4 DER TAGESSPIEGEL Die SONNTAGSfrage NR. 21 072 / SONNTAG, 21. AUGUST 2011 5

GRÜN-BEWEGT DER EHEMANN DER BETRUNKENE DIE KOHLROULADE Recht und Links. Hochzeit am 22.2. Ein Knacks im Wahlkampf. Eine Menschwerdung. Nach ihrem Jura-Studium an der TU tritt Kü- Das hat selbst viele ihrer Wegge- Ausgerechnet nach dem Künast, heißt es, liege mit ihrer RUHRPOTT nast 1979 in die Alternative Liste (AL) ein. fährten überrascht: Im Juli gibt DAS VORBILD Hoffest des Regierenden rauen Art spontaner Sympathien- Die ungeliebte Heimat. 1985 wird sie ins Berliner Abgeordneten- MINISTERIN Renate Künast bekannt, bereits Erster grüner Landeschef. Bürgermeisters Klaus Wo- fang im Straßenwahlkampf nicht. Renate Künast ist haus gewählt – ab jetzt geht es mit ihrer Par- Zurück in den Knast? am Schnapszahl-Tag 22.2. ihren Als Typen sind sie grundverschieden – wereit lässt sich Künasts Doch am 6. August bietet ihr eine keine Berlinerin, sondern teikarriere steil bergauf. Regelmäßig ist sie 2001 wird Künast Verbraucherschutzmi- langjährigen Freund Rüdiger Por- und doch eifert Künast ihrem Partei- Wahlkampfchef André Ste- 90-jährige Dame in Kreuzberg eine ein Kind des Ruhrgebiets. jetzt in der Bundeshauptstadt Bonn (wie auf nisterin – und macht sich mit ihrem for- tius geheiratet zu haben. freund Winfried Kretschmann in einem phan betrunken von der Poli- selbst gemachte Kohlroulade an. 1955 kommt sie in Recklinghausen dem Foto von 1987 bei einer Diskussion schen Auftreten gegen die Agrarlobby Mit Portius, dem Chef der Berli- nach: Wie er möchte sie unbedingt an der zei festnehmen – im Auto Ist das ein Durchbruch? als eines von vier Kindern zur Welt, mit ), bei den rot-grünen Koaliti- Feinde. In Anspielung auf ihren ersten ner Strafverteidigervereinigung, Spitze einer grün-geführten Regierung vor einer Ampel. Für den Kü- Und wer wickelt hier wen ein? ihr Vater war Kfz-Mechaniker, ihre onsverhandlungen in 1989 spielt sie Job als Sozialarbeiterin in der JVA Tegel teilte sich Künast früher eine stehen. Am Freitag gab Kretschmann ihr nast-Wahlkampf ein schlech- Mutter arbeitete als Hilfsschwester eine Schlüsselrolle. Im Juni 2000 wählt sie fordern Bauern 2001 ihren Rücktritt, Kanzlei. Der Berliner Grünen- in Berlin offiziell Schützenhilfe – doch sie tes Omen, Stephan wird so- Stationen aus dem im Krankenhaus.Heimisch fühlt sie der Bundesparteitag mit 82,6 Prozent zur weil sie bei BSE-betroffenen Höfen die Fraktionschef Volker Ratzmann wird es schwerer haben als er, fort gefeuert, die Umfragen Leben Renate Künasts unter sich aber seit Jahrzehnten in Berlin. Grünen-Chefin an der Seite von . Herdenschlachtung anordnet. ist heute noch Sozius dort. Fukushima ist nun schon lange her. rauschen bergab. www.tagesspiegel.de/politik 15.12.1955 13.10.1987 2001-2005 22.2.2011 27.3.2011 29.6.2011 6.8.2011

Fotos: imago (3), ddp, pa-dpa (2), Fotoagentur Engler

Im Spiegelkabinett Kampagne „Da müssen wir ran“, sagt ja Seit sieben Jahren, sagt Künast, ist sie mer noch nicht verstanden hat, was denn ielleicht ist das die Wende. eine Frage ist. Sie weiß nicht, wo diese nur, dass man jetzt mal überlegen müsse. bei dem CSD auf der Spree dabei. Es sehe das Besondere daran sein soll, fällt ihre „Ich gehe jetzt und mache Renate Künast Frage herkommt. Als sie Ministerin für Dass, kurz gesagt, die ganze Arbeit noch ja bloß immer so aus, als wäre nur Wowe- Stimme zwei Lagen. Das Besondere sei, Kohlrouladen“, sagt die alte Landwirtschaft und Verbraucherschutz vor einem liegt! reit in dieser Szene zu Hause. Sie steht dass die Kommunikation nun in alle Rich- Dame. will als erste Frau wurde, hat sie keiner gestellt. In Europa Ist das nun ein Ausweichen vor Ent- achtern auf einem Plastikstuhl und tungen gehe. Kein Hinweis gehe verloren, „Ist es nicht ein bisschen wurden 2001 die Rinder irre. „Ich hatte scheidungen oder tatsächlich ein Mittel schwenkt den Puschel. Morgen geht sie „man kann den Finger auf etwas halten“. warmV für Kohlrouladen?“, fragt Renate und Grüne damals fünf Minuten Zeit, mir zu überle- für mehr Zufriedenheit für nun einbezo- wieder ins Büro, heute singt sie unter den Renate Künast hat zu ihrem frisch ge- Künast. gen, ob ich das Amt haben will.“ gene Bürger? Brücken, wo es so gut hallt, „Du gehörst bräunten Zeigefinger ein ungebrochenes „Ich könnte Ihnen ja eine vorbeibrin- Berlin regieren. Womit Renate Künast im Gespräch ei- Den Schlüssel zu diesem Rätsel hält zu mir, wie mein Name an der Tür ...“ Verhältnis. In ihrer Freizeit zieht sie mit gen...“ nen rettenden Hafen erreicht. Sie zählt vielleicht ausgerechnet Ralph Adam in Bis am Ende der Gangway am Anleger ihm Unkraut aus. Aber eigentlich gehört Wenn Renate Künast in diesem Mo- In Umfragen ist sie jetzt ihre Erfolge auf: Ökologisierung der der Hand. Hinter der Sicherheitsschleuse der Veranstalter auf sie zutritt. Ob sie er in eine Wunde. Das ist – „warum muss ment das Erlösungspotenzial einer Kohl- Landwirtschaft, die „Agrarwende“, das der JVA Tegel, des größten Männerge- sich vorstellen könne, die Schirmherr- immer alles sexy sein?“ – ihr Arbeitsauf- roulade schon bewusst wird, dann lässt furios gestartet. Bio-Siegel. TausendeBauern, sagt sie, ha- fängnisses Deutsch- schaft zu übernehmen für den CSD auf trag. Der Finger bedeutet Präzision. sie es sich nicht anmerken. Der Stand der ben sie damals ausgebuht. lands, sitzt ein saiso- der Spree? Sie schnutet die Lippen. Sie Das Problem ist, dass er in Berlin an Grünen steht auf der Schattenseite der Warum tut sie sich Es soll heißen, dass sie schon einmal nal gebräunter Kann man guckt anerkennend. Daran merkt man, vielen Stellen eine Art allergischer Reak- Kreuzberger Bergmannstraße. Die Par- Ablehnung in einen Erfolg umgemünzt 63-jähriger Mann dass sie sich freut. „Ja. Könnte ich.“ tion auslöst. Man hält ihn für einen bes- tei, die bei sagenhaften 29 Prozent ihre jetzt so schwer? hat. Seitdem lässt sie immer, wenn sie Un- auf dem Chefsessel. jemanden Und dann gehen alle noch hoch auf die serwisserischen Zeigefinger. Man warnt, Kandidatur verkündet hat, liegt nur noch terstützung braucht, die Bauern auf- und Adam kam 1978 wählen, der Caféterrasse am Anleger, ein Mineralwas- mit den Grünen würde es in Berlin eine bei 22 Prozent. Künast ist im Kampf um abtreten. Ihre ehemaligen Angreifer ha- als Sozialarbeiter ser jetzt endlich. Bei sinkendem Adrena- „Öko-Tyrannei“ geben, aber genau diese das Rote Rathaus auf dem Berliner Pflas- ben sich längst in ihre Verteidigung ver- nach Tegel, wo Re- sich nicht linspiegel scheinen Unternehmertum Worte hat der Bauernpräsident Gerd ter angekommen. Entschlossen, lako- wandelt. Das kleine Büro ist jetzt voller nate Künast in der festlegt? und Politik für einen kurzen Moment wie Sonnleitner vor zehn Jahren auch be- nisch, lila Bluse, bereit zum Sprung. Bauern: Etwa 5000 vom Bauerntag in Teilanstalt I ihre Ar- ein beglückendes Abenteuer. Künast ist nutzt, bevor die Öko-Welle seine Argu- In den kommenden Tagen wird sie Münster und 3500 vom Bauerntag in Frei- beit mit der ersten gerade um eine Schirmherrschaft gebe- mente hinweggespült hat. diese Szene begeistert erzählen: Freun- Von Deike Diening burg. Und hinter diesen Bauern sitzt ver- Drogengruppe gerade begonnen hatte. ten worden, jeder andere hätte vermut- Renate Künast hat beschlossen, bis zur den und Feinden, ihrem engsten Wahl- schanzt eine ängstliche Königin. Wer zu „Der Strafvollzug hatte damals etwas Un- lich die gelöste Stimmung so lange wie Wahl am 18. September keinen Alkohol kampfteam und verdutzten Chefredakteu- ihr will, muss jeden einzeln aus dem Weg anständiges, das war natürlich span- möglich zu halten versucht. Aber so tickt zu trinken. Die Fotos sind geschossen, die ren. Sie alle ahnen ja nicht, dass diese räumen. Es ist schlimmer als Schach. nend“, sagt er, ein „nachgeprägter 68er“. sie nicht. Sie beugt sich vor und fragt: Slogans gewählt, die Plakate gehängt. Die Szene aus der Perspektive von Renate Kü- Damals, sagt sie, als es um das Amt der Zum ersten Mal waren die Vorschriften Also mit der Verpflegung an Bord, immer Strategen können nur noch das Auf und nast einen Meilenstein bedeutet, einen Landwirtschaftsministerin ging, habe sie in den Gefängnissen in ein Gesetz gegos- nur Bockwurst und Toast, „muss das Ab der Zahlen verfolgen. Die Kandidatin Durchbruch menschlicher und politi- sich gefragt: „Habe ich dazu eine Liebe?“ sen worden, das „Strafvollzugsgesetz“. denn sein?“ mussnun mit allem,was sieinden vergan- scher Art im Kampf um Berlin 2011. AlsAntworttauchtenBilderausihrerHei- Und das war auch nötig. Sie will dann zu ihrem Lieblingsitalie- genen Monaten gelernt hat über sich und Es ist das Jahr, in dem Renate Künast mat Recklinghausen auf, ausgerechnet. „Als ich hier anfing, gab es jeden Tag ner in Wilmersdorf, wo man von ihr nur Berlin das letzte Stück im Sichtflug bewäl- ihre Hochzeit und einen Todesfall erlebt, Von der Werksvilla auf dem Firmenge- Prügeleien.“ Die Angestellten, zum Teil noch eine Bestellung erwartet und wo sie tigen.SiemussihreMissionalleineherun- indemeineKernschmelzeineinemjapani- lände,wosielebten–derVater chauffierte noch ehemalige Soldaten, hatten auch gleich mit ihrem Mann Rüdiger Portius tersteuern bis aufs Berliner Pflaster. schen Reaktor einen deutschen, grünen den Boss – dahinter eine Wiese, dahinter Angst vor den Sozialarbeitern mit ihren verabredet ist. Ob sie einen noch ein Es ist der erste Samstag im August, Ministerpräsidenten hervorbringt, und in einStückGarten,indemsielerntewieSau- nackten Füßen in den Holzpantinen, von Stück mitnehmen könne? längst blickt sich Renate Künast von Am- dem Renate Künast erampfer und Kohlrabi schmecken. Wenn denen sie sagten, „die sehen ja aus wie SiesteigtzuihremWahlkampfleiterAn- peln und Laternenpfählen selbst ins Ge- versucht, von einer Landwirtschaft so schmecken würde, die Knackis“, erzählt Adam, der auch dré Stephan in das silberne Wahlkampf- sicht. An ihrem ersten Vormittag im Kon- Hinter Bundespolitikerin hätte sie dafür eine Liebe. noch nicht so lange Krawatte trägt. auto. Sie tippt auf dem Beifahrersitz kon- takt mit dem gemeinen Berliner liegen die zurRegierendenBür- Fünf Minuten an Recklinghausen den- Künast, erinnert er sich, „war immer zentriert in ihr Handy. Stephan beweist, Grünenbei22Prozent.DatrittdieStadtin tausend germeisterin von ken reichen also für einen Ministerpos- klar, nicht so eine Gefühlsduselei, wie dass man auch ein Elektroauto sportlich Gestalt einer alten Dame an sie heran. Bauern eine Berlin zu werden. ten. Wie lange hat sie für Berlin überlegt? man sie oft in der Sozialarbeit hat“. Das fahren kann. Könnte er nicht nur nach „Man kennt Sie ja sonst nur aus dem Fern- Am 12. März er- Sie schweigt eine Sekunde, in der sie mochte er. Das neue Gesetz erlaubte ih- vorneaufdieHolzmarktstraßesehen,son- sehen“, sagt sie. ängstliche öffnet sie den grü- den Haken in der Frage sucht. Das macht nen, mit den Häftlingen zu reden, „ein dernauch fünfTage indieZukunft, er sähe Die Instrumente hatten diese Dame Königin nen „Metropolen- sie immer. Dann antwortet sie nicht auf Quantensprung“. So wie gerade im gan- sich selbst, wie er in eben dieser Straße nicht angezeigt. Sie erschien nicht auf kongress: Vor dem die Frage, sondern auf den vermeintli- zen Land Gespräche über Vergangenheit vor einer Ampel einschläft, betrunken, dem Radar der Demoskopen. 90-Jährige Hintergrund, dass chen Vorwurf darin: „Ich habe ja schon und Schuld Verkrustungen lösten. nach dem Hoffest von . mit 70-jährigen Kindern entbehren empi- gestern ein Tsunami und ein Erdbeben Monate vor dem November dafür ge- Künast machte draußen Karriere, und Als Polizisten ihn wecken, wird er ausfäl- rischer Wahrscheinlichkeit. ein japanisches Kernkraftwerk beschä- sorgt, dass sich gute Leute um das Wahl- hier drinnen tat Adam dasselbe. Künast lig und ist tags drauf seinen Job los. Sie legt Renate Künast die Hand auf die digt habe, sagt sie, sei diese Tagung be- programm kümmern.“ studierte Jura, trat der Alternativen Liste „Rüdiger? Ist später geworden“, sagt Schulter. Renate-zum-Anfassen guckt an- sonders bedeutungsvoll. In Wahrheit hat Es ist kein Gespräch, es ist eine Kampf- bei, stritt in ihrer WG um den Abwasch, Künast in ihr Telefon. „Ich habe gerade erkennend geradeaus auf die Türen von sich soeben ein historisches Zeitfenster technik. Und vielleicht hat sich Renate färbte sich die Haare platinblond, de- bestellt“, antwortet Portius. „Kaiser’s“. Schwarze Kreuzberger Fahrrä- für die Grünen geöffnet. Künasts Widerstand über die Jahre ver- monstrierte, kaufte Sonnenblumenkern- Vier Wochen später ist Wahlkampf, of- der mit Atomkraft-Nein-Danke-Aufkle- Renate Künast wendet sich den Metro- selbständigt, seitdem ihre Eltern in Reck- brot, verlor eine Wahl um das Berliner fizieller Teil. Im Modulor-Haus am Mo- bern bilden eine dichte Hecke um den polen zu. Sie will ja bald selber eine lei- linghausen fanden, die Mittlere Reife sei Abgeordnetenhaus, arbeitete in einer ritzplatz stellen die Grünen ihre On- Stand. Deren Fahrer halten es für normal, ten. Grüne Repräsentanten aus Mün- genug für ihr Kind. Sie kämpfte gegen die Kanzlei, wurde Landwirtschaftsministe- line-Kampagne vor. Renate Künast ist ge- dass es im Supermarkt Bioprodukte gibt. chen, und Köln erzählen von ih- Eltern, die Bauern, die Konkurrenten in rin, ließ sich von Bauern ausbuhen, be- fasst, ihre Haut hat einen entspannten Und Renate Künast hält ganz still. Sie ren Städten. Sie charakterisieren liebe- der eigenen Partei. Sie fand in diesem Wi- hielt recht, entdeckte das Gärtnern, das Sommerteint. Was zwei Wochen Schles- ist jetzt im Körperkontakt mit Berlin, der voll deren Bewohner. Überall ist Stolz. derstand ihre Form. Wenn sie angegriffen Kochen und den blauen Zweigelt, heira- wig-Holstein somiteinemmachen.Sie er- Arm der alten Dame ist ihr Erdungskabel. Renate Künast sagt als Einzige nicht wird, scheint sich alles an ihr aufzurich- tete einen Strafverteidiger, legte Lipgloss klärt,wieBürgerimNetzProblemebenen- „Ist es nicht ein bisschen warm für „wir“, wenn sie über ihre Stadt spricht. ten. Die Haare bis in die Spitzen, der Ja- auf und bewarb sich um das Amt der Re- nenkönnen.Undalsjemandhinterherim- Kohlrouladen?“ fragt Künast. Ist Berlin denn nicht ihre Stadt? Sie hat ckenkragen, die Manschetten, die gierenden Bürgermeisterin von Berlin. mit 21 Jahren in der Justizvollzugsanstalt Pumps, alles an ihr wird spitz und ver- Und während Ralph Adam, inzwi- Tegel als Sozialarbeiterin angefangen dichtet sich zu einer Wehrhaftigkeit, die schen Chef des Gefängnisses, die Früchte DIE GRÜNEN IN DEN UMFRAGEN D und ihr ganzes berufliches Leben in Ber- auch dann nicht mehr schwindet, wenn des Redens erntete – „heute sitzen wir in lin verbracht. Als sie 2006 30 Jahre in der kein Angriff droht. einer völlig anderen Anstalt als damals“ Stadt lebte, hat sie in der Winterfeldt- Künast macht das, was sie immer tat. – erntete auch Renate Künast: Die Grü- straße 33/35 eine Linde gepflanzt. Ihre Sie ist dafür schon gelobt worden: Provo- nen, hieß es, seien bald eine Volkspartei. Schnauze geht als „Berliner“ durch. zieren.Nichtablassen.Einstecken.Behar- Damals war Reden das Mittel der Zeit. Ach, habe ich nicht „wir“ gesagt? – Re- ren. Abwarten. Knapp40JahrespäterhaftetdemDiskutie- nate Künast schweigt. Und überlegt, was Rechtbehalten.Dies- ren der Ruf des Ineffizienten an. Man ver- das bedeuten könnte. Ihr schmales Büro Sieantwortet mal lobt sie keiner. Aufrecht. Renate Künast begegnet im Berliner Wahlkampf immer wieder sich selbst. Foto: Steffi Loos / ddp langt „Entscheider“. Streitet eine Partei, in der Wahlkampfzentrale in der Kom- Vielleicht liegt ist ihre „Geschlossenheit“ gefährdet. Dis- mandantenstraße ist gerade erst einge- nicht auf das daran, dass die kutieren gilt als unprofessionell. Aber zu- richtet: ein trapezförmig geschnittener Fragen, sie Ämter überhaupt gleich quasseln auf Facebook, Smartpho- Schreibtisch, eine vitale Topfpflanze, der nicht vergleichbar Friedrich sitzen auf neuen Stühlen. Aber „Ich kann mich jetzt in jedes Café set- träge Verwaltung anzupacken? Vielleicht über das „kleine Karo“ . Sie hatten det in der Charlottenburger St. Cani- Künast sagt nichts zu. Sie sagt, dass man nes und per E-Mail alle durcheinander. provisorische Charakter ist Absicht. Ihr sucht den sind. Erfolg als Mi- ist solche Beliebigkeit bei Bürgermeistern zen, und es ist ein Wahlkampfauftritt.“ würden die Berliner Beamten ihre neuen im Team einen Landeswahlkampf erwar- sius-Kirche die Anliegen der Grünen mit sichzusammensetzenmüsse,umInforma- Seit Künasts Kandidatur sind 0,4 Milli- Blick fällt links aus dem Fenster auf eine Vorwurf darin nisterin definierte denkbar? Könnte man sich Sie sieht darüber überhaupt nicht glück- Bauern? Und wieso wirft man ihr vor, tet, „aber es ist ein Kommunalwahl- dem Buch Genesis. Die Diskussion wirkt tionenzu bündeln. Dass man imGespräch arden Kubikmeter Wasser die Spree he- grün bewucherte Brache, wo es zugeht sich darüber, The- in München und Christian Ude in Berlin lich aus. „Man muss aufpassen, dass noch was sonst doch immer verlangt wird? Re- kampf“. Faktenreich und detailversessen. schließlich etwas verknotet, als Künast bleiben müsse. Die Nachteulen verstehen runtergeflossen, es ist jetzt endlich Som- wie im Rest von Deutschland: Kaum men durchzusetzen. vorstellen? Klaus Wowereit in Frankfurt? ein Rest Privatsphäre bleibt.“ nate Künast heuchelt keine Freundlich- Überraschenderweise, sagt Schulze, auf dem Podium im Ritz Carlton wirbt, es nicht. Sie reden aneinander vorbei. mer. Der Atomausstieg der Bundesregie- guckt man kurz nicht hin, ist alles grün. Ein Minister bleibt Repräsentant seiner Renate Künast, für die Politik nie aufge- „Kann die das?“ meinte vielleicht nicht keit. Ihre schlechte Laune ist echt. kam bei den Umfragen heraus, dass sich dass die „zweite Miete“ sinke, wenn man Was daran liegen könnte, dass Künast rung ist nur noch sieben Tage entfernt „Für wen stünde dann das Wir?“ fragt Partei und Verfechter seiner Ideen. In ei- hört hat, ein Kampf zu sein, kämpft dieses ihr Fachwissen, sondern ihre Art. Es ist Andreas Schulze ist der Pressespre- die Berliner für das Klimaproblem kaum Häuser ökologischer wärmedämmt. Das nicht den fundamentalen Unterschied er- und Renate Künast besteigt ein Boot zum Künast. „Ich bin ja noch Fraktionsvorsit- ner Stadt wirkt so etwas nur verbockt. Mal vor allem mit sich selbst. Von den al- nur eine andere Formulierung für die cher von Renate Künast und zugleich ein interessierten – immerhin ein grünes Zen- Publikum fragt: Aber die Modernisie- klärt:dasssienämlichgrundsätzlichüber- „Christopher Street Day auf der Spree“. zende.“ Als hätte auf diesem Städtekon- Bürgermeister stellen sich an die Spitze tenRaufkumpanenausderParteiistjanie- Frage: Wird Renate Künast bis zur Wahl erfahrener Pilot des politischen Instru- tralthema. Stattdessen sorgten sie sich rung, die zahlen doch wir? haupt keine Lösungen verspricht, nie und Man drückt ihr einen blauen Plastikpu- Die Zitterkurve gress ernsthaft die Gefahr einer Ver- der Interessen anderer. Sie müssen in die mand mehr da. Sie ist die unangefochtene noch ein Mensch? mentenflugs. Er passt die Flugweise den zum Beispiel um ihre Mieten. Ende Juni trifft Renate Künast auf der niemandem. Sondern eine Methode, um schelindieHand,dergarantiertin100Jah- Renate Künast verkündete nen. Die grüne Kernwähler- 11.März 2011 schießt die wechslung von 68 Fraktionsmitgliedern Stadt hineinhorchen. Erfolgreiche Bürger- Spitzenkandidatin. Und so wird Berlin zu Ein Wohlmeinender sagt: Das spielt Meldungen der Instrumente an. Die In- Und, welche Strategie folgt aus dieser Terrasse des Weekend-Clubs hoch über eine Lösungzu finden. Das ist etwas völlig ren nicht abbaubar ist. Sie mag ihn trotz- ihre Kandidatur für das schaft in Berlin betrug in Zustimmung für die Grünen mit 3,4 Millionen Berlinern bestanden. meister verteidigen ihre Bürger, sie ver- einemSpiegelkabinett,indemsieunabläs- keine Rolle. „Wenn sie eines kann, dann strumente sind die Umfragen der empiri- empirischen Erkenntnis? dem Alexanderplatz die „Berliner Musik- anderes, der Lösung weit vorgelagert. dem. Kontaktaufnahme ist möglich, in- Amt der Regierenden Bür- den letzten Jahren 13 bis kurzfristig wieder auf 28 Und dann kann man Renate Künast rat- kaufen ihre Unzulänglichkeiten nach au- sig sich selbst begegnet, ihren Verdiens- Regieren.“ Das Verbraucherschutzminis- schen Institute Infratest dimap und „Verknüpfen“, sagt Schulze. wirtschaft“. Clubbetreiber und Gastrono- A100? „Da müssen sich alle mal zusam- dem man mit jemand anderem seinen Pu- germeisterin am 5. Novem- 14 Prozent. 30 Prozent al- Prozent in die Höhe. los sehen, in diesem seltsamen Wahl- ßen als Charme, Filz als Zusammenhalt, ten, ihren Schwächen, ihrer Vergangen- terium war schließlich nach ihr nicht Forsa. Sie sind Temperaturfühler, Höhen- Man kann Renate Künast in den folgen- men, Organisatoren der Nacht haben sich mensetzen.“ Der Eindruck entsteht: Im- schel aneinanderreibt. „Puscheln!“ 200 ber 2010. Kurz vorher hat- ler abgegebenen Stimmen Schließlich war der Wider- kampf, in dem sie sich ganz zu Anfang so Zumutungen als Herausforderung und heit, ihrer Art. Und dann fällt auch noch mehr wiederzuerkennen. Ihre Errungen- meter und messen den Gegenwind. Sie den Wochen dabei beobachten, wie sie ans Tageslicht gewagt, um darauf hinzu- mer, wenn man von ihr persönlich eine Schwule und Lesben schreien gegen die ten die Umfragen eine Zu- reichen in Berlin schon für stand gegen die Atomkraft vergaloppiert hatte mit kruden Aussagen Tief verwurzelt. Als Renate Künast 30 Konflikte als Vielfalt. Ein Bürgermeister der Distanzapparat des Bundestags weg. schaften will niemand mehr missen. Viel- zeigen zum zweiten Mal einen unerwarte- versucht, die losen Probleme Berlins mit weisen, dass sie, die Kreativen, von in- Lösung möchte, vertagt sie die Sitzung. Musik an. Renate Künast entspannt. Das stimmung von 30 Prozent einen Sieg. Aber die Zah- ein Gründungsmotiv für die zu Tempo 30 in Berlin, dem Großflugha- Jahre in Berlin lebt, pflanzt sie diese vermittelt unter allen Parteien. Angst vor Sie soll plötzlich eine „zum Anfassen“ leicht definierte sie auch in Berlin ein- ten Druckabfall, zur Zeit auf 25 Prozent. den gefestigten Vorschlägen der Grünen transparenten Fördermöglichkeiten ab- Wähleraberglauben,dassmaneinenPoli- Bier kommt in durchsichtigen Plastikbe- ergeben – eine Zahl, die len fallen. Erst nach der Partei. Zur Zeit liegen die fen BBI und den Schulen. „Alles fokus- Linde in der Winterfeldtstraße – das war Menschen ist nicht hilfreich. sein, und tendenziell zuständig für al- fach das Amt um, so wie sie es mit ihrem Schulze hat zuletzt den Bundespräsi- zu verbinden. Sie verknüpft in der Urania hängen. Und sei sie nun für oder gegen ei- tiker beauftragt, in seinem Sinne zu ent- chern. Es nippt eine scheue Person, die sich die Grünen selbst Atomkatastrophe im japani- Grünen mit 22 Prozent siert sich auf die Frage: Kann die das?“ 2006. Der Linde behagt städtisches Gerade erst rotierten wieder deutsche les: fürnichtgefegtesLaub,gestreuteStra- Ministeramt gemacht hat? Vielleicht dentenwahlkampf von Joachim Gauck be- die wirtschaftliche Not Berlins mit dem nen Pop-Beauftragten beim Senat? Könne scheiden. Soll man jemanden wählen, der ausgerechnet Reden zu ihrer Methode er- nicht ganz erklären kön- schen Fukushima am gleichauf mit der CDU. ded Sie weiß nicht, warum das jetzt plötzlich Klima. Foto: Kai-Uwe Heinrich Minister: Rösler, Bahr, de Maizière und ßen, eine , Schulen. würde sie sich nicht davor scheuen, eine treut. Er ist jetzt noch immer erstaunt Boom erneuerbarer Energien. Sie verbin- man sich ihrer Unterstützung versichern? sich auf keinen Inhalt festlegt? Die ganze klärt hat.