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Kultur

Spice-Girls-Album, das 2000 er- POP schien. Verkauft wurden im- merhin vier Millionen Exem- Frauentratsch plare – aber die Mädchen wirk- ten lustlos. Offiziell getrennt haben sich bei Beckhams die nie. Es gab we- der öffentliche Zerwürfnisse Die ehemalige Spice-Girls-Sängerin noch Abrechnungen. „Wir ha- ben einfach begonnen uns um zeigt auf ihrem unsere eigene Karriere zu küm- neuen Album viel Gespür für ein- mern“, sagt Emma Bunton und gängige Songs – und verblüfft nimmt einen tiefen Schluck die zuvor oft hämische Fachwelt. Mineralwasser. Die Fachwelt zeigte an den umindest Emma Buntons Mutter hat Solo-Spice-Girls kaum Interes- sich noch nie Sorgen gemacht, dass es se. Manche Journalisten wur- Zfür ihre Tochter keine ordentliche Zu- den sogar gehässig. Sie habe kunft nach dem Popstarleben geben könn- „Krähenfüße und ein Hinterteil te: „Sie sagte immer, wenn ich mal keine wie eine alte Couch“, lästerte Lust mehr auf den Musikjob habe, könne schon 1998 ein Kritiker im Life- ich jederzeit nach Hause kommen und als style-Magazin „Arena“ über Friseuse anfangen“, berichtet Bunton. Emma Bunton. Nach einer Die britische Sängerin, die als niedlichs- mäßig erfolgreichen Soloplatte tes Mitglied der in den neunziger Jahren forderte ihre alte Plattenfirma höchst erfolgreichen Spice Girls den Beina- Probeaufnahmen für weitere

men „Baby Spice“ trug, ist keineswegs dar- PRESS / ACTION REX FEATURES Versuche: „Das Vertrauen war auf angewiesen, anderer Leute Haare zu Sängerin Bunton: Solokarriere als lässiger Zeitvertreib weg, ich packte meine Koffer.“ schneiden. Britische Journalisten schätz- Buntons Ex-Kolleginnen er- ten das Privatvermögen der 28-Jährigen ging es nicht besser. Victoria vor drei Jahren auf über 23 Millionen Euro. Beckhams jüngstes Soloalbum Insofern ist es für Bunton mehr Zeitver- soll so mäßig gewesen sein, dass treib als Broterwerb, dass sie nun ihre Solo- die Plattenfirma es gar nicht erst karriere vorantreibt. Das zweite, in einigen herausbrachte und kurz darauf Wochen erscheinende Bunton-Album „Free Konkurs anmeldete. Mel C Me“ promotet sie in einem gut gefüllten brachte 2003 ein Album auf den Londoner Edel-Pub und scherzt erst mal Markt, das auch keine Begeis- darüber, ob sie überhaupt noch erkannt wer- terung auslöste, und von , de: „Zum Glück passiert mir das noch oft ge- so hört man, könnten dem- nug – alles andere wäre furchtbar alarmie- nächst neue Songs ins Internet rend.“ Ihr Lächeln zeigt sehr schöne weiße gestellt werden. Von Geri Halli- Zähne. Das neue Bunton-Werk ist erstaun- well gibt es seit Jahren keine lich gelungen. Die Single „Maybe“ etwa ist musikalischen Neuheiten. ein schöner, lässiger Mix aus traditionellem Ist also was dran an den Brazil Pop und modernen Klängen. Zu den Gerüchten um eine bevorste- Glanzstücken des Albums gehört auch eine hende Wiedervereinigung der flotte Version des Bossa-Nova-Klassikers Spice Girls? Fest steht, dass es

„Crickets Sing for Anamaria“. PRESS / ACTION BIG PICTURES im vergangenen Jahr ein Tref- Die größte Überraschung ist, dass die Erfolgsband Spice Girls (2000)*: Bald wieder vereint? fen aller Sängerinnen bei Vic- bislang von Musikkritikern eher freundlich toria daheim im „Beckingham belächelte Sängerin, die als Co-Autorin ger Spice“ und Bunton wieder weitgehend Palace“ gab. „Wir haben aber nur gut ge- aller neuen Songs zeichnet, gelobt wird. in Vergessenheit. Nur gessen und über Jungs, Kinder und Blöd- Die britische Tageszeitung „Independent“ alias „Posh Spice“ blieb in den Schlagzei- sinn getratscht“, sagt Emma Bunton. Falls etwa feiert ihr Werk als eines „der stärks- len – aber das nicht aus musikalischen es doch ernst werden sollte, wird Simon ten britischen Pop-Alben der letzten Jah- Gründen, sondern wegen der Eskapaden Fuller wieder mitmischen. Der britische re“. „Dass ich Lieder nicht bloß singen, ihres Ehemanns. Pop-Großunternehmer, als Erfinder der sondern auch schreiben kann, scheint vie- Unter dem Motto „“, das sich TV-Show „“ nebenbei Lizenz- le Kritiker zu verwirren“, sagt Bunton ei- der clevere Manager ausge- geber für „Deutschland sucht den Super- nigermaßen stolz. Denn im Grunde fühlte dacht hatte, veröffentlichten die Spice star“, betreut auch die Solokünstlerin sie sich von der Fachwelt abgeschrieben. Girls Hits wie „“ oder „Holler“ Emma Bunton. Über ihre Vergangenheit als Spice Girl und verkauften über 40 Millionen Alben. „Wir sind alle wieder gut mit ihm be- sei zuletzt viel gehöhnt worden, galt die Ihre Gesichter strahlten von Cornflakes- freundet“, sagt sie. Bunton scheint durch- Band doch als Paradebeispiel dafür, wie Packungen, als Plastikpuppen lagen sie in aus bereit zu sein für eine Spice-Girls- rasant vergänglich Popruhm ist. Gerade jedem gut sortierten Spielzeugregal, und Reunion: „Man soll niemals nie sagen.“ noch hatte man die vom Quintett zum obendrein drehten sie noch einen Gaga- Aber wenn es wirklich so weit komme, Quartett geschrumpfte britische Mädchen- Kinofilm namens „Spiceworld“. Der wur- dann brauche sie bandintern unbedingt band als Sensation gefeiert, da gerieten de ebenso als Flop verbucht wie das letzte einen neuen Namen: „Ich bin zwar noch Mel B alias „Scary Spice“, Mel C alias jung, aber für ,Baby Spice‘ fühle ich mich „Sporty Spice“, alias „Gin- * Victoria Beckham, Mel B, Mel C, Emma Bunton. definitiv zu alt!“ Christoph Dallach

178 der spiegel 39/2004