Der Schwarzwaldwanderer stößt auf Schanzen

Von Th om as Kopp, Zell/Harmersbach I. Teil vernachlässigt, um den Feind im Anrücken Es ist gewiß nicht Freude am Krieg, die zu hindern. — Bis diese Anlagen fertig uns Schwarzwaldwanderer veranlaßt, den waren, waren aber auch sämtliche Wälder heimatlichen Schanzen — Zeugen früherer der Umgebung kahl gehauen und die Bauern Kämpfe und Nöte der Vorfahren — nach­ hatten kaum mehr Holz zum Feuern . . .“ zugehen. Im Gegenteil, diese Bauten in Vorläufer des Westwalls unseren Wäldern und Bergen könnten gar wohl mithelfen, einem die Schrecken der Wer also offenen Auges über die Schwarz­ Gewalt vor Augen zu stellen, die gerade waldhöhen wandert, trifft immer und immer durch ihre „Hautnähe“ recht lebendig zu wieder auf solche alten Befestigungen. Ein wirken vermögen. Wenn besinnliche Wande­ Großteil derselben ist in ein „Linien-System“ rer, aber auch ganze Schulklassen und Ver­ unterzubringen, das von Säckingen bis eine, in der Einsamkeit der Landschaft vor Pforzheim reicht: eine Art Vorläufer des solchen Verteidigungsanlagen stehen, machen Westwalls unserer Zeit! Damit es dem diese sicherlich einen eigenartigen, ernsten Höhenweg-Wanderer möglich wird, die Eindruck auf die Beschauer. Schanzen und Gräben, auf die er unterwegs stößt, in dieses System einzuordnen, wollen Zunächst zur Begriffsklärung: Beim Sam­ wir die Hauptlinien verfolgen. melwort „Schanzen“ handelt es sich um Eine ältere verläuft vom einst befestigten mehr oder weniger gut erhaltene schützen­ Säckingen über den Hotzenwald nach grabenähnliche Wälle und Gräben ein­ St. Blasien, zum Feldberg und von dort über schließlich der viereckig oder sternförmig den Hohwart bei Breitnau (am Freiburger aufgeworfenen Erdwerke (Redouten). Daß Naturfreunde-Haus vorbei) und den Dol­ sie ursprünglich anders, vollkommener aus­ denbühl zum Turner, weiter über den Hoh­ gesehen haben, dürfte klar sein. Ein alter len Graben und die Kaiserebene bei Güten­ Schwarzwaldwanderer (Karl Halter, Frei­ bach, um dann mit den Hirschlach- und burg) beschreibt sie folgendermaßen: Prechtaler Schanzen und dem „.. . Ein Wall mit einer Brustwehr und Kniebis zuzustreben, anschließend dem davor ein Graben; vor dem Graben aber Murgtal entlang über den Schramberg (bei hundert Schritt breit ein Holzverhau, wo Raumünzach — nicht mit der Stadt Schram­ man die Baumstämme, mit ihren zugestutz­ berg verwechseln!) gegen Dobel und Neuen­ ten krackligen Ästen nach außen gekehrt, bürg bei Pforzheim. gut in der Erde verrammt und durch Ast­ Nach Ernst Boessers „Zur Geschichte der klammern zusammengehängt hatte; an den Schwarzwaldlinien“ kann nicht endgültig gefährdetsten Stellen eine stärkere Viereck­ entschieden werden, ob dies die „auf Befehl schanze (Redoute) doppelt gut bewehrt mit des Markgrafen Ludwig von Baden im Jahre spitzen Pfählen und Pflöcken nach außen 1701 begonnene und jedenfalls unter Be­ gekehrt, mit Dorngestrüpp und Fallen. Bei nützung älterer Anlagen aus dem Jahre 1688 diesen Viereckschanzen standen niedere im Laufe mehrerer Jahre ausgeführte oder Blockhäuser, in denen die Wachen sich auf­ vielleicht lediglich die im Jahre 1688 an­ hielten und . . . Gelegenheit zum Kochen und gelegte ist“. Schlafen gegeben war. Die Wege wurden auf Neben dieser „Älteren Schwarzwaldlinie“ sechs Stunden aufgerissen und absichtlich können wir eine zweite, jüngere, noch deut­

56 Plan der Verschanzung des Passes bei Hausach im Kinzigtal (1690) Bad.Generaiiandesarchiv, Karlsruhe lieh erkennen. Zu allem hin haben wir be­ Streckereck und Rohr ins Kandelgebiet zu züglich deren Verlauf sehr gute Unterlagen, gelangen. Wer vom Kandel zu den Platten­ da eine von Boesser vermittelte „Relatio“ höfen wandert, geht auf einem Weg, der in (Bericht) über den Zustand derselben aus der Schwarzwald vereinskarte (Blätter Horn­ dem Jahre 1710 vorliegt. berg—Triberg und Waldkirch—Kandel) Diese Anlage beginnt bei der Todtnauer zweimal mit „Linie“ bezeichnet ist; es han­ Viehhütte am Feldberg, zieht über den delt sich also um die Fortsetzung der be­ Schauinsland und Bromberg zur „Feste Frei­ schriebenen Befestigung, die hinunter zieht burg“, um über Kartause, Roßkopf, ins Simonswälder Tal, dieses nahe der Mün­

57 dung des Griesbachs kreuzt, um übers Roß­ „Linien-Geschichte“ — eck (Martinskapelle) zum Rohrhardsberg zu „Geträumter Schutz“ ziehen, hernach die Richtung Gschassi ein­ Gerade die verhältnismäßig gut erhaltene schlägt, dann aber hinunter geht ins Hintere Schwarzwald-Linie bietet Gelegenheit, näher Prechtal und hanghinauf zum Rensberg. auf diese Art von Befestigung einzugehen. Nun sind wir im Kreis Wolfach. Vom Das ist vor allem auch möglich, weil außer Schänzle geht’s zur Rehhalde, dort im rech­ dem Werk von Boesser noch eine Arbeit vor­ ten Winkel abbiegend zum Hornberger liegt: Kleemann „Die Linien (Linien-Ver- Schloß, das Gutachtal querend über Mark­ schanzung) in Mittel-Europa im 17. und grafenschanze, Pilver-Schondelhöhe, Wald- 18. Jahrhundert“ (1894). Wertvoll ist schon häuslekopf (Moosenmättlegebiet) und Lie- die Begriffserklärung des Verfassers: „Un­ fersberg ins Kinzigtal, das etwa bei der ter der Benennung Linien (Linien-Verschan­ heutigen Station St. Roman geschnitten wird. zungen), wie sie zuerst in den Kriegen am Von hier „laüfft nun die Linie auf Ende des 17. Jahrhunderts erscheint, ver­ St. Roman, eine Wallfahrt vor der Linie steht man zusammenhängende Verschanzun­ gelegen“, hernach zum „Das Tor“ am gen von oft höchst bedeutender Länge, oder Höhenweg Waldshut—Pforzheim und zum auch eine weit ausgedehnte Reihe selbständi­ Kniebis, anschließend ins Murgtal, das unter­ ger, sich gegenseitig unterstützender Werke halb Schwarzenbach gekreuzt wird, zum permanenter, provisorischer oder feldmäßi­ Schramberg und Forsthaus Kaltenbronn (in ger Bauart“. In einem geschichtlichen Rück­ der Nähe ist auf der Schwarzwaldvereins­ blick zeigt Kleemann, wie solche Anlagen karte, Blatt Hornisgrinde, die Mannsloh- schon früher errichtet wurden und erinnert Redoute eingezeichnet). Nach Eyachmühle an die Chinesische Mauer, an den römischen findet die Anlage bei Dobel ihr Ende. und germanischen Limes. Vom 13. Jahrhun­ Zusammenfassend schreibt Boesser bei dert an wurde es üblich, daß Fürsten, Reichs­ einem Vergleich der älteren und jüngeren städte und Klöster derartige Landwehren Linie: Die jüngere „verläuft also vom Feld­ errichteten; es waren Wälle mit Gräben berg bis in die Gegend von Hornberg west­ „oder einer breiten, künstlich ineinander lich der älteren und hat ihren Mittelpunkt verflochtenen dichten Hecke (Gehäge, Ge- in der Feste Freiburg. Von Hornberg bis bücke), oder es war beides vereinigt, indem St. Roman verläuft sie östlicher, fällt dann Wall und Graben mit Hecken bepflanzt längs des Schapbachtals mit ihr zusammen, waren. Die Durchgänge . . . waren durch ebenso wieder vom Schramberg bis zum Wehrtürme, Blockhäuser, starke Schranken Dobel, während sie vom Kniebis bis zum geschützt und unter Aufsicht ständiger Wa­ Schramberg westlich der alten Befestigungs­ chen . . .“ kette bleibt. Die Erbauer der neuen Linie Über unsere 1701 begonnene „Schwarz­ haben sich also verhältnismäßig wenig an wald-Linie“ schreibt Kleemann: „Was die die alte gehalten, und dies hat natürlich Beschaffenheit der Linien betrifft, so wird seinen Grund darin, daß der größte Teil man wenig fehlen, wenn man sie in den einer solchen Befestigung, nämlich der nur dichten Waldungen als breite Verhaue mit aus Verhack und Verfäll bestehende, schon einzelnen dahinter liegenden Redouten für nach wenigen Jahren verschwunden zu sein die Wachen annimmt, während auf den nicht pflegte, mindestens keinerlei militärischen bewaldeten oder lichteren Strecken fortlau­ Wert mehr hatte . .. Nur Erdwerke und fende palisadierte Brustwehren mit Graben, steinerne Schanzen sind an zahlreichen Orten hinter ihnen einzelne geschlossene Schran­ erhalten ...“ ken angelegt waren.“ Warum die Linien den

58 „geträumten Schutz“ gar oft nicht gewähr­ berg, wo sie noch frisch aufgeworfene, jedoch ten, sucht der General auf seine Art zu er­ nicht mehr besetzte Schanzen fand ... — Die klären: Ihre Verteidigung „war dem Breis- vom Markgrafen Ludwig für fast unüber­ gauischen und Schwäbischen Landsturm an­ windlich gehaltenen Schwarzwald-Linien vertraut. Erwägt man jedoch, daß das Land­ waren den Franzosen ohne besondere Ver­ volk teils in Folge des Werbesystems für die luste in die Hände gefallen, womit auch stehenden Armeen, teils auch wegen der ihre Rolle zu Ende war.“ — „Geträumter maßlosen Jagdgesetzte der Behandlung von Schutz“! Feuerwaffen fast ganz entfremdet war, auch So hat „der praktische Gebrauch die Feh­ bei der Zersplitterung des Deutschen Reiches ler und Schwächen zusammenhängender Li- oft nicht wußte, wofür gekämpft wurde, so nien-Verschanzungen genügend erwiesen“. wird man sich kaum wundern, wenn die Besonders war es dann Friedrich der Große, Leute lieber daheim als auf der Wache und der dafür einzelne, möglichst geschlossene Posten waren. Reguläre, tüchtige Truppen Werke setzte. An Stelle der Starrheit traten zur Verteidigung der Linien fand man selten die „neuesten Grundsätze von Beweglich­ in genügender Zahl und am rechten Ort.“ keit und Offensive“. Namen wie Napoleon, Es ist nun sicherlich fesselnd, von Klee­ Scharnhorst und Clausewitz künden vom mann zu hören, wie sich unsere „Schwarz­ Umschwung der Anschauungen. Nach letzte­ wald-Linie“ „bewährte“: Der französische rem sind die „festen Linien die verderblich­ Marschall Villars ging am 25. April 1703 ste Art des Cordonkriegs“. „mit seinem Heer nach Offenburg, um von da den Durchbruch durch den Schwarzwald Heimatgeschichtliches am Rande zu versuchen. Zu diesem Zweck sandte er Da die erwähnte „Relatio“ im Zusam­ den General Blainville mit 28 Bataillonen, menhang mit dem Schanzenbericht eine an­ 30 Schwadronen in das -Tal (30. schauliche Darstellung des entholzten April), welcher im raschen Anlauf die Po­ Schwarzwaldes jener Zeit — also um die sten , Biberach, Haslach und Wende des 17. zum 18. Jahrhunderts — Hausach wegnahm und dabei mehrere Hun­ enthält, sei der betreffende Abschnitt wie­ dert Gefangene machte. Am 1. Mai drang dergegeben: er in das Tal von Hornberg (Gutach-Tal) „. .. ist zu consideriren (bedenken), daß ein und fand diese Stadt und das Tal bis auf der Schwartzwald seine derivation (Ablei­ die Höhen verschanzt und mit Truppen be­ tung) und Etymologia (Erklärung) des Nah- setzt. — Hier vereinigte sich Blainville wie­ mens fast gantz verlohren, da obschon es ein der mit Villars, der nachgerückt war und mit vielen Thälern und Bergen durchzogenes nun an der Spitze von 60 Bataillonen, 70 Geländt, alle deßen Berge, avenüen (Stra­ Schwadronen mit einem außerordentlich ßen), Steigen und Wege, nicht impracticable zahlreichen Wagenpark mit Munition und (unbenutzbar) seyn, sondern also beschaffen, Lebensmitteln stand. — Villars ließ nun die daß weder Ihre Steige und rauhen Höhen, vor den Verschanzungen liegenden Höhen noch Waldungen, den Zugang und die pas- ersteigen und von hier aus angreifen. Nach sage (Durchgang) verhindern, also, daß über­ Abgabe einer einmaligen Salve flohen die all die Infanterie und in den meisten Orthen Verteidiger, und die französischen Truppen auch die Cavallerie, obschon zu Zeithen ab­ kamen den Tal-Verschanzungen in den Rük- sitzend, die Höhen gewinnen können; die ken, so daß deren Besatzungen alsbald das ehedeßen darauf befindl. Waldungen seind Feld räumten. Die französische Armee durch die Eisen- und Glaßhütten, Vermeh­ rückte ohne weitere Belästigung über Tri- rung der Höff und multiplication der Leüth,

59 Theils ausgerottet, und durch die vorige ins vordere Kinzigtal könnte einen Hinweis langwührige Kriege mit Verhackh Theils auf die frühere Bedeutung der Anlage geben. verderbt, und abgehauen worden, also daß Von ihr verläuft sehr steil hangabwärts ein an den meisten Orthen nur kleine Büsch, auf der erwähnten Karte als „Schanzen­ und in kurtzen Jahren das Holtz manglen reste“ bezeichneter Graben zu einer zweiten dorffte . . Schanze in der Höhenlage von 260 m. Und wenn wir von dort hinabklettern zur Bun­ II. Teil desstraße 33, sind wir an der schmälsten Nach der mehr allgemeinen Betrachtung Stelle des vorderen Kinzigtales. Mit scharfen des Westwallvorläufers möchte der Verfas­ Augen und etwas Phantasie könnte man so­ ser auf den Raum, in dem er lebt, einen be- gar eine ehemalige Weiterführung des Wal­ sondern Blick werfen, d. h. die Schanzen les durch die Talaue vermuten. Auf alle des Kinziggebietes — also in etwa des Mit- Fälle aber haben wir gleich jenseits des leren Schwarzwaldes — näher unter­ Flusses die sichtbare Fortsetzung dieser Ver­ suchen. — Um der Vollständigkeit des The­ teidigungsanlage: das „Paulischänzle“ über mas willen wäre es erfreulich, wenn erfah­ dem Schwaibacher Steinbruch. Von dort sind rene Wanderfreunde für den Nord- und es etwa 1000 m Luftlinie bis zum Roßgra­ Südschwarzwald ähnliche Berichte liefern beneck, wo das Werk gut zu sehen ist und könnten! sich verfolgen läßt bis zur 1100 m entfernten „Reig“, bei der die Karte „Auf’m Schänzle“ Der „Vordere Kinzigtal-Wall“ angibt. Von hier aus sieht man dann den Durch geologische Ereignisse wurde dem Wall über den Lieberskopf auf weitere 2 km Kinzigtal schon vor Jahrmillionen sein ge­ verlaufen. An einer Stelle ist er vom „Wenk- schichtliches Schicksal vorgezeichnet. Vom Weg“ angeschnitten, so daß der Wanderer Eindringen der Kelten in die breite Gebirgs- dort anschaulich das Profil eines solchen be­ bresche, dem Bau der Römerstraße und dem obachten kann. Siedlungswerk der Gengenbacher Mönche bis Ob die Anlage wohl weiter ins Moosge­ zum Bau der Schwarzwaldbahn und der biet hineinreichte? Es findet sich nochmals B 33 sind es die gleichen Naturkräfte, die eine recht interessante Schanze unweit des bestimmend wirkten, genau so wie bei der Pfaffenbacher Ecks auf dem Spitztannen­ Anlage der Fliehburgen und Schanzen der berg, die uns aber später in anderm Zusam­ Vergangenheit und den Bunkern der Gegen­ menhang beschäftigen wird. Oder darf man wart. vermuten, der Wall ziehe nach Deshalb nimmt es nicht wunder, wenn wir hinunter und auf der linken Talseite durch gleich im vorderen Teil des Kinzigtales, dort das „Schanzbächle“ — so heißt wirklich das wo es sich oberhalb Gengenbachs zum ersten Tälchen! — nach Flacken-Mühlstein hinauf? Male verengt, auf Schanzen stoßen. Jenseits der Moos gibt es dann wieder Wer auf der linken Kinzigseite vom Reb­ einen gut ausgebildeten Linienzug, den man messerstein (zwischen Rauhkasten und Stein­ aber wahrscheinlich als „Vor-Wall“ der first) zum Holdereck wandert und anschlie­ Kniebis-Befestigung (von der wir nachher ßend auf dem Kamm Strohbach—Fußbach sprechen werden) ansehen muß. Die Topogr. nach Osten weitergeht, kommt vorn auf der Karte, Blatt Gengenbach (7514), gibt zwi­ Bergnase des „Strohbachwaldes“ (Topogr. schen Mooshof (Kutt) und dem ötschenfeld Karte 7614, Zell a. H.: „Auf der Schanz“, dreimal „Schanzen“ und zweimal „Redoute“ 384,8 m) zu einem sehr gut erhaltenen Werk an; der Wanderer entdeckt sie leicht, wenn mit tiefem Graben. Der wunderbare Blick er von der Kalikutt auf dem bezeichneten

60 Versehanzung des Passes oberhalb Oengenbaeh im, Kinzigtal (1690) Bad. Generallandesarchiv, Karlsruhe

Kammweg über den Schärtenkopf nach zu eine hinter der Hauptlinie gelegene zwei­ Lautenbach ins Renchtal geht. te Sperre gebildet haben. Für die Zeit, wann der „Vordere Kinzig­ Die Sommerberg-Schanze tal-Wall“ angelegt und der Verteidigung der Heimat diente, sind mir bis jetzt keine Zeug­ Zwischen Zell am Harmersbach und Biber­ nisse bekannt. Andererseits aber darf man ach liegt die Sommerberg-Schanze. Der wegen des verhältnismäßig gut erhaltenen neue Waldlehrpfad führt an ihr vorbei, eine Zustands vielleicht annehmen, das Vertei­ Tafel weist darauf hin: digungswerk wäre nochmals um 1800 ver­ „Der Überlieferung nach eine ,Schwe­ wendet worden; dann könnten die von Disch denschanze“; sie bildete wahrscheinlich in der Zeller Chronik (Seite 394) erwähnten einen Teil der Anlagen, mit denen man „im Frühjahr 1800“ errichteten Schanzen den Schwarzwald im 17./18. Jahrhun­ von Fröschbach und Haubach (Biberach) da­ dert befestigte.“

61 Es müßte vorweg etwas zum Namensbe­ im Kinzigtal in eine bedrohliche Lage. Der standteil „Schweden“ gesagt werden. Auf Landgraf von Fürstenberg, der hier die der früheren Ausgabe der Topogr. Karte Truppen befehligte, hatte — schreibt nun waren die Schanzen überhaupt nicht ange­ Disch — „seine Stellung auf das sorgfältig­ geben; auf dem derzeitigen Blatt 7614 (Zell ste besetzt und verschanzt: Die Vorposten­ a. H.) sind sie mit „Schwedenschanze“ be­ linie unter dem Kommando des Obersten zeichnet. Das Volk war zu gewissen Zeiten Giulay erstreckte sich von Biberach rechts anscheinend gern bereit, das Bestimmungs­ durch das Harmersbachtal bis an den Her­ wort „Schweden“ zu verwenden (Schweden­ mersberg und Hundskopf, links bis zur Ge­ krieg, -kanonen, -brunnen, -schanze), wohl roldseck.“ (Seite 388) im lebendigen Erinnern an den schrecklichen So könnte vermutet werden, unsere Som- Dreißigjährigen Krieg. Daß diese Begriffs­ merberg-Schanze wäre ein Teil dieser Linie bestimmung zu Recht besteht, kann in den gewesen. Auf alle Fälle wird jeder, der das meisten Fällen nicht begründet werden, z. T. Gebiet begeht, auf „Schanzen“ tippen, wenn ist schon der Gegenbeweis gelungen! er feststellen kann: zwei eigenartige Durch­ Bei den Sommerberg-Schanzen fragen stiche des Kammes in einer Entfernung von Zweifler sogar, ob es sich überhaupt um Be­ 350 Metern, Verbindung derselben auf der festigungsanlagen handelt. Manche vermu­ Westseite durch einen Wall und tiefen Gra­ teten — und der Schreiber gehörte auch ben und in dem in dieser Art beschützten schon dazu —, die künstlichen Aufwerfun­ Gelände eingeebnete Flächen (Terrassen). — gen einschließlich der beiden Felseinschnitte Die Biberacher bezeichnen diese Gebilde als könnten Bergwerksspuren sein. Für wirkli­ „Biberacher oder Schweden-Schanze“. che Befestigungswerke würde sofort spre­ Daß sie aber auch etwas ganz anderes — chen, wenn es gelänge, die Sommerberg- wenigstens in der Erstanlage — sein könn­ Schanzen in ein System, in eine „Linie“ ein­ ten, nämlich eine prähistorische oder früh­ zuordnen, d. h. Gräben und Wälle in der geschichtliche Fliehburg (!), darauf kommen Umgebung zu finden. Bis jetzt sind solche wir im IV. Teil dieser Arbeit zu sprechen. nicht festzustellen; die nächst gelegenen Schanzen trifft man erst in 5 km Entfernung Am „Kandel- und QuerwegLahr-Rottweil“: über den Kamm hinweg auf dem schon er­ „Schwedenschanze“ wähnten Roßgrabeneck. Eine der besterhaltensten und größten Die heimatgeschichtliche Literatur bringt Schanzen liegt auf dem „Prinzbacher Eck“; zwar Hinweise, daß es einstens im Zeller die Topogr. Karte 7713 (Schweighausen) be­ Raum Schanzen gab. Ob nun das Sommer- zeichnet den Punkt 570,7 m mit „Auf der berg-Werk gleichbedeutend mit der „soge­ Schanz“. Die Schwarzwaldvereinskarte, nannten großen Zeller Schanze bei Biberach“ Blatt Kaiserstuhl—Emmendingen, — und ist, die Disch aus den Kriegsjahren 1688/97 selbstverständlich auch der Volksmund! — erwähnt, kann nicht entschieden werden. nennen sie „Schwedenschanze“. Der ganze Gerne aber möchte man glauben, die Som- Bergzug heißt „Bei den Schanzen“. merberg-Schanze gehöre zur „Vorposten­ In seiner „Geschichte von Welschen- linie“, von der die Zeller Chronik berichtet: steinach“ schreibt Dr. K. E. Maier (Seite 56): Im 1. Koalitionskrieg (1792/95) standen sich „Die 1676 auf dem Bergrücken zwischen Franzosen und Österreicher gegenüber. Welschensteinach und Prinzbach angelegten Nachdem in dem Hin und Her der Land­ Schanzgräben sind wohl auf die Franzosen besetzung die Franzosen die Kniebispässe er­ zurückzuführen. Die sternförmige Schanze obert hatten, kam das „Schwäbische Corps“ auf der Höhe des Prinzbacher Eckes weist in

62 ihrer planmäßigen Anlage auf französische — auf Welschensteinacher Gemarkung ein Festungsbaukunst hin und ist wohl franzö­ „Schänzle“ angegeben und auf der Grenze sischen Ursprungs . . Steinach—Hofstetten unweit der „Sieben Einfach wegen der Planmäßigkeit auf Lochen“ eine weitere Schanze mit einem von „französischen Ursprung“ zu schließen, ihr ausgehenden Wall. Bei einer gedachten würde ich nicht wagen — warum sollen die östlichen Verlängerung über den Kamm hin­ Zeitgenossen eines Türkenlouis’ nicht auch weg kommt man nach 1700 m zum Has- „planmäßig“ gebaut haben?! lacher „Schänzle“. Ob die Sternschanze ein Einzelgänger war oder zu einem System gehörte? Zeichnet Der Haslacher „Schanzgraben unter dem man die Schanzen des Kinzigtals in einer Siechenhaus“ Karte ein, könnte man auf den Gedanken Das vorläufig älteste schriftliche Zeugnis kommen, unser eben beschriebenes Verteidi­ über Kinzigtäler Schanzen stammt von 1610. gungswerk sei als Teil einer „Linie“ angelegt, In diesem Jahr zogen protestantische welche die vorhin genannte Strohbacher mit Unionstruppen durchs Tal, worüber ein Be­ der nachher zu erwähnenden Prechtaler richt des damaligen Oberamtmanns vorliegt, Schanze verbindet. Die Vermutung wird der u. a. den im Haslacher Raum entstan­ noch wahrscheinlicher, wenn wir in diesem denen großen Schaden feststellt. Und dann Gebiet — zwischen Rebio und Kallenwald fügt der Schreiber an: „Was nur dessen Ur- — beträchtliche Grabenspuren feststellen. sach, mag ich eigentlich nit wissen, sorg Zudem ist in der älteren Literatur der an­ wohl, der unter Haslach, gleich unter dem genommene Verlauf angedeutet. Siechenhaus, aufgeworfene Schanzgraben Zur „Geographie“ unserer Schanze wäre und sonst ein sach seien nit die geringste nachzutragen: An ihrem Standort stoßen Ursachen eines großen, schädlichen Verder­ drei Gemarkungen zusammen, nämlich Wel- ben. Wer nur zue gedachter Schanz geraten schensteinach, Prinzbach und Schuttertal und und mit interessieret, haben Ew. Gnaden . . . damit auch die Herrschaftsgebiete der Für­ vernommen und wäre meinem einfältigen stenberger und Geroldsecker. Deshalb stand guetbedünken nach besser und dem ganzen in der Redoute ein — auch kunstgeschicht­ Kinzigtal nützlicher, es were dies Schanz­ lich wertvoller — dreieckiger Grenzstein mit grabens niemaln gedacht worden .. .“ (Disch, schönem Wappen und der Jahreszahl 1599. Chronik der Stadt Wolfach, Seite 623) Er wurde weggeholt und „ziert“ jetzt den Eingang des Fürstenbergischen Archivs Do- Kinzigtalsperre bei Hausach naueschingen! Als „Ersatz“ dient heute ein nüchterner Dreiecksstein. Ob es berechtigt Die Lage Hausachs am Zusammenfluß ist, auf ihm ebenfalls die Jahreszahl 1599 Kinzig-Gutach macht den Ort zu einem einzutragen, sei dahingestellt. . . (Alter und Angelpunkt, und so ist es begreiflich, wenn neuer Stein sind abgebildet in Maier, Seite dort sich Burg und Schanze finden. Gerade XE) von diesen Hausacher Befestigungswerken * wissen wir nun gut Bescheid. Disch erwähnt sie in seiner Wolfacher Chronik über viele Im Raume Steinach wären noch die An­ Seiten hinweg. lagen auf dem Artenberg (hinter dem Stein­ Mit dem Bau wurde 1622, also in den bruch) und beim Gewann Herbstloch („uf ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges, d’r Schanz“) zu erwähnen; desgleichen ist durch den Schwäbischen Kreis begonnen. taleinwärts — Topogr. Karte 7714 (Haslach) 1632 kamen die Schweden, zusammen mit

63 den Württembergern, das Kinzigtal herauf gegen Haslach angeruckt, hat der Herr und nahmen Hausach ein. So handelt es sich General von Fürstenberg mit einem Corpo hier um Anlagen, die den Namen „Schwe­ von etlich wenigen 1000 Mann die Schanz denschanzen“ ausnahmsweise zu Recht tra­ und Paß bei Hausach zwar besetzet, auch gen! das Stätlein Haslach mit einem Haubtmann Uber den Bau wissen wir Bescheid, weil und 150 Mann verwahren lassen, weilen das Geld, das dazu nötig war, sich buch­ man aber in Beysorg gestanden, es dürfte mäßig niedergeschlagen und damit in den der Feind über und hinder den Bergen seinen Akten erhalten hat. Wir erfahren, wie die Marsch nemen und dem Herrn General in Hausacher das Geld bei einem Bankhaus den Rücken gehen, maßen daselbsten in Burkhard in Basel liehen. Als es ans Ab­ denen Bergen keine Linie gezogen wäre, hat zahlen ging, verlangte man Hilfe vom Um­ man den Paß und Schanz zu Hausach aban- land: vor allem von dem vor der Schanze doniert ( = verlassen] . . . Der Feind avan- gelegenen Haslach mit der Begründung, cirte derohalben auf Haslach . . .; von dan­ dessen Bewohner könnten bei Gefahr hinter nen er graden Wegs auf Hausach und bis die Schanze fliehen. Die Haslacher haben zum sog. Thurm marchirt . . .“ — also über jedoch Hilfe abgelehnt. Ferner bat man die Schanzen hinaus! Blumberg um Geld: die Werke gewährten Im Polnischen Thronfolgekrieg (1733/35) ja bis in die Baar hinauf Schutz. werden die Hausacher Schanzen nochmals Der Hauptpunkt der Hausacher Verteidi­ neu erstellt; „dem Franz Schwendemann von gung war das Schloß auf der Anhöhe. Dort Haslach wird . . . die Erlaubnis gegeben, in lag zudem eine Redoute. Der Wall zog den der Schanz zu Hausach zu margetentern.“ Schloßberg hinab zur Kinzig. Links des (Disch, Seite 664) Flusses befand sich eine kleinere, rechts eine Im 1. Koalitionskrieg (1792/97) leitete größere — heute im Erdwerk noch gut er­ der Landgraf von Fürstenberg die Verteidi­ haltene — Sternschanze (Fünfeckschanze). gung des Kinzigtales. Neben der schon er­ Die „Linie“ ging am benachbarten Dor- wähnten Harmersbacher Vorpostenlinie und schenberg hinauf, wo als „krönender Ab­ der „Stellung von Haslach“ war es vor allem schluß“ eine weitere Schanze liegt. wieder die „Hauptstellung von Hausach“, Auch in den folgenden Kämpfen des 17. welche die Franzosen abhalten sollte. Eine und 18. Jahrhunderts spielten die Hausacher Beschreibung der Besatzung gibt einen guten Anlagen eine gewichtige Rolle. Als z. B. 1689 Einblick in die Verhältnisse: die Franzosen ins Kinzigtal vorstießen, „Auf dem rechten Ufer der Kinzig: Das wurden die Werke von Verteidigern besetzt. 1. Bat. Fürstenberg in der Sternschanze mit Sie waren schon 1675 auf Veranlassung des 2 Zwölfpfündern, 2 Dreipfündern und 1 kaiserlichen Feldherrn Montecuccoli teils Haubitze. Vom 2. Bat. Fürstenberg 3. ausgebessert, teils neu erstellt und mit Block­ Komp. und ein Geschütz rechts, 2. Komp. häusern ausgestattet, nun aber beim Heran­ links der Sternschanze; ferner eine Komp. rücken der französischen Truppen von den Baden auf dem Dorschenberg, 2 Komp. auf „schlecht ausgerüsteten Verteidigern“ rasch der Insel zwischen der Stadt Hausach und aufgegeben worden. Im Spanischen Erb­ der Kinzig. folgekrieg (1701 —1714) — Türkenlouis! — Auf dem linken Ufer: Das Gren.-Bat. ging es ähnlich. Vom Einfall der Franzosen Auer und zwar 2 Komp. links der Straße berichtet F. X. Noblat, Obervogt der öster­ zur Deckung der dort placierten 4 Ge­ reichischen Herrschaft Triberg, u. a.: schütze; 2. Komp. in der Redoute auf dem „Nachdem der feind ins Kinzinger Thal bis Schloßberg.

64 Ins Tal von Einbach waren 3 Komp. Wolf ach Wolfegg detachirt zur Sicherung der rechten Daß wir aus den vorhandenen Akten nur Flanke . . (Disch, Seite 672) wenig über Schanzen bei Wolfach erfahren, Zum letzten Mal wurden die Hausacher ist leicht erklärlich. Bedingt durch seine La­ Anlagen 1815 erneuert. Baumeister Michael ge im „Hinterland“ — vor allem auch hin­ Hacker richtete sie mit dem Landsturm wie­ ter dem schützenden Hausach —, erforderte der her, worauf man sie mit „Linien-Trup- diese unbedeutende „strategische Situation“ pen“ besetzte. kaum größere Befestigungswerke. Wie aus einem Bericht ersichtlich, begnügte man sich Die erwähnte gut erhaltene Fünfeckschan­ im Dreißigjährigen Krieg „hinter der Vor­ ze ist für uns Heutige geradezu ein Muster­ stadt mit Staggeten, Blockhäusern und einem beispiel und kann ohne Mühe erreicht wer­ Schäntzle“. (Disch, Seite 638) den; sie liegt unmittelbar neben dem Haus­ 1675, als man die Hausacher Anlagen aus­ acher Schwimmbad, so daß der dortige besserte, wurden „bei der jetzt herrschenden Winkel am Einbach ein richtiges Symbol ist Franzosenfurcht in der Eile Schanzen errich­ für das Zusammentreffen der alten und tet, namentlich legte man beim Hohen Weg, neuen Zeit. wo die Kinzig den Berg berührt, Verhaue Gehen wir noch von der „Talschanze“ an und hob die Kinzigbrücke ab“. (Disch, dem von den Hausachern in letzter Zeit an­ Seite 650) gelegten „Heimatpfad“ folgend auf den Auch die „Relatio“ weist darauf hin: Dorschenberg hinauf, überrascht oben die „Der Vorplatz Wolfach (von St. Roman freigelegte vorhin genannte „Bergschanze“. aus betrachtet) schließt zwar auch das Kint- zinger Thal, wäre aber nicht Soutenable (zu Falls der Wanderer aber seine Schritte halten) bey einem starkh antringenden rechts der Kinzig talabwärts lenkt, Richtung Feind, weilen das Stättlen rings mit hohen Fischerbach, stößt er auch da auf Befe­ Bergen umgeben, und mit einer geringen stigungsreste, die jedoch vom letzten Welt­ Mauer versehen.“ krieg stammen. So spannt sich der Bogen Hier ist es wohl angebracht, den Verlauf vom Dreißigjährigen Krieg zur Gegen­ der im ersten Teil nur kurz beschriebenen wart — und wir kommen ins Sinnen: die Linien im Mittleren Schwarzwald näher zu geographischen Grundkräfte, welche Anlagen verfolgen. Sie treten südwestlich von Horn­ zum Schutz fordern, sind wie einst, sie haben berg in den Kreis Wolfach ein. In der Um­ sich nicht geändert, nur die Formen: vor gebung des „Schänzle“, dieses höchsten drei Jahrhunderten aus Holz und Erde — Kreisberges, weisen auch die Bezeichnungen heute aus Beton und Stahl . . . Schanzenberg und Kleiner Schanzenberg Und wenn wir dabei pessimistisch werden, und die gut erhaltene Redoute beim Schnek- vermag uns die andere vorhin erwähnte kenloch auf einstige Befestigungen hin. Wenn Gegenüberstellung ein wenig zu trösten: die wir dann auf dem Höhenweg Basel—Pforz­ alte Hausacher Schanze und daneben das heim über Karlstein und Prechtaler Schanzen herrliche moderne Schwimmbad! Wann wird nach Hausach wandern, ist es fast so, als es allgemein so weit sein, daß die Menschen wollten wir die alten Werke „kontrollieren“: ihr Geld nicht mehr in Schanzen und Bunker siebenmal taucht bei dieser Strecke (Topogr. stecken müssen, sondern in solche Stätten der Karte 7715, Hornberg) der Begriff „Schan­ Gesundheit? Millionen nicht mehr für den ze“ auf. Wer vom Huberfelsen den „Drei­ Krieg, sondern für den Frieden, nicht für tälerweg“ nach Hornberg geht, verfolgt die den Tod, sondern fürs Leben . . . „Mittlere Linie“. „Der Hornberger Schloß­

5 Badische Heimat 1973 65 berg mit seinen Verschanzungen und Unter­ Nach Unterlagen (Disch) soll die „Ältere künften war das Zentralwerk der ganzen Linie“ von Hausach nach Wolfach gezogen Anlage. Dadurch war der Hornberger Raum sein, dann Richtung Kniebis weiter. zu einem für jene Zeit hochmodernen Fe­ stungsbereich geworden“, schreibt Dr. K. Schneider-Strittmatter dagegen schreibt im Hitzfeld in „Die Ortenau“, 1970, Seite 389, Wolfacher Kreisbuch (Seite 124): „In den wo sich auch ein Ausschnitt aus einem hand­ Hausacher Schanzen laufen die Linien zu­ gezeichneten Plan befindet: „Description der sammen, um dann wieder über das Branden- in Anno 1735 auf dem Schwartzwald von kopfgebiet und den Schwarzenbruch dem Hornberg biß Neuenbürg neu gemachten Kniebis zuzugehen . . .“ Leider fehlt fürs Schanzen u. Postirungs Werckern . . .“ „Brandenkopfgebiet“, was uns Kinzigtäler Und welcher Wanderer kennt dann nicht am meisten interessiert, die Angabe, auf auf der rechten Gutachtalseite die Mark­ welchen Tatsachen diese Behauptung beruht. grafenschanze (sie ist zu Ehren des Türken­ Wohl könnte man vermuten, eine gedachte louis benannt) und die Befestigungen um Verlängerung der Linie Hausacher Schan- Schondelhöhe und Moosenmättle. Vom be­ zen-Dorschenberg würde zum Brandenkopf nachbarten Liefersberg (siehe Schwarzwald­ führen, zumal sich im dazwischenliegenden vereinskarte, Hornberg—Triberg) lassen sich Rautsch-Gumm-Raum eigenartige Gräben die Wälle gut verfolgen bis hinunter ins und Wälle finden. Aber weiterhin ist leider Kinzigtal zur Bahnstation St. Roman und nichts „Positives“ bekannt! Vielleicht trifft auf der ändern Seite bergauf zur Leuben- gerade hier das zu, was der Berichterstatter höhe, wo sie — da aus Bruchsteinen her­ der „Relatio“ erwähnt: daß Befestigungs­ gestellt — noch sehr gut zu sehen sind. Viel­ teile, die nur aus Verhack und Verfäll beste­ leicht war — nach H. Fautz — der sich in hen, schon nach wenigen Jahren verschwun­ der Nähe erhebende Schlößleberg (auf dem den zu sein pflegten. wahrscheinlich kein Schloß stand) ein aus­ Die Kniebis-Schanzen sichtsreicher „Kommandostand dieses Ver­ teidigungsabschnittes“ („Ortenau“, 1970, Für manchen Wanderer wurden die er­ Seite 417, 419). wähnten Befestigungswerke auf dem Knie­ Vom Hausacher Gebiet hörten wir, doch bis zum „Inbegriff der Schwarzwaldschan­ sei in diesem Zusammenhang noch ange­ zen“. führt, was Dr. Hitzfeld dazu schreibt: „Un­ Über den breit hingelagerten Buntsand­ ter dem Schloß war zwar die engste Stelle steinrücken dieses Berges führt seit alters her im Tal, aber zur militärischen Sperrung die von Straßburg durchs Renchtal ziehende reichte die Burg bei weitem nicht aus. Des­ Straße hinein ins Schwäbische: so daß er in halb begann der Schwäbische Kreis 1622 am Friedenszeiten gar wohl ein „Angelpunkt Fuße der Burg in der Talaue mit dem Bau der Freundschaft“ zwischen Deutschland und von sperrenden Erdwerken . . . Ein weiteres Frankreich sein kann — in Kriegszeiten aber Schanzwerk entstand am Berghang . . . Ein dann eben auch ein „wichtiger strategischer Graben stellte die Verbindung mit den Tal­ Punkt“. Es ist bestimmt kein Zufall, wenn schanzen her. Weiter hinten im Tal sicherte die beschriebene ältere und jüngere Schwarz­ ein letztes Erdwerk unter den Eichen die waldlinie sich gerade im Kniebisgebiet ver­ Rückzugslinie ins Gutachtal.“ („Ortenau“ einigen — und genau so ist’s kein Zufall, 1970, Seite 417 — Die Wiedergabe eines wenn wir dort oben neben den alten Fe­ Planes von 1655 zeigt anschaulich die Stern­ stungswerken einen „Führerbunker“ des schanzen rechts und links der Kinzig.) Zweiten Weltkrieges finden!

66 Auf der Schwarzwaldvereinskarte, Blatt Landstraß, aus dem Württembergsch. über —Kniebis, ist in der Nähe der Freüdenstat und den Kniebis und Rappenau Zuflucht, beim Roßbühl, eine „Schweden­ (= ) auf Oberkirch, und Straßburg, schanze“ eingezeichnet und nicht weit davon welche ehemals in consideration (Betrach­ entfernt die „Schwabenschanze“, auch tung) gezogen worden, bey den Frantzosen „Röschenschanze“ genannt nach dem würt- 1690, ... da sie die Durchpassirung allhier tembergischen Major Rösch, der sie um 1794 möglich und zum leichtesten erachtet“. anlegte. (Nebenbei: Rösch war Schillers Leh­ Von den Kämpfen um die Kniebis-Schan­ rer an der Karlsschule.) zen des Jahres 1795 — 1. Koalitionskrieg — Ff alter schreibt: „Die Schwabenschanze sind wir durch die Wolfacher Chronik von war als starkes Sechseck mit einem Block­ Disch ausführlich unterrichtet (Seite 671 ...). haus in der Ffauptsache von französischen Die Franzosen drangen um die Jahresmitte Flüchtlingen, die sich in Württemberg nieder­ ins Kinzigtal ein, wurden jedoch bei Stöcken- gelassen hatten, auf damals völlig kahler Lachen auf gehalten; der Kniebis aber wurde Fläche aufgeführt. Von Wert war sie nicht erobert — trotz der Schanzen! Die Roßbühl­ und wurde schon auf den ersten Anlauf ge­ schanze war mit „einem Sechspfünder ar­ nommen“, so daß der Weg der französischen miert“, die Alexanderschanze mit drei Ge­ Truppen nach Osten frei blieb. schützen. Eine dritte, die sogenannte „Alexander­ Wie angedeutet, erhielt sich die strategische schanze“, findet sich südöstlich in etwa 4 km Bedeutung des Berges bis in die Gegenwart: Entfernung, benannt nach Fierzog Alexan­ auf dem Rücken hin zum stößt der von Württemberg, der sie 1734 bauen — der Wanderer viele Male auf die häßlichen erneuern? — ließ. Auch beim heutigen Hotel Reste der gesprengten Bunker des Westwalls. „Lamm“ sieht man Wälle; sie sollen von den Und wieder kommt man ins Sinnen und Württembergern im Auftrag der Reichs­ hofft, daß Schanzen und Bunker im Zei­ armee gegen die Franzosen (Spanischer Erb­ chen Europas ihre militärischen Werte ver­ folgekrieg) errichtet worden sein. Das lieren und endgültig der Geschichte ange­ Hauptwerk stand an Stelle des Hotels; der hören mögen, der Kniebis aber seine Auf­ Holzturm nebenan erhebt sich in einer Re­ gabe als Treffpunkt zweier befreundeter doute; eine weitere liegt im benachbarten Nachbarvölker erfüllen kann! Wald. Über das eigentliche Alter der ersten Knie­ III. Teil bis-Schanzen ist nichts Genaues bekannt. Eine Zeitschrift („Ortenauer Heimatblatt“, Auf zum Schanzen! 6/61) spricht zwar in der Überschrift von Die Befestigungswerke mußten schließlich „Tausend Jahre Westwall“ am „Kniestö­ errichtet werden. Dazu aber ließen sich Sol­ ßer“, bleibt aber dann im Text den Beweis daten nicht immer kommandieren, das ge­ schuldig. Daß der Namensbestandteil hörte nicht zu ihren Pflichten. Deshalb wur­ „Schweden“ immer unbedingt auf den Drei­ de zum Schanzen oft die Zivilbevölkerung ßigjährigen Krieg hinweist, haben wir gleich herangezogen. Im „Vogt auf Mühlstein“ z. B. eingangs bezweifelt, kann aber gerade in erwähnt Hansjakob dieses Schanzen; es unserm Falle vermutet werden. spielt im Laufe der Erzählung sogar eine Über die strategische Bedeutung dieses gewisse Rolle, führt es doch zum Zusam­ Bergrückens steht schon in der „Relatio“: mentreffen des wegen seiner unglücklichen „.. . der Kniebis nun ... ist ein considerab- Liebe in die Fremde gezogenen ölerhans mit ler (beträchtlicher) Posten wegen der großen seinen Nordracher Landsleuten. Hören wir

5 * 67 kurz die betreffende Stelle: „Da rückte im gungsanlage, der sogenannten „Großen Zel­ Jahr 1792 der kaiserliche General Wurmser ler Schanze“, waren sämtliche Orte der wei­ gegen die französische Rheinarmee ins Elsaß teren Umgebung beteiligt. ein. Es wurden Schanzen aufgeworfen und Vom Sommer 1697 berichten Zeller die Bauern aus dem Breisgau und Kinzigtal Akten: „Man hat alle Mannschaft mit zu Tausenden dazu kommandiert. Fast täg­ Unter- und Obergewehr samt Schanzzeug lich sah man in den Jahren 1792 und 1793 auf die Linien stellen, 300 Mann, jung und Scharen junger Bauern und selbst starke alt, in die 6 Wochen continuierlich (be­ Wibervölker aus dem Kinzigtal mit Schau­ ständig) zu den Schanzen halten, auch täg­ feln und Picken bewaffnet, gen ziehen lich fast alle Fuhren herbeyschaffen müssen. zum Schanzen. Im Herbst 1793 lagen die Die Fuhren wurden nicht von Mannsleuten, Kaiserlichen bei Hagenau. Dahin kamen sondern vom Weibsvolk versehen und ge­ auch Schanzer aus dem Kinzigtal, aus dem leitet, wodurch das ganze Wesen gleichsamb Kloster- und Reichsgebiet um Zell . . .“ öd gestanden. Bei diesen Faschinenfuhren ist Ob in diesem Zusammenhang auch der ein Weibsbild, jung und wohlgestaltet und „Fro(h)ngraben“ zu erwähnen wäre? D. h. geraden Leibs, so auf eine guethe Heirath jenes enge, im unteren Teil fast schlucht­ hoffen konnte, elendiglich zum Krüppel artige Seitentälchen der Nordrach, das zum durchschossen worden.“ (Disch, Zeller Chro­ früher genannten Roßgrabeneck hinaufzieht nik, Seite 371) (Schwarzwaldvereinskarte,BlattOffenburg— Von 1701 an müssen die Kinzigtäler für Lahr). Man könnte bei „fronen“ dann zwei­ die von Offenburg bis Kehl angelegten erlei vermuten: a) Der Frongraben war der Schanzen Faschinen — die Wolfacher bei­ Weg der Leute, die oben auf dem Kamm spielsweise 1100 —, Pfähle, Weiden, Bauholz, Roßgrabeneck-Reig die beschriebenen Schan­ Heu und Stroh liefern, ebenso Schänzer nach zen anlegen mußten, b) Oder es war für die Straßburg. 1706 verlangte man von den zum Schanzen Befohlenen des vorderen Zellern für die „Bühler Linie“ Sturmpfähle Nordrachtales die nähere Verbindung — im und Schänzer, später Arbeiter „auf den Vergleich zur Talstraße über Zell — nach Wald“, vor allem nach Hornberg. „Ein Bur­ Offenburg und in die Rheinebene. ger, so 2 Häuser hat, wird 2mal in die Bezüglich Schanzen finden wir in den Schanzen-Rotten eingeschrieben.“ (Disch, Kinzigtäler Akten viele Hinweise, weil sie Wolfach, Seite 663) sich durch Ausgaben für Arbeit und Bau­ 1733 sollten die Zeller 45 Mann zum material als „Soll“ in den Gemeinderech­ Fort Louis (am Rhein unterhalb Straßburg) nungen niederschlugen. Ein paar Beispiele schielten, gleichzeitig aber auch nach Hausach mögen es bezeugen: „Da auch für Offenburg und zur Hirschlache. (1638) die Gefahr bestand, vom Feind be- Die reichsstädtische Gerichtsbarkeit Zells rannt zu werden, mußten . . . aus dem Kin­ setzte das Schanzen sogar als Strafe ein. Eine zigtal Leute zum Schanzen dahin zur Ver­ Biberacher Bürgerstochter, die beim Herum­ fügung gestellt werden.“ 1641 beorderten schwärmen mit Soldaten „den Schäppel ver­ die Zeller ihre Schänzer nach Oberkirch, loren“, wird 1794 zu 12 Gulden oder zu 15 1678 mehrere Wochen lang ebensolche nach Tagen Schanzarbeit verurteilt. Offenburg. 1689 schickte Wolfach einige Im „Letzten Reichsvogt“ berichtet Hans- Rotten — jede 6 Tage lang — nach Hausach, jakob von den Harmersbacher Reichs­ desgleichen vor nach Biberach; für jeden bauern: „Frohnweise mußten sie (1797) mit Mann „schöpfte“ die Stadt einen Tagelohn Picken und Schaufeln an den Rhein zum von 26 Kreuzern. Am Bau dieser Befesti­ Schanzen. Wer nicht selbst gehen wollte,

68 konnte seinen Knecht, ja selbst seine Magd Wir wollen von einer auf der Schwarz­ oder Tochter schicken, obwohl der Rhein waldvereinskarte, Blatt Offenburg—Lahr, vom Reichsthal mindestens sechs Stunden beim Burghard (südöstlich von Lahr) ein­ entfernt lag. So meldet der Obmann der gezeichneten „Schanze“ ausgehen. Vom grü­ Harmersbacher Schänzer, daß die Tochter nen Tisch her wäre man versucht, eine des Gallus Schnaitter zwei Mal auf der „Schwedenschanze“ zu finden. An Ort und Schanz gefehlt und ein Mal davongelaufen Stelle und gar, wenn man den Aufsatz „Die sei, und wird der frohndpfliditige Vater um prähistorischen Burgen Mittelbadens“ (Er­ acht Gulden vom hohen Rath gestraft.“ gänzungsheft zu „Die Ortenau“, 1934) Besonders hart war das Schanzen, wenn durchstudiert hat, merkt man: Es handelt man es für den Feind tun mußte. Als die sich hier nicht um eine der üblichen „Redou­ Franzosen 1795 unsere Gegend besetzten, ten“, sondern um einen „vorgeschichtlichen hatte die Landschaft Wolfach Leute für das Ringwall“! „Schanzwesen“ in Kehl zu besorgen, von Da das Beispiel wie ein Modellfall vor Zell 70 unter den „Directoren“ F. A. Sohler uns liegt, der für ähnliche Gebilde in der und J. Winterhaider. Später müssen die Heimat wertvolle Hinweise zu geben ver­ Kinzigtäler nach Willstätt, Neumühl und mag, sei er ausführlicher dargestellt. Beson­ Marlen, diesmal jedoch für die Kaiserlichen! ders charakteristisch und für unsere weiteren 1799 ging’s nach Auenheim, und im Napo­ Folgerungen wichtig ist die Lage auf einer leon-Krieg (1806/15) ist an die Hausacher, Bergnase, d. h. der Ringwall wird auf zwei Offenburger und Kehler Werke abermals Seiten von steilen Hängen umgeben, die Baumaterial zu liefern. durch tiefe Täler (Heiden- und Burghard- Und von hier spannt sich wieder der graben) begrenzt sind. Kommt man auf Bogen zum Zweiten Weltkrieg. Wer von ziemlich ebenem Weg — vom Langenhard den Älteren unter uns denkt nicht an die her — zur Anlage, erkennt man nacheinan­ Zeiten, da man draußen am Rhein den der zwei größere aus Schutt gebildete Wälle Westwall baute, die „Schänzer“ z. T. in den mit den entsprechenden Gräben. Wesentlich Kinzigtalorten untergebracht und täglich auf ist die von ihnen eingeschlossene „Terrassie­ Lastwagen hinaus zur Arbeitsstätte beför­ rung der Bergkante“, so daß eine „Wallter­ dert wurden. rasse“ entsteht. Natürlich tauchen jetzt Fragen auf: Wann IV. Teil wurde der Ringwall gebaut und von wem? Es ist klar geworden, daß man beim Ist er später erneuert und in geschichtlicher Thema „Schanzen im Schwarzwald“ viele Zeit als „Schanze“ benutzt worden? Dazu Fragezeichen setzen muß und die Fachleute lesen wir im erwähnten Ergänzungsheft: Ansätze zur Kritik finden werden. Sei’s „Über das Alter des Ringwalles auf dem drum! — Nur so können wir zur Lösung der Burghard wissen wir nicht mehr, als daß angeschnittenen Fragen gelangen. 1896/97 den prähistorischen ähnliche Die Fragezeichen und Anhaltspunkte für Scherben“ gefunden wurden. Diese Scher­ Kritik werden sich nun noch viel, viel mehr ben sind verschollen und Funde aus neuerer häufen, denn im folgenden arbeiten wir fast Zeit sind nicht bekannt. Es besteht kaum nur mit „unbewiesenen Annahmen“. Und Zweifel an dem vorgeschichtlichen Alter der trotzdem sei diese Darlegung — zwar immer Befestigung . . .“ (Seite 568) im Bewußtsein, sie ist mehr Hypothese als Weiter kommen wir beim Ringwall auf Tatsache — gewagt; möge sie Anregung dem Battert (Baden-Baden). Die verhältnis­ geben und uns weiter führen! mäßig gut erhaltenen Anlagen erlauben den

69 Schluß, daß es sich um einen Ringwall aus Fliehburgen später in ein „modernes Be­ vorgeschichtlicher Zeit handelt. „Nicht ein­ festigungssystem“ einbezogen wurden. deutig dagegen ist die Einstufung innerhalb Auf dem „Birkle“, dem Ende eines der vorrömischen Zeit . . . Wahle neigt dazu, Höhenzuges zwischen Büchern- und Fannis- die Anlage. . . der Latenezeit zuzuwei­ tal, Gemarkung Mühlenbach, finden sich sen . . . Treffend sagt Wahle, daß der Battert auch ein alter Wall und Graben. M. Hilden­ eine glänzende Verteidigungsanlage besitzt brand neigt (in „Die Ortenau“, 1970, Seite und infolgedessen in erster Linie Zufluchts­ 446) zu der Annahme, es seien nicht Über­ stätte in Zeiten der Gefahr war . . (Er­ reste einer mittelalterlichen Burg, sondern gänzungsheft, Seite 564) „einer aus der kelto-romanischen Zeit stam­ menden Fliehburg“. Burghard und Battert sind also nicht — oder wenigstens nicht ausschließlich — mili­ Wenn wir nun noch in den auf dem Kamm tärische Werke, sondern Gebilde, in denen gelegenen Steinacher und Haslacher Werken die Zivilbevölkerung Zuflucht suchte und solche Zufluchtsstätten vermuten, könnten Schutz fand. Deshalb ist ihre Lage von vorn­ wir mit unserer Hypothese wahre „Orgien herein eine andere als etwa bei den Linien- feiern“! Ein paar mögliche Zusammenhänge Schanzen, wie wir sie kennenlernten. seien heute nur mal angedeutet: 1. Die Worte Kinzig, Birach, Schütter sind Und so wollen wir uns in diesem Zu­ keltischen Ursprungs, weisen demnach dar­ sammenhang nochmals im Mittleren auf hin, daß Kelten in unserm Raume Schwarzwald umsehen und dabei vorweg waren. Könnten es nicht diese Kelten ge­ der Zeller Sommerberg-Schanze erinnern. wesen sein, die vor den einbrechenden Rö­ Zunächst daran, wie wir krampfhaft nach mern beziehungsweise Alemannen flohen? dem System suchten, dem sie angehört haben 2. Im Raume Steinach—Haslach gibt es könnte. Nehmen wir jetzt aber an, die eigenartige geographische Bezeichnungen, Sommerberg-Schanze wäre so eine vor­ z. B. Gürtenau (nach Schneider-Strittmatter: geschichtliche Zufluchtsstätte, eine „Flieh­ latinisierter Keltenname), Fannis („kelto- burg“ gewesen, dann erübrigen sich die an- romanisch“), ebenso Pfaus, Ullerst, Klettner, gestellten Betrachtungen. Also machen wir Sarach, Naut, Palm, Gumm, vielleicht auch ruhig einmal diesen Gedankensprung von Baberast. Manche Forscher reden von „kel­ der „Schwedenschanze auf dem Sommer­ tischer Besiedlung“ und bringen sie auch in berg“ zur vor- oder frühgeschichtlichen Verbindung mit den „Welschen Steinadlern“ Fliehburg und untersuchen daraufhin noch­ und Welschbollenbach. — Also wieder die mals das Werk: wir erkennen — geschult Frage: Sollten die Bewohner dieser Sied­ am Burghard — die vom Harmersbach- und lungen nicht die sein, die zeitweise in den Kinzigtal gebildete Bergnase und die durch benachbarten Fliehburgen Schutz suchten? „Terrassierung der Bergkante entstandenen 3. Und schließlich: Wäre es nicht möglich, Wallterrassen“ — genau wie beim Lahrer daß in den gekennzeichneten Räumen jene Modell! „kleinen und dunkelhaarigen Menschen“, die Vielleicht dürfen wir auch die unweit des wir dort zwischen den „hageren Alemannen“ Pfaffenbacher Ecks angetroffene Schanze auf antreffen, die Nachkommen jener sind, die dem Spitztannenberg hier einordnen, ebenso sich in Notzeiten in den Fliehburgen auf­ die dem Paulischänzle benachbarte Bergacher hielten? Schanze sowie die Strohbacher, wobei keines­ 4a. Warum sollte das, was K. Gutmann wegs der Fall auszuschließen wäre, daß über die Battert-Leute schreibt, nicht auch manche dieser vor- oder frühgeschichtlichen für unsere Gegend gelten: „Schon in der

70 mittleren La Tene-Zeit scheinen die Ger­ alles in dieses „Alemanorum“ geheimnist manen nach der oberrheinischen Tiefebene worden! Auf der Topogr. Karte 7714 (Has­ vorzudringen. Die keltischen Stämme — in lach) findet sich die Bezeichnung „Confinium unserer Gegend die Helvetier — weichen Alemanorum“; der eigenartige Ausdruck nach Süden aus. In den beiden letzten Jahr­ soll einer alten Urkunde entstammen. Der hunderten vor Christus verschwinden sie Wanderer, der von Steinach oder Haslach ganz aus unserm Gebiet. Die erhaltenen über den Fehrenbacher Hof Richtung Denkmäler zeugen davon, daß sie ihre Wohn­ Höhenhäuser geht, kommt auf dem Kamm­ stätten nur zögernd räumten und durch weg in diesen Raum. Man sieht mehrere starke Festungen zu schützen suchten . . .“ Wälle, z. T. bis 4 m hoch und 10 m breit, („Die Ortenau“, 1925, Seite 133) an einer Stelle erhebt sich darüber der ge­ 4b. Ein anderer Literaturhinweis paßt nannte „Heidenstein“. In „Die Ortenau“ ebenfalls hierher. Walter-Langenbeck schrei­ 1970 (Seite 462) lesen wir: „Die Ver­ ben: „Ein weiteres Problem der Siedlungs­ mutung legt sich nahe, daß der Wall am geschichte ist die Frage, ob sich vor den Heidenstein der Rest einer frühgeschicht­ Alemannen, die zunächst nur die Rhein­ lichen Fliehburg oder eines Ringwalles ist.“ ebene besetzten, Keltoromanen in die Vor­ Andererseits aber könnten doch die lang berge und in die Schwarzwaldtäler, vor hinziehenden Wälle auch vermuten lassen, allem in das durch die Römerstraße Straß­ es handle sich „einfach“ um Schanzen des 17. burg—Rottweil erschlossene Kinzigtal, und 18. Jahrhunderts. Die natürlichste Er­ flüchteten und dort noch länger hielten .. .“ klärung aber wäre: das Problem von der („Die Ortenau“ 1960, Seite 87) geologisch-geographischen Seite (Weidebe­ 5. Vielleicht lassen sich auch unsere Hei­ trieb auf einem Bergrücken mit Gemar­ denkirch-Sagen in diese Gedankengänge un­ kungsgrenzen) zu betrachten. Wir sind im terbringen. Man erzählt heute noch, wie in Gebiet der Schapbachgneise und Porphyre. früheren Kriegszeiten die Harmersbacher Wie erstere zur Block- und letztere zu und Nordracher Talbewohner Gut und Schuttbildung neigen, ist bekannt. Trotz der Leben zwischen jenen Felsgruppen in Sicher­ Steine boten sich die breiten Kämme in heit brachten, die also ganz die Bedeutung früheren Zeiten sicherlich als Weidegelände von Fliehburgen hatten. an. Da auf ihm zudem die Gemeinden an­ Der „Heidenkeller“ bei Ettenheim— einander stießen, war es doch das Gegebene, Münchweier sei in diesem Zusammenhang die beim Reinigen der Weide gesammelten auch angeführt, ebenso die Steinadler Flur­ Steine auf der Gemarkungsgrenze zusam­ namen „Heidenschlößle“ und „Heidenbühl“ menzutragen — und dies ergab unsere Wälle und der „Heidenstein“ beim Alemanorum. in der Alemanorum-Gegend! Die eigenarti­ Gerade diese Heiden-Namen sollen aber gen „Steinhaufen, von denen mehrere hun­ zum Schluß auch Anlaß sein, das „Flieh­ dert in fast regelmäßigen Abständen um burgen-Fieber“ unserer Tage etwas zu dämp­ den Großen Wall liegen“, bräuchten dann fen. Im Falle „Heidenschlößle“ (Steinach) auch nichts anderes sein als angesammeltes ist klar, daß dessen quaderförmige Blöcke Lesegut. auf natürliche Weise — durch Verwitterung — entstanden sind. Zum Beschluß: Nachdenkliches ... Und genau so müssen wir das benachbarte Wenn wir bei unserm Wandern auf Be­ Problem „Alemanorum einschließlich Hei­ festigungsanlagen stoßen — seien es Jahr­ denstein“ sehen, bevor nicht stichhaltige Ge­ tausende, Jahrhunderte oder auch nur Jahr­ genbeweise vorliegen. Was ist doch schon zehnte alte, wie sie diese Arbeit in reicher

71 Fülle aufzeigte —, dann wollen wir sie doch H., Tausend Jahre Westwall (in: Ortenauer Heimatblatt, 6/61). im rechten Lichte sehen: Diese Zeugen ein­ Hansjakob H., Der Vogt auf Mühlstein (in: stigen Kriegsgeschehens mögen uns auf­ Schneeballen II). Der letzte Reichsvogt (in: fordern, jeder auf seine Art und an seinem Schneeballen I). Hildenbrand M., Burg Mühlenbach (in: Die Ort, dafür einzutreten, daß wir und unsere Ortenau, 1970). Nachkommen nie mehr zu „Schänzern und Hitzfeld K. Dr., Die Burg Hausach (in: Die Schanzenbewohnern“ werden müssen. So Ortenau, 1970). Die Schlösser bei Hornberg (in: Die Ortenau, 1970). geschaut, könnten die Gräben und Wälle, Kleemann, Die Linien (Linienverschanzung) in Redouten, Bunker und Fliehburgen der Mittel-Europa im 17. und 18. Jahrhundert Heimat einschließlich der Sprengkammern (Darmstadt und Leipzig, 1894). Maier K. E. Dr., Geschichte von Welschen- und dazu gehörigen Sandkästen unserer steinach. Tage zu rechten MAHNMALEN für den Naudascher J., Der Ringwall am Heidenstein FRIEDEN werden! auf dem Hessenberg (in: Die Ortenau, 1970). Schneider-Strittmatter H., Das Kreisgebiet im Gang der Geschichte (in: Der Kreis Wolfach, Literatur: 1966). Boesser E., Zur Geschichte der Schwarzwald­ Walter-Langenbeck, Die Besiedlung der Or­ linien (in: Zeitschrift der Gesellschaft für Beför­ tenau in geschichtlicher Zeit (in: Die Ortenau, derung der Geschichts-, Altertums- und Völker­ 1960). kunde, 20. Band, 1904). In der Arbeit von Boesser: „Relatio — Über die mittlere Linie Karten: vom Feldberg biss an den Dobel, in was vor Karte des Schwarzwaldvereins Stand sich selbige befinde, und bei Einem atta- Blatt 2 Baden-Baden—Murgtal—Hornisgrinde quirenden Feind vor avantage und desavantage Blatt 4 Offenburg—Lahr zu besorgen“ (1710). Blatt 5 Freudenstadt—Kniebis Disch F., Chronik der Stadt Wolfach. Chronik Blatt 7 Kaiserstuhl—Emmendingen der Stadt Zell am Harmersbach. Blatt 8 Hornberg—Triberg Fautz H., Das Schlößle vor Sulzbach (in: Or­ tenau, 1970). Sonderblatt Waldkirch—Kandel Garscha F., Die prähistorischen Burgen Mit­ Topographische Karte 1 : 25 000 telbadens (in: Ergänzungsheft zu Die Ortenau, Blatt 7514 Gengenbach 1934). Blatt 7614 Zell a. H. Gutmann K. Dr., Zur Vorgeschichte des Ge­ Blatt 7713 Schweighausen bietes zwischen Rastatt und Stollhofen (in: Die Blatt 7714 Haslach Ortenau, 1925). Blatt 7715 Hornberg

Oh, diese Blüten! Der Weg darunter liegt voll Schatten . , . Juliane Chakravorty-Ebbing

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