MEER UND MUSEUM

BAND 8 lnhalt Seite

1991 - ein entscheidendes Jahr z- | in der Entwicklung des Meeresmuseums S. Streicher

Weichtiere in Ausstellung und Sammlung des Meeresmuseums E. Hoppe 8-18

Mollusken für die Ausstellung - Nachbildungen von Wdchtieren in der Präparationswerkstatt des Meeresmuseums U. Beese, A. Goldbecher 19-27

Weichtiere im Meeresaquarium K.-H. Tschiesche 28-33

Zur Weichtierfauna des nordwestlichen lndik - Mit einer Übersicht der bei den Expeditionen der Universitäl Rostock und des 34 63 Meeresmuseums Stralsund gesammelten Arten W. Wranik, M. Saad

Weichtiere auf Briefmarken H. Schröder 64-67

Miesmuscheln aus der Ostsee - Zum Vorkommen und zur Möglichkeit der fischereilichen Nutzung von Mìesmuscheln in der Mecklenburger Bucht U. Böttcher, Th. Mohr 68-74 75-77 Austernzucht in der Nordsee K. Schümer

Ressourcen im SW-Atlantik - 78-82 Zum Fang des Argentinischen Kurzflossenkalmars A. Sievert

,,Muscheln und Schnecken" - 83 eine Lehrveranstaltung für Schüler U. Mascow

Robben in der Ostsee (ll) - Erstnachweis einer Bartrobbe und weitere Robbenvorkommen an der KÜste Mecklenburg-Vorpommerns K. Harder 84-85

Ein Jahr Verein der Freunde und Förderer des Meeresmuseums Stralsund e. V. (VFFM) R. Reinicke 80-87 ,

Buchbesprechungen 87-88

Titelfoto: Die naturgetreue Nachbildung eines großen Kraken ist ein besonderer AnzìehungspunK für die Besucher der Abteilung Weichtiere in derAusstellung ,,Mensch und Meer" MEER UND MUSEUM

Band B

Schnecken, Muscheln, Kopffußer - über Weichtiere aus dem Meeresmuseum

Schriftenreihe des Meeresmuseums Stralsund

Museum für Meereskunde und Fischerei

1992 1991 - ein entscheidendes Jahr in der Entwicklung des Meeresmuseums

S. Streicher

Ein so bewegtes Jahr wie das vergangene gab es bisher fünf große Sonderausstellungen, kaum in der vierzigjährigen Geschichte unseres Museums. Eruueiterung der Sammlung um über 800 Objekte Was in diesem Jahr an Forschungs- und Ausstellungsvor- (Zoologie, Geologie, Fischerei u. a.),277 Farbdias und haben, an Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit, an Bau- 7 24 Bücher - und Zeitschriftentitel, arbeiten, Modernisierungen und Enveiterungen verwirklicht 965000 DM Einnahmen, wurde, ist beachtlich. Eröffnung eines Museumscafés und eines Museums- Aufgrund der damals allgemeinen Verunsicherung der ladens sowie Fedigstellung weiterer Abschnitte der Kultureinrichtungen konzentrieden wir unsere Bemühungen ständigen Ausstellung ,,Mensch und Meer", bewußt darauf, unsere lnstitution in dieser Phase des Neueinrichtung des,,Ausstellungszentrums Leucht- gesellschaftlichen Umbruchs unbedingt vor jeglichem Sub- turm Darßer Ort" (lnformationszentrum zum National- stanzverlust zu bewahren. Und dieses Ziel haben wir - park Vorpommersche Boddenlandschaft), sogar wesentlich besser als vorauszusehen war - erreicht. umfangreiche Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten Doch wir konnten nicht nur unsere langfristig angelegten sowie Forschungs- und Ausstellungsvorhaben kontinuierlich fort- erhebliche Neuausrüstungen. setzen, sondern uns auch durch technische Neuausstattun- gen vielfach bessere Arbeitsvoraussetzungen schaffen. Dar- Grundvoraussetzungen für diese positive Bilanz waren über hinaus wurden einige dringend erforderliche Werterhal- gewiß vor allem die Sachkenntnis, das Verantwortungsbe- tungs- und Sanierungsarbeiten realisied oder begonnen. wußtsein, der ldeenreichtum und der Elan, mit denen das Nach den guten Erfahrungen und Ergebnissen im Jahre Museumsteam die vielfältigen kulturellen und wissenschaft- 1990 sahen wir aber auch recht große Chancen für die lichen Aufgaben bewältigte. weitere Entwicklung unseres lnstituts. Deshalb wollten wir jede Möglichkeit nutzen, um den Ausbau des Meeresmu- seums und -aquariums fotlzusetzen und um gerade in dieser bewegten Zeit das kulturelle Angebot für die Men- Das Meeresmuseum bleibt Besuchermagnet schen in unserer Region stark zu erweitern. An ldeen und Projekten mangelte es uns noch nie. Also galt es ,,nur", die Bekanntlich war das Meeresmuseum mit jährlich etwa neuen Möglichkeiten zu nutzen und Geldgeber auf den 800000 Gästen lange Zeit das meistbesuchte Einzelmuse- verschiedenen Ebenen zu finden. Offenbar überzeugten um in der ehemaligen DDR. Besonders in den Sommermo- unsere gut vorbereiteten und klar begründeten Vorhaben naten stauten sich oft über einhundert Meter lange Besu- die Verantworllichen. Auf alle Fälle erhielten wir durch Bund cherschlangen vor den Kassen. Bei 10000 bis 14000 und Land eine gute Förderung, erwidschafteten aber auch Gästen am Tag war das Museum dann allerdings völlìg selbst relativ hohe Einnahmen. Dadurch konnten viele Vor- überfullt. Das führte zu einer für Besucher und Museums- haben zusätzlich verwirklicht werden, mitarbeiter unzumutbaren und kaum zu verantwortenden So wichtig diese Förderungen sowie die UnterstÜtzung Situation, seitens des Senats unserer Stadt auch waren, die Vorbe- Nach der Öffnung der Grenzen war es für uns von vornhe- reitung, Leitung und Realisierung der meisten Zusalzvor- rein klar, daß es diesen mitunter unerträglich hohen Mas- haben lag letztens einzig und allein in der Verantwortung senansturm auf unser Haus nicht mehr geben wird. Die unseres Teams. Somit ergab sich für die unmittelbar dafÜr neuen Reisemöglichkeiten, das breiter werdende touristi- verantworllichen Museumsmitarbeiter ein fast unedräglich sche Angebot, der erhebliche Rückgang der Urlauberzah- hohes Arbeitspensum. len an der Ostseeküste und das sich nun auch bei den Überhaupt war das vergangene Jahr für das Meeresmuse- Menschen im Osten Deutschlands herausbildende Kon- um ein sehr anstrengender und arbeitsintensiver ZeiIraum. sumverhalten mußten sich auf dieZahl der Museumsbesu- Rückschauend sehen wlr aber, daß sich dieser besondere cher auswirken. Eine bislang völlig unzureichende Ver- Einsatz gelohnt hat, Daß wir gerade im Jahr des 4Ojährigen kehrserschließung Stralsunds erschwert es den am Muse- Bestehens unseres Museums in fast allen Arbeitsbereichen umsbesuch interessieften Touristen außerdem, ohne Pro- des Meeresmuseums und -aquariums auf außerordentlich bleme zum Meeresmuseum oder zumindest in unsere hohe und gute Arbeitsergebnisse ven¡veisen konnten, freut Stadt zu gelangen. uns sehr. Unter diesen Aspekten ist es sicherlich beachtlich, daß Nachstehende Ergebnisse charakterisieren das 1 991 das Meeresmuseum 1991 mit immerhin 403638 Besu- Erreichte: chern weiterhin der Anziehungspunkt an der deutschen . 403668 Besucher, Ostseekuste war. Es gehöd damit zu den bestbesuchte- - 467 Fuhrungen, sten Museen ganz Deutschlands. Entsprechend unseren . 124 Vorträge und weitere Veranstaltungen mit über Erfahrungen wird die Besucherzahl des Meeresmuseums, 15000 Besuchern (!), nach Lösung der Verkehrsprobleme und Beendigung des

2 Museumsaufbaus, wahrscheinlich wieder auf eine Dreivier- telmillion ansteigen, Ein so herausragender Besuchermagnet ist zweifelsohne auch ein beachtenswefter ökonomischer Faktor für Meck- lenburg-Vorpommern. Von großem Vorteil für alle ist es, daß der Besuch des Meeresmuseums jetzt im allgemeinen kulturvoller und intensiver edolgen kann als bei der vorher zu verzeichnen- den ÜberJüllung. Dabei dominiert nach wie vor der Einzel- und Familienbesuch, denn nur 13 Prozent der Gäste kamen in Gruppen in unser Museum, die meisten von ihnen, um hier an den unterschiedlichsten museums- pädagogischen Veranstaltungen teilzunehmen. lnteressan- terweise ist bei den Einzelbesuchern der Anteil der Kinder von einst 40 auf 30 Prozent zurückgegangen. Vielleicht ist das mit dadurch begründet, daß - so unsere Feststellung - vor allem die zunehmende Gästeschar aus den alten Bun- desländern meist ohne oder mit wenigen Kindern unser Museum besuchte. Der Anteil der Besucher aus dem Westen unseres Vater- Anläßlich des 40. Gebudstages des Meeresmuseums am 6.Juli landes ist verständlicherweise stark angestiegen, Prozen- .1991 wurde die Cafeteria eröffnet. tuale Aussagen sind uns gegenwärtig allerdings nicht mög- lich, Was uns aber besonders erfreut, ist die recht positive Resonanz, die unser Museum bei den zahlreichen Gästen Darum hatte die Öffentlichkeitsarbeit, wie die Ergebnisse und Fachleuten aus den alten Bundesländern findet. Viele belegen, mit Recht einen Vorrang erhalten. Trotzdem konn- dieser Besucher wirken bereits jetzt als Multiplikatoren und ten wir in dieser Zeit unsere wissenschaftliche Arbeit qualita- machen dadurch das Meeresmuseum zunehmend im tiv verbessern und vor allem die Kooperation mit westdeut- westlìchen Teil Deutschlands bekannt. schen Forschungseinrichtungen intensivieren. Die Durchführung von wissenschaftlichen Fachtagungen, Workshops und Seminaren im Meeresmuseum Stralsund, Wissenschaftliche Zusammenarbeit wächst beispielsweise zur Meeressäugerforschung, gab unserer wissenschaftlichen Arbeit neue lmpulse. En¡rähnenswert ist ln dieser Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs erschien es hier auch die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Natur- uns zunächst besonders wichtig, daß die Arbeit unseres wissenschaftlicher Museen des Deutschen Museumsbun- Museums und seine Bedeutung in der Öffentlichkeit immer des, die in Waren/Müritz und Stralsund und damit erstmalig wieder und in vielfältiger Form bekanntgemacht werden. in den neuen Bundesländern stattfand. Das recht positive

Der außerordentlich hohe Besucherstrom reißt nicht ab. OMuR Dr. Die Bauarbeiten im Erueiterungstrakt des Meeresaquariums gin- Sonnfried Streicher (rechts) begrüßte bereits am 2O.August den gen 1991 zügig voran. 250000. Besucher des Jahres 1991.

3 Weichtiere interessante Einblicke in die Lebensweise dieser Tiere, aber auch in widschaftliche und umweltorientierte Probleme. So wird zum Beispiel bei der Darstellung der Kalmare verdeutlicht, daß man wirksame Fangmethoden d und Schutzmaßnahmen nur wählen kann, wenn die Lebensweise dieser Tiere gut bekannt ist. En¡vähnenswert für diesen Ausstellungsabschnitt ist auf alle Fälle noch die I Aufstellung des außerordentlich gelungenen Präparates I eines großen Kraken. Es vernrittelt nicht nur interessante lnformationen uber die Lebensweise dieser früher als Fabelwesen gedeuteten Kopffußer, sondern ist zugleich ein sehr attraktives, emotional wirkendes Exponat. Die Aquarienausstellungen verdanken ihre Wirksamkeit vor allem dem dorl gehaltenen Tierbestand, der Ausgestaltung der Becken und dem gesundheitlichen Zustand der gezeig- ten Tiere. Hier wurden die bestehenden Anlagen, dank der jetzt zugänglichen neueren Aquarientechnik, erheblich modernisiert und die Ausgestaltung einiger Schaubecken verbessert. Die Beschaffung vor allem tropischer Mee- restiere über den Tierhandel ist nunmehr im allgemeinen, Fer¡enprojektwoche ,,Ein Meerestier zum Kuscheln - Kinder nähen vorausgesetzt das Geld ist vorhanden, problemloser Stoftiere". geworden. Durch die guten Haltungsergebnisse in unse- rem Aquarium waren 1991 jedoch nur ganz geringe Neu- Urteil der zahlreichen Fachkollegen aus Deutschland, Öster- zugänge erlorderlich. Angaben über die Zahl der Tierarten reich und der Schweiz bestärkte uns in unseren Absichten, und lndividuen sind - speziell bei den Wirbellosen - kompli- den eingeschlagenen Weg forlzusetzen. zier1. Nach unseren Erfassungen wurden insgesamt etwa Die zunehmende Mitarbeit von Wìssenschaftlern des Mee- 250 Tieraden in unseren Meeresaquarien gehalten, darun- resmuseums in verschiedenen nationalen und internationa- ter 154 Fischarten mit 540 lndividuen. An Wirbellosen len Forschungsgremien, aber auch die Herausgabe des waren über 80 Aden zu sehen und von den Meeresschild- Bandes 7 der museumseigenen Veröffentlichungsreihe kröten alleìn drei Aden mit zehn lndividuen. Nachzuchten ,,Meer und Museum" sowie die Fortsetzung der Betreuung gelangen bei zwei Fischaden und 23 Arten der Wirbellosen. des ,,Küstenvogelschutzgebietes lnseln Oìe und Kirr" Vielleicht weniger bekannt, aber doch recht beliebt ist die waren Ausdruck der wissenschaftlichen Wirksamkeit unse- Ausstellung des Museums-Zeesenbootes im Hafen von rer lnstitution. Wustrow. Hier wurde die kleine Freiluftausstellung erneuert und erfreute sich eines regen Zuspruchs.

Rege Ausstellungstätigkeit Die vier Kraniche für die geplante Vitrine ,,Kranichzug an der Ost- see" gehören zu den wertvollsten Präparaten, die im Berichtsjahr So wichtig auch die Durchführung von Sonderausstellun- angefertigt wurden. gen ist, entscheidend für die öffentliche Wirksamkeit ist aber letztens stets die Qualitat und Aktualität der ständigen Ausstellungen. Wir selbst haben unsere Gesamtkonzeption bisher nur zum Teil realisieren können. Da der Umfang der völlig neu aufzubauenden Expositionen recht beträchtlich ist, tragen große Ausstellungsbereiche - wenn das auch kaum auffällt - immer noch provisorischen Charakter bzw. bedurfen bereits wieder der Aktualisierung. Deshalb bemühen wir uns jetzt intensiv darum, unsere Ausstellungs- konzeption Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen. Schwerpunkt bildet dabei der Neuaufbau der sehr umfang- reichen Exposition ,,Mensch und Meer" , die die gesamte obere Etage der Katharinenhalle einnehmen wird. Es han- delt sich hier um eine problem- und umweltorientiede Aus- stellung, in der am Beispiel ausgewählter Tiergruppen die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und den Lebewe- sen des Meeres dargestellt werden. Mit der Fertigstellung der Abschnitte ,,lVuscheln und Schnecken" sowie ,,Kraken und Kalmare" erfolgte 1991 hier eine beträchtliche En¡uei- terung. Dadurch erhält der Besucher am Beispiel der

4 '1991 wurde der Hof vor dem Westgiebel neu gestaltet und in das Frau Dr. Brigitte Lohff eröfinet am 1O.März 1991 die Sonderaus- Freigelände einbezogen, das dem Besucher zugänglich ist. stellung ,,Schwebendes Leben im Meer - 100 Jahre Kieler Meeres- forschung".

Sonderausstellungen haben wir aufgrund des sowieso übermäßig hohen Besuchs unseres Museums in den ver- gangenen Jahren praktisch kaum gezeigt. Um aber beson- ders für die eigene Bevölkerung jetzt noch wirksamer zu werden, bereicherte das Meeresmuseum 1991 mit folgen- den recht umfangreichen Sonderausstellungen das kultu- relle Leben in unserer Region: . ,,REM - Unsichtbares sichtbar gemacht" Natunrvissenschaftliches Museum Osnabrück 16. Dezember 90 bis 03. März 9'1 " ,,Schwebendes Leben im Meer - 'l 00 Jahre Kieler Meeresforschung" Universität Kiel 10. lVärz 91 bis 26 .Mai 91 . / Ozonloch" ,,Treibhauseffekt Vitrineneinrichtung in der neuen Abteilung Weichtiere der Ausstel- lVluseum für Naturkunde Münster Westfälisches lung ,,Mensch und Meer". 16. September 91 bis 26. Januar 92 . ,,Rettet die Nordsee" Landesamt Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Tönning 09. Juni 9'1 bis 01. September 91 . ,,Schutz dem Strelasund" Meeresmuseum Stralsund 09. Juni 91 Eröffnung der aktualisierlen und neuauf- gebaulen Ausstellung

Vor allem die Sonderausstellungen aus den alten Bundes- ländern fanden viel lnteresse bei den zahlreichen Besu- chern, Wir sind den westdeutschen Kollegen sehr dankbar, daß sie uns auf unkomplizierle und kollegiale Weise diese Ausstellungen überließen. Andererseits war es gewiß auch für diese Museen günstig, sich in den neuen Bundeslän- dern vorstellen und mit ihren Ausstellungen viele tausend Besucher erreichen zu können.

.1991 Die Sonderausstellung ,,Rettet den Strelasund" wurde aktua- lisierl und neu aufgebaut.

5 lm Leuchtturmgehöft Darßer Ort entstand das Ausstellungs- und lm Museumsladen werden seit 1991 maritime Souvenirs, Muse- lnformationszentrum über den Nationalpark Vorpommersche Bod- umspublikationen und fachbezogene L¡teraiur angeboten. denlandschaft.

Wichtige Erweiterungen lungsfläche und rund einer halben lv'lillion Besucher ist heute ohne Cafeteria nicht mehr denkbar. Es ist gewiß charakteristisch fur das Engagemeni unserer Und schließlich machte die Erweiterung des Meeresaqua- Kollegen, daß sie auch unter komplizierten Bedingungen riums gute Fortschritte, so daß wir fest mit der Eröffnung den langfristig geplanten Ausbau des Meeresmuseums des neuen tropischen Meeresaquariums im Jahre 1992 und -aquariums konsequent fortsetzten und neue Projekte rechnen konnten. in Angriff nahmen . Das ,,Ausstellungs- und Informationszentrum Darßer Ort" ist dafür ein Beispiel. Dank des Entgegenkommens des Umf angreiche Offentlichkeitsarbeit Wasser- und Schiffahrtsamtes Stralsund konnte das Mee- resmuseum den recht umfangreichen Gebäudekomplex Wer jetzt unser l\¡luseum besucht, wird sehr oft auf des ehemaligen Leuchtturmgehöfts in Nutzung überneh- Fuhrungen, Gruppenbeschäftigungen und andere päda- men, Mitten in der Kernzone des Nationalparks Vorpom- gogische Veranstaltungen stoßen. Das zwar immer noch mersche Boddenlandschaft gelegen, richteten wir hier in stark genutzte, aber nicht mehr so überfüllte Museum nur wenigen Wochen ein lnformations- und Ausstellungs- erlaubt es uns nun, im gesamten Jahr eine breitgefächer- zentrum für diesen Nationalpark, vom Umfang eines mit- te pädagogische Arbeit in den Ausstellungen zu organi- telgroßen Heimatmuseums, ein. Die modern geslaltete sìeren und durchzuführen. Darüber hinaus wurde aber Ausstellung zog bereits in den ersten drei Monaten I8000 auch insgesamt unsere Arbeit auf dem Gebiet der Besucher an. Dieses Informationszentrum, ergänzt durch Museumspädagogik wesentlich intensiviert. Dadurch hat- ein Café und künftig durch ein kleines Ostseeaquarium, ten wir 1991 die bisher umfangreichste und vielfältigste ist unseres Erachtens eine recht gelungene und wirksame Öffentlichkeitsarbeit seit Bestehen der Einrichtung. Mit Außenstelle unseres lVuseums. 124 Vorträgen, 467 Führungen, abwechslungsreichen Ferienspielen und vielen neuen und bewährten Formen Aber auch im Stammhaus des Meeresmuseums wurden (2.8. Familiensonntage, Projekttage für Schulgruppen, wichtige Erweiterungen, besonders für eine bessere Erlebnistourismus, Schaufuttern) konnten von uns über Besucherbetreuung, vorgenommen. Nunmehr bietet ein 15000 Kinder und Erwachsene zusätzlich pädagogisch recht großzügig und gut gestalteter Museumsladen nicht betreut werden. Dabei beschränkten wir die pädagogì- nur die vielfältigen Veröffentlichungen unseres Museums sche Arbeit nicht auf bestimmte Altersgruppen, sondern in ansprechender Form, sondern auch Verlagspublikatio- erfaßten damit lvluseumsbesucher vom Kindergarten- bis nen zur Thematik Meer und ein reiches Sortiment mariti- hin zum Rentenalter. Vorrangig widmeten wir uns ganz mer Souvenirs an. Nachfrage und Umsatz sind unerwartet bewußt den gesundheitlich Geschädigten und Behinder- hoch. Besonders dankbar sind die Besucher für den Bau ten. Hier wurden zielgerichtet, so beispielsweise für Blin- und die Einrichtung eines Museumscafés. Mìt der Eröff- de, spezielle Veranstaltungen vorbereitet und durchge- nung dieses Cafés zum 40jährigen Bestehen des Meeres- führt. Die Arbeit mit diesen Besuchergruppen halten museums ging eìn von uns lang gehegter Wunsch in unsere pädagogischen Mitarbeiter für besonders wichtig, Erfüllung. Ein Museum mit 9000 Quadratmetern Ausstel- und sie bereitet ihnen auch viel Freude.

o Bauboom im Meeresmuseum ermöglichen. Unser Dank gilt diesen Kollegen, die sich oft bis ins hohe Alter hinein noch aktiv für die Belange unserer Um den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bun- lnstitution eingesetzt haben. desländern voranzutreiben, standen den Ländern und Anerkennung übermittelten wir nachstehenden Mitarbei- Kommunen 1991 relativ umfangreiche Fördermittel zurVer- tern, die 1991 ein Arbeitsjubiläum begingen: . fügung. Sie sinnvoll und sachgerecht in sehr kurzer Zeit fünfjährige Betriebszugehörigkeit einzusetzen war meist ein Problem. Glücklicherweise hat- Wilfried Tüllmann, Jens Heischkel, ten wir zahlreiche Bauprojekte bereits vorbereitet, deren " zehnjährige Betriebszugehörigkeit Notwendigkeit eindeutig begründet war. Daher erhielten wir Dipl.Biologe Klaus Harder, Margot Matt, durch Bund und Land rasch finanzielle Unterstützung und " 1 5jährige Betriebszugehörigkeit konnten in einem Umfang wie lange nicht sanieren, restau- Ute Mascow, Wolfgang Röhnke, Doris Lansky, rieren, modernisieren und baulich erweitern. Die inzwischen Uwe Beese, fertiggestellten Bauvorhaben wurden schon oben erwähnt. " 20jährige Betriebszugehörigkeit

Hauptinvestitionsobjekte, die aber 1 992 fortgesetzt werden Edward Kretschmann, und müssen, waren das neue tropische Meeresaquarium und " 3Sjährige Betriebszugehörigkeit das Burmeisterhaus. Besonders die Generalinstandsetzung OMUR Dr. Sonnfried Streicher des denkmalgeschützten, gotischen Giebelhauses und der Ausbau zu einer Burmeister-Gedenkstätte in Verbindung Von den langjährigen Mitarbeitern, derer wir in Ehrfurcht mit der Bibliothek und Arbeitsräumen für unser Museum, und Dankbarkeit gedenken, verstarben: erwies sich als komplizierter und finanziell aufwendiger als der ehemalige Leiter des Meeresaquariums, Herr Rudolf vorauszusehen war. Wir sind froh darüber, daß die Finan- Jonas, und zierung des Gesamtobjektes durch Fördermittel gesichert die langjährige Museumskassiererin, Frau Margarete ist, die Bauarbeiten dort zügig fortgesetzt werden konnten Schnelle. und die Übergabe an das Meeresmuseum Ende 1992 erfolgen soll. Dem Leiter unseres Meeresaquariums, Karl-Heinz Tschie- Die ausgedehnten Sanierungsarbeiten im Stammhaus sche, konnten wir am 13. Mai 1991 zum edolgreichen umfaßten besonders die Außenfassade und das Dach der Abschluß seiner A-Promotion gratulieren. Seine Arbeit, Katharinenhalle sowie den Museumsinnenhof vor dem ,,Neue Erkenntnisse zur akustischen Kommunikation bei Westgiebel. Dadurch haben wir nunmehr seit Beginn der Riffbarschen (Pomacentridae) der Gattung Dascyllus. 80er Jahre über die Hälfte der Außenfassade des einstigen Untersuchungen in einem Schauaquarium und Nutzung Katharinenklosters, einschließlich einiger Teile des Kulturhi- der Ergebnisse für die populärwissenschaftliche Bildungs- storischen Museums, instandgesetzt und restauriert. Durch arbeit", fügt sich gut in die wissenschaftliche Aufgabenstel- Rationalisierungsarbeiten konnten wir vor allem die aqua- lung des Meeresmuseums ein. rientechnischen Anlagen verbessern, aber auch Maßnah- men der Wärmedämmung und der technischen Umrüstung Die auñruendige Restaurierung des Westgiebels der Katharinenhalle zur Energieeinsparung durchführen. konnte begonnen werden. Schließlich nutzten wir die Fördermittel, um in vielen Arbeitsbereichen durch Computer- und Vervielfältigungs- technik, moderne Seewasserkühlanlagen, Behindertenlifte , und anderes mehr bessere Voraussetzungen zu schaffen, um den neuen Herausforderungen auch in Zukunft ent- sprechen zu können.

Personelles

Es ist gewiß für die Arbeit unseres Museums von Vorteil, daß wir über einen festen Stamm langjähriger Mitarbeiter verfügen. Vor allem das Fachpersonal findet hier offenbar Möglichkeiten, sich beruflich weiterzuentwickeln und eigen- schöpferisch tätig zu sein. Da der Personalbestand des Meeresmuseums im Vergleich zu ähnlich großen naturwis- senschaftlichen Museen der alten Bundesländer etwas niedriger ist, konnten wir bisher einen Personalabbau wohl begründet verhindern. Bedingt aber durch die allgemein hohe Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands und des jetzt geltenden Arbeitsrechts sahen wir uns 1991 doch gezwun- gen, einem Teil der bereits im Rentenalter befindlichen Mit- arbeiter nur noch eine begrenzte Weiterbeschäftigung zu

7 Der Bereich Weichtiere in der Ausstellung ,,Mensch und Meer"

Weichtiere ¡n Ausstellung und Sammlung des Meeresmuseums

E. Hoppe

Weichtiere werden in vielen naturwissenschaftlichen ln verschiedene Ensemble integriert, belegen sie allgemeine Museen gesammelt und ausgestellt. Sie sind sehr arten- meeresbiologische Aussagen. reich, und ihre Schalen und Gehäuse stellen attraktive Aus- stellungsobjekte dar. Aber eben nur die Schalen - die Weichkörper lassen sich bisher präparativ kaum erhalten, Weichtiere in der Ausstellung ,,Organismen der Strand- und Flüssigkeitspräparate von Weichtieren kann man nur region" vereinzelt einmal in Ausstellungen zeigen, da sie meist unansehnlich werden und die Farbe verlieren. lm Meeres- lm Ausstellungsraum,,Organismen der Strandregion" inner- museum Stralsund wurden bereits 1960 aus Gips nachge- halb der Ostsee-Abteilung haben Weichtiere schon lange bildete Weichkörper gezeigt. Bei der Vorbereitung der ihren festen Platz. Schalen und Gehäuse der häufigsten neuen Ausstellung ,,Mensch und Meer" en¡vies sich die For- Muschel- und Schneckenarten sind ausgestellt und ent- derung als immer dringender, Präparationsmethoden zu sprechend beschriftet, um so den Besuchern Artenkennt- entwickeln, um Weichtiere in lebensnaher Weise ausstellen nisse zu vermitteln. An einigen Beispielen werden außer- zu können. Durch Nachbildung der Weichkörper in Kunst- dem die Anpassungen von Weichtieren an ihre Lebensräu- stoff fand sich eine Methode, nicht nur die Schalen zu zei- me gezeigt: Miesmuscheln leben mit Byssusfäden ange- gen, sondern den Eindruck vollständiger, lebender Tiere zu heftet an festen Gegenständen - dies wird an einem Modell vermitteln, Diese Präparationsmethode wird in einem in S0facher Vergrößerung sehr gut erkennbar. Andere gesonder-ien Beitrag in diesem Heft beschrieben (BEESE Muscheln (Herz-, Klaff-, Pfeffer- und Baltische Plattmu- und GOLDBECHER 1992). ln der Konzeption zur Abteilung schel) dagegen haben sich einige Zentimeter im Unter- ,,Meeresbiologie" im Erdgeschoß der Katharinenhalle sind grund eingegraben und strecken ihre Ein- und Ausström- Weichtiere als Ausstellungsexponate ebenfalls vorgesehen. röhren ins freie Wasser - der Besucher sieht das an einem

I Schnittmodell des Meeresbodens, in dem die Muscheln Der dritte Aspekt umfaßt alle Auswirkungen, die sich aus stecken, Die Abhängigkeit der Schalengröße von dem verantwortungslosem Verhalten von Menschen gegenüber wichtigsten ökologischen Faktor Salzgehalt wird an Mies- der Natur ergeben, gegenwärtig geballt zutage treten und muschel- und Klaffmuschelschalen verschiedener Her- einer Lösung bedürfen. Jede Organismengruppe spielt im kunftsorte gezeigt: Sie werden mit Abnahme des Salzge- Naturhaushalt eine spezielle Rolle und ist an der Erhaltung haltes vom Westen nach Osten immer kleiner (SCHULZE des biologischen Gleichgewichts beteiligt. Werden durch 1961), Umweltveränderung und -verschmutzung Tiere oder Pflan- zen ausgerottet, so hat dies lnstabilität der Ökosysteme zur Folge. ln der Einführungsvitrine zur Ausstellung ,,Mensch Weichtiere in der Ausstellung ,,Mensch und Meer" und Meer" wird durch die Gegenüberstellung eines gesun- den mit einem umweltgeschädigten Korallenbiotop auf Diese 750 Quadratmeter umfassende Ausstellung entsteht diese Problematik aufmerksam gemacht. Dieser Aspekt schrittweise in der obersten Etage der Katharinenhalle. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Ausstel- wird nach ihrer Fertigstellung etwa 50 Vitrinen umfassen, lung, wobei spezielle Beispiele zu den verschiedenen Tier- davon entfallen sieben auf die Darstellung der Weichtiere. gruppen dargestellt werden. Die ersten Vitrinen der Gesamtausstellung wurden im Okto- Um diese inhaltlichen Aspekte in der Ausstellung zu ver- ber 1989 der Öffentlichkeit übergeben, die Eröffnung des wirklichen und das lnteresse der jährlich etwa 500 000

Bereiches Wejchtiere erfolgte 1991 . Besucher am Dargestellten zu wecken, suchten wir ìn der Den wissenschaftlichen lnhalt der Ausstellung ,,Mensch Vorbereitungszeit ständig nach ebenso effektvollen wie und Meer" charakterisiert STREICHER 1987 (siehe auch seriösen musealen Gestaltungselementen - der Museums- STRETCHER 1986): besuch sollte so abwechslungsreich und angenehm wie "Darstellung der vielseitigen Wechselbeziehungen zwischen möglich werden. Wesentlichen Anteil daran hat der Archi- Mensch und Meer am Beispiel ausgewählter Organismen- tekt und Gestalter Roland Heppert, der seit 20 Jahren eng gruppen des Meeres unter dem Aspekt ihrer Erforschung mit unserem Museum zusammenarbeitet und den Charak- und Nutzung in Vergangenheit und Gegenwad. Vorstellung ter der Ausstellungen prägte. ihrer biologischen Besonderheiten und ihrer speziellen Rolle Folgende langjährige Erfahrungen und Überlegungen wur- im Naturhaushalt sowie der sich aus dem Wirken des Men- den bei der musealen Gestaltung berücksichtigt: schen ergebenden Umweltprobleme und -aufgaben". - Ähnlicfr einer gut gestalteten Buchhülle, die im Einklang Diese Definition bestimmt von vornherein drei Gesichts- mit dem lnhalt steht, sollte die ,,Museumshülle", wie punkte, die bei den einzelnen Themenkomplexen, bei- Raum- und Vitrinengestaltung, Farbgebung, Beleuch- spielsweise dem der Weichtiere, beachtet werden. tung, Sitzgelegenheìten und Blumendekor, in Überein- Als erster Aspekt werden das Wissen und die Erkenntnis- stimmung mit dem Ausstellungsinhalt stehen, der se, die Forscher in vielen Jahrhunderten uber die Weichtie- Besucher sich also in einer kultur- und niveauvollen re envorben haben - Morphologie, Physiologie, Ökologie Umgebung den lnhalt erschließen. sowie biologische Besonderheiten - dem Besucher museal - lm Gegensatz zu einem Fachbuch kann eine Ausstel- aufbereitet vermittelt. Durch das in der Ausstellung erwor- lung nicht die gesamte Biologie der Weichtiere erläu- bene Wissen erhöht sich der Bildungsstand des Besu- tern, wenn auch die Entscheidung oft schwerfällt, chers. Beispielsweise erfähd er, welche Tiere zum Stamm etwas wegzulassen. Der Besucher daf nicht durch eine der Weichtiere gehören und aufgrund welcher typischen bloße Aneinanderreihung von Fakten und Objekten gemeinsamen Merkmale man sie zu einer Gruppe vereinigt. ermüdet werden und die Lust am weiteren Museums- Außerdem erkennt er biologische Vorgänge bei marinen rundgang verlieren. Aus der Themenfülle wurden des- Mollusken und Gesetzmäßigkeiten, die in ihren Lebensräu- halb jene ausgewählt, die besonders wichtig sind und men existieren, Resultierend aus dem Wissen und der sich auch museal gut darstellen lassen. Erkenntnis erwächst Ehrfurcht vor dem Leben - auch vor - Wichtig war eine optisch übersichtliche Themendarstel- dem der Weichtiere - und der Wunsch, dieses Leben zu lung. Jedes Ensemble wird durch eine Überschrift schützen und zu erhalten. benannt und ist auf einen Blick erfaßbar. Haupttexte, Der zweite Aspekt, ,,... die wirtschaftliche Nutzung in Ver- nicht länger als sechs Zeilen, fassen die wichtigsten gangenheit und Gegenwart.,.", umfaßt einerseits den Aussagen zum Thema zusammen. gesamten kulturgeschichtlichen Bereich, denn Schnecken- - Eine ausgewogene und spannungsreiche Gestaltung gehäuse und Muschelschalen haben seit Menschheitsbe- hält Neugier und lnteresse der Besucher am Fodgang ginn eine große Bedeutung als Werkstoff und als faszinie- der Ausstellung wach. ln der Weichtier-Abteilung ergibt rendes Element in Kunst und Kultur der Völker, anderer- sich diese Spannung zum einen aus der Fülle vieler klei- seits nutzte man zu allen Zeiten Weichtiere als Nahrungs- ner Objekte - allerdings in übersichtlicher Weise geord- mittel. Diese vielfältige Venvendung birgt in der Gegenwafi net - und zum anderen durch große Einzelstücke,wie immer stärker die Gefahr in sich, daß die Tiere durch Über- beispielsweise den Kraken. Zur musealen Gestaltung fischung oder auch übermäßiges Absammeln ausgerottet sind Trocken- und Flüssigkeitspräparate, Nachbildun- werden. Viele Arten sind deshalb zeitweise oder ganz gen, Modelle, Fotos, Grafiken und Texte verwendet geschützt. Eine Alternative zum Fang ist die Zucht von worden. Weichtieren, die im Ausstellungsabschitt,,Aquakultur" dar- - Um den heute technisch sehr interessierten Besuchern gestellt ist. biologische Vorgänge besser verständlich zu machen, ln der Vitrine ,,Weichtiere - weiche Körper mit harten Schalen" werden die biologischen Besonderheiten dieses Tierstammes erläutert.

wurden viele technische Vergleiche getroffen: Reibzun- heute noch für Forscher und Laien, handelt es sich doch gen (Radula) arbeiten wie Schaufelbagger, Kalmare um hochintelligente und sensible Meerestiere. Wichtige bewegen sich nach dem Rückstoßprinzip von Raketen, biologische lnformationen entnimmt man Grafiktafeln auf das Muschelschloß funktionierl wie ein Scharnier und dem Boden der Vitrine. Beim genauen Betrachten erkennt Schneckengehäuse entsprechen einem gewundenen man, daß der Krake ein männliches Tier ist, da er einen konischen Rohr. Arm zur Samenübertragung besitzt. Überraschungseffekte sind auch ein Gestaltungsprin- zip. So ist allgemein bekannt, daß Raubtiere ein Gebiß ,,Weichtiere - weiche Körper mit harten Schalen" ist das mit scharJen, spitzen Eck- und Reißzähnen haben, daß Thema der nächsten Vitrine, auf deren Mittelfläche das Typi- aber auch räuberisch lebende Schnecken ihre Reibzun- sche aller Weichtiere - die Schalenbildung - ausführlich dar- ge zu einem ,,Raubtiergebiß" ausgebildet haben - ein gestellt wird. Eine große Grafik zeigt den Längsschnitt durch Modell zeigt das - ruft Staunen hervor. Überrascht ist den Schalenrand mit zugehörigem Mantelabschnitt, einem man auch darüber, daß Kalmare einige Meter aus dem Teil des Weichkörpers; dabei sind jene Zonen benannt, von Wasser springen und Kraken solche Größen erreichen denen die Bildung der einzelnen Schalenschichten edolgt: können. der äußeren, organischen Schicht (Periostracum), der dar- unterliegenden, äußeren Kalkschicht (Prismenschicht) und ,,Der Krake - ein phantastisches und faszinierendes Mee- der inneren Kalkschìcht (Perlmutterschicht). Elektronenmi- restier" ist museumsgestalterisch gesehen der,,Lockvogel" kroskopische Aufnahmen zeigen deren Feinaufbau. An den für die Abteilung ,,Weichtiere". Dieses zweieinhalb Meter Schalen je eines Vedreters der Schnecken, Muscheln und große, imposante Modell ist die originalgetreue Nachbil- Kopffußer werden die drei Schichten original gezeigt und dung eines lebenden Tieres, die in der Präparationswerk- ihre Bedeutung im Text erläutert. statt des Meeresmuseums angefertigt wurde (BEESE und Die Unterschiede, die zwischen den beiden adenreichsten GOLDBECHER 1992). Es beeindruckt schon, wenn man Weichtierklassen bestehen, sind an den Themen ,,Muschel- vor diesem ,,Meeresungeheuer" mit den acht Armen, die schale" und,,Schneckengehäuse" sowie,,Muscheln filtern" dicht mit Saugnäpfen besetzt sind, steht. Vielleicht wird und ,,Schnecken schaben, stechen und beißen" dargestellt. man dabei an Viktor Hugos dramatische Schilderung eines Mit geeigneten Objekten ließ sich das gut belegen. Die Kraken in seinem Buch ,,Die Arbeiter des Meeres" erinnert. Muschelschale besteht aus zwei Schalenhälften, die den Diese ungewöhnlichen Tiere regten schon immer die Weichkörper einschließen. An einer geöffneten Originalscha- menschliche Phantansie an und wurden oft in Sagen und le wurden die wichtigsten Teile gekennzeichnet, die zum Legenden beschrieben. - Aber faszinierend sind sie auch Verständnis ihrer Funktìon notwendig sind. Das Schließen

10 und Öffnen der Muschelschale wird an zwei nebenstehen- Die erstaunliche Mannigfaltigkeit der Schneckengehäuse den Grafiken erklärt: Beim Schließen kontrahieren die an ergibt sich vorwiegend durch die Form des Gewindes. Eini- den Schaleninnenseiten angehefteten Schließmuskeln und ge Beispiele zeigen regelmäßige, unregelmäßige, flache, drücken das elastische Schloßband zwischen den Schalen- hohe und perspektivisch angeordnete Gehäusewindungen. klappen zusammen; beim Öffnen erschlaffen die Einen Einblick in die Formen- und Farbenvielfalt der Schließmuskeln und das Schloßband dehnt sich aus. 1 10000 Schnecken- und 20000 Muschelarten vermitteln Typisch für die Muscheln ist das Schloß, bestehend aus die in vier Glasregalen ausgestellten Gehäuse und Schalen. Schloßband, Zähnen und Zahngruben. Es ist bei den ver- Sie wirken durch ihre Schönheit wie Juwelen, Absichtlich schiedenen Muschelgruppen recht unterschiedlich gestal- wurde vermieden, sie einzeln zu beschriften, da das den tet, aber immer ein faszinierendes ,,technisches" Gebilde, Gesamteindruck gestört hätte. Sie sind nach Obeffamilien das sich die Muscheln ìm Verlauf ihrer stammesgeschichtli- geordnet, und nur deren Namen stehen auf kleinen, wenig chen Entwicklung erworben haben. Kann man das Schloß auffallenden Schildchen. der Stachelauster mit einem Scharnier vergleichen, ähnelt Unter der Überschrift ,,schnecken schaben, beißen und das der Archenmuschel eher einem Reißverschluß, greifen stechen" wird die Reibzunge (Radula), ein im Tierreich ein- doch sehr viele kleine und gleichartige Zähnchen und maliges Organ zur Nahrungsaufnahme, vorgestellt. ln der Zahngruben genau ineinander, Durch die Zugkraft der Schnittgrafik einer Schnecke sind Radula und zugehöriger Schließmuskeln werden sie zusammengedruckt. Zungenknorpel, die sich in der Mundhöhle befinden, farb- Bei Gefahr schließen Muscheln ihre Schalen. Der Besucher lich hervorgehoben, Die zugeordnete kleine Abbildung kann an vier Muschelschalen unterschiedliche Schloßbil- eines Schaufelbaggers erklärt durch diesen Vergleich, ohne dungen betrachten. viel Text, die Arbeitsweise der Reibzunge. Teile vergleich- Anders ist das Schneckengehäuse gestaltet. An einem Ori- barer Funktionen wurden in beiden Grafiken farblich gleich- ginal sind wieder die wichtigsten Teile beschriftet. Das gestaltet. Das etwa fünf Millimeter breite und 30 Millimeter Gehäuse ist einem konischen Rohr vergleichbar, das sich lange Originalpräparat der Radula einer Riesenflügel- um eine Achse windet und unten eine Öffnung frei läßt. schnecke zeigt die tatsächliche Größe des Organs. Da eine Viele Schnecken dichten diese Mündung gegebenenfalls Lupenvergrößerung zu wenig erkennen ließ, wurden Radu- mit einem Deckel ab, um sich vor Freßfeinden oder eventu- la-Ausschnitte eines,,Weidegängers" und einer räuberisch ellem Austrocknen zu schützen. Ein Modell und ein längs- lebenden Schnecke als Modelle (1 5 mal acht Zentimeter) geschnittenes Gehäuse veranschaulichen den Bau. ausgestellt.

Die unterschiedlichen Lebensweisen der Muscheln zeigt dieses Ensemble.

11 ,,Weidegänger", wie die Napfschnecke, das Seeohr, die war, die entsprechenden Schnecken aus der Sammlung Kreiselschnecke und die Porzellanschnecke, sind diesem als Originale zuzuordnen. Ensemble zugeordnet und sitzen auf einem farblich ange- Perlmuscheln mit filigranen Schnitzereien zeigen die hohe deuteten Biotop. Die ,,Räuber", wie Stachel-, Tonnen-, Kunstfertigkeit, die bei ihrer Bearbeitung erreicht wurde. Kegel- und Hadenschnecke sowie Bischofsmütze, bilden Die Perlmutterschicht war ein beliebter Werkstoff - in ltalien eine weitere Gruppe. Für die Besucher ist es interessant, existieren bis heute Schulen für Perlmutterschnitzereien. hier nicht nur Gehäuse, sondern naturgetreue Meeres- ln der Architektur dienten schöne Gehäuseformen als Vor- schnecken zu sehen. Erst durch diese vor einigen Jahren bilder für Schmuckelemente. Die ornamentalen Schalen- erprobte Methode der Nachbildung von Weichkörpern strukturen von Kammuscheln findet man an vielen Bauten konnte das Thema attraktiv gestaltet werden. in stilisierter Weise wieder. Ein Säulenschlußstein (Sand- Den Muscheln fehlt die Radula. Wie nehmen diese Weich- stein-Kopie) aus dem Dresdener Zwinger ist dafür ein tiere dann ihre Nahrung auf? Unter der Ensemble-Über- ,,gewichtiger" Zeuge in der Ausstellung. schrift ,,Muscheln filtern" wird diese Frage beantwortet. Am Ein zweiter Komplex ,,Handarbeiten aus Afrika und Ozeani- nachgebildeten Weichkörper einer Muschel sind die Ein- en" zeigt Schmuck- und Gebrauchsgegenstände, die von und Ausströmröhren gekennzeichnet. Der nebenstehenden Einheimischen in vollendeter Weise angefertigt wurden: der Grafik entnimmt man, daß mit dem einströmenden Atem- mit vielen Kaurischnecken besetzte afrikanische Helm wasser planktische Nahrungsteilchen zu den Kiemen sowie ein breiter Halsschmuck, ein Armband und ein Ohr- gelangen. Diese wirken wie Reusen, filtern die Teilchen he- gehänge, die mit zahlreichen kleinen Netzreusenschnecken raus, die dann über Wimperrinnen zur Mundöffnung und verziert sind. Schneckengehäuse und Muschelschalen aus von doft in den Verdauungstrakt gelangen. Die umfangrei- dem Sammlungsbestand sind jenen Gegenständen zuge- chen Kiemen nehmen einen wesentlichen Teil des Körpe- ordnet, die man in Ozeanien und Afrika aus diesen Arten rinnenraumes ein - das kann man am Flüssigkeitspräparat anfertigte. einer geöffneten Klaffmuschel sehen. ,,lndustriell hergestellte Erzeugnisse aus Europa" werden im Ein- und Ausströmröhren sjnd je nach Lebensweise der dritten Komplex vorgestellt. Aus impodierten Muscheln und Muscheln mehr oder weniger lang ausgebildet, können Schnecken mit dicken Perlmutterschichten fedigte man aber auch ganz fehlen, dann sind nur Öffnungen oder ein hauptsächlich Perlmuttknöpfe an. Ein Schwerpunktgebiet Mantelspalt vorhanden. ln einer Grafik, die einen Schnitt dieser Verarbeitung war die Gegend um Bad Frankenhau- durch den Grenzbereich Wasser-Meeresboden andeutet, sen. Weitere industriell hergestellte Gegenstände (Löffel, sind Muscheln, ebenfalls mit nachgebildeten Weichteilen, Messer, Operngläser mit Perlmuttintarsien und Manschet- angeordnet. Sie zeigen, daß bei Pilgermuscheln, die auf tenknöpfe) zeigen die breite Palette der Perlmutterzeugnis- dem Meeresboden leben, das Atemwasser direkt durch se. Ausgestellt ist auch die sogenannte ,,Hamburger Ware" einen offenen Mantelspalt zu den Kiemen gelangt. Beim - bunte, mit Schnecken- und Muschelschalen beklebte Ochsenherz, das nur wenig im Substrat steckt, sind Ein- Näh- und Schmuckkästchen, die manchem Besucher und Ausströmöffnungen vorhanden, die Mantelränder bei- noch aus ,,Großmutters Zeilen" bekannt sein mögen. der Schalenhälften sind bis auf diese Öffnungen miteinan- lm vierten Komplex ,,Weichtiere in Gefahr" werden jene der venvachsen. Scheiden-, Venus- und Klaffmuschel großen, dekorativen Muscheln und Schnecken gezeigt, die leben im Boden eingegraben und haben deshalb kurze besonders durch Tourismus, übermäßige Nutzung, oder längere Röhren, die ins freie Wasser ragen. Durch die Umweltverschmutzung und Andenkenindustrie in ihrem Einströmröhren gelangt so reines Atemwasser ohne Sand- Bestand gefährdet sind. Stellvedretend für viele andere und Schlammbeimengungen, aber mit Planktonnahrung in Arten stehen die Riesenflügelschnecke ( gigas), den Körper. Die Röhren sind durch Verlängerung der Öff- das Seeohr (Haliotis rufescens), das Tritonshorn (Charonia nungsränder entstanden. tritonis), die Mexikanische Napfschn ecke (Patella mexicana) Zwei Biotopausschnitte - eine geöffnete Riesenmuschel und der Perlmuttkegel (Tectus niloticus). Die haufenweise und ein Tritonshorn - vermitteln den Eindruck von lebenden auf dem Boden liegenden oder in Verkaufsbeuteln verpack- Weichtieren in ihrem natürlichen Lebensraum. ten Schalen sollen die Besucher regelrecht schockieren - alles mit der Mahnung ,,So nicht!". Der Massenverkauf sol- Die vielfältigen Beziehungen des Menschen zu Muscheln cher Schalen kann zur Ausrottung ganzer Arten führen. und Schnecken bilden den lnhalt der folgenden Vitrine. Vier Ein frei aufgestellter, von Schiffsbohrwürmern (Teredo Komplexe wurden ausgewählt - Beispiele der vielseitigen navalis) durchlöcherter Holzpfahl zeigt die Schadwirkun- Nutzung dieser Tiergruppe durch den Menschen. gen, die diese Bohrmuscheln an Hafen- und Buhnenbau- ,,Muscheln und Schnecken in der Kunst" - ausgewählte ten anrichten können. Werke aus der Malerei, der Schnitzkunst und der Architek- Drei große Präparategläser mit je einem Kalmar, einer tur zeigen ihre Verwendung und Vorbildwirkung. Exotische Sepia und einem Kraken stehen im Mittelpunkt der Vitrine Schnecken und Muscheln, die niederländische Seefahrer ,,Kopffüßer - keine Tintenfische, sondern hochentwickelte während der ZeiI der großen Entdeckungen mit in die Hei- Weichtiere". Diese drei Tiere vertreten die Hauptgruppen mat brachten, riefen dort Begeisterung hervor und wurden der Kopffüßer. Weitere Aften werden als Flüssigkeitspräpa- auch künstlerisch verarbeitet. Sehr sorgfältig und naturge- rate präsentiert und vermitteln den Besuchern Artenkennt- treu sind die Schneckengehäuse in dem ausgestellten Stil- nisse. Die speziell dafür geklebten Gläser mit schräger leben ,,Früchte und Muscheln" von van Ast (1 590 - 1636, Aufsichtsfläche ermöglichen die Betrachtung der Tiere Kopie von D. Puttnies 1990) gemalt, so daß es mögllch direkt von oben.

12 Über die vielfältigen Beziehungen des Menschen zu den Weichiieren informiert diese Vitrine.

Den gegenwärtig lebenden Vedretern werden längst aus- bestimmte Leistungen verantworllich, beispielsweise für gestorbene Kopffüßer als Fossilien gegenübergestellt: das Greifen, Beißen, Festhalten, Sehen oder Umfärben. Ammoniten, Belemniten und Sepiaähnliche. Rekonstrukti- Kopffüßer können auf äußere Reize sehr schnell reagieren, onsmodelle von ihnen ermöglichen Vergleiche mit heute was durch blitzschnelles Umfärben der Haut sichtbar wird. lebenden Kopffußern. Der Nautilus (Gehäuseschnitt) stellt Eine Abfolge von fünf Grafiken erklärt diese schnelle Reak- ein ,,lebendes Fossil" dar. Die Nautiliden, auch Perlboote tionsfähigkeit: genannt, haben sich mit wenigen Arten fast unveränded - Eine getarnte Sepia erblickt einen Partner in Balzfär- bis heute erhalten. lhre Schale erfüllt drei Funktionen: Sie bung. bietet Schutz, wirkt mit Gas gefüllt als Schwebeapparat - lhr Auge empfängi den Reiz und leitet ihn über den und stützt den Weichkörper. Bei den anderen Kopffüßern Sehnerv zum Sehzentrum des Gehirns. wurde die Schale nach innen verlagert und stufenweise - lm Gehirn wird zu den beiden Farbzentren ,,umgeschal- reduziert. Bei den Posthörnchen ist sie noch vollständig tet", die über sehr lange Nervenzellen lmpulse zu den erhalten, bei den Sepien als Kalkschulp und bei den Kal- strahlenförmig an den Farbzellen sitzenden Muskelzel- maren nur als hornige Feder beziehungsweise als Schwert; len in der Haut leiten. bei Kraken ist sie nahezu ganz verschwunden. Diese Scha- - Diese Muskelzellen ziehen sich beim Empfang des lenreste sind den jeweiligen Tierpräparaten zugeordnet. ln lmpulses zusammen. Sie dehnen dadurch die elasti- Umrißgrafiken sind jene Stellen markiert, wo sie bei den sche, farbige Zenlralzelle aus, die so einen größeren Tieren im Körperinnern liegen. Schnelle Forlbewegung im Raum in der Haut färbt. Dunkle Farbzellen dagegen freien Wasser führte wahrscheinlich zur Rückbildung der verkleinern sich - die dunkle Tarnfärbung geht in die Schalen, denn starre, äußere Schalen, wie beim Nautilus, hellere, farbige Balzfärbung über. wirken dabei hinderlich. Eine hohe Leistung erreichen besonders die Kalmare bei Kopffüßer sind die am höchsten entwickelten Weichtiere. der Fodbewegung. Man kann sie mit kleinen Raketen ver- An drei Beispielen wird das dargestellt: lhr Gehirn ist gleichen, die durch das Wasser schießen, einige vermögen wesentlich zentralisierter und spezialisierter als das der sogar meterweit aus dem Wasser herauszuschnellen. Das übrigen Mollusken. Einzelne Gehirnabschnitte sind für zeigt eine Grafik an der Rückwand. Wie das erfolgt, wird an

13 ,,Kopffüßer - keine Tintenfische, sondern hoch entwickelte Weichtiere" ist das Thema dieser Vitrine einer Kalmar-Nachbildung und zugeordneten Grafiken ,,Kalmare sinnvoll nutzen, erfordert Kenntnis ihrer Lebens- erläutert. Organe, die im erklärenden Text genannt sind, fin- weise" - so lautet die Überschrift der folgenden Vitrine. Um det man an der Kalmar-Nachbildung beschriftet. Die verein- einen effektiven Kalmarfang zu gewährleisten, mußte zuvor fachte Darstellung eines Kalmars und einer Rakete ermögli- die Lebensweise der Kalmare untersucht werden: Es war chen den Vergleich des weitgehend Übereinstimmenden zu ermitteln, in welchen Tiefen sich die Tiere aufhalten, wie Funktionsprinzips, nämlich des Rückstoßprinzips. groß ihr Vorkommen ist und ob sie jahreszeitlich bedingte Als drittes Beispiel wurde das Kopffüßerauge gewählt. Von Wanderungen durchführen. den Weichtieraugen ist es am vollkommensten entwickelt Die Untersuchungen an Argentinischen Kurflossenkalma- und in Bau und Leistungsfähigkeit mit dem der Wirbeltiere ren ergaben beispielsweise, daß sie, wie viele andere Mee- vergleichbar. lnteressant ist dabei, daß sich hier eine Par- restiere auch, periodische Auf- und Abwärtswanderungen allelentwicklung im Tierreich vollzogen hat - beide Augen- durchführen. Während des Tages suchen die Schwärme typen haben vergleichbare FunktionstÜchtigkeit, sind aber größere Tiefen auf, nachts steigen sie bis dicht unter die auf verschiedene Weise entstanden. Während sich das Wasserobedläche empor. Die Tiere bevorzugen jene Was- Wirbeltierauge aus einer bläschenartigen Abschnürung serschichten, die ihnen optimale Lebensbedingungen bie- des Gehirns entwickelte, entstanden die Augen der Kopf- ten (Licht-, Temperatur- und Nahrungsverhältnisse), denn füßer aus Hauteinstülpungen, was durch die Grafiken in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung verändert sich erklärt wird. Die Darstellung des Kalmarauges hat einen die Tiefenlage dieser Schichten im Laufe des Tages. Diese Durchmesser von 40 Zentimetern - so groß kann talsäch- Erkenntnisse sind bei der Fangtechnologie zu berücksichti- lich das Auge des Riesenkalmars sein! Augenteile mit ver- gen. ln der Vitrine wird das folgendermaßen grafisch darge- gleichbaren Funktionen wurden in den Grafiken in gleicher stellt: Die Rückwand ist optisch geteilt. lhre linke Fläche Farbe angelegt. So läßt sich die Entwicklung vom einfa- veranschaulicht die Situation am Tage. Große Kalmar- chen Nautilusauge zum komplizierten Kalmarauge erken- schwärme jagen dann in der Tiefe, in Bodennähe, Fische nen, und gleichzeitig ist ein Vergleich mit dem Wirbeltier- und können deshalb dod mit Grundschleppnetzen gefan- auge möglich. gen werden. Die rechte Fläche zeigt den nächtlichen

14 Ablauf. Vom gleichen Fangschiff werden über Winden werden. Folgende interessante Themen, ungeeignet zur lange Angelleinen, deren Fanghaken mit bunten Plastkö- Vitrinengestaltung, wurden auf diese Weise vermittelt: dern (Jigger) versehen sind, ins Wasser gelassen. Starke 1. Historische Sammlungen und Ausstellungen, Lampen locken die vereinzelt oder in kleineren Gruppen 2. Bedeutende Weichtierforscher, Expeditionen und Ent- schwimmenden Kalmare an. Beim Zugreifen bleiben sie mit deckungen, den Fangarmen hängen und werden auf das Schiff gezo- 3. und 4. Buchillustrationen, gen. Vor dieser Rückwand ist eine Gruppe von neun ori- 5. Stammesgeschichtliche Übersicht, ginalgetreu nachgebildeten Kalmaren in Schwimmhaltung 6. Literatur zur Weichtierkunde. montiert. Sie bilden den optischen Mittelpunkt der Vitrine. Nebeninformationen veranschaulichen die Wandenvege, Auf sechs weiteren Klapptafeln werden ,,Meerestiere auf die die Kalmare vom Argentinischen Schelf bis in küstenfer- Briefmarken und als Buchillustrationen" gezeigt. Die Brief- ne, tiefe Meeresgebiete vom Januar bis zum Sommer marken - Kunstwerke en miniature - sind systematisch durchführen. Wahrscheinlich sterben die Tiere nach dem geordnet und belegen auf ihre Weise die vielfältigen Bezie- Ablaichen in größeren Tiefen. hungen des Menschen zu den Meerestieren. Über die Ein zubereitetes Menü und andere Eaeugnisse aus Kal- maritime Motivsammlung und deren Nutzung im Meeres- marfleisch sind auf dem Boden der Vitrine ausgestellt. museum wird in einem weiteren Beitrag in diesem Heft Kopffüßer sind Volksnahrung und Delikatesse zugleich, berichtet (SCHRÖDER 1992). Außerdem werden alte Zeichnungen und historische Buchillustrationen von Mee- Sechs Klapptafeln mit Fotos, Grafiken und Text dienen der restieren als Farbkopien vorgestellt. Mit der Präsentation thematischen Ergänzung und bilden zugleich einen gestal- dieser Themen wird ein Besucherkreis angesprochen, der terischen Kontrast zu den Vitrinen mit ihren zahlreichen nicht nur biologisch an den Meerestieren interessieft ist, Objekten. Die 55 mal 85 Zentimeter großen Flächen kon- sondern sich auch an deren künstlerischen Wiedergabe auf nen nacheinander wie die Seiten eines Buches betrachtet Briefmarken und in Büchern erfreut.

Kalmare sind ein wertvolles Nahrungsmittel. Aussage dieser Vitrine ist, wo und wie sie gefangen werden.

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lm Bereich Aquakultur wird an Beispielen der Miesmuschel- und Austernzucht dargestellt, daß Weichtiere wichtige Nahrungsmittel sind.

Die Vitrine ,,Muscheln und Schnecken - Nahrungsmittel auf Zucht von Muscheln verständlich zu machen, werden die der ganzen Erde" ist ein Teil des Ausstellungskomplexes Forlpflanzungszyklen dieser Aden anhand von kreisförmig ,,Aquakultur", Grundsätzliches zu diesem Thema wird zu angelegten Grafiken edäuteft. Austern- und Miesmuschel- Beginn dieses Ausstellungsabschnittes ausgesagt. Hier schalen fanden dabei Verwendung, war nur die Zucht von Weichtieren als spezielles Beispiel Gestalterische Schwerpunkte bilden vier Brutfänger, dicht darzustellen. Weltweit werden Muscheln und Schnecken mit Miesmuscheln bewachsen, und ein mit Pazìfischen Fel- schon immer gesammelt, gefischt und gegessen, aber nur senaustern gefüllter Netzsack. Am Beìspiel der Austern- wenige Arten eignen sich zur Zucht. Diese Tatsache wird zucht in der Nordsee wird die Bankkultur und am Beispiel auf der Mittelfläche dokumentieft. Die Verbreitungsgebiete der Miesmuschelzucht in der Ostsee die Hängekultur erläu- der wichtigsten eßbaren lt¡luscheln und Schnecken sind auf tert. Beide Kulturen sind die wichtigsten Methoden in der einer Weltkarte zu sehen, Originale wurden dieser Darstel- Weichtierzucht. Strenge Kontrollmaßnahmen gewährlei- lung zugeordnet. Miesmuscheln und Austern sind hervor- sten, daß so gezüchtete Muscheln in einwandfreiem gehoben, wird doch an diesen beiden Beispielen erläuted, Zustand zu den Verbrauchern gelangen und ohne Beden- warum diese Aden zur Zuchl besonders geeignet sind: Sie ken verzehrt werden können - Überprufungsprotokolle und leben auf engstem Raum in groBer Zahl zusammen, haben Gutachten belegen das. Versandkisten mit frischen Aus- eine hohe Vermehrungsrate, sind widerstandsfähig tern, ein appetitlich angerichtetes Austern-Menü - sehr gegenüber unterschiedlichem Salzgehalt und vedragen echt wirkende Nachbildungen - sowie ein großes Angebot Kälte- und Trockenzeiten. an Muschelkonserven zeìgen die nahrhaften und gut Zwei Biotopausschnitte stehen optÌsch im Mittelpunkt der bekömmlichen Erzeugnisse aus der Muschelzucht. Vitrine und vermitteln einen Eindruck von dicht besiedelten Perlenbildung und -zucht beinhaltet eine weitere Vitrine der Meeresböden: eine Miesmuschelbank des Wattenmeeres Abteilung ,,Aquakultur". Die 80 Zentimeter große Schalen- und eine Austernbank des Schwarzen Meeres. Damit in klappe einer Riesenmuschel an der Rückwand und die Verbindung werden links der Mittelfläche die Miesmuschel- zugeordnete größte Riesenperle (Nachbildung) von 27 Zen- zucht und rechts die Austernzucht vorgestellt. Um die timeter Länge bilden den Mittelpunkt der Gestaltung. Fotos

16 und Texte informieren über Entdeckung und Verbleib dieser seum Ezeugnisse aus Weichtierschalen und anderen mari- berühmten Perle. Am Schnittmodell einer Riesenmuschel timen Rohstoffen zum Kauf oder zur Schenkung anzubie- wird die Perlenbildung erläutert, diese Absonderung von ten, Auf diese Weise konnte ein großer Teil der ausgestell- Schalensubstanz, die einen eingedrungenen Fremdkörper ten Gegenstände erworben werden. Das Völkerkundemu- umkleidet und so unschädlich macht. Auf der Bodenfläche seum Dresden stellte freundlichenveise zwölf ethnographi- der Vitrine wird die Perlenzucht dargestellt, die in Japan und sche Sammlungsstücke aus Afrika und Ozeanien als Leih- Australien eine große wirtschaftliche Rolle spielt. Durch eine gaben zur Vefügung. lnsgesamt werden in dieser Ausstel- Abfolge von Fotos und Grafiken wird die Zuchlmethode ver- lung 328 Schalen und Gehäuse, zehn Flüssigkeitspräpara- ständlich gemacht. Die wichtigsten Perlmuscheln, die im te, 68 originalgetreue Nachbildungen, drei Modelle und 72 Handel üblichen Perlenarten und dekorativer Perlen- Gegenstände aus Weichtierschalen gezeigt. Das umfang- schmuck vervollständigen die Aussage zu diesem Thema. reiche Schalenmaterial stammt hauptsächlich aus der Sammlung des Meeresmuseums, die Flüssigkeitspräprate und die Nachbildungen wurden in der eigenen Präpara- Zum Aufbau der Ausstellungskomplexe tionswerkstatt an gefertigt.

ln der Vorbereitungszeit (1 987 - 1990) der Bereiche An der Zuarbeit und dem unmittelbaren Aufbau der Aus- ,,Weichtiere" und,,Aquakultur" (Perlenzucht und Muschel- stellungskomplexe war der größte Teil des Museumsteams zucht) wurden zu 18 Fachwissenschaftlern und lnstitutio- beteiligt. Mosaikartig fügten sich die Einzelarbeiten zu nen Verbindungen aufgenommen, um spezielle lnformatio- einem Ganzen zusammen, und es ist das Verdienst aller nen und Ausstellungsmaterial zu erhalten. Rechtzeitig Beteiligten, wenn die Ausstellung von den Besuchern mit wurde die Öffentlichkeit durch die Presse über das Ausstel- lnteresse angesehen wird. lungsvorhaben informiert und aufgerufen, dem Meeresmu-

Oben: Grundriß der obersten Hallenetage, in der die Dauerausstel- Kunst", ,,Handarbeiten aus Afrika und Ozeanien", ,,lndustíell herge- lung ,,Mensch und Meer" aufgebaut wird. Dle fertiggestellten, stellte Erzeugnisse aus Europa" und ,,Weichtiere in Gefahr", schraffieden Bereiche Weichtiere und Aquakultur sind in diesem 4 - Vitrine ,,Kopffüßer - keine Tintenfische, sondern hochentwickel- Beitrag beschrieben. te Weichtiere", 5 - Viirine ,,Kalmare sinnvoll nutzen, efordert Kenntnis ihrer Lebensweise", 6 - Holzpfahl mii Löchern des Unten: Ausschnìtt dieser Bereiche aus dem Etagengrundriß; Schiffsbohrwurmes, 7 - Vitrine ,,Muscheln und Schnecken - Nah- 'l - Vitrine ,,Der Krake - ein phantastisches und faszinierendes Mee- rungsmittel auf der ganzen Erde", I - Vitrine ,,Perlen - Perlenbil- restier", 2 - Vitrine ,,Weichtiere - weiche Körper mit harten Schalen", dung - Perlenzucht", 9 - Kìapptafeln mit verschiedenen Themen 3 - Vitrine mit den Themen ,,Muscheln und Schnecken in der zur Weichtierkunde.

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17 Die wissenschaftliche Mollusken-Sammlung Exkursionsreisen mit. Einzelstücke oder kleinere Kolleldio- nen en¡uarb das Museum von Privatpersonen durch Ankauf Die Mollusken-Sammlung hat die Aufgabe und das Ziel, oder Schenkung. 85 Gegenstände, hergestellt aus Mollus- eine übersichtliche Vergleichssammlung mariner Weichtiere kenschalen, sowie bearbeitete Gehäuse und Schalen kauf- zu werden. Vollständigkeit der Aden wird für die Ost- und te das Meeresmuseum 1986 an. Eine entsprechende Zei- Nordsee angestrebt. Die Sammlung umfaßt gegenwä1ig tungsnotiz hatte seinezeit eine Flut von Angeboten aus- etwa 9000 Sammelnummern von marinen Vedretern die- gelöst. ses Tierstammes aus der ganzen Welt. Ein oder mehrere Die Sammlungsbestände befinden sich im 1971 eingerich- Stücke eines Fundortes gehören zu einer Nummer. 315 teten Mollusken- und im Flüssigkeitsmagazin. Die Objekte Flüssigkeitspräparate sehr unterschiedlicher Qualität ergän- sind in Plastebeuteln in den Magazinschränken aufbewahrt. zen die Trockensammlung. Neben der lnventarnummer des Meeresmuseums enthal- Der umfangreichste Sammlungsteil, der bei der Gründung ten sie die alten Beschriftungsetiketten ihrer Sammler. Die des Museums 1951 bereits existiefte, stammt von den lnventarisation der Sammlung ist zu ungefähr 80 Prozent bekannten Malakologen F. Borcherding (1849 - 1924) und erfolgt und wird laufend fortgesetzt. H. v. Maltzan (1843 - 1891). Damals war auch ein kleiner Die Mollusken sind nach THIELE (1931, 1934, 1935) syste- Teil sehr alten Materials vorhanden, gesammelt von Dr. J. matisch geordnet und so auch in den Schränken einsor- F. Tetschke (1796 - gest. nach 1865), einem Lehrer des tiert; entsprechend wird die Kartei geführt. Über die Samm- damaligen Stralsunder Gymnasiums. lungen soll in Zukunft einmal ausführlicher in dieser Schrif- Die 1976 und 1979 vom Meeresmuseum Stralsund durch- tenreihe berichtet werden. geführten ,,"-Sammelreisen ins Rote Meer Wie die Abteilung ,,Weichtiere" und das Sammlungsgul in erbrachten etwa 390 Neuzugänge (s. ,,Meer und Museum", vielfältiger Weise für die Öffentlichkeit genutzt wird, erläuter1 Band 2, 1981). ein gesondeder Beitrag in diesem Heft (MASCOW 1992). Schnecken und Muscheln, etwa '|00 Arten, sammelte R. Wissuwa, Schwerin, für das Meeresmuseum in den Jahren L¡teratur: 1979 - '1987 in Angola. BEESE, U. und A. GOLDBECHER ('1992): Nachbildungen von Von Dr. Dittrich, Dresden, wurde 1985 eine Kollektion von Weichiieren in der Präparationswerkstatt des Meeresmuseums. 75 Mollusken der Kapverdischen lnseln angekauft. MEER UND MUSEUM, 8,19-27. lm Rahmen der Profilierung der naturkundlichen Museen in MASCOW, U. (1992): ,,Muscheln und Schnecken" - eine Lehrver- der ehemaligen DDR erhielt das Meeresmuseum 1987 eine anstaltung für Schüler.MEER UND MUSEUM, 8, 83. (1961): - 104 Stücke umfassende Kollektion von Meeresmollusken SCHULZE, G. Organismen der Strandregion Meeressäu- ger der Ostsee / Zwei neue Abteilungen im Bezirksnaturkundemu- vom Museum für Naturkunde Görlitz, gesammelt von dem seum Stralsund. Neue Museumskunde, 4,256 - 258, namhaften Sammler Jickili. Abgegeben an dieses Museum SoHRÖDER, H. (1992): Weichtiere auf Briefmarken. MEER UND wurden damals vom Meeresmuseum die terrestrischen MUSEUM,8,64-67. F. Borcherdings. Mollusken aus der Sammlung STREICHER, S. (1986): Das Meeresmuseum Stralsund - ein Bei- E. Eine 550 Stücke umfassende Privatsammlung von spiel für den Profilierungsprozeß der naturkundlichen Museen in Sturmhoefel (1904 - 1985), Leipzig, wurde 1987 von des- der DDR. MEER UND MUSEUM, 4. sen Witwe angekauft: Diese Sammlung besitzt aber keinen STREICHER, S. (1987): Ausstellungskonzeption ,, Mensch und wissenschaftlichen Wert, da jegliche Fundangaben fehlen. Meer", unveröfftl. Mskr. Mitarbeiter des Meeresmuseums brachten immer wieder THIELE, J. (1931, 1934, 1945): Handbuch der systematischen Aufsammlungen geringeren Umfanges von verschiedenen Weichtierkunde, Bände 1 - 3, Jena.

18 Schnittmodell einer Riesenmuschel Endmontage der Einzelteile des Kraken Mollusken für die Ausstellung Nachbildungen von Weichtieren in der Präparationswerkstatt des Meeresmuseums

U. Beese, A. Goldbecher

,,Eine Conchyliensammlung bleibt dennoch, so schön sagekräftig darzustellen. Es sollte eine Grundforderung sich auch die systematisch geordneten, so auffallend und jeder neuen Ausstellung sein, nur qualitativ hochwertige verschieden gestalteten, oft mit den schönsten und man- Präparate zu zeigen, sei es als Originale oder als deren nichfaltigsten Farben prangenden, Schalen im Ganzen detailgetreue Nachbildungen. Um dieser Aufgabenstellung genommen ausnehmen, ein unvollkommenes Ding. Wir gerecht zu werden, sind umfangreiche Vorarbeiten durch kennen und bewundern bei den Meisten nur das Haus, den Präparator notwendig. Hierzu gehört vor allem das und der Bewohner gar vieler ist uns unbekannt." gründliche Beobachten, Skizzieren und Fotografieren des J. F. Naumann (1848) lebenden Tieres möglichst in seinem Lebensraum. Solche Beobachtungen und eingehendes Befassen mit den artei- Weichtiere (Mollusken) bilden mit nahezu 130 000 Arten genen Verhaltensweisen der darzustellenden Tiere in der nach den Gliederfüßern (Afthropoden) den zweitgrößten Natur bilden die Grundlage für ihre weitgehend naturge- Tierstamm. lhre Haut trägt, soweit sie nicht von der Schale treue Wiedergabe. Der unproblematische Einsatz moderner bedeckt wird, oft einen Cilienbesatz, entbehrt fast immer Videotechnik ermöglicht dabei heute eine optimale Erfas- einer Kutikula und ist sehr reich an großen Drüsenzellen, sung aller notwendigen Daten. Erst daran anschließend daher schlüpfrig und weich. Durch die Beschaffenheit der beginnt das Sammeln der benötigten Objekte. Haut und das Fehlen eines Stützskelettes, wie es andere Weichtiere reagieren auf Störungen in ihrem Umfeld mit Wirbellose besitzen, nehmen die Weichtiere in zoologi- Farb- und Formveränderungen, beispielsweise durch Ein- schen Sammlungen eine Sonderstellung ein. Nach den ziehen des Körpers in das schützende Haus, wie es auch lnsekten bilden sie die umfangreichsten Sammlungsbe- bei unseren heimischen Landschnecken zu beobachten ist. stände in öffentlichen naturwissenschaftlichen Einrichtun- Werden Mollusken unmittelbar nach dem Sammeln getö- gen und Privatsammlungen. lhre Vielfalt ist vor allem in der tet, erhalten wir nur ein zusammengezogenes, verzerrtes Manigfaltigkeit und Schönheit der Formen und Farben ihrer Abbild der ursprünglich weichen, geschmeidigen Tiere. Aus Gehäuse und Schalen begründet. Das eigentliche Tier aber diesem Grunde ist es notwendig, die lebenden Tiere kua- bleibt weitgehend auch in Museen unberücksicht und wird zeilig zu hältern, bis sie sich wieder voll entfaltet haben. Die nicht erhalten. Das ist auf den raschen Zertal der gesam- anschließende Betäubung verhindert, daß sich die Objekte melten Objekte sowie auf eine komplizierte Verfahrenswei- während des sachgemäßen Tötens und Fixierens wieder se bei der Betäubung und Tötung zurücþuführen, wie sie zusammenziehen. Diese drei Arbeitsschritte müssen mit zur Herstellung ansprechender Präparate notwendig ist. großer Sorgfalt durchgeführt werden, da sie ausschlagge- Auch die recht umfangreiche Molluskensammlung des bend für die weitere Präparation der Mollusken sind. Meeresmuseums besteht hauptsächlich aus leeren Gehäu- sen und Schalen. lm Rahmen des Aufbaus der Daueraus- Auf verwendete Chemikalien und Hilfsmittel soll an dieser stellung ,,Mensch und Meer" 1987 stellte sich zum Thema Stelle nicht weiter eingegangen werden, der interessierte Mollusken unseren Präparatoren die Aufgabe, mehrere Leser findet sie ausführlich bei PIECHOCKI (1975) Vertreter aus den einzelnen Familien wirkungsvoll und aus- beschrieben.

19 Sind Sammel- und Konservierungsarbeiten erfolgreich schaftlicher Museen gründeten sich auch private Hand- abgeschlossen, kann damit begonnen werden, die werksbetriebe für Lehrmitteltechnik und Modellbau, in benötigten Präparate für die Ausstellung oder Sammlung denen unter anderem Tier- und Pflanzenpräparate für herzustellen. Die Art der Präparationsmethode richtet sich Unterrichtszwecke entstanden. Die Palette der dort ver- nach dem gewünschten Verwendungszweck. Dabei wird wendeten Materialien ist jeweils abhängig vom anzuferti- zwischen Trocken- und Naßpräparation unterschieden. genden Objekt. Häufig eingesetzt werden Gips, Wachse, Klammeft man die Schalensammlungen von Muscheln und Polyester-, Epoxid- und Methacrylharze. Da diese Stoffe im Schnecken aus, werden Mollusken vorrangig als Flüssig- flüssigen Zustand verarbeitet werden müssen, ist die Anfer- keitspräparate aufbewahrt, da ihnen ein sogenanntes Hart- tigung einer Form notwendig, die vom Original oder von substanzskelett fehlt - Schalen und Gehäuse, die dem einem zuvor geschaffenen Tonmodell gewonnen wird. Schutz des Tieres dienen, übernehmen die Funktion eines Diese Präparationsmethode ist üblich und findet Anwen- Skelettes. Eine Trockenpräparation, wie sie bei Krebsen dung bei der Herstellung von Dokumentarplastiken und

und lnsekten üblich ist, entfällt, da trotz vorangegangener Dermoplastiken . Konservierung meistens starke Schrumpfungen am Objekt ln den Werkstätten des Meeresmuseums wird bereits seit auftreten. Auch Paraffinierung oder lmprägnierung mit PEG einigen Jahren PVC zur Herstellung von zoologischen bringen nicht immer den gewünschten Erfolg. Flüssigkeits- Präparaten verwendet. Den Einsatz von PVC als Formma- präparate, also artgerecht fixiede und montierte Präparate terial beschreibt erstmals DITTMAR (1972). in sauber verklebten Glasgefäßen, können dagegen einen PVC ist ein aus Azethylen und Chloruasserstoff gewonne- hohen Schauwert aufweisen. Sie erlordern aber eine direk- nes Vinylchlorid, welches im Emulsionsverfahren bei etwa te Sammeltätigkeit vor Ort. 130 bis 170 Grad Celsius polymerisied. Die Grundkompo- Als die Präparatoren des li¡leeresmuseums 1987 mit der nenten sind das Pulver PVC-E und ein dazugehöriger Darstellung von Mollusken beauftragt wurden, verfügte die Weichmacher. Beide Substanzen werden im Verhältnis von Einrichtung weder über die finanziellen Möglichkeiten noch 80 zu 20 grundlich miteinander vermischt, bis eine gut erlaubten es die politischen Umstände, spezielle Sammel- modellierbare Knetmasse entsteht. Es ist dabei möglich, reisen durchzuführen. PVC sowohl mit Pigment- als auch mit Tubenölfarben ein- Da originale Weichkörper fehlten, bestand also nur die zufärben und mit vielerlei Füllmassen zu versetzen (bei- Möglichkeit, künstliche Nachbildungen der betreffenden spielsweise Holzmehl, Torf oder Sand). Nach der Polymeri- Arten aus den Klassen der Käferschnecken (Polyplaco- sation erhält man ein hornartiges, festes l\¡laterial. Entspre- phora), Schnecken (), Kahnfüßer (Scaphopo- chend läßt sich PVC frei modellieren oder zur Gewinnung da), Muscheln () und Kopffüßer (Cephalopoda) her- von Abgüssen in Negativformen einarbeiten. Für die Poly- zustellen. merisation kann praktisch jede vorhandene Wärmequelle Betrachtet man Nachbildungen von Tieren und Organen eingesetzt werden, Thermostat, Heizsonne, lnfrarotlampe, aus historischer Sicht, läßt sich feststellen, daß solche Heißluft oder sogar kochendes Wasser. Anschließend läßt bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. in ägyptischen sich PVC sehr gut verkleben oder schweißen und auf belie- Modellwerkstätten aus Holz oder Ton angefertigt wurden. bige Weise colorieren. Als besonderer Vorteil en¡¿eist sich, Als im Verlauf des 19. Jahrhundefts die Zoologie als selb- daß das ausgehärtete Material durch Zuführung von ständiges Lehrfach an Universitäten zur Geltung kam, Wärme auch nachträglich plastisch vedormbar ist. gewann nach der vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere Die einfache und vielseitige Handhabbarkeit und zufrieden- auch das Studium der Wirbellosen und deren Organisation stellende Ergebnisse aus mehrjähriger Arbeit mit PVC mehr und mehr an Bedeutung. Man suchte neben der haben diesen Kunststoff für die Präparatoren des Meeres- Konservierungstechnik nach Methoden zur Darstellung sol- museums als ideales Formmaterial für die Anfertigung von cher Tieformen, deren Gestalt und Aussehen sich durch Nachbildungen, Abgüssen und Modellen bestätigt. bisherige Verfahren stark veränderten. So wurde zunächst die Wachsmodelltechnik, medizinischen Bereich die im Der Weichkörper einer Flügelschnecke wird aus PVC-Knetmasse bereits seit dem 18. Jahrhunded Anwendung fand, auch in modellied. die Zoologie eingeführt. Auf diese Weise entstanden Lehr- modelle wirbelloser Meerestiere oder deren Larvenformen. Auch der innere Bau von Wirbellosen wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachgestaltet, wobei Holz oder Gips, später aUch Kunststoffe vennrendet wurden, die sich durch Wärme formen ließen (JAHN 1986). Kunstvoll gefertigte Glasmodelle wirbelloser Meerestiere schuf der aus Nordböhmen stammende Glasbläser Leopold Blasch- ka zusammen mit seinem Sohn Rudolph in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter anderem für das Natur- kundemuseum Dresden (SCHWAMMER 1 984). So entstanden nach der Jahrhunderlwende in den Museen lehrhafte Ausstellungen, deren Originalmaterial durch Modelle ergänzt wurde. Mit dem Einzug unterschiedlichster Kunststoffe in die Präparationswerkstätten naturwissen-

20 Aus diesem Grund wurde es auch für die Mehrzahl der nachzubildenden Mollusken ven¡rendet. Die Größe der Nachbildungen ergab sich bei den gehäusetragenden Arten durch die Verwendung der Originalschalen, bei den übrigen Objekten war sie abhängig von ihrem Ven¡uen- dungszweck, entsprach aber stets natürlichen Größen.

Nachbildungen ohne natürliche Vorlage der Form, Größe, Hautstruktur sowie Farbe und Zeichnung zu schaffen, setzt ein umfangreiches Literaturstudium voraus. Günstigerweise standen uns Videobänder von aufgezeichneten Tiersen- dungen zur Verfügung. Darüber hinaus war auch intensive Beschäftigung mit der Anatomie der einzelnen Gruppen sowie ihrer Lebensweise notwendig. Von Vorteil erwies sich dabei das Studium heimischer wie auch der in unseren Aquarien gehaltenen tropischen Arten. Nachfolgend werden die Verlahren zur Nachbildung der einzelnen Arten beschrieben.

Käferschnecken, Schnecken und Muscheln Der fertige Weichkörper erhält mit Hilfe einer Spritzpistole seine Die Käferschnecken, Schnecken und Muscheln mit ihrer naturgetreue Färbung. Formen- und Größenvielfalt bilden die drei umfangreichsten Klassen innerhalb des Stammes der Weichtiere. Dement- Zur Darstellung verschiedener Themen über die Weichtiere sprechend wurden für ihre Darstellung weitaus mehr Expo- wurden insgesamt 55 Einzelstücke sowie drei Biotopaus- nate benötigt als von den anderen Vertretern der Mollus- schnitte von koloniebildenden Arten angefertigt. Das sind ken. lhr gemeinsames Merkmal ist das Vorhandensein drei Käferschneckenpräparate einer Art, 25 einzelne einer Kalkschale, die unterschiedlich gestaltet ist. Eine Aus- Schnecken 23 verschiedener Arten und 27 Muschelnach- nahme bilden die Nacktschnecken des Meeres (Nudibran- bildungen von 15 Arten. Die Größe der Objekte reicht dabei chia), bei denen die Schalen zurückgebildet sind oder völlig von nur drei Zentimeter kleinen Porzellanschnecken und fehlen. Bei einigen Schneckenarten war auf das Vorhan- einer Nußmuschel bis hin zum 30 Zentimeter großen Tri- densein eines Gehäusedeckels zu achten. tonshorn und einer gleichgroßen Riesenmuschel. Nach Abschluß aller notwendigen Vorarbeiten wurden die Eine Besonderheit der ganzen Kollektion sind das sehr Weichkörper aus der beschriebenen PVC-Knetmasse anschauliche Schnittmodell einer Mördermuschel (Tri- modelliert. Bei Káferschnecken und Muscheln erwies sich dacna) sowie die nachgebildeten, appetitanregenden als Vorteil, daß man sie direkt in die vorhandenen Schalen Gerichte aus Muschel- und Schneckenarten, die vom Men- einarbeiten konnte. Dadurch gelang es, eine eindrucksvolle schen gegessen werden: Garnierte, frisch geöffnete Aus- Synthese aus Nachbildung und natürlichen Bestandteilen tern, mit Ragout gefüllte Pilgermuschelschalen und ein zu schaffen, die wesentlich für die naturgetreue Wirkung Menü aus Kalmaren. dieser Präparate ist. : Bei entsprechender Konsistenz der PVC-Masse ließen sich alle Feinheiten ohne Stützmaterialien an der Nachbildung Perlboot und Posthörnchen herausarbeiten. Nur bei den fein ausgezogenen Teilen wie Tentakeln oder Augenstielen, bewährte sich die Verwen- Diese Tiere gehören systematisch zu den Kopffüßern dung von Stützdrähten. Traten während der Härtung leich- (Cephalopoda), verfügen jedoch über eine Besonderheit: te Formveränderungen auf, ließen sich diese durch lm Gegensatz zu ihren Verwandten besitzen sie noch ein nochmaliges Erwärmen der betreffenden Stelle mit Hilfe Gehäuse und waren daher beim Nachbilden ähnlich wie eines Heißluftgebläses korrigieren. Nach Abschluß des Här- Muscheln und Schnecken zu bearbeiten. Die Größe der tungsprozesses und dem Anfügen der Schalen konnte die nachzubildenden Weichkörper bestimmten wieder die vor- Bemalung erfolgen, die ganz entscheidend zum harmoni- handenen Gehäuse. Der Weichkörper des Posthörnchens schen Gesamtbild des Präparates beiträgt. Das Auftragen (Spirula) wurde in einem Stück modelliert, gehärtet, an das der Farben wurde mit dem Pinsel oder mit dem Airbrush - Gehäuse angesetzt und bemalt. Etwas anders entstand einer feinen Spritzpistole - durchgeführt. Als Farben haben das Perlboot (lVauflus). Bedingt durch die komplizierte sich vor allem Acryl-, aber auch Ölfarben bestens bewähr1. Gestalt eines Kopffüßers erfolgte der Aufbau in mehreren Nach einer durchgehenden Grundierung des Objektes wur- Etappen. Der Kopfbereich mit den charakteristischen den die entsprechenden Farben lasierend aufgetragen. Augen und die zahlreichen Arme wurden einzeln aus PVC Dadurch vermittelt die Oberfläche der Nachbildung noch angefertigt, gehärtet und erst am Gehäuse zusammenge- zusätzlich einen weichen und geschmeidigen Eindruck, der fügt. Durch die abschließende Farbgebung kommt die dem des natürlichen Weichkörpers sehr nahe kommt. hohe Qualität dieses attraktiven Objektes voll zur Geltung.

ZI a ¡

Kalmare Augen konnten die einzelnen Teile miteinander verbunden und Feinheiten in gewünschter Weise herausgearbeitet Diese Kopffüßer ohne Schale erfordern eine andere Präpa- werden. Die anschließende Bemalung erfolgte wie bereits rationsmethode, Für die Thematik ,,Kalmare sinnvoll nulzen bei Schnecken und Muscheln erwähnt. erfordert Kenntnis ihrer Lebensweise" wurden neun Tiere mit mehr oder weniger weit geöffneten Fangarmen benötigt. Da in diesem Fall mehrere Exponate von nur einer Krake Art anzufertigen waren, wählten wir die Abgußtechnik. Von Vorteil erwies sich das Vorhandensein eingefrosteter Kal- Mit den beschriebenen lebensnahen Nachbildungen sehr mare. Aus praktischen Gesichtspunkten hinsichtlich der guter Qualität galt es, wissenschaftliche Aussagen zur Ana- späteren Montage in der gewünschten Schwimmhaltung tomie, Lebensweise und Nutzung von Weichtieren ein- und ausgehend vom anatomischen Aufbau wurde das aus- drucksvoll museal zu gestalten. Dagegen sollte mit der gewählte Tier in drei Teile zerlegt: Arme, Kopf und Körper. Nachbildung eines Gemeinen Kraken (Octopus vulgaris) in Anschließend erfolgte das Fixieren der Körperhülle, des erster Linie ein wirkungsvolles Einzelstück geschaffen wer- Kopfes mit Trichterrohr und kurzen Armenden sowie der den. ausgewählten Arme in dreiprozentigem Formalin. Nach Die Aufgabe bestand darin, für eine bereits vorhandene ihrer Gestalt und der Anordnung der Saugnäpfe ließen sich Vitrine ein raumfüllendes Exponat herzustellen, welches die Arme in drei Grundformen einteilen. Somit waren nur durch seine Größe und Attraktivilät zu einem besonderen drei Arme für die Weiterbearbeitung erforderlich. Kleine Besuchermagnet werden sollte. Unterschiede ließen sich später retuschieren. Nach Beendi- Allen Arbeiten ging wieder ein gründliches Studium ein- gung aller wichtigen Vorbereitungen erfolgte dìe Herslel- schlägiger Literatur und verschiedener in Alkohol konser- lung der Negativformen. Dazu wurden die einzelnen Teile in vierter Kraken voran. Es wurden Messungen und Zählun- Ton eingebettet und jeweils eine zweiteilige Silikonform gen an den Originalen vorgenommen (Länge der Arme, davon hergestellt. Durch seine sehr gute Zeichnungsfähig- Anzahl der Saugnäpfe pro Arm, Durchmesser der Saug- keit und hervorragende Flexibilität hat sich Silikonkautschuk näpfe, Größe der Augen, Abstand der Augen usw.). Daraus als Abformmittel bewährt. Zur Anfertigung des Positivab- ergaben sich konkrete Relationen für einen naturgetreu gusses wurde der Polymerisationskleber ,,Kalloplast R", nachzubildenden Kraken aus Kunststoff in einer Größen- bestehend aus zwei Komponenten (Pulver und Flüssigkeit, ordnung, wie er in der Natur durchaus vorkommt. deren Grundstoffe Ester der Methacrylsäure sind) dünn- Bevor mit dem Bau eines Grundkörpers, ähnlich dem einer schichtig in die Silikonformen getupft. Gegenüber anderen Großsäugerdermoplastik, begonnen wurde, war es not- Kunstharzen ist dieser Kleber auch im ausgehärteten wendig, sich über die gewünschte Form im Klaren zu sein. Zusland durch Erwärmung plastisch verformbar. Die ent- Ein kleines Modell aus Plasteline bot gute Hilfe zur Festle- standenen Positivhälften wurden entweder in der Form gung der einzelnen Armpositionen sowie zur Ermittlung der oder nach ihrer Entnahme zusammengefügt. Für die späte- Statik. Da der Krake in Bewegung und freitragend, also re Bemalung war das Einfärben der flüssigen Komponente ohne die Verwendung von sichtbaren Stützelementen, des ,,Kalloplast R" mit Ölfarbe sehr günstig. Nach dem gezeigt werden sollte, kam dem anzufertigenden Grund- Retuschieren der Formnähte und dem Einsetzen der gerüst die entscheidende Rolle zu. Als zentraler Bereich

Eine Stahlblechplatte mit acht daran montierten Rundeisen für die Die Rundeisen sind mit PUR-Schaumstoff ummantelt, um Gewicht Arme dient als Grundgerüst für die Nachbildung des Kraken. zu sparen.

24 Auf die Ummantelung wird Modelliermasse aufgetragen. Gestaltung der Hautobedläche und der 22OO Saugnäpfe. wurde e¡ne drei Millimeter starke Stahlblechplatte gewählt, montage harmonische Übergänge zwischen den einzelnen auf der später der Kopf des Kraken seine Auflage finden Armen und dem Kopfstück schaffen zu können. sollte. Entsprechend dem Bauplan des Tieres wurden d¡e Die Gestaltung der Hautobedläche des Kraken wurde für einzelnen Armansätze an der Grundplatte herausgearbei- uns zur größten Herausforderung an Beobachtungsgabe tet. Auch war es notwendig, die Grundplatte zur detailge- und Phantasie. Wir suchten etwas Vergleichbares im Tier- treuen Gestaltung des Kopfbereiches mit einer Öffnung für reich, auf das sich weitere Überlegungen aufbauen ließen. die Mundpaftie zu versehen. Schließlich lag nur noch ein Die Feststellung, daß sich die Haut mit der von Schildkrö- äußerer Stützring vor, der an den Armansätzen mit paari- ten und teilweise auch Echsen vergleichen läßt, und daß gen Aluminiumschellen versehen wurde. Diese ermöglich- sie - wie ein elastisches Netz - in Abhängigkeit zur Bewe- ten später eine ausreichende Befestigung der Armstützen gung des Körpers ständig veränderlich ist, war Ausgangs- und der Stützen zum Kopfaufbau aus acht Millimeter star- punkt für die folgenden Arbeitsschritte. Es war absehbar, kem Rundstahl in der gewünschten Form. Die so gewon- daß sich durch freies Ausmodellieren der PVC-Masse mit nene Mobilität war notwendig, um eine optimale Bearbei- Hilfe von Modellierwerkzeugen nicht die gewünschte Präg- tung der Arme einzeln bis ins Detail zu gewährleisten und nanz der Hautstruktur ergeben würde. Deshalb nutzten wir einen problemlosen Transport der Teile zur späteren End- die Extremitäten des Abgusses einer großen Meeresschild- montage in die Ausstellung zu ermöglichen. Stützring und kröte, um einige markante Hautausschnitte mit Silikonkau- Armstützen bestehen aus verzinktem Material, um spätere Korrosion auszuschließen. Vormontage der Arme an der Grundplatte Nächster Arbeitsschritt war eine Umkleidung des Stahl- grundkörpers mit leichtem Füllmaterial, um das Endgewicht des Kraken bei ausreichender Festigkeit so gering wie möglich zu halten. Versuche mit Drahtgewebe brachten zwar im Kopfbereich, nicht aber an den Armstützen den gewünschten Erfolg, so daß wir uns entschlossen, dafür Polyurethanschaumstoff zu verwenden. Er vedügt trotz sei- nes geringen Gewichtes über hohe Stabilität und läßt sich optimal bearbeiten. Um im Kopfbereich eine stabile Grund- lorm zu schaffen, wurde mehrschichtiges Drahtgewebe ebenfalls mit PUR-Schaumstoff vedestigt. Damit entstand im wesentlichen bereits die spätere Form der Nachbildung, nur ohne die äußere Hautschicht. Für die Herstellung der stark strukturieden Hautoberfläche und der einzeln zu gestaltenden Saugnäpfe wurde die bewähr1e PVC-Knetmasse verwendet. Beim Auftragen der Modelliermasse erwies es sich von großem Vorteil, daß die einzelnen Arme separat voneinander fediggestellt werden konnten. Dennoch war es unbedingt notwendig, stets das Objekt im Ganzen zu sehen, um bei der späteren Gesamt-

aË Der äußere Stützring mit den Aluminiumschellen, an denen Arme Nach der Endmontage der Arme am verschäumten Kopfteil erfolg und Stützen zum Kopfaufbau befestigt wurden. te dessen Modellierung. tschuk abzugießen und daraus unterschiedliche Stempel denen eines Säugers vergleichbar sind. Das Krakenauge herzustellen. Damit gelang es, mit einem relativ gerlngen hat eine waagerechte, ovale Pupille und ähnelt dadurch Arbeitsaufwand eine geschlossene Hautoberfläche mit der sehr einigen Paarhuferaugen wie denen von Hirschen, Zie- typischen Struktur zu schaffen, wie sie dem Original wei- gen und Schafen. Beim Vergleich der in Frage kommenden testgehend nahekommt. Augen mit denen eines im Aquarium lebenden Kraken ent- Sehr viel Zeit nahm dagegen die Anfertigung der zahlrei- schieden wir uns für die Verwendung von Mufflonaugen. chen Saugnäpfe des Kraken in Anspruch. Da jeder der Nach Abschluß der Modellierarbeiten an einem Körperab- acht Arme über eine Anzahl von 275 Stück verfügt, waren schnitt erfolgte dessen Aushädung in einem Thermostaten. insgesamt 2200 Saugnäpfe nachzubilden. Sie mit Hilfe der Spannungsrisse, die während des Härtevorganges auftre- Abgußtechnik herzustellen, hätte dem gewünschten ten konnten, ließen sich weitgehend verhindern, indem die Gesamteindruck geschadet, der die individuelle Bewegung mit PUR-Schaum verkleidete Unterkonstruktion auf die jedes einzelnen Körperleils widerspiegeln sollte; auch war beim späteren Härten erforderliche Temperatur envärmt vorgesehen, einen Arm mit seinen Saugnäpfen direkt an wurde, Traten dennoch am fertig modellierten Arm leichte der Fronlscheibe der Vitrine zu plazieren, um den Besu- Risse auf, wurden sie nach dem Abkühlen mit PVC-Masse chern zu zeigen, wie so ein Tier sich festsaugt. So wurde verspachtelt und mit einem Heißluftgebläse nachgehärtet. jeder einzelne Saugnapf aus der PVC-Masse vormodellied Vor allem in der Endphase, beim Ansetzen und Zusam- und, unter Einbeziehung der Hautgestaltung, an die Arme menfügen der Einzelteile, erwies sich dieses Heißluftgeblä- beziehungsweise die Unterseite des Kopfbereiches ange- se von großem Nutzen. Ohne Probleme konnten auch fügt. Das feine Ausarbeiten der gewünschten Form sowie leichte Formänderungen durch nachträgliches En¡värmen des inneren Aufbaus effolgte direkt am Arm mit Hilfe von entsprechender Partien vorgenommen werden.

M odel I ien¡verkzeu gen. Nachdem die fertiggestellten Arme fest mit dem Kopfteil Auch die typische Oberflächenstruktur des Eingeweide- verschraubt waren, wurden die einzelnen Segmente plast- sacks, in dem sich beim Tier die inneren Organe befinden, verschweißt und noch vorhandene Hohlräume, insbeson- wurde separat vom Kopfbereich auf einen hohlen PUR- dere im Bereich der Schellen, mit PUR-Schaum ausgefullt. Schaum-Grundkörper aufmodelliert. Die Nachbildung als Ganzes verfügte jetzt über eine sehr Mittelpunkt der Krakennachbildung ist das Kopfstück. Mit hohe Stabilitat und reagierte kaum auf Erschütterungen. ihm mußten alle getrennt bearbeiteten Körpedeile harmo- Abschließend erfolgte das feine Ausarbeiten der Verbin- nisch verbunden werden. Diesem Abschnitt kam außeror- dungsstellen nach beschriebener Methode, um fließende, dentliche Bedeutung zu: Anfügen des Trichterrohres, wel- nicht sichtbare Übergänge zwischen den einzelnen ches das lebende Tier für die Atmung benötigt, Herausmo- Abschnitten zu schaffen. dellieren der Augenpartie auf der Oberseite sowie des Nach Beendigung aller Modellierarbeiten galt es, durch papageienschnabelähnlichen Mundbereichs auf der Unter- naturgetreue Bemalung dìe optische Wirkung und den seite. Der Mund wurde durch detailgetreues Nachbilden Gesamteindruck dieses so schon imposanten Ausstel- mit PVC-Masse gestaltet. Die Augen galt es besonders lungslückes noch weiter zu erhöhen und abzurunden. Die überzeugend wiederzugeben, um der Nachbildung eine Farbgebung wurde ausschließlich mit dem Airbrush und möglichst natürliche und lebendige Ausstrahlung zu verlei- den dafür geeigneten Acrylfarben durchgeführt. Acrylfarben hen. Kraken verfügen über hochentwickelte Augen, die der Marke ,,AEROCOIOR" von Schminke sind hoch-

26 konzentrierte, aber dennoch gebrauchsfertige, wasserfest von der Planung bis zur Aufstellung in der Vitrine. Es ent- antrocknende Farben und speziell für die Spritzpistole zu stand eine Nachbildung, die durch Größe, Gestalt- und verwenden. Sie können mit farblosem Airbrushgrund oder Detailtreue zum publikumswirksamsten Ausstellungsstück auch mit Wasser verdünnt werden und sind als echte Pig- der Molluskenabteilung wurde. Bei der Herstellung aller mentfarben lichtecht. Die rasch abgetrocknete Oberfläche Weichtiernachbildungen wirkte Frau Erika Hoppe, wissen- glänzt nicht, und bei dünnem Auftrag ergeben sie brilliante, schaftliche Mitarbeiterin für diesen Bereìch, ständig bera- transparente Farbflächen, Durch mehrfaches Aufspruhen tend mit lnformationen und Hinweisen zum Aussehen und ließen sich deckende Farbschichten erzielen. Obwohl die zur Biologie der Tiere. Farben ungiftig sind, mußten beim Spritzen Atemschutz- masken getragen werden, um die auftretenden Farbnebel Die Verfasser widmen diesen Beitrag ihren ehemaligen Kol- nicht einzuatmen. legen, Frau lrene Muswieck und Herrn Edward Kretsch- Kraken sind bekanntlich in der Lage, sich ihrer Umgebung mann, mit denen sie viele Jahre gemeinsam in der Präpa- anzupassen und dazu ihre Körperfärbung ständig zu vari- rationswerkstatt des Meeresmuseums gearbeitet haben. ieren. So mußte zunächst der typische Farbton für die Frau Muswieck schuf die hervorragenden Nachbildungen Oberseite gefunden werden. Da es auch Anliegen der der Schnecken und Muscheln und trug dadurch entschei- Bemalung war, die markante Hautstruktur farblich hervorzu- dend zur guten Qualität der Ausstellung über die Weichtie- heben, erlolgte das Auftragen der einzelnen Farbtöne von re bei. dunkel nach hell entgegen dem sonst üblichen Schema. Herr Kretschmann setzte mit seiner Tätigkeit grundlegende Zunächst wurde das ganze Objekt, nicht aber die lnnensei- neue Maßstäbe für die Fischpräparation in natun¡vissen- ten der Saugnäpfe, mit einem dunklen Grundton uber- schaftlichen Museen. spruht. Die Farbe, bewußt dünnflüssìg gewählt, lagede sich vorrangig in den Strukturrillen ab und unterstrich damit den Literatur: (1972): PVC - ein ideales Formmaterial für den Hautcharakter. Anschließend konnten nacheinander die DITTMAR, G. Modellbau. Neue Museumskunde, 15 (3\, S. 224-226. gewünschten Farbnuancen aufgetragen werden, wobei der ECHSEL, H. und lV. RACEK (1976): Biologische Präparation. Gestaltung der Saugnäpfe besondere Bedeutung zukam. Wien, München. Letzter Arbeitsschritt war das Überziehen und Absperren JAHN, l. (.1986): Geschichte der Präparationstechnik. Biologische der Farbe mit farblosem Airbrushgrund. Das Ergebnis ist Präparationstechnik, Lehrmaterial für das Lehrgebiet Präparations- ein weicher, seidenmatter Glanz der Krakenoberfläche, technik im Fachschulfernstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Aufstellung des ferligen Kraken in der vorgesehenen KÜKENTHAL, W. und M. RENNER (1978): Leitfaden für das Zoo- Vitrine erfolgte ohne Probleme. Der Vitrinenboden wurde logische Praktikum. Jena. NAUMANN, J, F. (1BaB): Taxidermie oder Die Lehre Thiere aller durch Kaschieren mit schwarzem Gewebefließ neutral Klassen auszustopfen. Halle. gehalten und zugunsten der Objektwirkung nur mit den PIECHOCKI, R. (1985): Wirbellosenpräparation. Biologische wichtigsten Text- und Grafikinformationen versehen. Präparationstechnik, Lehrmaterial für das Lehrgebiet Präparations- technik an der Humboldt-Unìversität zu Berlin. Die originalgetreue Nachbildung eines großen Kraken ist SCHWAMMER, H. (1984): Kostbarkeiien aus Glas - Berichte und das Ergebnis langwieriger Teamarbeit der beiden Autoren, Bemerkungen. Neue Museumskunde,2T (4), S. 276-278.

Anpassen der Einzelteile und Verfugen an den Nahtstellen Sachkundige Gütekontrolle vor dem Einbau in die Vitrine.

27 r{1''' I "á. .'., ...' .'.j:J'-+ i.

Sepien wurden bereits mehrfach in Aquarien gezüchtet, stellen aber hohe Anforderungen an die Wasserqualität.

Weichtiere im Meeresaquarium

K.-H. Tschiesche

Mollusken spielen in den Aquarien des Meeresmuseums, es unter den Weichtieren zahllose sehr interessante, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine recht unterge- optisch ansprechende und für die Meeresaquaristik recht ordnete Rolle. Es sind zumeist unauffällige Mitbewohner, nützliche Arten gibt. die nicht selten juvenil, zum Beispiel mit Substrat, einge- Nicht ganz schuldlos ist dabei der Tierhandel, der meist nur schleppt werden, bisweilen unbemerkt heranwachsen, eine wenige Arten anbietet. Wesentlich umfangreicher dagegen Zeit lang in der Tiergesellschaft leben und letztlich wieder ist das Angebot von Schnecken- und Muschelschalen auf verschwinden. dem Souveniermarkt. ln unvorstellbaren Stückzahlen wer- Seit Anfang der 70er Jahre wurden tropìsche Meerestiere den attraktive Tiere dem Meer entnommen, getötet und für für uns fast ausschließlich von interessieden Seeleuten der den Verkauf in mehr oder weniger kitschigen Arrangements Handelsflotte der DDR gefangen, sachkundig oft monate- ,,aufbereitet". lang an Bord gepflegt und dann dem Meeresmuseum Von den Klassen der Mollusken sind für Aquarianer Käfer- kostenlos übergeben. Dabei handelte es sich größtenteils schnecken (Placophora), Schnecken (Gastropoda), Mu- um Fische, Krebse und größere Nesseltiere. Gelegentlich scheln (Bivalvia) und Kopffüßer (Cephalopoda) von größe- waren einige Schnecken, seltener Muscheln, bei den Tier- rem lnteresse, Annähernd 130000 rezente Weichtierarten transporten dabei, sind bekannt, davon lebt der überwiegende Teil, etwa Die relativ geringe Beachtung der Mollusken ist durchaus 85000 Arten, in seinem ursprünglichem Lebensraum, dem nicht allein für unsere Schauaquarien kennzeichnend. ln Meer. Ein Ausdruck ihrer Vielgestaltigkeit ist unter anderem vielen öffentlichen Aquarien vermißt der ìnteressierte Besu- die Größe der Tiere. Messen die kleinsten Vertreter nur cher Weichtiere, die auch in der Artbeschreibung der wenige Millimeter, so erreichen die großen Riesenkalmare Aquarienbesetzung ausgewiesen werden. (Architeuthidae) eine Länge von über 20 Metern und ein Diese Tatsache ist allerdings ein Versäumnis, das des Gewicht von mehreren Tonnen. Es handelt sich dabei um Überdenkens wert ist, handelt es sich doch bei den Mol- die größten wirbellosen Tiere unserer Erde. lusken um den zweitgrößten Tierstamm neben den Glieder- füßern (Arthropoda). ln den Aquarien werden zumeist far- Nachfolgend nun einige Erfahrungen und Beobachtungen benprächtigere und auffälligere Wirbellose gezeigt, obwohl mit Mollusken im Meeresaquarium.

)R Käferschnecken (Placophora) Schnecken erst zu bestimmen, Erkundigungen über ihre Freßgewohnheiten einzuholen, um danach zu entscheiden, lhr Name bezieht sich auf die Rückenschale, die aus acht ob und wo sie eingesetzt werden können. beweglichen Stücken besteht, eine Gliederung vortäuscht Die Auswahl der richtigen, algenfressenden Schneckenar- und in der Form an Käfer erinnert. Etwa 90 Prozent der ten ist besonders für Aquarien mit Wirbellosen oder Riff- 1000 Arten leben an Felsen oder anderem haden Substrat aquarien bedeutungsvoll. Dadurch kann geholfen werden, in der Brandungszone. Sie saugen sich mit ihrer breiten das Aquarium in den gewünschten Zustand zu versetzen. Kriechsohle fest und bewegen sich tagsüber kaum vor- Schnecken verzehren kaum höhere Algen, wie beispiels- wär1s. Mit ihrer Raspelzunge (Radula), die einheitlich aus I7 wetse Caulerpa-Arten, die in Aquarien oft en¡uünscht sind. Zähnchen je Querreihe besteht, schaben sie meist nachts Sie schaben mit ihrer zähnchenbesetzten Raspelzunge vor- den Algenbewuchs ab. wiegend niedere Algen und Fadenalgen von der Dekoration ab. Auch die oft sehr lästigen Kieselalgenbeläge werden lm Aquarium können Käferschnecken jahrelang leben. nicht verschmäht. Trotz ihrer Unauffälligkeit erregen sie immer wieder die Auf- Für diese ,,Hilfeleistungen" eignen sich Vedreter der Famili- merksamkeit interessiefter Besucher. en Kreisel- fl-rochidae), Turban- fturbinidae), Nixen- (Neriti- Größte, aber selten in Aquarien gezeigte Ar-t ist die 30 Zen- dae) und der Strandschnecken (Littorinidae) bestens. Es timeter lang werdende Riesenkäferschnecke (Cryptochiton handelt sich dabei auch oft um attraktive und größer wer- stelleri) aus dem Nordpazifik. dende Arten, wie zum Beispiel die fünf Zentimeter hoch werdende Trochus maculatus der indopazifischen Korallen- riffe oder dìe bis sieben Zentimeter heranwachsende lro- Schnecken (Gastropoda) chus conus, die ich selbst auf den Riffen der Malediven beobachten konnte. lm Meer leben etwa 65000 Schneckenaden, und nur weni- Während alle Kreiselschnecken ein horniges Deckelchen ge davon wurden bisher in Aquarien gepflegt. Nicht nur für (Operculum) zum sicheren Verschluß der Gehäuseöffnung Wissenschaftler, sondern auch für die vielen interessierten besilzen, schützen Turbanschnecken ihr Haus mit einem Hobbyaquarianer bietet sich hier ein breites Betätigungs- dicken, kalkigen Deckelchen vor Freßfeinden. Die Größe feld, da nur relativ wenig über Ökologie und Verhalten die- der einzusetzenden, algenverzehrenden Schnecken wird ser Tierklasse bekannt ist. wesentlich durch die Aquariengröße bestimmt. So eignet Wer indessen unbedacht gesammelte oder im Handel sich die 20 Zentimeter hoch werdende Turbanschnecke erworbene Schnecken in sein Aquarium einsetzt, kann (Turbo marmoratus) nur für recht große Becken. unter Umständen böse Überraschungen erleben: Nicht alle Die meisten Arten der Nixenschnecken dagegen bleiben Schnecken sind harmlose Pflanzenfresser. Unter ihnen gibt klein, werden nur ein bis drei Zentimeter lang und passen es auch zahlreiche aggressive Räuber, die andere Wirbello- auch in größerer Stücþahl gut in kleinere Aquarìen. se anfressen oder sogar töten und manchmal auch vor Zumeist werden sie mit Riffgestein eingeschleppt, seltener Fischen nicht haltmachen. Es ist daher empfehlenswert, durch Händler impodied.

Käferschnecken, hier Acanthopleura haddoni aus dem Roten Kreiselschnecken, hier die farbenprächtige ArI Clanculus pharaoni- Meer, fallen im Aquarium durch ihr ungewöhnliches Aussehen auf cus aus dem Roten Meer, machen sich im Aquarium recht nütz- und wecken das lnteresse der Besucher. lich, da sie unerwünschte Kieselalgen abfressen.

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29 Ei-' Bei der Haltung von Kegelschnecken, hier Conus þrt¡le, im Aqua- Eine Meeresnacktschnecke der Ar1. Phyllida bourgoni laicht an der rium ist Vorsicht geboten. lhr giftiger Stich mit dem Rüssel kann Aquarienscheibe. Dieses Gelege von 46 Millimetern Durchmesser auch für Menschen tödlich sein. bestand aus etwa 60000 Eiern. nhnlicn verhält es sich mit den Strandschnecken, die, in Mit den Arten der Familie Kegelschnecken (Conidae) muß der Gezeitenzone felsiger Küsten beheimatet, im Aquarium jeder Aquarianer sehr vorsichtig umgehen. Sie gehören zur sehr gut haltbar sind und Algenaufwuchs abweiden. ÜberJamilie Giftzüngler (Conoidea). lhre Raspelzunge ist zu Unter den Turmschnecken flurritellidae) gibt es die Gemei- rinnenförmìgen oder hohlnadelartigen Stiletten umgebildet, ne Turmschnecke (Turitella communis). Sie edüllt im Aqua- die ähnlich einer lnjektionsspritze das Gift in die Beute rium durch ihre zumeist grabende Lebensweise eine wichti- übertragen. Die Tiere liegen in Felsspalten, zwischen Algen ge Aufgabe als Lockerer und Durchlüfter des Bodens, ist verborgen oder ìm Bodengrund eingegraben auf der Lauer. allerdings leicht mit den räuberisch lebenden Schrauben- Nähert sich ein Wurm, eine andere Schnecke, ein Krebs schnecken fl-erebridae) zu verwechseln. oder auch ein auf dem Grund zur Ruhe gehender Fisch, Bereits mehrfach wurden in unseren Aquarien mittelgroße tastet sich der lange, dehnbare Rüssel an eine weiche Stel- und große Aften der Gattungen Strornbus und Lambls aus le des Opfers heran und lähmt oder tötet es durch einen der Familie Flügelschnecken () über längere Zeit plötzlich ausgeführten Stich. Die sehr schön gezeichneten gepflegt. Es sind schon allein durch ihre Größe und die Gehäuse der Kegelschnecken wurden bereits einigen sam- Fortbewegungsart imposante Aquarienbewohner, die nicht melnden Touristen zum Verhängnis, denn auch bei Men- nur Algenbewuchs abweiden, sondern auch organische schen sind Todesfälle durch Kegelschnecken bekannt. ln Reste vertilgen. einem Aquarium für giftige Meerestiere sind einige dieser Porzellanschnecken (Cypraeidae) gehören seit langem zu interessanten Schnecken bei uns zu beobachten. unserem Tierbestand. Leider sind diese Tiere mit den glän- zenden, unterschiedlich gemusterten Gehäusen begehrte Sammelobjekte des kommerziell betriebenen Souvenier- Einige Bemerkungen seien noch den gehäuselosen handels und so in verschiedenen tropischen Meeresgebie- Meeresschnecken, den Nacktschnecken (Nudibranchia) ten schon selten geworden. lm Aquarium sind Porzellan- gewidmet, die leider sehr selten in Aquarien zu sehen sind. schnecken am Tage nur gelegentlich zu sehen. Der wei- Diese meist farbenprächtigen Schnecken tragen ihre Kie- che, dünnhäutige Mantel, der ihre Schale während der menanhänge frei auf dem Rücken. Sie sind fast durchweg nächtlichen Weidegänge übezieht, würde tags zu viele Nahrungsspezialisten, die sich ausschließlich von Schwäm- Freßfeinde anlocken. Größere Arten über vier Zentimeter men, Hydroidpolypen, Aktinien, Moostierchen oder See- Länge sind oft keine reinen Fflanzenfresser, sondern scheiden ernähren. Da selten Futtertiere dieser Art in ent- ernähren sich auch von tierischer Kost und müssen mit sprechender Menge zur Verfügung stehen, konnten auch Fischstückchen zusätzlich gefültert werden. bei uns nur kurzfristig einige Arten gehalten werden. Eine Sehr räuberisch lebende Schnecken sind Vertreter der Besonderheit soll noch envähnt werden: Die meist kleinen Familien Sturmhauben (Cassidae), Tonnen- oder Faß- Arten, zum Beispiel aus der Gattung Flabellina, ernähren schnecken (Doliidae), Tritonshörner fl-ritonidae) sowie der sich von Hydroidpolypen, deren Nesselzellen sie natürlich Stachelschnecken (). Sie überwältigen Röhren- mitverzehren. Diese werden jedoch nicht verdaut, sondern würmer, Muscheln, Seeigel und oft auch große Seesterne. wandern in die fädigen Körperanhänge auf dem Rücken Einige Arten der genannten Raubschnecken wurden bei uns der Schnecken, wo sie ihre nesselnde, feindabwehrende nur mit größeren Krebsen und Fischen vergesellschaftet. Funktion weiter ausüben.

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Die Tigerschnecke (Cypraea ¿/gí9 aus der Familie Porzellan- Die Farbenpracht der Pyjamaschnecke (Chromodoris quadricolor) schnecken hat ihren Mantel ausgestülpt, der das Gehäuse über- wird als Warntracht gedeutet, die Ungenießbarkeit signalisieren zieht. Seine Anhänge dienen wahrscheinlich zusätzlicher Atmung. soll. Sie ist Nahrungsspezialist und deshalb schwer zu halten.

Muscheln (Bivalvia) Ausdauernd sind in Aquarien die mediterranen und tropi- schen Steckmuscheln (Pinna), die Schalenlängen bis zu 80 Auch Laien können Muscheln von Schnecken immer Zentimetern erreichen können. Doch muß man leider anhand der zwei Schalenhälften oder Gehäuse eindeutig sagen, daß die attraktiven Tiere aus den Seegraswiesen unterscheiden. lm Kaltwasserbereich unseres Aquariums massenweise abgesammelt, zu Souveniers verarbeitet und sind stets die einheimischen Miesmuscheln (Mytilus edulis) auf den Märkten angeboten werden. Daher sind, wie mir zu sehen. Mehrfach wurden auch Kamm- oder Pilgermu- aus der Adria bekannt ist, nur noch selten Steckmuscheln scheln (Pecfen jacobaeus und maximus) gehalten, die frei in ihren natürlichen Biotopen anzutreffen. ln einem funktio- mit leicht geöffneten Schalenhälften auf dem Boden liegen. nierendem Riffaquariu m dürfen Riesenmuscheln (Tri dac na), Mit den zahlreichen Augen des Mantelrandes nehmen sie auch Mördermuscheln genannt, nicht fehlen. lmmerhin sich annähernde Freßfeinde, wie beispielsweise Seesterne, können sie eine Schalenlänge von 175 Zentimetern und ein wahr und flüchten schwimmend durch Auf- und Zuklappen entsprechendes Gewicht von über 200 Kilogramm errei- der Schalenhälften, chen, Unsere Aquarien beherbergen jedoch nur kleinere

Bei dieser Nacktkiemerschnecke Hexabranchius sangulneus ist Kraken, hier Ocfopus vuþarls aus dem Mittelmeer, bilden im Mee- der Kiemenkranz, das Atmungsorgan, besonders gut sichtbar. resaquarium immer eine besondere Besucherattraktion.

31 Riesenflügelschnecke (Sfrombus gþas) aus der Karibik

Tiere. ln ihrem Mantelrand befinden sich zahlreiche symbi- junger Tiere aus birnenförmigen Eiern erfolgte im Aquarium, ontische Algen, Zooxanthellen, die sehr helles Licht benöti- und die Jungen konnten einige Wochen am Leben erhalten gen. Diesem Bedüdnis tragen wir mit dem Einsatz starker werden. Damals fehlten uns indessen noch Effahrungen in Metall-Halogen-Dampflampen Rechnung, die in ihrer Zu- der Pflege dieser Tiere. ln den darauffolgenden Jahren gab beziehungsweise Abschaltung die Helligkeitsunterschiede es keine lmportmöglichkeiten, um weitere Haltungsversu- des Tagesverlaufes simulieren. Als Nahrung benötigen die che durchzuführen. lnzwischen ist in renomierten Aquarien Tiere gelegentlich Planktonersatz, das dem Wasser als die Sepiazucht über mehrere Generationen gelungen. Über Gemisch zugesetzt werden muß. Untersuchungen haben mehr Edahrung und bessere Efolge vefügen wir bei der nachgewiesen, daß Partikel, die größer als 0,0015 Millimeter Pflege des Gemeinen Kraken (Octopus vulgaris). ln Band 6 sind, von den Muscheln wieder ausgestoßen werden. Auch unserer Schriftenreihe MEER UND MUSEUM wurde aus- diese Erkenntnis muß bei der Futtezubereitung berücksich- führlicher darüber berichtet IISCHIESCHE 1990). Ein klei- tigt werden. Die Nutzung der Erfahrungen von Fachkollegen ner Krake dieser Art gehört auch derzeit wieder zum Tier- sowie eigene Beobachtungen und Versuche haben dazu bestand des Aquariums. Diese intelligenten Meeresbewoh- geführt, daß wir neben anderen Arten die Riesenmuscheln ner ziehen ganz besonders die Aufmerksamkeit der Besu- nicht nur lange am Leben erhalten können, sondern daß sie cher auf sich, vielleicht auch wegen der Erzählungen, die auch einen natürlichen Zuwachs aufweisen. sich um sie ranken. Die bisher gepflegten Tiere wiesen ein recht unterschiedli- ches Verhalten auf. Die einen lebten tagsüber fast immer in Kopffüßer (Cephalopoda) ihrem Versteck und zeigten sich nur kurz beim Füttern, während andere am Tage sehr aktiv waren und den Von dieser Klasse, die im Erdaltertum sehr adenreìch war, Anschein erweckten, als suchten sie Kontakt zu den Besu- leben heute in den Weltmeeren noch etwa 730 Spezies. chern. Für interessiede Gäste unseres Aquariums wird Die Pflege der Kopffüßer ist schwierig und sollte nur erfah- jeden Sonntag um 1 1.00 Uhr eine Schaufütterung durch- renen und technisch bestens ausgestatteten Aquarianern geführt, Nach einigen einführenden Erläuterungen zu seiner vorbehalten bleiben. Biologie wird der Krake, falls nicht schon vorher aufmerk- Am bekanntesten sind aus der Unterklasse der Tinten- sam geworden, aus seinem Versteck gelockt, Unser letzter schnecken (Dibranchiata) Sepien, Kalmare und Kraken. Krake ,,Otto" war meist schon bei den technischen Vorbe- Die Gemeine Sepia (Sepra officinalis) wurde nach einer reitungen zur Fütterung im Becken untenvegs. Da die Tiere Fangreise an die Adria in den 70er Jahren für einige ein für Mollusken erstaunlich hochentwickeltes Nervensy- Wochen in unseren Aquarien gehalten. Auch der Schlupf stem besitzen und zu Gedächtnisleistungen befähigt sind,

32 wurde ,,Otto" darauf dressied, seine lebenden Futter- krabben durch Öffnen des Deckels aus einer glasklaren Plastikdose zu entnehmen. Einer seiner Vorgänger nahm das Futter stets aus der Hand des Pflegers. Bei ,,Otto" war das nicht möglich. Ergriff das 1,40 Meter lange Tier einmal einen oder gar beide Arme des Fütternden, so konnte sich dieser nur durch Ablenkmanöver mit einer Bürste und viel Geduld wieder befreien. Mit Gewalt war den kräftigen, saugnapfbewehrten Fangarmen nicht zu entkommen. Neu für uns ist die Haltung von Perlbooten (Nautilidae). Da ihr Körperbau stark von dem der Tintenschnecken abweicht, sind sie in einer eigenen Unterklasse fietrabran- chiata) zusammengefaßt, die nur aus der Gattung Nautilus mit sechs Aden besteht. Weil aufgeschreckte Tiere gelegentlich bootsähnlich an der Wasseroberfläche dahintreiben und eine perlmuttglänzende Gehäuseinnenseite besitzen, erhielten sie den Namen ,,Perlboote". Aber auch die mitunter beobachtete Perlenbil- dung in der Schale kann zur Namensgebung beigetragen haben. Bis zu 90 Fangarme umstehen ihre Mundöffnung, (Nautilus macromphalus) aus dem Westpazifik bei Neu- einige davon sind umgebildet und dienen der Begattung. Perlboot kaledonien, Diese Kopffüßer wurden 1992 erstmalig im Mee- Perlboote leben in Tiefen bis zu 650 Meter vor allem auf resaquarium Stralsund gepflegt, Die Tiere sind sehr empfindlich dem Meeresboden. Dort ernähren sich die tagsüber ver- und stellen hohe Ansprüche an die Wasserqualität. steckten Tiere nachts von Krebsen und abgestorbenen tie- rischen Organismen. Literatur lm Aquarium werden Perlboote bei Temperaturen um 18 Grad Celsius gehalten und mit Garnelen und anderen ABBOTT, R.T. (1990): Compendium of Seashells. American Mala- Krebstieren gefüttert. Über weitere Haltungserfolge und cologists, lnc. wird einem späteren Zeitpunkt Beobachtungen erst zu GRZIMEK, B. (Hrsgb., 1979): Grzimeks Tierleben. Enzyklopädie berichtet. des Tieneichs, Band 3, Deutscher Taschenbuch Verlag, MÜnchen. Die Ausführungen konnten sich nur auf einige Aspekte der PROBST, K., J. LANGE (1975): Das große Buch der Meeresaqua- Pflege von Weichtieren und ihre Bedeutung im Aquarium ristik. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgad. beschränken und nur ganz wenige Aften aus der Vielfalt TSCHìESCHE, K.- H. (1990): Kraken im Meeresaquarium. MEER benennen. Aber allein daran wird schon erkennbar, wieviel UND MUSEUM, Stralsund, Band 6, 28-31 . lnteressantes und Schönes die immer etwas vernachläs- WILKENS, P. (1987): Niedere Tiere im tropischen Seewasseraqua- sigten Mollusken der Meeresaquaristik zu bieten haben. rium. Engelbert Pfriem Vef ag, Wuppertal-Elberfeld,

Zahlreiche Tentakel umgeben Mundöffnung und Trichtenohr des Perlbootes

33 Blick auf die Küste des Golfes von Aden Zur Weichtierfauna des nordwestlichen Indik Mit einer Übersicht der bei den Expeditionen der Universität Rostock und des Meeresmuseums Stralsu nd gesammelten Arten

W. Wranik, M. Saad

,,Arabia Felix" - auf den Spuren früher Forschungsreisender ln Bir Ali, einem der bedeutendsten Umschlagplátze in historischer Zeit und einst ein Anfangspunkt der berühmlen Das Meer übt auf viele Menschen einen ganz besonderen Weihrauchstraße durch Sudarabien, hat der Wüstensand Reiz aus. Den Blick auf den fernen Horizont gerichtet, dem inzwischen vieles von diesem alten Glanz unter sich begra- Spiel der Wellen lauschend, kann man seinen Gedanken ben, Vergänglichkeit wird einem an solchen Plätzen ein- und Träumen freien Lauf lassen. Dieser ,,Ostseealltag" ist dringlich bewußt, und besonders bedruckend empfindet auch an den Stränden des Roten Meeres und des Golfes man dann Teerklumpen, leere Dosen wie anderes ,,Zivilisa- von Aden zu beobachten. Doch viele der Jemeniten, die an tionsstrandgut", das von der Leichtfeftigkeit kündet, mit der den Wochenenden regelmäßig am Strand spazieren, wir inzwischen auch diese Meeresregion belasten und auf haben noch nie in ihrem Leben einen Blick unter die Was- unsere Art Vergänglichkeit verursachen. seroberJläche des lndischen Ozeans getan, das Meer ist "Upon the whole, it is the ugliest, blackest, most desolate, für sie interessant und unheimlich zugleich. Doch steht der and most dislocate piece of land, of its size, that ever I set Jemen auch für die lange Geschichte der Nutzung des eyes on, and I have seen a good many ugly places" - so Meeres durch den Menschen, denn es waren arabische beschrieb der britische Botaniker J. D. Hooker im Jahre ,,Dhaus", einfach gebaute Segelschiffe, die bereits vor mehr 1847 auf seiner Reise nach lndien den Aufenthalt in Aden. als 1000 Jahren, die saisonalen Monsunwìnde nutzend, Ähnliche Gedanken mögen vielen Seeleuten, Händlern, den lndischen Ozean bis nach Afrika, lndien und China Abenteurern und Eroberern gekommen sein, wenn es sie, durchkreuzten, um wertvolle, begehrte Handelsgüter wie auf der Suche nach den sagenhaften Schätzen der blühen- Weihrauch, Myrrhe, Gold und Gewürze zu transpodieren, den Königreiche des ,,Arabia Felix", an die in der Sonne und damals wie heute fahren die jemenitischen Fischer flimmernde, durch Sandstrände und kahle vulkanische Fel- unerschrocken mit den traditionellen,,canoes",,,houris" sen geprägte, feuchtheiße Küste des ,,Yamin" (glückliches und ,,sambuks" täglich zum Fang aufs offene Meer hinaus. Land zur Rechten Allahs) verschlug. Herodot und Plinius

34 berichteten über das ,,Glückliche Arabien", Marco Polo Während Hemprich 1825 in Massawa verstarb, brachte machte in Aden Station, ebenso durchquerte lbn Battuta, der ebenfalls gesundheitlich stark angegriffene Ehrenberg der zu den ersten Edorschern Arabiens zählt und zwischen eine reiche zoologische und botanische Ausbeute nach 1325 und 1354 von Nordafrika bis nach China reiste, den Berlin. Jemen. Doch insgesamt lassen sich für diese frühe Erfor- Etwa zur gleichen Zeit begab sich der Frankfurter For- schungsgeschichte der Region nur schwer genaue Aussa- schungsreisende Eduard Rüppell im Auftrag der Sencken- gen treffen, denn häufig stand Gewinnsucht vor wissen- bergischen Naturforschenden Gesellschaft zum Roten schaftlichem Forscherdrang, Fakten und Fiktionen sind oft It¡leer. Carl Benjamin Klunzinger und Georg Schweinfurth nur schwer zu trennen. sind weitere Namen deutscher Wissenschaftler, die mit der Der Beginn der modernen Erforschung Arabiens und der Erforschungsgeschichte Arabiens für alle Zeit verbunden umgebenden Meere kann sehr genau auf das Jahr 1761 sein werden. festgelegt werden. ln diesem Jahr begann die ,,Arabiske Mit der Eröffnung des Suezkanals im Jahr 18ô9 ergaben Rejse", eine vom dänischen König Friedrich V. gefördefte sich neue Möglìchkeiten des Reisens mit dem Schiff, die Expedition zur Edorschung Südarabiens. Die Reisegruppe, Zahl der Expeditionen nahm zu. Viele Namen und Reisen bestehend aus sechs Personen (C. Niebuhr - Landvermes- müßten noch genannt werden, die alle in ihrer Art Beson- ser und Karlograph; Prof. F.C. von Haven - Philologe; G.W, derheiten aufwiesen, bei denen Faszination und Tragik aber Baurenfeind - Maler und Graveur; C.C. Cramer - ArzI; ?. auch nicht selten in der oben beschriebenen Weise beiein- Forsskal - Naturwissenschaftler; Berggren - Diener), verließ ander lagen. Stand zu dieser Zeit vor allem das Sammeln 1761 mit dem Schiff Dänemark, um im August 1762 die und Benennen neuer Arten im Mittelpunkt, so traten später Küste des Roten f\¡leeres zu erreichen. Mit dem Boot einer ökologische Betrachtungen stärker hervor (die Tabelle gibt Pilgerflotte gelangten sie nach Jeddah und brachen nach eine Übersicht über wichtige meeresbiologische For- einem arbeitsintensiven Aufenthalt an Bord eines Kaffee- schungsaktivitäten im Roten Meer und im Golf von Aden). schiffes, durch die zahlreichen Korallenriffe manövrierend, Dennoch gehören Südarabien und die Meeresregionen des nach Mocha auf. Nach weiteren Wochen voller Arbelt in Jemen noch immer zu den wenig edorschten ,,weißen Loheiha, wo sie großzügige Gastfreundschaft genossen, Flecken" dieser Erde. Der Jemen selbst bemüht sich seit war der Rest ihrer Expedition vom Ungluck überschattet. einigen Jahren verstärkt um die Erforschung seiner Küsten- lm Frühjahr 1763 erreichten sie das in der nordjemeniti- gewässer, um dadurch die marinen Ressourcen für die schen Küstenebene liegende Hafenstädtchen Mocha (Al Ernährung der Bevölkerung sowie fur den Expod weiter zu Mukha), von dem aus im 16. und 17, Jahrhundeft der Kaf- erschließen. Mit Jahresfängen um 80000 Tonnen gehört fee seinen Siegeszug um die Welt antrat und von dem sich die Fischerei zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen des auch der Begriff ,,Mokka" ableitet. Hier mußte Forsskal mit Landes. Besonders hoch wird das vorhandene Potential an ansehen, wie ein Großteil des mühsam von ihm gesammel- pelagischen Fischen eingeschätzt, doch auch für die ten Materials beschlagnahmt sowie von einem mißtraui- Grundfischerei bietet die teilweise rauhe KÜstenlinie gute schen und geldgierigen Beamten aus den Sammlungsge- Schleppgründe. fäßen geholt und zum Teil auf den Boden des Zollhauses Seit 1983 existiert in Aden ein mit Unterstützung der UNES- gegossen wurde. Dann verstarb von Haven an Malaria und CO und der Arabischen Entwicklungsbank errichtetes Mee- am 11.Juli 1763 auch Forsskal, der seine letzte Ruhestätte resforschungscenter, das, auch im Rahmen des internatio- nahe der jemenitischen Ortschaft Jerim fand. Baurenfeind, nalen ,,Red Sea and Gulf of Aden Programme", meeres- und Berggren und Cramer erlagen später ebenfalls dem Fieber, fischereibiologische Untersuchungen im Küstenbereich des und nur der Deutsche Carsten Niebuhr kehrle nach Däne- Jemen durchführt. Dabei geht es um sehr praktische Fragen mark zurück. Die verbliebenen Sammlungskisten der Expe- der Bestandsgrößen kommerzlell interessanter Arten und dition trafen nach einer lrrfahrt über lndien und China etwa ihrer Nutzungsmöglichkeiten, aber auch um Grundlagen- drei Jahre später in Kopenhagen ein und verschwanden, kenntnisse der komplizierten Wasseraustauschprozesse zwi- fast unbeachtet, fur weitere Jahre in Abstellräumen des schen beiden Meeresregionen bis hin zu den verschiedenen Museums. Niebuhr arbeitete die verbliebenen Expeditions- biotischen und abiotischen Parametern. ergebnisse auf und veröffentlichte unter anderem drei Für die Arbeitsgruppe Benthos gibt es ein breites Aufga- Bände ,,Descriptiones Animalum", in denen von Forsskal benspektrum, denn es fehlen genaue Artenübersichten und gesammelte und von Baurenfeind gezeichnete Aften dar- auch Kenntnisse über die Struktur und Funktion der gestellt werden (darunter 133 Meeresmollusken). Diese bodenlebenden Gemeinschaften unterschiedlicher Tiefen- Reise steht symbolisch für das hohe Risiko, das in jener bereiche. Zeit mit der Erforschung dieser Region verbunden war. Das Da der Golf von Aden eine Übergangsregion zwischen dem extreme Klima, die unzugängliche Landschaft, tropische Roten Meer und dem lndik darstellt, sind deradige Unter- Krankheiten und auch das sehr unterschiedliche Verhalten suchungen biogeographisch ausgesprochen interessant. der wehrhaften jemenitischen Stämme gegenüber Frem- Es gìbt aber auch wirtschaftliche Aspekte, die Benthosfor- den machten Reisen zu einem großen Wagnis. Mit der im schung erforderlich machen. So zum Beispiel die Notwen- Auftrag der Berliner Akademie von 1820 bis 1826 durchge- digkeit genauerer Untersuchungen des Bestandes und der führten Expedition beginnen die unmittelbaren deutschen Biologie der bereits wirtschaftlich genutzten wirbellosen Traditionen der naturwissenschaftlichen Arabienforschung, Tiere, wo sich, wie im Fall der Kalmare (Eiablage am Christian Gottfried Ehrenberg und Friedrich Wilhelm Hem- Boden), bereits gewisse Überfischungserscheinungen prich bereisten die Nilländer und Teile Südarabiens. abzeichnen, sowie insgesamt besserer Kenntnisse uber die

AF Tabelle wichtiger Expeditionen und faunistischer Untersuchungen im südlichen Roten Meer und dem Golf von Aden

1761-1763 ARABISJKE REJSE Saudi Arabien, Jemen 1820-1826 Ehrenberg & Hemprlch Jeddah, Qunfida, Massawa 1826-1829 ASTROLABE EXPEDITION Rotes Meer, lndopazifik 1870 lssel & Beccari Massawa, Assab 1874-1875 Kossmann Athiopien, Dhalak

1 879-1 880 Balfour Sokotra 1881 Schweinfurth & Riebeck Sokotra

1 882-1 885 VETTOR PISANI EXPEDITION südl. Rotes Meer

1 884-1 887 Boutourline & Traversi Äthiopien

1 890-1 900 SCILLA EXPEDITION südl. Rotes Meer 1895-1896 und

1 897-1 898 POLA EXPEDITION Rotes Meer '1898-1899 Grand & Forbes Sokotra

1 933-1 934 JOHN MURRAY EXPEDITION Rotes Meer, lndik

1 951 -1 953 FORMICA EXPEDITION südl. Rotes Meer

1 957-1 958 XARIFA EXPEDITION südl. Rotes Meer

1 961 /1 963 AKADEMIKA, KOVALEVSKI Rotes Meer 1962/1965 ISRAEL SOUTH RED SEA EXP südl. Rotes Meer 1 964-1 965 METEOR EXPEDITION Rotes Meer, Golf von Aden 1 969-1 970 BRITISH DHALA OUEST EXP. südl. Rotes Meer 1977/1979/1981 MESEDA I-III EXPEDITION Rotes Meer 1979-'1980 PIKAR EXPEDITION Rotes Meer

1 987 METEOR EXPEDITION Rotes Meer, Golf von Aden

Laichgründe wirtschaftlich wichtiger Arten und deren intensive Untersuchungen gab, wird gegenwädig gesichert Beachtung bei Fangkonzeptionen. Ein großes Potential, von etwa 950 Arten ausgegangen (davon etwa fünf Pro- wenn auch bisher nur in Anfängen genutzt, stellt die Aqua- zent endemisch, MASTALLER 1987). Für den Golf von kultur dar, und auch für die wachsenden Probleme der Aden gibt es bisher keine aktuelle Übersicht. Mit Sicherheit Meeresverschmutzung sind Benthosuntersuchungen uner- ist die Aftenvielfalt durch die Verbindung zum lndik höher, läßlich. Doch bedenkt man, daß der Jemen zu den ärmsten doch muß erst noch, neben den vielen taxonomischen Ländern der Erde zählt, dann werden die ökonomischen Unklarheiten, die ,,Artenfülle" älterer Studien kritisch geprüft Grenzen dieser Bemühungen deutlich. und mit neueren Daten untersetzt werden. Für das südliche Dieser Beitrag soll vorrangig einen Einblick in die Mollus- Rote Meer und den Golf von Aden sind dabei besonders kenfauna des Gezeitenbereichs der jemenitischen Küste die Arbeiten von ISSEL, STUFANY, JOUSSEAUME (1888), geben. sMrTH (18e1), ANTHONY (1e05), SHOPLAND (1e02), MELVILL (1928) und LAMY (1905 - 1930) zu nennen. Die Mollusken sind im lndo-Pazifik besonders artenreich und stellen wichtige Glieder im Nahrungsgewebe des Oze- ans dar, sie haben in vielen Ländern große Bedeutung als Das Rote Meer und der Golf von Aden - ein Blick in das Nahrungsmittel und werden darüber hinaus wegen ihrer Tagebuch der Erde Strukturen, Formen und Farben besonders gern gesam- melt. Gerade aus letzterem Grund haben sie den Men- Mit einer Fläche von etwa drei Millionen Quadratkilometern schen als Kultgegenstände, Schmuck und Zahlungsmittel ist Südarabien eine zwischen zwei Großkontinenten gele- auch durch die Jahrhunderte begleitet. gene und durch den Golf im Osten, das Arabische Meer Die hier vorgestellten Daten sind Teil der gegenwärtig im und den Golf von Aden im Süden sowie das Rote Meer im Fachbereich Biologie der Universität Rostock laufenden Westen weitgehend isolierte riesige Halbinsel. lhre Entste- Untersuchungen zu ausgewählten Makrozoobenthosgrup- hung und heutige Obedlächenstruktur steht in enger Ver- pen des Golfes von Aden auf der Basis der zwischen I982 bindung mit dem benachbarten Ostafrika und wurde durch und 1985 im Kustenbereich des Jemen gesammelten Pro- bereits in der Kreidezeit erfolgende Anhebungen und Ver- ben. ln die Bearbeitung der Mollusken wurde das Material werfungen des afrikanisch-arabischen Festlandblockes der ACROPORA-Expeditionen (vgl. MEER UND MUSEUM sowie durch Grabenbrüche im Tertiär, die zur Abspaltung 1981/1982) des Meeremuseums Stralsund sowie die dort des trapezförmigen Subkontinents und der in mehreren befindliche Sammlung des deutschen Malakologen Jickeli Phasen verlaufenden Entstehung des Roten Meeres und aus dem Roten Meer einbezogen. Für das Rote Meer, zu des Golfes von Aden fühften, geprägt. Diese Bewegungen dessen Molluskenfauna es in den letzten Jahren recht der Erdkruste dauern noch heute an, denn die arabische

.to Scholle dreht sich langsam entgegen dem Uhrzeigersinn schen Ozeans reicht. Die durchschnittliche Breite des und führ1 damit zu einer jährlichen Verbreiterung des Roten Roten Meeres beträgt 280 Kilometer, seine maximale Tiefe Meeres um etwa einem Zentimeter. Folge der tektoni- liegt bei 2850 Metern. lm Norden teilt es sich in den flachen schen Prozeße sind hoch aufragende Küstengebirge in den Golf von Suez (55 bis 73 Meter) und den Golf von Aqaba, westlichen Randzonen, die vom Meer her in Bruchstufen der einen über 1800 Meter tiefen, steil abfallenden, nur 30 bis auf Höhen über 3700 Meter steigen, um zum lnnern der Kilometer breiten und 180 Kilometer langen canyonartigen Halbinsel hin allmählich abzufallen und im Sandmeer der Trog darstellt, der im Süden durch eine etwa 250 Meter Rub al Khali, der mit 780000 Quadratkilometern größten tiefe Schwelle (Meerenge von Tiran) vom zentralen Bereich Sandwüste der Erde, auszulaufen. des Roten Meeres abgetrennt ist, Die im Norden und im Der im Südwesten der Arabischen Halbinsel gelegene mittleren Teil des Roten Meeres relativ schmale, im Süden Jemen umfaßt eine Fläche von etwa 528000 Quadratkilo- sich aber verbreiternde Schelfregion ist zum Großteil von metern. Dazu kommen die lnseln Sokotra und Perim Korallen bedeckt. Die Verbindung zum Golf von Aden stellt sowie die Kamaran-lnselgruppe. die flache und enge Perim-Straße dar. Doch nicht die Bab Heute leben über zehn Millionen Einwohner in diesem al Mandab (das ,,Tor der Tränen" zur ZeiI des Sklavenhan- facettenreichen Land, dessen naturräumliche Gliederung dels) ist eigentliche Engstelle der Verbindung beider Mee- von der Tihama (arab. ,,das heiße Land"), einem 30 bis 70 resteile (der Kanal westlich der lnsel Perim ist etwa 17 Kilo- Kilometer breiten, feuchtheißen und flachen Küstenstreifen, meter breit und über 300 Meter tief), sondern eine etwa bis in das Hochgebirge reicht, das mit 3766 Metern (Jabal 140 Kilometer nördlich davon gelegene untermeerische An Nabi Shu'ayb) die größte Höhe erlangt, dessen warma- Schwelle (nahe Great Hanish lsland), wo die Tiefe nur um rides Klima maßgeblich von den umgebenden Meeresre- 100 Meter beträgt. gionen in Wechselwirkung mit den saisonalen Windverhält- Das Bodenrelief des zwischen Südarabien und dem Horn nissen bestimmt wird. von Afrika gelegenen Golfes von Aden ist durch einen von Das Rote Meer, über dessen genauen Namensursprung es seitlichen Versetzungen und VerwerJungsspalten (Riftgru- unterschiedliche Ansichten gibt (überuuiegend werden als ben und Transversaltäler) gegliededen und von Tiefseeebe- Erklärung den zeitweiligen, eine rötliche Wasserfärbung nen flankierten mittelozeanischen Rücken geprägt, der, verursachenden Algenblüten der Blaualge Trichodesmium durchschnitten von der aus Nordnordost nach Südsüdwest erythraeum herangezogen), erstreckt sich als relativ verlaufenden Owen-Zone, in den Carlsberg-Rücken des schmaler, tiefer Graben zwischen dem Nordosten Afrikas lndik übergeht. und der Arabischen Halbinsel über eine Länge von etwa Geographisch erstreckt sich der Golf von Aden westwär1s 2200 Kilometern. Es ist Teil des Afro-Arabischen Graben- der Linie Cape Guardafui.Ras Fartak (etwa 52 Grad Ost) bruchsystems, das vom Toten Meer bis nach Ostafrika und über eine Länge von 1480 Kilometern. Seine größte Breite von Aden ostwärts bis zum Carlsberg-Rücken des lndi- beträgt 483 Kilometer und die bisher gemessene tiefste

Übersicht über die Stationen - a) Rotes Meer (ACROPORA-Expeditionen), b) Südjemen und c) lnsel Sokotra CI

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Meeresbodenrelief des Golfes von Aden (nach LAUGHTON 1970)

Stelle liegt im Alula Fartak Graben bei 5360 Metern. Die Die Besonderheiten des Roten Meeres und des Golfes von Schelfregion ist, mit Ausnahme des Gebietes westlich von Aden hängen eng mit ihrer Entstehungsgeschichte zusam- Aden und vor Ras Farlak, vergleichsweise schmal. Doch es men. Die Herausbildung des Roten Meeres war nach heuti- finden sich entlang der offenen, durch lange Sandstrände gen Erkenntnissen von keiner einheitlichen und konstanten und ins Meer ragende Felsen gekennzeichneten Kustenre- Überllutung begleiiet. Wahrscheinlich existieden anfangs gion nur wenige Korallenriffe. Die Ursache dafur ist vor ein oder mehrere große Binnenseen, die durch eine Quer- allem im Kaltwasserauftrieb zu suchen, der die ansonsten schwelle vom lndik getrennt waren, nach Norden aber zeit- zwischen 25 bis 31 Grad Celsius liegenden Oberflächen- weise mit der Tethys, dem Urmittelmeer, in Verbindung temperaturen des Wassers auf Werte um 18 Grad Celsìus standen. Erst gegen Ende des Pliozän sank die südliche absinken läßt. Dieser durch Wind und Strömungen verur- Schwelle des Roten Meer-Grabenbruches so weit ab, daß sachte Transport von nährstoffreichem, kaltem Tiefenwas- Wasser des lndischen Ozeans Über die Perim-Straße ein- ser an die OberJläche macht aber andererse¡ts die Schelf- strömen konnte. Nach dem endgültigen Verschluß der region des Golfes von Aden zu einem der fischreichsten nördlichen Verbindung zum Mittelmeer im ägyptisch-syri- Gebiete der Erde. Diese Auftriebserscheinungen, die sich schen Raum kam es erneut zu einer völligen oder zumin- auf den östlichen Bereich der jemenitischen Kuste konzen- dest weitgehenden lsolation des Roten Meeres in Folge der trieren, sind eng an die sommerliche Monsunzirkulation eustatìschen Schwankungen des Meeresspiegels durch gebunden, in der im Golf von Aden der Südwestmonsun Wasserentzug im Rahmen der Eiszeìten, Bei berechneten teilweise stürmische Stärken erreicht. Niveauabsenkungen von durchschnittlich 50 bis 70 Metern Mit dem großflächigen Windsystem stehen auch die im (maximd bis 200 Meter) im lndo-Pazifik liegt die Annahme Detail sehr komplizierlen Strömungen in und zwischen bei- nahe, daß auch der südliche Ausgang des Roten Meeres den Meeressystemen in Verbindung. Während ganzjährig dabei trocken fiel, Der Wechsel des Wasserstandes im salzreiches Tiefenwasser aus dem Roten Meer in den Golf Roten Meer, der auch durch zahlreiche Korallenriffreste von Aden strömt, wechseln die OberJlächenströmungen im über und unter der heutigen Wasserlinie dokumentied wird, Verlauf des Jahres. war dabei in jedem Fall mit erheblichen Veränderungen des Salzgehaltes und der Temperatur verbunden. Noch unklar Biogeographisch gehören beide Meeresteile zum lndo- ist, wie weit diese Anderungen gingen und welche Folgen Paziftk, der größten und artenreichsten Region des Welt- sie für die Lebewelt hatten. Bei Verwandlung des Roten meeres, die sich, von der ostafrikanischen Küste bis nach Meeres durch die Glazialen in einen oder mehrere hypersa- Polynesien, über mehr als den halben Erdumfang erstreckt. line Binnenseen ist durch die damit verbundenen lebens- Der hohe Anteil endemischer Formen im Roten Meer fühñe feindlichen Umstände eigentlich von einer Vernlchtung der aber bereits sehr frühzeitig zu Diskussionen über den Sta- ursprünglichen Faunenelemente auszugehen. Doch unklar tus dieses Meeresgebietes innerhalb der Großregion, die ist, ob es wirklich zu dieser völligen Trennung beider Mee- jeder bis heute kontrovers gefÜhtt werden. resgebiete während Eiszeìt kam und welche Bedeu-

!)Õ tung den damals stärkeren Süßwasserzuflüssen durch den Der Tierstamm Mollusken höheren Festlandsniederschlag im südlichen Teil des Boten Meeres zukommt. Sie könnten durchaus Refugialzonen Die Weichtiere sind mit schätzungsweise 120000 Arlen geschaffen haben, in denen ein Überleben für eine Anzahl nach den Arthropoden der zweitgrößte Tierstamm der Aden unter nicht ganz so extremen Bedingungen möglich Metazoa. lm Größenspektrum von wenigen Millimetern bis war. Ausgehend von einem indopazifischen Ursprung der über 20 Meter reichend, haben sie eine erstaunliche Orga- Fauna des Roten Meeres, lassen sich die festzustellenden nisationshöhe und Formenvielfalt eneicht. Da die typischen Unterschiede im Arleninventar unterschiedlich interpretie- Baumerkmale innerhalb der einzelnen Molluskenklassen ren. Die schwach differenzierten Formen innerhalb der unterschiedlich ausgeprägt und teilweise nur während der Arten sind durch postglaziale Einwanderungen aus dem Embryonalentwicklung nachweisbar sind, soll der Grund- lndik auf der Basis der bis heute wirkenden lsolationsme- bauplan eines Weichtieres an einem hypothetischen Modell chanismen erklärbar, zu denen unter anderem der kompli- erkläd werden. Dem schließt sich eine kurze Beschreibung zierte wind-und strömungsbedingte Wasseraustausch, die der wichtigsten systematischen Gruppen an, die in ihrer Bodentopographie (bassinähnlicher Charakter mit flachen vereinfachten Darstellung aber nur so weit geht, wie es Ausgängen, die besonders für benthische Organismen zum Verständnis des nachfolgenden Kapitels notwendig schwer zu überwinden sind), hohe Salzgehaltsbedingungen ist. von bis zu 41 Promille (gegenüber 35 bis 37 Promille im Mollusken sind wirbellose Tiere mit einem nicht segmen- Golf von Aden) und relativ hohe Wassertemperaturen tierten, in seiner Grundform zweiseitig-symmetrischen Kör- gehören. per, der aus vier Abschnitten (Kopf, Fuß, Eingeweidesack Viele endemische Arten mit deutlicheren Unterschieden zu und Mantel) besteht. Der Kopf der Tiere umfaßt die Mund- verwandten Formen des lndik weisen aber auf längere Ent- öffnung und ist Träger wichtiger Sinnesorgane. Der Fuß wicklungszeiträume und damit auf interglaziale lsolations- dient als Bewegungsorgan, in ihm finden sich vor allem mechanismen hin. Mit dem nahezu eigenen Zirkulationssy- Muskulatur, flüssigkeitsgefullte Gewebespalten sowie Ner- stem und der Verhinderung des Einströmens kalten Tiefen- ven. Er erfährt innerhalb der einzelnen Klassen weitgehen- wassers aus dem lndik sind auch im Tiefseebereich des de Abänderungen, die vom breiten Bauchfuß über keil- Boten Meeres vom hydrographischen Standpunkt aus ein- zigadige Verhältnisse verbunden. Während die Temperatu- ren des Golfes von Aden in etwa 2000 Metern mit vier bis ifero sieben Grad Celsius wie für Ozeane typisch sind, betragen sie in vergleichbaren Tiefenstufen des Roten Meeres noch über 21 Grad Celsius. Diese relative lsothermie bringt unter Potyplocophoro anderem mit sich, daß zahlreiche epibenthische Flachwas- seraften hier in größere Tiefen vordringen können. Der Golf von Aden stellt in diesem System eine übergangs- zone dar, mit einer Mischfauna, die auf Ausbreitungsten- Cqudof oveoto denzen von Arten in beide Richtungen hinweist und deren ,t genauere Untersuchung zur Beantwortung vieler offener t Fragen raumzeitlicher Entwicklungen in diesen Meeresre- Soleno gost res ( gionen beitragen kann. tr Ein weiteres interessantes Phänomen sei hier noch ange- 4 fügt, das mit dem Suez-Kanal in Verbindung steht: die Ein- c onchif ero wanderung indopazifischer Arlen über diesen künstlichen Wasserweg in das östliche Mittelmeer. Diese Ausbreitung, Monoptocophoro die nach dem Erbauer des Suez- Kanals Ferdinand de Les- seps als Lesseps'sche Wanderung bezeichnet wird, konn- te bisher vor allem für Fische, Mollusken und dekapode Krebse (insgesamt 128 Arten, POR 19ZB) nachgewiesen Gostropodo werden. Während nach Eröffnung des Suez Kanals im Jahr 1869 der hohe Salzgehalt des Timsah-Sees und der Bitter- seen (68 Promille) noch eine unübenvindliche Barriere dar- stellte, kam es in der Folgezeit zu einer langsamen Aus- Scophopo d q sußung (1924 = 52 Promille; 1974 = 41 Promille). Diese vergleichsweise hohen Salzgehalte stellen allerdings fur die Mittelmeerarten nach wie vor eine weitgehende Ausbrei- tungsschranke dar, so daß Wanderungen aus dieser Rich- Bivotvio tung weit geringer sind. Cephoto podo W Der Stamm Mollusken (nach GÖTïNG 1974), übersicht

39 weit überdauern. Anfangs bildete die Schale 26 23 21 19 17 15 12 lebende Tier (Conchyliologie - Schalenkunde) die Grundlage der Arlab- 24 /Z 20 18 14 13 25 trennung und der systematischen Einordnung der Tiere. Auch nach modernen Gesichtspunkten ist sie ein wichtiges Artkriterium, obwohl heute vergleichend morphologische Merkmale des Weichtierkörpers eine größere Bedeutung erlangt haben. Die Schale ist ein Ausscheidungsprodukt der Mantelober- fläche, des lvlantelepithels. Sie besteht aus einer Mischung organischer und anorganischer Bestandteile und wird bei den Conchifera in zwei bis drei Schichten angelegt. Das I Baumaterial wird dabei der Nahrung oder dem umgeben- ) den Wasser entnommen, Außen befindet sich das Perio- deren Hauptbestandteil Con- .1 stracum, eine dünne Schicht, chiolin ist, eine dem Chitin der Gliededüßer verwandte 2 Ã 11 organische Substanz, die die darunter liegenden Kalk- 10 34 ot B I schichten vor Auflösung durch Säureeìnflüsse schÜtzt. Das nachfolgende Ostracum enthält ebenfalls Conchiolin, das allerdings durch die Anlagerung von Calziumsalzen in 27 2B 29 30 Form von schräg bis senkrecht zur Schalenobedläche ste- henden Aragonit- und Calcit-Kristallen im starken Maße (90 Prozent und mehr) verkalkt ist, Das Hypostracum oder die Perlmutterschicht ist nicht bei allen Conchiferen ausgebildet, Sie besteht aus mikrosko- pisch feinen, aufeinanderliegenden, lamellenaftigen Arago- nitplättchen, die dünn und parallel zur Schalenobedläche in Conchiolin eingebettet sind. Die an sich farblosen Kalkla- mellen zerlegen Lichtstrahlen wie ein Prisma und fÜhren, je nach Anzahl und Stärke der Schichten zum ,,Perlmutter- glanz". Die Schale, die bei einigen Formen reduzied oder ins Körperìnnere verlagert sein kann, bietet dem empfindli- 34 chen Weichkörper Schutz, Stabilitát und auch den Ansatz- 33 32 31 punkt für dìe Körpermuskulatur. Das Schalenwachstum erfolgt mit unterschiedlicher lnten- Grundbauplan der Mollukena und Querschnitt durch die Schale Schalenoberfläche zur Bildung ganzver' einer Muschel: sität, was auf der 1 - Mund,2 - Radula,3 -Statocyste,4 - Pedalganglion, S - Pleu- schiedener Strukturen füh11 (Streifen-und Rippenbildung, ralganglion. 6 - Magen, 7 - Mitteldarmdrüse, B - Visceralganglion, Knoten etc.), doch vieles in der Periodizität der Wachs- 9 - Fuß, 10 - Osphradium, 11 - MantelhÖhle, 12 - Kieme' 13 - tumsabläufe ist bis heute noch ungeklärt (Rolle von Nah- Schale, 14 - Gonodukt, 15 - Exkretionskanal,'16 - Pericard, 17 - .18 rung, Umwelteinflüssen, genetischen Faktoren). Herz m¡t Vorkammer, - Niere, 19 - Gonadenhöhle, 20 - Aorta, Während die Schale wächst, werden durch bestimmte 21 - Speicheldrüse,22/34 - Mantelrinne, 23 - Mantel, 24 ' Auge' in die Kalkschicht 25 - Fühler, 26 - Cerebralganglion, 27 - Periostracum, 28 - Pris- Teile des Mantelepithels Farbpigmente menschicht, 29 - Perlmutterschicht, 30 - Mantel, 31 - Muskelfa- eingelagerl. Je nach Kontìnuität der Wirkung und Ausdeh- sern, 32 - lnnerer Verschlußsaum, 33 - Mittlerer Verschlußsaum nung dieser pigmentabsondernden Epithelzellen entstehen einheitliche Schalenfarben oder spiralig beziehungsweise beziehungsweise fingerlörmige Graborgane bis hin zu den radial angeordnete Linien, Bänder und Lamellen, Die Kopfarmen der Tintenfische reichen. Da der Fuß aus funk- Bedeutung dieser Färbungen ist noch weitgehend unklar. tionellen Gründen nur wenig Raum für die Organsysteme Zwar ist bei einigen Formen eine Schutzfunktion anzuneh- bietet, sind diese in dem ursprünglich auf der RÜckenseìte men, doch liegen die Farbmuster häufig auch nicht sichtbar derTiere gelegenen Eingeweidesack untergebracht, unter dem Periostracum, Der Mantel umhüllt den rÜckenseitigen Teil des Weichtier- lm Schlundeingang vieler Mollusken findet sich ein weiteres körpers, wobei zwischen seinem Rand und dem Fuß der typisches Weichtiermerkmal, die Radula. Diese besteht im Tiere eine schmale Mantelrinne frei bleibt, die sich an einer ursprünglichen Fall aus mehreren Reihen spitzer, nach ursprünglich hinten gelegenen Stelle zur MantelhÖhle rückwärts gekrummter, horniger Zähnchen, die mit Hilfe erweited. ln diese münden Darm, Exkretionssystem und eines beweglichen Zungenpolsters vor- und zurückgescho- Gonaden, sie enthält die Kiemen, und außerdem befinden ben werden können und dabei wie ein Reibeisen arbeiten. sich in ihr chemische Sinnesorgane. Eine der wichtigsten Die abgenutzten Zähnchen werden abgestoßen und müs- Aufgaben des Mantels ist die Bildung der Schale. Die sen deshalb ständìg von hinten aus der Radulatasche Schalen der Mollusken zählen zu den auffällìgsten Merkma- durch nachrückende Reihen ersetzt werden, Form und len der Tiergruppe. Viele Menschen kennen vor allem diese Zahl der Zahnpláttchen sind unterschiedlich und stellen teilweise bizarr geformten Gehäusestrukturen, die das heute ein wichtiges Bestimmungsmerkmal dar.

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Radula-Prinzip: 1 - Ösophagus, 2 - Radula, 3 - Pharynx, 4 - Mund, ... und stark vergrößerte, herauspräparierte taenioglosse Radula 5 - Radulatasche, 6 - Muskulatur, 7 - Radulaknorpel... von Cypraea arabica.

Die Mehrzahl der Mollusken ist getrenntgeschlechtlich, der, mit denen sie seitlich im Gürtel verankert sind. Eine aber es tritt auch Zwittertum auf. Die Vermehrung erfolgt Eigentümlichkeìt der Käferschnecken stellen die sogenann- ausschließlich geschlechtlich, dabei werden Spermien und ten Aestheten dar. Es sind spezielle Sinneszellen, die bis in Eier entweder ins freie Wasser abgegeben oder es erfolgt die oberste Schalenplaltenschicht reichen und als Scha- eine Kopulation. Meist verläuft die Entwicklung über cha- lenaugen eine besondere Lichtempfindlichkeit besitzen. rakteristische Larvenstadien flrochophora//eliger). Bauchseitig ist ein Fuß mit breiter Kriechsohle vorhanden, Die Mollusken werden in zwei Unterstämme und sieben der von einer tiefen Mantelrinne umgeben wird, in der sich Klassen geordnet, von denen wir nachfolgend nur die Poly- Osphradien und Kiemen befinden und in die Genital- und placophora Gastropoda, Bivalvia, Scaphopoda und Exkretionsöffnungen einmünden. Das Mundfeld ist von der Cephalopoda etwas näher betrachten wollen. Fußfläche deutlich abgesetzt, der Kopf ohne Tentakeln und Augen, POLYPLACOPHORA: Die etwa 1000 Arten der vom Kör- perumriß her flach ovalen Käferschnecken besitzen auf GASTROPODA: Das ist die mit über 100000 Arten mit dem Rücken acht dachziegeladig übereinanderliegende, Abstand,,erfolgreichste" Molluskenklasse. Die,,Bauch- gegeneinander begrenzt bewegliche Schalenplatten, dìe füßer" haben einen besonders großen Formenreichtum seitlich von einem mit Kalkstacheln beziehungsweise Kalk- entwickelt. lhre stets einteilige Schale kann spiralig oder schuppen besetzten Gurtel (Perinotum) umgeben werden. napfförmig sein, zuweilen aber auch ganz fehlen. Der Ein- Die aus mehreren Schichten bestehenden Rückenplatten geweidesack ist bei den Schnecken nach einer Körperseite besitzen Foftsätze und teilweise zahnartig geschlitzte Rän- hin spiralig aufgerollt, was zu einer Asymmetrie des Kör-

Veliger-Larve: 1 - Mund, 2 - Velum, 3 - Auge, 4 - Mantelhöhle, 5 - ...und Embryonaìgewinde (Protoconch) an der Gehäusespitze Schale, 6 - Operculum, 7 - FuB.... einer Schnecke.

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41 einer einheitlichen larvalen Schalenanlage hervor, die während der Entwicklung auf dem Rücken in der Längsli- 3 l- nie einknickt. Das an dieser Knickstelle die Schalen verbin- 1 dende elastische Schloßband drückt die beiden Schalen- hälften auseinander, dem wirken ein oder zwei quer durch 5 _l i das Tier verlaufende Schließmuskel entgegen. Der Kopf ist :l bis auf einen Mundteil reduziert, eine Radula fehlt. ln den 6 -J I langgestreckten, von den l\rlantellappen umhÜllten Mantel- I I 7 höhlen liegen die meist groß und flächig ausgebildeten Kie- I men, an denen die Nahrungsfiltration und der Gasaus- 2 tausch erfolgt. Der bauchseitige Fuß kann entsprechend I der Funktion sehr verschieden geformt sein. Auf der lnnenseile der Schalenklappen bildet sich bei den Polyplacophora (Käferschnecken), Dorsal- und Ventralansicht; 1 .- meisten Formen ein sogenanntes Schloß aus, das in der .Schalenplatte, 2 - Perinotum (GÜdel), 3 - Kopf, 4 - Mund, 5 - Fuß, 6 - Kiemen, 7 - Geschlechtsöffnung, B - Nierenöffnung, 9 - After. Funktion mit einem Scharnier zu vergleichen ist. An beiden Klappen befinden sich Zähne beziehunsweise Vediefungen, pers führt. Durch diese spiralige Drehung des Eingeweide- die bei zusammengelegten Schalen ineinander passen und sackes, die bereits bei den Larven edolgt, sowie einer teil- ein Verschieben der Schalen gegeneinander verhindern. weisen Rückdrehung bei einigen Gruppen kommt es zu Die Form des Schlosses mit Zähnchen und Gruben ist sehr einer Verschiebung beziehungsweise Reduzierung der unterschiedlich und dient neben der Schalenform, der inneren Organe, auf deren Grundlage im wesentlichen die Skulptur, den Abdrucken von l\i4uskeln und Mantelrand auf systematische Unterteilung der Schnecken basiert. Wichti- der lnnenseite der Schalen (Mantellinie) sowie dem Kie- ge Merkmale sind darüber hinaus der Bau der Radula menbau als wichtiges Merkmal für die Einteilung der sowie Form und Struktur des Gehäuses. Muscheln.

BIVALVIA: Die mehr als 20000 ausschließlich im Wasser SCAPHOPODA: Die 350 Arten KahnfÜßer (auch als ,,Ele- lebenden ,,Zweischaler" sind durch zwei Schalenklappen fantenzähne" bezeichnet) besitzen eine Schale in Form gekennzeichnet, die aul dem Rücken durch ein Schloß- einer leicht gebogenen, zum Vorderrand erweiterten, beid- band (Ligament) miteinander verbunden bleiben und den seìtig offenen Röhre. Morphologisch stehen diese Tiere seitlich zusammengedrückten Weichkörper beidseitig etwa zwischen Schnecken (Bauplantyp, Kiefer, Radula) umhüllen. Die meist symmetrischen Schalen gehen aus und Muscheln (Grabfuß, Rückbildungen am Kopf).

Übersicht über das System der Gastropoda (Schnecken)

Klasse: Gastropoda

Unterklasêe: Streptoneu ra Unterklasse: Euthyneura (Gekreuztnervige) (Geradnervige) Prosobranchia Opisthobranchia Pulmonata (Vorderkiemer) (H¡nterkiemer) (Lungenschnecken)

Ordnung: Diotocardia Ordnung: Monotocardia (nr¡t 2 Horzvorkarnrnern) (mit 1 Herzvorkammer) Archaoo0astropo(la (Altschnocken) Lungenhöhle

Unterordnung Unterordnung TaeniogloEsa Stenoglossa (Bandzüngler) (Engzüngler) Mesogastropoda (M ittelsch necken) (Neuschnecken)

Herz lm Perlcard

42 Gewindeachse

Spitze (Apex) oo) c Naht Axialskulptur 0) (t= Windungskante Spiralstruktur Lippenbucht Palatalrand Parietalrand ( lnnenlippe) cO) ng f Mündungsrand c (Außenlippe) '=c o Spindelrand C Spindelfalten uJ Basalrand

Siphonalrinne

Wichtige Gehäusemerkmale der Schnecken Spindel im aufgesägten Gehäuse einer Kreiselschnecke

CEPHALOPODA: Das auffälligste Merkmal der etwa 730 Aden von Kopffüßern oder Tintenfischen sind die aus dem +/ Fuß hervorgegangenen, die Mundöffnung umstehenden .. Arme, deren lnnenseite viele Saugnäpfe besitzen. lhre Sin- '. t,:l,i;;, nesleistungen sind sehr gut entwickelt, insbesondere auch die am Kopf befindlichen, relaliv großen, leistungsstarken Augen. Eine Schale fehlt den meisten Formen ganz oder ist I als Rückenschale in das Körperinnere verlagert. 7 6 Die Mollusken des Golfes von Aden I 5 ln Abbildung 12 ist die Gliederung des Lebensraumes Meer in stark vereinfachter Form dargestellt. Die Mehrzahl der es Mollusken gehört zum Benthos, den zeitlebens oder für einen bestimmten Abschnitt ihres Lebens an den Meeres- 3 boden gebundenen Formen. Für die jeweilige Besiedlungs- --.- 2 struktur wichtige Faktoren sind die Wassertiefe, klimatische 1 1 und geographische Größen sowie die Art des Bodensub- strates (Hart-, Sand- oder Weichboden). Die bis etwa 200 Meter Tiefe reichenden Schelfregionen umgeben die Kontinente wie ein flaches Gesims mit wech- selnder Breite. Daran schließen sich die durch abnehmen- de (dysphotische Zone) oder fehlende Durchlichtung (apho- tische Zone) gekennzeichneten Tiefenbereiche an. 1 2 Das Litoral der warmen tropischen Meere ist besonders 3 I* artenreich. Vereinfacht kann man es vedikal in drei Haupt- 5

Rechts Mitte: Organisationsschema der Scapophoda; 1 - FuB,2 - Captacula, 3 - Schale, 4 - Mantelhöhle, 5 - After, 6 - Niere, 7 - M¡t- teldarmdrüse, B - Gonaden, 9 - Cerebral- und Pleuralganglien, 10 - Mund.

Rechts: Organisationsschema der Cephalopoda; 1 - Arme, 2 - Kiefer, 3/4 - Ganglien, 5 - Leber, 6 - Schale (oben Aufsicht), 7 - 13 .10 12 Trichter, B - After, 9 - Kieme, - Magen, 11 - Herz, 12 - Gona- I 10 11 den, 13 - Mantel. 78

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2 q) 3 ro links rechts q) (! Q (/)

10 Schalenlänge 11 12 13 hinten

S chloßformen î Thiele,1935 Franc,1960

Nuculidae taxodont isodont $ Nuculanidae o Malletiidae (uc Taxodonta a o o o- Solemyidae schizodont heterodont (\, Taxodonta o c Kie me nfo rme n (U Anisomyaria a Anisomyaria tt

Schizodonta Schizodonta

$ õ o (5s €o Protobranchia Filibranchia c a õ Rudistes a 0) E (¡) o Heterodonta I Heterodonta o tu I IU Adapedonta Adapedonta Anomalodesmacea Anomalodes- mata Septibranchia Eulamellibranchia Septibranchai

Bivalvia(Muscheln) -wichtigeSchalen-undUnterscheidungsmerkmale; 1-Lunula,2-Wirbel,3-Ligament,4-konzentr¡scheSkulptur,b- radialeSkulptur,6-vordererSeitenzahn,T-Hauptzähne,B-hintererSeitenzahn,9-hintererSchließmuskeleindruck, 10-vorderer Schließmuskeleindruck, 1l - Pallialsinus, 12 - Mantelbucht, 13 - Mantellinie.

44 zonen unterteilen, die jeweils durch Übergangsbereiche Mauerkranz, der oberseits von zwei Deckplättchen

miteinander verbunden sind : begrenzt wird. Sind diese bei Flut geöffnet, dann werden Supralitorale Zone - Spritzwasser- oder Splash-Zone, die die fedrigen Beine durchs Wasser gezogen, um feine Nah- nur sporadisch durch Spritzwasser erreicht wird. Ein rungspartikel zu fischen. Während der Ebbe wird das Kalk- Grenzraum zwischen marinen und terrestrischen Bedin- gehäuse unter Wassereinlagerung fest verschlossen, so gungen, daß die Tiere selbst mehrere Tage Trockenheit ohne Pro- Eulitorale Zone - der periodisch trockenfallende Gezeìten- bleme überdauern können. Während die Gattung Chtha- bereich, der, in Abhängigkeit von der Neigung der wasser- rnaius das obere Ende des Eulitorals markiert, werden sie exponierten Fläche und dem Gezeitenhub, von nur weni- etwas tiefer durch Formen von Tetraclita ersetzt. gen Metern zwischen Niedrig-und Hochwasserlinie bis zu Die Käferschnecken sind durch ihre flache Körperform, die mehreren Kilometer breiten Wattengebieten reicht. Die den Wellen wenig Widerstand entgegensetzt, an ein Leben durch Sonne und Mond beeinflußten Gezeitenkräfte führen in der Brandungszone sehr gut angepaßt. Mit ihrem breiten im Raum von Aden im Mittel zu Wasserstandsunterschie- Fuß und durch Wirkung der Muskulatur im Gürtel sind sie den von 1,6 Metern zwischen höherem Hochwasser und wie ein Saugnapf fest an die Unterlage gedrückt. Löst man niedrigerem Niedrigwasser. sie mit einem Messer ab, so rollen sie sich ähnlich wie eine Während sich mit jedem Trockenfallen für den Biologen Assel zusammen. Käferschnecken sind sehr ortstreu. eine Ad Freilandlaboratorium auftut, sind für die Organis- Nachts, während der Flut, gehen sie auf Nahrungssuche men des Eulitorals extreme Bedìngungen gegeben (erhebli- und weiden mit ihren Radulazähnchen den Algenaufwuchs che Fluktuationen von Temperatur, Licht, Salzgehalt; ab. Danach kehren sie immer wieder an ihren ,,Stamm- Gefahr der Austrocknung sowie ein verstärkter Räuber- platz" zurück. Von den 13 nachgewiesenen Arten war druck durch terrestrische Arten), denen sie mit tidenabhän- Acanthopleura vaillantii die größte und auffälligste Form. gigen Vedikalwanderungen, Ruheversammlungen, Rück- Ganz ähnlich wie die Käferschnecken verhalten sich die zug in Verstecke oder anderen Strategien begegnen. Napfschnecken (Patellidae), die die obere und mittlere Sublitorale Zone - der ständig unter Wasser bleibende Gezeitenzone besiedeln. Mit ihrer ungewundenen, flach tel- Bereich, dessen obere Grenze etwa mit der Niedrigwasser- lerartigen Schalenform entsprechen sie auf den ersten Blick linie zusammenfällt. durchaus nicht dem typischen Bild einer Schnecke, sind durch diese Form und die Haftwirkung des breiten Fußes Hartboden - man unterscheidet primäre (Felsküste und aber selbst gegen starke Brandung an exponierten Felskü- Korallenriffe) und sekundäre (menschliche Kunstbauten, sten geschützt. Auch sie nehmen feste Ruheplätze ein, Schiffe) Hadböden, denen die Häfte der Oberfläche des deren Struktur der Gehäuserand so angepaßt ist, daß sich Substrates gemein ist und die deshalb vor allem von auf die Tiere nur an dieser Stelle bündig am Untergrund fest- der Obedläche lebenden Tieren (Epifauna) geprägt sind. saugen können. Nachts grasen sie, sich dabei an der eige- Von 1550 Kilometern Küstenlänge des südlichen Jemen nen Geruchsspur orientierend, das Umfeld ihres Territori- sind etwa 450 Kilometer Felsküste. Es sind unterschiedlich ums nach Algen ab (herbivore Ernährung). ln Abhängigkeit exponiede Hänge, Brandungsplattformen mit Gezeitentüm- vom Standort innerhalb der Gezeitenzone findet man peln sowie teilweise weit in das Sublitoral hineinreichende Unterschiede in der Gehäusehöhe. Die in der oberen, län- Ansammlungen von Blöcken, Steinen oder zu Strandfels ger trocken liegenden Zone lebenden Tiere zeigen in der verbackenen Konglomeraten. Tendenz höhere Schalen und besitzen damit einen größe- Die benthischen Algen des Gebietes sind bisher wenig ren Speicherraum für Atemwasser, das während der ZeiI untersucht. lm Eulitoral findet sich vor allem ein Belag von der Ebbe unter der dicht dem Stein angepreßten Schale Mikroalgen (blau-grüne Algen, filamentöse Grün- und festgehalten wird. Cellana rota, eine der am häufigsten Braunalgen sowie inkrustierende Rotalgen), während zum nachgewiesenen Napfschneckenarten, zeigt auch eine Sublitoral hin die Makroalgen stark zunehmen. ausgesprochen große Variabilität in der Schalenfärbung. So bietet das Felslitoral günstige Nahrungsverhältnisse, ist Meist sind die Tiere dem jeweiligen Untergrund farblich sauerstoffreich und in sich stark gegliedert, mit einer Fülle sehr gut angepaßt, was auch einen Schutz gegen Seevö- von Kleinstlebensräumen. Dementsprechend hoch ist auch gel und andere Freßfeinde darstellt. die Artenvielfalt. Den Napfschnecken auf den ersten Blick sehr ähnlich Durch die vertikalen Gradienten der wesentlichen Umwelt- sehen die Siphonariidae, die in großen lndividuenzahlen im faktoren kann man eine mehr oder weniger deutliche Eulitoral zu finden sind, Auch sie haben eine patelloide Zonierung der Besiedlungsstruktur feststellen. Schale, doch systematisch gehören sie zu den Pulmonata, Der Bereich des Supralitorals ist gewöhnlich frei von Mol- den Lungenschnecken. lnnenseitig besitzen sie eine weite lusken. Hier begegnet man vor allem Krebstieren. So der Lungenhöhle, in derem hinteren Ende eine Kieme inserieft. Assel Lþla pigmentata (Crustacea./lsopoda), die versteckt Zu den elf nachgewiesenen Lochschneckenarten (Fissurel- zwischen Spalten lebt, dämmerungsaktiv ist und sich von lidae) gehören Diodora rueppelli und Scutus ungurs. Beide Algen und toter organischer Substanz ernährt. Von ZeiI zu sind bei extremem Flachwasser im unteren Gezeitenbe- Zeit müssen die Tiere ihre Kiemen befeuchten, um ihren reich zu finden. Die erste Art ist durch ein napfarliges Gasaustausch aufrecht zu erhalten. Gehäuse charakterisied, an dessen Oberseite sich eine Der Grenzbereich zum Eulitoral wird in Höhe der Hochwas- schlüssellochförmige Öffnung befindet, durch die das ver- serlinie von Seepocken (Crustacea/Cirripedia) eingenom- brauchte Atemwasser und die Ausscheidungen ausströ- men. lhr Kalkskelett besteht aus einem ringwallförmigen men können. Die zweite Art besitzt eine flachere Schale mit

45 Neritische (lnshore) Provinz Ozeanische (Offshore) Provinz Tiefe (m)

lvlesopelag¡al 100 Schelf ial 500 Kontinentalabhang 1 000 Bathypelagial Benthal 3000

CIRCA- Abyssopelagial 5000 UTORAL BATHYAL ABYSSAL (ABYSSAL EBENE)

7000

Sp HW MHW HADAL TIEFSEE- s000 GRABEN SUPRA LITORAL EULITORAL 11000 SUBLITORAL

Ökologische Großgliederung des marinen Lebensraumes (nach GÖTT|NG 1982)

einer Bucht am Schalenrand, über die ein Aus-und Einströ- Von bisher 16 nachgewiesenen Arten sollen hier nur einige men von Wasser erfolgen kann. Auch sie sind herbivor. vorgestellt werden. Die Schalen einiger Trochidae erinnern Die weltweit etwa 100 Arten der Familie Haliotidae sind alle mil ihrer getürmten Gehäuseform besonders stark an einen durch sehr flache, ohrmuschelförmige Schalen gekenn- umgedrehten Kreisel, so die größte Arl Trochus dentatus zeichnet, auf die auch die deutsche Bezeichnung Meeroh- oder die kleinere, rötlich gestreifte Trochus erythraeus. ren zurückgeht. Die flachen Gewinde der Schale nehmen Rot mit schwarz-weißen, perladigen Bändern ist C/anculus sehr schnell an Breite zu, so daß der größte Teil der Schale pharaonis, die man im flachen Wasser unter Steinen oder Euchelus eine eher e aus der letzten halben Windung besteht. Oberhalb des Korallenresten findet, während atratus Außenrandes sind in der Schale sechs bis acht Öffnungen unscheinbare, weißgraue Färbung zeigt. Alle diese Formen vorhanden, die neben dem Wasserausstrom auch dem besitzen einen dünnen, kreisförmigen Horndeckel, während Austritt von tentakelarligen Fortsätzen dienen, die eine das Operculum der Turbinidae durch einen einseitig gerun- Tast- und Sinnesfunktion wahrnehmen. Die Saugkraft des deten, kalkartigen Deckel gebildet wlrd. Diese ,,Katzenau- breiten Fußes ist groß und soll nach Literaturangaben bis gen" findet man auch häufig am Strand, besonders schöne zum 4000fachen des Eigengewichtes betragen. Die herbi- Stücke werden manchmal als Schmuck verwendet. Iurbo voren Weidegänger besiedeln die untere Gezeitenzone und radiatus, mit einer starken, mit knotigen Skulpturen verse- das flache Sublitoral. lhre Schale besitzt eine sehr gut aus- henen Schalenoberfläche, ist weit verbreìtet und wie die gebildete Perlmutterschicht. Doch nicht allein der davor genannten Arten herbivor. Schmuckwed macht sie interessant, sondern auch ihre mögliche Bedeutung als Nahrung fÜr den Menschen. Alle Neritidae zeichnen sich durch ein für ihre Größe dickes Während im Bereich der Küstengewässer des Oman ,,Aba- Gehäuse aus, das eine große Endwindung und wenige, lones" einen wichtigen Exportartikel darstellen, (dort aller- kaum hervortretende Gewinde sowie eine halbkugelige, dings die bis knapp 15 Zentimeter groß werdende Art napfartige Form besitzt. Die halbkreisförmige Mündung Haliotis mariae), brachten erste Untersuchungen der kann durch eìnen kräftigen Kalkdeckel verschlossen wer- jemenitischen Küstengewässer keine wiftschaftlich nutzba- den. Bei eìnigen Arten ist im Gezeitenbereich eine deutliche ren Vorkommen. Die um Sokotra und auch im östlichen vertikale Zonierung zu beobachten. Teil der Festlandsküste teilweise häufige Form Haliotis cf. Während Nerita polita, die sich tagsüber gern im Geröll- striatae erreicht nur GrÖßen von etwa sechs Zentìmetern. sand eìngräbt, meist über der mìttleren Gezeitenlinie zu fin- Die weiter westlich und im Roten Meer nachgewiesenen den ist, bevorzugt die sehr ähnliche N. albicilla, die sich am Arten Sanha/lotis pustulata und S. vana sind noch kleiner Tag in Spalten und Verstecke zurückzieht, den etwas tiefer und treten nur vereinzelt auf. gelegenen Raum. Auch sie sind herbivor. Die im unteren Gezeitenbereich und im angrenzenden Ahnliche Formen der ökologischen Nischentrennung Sublitoral häufigsten Kreiselschnecken firochacea) (Unterschiede im Aktionsradius, in der räumlichen Vertei- gehören den Famllien Trochidae und Turbinidae an. lung zwischen den Gezeitenmarken bzw. durch Pràferenz

46 bestimmter Substratstrukturen) finden sich auch bei ande- Tiere ganz unterschiedlicher Arten drängen sich nicht sel- ren Aden. ten in geeigneten Spalten oder anderen Unebenheiten Die zu den Mesogastropoda gehörenden Littorinidae (Ufer- zusammen, womit auch eine positive Wirkung auf die schnecken oder ,,periwinkles") sind kleinere Tiere mit einem Feuchtigkeit verbunden ist. spiraligen Gehäuse, das mit einem hornigen Operculum Räuberisch leben die Vertreter der zu den Neogastropoda verschlossen werden kann. Sie besiedeln in großer Anzahl gehörenden Thaididae. Die kleinen bis mittelgroßen Gehäu- den Bereich vom Supra- bis ins Eulitoral. Häufig findet man se besitzen eine knotige, stachelige oder spiralige Struktur. die Aden Nodilittorina millegrana und lV. subnodosa auch Von Mollusken und Seepocken in der Gezeitenzone und in den zahlreichen Gezeitentümpeln. Leicht mit ihnen zu dem angrenzenden Sublitoral lebt die häufige ArlThais hip- ven¡uechseln, da sie eine ähnliche Gehäuseform besitzt und pocastanum. auch in großer Anzahl im oberen Gezeitenbereich auftritt, Eng verwandt sind die Muricidae, die Stachelschnecken. ist die zur Familie Planaxidae gehörende Arl Planaxis sulca- Die besondere Bedeutung einiger Arten lag früher ohne tus. Alle diese Formen sind herbivore Weidegänger, und sie Zweilel in der Nutzung als Färbemittel (Purpurschnecken): zeigen auch in einer anderen Hinsicht ein ähnliches Verhal- Die an der Wand der Kiemenhöhle gelegenen Hypobran- ten. Während der Ebbe bilden sie (insbesondere P, sulca- chialdrüse der Tiere bildet ein wasserhelles Sekret, das im tus,) teilweise Aggregationen von mehreren hundert Tieren, Sonnenlicht eine gelbgrüne und später tietuiolette Farbe Mit diesen orlsunsteten Buheversammlungen schaffen sie annimmt. Das aus zerquetschten Tieren durch Erhitzen sich ein feuchtes Mikroklima, das sie vor zu starker Aus- oder andere Methoden gewonnene ,,Purpurin" wurde ln trocknung schützt. früheren Jahrhunder-ten (in England bis ins 15. Jahrhundert) zum Färben kostbarer Gewänder und Stoffe benutzt. Relativ starke, hochgetürmte Gehäuse mit elner knotigen Heute besitzt der Schneckenpurpur keine wirtschaftliche Spiralskulptur und einer in einen kurzen Siphonalkanal aus- Bedeutung mehr, doch einige Aden werden als Nahrung laufenden, ovalen Mündung kennzeichnen die Horn- geschätzt. Auch sind die Gehäuse der größeren Arten, wie schnecken (Cerithildae). Von den zehn nachgewiesenen beispielsweise das der Zackigen Stachelschnecke Chicore- Aden sind Cerithium nodulosum, Clypeomorus bifasciata us rarnosus, ein beliebtes Sammelobjekt und finden sich sowie Cerith ium caeruleum häufige herbivore Flachwasser- als ,,Verzierung" in mancher Schrankwand, manchem Gar- bewohner der Felsenküste. Während der Ebbe graben sie ten oder Süßwasseraquarium. Die leeren Schalen sind aber sich ein oder bilden ebenfalls Ansammlungen und befeuch- auch für andere Meeresbewohner sehr attraktiv. Sind diese ten sich gegenseitig, indem sie übereinander hinwegkrie- Gehäuse im Strandbereich vor allem mit Einsiedlerkrebsen chen. der Gattung CoenobÌta besetzt, so besiedelt sie im Sublito-

Zonierung im Hadbodenlitoral (die Arten sind nicht im natürlichen Größenverhältnis dargestellt) I SUPRALITORAL EULITORAL I SUBLITORAL

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-scofo! PHOLÀDIDAE õpfi ocotn å e ¡iffi ã- 1¡URB¡N¡DAE

TõFEEÍi-nxtpnn POLYCHAETA-K---- ¿îa NEMERT¡NEA

- 47 Zu den häufigen Muscheln im Gezeitenbereich des Felslito- rals der jemenitischen Küste zählen Miesmuscheln, Austern und Archenmuscheln. Die Miesmuscheln (Modiolus auricu- latus, M. lignea, Brachydontes variabilis) entsprechen in ihrem Bau und auch in der Biologie weitgehend der heimi- schen Art, der in diesem Heft ein eigener Beitrag gewidmet ìst, Während die hemisessilen Mytilidae bei Verschlechte- rung der Lebensbedingungen ihre über Byssusfäden bestehende Verbindung zum Substrat lösen können, um einen neuen, geeigneteren Platz aufzusuchen, hat die in dichten Kolonien siedelnde sessile Osfrea cucullata diese Möglichkeit verloren. Austern sind Zwitter. Anfangs fungie- ren die Tiere als Männchen, können später aber ihr Geschlecht mehrfach wechseln. Die Spermien werden wie bei vielen Mollusken in das freie Wasser abgegeben und durch andere Tiere mit dem Atemwasser aufgenommen. (Mu pax) Stachelischnecke rex scolo Nach der Befruchtung in der Mantelhöhle kann eine Auster innerhalb einer Sexualperiode die gewaltig anmutende Zahl ral bevorzugt der Einsiedler Dardanus tinctor, der die von über 100 Millionen Eiern ausstoßen. Doch da die Verlu- Schneckenschale mit Aktinien (Calliactis parasitica) ste unter den etwa zwei Wochen im Wasser treibenden ,,bepflanzt", mit denen er in Symbiose lebt. Die AKinìe ver- Veliger-Larven sehr hoch sind und letztendlich auch nur ein leiht ihm mit ihren Nesselkapseln Schutz, während sie Teil der verbliebenen Tiere ein geeignetes Substrat zum ihrerseits von den Nahrungsresten und dem Transporl Festheften findet, sind deraft große Eizahlen zum Aderhalt durch die Bewegung des Krebses profitiert. Die Aktinien notwendig. Beim Anheften preßt die junge Auster einen werden deshalb bei dem durch das Wachstum des Sekrettropfen aus dem Fuß und kippt sich mit der linken Krebses bedingten ,,Umzug" in ein größeres Schnecken- Schalenklappe in diese im Seewasser erhädende Sub- haus meist auch auf die neue Schale umgesetzt. Die Scha- stanz, sich selbst damit für die Zeìt ihres Lebens festhef- len der Muriciden besitzen oft eine auffällige Skulptur. Das tend. Während dìe linke, den Weichkörper enthaltende spiralige Gehäuse ist mit Lamellen, Spitzen oder Stacheln Schale napfförmig ist, wird die rechte Schalenklappe zu besetzt. Einige Arten besitzen einen sehr langen Siphonal- einem flachen Deckel. Da die Ränder der Klappen etwas kanal. Das Operculum ist hornig. Die mit einer stenoglos- elastisch sind, können dìe Tiere ihre Schalen bei Ebbe her- sen Radula ausgestatteten Tiere sind ebenfalls Räuber metisch abschließen. Die wirtschaftliche Nutzung der Au- oder Aasfresser. Mit der Radula und durch Säureabschei- stern ist schon aus dem alten Rom bekannt, und auch dung können sie kleine Löcher durch die Schale anderer heute werden diese Muscheln in einigen Teilen der Welt als Mollusken bohren, andere Muriciden benutzen einen keilar- gefragte Delikatessen gezüchtet. Ebenfalls mit einer Schale tigen Zahn an der Gehäuselippe, um ihn Beutemuscheln fest an den Untergrund zementieft sind die Vertreter der beim Öffnen zwischen die Schalen zu klemmen. Chamidae. Auch ihre Schalen sind ungleichklappig. Der Fuß ist stark reduziert, und das Schloß dieser zu den Die bereits en¡vähnten Gezeitentümpel stellen innerhalb des Heterodonta zählenden Muscheln besteht aus verschie- Eulitorals besondere Lebensbereiche dar. Je nach Lage denartigen Haupt- und Seitenzähnen. und Größe können sie eine Arl ,,Schaufenster zum Meeres- Zu den Taxodontae, deren Schalenschloß durch viele mehr boden" sein, da sich einige eigentlich mehr sublìtorale For- oder weniger gìeichartige Zähne und Vediefungen charak- men hier wiederfinden, andererseits sind sie im jemeniti- terisiert wird, gehören die Arcidae, die Archenmuscheln. schen Küstenbereich meist einer derart intensiven Son- Ein weiteres ursprüngliches Merkmal sind ihre gleich neneinstrahlung ausgesetzt, daß die Envärmung und der großen Schließmuskel und dìe zu langen Fäden ausgezo- sich verändernde Salzgehalt große physiologische Bela- genen und lose miteinander verbundenen Fadenkiemen. lhr stungen für die Organismen mit sich bringt. Kleine Schleim- Periostrakum wird oft durch borstige, bartartige Fasern fische sind hier häufig zu finden und neben den bisher gebildet. nnnl¡cn wie die Miesmuscheln sind sie über Bys- erwähnten Mollusken fallen vor allem die dünnen Arme der susfäden, einer durch die Fußdrüse gebildeten breiartigen in Spalten und Gesteinslücken versteckten Schlangenster- Substanz aus chiningegerbten Proteinen, die nach und ne (Ophiocoma scolopendrina) auf, die suchend nach Nah- nach fädig erstarrt, mit dem Untergrund verbunden. Der rung (Detritus und Kleinstorganismen) ausgestreckt wer- Byssusaustritt erfolgt durch eine Spalte am unteren Scha- den. Während bei den Schlangensternen die fünf schlan- Ienrand. ken Arme deutlich von der Rumpfscheibe abgesetzt sind, Die Vielfalt im felsigen Eulitoral kann in einer solch kurzen gehen sie bei den nahe verwandten Seesternen allmählich Darstellung natürlich nur sehr unvollkommen beschrieben in die Körperscheibe über. Auch sie sind mit zahlreichen werden. So sind auf und zwischen den Steinen neben den Arlen im Sublitoral vertreten. Auf ihrer Unterseite besitzen Mollusken zahlreiche Krebse zu sehen, Grapsidae, die mit sie in zwei- oder vierfachen Reihen in Saugscheiben ihren kleìnen Scheren den Algenbewuchs abweiden. Die endende Füßchen, mittels deren großer Saugkraft sie kleinen, ebenfalls krabbenartig aussehenden, aber zu den Muscheln öffnen und überwältigen können. Anomura gehörenden Porzellankrebse, die mit kräftigen

48 Scheren ausgerüstete räuberische Xanthida Eriphia sebana Zu den wohl schönsten Mollusken der Riffe und Felsberei- smithii. Von der großen Nahrungs- und Raumkonkurrenz che zählen die Porzellanschnecken. Durch ihre Färbung im Felswatt zeugt trotz der extremen Lebensbedingungen und die aufgelagerle Schmelzschicht, die zu der glänzen- auch der nicht selten auf Muscheln, Schnecken oder Käfer- den porzellanartigen Oberfläche führt, übten diese Schalen schnecken zu findende Bewuchs von Seepocken, Poly- seit jeher großen Reiz auf Menschen aus und wurden als chaeten oder anderen Organismen, deren Larven keine Schmuck, Kultgegenstände oder Werkzeuge benutzt. Eine andere Anheftungsmoglichkeiten mehr gefunden haben. besondere Erwähnung verdienen die beiden Kauri-Arten Viele der bisher genannten Molluskenarten finden sich auch Cypraea moneta und Cypraea annulus, die ohne Zweifel im flacheren Bereich des Sublitorals, daneben treten hier ein Stück Menschheitsgeschichte mit geschrieben haben, aber durch die stabileren Bedingungen zahlreiche neue Die älteste Kunde einer Nutzung dieser Schnecken als Arten hinzu. Wenig Ähnlichkelt mit der allgemeinen Vorstel- Scheidemünze stammt aus dem alten China (etwa 200 lung von Schnecken haben die Vermetidae. Wie ihr deut- Jahre vor der Zeitrechnung). Mit arabischen Händlern scher Name Wurmschnecken bereits besagt, besteht ihr gelangte die Kauri-Währung später nach Afrika, wo sie Gehäuse aus einer unregelmäßig gewundenen Kalkröhre, weite Teile des Kontinents eroberte. Die kleinen Schnecken die im Anfangsteil eine Röhrenkammer aufweist. Die Tiere besaßen, neben ihrem Aussehen, zahlreiche Vorteile für legen zum Nahrungsenruerb Schleimfäden aus, die beim eine Nutzung als Tauscheinheit, sie waren sehr fest, nahe- Nahen einer Beute (kleine planktische Organismen) aus der zu unzerbrechlich, leicht abzählbar, etwa gleich groß und Fußdrüse ausgestoßen werden. Da eine Anzahl Meeres- schwer, so daß größere Summen auch abgewogen wer- borstenwürmer ganz ähnliche Kalkröhren bauen, ist auf den konnten. Prof. F.A. Schilder, einer der,,Väter" der Por- den ersten Blick eine Unterscheidung nicht immer leicht. zellanschneckenforschung, berechnete eine Menge von lm Sublitoralbereich der jemenitischen Küstengewässer rund 75 Milliarden Schalen, die allein zwischen 1800 und sind die Korallenstöcke meist inselarlig zwischen den Stei- 1890 nach Westafrika verschifft wurden. Vor etwa 150 nen oder Felsbereichen verstreut. ln Aden, Little Aden, Ras Jahren bekam man im Sudan für eine Kauri eine Handvoll Umran und Shuqra existieren kleinere Saumriffe, die aber Bohnen, eine Schale Trinkwasser oder eine Zwiebel. ln teilweise in den 80er Jahren nach heftigen Regenfällen im Bornu (nördliches Kamerun) bezahlte man für ein Ei acht Hinterland vom einströmenden feinen Schlamm wiederholt und für ein Huhn 32 bis 160 Schneckenschalen. Stadthal- bedeckt und dadurch sehr stark in Mitleidenschaft gezogen ter bezogen in eìnigen Gebieten Jahreseinkommen von wurden. mehreren Millionen Kauri, und da Geld letztendlich alles sein kann, was der Mensch für selten und kostbar hält und Korallenriffe stellen einen besonders interessanten Lebens- was sich, wie oben erwähnt, gut aufbewahren läßt, stellen raum dar. ln ihrer Verbreitung sind sie an den Flachbereich diese Schneckenschalen möglicheruueise auch heute noch tropischer Meere mit einer entsprechenden Jahresmittel- in abgelegenen Regionen ein akzeptiertes Tauschäquiva- temperatur gebunden. Fällt die Temperatur unter 20 Grad lent dar. Aber auch als Orakel oder zum Wüfelspiel dienen Celsius, wie im Jemen durch die erwähnten saìsonalen Kaurischalen. Es werden dabei mehrere Schalen aufgewor- Kaltwasserauftriebserscheinungen, so unterbleibt zumin- fen und die auf den Rücken fallenden ,,lachenden Kauri" dest dìe Riffbildung. Die Basis der Korallenriffe sind kleine, stellen ein gutes Omen oder die entsprechenden Punkte zu den Hexacorallia gehörende Polypen, in deren Gewebe beim Glücksspiel dar. ln germanischen Gräbern aus dem photosynthetisch aktive Zooxanthellen (Dinophyceae der 6. Jahrhunderl fand man Porzellanschnecken, die als Gattung Gymnodinium) eingelagert sind. Deshalb ist auch Fruchtbarkeitssymbol im Schoß von Frauen lagen. Diesen der Lichtfaktor für die Funktion dieser Symbiose ganz ent- Bezug zu Liebe und Fruchtbarkeit, der sich aus der Form scheidend. Die relativ einfach gebauten, mit Fangtentakeln der Schalenöffnung herleitet, findet man bei vielen Völkern. versehenen Polypen überziehen als dünne, galleftige Als Schmuck wurden sie selbst in Deutschland ven¡uendet, Schicht das von ihnen ausgeschiedene Kalkskelett, und wo sich Husaren das Zaumzeug ihrer Pferde mit solchen wie alle anderen Nesseltiere erbeuten sie ihre Nahrung Schneckenschalen bestückten. Auch in den jemenitischen durch spezielle Nesselzellen. Die Struktur eines Riffes oder eines begrenzteren Korallenaufwuchses wird aber nicht Kaurischnecke (Cypraea annulus) auf Eigelege allein durch die kalkabscheidende Tätigkeit der Steinkoral- len bestimmt, sondern auch zahlreiche andere Lebensfor- men (Polychaeten, Bryozoen, Hydrozoen und selbst Algen) können kalkartige Gebilde hervorbringen. lm Ergebnis ent- steht eine Vielfalt an Kleinstlebensräumen, die zu der fÙr Korallenriffe typischen Artenvielfalt führt und die sich auch bei den Weichtieren zeìgt. Allerdings besiedeln sehr viele Mollusken weniger den unmittelbaren Korallenbereich als vielmehr die durch Korallenbruch gekennzeichneten Rand- zonen. Untersucht man eine Handvoll Sediment aus derar- tigen Gebieten, so kann man unter dem Binokular meist auch eine mehr oder weniger große Anzahl mikroskopisch kleiner Schalen entdecken. Sie bilden einen noch weitge- hend unerforschten Bereich der Malakozoologie.

49 An dieser Kaurischnecke (Cypraea turdus) ist das Prinzip ihres Diese Porzellanschnecke (Cypraea pantherina) zeigt die typische Baues gut erkennbar. Schalenform ihrer Familie.

Läden findet man mit etwas Glück noch Taschen und Das Nahrungsspektrum der vorwiegend nachtaktiven Gefäße, bei denen Kaurischnecken eingearbeitet wurden. Schnecken scheint breiter zu sein (Pflanzen, Schwämme, lnteressant ist aber auch die Herleitung des Namens Por- Polypen) als ursprunglich angenommen. Selbst in dieser zellanschnecken. Ausgangspunkt ist die Reise von l\¡larco von der Sammlungsintensität her vergleichsweise intensiv Polo. Als er reich beladen im 13. Jahrhundert von China bearbeiteten Molluskenfamilie gibt es noch sehr viele offene kommend nach ltalien zurückkehde, brachte er auch fei- Fragen. Das betrift Probleme der Artenabgrenzung, des nes, glattes und durchsichtig schimmerndes Geschirr mit. Systems wie auch der Biologie der Tiere. Ein Beispiel dafür Da die Oberfläche dieses unbekannten Materials die ltalie- ist die Cypraea arabica-grayana-Gruppe. Die in den ner an eine Schnecke ihrer Küste erinnerte, die ,,porcellana" jemenitischen Küstengewässern sehr häufigen Schnecken genannte wurde, nahmen sie an, daß die Chinesen das werden von einigen Autoren in mehrere Arten unterteilt, Geschirr aus der pulverisierten Schale derarliger Mollusken während andere die Unterschiede im Farbmuster und eini- hergestellt hatten, und so entstand aus der Schneckenbe- gen Schalenmerkmalen als Variationen innerhalb einer Art zeichnung der heutige Name des Porzellans. ansehen. lm Golf von Aden treffen auch die beiden sehr Doch nun zur Lebensweise dieser Tiere, die nicht minder ähnlichen Arlen Cypraea tigris und Cypraea pantherina auf' faszinierend ist. Etwa 200 Aden sind weltweit bekannt, einander. Während erstere Art eine weite Verbreitung im davon konnten wir 29 während unserer Untersuchungen lndopazifik hat, ist die andere in ihrem Vorkommen auf das nachweisen. Die Schale der ungestörten Porzellan- Rote lVeer und den westlichen Teil des Golfes von Aden schnecken ist in der Regel fast völlig von den Mantellap- begrenzt. Die typischen Schalen unterscheiden sich in pen bedeckt, frei bleibt lediglich eine schmale Rückenlinie Größe, Form und in Relationen im Mündungsbereich. Die zwischen den Mantelrändern. Da die Farbauflagerung über vor Aden und weiter westlich gefangenen Exemplare zei- die Mantellappen erfolgt, hebt sich diese Rückenlinie meist gen aber Übergänge zwischen beiden Gehäusemerkmalen, sehr deutlich auf der Oberseite der Schale ab. Der Mantel die auch hier die Frage nach möglichen Hybridisierungs- besitzt oftmals sehr b,izarre Mantelanhänge, denen eine prozessen beziehungsweise der Artabgrenzung überhaupt gewìsse Schutzfunktion ffarnung) sowie eventuell eine aufwerfen. Vieles deutet auf einen ?rozeß der zunehmen- unterstutzende respiratorische Funktion zugesprochen den Faunenangleichung beider Meeresregionen durch Ein- wird. Werden die Mantellappen bei Störung zurückgezo- wanderungsvorgänge hin, wofur auch das gegenwädig gen, so bietet die Schale meist einen überraschenden vorhandene Artengefälle von Süd nach Nord im Roten farblichen Kontrast. Es sind durchweg rundliche Gehäuse Meer spricht. Doch welche Auswirkung das auf nahe ver- mit einer langen, mit Zähnen besetzten, schlitzartigen Öff- wandte Formen hat und welche Bedeutung physikochemi- nung an der Unterseite, die Schutz gegen die Scheren von sche bzw. biologische Faktoren dabei im Detail haben, Krebsen oder andere räuberische Formen bietet. Die letzte gehör1 zu den noch offenen, diese Meeresregionen aber Windung umschließt bei den ausgewachsenen Tieren alle auch besonders interessant machenden Problemen. anderen Umgänge so, daß die Schalenspitze meist ver- Eng veruvandt mit den Porzellanschnecken sind die kleinen, borgen bleibt. Schneckentypischer in der Gehäuseform von Manteltieren lebenden Triviidae sowie die ebenfalls räu- sind dagegen die unterschiedlichen Entwicklungsstadien. berischen, auf Octocorallen zu findenen Ovulidae Porzellanschnecken sind getrenntgeschlechtlich. Die Eier (Eischnecken). Kräftig skulpturierle Gehäuse mit zahlrei- werden gewöhnlich an der Niedrigwasserlinie in Form von chen, in gleichen Abständen angeordneten Varices finden 100 bis 300 wenige Millimeter großen Eitaschen abgelegt, sich bei den eng venvandten Cymatiidae firitonshörner) von denen jede einige hunderl Eier enlhält. Die Muttertiere und den Bursidae (Froschschnecken). CymatÌum pileare isI bleiben bis zum Ausschlüpfen der Larven auf dem Gelege eine sehr häufige Art, die sich durch ein dickes, borstiges sitzen. Periostracum auszeichnet. Die SchalenmÜndung der vor-

50 wiegend räuberisch lebenden Tiere besitzt eine unterseits in der Radulatasche bereit und rücken ensprechend nach. offene Siphonalrinne, die durch ein horniges Operculum Die Tiere können aus der spaltartig langen Endmündung verschlossen wird. der Schale den Rüssel auf etwa drei Viertel der Schalenlän- Die im Gehäuse ähnlichen Bursidae sind durch einen zwei- ge ausstülpen und gegenüber einem Beutetier oder zur ten Kanal (Exhalationsrinne) am oberen Mündungsrand Verteidigung einsetzen. Die durch die Giftdrüse gebildeten gekennzeichnet. Es sind aber vonviegend Aasfresser. Neurotoxine sind auch für den Menschen gefåhrlich, Der tropische Flachwasserbereich bietet für den Taucher zumindest sind tödliche Unfälle im Zusammenhang mit nicht nur ein überwältigendes Bild von Artenvielfalt und Far- einer Anzahl von Kegelschneckenaden (Conus textile, C. benpracht, sondern es sind auch eine Reihe von Gefahren pennaceus, C.striatus) nachgewiesen. Deshalb sollte man zu beachten. Dazu gehören nicht nur die gemeinhin in jedem Fall im Umgang mit diesen Schnecken sehr vor- bekannten Probleme der Haie, Rochen, Barrakudas und sichtig sein. anderer unter Umständen auch für den Menschen gefährli- Eine relativ kleine Schneckengruppe sind die Korallen- cher größerer Fischarten. Selbst von kleineren, oftmals schnecken (Coralliophilidae). Sie besitzen keine Radula und unscheinbaren Formen kann eine erhebliche Gefahr ausge- sind an das Leben auf Korallen spezialisied. hen. Da sind die giftigen Flossenstrahlen einiger bevorzugt lm seichten Wasser findet sich nicht selten die zu den Fas- im Korallenbereich lebender Fische ebenso zu nennen wie ciolariidae gehörende Ar1. Fasciolaria trapezium. Sie besitzt die der Diademseeigel Diadema seÍosum, die tagsüber ein großes, spindelförmiges Gehäuse und fällt durch die dichte Ansammlungen bilden und dem Taucher ihre lan- dunkelrote Körperfärbung auf, Die Öffnung wird durch ein gen, nadelarligen Stacheln entgegenstrecken, die bei horniges Operculum verschlossen. Die meist durch ein ebenfalls spindelförmiges Gehäuse charakterisieften Mitridae werden in Anlehnung an die 7 Form der Bischofsmützen auch als Mitraschnecken Ir 6 bezeichnet. Einige der meist versteckt lebenden Aften 12 3 5 besitzen eine Giftdrùse, die sie auch zum Beuteen¡verb ein- setzen. Diese kurze Übersicht über die Schnecken des Felslitorals wäre unvollständig, würde man nicht noch die Besonder- heiten der zu den Opisthobranchiata (Hinterkiemer- schnecken) gehörenden Nacktkiemern (Nudibranchiata) en¡¡ähnen. Bei vielen dieser Hinterkiemerschnecken zeigt sich eine Tendenz zur Schalenreduzierung, bei den eigentli- chen Nacktkiemern fehlt die Schale völlig. Die Kiemen sìnd I bei einer Anzahl Arlen durch einen um den After gelegenen sekundären Kiemenkranz ersetzt. Der Fuß dieser Schnecken ist zu einer flachen Kriechsohle umgebildet. I Viele Arten sind sehr farbenprächtig. Diesen Farben kommt auch eine Warnfunktion zu, da über die Haut der Tiere Schleim bzw. andere abstoßende oder giftìge Sekrete gebildet werden können. Einige Aften vermögen sogar Nesselzellen von Nesseltieren in den dorsalen Anhängen zu Radula einer Conus-Schnecke; 1 - Schale, 2 - Giftblase, 3 - Gift speichern. Der genaue Mechanismus dieses Prozesses ist gang, 4 - Radulatasche mit Giftzähnen, 5 - Darm, 6 - Sipho, 7 Nesselzellen rea- Rüssel mit Giftzahn, B - Fühler, 9 - Fuß. bis heute weitgehend unbekannt, denn gieren normalerweise bei der geringsten Berührung mit einer explosionsadigen Entladung. Nacktkiemer sind räu- Berührung leicht abbrechen und in der Haut schmerzhafte berisch, dabei aber häufig auf ganz bestimmte Beuteorga- Entzundungen hervorrufen. Gefährlich können aber auch nismen spezialisiert (s, Abb. Seite 53). einige Schnecken sein, denn mit den nachfolgend vorge- Die größten Muscheln der Welt werden von den Tridac- stellten Vertretern der Neogastropoda begegnen wir hoch- nidae (Riesenmuscheln) gebildet. Bis zu 200 Kilogramm entwickelten Räubern, die für den Nahrungserwerb ganz schwer und mehr als einen Meter groß können die Schalen unterschiedliche Strategien entwickelt haben. Besonders ausgewachsener Tiere werden. Doch auch diese ,,Riesen" zu envähnen sind die durch ein umgekehrt kegelförmiges zeigen das gleiche Ernährungsmuster, die Filtration klein- Gehäuse mit sehr kurzem Gewinde und einer großen, fast ster Nahrungspartikel über ihre Kiemen, wie es für alle die ganze Schalenhöhe einnehmenden Endwindung cha- Muscheln typisch ist. Ahnlich wie Korallen sind diese rakterisieden Kegelschnecken, Sie gehören der Überfamilie Muscheln aber mit endosymbiontischen Zooxanthellen ver- Toxoglossa (Giftzüngler) an, Bei ihnen sind die Radulazäh- gesellschaftet. Diese Algen produzieren Nährstoffe und ne zu dünnen, hohlschaftig und mit Widerhaken versehe- werden teilweise auch von der Muschel mit verdaut. Durch nen harpunenähnlichen Gebilden umgewandelt, die zusätz- diese Symbiose, die wahrscheinlich auch die Bildung der lich noch mit einer Giftdruse in Verbindung stehen. Ein sol- gewaltigen Kalkschalen unterstützt, spielt für Riesenmu- cher Zahn steckt stets einsatzbereit im Rüsselende und scheln das Licht eine große Rolle, man findet sie deshalb kann bei Bedarf abgestoßen werden. Weitere Zähne liegen im flachen, gut durchlichteten Wasser. ln der Jugend sind

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Perlmuschel (Pinctada margar¡t¡fera) Hammermusch el (M alleu s malleu s) die Schalen mit Byssus am Untergrund befestigt, während durch ungleichklappige, gewöhnlich mehr höher als lange sie später durch ihr eigenes Gewicht gehalten werden. Um Schalen gekennzeichnet, dagegen gibt der lange die auch als ,,Mördermuscheln" bezeichneten Tiere ranken Schloßrand in Verbindung mit der nach unten ausgezoge- sich viele abenteuerliche Erzählungen. Sind die Muscheln nen Schale den Malleidae (Hammermuscheln) ein hammer- ungestör1, so kann man ihre bläulich leuchtenden Mantel- förmiges Aussehen. Die bekannteste Pteriida ist die Perl- ränder erkennen, die den Schalenrand überragen. Würde muschel Pinctada magaritifera, die auch in den jemeniti- man, wie es nach einigen Berichten beabsichtigt oder schen Küstengewässern häufig auftritt. Auch sie ist mit unbeabsichtigt vorgekommen sein soll, mit der Hand oder einem Byssusfaden an den Untergrund angeheftet. Obwohl dem Fuß zwischen diese Schalen geraten, so würde die sie in einigen Teilen der Welt als Nahrung genutzt wird, normale Schließmuskelfunktion der Muschel einsetzen, die geht ihre eigentliche wirtschaftliche Bedeutung auf die Perl- durch das Schalengewicht dieser Tiere für die betreffende bildung zuruck. Perlbildung ist aus biologischer Sicht jede Person durchaus dramatisch enden kann. Der Schließmus- zusätzliche Abscheidung von Schalensubstanz zum kel einer Muschel besteht aus zwei Abschnitten. Der eine Umschließen eingedrungener Fremdkörper oder zum Aus- kann unter relativ hohem Energieverbrauch die Schalen bessern von Schäden an der Schale. So gesehen sind die sehr schnell schließen (bet Tridacna allerdings meist mit Mehrzahl der Conchifera vom Prinzip her zur Perlbildung eìnigen kurzen, ruckartigen Bewegungen), während der befähigt, beispielsweise wurde die größte bisher bekannte andere die geschlossenen Schalen über lange Zeit bei Perle (sieben Kilogramm schwer) in einer Riesenmuschel geringem Energieverbrauch fest gesperrt hält. lst man in gefunden. Da diese aber, wie viele andere Formen auch, einer solchen Situation auf sich allein gestellt, so ist durch keine Perlmutterschicht ausbilden, fehlt der eigentlich wed- das Gewicht großer Riesenmuscheln ein Auftauchen nicht volle, irisierende Perlmutterglanz, der für Pinctada margari- möglich, und es fällt auch schwer, den Schließmuskel der tifera besonders intensiv ist. Dementsprechend hoch ist Tiere mit einem Messer zu zerlrennen. Riesenmuscheln der auch heute noch der Wert von Naturperlen, Ob die in eini- ArL Tridacna maxima sind in den Gewässern um Socotra gen jemenitischen Andenkenläden angebotenen,,Original- sehr häufig. Socotraperlenketten" wirklich aus dem Umfeld der lnsel Sehr groß können auch die Arten Hyotlsssa hyofis und stammen, ist nur schwer nachzuprüfen. Ein eigentliches Lopha cristagal/i werden, doch sie gehören zu den auster- Perlentauchen ist im Jemen aber nicht mehr verbreitet. adigen Muscheln und sind besonders häufig an künstlichen Die Kammuscheln (Pectinidae) sind vielen Menschen von Hadbodenstrukturen zu finden. An deradigen Bauten der Form her verlraut, doch weniger bekannt ist ihre inter- (Metallgerüste, Pfähle etc.) ist ohnehin eine besondere Suk- essante Biologie. Die auch als Nahrung geschätzten zession bei der Besiedh-rng festzustellen, da je nach Sub- Muscheln besitzen auf ihren Mantelrändern viele kleine strat einzelne Formen in ihren Möglichkeiten begünstigt Tentakeln sowie zahlreiche bläulich-kugelige Augen mit oder behindeft werden, Linse und doppelter Retina. Sie entsprechen damit der bei Mit den lsognomidae, Malleidae und Pteriidae begegnen den Muscheln insgesamt vorhandenen Tendenz der Verla- uns nahe verwandte, aber von der äußeren Schalengestalt gerung der Sinnesorgane auf die Teile, die mit der Außen- her teilweise stark verschiedene Formen. Den adulten Tie- welt direkt in Verbindung stehen (Saum des Mantelrandes, ren aller drei Familien ist gemein, daß sie in der rechten Siphone). Mit den Augen können die Tiere Lichtunterschie- Schale einen Byssuseinschnitt haben, über den sie mit de und im gewissen Grad auch Bewegungen im Umfeld dem Untergrund verhaftet sind. Die lsognomidae sind wahrnehmen, so daß sie bei einer nahenden Gefahr (See-

c¿ stern) in der Lage sind, mit Fluchl zu reagieren. Und auch dieser Zeit in Höhlen unter größeren Steinen zurückziehen. diese Fluchtreaktion isl beeindruckend. Die zwei ungleich Die um den Eingangsbereich aufgerichtete ,,Steinmauer" ist ausgebildeten, fächerartigen Schalenklappen können bla- aber ein guter Hinweis auf diese Verstecke. sebalgadig bewegt werden, so daß sie, in Wechselwirkung Zur Vermehrung kommen häufig Kalmare bis ins Flachwas- mit den verschließbaren Säumen der beiden Mantelränder, ser, schlanke Kopffüßer, deren Schale bis auf einen innen den Wasserstrom je nach Bedarf in zwei Richtungen pres- liegenden Rest (Rückenschulp) reduziert ist und deren Kör- sen können, um sich dadurch mit ruckartigen Schwimmbe- per von einem kräftigen Muskelmantel umschlossen wird. wegungen durch das Wasser zu katapultieren. lm Gegensatz zu den Kraken haben sie zehn Armfüße. Haben wir uns bisher nur mit der für den Hartbodenbereich Davon sind acht kurz und mit je vier Reihen von Saugnäp- typischen Epifauna beschäftigt, so soll der Vollständigkeit fen besetzt, während die beiden restlichen als verlängerte, halber noch auf solche Formen verwiesen werden, die sich rückziehbare Fangarme fungieren, an denen nur die keu- in ganz unterschiedlicher Art und Weise in das Substrat lenförmig verbreiteden Enden größere Saugnäpfe tragen. einbohren können. Auch hier umfaßt das Spektrum Sta- Den abgeflachten Körper umläuft ein dünner Flossensaum. chelhäuter, verschiedene Meeresborstenwürmer und auch Mittels Muskelkontraktion können die Tiere Wasser aus der Mollusken. Bei letzteren sind es vor allem die unterschiedli- Mantelhöhle durch eine trichterförmige Verlängerung chen Formen von Bohrmuscheln (Pholodidae) und die zu drücken und dadurch nach dem Rückstoßprinzip schwim- den Miesmuscheln gehörenden Lithophaginae. Sie werden men. Durch die Stellung des Trichters und auch mit Unter- durch ihre Lebensweise sehr oft übersehen, da sie als aus- stützung des Flossensaumes können Schwimmbewegun- gewachsene Tiere ihre selbst angelegte Höhle nicht mehr gen in unterschiedliche Richtungen erfolgen. Eindrucksvoll verlassen können und man sie auch ohne Zerstörung des bei allen Kopffüßern sind die im Vergleich zur Körpergröße umgebenden Substrates oder ihrer Schale nicht aus den großen Augen. Nervensystem und Sinnesorgane sind bei im Verhältnis zur Schalengröße kleinen Höhlenöffnungen diesen Tieren sehr hoch entwickelt. Ein in einem Walmagen bekommt. Der Bohrvorgang selbsi kann im Detail unter- gefundenes Tintenfischauge hatte einen Durchmesser von schiedlich sein, die Nutzung der Schale als Bohnruerkzeug fast 40 Zentimetern und gih als das größte bisher im Tier- und auch Säureausscheidungen können dabei eine Rolle reich bekannte Sehorgan. spielen. Die Pholadidae führen in der Regel eine drehende Obwohl die Tiere im Ernstfall auch einem Menschen mit Bewegung der Schalen aus, die durch fehlende Schloßzäh- ihren Saugnäpfen schmerzhafte Hautverletzungen zufügen ne seitlich gegeneinander beweglich sind, und reiben so können, sind sie in keiner Weise aggressiv. Vielmehr mit dem rauhen Schalenteil Oberflächenmaterial von der machen sie einen ausgesprochen neugierigen Eindruck, Gangwand ab. Dieses Material wird zunächst in der Man- und man kann über lange Zeit ein Spiel Annäherung - telhöhle gesammelt und dann als Pseudofaeces abgege- Rückzug mit ihnen betreiben, solange man eine bestimmte ben. Mit dem weiteren Wachstum der Muschel und dem Distanz nicht unterschreitet und sich nicht zu ruckartig sich damit ebenfalls en'veiternden Bohrraum wird schon bewegt. Dabei kann man sich von dem Farbwechsel der bald ein Verlassen durch die vergleichsweise kleine Öff- Haut überzeugen, der durch seine Schnelligkeit und lnten- nung des Bohrganges nicht mehr möglich. sität verblüft. Dieses Farbenspiel ergibt sich aus der Wech- selwirkung von farbstofftragenden Pigmentzellen und Das Bild der Mollusken der Felsenküste wäre unvollständig, Reflektion bzw. Lichtbrechung erzeugenden Flittezellen. würde man nicht noch auf die Cephalopoden eingehen. Kommt ein Kopffüßer in zu starke Bedrängnis, dann kann Die achtarmigen Kraken bewegen sich meist mit ihren er auf ein in Tintendrüsen gebildetes und in einem Haut- Kopffüßen kriechend oder stelzend über den Boden. Ocfo- beutel gesammeltes Melaninpigment zurückgreifen. Es wird pus cyanea ist eine sehr häufige Art im Flachwasser, aller- bei Bedarf als eine dunkle Wolke ausgestoßen und gibt dings tagsüber nur selten zu entdecken, da die Tiere sich zu dem Tier damit Fluchtdeckung. Die Mundöffnung liegt bei

Sternschnecke (G/ossodors atromarg¡nata) Sternschnecke (Hypselodoris maridadilus)

53 SUPRALITORAL EULITORAL , SUBLITORAL I I EÃõffiãE

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Zonierung im Sandbodenlitoral den Tintenfischen am Grunde des Armtrichters. Mit einem men Wattflächen. All das führt dazu, daß die Mehrzahl der kräftigen, papageienschnabelähnlichen Kiefer können Mol- Tiere eingegraben lebt. lusken und Krebstiere zerbissen werden, Die hinteren Spei- Einen ersten Hinweìs auf die Aftenvielfalt auch dieser cheldrüsen geben meist giftige Sekrete ab, die die Beute Lebensräume vermitteln die Spülsäume mit dem Anwurf zusätzlich lähmen. Bei der Begattung übedrägt das Männ- aus pflanzlichen und tierischen Resten, die durch die Flut chen mit umgestalteten Fangarmen ein Samenpaket in die am Strand abgelagert werden, Untersucht man die Besied- Mantelhöhle des Weibchens. Die in ein gallertig aufquellen- lungsstruktur deraftiger Sandbereiche genauer, so kann des Drüsensekret eingehüllten Eier werden bei Sepia pha- man auch hìer eine Zonierung in der Artenverteilung fest- raonis am Boden abgelegt und sind unter Steinen oder stellen. Korallenstücken häufig zu finden. Das Supralitoral ist zumeist nur schwer abgrenzbar. Es ist eine mehr oder weniger breite Übergangszone, in der mari- Sand-und Weichböden, zwischen denen es, je nach antei- ne und terrestrische Arten auftreten können. Man findet liger Zusammensetzung des Sediments, zahlreiche Über- zahlreiche salztolerante Pflanzen die gegen das lt/eer vor- gänge gibt, bieten im Gegensatz zu den abwechslungs- dringen und in ihrem Schutz verschiedene Reptilien und reich gegliederlen Felsküsten ein auf den ersten Blick lnsekten. Als Wanderern aus dem marinen Bereich begeg- eintönigeres Bild. Je nach Beschaffenheit des Sediments net man Einsiedlerkrebsen (Coenobita scaevola), die ihre können Organismen auf, in oder zwischen den Sediment- schützenden Schneckenschalen in diesen ansonsten mee- partikeln leben und werden dementsprechend als Epi-, resmolluskenfreien Raum transportieren. Endo- oder Mesofauna bezeichnet. Zu den auffälligsten Tieren des Gezeitenbereiches der Die Bewohner des Sandbodens (Sand = Korngröße zwi- Sandstrände gehör1 die Geister- oder Reiterkrabbe Ocypo- schen einem bis o,'1 Millimeter Durchmesser), des Psam- da saratan. Die weißgrauen Krabben legen ihre bis 60 Zen- mal, werden als Psammon bezeichnet. Für sie bestehen inr timeter tief reichenden spiraligen Gänge kurz über der Supra- und Eulitoral ähnlich extreme Bedingungen durch Hochwasserlinie an. Den Tag verbringen die Tiere meist in Austrocknung und Wärmeeinstrahlung (teilweise eine Auf- diesen, mit einem Sandpropfen verschlossenen Höhlen, heizung der Sandoberfläche auf 60 bis 70 Grad Celsius), um in der Dämmerung oder der Nacht an der Wassergren- wie sie bereits für das Felslitoral beschrieben wurde. Dazu ze auf Nahrungssuche zu gehen. Während der Vermeh- kommen als besondere Faktoren die Umschichtung des rungsphase bauen die männlichen Tiere kleine Sandhügel Sediments durch die Wasserbewegung und die damit ver- in der Nähe ihrer Höhleneingänge, mit denen sie ihr Territo- bundenen mahlenden Reibeeffekte der Sandpañikel. Darü- rium gegen Rivalen abgrenzen und gleichzeitìg den Weib- ber hinaus existiert ein Mangel an Deckung auf den unifor- chen ein Signal zur Paarungsbereitschaft geben. Der Bau

54 eines solchen Sandhügels verursacht häufig eine Kettenre- aktion, so daß innerhalb weniger Stunden auf mehreren '/t Kilometern Sandstrand derartige Hugel entstehen können. Eine sehr viel kleinere Krebsart, ebenfalls aus der Familie der Oycypodidae (Dotilla sulcata), besiedelt den unteren Gezeitenbereich. Bei Ebbe kommen s¡e zu Tausenden aus *'-e/ ihren zehn bis 20 Zentimeter tiefen Sandhöhlen, um orga- *: nische Reste aus dem Sand zu fressen. Der leergefressene * å Sand wird in Form kleiner Pellets um den Höhleneingang t gelaged. I I l¡*, i Polychaeten, verschiedene Asseln und Flohkrebse sind : weitere hier zu findende Formen. lm Bereich der oszillieren- { den Strandwellen kann man mit etwas Geschick etwa zwei Zentimeter große Krebse aus der Familie Hippidae (Crusta- cea./Anomura) entdecken, die sich blitzschnell im Sand ein- graben. lm prallen Sonnenschein begegnet man aber auch jagenden Sandlaufkáfern, und die Vielzahl von Wat-und 2 Seevögeln gibt einen Hinweis darauf, daß die Eintönigkeit Diese Fingerschnecke (Lambls truncata sebae) gehör1 zur Familie des Sandstrandes im Sinne des Wodes nur oberflächlich Flügelschnecken (Strombidae). Es handelt sich um die größte ist, Schneckenart der Region. lhre Schalenlänge kann 37 Zentimeter ln diesem Zusammenhang sollen auch die Meeresschild- erreichen. Die eßbare Art kommt im Flachwasser auf Sand- und Korallenboden recht häufig vor. kröten genannt werden, wenngleich sie die Sandstrände nur kurz zur Eiablage besuchen. Für zwei Arten der welt- ermöglicht keine kriechende, sondern eine hüpfende weit gefährdeten Tiere sind Eiablageplätze enflang der Bewegung. Alle Aden leben von pflanzlichem Detritus und jemenitischen Küste bekannt. Selbst an einem tagsüber Algen. recht stark frequentieden Badestrand in Little Aden konn- Die Nabelschnecken (Naticidae) besitzen ein kugeliges, ten wir Schildkröteneler nachweisen. Die Weibchen der glattes Gehäuse mit einer oft auffallenden Nabelung. Mit durch ihren Körperbau an das Leben im Meer ganz hervor- ihrem großen Fuß durchpflügen sie wie ein Bulldozer den ragend angepaßten Meeresschildkröten suchen zur Eiab- Sand. Wie bei allen Mollusken wird das Ausstrecken und lage die Sandstrände auf, wo sie oberhalb der Hochwas- Einziehen des Kriechfußes, der aus einem schwammarti- serlinie Löcher fur ihre Gelege graben, um nach der Eiabla- gen Gewebe besteht, durch das Wechselspiel zwischen ge wieder ins Meer zurückzukehren. Muskulatur und Hämolymphe bewirkt. Eine große, lm unteren Eulitoral begegnet man den ersten Schnecken. schlauchförmige Fußdrüse produziert bei den Schnecken Auch bei ihnen findet man, ähnlich wie im Felslitoral, Wei- ein Schleimband, das den Reibungskoeffizienten zwischen degänger, Räuber und Aasfresser. Mit ihrer Körperform dem Fuß und dem Untergrund verringed, so daß die Tiere sind sie sehr gut an das Leben auf oder unmittelbar unter durch wellenartige Bewegungen der Längs-und Quermus- der Sandoberlläche angepaßt. Die sehr häufig ange- keln wie auf einer ,,Rutschbahn" gleiten. Nabelschnecken schwemmte A rchitectonica perspectiva (Architectonicidae - sind räuberisch. Sie halten ihre Opfer (Schnecken und Sonnenuhren) besticht durch die Gleichmäßigkeit ihres Schalenbaues und die Farbmusterung. Der Nabel ist weit Nabelschnecke (Pol¡n¡ces melanostoma) offen und mit einer dicken Randwulst versehen. MiI Cerithium scabridum, C. rueppelli, Rhinoctavis aspera und R. kochi finden sich eine Anzahl Arten der bereits fur den Hadboden vorgestellten Familie der Hornschnecken (Cerithiidae). Sie ernähren sich vor allem von Detritus und Diatomeen. lm mehr schlickigen Sand und meist auch sublitoral trjfft man auf Aden der Familie Strombidae (Flügel-, Spinnen- oder Fingerschnecken). Mit ihren teilweise sehr großen und schweren Gehäusen liegen sie auf dem Sediment, und da das Periostrakum meist mit einer dünnen Sedimentschicht bedeckt ist, sind sie nicht immer leicht zu entdecken. Typisch für alle Formen ist das Vorhandensein einer Ein- buchtung am Mündungsrand (stromboid notch), durch die die Schnecke zur Beobachtung der Umgebung den Stiel eines Auges hervorstrecken kann. Der hornige Deckel ist lang und schad und nur mit der Schmalseite am Fuß befe- stigt. Mit ihm können die Tiere kräftige Schläge zur Vedeidi- gung ausführen, was ihnen auch den Namen ,,Fechter- schnecken" einbrachte. Der kräftige, bogenförmige Fuß

55 SUPRALITORAL EULITORAL SUBLITORAL

n raceus Volema I Bulla ampulla t , w GEL t

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Zonierung im Schlicklitoral

Muscheln) mit ihrem großen Fuß fest und bohren mit der Die Bohrer- oder Schraubenschnecken fierebridae) besit- Radula ein Loch durch die Schale, zen ein turmförmiges, spitzes Gehäuse mit zahlreichen Windungen. Die kleine Mündung wird mit einem Horn- Räuberisch leben ebenfalls die Vertreter der Tonnen- deckel verschlossen. Einigen Arten fehlt eine Radula, schnecken ffonnidae). Sie haben große bauchige Gehäuse während andere einen den (egelschnecken ähnlichen Gift- und können in ihren Speicheldrüsen freie Säuren und wahr- apparat aufweisen. scheinlich auch lähmende Neurotoxine produzieren, die Betrachtet man die Oberfläche des Sandes im unteren den Bohrvorgang der Radula unterstützen beziehungswei- Eulitoral und dann im Sublitoral etwas genauer, so geben se die Beutetiere inaktivieren. lhnen eng verwandt und ähn- kleine Löcher im Sand erste Hinweise auf Vertreter der lich in Verhalten und Nahrungsspektrum sind die Helm- Endofauna. Unter ihr befindet sich auch eine größere schnecken (Cassidae), lhre oft mit knotigen Varizen verse- Anzahl Muschelarten. Als Sandlieger müssen sie aber eine hene Schale ist kompakter. Verbindung zur Sedimentoberfläche aufrecht erhalten, Die Sand-und Reusenschnecken (Nassariidàe) besitzen denn von dort benötigen sie frisches Wasser und damit feste, spitz- bis eiförmige Gehäuse mit einer ovalen Mün- auch die nötige Nahrung, dorthin müssen Ausscheidungen dung und einem kurzen Siphonalkanal. Es sind Aasfresser, und Keimzellen gelangen. Einige Muscheln liegen ober- die mit in Strömungsrichtung aus dem Sand herausge- flächennah im Sediment, so daß Ein-und Ausströmöffnun- strecktem Rüssel auf Nahrungssuche gehen. gen am Mantelrand ins freie Wasser ragen. Bei anderen, Räuberisch oder von Aas leben die Randschnecken (Mar- etwas tiefer eingegrabenen Arten, sind die Mantelränder zu ginellidae) und die Olivenschnecken (Olividae). Auch bei langen, schlauchartigen Siphonen verwachsen, ihnen reichen, ähnlich wie bei den Porzellanschnecken, die Verschiedene Arten der Veneridae, Mactridae, Tellinidae Mantellappen so weit über die Schale, daß sie diese nahe- und Donacidae treten im Gezeiten- und Flachwasserbe- zu völlig umschließen. Die aufgelagerte Schmelzschicht reich auf. Werden sie durch die Wasserbewegung ausge- gibt der Oberfläche auch hier ein glattes, glänzendes Aus- spült oder gräbt man sie aus, dann graben sie sich schnell sehen. wieder in das Sediment ein.

56 Weich- oder Schlickböden (Staub = Partikelgröße 0,1 bis 0,01 Millimeter im Durchmesser) bestehen aus Stäuben verschiedener Größe und einem unterschiedlichen Anteil organischer Reste, die feine Partikelgröße bedingt dabei eine hohe Dichte des Sediments. Durch die Gezeitenströ- mungen wird ständig neues Material zugeführi, das sich auch absetzt, aber von der nächsten Tide schon wieder weggeschwemmt oder umgelagert werden kann. Der zumeist hohe Anteil organischer Substanz führ1 zu bakteri- ellen Zersetzungsvorgängen, die erhebliche Mengen an Schraubenschnecke (lmpages hectica) mit Drilloch Sauerstoff verbrauchen. Da die Dichle der Partikellage aber eine Sauerstoffzirkulation stark herabsetzt, kommt es in Schlammkriecher (Terebralia palustris) diesen Bereichen bereits sehr dicht unter der Oberfläche F. zur Herausbildung anoxischer Bedingungen und dem Auf- :¡ treten von Schwefelwasserstoff . Derartige Schlickflächen bieten einen reich gedeckten Tisch für eine Vielzahl von Wat- und Seevögeln. Mit ihren in Länge und Form sehr unterschiedlichen Schnäbeln zeigen sie eine Spezialisierung hinsichtlich der Nahrungstiere und der Bodentiefe. Faszinierend ist im Eulitoral derartiger Schlickwattflächen immer wieder das ,,Spiel" der Winkerkrabben. Die beì den Männchen einseitig stark vergrößerte Schere wird in rhyt- mischer Form hin und her bewegt, wie bei einem Violinen- spieler, was ihnen im englischen Sprachgebrauch auch die Bezeichnung ,,Fiddler Crabs" einbrachte, lhre Aktiviät rich- Tonnenschnecke (Tonna canaliculata) tet sich im starken Maße nach den Gezeiten. Während der Flut sitzen sie in ihren mit einem Sedimentpropfen ver- schlossenen Höhlen. Bei Ebbe kommen sie heraus, fressen organische Bestandteile aus dem Sediment und werben mit ihrer Scherenbewegung um die Weibchen, die kleine, gleichgroße Scheren besitzen. Etwas eigenartig mutet das Verhalten der zu den Wurzel- mundquallen gehörenden Cassiopeia andromeda an, da sie nicht als Planktonform im freien Wasser treibt, sondern meist, die Schirmoberseite nach unten gekehrt, mit dem Mund nach oben auf dem Boden liegt.

Der feinkörnige Sand-und Schlickboden ist teìlweise von Seegras bewachsen (Cymodocea/Syringodium/Thalassia). Diese Seegrasbestände sind in der Lage, die lockeren Ablagerungen festzulegen und bieten gleichzeitig zahlret- chen Tierarten Nahrung und Deckung. Eine der häufigsten Mollusken ist die kleine, spitzkegelför- Steckmuschel (Streptopinna saccata) mige Cerithidea cingulata, ein Detritusfresser. Sie gehört zu den Schlamm- und Kriecherschnecken (Potamididae) und kann lndividuenzahlen von einigen Hunded Tieren pro Qua- dratmeter erreichen. Ein ähnliches Nahrungsspektrum weisen die Veftreter der Turm- und Schraubenschnecken fl-uritellidae) auf. Räuberisch lebt die durch ein mehr bauchiges Gehäuse charakterisie rt e A1L V o I e m a py r u m (\lielongen idae). Zu den Opisthobranchia gehört die in Schlick-und See- grasflächen vorkommende Bulla ampulla, deren große bau- chige Schale auch als ,,Kiebitzei" bezeichnet wird. Mit dem spitzen Ende halb in das Sediment eingebohrt, das runde Ende nach außen gerichtet, trifft man die ver- schiedenen Arten der Steckmuscheln (Pinnidae). Die lnnen- seiten der relativ dünnen Schalen sind von einer Perlmut- terschicht ausgekleidet.

57 Nicht selten sind Scaphopoden, die sogenannten ,,Elefan- tenzähne", dabei. Sie sind an das Leben im Sand und san- digen Schlick sehr gut angepaßt und graben sich mit ihrem Fuß gerade so tief ein, daß das schmalere Hinterende der Schale noch über die Sedimentoberfläche ragt. Von der Basis des Mundkegels entspringen die sogenannten Cap- tacula, an den Enden verdickte Fangfäden, die mit ihrem klebrigen Sekret in den Lücken des Sandsystems nach kleinen Nahrungspartikeln suchen. Aus etwas tieferen Regionen stammen auch die Schnecken der Xenophoridae (Lastträger). Sie bilden ein kegelförmiges Gehäuse, das rundum mit Muschel- und Schneckenschalen oder kleinen Steinen beklebt wird. Das nötige Sekret dafür liefert die Fußdrüse der Tiere. Eine genaue Erklärung für dieses Verhalten fehlt bisher. Anzu- nehmen wäre eine dadurch erzeugte bessere Tarnung, doch einige Arlen leben in dunklen Tiefen, wo dieser Grund ausscheidet. Denkbar wäre aber auch eine Vergrößerung Scheidenmuscheln (So/en d igital is) der Gehäusebasis, um das Einsinken in weiches Sediment zu verhindern. Gehen wir in die Tiefsee hinab, so birgt auch der Golf von Aden noch zahlreiche Geheimnisse. Dazu gehöft innerhalb der Mollusken Neopilina adenensis, eine von sechs rezen- ten Arten der Monoplacophora, die bisher, beginnend mit der aufregenden Entdeckung der ersten Art im Rahmen der dänischen Tiefseeexpedition (FS. GALATHEA, Stiller Ozean, 3570 Meter), aus verschiedenen Tiefseebereichen gefangen wurden. Über die Lebensweise dieser mit einem mützenadigen Gehäuse versehenen Mollusken ist bisher nur sehr wenig bekannt, doch stellen sie, durch die in ihrem Körperbau vorhandenen Anzeichen einer Segmentie- rung, fur die Wissenschaft ausgesprochen interessante Elefantenzähne (Dentaliu m spec. ) Objekte dar, da sie möglicherweise die Antwort auf ungelö- ste Fragen der Entwicklungsgeschichte der Mollusken lm Sedìment eingegraben, als hemisessile Schlammlieger, geben können. leben zahlreiche Arten von Veneridae, Tellinidae und Mac- Doch auch wenn wir den Meeresboden verlassen, treffen tridae. wir auf Mollusken, denn neben den zahlreichen plankti- Die Scheidenmuscheln (Solenidae) fallen durch ihre an eine schen Entwicklungsstadien der benthischen Tiere leben Dolch- oder Messerscheide erinnernde Form auf. Die klei- einige Arten ständig im Pelagial. nen Wirbel sitzen endständig auf der glatten Schale. Das Die dünnschaligen, rundlich-kreiselförmigen Gehäuse der Schloß besitzt jederseits nur einen Zahn. Sehr schnell kön- Floß- und Veilchenschnecken (Janthinidae) findet man zwar nen sich diese Muscheln mit Hilfe ihres Fußes in das Sedi- oft im Strandanwuf, doch ihr eigentlicher Lebensraum ist ment eingraben und damit Fangversuchen entziehen. das freie Wasser. Die Schnecken bilden ein Floß aus mitein- ander verklebten Luftblasen. Die mit erhädetem Schleim Eine besonders eigenartig gebaute Muschel begegnet uns eingehüllten Blasen wirken wie Luftballons und schwimmen mit der sogenannten Gießkannenmuschel (C/ava gellacea), an der Wasseroberfläche. An dieses Floß werden auch die deren Mantel rund um das Tier eine Kalkröhre geformt hat Eikokons der zwittrigen, violett gefärbten Schnecke ange- und deren vorderes Röhrenende eine querstehende Ver- heftet. ln den bis zu 5oo Eikokons befinden sich mehr als schlußplatte trägt; die wie die Öffnung einer Gießkanne zwei Millionen Eier. Die Schnecken ernähren sich räuberisch perforiert ist. Die mit der Kalkhülle verschmolzenen eigentli- von Quallen und anderen planktischen Organismen. Wird chen Schalenklappen lassen sich noch auf der Rückseite die envachsene Schnecke von ihrem Floß losgerissen, so des bis 16 Zentimeter langen, röhrenartigen Gebildes versinkt sie und geht zugrunde. unmittelbar hinter der vorderen Verschlußplatte erkennen. Die Veränderungen der Sedimentstruktur mit zunehmender Täglich berichten die Medien über neue oder zunehmende Tiefe verlaufen in den einzelnen Gebieten sehr unterschied- Gefährdungen der Umwelt. Auch der Golf von Aden ist lich, doch meist stellt sich vor Aden schon nach wenigen davon nicht ausgenommen. Zwar gab es bisher noch keine Metern ein schlickiger Sandboden ein. Völlig andere, aber spektakulären Tankerunfälle oder andere Katastrophen, nicht weniger interessante Molluskenarten werden aus dìe- doch der rege Schiffsverkehr über das Rote Meer entlang sen etwas größeren Tiefen mit Dredge und Bodengreifer an der jemenitischen Kuste bringt Belastungen mit sich (nicht die Oberfläche befördert. nur Ölreste auf dem Wasser und im Strandbereich), über

ÃQ deren genaues Ausmaß keine Daten vorliegen. Ebenso Schaumfloß unkontrollierl und nicht untersucht sind Umfang und Folgen von Abwasser- und Abfalleintrag durch die Städe und Dör- fer des Küstenbereiches. Tote Vögel und angeschwemmte Kadaver von verendeten Meeressäugern finden sich oft im Strandbereich, ohne daß diese Dinge Schlagzeilen machen und derzeit auch ohne die Möglichkeit genauerer Untersu- chungen. Die Natur stirbt in vielen Teilen dieser Wdt leise, aber mit stetigen ,,Wachstumsraten". Häufig wissen wir Eikapseln noch nicht einmal, was wir verlieren , da uns genauere Kenntnisse über die entsprechenden Lebensräume und die Arten fehlen. Das trifft auch für den Jemen zu, dessen üppi- ge Meeresfauna im Kustenbereich noch Unbedenklichkeit Veilchenschnecke (Janthina spec.) am selbstgebauten Schaumfloß zu signalisieren scheint. Doch setzt man den ungenugen- den Kenntnisstand dazu ins Verhältnis, dann sind genaue Aussagen uber die Situation, über Veränderungen und den um billig Fleisch zu erlangen oder die ,,Trophäensammlung" Gefährdungsgrad der Meeresfauna dieser Region derzeit mit einem solchen Panzer zu krönen. nur bedingt möglich. Fur diese Probleme als auch für eine langfristige Sicherung der Nutzung der Meeresressourcen Wer als Urlauber am Meer, ganz gleich in welchem Teil die- sind umfangreiche Untersuchungen unerläßlich. Selbst im ser Erde, aktiv etwas zur Bewahrung dieses Lebensraumes fernen und wenig erschlossenen Jemen wird dabei die und seiner Tier- und Pflanzenwelt beitragen möchte, gemeinsame Verantwortung deutlich, die wir in diesen Fra- erreicht dies am besten durch Zurückhaltung und auch gen haben. Das betrifft die ökonomischen Grenzen der Ent- Verzicht auf manche beliebte Tätigkeit. Das betrifft auch wicklungsländer, die ganz unmittelbare Folgen für die das Sammeln und Töten lebender Mollusken. Zwar werden Umwelt nach sich ziehen und aus ihrer eigenen Finanzkraft die meisten Aden dadurch nicht in ihrem Bestand bedroht, nicht zu lösen sind, und es reicht hin bis zu unserem eige- doch ist es eine prinzipielle Frage unseres Umganges mit nen Verhalten. Durch das Fehlen strenger Naturschutzbe- dem Leben und der Natur. Die zahlreichen toten Schalen stimmungen ebenso wie ihrer ungenügenden Kontrollmög- des Spülsaumes edüllen den Andenkenzweck meist aus- lichkeit besteht auch im Jemen ein relativ großer Freiraum, reichend. dessen negative Folgen man mit vielen Beispielen belegen Die Beobachtung lebender Aden, ihrer Biologie und ihres kann. Doch es sind in der Regel Leute aus den ,,entwickel- Verhaltens, auch das sollte mit diesem Beitrag dargestellt ten Ländern", die mit Harpunen bewaffnet auf sinnlose werden, bietet viel interessantere Möglichkeiten und trägt Unterwasserjagd gehen, die ganze Korallenbereiche zerbre- darüber hinaus zum notwendigen Verständnis für die Natur chen, um an einzelne, besonders,,schöne" Stücke heranzu- und unserer eigenen Verantwortung in diesem komplexen kommen und von den Fischern Meeresschildkröten kaufen, System bei.

Artenliste: Die nachfolgende Aufzählung umfaßt nur eine Auswahl der mung einzelner Gruppen sei nachfolgenden Kollegen nachgewiesenen Mollusken. Es wurden vor allem jene gedankl: L.Beck, R.A.v.Belle, T.L.Bratcher, J.Christiaens, Gruppen berücksichtigt, deren Bearbeitung weitgehend R.v.Cosel, A.Delsaerdt, R.Houart, R.S.Houbrick, R.G.Moo- abgeschlossen ist. Für ihre Unterstutzung bei der Bestim- lenbeek, P.G.Oliver, A.Verhecken, N.Yonow.

Es bedeuten : 1 - Rotes Meer, 2 - Golf von Aden, 3 - Sokotra Chiton mald ivensis E.A,Smith 2

POLYPLACOPHORA Acanthopleu ra vai I lantii de Rochebrune 1/2/3 Ton¡c¡a suez¡ensis (Reeve) 1/2 lschnochitonidae O n it h o c h ito n e ryt h r ae u s ïhìele 2/3 lschnochiton yemenensrs van Belle & Wranik 2

I schnoch iton yerburyt (E.4. Smith) 2 Acanthochitonidae Cry ptoconchus bunow i (Nierstrasz) 2 Schizochitonidae Acanthoch itona pen icillata (Deshayes) 2 Schizoch iton jousseaumei Dupuis 2/3 GASTROPODA Chitonidae

Chiton h ul ulen sis E.A.Smith 2 Fissurellidae

Chiton peregrinus Thiele 2/3 D i o d o ra fu n i c u I ata (Reev e) 2 Chiton fosteri Bullock 3 Diodora imbricata (Sowerby) 2 Ch¡ton aff¡nis lssel 2 Diodora rueppelli (Sowerby)

59 Turbo petholatus L. 2 Turbo radiatus Gmelin 2

Neritidae Nerita albicilla (L.) 2 Nerita polita L. 2 Nerita textilis (Gmelin) ¿/,5 Nerita undata L. 2

Littorinidae L¡ttorina scabra (L.) 1/2 Nod i littorina m illegran a (Philippi) 1/2 Nod i littorina su bnodosa (Ph¡lippi) 1/2 Peasiella lsse/l (Semper in lssel) 2

Architectonicidae Arch itectonica perspectiva (L.) 2 Hel iacus variegatus (Gmelin) 2

Cerithiidae Flügelschnecke (Strombus tricornis) Rhi noclavis kochi (Philippì) 1/2 Rhinoclavis aspera (L.) 1/2 M ed u safissu rella sa/ebrosa (Reeve) 2/3 Rhinoclavis srnensrs (Gmelin) 1/2/3 Med usafi ssurella melv illi (Sowerby) 2 Cerithiu m rueppell¡ (Philippi) 1/2 Fissurella nubecula (L.) 2 Cerith iu m caeru leum (Sowerby) 1/2/3 Scutus ungurs (L.) ¿t,7 Cerithium nodulosum forma erythraeonese Bruguiere 1/2

H em itom a subrugosa Thiele Ceritil u m scabrid u m (Philippi) 2 Hemitoma panhi Quoy & Gaimard 1/2/3 Cerithium ech¡natum (Lamarck) ú

H emitoma arabrba A.Adams 1 Cerithium columna Sowerby 1/2/3

Am blyc h i I epas dubra (Reeve) ztÕ Clyp eo m o r u s b ¡fas c ¡ata (Sowerby) 1/2/3 Clypeomorus petrosa gennesi (Fischer & Vignal) 1/2 Patellidae Cellana rota (Gmelin) 1/2/3 Janthinidae Cel lana cyl i ndrica (Gmelin) 2/3 Janthina janthina (L.) 2 Cellana radiata (Born) Janthina globosa Swainson 2 Patella flexuosa Quoy & Gaimard ¿l i5 Patella stellaeformr.s Quoy & Gaimard 2 Planaxidae Planaxis suicatus (Born) 2 Acmaeidae

Patel I o i d a prof u n d a (Deshayes) ztÕ Potamididae Cerithidea c¡ngulata (Gmelin) 1/2

ïrochidae Tel escop i u m tel e sc o p i u m (L.\ 1 Euchel us atrafus (Gmelin) 2 Tereb ral i a palustns (L.) 1/2 Trochus erythraeus Brocchi 1/2 Trochus kochi Philippi e Troch us dentatus Forskal 1/2/3 Hipponicidae Trochus maculatus L. 'l H ippon ix conicus (Schumacher) 1/2/3 Trochus vrgatus Gmelin '1 Minolia gradata Sowerby '1 Clanculus pharaonls (L.) 2 Strombidae

G i bbu Ia declrVrs (Forskal) 2 Strombus plicafus srbba/dr Sowerby Monilea obscura (Wood) 2 Strombus gibberulus L. 2

Monodonta vermiculata (Fischer) 1 Sfrornbus mutabilis Swainson ¿l i5 Strombus fusiformis Sowerby

Stomatellidae Strombus e ryth ri n u s Dillvvyn 2 Stomatella elegans Gr ay e Strombus tricorni s Humphrey 2 Strombus decorus Swainson 2/3 ïurbinidae insulaechorab Sowerby 2

Turbo argyrostomus L. 1 Lamb¡s truncata sebae Kiener 3

Turbo coronatus (Gmelin) 2 lambis (L.) 1

60 Cypraeidae Cypraea arabica L. ¿/ó Cypraea mauritiana L. 3 Cypraea talpa L. 2 Cypraea pantheína Lightfoot 2 Cypraea tigris L. ¿/.t Cypraea caputserpent¡s L. Cypraea isabella L. ¿/ó Cypraea pulchra L. 2 Cypraea lynx L. Ò Cypraea vitellus L. Cypraea carneola L. ztó Cypraea felina Gmelin 2/3 Cypraea caurica L. 2/3 Cypraea erythraeensis Sowerby ¿/ð Cypraea clandestina L, 2/3 Cypraea gracilis notata Gill 2/3 Cypraea erosa nebrlfes Melvill ola Cypraea ¿urdus Lamarck 2/3 Cypraea helveola L. ¿/Õ Purpurschnecke ( moru m) Cy pr aea m arg i n al i s Dillvvyn ¿/ó Cypraea moneta L. Cypraea annulus L. 2/3 granulafa (Duclos) ¿tÕ Cypraea lentiginosa Gray 2 Morula chrysostoma (Deshayes) 1/2/3 Cypraea ziczag L. 2 Morula uva (Röding) 1/3 Cypraea staphylea L. 2 Thais mancinella (L.) 1/2/3 Cypraea ocellata L. 3 ïhars tr,ssoti (Petit) 2 Cy praea g an g ra n o sa Dillwyn 2 Thais bufo (Lamarck) 2

Cypraea camelopardalis Pery 1 Thais bimaculatus (Jonas) 2/3 Cypraea pulchella Swainson 2 Thais hippocastanum (L.) 2

Muricidae Buccinidae M u rex carbon nierl (Jousseaume) 1/2 Babylonia sp¡rata valentiana (Swainson) 2 Murex pecten Lightfoot e Murex scolopax Dillwyn 2 Fasciolariidae

M urex forskoehlli Röding 1 Pleuroploca trapezium (L.) 1/2 Haustellum dolichourus Ponder & Vokes 2 Haustellum haustellum L. 2 Harpidae

Chicoreus ramosus (L.) ¿t \5 Harpa ventricosa Lamarck Ò

Chicoreus virg i neus (Röding) 2 Harpa amouretta Röding 1 Pterynotus albobrunneus Bertsch & d'Attilio 2

H o m al o cant ha a n ato m i c a (P erryl 1 Cancellariidae

Favartia cyclostoma (Sowerby) 1 Merica melanosforna (Sowerby) 2 Typhis bengalensrs (Radwin & D'Attilio) 2 Merica oblonga (Sowerby) 2 Pygmaepterys adenens¡s Houart & Wranik 2 N ipponaphera pauc¡costata (Sowerby) 2 Pygmaepterys yemenensls Houarl & Wranik 2 Scal ptia hystrx (Reeve) 2 Scalptia cf. scalarina (Lamarck) 2 Thaididae Rapana rapiform is (Born) 2 Conidae Vexilla vexillum (Gmelin) 3 Conus vexillum sumatrensrs Hwass 1/2/3 Nassa francoli na (Bruguiere) ¿/,7 Conus arenatus aequipunctatus Dautzenberg 1/2 persica (L.) 1 Conus slrlafus L. 1/2 Cronia maftensi Dall 1/2 Conus acuminafus Hwass 1/2 Cronia konkanensr,s (Melvill) o/e Conus ebraeus L, .1

M uricod rupa fiscel lum (Gmelin) 1 Conus generalis rnaldryus Hwass 2/3 Drupa morum Röding 1/3 Conus faenlafus Hwass ztÕ Drupa lobata (Blainville) 2 Conus nigropuncfa¡us Sowerby 1/2/3 riclnus (L.) 1/3 Conus tessu/atus Born 2 Drupella cornus (Röding) 1/2/3 Conus betulinus L. 1/2

'1 Morula anaxeres (Kiener) Conus virgo L. 1

61 Arca avellana Lamarck 1/2 Arca plicata (Dillwyn) 1/2

Barbatia fusca (Bruguiere) 1 Barbatia folrata (Forskal) 1/2 Barbatia setþera (Reeve) 2 Barbatia o b Ii qu ata $í ood) 2 Anadara cf. birleyana Melvill 2

Anadara u ro pi g m elan a (Born) 1/2 Anadara antiquata (L,\ 1/2

An ad a ra e h re n b e r g i (Dunker) 1/2

Limopsidae Llrnopsls m u ltistri ata (Forskal) 2

Glycymeridae Miesmuschel (Modiolus auriculatus) Glycymeris arab icu s H.Adams 1/2

G lycym eri s pectunculus (L.) 2 Conus terebra Born 1/2/3 Glycymeris maskatensrs Melvill Conus flavidus Lamarck 1/2/3 Conus milneedwardsl Jousseaume z Mytilidae Conus textile L. 1/2/3 Modiolus /þnea (Reeve) 2 Conus pennaceus Born 2/3 M o d io I u s au ricu Iatu s (Krauss) 2 Conus rattus Hwass 1/s B rachyd o ntes v ari ab i I is (Krauss) ¿ Conus strlateilus Link 2 Septífer bi I oc u lari s (L.) 2 Conus mäes Hwass 3 L¡ th o p h ag a c u m i n g i an a (Reev e\ z Conus cuvrþrl Crosse z Botula ci n nam omrna Chem nitz z Conus quercinus Solander in Lightfoot 2 Conus namocanus badlus Kiener z Chamidae Conus nussateäa L. Chama asperella Lamarck 1/2 Conus /lvrdus Hwass J Chama brassrba Reeve z Conus obscurus Hwass J Chama pacifica Broderip 2/3 Conus fumþafus Hwass 1/2 Chama limbula Lamarck 2/3 Conus traversianus Smith 2 Conus inscriptus adenensrb Smith 2 Pectinidae

Co n u s eryth raeens/s Reeve 1/2 M i m ach I amys senatoria (Gmelin) 2/3 ztJ Conus miliaris fulgetrum Sowerby 1 Scaeochlamys superlicialis ruschenbergerii ffryon) Conus parvatus shar¡nlensls Wils 1/2/3 Chlamys rubromaculata (Sowerby ll) 2 Conus coronatus Hwass 2/3 Chlamys andamanica Preston 2/3 Volachlamys fultoni (Sowerby ll) 2 Terebridae Nodipecten noduliferus (Sowerby ll) Terebra adams¡ E.A.Smith Pecten dorotheae Melvill & Standen 2/3 I Tereb ra babyl o nia Lamarck 2 Decatopecten plica (L.) Terebra connelli Bratcher & Cernohorslly z Decato p ecten amicul u m (Philippi) 1/2 .t Terebra crenulata L, Cryptopecten nux (Reeve) z Terebrainsal/l Bratcher & Burch 2 Glori pall i u m macu I osu m (Forskal) 1 Te reb ra nassordes H inds 2 Haumea inaequivatvis (Sowerby ll) z Tereb ra tesse//afa Gray 2 Parvamussium cf. formosum (Melvill & Standen) z Terebra texülrs Hinds z Terebra affinis Gray 1 Solenidae H astula cuspidafa (H inds) 2 Solen roseo m aculafus Pilsbry 2 Hastula hectica L. z Solen cylindaceus Hanley 2 Terebra duplicata (L.) 2 Solen digitalis Jousseaume 2 Duplicaria baileyi Bralcher & Cernohorslry 2 Solen ceylonensrs Leach

BIVALVIA Cultellidae Siliqua radiata (L.) 2/3 Arcidae Phaxas cultellus (L.) 2 Insrdos se m itorta (Lamarck) 2 Arca v e ntricosa (Lamarck) 1/2 Donacidae z Arca nav i cu lari s Bruguiere 1/2 Donax scalpellum Gray

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Mangroveküste am Roten Meer

'11

ì ly I

Oó Weichtiere auf Briefmarken

H. Schröder

Das Sammeln von Briefmarken ist eine beliebte und verbrei- systematisch aufgeschlüsselt. Dafür standen 3494 Brief- tete Freizeitbeschäftigung. Hat man früher zunächst alle marken zur Verfügung, die sich folgendermaßen aufteilen: Marken aus der ganzen Welt gesammelt, ging man bald zu - Meeressäugetiere 233 = 6,5 Prozent einer ersten Spezialisierung über: Es wurden nur noch die - See- und Küstenvögel 267 = 7,5 Prozent Marken eines Erdteils oder ausgewählter Länder, vornehm- - Reptilien 89 = 2,5 Prozent lich des Heimatlandes, zusammengetragen, weil die Fülle - Meeresfische 1761 = 50,5 Prozent der Neuerscheinungen einfach dazu zwang. Als zunehmend - Stachelhäuter 41 = 1,5 Prozent Wert auf gute grafische und inhaltliche Gestaltung der Mar- - Weichtiere 736 = 21,0 Prozent ken gelegt wurde, kam das Sammeln nach bestimmten - Krebse 231 = 6,5 Prozent Motiven auf. lmmer mehr Philatelisteh spezialisierten sich, je - Nesseltiere 136 = 4,0 Prozent nach persönlichem lnteresse, auf einzelne Themen wie etwa Von Einzellern, Schwämmen, Würmern, Moostierchen und Technik, Sport, berühmte Persönlichkeiten, bekannte Bau- Seescheiden sind in der Sammlung jeweils nur einzelne werke und was auch immer, nicht zuletzt natürlich auch auf Motivmarken enthalten. lhr Anteil liegt unter einem Prozent, Pflanzen und Tiere. lhre Schönhei| reizl zur Wiedergabe auf sie blieben deshalb unberücksichtigt. lnsekten, die weltweit Briefmarken und macht diese Motivbereiche bei Sammlern eine besondere Fülle von Briefmarken zieren, gehören nicht besonders beliebt (siehe Seiten 66 und 67). zur Meeresfauna, Meerespflanzen werden recht selten Die ersten Tierbriefmarken, zunächst Abbildungen bekannter abgebildet; in der Sammlung befinden sich lediglich zwölf Säuger und Vögel, sind über 140 Jahre alt, Weichtiere Marken mit Algendarstellungen. kamen hingegen erst recht spät ,,in Mode", verstärkt dann Nach den Fischen, die über die Hälfte aller vorhandenen vor etwa 30 Jahren, als das Sammeln von Tiermarken Motive stellen, folgen die Weichtiere mit gut einem Fünftel besonders ,,boomte". Heute ist selbst ein solches Spezialge- aller Tienruiedergaben. Wenìger als 30 Prozent entfallen auf biet'Tiere von einem einzelnen Sammler kaum noch kom- alle übrigen Gruppen. plett zu erfassen. Die Anzahl dieser Motivmarken ist inzwi- Diese Sammlung des Meeresmuseums ist keineswegs auch schen so umfangreich und wächst von Jahr zu Jahr mehr, nur annähernd komplett. Die Beschaffung war bisher mehr daß man von einer regelrechten Neuheitenflut sprechen oder weniger von zufälligen Angeboten der Händler und kann; darunter leidet freilich die Qualität mancher Ausgaben. Sammler abhängig, und so manche Ausgaben waren Motivmarken bedeuten indes eine zusätzliche Geldquelle - kosten- und einfuhrbedingt seinerzeit in der DDR kaum zu das hatten die Herausgeberländer schnell erkannt. bekommen. Die weltweite Motivpalette ist also weitaus LISSNER und BRENNING (1972) wagten es noch, alle Tier- umfangreicher. Man kann aber sicher annehmen, daß die briefmarken in einem Motivkatalog zusammenzufassen.,,Das prozentualen Anteile des Sammlungsbestandes dem Tierreich auf Briefmarken" mit den Ausgaben aus 266 Län- ganzen Motivbereich etwa entsprechen. dern paßte damals noch auf etwa 300 Druckseiten. Heute Von den Weichtieren bieten sich die Schnecken mit ihren würde eine solche Gesamtschau den mehrfachen Umfang farbigen, schönen Gehäusen zur Gestaltung von Briefmar- haben und wäre nur noch im Teamwork zu bewältigen. ken besonders an. Da ihre Schalen zudem als Sammelob- Ein Spezìalthema dieses Sammelgebietes bearbeitete jekte sehr beliebt sind, war zu erwarten, daß Darstellungen RÜPPEL (1986/87 und 1991): Für,,Walfang, Wale und Del- von ihnen in dìesem Motivbereìch stark dominìeren. lhnen phine" auf Briefmarken, Poststempeln und Ganzsachen folgen die Muscheln, deren Schalenabbildungen in Weich- benötigte er inzwischen allein über 500 Druckseiten. Also tiersätzen vielfach die Schneckenmotive ergänzen. Kopf- ist schon Spezialisierung innerhalb eines größeren Motivbe- füßer sind nicht so populär und zu grafischer Wiedergabe reiches ratsam. geeignet; man findet sie recht selten auf einer Briefmarke. Wenn sich das Meeresmuseum entschloß, seine wissen- Die 736 Einzelmarken mit Weichtieren teilen sich so auf: schaftlichen Sammlungen mit einer Motivbriefmarken- - Schnecken 613 = 83,3 Prozent sammlung zu ergänzen, konnte das nur das Thema ,,Pflan- - Muscheln 90 = 12,2 Prozent zen und Tiere der Meere und ihre wirtschaftliche Nutzung" - Kopffüßer 33 = 4,5 Prozent sein, inhaltlich dem Arbeitsbereich des Museums voll ent- Diese Anteile der drei Klassen spiegeln mehr oder weniger sprechend. zufällig die Häufigkeit der Arten im Stamm der Weichtiere Diese maritime Sammlung umfaßte am 30. Oktober 1991 wider (Schnecken 110000, Muscheln 20000, Kopffüßer bereits 1887 inventarisierte Positionen. Davon sind 561 750). Ganzsachen (Briefe, Postkarten u. a.); den größeren Anteil Nur 20 Blöcke und 13 Zusammendrucke (= 12,4 Prozenr) (1326 Positionen) nehmen 4644 Briefmarken (komplette mit Weichtierdarstellungen fanden sich in diesem Samm- Sätze, Kuasätze, Einzelwerte) sowie 266 Blöcke und lungsbereich. Sehr gering ist der Anteil des Themas unter Zusammendrucke aus 231 Ländern ein. Die einzelnen Posi- den Ganzsachen (neun = 1,6 Prozent), die Überwiegend tionen werden bei Eingang in einem lnventarband unter besonderen Ereignissen, Jubiläen und lnstitutionen o. ä. einer laufenden Nummer erfaßt; in Steckalben sind sie bei gewidmet sind. ihren alphabetisch geordneten Herausgeberländern zu fin- ln erster Linie werden nur die Gehäuse und Schalen der den. Der Komplex'Meerestierd wurde für diesen Beitrag Schnecken und Muscheln abgebildet, meistens in einem

o4 grafisch neutralen Umfeld; mitunter liegen sie im dargestell- Motiven auf. Wirtschaftlich gut situierte Länder halten sich ten Lebensraum oder am Strand. Motive, die ein vollständi- mit der Herausgabe von Motivmarken auch mehr zurück, ges, lebendes Tier zeigen, bleiben im Hintergrund. Die recht und Länder ohne direkte Meeresbeziehung bieten nur aus- kleinen Meeresnacktschnecken, obglelch mitunter äußerst nahmsweise maritime Motive an. farbenprächtig, werden selten auf Briefmarken vorgestellt (kaum zwei Prozent der Schneckenmotive). Einzelne Länder, Für das Meeresmuseum bedeutet diese Briefmarkenmotiv- so beispielsweise Athiopien, haben auch fossilen Weichtie- sammlung eine Dokumentation seines Arbeitsthemas auf ren Marken gewidmet. Formen der Nutzung von Weichtieren ganz spezielle Weise: Objekte, die sonst als originale, durch den Menschen kamen mehrfach zur Gestaltung: Per- museale Sachzeugen gesammelt werden, sind hier - auf lengewinnung (Polynesien), Krakenfang fl-okelau), Verarbei- Briefmarken dargestellt - aus der ganzen Welt zusammen- tung von Pozellanschnecken zu Schmuck [togo) und ein getragen, quasi als Ergänzung des dreidimensionalen tauchender Schneckensammler (Wallis und Futuna). Sammlungsbestandes. Und Präsentation des Sammlungs- Die großen, eindrucksvollen Flügel- und Fingerschnecken gutes in thematischen Ausstellungen ist die Hauptaufgabe (Strombus, Lambis) sowie die prächtigen Porzellan- der meisten Museen. Nachdem Prof.Dr. O. Dibbelt bereits schnecken (Cypraea) findet man am häufigsten auf den 1953, bald nach Gründung des Naturmuseums, eine kleine Marken (e 15 bis 16 Prozent), Tonnen- und Helm- Schau ,,Pflanzen und Tiere auf Briefmarken" zeigte, erfolgte schnecken (Tonna, Phalium, Cassrs, Clpraecassls,) ein- die erste Darbietung der museumseigenen Sammlung von schließlich der Tritonshörner (besonders Charonia) und 1972 bis 1974 als Sonderausstellung ,,Meerestiere auf Brief- Froschschnecken (Bursa) stehen ihnen nicht viel nach (14 marken". Ab 1975 waren dann mehrere Jahre ausgewählte Prozent). Kegelschnecken, zu denen auch die Schrauben- Marken des Bestandes, systematisch zusammengestellt, schnecken gehören (Conus, Terebra), sind ebenfalls bevor- den jeweiligen Tierexpositionen in der Ausstellung ,,Tiere fer- zugte Briefmarkenvorlagen (1 3 Prozent). lhnen folgen der ner Meere" zugeordnet, wobei die Weichtiere einen beson- Häufigkeit nach die meist skurrilen Stachelschnecken mit deren Schwerpunkt bildeten. Solche Marken kommen dann Purpur- und Korallenschnecken (Murex, Chicoreus, Hexa- am besten zur Geltung, wenn sie mit Originalen der abgebil- plex, Rapana, Drupa; zehn Prozent) und die familienreichen deten Tiere gemeinsam gezeigt werden. Das ließ sich beim Walzenschnecken (zehn Prozent), zu denen Falten-, Harfen- Thema'Weichtiere' am besten realisieren, da die relativ klei- , Rand-, Oliven-, Mitra- und Vasenschnecken gehören nen Schalen rechl gut zu den Marken passen und die dar- (Cymbium, Melo, Harpa, Marginella, Oliva, Mitra, Vasum). gestellten Arten meist auch in der Molluskensammlung des Beachtlìche Anteile entfallen noch auf die Kreiselschnecken Museums vorhanden sind. Motivmarken vermitteln vielseiti- (Turbo, Trochus; sechs Prozent), die Hornschnecken (vier ge Spezialkenntnisse, was durch solche oplimale Ausstel- Prozent) mit Wellhorn- (Buccinum) und Spindelschnecken lungsweise noch wirkungsvoller wird. Dieses Prinzip der (Fasciolaria, Latirus) sowie auf die Gruppe der Nadel- Kombination soll mit Hilfe von Klapptafeln in der im Aufbau schnecken (drei Prozent) mit Turm- und Perspektiv- befindlichen Dauerausstellung ,,Meer und Mensch" wieder schnecken (Cerithium, Architectonica). Jeweils weniger als aufgenommen werden. ln der Auslandssonderausstellung ein Prozent der Motive zeigen Nabel-, Wendeltreppen-, ,,Meer und Museum", mit der das Meeresmuseum von Schwimm-, Strand- und Napfschnekken sowie Meerohren. 1981 bis 1990 in neun Städten vier europäischer Länder Unter den Muscheln dominieren mit Abstand die Kammu- präsent war, befand sich auch eine Stellfläche ,,Tiere auf scheln (Chlarnys, Pecten) und die mit ihnen verwandten Briefmarken - Wale und Meeresschildkröten". Stachelaustern (Spondylus; 32 Prozenl). Nach der Häuflg- Mitunter lassen sich Motivmarken in Form von Reproduktio- keit genannt folgen Heamuscheln (Cardium, Corculum; nen als Farbdiapositive auch bei Vorträgen einsetzen. zehn Prozent), Riesenmuscheln (Tridacna,' neun Prozent), Geeignete Ausgaben können als Vorlage für grafische Venusmuscheln (Lioconcha,' neun Prozent), Platt- und Drei- Gestaltungen dienen, und ergänzend zur Fachliteratur wer- ecksmuscheln (Tellina, Donax; acht Prozent), Archenmu- den Tiermotivmarken gelegentlich zu Bestimmungshilfen. scheln (Arca, Anadara; sechs Prozent) und Miesmuscheln Die Beschäftigung mit solchen Marken regt Sammler und Myt¡lus; sechs Prozent). Anteile von nur zwei bis vier Pro- Betrachter an, sich eingehender über das Dargestellte zu zent entfallen auf Steck- (Pinna), Fetlen- (Lìma) und Perlmu- informieren, sich also zielstrebig weiterzubilden. Und nicht scheln (Prncfada), Austern (Ostrea), Huf- (Chama) und Trog- zuletzt sind Briefmarken Kleingrafiken, also künstlerische muscheln (Mactra). Werke, die - gut gestaltet - ästhetisch eziehend wirken. Von den 33 Kopffüßermotiven zeigen zwölf Kraken, zehn Die Motivbriefmarken des Meeresmuseums bilden eine Kalmare, drei Sepien und acht Perlboote (Nautilus). fachbezogene Lehrschau, eine maritime Lehrsammlung Aus 89 Ländern sind Editionen mit Weichtiermotiven in der zum vielfältigen Einsatz in der Öffentlichkeit. So erfüllen Sammlung enthalten, Dabei handelt es sich übenrviegend diese Briefmarken eine ganz spezifische kulturelle Funktion um Territorien in den Bereichen der tropischen und subtro- zur Unterstützung der musealen Aufgaben. pischen Meere, um Kustenländer und lnselstaaten, in deren Literatur: angrenzenden Meeresteilen eine adenreiche Weichtierfauna vorhanden ist. Besonders kleine Länder und ehemalige LISSNER, H. und U. BRENNING (1972): Zoophila - Das Tieneich auf Briefmarken. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Kolonialgebiete envirtschaften mit Motivmarken zusätzlich Berlin. RÜPPEL, U. (1986/87): Walfang, Wale und Delphine; Teite l, il, ilt. Devisen. ln den Bereichen kälterer Meere leben vergleichs- Paderborn. weise weniger attraktive Weichtiere, die Anrainerländer war- RÜPPEL, U. (1991): Nachtrag zu Teil l: Walfang, Wde und Delphi- ten mit einem bescheideneren Angebot an entsprechenden ne. Paderborn.

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iir Jr(l/lùì l-a'rb.il(¡s Miesmuscheln aus der Ostsee Zum Vorkommen und zur Möglichkeit der fischereilichen Nutzung von Miesmuscheln in der Mecklenburger Bucht

U. Böttcher, Th. Mohr

Kurzfassung von Flößen in das Wasser herabhängen. Man wurde damit relativ unabhängig von der Grundbeschaffenheit und konn- Durch das lnstitut für Hochseefischerei und Fischverarbei- te so auch geschützte Buchten mit tiefem Wasser für die tung Rostock erfolgten 1987 bis 1989 Forschungsarbeiten Mìesmuschelzucht nutzen. Ein weiterer Vodeil dieser auch zur Möglichkeit der Zucht von Miesmuscheln (Mytilus als Vertikalkultur bezeichneten Methode besteht darin, daß edulis) in der Mecklenburger Bucht. Untersucht wurde die die Muscheln im freien Wasserkörper bessere Wachstums- Verbreitung und der Zustand der natürlichen Muschelvor- bedingungen (Nahrung, Sauerstoff) vodinden als am kommen (Größenzusammensetzung, Kondition, Schwer- Grund. Sie wachsen daher schneller und sind auch von metallbelastung, parasitologischer Status) sowie das besserer Qualität (Sandfreiheit, höherer Fleischgehalt). Wachstum der Muscheln. Parallel dazu edolgten praxisori- Untersuchungen in der Flensburger Förde an der schles- entierte Vertikalkulturversuche. Die Ergebnisse zeigten, daß wig-holsteinischen Ostseeküste, die durch das lnstitut für eine direkte Venvertung gefischter Grundmuscheln nicht Küsten- und Binnenfischerei Hamburg von 1969 bis 1975 möglich ist, da der Biomasseanteil vermarktungsfähiger durchgeführt wurden, zeigten auch für dieses Gebiet die Muscheln (>40 Millimeter) kaum zehn Prozent übersteigt. prinzipielle Möglichkeit einer Vertikalkultur. Eine private Bei den Vertikalkulturversuchen betrug der Muschelertrag Firma ist gegenwärtig bestrebt, die damaligen Ergebnisse nach 18 Monaten an Leinenkollektoren 23 kg/m. Der Anteil und neuere technologische Entwicklungen nutzend, eine vermarktungsfähiger Muscheln erreichte 36 Prozent. Vergli- Muschelzucht in der Flensburger Förde aufzubauen (MEIX- chen mit anderen Regionen, in denen eine Muschelvertikal- NEB 1971,1990). kultur erfolgt, liegen diese Ergebnisse im mittleren Ertrags- Seit den 70er Jahren gab es in mehreren Ländern Entwick- bereich. Aus den Wachstumsuntersuchungen läßt sich lungen, das starre Floß als Kollektorträger durch schwim- weiterhin ableiten, daß bei einer Kombination von Muschel- mende Langleìnen zu ersetzen, die durch ihre Flexibilität fischerei und Vertikalkultur aus 20 bis 30 Millìmeter großen unempfindlicher gegenüber Seegangsbelastungen sind. Grundmuscheln innerhalb einer Wachstumsperiode (ohne Damit war die Ausweitung der Muschelzucht auch in stär- Üben¡vinterung) vermarktungsfähige Muscheln produziert ker exponierte Lagen möglich. Deradige Anlagen existìeren werden können. Die Schwermetallgehalte im Muschel- inzwischen in Schweden, lrland, Bulgarien und in Küsten- fleisch überstiegen nicht die üblichen lebensmitteltoxikolo- gebieten der ehemaligen Sowjetunion, aber auch in Norda- gischen Richtwerte. merika und in asiatischen Ländern. Aus Kanada, Frankreich sowie der ehemaligen UdSSR wurden auch-Entwicklungen von getauchten Kollektorträgersystemen bekannt. Mit die- 1. Einleitung sen Entwicklungen sollten offene, ungeschützte und eis- gangsgefährdete Meeresbereiche für die Muschelzucht Schon im 19. Jahrhundert gab es Bemühungen zur fische- erschlossen werden. Andererseits versucht man damit, die reilichen Nutzung von Muscheln in den mecklenburg-vor- Wasseroberfläche für weitere Nutzer freizuhalten, um lnter- pommerschen Küstengewässern. So versuchte der Fürst essenkonflikte zu vermeiden. Malte zu Putbus an der Greifswalder Oie Austern anzusie- deln. Dieser Versuch schlug fehl, da, wie wir heule wissen, Die hydrographischen Bedingungen in den mecklenburg- der Salzgehalt für diese Art zu gering war. Ein weiterer Ver- vorpommerschen Kustengewässern entsprechen weitge- such, Miesmuschelkulturanlagen im Wismarer Bereich hend denen, auf die sich der gegenwär1ige Entwicklungs- nach dem Vorbild der damals nur wenig weiter westlich in trend in der Muschelaquakultur orientieft. Da vor der hiesi- der Kieler Bucht erfolgreich praktizierten Muschelbaumkul- gen Fischerei die Aufgabe stand, nach neuen Bewiftschaf- tur aufzubauen, scheiterte am Desinteresse der Fischer. tungsmethoden zu suchen, um langfristig Arbeitsplätze in ln anderen europäischen Regionen wird die Miesmuschel diesem Wirtschaftszweig zu erhalten, effolgten seit 1987 seit langem fischereilich genutzt, so im Nordsee-Watten- durch das lnstitut für Hochseefischerei und Fischverarbei- meer, an der französischen und spanischen Atlantikküste tung Rostock in Zusammenarbeit mit anderen Forschungs- und im Mittelmeergebiet. Aus der ursprünglich verbreiteten einrichtungen Untersuchungen zur Möglichkeit einer fische- einfachen Muschelfischerei beziehungsweise dem Sam- reilichen Nutzung von Miesmuscheln in der Mecklenburger meln der Muscheln in der trockenfallenden Gezeitenzone Bucht. Folgende Schwerpunkte wurden im Rahmen dieser hat sich in den meisten Regionen eine den spezifischen Aufgabe bearbeitet: Bedingungen jeweils angepaßte Aquakultur entwickelt. Von - Verbreitung und Zustand des benthischen Miesmu- besonderer Bedeutung ist dabei die ursprünglich in Spani- schelbestandes sowie des Miesmuschelbewuchses an en entstandene Floßkultur. Dabei wachsen dìe lVluscheln Seezeichenverankerungen in der Mecklenburger und nicht auf dem Grund, wie zum Beispiel im Nordsee-Wat- Wismarer Bucht (Besiedlungsdichte, Größenzusam- tenmeer, sondern an Leinen, sogenannten Kollektoren, die mensetzung, Konditionen, parasitologischer Status);

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Abb. 1: Die Tiefengrenze des geschlossenen Miesmuschel- fünf Meter bestimmte Bewuchsfrischmasse. An den mit X gekenn- bewuchses an Tonnenketten sowie die im Tiefenbereìch vier bis zeichneten Stationen war keine Bewuchsschicht vorhanden.

- das Wachstum der Muscheln in Netzkäfigversuchen Steinfelder sind in dieser Tiefe weitgehend durch Mytilus sowie die Besiedlung und die Bewuchsentwicklung an überwachsen, wobei sich die dichte Besiedlung nicht nur Kollektoren in praxisnahen Aquakulturversuchen; auf die Steine begrenzt, sondern auch den Grund zwischen - die Schwermetallbelastung der Muscheln, den Steinen erfaßt. Auch in steinarmen Bereichen dieser Parallel zu diesen biologischen Untersuchungen edolgte Tiefenregion sind Miesmuscheln in groBer Zahl zu finden, die Erprobung verschiedener Kollektorträgersysteme, um überuuiegend in Form relativ gleichmäßig verteilter Muschel- sie hinsichtlich ihrer Eignung für die spezifischen Bedingun- klumpen von drei bis sechs Zentimetern Durchmesser, gen in unserem Kustengebiet zu prüfen. lm folgenden sol- aber auch als geschlossene Muschelfelder. Grobschätzun- len die wesentlichen Ergebnisse zusammengefaßt darge- gen der Biomasse ergaben für dieses Gebiet stark vari- stellt werden. ierende Werte zwischen 300 g/m2 bis zu zehn kg/m2. Unterhalb von zwölf Meter Wassertiefe nehmen mit zuneh- mender Tiefe die Steinfelder ab. lm Gegensatz zu Befun- 2. Verbreitung und Zustand der Miesmuschelvorkommen den aus den 80er Jahren, die für diesen Bereich, bedingt in der Mecklenburger Bucht durch wiederholt auftretenden Sauerstoffmangel, nur noch geringe Mytilus-Vorkommen angaben, dokumentieren UW- Der küstennahe Bereich bis zu einer Wassediefe von etwa Videoaufzeichnungen aus dem Frühjahr 1991, daß jetzt bis acht Metern ist durch großräumige Sandfelder mit den typi- zu einer Tiefe von etwa 20 Metern wieder regelmäßig Mies- schen Sandrippeln charakterisiert. Da es in diesen Gebie- muscheln zu finden sind. Die geschätzten Werte der ten, bedingt durch die starke Strömung, zu ständigen Sedi- Muschelfrischmasse liegen in diesem Bereich zwischen 50 mentumlagerungen kommt, haben die Miesmuscheln hier bis 300 g/mz. keine Möglichkeit einer dauerhaften Ansiedlung. Man findet Hinsichtlich der Größenvedeilung entfällt der Hauptbiomas- sie jedoch in vergleichsweise geringer Zahl als Einzelindivi- seanteil auf die Größengruppen zwei bis vier Zentimeter (60 duen oder als kleine, durch Byssusfäden versponnene bis 90 Prozent). Der Anteil der Muscheln mit einer Schalen- Muschelklumpen lose auf dem Grund liegend. Die Mytilus- länge von mehr als vier Zentimetern überschritt selten zehn Biomasse übersteigt unter diesen Bedingungen kaum 100 Prozent. Aus der Größenzusammensetzung ergibt sich, Gramm Frischmasse/m2. daß eine direkte Nutzung der natürlichen Miesmuschelbe- Der Tiefenbereich von acht bis zwölf Metern ist durch eine stände unter dem Aspekt einer Speisemuschelfischerei Vielzahl großer Steine und Blöcke gekennzeichnet, die teils nicht sinnvoll ist. Der Anteil verwertbarer Tiere mit einer vereinzelt liegen, aber auch große Steinfelder bilden. Die Mindestgröße ab vier Zentimetern ist zu gering. Er würde

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(rnml Sctntentönge (mm I Schotanttinga einen kaum zu vertretenden Befischungs- und Sortierungs- Abb. 2: Die Größenverteilung der Miesmuscheln im einsömmrigen verschiedenen Stationen des Untersu- aufwand bedingen. Auf Grund ihrer Herkunft aus größerer Tonnenkettenbewuchs an chungsgebietes. Wassertiefe besitzen die Tiere auch nur eine geringe Wider- standsfähigkeit gegenüber Trockentransport und -lage- ten ausgebracht worden waren, erfolgte eine Einschätzung rung. Eine Vermarktung als Frischmuschel wäre daher aus- der Bewuchsmasse und der Tiefe, bis zu der einsömmriger geschlossen. Da außerdem der Fleischgehalt bei Tieren Muschelbewuchs auftrat. ln Abbildung 1 sind die Ergebnis- dieser Größengruppen zumeist unter 20 Prozent liegt se dargestellt. lm Außenküstenbereich hatte sich an allen (Speisemuscheln aus dem Wattenmeer 20 bis 28 Prozenl), Stationen eine dichte Muschelschicht von drei bis vier Zen- hätten diese Muscheln kaum eine Marktchance. timetern Stärke entwickelt. Der Bewuchs erstreckte sich relativ gleichförmig über einen großen Tiefenbereich. Eine sichtbare Abnahme der Bewuchsmasse sowie der lndivi- 3. Untersuchungen zur Möglichkeit einer Vertikalkultur duengröße trat ein bis drei Meter vor der unteren Bewuchs- grcnze auf, die in Abhängigkeit vom Standort zwischen vìer 3.1 Besiedlung und Wachstum an verschiedenen Stand- und 15 Metern lag. lm Außenküstengebiet wurde diese orten Grenze meist zwischen neun bis zwölf Metern festgestellt. Darunter waren nur noch einzelne, meist sehr kleine lndivi- lm Rahmen dieser Untersuchungen sollten lnformationen duen zu finden. Andere typische Bewuchsorganismen, die erarbeitet werden, die eine Einschälzung einzelner Küsten- mit den Miesmuscheln um das Substrat und die Nahrung abschnitte hinsichtlich der biologischen Voraussetzungen konkurrieren, wie die Seepocke (Balanus improvisus), tra- für eine Vertikalkultur ermöglichen. Als wesentliche Ent- ten nur vereinzelt auf. lhr Biomasseanteil lag unter einem scheidungskriterien sind dabei die Besiedlungsintensität an Prozent. Von diesem relativ einheitlichen Allgemeinbild an den Kollektoren und das Wachstum der Muscheln zu der Außenküste unterschieden sich die Verhältnisse in der sehen. Wismarer Bucht wesentlich. Die Bewuchsschicht war deut- Ein sehr guter Überblick zu den Gegebenheiten an ver- lich schwächer (1 ,5 bis zwei Zentimeter) und stark von schiedenen Standorten im Unlersuchungsgebiet ergab sich Seepocken durchsetzt. Der Anteìl der Seepocken an der aus Bewuchsuntersuchungen an den Verankerungsketten Gesamtbewuchs-Trockenmasse betrug dort 35,2 Prozent. schwimmender Seezeichen, die im Oktober 1987 in An mehreren Stationen westlich der lnsel Poel war über- Zusammenarbeit mit dem Seehydrographischen Dienst haupt keine geschlossene Bewuchsschicht ausgebildet. erfolgten. Nach Aufnahme der Tonnen, die im Zeitraum ln der Abbildung 2 sind die Größenverteilungen der MärzJApril des gleichen Jahres an den einzelnen Standor- Muscheln ìm Tonnenkettenbewuchs bei vier Metern Tiefe

70 dargestellt. Sie resultieren aus der Folge mehrere Besied- lungsschübe. Wir finden daher ein breites Spektrum von gg8 3m fØÆ NNO sich gerade festgesetzter Muschelbrut bis zu über 20 Milli- meter großen Tieren. Vergleicht man die Maximallänge an den einzelnen Standorten, so zeigt sich östlich der Station {o o{Nú 9 vor Kühlungsborn eine abnehmende Tendenz, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den abnehmenden Salzge- I halt bedingt ist. Wurden vor Kühlungsborn noch 20 Millimeter erreicht, so E E lagen die Maximallängen im Bereich des Darßer Odes nur 0, noch zwischen 13 und 14 Millimetern. Auch im unmittelba- cD È ren Bereich der Warnowmündung sowie vor dem Wismarer :o E 0, oo Hafen sind die maximalen Schalenlängen reduzieft. AIs {N Ursache kommen die Verschmutzungen aus den in der ct 9m ú-#'M o Nähe gelegenen urbanen Einzugsgebieten in Betracht. Aus a HN o diesen Ergebnissen und weiteren Befunden, auf die hier o o nicht weiter eingegangen werden soll, schlußfolgeften wir, I daß die günstigsten biologischen Voraussetzungen für eine o Vertikalkultur im Außenküstenbereich westlich der Warnow- mündung zu finden sind. Obwohl die Wismarer Bucht hin- sichtlich ihrer relativ geschützten Lage vorteilhaft wäre, ist sie auf Grund des hohen Seepockenanteils im Bewuchs und der unsicheren Besiedlungsverhältnisse wenig geeignet. 3456 1 I fi 2 n t, 5 6 7 ts0z 1988 r989

Abb. 3: Die Entwicklung der Größenvedeilung und der Durch- 3.2 Vertikalkulturversuche und Wachstumsuntersuchun- schnittslänge der Miesmuscheln in der äußeren Bewuchsschicht eines Kollektors bei drei und neuen Meter Tiefe im Aquakultur- gen am Versuchsstandort Nienhagen versuch vor Nienhagen. (Der Pfeil gibt den Zeitpunkt an, zu dem eine Mehrschichtigkeit des Bewuchses festgestellt wurde, die Zahl An unserem Hauptversuchsstandort vor Nienhagen liegt beziehi sich auf den Probenumfang). der Salzgehalt, bekanntlich ein Meisterfaktor bezüglich des Miesmuschelwachstums, in Abhängigkeit von der Wasser- tiefe und der Strömungssituation zwischen acht und 17 q' Promille. ln Extremsituationen werden auch Wede über 20 25 ô Nêt¿kotlcklor 3-15m Promille erreicht. Die Wassertemperatur steigt im Sommer /4,, x ll telno.lkotlektor selten über 17 Grad Celsius; im Winter ist statistisch inner- 9-11st 20 Á ¡þtrkot{aktor halb von vier Jahren einmal mit größeren Eisbildungen zu t. l¡inonkottoktor rechnen, zu denen es während unserer Versuche jedoch nicht kam. E Wir setzten unterschiedliche Kollektorträgersysteme. Þtt 8t Neben einem Floß und einem auf dem Grund bei zwölf E t" to Meter Wassertiefe aufgestellten Rohrrahmengestell, die 'c beide der Absicherung von verschiedenen Wachstumsex- 3 E perimenten dienten, sammelten wir auch Erfahrungen mit E5 schwimmenden und getauchten Langleinensystemen. ln Netzkäfigversuchen verfolgten wir das Wachstum von Ein- zelindividuen und in Aquakulturversuchen die Bewuchsent- 199't t988 1989 wicklung an Kollektoren über einen Zeilraum vom maximal 22 Monaten. Abb. 4: Muschelfrischmasse an Kollel

71 zehn Meter Tiefe sind die Weichkörpermassen noch drasti- ten schon nach neunwöchiger Haltung unter den Bedin- scher reduziert, was auf die schon erwähnten ungünstigen gungen in der freien Wassersäule das Niveau der Kollektor- Wachstumsbedingungen in diesem Bereich zurücl

Tabelle 1: Die durchschnittlichen Schalen- und Weichkörpertrockenmassen bei 40 Millimeter langen Miesmuscheln am Kollektor bei drei und neun Metern sowie am Grund in zehn Meter Tiefe und ihre Relation zueinander

Herkunft Schalentrockenmasse Weichkörpertrockenmasse Prozent Prozent

Koll. 3m 1 155,0 100 351 ,2 100 Koll. 9m 933,4 B1 289,7 B3 Grund 10 m912,3 79 104,0 30

Iabelle 2: Die Größenvedeilung der Miesmuscheln an einem Kollektor (Dederonleine, 22 Millimeter Durchmesser, Ausbringung am 2. Juli 1 987) bei Probeernten nach 1 7- bzw. 22monatiger Aufzucht

Schalenlånge (cm) Frischmassevedeilung am 22. 11. 88 21. 3. 89 kg/m Prozent kg/m Prozent

0-2(+ Byssus) 5,18 21,8 2,99 13,1 14,8 .t,¿o 14,3 3-4 6,82 28,7 7,00 30,7 4-5 7,OB 29,8 6,82 29,9 >5 1 .16 4,9 2,74 12,0 gesamt ¿,t, t o 22,81

Tabelle 3: Schwermetallrichtwerte für Muscheln (l) im Vergleich zu den beì Miesmuscheln der Mecklenburger Bucht (ll) gefundenen Werten (in mg/kg Muschelfleisch)

Land Cd Hg Pb Cu Zn Quelle Niederlande 1,0 1,0 2,O BORCHARDT (r986) HOLSTETN (1986) Bulgarien 30 200 SLATANOVA (mdl.) .1,0 USA BORCHARDT 1986) Australien 2,0 0,5 70 BORCHARDT (1986) TALBOT (1986,1987)

1Ô Meckl. o,2 0,008 - o,2 - tt)- BÖTTCHER (leeo) Bucht 0,8 0,032 0,8 2,5 50

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 - prot¡cn aus dcrn crundt¡cstûnd (Oktot¡er 19S/) C - n"oUon vorn oinsrlrnrrrlgcn Tonnenkcbtenl¡cryuchs (Okb. 198l/) Xl -versucnsstmdo.! Nlørlrogcn: Pnobetì or¡s rJcm Gn¡ndbesbor¡d g g soryic von f.ouckbcl-cn o¡¡$ uild rn Ticßc (ilol tgg/ - Àlil.¿ 19f19)

Abb. 5: Probenahmestationen für die Schwermetalluntersuchun- gen an Miesmuscheln (oben).

Abb. 6: Die durchschnittlichen Konzentrationen von Kadmium Nienhagen (Juni 1987 bis November 1988, n = 10),3 - Grundmu- (Cd), Quecksilber (Hg), Blei (Pb), Kupfer (Cu) und Zink (Zn) in der schelproben (Schalenlänge 1B bis 22 Millimeter) zu verschiedenen Weichkörpedrockenmasse von Mieschmuscheln unterschiedlicher Zeitpunkten am Versuchsstandort Nienhagen (Juni 1987 bis März Probenserien aus dem Untersuchungsgebiet (senkrechte Geraden 1989, n = 1 2), 4 - Proben aus dem einsömmrigen Tonnenkettenbe- geben Standardabweichung an); 1 - Grundmuschelproben (Scha- wuchs verschiedener Standorte im OKober 1987 (n = 6), 5 - Pro- lenlänge 38 bìs 42 Millimeter) verschiedener Standode im Oktober ben aus der sich an Kollektoren in drei Meter Tiefe entwickelnden 1987 (n = 6),2 - Grundmuschelproben (Schalenlänge 38 bis 42 Bewuchsschicht zu verschiedenen Zeitpunkten von November Millimeter) zu verschiedenen Zeitpunkten am Versuchsstandort 1987 bis März 1 989 (n = 7), 6 - wie 5, aber in neun Meter Tiefe.

H9. cd Zn Pb kng/kg) Cu n Grundmr¡scheln g,Lg A Muscheln von Koltektoren 1,2 und Tonnenletten 0

0,8 I 200

0

.l 123t+56

cd H9 Pb CU Zn

73 i"

Auslegen einer Langleine mit Schwimmern und Brutfängern (Mies- Probeentnahme von Brutfängern (Kollektoren) mit einsömmrigem muschel-Hängekultur) im Juni in der Mecklenburger Bucht. Muschelbewuchs im November 1990.

Es wurden insgesamt 57 Proben hinsichtlich des Gehaltes Literatur Kadmium, Blei, Kupfer und Zink unter- an Quecksilber, BORCHARDT, Th. (1986): Schwermetallgehalte in Miesmuscheln sucht, die im Verlauf des Jahres vor Nienhagen aus dem aus den Bereichen Ems, Jade und Elbe: Trendanalyse fÜr den Grundbestand und von Kollektoren entnommen wurden Zeitraum 1973 bis 1984. Arbeiten des dt. Fischereiverbandes 42, (Abbildung 5). 77-90 BÖTTCHER, U. (1990): Untersuchungen zu den biologischen Als interessanten Fakt können wir feststellen, daß die unter Grundlagen einer Aquakultur der Miesmuschel (Mytilus edult,s L.) in Vertikalkulturbedingungen abwachsenden Muscheln deut- der Mecklenburger Bucht. Diss,, Univ. Rostock. lich geringere Cd-, Hg-, Pb- und Zn-Wede aufwiesen als HOLSTEIN, R. (1986): Qualitätsanforderungen an (lmport-) Grundmuscheln (Abbildung 6). ln Tabelle 3 sind die in Muscheln. Arbeiten des dt. Fischereiverbandes 42,97-1O4 unserem Küstengebiet ermittelten Konzentrationsspannen MEIXNER, R. (1971): Wachstum und Edrag von Mytilus edulls bei FIoßkultur in der Flensburger Förde. Arch. Fisch.Wiss. 22 (1), 41 -50 zu Grenz- bzw. Richtwerten, die in anderen im Vergleich MEIXNER, R. (1990): Zur Muschelnutzung in der Flensburger muschelproduzierenden Ländern festgelegt wurden, ange- Förde. Arch, Fisch.Wiss. 40 (1/2), 87 -9O geben. Die jeweils niedrigsten Richtwerte werden in keinem TALBOT, V. (1986): Seasonal variation of copper and zink concen- Fall überschritten. Wenn man zusátzlich berücksichtigt, daß tration in the oyster Saccostrea cucculata from the Dampier Archi- pelago, Western : lmplications for pollution monitoring. die Werte der unter Aquakulturbedingungen abgewachse- The Science of the Total Environment 57 , 217 -23O nen Tiere jeweils im unteren Bereìch lagen, ergeben sich TALBOT, V. (1987): Relationships between lead concentration in aus der Schwermetallbelastung hinsichtlich einer Muschel- seawater and in the mussel Mlilus edulis: a water quality criterìon. aquakultur keine Einschränkungen. Mar. Biol. 94, 557-560

Schematische Darstellung einer Miesmuschel-Hängekultur Schwimmer

Longteine

Bru tf önger ( Kottektoren ) Anker Anker

74 Austernzucht in der Nordsee

K. Schümer

Nur wenige Sekunden dauert es, eine drei Jahre lang sorg- Relation zur Schale besonders ausgeprägten Fleischanteil, fältig gehegte und gepflegte Delikatesse zu verspeisen. ln eine freudige Überraschung für unseren Gourmet. der gehobenen Gastronomie ist sie ebenso beliebt wie in Nach den verschiedenen Herkunftsotlen in Europa erhiel- den Delikatessenabteilungen und neuen Schlemmerpassa- ten die Austern deshalb ihre Handelsnamen: Die ,,lmperial" gen, jedoch kaum bekannt als lebendes Weichtier und aus Holland, die ,,Belon" aus Frankreich usw. Bei den Hauptobjekt eines Aquakulturprojektes. Zuchtaustern handelt es sich um zwei verschiedene Aften: Wie Sie vielleicht schon erraten haben, soll lhnen dieser Bei- die ursprünglich vorkommende flache Europäische Auster trag Näheres über die Austern an europäischen Küsten und (Ostrea edulis) ìst infolge einer Erkrankung, der Bonamia, ihre Kulturen vermitteln und anhand praKischer Beispiele und der beschriebenen Überfischung der Bestände im aus unserer Austernaufzuchtanlage auf Sylt, der Dittmeyeis nordeuropäischen Raum deutlich zurückgegangen. lnzwi- Austern Compagnie, das Wachstum der Auster erläutern. schen hat sich in den Zuchtanlagen die wesentlich robu- stere, aus Japan stammende Pazifische Felsenauster Überall, wo in der Nähe des Meeres die Siedlungen von (Crassostrea gþas) durchgesetzt. Sie hat einen kráftigeren Urmenschen freigelegt werden, stößt man auf gewaltìge Geschmack und läßt sich leichter züchten. Haufen von Muschel- und Austernschalen, ein Beweis, daß Da sich die Herkunftsbezeichnung meist auf die seltenere die Schalentiere schon in grauer Vorzeit zu den beliebten Europäische Auster bezieht, werden die Pazifischen Fel- Speisen der Menschen gehörten. Die ersten Austernbänke senaustern auch nach der Zuchtmethode unterschieden, in unserem Aufzuchtgebiet Nordfriesland sind im 11. Jahr- unter anderem nach Dichte der Tiere pro Mastbecken; so hunderl von Knut dem Großen angelegt worden, der - wie gibt es die französischen Fines de Claires und Speciales de die Sage zu berichten weiß - die Schalentiere aus England Claires. in ganzen Schiffsladungen an die Westküste gebracht Die wichtigsten Produktionsländer fur den deutschen Au- haben soll. sternmarkt sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung Frank- lm Jahre l5B7 waren Austern bereits so begehrt, daß reich (etwa 60 Prozent), Holland, Deutschland und lrland. König Friedrich ll., Herzog von Holstein-Gottorp, mit sei- nem,,Austernerlaß" das Austernfischen rechtlich beschrän- ken mußte und die naturlichen Austernbänke verpachtete. Austernverzehr in Deutschland Um 1870 zählte man zwischen Röm, Sylt, Amrum und 700 Tonnen Föhr 47 Austernbänke, von denen mehrere über vier Kilo- 600 meter lang waren. ln den Jahren von .l 859 bis lB73 wur- 500 I lmport - Austern den jähfich vier bis fünf Millionen Austern gefischt. Die Au- sternschiffe schleppten auf dem Meeresgrund sogenannte 400 N Deutsche Austern Schleppsäcke oder Schaber hinter sich her, das waren aus 300 Seehundsfellriemen geflochtene Netze, die späler aus klei- 200 Eisenringen wurden. Streicheisen nen hergestellt Am 100 befand sich ein Tau, mit dem man das Netz an Bord zog. pro 100 0 So fischte man Netz bis 300 Austern. 197677 78 79 BO 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 Die Fänge wurden tonnenweise verkauft, eine Tonne kostete um 1840 zwei Reichsthaler. 1882 mußte die Au- Pazifische Felsenauster (Crassostrea grgas) - die Sylter Royal - aus sternfischerei wegen zu starker Ausbeutung eingestellt Dittmeyer's Austern-Compagnie. werden. Eine längere Schonzeit sollte die Austernbänke schützen und ihre Regeneration ermöglichen. 1910 sollte ein staatlicher Betrieb die zerstörten Austernbänke durch kunstlich ausgesetzte Brutaustern ersetzen. Drei große Bassins, durch ein Heberohr mit der offenen See verbun- den, wurden fur die Aufbewahrung und Vermehrung der Austern hergestellt. Aus vielerlei Gründen mißlang der Ver- such, Erst 1986 wurden Austern aus norddeutscher Zucht wieder kulinarischer und kommerzieller Mittelpunkt; auf- wendig produziert an historischer Stätte im Nordfriesischen Wattenmeer haben sie als ,,Sylter Royal" heute schon 25 Prozent des deutschen Austernmarktes erobeft, Farbe, Form, Größe und Geschmack der Auster werden stark von der Umgebung beeinflußt; der Salzgehalt des Wassers, die verfügbare Nahrung und die Wassertempera- tur spielen dabei eine Rolle. Kaltes Wasser mit einem hohen Sauerstoffgehalt sorgt zum Beispiel für einen in sich festzusetzen, der glatte Schlickboden bietet ihnen kei- nen Halt. Deshalb müssen Jungaustern aus einer Brutsta- tion in England bezogen werden. Ein Vorteil dieses lmpor- tes ist, daß man dadurch die Möglichkeit zur Qualitätskon- trolle hat. Wir beziehen seit fünf Jahren nur von einigen gesunden Austernpaaren Setzlinge und können so Krank- heiten oder Erbfehler (2. B. Wachstumsstörungen) fast aus- schließen. Die Zeit des Wachstums vom Ei beziehungswei- se der Larve bis zur marktreifen Auster beträgt meistens drei Jahre mit zwei Überwinterungen. Unsere Zuchtauster, die Crassostrea gigas, ist ein Zwitter, sie kann einmal als Männchen, ein andermal als Weibchen fungieren. Die Osfrea edulrs ist immer beides gleichzeitig. Die Brutaustern beginnen bei einer Wassertemperatur von etwa 25 Grad Celsius im algendurchsetzten Seewasser im Tank der Brutanstalt zu leichen (1 . Station). Die Larven, die aus den befruchteten Eiern schlüpfen, verlieren nach zwei Wochen ihre Schwimmfähigkeit, werden zu Setzlingen und 0 fangen jetzt an, den zarten Von¡vuchs der Schalen zu bil- ÞcJs den. Die Schale besteht aus Kalkspat und Aragonit, beides kristalline Formen des Calciumcarbonats. Wenn diese Austernsetzlinge ungefähr 20 Gramm Lebend- gewicht erreicht haben, sind sie transportfähig, weil die Schalen dann beim LKW-Transport nicht mehr zerdruckt werden. lm nährsloffreichen und kalten Wasser des Sylter Wattenmeeres werden die Setzlinge in Netzsäcken, soge- Wichtige Asternzuchtgebiete in Europa und N-Afrika. nannten Poches, auf Eisentischen ausgesetzt (2. Station), Sie wachsen schnell, weil bis zu 20 LiIer Atemwasser pro Bekannte ProduKionsorte in Frankreich, dem größten Au- Stunde durch ihre Kiemen strömen, wobei die darin enthal- sternzuchtgebiet Europas, sind von Norden nach Süden: tenen Nahrungsteilchen herausgefiltert werden.,,Schale" Normandie - N¡ler du Nord, Bretagne - Nord, Bretagne - und ,,Deckel" der Auster, die beiden Schalenhälften also, Süd, lle de Re - Centre Ouest, Marennes - Oleron, Arca- sind fest durch ein Schloßband verbunden. Bei der Nah- chon - Aquitaine, Mediterrane - Bassin de Thau. Die Karte rungsaufnahme sind die Schalen geöffnet, der Schließmus- zeigt die Austernzuchtgebiete Europas. kel ist erschlaft. lm Austernmagen dreht sich dann mit großer Geschwindigkeit ein winziges kristallines Stilett, das Nun zum praktischen Teil der heutigen Austernzucht, die- die gefiltede Nahrung zerkleinert. sem speziellen Bereich der Aquakultur, Nachdem verschie- Um Verluste durch Sauerstoffmangel, Stürme, Eisgang, dene Rekultivierungsversuche der natürlichen Austernbän- Verschlickung oder zu wenig Nahrung zu verhindern, ke aus bereits erläuterten Gründen scheiterten, wurden beginnt nun die Hege und Pflege der Austern, die eigentli- 1986 die ersten Pazifischen Felsenaustern zur Produktion che Arbeit im Watt. Bei günstiger Tide können wir, wenn von Marktaustern in Zuchtanlagen eingebracht. die Austernbänke durch die Ebbe ,,trockengefallen" sind, Zur Erklärung: Austern sind in der Natur festsitzende, von bis zu vier Stunden am Tag im Wattenmeer arbeiten und Plankton lebende, filtrierende Muscheln, die sich durch unter Einsatz aller Möglichkeiten - Schwimmtrecker mit All- Ausstoßen von Eiern vermehren. Eine Auster kann pro Jahr radantrieb, ein zerlegbares Floß, ein vollverzinkter Anhänger - bis zu 25 Millionen Eier produzieren, aus denen Larven die maximale Pflege der Austern durchführen (3. Station). schlüpfen. Entscheidend sind für diese zunächst zwei Ungünstige Tide bedeutet für uns, daß ein wichtiger Teil Wochen frei schwimmenden Larven die Aufwuchsbedin- des Aufzuchtgebietes unter Wasser steht und eventuell gungen im Wasser, so beispielsweise das Vorhandensein geplante Arbeitsgänge nicht durchgeführt werden können. eines geeigneten Substrates zum Festsetzen. Diesen Vor- Wenn das häufig der Fall ist, kann es passieren, daß die gang nennt man Brutfall. Bei geschützter Lage entwickeln Austern zusammen- oder in die Poches einwachsen. Des- sich aus den Larven Jungaustern - die Setzlinge für die halb müssen die Netze regelmäßig durchgerüttelt, gewen- Zuchtanlagen. det und von Algenbewuchs befreit werden, denn eine ln der Blidselbucht, unserem Aufzuchtgebiet, ist so ein krummgewachsene oder beschädigte Auster läßt sich nicht natürlicher Brutfall nicht möglich, die niedrigen Wassedem- verkaufen. peraturen der Nordsee im Bereich der Nordfriesischen Bis zu zwei Millionen Austern müssen so in dieser Anlage lnseln verhindern das Laichen der Austern. Es kommt gar im Wattenmeer betreut werden. lm Sommer ist durch das nicht oder nur selten zum Absondern der Eier, da für die schnelle Wachstum dìe Gefahr besonders groß, daß die Reproduktion eine Wassertemperatur von mindestens 26 zarten Vorwuchse der Austern in die Netze einwachsen Grad Celsius benötigt wird. ln der offenen Blidselbucht fehlt und beschädigt werden. Gleichmäßige Form und Beschaf- es den Austerlarven zudem an geeignetem Untergrund, um fenheit der Schale, ein gutes Mittelgewicht von 80 Gramm

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Die Austern auf den Bankkulturen im Watt müssen regelmäßlg kontrollierl und gepflegt werden

und alle Qualitätskriterien der Sylter Royal edordern des- ten Austernzuchtgebieten Frankreichs und Hollands halb ständiges Durchsoñieren und Kontrollieren der Tiere, gedeckt, der Ruf der französischen Küche und natürliche Da es im Meer keine Arbeitsflächen gibt, müssen alle Brutgebiete halfen der Vermarktung, zusätzl¡chen Arbeitsgänge im Betrieb durchgeführ1 und die Wie bereits en¡uähnt, hat auch die deutsche Küste eine Austern dorthin transportierl werden. Drohender Eisgang in lange bestehende Austerntradition, jedoch erreichte sie nie der kalten Norddeutschen Bucht macht es außerdem im diesen Umfang. Das ist heute für uns von Vorteil, denn Winter edorderlich, das gesamte Kulturmaterial (Austern Austern sind sehr populationsabhängige Tiere, eine Über- und Eisentische) aus dem Wasser zu holen und die Tiere in bevölkerung oder Überproduktion führ1 zu ungleichem Überwinterungstanks zu verstauen. Für die Übenvinterung Schalenwachstum und geringerem Fleischanteil. Krankhei- von jetzt 1,8 Millionen Austern ist eine Tankkapazität von ten ubertragen sich natürlich auch leichter. Frankreich pro- mindestens 300 Kubikmetern Seewasser nötig. Die ent- duzierte 1990 etwa 140000 Tonnen, 1991 nur noch sprechende Versorgung ist durch eine Seewasserleitung, 100000 Tonnen Austern, der Ertrag konnte nicht mehr Luftumwälzpumpen und Filtersysteme garantiert. Die täg- gesteigert werden. lich hereingebrachten Netzsäcke werden entleeft und die Der Austernmarkt in Deutschland verändert sich. Nur fran- Austern durchsodied: Die ausgewählten Marktaustern zösische Betriebe, die nicht mehr nur große Mengen, son- gelangen zum Verkauf, die zu kleinen Tiere kommen zurück dern auch qualitativ bessere Austern anbieten können, ins Watt und müssen weiterwachsen (4. Station). erzielen die gewünschten Preise. Hier entstand unsere Die l\¡larktaustern sind für den Versand vorzubereiten. Chance. Mit einer Jahresproduktion von etwa 1500000 Zunächst werden sie in der Waschanlage von Schlick und Stück (1 50 Tonnen) haben wir in den fünf Jahren unseres kleinen Seetieren befreit; hier dad man nur mit geringem Bestehens 25 Prozent des deutschen Marktes eroberl. Ein Wasserdruck arbeiten, damit die zarlen Vorwüchse am räumlich unbegrenztes Aufzuchtgebiet ohne Mitbewerber Schalenrand nicht abbrechen. Anschließend werden die und die Wasserqualität im Nationalpark Wattenmeer lassen Austern mit der Hand sortiert, auf Form und Schalenbe- noch Steigerungen zu. schaffenheit überprüft und als Marktauster zum Versand je verpackt. ln Spankörbe, mit Reet gepolsterl, werden 24, Austernmenü - diese naturgetreue Nachbildung wird im Ausstel- 50 oder 100 Stuck eingelegt und mit der Bundesbahn auf lungsbereich Aquakultur gezeigt. das Festland transpodiert. Die Auslieferung an den Kunden erfolgt innerhalb von 24 Stunden (5. Station). Nun sind die Austern vor dem Verzehr noch zehn Tage lebend im Kühl- schrank haltbar, haben sie doch im Watt ,,gelernt", sich bei Ebbe so lange zu verschließen, bis wieder Wasser kommt. Und schließlich dauert es nur wenige Sekunden, eine drei Jahre lang sorgfältig gehegte und gepflegte Delikatesse zu ver- speisen.,.

Die Auster, als nahrhafte Delikatesse bekannt, hat in den letzten Jahren den in- und ausländischen Markt eroberl, ln Deutschland wurde der Bedarf zunächst aus den bekann-

77 I

t

Abb. 1: Angelschiff auf nächtlicher Fangposition

Ressourcen im SW-Atlantik Zum Fang des Argentinischen Kurzflossenkalmars

A. Sievert

1 . Die Rostocker Kalmarfischerei 1983 - 1990 2.1 Fangobjekt und systematische Zuordnung

Die fischereipolitische Entwicklung der 70er Jahre zwang Der Argentinische Kurllossenkalmar (lllex argentinus, Abb. auch die Fernfischerei der ehemaligen DDR nach neuen 2) gehört in seiner systematischen Stellung zu den Weich- Wegen zur Sicherung des Fangvolumens zu suchen. Da tieren (Mollusken) und hter zur Klasse der Kopffüßer sich die meisten der traditionellen Fangplätze innerhalb der (Cephalopoden). Die Tintenfische, wie die Kopffüßer irritie- nun international anerkannten ökonomischen Zonen befan- rend häufig auch noch genannt werden, sind also mit den, mußte für jede Tonne doft entnommenen Fisches an Muscheln und Schnecken verwandt, nìcht etwa mit den das jeweilige Anliegerland in ,,harter" Währung gezahlt wer- Fischen! Die für Weichtiere typische Gliederung des Kör- den. Devisen waren knapp, und das Fischkombinat pers in Kopf mit Fuß (= ¡¿nnurme und Tentakel bei Kopf- Rostock hatte sie selbst zu en¡uirlschaften. Deshalb wurde füßern), Eingeweidesack und Mantel 1= Rumpf) und Schale intensiv nach Fangmöglichkeiten außerhalb der Fischerei- ist hier also auch zu finden. Allerdings wurde im Verlauf der grenzen gesucht, aber nur wenige der ohnehin recht raren stammesgeschichtlichen Entwicklung die Schale in den Potentiale kamen für eine Flottenfischerei in Frage. Mantel eingelagert und zum Schulp bei den Sepien und zur Feder bei den Kalmaren. Fast vollständig verschwunden ist Seit 1977 hatte sich im SW-Atlantik in frei zugänglichen die Schale bei den Kraken. Nur die Nautilusaden besitzen Gebieten vor Argentinien und den Falklandinseln eine viel- diese Schale noch in ihrer ursprünglichen Gestalt. lnnerhalb versprechende Kalmarfischerei entwickelt, die 1983 durch der Weichtiere zeichnen sich Kopffüßer durch überragende die Sondierungsreise des Fabriktrawlers ,,Peter Nell" für Sinnesleistungen aus, deren auffälligstes Beispiel wohl das Rostocker Fischkombinat untersucht wurde. lm Ergeb- hochentwickelte Augen sind. Aber auch das nervöse Reiz- nis dieser Fahrt wurden dann alljährlich in der ersten Jah- leìtungssystem (beispielsweise die bei Erregung zu beob- reshälfte Fang- und Verarbeitungsschiffe zur Nutzung der achtenden Farbänderungen der Haut) und das gut funktio- Ressource in dieses Seegebiet beordeft. Der Fang ging nierende Lageorientierungssystem dokumentieren diese beinahe ausschließlich in den Export, der die fur die Fangli- Leistungsfähigkeit. Nicht zuletzt ist hier das in vielen Versu- zenznahme in tradtitionellen Fischereigebieten edorderli- chen nachgewiesene Lernvermögen dieser interessanten chen Mittel erbrachte. Tiere zu nennen.

78 2.2. Körperbau und biologische Besonderheiten der Kal- mare 65" 600 55".'

I Der muskulöse, spindelförmige Mantel umschließt den Ein- geweidesack. Die paarigen Kammkiemen (Unterklasse Dibranchiata), an deren Basis sich die Kiemenherzen befin- 40" den, sind an der Mantelinnenseite angewachsen. Durch ( Dehnung der Mantelmuskulatur saugen die Tiere über Öff- nungen zwischen Kopf und Mantel Wasser in den Mantel- raum und stoßen es bei geschlossenen Einströmöffnungen mit kraftvollem Zusammenziehen des Mantels aus dem / Trichter wieder aus; dieser Rückstoßantrieb läßt sie mit .øs dem Schwanzende voran davonschießen. Gleichzeitig ¡S 45" haben die Kiemen aus dem sie umspulenden Wasser Sau- s Ø erstoff aufgenommen. Der Trichter ist mit dem Mantel nach \q dem ,,Druckknopfprinzip" verbunden. Ob und zu welchem Ì à Zweck diese lösbare Verbindung des ,,Mantel-Trichter-

Schließmechanismus" einmal geöffnet wird, ist nicht I bekannt. Mit einsetzender Geschlechtsentwicklung beginnt sich bei den männlichen Kalmaren einer der beiden bauchseitigen ,4.^ 50' Fangarme von der Spitze her zu verändern. Seine Saug- ò näpfe verschwinden, ein rippiges Profil wird sichtbar, außerdem verlänged er sich etwas. Mit diesem ,,hectocoty- ) ( lisierlen" Fangarm wird dann die Begattung des Weibchens "ûË,1 - durchgeführt. Nach vorangegangenem,,Liebesspiel" über- - .. ,z Falkland lnseln trägt das männliche Tier mit ihm Bundel seiner Samenkap- seln (Spermatophoren) in den Mantelraum des Weibchens. " Ein besonderer Mechanismus an einem Ende der Kapseln verankert diese sehr fest, und auch bei stärkstem Wasser- ein- oder -ausstrom werden sie nicht herausgerissen. Die '% m Wassertiefe Samenkapseln springen durch Quellung auf, und die frei SM werdenden Samenfäden befruchten die Eizellen, die mit dem Sekret der Nidamentaldrüsen dann ins freie Wasser Abb. 3: Hauptfangplätze des Argentinischen Kurzflossenkalmars im SW-Atlantik. ausgestoßen werden. Die Nahrungsaufnahme edolgt mit dem Schnabel. Mit die- sem, einem Papageienschnabel ähnlichen, hornigen Mund- pelagisch oder auch bodenständig lebende Krebse, Krill werkzeug wird die gefangene Beute relativ fein zedeilt. Die und größere Fische. Aber auch Artgenossen gehören bei Nahrung setzt sich in den ersten Lebensmonaten aus sehr den Kalmaren in nicht unerheblichem Ausmaß zum Nah- kleinen, planktischen Organismen (Fischeier, Larven, kleine rungsspektrum (Kannibalismus). Zooplankter) zusammen. Später sind es größere Nahrungs- objekte wie Leuchtsardinen, andere Kalmararten, größere

Abb. 2: Der Argentinische Kurzflossenkalmar (lllex argentinus). Die 2.3 Verbreitung beiden verlängeden Fangarme sind an den Mantel gelegt. Der Argentinische Kurzflossenkalmar ist wie alle Kopffußer ein rein mariner Vedreter und in seìner Verbreitung an ent- ì sprechend hohe Salzkonzentrationen gebunden. Das mas- senhafte Vorkommen dieser Kalmare auf dem Patagoni- schen Schelf wird durch die hohe Produktivität in diesem Meeresgebiet möglich, die durch hier aufeinandertreffende Meeresströmungen erzeugt wird. Der von Süden kommen- de, kalte Falklandstrom verwirbelt mit dem warmen Wasser des von Norden nach Süden fließenden Brasilstromes. Das führt zu einem reichlichen Nährstofftransport an die Was- seroberfläche, Die Verbreitung dieser Kalmare wird durch den passiven Transport der Larven nach Norden und die 0 10 -----70 ,, aktive Weidewanderung der Jungtiere in südlicher Richtung bestimmt. Zwischen 20 und 30 Grad Süd ist wohl die nördliche und zwischen 50 bis 55 Grad Süd die südliche

79 - re, in der letztlich auch im wesentlichen über das kommen- . 30 çm Montettönge ? de Bestandsniveau entschieden wird. Sind die Kalmare erst einmal soweit entwickelt, daß sie sich aktiv gegen Strömungen bewegen können, verbreiten sie sich südwärts auf dem Patagonischen Schelf. Die ersten größeren je 20 Schwärme können nach Entwicklungsstand und den hydrographischen Verhältnissen schon im Dezember oder auch erst im Februar den Schelfrand erreichen. Die Kalma- re haben dann eine Mantellänge von 14 bis 18 Zentimetern .10 (Gewicht um 150 Gramm)und knapp die Hälfte ihrer natür- lichen Lebenserwadung erreicht (HATANAKA 1986). Zu diesem Zeitpunkt setzt die Geschlechtsentwicklung und -differenzierung ein. Das Wachstum der Männchen ver- Monote August -Juti langsamt sich stärker als das der Weibchen (Abb. 4), und EIITE I X tX tXI I I I ï. tn tN MUtUt dennoch erfordert ihr hoher Nahrungsbedarf weiträumige Wanderbewegungen Schwärme, zunächst Abb. 4: Entwicklung der durchschnittlichen Mantellänge des der die noch Argentinischen Kurzflossenkalmars. Es ist deutlich erkennbar, daß nach Süden und zum Schelfrand orientiert sind. Bei einer die Männchen ab ihrem fünften Lebensmonat langsamer wachsen durchschnittlichen Mantellänge der Männchen um 27 Zen- als die Weibchen. timeter (etwa 500 Gramm) und der Weibchen um 32 Zenti- meter (etwa 650 Gramm) sind die Kalmare im April/Mai so Verbreitungsgrenzezu suchen. lm Westen kann man diese weit herangereift, daß sich die ersten Paarungskonzentra- Kalmarart relativ nahe der Küsten Uruguays und Argentini- tionen an den Kontinentalabhängen auf ihrer gen Norden ens fangen, ausgenommen bleiben nur die sich weit ins führenden Laichwanderung zusammenfinden. Unbekannt Meer erstreckenden Aussüßungsgebiete der großen Flüs- ist allerdings noch, wo und wann genau die Laichprodukte se. lm Osten ist der Kontinentalabhang die Grenze, wobei dem Meer anvertraut werden, womit dann mit dem an- auch hier, wie im Norden und Süden, durch Anderungen schließenden Absterben der Tiere nach etwa einem Jahr des hydrometeorologischen Regimes Verschiebungen zu der Lebenszyklus des Argentinischen Kurzflossenkalmars beobachten sind. Die vertikale Verbreitung ist bis unmittel- beendet ist, bar vor dem Ablaichen der Kalmare durch einen Tag- Nacht-Rhythmus (in der hellen Tageszeit in Grundnähe, in den Nachtstunden dicht unter der Wasseroberfläche) Abb. 5: Längenhäufigkeitsverteilung der Kurzflossenkalmare im gekennzeichnet und an die Wasseftiefen des Schelfgebie- Fanggebiet. Der erkennbar differierende Entwicklungsstand führt tes gebunden. Mit Bildung der Paarungskonzentrationen wahrscheinlich zu zeitlichen und räumlichen Unterschieden beim wandern die Kalmarschwärme in immer größere Tiefen Ablaichen der Schwärme. (einige bis 1000 Meter und mehr) und bleiben dann auch nachts dort (STYGAR 1989). n in o/oo lr2o S

200

2.4 Lebenszyklus der Kalmare 100

Der Lebenszyklus des Argentinischen Kurzflossenkalmars wurde erst mit Beginn der verstärkten Fangaktivitäten außerhalb der bestehenden Fischereigrenzen näher unter- 460S sucht. Polnische und japanische Fischereibiologen veröf- fentlichten Anfang der 80er Jahre ihre ersten Untersu- 0 chungsergebnisse, die mit zur Grundlage des heutigen Kenntnisstandes über interessanten Tiere wurden. diese 100 Der Argentinische Kurzflossenkalmar ist, wie die meisten Kopffüßer, kurzlebig und schnellwüchsig. Nach bisherigem Wissen beginnt die Masse der Tiere mit Erreichen der Geschlechtsreife (ab April/Mai) Paarungskonzentrationen 500 s an den steiler abfallenden Stellen des Kontinentalabhanges zu bilden. Beim Ablaichen werden die befruchteten Eier in Gallede eingebettet und dann als frei im Wasser treibende Masse der Strömung überlassen. Nach dem Schlupf und 100 dem Verbrauch ihrer Reservestoffe sind Kalmarlarven auf die Lebensbedingungen des Wasserkörpers angewiesen, in den sie hineingeboren wurden. Wahrscheinfich ist diese 20 25 30 Zeit auch die kritischste Phase im Lebenszyklus der Kalma- cm

80 2.5 Der Bestand Gesomtfong ? Unter Bestand wird die biologisch und ökologisch zusam- mengehörende Stückzahl/Gesamtmasse einer Aft in ihrem natürlichen Lebensraum verstanden. Kenntnisse seiner Größe sind eine wesentliche Voraussetzung, um zum Bei- spiel fischereiwirtschaftliche Regulierungen vornehmen zu können. Dle Ermittlung der Bestandsgröße ist allerdings bei 400 lousend Tonnen derart kurzlebigen Organismen recht schwierig, und viele der sonst üblichen Methoden zur Bestandsschätzung sind hier nicht tauglich. Die beste in Frage kommende Methode zur Beurteilung ist wohl die hydroakustische Bestandsauf- nahme. Dabei wird mit dem Echolot die Bestandsmasse möglichst im gesamten Verbreitungsgebiet ermittelt. Paral- lele Probefänge geben Aufschluß über die quali- und quan- titative Zusammensetzung der echometrischen Anzeigen. 300 Diese Ad der Bestandserfassung ist allerdings aufwendig und teuer. Außerdem ist sie nur fur den Bestand des Auf- nahmejahres gültig, denn schon im Folgejahr können durch die unter 2.4 beschriebenen Ursachen erhebliche Verände- rungen im Bestandsniveau eintreten (SIEVERT 1985). Bis- herige Bestandsschätzungen verschiedener Jahre reichen von nur 300000 bis zu 1400000 Tonnen. Untersuchungen 200 der Längenhäufigkeitsvedeilungen ließen in jedem Jahr erkennen, daß sich der Bestand zumindest aus zwei unter- schiedlich entwickelten Längengruppen mit sich unterein- ander überschneidenden Verbreitungsgrenzen zusammen- setzt (Abb. 5, CSIRKE 1987). Es ist wahrscheinlich, daß es durch den deutlich differierenden Entwicklungsstand zu zeitlichen und räumlichen Unterschieden beim Ablaichen der Kalmarschwärme auf ihrem Weg nach Norden kommt, 100 Alle nördlich von 42 Grad Süd ablaichenden Kalmare sind durch den Schutz der 200-sm-Grenze derzeil noch dem Zugriff der sehr groß gewordenen internationalen Flotte entzogen, Hier ist auch der Grund zu suchen, warum trotz der enorm gestiegenen Entnahmemengen noch keine Anteit der DDR fischereibedingten Überlastungen des Bestandes erkenn- barwurden (BELLISIO u. a. 1979). 1977 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90

3. Der internationale und der Rostocker Kalmarfang im Abb. 6: Entwicklung der Fangedräge vom Argentinischen Kurzflos- SW-Atlantik senkalmar im SW-Atlantik. 3.1 Methoden des Kalmarfanges speziellen, elektrisch betriebenen Winden werden die mit Kurz vor der Ankunft im Fanggebiet (Abb. 3) zu noch vielen Kunstködern (Jigger) bestückten Angeln automatisch dunkler Tageszeit bietet sich ein beeindruckendes Bild. in einstellbare Tiefen ab- und wieder aufgetrommelt. Die Einer hell erleuchteten Großstadt gleich liegt über dem Kalmare, die sich mit den Fangarmen oder den beiden lan- Horizont der Widerschein tausender Lichter, die beim gen Tentakeln an den Hakenkränzen der Jigger verfangen Näherkommen als Halogenlampen vieler, meist südostasia- haben, werden über die vordere Laufrolle gefuhrt und tischer Angelschiffe erkennbar werden (Abb. 1). Zwei abgeschleudert (Abb. 7 und 8). Von dort rutschen sie dann Methoden haben sich beim Fang des Argentinischen Kurz- auf die Transportsysteme an Bord und werden in den flossenkalmars durchgesetzt. Eine ist Schleppnetzfischerei, Fischbunkern gesammelt. Die meisten der im SW-Atlantik um auf dem Schelf grundnahe Kalmare zu erbeuten; sie im Einsatz befindlichen Fangschiffe sind heute reine Angel- bringt sowohl während der hellen Tageszeit die gewünsch- fahrzeuge. Neben einer großen Anzahl von Schleppnetzfi- ten Fangedolge als auch später in der Nacht, wenn dichte schern nahm uberpropodinal die Zahl der Trawler zu, die Paarungskonzentrationen in größeren Tiefen am Kontinen- neben dem Schleppnetzgeschirr auch Angelfangtechnik an talabhang stehen. Die andere Methode ist der Fang des Bord hatten, Einige der schon älteren Rostocker Fang- und Kalmars mit Angelwinden. Dabei werden mit sehr hellem Verarbeitungsschiffe erhielten ebenfalls Angelwinden und Licht, erzeugt durch hunderte Halogenlampen, die Kalmar- die erforderliche periphere Technik (SCHAFER 1985), japa- schwärme an das Schiff gelockt und so konzentriert. Von nische und polnische Angelwinden wurden auf den Boots-

81 Jahr liegt. Die Rostocker Hochseefischer hatten bis 1990 sehr unterschiedliche Ergebnisse beim Fang des Argentini- schen Kuzflossenkalmars erzielt. Teils waren weniger Fangschiffe vor Ort, teils war es die fischereiliche Verfüg- barkeit (SIEVERT 1986) oder der Bestand selbst, der die Fangerfolge beeinflußte. Sicherlich wird man unter markt- wirtschaftlichen Bedingungen eine deutsche Kalmarfische- rei im SW-Atlantik nicht mehr erwarten können, Die Prä- senz Rostocker Fischereifahaeuge in diesem Teil des Atlantiks war ein Versuch, mit den politisch-ökonomischen Gegebenheiten jener Zeit fertig zu werden.

Literatur:

CSIRKE, J. (1987): FAO Fisheries Technical Paper 286. FAOYearbok 1986, Vol.62, Rom 1988. HATANAKA, H. (1986): Growth and Life Span of Short{inned Squid (lllex argenflnus) in the Waters of Argentina. Bulletin of the Japanese Society of Scientific Fisheries. SryGAR, l, (1989): Wanderungen des Argentinischen Kurz- schwanzkalmars im SW-Atlantik. Ekspress inform., .1 Ser.: Rybochos. ispol'sov-res. mirov okeana, Moskva, 4, 1 - 16. BELLISIO, N. 8., LOPEZ, R B. und A. TORNO (1979): Peces Marinos Patagonicos. Ministerio de Economia Secretaria de Estado de intereses Maritimos. SOHAFER, B. und H. CZYBORRA (1985): Angelfischerei auf Kalmar in der Hochseefischerei der DDR. Seewirtschaft, 17 ,7,338 - 342. Abb. 7: Kalmare an der mit Kunstködern bestuckten Angelleine, SIEVERT, A. (1985): Fischereibìologische Beobachtungen am von der sie an den Laufrollen abgestreift werden. Argentinischen Kurzschwanzkalmar während der Fangsaison 1984. Seewirtschaft, 17, B, 396 - 397. SIEVERT, A. (1986): Verhaltensbiologische Beobachtungen zum gegen und und Arbeitsdecks montiert. Um den Bug Wind Einfluß der Wassertemperatur auf den Argentinischen Kurz- See zu halten, damit das Schiff nicht über die an beiden schwanzkalmar (lllex argentinus). Seewirtschaft, 18, 7, 349 - 350. Bordseiten ins Wasser gehenden Angelleinen treiben konn- te, war ein Treibanker erforderlich. Einem großen Fallschirm ähnlich, mußte dieser über die Schiffsspitze ausgebracht werden. Der Lagestabilität dienten auch die an den Arbeits- Abb. B: Angelwinden mit Laufrollen, Transportband und Lichttech- masten angebrachten Stützsegel. Transportbänder und die nik an Bord eines Schiffes des ehemaligen Fischkombinates Lichttechnik komplettierten die zum Angelfang erforderliche Rosiock. Ausrüstung. Am gesamten Rostocker Kalmarfang blieb der Anteil geangelter Kalmare allerdings gering.

3.2 Die Entwicklung der fischereilichen Belastung des Bestandes

Nach Entdeckung der frei zugänglichen Kalmarfangmög- lichkeiten im SW-Atlanlik im Jahre 1977 gab es eine rasan- te Steigerung der jährlichen Fangmengen. lmmer mehr Lánder, heute sind es wohl mehr als ein Dutzend Nationen, wollten ihren Anteil am guten Geschäft. lnzwischen ist der Kalmarfang in diesem Gebiet die bedeutendste Cepha- lopodenfischerei überhaupt. ln der Abbildung 6 sind die Entnahmemengen bis 1987 graphisch dargestellt. Die Werte entstammen dem statistischen Jahrbuch der FAO, beruhen also auf den Fangmeldungen der Länder an diese internationale Organisation der UNO. Experten schätzen allerdings ein, daß die tatsächliche Entnahmemenge gegenwärlig zwischen 600000 und 700000 Tonnen im

82 ,,Muscheln und Schnecken" - eine Lehrveranstaltung für Schüler

U. Mascow

Mit Lachen, anerkennendem ,,Oh" oder auch mitleidigem und Betätigung - das ist das Ziel und wohl auch das Lächeln kommentieren Kinder Töne, die ihre Mitschüler auf Ergebnis der hier geschildeden Lehrveranstaltung. dem Gehäuse einer Flügelschnecke hervorbringen... Welche Formen der Öffentlichkeitsarbeit gibt es darüber Neugierig, skeptisch oder mit den Worten ,,iih, sowas eß' hinaus noch im neu gestalteten Ausstellungsabschnitt ich nicht" werden Miesmuscheln in den Mund geschoben ,,Weichtiere"? bzw. weitergereicht. Für die Jahrgangsstufe 6 der Realschulen und Gymnasien So könnte man zwei Situationen aus einer unterrichtsbe- wurde ein Hausaufgaben-Arbeitsblatt entwickelt. Mit Hilfe gleitenden Lehrveranstaltung über Weichtiere herausgreifen dieses Arbeitsblattes erschließen sich Schüler selbständig und beschreiben. diesen Ausstellungsabschnitt. Sie festigen damit im Schul- Aber natürlich ist auch im Meeresmuseum Stralsund nicht unterricht Gelerntes bzw. vertiefen ihre Kenntnisse anhand jede Lehrstunde mit derartigem ,,Ohren- und Gaumen- guter Präparate und Modelle, die eine hohe Anschaulich- schmaus" verbunden. Dennoch, wo es sich einrichten läßt, keit besitzen - ein nicht zu unterschätzender Vorteil versuchen wir, alle Sinne der Kinder anzusprechen, um die gegenüber den meist unzulänglichen Lehrmaterialien der zu vermittelnden Fakten interessant und erlebbarer ,,rüber- Schulen. zubringen". Doch vielleicht der Reihe nach. Was beinhaltet eine unter- Großen Zuspruch findet eine Führung im Rahmen der richtsbegleitende Veranstaltung mit dem Titel ,,Von Mörder- Familiensonntage im oben genannten Ausstellungsab- muscheln, fechtenden Schnecken und wohlschmeckenden schnitt mit anschließender Verkostung von Muschel- und Miesmuscheln", die als anschauliche Bereìcherung der Kalmarmenüs. Diese lukullische Form von Wissensvermitt- Unterrichtseinheit,,Weichtiere" gedacht ist? lung ist natürlich die Ausnahme und wird nur zu besonde- Zunächst werden gemeinsam die schon bekannten biologi- ren Anlässen, gewissermaßen ,,als Bonbon", verabreicht. schen Fakten uber Muscheln und Schnecken zusammen- Ja, und last not least gehört eine spezielle Führung zum getragen. Vorrangig geht es dann allerdings um eindrucks- Thema,,Weichtiere" im gleichlautenden Ausstellungsab- volle Verhaltensweisen interessanter Vedreter aus diesem schnitt zum Standardangebot der museumspädagogi- Tierstamm, aber mehr noch um kulturgeschichtliche schen Arbeit im Meeresmuseum. Aspekte, die Bezug zu bestimmten Molluskenarten haben.

Warum nennt man die Riesenmuschel auch Mördermu- ,,Von Mördermuscheln, fechtenden Schnecken und wohlschmek- schel? kenden Miesmuscheln" - eine unterrichtsbegleitende Veranstaltung Heißt die Porzellanschnecke so, weil sie aussieht wie Por- zum Thema Weichtiere. An Originalen und guten Präparaten. wird zellan, oder hat das Porzellan seinen Namen nach der Biologieuntenicht lebendig. Die Kinder begreifen durch ,,Begrei- fen". lm Bild wird gerade der Umgang mit dem Bestimmungs- Schnecke? schlüssel für einheimische Muscheln erläutert. Wie kommen Perlen in Muscheln hinein, und was macht sie so wertvoll? Was hatten Purpurgewänder von Königen mit Stachelschnecken zu fun? '- Diese und ähnliche Fragen werden bei einer solchen Ver- -* anstaltung gestellt und beantwoftet. Auch das bereits erwähnte Blasen auf einer ,,Trompetenschnecke" bietet sich da geradezu an, wenn das Tritonshorn vorgestellt wird.

Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, daß die Kinder selbst- verständlich die Muscheln und Schnecken, um die es jeweils geht, auch in die Hand nehmen können - also im wahrsten Sinne des Wodes Begreifen durch begreifen. Sicher, es liegt in der Natur der Sache, daß hier vor allem Weichtiere tropischer Meere im Mittelpunkt stehen. Die Muscheln und Schnecken der Ostsee geben nun einmal nicht soviel lnteressantes her. Dennoch kommen sie nicht zu kurz. Um zu erreichen, daß die Kinder wenigstens die häufigsten Muscheln der Ostsee ,,ansprechen" können, bestimmen sie diese mit Hilfe eines vereinfachten Bestim- mungsschlüssels. Anschließend werden die Schalen auf ein lnformationsblatt geklebt, das neben dem Namen auch noch einìge vorher besprochene Aussagen über die jeweili- ge Art enthält. Erkenntnisgewinn durch Anschaulichkeit

o() Robben in der Ostsee (ll) Erstnachweis einer Bartrobbe und weitere Robbenvorkommen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns

K. Harder

Am Morgen des 18. September 1991 erhielt das Meeres- an Nord-lsland entlang über Jan Mayen bis nach Südwest- museum einen Anruf vom Fischer Erwin Bull aus Spitzbergen. Der Bestand im Weißen Meer sowie in der Lobbe/Rügen. Er teilte mit, daß sich in einer Außenstrand- Barents-, Kara- und Laptewsee wird auf 300000 Tiere reuse vor dem Lobber Od ein ,,Seehund" in der Reuse geschätzt. Weiter südlich sind gelegentlich einige Barlrob- gefangen habe - wir möchten doch vorbeikommen und ben nachgewiesen worden: an der Nordwestküste Non¡ue- entscheiden, was mit dem Tier geschehen solle. Ausgerü- gens, den Shetland-lnseln, in Großbritanien, an der franzö- stet mit einer Kamera fuhr der Autor an den Lobber sischen Kanal- sowie der Nord- und Nordwestküste Spani- Fischerstrand. Zwei Boote wurden klargemacht, und dann ens. Der südlichste Nachweis stammt von Kap Carvoeiro ging es im Schlepp des motorgetriebenen Kahns zur nördlìch von Lissabon in Podugal (NIETHAMMER 1992). Reuse. Neugierig und offenbar ohne Scheu schaute uns MOHR (1 952) nennt Beobachtungen an der norwegischen die Robbe an. Doch der runde Kopf des kräftigen Tieres Kuste und als am weitesten in Richtung Ostsee vorgedrun- gehörte nicht einer Kegelrobbe, was zunächst zu vermuten genes Tier einen Fund vom 5. April 1914 vor Uddevalla an war, und für eine Ringelrobbe war das Tier zu groß. Des- der Bohuslänküste im westlichen Schweden. halb war verständlich, daß die Fischer von einem Seehund sprachen. Auffälligstes Merkmal des Tieres waren die vie- Außer diesem Erstnachweis einer Bartrobbe an der südli- len, dichten, weißen Haare auf der Oberlippe. Sollte es sich chen Ostseekuste gibt es noch für zwei weitere nicht hei- etwa um eine Bartrobbe handeln? Der deutlich ausgebilde- mische Robbenarten Beobachtungen und Funde aus te ,,Bart" ist bei ihr länger als bei den anderen Hundsrob- Mecklen bu rg-Vorpommern. ben und hat Ähnlichkeit m¡t dem der Walrosse, Er dient Ein Walroß (Odobenus rosmarus) aus dem Eismeer wurde beim Nahrungserwerb dem Ertasten von Weichtieren, am 1 . lvlai 1939 im Poeler Kirchsee (Wismarer Bucht) Krebsen und Würmern im Meeresboden. Die Wahrschein- beobachtet und bejagt (ERHARDT 1940, MOHR 1952). lichkeit, daß es sich tatsächlich um eine Badrobbe, Erigna- Der Weg dieses Tieres dorthin ist durch verschiedene thus barbatus (Erxleben, 1777), handelte, wurde durch das Berichte bekannt geworden. Die erste Beobachtung efolg- Feststellen weiterer arttypischer Körpermerkmale immer te am 8. April 1939 an der schwedischen Kattegatküste, größer: Das Fell war einfarbig graubraun mit hellerer Dann erfolgte eine genaue Beschreibung am20. April 1939 Bauchseite ohne erkennbare Zeichnung, quadratisch aus- weiter südlich aus dem nordöstlichen Öresund. Von dort sehende Vordedlossen sowie die vier Zitzen (andere schwamm das Walroß durch den Öresund in die Lübecker Hundsrobben haben nur zwei) konnten erkannt werden. Bucht, wo es in der Nacht vom 27 . zum 28. April 1939 am Das junge Weibchen war augenscheinlich gesund und in Brodtener Ufer bei Travemünde gesehen wurde. Bei der gutem Ernährungszustand (dicke Fettschicht, glattes Fell), Jagd mit einem Motorboot im Poeler Kirchsee wurde das so daß wir uns soforl entschlossen, es wieder freizulassen. Tier durch die Schiffsschraube leicht verletzt. Es entkam Bei GREVE (1896)findet man als Namen für die Bartrobbe jedoch und wurde dann nicht mehr gemeldet. Wahrschein- die Bezeichnung der Kamtschatka-Russen, ,,golaja nerpa" lich konnte das Walroß wieder aus der Ostsee herausfin- - kahler Seehund, was sich auf das Fell bezieht. Kahlköp- den. Für die südliche Ostseeküste blieb das der einzige fig, mit breitem Schnauzer - irgendwie erinnerte das an ein Nachweis. menschliches Antlitz. Nach dem Lösen einer Netzwand von Die Sattelrobbe (Phoca groenlandica), im arktischen und den Pfählen schwamm die Robbe nicht gleich heraus, son- subarktischen Teil des Nordatlantiks verbreitet, ist für ihr dern tauchte immer wieder bis auf den Grund. Beim Auf- ausgeprägtes, periodisches Wanderverhalten bekannt. tauchen sollte sie mit einem Ruder ins freie Wasser bug- Dabei werden große Entfernungen zurückgelegt, und es sierl werden. Die Reaktion war ärgerlich und heftig: Fau- kommt zu regelrechten lnvasionen tausender Tiere, insbe- chen und Bellen und erneutes Abtauchen. Nach mehreren sondere entlang der norwegischen Küste. 1987 edolgte vergeblichen Versuchen gelangte sie doch ins Freiwasser, sogar eine Ausbreitung bis zum Skagerrak. schaute sich noch einmal um und schwamm dann in nord- Es wird angenommen, daß das PDV-Virus, welches im östlicher Richtung in die freie Ostsee. Weitere Beobachtun- Jahre 1988 ein Massensterben von Seehunden in Nord- gen wurden uns nicht gemeldet, Vielleicht hat das Tier den und Ostsee verursachte, wahrscheinlich von nach Non¡ue- Rückweg in die Nordsee gefunden. Nach der Fotoauswer- gen gewanderten Sattelrobben auf dìe ostatlantische See- tung und Literaturstudien wurde der Meeressäuger eindeu- hundpopulation übertragen wurde (SKIRNISSON 1991). tig als Bartrobbe (Erignathus barbatus) bestimmt. Es han- Einzelne lrrgäste gelangten noch weiter nach Süden, so delt sich dabei um den ersten und bisher einzigen Nach- 1912 ein Tier bis an die schwedische Westküste und 1939 weis eines derartigen lrrgastes aus der Arktis in der Ostsee. eins sogar bis in die Ostsee, wo bei Rerik ein Nachweis Die Ad kommt circumpolar vor, besonders in subarkti- edolgte (HILZHEIMER 1 939). schen Gewässern in offenen Treibeiszonen. Die Sudgrenze Aus der Vergangenheit existieren für die Ostsee zahlreiche der Verbreitung verläuft im Atlantik von Süd-Grönland aus Funde dieser Art aus prähistorischen Siedlungen. Sicher

B4 ist, daß zur ZeiT des Littorina-Stadiums (6400 bis 2000 v.u.Z.) die arktische Sattelrobbe in die nach Norden offene Ostsee einwanderte und längere Zeil zur Ostseefauna gehörte. NIEZABITOWSKI beschrieb 1929 nach dem Fundmaterial von mehr als 100 Tieren aus der Danziger Bucht eine kleine fossile Reliktform des Baltischen Meeres als Phoca groenlandica neolithica (in MOHR 1952), die MOHR selbst Littorina-Sattelrobbe nennt. Andere Autoren gehen aber nicht von einem festen Reliktbestand einer sol- chen Unterart der Littorina-Zeit aus, sondern fuhren das Vorkommen auf periodische Nahrungswanderungen aus der Nordsee zurück. ln einigen ur- und frühgeschichtlichen Siedlungen ist diese Art im Skelettmaterial die häufigste von allen Robben, des- halb nimmt man an, daß sie von steinzeitlichen Jägern aus- gerottet wurde, wahrscheinlicher ist, daß sie die Ostsee wieder verlassen hat. ln der Ostsee sind drei Robbenaften heimisch: Die Rinþel- robbe (Phoca hispida) im nordöstlichen Teil, der Seehund (Phoca vitulina) bei den dänischen lnseln und an der süd- schwedischen Küste sowie die Kegelrobbe (Halichoerus Porträt der Bartrobbe (Er¡gnathus barbatus), die sich am 18. Sep- '1991 grypus) in der mittleren Ostsee Diese Hundsrobbenart tember in einer Außenstrandreuse vor dem Lobber Ort an wird an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns am häufig- der Küste Rügens fing. sten beobachtet. ln den letzten drei Jahren (1 989 - 1991) wurden im Mee- Das Meeresmuseum unterstützt Aufklärungsarbeit und resmuseum Stralsund folgende Robbenbeobachtungen Schutzbemühungen durch die Bereitstellung von lnformati- und Totfundmeldungen registriert: onsmaterial. Das regelmäßige Auftreten der Kegelrobbe an Ein Totfund Ringelrobbe, fünf Totfunde Seehund und eine unserer Küste zeigt, daß sich die Tiere noch nicht völlig in Beobachtungsmeldung, neun Totfunde Kegelrobbe und andere Gebìete zurückgezogen haben. Mit der Ausweisung sieben Beobachtungsmeldungen. von Totalreservaten im Nationalpark Vorpommersche Bod- Durch die Erarbeitung und Vervollkommnung der Fund- und denlandschaft - Bernsteininsel am Darßer Od, Windwatt- Beobachtungskartei in den letzten Jahren muß die Aussage fläche zwischen Pramort und lnsel Bock, Bug bei Dranske über Geburtennachweise im Beitrag zur Gesamtsituation - ist für sie auch die Möglichkeit gegeben, Ruheplätze auf- der Robben in der Ostsee und über die Nachweise vor zusuchen, die durch den Menschen nicht gestört werden. 1989 im Band 6/1990 von MEER UND MUSEUM (HARDER Fraglich ist, ob bei der geringen Bestandszahl in der 1990) korrigiert werden. lnsgesamt fand und beobachtete gesamten Ostsee (Rückgang der Population seit der Jahr- man an unserer Küste seit 1953 neunzehn juvenile Kegel- hundertwende von 100 auf zwei bis drei Prozent) die südli- robben (mit weißem Säuglingsfell). Die überwiegende Zahl che Küste, die gleichzeitig die Verbreitungsgrenze darstellt, der Tiere (vierzehn) wurde in der Zeit vom 20. März bis zum dadurch wieder verstärkt aufgesucht wird. 16. Juni gefunden, vier im Juli/August, und nur das am Ufer des Prerow-Stromes geborene Junge kam im Dezember zur Welt (1 6.Dezember 1978). Normalerweise liegt der Literatur: Gebudstermin für die Kegelrobbenpopulation der Ostsee im ERHARDT, A. (1940): Ein Walroß (Odobenus rosmarus) und eine MàrzJApril, nach zwei bis drei Wochen wird der Jungpelz Sattelrobbe (Phoca groenlandica) für Mecklenburg nachgewiesen. durch das En¡uachsenenfell ersetzt. Andere Kegelrobben, Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- wie die bei den Britischen lnseln, werfen ihre Jungen vor- burg, N.F. 15, 9 - 12. wiegend von September bis Dezember. GREVE, C. (1896): Die geographische Verbreitung der Pinnipedia. Regelmäßig werden Robben in der Dar3-Zingster-Bodden- Nova acta, Bd. LXVI., Nr. 4 HARDER, K. (1990): Robben in der Ostsee - die Auswirkungen kette beobachtet, wobei es sich wahrscheinlich immer um des Seehundsterbens in Nordsee und Kattegat, an der DDR-Küste Kegelrobben handelt. Von dort liegen uns 74 Beobach- und zur Situation der Robbenbestände in der Ostsee. Meer und tungsmeldungen vom 1 . Mai 1968 bis Ende 1990 vor. Seit Museum, 6,47 - 51 . Beginn der Urlaubssaison 1991 fühd Hen Wolfgang HILZHEIMER, M. (1939): Die Tierknochen von Rerik. Zeitschrift für Säugetierkunde, 13, 1 64-17 1. Rasche, Auf dem Ende 0-2382 Born, Tel. 210, ein 8, N/OHR, E. (1952): Die Robben der europäischen Gewässer. Frank- ,,Seehundlogbuch" auf seinem Motorschiff MS ,,Heidi". Auf furt den Fahften von Prerow durch den Prerowstrom in den NIETHAMMER, J., KRAPP, F. (1992): Handbuch der Säugetiere Bodtstedter Bodden wurde dadurch allein 1991 mehr als Europas, Bd. 6 Meeressäuger, Teil 2, Robben - Pinnipedia. Wies- baden. 150mal eine Kegelrobbe beobachtet, einige Male sogar ein SKIRNISSON, K. (1 991): Sero-epidemiologische Untersuchungen jüngeres zweites, und scheueres Tier. Jede Begegnung mit zum Vorkommen von Morbiliviren - Antikörpern in Blutproben von diesem Flossenfüßer wird den Fahrgästen als zoologische Robben und Walen. Vortrag Gesprächsrunde Seehundsterben der Sensation dargestellt. Universität Kiel am 28. und 29. Oktober 1991 in Büsum.

85 Ein Jahr Verein der Freunde und Förderer des Meeresmuseums Stralsund e. V. (VFFM)

R. Reinicke

Noch vor Jahresfrist waren gut funktionierende Vereine über 100 Vereinsmitglieder und Gäste auch davon über- eine Seltenheit im Osten Deutschlands. Wer kannte sich zeugen, daß die Ursache für den damals äußerst mangel- schon aus in allen Formalitäten und rechtlichen Vorausset- haften Absatz der in Stralsund und Umgebung hergestell- zungen für die ordnungsgemäße Gründung und das erfolg- ten Fischprodukte keinesfalls deren Qualität war. reiche Wirken eines gemeinnützigen Vereins? Daher dauer- Die Gesprächsrunde ,,Ein Jahr Nationalpark - und wie wei- te es nach der Gründungsversammlung am 31 . Januar ter?" mit Vertretern der Landesregierung und des National- 1991 im überfüllten Vortragsraum des Meeresmuseums parkamtes Mecklenburg-Vorpommern sowie den Venval- auch einige Monate, bevor alle Unterlagen erarbeitet, ein- tungen der Nationalparks Vorpommersche Boddenland- gereicht, bearbeitet und bestätigt waren. Am 30. August schaft und Jasmund im Dezember informierte die über 120 1991 erlolgte die Eintragung in das Vereinsregister der Anwesenden über Erfolge und Probleme in den neuen Hansestadt Stralsund unter der Nummer VR 189 und am Großschutzgebieten. Eine überaus lebhaft geführte Diskus- 5. September 1991 die Zuerkennung der GemeinnÜtzigkeit sion zeigte in aller Deutlichkeit, welche Gefahren unserer durch das Finanzamt der Stadt. heimatlichen Küstenlandschaft künftig durch große Projek- te des Verkehrs und der Wirtschaft drohen und wie wichtig Ganz anders als diese etwas schleppenden ,,Amtshandlun- künftig ein konsequenter Schutz dieser Regionen ist. Eben- gen" vollzog sich das Vereinsleben selbst. Als am 31 . falls dem Schutz von Natur und Landschaft gewidmet war Januar 1992, genau ein Jahr nach Vereinsgründung, der die Vorstellung des neuen Naturschutzgesetzes für das Vorsitzende, Dr. Henning Klostermann, auf der ersten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern im Januar 1992, Generalversammlung über das vergangene Jahr berichtete, die vom Vereinsvorsitzenden und Landtagsabgeordneten, konnte er ein rundum erfreuliches Resümé geben: Die Zahl Dr. Henning Klostermann, durchgeführt wurde. Auch hier der Mitgliedschaften hat sich sehr rasch erhöht. Am 31 . gab es im Anschluß eine rege Diskussion, die das beachtli- Januar 1992 betrug sie insgesamt 162. Davon waren: che Engagement vieler Vereinsmitglieder im Natur- und 73 Einzelmitglieder, Umweltschutz verdeutlichte. 32 Ehepaare, Gern besuchten unsere Vereinsmitglieder auch die Eröff- 27 Familien, nung von Sonderausstellungen mit den sich anschließen- 30 juristische Personen. den Führungen, so bei ,,Schwebendes Leben im Meer" Diesen Mitgliedern wurde bereits im ersten Jahr eìn sehr (März), ,,Treibhauseffekt - Ozonloch" (September) und vielseitiges Programm geboten. Es entsprach in jeder ,,Geschiebe - Boten aus dem Norden" (Januar 1992). Weise dem Grundanliegen des Vereins, das ,,lnteresse am Bei allen Vereinsfahrten war die Nachfrage größer als das Meer, am Leben im Meer, an der sinnvollen Nutzung des Platzangebot (eweils 50 Plätze im Reisebus). Beide Meeres und am Schutz der Meeresumwelt zu wecken". ,,Samstags-Exkursionen" hatten Schutzgebiete an der Dazu gab es eine Vielzahl von Vorträgen, Gesprächsrun- Küste in der näheren Umgebung von Stralsund zum Ziel. den, Eröffnungen von Sonderausstellungen, Exkursionen Anfang Mai führte die Fahrt in den Nationalpark Vorpom- und Vereinsfahrten und natürlich viele andere Kontakte zwi- mersche Boddenlandschaft - zur Hohen Düne bei Pramort schen dem Museum und Vereinsmitgliedern. und zum Darßer Od. Dort erlebten die Vereinsmitglieder u. a. einen wichtigen Augenblick: Der Leiter des Wasser- und Die insgesamt sieben Abendvorlräge zu den Themen Schiffahrtsamtes Stralsund übergab den Vedretern des Planktonforschung, Schweinswale in der Ostsee, Natur- Meeresmuseums feìerlich die SchlÜssel fÜr das Leucht- Makrofotografie, Seezeichen, Natur der Umgebung von turmgehöft am Darßer Oft zur Einrichtung eines lnformati- Lübeck, Küstenlandschaften in Pommern, Kranichzug ons- und Ausstellungszentrums. lm Oktober fühde die sowie Geschiebeforschung waren ohne Ausnahme gut zweite Samstags-Exkursion zu den Rastplätzen der Krani- besucht - durchschnittlich von etwa 50 Personen. che westlich von Stralsund. Höhepunkt der Exkursionen war zweifellos die zweitägige Zu den größeren Veranstaltungen des VFFM gehÖren die ,,Jahresfahrt 1991 " zur Kreideküste der dänischen lnsel Mön öffentlichen ,,Gesprächsrunden unterm Wal". Drei davon mit einem Luxus-Reisebus der Stralsunder Firma Otto MÖller gab es innerhalb des ersten Vereinsjahres - aus techni- (Vereinsmitglied) im September. Auf langen Wanderungen schen Gründen allerdings nur. eine davon wirklich unter bei sonnigem Frühherbst-Wetter entlang dieser beein- dem Finnwalskelett im Chor der Katharinenhalle. ,,Fische druckenden Hochufer lernten dìe Teilnehmer ein besonders und Fischerei - wie geht es weiter in der Region?" im schönes Stück Ostseeküste kennen - bisher hatten sie es Februar 1991 mit den Verlretern der heimischen KÜstenfi- nur aus der Ferne, von der lnsel Hiddensee aus, gesehen. scherei und Fischverarbeitung zeigte in aller Deutlichkeit die großen Probleme dieses dem Museum stets sehr verbun- lnsgesamt zufrieden zeigte sich der Vereinsvorsitzende denen Gewerbezweiges nach der deutschen Einheit. Bei auch hinsichtlich der Einnahmen des VFFM, die zum größ- einer Verkostung von Fischprodukten konnten sich die ten Teil zur Finanzierung ausgewählter Vorhaben des Mee-

86 resmuseums bestimmt sind. Hier allerdings könnten sich Debold, Peter und Familie, Stralsund künftig die juristischen N/itglieder noch erheblich stärker als Dobslaw, Egon, Stralsund Sponsoren einbringen als bisher, denn mehr als die Hälfte Ebert, Margitta und Ehemann, Stralsund der Einnahmen kam im ersten Vereinsjahr von den persön- Eckel, Antje und Ehemann, Stralsund lichen Mitgliedern. Endrußeit, Bruno, Stralsund Umfangreicher und vielfältiger ist das Vereinsprogramm für Frenz, Martina, Stralsund 1992 - das zweite Jahr des VFFM. Und jedes einzelne Mit- Gründl, Ruth und Kind, München glied sollte, so die Bitte des Vorsitzenden, aktiv mitwirken. Hübner, Sieglinde und Heinz, Grimmen Dr. Juppe, Hartmut und Familie, Stralsund Ergänzung der Mitgliederliste (Stand 15. Juli 1991), ver- Klein, Horst, Stralsund öffentlicht in MEER UND MUSEUM, Band 7/1991, Seite Korich, Ulf, Bedin 63 bis 64 (Stand 30. Juni 1992): Krohmann, Dagmar und Heinz, Stralsund Kuhn, Brigitte und Rüdiger, Stralsund Juristische Personen Lange, Dietrich, Bremen Lienau, Hans-Werner und Familie, Hamburg BIT Büro- und lnformationstechnik GmbH, Meßner, Gerhild und Ulrich, Speck Niederlassung Stralsund Miller, lngrid, Stralsund Busunternehmen Otto Möller, Stralsund Murk, Renate und Hugo, Stralsund Dittmeyer's Austern Compagnie GmbH, Hamburg Rohde, Anneliese, Stralsund Druckerei Gotthardt Simons, Kiel Röhrbein, Dietrich und Familie, Stralsund Fa. Carl W. Copperschmidt, Niederlassung Stralsund Schäfer, Kerstin, Stralsund Fischereigenossenschaft e.G.,,Strelasund", Stralsund Schmidt, Helga, Stralsund "Strolsunner Klüverboom Commün", Stralsund Schümer, Katja, Hamburg Tischlerei Steinhöfel, Stralsund Schütz, Gudrun und Volker, Stralsund Dr. Stede, Michael und Familie, Cuxhafen Persönliche Mitglieder: Tredup, Elisabeth und Karl, Stralsund Wellner, Christine und Egon, Stralsund Arndt, Renate und Werner, Stralsund Dr. Wiemer, Reinhard und Familie, Stralsund Brinckmann, lrmela, Stralsund Zibell, Andrea und Holger, Stralsund

Buchbesprechu ngen

Fossilien Atlas Fische on herausgekommen, und man ist verwunded darüber, wieviele Fischaden doch fossil in gutem Zustand erhalten geblieben sind. K. A. Frickhinger Mit 900 Farbfotos werden die meisten von ihnen gezeigt, und das in erstklassiger Wiedergabe und Druckqualität. Auch die fotografi- .1991 Mergus Verlag, Melle, , 10BB Seiten, mit 1 100 Farb- und 400 sche Leistung des Autors ist bemerkenswert, von der wissen- Schwarzweiß-Abbildungen, Format 15,5 x 1B cm, Kunstlederein- schaftlichen, jedes Stück richtig einzuordnen, richtig zu benennen band, 128,- DM oder gar erst zu bestimmen, ganz abgesehen, Damit man sich von dem so abgebildeten Fisch aber ein noch besseres Bild machen Sie ist ihren Preis wed, diese ,,bibliophile und ichthyologische Kost- kann, sind oft eine Zeichnung (400) dazugestellt oder nahe ver- barkeit", wie es in der Werbung zu diesem wunderschönen, unver- wandte, rezente Aden im Farbfoto (200) daneben präsentiert, damit gleichlichen Werk mit Recht heißt. Der Atlas reiht sich würdig in die der Betrachter die verwandtschaftlichen Beziehungen des Fossils großadige Reihe ichthyologischer Fachbücher ein, mit der dieser besser verstehen kann. Dieser Bezug zur gegenwädigen Fischfau- Verlag seine Leser in der ganzen Welt immer wieder überraschte na dürfte von den Nutzern ganz besonders begrüßt werden. Nach und erfreute. Eine Wertung der Ausgaben ist kaum möglich, da Aussagen zur systematischen Stellung (Ordnung, Familie) folgen jede Edition ihr Thema immer überzeugend und erschöpfend vielfältige lnformationen: Originalgröße, geologische Formation, behandelt, aber mindestens vom Arbeitsaufwand her nimmt dieser Fundoft, Bestandteil welcher Sammlung, ehemalige Vorkommen ,,Fossilien Atlas Fische" unter ihnen eine Spitzenposition ein, und und Verbreitung, Merkmale, lebende Verwandte und anderes mehr. wer sich irgendwie mit dem Thema ,,Fische" verbunden fühlt, sich gar für Fische begeisted und besonders interessiert, sollte sich die- Das noch unvollständige ,,Handbuch der Palaeoichthyologie" ist ein ses einmalige Buch leisten; lchthyologen und entsprechende wis- Werkzeug für den reinen Fachwissenschaftler, die bisher einzige senschaftliche Einrichtungen können überhaupt nicht darauf ver- Zusammenstellung fossiler Fische von AGASSIZ, 150 Jahre alt, ent- zichten - die Palette der Nutzer läßt sich weit spannen. Es ist schon sprechend unvollständig und überholt. Deshalb wurde mit diesem ein Erlebnis, in diesem Buch zu blättern: Da hält man die am besten Werk eine Lücke in der naturwissenschaftlichen Literatur geschlos- erhaltenen und die meisten aller Fischfossilien aus den Sammlun- sen, wofür die große Zahl der lnteressenten dem Autor nur dankbar gen der ganzen Welt in den eigenen Händen! Von dem Arbeitsauf- sein kann. Und wie bescheiden äußert sich der VerJasser selbst wand, der damit verbunden war - Ermitteln, Reisen, Auswählen, dazu: ,,Das Wort Bildband bringt auch zum Ausdruck, daß ich kei- Fotografieren, Beschreiben - hat nur der Autor selbst die richtige neswegs beabsichiigte, mit wissenschaftlichen Werken in Konkur- Vorstellung. Wieviele Jahre mag es allein gedaued haben, das renz zu treten, denn mir war von vornherein klar, daß es sich nur Material weltweit aufzuspüren? Dabei ist jedenfalls eine ganz um eine sinnvolle Ergänzung zur Fachliteratur handeln konnte". erstaunliche Zusammenschau aller fossrlen Belege der Fischevoluti- Doch selbst für den spezialisierlen Palaeoichthyologen ist nun aber

87 das eine ohne das andere kaum mehr denkbar, er kann auf diesen 622 Farbfotos werden ausnahmslos die behandelten Fische dem ,,Bildband" nicht verzichtenl Leser nahe gebracht. Die Fotos, dafür garantiert die Liste der Bildau- Auch die einleitenden Kapitel über Sammeln und Fotografieren, die toren, sind fast durchweg von kaum zu überbietender Qualität. Evolution, äußere Merkmale und das System der Fische berei- Nicht nur Aquarianern, sondern auch biologisch interessieden Tau- chern den Band auf ihre Weise. Nicht unerwähnt bleiben dad das chern und Naturfreunden sei dieses prächtige Nachschlagewerk thematisch und systematisch gegliederte, umfangreiche Literatur- wärmstens empfohlen. Bedenkt man, daß ein zweìter Band des verzeichnis, und die Aufstellung der lnstitutionen und Privatsamm- Meerwasseratlas vorgesehen ist, so stehen damit zwei Werke zur lungen, deren Bestânde genutzt wurden, ist eine Fundgrube für Pflege von Wirbellosen und Fischen in Aquarien zur Verfügung, wie jeden lnteressenten, Verschiedene lndlzes (Gattungs-, Familien- sie weltweit kaum wiederzufinden sein dÜrften. und Ordnungsnamen, Gattungen und Formationen, Gattungen und Fundorte u.a.) ermöglichen schnelles Auffinden des Gesuch- Karl-Heinz Tschiesche ten. Prof. Dr. F. Gessner und Prof. Dr. H.-H. Reichenbach-Klinke, Meeresmuseum Stralsund denen das Buch gewidmet ist, können jedenfalls stolz auf diese Leistung ihres Schülers und Freundes sein. Monstrum horrendum Wale und Waldarstellungen des 16. Jahrhunderts und ihr Horst Schröder motivkundlicher Einflu ß. Meeeresmuseum Stralsund K. Barthelmess, J.Münzing Meerwasseratlas Ernst Kabel Verlag, Hamburg, 1991 . 395 Seiten, 96 teils farbige Abbildungen, Format 20,5x18 cm, dreìteilig in festem Schuber. H.A. Baensch, H. Debelius 29.Band der Schriften des Deutschen Schifffahdsmuseums, 98,- DM. Mergus Verlag, Melle, 1992. 1216 Seiten, 1 1 68 Farb- und 49

Schwarzweißfotos sowie 1 70 Grafiken, .19 Es liegt ein eigener Reiz in historischen Waldarstellungen. Man Format 12,5 x cm, Kunstledereinband, 78,- DN/. braucht nicht Zoologe, Kunsthistoriker oder sonst ein Spezialist zu Faszination zu empfinden. Wenn nun aber mit lvleerwasseraquaristik edreut sich zunehmend großer Beliebtheit. sein, um diese großer Bilder vorgestellt und gewedet werden, so Die Gründe dafür sind vielfältigster Natur. Mancher Tierfreund mag Akribie solche durch den Besuch eines Schauaquariums angeregt worden sein, kommt zum lntuitiven noch ein angenehmer Erkenntnisgewinn andere vielleicht durch einen Urlaubsaufenthalt am Meer. Gleich, hinzu. Das vorliegende Werk ist ein Musterbeispiel dafür, zu welch ob sich einer als Anfänger diesem Hobby zuwendet, bereits ein hoher Qualität solche Zusammenschau getrieben werden kann. Die glücklich, Obhut des Deut- ,,alter Hase" ist oder als ,,Profi" in einem öffentlichen Aquarium Umstände waren denkbar daß unter der arbeitet - auf gute Literatur kann keiner verzichten. So wie man schen Schiffahrtsmuseums Bremerhaven zwei profunde Kenner der immer einen Duden zur Hand haben muß, so ist fÜr einen interes- Mater¡e zusammenarbeiten und sich Qegenseitig ergänzen konnten: sierten Meeresaquarianer der Griff zum guten Fachbuch Voraus- der Historiker Barthelmeß und der Zoologe Münzing. Klaus Barthel- setzung zu Erfolgen. Dabei sind keine langen Abhandlungen meß, beratender Mitarbeiter des amerikanischen Kendall Whaling gefragt, sondern meistens informative Nachschlagewerke, die Museums in Sharon, Massachusetts, und am Forschungsprojekt ohne Umschweife das Wesentliche kurz, wissenschaftlich fundiert Walfang des Deutschen Schiffahrtsmuseums beteiligt, hat bereits und gut verständlich darstellen. Und gerade unter diesem Aspekt eine Reihe interessanter Arbeiten zur lkonographie des Wals und ist der vorliegende Meerwasseratlas eine wahre Fundgrube. zur Geschichte des Walfangs verfaßt. Dr. Joachim Münzing vom Auf über 200 Seiten werden zu Beginn in übersichtlicher und Zoologischen lnstitut und Museum der Universität Hamburg brach- didaktisch gut aufbereiteter Abfolge wichtige Fragen erörterl: Wie te schon sehr schöne Artikel und Bücher zur Geschichte des Wal- kann das Aquarium für individuelle Wünsche aussehen, was wird fangs heraus. Aber mit dieser Publikation, die zoologisch, historisch an Technik benötigt, wie ist das Wasser für die Pfleglinge zu berei- und ikonologisch gleichermaßen tiefgreifend und detailgetreu ist, ten und lebensfreundlich zu erhalten, mit welchen Methoden las- hat er sich selbst das schönste Geschenk zu seinem 60. Geburts- sen sich chemische Vorgänge im Wasser kontrollieren, um sie zu tag bereitet. beeinflussen, wie sind Krankheiten zu erkennen und zu behan- Die Autoren haben ihr Thema auf das 16. Jahrhunded begrenzt deln? und damit sicher für diese Ad Druckgraphik die interessanteste Zeit mit Algen in Meer und Die folgenden 1 10 Seiten befassen sich den ausgewählt. Waldarstellungen aus dieser Epoche haben nicht nur Abhandlungen beschreibt der Autor Aquarium. Nach allgemeinen sensationelìen oder emotional-mystischen CharaÌ

BB Mitarbe¡ler dieses Bandes

Uwe Beese, Leiter der Präparationswerkstatt des Meeresmuseums Stralsund Dr. Uwe Böttcher, Wissenschaftlicher Angestellter der Bundesforschungsanstalt für Fischerei, lnstitut für Ostseefischerei Rostock Annerose Goldbecher, Zoologischer Präparator am Meeresmuseum Stralsund Dipl.-Biologe Klaus Harder, Oberkustos am Meeresmuseum Stralsund Dipl.-Biologe Erika Hoppe, Oberkustos am Meeresmuseum Stralsund Dipl.-Fachlehrer Ute Mascow, Museumspädagogin am Meeresmuseum Stralsund Dipl.-lng.f,Fischfangtechnik Thomas Mohr, Projektleiter im Verein ,,Fisch und Umwelt e.V." Mecklenburg-Vorpommern Dipl.-Geologe Rolf Reinicke, Hauptkustos am Meeresmuseum Stralsund Mohammed Saad, Wissenschaftlìcher Mitarbeiter am Meeresforschungscenter Aden, Jemen Dipl.-Biologe Horst Schröder, Oberkustos am Meeresmuseum Stralsund Dipl.-Biologe Gerhard Schulze, Stellv, Direktor und Hauptkustos am Meeresmuseum Stralsund Katja Schümer, Geschäftsführerin der Dittmeyer's Austern-Compagnie, List auf Sylt Dipl.-Biologe Axel Sievert, Blockmacherweg 46, 0-2500 Rostock 27 OMuR Dr, Sonnfried Streicher, Direktor des Meeresmuseums Stralsund Dr. Karl-Heinz Tschiesche, Bereichsdirektor des Meeresaquariums im Meeresmuseum Stralsund Dr, Wolfgang Wranik, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Meeresbiologie der Universität Rostock

3 oben, 4, 5, 6 rechts, 7 19,20,21 Fotonachweis: Schröder, H.(33): Seiten ,16, ' Böttcher, U. (2): Seite 74; 22, 23, 26rechts, 34, 60, 61, 63, 77 unten, 83; Harder, K. (1): Seite 85; Schümer, K. (3): Seìten 75,77 oben: Herre, V. (B): Titelfoto und Seiten B, 10, 11, 13, 14, 15, 1B; Sieved, A. (4): Seiten 78,79,82; Reinicke R. (1): Seite 6 links; Tschiesche, K.-H. (13): Seiten 28, 29, 30, 31, 32, 33, Rücktìtelfoto; 58, 62. Schröder, B. (10): Seiten 3 unten, 24,25,26links, 27; Wranik, W. (20): Seiten 41 ,43,48,49,50,52,53, 55, 57,

ln der Schriftenreihe MEER UND MUSEUM sind bisher erschienen: Band 1/1980: Das Meereresmuseum Stralsund - Entwicklung, Aufgaben, Arbeitsergebnisse 64 Seiten, 38 Farb- und 87 Schwarzweißfotos, 5 Grafiken. Vergriffen Preis 12,- M

Band 2/1981 : ,,Acropora 1976 und 1979", zwei meeresbiologische Sammelreisen ins Rote Meer 72 Seiten, 50 Farb- und 125 Schwarzweißfotos, l2 Grafiken Vergriffen Preis 10,- M

Band 3/1 982: Das Küstenschutzgebiet ,,lnseln Oie und Kirr" BO Seiten, 50 Farb- und 49 Schwarzweißfotos, 26 Grafiken Vergriffen Preis 10,- M

Band 4/1986: Das Meeresmuseum Stralsund - ein Beispiel fÜr den Prof¡lierungsprozeß der natun¡¿issenschaftlichen Museen in der DDR B0 Seiten, 35 Farb- und 91 Schwarzweißfotos, 19 Grafiken Vergriffen Preis 10,- M

Band 5/1989 Der Greifswalder Bodden 104 Seiten, 73 Farb- und 43 Schwarzweißfotos, 68 Grafiken und Kaden Preis 9,50 DM

Band 6/1 990 Das Meeresmuseum Stralsund von 1982 bis 19BB und Beiträge aus seinem Wirkungsbereich 68 Seiten, 32 Farb- und 57 Schwarzweißfotos, 12 Grafiken und Kaften Preis 5,- DM

Band 7/1991 Mit Beiträgen aus Meeresmuseum und Meeresaquarium, über das Salzhaff und die Wale an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns 64 Seiten, 11 Farb- und 37 Schwarzweißfotos, 37 Grafiken und Kaden Preis 5,- DM

N/EER IJND MUSEUM Schriftenreìhe des Meeresmuseums Stralsund, B, 1992 Redaktionsschluß 22. Oktober 1992 Herausgeber: OMuR Dr. rer. nat. Sonnfried Streicher Grafik: lngrid llchen, lnge Duty, Roland Heppert, Autoren Museumsdirektor Bezug: Redaktìon und Gestaltung Meeresmuseum Dipl.-Journalist Joachim Wagner Katharinenberg 14 - 17 PSF 108 Dipl.-Biologe Horst Schröder 0-2300 Stralsund Te| 295135

Satz, Druck und buchbinderische Verarbeitung Rücklitelfoto: Offsetdruckerei Gotthard Simons Riesenmuschel n (Tridacna gþas) sind eindrucksvolle Bewohner Boninstraße 56 der Aquarien für wirbellose Meerestiere. Auch im Meeresaquarium W-2300 Kiel Stralsund werden sie seit längerer Zeit gehalten. M MEERESMUSEUM STRALSUND

Museum für Meereskunde und Fischerei