Wettbewerbe

Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt Marzahn-Hellersdorf Auslobung

Nichtoffener Kooperativer Gestaltungswettbewerb

Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt Marzahn-Hellersdorf

Auslobung

Berlin, Juni 2018 Auslobung Land vertreten durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vertreten durch die GrünBerlin GmbH Columbiadamm 10, Turm 7 12101 Berlin in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Württembergische Str.6 10707 Berlin

Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbsverfahrens gruppe F Landschaftsarchitekten Pütz Kleyhauer Backhaus Bauermeister Gneisenaustraße 41 10961 Berlin

Gabriele Pütz Marieke Koehn

Freie Mitarbeit: Philipp Sattler

Titelbild Grün Berlin GmbH Inhaltsverzeichnis Anlass und Ziel...... 9

Teil 1 Verfahren...... 11 1.1 Auslober...... 11 1.2 Art des Verfahrens...... 11 1.3 Richtlinien für Wettbewerbe...... 11 1.4 Wettbewerbsteilnehmende...... 12 1.5 Preisgericht und Vorprüfung...... 13 1.6 Ausgabe der Wettbewerbsunterlagen...... 16 1.7 Rückfragen und Antworten ...... 16 1.8 Zwischenkolloquium...... 16 1.9 Abgabe der Wettbewerbsarbeiten...... 16 1.10 Preisgericht...... 17 1.11 Verzeichnis der Wettbewerbsunterlagen...... 17 1.12 Geforderte Leistungen...... 18 1.13 Beurteilungsverfahren und Vorprüfung...... 20 1.14 Preise und Bearbeitungshonorar...... 21 1.15 Weitere Bearbeitung...... 21 1.16 Eigentum und Urheberrecht ...... 22 1.17 Verfassererklärung ...... 22 1.18 Bekanntgabe des Ergebnisses und Ausstellung der Arbeiten....23 1.19 Haftung und Rückgabe...... 23 1.20 Zusammenfassung der Termine...... 24 Teil 2 Situation und Planungsvorgaben...... 25 2.1 Das Wettbewerbsgebiet...... 25 2.1.1 Lage...... 25 2.1.2 Größe...... 26 2.2 Marzahn-Hellersdorf...... 26 2.2.1 Historische Entwicklung...... 26 2.2.2 Wirtschaft und Infrastruktur...... 27 2.2.3. Demographie...... 27 2.2.4. Siedlungs- und Wohnstruktur...... 28 2.2.7. Marzahn-Hellersdorf heute...... 28 2.3 Die Gärten der Welt...... 29 2.3.1 Der Chinesische Garten ...... 30 2.3.2 Der Japanische Garten ...... 30 2.3.3 Der Balinesische Garten ...... 30 2.3.4 Der Orientalische Garten ...... 30 2.3.5 Der Koreanische Garten ...... 31 2.3.6 Der Christliche Garten ...... 31 2.3.7 Der Heckenirrgarten / Irrgarten und Labyrinth ...... 31 2.3.8 Der Karl-Foerster-Staudengarten ...... 31 2.3.9 Der Italienische Renaissancegarten ...... 32 2.3.10 Der Englische Landschaftsgarten ...... 32 2.3.11 Die internationalen Gartenkabinette ...... 32 2.4 Die Historische Entwicklung des Areals...... 32 2.5 Die Gärten der Welt und die Kunst...... 35 2.6 Technische Ver- und Entsorgung ...... 37 2.7 Baumbestand...... 38 2.8 Klima...... 38 2.9 Wasserhaushalt...... 38

Teil 3 Aufgabenstellung...... 39 3.1 Allgemeine Zielsetzung ...... 39 3.2 Naturverständnis im Judentum...... 40 3.3 Ideelle Anknüpfungspunkte für die Gestaltung...... 41 3.3.1 Umweltschutz und Umweltbildung...... 41 3.3.2 Tora und Gan Eden...... 41 3.3.3 Jüdische Feste und Traditionen...... 41 3.3.4 Landbewirtschaftung...... 41 3.3.5 Diaspora...... 42 3.3.6 Austausch und Erinnerung...... 42 3.3.7 Orte der Zusammenkunft und Versammlung...... 42 3.3.8 Bilderverbot...... 43 3.3.9 Sprache...... 43 3.3.10 Symbole...... 43 3.4 Kooperation Landschaftsarchitektur und Kunst ...... 44 3.5 Funktionale Ansätze...... 44 3.5.1 Gestaltung, Pflanzen- und Materialverwendung...... 44 3.5.2 Nutzungen...... 45 3.5.3 Ausstattung...... 45 3.6 Nachhaltigkeit...... 45 3.7 Gender Mainstreaming und Diversity...... 45 3.8 Barrierefreiheit...... 45 3.9 Kostenrahmen...... 46 Teil 4 Anhang...... 47 4.1 Gedruckte Anlagen...... 47 4.1.1 Fotodokumentation...... 47 4.1.2 Studien...... 47 4.2 Digitale Anlagen ...... 47 4.2.0 Auslobung ...... 47 4.2.1 Arbeits- und Informationspläne ...... 47 4.2.2 Formblätter...... 47 4.2.4 Rechtliche Grundlagen und Verordnungen...... 48 Teil 5 Quellenangaben...... 49 5.1 Abbildungsverzeichnis...... 49 5.2 Quellen...... 49

Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Anlass und Ziel 9

Anlass und Ziel

In den Gärten der Welt in Berlin Marzahn-Hellersdorf soll als landschafts- architektonisch-künstlerischer Beitrag zur Komplettierung der Darstellung der großen Weltreligionen und Weltanschauungen ein jüdischer Garten realisiert werden. Dieser soll die bereits vorhandenen Themengärten Orientalischer Garten (Islam), Balinesischer Garten (Hinduismus), Koreanischer Garten (Schamanismus, Buddhismus), Japanischer Garten (Zen-Buddhismus), Chinesischer Garten (Konfuzianismus) und Christlicher Garten ergänzen.

Es existiert keine historisch dokumentierte Tradition des Jüdischen Gartens. Im Mittelpunkt des Wettbewerbs sollte daher eine landschaftsar- chitektonisch-künstlerische Auseinandersetzung mit dem spezifisch jüdi- schen Naturverständnis stehen.

Aus der jüdischen Religion, Geschichte und Kultur heraus ergeben sich dabei vielfältige thematische Ansätze. Die Urbarmachung der Landschaft und der Anbau von Nahrungsmitteln in ariden Gebieten, das Mensch- Natur-Verhältnis im Judentum, aber auch die Bevölkerungswanderungen oder das Leben in der Diaspora könnten weitere Anknüpfungspunkte für mögliche Lösungsansätze in den Wettbewerbsbeiträgen sein. Es kann die gesamte jüdische Geschichte über einen Zeitraum von etwa 3.000 Jahren herangezogen werden. Der künstlerische Schwerpunkt, der im Wettbewerb gesetzt wird, erfor- dert eine offene Herangehensweise und einen innovativen Ansatz. Konzeptimmanent mit den Gärten der Welt muss die Arbeit eine hohe Authentizität aufweisen und einen hohen ästhetischen Anspruch erfüllen.

Umweltbezogene Themen, die einen zeitgenössischen Bezug und damit einen umweltbildenden Auftrag herstellen können, sind im Projekt her- auszuarbeiten. Das Wettbewerbsverfahren wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Allianz Umweltstiftung sowie durch die Axel Springer Stiftung gefördert.

Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 11

Teil 1 Verfahren 1.1 Auslober

Auslober Land Berlin, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, ver- treten durch die GrünBerlin GmbH in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

Wettbewerbskoordination Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Abteilung Städtebau und Projekte Referat Architektur Stadtgestaltung Wettbewerbe II D Württembergische Str. 6 10179 Berlin Almut Jirku, II D 21 Tel.: +49 (0)30 90139 4421 Fax: +49 (0)30 90139 4441 E-Mail: [email protected]

Erarbeitung der Ausschreibung und Durchführung Gruppe F Landschaftsarchitekten Gneisenaustraße 41 10961 Berlin Tel.: 030-6112334 Email.: [email protected]

1.2 Art des Verfahrens

Der Wettbewerb wird als nicht-offener kooperativer Gestaltungswettbewerb mit vorgeschaltetem offenen internationalen Bewerberverfahren durchge- führt. Bewerben können sich Arbeitsgemeinschaften aus professionellen Künstler*innen und / oder Gestalter*innen sowie Landschaftsarchitekt*innen. Das Verfahren wird gemäß §3 der Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2013) durchgeführt.

Der Entscheidungsprozess des Preisgerichts erfolgt anonym.

Kommunikation Die Wettbewerbssprache ist Deutsch.

1.3 Richtlinien für Wettbewerbe

Dem Wettbewerb liegen die Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013) sowie die allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben (Anweisung Bau – ABau) zugrunde, soweit nachstehend nichts anderes ausgeführt ist und soweit sie für Gestaltungswettbewerbe anwendbar sind. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 12

Die Architektenkammer Berlin wirkt entsprechend der Richtlinie für Wettbewerbe (RPW 2013) vor, während und nach dem Wettbewerb bera- tend mit; sie registriert gegebenenfalls den Wettbewerb.

Einverständnis Jeder Teilnehmer, Preisrichter, Sachverständige, Vorprüfer und Gast erklärt sich durch seine Beteiligung bzw. Mitwirkung am Verfahren mit den vorliegenden Teilnahmebedingungen und der Anwendung der RPW 2013 einverstanden. Verlautbarungen jeder Art über Inhalt und Ablauf vor und während der Laufzeit des Wettbewerbsverfahrens einschließ- lich der Veröffentlichung der Wettbewerbsergebnisse, dürfen nur über die GrünBerlin GmbH und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Referat II D, abgegeben werden.

Datenschutz Die Datenschutzerklärung ist gemäß der am 25. Mai 2018 in Kraft getre- tenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union angepasst. Insbesondere kommt diese einer verstärkten Informationspflicht nach, um Transparenz und Sicherheit der Daten zu gewährleisten. Jeder Teilnehmer, Preisrichter, Sachverständige, Vorprüfer, Gast und Auftragnehmer willigt durch seine Beteiligung bzw. Mitwirkung am Verfahren ein, dass seine personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit dem oben genannten Wettbwerb bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Form einer automatisierten Datei geführt werden. Diese Einwilligung ist auf der Verfasser- bzw. auf der Zustimmungserklärung zu bestätigen. Eingetragen werden Name, Anschrift, Telefon, Bankverbindung, Beauftragung im Wettbewerb, Kammermitgliedschaft, Berufsbezeichnung. Nach Abschluss des Verfahrens können auf Wunsch diese Daten gelöscht werden (durch Vermerk auf der Verfassererklärung bzw. durch Mitteilung an den Auslober).

Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie unter: https://www. stadtentwicklung.berlin.de/datenschutzerklaerung/

Bildrechte Jeder Teilnehmer, Preisrichter, Sachverständige, Vorprüfer und Gast erklärt sich durch seine Beteiligung bzw. Mitwirkung am Verfahren damit einverstanden, dass der Auslober die für diesen Wettbewerb eingerei- chten oder im Verlauf des Verfahrens angefertigten Bilder und Texte zu Dokumentationszwecken räumlich und zeitlich unbefristet verwenden darf, ggf. unter Nennung der Verfasser.

1.4 Wettbewerbsteilnehmende

Es wird eine Anzahl von 10-12 Teams für die Teilnahme aus- gewählt. Teilnahmeberechtigt sind Arbeitsgemeinschaften aus Landschaftsarchitektinnen bzw. Landschaftsarchitekten und profes- sionellen Künstlerinnen bzw. Künstlern oder Arbeits­gemeinschaften Landschaftsarchitektinnen bzw. Landschaftsarchitekten und Gestalterinnen bzw. Gestaltern in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen bzw. Künstlern. Jedes Mitglied der AG muss teilnahmeberechtigt sein. Juristische Personen haben eine/n bevollmächtigte/n Vertreterin bzw. einen Vertreter zu benennen, der/die für die Leistungen verantwortlich ist. Die/der bevollmächtigte Vertreterin Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 13

bzw. Vertreter muss die Anforderungen erfüllen, die an natürliche Personen gestellt werden.

Im Fall einer erfolgreichen Bewerbung dürfen nur die in der Bewerbung genannten Personen bzw. Arbeitsgemeinschaften am Gestaltungswettbewerb teilnehmen.

Ausdrücklich ausgeschlossen von der Teilnahme sind jene Personen, die unter die Teilnahmehindernisse laut § 4 (2) RPW 2013 fallen.

1.5 Preisgericht und Vorprüfung

Fachpreisrichter*innen Leonie Baumann Kuratorin, Rektorin der Kunsthochschule Weißensee, Berlin

Markus Ambach Künstler, Düsseldorf

Ory Dessau Kurator, Berlin/Malmö

Sibylle Aubort Raderschall Landschaftsarchitektin, Meilen CH

Till Rehwaldt Landschaftsarchitekt, Dresden

Stellvertretende Wiebke Grösch Fachpreisrichter*innen Künstlerin, Frankfurt/M.

Alona Harpaz Künstlerin und Kuratorin, Berlin

Bettina Klein Kuratorin, Spartenleiterin Bildende Kunst, Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Berlin

Sofia Petersson Landschaftsarchitektin, Berlin

Franz Reschke Landschaftsarchitekt, Berlin Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 14

Sachpreisrichter*innen Christoph Schmidt Geschäftsführer GrünBerlin GmbH

Klaus Wichert Referatsleiter Freiraumplanung, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

Hannah Dannel Kulturreferentin Zentralrat der Juden in Deutschland, Berlin

Dr. Lutz Spandau Allianz Umweltstiftung, Berlin/ München

Stellvertretende Katja Aßmann Sachpreisrichter*innen Zentrum für Kunst und öffentlichen Raum, GrünBerlin GmbH

Manfred Kühne Abteilungsleiter Städtebau und Projekte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Berlin

Ilan Kiesling Jüdische Gemeinde zu Berlin

Dr. Erik Lindner Axel Springer Stiftung, Berlin

Sachverständige Susanne Walter Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Referat Architektur, Stadtgestaltung, Wettbewerbe

Almut Jirku Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Referat Architektur, Stadtgestaltung, Wettbewerbe

Ursula Renker Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Freiraumplanung

Bernd Schütze Bezirk Hellersdorf-Marzahn, Umwelt und Naturschutzamt Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 15

Beate Reuber Parkleitung Gärten der Welt GrünBerlin GmbH

Frank Sadina Projektmanager, GrünBerlin GmbH

Dr. Yael Kupferberg TU Berlin, Zentrum für Antisemitismusforschung

Dr. Frederek Musall Hochschule für Jüdische Studien, Heidelberg, Lehrstuhl Jüdische Philosophie und Geistesgeschichte

Tanja Petersen Berlin, Museum Domäne Dahlem, für das Jüdische Museum Berlin

Rabbiner Dr. Andreas Nachama Stiftung Topographie des Terrors, Berlin; Vertreter der Allgemeinen Rabbinerkonferenz

Rabbiner Julien-Chaim Soussan Frankfurt/M., Vertreter der Orthodoxen Rabbinerkonferenz

Dr. Jochen Wolschke–Bulmahn Leibniz-Universität Hannover, Geschichte der Freiraumplanung

Alfred Jacoby Architekt, Frankfurt/M.

Gäste N.N. Architektenkammer Berlin

Ulrich Reinheckel Freunde der Gärten der Welt

Dr. Elfriede Müller Büro für Kunst im öffentlichen Raum Berlin Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 16

Vorprüfer*innen Leitung der Vorprüfung: Gabriele Pütz Landschaftsarchitektin

Marieke Koehn Landschaftsarchitektur

Philipp Sattler Landschaftsarchitekt

N.N. Künstler*in

Die Vorprüfung wird bei Bedarf verstärkt.

1.6 Ausgabe der Wettbewerbsunterlagen

Termin für das Ausgabekolloquium ist Dienstag, der 03.07.2018. Die Teilnahme ist verbindlich.

1.7 Rückfragen und Antworten

Rückfragen Bis Dienstag, den 20.08.2018 können fortlaufend schriftlich ergänzende Rückfragen zur Auslobung gestellt werden. Die Fragen sind zu richten an [email protected] mit dem Stichwort „Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten“. Die Beantwortung erfolgt gebündelt und schriftlich an alle Teilnehmer über E-Mail. Bei den Rückfragen sind die entsprechenden Teilziffern der Auslobung, auf die sie sich beziehen anzugeben. Die Anworten werden Bestandteil der Auslobung.

1.8 Zwischenkolloquium

Am 21.8.2018 findet ein Zwischenkolloquium statt. Die Teilnahme ist ver- bindlich. Dabei hat jedes Team die Möglichkeit, dem Preisgericht seinen Arbeitsstand zu präsentieren und eine Rückmeldung dazu zu erhalten. Der genaue Ablauf wird im Ausgabekolloquium mit den Teilnehmenden bespro- chen.

1.9 Abgabe der Wettbewerbsarbeiten

Die Arbeiten sind am 28.09.2018 bis 16.00 Uhr oder an einem davor liegen- den Tag bei der

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen – II D -, Württembergische Str. 6, 10707 Berlin, im Raum 131 abzugeben. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 17

Die Wettbewerbspläne sind gerollt in einer eckigen Planverpackung abzulie- fern.

Die Wettbewerbsarbeiten sind zur Wahrung der Anonymität in verschlos- senem Zustand ohne Absender oder sonstigen Hinweis auf den Verfasser, aber mit der Kennzahl und dem Vermerk „Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt“ einzureichen. Bei Zustellung durch Post- oder Kurierdienst ist der Empfänger auch als Absender anzugeben.

Kennzeichnung der Arbeiten Die Wettbewerbsarbeiten sind in allen Stücken nur durch eine gleichlautende Kennzahl zu bezeichnen. Sie ist aus sechs arabischen Ziffern zu bilden und in einer Größe von 1 cm Höhe und 4 cm Breite auf jedem Blatt und Schriftstück in der rechten oberen Ecke anzubringen. Sie ist vom Teilnehmer selbst zu wählen.

Der Wettbewerbsverfasser hat die Verfassererklärung (siehe digitaler Anhang, Punkt 08) mit seiner Anschrift in einem verschlossenen und undurch- sichtigen Umschlag mit der gleichen Kennzahl abzugeben, mit der er seine Wettbewerbsarbeit gekennzeichnet hat. Dieser Umschlag ist gleichzeitig mit der Wettbewerbsarbeit abzugeben.

1.10 Preisgericht

Die Preisgerichtssitzung findet am 31.10.2018 statt. Die Wettbewerbsarbeiten werden zuvor einer formellen Vorprüfung unterzogen. Die Vorprüfung stellt die Arbeiten jeweils zusammenfassend und nicht wertend dem Preisgericht vor. Im Anschluss daran wird das Preisgericht über die eingereichten Entwürfe beraten.

1.11 Verzeichnis der Wettbewerbsunterlagen

Unterlagen des Wettbewerbs sind: -- die vorliegende Auslobung -- die Zusammenstellung der Rückfragen und Antworten -- Anlage digitaler Daten mit u.a. folgenden aufgeführten Planunterlagen und Dokumenten:

--Arbeits- und Informationspläne, u.a. als .dwg-/.dxf-/.jpg-Datei -- Luftbild als .tif-Datei -- Layoutvorschlag als .pdf-Datei -- Baumbestandsplan und -liste, -- Formblatt Verfassererklärung --Vorbereitende Studie zum Naturverständnis des Judentums

Hinweis Jeder Teilnehmer des Verfahrens verpflichtet sich, die vorliegenden digitalisier- ten Daten und Pläne nur für die Beteiligung am Verfahren zu nutzen. Daten, die im Rahmen der Bearbeitung als Zwischenprodukte anfallen und nicht an den Auslober abgegeben werden, sind nach Abschluss des Wettbewerbes zu löschen. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 18

1.12 Geforderte Leistungen

Von den Teilnehmern werden folgende Leistungen erwartet:

1. Die landschaftsarchitektonisch-künstlerische Idee ist in einer präsentierbaren Form abzuliefern (Zeichnungen in Papierform, 3D-Animation, Imagebild in digitaler Form). Das Imagebild soll den Entwurf eindeutig visualisieren und wird für den Bericht der Vorprüfung und die Dokumentation verwendet. Bewegte Bilder/Animationen sind im Format .mp4 einzureichen. Um eine Handhabbarkeit im Wertungsverfahren zu gewährleisten, darf die Datenmenge 100 MB nicht überschreiten. 2. Lageplan Einbindung mit Darstellung der Anbindung an die umge- benden Gartenbereiche bzw. des Bezugs zu anderen Themengärten, M 1:500 als frei wählbarer Ausschnitt des Grundlagenplans. 3. Konzeption des Projekts im Maßstab 1:100 4. Erläuternde Darstellungen wie Ansichten, Schnitte (Maßstab 1:100) zur Veranschaulichung der Entwurfsidee.

Zusätzlich sind separat abzugeben:

Vorschlag Blattaufteilung 2 Pläne 5. Erläuterungsbericht (max. 2 DIN A 4 Seiten) mit Erläuterung der à 841 mm x 1200 mm Entwurfsidee, zur Material- und Pflanzenverwendung sowie zum Umgang mit dem Bestand 6. Verfassererklärung auf beiliegendem Formblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 08) in verschlossenem undurchsichtigem Umschlag 7. Kostenermittlung auf beiliegendem Formblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 09)

Die aufgeführten geforderten Leistungen Nr. 2.-7. sind in Papierform zu erbringen. Die geforderte Leistung (Nr. 1) ist neben der möglichen Darstellung in digitaler Form auch auf dem Präsentationsplan sichtbar zu machen.

Zusätzlich geforderte Leistungen in digitaler Form Zusätzlich sind folgende Leistungen in digitaler Form auf CD-ROM zu erbringen (für Vorprüfung, und Ergebnisprotokoll):

8. Präsentationspläne als Windows-kompatible .tif-Dateien in einer Auflösung von bevorzugt 300 dpi 9. Präsentationspläne als .pdf-Datei(en) mit eingebundenen Pixeldarstellungen in einer Auflösung von bevorzugt 300 dpi 10. Verkleinerung des der Präsentationspläne auf DIN A4 (für Vorprüfbericht) 11. Prüfplan als Windows-kompatible .dxf- oder .dwg-Datei (AutoCAD 2014 oder tiefer) 12. Erläuterungsbericht (max. 2 DIN A 4 Seiten) mit Erläuterung der Entwurfsidee, zur Material- und Pflanzenverwendung sowie zum Umgang mit dem Bestand 13. Kostenermittlung auf beiliegendem Formblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 09) 14. Verzeichnis der eingereichten Unterlagen 15. Verfassererklärung auf beiliegendem Formblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 08) in verschlossenem undurchsichtigem Umschlag Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 19

Hinweise zu den geforderten digitalen Leistungen „Offene“ Dateien aus Layout-Programmen (z.B. InDesign, QuarkExpress, Illustrator etc.) können nicht berücksichtigt werden. Bildmaterial, das nicht im genannten Windows-kompatiblen .tif-Format vorliegt, kann nicht berücksichtigt werden.

Die CD-ROM selbst trägt als Titel nur die sechsstellige Kennzahl, mit der auch die schriftlichen Pläne gekennzeichnet werden (z.B. 123456). Die einzelnen Dateien auf der CD-ROM müssen wie folgt benannt werden:

Der erste Teil des Dateinamens ist die sechsstellige Kennzahl, danach folgt ein Unterstrich und anschließend der eigentliche Dateititel, gefolgt von der Formatangabe, z.B. „tif“

Beispiele: -- Lageplan: 123456_lageplan.tif -- Realisierungsbereiche: 123456_realisierungsbereiche.tif -- Perspektiven: 123456_perspektive_01.tif -- Präsentationsplan: 123456_praesentationsplan_01.pdf -- Prüfplan: 123456_prüfplan_01.dxf -- Animation: 123456_animation_01.mp4

In den Dateinamen dürfen keine Leer- und Sonderzeichen vorkommen. Die CD-ROM ist für Mac- und Windows-kompatiblen PC zu erstellen. Sollte dies aus technischen Gründen nicht möglich sein, dann ist die CD-ROM zumindest für Windows-kompatiblen PC zu erstellen.

Neben dem 3D-Animation und Imagebild ggf. in digitaler Form gilt als ver- bindliche Form der Arbeit der Papierausdruck.

Allgemeine Hinweise Für die Präsentation der Wettbewerbsarbeiten stehen in der Wettbewerbsphase pro Arbeit zwei jeweils 2 m hohe Rolltafeln mit einer Hängefläche von 1,96 m (Breite) x 1,46 m (Höhe) zur Verfügung.

Der vom Auslober zur Verfügung gestellte Layoutplan stellt ein Angebot dar, den Wettbewerbsbeitrag darzustellen; er muss von den Verfassern nicht verwendet werden.

Jeder Teilnehmer darf nur eine Arbeit ohne Variante einreichen. Gemäß RPW 2008 35 Absatz 2 werden Darstellungen, die über die in der Auslobung geforderten Leistungen hinausgehen oder gegen bindende Vorgaben des Auslobers verstoßen, von der Vorprüfung ausgesondert. Farbige Darstellungen sowie erläuternde Skizzen sind zugelassen. Jeder Teilnehmer des Wettbewerbes verpflichtet sich, die vorliegenden digi- talisierten Daten und Pläne nur für die Beteiligung am Wettbewerb zu nut- zen. Daten, die im Rahmen der Bearbeitung als Zwischenprodukte anfal- len und nicht an den Auslober abgegeben werden, sind nach Abschluss des Wettbewerbes zu löschen. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 20

Ausschlusskriterien / Verstoß gegen bindende Vorgaben Die für die Wettbewerbsaufgabe verbindlichen Vorgaben werden im Sinne der Innovation und des Wettbewerbsgedankens auf folgende grund­ sätzliche Anforderungen begrenzt:

-- Es werden keine bindenden Vorgaben im Sinne der RPW 2013 § 5 Absatz 1 formuliert.

Wettbewerbsbeiträge, die während der Laufzeit des Wettbewerbes ver- öffentlicht werden, verstoßen gegen die in § 1 Absatz 4 und § 6 Absatz 2 RPW 2013 geforderte Anonymität und sind von der Beurteilung auszu- schließen.

1.13 Beurteilungsverfahren und Vorprüfung

Das Beurteilungsverfahren ist unter § 6 Absatz 2 der RPW 2013 dargestellt.

Beurteilungsverfahren Die Prüfung der Arbeiten umfasst folgende Arbeitsschritte:

-- Prüfung der fristgerechten Einlieferung -- Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen -- Prüfung der Einlieferung einer Verfassererklärung -- Beschreibung der Entwurfsidee des Verfassers für den verkürzten Vorprüfbericht

Beurteilungskriterien Der Katalog der Beurteilungskriterien (nach RPW 2013, Anlage I) dient der Strukturierung der Vorprüfung und der Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten durch das Preisgericht. Bei der Beurteilung werden folgende Kriterien zu Grunde gelegt:

Konzept -- Entwurfsidee und landschaftsarchitektonisch-künstlerischer Leitgedanke -- Einbindung in das landschaftsarchitektonische Umfeld -- Authentizität -- Umgang mit dem Bestand -- Umweltbezug

Gestaltung -- Gestalterische Ausdruckskraft -- Gestaltqualität -- vorgeschlagene Materialverwendung

Realisierbarkeit -- Technische Machbarkeit -- Einhaltung von Vorgaben -- Einhaltung des Kostenrahmens -- Wirtschaftlichkeit in Bezug auf Folgekosten für Pflege und Unterhaltung Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 21

1.14 Preise und Bearbeitungshonorar

Für Bearbeitungshonorare, Preise und Anerkennungen stehen insgesamt 46.000 Euro zur Verfügung. Bei Abgabe einer prüffähigen Arbeit wird je Teilnehmerteam ein Teilnahmehonorar ausgezahlt, je nach Anzahl der teilnehmenden Teams in Höhe von 2.000 € bis 2.400 €. Auf alle Beträge wird inländischen Teilnehmer*innen zusätzlich die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % ausgezahlt.

1. Preis 10.000 Euro 2. Preis 7.000 Euro 3. Preis 5.000 Euro

Die Preise und Anerkennungen werden nach Entscheidung des Preisgerichts unter Ausschluss des Rechtsweges zugeteilt. Das Preisgericht kann ein- stimmig eine andere Verteilung beschließen oder Preisgruppen bilden. Die Mehrwertsteuer von derzeit 19% ist in den genannten Beträgen nicht ent- halten und wird den inländischen Teilnehmern zusätzlich ausgezahlt.

1.15 Weitere Bearbeitung

Das Preisgericht gibt eine schriftliche Empfehlung für die weitere Bearbeitung der Wettbewerbsaufgabe.

Bei der anschließenden Umsetzung der dem Wettbewerb zugrunde lie- genden Aufgabe ist beabsichtigt, unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts das erste Preisträger-Team zu beauftragen, sofern kein wichtiger Grund einer Beauftragung entgegensteht. Falls das Preisgericht keinen 1. Preis vergibt, besteht kein Anspruch auf Auftragserteilung. Die Beauftragung kann nur beim Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen erfolgen.

Es ist beabsichtigt, die Landschaftsarchitektinnen bzw. Landschafts- architekten gem. § 39 HOAI (2013) stufenweise mit der weiteren Planung für die Leistungsphasen 2 bis 5 (4 bei Bedarf) zu beauftragen und zu ver- güten. Die Beauftragung der Künstlerinnen bzw. der Künstler erfolgt ebenfalls im Rahmen der Verhandlung mit dem 1. Preisträger-Team. Es ist beab- sichtigt, mit den Künstlerinnen bzw. den Künstlern ein angemessenes Pauschal-Honorar zu vereinbaren, das nachvollziehbar und der künstle- rischen Arbeit entsprechend ermittelt wird. Die Honorierung der künstle- rischen Leistung wird auf Basis des im Formblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 09) anzugebenden Künstler-Honorars verhandelt.

Die Vorstellung zum Honorar für die künstlerischen Leistungen muss in der Kostenschätzung in der dafür vorgesehenen Zeilen dargestellt werden. Alle Honorare werden zusätzlich zu den unter 3.9 genannten Herstellungskosten von maximal 1,0 Mio. € (netto) gezahlt. Die Baukosten werden weder durch das Landschaftsarchitektenhonorar noch das Künstlerhonorar gemindert.

Die Teams aus Landschaftsarchitektinnen bzw. Landschaftsarchitekten Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 22

und Künstlerinnen bzw. Künstlern sind gehalten, bilateral bereits im Vorfeld der Verhandlungen ein grundsätzliches Modell der internen Aufteilung von Leistungen und deren Honorierung innerhalb des Teams zu vereinbaren.

Die Beauftragung erfolgt stufenweise. Die Beauftragung der jeweils nächsten Stufe kann nur beim Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen gem. ABau Teil II, Punkt 23 erfolgen. Ein Rechtsanspruch auf Beauftragung dieser Leistungen besteht nicht.

Im Falle einer weiteren Bearbeitung werden durch den Wettbewerb bereits erbrachte Leistungen des Wettbewerbsteilnehmers bis zur Höhe des zuer- kannten Preises nicht erneut vergütet, wenn der Wettbewerbsentwurf in seinen wesentlichen Teilen unverändert der weiteren Bearbeitung zugrunde gelegt wird (RPW 2013 § 8 Absatz 2).

Ein Verhandlungsverfahren mit allen Preisträgern im Anschluss an den Wettbewerb wird nur durchgeführt, wenn der Auftraggeber vom Votum des Preisgerichts abweicht. Im Regelfall wird der Auftraggeber nur mit dem ersten Preisträger-Team über die Auftragsvergabe verhandeln.

Landschaftsarchitektinnen bzw. Landschaftsarchitekten, die nicht Mitglieder der Berliner Architektenkammer sind, werden gemäß § 6 Bau- und Architektenkammergesetz verpflichtet, sich bei Auftragserteilung im Verzeichnis auswärtiger Architekten der Architektenkammer Berlin eintragen zu lassen. Bei Bedarf wird die Hinzuziehung eines Kontaktlandschaftsarchitekturbüros empfohlen.

1.16 Eigentum und Urheberrecht

Die eingereichten Unterlagen der mit Preisen ausgezeichneten und ange- kauften Wettbewerbsarbeiten werden Eigentum des Auslobers. Das Urheberrecht und das Recht der Veröffentlichung der Entwürfe bleiben dem Verfasser erhalten (RPW 2013 § 8 Absatz 3).

Der Auslober ist berechtigt, die zur Beurteilung zugelassenen Arbeiten nach Abschluss des Wettbewerbs ohne weitere Vergütung zu dokumentie- ren, auszustellen und (auch über Dritte) zu veröffentlichen. Die Namen der Verfasser werden dabei genannt.

Bildrechte Jeder Teilnehmer, Preisrichter, Sachverständige, Vorprüfer und Gast erklärt sich durch seine Beteiligung bzw. Mitwirkung am Verfahren damit einverstanden, dass der Auslober die für diesen Wettbewerb eingerei- chten oder im Verlauf des Verfahrens angefertigten Bilder und Texte zu Dokumentationszwecken räumlich und zeitlich unbefristet verwenden darf, ggf. unter Nennung der Verfasser.

1.17 Verfassererklärung

Durch ihre Unterschrift in der Verfassererklärung versichern die Wettbewerbsteilnehmer, dass sie die geistigen Urheber der Wettbewerbsarbeiten, gemäß den Wettbewerbsbedingungen teilnahme- Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 1 Verfahren 23

berechtigt, mit einer Beauftragung zur weiteren Bearbeitung einverstan- den und zur fach- und termingerechten Durchführung in der Lage sind.

Die Verfassererklärung befindet sich als Formblatt in den digitalen Anlagen unter 4.1 Formblätter.

1.18 Bekanntgabe des Ergebnisses und Ausstellung der Arbeiten

Das Ergebnis des Wettbewerbes wird den Teilnehmern, deren Arbeit mit einem Preis ausgezeichnet wird, unmittelbar nach der Entscheidung des Preisgerichts mitgeteilt, allen ande- ren durch die Übersendung des Preisgerichtsprotokolls mitge- teilt und der Öffentlichkeit über die Presse bekannt gegeben sowie unter http://stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/wettbewerbe/ und https://gruen-berlin.de/unsere-projekte angekündigt. Die zur Beurteilung zugelassenen Wettbwerbsarbeiten werden mit den Namen der Verfasser, der Mitarbeiter und Sonderfachleute, den Preisen, der Aufnahme in die engere Wahl und dem Preisgerichtsprotokoll öffent- lich ausgestellt. Eröffnung, Ort und Dauer der Ausstellung werden den Wettbewerbsteilnehmern und der Presse bekannt gegeben.

1.19 Haftung und Rückgabe

Für die Beschädigung oder den Verlust der eingereichten Arbeiten haftet der Auslober nur im Fall nachweisbar schuldhaften Verhaltens. Die nicht prämierten Arbeiten von in Berlin ansässigen Teilnehmern können zu einem Zeitpunkt, der ihnen rechtzeitig mitgeteilt wird, bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung - II D - abgeholt werden. Sind diese Arbeiten, trotz einer Erinnerung sechs Wochen nach dem genannten Termin nicht abge- holt worden, so geht der Auslober davon aus, dass die betreffenden Teilnehmer das Eigentum an ihren Arbeiten aufgegeben haben und wird dann mit diesen Arbeiten nach seinem Belieben verfahren.

Die nicht in Berlin ansässigen Büros werden nach Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten schriftlich bzw. per Mail angefragt, ob Interesse an einer Rücksendung ihrer Wettbewerbsunterlagen besteht. Die Rücksendung erfolgt nur auf Bestätigung und nur dann, wenn die Unterlagen in transportgerechter und wieder verwendbarer Verpackung eingereicht wurden.

Werden die Arbeiten innerhalb der genannten Fristen nicht zurückgefor- dert, so geht der Auslober davon aus, dass die betreffenden Teilnehmer das Eigentum an ihren eingereichten Wettbewerbsunterlagen aufgegeben haben und wird dann mit diesen Unterlagen nach seinem Belieben verfah- ren. 1.20 Zusammenfassung der Termine

Ausgabe der Wettbewerbsunterlagen 03.07.2018 Rückfragen schriftlich per E-Mail bis 20.08.2018 Zwischenkolloquium 21.08.2018 Abgabe der Arbeiten 28.09.2018 Sitzung des Preisgerichts 31.10.2018 Ausstellung der Arbeiten voraussichtlich November 2018 Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 25

Teil 2 Situation und Planungsvorgaben 2.1 Das Wettbewerbsgebiet

Orientalischer Garten Balinesischer Englischer Garten Koreanischer Garten Garten

Japanischer Garten Karl-Förster Besucher Garten Zentrum Wäldchen Suchraum Jüdischer Garten Irrgarten Renaissance Garten Christlicher Garten Gartenkabinette

Chinesischer Garten

Abb. 01: Übersichtsplan Gärten der Welt (Markierung: Suchraum Jüdischer Garten)

2.1.1 Lage

Der vorgesehene Standort zur Realisierung des Jüdischen Gartens liegt im Bereich der höchsten Geländeerhebung der Gärten der Welt, am Rundweg, der die Gärten mit religiöser Thematik miteinander verbindet. Ca. 80 m entfernt in Richtung Südwesten liegt der Christliche Garten mit direktem Sichtkontakt zwischen beiden Standorten. Der Japanische Garten liegt in etwa gleicher Entfernung in Richtung Nordosten. Gegenüber in Richtung Nordwesten ist in ca. 300 m Entfernung der Orientalische Garten verortet. Zu diesem besteht jedoch kein Sichtkontakt, da die Hügelkuppe und mehrere Gehölzgruppen zwischen beiden Standorten liegen.

Am zukünftigen Standort des Jüdischen Gartens liegt derzeit eine offene Rasenfläche. Diese wird im Westen durch ein Wäldchen begrenzt, im Osten und Süden bildet der begleitende Weg die Begrenzung. Nach Norden/Nordosten markieren der steiler werdende Hang sowie einzelne Baumstandorte die räumliche Grenze (siehe Fotodokumentation des derzeitigen Zustands der Fläche zur Erläuterung der Bestandssituation im Anhang, Punkt 01).

Am südlichen Rand dieser Wiese befindet sich derzeit ein künstlerisch gestaltetes Spielgerät: das Schaukelgerüst »Mischa und Mascha«. Die Figuren wurden 1987 zur Berliner Gartenschau BEGA geschaffen, sie stellen den Berliner und den Moskauer Bären dar und symbolisieren die Völkerfreundschaft. Die Bären-Schaukeln erhalten vor der Realisierung Abb. 02 & 03: Suchraum Jüdischer des Jüdischen Gartens einen neuen Standort nördlich des angrenzenden Garten. Blick aus Norden und Nordosten Wäldchens. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 26

2.1.2 Größe

Wäldchen

Suchraum Jüdischer Garten 1000 - 1200 m²

Abb. 04: Lageplan Suchraum Jüdischer Garten

Für den Jüdischen Garten wird als Orientierungswert eine Größe von 1.000 m² bis max. 1.200 m² angesetzt. Den Teilnehmenden steht es jedoch frei, einen kleiner dimensionierten Gartenraum zu entwickeln. Das Budget zur Realisierung der Gestaltungsaufgabe bleibt unabhängig von der end- gültigen Größe gleich (siehe auch Teil 3, Punkt 3.9).

2.2 Marzahn-Hellersdorf

2.2.1 Historische Entwicklung

Die fünf Dörfer , Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn, die heute den Bezirk Marzahn-Hellersdorf bilden, blicken auf eine jahrhun- dertealte Geschichte zurück. Schon germanische und slawische Stämme siedelten in der Nähe der Wuhle. Die Dörfer entstanden um die Mitte des 13. Jahrhunderts, als deutsche Siedler in der Nähe des Wuhlelaufes die Wälder rodeten und Landwirtschaft betrieben. Erstmals urkundlich erwähnt wurden sie zwischen 1300 und 1375. Im Jahre 1920 wurden die bis dahin zum Kreis Niederbarnim gehörenden Dörfer nach Berlin eingemeindet.

Im Ortsteil Biesdorf befindet sich in knapp 3 km Entfernung zu den heu- tigen Gärten der Welt das Schloss Biesdorf mit dem umgebenden Park. Als besonders wertvolles Ensemble der Bau- und Gartenkunst bereichert Abb. 05: Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf im städtischen und topografischen die Anlage die Denkmallandschaft Berlins und des Bezirkes Marzahn- Kontext mit den Berliner Regionalparks Hellersdorf. Die herrschaftliche Villa wurde 1867/1868 errichtet, verbun- den mit der Anlage eines 4 ha großen Landschaftsparks. Später wurde die Villa durch die Familie Siemens bewohnt. Wilhelm von Siemens ließ den Schlosspark zwischen 1891 und 1898 auf 14 Hektar erweitern und durch den Gartenarchitekten und späteren Berliner Gartendirektor Albert Brodersen als Landschaftspark gestalten. Der Bezirk Marzahn wurde am 05. Januar 1979 gegründet. Von 1977 bis Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 27

1989 ist hier auf einer ehemaligen landeseigenen Ackerfläche eine schlüs- selfertige Stadt entstanden, in Plattenbauweise. Aus der Teilung des Bezirkes ging am 01. Juni 1986 der Bezirk Hellersdorf hervor. Ab Mitte der 1980er entstand dort östlich von Marzahn die Großwohnsiedlung Hellersdorf, die allerdings zur Wende 1989 noch nicht fertig gestellt war. Der seit dem 01. Januar 2001 wieder fusionierte Großbezirk umfasst nicht nur das Großsiedlungsgebiet mit seinen ca. 100.000 Wohnungen, in denen zwei Drittel der bezirklichen Bevölkerung leben, sondern auch die von Einfamilienhäusern geprägten Kleinsiedlungen Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf, die sich auf zwei Dritteln der Bezirksfläche erstrecken.

2.2.2 Wirtschaft und Infrastruktur

Der Bezirk ist in seiner Tradition als Industriestandort sowie einer hohen Konzentration von Unternehmen aus dem Gesundheitswesen deutlich wirt- schaftlich geprägt. Am südwestlichen Rand teilt sich Marzahn-Hellersdorf mit Lichtenberg das Gewerbeareal Berlin eastside, das größte zusammen- hängende Gewerbegebiet Berlins mit ca. 1.200 Hektar Gewerbefläche, hier befinden sich 2.500 Unternehmen mit über 7.000 Beschäftigten.

Auf einer Gesamtfläche von 90 Hektar wird in den nächsten Jahren der CleanTech Business Park entstehen, der sich den erneuerbaren Energien verschrieben hat. Gesundheit für Klima und Mensch ist ein Leitmotiv, das auch mit dem ansässigen Unfallkrankenhaus, einem hochmoder- nen klinischen Zentrum zur Rettung und Rehabilitation Schwerverletzter aus ganz Deutschland, verfolgt wird. Mit dem Unfallkrankenhaus Berlin und der Augenklinik Marzahn verfügt der Bezirk über zwei Gesundheits­ einrichtungen, deren Bedeutung weit über die Grenzen der Region hinaus reichen. Weitere Kliniken, Facharzt- und Schwerpunktzentren machen die Gesundheitswirtschaft nach der Verwaltung zum größten Arbeitgeber im Bezirk.

2.2.3. Demographie

War der Bezirk zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung altersmäßig der jüngste Bezirk und die „Kinderstube der Hauptstadt“, ist inzwischen laut Prognose absehbar, dass insbesondere der Anteil der älteren Bevölkerung in Marzahn-Hellersdorf bis zum Jahre 2030 um 190 Prozent steigen wird. Gemeinsam mit Steglitz-Zehlendorf hätte der Bezirk dann den höchsten Rentneranteil (29 Prozent) in Berlin.

Das Durchschnittsalter beträgt heute 42,9 Jahre und liegt damit noch unter dem Durchschnitt Berlins. Noch ist jeder Vierte ein Kind bzw. ein Jugendlicher (bis 25 Jahre). Die Zahl der Kinder unter 6 Jahren steigt seit dem Jahr 2000 wieder kontinuierlich an. Die ältere Bevölkerung ab 65 Jahren nimmt ebenfalls stark zu.

11 Prozent der Einwohner/innen haben einen Migrationshintergrund. Bei der Mehrheit der Migrant/innen handelt es sich um Spätaussiedler/innen aus Staaten der GUS und ihre Familien. Der Ausländeranteil beträgt ledig- lich 3,9 Prozent und ist damit der zweitniedrigste in Berlin. Während der Anteil junger Menschen unter 18 Jahren in der Gesamtbevölkerung sinkt, steigt er bei den Migrantinnen und Migranten. Jeder Fünfte unter 18 Jahren hat einen Migrationshintergrund. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 28

2.2.4. Siedlungs- und Wohnstruktur

Im Bezirk gibt es 130.505 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 90.559.000 Quadratmetern. Mit einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 69,4 Quadratmetern liegt der Bezirk im Berliner Durchschnitt (70,4 Quadratmeter). Die Wohnungen in den Großsiedlungen sind durchschnitt- lich 60 bis 65 Quadratmeter groß. 18,2 Prozent aller Wohnungen befin- den sich in Ein- und Zweifamilienhäusern. Angesichts der derzeit ange- spannten Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt werden die beiden Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf zukünftig eine wichtige Rolle als lebenswerte Wohnlagen spielen. Dazu tragen die aktuell noch preiswerten Wohnungen in allen Größen und ein dichtes Netz von Kitas, Schulen, Einkaufs- und Erholungsmöglichkeiten bei.

2.2.7. Marzahn-Hellersdorf heute

Nach der Wende wurden in einer ersten Sanierungsphase Gebäude und Freianlagen teils aufwändig saniert bzw. fertig gestellt. Nach Bevölkerungsrückgang erfolgte in den Nullerjahren mit Hilfe des Stadtumbauprogramms Ost im Bezirk ein erheblicher Rückbau von nicht mehr benötigter sozialer Infrastruktur. Von den Wohnungsunternehmen wurden ca. 4.500 Wohnungen abgerissen. Im Gegenzug erfolgten aus dem gleichen Programm umfassende Aufwertungsmaßnahmen, die zur Stabilisierung der Wohngebiete, aber auch der verbleibenden sozialen Infrastruktur und des Wohnumfeldes beitrugen.

Viele Projekte wurden gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen, der Senatsverwaltung und dem Bezirk unter Einbeziehung der Bewohnerinnen und Bewohner vorbereitet und umgesetzt. Einen Schwerpunkt bildete dabei die moderne Gestaltung der Schulen und Freizeiteinrichtungen, wobei die Wünsche und Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Beteiligung mit dem so genannten „Bürgerhaushalt“ in die Projekte einflossen.

Großen Wert legt der Bezirk auf die Erhaltung und Pflege der Grünanlagen. Rund 22 Quadratmeter Grün- und Parkanlagen stehen pro Einwohner/ in zur Verfügung. Davon liegt ein großer Teil in den Landschaftsräumen Wuhletal, Seelgraben, Hönower Weiherkette oder Kaulsdorfer Seen und bietet damit Naturraumqualitäten, die zu weit­läufigen Spaziergängen und zum freien Spiel in der Natur einladen.

Marzahn-Hellersdorf präsentiert sich heute als vielgestaltiger Stadtbezirk, und nicht nur sein äußeres Erscheinungsbild ist in permanentem Wandel. Eine Vielzahl von Initiativen, Vereinen und ehrenamtlich Aktiven prägt das Leben im Bezirk. Berlins größte Freiwilligenagentur hat hier ihren Sitz. Vom Kleingartenverein oder dem Freundeskreis der Gärten der Welt über das Kulturhochhaus mit seinem Wolkenkratzer e.V. oder Jugendfreizeit­ stätten wie dem TREIBHAUS, bis hin zu Nachbarschaftsprojekten wie den „Gärten der Begegnung“ oder die temporären Gemeinschaftsflächen, die Marzahner und Hellersdorfer im Rahmen von „Schaff dir Platz“ gemein- sam entwickeln. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 29

2.3 Die Gärten der Welt

Suchraum Jüdischer Garten

Abb. 06: Luftbild Gärten der Welt und Kienberg (Markierung: Suchraum Jüdischer Garten)

Die Gärten der Welt, im Jahr 2000 aus dem ‚Erholungspark Marzahn‘ her- vorgegangen, sind seit vielen Jahren ein beliebtes Ausflugsziel. Die euro- paweit einzigartige Parkanlage zeigt auf 42 ha Fläche herausragende Beispiele traditioneller sowie zeitgenössischer Gartenkunst und zieht glei- chermaßen Berlinerinnen und Berliner sowie Besucherinnen und Besucher aus ganz Deutschland wie auch internationale Gäste an.

Bereits im Jahr 1987 wurde auf einem Teilbereich der heutigen Parkanlage anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums von Berlin die Berliner Gartenschau (BEGA) durchgeführt. Die Fläche umfasste damals ca. 17 ha. Das Gartenschaugelände wurde in den 1990er Jahren als ‚Erholungspark Marzahn‘ genutzt und im Jahr 2000 legte die Eröffnung des Chinesischen Gartens den Grundstein für die ‚Gärten der Welt‘ in ihrer heutigen Form.

Bereits vor der Erweiterung der Flächen, die zur Eröffnung der IGA 2017 die Gärten der Welt von 17 auf 42 ha vergrößerten, verzeichne- ten die Gärten jährlich bis zu 800.000 Gäste. Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits neun internationale Themengärten nach tradiertem Vorbild aus Europa, Asien und dem vorderen Orient hier versammelt und führ- ten einen Dialog der Kulturen auf der Ebene qualitativ anspruchsvollster internationaler Gartenkunst und ihrer kulturellen und religiösen Vorbilder. Dieses Ensemble war der Ausgangspunkt für die aktuelle Situation und die zukünftige Weiterentwicklung der Gärten der Welt (https://gruen-berlin.de/ gaerten-der-welt).

In den folgenden Abschnitten 2.3.1. bis 2.3.6. werden die bereits vor- handenen Gärten beschrieben, deren gestalterische Konzeptionen die großen Weltreligionen bzw. Weltanschauungen wiederspiegeln. Im Zusammenhang mit diesen Gärten soll der Jüdische Garten entstehen, als Beitrag zur Darstellung der drei monotheistischen Weltreligionen in Ergänzung zum Orientalischen und zum Christlichen Garten. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 30

2.3.1 Der Chinesische Garten (Eröffnung 2000)

Der „Garten des wiedergewonnen Mondes“, repräsentiert die Prinzipien des Konfuzianismus. Er entstand in enger Kooperation mit der Partnerstadt Peking, die Planungsunterlagen wurden durch das Klassische Institut für Gartenarchitektur, Jin Boling, erstellt. Der Garten wurde von chinesischen Fachleuten gebaut und mit originalen Bauelementen ausgestattet. Mit 2,7 Hektar Fläche ist er der größte chinesische Garten Europas. Ein Teehaus ist über Uferwege und eine Zickzackbrücke mit anderen typischen chinesi- schen Bauten verbunden. Das Zentrum des reich bepflanzten Gartens bil- det der See. Der Kienberg stellt für den Chinesischen Garten eine unver- zichtbare Kulisse dar.

2.3.2 Der Japanische Garten (Eröffnung 2003)

Der „Garten des zusammenfließenden Wassers“, spiegelt die Kernthemen des Zen-Buddhismus. Er präsentiert seit Mai 2003 eine geschlossene Gartenwelt mit Teich, Wasserläufen und Trockengarten und imposanten Steinsetzungen. Typische japanische Pflanzen, wie Ahorn, Zierkirschen und Magnolien setzen Farbakzente. Geplant wurde er von Prof. Shunmo Masuno, einem Zen-Priester und Gartendesigner aus Yokohama. Die Symbolhaftigkeit des Japanische Gartens wurde aus seinem Bezug zum Kienberg entwickelt.

2.3.3 Der Balinesische Garten (Eröffnung 2003, Erweiterung 2017)

Der „Garten der drei Harmonien“ steht für die Lehre des Hinduismus. Er zeigt – geschützt in einem tropischen Gewächshaus – einen Ausschnitt aus einem traditionellen balinesischen Wohnkomplex mit vier Haus- und Familientempeln sowie eine tropische Pflanzenwelt. Die ursprüngliche Anlage von 2003 wurde mit dem Neubau der Tropenhalle 2017 erweitert. Die Planung stammt von Puti Edy Semara, Edy Semara Architects, Bali (Indonesien).

2.3.4 Der Orientalische Garten (Eröffnung 2005 / 2007)

Der „Garten der vier Ströme“ ist Ausdruck des Islam, er repräsentiert seit Juli 2005 die Gartentradition verschiedener orientalischer Länder. Der von dem Garten- und Landschaftsarchitekten Kamel Louafi und dem marok- kanischen Gartenhistoriker Mohamed El Fai’z geschaffene Gartenhof ist ein altorientalisch ausgelegtes kleines Paradies – ein Riyad-Garten wie aus „Tausendundeiner Nacht“. Hier herrscht eine Vielfalt von Farben und Düften. Das fließende Wasser wird zum Klangerlebnis. Vervollkommnet wurde der Garten durch den 2007 eröffneten „Saal der Empfänge“, einem kleinen Palast mit gläserner Kuppel. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 31

2.3.5 Der Koreanische Garten (Eröffnung 2006)

Der Koreanische „Seouler Garten“ repräsentiert gleichermaßen Schamanismus, Buddhismus und Konfuzianismus. Er ist ein Geschenk der südkoreanischen Hauptstadt an Berlin, geplant von Samsung Everland Inc. (Woon Sung Oh, Sung Long Lee). Im Mittelpunkt der mit Hilfe südkore- anischer Bauleute und Kunsthandwerker errichteten Anlage steht auf einer Anhöhe ein Pavillon. Die 4.000 Quadratmeter umfassende Gartenanlage wurde nach den koreanischen Traditionen des Buddhismus, dem schama- nischen Glauben und den Lehren des Konfuzius gestaltet. Danach soll der Mensch in den Gärten Freude, Entspannung und Ruhe in der Natur finden.

2.3.6 Der Christliche Garten (Eröffnung 2011)

Im Jahr 2011 wurde der „Christliche Garten“ eröffnet, die Gesamtplanung oblag dem Büro relais Landschaftsarchitekten, Berlin. Von einer vier Meter hohen Hecke umrahmt, zeichnet dieser quadratische Garten das „Ur-Muster“ eines klösterlichen Kreuzganges nach. Der umrah- mende Wandelgang aus goldfarben lackiertem Aluminium setzt sich aus Textpassagen des Alten und Neuen Testaments sowie literarischen und philosophischen Texten zusammen. Der Mittelpunkt des Gartens und des Wegekreuzes wird durch einen überquellenden Wasserstein betont und von vier immergrünen Heckenkörpern umgeben.

Ergänzend zu den zuvor beschriebenen Gärten mit religiösem bzw. welt- anschaulichem Hintergrund werden nachfolgend (2.3.7 bis 2.3.11) weitere Themengärten vorgestellt, die klassische Typologien aus der Geschichte der Gartenkunst repräsentieren bzw. einen Überblick über zeitgenös- sische, innovative Ansätze in der Gartengestaltung geben.

2.3.7 Der Heckenirrgarten / Irrgarten und Labyrinth (Eröffnung 2007)

Als Beispiele für die europäische Gartenkunst wurden im Jahr 2007 der „Heckenirrgarten“ mit 1.250 je 2 m hohen Eiben, geplant durch Gruppe F Landschaftsarchitekten (Berlin) nach dem Vorbild von Hampton Court, sowie ein „Boden-Labyrinth“ nach dem Vorbild des Labyrinths der gotischen Kathedrale von Chartres in Frankreich eröffnet.

2.3.8 Der Karl-Foerster-Staudengarten (Eröffnung 2008)

2008 wurde der überarbeitete „Karl-Foerster-Staudengarten“ eröffnet. Er ist im Sinne Karl Foersters ein Ort der Schönheit, der Freude und der Versöhnung mit der Natur. Frei nach dem Motto „Es wird durchgeblüht“ findet der Besucher hier Prachtstauden, Schattenstauden, Gräser und Zwiebelgewächse. Die Planung stammt von Dr. Johannes Schwarzkopf, die Pflanzplanung erstellte Christian Meyer. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 32

2.3.9 Der Italienische Renaissancegarten (Eröffnung 2008)

Ebenfalls 2008 wurde der „Italienische Renaissancegarten“ eröffnet. Letzterer repräsentiert ein weiteres Beispiel der europäischen Gartenkunst und trägt den Namen „Giardino della Bobolina“, er wurde entworfen von Levin Monsigny, Landschaftsarchitekten, Berlin, unter Beratung von Garten- und Landschaftsarchitekt Luigi Latini (Florenz).

2.3.10 Der Englische Landschaftsgarten (Eröffnung 2017)

Als zehnter „Garten der Welt“ entstand ab 2013 in der nördlichen Erweiterungsfläche ein Englischer Landschaftsgarten. Der von dem bri- tischen Büro Austin-Smith: Lord Architects aus Manchester entworfene „Cottage-Garten“ mit Landhaus ist im Vorfeld der IGA Berlin 2017 fertig- gestellt worden. Ein „Pleasureground“ verbindet den Garten mit der umge- benden Landschaft, der von weitläufig geplanten Wegeverbindungen, Sichtachsen und Blickbeziehungen erschlossen und in die Gesamtanlage eingebettet ist.

2.3.11 Die internationalen Gartenkabinette (Eröffnung 2017)

Zur IGA Berlin 2017 entstanden in den Gärten der Welt 9 internationale Gartenkabinette, die dauerhaft zeitgenössische Interpretationen von kultu- reller Identität wiederspiegeln. Der kulturell und regional sehr unterschied- liche Hintergrund der Landschaftsarchitekt*innen aus 5 Kontinenten ist in den Gärten ablesbar. Die in einem kuratierten Verfahren ausgewählten acht Landschaftsarchitekt*innen zeigen in ihren konzeptionellen und ent- wurflichen Ansätzen ein sehr hohes Niveau. Zusätzlich entstand an die- sem Standort ein Garten, der von einem international profilierten Künstler gestaltet wurde: Martin Kaltwasser entwarf den ‚Los Angeles Garten‘, der sich kritisch mit der Verdrängung von Natur in Städten auseinandersetzt. Die neuen Gärten sind jeweils 380 m² groß und über einen durchgehenden Weg miteinander verbunden. Durch hohe Hecken aus Hainbuchen sind die einzelnen Bereiche geschlossen, damit sich die Besucherinnen und Besucher konzentriert auf das jeweilige Gartenbild einlassen können.

2.4 Die Historische Entwicklung des Areals

Die heutigen Gärten der Welt haben sich in mehreren Phasen entwickelt, Hinweise auf die einzelne Entwicklungsschritte sind im Gelände teilweise noch ablesbar.

Vor 1985 Im Bereich des heutigen Kerngebietes der Gärten der Welt befand sich vor 1985 u.a. der Standort einer Baumschule zur Anzucht von Gehölzen für neue Wohngebiete.

1985-1991: Berliner Gartenschau (BEGA) Ab 1985 wurde die „Berliner Gartenschau“ (BEGA) angelegt und am 09. Mai 1987 eröffnet, geplant durch das Stadtgartenamt Berlin (Gottfried Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 33

Funeck, Roswitha Schulz, Birgit Engelhardt). Die damalige Gestaltung prägt auch heute noch die Kernbereiche des Parks. Im Original bzw. in ihrer ursprünglichen Form erhalten sind die Brunnenstraße, der Rosengarten, der Rhododendrongarten, und das Blumentheater. Im Zusammenhang mit der Anlage der BEGA wurde auch der angrenzende Kienberg begrünt.

1991-2000: Erholungspark Marzahn Zum 01. September 1991 ging die Verwaltung des Geländes an die Abb. 07: Parkplan der Berliner „ GmbH“ über, die als überbezirklicher Träger für Betrieb Gartenschau 1987 und Entwicklung zuständig wurde. Es erfolgte eine Neuorientierung als Volkspark und die Bezeichnung „Erholungspark Marzahn“ wurde einge- führt.

2000: Gärten der Welt Bereits seit 1994 gab es Überlegungen, auf den Flächen einen Chinesischen Garten anzulegen. Baubeginn war 1997 auf einem süd- lich gelegenen Erweiterungsbereich, im Jahr 2000 fand die Einweihung statt. Es folgten der 2003 der Japanische Garten und der Balinesische Garten. Der Orientalische Garten wurde 2005 eröffnet. In den Folgejahren wurden der Koreanische Garten, Irrgarten und Labyrinth, der Karl- Foerster-Staudengarten, der Italienische Renaissancegarten und 2010 Abb. 08: Der Übersichtsplan zeigt den der Christliche Garten eröffnet. Die inhaltliche Neukonzeption, die mit Bestandsbereich des Parks in kräftigem der Anlage von Gärten verschiedenster Kulturkreise einherging, führte Grün und die Erweiterungsflächen in auch zur Umbenennung der Parkanlage. Seit mehreren Jahren steht der Hellgrün, Stand 2011 Name ‚Gärten der Welt‘ für höchste landschaftsarchitektonische Qualität, Authentizität und interkulturellen Austausch.

2011: Erweiterungsphase Bereits seit 2007 begannen die Planungen zur Erweiterung der Parkanlage, Rehwaldt Landschaftsarchitekten wurden als Masterplaner mit der Konzeption beauftragt. 2011 wurden auf den ersten Erweiterungsflächen die Koppelwiese, der Bachlauf und der Eingang Süd angelegt und eröffnet. Ergänzend wurden die Erweiterungsflächen am Blumberger Damm erwor- ben (s. 2.5. Masterplan Parkerweiterung).

Abb. 09: Masterplan, Stand 2011 Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 34

Abb. 10: Die Gärten der Welt und die IGA Berlin 2017

IGA Berlin 2017 Am 13. April wurde auf den ursprünglichen Flächen der Gärten der Welt, den Erweiterungsflächen, dem Kienberg und angrenzenden Teilbereichen des Wuhletals die erste Internationale Gartenausstellung Berlins eröffnet. Sie bot für 186 ereignisreiche Tage ein wahres ‚MEHR aus Farben‘, so der Titel der IGA Berlin 2017. Rund 1,6 Millionen Gäste aus nah und fern besuchten das größte Gartenfestival Deutschlands, das am 15. Oktober 2017 zu Ende ging.

Insgesamt rund 100 Hektar umfasste die Ausstellungsfläche in Berlins östlichstem Stadtbezirk. Das IGA-Gelände, das die bereits bestehenden Gärten der Welt, das weitläufige Wuhletal mit dem Kienberg und die mar- kante Marzahner Hochhaussilhouette miteinander verbunden hat, bot beste Voraussetzungen, um internationale Gartenkunst, urbane Stadtlandschaft und grüne Kultur vielfältig und überraschend zu gestalten. 2017 wurde Berlin mit der IGA zum grünen Stadtlabor der Zukunft und zum internati- onalen Schaufenster für die Vielfalt, Schönheit und Transformationskraft zeitgenössischer Garten- und Landschafts­gestaltung.

Entwickelt und realisiert wurde die Internationale Gartenausstellung 2017 durch die IGA Berlin 2017 GmbH. Die Gesellschaft ist eine Tochter der Grün Berlin GmbH und wurde im Juni 2010 gegründet, Mitgesellschafterin ist die Deutsche Bundesgartenschau Gesellschaft.

Gärten der Welt 2018 Über die IGA hinaus ist in Marzahn-Hellersdorf mit der Erweiterung der Gärten der Welt, der Errichtung einer Seilbahn und dem neu entstehen- den Kienbergpark eine neue Parklandschaft entstanden. Unmittelbar nach Ende der Internationalen Gartenausstellung begann die Nachnutzung, bereits am 01. Dezember 2017 wurden die Gärten der Welt mit allen zur IGA errichteten neuen Attraktionen wieder eröffnet. Während die Gärten Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 35

der Welt eintrittspflichtig bleiben, ist der Kienbergpark frei zugänglich.

Mit der Seilbahn sind die Gärten der Welt verkehrlich jetzt direkt an die U-Bahnlinie 5 angebunden und somit auch vom zentralen Knotenpunkt Alexanderplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar. Ergänzend zur Seilbahn führen neue Fußwegverbindungen von der U 5 Station ‚Kienberg Gärten der Welt‘ durch das Wuhletal und über den Kienbergpark zur Parkanlage.

Neue internationale Kunstprojekte sowie ein neu geschaffener Ort für kulturelle und musikalische Veranstaltungen stärken seit 2018 die Strahlkraft der Gärten der Welt. Die anlässlich der IGA errichtete Arena bietet auch in Zukunft bis zu 5.000 Gästen einen Sitzplatz auf den Rasenstufen des Zuschauerbereichs. Die Arena entstand im westlichen Erweiterungsbereich in der Nähe des Besucherzentrums nach einem Entwurf des Architekturbüros Paul Böhm, Köln. Sie wurde im Stil eines klassischen Amphitheaters angelegt, mit ihrem begrünten Dach fügt sich Bühne fließend in die umgebende Parklandschaft ein. Mit den geplanten Veranstaltungsformaten werden sowohl Liebhaber von Klassikkonzerten als auch Theater- und Sportfans angesprochen.

Das neu eröffnete Besucherzentrum der Gärten der Welt empfängt seine Gäste als Begegnungs-, Tagungs- und Informationsort. Es ist „im Fluss mit der Natur entstanden“, so beschreiben es die verantwortlichen Architekten vom Büro ww+ aus Luxemburg. Auf raumgreifende Architektur wurde zugunsten des Grüns und der Freiflächen verzichtet, selbst im Inneren des kompakten Baus setzten die Architekten auf Grün. Der offene Innenhof stellt einen zentralen Treffpunkt dar, den das Gebäude mit großen Glasflächen umschließt. Ein interaktiver Ausstellungsbereich informiert über das Konzept und den Inhalt der Gärten der Welt und lädt die Gäste zur Entdeckung der gärtnerischen sowie landschaftsarchitektonischen Vielfalt ein.

2.5 Die Gärten der Welt und die Kunst

Bereits seit der Eröffnung der Berliner Gartenschau in 1987 sind Werke renommierter Berliner Bildhauerinnen und Bildhauer fester Bestandteil der gärtnerischen Anlagen. Die vornehmlich aus Bronze, Stein, Stahl und Holz gearbeiteten Skulpturen prägen die Gartenräume ebenso wie die die künstlerisch gestalteten Spielgeräte, die sich schon seit DDR-Zeiten in den Gärten der Welt befinden.

Herauszuheben aus den vorhandenen Werken ist die Bronze-Skulptur „Tree of Peace“ der Malerin und Bildhauerin Hedva Ser, die in 2015 als Geschenk im Rahmen des Jubiläums - 50 Jahre diplomatische Beziehungen Israel-Deutschland - übergeben wurde. Die Künstlerin ließ sich bei der skulpturalen Arbeit von den Wundern der Natur inspirieren. Doch die Äste des dargestellten Baumes symbolisieren Wesentliches: Chai bezeichnet das Leben, Shin ist der erste Buchstabe im hebräischen Wort für Frieden, Shalom. Über diesen Ästen sitzt die Taube, die Friedenshüterin. Dieses zeitgenössische Werk ist in räumlicher Nähe zum zukünftigen Jüdischen Garten positioniert. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 36

Im Jahr 2017 war es wieder eine Gartenausstellung, die Bildende Künstler einlud, unter dem Leitmotiv „Sichten einer Landschaft“ Orts- und Publikumsspezifische Werke für das Ausstellungsgelände in Marzahn- Hellersdorf zu erschaffen. Die partizipativen und performativen Werke „ANSPIEL“ von Seraphina Lenz (DE), „Unkrautlabor“ von Jeanne van Heeswijk (NL) und „Subbotnik“ von Erik Göngrich (DE) fanden einen Sommer lang punktuell als künstlerisches Programm der IGA statt. Die beiden temporär angelegten Skulpturalen Arbeiten „Inside the Flower“ von Janet Laurence (AU) und „Factories“ von Michael Sailstorfer (DE) bezogen Fauna und Flora als Inspiration und aktive Gestaltungsassistenten gleich mit ein.

Dauerhaft in den Gärten der Welt verblieben sind die Arbeiten „Reflecting Gardens“ von Jeppe Hein (DK), „Der Los Angeles Garten“ von Martin Kaltwasser (DE), „Nicht alle Geschichten sind erzählt…“ von Anna Rispoli (IT) und „Grün Hören“ von Georg Klein (DE).

Reflecting Gardens, 2017, Jeppe Hein Mitten auf der Wiese östlich des Besucherzentrums am Blumberger Damm lädt das Spiegellabyrinth „Reflecting Gardens“ zum Spielen und Erkunden ein. Mit seiner Installation knüpft Jeppe Hein an die Gartenkunsttradition der Heckenirrgärten an. Die Verwendung von Spiegeln schafft Durchlässigkeit, irritiert aber die Wahrnehmung der Betra­chter und verunsichert hinsicht- lich des eigenen Standortes. Inspiriert von Formen der Natur entsteht aus der Überlagerung von drei Blättern die Figur des „Reflecting Gardens“. Ein labyrinthischer Weg, gesäumt von anwachsenden Spiegellamellen, führt in den zentralen Innenraum. Im doppelten Sinne ist es ein Ort der Reflexion, an dem die Betrachter sich selbst und ihre Umgebung auf spie- lerische Weise neu entdecken und erfahren.

Der dänische Künstler Jeppe Hein ist international bekannt für seine unge- wöhnlichen Installationen im öffentlichen Raum. Das für die IGA Berlin 2017 dauerhaft entstandene Spiegellabyrinth ist das erste öffentlich zugängliche Werk von Jeppe Hein in seiner Wahlheimat Berlin.

Der Los Angeles Garden, 2017, Martin Kaltwasser Neben der Seilbahnstation der „Gärten der Welt“ befinden sich die Internationalen Gartenkabinette, in die sich der „Los Angeles Garden“ von Martin Kaltwasser fast augenzwinkernd einreiht. In seinem Künstlergarten nimmt Kaltwasser Bezug auf die älteste Partnerstadt Berlins. Seine Arbeit reflektiert die kalifornische Metropole und spielt mit L.A.-typischen Sehnsüchten und Lebenswirklichkeiten. Der „Los Angeles Garden“ ist ein detailgetreuer Nachbau der Mini-Garteninsel des Bergamot Station Car Parks und ihrer unmittelbaren Umgebung. Eine acht mal neun Meter große, umzäunte Rasenfläche mit sechs hohen Palmen und zwei Sitzbänken – ein Alibi-Garten umschlossen von Asphalt und parkenden Fahrzeugen.

Der Wahlberliner Martin Kaltwasser arbeitet in den Bereichen Bildhauerei, Design, Performance, Architektur und Stadtforschung. Ausgangspunkt sei- nes künstlerischen Schaffens ist der öffentliche Raum und seine Bedeutung im städtischen Zusammenleben.

Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 37

Nicht alle Geschichten sind erzählt…, 2017, Anna Rispoli In der begehbaren Skulptur- und Klanginstallation „Nicht alle Geschichten sind erzählt…“ agieren die Märchenfiguren des Berliner Bildhauers Gorch Wenske als symbolische Zeitzeugen. Schon seit Eröffnung der Berliner Gartenschau in Marzahn im Jahre 1987 ziehen der Schweinehirt, Schneewittchen oder auch Dornröschen Generationen von Besuchern an. Im Vorfeld der IGA schickte die italienische Künstlerin Anna Rispoli die Figuren auf Reise in den Bezirk. Im Gespräch mit den Bürgern sammelte Rispoli neue Geschichten und kreierte daraus eine Klanginstallation, die der Inszenierung der Märchenskulpturen eine zeitgenössische Ebene hin- zufügt. Im Märchenwald der „Gärten der Welt“ wird so auf spielerische Weise die soziale Geographie und Geschichte von Marzahn-Hellersdorf erfahrbar.

In ihren partizipativen, prozesshaften Interventionen vereint Anna Rispoli Kunst und soziale Entwicklungen, oftmals unter Einbeziehung der Anwohner. Vielfach geht es darum, verborgene Geschichten einer Stadt und ihrer Gesellschaft aufzuspüren und sichtbar zu machen.

Grün Hören, 2017, Georg Klein Die Klanginstallation „Grün Hören“ von Georg Klein spielt mit der akusti- schen Wahrnehmung von Landschaft. Interaktive „Hörbäume“ überraschen Passanten der Tälchenbrücke mit unerwarteten Klangfolgen. Am Ende der Brücke lauscht man mit dem „Klangfernrohr“ dann aktiv ins Grüne. Wer durch das Fernrohr schaut, kann die Umgebung gezielt nach (fiktiven) Klängen absuchen. Dabei entwickelt sich eine akustische Geschichte, die im Kontext der „Gärten der Welt“ den Umgang mit Fremdem in der Natur thematisiert.

In seinen klangkünstlerischen Installationen verdichtet der Berliner Medienkünstler und Komponist Georg Klein visuelle und akustische, situa- tive und politische Aspekte zu einem Spannungsraum, in den das Publikum meist interaktiv oder partizipativ involviert wird.

2.6 Technische Ver- und Entsorgung

Laut Leitungsplan (siehe digitaler Anhang, Punkt 07) ist der Suchraum für den Jüdischen Garten flächendeckend mit allen wesentlichen Medien ver- sorgt. Strom- und Brauchwasserleitungen befinden sich im Bereich der Hauptwege. Auf der Rasenfläche im Bereich des Suchraumes befindet sich eine Beregnungsanlage. Zusätzlich kann die Bewässerung über Hydranten in der Umgebung erfolgen. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 2 Situation und Vorgaben 38

2.7 Baumbestand

Innerhalb des vorgesehenen Standortes für den Jüdischen Garten befinden sich keinerlei Bestandsbäume. Westlich angrenzend befindet sich ein Wäldchen, in welchem am östlichen Rand insbesondere Stiel-Eichen und Ahornbäume vorhanden sind. Im Norden der Wettbewerbsfläche befinden sich vier Bestandbäume, bei Suchraum denen es sich um eine Sandbirke, eine Platane sowie zwei Japanische Jüdischer Garten Blütenkirschen handelt.

2.8 Klima § Abb. 11: Ausschnitt Baumkataster Der Umweltatlas Berlin verdeutlicht die Bedeutung des zwischen den beiden Großsiedlungen gelegenen Landschaftsraums Wuhletal für den Luftaustausch in der Metropolregion Berlin-Brandenburg, insbeson- dere aber für den Nord-Süd-Kaltluftaustausch. Die Topographie und die unverbauten Grünflächen des Wuhletals ermöglichen den für den Luftaustausch bedeutsamen Kaltlufttransport. Berlin liegt in einer gemä- ßigten Übergangszone zwischen maritimem und kontinentalem Klima. Mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 13,1 Grad gehört Berlin zu den wärmsten Städten des Landes. Durch den großen Anteil an Grünflächen sind die Freiflächen außerhalb der dicht bebauten Zentren weitaus kühler als die Temperaturen in der City. Im Berliner Sommer herrscht eine maximale Durchschnittstemperatur von 23,6 Grad. An manchen Tagen im Hochsommer werden auch über 30 Grad erreicht. Während der Sommermonate fällt die im Mittel höchste Niederschlagsmenge. Im Sommer herrschen im Durchschnitt konstant über sechs Sonnenstunden pro Tag. Ganzjährig gibt es pro Monat durchschnittlich neun bis zehn Regentage. Mit durchschnittlich 2,1 Grad ist der Januar der kälteste Monat in Berlin, nachts sinken die Temperaturen dann im Mittel auf -2,6 Grad.

2.9 Wasserhaushalt

In Berlin Marzahn-Hellersdorf liegt ein gespanntes Grundwasser an (Grundwasserdruckfläche im betrachteten Bereich liegt oberhalb der Geländeoberfläche). Durch eine schlecht durchlässige, bindige Schicht liegt die Grundwasseroberfläche tiefer als der Grundwasserdruck. Daraus ergibt sich der hohe Grundwasser­flurabstand, welcher in großen Teilen des Gebiets einen Abstand von 20 m - 30 m aufweist.

Im Bearbeitungsgebiet befindet sich das entspannte Niveau des obe- ren Grundwasserleiters in etwa zwischen 43,5 und 45,5 m ü. NHN und kann bei extremen hydrologischen Situationen (Nässeperioden, Schnee­ schmelze) auf etwa 46,0 m ü. NHN (HGW) ansteigen. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 39

Teil 3 Aufgabenstellung 3.1 Allgemeine Zielsetzung

Im Wettbewerb wird ein landschaftsarchitektonisch-künstlerischer Gestaltungsentwurf für einen Jüdischen Garten in den Gärten der Welt gesucht. In Ergänzung zu den bestehenden Anlagen des Orientalischen (Islam), Christlichen, Balinesischen (Hinduismus), Koreanischen (Schamanismus, Buddhismus, Konfuzianismus) Chinesischen (Konfuzianismus) und Japanischen Gartens (Zen-Buddhismus) soll durch das aktuelle Verfahren die Darstellung der großen Weltreligionen auf dem Gelände in Berlin-Marzahn-Hellersdorf komplettiert werden.

Wie in jeder Religion existiert auch im Judentum eine Vielfalt an religi- ösen und kulturellen Ausdifferenzierungen. Diese, oft relativ geringen, Differenzen stehen in Diskussionen häufig im Vordergrund. Dadurch wird leicht übersehen, dass es ein viel größeres Gemeinsames, einen jüdischen „common ground“ gibt. Für das Projekt des „Jüdischen Gartens“, in dem sich das Judentum insgesamt wiederfinden kann, ist die gemeinsame religiöse und kulturelle Basis als Ausgangspunkt heranzuziehen und die Einheit zu thematisieren. Ganz im Sinne der benachbarten Gärten der Welt steht somit auch beim zukünftigen Jüdischen Garten das Verbindende der jüdischen Tradition und Religion im Vordergrund der Präsentation.

Entsprechend dem Gesamtkonzept und der Tradition der Gärten der Welt soll dabei auch der Jüdische Garten über eine hohe Authentizität, starke Ausstrahlung und gute Lesbarkeit verfügen.

In der jüdischen Geschichte, die insbesondere durch Vertreibung geprägt war, hat sich keine spezifisch jüdische Gartenkunst entwickelt. Die Mehrheit der Jüdinnen und Juden lebte in der Diaspora, als Minderheit meist ohne Landbesitz. Insofern konnte sich kaum eine genuine Kultur des Gartens entwickeln, gleichwohl wird die Natur in jüdischen Traditionstexten und Psalmen gepriesen. Jedoch ist der Garten aufgrund des jüdischen Primats der Ethik, als Ausdruck domestizierter Natur und als ästhetisch gestalteter Ort, kein ausgeprägter Bestandteil jüdischer Kultur. In Israel selbst finden sich selbstverständlich gestaltete Parks und Gärten. Es wird in diesem Zusammenhang jedoch noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass Israel nicht mit dem Judentum gleichzusetzen oder synonym ist.

Die hier gestellte Aufgabe erfordert daher eine intensive Beschäftigung mit der religiös-philosophischen Ideenwelt der jüdischen Kultur, dem jüdischen Naturverständnis und eine daraus folgende landschaftsarchitektonisch- künstlerische Interpretation der Aufgabe. Erwartet wird die Konkretisierung der Auseinandersetzung mit dem, was innerhalb der weltweit auf über 120 Länder verteilten Jüdischen Gemeinschaft als gebauter Konsens im Umgang mit kultivierter Natur oder gestalteter Schöpfung angesehen werden kann.

Das Werk insgesamt soll im Kontext der Grundidee der Gärten der Welt stehen und den gebauten Zustand der Auseinandersetzung mit der jüdischen Kultur und Geschichte widerspiegeln. Es stellt sich somit dem Spannungsverhältnis von Einordnung und Alleinstellung. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 40

Um die Grundlagen eines spezifisch jüdischen Naturverständnisses dar- zustellen, wurde anlässlich dieses Wettbewerbs eine Studie in Auftrag gegeben, auf die sich die Aussagen im folgenden Kapitel stützen. Die voll- ständige Fassung der Studie „Zum Naturverständnis des Judentums“ (Dr. Yael Kupferberg, 2018) ist im Anhang unter Punkt 4.1.2 dieser Auslobung beigefügt. Die Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer sind aufgerufen, vor diesem Hintergrund für ihren Entwurf eine eigene Haltung bzw. Position zu ent- wickeln.

3.2 Naturverständnis im Judentum

Die Tora enthält eine Vielzahl von Weisungen und Geboten, die sich direkt oder indirekt mit dem Verhältnis der Jüdinnen und Juden zu Umwelt und Natur beschäftigen. Diese fordern einen bewussten, schonenden und respektvollen Umgang mit der Schöpfung und bilden damit ein in der jüdischen Tradition festgeschriebenes Naturschutzbewusstsein. Der Mensch ist laut Tora ein Treuhänder der Natur, der zwar Nutzen aus den verwalteten Ressourcen ziehen, diese aber weder ausbeuten oder miss- brauchen noch in ihrer Existenz gefährden darf. Im siebten Jahr – dem sogenannten „Schabbatjahr“, dessen Zeitpunkt kalendarisch festgelegt ist – gilt beispielsweise eine wiederkehrende Ruhepause für bewirtschaftetes Land, damit es sich regenerieren und neue Kraft erlangen kann. Das Brachliegen lassen hat noch einen weite- ren Grund: man soll alles, was von selbst wächst, den Armen und Tieren überlassen (siehe Kupferberg, S. 7-8).

Die Pflicht zum sorgsamen Umgang mit der Erde als G’ttes1 Schöpfung ist zentraler Bestandteil jüdischer Ethik. Die Umwelt zu verschmutzen oder zu zerstören, ist demnach verboten. Der Mensch trägt Verantwortung für einen ausgewogenen Umgang mit der Erde und soll diese „behüten“. Grundlegendes Gebot ist es, keinem Lebewesen Schmerz zuzufügen oder dessen Lebensgrundlage zu zerstören (siehe Kupferberg, S. 15).

In der Ethik des Judentums gilt außerdem, dass die Natur einen Wert an sich darstellt. Sie sollte also nicht Mittel, sondern möglichst eigener Zweck sein und der Schöpfung dienen. Das Schneiden von Gehölzen dient vor- wiegend der Steigerung der Produktivität (Obstbäume) oder der besseren Nutzbarkeit und nicht so sehr dekorativen Zwecken (siehe Kupferberg, S. 5). So sollten etwa Bäume oder Sträucher möglichst nicht ausschließlich zum Zweck einer ästhetischen Gestaltung geformt werden.

1 Das in der Tora überlieferte Bilderverbot (siehe auch 3.3.8) impliziert den Namen G’ttes (Gottes) nicht auszusprechen; dieser ist heilig und wird daher anders gesprochen, als er geschrieben ist (siehe Kupferberg, S. 7-8) Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 41

3.3 Ideelle Anknüpfungspunkte für die Gestaltung

Im Folgenden werden Themen und Elemente jüdischer Kultur und Geschichte als Angebot für mögliche Anknüpfungen und Assoziationen aufgeführt.

3.3.1 Umweltschutz und Umweltbildung

Aufgrund der beschriebenen jüdischen Ethik und dem jüdischen Naturverständnis liegt für die Aufgabenstellung eine Auseinandersetzung mit umweltbezogenen Themen nahe. Ein Gestaltungsfokus in Bezug auf Umweltschutz- und Umweltbildungsthemen, insbesondere auch mit einem zeitgenössischen Bezug, ist daher gewünscht. Die Gärten der Welt und der angrenzende Kienbergpark mit seinem neu errich- teten Umweltbildungszentrum bieten die Plattform, um entspre- chende Konzepte des neuen Jüdischen Gartens mit dem erweiterten Umweltbildungsprogramm in den Gärten der Welt zu verschneiden.

3.3.2 Tora und Gan Eden

Die Tora beginnt mit „Gan Eden“, dem Garten Eden als idealtypische Utopie, als fruchtbarem Paradiesgarten der „Wonne und Üppigkeit“, wel- cher nach der Vertreibung von „Chawa“ (Eva) und „Adam“ nicht mehr als irdisches Paradies existierte. Dieser Topos könnte eine ideelle Orientierung geben (siehe Kupferberg, S. 18). Darüber hinaus gibt es weitere Bezüge in der Tora, wie den brennenden Dornbusch, die Geschichte von Noah oder den Ölbaum als einer von „sieben Arten“ (siehe Kupferberg S. 18), die sich als thematische Anknüpfungspunkte anbieten.

3.3.3 Jüdische Feste und Traditionen

Anknüpfungspunkte können beispielsweise auch Fest- und Feiertage im jüdischen Kalender sein, insbesondere diejenigen mit einem explizi- ten Bezug zum Landbau (zur Thematik jüdischer Kalender siehe auch Kupferberg S. 9-10). Viele von ihnen, wie z.B. „Tu Bischwat“ – das Fest der Bäume oder „Sukkot“ – das Laubhüttenfest, sind stark von landwirt- schaftlichen Traditionen geprägt und folgen dem Rhythmus von Saat und Ernte (siehe Kupferberg, S. 18).

Pflanzen und Früchte, insbesondere die der „sieben Arten“, sind immer Bestandteil von Festen. So sei an dieser Stelle auch noch einmal auf die Thematik des Weinbaus aus jüdischer Hand verwiesen (siehe Kupferberg, S. 11, 17)

3.3.4 Landbewirtschaftung

Die Urbarmachung trockener Landstriche, der damit einhergehende Umgang mit der knappen Ressource Wasser und der Anbau in ariden Gebieten bei der Wiederbesiedelung Israels ist Bestandteil der jüdischen Geschichte der letzten 150 Jahre (siehe Kupferberg, S.16). Vor dem Hintergrund der erläuterten Ethik spielte der Garten als Anbauort von Obst, Gemüse und Kräutern durch alle Zeiten eine Rolle im jüdischen Lebensalltag. Auch beim Land- und Gartenbau werden in Tora und Talmud Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 42

zahlreiche Ge- und Verbote wirksam. Gebete für Regen im Winter und Tau im Sommer spielen eine wichtige Rolle im religiösen Leben. Bei diesem Projekt sollte jedoch auf eine aus diesen Ausführungen abge- leitete direkte Interpretation der Typologie Nutzgarten als Entwurfsthema verzichtet werden. Ein solcher Garten würde sich in das gartenkünstle- rische Gesamtkonzept in den Gärten der Welt kaum einfügen. Bezüglich des Pflegeaufwandes ist davon auszugehen, dass er auf demselben Niveau anzusetzen ist wie bei den anderen Gärten.

3.3.5 Diaspora

Weitere zentrale Motive des Judentums bilden die Geschichte der Diaspora und die damit einhergehenden Themen wie Migration, Heimatlosigkeit und Heimkehr (siehe Kupferberg, S. 12-13). In der Auseinandersetzung mit dem Jüdischen Garten können also auch das Leben in der Diaspora und die jüdische Existenz in den vielen verschiedenen Ländern aufge- griffen werden. Dabei erfolgte jeweils eine Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten (Klima und ähnliches) durch die Adaption alter Traditionen. So wurde in Gegenden, wo Weinkelterung aus Reben nicht möglich war, stattdessen Pflaumenwein hergestellt. Diese Anpassung an die Rahmenbedingungen für Pflanzenwachstum am Standort ist auch für dieses Projekt erwünscht. Angesichts dieser Gesichtspunkte rücken auch die daraus resultie- renden unterschiedlichen Ausprägungsformen von Gärten in der Diaspora in den Blick: vom konkreten Anbau bis hin zur Repräsentation und Reflektion von Erinnerung und Gedenken sind diese in unterschiedlichen Abstraktionsgraden von Gartengestaltung in gebauter Form vorhanden.

3.3.6 Austausch und Erinnerung

Der Aspekt des Austauschs ist besonders wichtig, da sich der neue Jüdische Garten in Berlin befinden wird, dem Ort, von dem die Vernichtung der euro- päischen Juden ausging. Insbesondere die sich derzeit verstärkenden antisemitischen Tendenzen - auch in Berlin - verdeutlichen die Aktualität des Themas und damit die Wichtigkeit von Austausch und Kommunikation. Dabei sei auf die hohe Qualität und Zahl an Gedenkstätten in Berlin hin- gewiesen, an denen an die Shoah erinnert wird. In den Gärten der Welt soll deshalb kein weiterer Teil dieser Erinnerungslandschaft entstehen, sondern vielmehr ein positiv besetzter Ort. Gleichwohl stellt der Begriff „Erinnerung“ zum Beispiel an das Schöpfungswerk oder weitere positiv besetzte Topoi einen fundamentalen Bestandteil in der jüdischen Kultur dar. Ein Ort ohne Erinnerung ist deshalb in der jüdischen Kultur nicht denk- bar.

3.3.7 Orte der Zusammenkunft und Versammlung

Besonders erwähnt sei hier die Synagoge als sozialer Ort der jüdischen Gemeinde, als Zentrum von Lehre und Gemeinschaft (jüdische Gottesdienste sind seit der Zerstörung des zweiten Tempels an keinen spe- zifischen Ort gebunden). Neben der Reflektion geschichtlicher Ereignisse bzw. philosophisch-religiöser Aspekte kann der Jüdische Garten also auch als verbindendes Element und praktisch als Ort von Kommunikation und Begegnung fungieren (siehe auch Punkt 3.5.2 Nutzungen). Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 43

Dieser Ort soll räumlich klar definiert sein, dennoch aber eine Öffnung nach außen zulassen. Dazu stellen die Ausrichtung nach Osten und die für Synagogen typische Anordnung von liturgischen Orten in verschiedenen (Höhen-)Ebenen konstituierende Merkmale Jüdischer Synagogenkultur dar.

3.3.8 Bilderverbot

Mehrere Stellen der Tora überliefern das Bilderverbot. Dieses verbie- tet nicht das Bild im Allgemeinen, sondern das Kultbildnis im Sinne einer Statue oder eines Götterbildes. Es geht dabei um die verehrende Haltung zum Bild. Daraus resultiert auch das Verbot der Götzenverehrung (siehe Kupferberg S. 8).

3.3.9 Sprache

Die Tora ist ursprünglich in hebräischer Sprache, d.h. nicht vokalisiert geschrieben, was eine vielfältige Auslegung ermöglicht, Vokale werden i. d. R. nicht geschrieben. Die Struktur des biblischen Hebräisch ist enorm viel- deutig und unerschöpflich und die Festlegung auf bestimmte Definitionen damit kaum möglich. Im Falle einer Interpretation des jüdischen Naturverständnisses mit text- lichen Elementen sei daher ausdrücklich auf deren Vieldeutigkeit hinge- wiesen (siehe Kupferberg, S. 7).

3.3.10 Symbole

Die genannten Aspekte mögen als Ansatzpunkte einer verdichteten künst- lerischen Auseinandersetzung mit dem spezifisch jüdischen Aspekt im Mensch-Natur-Verhältnis und einer möglichen räumlichen Umsetzung die- nen. Verwiesen sei hier aber explizit auf die Problematik einer direkten Übernahme von religiösen jüdischen Symbolen in eine profane Gestaltung. Die Transformation solcher Symbole in vegetative oder skulpturale Objekte als Gestaltungsmittel wird sehr kritisch eingeschätzt. Gründe dafür, dass ein solcher Ansatz ungeeignet erscheint, sind u.a. die bereits beschriebene Handhabung des Beschneidens von Bäumen aus rein ästhetischen oder bildhaften Gründen wie auch die überragende reli- giöse Bedeutung der Menora. Damit geht die Auffassung im orthodoxen Judentum einher, dass dreidimensionale Nachbildungen der Menora nicht zulässig sind. Auch die Komplexität des Davidsterns als Symbol sollte vermieden werden. So heißt es in der Studie zum Naturverständnis des Judentums: „Jüdische Symbole verfremdend in einem nichtreligiösen, nichtjüdischen Kontext zu verwenden, sollte von Fall zu Fall überprüft wer- den“ (siehe Kupferberg, S. 23-24). Als Symbole eignen sich jedoch einzelne hebräische Schriftzeichen oder Worte wie etwa das Lebenszeichen „Chai“. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 44

3.4 Kooperation Landschaftsarchitektur und Kunst

Von den teilnehmenden Teams aus Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten sowie Künstlerinnen bzw. Künstlern werden Lösungsvorschläge von hoher gestalterischer und räumlicher Qualität erwartet. Gleichzeitig ist eine niedrigschwellige Vermittlung der Thematik von Bedeutung, da der Jüdische Garten von den Besuchern der Gärten der Welt als solcher ohne aufwändige Begleitinformation unmittelbar wahr- genommen und erlebt werden können soll. Eine Vorgabe für die Entwurfsfindung ist, dass der neue Jüdische Garten in den Gärten der Welt eine baulich erlebbare Ausgestaltung am vorge- sehenen Ort erfahren soll, ohne eine Ortsspezifik ausweisen zu müssen. Aus der gestalterischen Perspektive sind somit installative und skulpturale, aber auch (wiederholbare) performative und konzeptuelle Ansätze für die Ausgestaltung des Jüdischen Gartens denkbar. Somit ist eine themen- und publikumsspezifische Arbeit gewünscht, die in interdisziplinärer Arbeitsweise zwischen Landschaftsarchitektur und Kunst entwickelt werden soll. Eine kooperative Zusammenarbeit für die Entwurfsfindung ist essentiell, es soll zwischen Landschaftsarchitektur und Kunst eine gemeinsame Perspektive entwickelt werden, die sich im Projekt ausdrückt. Das jüdische Naturverständnis, wie in der Studie (siehe Anhang, Punkt 02) dargestellt, soll im Mittelpunkt der landschaftsarchitektonisch-künstle- rischen Auseinandersetzung stehen. Da es den typisch jüdischen Garten nicht gibt, soll er hier gewissermaßen neu „erfunden“ werden.

3.5 Funktionale Ansätze

3.5.1 Gestaltung, Pflanzen- und Materialverwendung

Die Gärten der Welt haben sich in den letzten Jahren und insbesondere seit der IGA 2017 mehr und mehr zu einer touristisch wirksamen Attraktion ersten Ranges entwickelt. Deutlich über 800.000 Besucher pro Jahr belegen das große, auch überregionale Interesse von Gartenliebhabern sowie von Erholungssuchenden und Touristen. In diesem Spannungsfeld zwischen fachkundigen Gartenbesuchern und neugierigen Erholungssuchenden soll ein Themengarten entworfen werden, der das spezifisch jüdische Naturverständnis auf attraktive, zeitgenössische Art interpretiert und dabei allen Besuchern verständlich vermittelt.

Die Authentizität der Themengärten ist das wichtigste Alleinstellungs- merkmal der Gärten der Welt. Bei allen bereits umgesetzten Themengärten lag es im Ermessen der Planer, welche Gestaltungs- und Bauelemente im jeweiligen Garten sehr spezifisch waren und daher gegebenenfalls mit Originalmaterial umgesetzt werden sollten und an welchen Punkten auch nur die Übernahme ’des Geistes‘ der jeweiligen Kultur angebracht erschien und eine freiere Übersetzung in eine den lokalen Gegebenheiten angepasste Gestaltungssprache erfolgte.

Für eine authentische Interpretation des Jüdischen Gartens in Berlin wird empfohlen, insbesondere das Naturverständnis der jüdischen Kultur in Europa zu thematisieren. Ein biblischer „botanischer“ Garten Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 45

ist hingegen nicht erwünscht. Die Vegetation sollte mit klarem Bezug zu Mitteleuropa bzw. Deutschland gewählt werden. Bei der Pflanzenauswahl sollte beachtet werden, dass die verwendeten Arten mit angemessenem Pflegeaufwand kultiviert werden können. Eine exotische Pflanzenauswahl, z. B. mit Bezug auf die Flora Israels, ist sowohl aufgrund der klimatischen Standortbedingungen in Hinblick auf den erforderlichen Pflegeaufwand wie auch auf den kulturellen Hintergrund des mitteleuropäischen Judentums zu prüfen.

3.5.2 Nutzungen

Der Ort soll als Erfahrungsraum für sich stehen, kann jedoch gleichzeitig ein Ort der Begegnung, der Kommunikation und Diskussion, auch mit spe- zifischen Angeboten, sein.

3.5.3 Ausstattung

Es sind Materialien zu verwenden, die einerseits robust, anderseits aber auch angemessen für die jeweilige Lage und Nutzung sind.

3.6 Nachhaltigkeit

Bei der Entwurfsbearbeitung sind die Planungsprinzipien der Nachhaltig­ keit anzuwenden, die eine ausgewogene Beachtung ökologischer, ökono- mischer und sozialer Aspekte erfordern. Folgende Ziele hinsichtlich der Nachhaltigkeit sind zu berücksichtigen:

-- Langfristige Nutzungsqualität -- Angemessenheit des Wartungs- und Instandhaltungsaufwands -- Berücksichtigung von Aspekten sozialer Nachhaltigkeit (Verbot von Produkten aus nichtakzeptablen Arbeitsbedingungen)

3.7 Gender Mainstreaming und Diversity

Als allgemeine Anforderungen an eine gendergerechte Planung sind die Gleichstellung der Geschlechter und Lebensweisen, Chancengleichheit und eine angemessene Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensbedingungen, unter denen Menschen leben, anzusehen. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass Orte für alle Geschlechter in ihrer Unterschiedlichkeit bezüglich Alter, Herkunft, sozialer und gesundheit- licher Situation (Diversity) geschaffen werden.

3.8 Barrierefreiheit

Der entstehende Freiraum soll nach den Prinzipien des ‚Design for all’ ent- wickelt werden. Allen Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen sollen Nutzung und Teilhabe ihrer Umwelt und insbesondere die Nutzung des öffent- lichen Raumes ermöglicht werden, auch Menschen mit Behinderungen. Dabei sind sowohl motorische als auch sensorische Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit sollen keine Sonderlösungen z.B. für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden, Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 3 Aufgabenstellung 46

sondern durchgängige Nutzungsangebote für alle Bevölkerungsgruppen gemäß der Teilhabe unter dem Inklusionsgedanken. Der Planung sind insbesondere folgende baurechtliche Vorschriften und Richtlinien zugrunde zu legen:

-- DIN 18024-1 Barrierefreies Bauen -- DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen -- Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt

3.9 Kostenrahmen

Für die Realisierung des ca. 1.000 m² (vgl. Punkt 2.1) großen Gartens/ Kunstwerks stehen insgesamt 1,0 Mio. € (netto) als Herstellungskosten zur Verfügung. Das Budget zur Realisierung der Gestaltungsaufgabe bleibt unabhängig von der endgültigen Größe gleich. Wie unter 1.11 „Verfahren“ beschrieben, ist eine Kostenschätzung abzugeben. Dabei ist eine Differenzierung zwischen investiven Mitteln (Gesamtbaubudget) und ggf. Veranstaltungsetats für etwaige „performa- tive Konzepte“ inklusive möglicher Folgekosten vorzunehmen. Auf dem Kostenblatt sind daher neben dem Künstlerhonorar ggf. auch Folgekosten anzugeben, sofern solche mit der Umsetzung des künstlerischen Konzeptes einhergehen. Die vorgeschlagenen Posten im Kostenformblatt sind als Arbeitshilfe zu verstehen und können beliebig ergänzt werden. Auf dem Kostenformblatt (siehe digitaler Anhang, Punkt 09) ist außerdem die Eintragung des Künstlerhonorars durch die Teilnehmenden vorzuneh- men. Die Kostenschätzung wird seitens der Vorprüfung auf Plausibilität geprüft. Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 4 Anlagen 47

Teil 4 Anhang

4.1 Gedruckte Anlagen

4.1.1 Fotodokumentation

-- 01_Fotodokumentation Wettbewerb Jüdischer Garten

4.1.2 Studien

-- 02_Studie Kupferberg_Naturverständnis im Judentum

4.2 Digitale Anlagen

4.2.0 Auslobung

-- 00_Auslobung WB JuedGarten.pdf

4.2.1 Arbeits- und Informationspläne

-- 01_Übersichts- und Arbeitsplan_WB_JG (als dwg/dxf und pdf)

-- 02_Suchraum_JuedGarten.pdf

-- 03_Layoutvorschlag.pdf

-- 04_Luftbild.jpg/tif

-- 05_Baumbestandsplan.pdf

-- 06_Baumbestandsliste.pdf

-- 07_Leitungsplan.pdf

4.2.2 Formblätter

-- 08_Verfassererklärung.pdf

-- 09_Formblatt Kosten.xls

4.2.3 Funktionale Anforderungen

– Handbuch „Berlin - Design for All - öffentlicher Freiraum“, Senatsver- waltung für Stadtentwicklung und Umwelt, 2012 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/download/designfo- rall/Handbuch-Design_for_all_2011_broschure.pdf

– Konzept barrierefrei, Anleitung http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/de/handbuch. shtml#konzept – Bausteine der Nachhaltigkeit, Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umwelt, 2009 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/oekologisches_bauen/

– Leitfaden Nachhaltiges Bauen, Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz, 2013 http://www.nachhaltigesbauen.de/leitfaeden-und-arbeitshilfen-veroeffentlichungen/leit- faden-nachhaltiges-bauen-2013.html

4.2.4 Rechtliche Grundlagen und Verordnungen

– Bauordnung für Berlin und ergänzende Vorschriften (BauOBln), in der aktuellen Fassung http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/bauen.shtml

– Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (ABau), in der aktuellen Fassung http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/abau/

– Baugesetzbuch (BauGB), in der aktuellen Fassung http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bbaug/gesamt.pdf Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt – Teil 5 Quellenangaben 49

Teil 5 Quellenangaben 5.1 Abbildungsverzeichnis

Abb. 01: Übersichtsplan Gärten der Welt (GrünBerlin GmbH, bearbeitet durch gruppe F)

Abb. 02 & 03: Suchraum Jüdischer Garten. Blick aus Norden und Nordosten (GrünBerlin GmbH)

Abb. 04: Lageplan Suchraum Jüdischer Garten (gruppe F)

Abb. 05: Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf im städtischen und topogra- fischen Kontext mit den Berliner Regionalparks (GrünBerlin GmbH)

Abb. 06: Luftbild Gärten der Welt (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen)

Abb. 07: Parkplan der Berliner Gartenschau 1987 (GrünBerlin GmbH)

Abb. 08: Übersichtsplan, Stand 2011 (GrünBerlin GmbH)

Abb. 09: Masterplan, Stand 2011 (Rehwaldt Landschaftsarchitekten)

Abb. 10: Die Gärten der Welt und die IGA (GrünBerlin GmbH)

Abb. 11: Ausschnitt Baumkataster (GrünBerlin GmbH)

Fotodokumentation, Fotos 01-18 (GrünBerlin GmbH)

5.2 Quellen

Kupferberg: Zum Naturverständnis des Judentums, Berlin 2018

IGA Berlin 2017 GmbH: Internationaler Landschaftsarchitektonischer Wettbewerb IGA Berlin 2017, Auslobung des Wettbewerbs, Berlin 2013

IGA Berlin 2017 GmbH: Dokumentation IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellung, Berlin 2018

4.1.1 Fotodokumentation

Foto 01: Rundweg zum zukünftigen Standort des Jüdischen Foto 02: Wegekreuzung südlich des Suchraums Gartens. Blick von Südwesten

03: Suchraum und Wegeverbindung zum Japanischen Foto 04: Wäldchen westlich des Wettbewerbsgebiets Garten. Blick nach Nordosten

Foto 05: . Blick aus dem Wäldchen auf den zukünftigen Foto 06: Blick auf den Suchraum von Norden Standort des Jüdischen Gartens Foto 07: Suchraum und Bestandsbäume. Blick von Norden Foto 08: Rundweg zum zukünftigen Standort des Jüdischen Gartens. Blick von Norden

Foto 09: Rundweg und Suchraum. Blick von Nordosten Foto 10: Rundweg und Suchraum. Blick von Nordosten

Foto 11: Gehölzkulisse (Wäldchen) westlich des zukünftigen Foto 12: Suchraum und begrenzende Gehölze. Blick von Standorts für den Jüdischen Garten Südosten Foto 13: Wegeverbindung und Sichtachse zum Christlichen Foto 14: Blick vom Christlichen Garten zum zukünftigen Garten. Blick nach Südwesten Standort des Jüdischen Gartens

Foto 15: Blick vom ‚Marzahner Ausguck‘ über die Wiesen Foto 16: Im Wäldchen in Richtung Westen. Im Hintergrund die Gehölzkulisse des Wäldchens

Foto 17: Blick vom Suchraum nach Nordosten Foto 18: Blick vom Suchraum nach Südosten

4.1.2 Anlage

Dr. Yael Kupferberg

Zum Naturverständnis des Judentums

Berlin, Juni 2018 / Siwan 5778

Inhalt

Anlass und Ziel: Ein „Jüdischer Garten“ in den „Gärten der Welt“ 3

Vorbemerkung 4

1. Grundlagen 4

1.1 Ethik des Judentums 5

1.2 Tora, Tanach, Talmud 5

1.3 Sprache 7

1.4 613 Gesetze 7

1.5 Bilderverbot 8

1.6 G’ttes Name 8

1.7 Schabbat 9

1.8 Jüdischer Kalender 9

1.9 Kaschrut 10

1.10 Synagoge „Haus der Versammlung“ 11

1.11 Diaspora und „Eretz Israel“ („Land Israel“) 12

2. G’tt, Mensch und Natur: „Zerstöre nicht!“ 14

2.1 „Gan Eden“: Garten als Paradies 18

2.2 Feiertage 18

2.3 Tu Bischwat: Das Fest der Bäume 19

2.4 Sukkot: Fest der Ernte 20

2.5 Flora Israels 21

3. Erinnerung im Judentum 21

3.1 „Garten der Gerechten unter den Völkern“ in Jerusalem 22 4. Symbole 23

Schlussbemerkung 25

Weiterführende Literatur und Links 26

2

Anlass und Ziel: Ein „Jüdischer Garten“ in den „Gärten der Welt“

In den „Gärten der Welt“ soll auf Initiative der Allianz Umweltstiftung und in Abstimmung mit dem Land Berlin ein jüdischer Beitrag zur Komplettierung der Darstellung der großen Weltreligionen und Weltanschauungen realisiert werden. Die Grün Berlin GmbH, die als privatrechtlich organisierte Gesellschaft des Landes Berlin u. a. den Betrieb und die Entwicklung der „Gärten der Welt“ in Berlin Marzahn verantwortet, führt in Abstimmung mit dem Land Berlin und mit dessen Unterstützung ein landschaftsarchitektonisch-künstlerisches Wettbewerbsverfahren durch. Ziel ist es, einen einvernehmlichen Beitrag zur Umsetzung eines „Jüdischen Garten“ in den „Gärten der Welt“ zu finden und zu realisieren. Auf Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland fanden im Februar und im Mai 2018 zwei Expertenkolloquien statt, bei denen mögliche Inhalte der Aufgabenstellung für den Wettbewerb diskutiert und abgestimmt wurden. Die vorliegende Studie vertieft die Ergebnisse der Kolloquien; als Handreichung und als inhaltliche Orientierung für die Wettbewerbsteilnehmenden. Für die Gestaltung eines „Jüdischen Gartens“ ist es notwendig, wichtige Aspekte des Judentums zu kennen und diese in der Konzeption und Realisierung einzubeziehen. Dafür werden in dieser Studie Grundlagen des Judentums erläutert und den Ausführungen zum Naturverständnis vorangestellt. Die vorliegende Studie bezieht sich auf einen jüdischen„common ground“.1

1 In Deutschland existiert eine Einheitsgemeinde, unter dessen Dach die maßgeblichen Strömungen des

Judentums vertreten sind: das Konservative Judentum, das Reformjudentum und das orthodoxe Judentum.

3

Vorbemerkung

Heutige jüdische Existenz ist durchwirkt von den Traditionstexten und von der realen Geschichte der Juden in der Diaspora und in Israel gleichermaßen; wobei von dem einen Judentum nicht zu sprechen ist. Gesetz und Geschichte sind die Fundamente des Judentums – in dieser Spannung bewegt sich Jüdische Existenz. Ein „Jüdischer Garten“ sollte diese Grundlagen beachten, um weder Kitsch zu sein, noch um mit eigenen – oder fremden – Symbolen beladen zu werden. Ein Jüdischer Garten kann sinnlich erfahren werden, als Nutzgarten kommt er der Jüdischen Praxis wahrscheinlich näher. Eine Gestaltung, die sich dem Formschönen verschreibt, in der Pflanzen zum Zweck eines schönen Bildes, einer Form, einer Ästhetik zugerichtet werden, ist nicht im Sinne des ethischen Judentums. Die Natur ist nicht Mittel sondern selbst Zweck – in biblischer Sprache: Schöpfung. Auf der anderen Seite kann oder sollte ein Jüdischer Garten durchaus Geschichte eingedenken. In Deutschland kommt er kaum ohne den Verweis auf die Shoah aus. Ein Garten kann aber auch das Leben in der Diaspora sowohl als positive Erfahrung, als vielfältige jüdische Existenz in den verschiedenen Ländern aufgreifen, als auch das heutige Israel einbeziehen. Natur im Judentum wird weder überhöht noch unterdrückt. Sie ist Leben, Sinnlichkeit, Üppigkeit: ohne Zurichtung, durchaus der Obhut des Menschen anvertraut.

1. Grundlagen

Das Judentum ist die älteste der drei monotheistischen Weltreligionen. Es existiert seit etwa dreitausend Jahren. In dieser Zeitspanne hat sich das Judentum, jüdische Geschichte und jüdische Praxis in unterschiedlichen Ländern heterogen ausgebildet; innerhalb anderer Traditionen entwickelt und dabei religiöse und kulturelle Eigenständigkeit bewahrt, jedoch auch Einflüsse des jeweiligen Lebensstandortes aufgenommen. Deswegen ist das Judentum vielfältig; nicht nur in der religiösen Praxis, sondern auch in seinen Kulturen. Jüdinnen und Juden sind in mehr als hundertzwanzig Ländern zu Hause; sie sind einer Geschichts- und Traditionsgemeinschaft zugehörig, dessen Selbstverständnis auf einer ethischen, religiösen und/oder ethnischen Grundlage fußt. Das Judentum betrachtet die Taten eines Menschen, nicht das Glaubensbekenntnis, als den wichtigsten Ausdruck des religiösen Lebens. Die jüdische Ethik zeichnet sich dadurch aus, dass sie im Alltag verankert ist und den sozialen Auftrag der jüdischen Propheten konkretisiert, nämlich an der Verbesserung der Welt, an „tikkun haolam“ („Heilung/ Reparatur der Welt“) mitzuwirken. Das ist der zentrale Aspekt des Judentums.

Dazu gehört auch und insbesondere, die Natur zu erhalten und verantwortungsbewusst mit ihren Ressourcen umzugehen. Diesem Auftrag hat sich sowohl das religiöse, traditionelle als auch das säkulare Judentum verschrieben.

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1.1 Ethik des Judentums

Das Judentum ist eine Religion der Ethik. Diese Ethik gründet sich in der G’ttesebenbildlichkeit2 (hebr. „zelem elohim“) des Menschen. Das ist das bedeutsame Argument dafür, Leben zu erhalten; es ist das Gebot der Gebote: „Warum wurde nur ein einziger Mensch erschaffen? Um dich zu lehren, dass, wer einen Menschen vernichtet, so angesehen wird, als habe er alle Menschen vernichtet, und wer ein Mensch rettet, als habe er sie alle gerettet.“ (Babylonischer Talmud, Sanhedrin 37a)

Der Mensch ist geschaffen im Bild G’ttes, er hat einen freien Willen, er ist fähig und mündig zwischen gut und böse zu unterscheiden. Der Mensch ist sterblich und trägt doch die Ewigkeit in sich, so die Ausdeutung des liberalen Judentums. Der Mensch steht in unmittelbarer und persönlicher Beziehung zu seinem Schöpfer. Indes ist er auch Mitglied einer jüdischen Genealogie, einer Geschichtsgemeinschaft. „Erlösung“ findet der Mensch nur im Kollektiv. Jüdisch ist, wer von einer jüdischen Mutter geboren wurde oder durch den „bet din“ („Haus des Gerichts“, Rabbinat) zum Judentum konvertiert wurde. Die „mitzwa“ („gute Tat“) ist die Grundlage jüdischer Lebenspraxis. Diese „mitzwot“ sind den Weisungen G’ttes verpflichtet, als rituelle und ethische Gebote, die an die Aufgabe des jüdischen Volkes erinnern: nämlich ethisches Vorbild, „Licht der Völker“, zu sein (Jesaja 42:1-9) und die Gebote umzusetzen. Zu den ethischen Werten des Judentums zählen insbesondere die Ehrfurcht vor dem Leben, die Achtung vor Menschen und ihr Recht auf unversehrtes Leben und Besitz, die Pflicht zur Sorge um Arme und Kranke, das Streben nach Frieden (hebr. „schalom“), Wohltätigkeit gegenüber anderen (hebr. „gmilut chassadim“), gute Taten und soziale Gerechtigkeit (hebr. „zedaka“). Nicht der Form, der Ästhetik, sondern immer nur dem Leben und dessen Erhaltung gilt das Judentum. 3

1.2 Tora, Tanach, Talmud

Die Grundlage des Judentums ist die „Tora“4 („Gesetz“, „Lehre“, „Weisung“). Das sind die Fünf Bücher Moses. Sie ist der wichtigste Teil der Hebräischen Bibel, zu der noch

2 Es ist Brauch, keine Pflicht, bei profanen Texten, den Namen „G’ttes“ graphemisch zu verändern, um die Heiligkeit anzuzeigen, siehe 1.6 dieser Studie.

3 Insofern wäre die Beschneidung von Bäumen und Pflanzen für die Förderung der Fruchtbildung denkbar, nicht aber für den rein ästhetischen Zweck durchzuführen.

4 Mit „Tora“ wird auch die Torarolle bezeichnet; eine handgeschriebene Rolle aus Pergament mit dem unvokalisierten hebräischen Text der Fünf Bücher Moses. Während des G’ttesdienstes wird aus der Torarolle gelesen. Sie wird vom „Sofer“, einem dafür ausgebildeten Schreiber, geschrieben. Die Torarolle gehört zur Grundausstattung jeder Synagoge und wird vor und nach dem Lesen im Toraschrein

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die Propheten (hebr. „newi’im“) und die Schriften (hebr. „chetuwim“) zählen, der „Tanach“, (das Akronym setzt sich aus „tora“, „newi’m“ und „chetuwim“ zusammen). Der Talmud („Belehrung“, „Studium“) ist neben der Tora das wichtigste Kompendium. Es sind die Tora erläuternden rabbinischen Schriften, die traditionell als „mündliche Tora“ bezeichnet werden. Der Talmud umfasst die Regeln für das Zusammenleben, darunter Ehe, Familie, Krankheit und Hygiene, Steuer und Strafrecht.5 Die Hebräische Bibel ist für Jüdinnen und Juden Zentrum ihres religiösen Selbstverständnisses und die wichtigste Quelle der Überlieferung.6 Die Tora ist gleichermaßen Erzählung als auch Gesetzesbuch und wird im Jahreszyklus am Schabbatg’ttesdienst gelesen. Nach der Vertreibung der Juden aus Jerusalem und nach der Zerstörung des Zweiten Tempels durch die Römer im Jahre 70 ist das Judentum insbesondere an die Tora gebunden; die Tora ist „portatives Heimatland“, so der Dichter Heinrich Heine. Im Exil ist der religiöse und politische Kultus dem Buch gewichen, da nun das nationale Zentrum als auch der heilige Ort, der Tempel, zerstört war. Das in der Tora enthaltende Narrativ von der Schöpfungsgeschichte bis hin zur Landnahme des Gelobten Landes insbesondere aber die Offenbarung und der Bund mit G’tt, das heißt die Übergabe der 613 Ge- und Verbote sind von paradigmatischer überzeitlicher Bedeutung. Die Übergabe der Gesetze erfolgte am Berg Sinai – in der Wüste. Durch das Gesetz, so eine jüdische Ausdeutung, wurden die einst versklavten Israeliten zu einem Volk, das fortan als mündiges Subjekt agieren konnte. Die Übergabe des Gesetzes gilt auch als Geburtstunde des jüdischen Volkes, das seine Geschichte nun selbst bestimmen konnte und sollte. Damit verankert sich eine besondere Ethik; insofern wird das Judentum auch als „ethischer Monotheismus“ bezeichnet, als „Gesetzesreligion“.

aufbewahrt. Da die Torarolle den G’ttesnamen enthält, wird sie vor allen fremden Blicken geschützt. Zum Toraschmuck gehören Torawimpel , Toramantel , Toraschild , Zeigestab und Torakrone oder zwei kleine Krönchen (hebr. „rimonim“, „Granatäpfel“).

5 Es existieren der Jerusalemer Talmud und der Babylonische Talmud. Der letztere gilt als der bedeutendere; er entstand nach der Zerstörung des Zweiten Tempels in den rabbinischen Akademien im babylonisch-persischen Sura und Pumbedita 70 n.d.Z. („n.d.Z“, „nach der Zeitrechnung“, bezieht sich auf die übliche, christliche Zeitrechnung, wird aber anders bezeichnet). Der Abschluss des Babylonischen Talmud datiert sich auf das 6. Jahrhundert n.d.Z.

6 Die Hebräische Bibel ist nicht identisch mit dem christlichen „Alten Testament“. Die Hebräischen Bücher des im Christentum als Altes Testament überlieferten Kanons sind zwar dieselben wie in der Übersetzung Luthers, die Reihenfolge ist jedoch unterschiedlich. Die katholische Bibelübersetzung und auch neuere protestantische Übersetzungen überliefern auch jene jüdischen Schriften, die nicht auf Hebräisch, sondern in griechischer Übersetzung außerhalb des kanonisierten Textes erhalten sind. Eine Übersetzung ist insofern problematisch, da der ursprüngliche Text seiner sprachlichen „Unendlichkeit“ beraubt wird (vgl. 1.3). Ernsthafte Deutungen sollten deswegen stets die Hebräische Bibel zur Grundlage haben.

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1.3 Sprache

Die Tora ist ursprünglich in hebräischer Sprache, d.h. nicht vokalisiert, geschrieben. Das impliziert, dass der Lesende der Tora über sehr gute Kenntnisse des Hebräischen verfügen muss, um den Text verstehen und interpretieren zu können. Damit ist auch die Diskussion um den Heiligen Text garantiert, die bis heute anhält. Nahezu unendlich sind die Interpretationsmöglichkeiten. Das erhält sowohl das Judentum lebendig, als auch die Tradition des Lernens und Lehrens und stellt im hohen Maße die intellektuelle Attraktivität des Textes dar. Diese Struktur des Biblischen Hebräisch ist auch Anlass für kabbalistische7 Spekulation und Zahlenspiele, die die jüdische Mystik insbesondere im Mittelalter vornahm und die bis heute weitergeführt wird. Jede sprachliche und grammatikalische Einzelheit ist von Bedeutung und interpretierbar, der Sinn der Schrift damit unerschöpflich. Im Gegensatz zur sprachlichen Festlegung durch Übersetzungen, ist es das fortwährende Ergründen eines neuen Sinns, das für die jüdische Tradition einen bedeutsamen Zug der Offenbarung ausmacht. In der Übersetzung der Schrift wird dem Text seine radikale Offenheit genommen. Seit der „Septuaginta“8 bis hin zu den jüngsten Bibelübersetzungen haben sich alle Übersetzungen an dieser Grenze gestoßen: Das Hebräische der Tora bevorzugt das freie Spiel der Signifikanten, während die anderen Sprachen, so das Griechische, auf der Logik der Signifikate besteht. Diese Grenzen sind nicht nur sprachliche: es sind zwei unterschiedliche Denkweisen.

1.4 613 Gesetze

Das Judentum ist eine lebensbejahende Religion; es fördert und fordert Leben ein. Über allen Geboten steht das Gebot, Leben zu erhalten und zu retten. Die „Zehn Gebote“ sind die Grundlage des jüdischen Religionsgesetzes. Darüber hinaus nennt die Tora weitere 613 „mizwot“; 248 davon sind Gebote, also religiöse Pflichten, 365 sind Verbote, darunter jene, nur „koschere“ („reine“) Tiere zu verzehren (Gebot) und am Schabbat zu arbeiten (Verbot), es ist auch ein jüdisches Gebot „deinen Nächsten zu lieben, denn er ist wie Du“. Auch die Landbewirtschaftung ist hier geregelt. Diesbezüglich finden sich u.a. folgende Ge- bzw. Verbote: „Und sechs Jahre besäe dein Feld und sammle seinen Ertrag ein. Aber im siebten lass es ruhen und brachliegen, damit die Armen deines Volkes essen

7 „Kabbala“ bezeichnet die Überlieferungen der jüdischen Mystik, deren Wurzeln in die Antike reichen und bereits im Tanach zu finden sind .

8 Die „Septuaginta“ ist eine um das Dritte Jahrhundert v.d.Z. („vor der Zeitrechnung“, bezieht sich auf die übliche, christliche Zeitrechnung, wird aber anders bezeichnet) entstandene Sammlung jüdischer Schriften in griechischer Sprache. Sie enthält vor allem die Übersetzungen der Schriften des sich formierenden hebräischen Kanons.

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mögen, und was sie übrig lassen, mögen die Tiere des Feldes essen, und so mache es mit deinem Weinberg und deinem Olivenhain.“ (Zweites Buch Moses, 23:10 –11). Des weiteren heißt es: man solle jedes Feld im siebenten Erlassjahre brach liegen lassen, und alles, was von selbst wächst, (für die Armen) preisgeben (Zweites Buch Moses, 23:11); man soll die vergessenen Garben nicht nehmen (Fünftes Buch Moses,14:19); man soll die Weintrauben, welche im Weinberg unter den Blättern blieben, hängen lassen; „dem Armen und dem Fremdling sollst du sie überlassen“ (Drittes Buch Moses, 19:10).

1.5 Bilderverbot

„Du sollst dir kein G’ttesbild (hebr. „peßel“) machen und keine Darstellung (hebr. „t’muna“) von irgendetwas droben im Himmel, unten auf der Erde oder im Wasser unter der Erde. Du sollst sie nicht anbeten und ihnen nicht dienen.“9 Das Zweite Verbot, das Bilderverbot, verbietet nicht das Bild im Allgemeinen, sondern das Kultbild im Sinne einer dreidimensionalen Statue oder eines Götterbildes.10 Es geht hier dezidiert um das Verbot der Götzenverehrung; also um die falsche Haltung zum Bild. Das Bilderverbot durchzieht als ein zentrales Gebot die jüdische Ausrichtung, es ist paradigmatisch. Hier tritt G’tt der Natur als ein anderes Prinzip entgegen. Ein Prinzip, das nicht für den blinden Kreislauf der Natur einsteht wie andere mythische Götter der umgebenden Kulturen und Religionen der Zeit, sondern aus dem Kreislauf befreien kann.11 G’tt ist das absolut Andere. Gleichwohl verlangt das jüdische Bilderverbot dem Geist höchste Abstraktion ab. Das Christentum hingegen habe, so die jüdische Philosophie, die Furcht vor dem Absoluten durch die Menschwerdung in Jesu gemildert. G’tt/Jesus erhält menschliche Züge, stirbt einen grausamen, menschlichen Tod. Damit vollzieht das Christentum einen Tabubruch: G’tt erhält eine Gestalt, ist gleichzeitig G’tt und Mensch. Das ist der maßgebliche Bruch mit der jüdischen Tradition.

1.6 G’ttes Name

„Ich werde sein, der ich sein werde. ... Ich werde sein.“ (Zweites Buch Moses, 3:14-15)

9 Das Bilderverbot ist an drei Stellen der Tora überliefert; Zweites Buch Moses, 20:4, Drittes Buch Moses, 5:8, sowie ausführlicher in Fünftes Buch Moses 4:16-18.

10 Das Wort „peßel“ steht für das „Götzenbild“ und „t’muna“ für seine mimetische Eigenschaft als Abbild, Gleichnis, Gestalt.

11 Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung (1944), Frankfurt am Main 1998, 201.

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In dieser Formulierung ist die unendliche Gestalt(losigkeit), die Fähigkeit zur Wandlung in der Geschichte und die Affirmation, die Permanenz der göttlichen Identität ausgesprochen. Das Bilderverbot impliziert auch, den Namen G’ttes nicht auszusprechen; dieser ist heilig. Er wird anders gesprochen, als er geschrieben ist. Die Ehrfurcht vor dem Namen zeigt die jüdische Tradition durch die Vermeidung des G’ttesnamen an: Er wird mit den Buchstaben JHWH (griech. „Tetragramm“) benannt, über 6800 mal in der Hebräischen Bibel. Nur diese Konsonantenfolge steht für den Namen G’ttes im engeren Sinn. G’tt offenbarte sich Moses im Brennenden Dornbusch zum ersten Mal mit den vier Konsonanten (Zweites Buch Moses, 3:1 – 4:17); religiöse Juden sprechen diesen Namen weder im G’ttesdienst noch im Alltag aus. Der Name wird u.a. durch „hashem“ („der Name“, „der Ewige), „adonai“ („mein Herr) oder auch „elohim“ (plural von „el“, „G’tt“) angezeigt. Grundsätzlich gilt, dass sich G’tt weder in Bildern noch in Worten fassen lässt.

1.7 Schabbat

Der „Schabbat“ (abgeleitet von hebr. „schevet“, „ruhen“, „aufhören“), ist der siebte Tag der Woche, an dem keine Arbeit verrichtet werden darf. Begründet ist der Schabbat in der Schöpfungsgeschichte; G’tt benötigte sechs Tage zur Schöpfung der Welt, am siebten ruhte er: „Und G’tt hatte vollendet am siebenten Tage sein Werk, das er gemacht, und ruhete am siebenten Tage von all seinem Werke, das er gemacht. Und G’tt segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, denn an denselben ruhete er von all seinem Werke, das G’tt geschaffen, um es zu fertigen.“ (Erstes Buch Moses, 2:2-3) Die Einhaltung des Schabbat ist auch in den Zehn Geboten (Zweites Buch Moses, 20:8 und Fünftes Buch Moses, 5:12) als Gebot festgeschrieben und beginnt wie alle Tage des jüdischen Kalenders am Abend und dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag. Schon die Hebräische Bibel gibt ihm einen eigenen Namen, während die anderen Wochentage mit ihren Ordinalzahlen benannt werden. Nach Yom Kippur12 ist der Schabbat der höchste jüdische Feiertag – gemäß jüdischer Tradition: die Seele des Judentums.

1.8 Jüdischer Kalender

Der jüdische Kalender ist ein lunisolarer Kalender: Die Monate werden nach dem Mond, die Jahre nach der Sonne berechnet. Durch den regelmäßigen Einschub eines zusätzlichen Monats wird der Kalender so berichtigt, dass die einzelnen Monate jedes

12„Yom Kippur“, „Versöhnungstag“, an diesem Tag, der wichtigste Tag im jüdischen Kalender, wird die Versöhnung mit G’tt gesucht und erbeten. Traditionelle Juden verbringen den gesamten Tag in der Synagoge, fasten, und bitten um die Vergebung ihrer Sünden.

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Jahres in die gleiche Jahreszeit fallen. Die Jahreszählung orientiert sich an der Schöpfung der Welt, die nach der jüdischen Überlieferung im Jahre 3761 v.d.Z. stattgefunden hat. Es existiert keine Übereinstimmung mit dem gregorianischen Kalender. Jüdische Feiertage, bzw. der Tag, beginnt bereits am Vorabend und endet am nächsten Tag kurz nach Einbruch der Dunkelheit.

Die Monate des Jüdischen Kalenders: 1. Tischri (September-Oktober) 30 Tage 2. Cheschwan (Oktober-November 29 bzw. 30 Tage 3. Kislew (November-Dezember) 30 bzw. 29 Tage 4. Tewet (Dezember-Januar) 29 Tage 5. Schwat (Januar-Februar) 30 Tage 6. Adar (Februar-März) 29 Tage (im Schaltjahr wird ein zweiter Adar eingefügt) 7. Nissan (März-April) 30 Tage 8. Ijar (April-Mai) 29 Tage 9. Siwan (Mai-Juni) 30 Tage 10. Tammus (Juni-Juli) 29 Tage 11. Aw (Juli-August) 30 Tage 12. Elul (August-September) 29 Tage

1.9 Kaschrut

„Kaschrut“ („Tauglichkeit“, adj. „koscher“, „tauglich“,„rein“) bezeichnet die jüdischen Speisegesetze, jedoch nicht ausschließlich; der „Kaschrut“ liegt das Prinzip der Trennung zu Grunde (siehe auch „Schabbat“). Für die traditionelle jüdische Praxis ist die Einhaltung der„Kaschrut“ zentral. Ihre Einhaltung diene, so die Ausdeutung, der Erziehung des Menschen, denn sie fordert und fördert die Sublimation. „Koscher“ bedeutet „dem jüdischen Gesetz gemäß“. Nicht nur Lebensmittel werden der „Reinheit“ und „Tauglichkeit“ unterworfen. Kleidung, Accessoires, Medikamente und alle Produkte, die tierischen und pflanzlichen Ursprungs sind, können unter diesen Aspekt fallen, z.B. das Tragen von Leder, Stoff, Wolle, Federn etc. Kaschrut kann auch auf Handlungen übertragen werden. Arbeitnehmerrechte, Tierrechte oder Geschäftsethik können hinsichtlich einer „ethischen Kaschrut“ überprüft werden.

„Unter deinem Vieh sollst du nicht zwei Tiere verschiedener Art sich begatten lassen. Dein Feld sollst du nicht mit zweierlei Arten besäen. Du sollst kein aus zweierlei Fäden gewebtes Kleid anlegen.“ (Drittes Buch Moses, 19:19)

Letzteres betrifft nicht nur die Kleidung; auch Polster, Teppiche, Tücher und Matten unterliegen dem Verbot. Sollte es zur Vermischung von kultivierten Pflanzen kommen, so darf aus dem Getreide oder Gemüse kein Nutzen gezogen werden, es darf weder

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verzehrt noch verkauft werden. Auch die Kreuzungen bei der Zucht von Tieren und Pflanzenaufpropfungen sind verboten. Wolle und Leinen dürfen nicht gemischt werden.

Ein relevantes Gesetz zur Erzeugung von koscherem Wein verbietet es, zwischen den Rebenreihen andere Pflanzen zu säen: „Du sollst in deinem Weinberg keine anderen Pflanzen anbauen, sonst verfällt das Ganze dem Heiligtum, sowohl was du zusätzlich angebaut hast als auch was der Weinberg trägt.“ (Fünftes Buch Moses, 22:9).

Bezüglich der Speisegesetze gilt: Säugetiere, die sowohl Wiederkäuer sind als auch gespaltene Hufe haben, sind für den Verzehr erlaubt ( Rind, Lamm, Ziege etc.) Erlaubt sind auch deren Produkte, also z.B. deren Milch. Geflügel ist koscher, Raubvögel nicht. Fische sind erlaubt, sofern sie Schuppen und Flossen haben. Raubfische, Meeresfrüchte und Schalentiere sind nicht koscher. Der Verzehr von Blut ist streng verboten, denn, so die jüdische Auffassung, beherbergt Blut die Seele.13 Fundamental ist die Trennung des Verzehrs von Milch- und Fleischprodukten; „Koche nicht ein Böcklein in der Milch seiner Mutter“ (Zweites Buch Moses, 23:19). In traditionellen und orthodoxen Haushalten sind Geschirr, Töpfe, Spülen und Kühlschränke doppelt vorhanden: ein Set für fleischige, das andere für milchige Speisen und Produkte. Eier, Fische, Gemüse und Früchte gelten als „neutral“ („parwe“); sie sind weder milchig noch fleischig und können mit Milch oder mit Fleisch verzehrt werden.

1.10 Synagoge14 „Haus der Versammlung“

Das Judentum hat und kennt seit der Zerstörung des Zweiten Tempels in Jerusalem keine „heiligen Orte“. Jüdischer G’ttesdienst ist an keinen besonderen Platz gebunden. Jeder Ort, an dem sich ein „minjan“ (mindestens zehn Juden, traditionell Männer, die „bar mitzwah“15 sind) zum Gebet versammeln, ist im weitesten Sinne eine Synagoge. Die Synagoge dient traditionell auch als Lehrhaus; als Ort der Gemeinschaft, es ist ein wichtiger und gemeinschaftlicher, sozialer Ort der Jüdischen Gemeinde. In der

13 Die Begrenzung des Fleischverzehrs ist auch ethisch-moralisch zu verstehen. Die Einschränkungen stellen idealtypisch eine Balance zwischen dem Bedürfnis nach Fleisch und der wahl- und maßlosen Tötung von Tieren allein zur Befriedigung her. Es gilt zudem, Tiere so schmerzlos wie nur möglich zu schächten, um ihnen Leid zu ersparen. Auch müssen die geschächteten Tiere ausbluten, da der Genuss von Blut grundsätzlich verboten ist. Auch hierin liegt die jüdische Aversion gegen jedwedes Blutvergießen zugrunde; zumal das Blut als Sitz der Seele, als Symbol des Lebens gilt.

14 Als „Synagoge“ (griech. „Versammlung“) bezeichnet die Septuaginta, die griechische Übersetzung der Hebräischen Bibel, das hebräische „edah“ oder „kahal“ („Versammlung“).

15 „Bar mitzwah“ („Sohn des Gesetzes“); hat ein Junge das 13. Lebensjahr vollendet, so ist er im religiösen Sinne erwachsen und Mitglied der Jüdischen Gemeinde. Er muss die Gebote befolgen und wird zu der Lesung aus der Tora aufgerufen. Im 19. Jahrhundert hat das Reformjudentum auch für Mädchen den religiösen Initiationsritus eingeführt. Es sind freudige Anlässe, die meist als große Feste gefeiert werden.

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rabbinischen Literatur wird „bet haknesset“ („Haus der Versammlung“), „bet hatefillah“, („Haus des Gebets“), oder „bet hamidrasch“, („Haus des Lernens“) verwendet. Damit ist die Funktion der Synagoge gefasst. Synagogen sind stets nach Osten in Richtung des Tempelberges in Jerusalem ausgerichtet. Damit ist gesichert, dass der Toraschrein immer gen Osten orientiert ist.

1.11 Diaspora und „Eretz Israel“ („Land Israel“)

Die jüdische Geschichte ist insbesondere eine Geschichte der „Diaspora“ (griech. „Zerstreuung“). Die Existenz in der „Diaspora“ wird bis zur Staatsgründung Israel 1948 zur „jüdischen Kondition“ überhaupt, so der Historiker Dan Diner.16 Jüdinnen und Juden, die außerhalb des Landes Israel leben – das ist die Mehrheit – leben in der Diaspora, spätestens seit dem Jahr 70, also nach der Vertreibung und der Zerstörung des Zweiten Jerusalemer Tempels. „Diaspora“, wiewohl ein griechischer Begriff, wurde von den 70 jüdischen Gelehrten, die die Hebräische Bibel ins Griechische übersetzt und damit kanonisiert haben, der „Septuaginta“, übernommen und bezeichnet. Mit der Übersetzung und Kanonisierung der Hebräischen Bibel wurde das Judentum „gerettet, weil es fortab an keinen Raum“ und „keine Institution“ gab, weil es „an nichts Verlierbares mehr gebunden war“17; wohl aber an das Buch, das den zentralen Bezugspunkt des Judentums bildete. Das nationale Narrativ ist biblisch als Traditionstext verankert und mit der Geschichte Abrahams (Erstes Buch Moses, 11:27- 25:10) verbürgt: G’tt fordert Abraham auf, seine Heimat (Mesopotamien) zu verlassen und in das Land der Verheißung G’ttes zu gehen. Aufgrund einer Hungersnot muss Abraham das Land verlassen. Er ging nicht in sein Heimatland zurück, sondern nach Ägypten, wo er als Fremder angesehen war und sich fremd fühlte.18 Migration, Heimkehr und Heimatlosigkeit bilden zentrale Motive, die im biblischen Text eingeschrieben sind. Die Aufforderung G’ttes lautet: „Und der Ewige sprach zu Abram: Gehe aus deinem Geburtsorte und aus dem Hause deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde. Und ich werde dich machen zu einem großen Volke, und dich segnen, und groß machen deinen Ruf; und du sollst ein Segen sein.“ (Erstes Buch Moses,12:1-2) Bei der Ankunft in Israel Generationen später eröffnet G’tt seinem Volk, dass es hier lediglich zu Gast sei. Das Land sei nicht der Besitz des Volkes, sondern „das Land ist mein. Ihr seid nur Fremdlinge und Geduldete auf meinem Boden.“ (Drittes Buch Moses,

16 Dan Diner, Vorwort, in: Doron Mendels und Arye Edrei, Zweierlei Diaspora. Zur Spaltung der antiken jüdischen Welt. Göttingen 2010, 7 - 8, hier 7.

17 Manes Sperber, Mein Judesein, in: Wenn ich dein vergesse, Jerusalem. Bilder jüdischen Stadtlebens, hg. v. Joachim Schlör, Leipzig 1995, 8 – 19, hier, 11.

18 Michael Brenner, Jüdische Geschichte lesen. Texte der jüdischen Geschichtsschreibung im 19. und 20. Jahrhundert, München 2003, 153.

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25:23) Der „Vater der Vielen“ (hebr. „Abraham“), folgt dem Wort G’ttes, dem Versprechen zum Gesetz – zur Abstraktion. Vom theologischen Standpunkt ebenso wie aus soziologischer und historischer Perspektive ist „Diaspora“ mit jüdischer Existenz verknüpft. Die Sehnsucht nach „Zion“ und die überzeitliche Hoffnung auf Rückkehr sind Leitmotive jüdischen Denkens. Gleichermaßen wird Jerusalem „Jerushalajim“ („Stadt des Friedens“) zur Metapher von Vollkommenheit und Friede überhöht.19 Zion wird zum metaphysischen Ort. Das „Gelobte Land“ ist für die einen der konkrete Staat Israel für die anderen: universaler Frieden. Der bedeutende Religionshistoriker Gershom Scholem verdeutlicht die Spannung jüdischer Existenz, die Sehnsüchte und Hoffnungen zwischen Pragmatismus und Utopie. 1918 formuliert Scholem in „95 Thesen über Judentum und Zionismus“: „Der nationale Begriff des Judentums führt nach Palästina, der jüdische nach Zion.“20 Die jüdische Exklusivität ist also auch in der diasporischen Existenz begründet. Darin sind die Juden das „Licht für die Völker“. Jüdische Existenz benötigt aus theologischer Sicht nicht die konkrete Nation. Es unterliegt nicht einem (nationalen und politischen) Götzendienst, sondern hat sich davon, zumindest religiös, befreit. Es ist diese jüdische Kondition, die eine ethische Haltung, einen kognitiven Habitus gegenüber jeder Idolatrie21 behauptet; also auch immer Ethik vor Ästhetik beansprucht. Auch der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, schreibt 1938/39, dass „der Fortschritt in der Geistigkeit“ gerade darin begriffen war, dass die Juden ihres Landes beraubt waren: „Die Juden behielten die Richtung auf geistige Interessen bei, das politische Unglück der Nation lehrte sie, den einzigen Besitz, der ihnen geblieben war, ihr Schrifttum, seinem Werte nach einzuschätzen. Unmittelbar nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch Titus erbat sich Rabbi Jochanan ben Sakkai die Erlaubnis, die erste Thoraschule in Jabne zu eröffnen. Fortan war es die Heilige Schrift und die geistige Bemühung um sie, die das versprengte Volk zusammenhielt.“22 In der Gründungsgeschichte Abrahams liegt schon die Spannung angelegt, in der sich jüdische Existenz bewegt: ein Wechselspiel aus Vergangenheit – dieses war das Geburtsland und das Land der Götzendiener – und einer Zukunft: das Gelobte Land, das Gesetz, der Monotheismus.

19 Tatsächlich zogen in Jerusalem in den letzten zweitausend Jahren vierunddreißig Eroberer ein; die Stadt wurde zweiundzwanzig Mal belagert, achtzehn Mal zerstört und wieder aufgebaut. Elf Mal wechselte der Glaube, der die Stadt beherrschte.

20 Gershom Sholem, Zwischen den Disziplinen. Hg. v. Peter Schäfer und Gary Smith, Frankfurt am Main1995, 294.

21 „Idolatrie“ bezeichnet die Verehrung von bildlichen Darstellungen von Göttern, Götzendienst.

22 Sigmund Freud, Der Mann Moses und die monotheistische Religion (1939), in: Ders., Studienausgabe. Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion, hg. v. Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Band IX, Frankfurt am Main 1974, 455-567, hier 561.

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Dennoch sollte die diasporische Existenz ein zeitlich begrenzter Zustand sein. Stets war der Blick gen Osten gerichtet, verbunden mit der ‚Sehnsucht’ in das Gelobte Land zurückzukehren und in Jerusalem „die Zerstreuten“ wieder zu einigen. Der Psalm 137 ist im jüdischen Denken wirkungsmächtig. Er kündet jedoch mehr von der messianischen23 Bewegung als von ihrem Abschluss: „Wenn ich dein vergesse, Jerusalem,/ so verdorre meine Rechte./ Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben,/ wo ich dein nicht gedenke, wo ich nicht/ lasse Jerusalem meine höchste Freude sein.“ Bis heute wird in Richtung Osten gebetet. Die Erde Zion ist als besondere, heilige Erde konnotiert. Bis heute wünschen sich religiöse und/ oder traditionelle Juden in der Erde Jerusalems beigesetzt zu werden24 und sich damit einzuschreiben in die jüdische Genealogie. Nach fast zweitausend Jahren im Exil, bzw. Diaspora, erfolgte in der postemanzipatorischen Zeit, im 19. Jahrhundert eine Wende; nämlich die politisch- nationale Aufladung jüdischer Existenz. Es musste ein Jüdischer Staat, Israel, geschaffen werden, weil der Antisemitismus der europäischen Nationalstaaten und schließlich die Vertreibung und millionenfache Ermordung der europäischen Juden eine politische Existenz und einen eigenen jüdischen Staat erforderte.

2. G’tt, Mensch und Natur: „Zerstöre nicht!“

Das Judentum fordert den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur ein. Die zentralen Lehren, die in Tora und Talmud verbürgt sind, enthalten eine Vielzahl von Weisungen und Geboten, die sich direkt oder indirekt mit dem Verhältnis des Menschen zu Umwelt und Natur beschäftigen. Die Lehren zeugen von einem bewussten, schonenden und respektvollen Umgang und bilden, so ist zu postulieren, ein frühes niedergeschriebenes Naturschutzrecht. Das grundlegende Gebot ist es, keinem Lebewesen Schmerz zuzufügen und die Lebensgrundlagen nicht zu zerstören. Auch jüdische Fest- und Feiertage fördern das Wohl aller Lebewesen. Am Schabbat

23 Diese Sehnsucht war auch mit der Hoffnung auf die Ankunft des Messias („Gesalbter“) verknüpft. Der „Gesalbte“, ein Nachkomme König Davids, wird, so die Annahme, in der letzten Phase der Weltgeschichte auftreten und Frieden bringen; es wird das jüdische Königreich wiederhergestellt und der Tempel wieder errichtet werden. Je größer die reale Not, desto mehr wuchs die jüdische Hoffnung nach dem Messias.

24 Das Judentum praktiziert nur die Erdbestattung. Das Grab ist unantastbar, es darf nicht neu belegt oder zerstört werden. Die Verbrennung von Toten ist ein Sakrileg; denn der Körper kann dann nicht mehr, so die Vorstellung, in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren, „zu Erde“ werden. Viele möchten in Jerusalem begraben werden, da dort, sollte der Messias erscheinen, die Beerdigten zuerst auferstehen. Den Juden, die nicht dort begraben werden, wird ein Säckchen Erde aus Israel unter den Kopf gelegt; als Zeichen der Verbundenheit mit dem Gelobten Land. Jüdische Gräber werden nicht bepflanzt. In der nomadischen Zeit schützte ein Steinhügel das Grab vor der Aufdeckung. Auch heute werden zum Gedenken Steine auf das Grab gelegt, keine Schnittblumen.

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genießen Tiere genauso das Recht auf Ruhe wie Menschen. Das „Neujahrsfest der Bäume“, „Tu Bischwat“ (15. Schwat, Januar/ Februar) gilt dem Schutz und der Schonung der Natur; es wird der Umwelt gedacht und Setzlinge gepflanzt. Dass das Verhältnis von Mensch und Natur einen prominenten Platz in der Jüdischen Tradition einnimmt, bezeugt im Ersten Buch Moses, 1:28 folgender Satz: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.“ Keineswegs, so wie angenommen, geht es um eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, sondern, laut der Gelehrten, wird hier verdeutlicht: der Mensch darf und soll die Erde gebrauchen, jedoch weder ausbeuten noch missbrauchen, niemals ihre Existenz gefährden. Ausbeutung der natürlicher Ressourcen ist ebenso verboten, sowie die umfassende Umweltverschmutzung und – zerstörung.25 Die Pflicht zum sorgsamen Umgang mit der Umwelt als zentraler Bestandteil jüdischer Ethik ist hier klar formuliert. Der Mensch trägt die Verantwortung über einen ausgewogenen Umgang; er soll die Erde „behüten“. In „Sprüche der Väter“ (hebr. „Pirke Avot)“ heißt es: „Der Mensch ist freier Partner G’ttes, bei der Gestaltung und Vollendung der Welt.“ Der Mensch selbst ist „Erde“, wie der Name „adam“ anzeigt26: In „adam“ konzentriert sich die Dimension des Verhältnisses von Mensch und Natur, Mensch und Erde: Von „adam“ (plural, übersetzt „Mensch“) leiten sich die Worte „dam“27, „Blut“ und „adama“, „Erde“, ab. Der Mensch ist gleichsam eingebunden – er ist Natur, erschaffen aus Erde, wortwörtlich aus der „Erde vom Ackerboden“. G’tt selbst haucht „adam“„Lebensatem“ (hebr. „nishmat chajim“, „lebendige Seele“) ein. Die Vereinigung des Stofflichen und des Geistigen, als seelische und leibliche Wirklichkeit, macht den Menschen zum Menschen.28

25 Nach Indien hat Israel die meisten Vegetarier, relativ gesehen. Etwa eine Million Israelis essen kein Fl eisch, so jüngste Umfragen. Acht Prozent der Israelis leben vegetarisch, fünf Prozent vegan und verzichten auf alle tierischen Produkte. Auch eine fleischlose Lebensweise könne die „kaschrut“ (jüdischen Speisegesetze) im Kern erfüllen.

26 Personennamen sind in der Bibel stets Träger einer Bedeutung. Im Namen der biblischen Figuren ist oft ihre Geschichte, ihre Herkunft oder ihre Zukunft eingeschrieben. Der Name trägt eine „Wahrheit“ in sich, das heißt auch: einen Schöpfungsauftrag.

27 Auch „adom“, „rot“ lässt sich von dem Wort „adam“ ableiten. Im Judentum ist Blut heilig, es wird mit Leben und mit Seele assoziiert und darf nicht verzehrt werden. Adam und Eva ernährten sich allein von Pflanzen. Nach der Sintflut war es Menschen zwar erlaubt, Tiere zu essen, jedoch nicht deren Blut, also deren Seele; sie ist göttlichen Ursprungs und der Mensch darf sie sich nicht einverleiben und damit in Besitz nehmen.

28 In„chaja“ („Tier“) ist hingegen das Wort „chaj“ „Leben“ begriffen, das Tier besitzt auch eine „nefesh chaja“, „lebendige Seele“; es besitzt jedoch keine intellektuelle Fähigkeit, so der mittelalterliche Gelehrte Moses ben Nachman. Tiere sind nicht für den menschlichen Nutzen erschaffen, sondern sie sind Teil der Schöpfung.

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Im Talmud wird erzählt, G’tt habe den Menschen in der Stunde, in der er ihn erschaffen hatte, an allen Bäumen des „Gan Eden“ („Garten Eden“) vorbei geführt und folgende Worte gesprochen: „Sieh meine Schöpfungen, wie schön und wundervoll sie sind. Alles, was ich geschaffen habe, habe ich nur für dich getan. Bedenke dies und zerstöre und vernachlässige nicht meine Welt. Denn wenn du sie erst zerstört hast, ist nach dir keiner mehr da, der sie wieder reparieren kann.“ Überhaupt erscheint der Baum (hebr.„ez“) als kraftvolles Symbol für das Leben. Er wird in der Hebräischen Bibel hundertfünfzig Mal erwähnt, als die größte Pflanze beschenkt mit langem Leben. In der Erde verwurzelt, scheinen seine Blätter in den Himmel zu reichen: „Wie die Tage eines Baumes“ so sollen „die Tage meines Volkes“ sein, heißt es in Jesaja (65: 22). Der rechtschaffene Mensch „wird sein wie ein am Wasser gepflanzter Baum“, so der Prophet Jeremia (17: 8). Der Mensch selbst wird mit einem Baum des Feldes verglichen. Im Fünften Buch Moses, 20:19 heißt es: „Denn der Mensch ist wie ein Baum des Feldes“. Dieser Satz fällt im Zusammenhang mit dem Verbot, in einer belagerten Stadt Obstbäume zu zerstören. Überhaupt ist die mutwillige Zerstörung von Natur untersagt. „Zerstöre nicht!“ (hebr. „bal tashchit“) ist in den Kriegsvorschriften als Verhaltenskodex in kriegerischen Auseinandersetzungen (Fünftes Buch Moses, 20) festgelegt. Es bezieht sich auf Tiere, Pflanzen und Bäumen und wurde auch auf nichtlebende Objekte ausgeweitet. In dem zweitausend Jahren währenden Exil konnten Juden, stets als Minderheit ohne politische Macht und ohne Landbesitz, diese Gebote nur bedingt befolgen. Doch jetzt, so ein israelischer Rabbiner, „sollten wir zu diesem Erbe zurückkehren und die Umwelt bewusst schützen und behüten.“ In der Diaspora bildete sich keine genuine jüdische Gartenkultur aus; ein kleines Fleckchen Erde diente der Pflanzung von Kräutern, Gemüse und Obstbäumen für den eigenen Bedarf – auch, um am Schabbat und je nach Region, u.a. Pflaumenwein zu den Segenssprüche trinken und die „hawdala“29 durchführen zu können. Die Abhängigkeit vom Menschen zum Boden, zum Tier, zum Baum wird in der jüdischen Traditionsliteratur vielfach thematisiert. Der mittelalterliche Gelehrte Abraham Ben Ezra verweist darauf: der Baum versorge den Menschen mit Früchten, Holz, Schatten und vielem mehr. Rabbiner Akiva Wolff vom „Center for Business Ethics“ in Jerusalem betont, dass ein Baum aus den Elementen wie Sonnenlicht, Wasser und Erde für unser Leben die lebenswichtigen Grundlagen schafft. Danach solle der Mensch streben; indem er nachhaltig Energie gewinnt, durch Sonnen- oder Windkraft.

29 „Hawdala“, („Unterscheidung“, „Trennung“) ist ein Ritual, das am Samstagabend bei Einbruch der Dunkelheit das Ende des Schabbat und den Beginn der neuen Woche einläutet. Diese „Unterscheidung“ wird auch durch den Duft von aromatischen Kräutern sinnlich erfahren; die in dem „Migdal Besamim“ („Gewürzbehälter“) duftenden Gewürze entlassen die Juden in die Arbeitswoche. Der Duft soll an den zu Ende gehenden Schabbat erinnern und Kraft für die kommende Woche geben.

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Zahlreich sind die Ge- und Verbote bezüglich des Verhältnisses von Mensch und Umwelt definiert. Für das bewirtschaftete Land gilt eine wiederkehrende Ruhephase: „So ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, so feiere das Land eine Feier des Ewigen. Sechs Jahre besäe dein Feld und sechs Jahre beschneide deinen Weinstock und sammele seinen Ertrag ein. Aber im siebten Jahre sei eine Schabbatfeier für das Land, eine Feier des Ewigen; dein Feld sollst du nicht besäen und deinen Weinstock nicht beschneiden. Den Nachwuchs deiner Ernte sollst du nicht ernten und die Trauben deiner ungepflegten Weinstöcke sollst du nicht lesen; ein Feierjahr sei für das Land.“ (Drittes Buch Moses, 25)

Auch der Schabbat, die für die Zeit signifikante Einführung eines wöchentlichen Ruhetages, der die Schöpfung als Praxis spiegelt, regelt das grundlegende Verhältnis von Arbeits- und Ruhephasen. Dieser Ruhetag wird auch dem bewirtschaften Land und dem Tier zuteil: Das siebte Jahr, die „schmitta“, das „Schabbatjahr“ gönnt dem Boden Ruhe.30 Der Boden soll sich genauso wie Mensch und Tier regenerieren können. Für den Menschen wird damit auch die Hoheit G’ttes über den Boden und dessen Ertrag bewusst; so gehörte zur Verheißung G’ttes explizit das Versprechen einer gesicherten Lebensgrundlage und Versorgung: „Denn der Ewige dein G’tt bringt dich in ein schönes Land, ein Land der Wasserbäche, Quellen und Seen, die in der Ebene und im Gebirge entspringen; Ein Land des Weizens, und der Gerste und des Weinstockes, und des Feigenbaumes, und der Granate; ein Land der Ölbeere und des Honigs. Ein Land, darin du nicht kümmerlich Brot essen musst, – du wirst an nichts darben darin; ein Land, dessen Steine Eisen und aus seinen Gebirgen wirst du Kupfer hauen. Und du wirst essen und satt werden und du sollst segnen den Ewigen deinen G’tt für das schöne Land, das er dir gegeben.“ (Fünftes Buch Moses, 8:7-10) Im heutigen Israel ist der Naturschutz im Bewusstsein der Menschen fest verankert. Dazu gehört auch der Umgang mit der äußerst knappen Ressource Wasser31. Der Naturschutz hat sich „bottom-up“ entwickelt; die finanziellen Mittel werden überwiegend durch Spenden oder Eintrittsgelder für Naturschutzgebiete erwirtschaftet. Eine wichtige Rolle nimmt z.B. die NGO „Society for the Protection of Nature in Israel“ (SPNI) ein, welche fünfunddreißig Jahre vor der Bildung eines eigenständigen

30 Dieses Gesetz gilt nur für die Landbewirtschaftung in Israel und ist nach dem jüdischen Kalender ein festgel egtes Jahr. Das Schmitta - Gesetz war im Exil, bzw. in der Diaspora ein theoretisches.

31 Israelische Kinder werden in den Bildungsstätten zu einem sorgfältigen Umgang mit Wasser erzogen, so dass eine Kultur des Wassersparens entstanden ist. Seit dem Jahre 2008 müssen alle für ihr Wasser den tatsächlichen Preis zahlen, der Wasserpreis wird nicht staatlich subventioniert. Auch wird die Wasserversorgung von installierten Messstationen überwacht, um Lecks schnell zu beseitigen. Bereits in den 1950er-Jahren wurde die Tröpfchenbewässerung entwickelt: Wurzeln werden zeitlich und präzise, jedes einzelne Pflänzchen, bewässert; damit konnte bis zu 40 Prozent Wasser gespart und der Ernteertrag der Pflanzen deutlich gesteigert werden.

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Umweltministeriums im Jahr 1988 gegründet wurde.32 Der Jüdische Nationalfonds e.V. (JNF-KKL) wurde im Jahr 1901 gegründet und ist die größte Umweltorganisation Israels. Seine ökologische Arbeit gilt der Aufforstung (mehr als 240 Millionen Bäume wurden in den letzten Jahrzehnten gesetzt), der Gewinnung neuer Wasserressourcen und der Entwicklung neuer Agrartechniken.

2.1 „Gan Eden“: Garten als Paradies

„Gan Eden“ als Garten der „Wonne“, der „Üppigkeit“, der „Lieblichkeit” ist der Ort, in dem G’tt den Menschen stellt, das ist seine erste, glückvolle, vollkommene Umwelt. Fruchtbarkeit zeichnet den Garten aus; G’tt ließ jeden Baum wachsen, der „lieblich“ anzusehen und dessen Früchte gut zur Speise war. Auch der„Baum des Lebens“ und der „Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen“ (Erstes Buch Moses, 2:8-15) stehen hier. „Eden“ ist vor allem ein fruchtbarer Ort; „Adam“ (plural, „Mensch“) wurde in den Garten gestellt, um ihn zu bebauen und zu bewahren. Aus „Eden“ ging ein Strom hervor, um den Garten zu bewässern; er teilte sich von dort aus in vier Teile.33 Zwei dieser Flüsse können identifiziert werden: der Euphrat und der Tigris. Nachdem „Chawa“ („Eva“) und „Adam“ von dem verbotenen „Baum der Erkenntnis“ gegessen hatten, wurden sie aus dem Garten vertrieben. „Cherubim“ („Engel“) wurden eingesetzt, um den Weg zum „Baum des Lebens“ zu bewachen (Erstes Buch Moses, 3:23-24). Seit der Vertreibung von Adam und Chawa aus dem Garten Eden, wurde der Mensch mit Last und Schmerz belegt – so der Traditionstext.

2.2 Feiertage

Viele jüdische Feiertage folgen dem landwirtschaftlichen Rhythmus. „Pessach“34 liegt in der Zeit der ersten Gerstenernte. Die zwei Feste, die einen expliziten landwirtschaftlichen Bezug haben sind „Sukkot“(„Laubhüttenfest“), es liegt in der Zeit der Ernte und „Tu Bischwat“ gilt der Pflanzung von Bäumen. Pflanzen und Früchte dürfen bei Festen nicht fehlen. Die Früchte der „Sieben Arten“ (siehe Tu Bishwat, 2.3) sind immer Teil der Tradition. Zu „Schawuot“35 beispielsweise

32 Ein Mitbegründer von SPNI war der Zoologe Heinrich Mendelssohn (1910-2002). In der Weimarer Republik war er Mitglied der zionistischen Studentenverbindung „Kadimah“ („Vorwärts“) und emigrierte 1933 nach Palästina. Mendelssohn gilt als einer der Gründungsväter des Naturschutzes in Israel.

33 Damals wie heute benötigt ein Garten ausreichend Wasser. Üppiges Grün war ein Symbol des Überflusses, insbesondere angesichts der klimatischen Bedingungen im Nahen Osten.

34 Das bedeutende Fest „Pessach“ (14.-22. Nissan) feiert die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei. Am „Seder“ („Ordnung“), das ist der erste Festabend, wird die Geschichte ausführlich erzählt und es werden mit symbolischen Speisen an Sklaverei und Befreiung erinnert.

35 „Schawuot“(„Wochenfest“) beginnt sieben Wochen nach dem zweiten Tag von Pessach. Es erinnert an die Übergabe der Zehn Gebote und die Offenbarung am Berg Sinai.

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wurden von den Bauern Israels die Erstlingsfrüchte der „Sieben Arten“ im Tempel dargebracht. Auch an „Tu Bischwat“ werden mindestens fünfzehn verschiedene Früchte gegessen. Zu „Rosch haschana“ (Jüdisches Neujahr, eines der wichtigsten Feiertage) werden u.a. Datteln, Weintrauben und in Honig getauchte Apfelscheiben gegessen. Dieses Ritual verleiht der Hoffnung Ausdruck, dass das kommende Jahr ein gutes und „süßes“ werde. Auch der Granatapfel, der so viele Kerne enthält, ist symbolisch und man spricht dazu: „Möge es Dein Wille sein, dass unsere Rechte sich wie der Granatapfel mehren.“

2.3 Tu Bischwat: Das Fest der Bäume

„Tu Bischwat“, das „Neujahrsfest der Bäume“, wird am 15. des Monats Schwat, im Januar/ Februar gefeiert. Tu Bischwat steht als Tag des Dankes für die harmonische Beziehung zwischen G’tt, dem Menschen und der Natur. So wie der 1.Tischri (September/ Oktober) Beginn der Jahreszählung für die Menschen ist, so wird für Bäume und Pflanzen das Jahr ab dem 15. Schwat gezählt. An diesen Tag werden die Setzlinge gepflanzt, so dass die Geburtstage der Bäume bestimmbar sind. Das ist von Bedeutung: In den ersten drei Jahren eines Baumes darf dieser nicht beschnitten und seine Früchte nicht gegessen werden, um dem Baum ungestörtes Wachstum zu ermöglichen. Zu Tu Bishwat wird der Tisch mit den Sieben Arten gedeckt, mit denen das Land Israel gesegnet wurde: „Denn der Ewige, dein G’ tt, bringt dich in ... ein Land mit Weizen und Gerste, mit Wein, Feigen und Granatäpfeln, in ein Land mit Oliven und Dattelhonig.“36 (Drittes Buch Moses, 8:8)

36 Insbesondere der Olivenbaum genießt Hochachtung im Judentum. Er gilt als Symbol des Friedens und des Wohlstands. Laut Überlieferung förderte König David und König Salomo den Anbau; das Öl hatte auch einen festen Platz im Kultus. Der jüdischen Überlieferung zufolge schickte Noah nach der Sintflut eine Taube los; diese kehrte mit einem Ölzweig im Schnabel zurück als Zeichen dafür, dass das Leben zurückgekehrt ist: „Gegen Abend kam die Taube zu ihm zurück, und siehe da: In ihrem Schnabel hatte sie einen frischen Olivenzweig. Jetzt wusste Noah, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand.“ (Erstes Buch Moses, 8:11). In Richter 9: 8,9 ist zu lesen: „Einst machten sich die Bäume auf, um sich einen König zu salben, und sie sagten zum Ölbaum: ‚Sei du unser König.‘ Der Ölbaum sagte zu ihnen: ‚Soll ich mein Fett aufgeben, mit dem man Götter und Menschen ehrt und hingehen, um über den anderen Bäumen zu schwanken?“ Auch die Weinrebe, der Wein, ist für das jüdische Leben bedeutsam. Zu Zeiten der Tempel wurde Wein für den Opferdienst gebraucht; grundsätzlich bildet der Wein eine bedeutende Komponente in der jüdischen Praxis, sowohl im G’ttesdienst als auch in jüdischen Haushalten. Der Segen über den Wein (hebr. „Kiddusch“), spielt bei der Heiligung des Schabbats und der Feiertage sowie bei der Trauung, der Beschneidung und anderen Ereignissen im Lebenszyklus eine wichtige Rolle. Nur der kontrollierte Genuss von koscherem Wein ist in der jüdischen Praxis erwünscht und erlaubt.

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Nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 und der Zerstreuung der Juden in alle Welt verlor das Fest seine Existenzgrundlage. Das Fest blieb über beinahe zwei Jahrtausende hinweg ein Gedenktag; denn dessen Bezugspunkte, nämlich nationaler Boden und die darauf wachsenden Bäume und der Tempel waren nicht in jüdischem Besitz oder gar zerstört. Tu Bischwat galt dem Gedenken an das Land Israel. Seit der Besiedelung Palästinas Anfang des 20. Jahrhunderts und der Gründung des Staates Israel 1948 indes wurde auch Tu Bischwat als Fest der Natur und der Bäume wiederbelebt. Es ist der Feiertag, der für die Aufforstung und Begrünung Israels symbolhaft steht. Mithilfe des Israelischen Nationalfonds und mit der finanziellen Unterstützung von Jüdinnen und Juden aus aller Welt konnten und können Millionen von Bäumen gepflanzt und das trockene Land zum Blühen gebracht werden. Das Gleichnis liegt auf der Hand: Der Feiertag wird zum Anlass genommen, auf die Notwendigkeit der aktiven Bewahrung von Natur hinzuweisen; der Baum, so steht es in der Tora, gleiche dem Menschen.

2.4 Sukkot: Fest der Ernte

„Am fünfzehnten Tag des siebten Monats, wenn ihr den Ertrag des Landes erntet, feiert sieben Tage lang das Fest des Herrn! Am ersten und am achten Tag ist Ruhetag. Am ersten Tag nehmt schöne Baumfrüchte, Palmwedel, Zweige von dicht belaubten Bäumen und von Bachweiden und seid sieben Tage lang vor dem Herrn, eurem Gott, fröhlich! Feiert dieses Fest zur Ehre des Herrn jährlich sieben Tage lang! Das gelte bei euch als feste Regel von Generation zu Generation. Ihr sollt dieses Fest im siebten Monat feiern. Sieben Tage sollt ihr in Hütten wohnen. Alle Einheimischen in Israel sollen in Hütten wohnen, damit eure kommenden Generationen wissen, dass ich die Israeliten in Hütten wohnen ließ, als ich sie aus Ägypten herausführte. Ich bin der Herr, euer Gott.“ (Drittes Buch Moses, 23:39-44) Nach dem Auszug aus Ägypten wanderten die Israeliten vierzig Jahre durch die Wüste, bis sie das Gelobte Land erreichten, so der biblische Text. Mit Sukkot („Laubhüttenfest“, hebr. „sukka“, „Laubhütte“) wird daran erinnert. Sukkot war zunächst ein Erntedankfest. Nach dem Babylonischen Exil bekam es eine zusätzliche Bedeutung: die Laubhütten, in denen die Bauern und Winzer einst während der Erntezeit in weit vom Dorf entlegenen Feldern unterkamen, symbolisieren die provisorischen Wohnstätten während der vierzig Jahre währenden Wüstenwanderung. Das heutige Ritual, alle Mahlzeiten in der Sukka einzunehmen, soll auch an die Fragilität unserer Existenz erinnern. Die Sukka soll unter freiem Himmel stehen, aus Pflanzen errichtet und so abgedeckt werden, dass mehr Schatten als Licht im Raum und nachts die Sterne zu sehen sind. Der Feststrauß für Sukkot ist „lulaw“. Er ist aus vier Arten gebunden: Palmwedel, Etrog (Zitronatzitrone), Myrte und Bachweide. Dieser Bund wird beim Gebet dreimal nach Osten, Norden, Westen und Süden dann gen Himmel und zur Erde geschwungen. Dieses Ritual verweist auf die Bauern, die im Herbst G’tt um

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Regen baten. Ein mittelalterlicher Midrasch37 führt Pflanze und Mensch zusammen, um über Israel als Gemeinschaft eine Aussage zu treffen: „Wie eine Zitrusfrucht sowohl Geschmack hat als auch einen lieblichen Geruch, so gibt es in Israel Menschen, die sowohl gelehrt sind als auch ihren Glauben leben. Wie die Früchte eines Palmzweigs zwar Geschmack haben, aber geruchlos sind, so gibt es in Israel Menschen, die gute Werke tun, aber keinerlei Gelehrsamkeit besitzen. Wie Weidenzweige weder essbar sind und noch einen angenehmen Geruch verbreiten, so gibt es Menschen, die weder gelehrt sind noch gute Werke tun. G’tt, die Heiligkeit G’ttes sei gepriesen, sagt: Damit Israel nicht untergeht, lasst sie alle zusammengebunden sein, wie die Pflanzen zu einem Bund zusammengebunden sind, so dass die Gerechten unter ihnen für die anderen Sühne bewirken.“ (Midrasch Pesikta Rabbati 51,2)

2.5 Flora Israels

Israel, die geographische Landbrücke zwischen Asien, Afrika und Europa, verleiht dem kleinen Land ein äußerst abwechslungsreiches Klima; subtropisches Mittelmeerklima an der Küste, im Landesinnere das Bergland, die Steppe angenehmer, jedoch auch hier heiß, und im Süden die Wüste. Gemessen an der Größe des Landes ist der Höhenunterschied vom Berg Hermon mit 2800 m bis hinunter zum Toten Meer, das fast 400 m unter dem Meeresspiegel liegt, enorm. Diese klimatischen und geographischen Faktoren fördern eine große Artenvielfalt. Die Pflanzen, die auch in der Hebräischen Bibel Erwähnung finden sind: Akazie, Dattelpalme, Erdbeerpalme, Eiche, Eukalyptus, Feigenbaum, Granatapfel, Johannisbrotbaum, Mandelbaum, Tamariske, Olivenbaum, Platane, Silberpappel, Terebinthe, Weidenbaum, Zeder, Zypresse, Blut der Makkabäer, Goldkrokus, Schwarze Iris, Sabre (Feigenkaktus), Weinrebe.

3. Erinnerung im Judentum

Erinnerung ist fester Bestand jüdischer Tradition. Der Imperativ „sachor!” („erinnere dich!“) ist in der Bibel und in der rabbinischen Literatur wiederkehrend: „Erinnere dich, was dir Amalek angetan hat,” (Fünftes Buch Moses, 25:17-19). Der Imperativ findet sich in der Hebräischen Bibel 169 mal und ist in den frühesten jüdischen Schriften als eine zentrale Säule des Judentums festgeschrieben. Israel – als eine Geschichtsgemeinschaft – ist angehalten, sich seines G’ttes, der Schöpfung und seiner Geschichte zu erinnern. Das Wort „Nicht gedacht soll seiner werden!" gilt indes als Fluchwort über die Feinde der Juden. In „sachor“ versichert sich auch ein jüdisches Selbstverständnis; Erinnerung ist auch Bestand der Liturgie. Die Pflicht zur Erinnerung an die Shoah hat der Rabbiner und Philosoph Emil Ludwig

37„Midrasch“ ist die rabbinische Auslegung der religiösen Texte ab 70 n.d. Z. Der Midrasch „Pesikta a Rabbati “ ist ca. 500 n.d.Z. entstanden.

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Fackenheim 1970 als das 614. Gebot des Judentums aufgestellt. Es ist Bestand des jüdischen Selbstverständnisses nach der Shoah: „Juden ist es verboten, Hitler einen posthumen Sieg zu verschaffen. Ihnen ist es geboten, als Juden zu überleben, ansonsten das jüdische Volk unterginge. Ihnen ist es geboten, sich der Opfer von Auschwitz zu erinnern, ansonsten ihr Andenken verloren ginge. Ihnen ist es verboten, am Menschen und an der Welt zu verzweifeln und sich zu flüchten in Zynismus oder Jenseitigkeit, ansonsten sie mit dazu beitragen würden, die Welt den Zwängen von Auschwitz auszuliefern. Schließlich ist es ihnen verboten, am Gott Israels zu verzweifeln, ansonsten das Judentum untergehen würde.“38 Fackenheim stellt die Shoah dem Exodus und der Offenbarung der Gebote am Sinai als dritte grundsätzliche Erfahrung des jüdischen Volks zur Seite. Die Shoah müsse in Ritual und Liturgie erinnert werden – und sie wird erinnert.39 Die Ermordung der europäischen Juden wird mit „Shoah”, „Katastrophe“ bezeichnet. Dieser Begriff verweist auch auf die früheren katastrophalen Ereignisse in der jüdischen Geschichte: die Vertreibungen aus Jerusalem, die Bedrohungen durch das Volk der Amalekiter und durch die Vernichtungsabsichten Hamans im babylonischen Exil, ebenso die Zerstörung des Tempels im Jahr 70 durch die Römer und die Pogrome und Verfolgungen innerhalb der fast zweitausendjährigen Diaspora. Indem die Shoah mit den vergangenen, überlieferten Traumata in eine Linie gebracht wird, ist ihre überzeitliche Bedeutung in der jüdischen Tradition festgeschrieben. Durch die Aufnahme in den Kanon des Gedenkens läßt sich die Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Shoah für zukünftige Generationen garantieren. Anders als in der westlich- christlichen Tradition, läßt sich für das Judentum keine Trennung zwischen mythischer Vorzeit und historischer Zeit ansetzen. Wenn G’tt nach der Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies, aus dem Garten Eden, in seinem Handeln sichtbar wird, ist dies der Beginn der historischen Zeit. Dieses fundamentale und kaum auflösbare Verhältnis von geschichtlichem und religiösem Selbstverständnis ist grundlegend für das Judentum.

3.1 „Garten der Gerechten unter den Völkern“ in Jerusalem40

Der Garten und der Baum ist auch Ausdruck einer Gedenkarbeit. Seit dem Jahr 1953 zeichnet der Staat Israel Menschen als „Gerechte unter den Völkern“ aus, die zwischen

38 Emil Ludwig Fackenheim, The Commanding Voice of Auschwitz, in: God’s Presence in History, New York 1970, 84.

39 An dem israelischen Gedenktag „Yom hashoah“ gedenken die Menschen der sechs Millionen Ermordeten der Shoah. Das Gedenken beginnt mit dem Sonnenuntergang am 27. Nissan des jüdischen Kalenders und endet am darauffolgenden Abend. Acht Tage später beginnt „Yom haatzma’ut“, der israelische Unabhängigkeitstag.

40 Siehe dazu http://www.yadvashem.org/yv/de/exhibitions/righteous/index.asp

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1933 und 1945 Juden vor der Deportation in Arbeits- und Vernichtungslager bewahrten und dabei ihr eigenes Leben und das ihrer Familien in Gefahr brachten. In Yad Vashem41 wird im „Garten der Gerechten unter den Völkern“ für jede Person eine Plakette angebracht. Für die frühen Geehrten wurde in der „Allee der Gerechten unter den Völkern“ jeweils ein Baum gepflanzt. Die Landschaftsarchitekten Lipa Yahalom und Dan Tsur entwarfen die Pläne für den „Garten der Gerechten“ und schufen damit eine äußerst beeindruckende Stätte. Der Garten integriert sich in die natürliche Umgebung des baumbestandenen Hügels. Er besteht aus einer Reihe von Mauern, die offene Räume herstellen. In die Mauern werden die Namen aller Gerechten nach Herkunftsländern geordnet eingraviert, zu deren Ehren keine Bäume aufgrund Platzmangels gepflanzt werden konnten.

4. Symbole

Jüdische Symbole sind religiös und national konnotiert; national deswegen, weil der jüdische Nationalstaat Israel religiöse Symbole auch als Symbole des Staates übernommen und überschrieben hat. Religiöse Aspekte sind wesentlicher Bestand dieses Staates. Wichtige religiöse Institutionen – die Rabbinate, religiöse Räte, das religiös-staatliche Schulsystem – sind Staatsorgane. U.a. Heirat, Scheidung, Bestattung werden von religiösen Institutionen verwaltet. Der Staat finanziert religiöse Institutionen und Dienste. Auch Staatssymbole sind religiösen Ursprungs; die Nationalflagge, zwei blaue Streifen und der „Schutz Davids“ auf weißem Grund, ist dem blauweißen Gebetsschal entlehnt – und das Staatssymbol, die Menora, bezieht sich auf die Menora des zerstörten Tempel. Für viele Jüdinnen und Juden haben diese Symbole wegen der engen Verbindung von biblischer Geschichte, Geschichte, Nationalität und Religion eine identifikatorische Bedeutung. Bezüglich der ästhetischen Verwendung der jüdischen Symbole empfiehlt es sich dringlich, diese in einem nichtjüdischen Umfeld sehr behutsam und mit Bedacht zu verwenden. Auch die dreidimensionale Nachbildung von Symbolen und/oder von Traditionstexten sollte vermieden werden. In Israel und in der Diaspora dienen diese Symbole als Zeichen der Identifikation mit der komplexen jüdischen Geschichte und religiösen Praxis. An einem jüdischen Ort, d.h. in der Synagoge, in Räumen der Jüdischen Gemeinde, in einem jüdischen Haushalt42, in Israel selbst, oder aber als Ritualgegenstand werden sie als Symbole des

41 „Yad Vashem“ ist die bedeutendste Gedenkstätte, die an die nationalsozialistische Vernichtung der europäischen Juden erinnert und diese wissenschaftlich dokumentiert. Die Gedenkstätte in Jerusalem wurde am 19. August 1953 durch einen Beschluss der Knesset als eine staatliche Behörde gegründet. Yad Vashem wird jährlich von über zwei Millionen Menschen besucht.

42 In einem traditionellen jüdischen Haushalt befindet sich an jedem Türrahmen eine „Mesusa“ („Türpfosten“) (jedoch nicht am Badezimmer bzw. der Toilette, Keller und Abstellräumen). Die Mesusa enthält ein beschriebenes Pergament mit dem wichtigsten Gebet, dem „Schma Jisrael“: „Höre Israel, der

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Judentums angesehen und haben hier ihren Ort. Jüdische Symbole verfremdend in einem nichtreligiösen, nichtjüdischen Kontext zu verwenden sollte von Fall zu Fall überprüft werden. Davon ist die museale Ausstellung von Ritualgegenständen freilich ausgenommen; hier steht die Vermittlung – nicht die Identifikation – von jüdischer Geschichte und Praxis im Vordergrund.

Menora: Der siebenarmige Leuchter steht seit Jahrtausenden als religiöses Symbol des Judentums. Moses erhielt die Beschreibung der Menora auf dem Berg Sinai, so die Tora, mit dem Auftrag, diese herzustellen und während der vierzigjährigen Wanderung mitzuführen (Zweites Buch Moses, 25: 31-39) um sie schließlich im Tempel aufzustellen. Die Menora ist auch offizielles Emblem des Staates Israels. Sie steht für Erleuchtung, Einsicht und das Licht der Lehre. In der Synagoge vergegenwärtigt sie den Tempel in Jerusalem.

Magen David: („Schild Davids“, „Schutz Davids“): Der „Davidstern“, benannt nach König David, ist auf vielen religiösen Kultgegenständen abgebildet und verdeutlicht insbesondere die Verbindung zum Volke Israel; er gilt als Zeichen für das Judentum und ist auf der israelischen Flagge abgebildet; der „Rote Davidstern“, Magen David Adom, bildet das israelische Pendant zur Hilfsorganisation „Rotes Kreuz“. Im Judentum ist das Symbol ab dem 7. Jahrhundert v.d.Z. nachweisbar. Zwei blaue, ineinander geschobene gleichseitige Dreiecke, eines nach oben, das andere nach unten weisend, symbolisiert, so eine kabbalistische Ausdeutung, die Beziehung zwischen Mensch und G’tt: Der Mensch hat sein Leben von G’tt erhalten – der Mensch wird zu G’tt zurückkehren. Die zwölf Ecken des Sterns stellen hingegen die Zwölf Stämme Israels dar. Die sechs Dreiecke stehen für die sechs Schöpfungstage, das große Sechseck in der Mitte steht für den siebten Tag, für den Schabbat. Seit dem 17. Jahrhundert wurde der Magen David als Symbol verwendet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von der zionistischen Bewegung als Zeichen aufgenommen. Die Nationalsozialisten zwängten den Jüdinnen und Juden den „Magen David“ als Stigma, als Zwangszeichen, auf; als „Gelber Stern“, bzw. „Judenstern“, den sich Jüdinnen und Juden im Deutschen Reich seit dem 1. September 1941 selbst kaufen und an ihre Kleidung nähen mussten.

Chai: „Chai“ (hebr. „lebend“) ist ein beliebtes zeitgenössisches jüdisches Symbol. Es wird aus den hebräischen Buchstaben „Chet“ und „Jod“ zusammengesetzt. Da sich das Judentum insbesondere durch seine lebensbejahende Haltung auszeichnet, ist dieses Symbol populär: Es symbolisiert den Wert des Lebens und drückt den Willen aus, dieses Leben zu erhalten und zu schützen. In der jüdischen Numerologie (Zahlenmystik) wird jedem Buchstaben ein Zahlenwert zugeordnet. Auf diese Weise wird „Chai“ bestehend aus „Chet“ (8) und „Jod“ (10) addiert zu 18. Die Zahl 18 ist damit spirituell bedeutsam; es ist der Zahlenwert des Lebens.

Ewige ist unser G’tt, der Ewige ist einzig“. Ihren Ursprung hat die Mesusa in dem Gebot „Schreib diese Worte an die Pfosten deines Hauses.“ (Fünftes Buch Moses 6:9)

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Schlussbemerkung

Es gibt eine „Goldene Regel“ im Judentum, die ein „Midrasch“ überliefert. Als Hillel aufgefordert wurde, die Tora kurz zusammenzufassen, antwortete er: „Was dir nicht lieb ist, das füge auch deinem Nächsten nicht zu.“ Diese Regel ist nicht nur der Grundsatz des Judentums, sie ist auch in der christlichen Tradition bekannt, wir kennen diese ebenso von Konfuzius als auch in philosophischer Ausgestaltung von Immanuel Kant. „Was dir nicht lieb ist“; dieser Satz setzt voraus, dass der Mensch sich selbst lieben, zumindest akzeptieren sollte, dass er das Wohl möchte, auf Versöhnung mit sich, mit seiner Umwelt und mit seiner Natur und der Natur, die uns umgibt, aus ist. Die Versöhnung mit der Natur, die wir selbst sind, heißt, die Entfremdung zumindest wahrzunehmen und wo möglich, aufzuheben. Die vorliegende Studie zum Naturverständnis hat einige wesentliche Grundlagen des Judentums aufgezeigt. Sie soll Orientierung bieten und Anstoß geben, wie ein Jüdischer Garten in den „Gärten der Welt“ realisiert werden kann.

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Weiterführende Literatur und Links

– Die Heilige Schrift. Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift nach dem masoretischen Text übersetzt von Leopold Zunz (1837), Hebräisch-Deutsch in einem Band, Basel 1980.

– Chaim Hillel Ben-Sasson (Hg.), Geschichte des jüdischen Volkes. Von den Anfängen bis in die Gegenwart, München 1992.

– Dan Diner (Hg.), Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur. Gesamtwerk in 7 Bänden inkl. Registerband. Leipzig 2011 – 2015.

– Johann Maier, Judentum von A-Z – Glauben, Geschichte, Kultur, Freiburg i.Br. 2001.

– Micha Brumlik, Was stimmt? Judentum. Die wichtigsten Antworten, Freiburg i.Br. 2007.

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