon : ausgewählte Kurzprosa. Volk und Welt. berlin 1991. raum.net/filmtipps/plan_9_from_outer_space.shtml castle, robert: The Radical Capability of Rashomon. online: film-philosophy.com/vol7-2003/ video.google.de/videoplay?docid=-7038656109656489183&q=plan+9 n33castle kompletter film bei: archive.org filmzentrale.com/rezis/rashomon.htm glaubitz, nicola: Akira Kurosawa und seine Zeit. Transcript. bielefeld 2005. reichmann, hans-peter: Akira Kurosawa : [zur Ausstellung Akira Kurosawa (1. Oktober 2003 War Photographer // filmtext.com/start.jsp?mode=2&lett=w&archiv=432 - 4. Januar 2004)]. Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main. 2003. jamesnachtwey.com giessen, rolf: Lexikon des Trick- und Animationsfilms. Schwarzkopf und Schwarzkopf. berlin moviemaze.de/filme/577/war-photographer.html 2003. war-photographer.com/de/ Hundstage // filmladen.at/t6782hun.htm RIVERS AND TIDES // amazon.de/Rivers-Tides-Goldsworthy-Working-Time/d.../qid=1161179580/ref=sr_1_2/303-7474844- filmzentrale.com/rezis/hundstagegs.htm 4012202?ie=UTF8&s=dvd 9/11 // filmtagebuch.blogger.de/stories/31647/

FILMCLUB WS 2006/07 FILMCLUB WS 2006/07 VIDEO- UND FILMREIHE WS 2006/07 PHILOSOPHY AND FILM. hrsg. von FREELAND, CYNTHIA UND WARTENBERG, THOMAS. ROUTLEDGE. LONDON 1995. LITERATUR Vogel, Amos: Film als Subversive kunst. hannibal verlag, St. Andre-wördern 1997. ALLGEMEIN lexika und kompendien

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