Jahresbericht 2011

OIKOS EINE WELT e. V.

OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

2011 –Rückblick und Ausblick mit Vorstand und Geschäftsstelle

Gab es 2011 ein Erlebnis, dass Sie besonders stolz gemacht hat?

Bert Maciy: In diesem Jahr ging in dem Landwirtschaftsprojekt im Gebiet eine neue große Maismühle in Betrieb, wir konnten bei der Eröffnung dabei sein. Das Besondere an der Mühle ist: sie arbeitet für eine Kooperative von Kaffeebauern, nicht für den Eigenbedarf eines einzelnen Dorfes. Damit hilft das Projekt, den örtlichen Wirtschaftskreislauf in dem Kaffeeanbaugebiet wieder anzu- kurbeln, der im Bürgerkrieg zum Erliegen gekommen war. Maisbauern verkaufen dort ihren Mais, der gleich zu Mehl verarbeitet wird. Kaffeebauern verkaufen ihren Kaffee und kaufen dafür Maismehl. Die Mühle erleichtert diesen direkten Austausch. Noch immer ist ja ein Land, das Mais impor- tiert, obwohl es noch vor 40 Jahren selbst Mais exportiert hat. Gleichzeitig haben die Bauern keine Anreize, mehr Mais anzubauen, weil es an Vermarktungsmöglichkeiten fehlt. In diesem Gebiet gibt es jetzt einen Einstieg in die Maisvermarktung, durch diese Mühle. Kaum war sie auf, standen schon die ersten Wagen mit vielen Maissäcken vor dem Tor. Das war schon ein besonderer Moment, an einem historischen Ort: genau dort hatte es früher auch schon eine Maismühle gegeben, allerdings unter kolonialen Vorzeichen.

Mühlenhaus der Kooperative der Kaffeebauern von Ganda, Gebiet Chicuma, -Provinz in 2009 und 2011

Assunção Hilongua:Bei unserem Besuch in der Cunene-Provinz im trockenen Süden Angolas trafen wir mit Viehzüchterfamilien zusammen, die gerade erlebten, wie eine extreme Trockenperiode ihren Herden zusetzte. Es sind Nomaden, die auf Wasserstellen im Busch angewiesen sind, um ausreichend Weide in dem schwer zugänglichen Curoca-Bergland zu finden. Durch unser Projekt waren im Krieg zer- störte Tiefbrunnen wieder in Ordnung gebracht worden und die Fa- milien hatten Ausrüstungen erhalten, um Flussbettbrunnen und Schöpfbrunnen zu graben. Es lag eine Anspannung in der Luft, ein großes Gedränge, wenn das Vieh zu den Wasserstellen geleitet wur- de. Es war spürbar, dass es hier um einen tagtäglichen Kampf ums Flussbettbrunnen in Curoca, Südango- Überleben ging, um das Durchbringen der Herde, die für die Familie la. Wasserstellen sind für die Nomaden das Überleben bedeutet. Ein Familienvater sagte uns, ohne diese der Schlüssel, um Weidegebiete aus- geglichener nutzen zu können. (Siehe neuen Brunnen könnte es in diesem Jahr knapp werden. Ich musste auch Titelfoto)

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 an die große Hungersnot in Ostafrika denken, die 2011 besonders auch Gebiete betroffen hatte, die ähnlich wie Curoca nur als Weideland taugen. Wir sind zwar nur eine kleine Organisation, aber diese Nomaden gaben mir das Gefühl, dass wir hier etwas Richtiges getan hatten, zur rechten Zeit. Statt mit Mais oder Reis zu kommen, wenn es zu spät ist, haben wir den Nomaden hier geholfen, sich bes- ser auf die schweren Naturbedingungen einzustellen.

Die Nahrungsmittelhilfe ist derzeit auf einem Tiefstand angekommen, wie die internatio- nalen Hilfsorganisationen angesichts der Hungerkatastrophe in Ostafrika immer wieder beklagt haben. Sollte es denn mehr für Nothilfe geben?

Joachim Thron: Nahrungsmittelhilfe ist in manchen Situationen unverzichtbar, es gibt unvorherseh- bare Naturkatastrophen. Aber schon bei der Unvor- hersehbarkeit sind Zweifel angebracht. Es sind immer wieder dieselben Gebiete, und man weiß doch, dass die betroffenen Bevölkerungen ökonomisch zu schwach sind, um allein mit solchen Herausforderun- gen fertig zu werden. Und bei einer Dürrekatastrophe wie in Ostafrika ist nicht nur die Natur beteiligt, son- dern es gibt menschengemachte Ursachen, die die Katastrophe verstärken. Viel wichtiger ist daher mei- ner Meinung nach, dass mehr in die Vorsorge inves- tiert wird. Das betrifft die großen Zusammenhänge, die Noch 2008, 6 Jahre nach Kriegsende, wird in Ond- jiva, Provinzhauptstadt der Cunene-Provinz, Nah- Untersuchung von Klimaveränderungen und ihre Aus- rungsmittelhilfe des WFP verteilt. Ein Angebot, das wirkungen auf kritische Landnutzungssysteme, eine noch mehr Menschen in die Stadt zieht. Aufgabe eher für große internationale Organisationen mit Forschungspotenzial, aber es betrifft auch die konkreten Anpassungen, die gerade in den Gebieten von den Menschen erbracht werden müssen, die besonders mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind und ihrem Land ohnehin schon am Rande des Möglichen Nahrung abringen.Hier gibt es viele Möglich- keiten, vor der Katastrophe zu helfen, damit es gar nicht erst zu Hunger kommt. Das Beispiel unseres Projektes mit den Viehzüchtern in Cunene zeigt: Gerade wenn man die Beobach- Eine neugegründete Kleinbauerngenossenschaft beginnt am tungen und Erfahrungen der Menschen vor Ort Cunene mit dem Aufbau einer Bewässerung. aufnimmt und ihre Wirtschaftsweise an Verän- derungen durch den Klimawandel anpassen hilft, lässt sich mit vergleichsweise geringen Mitteln viel erreichen. Allerdings wird gerade für die ländliche Entwicklung in den besonders hungergefährdeten Gebieten noch zu wenig getan.

Warum wird Ihrer Meinung nach noch zu wenig getan?

Bert Maciy: Es hilft uns wenig, die heutige mediale Wahrnehmung von Hungerkatastrophen in Afrika dafür verantwortlich zu machen. Für einen Augenblick steht der betroffene Landstrich im Blickpunkt

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 der Fernsehkameras, bis die Fallschirme mit Nahrungsmittelpaletten vom Himmel fallen. Dann ziehen die Kamerateams wieder ab. Wenn die Erklärung so einfach wäre. Es gibt inzwischen in den tieferen Programmschichten sehr gute Dokumentationen über die Lebensrealität etwa in Viehzüchtergemein- schaften in Sudan oder Kenia. Trotzdem steigt im Katastrophenfall wieder das Spendenaufkommen der Nothilfeorganisationen, um danach wieder abzufallen, und es bleibt schwieriger, Spenden für längerfristige Vorsorgeprojekte zu sammeln. Damit müssen wir zurechtkommen, wenn wir in diesem Bereich arbeiten wollen. Es ist eben eine Arbeit, die sehr viel Geduld verlangt. Bis wir ein solches Projekt wie das Tiefbrunnen- programm in Cunene starten können, verge- hen ein bis zwei Jahre an Vorbereitungen vor Ort. Viele Einflussfaktoren sind zu berücksich- tigen, Vertrauen der betroffenen Bevölke- rungsgruppen muss gewonnen werden, oft sind es stark von Traditionen geprägte Grup- Tiefbrunnen im Gebiet Oncocua, Cunene-Provinz, helfen den pen, mit denen der Kontakt von außen schwie- teilnomadischen Hirten, ihre Weidegebiete nachhaltig zu nutzen. rig ist. Wenn wir uns dann um eine Förderung durch öffentliche und private Geber bemühen, dauern die Antragsverfahren gut ein halbes Jahr. Die zu erwartenden Wirkungen sind langfristig. Was vor Ort sofort einleuchtet, ist aus der Sicht von Städtern eher schwer durchschaubar. Ausdauernde Überzeugungsarbeit ist notwendig, um solche Pro- jekte durchführen zu können, um Geber und Spen- der zu gewinnen.

Michael Geiger: Der Fleiß der Geschäftsstelle in allen Ehren, aber es gibt auch klare Forderungen der NRO an die Politik, die wir als OIKOS unterstützen, dazu gehört die stärkere Förderung von ländlicher Ent- wicklung, die Verbindung von Armutsbekämpfung mit Klimafolgenanpassung, mit Verfahren und Schwerpunktsetzungen für Fördermittel, die so zu- gänglich sind, dass sie auch noch rechtzeitig vor der nächsten Katastrophe bei den betreffenden Men- Eine Hirtin schöpft Wasser für die Rinder der Familie aus einem etwa 15 m tief gegrabenen Wasserloch. schen ankommen. Eine große Verantwortung haben auch die großen Nothilfeorganisationen, die ja aufgrund ihrer Medienpräsenz in Momenten akuter Hungersnöte wie Leuchttürme sind, die das Spendenverhalten deutlich beeinflussen können. Wir begrüßen es, wenn gerade sie deutlich machen: wir werden was immer möglich ist tun, um mit den Spendenzuwächsen auch präventive Projekte zu fördern, um künftige Hungersnöte zu vermeiden. Für OIKOS ist es eine besondere Leistung, wenn es uns auch 2011 wieder gelungen ist, das Spenden- aufkommen auf einem für uns hohen Niveau zu halten und bei den Drittmitteln, d.h. bei den öffentli- chen und privaten Kofinanzierungebern, sogar deutlich zuzulegen. Daraus schließen wir: unsere kenntnisreiche, auf langjährige Erfahrungen vor Ort aufbauende Arbeit zur Stärkung von Selbsthilfe- kräften besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen in Angola wird durchaus wahrgenommen und gewürdigt.

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Spenden und Beiträge (€)

150.000

125.000

100.000 81.911 €

75.000

50.000

25.000

0

Bert Maciy: Es ist ja auch so: Die Forderung nach mehr öffentlicher Förderung für ländliche Entwick- lungsprojekte aufzustellen, ist das eine. Die Angebote von betroffenen kleinen Bauern für angepasste Lösungen für ihre Probleme aufzunehmen, für die Umsetzung kompetente Partnerorganisationen vor Ort zu finden und das alles in Form von Projekten gegenüber möglichen Gebern zu präsentieren, um diese Mittel auch zielgenau umzusetzen, ist etwas anderes. Während im Katastrophenfall die nächst- liegende Lösung völlig klar zu sein scheint, nämlich die Hungernden von außen mit Nahrung zu ver- sorgen, sind vorsorgende Projekte doch komplexer und erfordern von der durchführenden Organisa- tion einen längeren Atem. Wir sind deshalb sehr froh, dass es von Seiten des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) jetzt das Angebot von Fördermitteln für solche thematischen Schwerpunkte gibt, die es uns ermöglicht, genau solche längerfristigen Projekte durchzuführen. 2011 ist es uns zum ersten Mal gelungen, aus der neu geschaffenen BMZ-Finanzierungsfazilität Biodiversi- tät und Klimawandel Mittel für ein ländliches Entwicklungsvorhaben in der Provinz Kwanza Sul zu bekommen. Hier zahlt sich aus, dass wir seit vielen Jahren in der Ländlichen Entwicklung arbeiten und uns die Kompetenz zugetraut wird, ein solches komplexes Vorhaben umzusetzen.

Gerd Aderhold: Allerdings muss man auch hier sagen, dass es ohne unsere Spender nicht möglich wäre, Mittel des BMZ für Projekte zu nutzen, denn das BMZ übernimmt bei diesen Projekten immer nur einen Teil der Kosten, maximal 75 %.Für Nothilfe gibt es auch durchaus 100 % öffentliche Förde- rung. Wir wollen daher noch mehr tun, um unsere Ansätze klar und verständlich in die Öffentlichkeit zu bringen, um die nötigen Eigenmittel aufbringen zu können. Als kleine Organisation haben wir da- bei den Vorteil kurzer Wege: zwischen Auslandsprojektabteilung und Inlandsarbeit gibt es keine lan- gen Dienstwege. Das macht es authentischer, wenn Erfahrungen aus den Projekten in die Bildungs- arbeit einfließen.

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Gibt es dafür konkrete Beispiele?

Joachim Thron: Wir fördern z. B. ein Inlandsprojekt, bei dem wir die Entstehung entwicklungspolitischer Schülerfirmen unterstüt- zen. Das Projekt heißt „Schüler Unternehmen Solidarität“. Hier können die Schüler nicht nur theo- retisch etwas über Kaffee- anbau und seine Bedeutung für Kleinbauern erfahren, Studenten der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg bei Dreharbeiten in Caissaca, um fair gehandelten Kaffee Kaffeedorf im Huíla-Bergland. überzeugend an den Mann zu bringen, sondern aus erster Hand, von den Projektbetreuern unserer Kaffeeprojekte in Angola. Wir haben dazu sogar einen eigenen Dokumentarfilm, der in Zusammenarbeit mit Studenten der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg entstanden ist.

Die Globalisierung bringt für Afrika auch andere Risiken für die Ernährungssicherheit mit sich. Themen in 2011 waren die Preissteigerungen für Landwirtschaftsprodukte, u.a. weil immer mehr Agrarfläche für Energiepflanzen genutzt wird, und das damit im Zusammen- hang stehende „landgrabbing“, der Aufkauf von potentiellem oder von Kleinbauern ge- nutzten Ackerland durch große internationale Investoren. Inwiefern ist das für OIKOS ein Thema?

Bert Maciy: Angola gehört in Afrika zu den Ländern mit dem besten Landwirtschaftspotential über- haupt, was Regen, Bodenqualität, Bewässerungspotential und Landreserven betrifft. Darum und we- gen seiner zentralistischen Regierungsform ist es sogar besonders interessant für „landgrabber“. Besonders China scheint sich in großem Umfang für Ackerland zu interessieren und nutzt dafür seine engen Regierungskontakte. Aber für „landgrabber“ gibt es einen großen Haken: Angola hat eine star- ke Tradition des antikolonialen Kampfes. Es war eine Siedlungskolonie, und der Rauswurf der Weißen von den mit Zwangsarbeit bewirtschafteten Ländereien ist noch immer tief im Bewusstsein verankert. Niemand rührt so leicht daran. Nationalismus war eine starke Triebkraft im Bürgerkrieg, die UNITA kämpfte für ein „Angola für die Angolaner“, und auch die Regierungspartei MPLA erkennt im Nachhinein, wie sehr sie im Bürgerkrieg als Stellvertre- ter missbraucht worden ist. Es gibt also eine sehr miss-

Portugiesisches Fort in Cicombo, Prov. Kwanza trauische Haltung sowohl der Bevölkerung, aber auch der Sul. Regierung gegenüber ausländischen Besitzbestrebungen an Land. Mehrheitlich ausländischer Landerwerb ist aus- drücklich verboten. Es muss also zumindest immer einen angolanischen Mehrheitseigner geben, und

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 sich unter diesen Prämissen als Strohmann herzugeben, ist für jeden gefährlich. Zudem liegen viele der besten Landreserven in ehemaligen Rebellengebieten, was das politische Konfliktpotential er- höht. Bisher sind noch keine großflächigen Aufkäufe bekannt geworden, Bestrebungen aber durch- aus. Deshalb unterstützen wir die Mitarbeit unserer angolanischen Partnerorganisation an den regi- onalen Landrechte-Bündnissen, wie „Rede terra“ in Kwanza Sul und Huíla, die sich aktuell v.a. gegen die Landnahme durch angolanische Eliten wehren. Aber als wichtigsten Beitrag sehen wir noch etwas anderes: aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Kleinbauern ihnen traditionell zustehendes gefähr- detes Land aktiv für sich besetzen, in dem sie produktive, intensive, marktorientierte Land- wirtschaft auf den besonders guten Länderei- en aufbauen. Das heißt an den Flüssen, dort wo gute Bewässerungsmöglichkeiten sind, und auf den regensicheren guten Hochland- böden. Das Argument ist ja oft: ihr macht hier nur so ein bisschen Mais, wir mit den großen Investoren holen vielmehr aus dem Boden heraus. Also macht euch vom Acker, geht dahin, wo es gerade noch für euren dürren Der Cunene bietet über hunderte Flusskilometer gute Bedin- Mais reicht, wir schaffen hier inzwischen Hoch- gungen für Bewässerungslandwirtschaft. ertragslandwirtschaft. Nein, Kleinbauern kön- nen durchaus intensiv wirtschaften und ih- ren Anteil am Marktfortschritt haben. Die Erfahrung aus den Bewässerungskooperati- ven am Cunene-Fluss und den Kaffeedörfern in Huíla und Kwanza Sul in den letzten Jah- ren zeigen, dass die Erfolge der Kleinbauern beim Aufbau neuer Marktkulturen zwar auch die „Großen“ anziehen, dass die Positi- on der Kleinbauern aber durch ihren Anbau- erfolg schon so gefestigt war, dass sich nie- mand traute, ihnen das Land wegzunehmen. Kleinbauern der Kooperative Tangueni am Cunene-Fluss berei- Und gegen ein Nebeneinander ist ja nichts zu ten am frühen Morgen ihre Motorpumpe vor. sagen.

Ist es angesichts der Wachstumsraten der angolanischen Wirtschaft nicht langsam Zeit abzuziehen?

Joachim Thron: Angola hat sicher einige herausragenden Entwicklungsindikatoren aufzuweisen, v.a. dank seines Ölreichtums. Das Wirtschaftswachstum lag 2011 bei ca. 8 %, nach durchweg zweistelli- gen Ergebnissen in den Vorjahren. Aber angesichts der Vorgeschichte mit einem fast drei Jahrzehnte dauernden Bürgerkrieg und der bestehenden Demokratiedefizite ist es nicht verwunderlich, dass das Land auch bei den falschen Indikatoren in zweifelhafter Weise vorn liegt: so gehört Angola zu den am meisten militarisierten Ländern Afrikas, nur Eritrea liegt noch davor. Wenn trotz Frieden mehr Geld für Militär ausgegeben wird als für Gesundheit, obwohl das Gesundheitswesen nach dem langen

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Krieg völlig am Boden liegt, dann muss man sich nicht wundern, wenn z. B. die Kindersterblichkeit immer noch zu den höchsten der Welt gehört.

Assunção Hilongua: Wir bekommen von dem fabelhaften Wohlstandsboom, den manche in sehen, nur am Rande etwas mit, denn unsere Projektgebiete beginnen rund 5 Fahrstunden südlich der Hauptstadt. Wir registrieren auch die wohltuende Verbesserung der wichtigsten Straßenverbin- dungen zwischen den Provinzen. Dies sind sicher Investitionen, die der wirtschaftlichen Entwicklung auch außerhalb Luandas nützen können. Aber sobald wir in den eigentlichen Projektgebieten sind, dort wo die Kleinbauern leben, ist von den riesigen Erdöleinnahmen nichts mehr zu sehen. Bis hier- her reicht es nicht, auch weil sich manche Eliten im Krieg auch zur Gewohnheit gemacht haben, ihr Geld mit Handel zu verdienen. Investitionen in Landwirtschaft erscheinen denen viel zu langsam und zu wenig gewinnbringend. Dabei ist es für den inneren Frieden des Landes wichtig, gerade die Bauern am Fortschritt teilhaben zu lassen. Sie nehmen zwar nicht an den gelegentlichen regierungskritischen Protesten von Jugendlichen in Luanda teil, aber je größer das Gefälle zum Lebensniveau der Ober- und Mittelschichten in Luanda wird, umso mehr droht hier ein neues Konfliktpotenzial zu wachsen, und zwar auf dem z. T. noch fruchtbaren Boden der alten Gräben aus dem Bürgerkrieg.

Welche neuen Aufgaben gibt es in Angola für OIKOS?

Assunção Hilongua: Im Moment arbeiten wir noch hauptsächlich in der Landwirtschaft, weil es hier eine besonders große verwundbare Gruppe gibt, die noch immer von Hunger bedroht ist. Aber für die neue Generation beginnt sich Angola anders darzustellen: Die Erdöleinnahmen ermöglichen eine technische Modernisierung ganzer Lebensbereiche, mit neuen Jobs. Eine Bekannte arbeitet als Be- triebselektrikerin in einem großen staatlichen Projekt. Sie hat in Südafrika einen Fachschulabschluss gemacht. Eigentlich ist sie für die Stromversorgung des Projekts zuständig. Aber mit den großen Ge- neratoren, die importiert wurden, kam gleich das Bedienungspersonalmit. Diese Ausländer lassen keinen an ihre teuren Großgeräte ran. Sie darf vielleicht mal die Kontakte putzen. Sie ist völlig frus- triert.

Gerd Aderhold: Das Geld aus dem Erdöl verführt dazu, anstelle der Ausbildung eigener Spezialisten sich diese international einzukaufen. Gegenwärtig kehren massiv Portugiesen nach Angola zurück, zwar nicht als Kolonialherren, aber als teils gut bezahlte Spezialisten.Wir sprechenvon bald 150.000 portugiesischen Arbeitskräften, mit steigender Tendenz. Ein wohl einmaliges Phänomen einer Nord- Süd-Migration! Trotz allem hämischen Spott über eine angeblich umgekehrte Kolonisation, mit Por- tugal als Sorgenkind der EU und Angola als reichem rettenden Onkel: Hier werden nicht nur neue Abhängigkeiten geschaffen (in Mozambique hatte früher jeder DDR-Spezialist mindestens zwei Aus- zubildende zu betreuen, um sich selbst überflüssig zu machen. Ich glaube nicht, dass dies jetzt in Angola auch praktiziert wird), sondern die Jugend bleibt arbeitslos, da sie mit den Ausländern nicht konkurrieren kann. D. h. ein neues Arbeitsfeld für OIKOS heißt berufliche Ausbildung. Zwar hat dies auch die Regierung inzwischen erkannt, sie reagiert auf die wachsende Unzufriedenheit im Lande mit Abschiebungen illegaler Ausländer (wie man hört, geht fast jede Woche eine Maschine mit abge- schobenen Portugiesen nach Lissabon). Es gibt auch staatliche Berufsausbildungsprogramme, aber sie leiden oft an denselben Schwächen wie so vieles in dem Land: es bleibt beschränkt auf die großen Städte, die Zugänge sind nur für wenige offen, Korruption lähmt die Bewirtschaftung der Ausbil- dungszentren und die Qualität der Abschlüsse. Wir wollen uns jetzt verstärkt der Verbesserung der Ausbildungschancen von Jugendlichen v.a. im ländlichen Bereich zuwenden.

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Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Einnahmen für die Vorhaben des Vereins?

Joachim Thron: Wir konnten die positive Gesamtentwicklung der letzten Jahre weiter fortsetzen und 2011 das insgesamt zweithöchste Jahresbudget für unsere Auslands- und Inlandsprojekte sichern. Das war nur möglich, weil an uns selbst sehr hohe Qualitätsansprüche stellen und es uns offenbar auch gelungen ist, dies auf die Arbeit unserer lokalen Partnerorganisationen zu übertragen. Denn hinter jedem erfolgreich abgeschlossenen und abgerechneten Projekt steckt vor allem die Arbeit eines lokalen Trägers, der in der Lage ist, die geplanten Projektziele mit den Zielgruppen in den meist abgelegene Gebieten Angolas umzusetzen. Für diese geleistete Arbeit möchten wir uns bei unseren langjährigen Partnerorganisationen, der AAD und Mafiku, und bei der neu hinzugekommenen Orga- nisation OJDS sehr bedanken. Unser Dank gilt natürlich auch den Spendern und Mitgliedern von OI- KOS, die unsere Arbeit in diesem Jahr wieder mit über 80.000 € unterstützt haben, und den Kofinan- zierungsgebern, besonders dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung (BMZE) sowie der Stiftung Nord-Süd-Brücken.

Zuwendungen öffentlicher und privater Geber 120,00 112,82 107,77 100,00 90,24 85,58 80,00 Zuwendungen Auslandsprojekte (10.000 €) 62,93 60,00 Zuwendungen Bildung in 44,69 40,91 34,93 Deutschland (1.000 €) 40,00 25,90 35,59 34,00 20,00 30,20 31,28 28,51 20,54 1,25 26,78 6,98 0,00 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Im Mai 2012 gab es eine gemeinsame Strategiedebatte von Vorstand und Geschäftsstelle, bei der das Gespräch aufgezeichnet wurde. Die Gesprächsführung hatte Eva Thron.

Teilnehmer: Dr. Gerd Aderhold Vorsitzender des Vorstands Prof. Michael Geiger Stellv. Vorsitzender des Vorstands Dr. Bert Maciy Stellv. Vorsitzender des Vorstands, Geschäftsführer Assunção Hilongua Projektreferentin, Geschäftsstelle Dr. Joachim Thron Mitglied des Vorstands

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Ländliche Berufsausbildung fördern – Unser Beitrag in Angola

Millenniumsziel Armutsbekämpfung – Hoffnung bis 2015?

Bis 2015 soll die Zahl der Hungernden und absolut Armen gegenüber 1990 halbiert werden - das ist das Ziel Nr. 1 der UN-Millenniumsagenda. Wenige Jahre vor der Ziellinie – wie ist die Bilanz? Nach vier Fünfteln der Zeit fällt sie ernüchternd aus: zwar gab es einige Fortschritte v.a. in Schwellenländern, aber sie werden nicht reichen, um das Ziel noch zu erreichen.

Beispiel Subsahara-Afrika: Mit Mühe ist der Welthungerindex (WHI) dort von 25,3 auf 21,7 (2010) gesunken – in 20 Jahren! Viel zu wenig für eine Halbierung auf 12,1 bis 2015.

Die meisten der Hungernden sind Kleinbauern. Was sie von ihrem Land ernten und verkaufen, reicht nicht aus, um sie zu ernähren. Es ist ein tragisches Paradoxon in den Zeiten der Globalisierung, dass diejenigen, die am nächsten an der Nah- rungsmittelproduktion zu stehen scheinen, um häufigsten von Hunger betroffen sind. Was ist die Erklärung dafür?

Beispiel Angola – wachsende Stadt-Land-Kluft Die Millennium-Entwicklungsziele im New Yorker UN Hauptquartier Angola gilt seit dem Ende des Bürgerkrieges als erfolgreichste Aufsteiger-Wirtschaft Afrikas. Mit einem BIP-Wachstum von 14 bis 20 % war Angola kurzzeitig sogar die am schnellsten wachsende Wirtschaft weltweit. Beste Bedingungen für Armutsbekämpfung?

Von den 18 Mio. Angolanern leben 80% auf dem Lande, die meisten sind Kleinbauern. Die Zeit im Frieden haben sie genutzt – die Zahl der Hungern- den sank in wenigen Jahren um ein Drittel. Aber noch immer gehört Angola zu den 29 Staaten, deren Ernährungssituation ernst oder sehr ernst ist. Der WHI beträgt 27,2 – fast ein Drittel der An- golaner hungert! 70 % müssen mit weniger als 1 USD pro Tag auskommen, sind damit absolut arm. Armut und Hunger gehen oft Hand in Hand. Wäh- rend einige städtische Zentren boomen, stagniert Erstes Treffen mit Kleinbauern im Projektgebiet Chicu- ma, Benguela-Provinz. Die Ernten, Mais und Bohnen, die Wertschöpfung auf dem Lande. Bauern sind reichen gerade zur Ernährung, meist. Geldeinahmen kaum in den nationalen Markt integriert. Die Preis- haben sie keine. Die Kleidung stammt aus Kleiderspen- den. entwicklung bei vielen Agrarprodukten wird nur wenig von Angebot und Nachfrage auf dem nationalen Markt bestimmt, sondern stark von Nah-

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 rungsmittelimporten und Regierungssubventionen. Angolanische Maisbauern müssen so direkt mit hoch mechanisierter und chemisierter Massenproduktion in den USA oder Argentinien konkurrieren, Hühnerhalter mit der stark subventionierten Geflügelzucht Europas. Sie können so mit ihren eigenen Produkten keine ausreichenden Gelderlöse erzielen. Ohne Geld können sie ihre Produktionsgrundla- gen nicht konkurrenzfähig machen, ja nicht einmal instand halten. Im Krieg haben viele der Kleinbau- ern ihre wichtigsten Produktionsmittel verloren. Sie müssten Hacken, Pflüge, Zugochsen, Baumaterial für Lager und Häuser, Saatgut und Dünger kaufen. Ein ländliches Gesundheitssystem gibt es fast nicht – selbst Medikamente müssen sie kaufen. Wachsende Kosten, aber geringe Wertschöpfung – auf diese Weise gerät der ländliche Raum immer mehr ins Abseits. Land allein reicht nicht aus, um der Armut zu entfliehen, wenn Marktwirtschaft Teile der Gesellschaft ergreift, aber andere außen vor lässt. Die Stadt-Land-Kluft ist dabei nicht nur ein Problem für die zurückbleibenden Kleinbauern. Sie schürt nationale Konflikte: wenn eine im Bürgerkrieg unterlegene Rebellenbewegung ihren Rückhalt v.a. in der ländlichen Bevölkerung hat und sich nicht nur geschlagen, sondern auf Dauer benachteiligt sieht. Sie reduziert die eigene Nahrungsmittelproduktion – fatal, wenn sich die Wirtschaft mehr auf den Import von Nahrungsgütern verlässt, statt sie zu Hause anzubauen, und dann eine globale Stei- gerung der Agrarpreise eintritt. Sie verhindert nationale politische Beteiligung, wenn ein großer Teil der Bevölkerung ungebildet und verarmt ausgegrenzt wird.

Ländliche Entwicklung – Schlüssel zur Armutsbekämpfung

Wenn die Ziele der Armutsbekämpfung in Ländern wie Angola noch ernsthaft erreicht werden sollen, ist ein Umsteuern nötig – bei der nationalen Regierung und in der internationalen Entwicklungszu- sammenarbeit. Dabei geht es nicht nur um die Förderung der Bauern- schaft und der Landwirtschaft, sondern um die Entwicklung des Stadt- Land-Austausches als Schlüssel für eine höhere Wertschöpfung. Ziele sind dabei: ein besserer Anschluss der Agrarproduktion an die Verar- beitungsindustrie, damit lokale Agrarprodukte in den nationalen Wirt- schaftskreislauf kommen und Einkommen in die Dörfer zurückfließt; mehr Verarbeitungsschritte auf dem Lande durch Kleinindustrie, Handwerk und Dienstleistungen, um die Wertschöpfung für die Land- bevölkerung zu verbessern; eine behutsame Mechanisierung der Landwirtschaft, damit nicht noch im 21. Jahrhundert Frauen auf Gra- nitsteinen sitzen und Maiskörner mit der Handkeule zu Mehl zerschla- gen, statt den Anbau von Marktkulturen zu intensivieren. Selbst das Ende der 90er Jahre hat OIKOS ein Bewässerungsprojekt in Handy gehört heute dazu, wenn Kleinbauern ihre Kulturen entwickeln dem Ort Huamba bei wollen, denn ohne Mobilfunknetze haben sie schlechte Konkurrenzbe- gefördert. Noch heute sind die dingungen auf dem Markt, erfahren die laufenden Preisentwicklungen Bananenpflanzungen eine si- chere Einkommensquelle für zu spät. die Bauern.

Ländliche Berufsausbildung – Anschluss an den Fortschritt

Für diese neuen Anforderungen muss sich die ländliche Bevölkerung fit machen – der Schlüssel dazu heißt Ländliche Berufsausbildung. Gemeinsam mit angolanischen Partnern fördert OIKOS zurzeitin zwei Provinzen Angolas Berufsausbildungszentren mit ländlichem Ausbildungsprofil.

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Berufsausbildungszentrum – Für neue Jobs im Kaffeegebiet

Sr. Henriques ist Kleinbauer im Dorf Caissaca im Huíla-Bergland. Seit der Rückkehr in sein Dorf nach der Vertreibung im Bürgerkrieg hat er es so recht und schlecht geschafft, seine Familie mit inzwi- schen 4 Söhnen und 3 Töchtern durchzu- bringen. Als es nach einer Dürre 2003 knapp wurde, machten sich 2 der halb- wüchsigen Söhne auf in die Hauptstadt Luanda, um Geld zu verdienen. Sie hatten gehört, dort sei es besser. Aber sie hatten nichts gelernt, können wegen des Schul- ausfalls im Krieg nur schlecht Lesen und Schreiben. Mit Hilfsarbeiten schlugen sie sich durch, als Straßenverkäufer im Dauer- stau Luandas. Henriques konnte inzwi- Familie Henriques bringt die erste Ernte vom eigenen Kaffeefeld ein. schen seinen Traum verwirklichen: als ehemaliger Vorarbeiter auf einer portugie- sischen Kaffeefazenda der Kolonialzeit wollte er nach dem Krieg endlich seinen eigenen Kaffee an- bauen. Aus eigener Kraft hätte er das nicht geschafft, aber er und andere ehemalige Kaffeebauern konnten die angolanische Nichtregierungsorganisation MAFIKU, Partnerorganisation von OIKOS, da- von überzeugen, den Kaffeeanbau von Kleinbauern zu fördern. Als sein ältester Sohn Miguel zu Be- such ist, staunt der nicht schlecht: sein Vater schenkt ihm ein nagelneues Motorrad. Nicht ohne Hin- tergedanken: Sieh her, das kann man mit 5.000 Kaffeebäumchen erreichen, ist die Botschaft. Miguel überlegt jetzt selbst Kaffeebauer zu werden. Aber so leicht ist das nicht: Henriques rechnet ihm vor, dass das Land nicht für alle Söhne reichen wird, wenn sie weiter so wirtschaften wie bisher. Sie müs- sen mehr aus dem Land herausholen, bessere Preise erzielen für Kaffee und Gemüse. Er bräuchte ein Kaffeeschälmaschine und eine Mühle, aber wer wird die warten? Sie müssten die Qualität des Kaffees verbessern, härter mit den Auf- käufern verhandeln, um nicht mit ein paar Kwanza abgespeist zu werden – aber das geht wohl nur im Verbund mit anderen Kaffeebau- ern. Eine Kaffeegenossenschaft aber braucht kluge Leute an der Spitze, die etwas von Buchhaltung verstehen, mit Behörden ver- handeln und am Computer Briefe schreiben können. Seine Söhne müssen etwas lernen, um den Hof voranzubringen, aber wo?

Probleme mit der beruflichen Zukunft der Kinder haben viele Bauern im Huíla-Bergland. Computerausbildung im OJDS-Berufsausbildungszentrum "Estrela da Huíla" in . Mit der Erfahrung dieses Eine Berufsausbildungsmöglichkeit gibt es weit Zentrums in der Provinzhauptstadt wird OJDS jetzt ein neues und breit nicht. Die Kinder in die Stadt zu schi- Zentrum in der Kleinstadt Caconda im Huíla-Bergland auf- bauen. OIKOS wird das Projekt bis 2013 fördern. cken, können sich die meisten nicht leisten, denn dort fallen nicht nur Kursgeld an, Unter-

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 kunftskosten und Verpflegung. Als Jugendliche vom Land haben sie es besonders schwer, die Zu- gangshürden zu den wenigen staatlichen Berufsausbildungszentren zu überwinden.

Um die Entwicklung in dem neuen Kaffeeanbaugebiet im nördlichen Huíla-Bergland vorzubringen, unterstützt OIKOS die angolanische Nichtregierungsorganisation OJDS beim Aufbau und Betrieb eines ländlichen Berufsausbildungszentrums mit 163 Plätzen in der Agrarkleinstadt Caconda. Das Ausbil- dungsprofil ist besonders auf den Bedarf des ländlichen Raums ausgerichtet: für die Jugendlichen mit mäßigen schulischen Ausgangsleistungen werden Ausbildungskurse als Tischler, Mechaniker, Schlos- ser, Schneider, Koch und Bäcker angeboten. Wer das Glück hatte, auch im Krieg eine grundlegende Schulausbildung zu bekommen, kann auch eine Ausbildung als Informatiker und Buchhalter erhalten.

Berufsausbildung in Missionen – Ländliche Jugend in Cunene erhält Anschluss an die neue Zeit

Nicht für alle Jugendlichen wird es ausreichende Erwerbsmöglichkeiten auf dem Lande geben. In der Südprovinz Cunene hat mit dem Ausbau der Nationalstraße EN 105 eine rasche Urbanisierung entlang dieses „Schwarzen Gürtels“ eingesetzt. In den Städten an der EN 105 führt der hier ab- zuwickelnde Transithandel zwischen dem boo- menden Norden Angolas und Namibia zu einer Art Turbo-Entwicklung, der keine produzierendes Gewerbe, aber viele Dienstleistungsbereiche hervorbringt. Aber Jugendliche aus Cunene fin- Immer mehr Hirsebauern geben ihre Gehöfte im Hinterland den hier kaum Jobs. Die wenigsten von ihnen ha- auf und ziehen an die einzige Asphaltstraße in der Cunene- ben eine Berufsausbildung. Ihre mitgebrachten Provinz. Für Wanderfeldbau reicht der Platz hier nicht. landwirtschaftlichen Kenntnisse sind jetzt nicht mehr gefragt. Arbeits- und Perspektivlosigkeit, Abgleiten in die Kriminalität sind unter den Jugendli- chen entlang der EN 105 weit verbreitet.

Dabei fehlt es an ausgebildetem Personal für die neuen Dienstleistungen: Hotels, Restaurants, Büros holen sich ausgebildete Leute aus anderen Teilen Angolas heran. Diese in Cunene besonders auffal- lende Schicht von „internen Arbeitsmigranten“ heizt die sozialen Missstimmungen noch an. Die ehemalige, gerade im Stadtumfeld angekommene Landjugend fühlt sich überflüssig und verdrängt.

Ein typischer Ausweg für sie ist die Abwanderung nach Namibia, meist illegal, wo sie Hilfsarbeiten suchen. Sie gelten dort als Lohndrücker und sind wegen ihrer Ille- galität schamloser Ausbeutung ausgesetzt. Bei ihrer Rückkehr sind sie oft weiter entmutigt, hatten in der Zwischenzeit nicht selten Kontakt mit Drogen, Prostitu- tion, HIV und Schmuggel – der soziale Abstieg ist damit oft vorprogrammiert.

Für diese Jugendlichen fördert OIKOS in den beiden katholischen Missionen von und

Nähausbildung in Omupanda.

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Berufsausbildungszentren.

Das Ausbildungsangebot der Zentren ist weit gefächert und entspricht der lokalen Arbeitsmarkt- Nachfrage:

• Für den Dienstleistungsbereich der aufstrebenden Kleinstädte in Cunene werden Köche, Bä- cker und Schneider ausgebildet. Diese Gewerke sind besonders attraktiv für Jugendliche, die wegen des Krieges eine ungenügende Schulbildung erhalten haben. • Besonders stark gefragt ist die Informatikausbildung. In der Mission Omupanda laufen sogar schon Informatikkurse ohne PC („Trockenkurse“). Hintergrund ist der zunehmende Einzug der modernen Informationstechnologien selbst in einem entlegenen Gebiet wie Cunene. Ent- lang der Hauptstraße EN 105 wurde ein optisches Kabel für Breitbandinternet verlegt. Die meisten Behörden (Zoll, Polizei, Bürgerdienste), Banken und Büros stellen auf EDV um. • In den Missionen erhalten alle Schüler auch eine Ausbildung in moderner Landwirtschaft und Gartenbau – die traditionellen Missionsgärten werden dafür wieder belebt. Ihre Kenntnisse nehmen sie mit, wenn sie später in verschiedenen Teilen der Provinz arbeiten.

Unsere neuen Projekte Ländliches Berufsausbildungszentrum Caconda, Provinz Huíla

Francisco Polo Tchivela ist Lehrer und Generalsekretär der OIKOS- Partnerorganisation OJDS, Organização Juvenil para o Desenvolvimento Social (Ju- gendorganisation für Soziale Entwicklung). Er hat während des Bürgerkrieges in Lub- ango in einer Verteilungsstelle für Nahrungsmittel gearbeitet, als die Stadt faktisch von Rebellen eingeschlossen war. Damals kam er auf die Idee, die Zeit, die die oft jugendlichen Bedürftigen erzwungenermaßen in der Stadt als Flüchtlinge verbrach- ten, für ein Ausbildungsangebot zu nutzen. So entstand 1998 OJDS. Heute ist er froh, endlich auch direkt in den „municípios“, den entlegenen Kreisen der Provinz arbeiten zu können, aus denen die meisten Flüchtlinge kamen. Caconda ist für OJDS das erste Berufsausbildungszentrum außerhalb der Provinzhauptstadt.

Es gibt doch in der Provinzhauptstadt Lubango einige Berufsausbildungszentren. OJDS selbst unterhält eines gleich neben der katholischen Mission von Lubango. Warum eröffnet OJDS jetzt ein neues Zentrum in der Kleinstadt Caconda?

Francisco Tchivela: Jetzt, wo die Asphaltstraße fertig ist, sind es zwar bis Lubango nur 3-4 Stunden Fahrt, aber wer von den Jugendlichen, die wir ansprechen wollen, hat schon eine Fahrgelegenheit? Für die armen Jugendli- chen aus Caconda ist Lubango eine andere Welt, die ihnen verschlossen ist. Im Krieg war es zwar so, dass viele Menschen aus diesen Berggebieten im Norden der Provinz nach Lubango flohen und dort bei Verwandten un-

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011 terkamen oder wild eine Lehmhütte bauten, aber heute gibt es das nicht mehr. Wilde Siedlungen werden ein- fach abgerissen, die Regierung duldet das nicht mehr, und für die Leute in der Stadt ist das Leben teuer geworden. Da kann man nicht einfach jemanden aus der Verwandtschaft mit durchfüttern. Wer auf der Straße in Lubango aufgriffen wird, den steckt die Polizei ein paar Tage ins Gefängnis und dann werden diese Jugendlichen in ihre Herkunftsgebiete abge- schoben. Es waren solche Straßenkinder aus Caconda, die es irgendwie bis Lubango ge- schafft hatten und dann in der Verwahrung durch ein Kinderheim landeten. Sie fanden den Kontakt zu unserem Berufsausbildungszentrum in Lubango und schlugen vor, so etwas doch bei ihnen zu Hause aufzubauen. Zum Glück fanden wir dafür Unterstützung bei MINARS, dem Pro- vinzbüro des Sozialministeriums. Die hatten in Lubango viele solche Fälle, Jugendliche aus dem Umland, die auf den Straßen klauten oder Mädchen, die bei Prostitution aufgegriffen wurden. Unser Zentrum in Lubango ist gut bekannt, weil wir auch Journalisten ausgebildet haben, die jetzt bei Radio Lubango arbeiten. Deshalb hat MINARS solche Jugendlichen von der Polizeiwache abgeholt und uns übergeben, zur Ausbildung. Aber unser Zentrum in Lubango ist voll, und wir haben kein Internat. MINARS hatte aber ein leerstehendes Objekt in Ca- conda, das sich als Berufsschule eignen würde. So ist dieses Projekt entstanden.

Bevor Sie das Zentrum eröffnet haben, sind Sie mit dem Team der künftigen Ausbilder durch die Dörfer der Umgebung gezogen, um Werbung zu machen. Warum ist denn so etwas nötig, wenn der Bedarf so groß ist?

Wir wollen ja nicht nur einen kleinen Kreis von Jugendlichen ansprechen, sondern im ganzen Kreis Caconda wirken. Bei diesen Dorfversammlungen ging es aber vor allem um die Mädchen und jungen Frauen aus klein- bäuerlichen Verhältnissen. Selbst wenn sie wüss- ten, dass es das Zentrum gibt, und selbst wenn sie dorthin gehen wollten, ist es in den Bauernfami- lien eigentlich undenkbar, dass eine Tochter ein- fach so weggeht, in die Stadt. Hier musste viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit die Familien erkennen, welche Vorteile nicht nur die Mädchen, sondern auch sie davon haben, wenn sie eine Tochter gehen lassen. Geholfen haben uns dabei ehemalige Absolventinnen unseres Zent- rums in Lubango, die auch aus Dörfern gekommen waren. Sie berichteten über ihren Weg durch die Mädchen bei einer Dorfversammlung in Bissapa, Gebiet Ausbildung und wie sie jetzt durch eine Arbeit Caconda. Geld verdienen und ihren Familien helfen. Wir ha- ben ein ehrgeiziges Ziel, wir wollen etwa zur Hälfte Mädchen ausbilden, gerade in solchen Berufen, die in der Stadt gebraucht werden.

In Deutschland ist es ja so, dass ein Jugendlicher seine Schulausbildung abschließt und dann studiert oder einen Beruf erlernt. Bringen den hier genügend Jugendliche gute Schulabschlüsse mit?

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Unsere Realität nach 27 Jahren Bürgerkrieg sieht natürlich ganz anders aus. Gerade in diesem Gebiet, dass schwer vom Krieg erfasst worden ist, hat kaum ein Jugendlicher eine abgeschlossene Schulausbildung, das heißt bei uns: 8 Klas- sen. Seit Kriegsende 2002 haben zwar viele Jugendliche ein paar Klassen nachgeholt, aber fast die Hälfte hat weniger als 4 Klas- sen. Darauf müssen wir unser Angebot einstellen. Deshalb gibt es viele Plätze für Berufe, bei denen man erst einmal mit den wenigen Vorkenntnissen auskommt, wie Tischler, Koch und Schneider. Aber das Beste bei uns ist die Computerausbildung, da wollen letztlich alle hin. Das gibt eine große Motivation, Schulausbildung nachzuholen. So haben wir bei uns im Berufs- zentrum auch Abendklassen für Nachholer. Sie werden bei uns auch gang verschiedene Altersstufen nebeneinander in einer Klasse finden, Jungs mit 14 und junge Erwachsene mit 30. Computerausbildung in Caconda, Zentrum "Estrela da Huila" der angolanischen NGO OJDS Wenn ein Jugendlicher schon mit einem Schulrückstand zu Ihnen kommt und dann noch Schule und Ausbildung nebeneinander bewältigen muss, hat dann sein Ab- schluss auf dem Arbeitsmarkt überhaupt einen Wert?

Mit den Absolventen aus unserem Zentrum in Lubango haben wir bisher sehr gute Erfahrungen. Aber der Ar- beitsmarkt verändert sich im Moment rasend schnell, weil es durch die vielen Investitionen zu einer starken Veränderung der Arbeitswelt kommt. Kaum eine Institution arbeitet heute noch ohne Computer, selbst hier in Caconda in der Kreisverwaltung stehen schon welche. Den einzigen Copyshop in Caconda betreiben Chinesen, weil niemand sonst die großen Maschinen warten kann. Aber wir werden das ändern, davon bin ich überzeugt.

Ländliches Berufsausbildungszentrum Caconda

OIKOS-Projekt-Nr. A NG- 3 7

Budget 2011: 370 920 €

BMZ 278.190 € Zeitrahmen 15.000 € Stiftung NSB

1 2011 24.709 € lokale Eigenanteil e 53.021 € Spenden

Zielgruppe: Jugendliche davon Mädchen Benachteiligte Jugendliche aus Caconda und 654 321 umgebenden Dörfern

Projektpartner: OJDS Beginn: Jun. 2011

Koordinator: Francisco Tchivela Abschluß: Nov. 2013 € Kosten pro € Tischler Schlosser € 962 Ausbildungsplatz 640 € € € 457 und Jahr, nach €

€ Schneider Elektriker 353 168 Gewerken, 145 222 Gesamtzeit- 624 Hochbauer Informatiker raum Koch, Bäcker Landwirt

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Nachhaltige Waldnutzung mit kleinbäuerlichem Kaffeeanbau in , Provinz Kwanza Sul Albino Chicale ist Direktor der AAD Kwanza Sul und Fachberater für Ländliche Entwicklung. Die AAD (Acção Angolana para o Desenvolvimento, Angolanische Aktion für Entwicklung) war eine der ersten angolanischen Nichtregierungsorganisationen überhaupt. Nach dem Ende des Bürgerkrieges hat sie sich auf die Unterstützung von Kleinbauern in der Küstenprovinz Kwanza Sul, südlich von Luanda spezialisiert. Mit Förderung durch OIKOS beginnt die AAD 2011 ein erstes Projekt zum Waldschutz in Gebie- ten, die von Abholzung und Raubbau am Wald betroffen sind. Dabei kann sich die AAD auf die Erfahrungen mit vorangegangenen Projekten zur Förderung des kleinbäuerlichen Kaffeeanbaus stützen.

Gibt es für die kleinen Bauern im Gebiet Mussende nicht wichtigere Dinge zu tun als den Wald zu schützen?

Albino Chicale: Es sind in der Tat sehr arme Bauern, die seit dem Krieg kaum mehr geschafft haben als einfach zu überleben. Geldeinkommen haben sie in diesem Gebiet seitdem leider nur mit zwei Dingen bekommen: mit Holzeinschlag und der damit verbundenen Köhlerei und als Arbeiter in den Diamantenminen. Beides ist gegen ihre Traditionen, deshalb wollen sie auch davon weg. Dass der Wald in Mussende so stark zurückgegangen ist, hat sehr stark mit dem jahrzehntelan- gen Bürgerkrieg zu tun. Es war ein Ge- biet, in dem sich die verschiedenen Truppen und ihre Generäle am Wald bedient haben, um z. B. den Sold der Soldaten zu bezah- len und sich Geld in die Taschen zu wirt- schaften. Eine staat- liche Waldkontrolle gab es nicht mehr, so bürgerte es sich ein, hier massiv Holz einzuschlagen und in die Städte zu verkaufen. Nach dem Krieg ging das weiter, und viele der kleinen Bauern wurden Teil dieses Geschäfts. Vor dem Krieg waren sie Kaffeebauern, die ein gewisses Einkommen hatten und sich das Recht, Kaffee anzubauen, unter dem Schutz der Missionen er- worben hatten. Im Krieg ist diese Kaffeekultur völlig zusammengebrochen.

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Haben die Bauern nicht versucht, allein wieder zum Kaffeeanbau zurückzukehren?

Das ist nicht so einfach. Der Kaffee war unter den Rebellen als „weiße Kultur“ verpönt, ja verboten. Zwei Jahr- zehnte wurde Kaffee nicht angebaut, da ging viel von dem Wissen verloren. Im Nachkriegsangola interessierte sich zunächst niemand für Kaffee, es gab keine Aufkäufer. Kaffee anbauen und kein Geld dafür bekommen – das bedeutet Hunger. Daher gingen die Bauern zunächst dazu über, Bohnen anzubau- en, denn dafür gab es einen Markt. Bohnen sind aber eine Kurzzeitkultur. Man rodet ein neues Stück Wald, gewinnt davon Holz und Holzkohle, baut dann drei Jahre Bohnen an und gibt das Feld danach auf. So gingen Waldraub und Bohnenan- bau Hand in Hand. Bis die Umgebung der Dörfer so Holzkohle als bäuerliches Notprodukt. Die Dörfer bleiben in weit entwaldet war, dass auch die normale Land- einer entwaldeten Gegend zurück. wirtschaft Schaden nahm. Brunnen trockneten aus, der Boden wurde abgetragen. Deshalb haben viele der Bauern hier begriffen: Waldschutz ist nötig für uns, wenn wir hier weiter leben wollen.

Warum schützt Kaffeeanbau den Wald? Ist Kaffee nicht selbst eine Kultur, die Waldflächen „ver- braucht“?

Was wir hier mit den Kleinbauern wieder oder neu einführen, ist ja nicht der Kaffeeanbau, wie man ihn aus Brasilien oder anderen Großanbauländern kennt. Es geht nicht um riesige Kaffeeplantagen in Monokultur, sondern um kleine, gemischte Parzel- len mit Kaffee. Kaffee ist schließlich ursprünglich ein Wieder liegt ein Stück Wald am Boden, fertig zum Verkauf. Waldbaum, und er lässt sich mit einigen Kenntnissen gut in Gesellschaft anderer Bäume anbauen. Dieser „Kaffeewald“ ist natürlich kein Primärwald, aber es ist ein Wald, hält Grundwasser und Boden und ist Lebensraum für Tiere. Der zweite Gesichtspunkt ist: Kaffee gibt nachhaltige und kalkulierbare Einkommen. Wer Kaffee anbaut, braucht nicht mehr Geld mit Holzraub und Köhlerei zu verdie- nen. Diese Bauern haben das auch nie gemocht, sie hassten diese schmutzige Arbeit.

Ist Kaffeeanbau die einzige Maßnahme gegen den Waldverlust im Projekt?

Es ist in diesem Projekt der Kern, weil er das Interesse der Bauern am Gelderwerb, an einem Kleine Kaffeebäumchen unter dem Schutz von Schattenbäu- Ausweg aus der Armut mit dem Waldschutz men. verbindet. Das ist eine starke Motivation. Aber natürlich beschränkt sich das Projekt nicht darauf. Kaffee in kleinbäuerlichem Anbau braucht Beimischung, braucht Schattenbäume, andere Nutzbäume als Nach- barn, braucht Windschutzstreifen. Deshalb lernen die Bauern auch andere Bäume heranziehen und pflanzen, sie lernen die Wechselwirkungen zwischen ihnen und den jeweiligen Nutzwert.

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Nachhaltige Waldnutzung mit kleinbäuerlichem Kaffeeanbau in Mussende

OIKOS-Projekt-Nr. A NG- 3 8

Budget 2011: 492.724 €

BMZ 369.543 € 15.619 € Stiftung NSB

1 34.452 € lokale Eigenanteil e 73.110 € Spenden

Zielgruppe: Kleinbäuerliche Bevölkerung im Projektgebiet: … im Kaffeeanbau, Aufforstung 287 Fam. Zeitrahmen … in Bewässerungslandwirtschaft 154 Fam.

… Handwerk, Waldimker 54 Fam. 2011

… Dorfmühlen 4050 Frauen

Projektpartner: AAD Beginn: Oktober 2011

Koordinator: Albino Chicale Abschluß: September 2014

Geplante Kosten 341 € pro Familie und Jahr Kaffee, Aufforstung 257 € Bewässerung 169 € 78 € Handwerk

Dorfmühlen

Anzucht von Kaffeesetzlingen in einer kommunalen Baumschule in der Provinz Kwanza Sul.

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Unsere Auslandsprojekte bis 2011

OIKOS-Auslandsprojekte 1990-2011 Lfd. Projektkurztitel OIKOS Land Partner Kofinanzierung BeginnAbschlussGesamtausgaben Nr. Titel vor Ort (€) Abgeschlossenen Projekte inkl. lokale Eigenmittel 1 Konversion I, Operation Lifeline, ETH-1 Äthiopien LWF, DWHH BMZ Sep 90 Jun 91 Gesamtsumme s. 3 Transportsicherstellung Nothilfe 2 Konversion I, Transportsicherstellung Nothilfe MOC-1 Mocambique DWHH BMZ Sep 90 Jun 91 Gesamtsumme s. 3 3 Konversion I, Operation Friedenskorridore, ANG-1 Angola DWHH, AAD BMZ Sep 90 Okt 91 673.167 € Transportsicherstellung Nothilfe 4 Konversion II, Flüchtlingsrepatriierung, ANG-2 Angola AAD BMZ Feb 91 Jul 91 700.209 € Transportsicherstellung Nothilfe 5 Basisgesundheitsversorgung für Flüchtlinge in ANG-3 Angola AAD VR-NS Dez 92 Dez 93 22.236 € Viana/Luanda 6 Landwirtschaftliche Starthilfe für ANG-4 Angola AAD VR-NS Mai 93 Nov 94 41.520 € Bürgerkriegsflüchtlinge/Maismühlen Uku Seles 7 Förderung der Kleinen Küstenfischerei ANG-5 Angola AAD VR-NS Aug 93 Mrz 95 113.536 € 8 Kfz-Ausbildungswerkstatt für Jugendliche in ANG-6 Angola AAD VR-NS Sep 93 Mai 95 37.233 € 9 Landwirtschafts-Studie (Provinz ANG-7 Angola AAD VR-NS Okt 93 Dez 93 2.131 € Benguela) 10 Nähwerkstatt für eine Frauen-Kooperative in Bissau BIS-1 Guinea-Bis. Al Ansars VR-NS Okt 93 Mai 94 8.751 € 11 Ausrüstungshilfe für das Provinzhospital ANG-8 Angola AAD VR-NS, Land Berlin Jun 94 Dez 94 16.530 € 12 Erstausrüstung des Provinzhospitals ANG-9 Angola AAD NSB, Land Berlin Dez 94 Dez 95 65.318 € 13 Rekonstruktionsmaßnahmen im Hospital Ondjiva ANG-10 Angola AAD Land Berlin Dez 94 Dez 95 10.226 € 14 Kleinkredit-Studie in den Provinzen Namibie, Cunene ANG-11 Angola CAP NSB, Land Berlin Jan 95 Dez 95 12.025 € und Huila 15 Reintegration von Straßenkindern in Luanda ANG-12 Angola POSOCA NSB, Umverteilen! Jan 96 Dez 96 27.915 € 16 Landwirtschafts-Rehabilitation für ANG-13 Angola AAD BMZ, NSB Jun 95 Feb 98 232.554 € Bürgerkriegsflüchtlinge in Kwanza Sul 17 Soforthilfe Gesundheitsversorgung Südangola ANG-14 Angola AAD/FAS Diakonie/Ref. Okt 96 Dez 96 24.178 € 18 Wiederaufbau von Basisgesundheitsstrukturen in ANG-15 Angola AAD BMZ, NSB Jan 97 Okt 99 296.167 € Cunene 19 Ausbildunghilfe für kleine Küstenfischerei in Luanda ANG-16 Angola AAD OIKOS Mai 96 Mai 97 5.655 € 20 Feldstudie zur Rehabilitation der kleinbäuerlichen Ang-17 Angola AAD OIKOS Mai 95 Mai 96 1.015 € Landwirtschaft in und Caala () 21 Berufliche Ausbildung von Straßenkindern in Luanda ANG-18 Angola POSOCA BMZ, NSB Jul 99 Okt 01 80.525 € 22 Kleinbäuerliche Bewässerungslandwirtschaft in ANG-19 Angola AAD BMZ, NSB Jul 99 Dez 02 433.329 € Kwanza Sul 23 Einführung von Alternativkulturen in Kwanza Sul ANG-20 Angola AAD BMZ, NSB Jan 00 Dez 03 340.922 € 24 Integrierte ländliche Rehabilitation in Cunene ANG-21 Angola MAFIKU BMZ, NSB Jun 00 Nov 02 294.290 € 25 Landwirtschaftsrehabilitation für ANG-22 Angola MAFIKU BMZ, NSB Apr 01 Dez 04 310.369 € Bürgerkriegsflüchtlinge in Arimba 26 Förderung des traditionellen Kleinhandwerks in ANG-23 Angola AAD NSB Nov 01 Dez 02 26.125 € Kwanza Sul 27 Ländliche Rehabilitation in Cunene ANG-24 Angola MAFIKU BMZ, NSB Jan 03 Okt 04 226.160 € 28 Berufsförderung und zivilgesellschaftliche Erziehung ANG-25 Angola POSOCA BMZ, NSB Dez 03 Jul 05 199.984 € benachteilgter Jugendlicher, Luanda 29 Wiederaufbau der Landwirtschaft in Kwanza Sul Ang-26 Angola AAD BMZ, NSB Nov 04 Apr 07 504.480 € 30 Ländlicher Wiederaufbau in Cunene Ang-27 Angola MAFIKU BMZ Mai 05 Mai 07 518.051 € 31 Wiederaufbau der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Ang-28 Angola MAFIKU BMZ, NSB Mrz 06 Apr 08 506.146 € 32 Berufsausbildungszentrum Lubango Ang-29 Angola MINARS, BMZ Nov 06 Apr 10 334.281 € 33 Biokaffeeanbau in Rücksiedlungsgebieten Ang-30 Angola AAD BMZ, NSB Mai 07 Apr 09 454.380 € kleinbäuerlicher Bürgerkriegsflüchtlinge, 34 Ländliche Entwicklung Cunene Ang-31 Angola MAFIKU BMZ, NSB Nov 07 Okt 09 607.827 € 35 Förderung des kleinbäuerlichen Kaffeeanbaus in Ang-32 Angola MAFIKU BMZ Dez 07 Mrz 10 630.758 € 36 Kleinbäuerliche Familienlandwirtschaft in Cassongue Ang-34 Angola AAD BMZ Jan 09 Dez 10 543.061 € 37 Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Ang-33 Angola MAFIKU BMZ, NSB Jan 09 Apr 11 652.260 € Kaffeeanbaugebieten des Caconda-Hochlands Summe 8.953.314 € Projekte in Durchführung 38 Ernährungssicherung und kleinbäuerlicher Ang-35 Angola MAFIKU BMZ Nov 09 Feb 12 641.112 € Kaffeeanbau Chicuma 39 Ländliche Entwicklung am Cunene-Fluss und im Ang-36 Angola MAFIKU BMZ, NSB Aug 10 Sep 12 624.952 € Hirsegürtel, Cunene 40 Ländliches Berufsausbildungszentrum Caconda Ang-37 Angola OJDS BMZ, NSB Jun 11 Nov 13 522.564 € 41 Nachhaltige Waldnutzung mit kleinbäuerlichem Ang-38 Angola AAD BMZ, NSB Okt 11 Sep 14 659.980 € Kaffeeanbau in Mussende 42 Kleinbäuerliche Landwirtschaft am Sopé da Gonga Ang-39 Angola AAD BMZ Dez 11 Nov 14 584.272 € Summe 3.032.880 €

Gesamt (abgeschlossene und laufende Projekte) 11.986.194 € Abkürzungen: NSB: Stiftung Nord-Süd-Brücken, Berlin; Umverteilen!: Stiftung Umverteilen!, Berlin; BMZ: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; VN-NS: Verteilerrat Nord-Süd, Berlin (bis 1994); DWHH: Deutsche Welthungerhilfe; LWF: Lutherischer Weltbund; AAD: Angolanische Aktion für Entwicklung, Sumbe/Angola; MAFIKU: Organisation zur Förderung der Gemeindeentwicklung, Lubango/Angola; CAP: Caixa Agropecuaria e pescas, Luanda/Angola; POSOCA: Sozialprogramm für Straßenkinder der Vereinten Methodistichen Kirche, Luanda/Angola; OJDS: Jugendorganisation für Soziale Entwicklung, Lubango/Angola; MINARS: Ministerium für Soziale Reintegration, Lubango/Angola; FAS: Fundo de Apoio Socia, Ondjiva/Angola

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

NEUES – Unsere entwicklungspolitische Inlandsarbeit

Die Kernmaßnahme der Inlandsarbeit in 2011 war das Jahresprojekt NEUES. Sie wurde in 4 Bundesländern umgesetzt: Berlin, Sachsen (Einsiedel), Sachsen-Anhalt (Halle/ Saale, Magdeburg, Westerhausen) und Thürin- gen (Jena). NEUES hatte die Durchführung von Bildungsleistungen rund um die Millenniumsziel-Thematik (MDG) zum Gegenstand und verband dieses mit der Entwicklung von neuen Kooperationsansätzen zu Akteuren der Kinder-, Jugend und Familienbildung wie Trägern der Freien Jugendhilfe, die bislang nicht oder nur partiell an der entwicklungspolitischen Bildungs- und Aktionsarbeit teilnehmen. Weiterhin ging es um die Ausarbeitung praxistauglicher Ansätze der Nutzung elektronischer Medien wie smart-board (elektronische Wandtafel) und Videokonferenz basiertem Unterricht im Bereich der entwicklungspolitischen Bildungs- und Öffentlichkeitsar- beit.

Ganzjährig wurden in diesem Kontext 106 Veranstaltungen durchgeführt, davon 84 Geschlossene Aktivitäten wie Projekttage, Workshops und Seminare sowie 22 Offene Angebote wie beispielsweise Event bezogene Ani- mationen. Hinzukommen noch rd. 200 Stunden Beratungsleistungen für Multiplikatoren/innen vorwiegend der Kinder- und Jugendarbeit sowie bei der Entwicklung von Modulen für das smart-board. Unsere Angebote wur- den von 1.865 Personen genutzt. Mehrheitlich waren es Kinder und Jugendliche. In NEUES eingebunden waren zudem rd. 350 erwachsene Multiplikatoren/innen. Gearbeitet wurde in Schulen und Einrichtungen der Träger der Freien Jugendhilfe.

Gegenstand der Leistungen des Vereins für und mit Kindern und Jugendlichen (Zielgruppe 1) war die Erhöhung ihres Wissensniveaus über Millenniumsentwicklungsziele (MDG) sowie die Vermittlung von Kompetenzen, hier aktiv werden zu können. Und nicht zuletzt ging es darum, Motivationen, Wissen und Kompetenzen in konkrete Taten münden zu lassen. Gearbeitet wurde in den Regel mit Geschlossenen Angeboten wie Projettagen oder Kleinworkshops (z. B. im Nachmittagsbereich von Ganztagsschulen) mit einer Dauer in der Regel von 5 Stunden (incl. Vor- und Nachbereitung vor Ort). Leistungen für die Zielgruppe 2, den Multiplikatoren/innen, waren Se- minare und Beratungen.

Ein weiterer Schwerpunkt mit innovativem Charakter war die Ausarbeitung von Lernmodulen für die elektroni- sche Wandtafel. Entworfen wurden Module für die Themenfelder „Umwelt- und Artenschutz“ sowie „Ernäh- rung“. Auch in 2011 setzten wir bei der Durchführung vieler Aktivitäten wieder vorrangig Bildungsexper- ten/innen mit Migrationshintergrund ein.

Grundsätzlich zielte NEUES darauf, am Beispiel der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) das Wissen der Ziel- gruppen über Aspekte der Entwicklungspolitik/ Entwicklungszusammenarbeit und die Akzeptanz dieser Grup- pen für die entwicklungspolitischen Anstrengungen der öffentlichen wie auch privaten Hand zu vertiefen. Auf einer weiteren Zielebene ging es um die Gewinnung und Qualifizierung neuer Akteure und Kooperations- partner für das Globale Lernen.

Die Kernaktivitäten der Inlandsarbeit wurden durch unsere Mitarbeit in den entwicklungspolitischen Netzen auf Landes- und Bundesebene ergänzt.

Die Ausgaben der Inlandsarbeit des Vereins lagen in 2011 bei 37.806 €. Gefördert wurden sie vor allem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (19.000 €), des Landes Berlin (10.000 €) sowie der Stiftung Nord-Süd-Brücken (5.000 €).

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Bestellbare Materialien

Projektbetreuungsreisen sind in jedem Jahr ein Höhepunkt unserer Arbeit, sie erbringen nicht nur die notwen- digen Projektberichte, sondern auch viele fotografische Dokumente über die Lebensrealität in den Projektge- bieten. Doch nicht nur die OIKOS-Mitarbeiter, die die Projekte in Angola koordinieren, zunehmend auch unsere angolanischen Projektteams tragen zu diesem umfassenden Fundus bei.So gibt es zu jedem Projekt eine um- fangreiche Fotodokumentation, die Einblick in das Leben unserer Zielgruppen gewährt. Die Fotos sind nicht das Ergebnis eines professionellen, arrangierten Fotoshootings, sondern entstehen am Rande der täglichen Arbeit des angolanischen Projektteams, das mit den Bauern auf dem Feld, in den Hütten und unter dem Versamm- lungsbaum die kleinen und großen Fortschritte des Projektes erlebt und auch Probleme nicht ausspart. Für dieses Material gibt es auch einen praktischen Nutzen vor Ort: Bauern können so von Dorf zu Dorf lernen und vergleichen. Manchmal sind die Fotodokumentationen zugleich Handbücher, z. B. für den Kaffeeanbau.

Im Rahmen unserer Bildungsarbeit bieten wir an, Interessenten über die Projektarbeit von OIKOS in Angola zu informieren. Z. B. helfen wir bei der Gestaltung entwicklungspolitischer Projekttage an Schulen. Dazu können Materialien zu unserer Projektarbeit in der Geschäftsstelle bezogen werden.

Hier bieten wir eine Auswahl aktueller Materialien an:

Nr. Beschreibung Format Cover 1 Mühlen, Saat und Motorpumpen. Für einen Neubeginn Film, DVD der Kleinbauern in Angola (2005)

2 Kaffee - Angolas Braunes Gold. Auf der Suche nach einer Film, DVD verlorenen Kultur (2009)

3 Förderung des kleinbäuerlichen Kaffeeanbaus in Fotodokumentation, Huíla/Angola Broschüre Projekt von OIKOS EINE WELT e. V. zum Wiederaufbau der kleinbäuerlichen Familienlandwirtschaft in ehemaligen Kriegsgebieten der Provinz Huíla

2007-2010 4 Kleinbäuerliche Landwirtschaft in Kaffeeanbaugebieten Fotodokumentation, Cacondas Broschüre Ein Projekt von OIKOS EINE WELT e. V. zur Ländlichen Entwicklung in ehemaligen Bürgerkriegsgebieten der Provinz Huíla (Angola)

2008-2011 5 Kleinbäuerliche Familienlandwirtschaft in Cassongue / Fotodokumentation, ANGOLA Broschüre Abschluss eines Projekts von OIKOS EINE WELT zum Wie- deraufbau der kleinbäuerlichen Familienlandwirtschaft in ehemaligen Bürgerkriegsgebieten der Provinz Kwanza Sul

2009-2010 6 Nach der Not – Portrait einer Kleinbauernfamilie im Huíla- Film, DVD Bergland. (2011)

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OIKOS e. V. Jahresbericht 2011

Geschäftsstelle Greifswalder Str. 33 a 10405 Berlin

Telefon +49 (30) 42 85 20 73 Fax +49 (30) 42 85 20 73 E-Mail [email protected] Webseite www.oikos-berlin.de

Spendenkonto: Berliner Volksbank Konto-Nr. 5744146005 BLZ 10090000

Vereinsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Reg. Nr. 10614 Nz Gemeinnützigkeit Bestätigt durch Finanzamt für Körperschaften Berlin I Steuer-Nr. 27/674/50239

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