Bundeskartellamt 8. Beschlussabteilung B 8 - 50500-U-130/01

Beschluss

In dem Verwaltungsverfahren

1. BP p.l.c., London, Großbritannien

2. Deutsche BP AG, Hamburg

Verfahrensbevollmächtigte: Linklaters Oppenhoff & Rädler Hohenstaufenring 62 50674 Köln

3. E.ON AG, Düsseldorf

4. Veba Oel AG, Gelsenkirchen

Verfahrensbevollmächtigte: Freshfields Bruckhaus Deringer Freiligrathstraße 1 40479 Düsseldorf - Beteiligte -

5. Deutsche Shell GmbH, Hamburg

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte CMS Hasche Sigle Eschenlohr Peltzer Schäfer Stadthausbrücke 1-3 20355 Hamburg

6. RWE AG, Essen

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hengeler Mueller Trinkausstrasse 7 40213 Düsseldorf

7. BASF AG Carl-Bosch-Straße 38 67063 Ludwigshafen – Beigeladene –

- 2 - wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 GWB hat die 8. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am 19. Dezember 2001 beschlossen:

I.

Der bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 27. Juli 2001 angemeldete Zusammenschluss wird – soweit er am 6. September 2001 an das Bundeskartellamt verwiesen worden ist – unter den in II. bestimmten Auflagen freigegeben.

II.

Den Beteiligten zu 1. bis 4. wird die Erfüllung der Verpflich- tungen aufgegeben, die sich aus dem Schreiben der Verfahrens- bevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. vom 17. Dezember 2001 ergeben.

III.

Die Gebühr für die Anmeldung wird auf

[...] (in Worten [...] Deutsche Mark, nachrichtlich [...] Euro) festgesetzt und den Beteiligten zu 1. und 3. als Gesamtschuld- nern auferlegt.

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Gründe

A.

I.

Mit Schreiben vom 27.Juli 2001 haben die Beteiligten zu 1. und 3. ein Zusammenschlussvorhaben bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet (Fall COMP/M.2533 BP/EON), wonach die BP p.l.c., London (BP p.l.c.) beabsich- tigt, über ihre deutsche Tochtergesellschaft Deutsche BP AG, Hamburg (BP), im Wege der Kapitalerhöhung 51 % der Aktien der Veba Oel AG, Gelsenkirchen (Veba Oel), einer hundertprozenti- gen Tochtergesellschaft der E.ON AG, Düsseldorf (EON), zu er- werben. Die verbleibenden 49 % des Aktienkapitals sollen wei- terhin von EON gehalten werden. Hierauf wird EON eine Ver- kaufsoption zu einem festgelegten Preis eingeräumt, die jeder- zeit nach dem 31. März 2002 ausgeübt werden kann.

Das der Transaktion zugrunde liegende „Participation Agreement“ sieht den Abschluss eines „Shareholders Agreements“ vor, [...].

Auf Antrag des Bundeskartellamtes vom 20. August 2001 hat die Kommission den Fall hinsichtlich des die Mineralölmärkte betreffenden Teils der Transaktion mit Entscheidung K(2001) 2186 vom 6. September 2001 gemäß Art. 9 der Ratsverordnung Nr. 4064/89 an das Bundeskartellamt verwiesen.

Die gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 GWB für die Vollständigkeit der Anmeldung erforderlichen Angaben nach § 39 Abs. 3 GWB zum be- absichtigten Zusammenschlussvorhaben sind in deutscher Sprache am 14. September 2001 beim Bundeskartellamt eingegangen.

Die Mitteilung nach § 40 Abs.1 Satz 1 GWB über die Einleitung des Hauptprüfverfahrens ist den Beteiligten am 20. September 2001 zugegangen.

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Die Deutsche Shell GmbH, Hamburg, die RWE AG, Essen, und die BASF AG, Ludwigshafen, sind auf ihre Anträge vom 02., 05. bzw. 18. Oktober 2001 am 25. Oktober bzw. 23. November 2001 beige- laden worden.

Mit Schreiben vom 28. November 2001 hat das Bundeskartellamt den Beteiligten mitgeteilt, dass der Zusammenschluss in der angemeldeten Form die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs.1 GWB erfüllt und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Die obersten Landesbehörden Hamburgs und Nordrhein-Westfalens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie haben sich nicht geäußert. BASF hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 vorgetragen, dass das Abmahnschreiben nicht erkennen lasse, inwieweit ihren Be- denken Rechnung getragen werden solle.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 die Übernahme folgender Verpflichtungen, zu Ziffer 2 mit Zustimmung der EON/Aral AG, angeboten:

1. Zur Abwendung einer Untersagung des Zusammenschlussvorha- bens verpflichten sich BP p.l.c. und die Deutsche BP AG (im folgenden zusammen „BP“), Gesellschaftsanteile in Höhe von insgesamt 45 % des Stammkapitals der Bayernoil Raffineriegesellschaft GmbH an einen Dritten zu veräußern.

2. BP verpflichtet sich weiter, BP- und/oder Aral- Straßentankstellen mit einem Absatzvolumen, das insgesamt einem Marktanteil von 4 % entspricht, an Dritte zu veräußern. Bezugsbasis für die Berechnung des Marktan- teils sind einerseits ein Gesamtabsatzvolumen von 52,3 Mio. m³ Otto- und Dieselkraftstoffe an deutschen Straßen- tankstellen im Jahre 2000 abzüglich des Gesamtabsatzes an Autobahntankstellen1 und andererseits der Absatz der zu

1 Die durch die Veräußerung der Straßentankstellen bewirkte Marktanteilsreduzierung wird automatisch dazu führen, dass BP und Aral

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veräußernden Straßentankstellen mit diesen Produkten in demselben Zeitraum. Bei der Auswahl der zu veräußernden Straßentankstellen ist darauf zu achten, dass es nicht zu regionalen Konzentrationen kommt.

3. BP verpflichtet sich schließlich, in drei Jahreszeiträu- men, beginnend jeweils am [....], jeweils 100 kt Jet A1 zu den nachstehenden Konditionen an Dritte zu veräußern. Das Produkt wird nach Wahl des Käufers am RMR- Austrittspunkt Gustavsburg, am RMR-Austrittspunkt Raunheim und/oder am Abnahmepunkt des Systems der Hydranten Betriebsgesellschaft Frankfurt (HBG) am Flughafen Frankfurt am Main zu Verfügung gestellt. Der vom Erwerber zu zahlende Preis [...].

4. Die Verpflichtungen zu 1) und 2) müssen spätestens [...] erfüllt sein, spätestens jedoch [...]. Für die Einhaltung dieser Frist ist der Abschluss entsprechender Veräußerungsverträge maßgeblich. Die Verpflichtungsge- schäfte müssen spätestens [...] erfüllt sein.

5. Unternehmen, die das Bundeskartellamt dem Oligopol zurechnet, sind nicht Dritte im Sinne von Ziffer 2). Unternehmen, die im Inland an mindestens zwei Raffinerien und davon an mindestens einer mehrheitlich beteiligt sind, sind nicht Dritte im Sinne von Ziffern 1) und 3). Die Erwerber im Sinne von Ziffer 1), 2) und 3) bedürfen der Zustimmung der 8. Beschlussabteilung des Bundeskar- tellamtes. Diese wird die Zustimmung nicht ohne Vorliegen eines triftigen Grundes verwehren. Sollte die Zustimmung nicht binnen eines Monats nach Zugang der Mitteilung der Erwerber erteilt worden sein, so ist sie als erteilt anzusehen.

6. BP wird dem Bundeskartellamt über die Erfüllung dieser Verpflichtungen spätestens [...] Bericht erstatten. BP wird auch über diesen Zeitpunkt hinaus berichten, falls die Veräußerungsverträge gemäß Ziffer 3) zum Zeitpunkt des o.g. Berichts noch nicht abgeschlossen sein sollten.

einen entsprechenden Anteil Autobahntankstellen im Rahmen der jährlichen Anpassung abgeben müssen. Der Verkauf von Autobahntankstellen ist als solcher nicht möglich.

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7. Falls es BP aus Umständen, die BP nicht zu vertreten hat, nicht gelingen sollte, sämtliche Verpflichtungen rechtzeitig zu erfüllen, wird sich BP an das Bundeskartellamt wenden, damit dann eine geeignete Lösung gefunden werden kann.

II.

BP p.l.c. ist die Holdinggesellschaft einer weltweit aktiven Unternehmensgruppe, die schwerpunktmäßig in folgenden vier Be- reichen tätig ist: (1) Förderung und Produktion von Rohöl und Erdgas; (2) Betrieb von Raffinerien, Produktion und Vertrieb von Mineralölprodukten („nachgelagerte Mineralölaktivitäten“); (3) Herstellung und Vertrieb von petrochemischen Erzeugnissen und damit zusammenhängenden Produkten und (4) Solarenergie. Ihre nachgelagerten Mineralölaktivitäten werden in Deutschland von der hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Deutsche BP AG betrieben. Im Jahr 2000 erzielte der BP-Konzern weltweit Umsatzerlöse in Höhe von [...], davon entfielen [...] auf die Europäische Union und [...] auf Deutschland.

EON, im Jahre 2000 aus der Fusion zwischen Veba und Viag her- vorgegangen, ist die Obergesellschaft eines Konzerns, dessen Hauptaktivitäten in der Produktion und dem Vertrieb von Strom, Gas, Wasser, chemischen Produkten und Mineralölerzeugnissen sowie Dienstleistungen im Bereich Telekommunikation und Immo- bilien liegen. Im Jahr 2000 erzielte der EON-Konzern weltweit Umsatzerlöse in Höhe von [...]. Davon entfielen [...] auf die Europäische Union und [...] auf Deutschland.

Das Mineralöl- und Petrochemiegeschäft führt EON fast aus- schließlich über ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft Veba Oel AG, eine Holdinggesellschaft mit drei Geschäftsberei- chen, die jeweils unter eigenständigen Führungsgesellschaften zusammengefasst sind: (1) Förderung und Produktion von Rohöl und Erdgas (Veba Oel & Gas GmbH), (2) Raffineriebetrieb und

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Petrochemie (Veba Oil Refining & Petrochemicals GmbH) sowie (3) Vertrieb von Mineralölprodukten (Aral AG & Co KG). Im Jahre 2000 erzielte die Veba Oel weltweite Umsatzerlöse in Höhe von [...]. Davon entfielen [...] auf die Europäische Union und [...] auf Deutschland.

III.

Im Jahre 2000 standen im Inland etwa 140 Mio. t Mineralöler- zeugnisse zur Verfügung, von denen etwa 20 Mio. t exportiert worden sind. Etwa 98 Mio. t (70 %) sind in inländischen Raffi- nerien erzeugt, 42 Mio. t (30 %) importiert worden.

Die Inlandserzeugung entfällt auf insgesamt 14 Rohöl verarbei- tende Raffinerien mit einer Verarbeitungskapazität von 111,5 Mio. t Rohöl. EON hat eigene Raffinerien in Gelsenkirchen und Lingen und ist an den Raffinerien in Karlsruhe, Ingol- stadt/Vohburg und Schwedt beteiligt. EON verfügt zur Zeit - bei anteiliger Zurechnung der Kapazitäten der Gemeinschafts- raffinerien, an denen EON beteiligt ist - über eine Inlandska- pazität von [...]% der Gesamtkapazität. BP hat eine Beteiligung von 55 % an der Raffinerie in Ingolstadt/Vohburg. Daraus ist ihr eine Verarbeitungskapazität von [...] zuzurechnen. DEA betreibt eigene Raffinerien in Heide und Wesseling und ist darüber hinaus zu 32,25 % an der Raffinerie in Karlsruhe (weitere Gesellschafter sind ExxonMobil, EON und Conoco) und zu 37,50 % an der in Schwedt (weitere Gesellschafter sind EON, Agip und TFE) beteiligt. Rechnet man DEA ihrer Beteiligungsquote entsprechende Kapazitätsanteile zu, erreicht DEA Zugriff auf eine inländische Rohölverarbei- tungskapazität von 19,45 Mio. t. Das entspricht einem Anteil von 17,4 % der inländischen Gesamtkapazität. Shell verfügt über zwei eigene Inlandsraffinerien in Hamburg und Köln mit einer Kapazität von zusammen 14,1 Mio. t. Das sind 12,6 % der Inlandsgesamtkapazität. Im Einzelnen ergibt sich hinsichtlich der inländischen Raffineriestruktur folgendes Bild:

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Unternehmen Raffinerien Gesamtkapazität Eigene Beteiligungen Mio. t % EON Gelsenkirchen, Lingen Schwedt, Karlsruhe, Ingol- 26,6 23,9 stadt/Vohburg BP Ingolstadt/Vohburg 6,6 5,9 BP/EON 33,2 29,8 DEA Heide, Wesseling Schwedt, Karlsruhe 19,5 17,4 Shell Hamburg, Köln 14,1 12,6 Shell/DEA 33,6 30,0 TFE Leuna Schwedt 12,0 10,8 Dreyfus Wilhelmshaven 10,3 9,2 ExxonMobil Ingolstadt Karlsruhe 8,5 7,6 Holborn (Tamoil) Hamburg 4,7 4,2 Agip Ingolstadt/Vohburg, 3,3 2,9 Schwedt OMV Burghausen 3,4 3,1 Conoco Karlsruhe 2,6 2,4 Gesamtkapazität 111,6 100,0 Tabelle 1

Bei der Rohöldestillation wird naturgemäß eine große Produkt- palette - von Flüssiggas über Leicht- und Mitteldestillate bis hin zu Bitumen in einer Kuppelproduktion erzeugt. Das Mengen- verhältnis der Produkte zu einander ist - in Grenzen - in Ab- hängigkeit vom eingesetzten Rohöl und von der Raffinerieaus- rüstung hinsichtlich Konversions- und Crackeinrichtungen vari- abel. Daher erzeugt nicht jede Raffinerie das gesamte Produkt- spektrum. So werden zum Beispiel in den Raffinerien PCK Schwedt, Bayernoil (Ingolstadt/Vohburg) und Emsland (Lingen) keine Grundöle für Schmierstoffe hergestellt; in der Raffine- rie Burghausen wird kein Ottokraftstoff hergestellt, sondern Benzinfraktionen zu petrochemischen Grundstoffen, wie Ethylen und Propylen, verarbeitet.

Die Rohölversorgung auch der binnenländischen Raffinerien er- folgt über Pipelines. Fertigware wird zumeist in Raffinerie- Großlagern zwischengelagert und von dort aus vertrieben, in Einzelfällen durch Produkten-Pipelines in Großlager in der Nähe von Verbrauchs- und/oder Logistikzentren gepumpt, z.B. von Schwedt nach Seefeld in der Nähe Berlins, von Burghausen nach Feldkirchen bei München, von Gelsenkirchen nach Duisburg oder von Leuna nach Hartmannsdorf.

Die Importe entfielen zu 70 % auf Einfuhren aus dem ARA-Raum (Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen). Dieses Gebiet ist mit einem

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Pipelinesystem (RRP und RMR) für Fertigprodukte mit dem Rhein- Main-Gebiet (Köln-Frankfurt-Ludwigshafen) verbunden. Dessen Kapazität von rund 12 Mio. t/a wird in aller Regel voll in An- spruch genommen, zu etwa 80 % zu Import- und zu 20 % zu inlän- dischen Transportzwecken. An der RMR-Pipeline sind BP mit [...]%, EON mit [...]%, Shell mit [...]%, DEA mit [...]% sowie ExxonMobil mit [...] % beteiligt. Das RRP-System steht ausschließlich der RMR aufgrund eines langfristigen Pachtvertrages zur Verfügung. Darüber hinaus werden Importe aus dem ARA-Raum mit Tankschiffen über den Rhein abgewickelt.

Einen Überblick über die Inlandsversorgung mit Mineralöler- zeugnissen gibt die nachstehende Tabelle (gerundete Werte):

Inlands- BP/ Shell/ Exxon/ Importe Exporte TFE Ablieferungen EON DEA Mobil Mio. t Mio. t Mio. t % % % % Naphta 16,1 7,7 1,0 Ottokraftstoff 28,8 7,9 3,3 Jet A1 7,1 3,1 0,3 Diesel 28,9 5,7 4,1 leichtes Heizöl 27,9 10,0 1,1 schweres Heizöl 6,2 1,3 4,3 Bitumen 3,2 0,4 0,7 Tabelle 2

Die Mengenangaben sind die von der BAFA veröffentlichten Zah- len, welche die Lieferungen an Unternehmen des Erhebungskrei- ses ausklammern. Die den Unternehmen zugeordneten Anteilszah- len sind errechnet aus ihren Produktions- und Importangaben in dem anhängigen Verfahren, schließen also auch Lieferungen an Unternehmen des Erhebungskreises ein. Das bedeutet, dass etwa Zukäufe einer der genannten Gesellschaften bei einer Inlands- raffinerie bei der liefernden Raffinerie erfasst sind. Das gilt auch da, wo eine der genannten Gesellschaften als Verkäu- fer aufgetreten ist. Aus diesem Grunde sind diese Daten nicht mit Marktanteilen gleichzusetzen. Gleichwohl geben sie nach Auffassung der Beschlussabteilung einen durchaus aussagefähi- gen Überblick über die Anteile, die die genannten Gesellschaf- ten an der Inlandsversorgung mit den jeweiligen Mineralölpro- dukten haben.

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Der bundesweite Absatz der Produkte erfolgt über ein regional gestreutes System von Tanklagern. Diese Lager sind ganz über- wiegend mit Binnenschiffen erreichbar; in fast allen Fällen, wo dies nicht möglich ist, gibt es einen Schienenanschluss, lediglich in Ausnahmefällen sind die Lager nur mit Straßen- tankfahrzeugen erreichbar. Neben den Raffineriegesellschaften gibt es eine größere Zahl selbständiger gewerblicher Lager- betreiber mit zum Teil bedeutender Marktgeltung.

Mit den unterschiedlichen Transportmitteln sind erheblich unterschiedliche Transportkosten je Tonnenkilometer verbunden. Die Transportkosten mit Pipelines sind niedriger als die mit Binnenschiffen, diese wiederum niedriger als die mit Kesselwa- gen der Bahn und diese wiederum niedriger als mit Straßentank- wagen. Aus dieser Kostenhierarchie ergibt sich zudem ein ge- wisser Standortvorteil für Inlandsraffinerien, da die Logis- tikkosten in der Mineralölindustrie eine erhebliche Bedeutung im Kostenmanagement haben. Das billigere Transportmittel be- dingt in der Regel aber auch größere Transportmengen und kann einen zusätzlichen Umschlag erfordern.

B.

I.

Das Vorhaben erfüllt in der angemeldeten Form die Untersa- gungsvoraussetzungen des § 36 Abs.1 GWB, weil es auf dem in- ländischen Tankstellenmarkt sowie Inlandsmärkten für Flugtur- binentreibstoff (Jet A1) die Begründung einer marktbeherr- schenden Stellung erwarten lässt. Unter den von den beteilig- ten Unternehmen vorgeschlagenen Auflagen ist es freizugeben.

1. Die in dem „Participation Agreement“ enthaltene Vereinba- rung, wonach BP 51 % des Aktienkapitals von Veba Oel durch Kaptitalerhöhung erwerben wird, erfüllt den Zusammen- schlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GWB. Durch die EON vorbehaltenen Vetorechte können nach Vollzug des Zusammenschlusses beide Unternehmen einen bestimmenden Einfluss auf Veba Oel ausüben. BP und EON werden demnach die gemeinsame Kontrolle über Veba Oel ausüben.

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2. Die Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkun- gen ergibt sich aus der Verweisungsentscheidung der Euro- päischen Kommission (Art. 9 Abs. 3 lit. b FKVO).

II.

1. Kraftstoffe für Kfz–Motoren sind überwiegend Diesel– und Ottokraftstoffe. Wasserstoff und Autogas sowie andere An- triebsenergien haben in Deutschland nur eine geringfügige Bedeutung.

Im Inland wurden im Jahre 2000 insgesamt je rund 29 Mio. t Otto- und Dieselkraftstoffe abgesetzt. Die inlän- dische Bruttoproduktion an Ottokraftstoffen aus 13 Raffi- nerien betrug ca. 25,6 Mio. t. Importe erreichten einen Umfang von ca. 7,9 Mio. t. Exportiert wurden im gleichen Zeitraum ca. 3,3 Mio. t.2 Der effektive Importbedarf lag im Jahr 2000 etwas unter 20 %.

Die inländische Dieselkraftstoffproduktion verteilt sich auf 14 Raffinerien. Deren Bruttoproduktionsmenge belief sich im Jahr 2000 auf ca. 25,9 Mio. t. Importe erfolgten in der Größenordnung von etwa 5,7 Mio. t. Exportiert wur- den im gleichen Zeitraum ca. 4,1 Mio. t. Der Nettoimport- bedarf lag im Jahr 2000 bei rd. 6 %.

Alle Ottokraftstoff produzierenden Raffinerien stellen auch Dieselkraftstoff her. Zusätzlich wird Dieselkraft- stoff in der zur österreichischen OMV gehörenden Raffine- rie Burghausen produziert.

Der Import von Diesel– und Ottokraftstoffen erfolgt über- wiegend auf dem Wasserweg und über die RMR-Pipeline.

Im Jahr 2000 wurden ca. [...] Ottokraftstoffe ([...] al- ler Importe) durch die RMR transportiert, in den Jahren

2 BAFA, Amtliche Mineralöldaten für Deutschland, Dezember 2000.

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zuvor lagen die Mengen zwischen ca. [...] und ca. [...]. Kleinere Mengen Ottokraftstoff (ca. [...]) wurden für zi- vile Nutzer durch die zum NATO-System gehörige Pipeline CEPS transportiert.

Der RMR-Durchsatz für Dieselkraftstoffe in den letzten 3 Jahren belief sich auf eine Menge zwischen [...] und [...] ([...] der Gesamteinfuhren). Das NATO–System CEPS spielt hier keine Rolle. Die zivilen Durchleitungen lagen in dieser Zeit nur zwischen 2000 und 3000 t.

Die Anteile der großen Anbieter an den Inlandslieferungen von Otto- und Dieselkraftstoffen sind oben in der Ta- belle 2 (Seite 9) dargestellt.

2. Erzeuger und Importeure vertreiben Kraftstoffe an Groß- verbraucher, Weiterverkäufer und über ein eigenes Tank- stellennetz unmittelbar an Endverbraucher. Das Groß- verbrauchergeschäft umfasst vor allem den Verkauf von Dieselkraftstoff an größere gewerbliche Verbraucher wie beispielsweise Busunternehmen oder Speditionen.

Ein Großteil des Dieselkraftstoff- und nahezu der gesamte Inlandsabsatz von Ottokraftstoff wird über Tankstellen abgewickelt. Es gibt in Deutschland nach Angaben der Be- teiligten derzeit ca. 16.300 öffentliche Tankstellen, an denen Otto- und Dieselkraftstoffe verkauft werden.3 Diese Größenordnung wird auch vom Erdölinformationsdienst ge- nannt.4

BP betreibt etwa 960, EON (über Aral) ca. 2400 Stationen. Darüber hinaus sind weitere große, vertikal integrierte

3 BP/ EON, deutsche Übersetzung der Form CO, Trennblatt A, Bl. 42 4 EID Nr. 6/01. Erhebungen der Beschlussabteilung über die Eichdirektionen der Bundesländer haben zwar zu einer höheren Zahl von Tankstellen insgesamt in Deutschland geführt. Diese höhere Zahl enthält jedoch neben den öffentlichen Tankstellen noch die Betriebstankstellen, außerdem erstreckt sich der Erhebungszeitraum der Eichdirektionen über einen Zeitraum von 2 Jahren (Zeitspanne zwischen zwei Eichzeitpunkten), so dass bei generell sinkenden Tankstellenzahlen die von den Zusammenschlussbeteiligten genannte Zahl von rd. 16.300 öffentlichen Tankstellen als realistisch erscheint.

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Mineralölunternehmen im deutschen Tankstellengeschäft wie Shell, DEA, TotalFinaElf (TFE), Esso und Conoco/Jet tä- tig. Hinzu kommen kleinere Wettbewerber mit Zugang zu Raffinerien (auch im Ausland), wie das österreichische Unternehmen OMV mit Zugang zu Raffinerien in Schwechat (Österreich) und Burghausen; Agip, eine Tochtergesell- schaft des italienischen Eni-Konzerns mit Beteiligungen an den Raffinerien in Ingolstadt/Vohburg und Schwedt; Tamoil, eine Tochtergesellschaft von Oilinvest, der Ei- gentümerin der Holborn Raffinerie in Hamburg; und Q8, eine kuwaitische Gesellschaft mit einer Raffinerie in den Niederlanden. Über weitere Tankstellennetze, aber ohne unmittelbaren Raffineriezugang, verfügen eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Mineralölunternehmen und Tank- stellenbetreiber wie Avia, Westfalen, Score, Baywa, El- ler-Montan u.a. Sie sind als Unternehmen zumeist im Bun- desverband mittelständischer Mineralölunternehmen (UNITI) organisiert. Hinzu kommen noch Supermarkttankstellen so- wie konzernunabhängige (Einzel-) Tankstellenbetreiber. Letztere werden überwiegend vom Bundesverband freier Tankstellen (bft) vertreten. 3. Die Beteiligten schätzen die Anteile im Tankstellenge- schäft wie folgt: Marke Anteil % Aral BP BP/Aral DEA Shell Shell/DEA Esso TFE Conoco/Jet Agip Tamoil Supermärkte Tabelle 3

Diese Angaben entsprechen im Wesentlichen den Feststel- lungen, die die Beschlussabteilung bei ihren Ermittlungen getroffen hat.

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4. Das angemeldete Zusammenschlussvorhaben erfüllt in der angemeldeten Form im Tankstellengeschäft die Untersa- gungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB, da es die Bil- dung eines marktbeherrschenden Oligopols erwarten lässt.

a. In Übereinstimmung mit den Anmeldern geht die Beschlussabteilung von einem Markt für den Vertrieb von Kraftstoffen (Ottokraftstoff und Diesel) über Tankstellen aus. Diese Abgrenzung entspricht auch den Entscheidungen der EU-Kommission in den Fällen Nr. IV/M.727 – BP/Mobil; Fall Nr. IV/M. 1013 – Shell UK/Gulf Oil; Fall Nr. IV/M. 1383 – Exxon/Mobil und Fall Nr. IV/M. 727 – BP/Mobil. Das Angebot von Motorenkraftstoffen an Tankstellen erstreckt sich immer auf Otto- und Dieselkraftstoffe. Die Wettbe- werbsverhältnisse im Tankstellengeschäft sind bei Otto- und Dieselkraftstoffen gleich. Das rechtfertigt, bei der Bewertung der Wettbewerbsverhältnisse im Tankstellenge- schäft alle Kraftstoffarten zusammen zu betrachten.

b. In räumlicher Hinsicht haben die Zusammenschlussbeteiligten geltend gemacht, dass regio- nale Preisdifferenzen nur über kurze Zeiträume bestünden, da über eine kontinuierliche Substitutionskette benach- barter Tankstellen sich regional unterschiedliche Preise in Deutschland in kurzer Zeit einander anglichen. Diese Preisinterdependenz innerhalb des gesamten inländischen Tankstellennetzes ergebe sich nicht nur aus der Engma- schigkeit des Netzes, sondern auch daraus, dass die Auto- fahrer ihren Kraftstoffbedarf jedenfalls bei längeren Strecken auf dem Weg zur täglichen Arbeit oder bei über- regionalen Urlaubsfahrten in größeren Gebieten deckten. Der Markt sei daher bundesweit abzugrenzen.

Die Beschlussabteilung teilt nicht die Auffassung, dass es aus diesen Gründen keine eigenständigen regionalen und/oder örtlichen Tankstellenmärkte gebe. Die Beschaf- fungsalternativen eines Autofahrers bestimmen sich nach den konkreten Alternativen, die sich ihm in dem Zeit- punkt, zu dem ein leerer Tank Bedarf auslöst, bieten und

- 15 - die er kennt. Das erklärt auch die Tatsache, dass Auto- fahrer überwiegend in der Nähe ihrer Wohnung oder auf dem Weg zu Arbeitsstätte tanken.

Es kann im Ergebnis letztlich aber dahinstehen, ob und wie regionale Märkte abzugrenzen sind. Alle großen Anbie- ter sind Betreiber von bundesweiten Tankstellennetzen, ihre Marktstrategie zielt nicht nur auf örtliche und re- gionale Märkte, sondern auch und vor allem auf ihr Tank- stellennetz insgesamt. Die Logistik, das Tankstellenkon- zept, das Erscheinungsbild und die Marke sind auf das Ge- samtnetz bezogen. Investitionsentscheidungen im Tankstel- lengeschäft sind immer auch aus der Sicht des Gesamtnet- zes zu treffen. Daher ist für die wettbewerbliche Beur- teilung dieses Zusammenschlusses vor allem auch der bun- desweite Tankstellenmarkt relevant. Die Beschlussabtei- lung hält es daher für sachgerecht, hier auf den inländi- schen Tankstellenmarkt insgesamt abzustellen. Im Übrigen ließe eine Betrachtung der regionalen und/oder örtlichen Wettbewerbsverhältnisse wegen der weitgehenden Überein- stimmung der regionalen Anbieterstruktur auch keinen an- deren Befund erwarten.

c. Am inländischen Kraftstoffabsatz über Tankstel- len erreichen BP und EON durch den Zusammenschluss einen gemeinsamen Anteil von [...], Shell/DEA einen gemeinsamen Anteil von [...], Esso hält [...]. Die Zusammenschlüsse lassen die Entstehung eines Konzentrationsgrades der drei führenden Anbieter von 61 % erwarten. Selbst wenn man den angemeldeten Zusammenschluss von Shell und DEA entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten dieses Marktes aus der Betrachtung ausklammern würde, erreichten die dann füh- renden Anbieter BP/EON , Shell und DEA einen Konzentrati- onsgrad von [mehr als 50 %].

Die Beschlussabteilung hält es nicht für gerechtfertigt, die zusätzlichen Konzentrationstendenzen dieses Marktes, die durch die Anmeldung eines weiteren konkreten Zusam- menschlussvorhabens von Shell und DEA nachdrücklich

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bestätigt werden, aus ihrer Bewertung auszublenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind der Prog- noseentscheidung, die bei der Marktbeherrschungsprüfung nach § 36 Abs. 1 GWB anzustellen ist, weitere zu erwar- tende Verschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen zu berücksichtigen, die durch den zu prüfenden Zusammen- schluss geschaffen werden. Die auf dem Tankstellenmarkt bestehenden Konzentrationstendenzen werden durch die be- reits Ende letzten Jahres in der Fachpresse5 diskutierte Suche nach Partnern belegt: In der Diskussion waren be- reits mögliche Zusammenschlüsse von BP und DEA, von OMV und Aral sowie – zu Beginn dieses Jahres – Shell und DEA.

Dass sowohl der Zusammenschluss von BP und EON als auch der von Shell mit DEA solche Konzentrationstendenzen in- tensiviert, ist nach Auffassung der Beschlussabteilung of- fensichtlich. Deswegen kann bei der Prüfung der Frage nach den wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen des Vorhabens von BP und EON das ebenfalls angemeldete Fusionsvorhaben Shell/DEA (B 8 – 120/01) hier nicht ausgeblendet werden.

Der auf dem Tankstellenmarkt durch den Zusammenschluss herbeigeführte Konzentrationsgrad erfüllt die Vorausset- zungen des Oligopoltatbestandes des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB, nach der eine Gruppe von drei oder weniger Un- ternehmen als marktbeherrschend gilt, wenn ihre gemeinsa- men Marktanteile 50 % erreichen. Dieser Tatbestand wird übrigens nicht erst durch das Hinzutreten eines weiteren Zusammenschlusses erfüllt.

Die Beteiligten haben den ihnen danach obliegenden Nach- weis, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen den führen- den Unternehmen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die führenden Unternehmen in ihrer Gesamtheit gegen- über den übrigen Wettbewerbern keine überragende Markt- stellung innehaben, nicht erbracht.

Die Beteiligten haben hierzu im Wesentlichen vorgetragen:

5 U.a. EID: Nr. 39/00, 50/00 und 02/01.

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Die führenden Unternehmen stünden in wesentlichem Wettbe- werb, es herrsche Preiswettbewerb, Qualitätswettbewerb, Ausstattungs- und Servicewettbewerb und vieles mehr, um Kunden zum Besuch der eigenen Tankstellen zu gewinnen. Auch sei angesichts der Marktsituation koordiniertes Ver- halten der großen Anbieter nicht durchzuhalten.

In diesem Wettbewerb müssten auch die führenden Anbieter auf Preisvorstöße von Niedrigpreisanbietern reagieren. Diese Wettbewerbsimpulse gingen insbesondere von den Su- permarkttankstellen und anderen unabhängigen Wettbewerbern aus. Die Marktwirklichkeit sei dadurch bestimmt, dass die Preise der Markenanbieter sich an denjenigen der Super- märkte und anderen Niedrigpreisanbietern orientieren, nicht umgekehrt. Hinzu komme, dass das Segment der Super- markttankstellen mittlerweile auf 820 Tankstellen mit ei- nem hohen Kraftstoffdurchsatz gewachsen sei.

Bei einer Fusion von BP und EON sei im Übrigen auch davon auszugehen, dass insbesondere die großen Wettbewerber Wettbewerbsvorstöße unternehmen würden, um den Marktan- teilsvorsprung zu verkleinern, den BP und EON mit dem Zu- sammenschluss erreichen.

d. Mit diesem Vortrag ist nach Auffassung der Be- schlussabteilung der nach § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB zu for- dernde Nachweis nicht erbracht.

Generell ist darauf hinzuweisen, dass das von den Betei- ligten beschriebene bisherige Verhalten der Marktteilneh- mer auf die Marktgegebenheiten vor dem Zusammenschluss bezogen ist. Bei den erheblichen durch den Zusammen- schluss bewirkten und in seiner Folge weiterhin zu erwar- tenden Verschlechterungen der Marktstruktur, kann das bisherige Wettbewerbsverhalten kaum auf die künftigen Marktstrukturen übertragen werden.

Die Beschlussabteilung geht nicht davon aus, dass Wettbe-

- 18 - werber durch den hier zu beurteilenden Zusammenschluss von BP und EON zu besonderen wettbewerblichen Anstrengun- gen zur Kompensation der Vorsprünge, welche die Beteilig- ten mit dem Zusammenschluss erreichen, ermuntert würden. Viel näher liegt die Erwartung, dass in Reaktion auf die- sen Zusammenschluss andere Großanbieter nach Wegen für eigene Zusammenschlüsse, kleinere Anbieter nach Wegen zum Marktaustritt suchen werden.

Die Marktbedingungen lassen auch nicht erwarten, dass die führenden Anbieter nach dem Zusammenschluss in wesentli- chen Wettbewerb zueinander treten werden. Ihre weitgehend übereinstimmenden unternehmensbezogenen Strukturmerkmale, die Produkthomogenität, die Markttransparenz, die geringe Preiselastizität und die Stagnation der Gesamtnachfrage nach Kraftstoffen lassen preisliche Vorstöße nicht erwar- ten, da sie leicht erkennbar und aufgrund ähnlicher Ver- geltungspotenziale der anderen Oligopolmitglieder wenig erfolgversprechend sind. In einer solchen Situation stellt sich in der Regel mittelfristig jedenfalls inso- weit Wettbewerbslosigkeit ein.

Kraftstoffe sind homogene weitgehend identische Normpro- dukte. Möglichkeiten zur Differenzierung über den Wettbe- werbsparameter Qualität entfallen damit, und somit auch ein wichtiges Potenzial für Wettbewerb. Markenpräferenzen mögen gegenüber markenlosen Anbietern bestehen. Die Mar- ken der führenden Anbieter zu einander lassen keine nen- nenswerten Unterschiede erkennen. Diese Gegebenheiten schließen die Erwartung von Preiswettbewerb zwischen den führenden Anbietern aus. Der entscheidende Kaufparameter ist demgegenüber der Preis. Er ist der zentrale Informa- tionsparameter in den Informationsquellen für Endnachfra- ger von Treibstoffen (z. B. Internet, ADAC). Dem stehen auch die Bonussysteme, die jetzt von ExxonMobil und Aral eingeführt werden nicht entgegen. Abgesehen von dem ge- ringen Preiseffekt, der damit verbunden ist, belegt die Reaktion unter den führenden Anbietern – wie schon bei der Einführung der DEA-Payback-Karte- eher die Reaktions-

- 19 - verbundenheit als den Preiswettbewerb zwischen den großen Gesellschaften. Bundesweit tätige Tankstellennetze können dieses System nämlich erfolgreicher einsetzen als nur re- gional tätige Netze oder Einzeltankstellen, da ein Auto- fahrer, der regelmäßig weiträumig unterwegs ist und un- terschiedliche Tankstellen anfährt, wohl nur von einem Bonussystem angesprochen werden dürfte, das ihn überall, wo er tankt, bonifiziert. Das können markenfreie und/oder nur regional tätige Tankenstellenbetriebe naturgemäß nicht leisten. Auf Bonussysteme können markenfreie Tank- stellen und/oder nur regional tätige Tankstellennetze da- her nur schwer reagieren.

Der Zusammenschluss führt zu einer Vereinheitlichung der Unternehmensstruktur zweier der wichtigsten und größten Wettbewerber auf dem relevanten Markt. Das bislang natio- nal und weitgehend auf das Downstream-Geschäft fokus- sierte EON-Unternehmen Veba Oel/Aral wird in einen inter- national operierenden, auf allen Stufen der Mineralöl- wirtschaft tätigen Konzern integriert. Es erhält damit dieselben Strukturen, wie sie die BP bereits zuvor hatte und wie sie ebenfalls die übrigen A-Gesellschaften Shell, TFE und ExxonMobil aufweisen. Das Gleiche gilt für die bislang in ähnlicher Weise wie die Veba Oel strukturierte DEA, wenn ihr Zusammenschluss mit Shell vollzogen wird.

Durch den Zusammenschluss wird BP mittelbar Mitgesell- schafter in den Gemeinschaftsraffinerien in Schwedt (zu- sammen mit DEA, TFE, Conoco und Agip) und Karlsruhe (zu- sammen mit DEA und ExxonMobil). Darüber hinaus würden BP/EON und Shell/DEA an dem für den Import von Kraftstof- fen wichtigsten Transportsystem, der Produkt-Pipeline RMR, die den ARA-Raum mit den Ballungsräumen entlang der Rhein-Schiene verbindet, zusammen [...] % der Anteile halten. Die Beschlussabteilung zieht nicht in Zweifel, dass der angestrebte Zweck der Gemeinschaftseinrichtungen „burden sharing“ ist. Aber selbst wenn das so ist, sind damit Rückwirkungen auf das Wettbewerbsverhalten der An- teilseigner zueinander nicht ausgeschlossen. Die mit der

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Lastenteilung gewinnbaren Synergien verschaffen den daran Beteiligten Vorteile gegenüber Außenstehenden. Diese ha- ben – wie insbesondere das Beispiel der RMR-Pipeline zeigt – häufig überhaupt keine Möglichkeit, zu ähnlich effizienten technischen Lösungen zu kommen. Aber auch das Interesse an der optimalen Nutzung gemeinsamer Infra- struktureinrichtungen und die daraus erwachsende Koordi- nierung dieser Nutzung verringert ebenso den Anreiz zu wettbewerblichem Verhalten wie die bei gemeinsamer Nut- zung zwangsläufig anfallenden Informationen über die Pro- duktions- und Beschaffungsbedingungen des jeweils anderen Unternehmens.

Ebenso fördert die Praxis der Tauschmengen ein Parallel- verhalten der Unternehmen und steht wettbewerblichem Ver- halten entgegen. Wie die Ermittlungen der Beschlussabtei- lung ergeben haben, führen die Oligopolmitglieder in er- heblichem Umfang Tauschvereinbarungen zwischen verschie- denen Standorten durch, und zwar nur bei Wechselseitig- keit und nur unter den großen Gesellschaften. Auch daraus erwachsen den daran Beteiligten Wettbewerbsvorteile, die außenstehenden Wettbewerbern nicht offen stehen.6

Die EU-Kommission hat den deutschen Tankstellenmarkt in ihrer ExxonMobil Entscheidung7 ebenso wie die Beschlussab- teilung bewertet. Die Ergebnisse sind – entgegen der Auf- fassung der Anmelder - durchaus auf den vorliegenden Fall übertragbar. So hatte die Kommission seinerzeit festge- stellt:

Exxon, ARAL und BP/Mobil wären bei Umsetzung des ur- sprünglich angemeldeten Vorhabens aufgrund enger Verbin- dungen zwischen ihnen (insbesondere das BP/Mobil-JV und die Mobil-Beteiligung an ARAL) in gewisser Weise als Ein- heit zu betrachten gewesen, für die – jedenfalls auf dem

6 In ihrer Erwiderung vom 07. Dezember 2001 haben die Beteiligten darauf hingewiesen, dass u.a. Täusche im Jahr 2000 mit [...] stattgefunden haben sollen. Die Beschlussabteilung hatte hierzu Fragebögen an die Beteiligten verschickt; die o.g. Angaben der BP widersprechen den Antworten in diesen Fragebögen. 7 Fall Nr. IV/M. 1383 Exxon/Mobil Randziffer 608ff.

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Tankstellen-Markt – wesentliche Anreize bestanden hätten, sich keinen Wettbewerb zu liefern.

Es sei unwahrscheinlich, dass Shell oder DEA ihrerseits Wettbewerbsvorstöße unternähmen, vielmehr sei davon aus- zugehen, dass sie es vorziehen würden, bei stabilen Marktanteilen von höheren Margen zu profitieren. Hintergrund: Insgesamt sei der deutsche Markt gekennzeichnet durch das Fehlen eines wirklichen Wettbewerbers zu den A-Gesellschaften und durch die Führungsrolle der A-Gesellschaften bei der Preissetzung (regelmäßig Nachvollzug durch die anderen Marktteilnehmer).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass nach dem Zusammen- schluss andere auf dem Tankstellenmarkt tätige Unterneh- men die Verhaltensspielräume des Oligopols wirksam be- grenzen können.

Das Wettbewerbspotenzial der folgenden Wettbewerber TotalFinaElf, Esso und Conoco reicht schon in Anbetracht des hohen Marktanteils des Oligopols und ihres hohen Marktanteilsabstands nicht aus, um die Verhaltensspiel- räume des Oligopols einzuschränken. Dies gilt um so mehr, als aufgrund der zersplitterten Wettbewerbsstruktur außerhalb des Oligopols für die Mitglieder des Oligopols ein Parallelverhalten wesentlich größere Vorteile ver- spricht als preisliche Vorstöße, die aufgrund ähnlicher Vergeltungspotenziale dauerhaft für alle drei Unternehmen wenig erfolgversprechend sind. Insofern ist auch aus die- sem Grunde künftig von weitgehender Wettbewerbslosigkeit zwischen den drei Marktführern auszugehen.

Die überragende Stellung der führenden Anbieter im Tank- stellengeschäft wird auch nicht durch die in Verbindung mit großflächigen Einzelhandelsunternehmen betriebenen sogenannten Supermarkttankstellen in Frage gestellt. Diese werden in den Unterlagen der Zusammenschlussbetei-

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ligten8 als wettbewerbsstarke Niedrigpreisanbieter ausgewiesen, die aufgrund ihrer anderen Interessenlage Tankstellen als Lockvogel zur Erhöhung der Kundenfrequenz für den großflächigen Einzelhandel betrieben. Die Wettbe- werbsbedeutung dieser Vertriebsform wird nach den Fest- stellungen der Beschlussabteilung von den Beteiligten je- doch erheblich überzeichnet. Das beginnt mit der allge- mein genannten Zahl solcher Tankstellen von 820. Erhebun- gen der Beschlussabteilung und ihr vorliegende Studien lassen jedoch allenfalls eine Zahl von rd. 600 bis 640 solcher Tankstellen in Deutschland als realistisch er- scheinen.9 Darüber hinaus haben alle befragten Großver- kaufsflächen betreibende Einzelhandelsunternehmen nur eine geringe Zahl an Tankstellen genannt, die von ihnen selbst betrieben werden. Nach den Feststellungen der Be- schlussabteilung ist mehr als die Hälfte dieser Tankstel- len unabhängigen Tankstellenbetreibern verpachtet oder zum Betrieb überlassen worden (z.B. Conoco, Westfalen und anderen), die diese Tankstellen auf eigene Rechnung füh- ren.[...] . Eine Quersubventionierung solcher Tankstellen durch den großflächigen Einzelhandel dürfte insoweit von vornherein auszuschließen sein.

Bei der Vielzahl der übrigen Wettbewerber handelt es sich im Vergleich zu den A- und/oder B-Gesellschaften um Un- ternehmen, deren Vertriebstätigkeit sich nahezu aus- schließlich auf ein regionales oder lokal begrenztes Ge- biet beschränkt. Dies gilt auch für die von den Beteilig- ten als maßgebliche unabhängige Wettbewerberin genannte Tamoil. Tamoil ist überwiegend regional tätig, insbeson- dere in Mecklenburg–Vorpommern. Darüber hinaus sind die Entwicklungsmöglichkeiten der unabhängigen Wettbewerber aufgrund ihrer Finanz- und Ressourcenschwäche sowie ihrer

8 BP/EON, Übersetzung der Form CO, Trennblatt A, S.38. 9 Die Anmelder behaupten in ihrer Erwiderung vom 07. Dezember 2001, dass die Zahl der Supermarkttankstellen ohne die von Conoco betriebenen eine Größenordung von rd. 640 umfasst. Dies kann nicht richtig sein. So haben die Anmelder (Aral) der Beschlussabteilung eine Adressenliste der rd. 640 sogenannten „reinen“ Supermarkttankstellen vorgelegt, die die o.g. von Conoco betriebenen Supermarkttankstellen nicht enthalten soll. Ein Adressenabgleich durch die Beschlussabteilung hat jedoch die im Text ausgeführten Feststellungen ergeben.

- 23 - infolge suboptimaler Betriebsgröße hohen Betriebskosten begrenzt.

Schon derzeit geht kein relevanter Wettbewerb von diesen Unternehmen auf das Oligopol aus. Sie beziehen ihren Kraftstoffbedarf größtenteils von Unternehmen, die an den gegenwärtig geprüften Zusammenschlüssen beteiligt oder mit ihnen verbunden sind. Deren Preise und Konditionen bestimmen den Handlungsspielraum dieser Gruppe von Außen- seitern und nicht umgekehrt.

Die Beschlussabteilung hat von den Tankstellenbetreibern Angaben über den Umfang und die Herkunft ihrer Zukäufe von Dritten erbeten. In den Antworten werden als Kraft- stofflieferant dieser Gruppe von Wettbewerbern neben Shell und DEA nahezu ausschließlich BP/EON (bzw. Aral) genannt.

Stellt man diese Angaben der oben in der Tabelle 2 (S.9) dargestellten Inlandsversorgung gegenüber, wonach sowohl BP/EON als auch Shell/DEA erheblich über ihren Marktan- teilen im Tankstellengeschäft liegende Anteile am gesam- ten Inlandsvolumen von Ottokraftstoff und Diesel haben, so ist zu folgern, dass diese Unternehmensgruppen für die Kraftstoffversorgung der auf Bezüge von Dritten angewie- senen Tankstellenbetreiber von gravierender Bedeutung sind. Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf die wett- bewerblichen Verhaltenspielräume der kleineren Anbieter. Es gibt im Inland nur zwei von den großen Anbietern im Tankstellengeschäft unabhängige Raffinerien, die Dreyfus- Raffinerie in Wilhelmshaven und die Holborn-Raffinerie in Hamburg. Erstere exportiert aufgrund ihrer Küstenlage ei- nen erheblichen Teil ihrer Kraftstoffproduktion, letztere vertreibt selbst einen Teil ihrer Produktion über das Netz der ihr gesellschaftsrechtlich verbundenen Tamoil. Auch im Import von Kraftstoffen aus dem ARA-Gebiet, der bedeutendsten Quelle von Kraftstoffeinfuhren, verfügen die führenden Anbieter im Tankstellengeschäft aufgrund ihrer Beteiligung am RMR-Pipelinesystem und der Bedeutung

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dieses Transportweges für den Kraftstoffimport über we- sentliche Wettbewerbsvorsprünge. Die anderen Transport- wege sind kostenungünstiger, wie sich aus Angaben des Mi- neralölwirtschaftsverbandes10 und letztlich auch der Beteiligten selbst ergibt11:

Transportkosten EUR/t/km Pipeline RMR Binnenschiff Schiene Straße

Schon nach deren Schätzbeispielen belaufen sich die Kosten pro Tonne pro km für den Transport via Binnenschiff auf etwa das [...]-fache der Kosten eines entsprechenden Pipe- line-Transportes.

Nach Auffassung der Beschlussabteilung verringert es nicht die Wettbewerbsvorteile, den die Pipeline ihren Eignern bietet, dass die Pipeline nur über wenige Entnah- mepunkte verfügt und dass große Lager vorhanden sein müs- sen, um entsprechende Mengen aus der Pipeline aufzuneh- men. Daraus lässt sich allenfalls herleiten, dass sie nicht für jedes irgendwo zwischen Rotterdam/Antwerpen und Ludwigshafen gelegene Tanklager als Versorgungsleitung das kostengünstigste Transportsystem ist. Vor dem Hinter- grund der Vollauslastung des Systems kommt es darauf aber auch nicht an. Die Zusammenschlussbeteiligten selbst ge- ben in den meisten Fällen dem Pipelinetransport gegenüber dem Schiffstransport den Vorzug.12 Dies zeigt schon, dass auch sie die Pipeline als die kostengünstigste Transport- möglichkeit ansehen. Dies ist der Beschlussabteilung im Übrigen von dritter Seite an Hand anderer Beispiele bestätigt worden.

Andere Kraftstoffimporteure haben aufgrund der Vollaus- lastung in den letzten Jahren schon mangels Kapazität keinen Zugang zu diesem Transportsystem. Ergänzend steht

10 Broschüre Mineralöl-Logistik des Mineralölwirtschaftsverbandes, S. 11 11 BP/EON, Übersetzung der Form CO, Trennblatt A, S.19. 12 BP/EON, Übersetzung der Form CO, Trennblatt A, S. 13.

- 25 - allenfalls das NATO-Pipelinesystem CEPS - aber nur unter dem Vorbehalt vorrangiger militärischer Nutzung – zur Verfügung. Deren zivile Nutzung beschränkte sich bisher von vernachlässigbaren Ausnahmen (siehe oben S.12) abgesehen auf den Durchsatz von Flugturbinenkraftstoff zur Verwendung auf dem Flughafen Frankfurt.

Auch wenn die Importe nicht vollständig durch die RMR- Pipeline durchgeleitet werden können, ist ihr Anteil von etwa 38 % an den Gesamtkraftstoffimporten doch erheblich. Da sie naturgemäß nur für Importe aus dem ARA-Raum von Bedeutung ist, ist ihr insoweit eine noch größere Bedeu- tung beizumessen. Wettbewerbern ist nicht nur der Zugang zu diesem System verwehrt, konkurrierende Importeure transportieren zudem kleinere Mengen, woraus ihnen natur- gemäß weitere Nachteile erwachsen. Das wirkt sich insbe- sondere bei dem zu erwartenden stagnierenden künftigen Bedarf aus. Bei zukünftig sinkendem Verbrauch von Mine- ralölprodukten in Deutschland und gleichzeitigem Bedürf- nis nach Vollauslastung vorhandener Raffinerien werden die RMR- und Raffineriebetreiber insgesamt geringere Men- gen per Schiff importieren müssen. Hinzu kommt, dass die Transportkosten beim Import per Schiff, Bahn oder TKW bei kleineren Mengen überproportional steigen. Dies begründet einen weiteren Nachteil für Importeure von Kraftstoffen gegenüber den führenden Anbietern im Tankstellengeschäft. Diese können bei rückläufigem Markt durch Verlagerung ih- rer Transporte auf das Pipelinesystem ihre Transportkos- ten verringern, konkurrierende Importeure müssen dagegen bei geringerem Absatz- und damit Transportvolumen mit hö- heren Frachtstückkosten beim Kraftstoffimport rechnen. Sie sind auf den Wasserweg des Rheins angewiesen. Ihre Abnehmer müssen daher wegen nicht vorhersehbarer Wasser- stände und daraus erwachsender Unwägbarkeiten der Rhein- schifffahrt zusätzliche Lager unterhalten.

e. Die Auflagen zur Veräußerung von Tankstellen – verbunden mit der Veräußerung eines Anteils von 45% an der

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Bayernoil Raffinerie – lassen erwarten, dass die Untersa- gungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB entfallen werden.

Die Zusammenschlüsse von BP/EON und von SHELL/DEA würden zu einem Konzentrationsgrad der drei führenden Anbieter im Tankstellengeschäft von etwa 61 % führen. Der Oligopoltat- bestand wird bei einer Verringerung dieses Konzentrations- grades von mehr als 11 % vermieden. Die hierzu erforderli- che Dekonzentration ist nach Auffassung der Beschlussab- teilung von den Beteiligten beider Zusammenschlüsse im Verhältnis ihrer Marktanteile zueinander zu erbringen, also im Verhältnis von [...] BP/Aral zu [...] Shell/DEA.

Mit dem Verkauf von Tankstellen allein, die zusammen von lediglich 4 % Marktanteil erreichen, ist diesem Erforder- nis nicht entsprochen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass der Teil der Erwerber dieser Tankstellen, der nicht in gleicher Weise wie BP oder Aral Zugang zur Treibstoffbe- schaffung hat, nicht über eine BP bzw. Aral vergleichbare wettbewerbliche Bedeutung verfügt. Daher ist zu fordern, dass zumindest für nicht mit Raffineriegesellschaften verbundene Erwerber Beschaffungsmöglichkeiten eröffnet werden, die ihnen eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbe- werb eröffnen. Mit dem Verkauf des 45 %igen Bayernoil-An- teils ist nach den Angaben der BP ein Treibstoffvolumen verbunden, das einem Anteil von [...] % des Tankstellenab- satzes entspricht. Die Verkaufsauflage schließt als Käufer dieser Beteiligung größere Raffineriegesellschaften mit eigenem Tankstellennetz aus. Dadurch wird gewährleistet, dass die Treibstoffbezugsmöglichkeiten unabhängiger Tank- stellenbetreiber verbessert werden. Insgesamt wird mit dem Verkauf der Bayernoil-Beteiligung im Hinblick auf das Treibstoffgeschäft ein hinreichender Kompensationseffekt für den allein nicht ausreichenden Tankstellenverkauf be- wirkt.

Mit einem zusätzlichen Verkauf von Tankstellen im Umfang von 4% des Kraftstoffabsatzes in Deutschland kann die

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rechnerisch erforderliche Dekonzentration als erbracht an- gesehen werden.

Die Beschlussabteilung stellt bei dem Verkauf der Raffine- rieanteile besondere Anforderungen an den Erwerber. Von dessen Engagement wird erwartet, dass die Produktionsmen- gen aus der Raffineriebeteiligung zu einem überwiegendem Anteil dem Mittelstand zugute kommen.

III.

1. Der Flugturbinenkraftstoff Jet A1 ist ein sorgfältig raffiniertes Petroleum für Turbinenkraftwerke der kommer- ziellen Luftfahrt. Wegen der hohen Anforderungen dieser Triebwerke gelten für diese Kraftstoffart umfassende in- ternational einheitliche Qualitätsbestimmungen.

In Deutschland wurden nach den Daten des BAFA im Jahre 2000 insgesamt rund 7,1 Mio. t Jet A1 abgesetzt. Die in- ländische Bruttoproduktion aus 13 Raffinerien (die Raffi- nerie Wilhelmshaven produziert keinen Flugturbinenkraft- stoff) erreichte ca. 4,3 Mio. t. Die Importe betrugen ca. 3,1 Mio. t; exportiert wurden im gleichen Zeitraum ca. 0,3 Mio. t.

Hauptversorger mit Turbinenkraftstoff sind:

EON [...] Shell [...] DEA [...] BP [...] ExxonMobil [...].

Ihre Versorgungsanteile sind oben angegeben. Marktanteile bundesweit werden von BP/EON wie folgt geschätzt:

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Jet A1 in % BP/EON Shell/DEA BP TFE ExxonMobil Shell DEA Veba Oel/Aral Lufthansa Agip Andere Tabelle 4

2. Nachfrager nach Jet A1 sind die Luftverkehrsunternehmen an den derzeit 14 internationalen und rund 50 regionalen Verkehrsflughäfen in Deutschland. Dabei kommt den 3 Flug- verkehrsdrehkreuzen München, Düsseldorf und Frankfurt mit ihren interkontinentalen Flügen besondere Bedeutung zu. Von diesen 3 Drehkreuzen ist wiederum der Flughafen Frankfurt der vom Passagier- und vom Frachtaufkommen mit weitem Abstand bedeutendste Flughafen in Deutschland. Auf ihn allein entfällt die Hälfte des im Inland nachgefrag- ten Bedarfs an Jet A1.

Nahezu sämtliche großen Luftverkehrsunternehmen schreiben die von ihnen zu vergebenden Betankungsaufträge überwie- gend jahresweise und flughafenspezifisch aus; an ihren Drehkreuzen und sonstigen häufig von ihnen angeflogenen Flughäfen erfolgt zuweilen eine Aufteilung des Gesamtbe- darfs in verschiedene Tender, die auch unterjährig und/oder an verschiedene Anbieter vergeben werden.

Die Mineralölunternehmen erbringen die Betankungsleistung auf den internationalen Flughäfen durch Gemeinschaftsun- ternehmen; nur diese verfügen auf dem jeweiligen Flugha- fen über die zum Betanken erforderliche Infrastruktur. Will ein Nichtgesellschafter eines Betankungsunternehmens eine Airline betanken, so ist dies nur möglich, wenn er sich mit diesem Betankungsunternehmen und deren Gesell- schaftern auf einen Durchsatzvertrag verständigt.

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3. Die Flugzeugbetankung in München wird von 2 Unternehmen durchgeführt:

MFS, einem Gemeinschaftsunternehmen von Shell, BP, DEA, AFC13 und ExxonMobil mit gleichen Stimmanteilen und Skytanking, einem von den großen Mineralölunternehmen unabhängigen Betankungsunternehmen.

Die Betankungsmengen im Jahr 2000 verteilen sich wie folgt:

MFS, rd. [...] und Skytanking rd. [...] t.

Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ergeben sich folgende Betankungsanteile der Zusammenschlussbetei- ligten an der Gesamtbetankungsmenge des Münchner Flug- hafens:

BP [...] EON [...]

Weitere Anteile halten Lufthansa mit [...] und TFE mit [...].

Die Versorgung des Münchner Flughafens erfolgt via Pipeline von der OMV–Raffinerie Burghausen sowie über die Schiene von mehreren anderen Raffinerien.

4. Die Flugzeugbetankung in Düsseldorf wird von 3 Unternehmen durchgeführt:

TGD, einem paritätischen Gemeinschaftsunternehmen von Shell und der Charterfluggesellschaft LTU, ETD, einem Gemeinschaftsunternehmen von TFE (3/4) und ExxonMobil (1/4) und

13 AFC ist wiederum ein paritätisches Gemeinschaftsunternehmen von EON und Lufthansa.

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DFS, einem Gemeinschaftsunternehmen von AFC, BP, DEA und Kuwait Petroleum mit je gleichen Stimmanteilen.

Die Betankungsmengen im Jahr 2000 verteilen sich wie folgt auf diese Unternehmen:

TGD rd. [...], ETD rd. [...], DFS rd. [...].

Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ergeben sich folgende Betankungsanteile der Zusammenschlussbetei- ligten an der Gesamtbetankungsmenge des Düsseldorfer Flughafens:

BP [...], EON [...].

Weitere Anteile halten TFE mit [...], Shell mit [...] und DEA mit [...].

Die Versorgung des Düsseldorfer Flughafens erfolgt aus- schließlich über die Straße, und zwar von den Raffinerien in Gelsenkirchen (EON), Wesseling (DEA) und Godorf (Shell) oder von Lagern in Duisburg (u.a. TFE) sowie dem Nato-Pi- peline-Lager in Bocholt.

5. Die Flugzeugbetankung in Frankfurt wird ebenfalls von drei Unternehmen durchgeführt:

TGF, einem Gemeinschaftsunternehmen von ExxonMobil (2/3) und Shell (1/3), AET, einem Gemeinschaftsunternehmen von TotalFinaElf (2/3)und Agip (1/3) sowie FFS, dem größten dieser Unternehmen, an dem AFC, DEA und BP mit gleichen Stimmanteilen beteiligt sind.

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Die Betankungsmengen verteilen sich wie folgt auf diese Unternehmen:

TGF rd. [...], AET rd. [...], FFS rd. [...].

Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ergeben sich folgende Betankungsanteile der Zusammenschlussbetei- ligten an der Gesamtbetankungsmenge des Frankfurter Flughafens:

BP [...], EON [...].

Weitere Anteile halten ExxonMobil mit [...], DEA mit [...] und Shell mit [...].

Sämtliche Betankungsunternehmen benutzen das am Frankfur- ter Flughafen vorhandene Jet A1-Tanklager und –Hydranten- system, welches sich im Besitz der Hydranten Betriebsge- sellschaft (HBG) befindet. Anteilseigner der HBG sind die Aviation Fuel Company (AFC) sowie ExxonMobil, BP, TotalFinaElf, Shell, DEA und Agip.

Die Versorgung des Frankfurter Flughafens mit Treibstoff erfolgt derzeit über drei Wege:

- Von der RMR-Pipeline wird über einen Abzweig das DEA-Terminal Raunheim versorgt, welches wiederum über einen weiteren Abzweig mit dem Frankfurter Flughafen verbunden ist. An RRP und RMR sind mit Pernis (Shell), Nerefco (BP/Texaco), Godorf (Shell) und Wesseling (DEA) derzeit vier Raffinerien ange- schlossen.

- Das Central-Europe-Pipeline-System (CEPS) ist ein im Eigentum der NATO stehendes Produkt-Rohrleitungssys- tem, das mit einigen Raffinerien in der Region um

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Rotterdam verbunden ist. Es wird hauptsächlich für Flugtreibstoff genutzt und führt zu dem CEPS-Termi- nal Pfungstadt, von welchem wiederum eine Pipeline zum Flughafen Frankfurt verläuft.

- BP nutzt – obgleich Mitgesellschafter – die RMR[...]; von dort leitet sie unter Inanspruchnahme von langjährigen Durchleitungsrechten ([...] der vorhandenen Kapazität bis mindestens [...]) [...] von ihr am Flughafen abgesetzten Treibstoff über CEPS und Pfungstadt zum Flughafen. So wird die Nutzung des DEA-Terminals Raunheim vermieden.

- Die Belieferung auf dem Wasserweg aus Antwer- pen/Rotterdam erfolgt über den Rhein und den Main. In Kelsterbach in der Nähe des Frankfurter Flugha- fens gibt es ein der HBG gehörendes Terminal am Mainufer, von dem aus Jet A1 durch eine Rohrleitung zum Flughafen transportiert wird. Aral nutzt den Wasserweg für [...] von ihr am Frankfurter Flughafen abgesetzten Mengen.

Nach Angaben aus der Branche gibt es keine günstigere Al- ternative als die Versorgung der Flughäfen via Pipeline. Hier ist die RMR-Pipeline das kostengünstigste Transport- mittel zum Flughafen Frankfurt. Dabei ist die - von BP gewählte - Route über Gustavsburg (ab hier CEPS) günsti- ger als die Route über das DEA-Terminal Raunheim, welche von Shell und DEA genutzt wird und die damit gleichfalls über einen relativ kostengünstigen Versorgungsweg verfü- gen. Die Kosten eines reinen CEPS-Transports aus dem ARA- Gebiet sollen um etwa 50 % über denen des RRP/RMR-Trans- ports liegen und damit - dessen dauernde Verfügbarkeit vorausgesetzt - etwa denen des Schiffstransports entspre- chen.

6. Nach Auffassung der Beschlussabteilung sind die Geschäfte mit Flugturbinenkraftstoff am Münchner, Düsseldorfer und

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Frankfurter Flughafen jeweils Gegenstand eines eigenstän- digen Marktes.

Die Fluggesellschaften vergeben ihre Aufträge durchweg flughafenspezifisch. Sie sind auf die jeweiligen örtli- chen Anbieter angewiesen und können - von möglichen Aus- nahmen abgesehen - nicht auf das Treibstoffangebot an an- deren Flughäfen ausweichen.

Die Nachfrage einer Fluggesellschaft nach Landerechten für einen bestimmten Flughafen ist relativ preisune- lastisch, sie ist insbesondere nicht von der Höhe der Lande- und Abfertigungsgebühren sowie den jeweiligen Treibstoffkosten abhängig. Vielmehr spielen dort Aspekte wie die Höhe des Originär- und Umsteigeaufkommens von Passagieren sowie des Frachtaufkommens die wesentliche Rolle.

So werden insbesondere von Fluggesellschaften aus Übersee in der Regel die jeweiligen nationalen Drehkreuze in Eu- ropa angeflogen, unabhängig von den Flughafennutzungsge- bühren und Treibstoffkosten.

Des Weiteren sind die Möglichkeiten eines Verzichts auf Betankung auf einem bestimmten Flughafen - und stattdessen die entsprechende Mehrbetankung auf dem vorherigen oder dem folgenden Flughafen - äußerst begrenzt.

Erstens geht die Tendenz sowohl im interkontinentalen als auch im europäischen und nationalen Luftverkehr verstärkt in Richtung Nonstopflüge, so dass Zwischenlandungen mit Betankungsmöglichkeiten immer mehr reduziert werden. So führt beispielsweise Lufthansa im innerdeutschen und - europäischen Luftverkehr fast ausschließlich (außer Ham- burg-Berlin-Moskau und Hamburg-Düsseldorf-Barcelona) Non- stopflüge durch; dies gilt mit Ausnahme vereinzelter Flüge nach Südamerika, Südostasien und in den Nahen Osten ganz überwiegend auch für den Interkontinentalverkehr. Auf Flü- gen mit Start- und/oder Zielort in Deutschland sind allen-

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falls sporadisch Mehrstopflüge der Regionalcarrier (so Münster-Dortmund-Paris, Zürich-Dortmund-Pader- born/Lippstadt und Hof-Bayreuth-Frankfurt) zu beobachten. Dieses Phänomen dürfte auch für nichtdeutsche Luftver- kehrsgesellschaften mit Flugziel Deutschland gelten, so dass allenfalls in Ausnahmefällen theoretische Ausweich- möglichkeiten für die Flugzeugbetankung bestehen, etwa durch Mitnahme von Treibstoff auch für den Rückflug (Tan- kering).

Wenn im Einzelfall ein Flugzeug überhaupt die hierfür er- forderliche Tankkapazität hat, dürfte diese Alternative aufgrund der Kosten ausscheiden, die für den Mehrverbrauch aufgrund des höheren Fluggewichts auf dem Hinflug entste- hen. Hinzu kommen sicherheitstechnische Restriktionen. Die mitgeführte Treibstoffmenge muss eine vorgeschriebene Si- cherheitsmarge einschließen, das bei Start- und Landung vorgeschriebene Höchstgewicht darf nicht überschritten werden. Das schränkt die Möglichkeit zum Tankering (auf die die Anmelder in ihrer Erwiderung vom 8. Dezember 2001 hinweisen) soweit ein, dass hiervon eine wesentliche Be- schränkung des Handlungsspielraums der Anbieter auf den jeweiligen Flughäfen nicht ausgeht. Auf Befragen der Be- schlussabteilung hat die Lufthansa erklärt, dass Tankering nur auf Kurzstrecken in Betracht komme. Aus diesen Gründen hat auch die EU-Kommission in der Vergangenheit die Ver- sorgung eines bestimmten Flughafens mit Kraftstoffen als eigenständigen Markt gesehen.

7. Das Zusammenschlussvorhaben führt in den angemeldeten Form auf dem Markt für Jet A1 jedenfalls auf dem Münchner und Frankfurter Flughafen zur Entstehung eines marktbeherr- schenden Oligopols. Der Oligopoltatbestand des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB ist erfüllt.

Dies gilt auch für den Flughafen Düsseldorf. In Rahmen der Gespräche mit der Beschlussabteilung haben die Beteiligten jedoch darauf hingewiesen, dass dessen Entwicklung weit hinter der der Flughäfen München und Frankfurt zurückge-

- 35 - fallen sei, und kaum mehr als internationales Drehkreuz betrachtet werden könne. Der Flughafen Düsseldorf habe Be- deutung vor allem als Basis der LTU. Die Treibstoffversor- gung des Düsseldorfer Flughafens erfolgt ausschließlich mit Tankwagen über die Straße. Einen dem Flughafen Frank- furt vergleichbaren Infrastrukturengpass gibt es hier da- her nicht. Der Marktzugang für Dritte ist hier erheblich leichter.

In München stehen wesentliche Infrastruktureinrichtungen im Eigentum des Flughafens. Der Marktzugang zu diesem Markt ist für Dritte erheblich einfacher als in Frankfurt. Zudem ist die Lufthansa größter Anbieter von Flugturbinen- kraftstoff auf dem Münchener Flughafen.

Bei dieser Sachlage hält die Beschlussabteilung die Auf- fassung der Beteiligten, der Zusammenschluss begründe die Untersagungsvoraussetzungen auf dem Markt für Jet A1 auf dem Düsseldorfer und Münchener Flughafen nicht, für hin- reichend belegt.

Den Nachweis, dass dennoch ein die Marktbeherrschung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB auszuschließender Wettbe- werb zu erwarten sei, haben die Beteiligten nach Auffas- sung der Beschlussabteilung für den Flughafen Frankfurt nicht erbracht.

Die Unternehmen führen dazu an, dass

- der Markt für Jet A1 ein Ausschreibungsmarkt (auch über das Internet) sei und - starke Nachfrager (wie z.B. die Lufthansa) eine gegengewichtige Marktmacht bildeten.

Aus diesen Umständen kann nach Auffassung der Beschluss- abteilung nicht auf künftigen wesentlichen Wettbewerb zwischen den führenden Anbietern geschlossen werden.

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So leuchtet zunächst nicht ein, weshalb die Oligopolmit- glieder an diesen Flughäfen – wo sie aufgrund ihres Zu- gangs zu den Infrastruktureinrichtungen durch Außenwett- bewerb relativ ungefährdet sind – in vorstoßenden Wettbe- werb gegeneinander treten sollten, der ihnen wegen der zu erwartenden Abwehrreaktionen jedenfalls längerfristig keinen Vorteil bringen kann.

Dies belegen auch die von den Beteiligten vorgetragenen 3-Jahres-Werte der bundesweiten Anteile am Jet A1-Absatz der Oligopolmitglieder; in diesen Anteilen sind keine nennenswerten Verschiebungen erkennbar.

Auch ist nicht ersichtlich, warum das im Hinblick auf große Nachfrager wie die Lufthansa anders sein sollte, zumal diese ihre Aufträge, die über einen gewissen Grund- bedarf hinausgehen, auf mehrere Anbieter verteilt.

Hinzu kommt, dass die Lufthansa im Rahmen der Zusammenar- beit mit EON in dem Gemeinschaftsunternehmen AFC [...].

Die Marktzutrittshemmnisse für Außenseiter werden auch nicht durch ein Ausschreibungsverfahren vermindert. Es ist nicht ersichtlich, dass neuen Anbietern dadurch der Zugang zu den Infrastruktureinrichtungen der etablierten Lieferanten erleichtert wird, seien es deren Installatio- nen auf dem Flughafen oder deren Transport- und Lagermög- lichkeiten.

Vielmehr müssen Dritte, bevor sie an einer Ausschreibung teilnehmen können, von den etablierten Lieferanten Durch- satzrechte erlangen, was diesen frühzeitige Informationen über Markteintrittabsichten neuer Konkurrenten und zugleich ein Behinderungspotenzial verschafft. Nach Auf- fassung der Beschlussabteilung ist deswegen davon auszu- gehen, dass sich der Bieterkreis bei Ausschreibungen im Wesentlichen auf die etablierten Anbieter des Flughafens mit Zugangsrechten zu den Betankungseinrichtungen be- schränken wird.

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Die Möglichkeit für Drittanbieter, eine eigene zusätzli- che Betankungsgesellschaft aufzubauen, dürfte angesichts der bereits vorhandenen, die bestehende Nachfrage decken- den Unternehmen, der hohen Investitionskosten und der zu erwartenden geringen Bereitschaft der Flughafengesell- schaft, weitere Bodendienste zuzulassen, kaum realistisch sein. Es ist davon auszugehen, dass Außenseiter allen- falls dann Zugang zu Betankungsgesellschaften finden wür- den, wenn dies von der Flughafengesellschaft mit Nach- druck gefordert und im Einzelfall begründet werden könnte.

Die durch die gemeinsame Nutzung kostengünstiger Infra- struktur erzielten synergetischen Effekte sichern die Marktstellung bei der Belieferung der Fluggesellschaften mit Jet A1 dauerhaft ab. Die nur begrenzte Zugangsmög- lichkeit für weitere Anbieter relativiert auch die herausgehobene Nachfrageposition, wie sie beispielsweise die Lufthansa in Frankfurt hat.

Verstärkt wird die wettbewerbsbeschränkende Wirkung des Zusammenschlusses auf diesem Markt noch durch die mit ihm verbundene Konzentration auf der Erzeugungsstufe: Die führenden drei Anbieter sorgen im Falle des Vollzugs der angemeldeten Zusammenschlüsse für mehr als 70 % des im Inland insgesamt verkauften Flugturbinenkraftstoffs. Das wirft die Frage auf, ob andere als die etablierten Anbie- ter überhaupt eine Chance hätten, den Fluggesellschaften relevante Mengen zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten und von ihnen als verlässliche Lieferanten anerkannt zu werden.

8. Die Auflagen (Ziffer 3) bezüglich des Frankfurter Flugha- fens sind geeignet, den Zugang zu diesem Markt für Dritte zu öffnen.

So stellt die Bereitstellung von Jet A1 an den Austritts- punkten RMR Gustavsburg bzw. Raunheim und/ oder dem Abnah-

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mepunkt der Hydranten-Betriebsgesellschaft Frankfurt (HBG) zu Kosten, die weitgehend der Stellung eines Gesellschaf- ters der RMR-Pipeline entsprechen, eine Stärkung von Wett- bewerbern für Versorgungsdienstleistungen am Frankfurter Flughafen dar, die Marktzugangsbarrieren zu überschreiten hilft.

Darüber hinaus kommt mit dem Verkauf der Anteile an der Bayernoil-Raffinerie auch eine weitere Menge von Jet A1 in den Markt, die von Dritten dauerhaft genutzt werden kann. Im Jahr 2000 hätte dies einer Menge von [...] Jet A1 ent- sprochen.

IV.

1. Bitumen wird aus Destillationsrückständen schwerer, vor allem venezolanischer, russischer oder saudi-arabischer Rohöle, gewonnen. Etwa 80 % des inländischen Bitumen- verbrauchs entfällt auf die Asphaltherstellung im Straßen- und Wegebau, zweitbedeutendster Abnehmerkreis ist die Dach- und Dichtungsbahnenindustrie, daneben wird Bitumen als Isoliermittel in der Bauwirtschaft, als Kor- rosionsschutzmittel in der Elektro-, Röhren- und Lackin- dustrie und ferner als Bindemittel für Dämmstoffe, u. a. für Kraftfahrzeuge, verwendet. Bitumen unterscheidet sich in Eigenschaften und Verwendungszwecken erheblich von an- deren Mineralölprodukten.14 Bei der Herstellung von As- phalt und Dach- und Dichtungsbahnen, seinem Hauptanwen- dungsbereich, ist es nicht durch andere Bindemittel er- setzbar. Teer, der hier früher ebenfalls verwendet worden ist, darf aus ökologischen Gründen nicht mehr eingesetzt werden.

2. 11 der 14 Rohöl verarbeitenden inländischen Raffinerien stellen gegenwärtig Bitumen her. Die inländische Brutto- produktion erreichte im Jahr 2000 ca. 3,7 Mio. t. Die Im- porte beliefen sich auf ca. 0,4 Mio. t., exportiert wur-

14 siehe auch: Entscheidung der KOM im Fall BP/Mobil, IV/M.727, Rz. 31; Arbeitsgemeinschaft der Bitumenindustrie e.V.

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den im gleichen Zeitraum ca. 0,7 Mio. t.15 Die Inlandsablieferungen belaufen sich auf rd. 3,4 Mio. t.

2 der Bitumen produzierenden Raffinerien stehen unter al- leiniger Kontrolle von BP/Veba Oel, an drei weiteren als Gemeinschaftsunternehmen betriebenen Raffinerien sind sie beteiligt. Die Dreyfus-Raffinerie in Wilhelmshaven, die Holborn-Raffinerie in Hamburg und die OMV-Raffinerie in Burghausen haben in den letzten 3 Jahren kein Bitumen produziert. Das Bitumenangebot wird daher stärker als das Angebot der anderen Mineralölerzeugnisse durch die integrierten Mineralölkonzerne bestimmt.

3. Im Jahr 2000 entfielen folgende Anteile an der Gesamtpro- duktion bzw. an der Gesamtversorgung des Inlandes (Pro- duktion zuzüglich Import abzüglich Export) auf die ein- zelnen Anbieter:16

Anteile in % der Unternehmen Produktion Inlandsver- sorgung17 Veba Oel BP BP/EON Shell DEA Shell/DEA ExxonMobil TFE Conoco Agip

4. Bitumen wird in aller Regel direkt von der Raffinerie per Schiff, Bahn oder TKW an die Endkunden geliefert. Beim Transport muss es bei Temperaturen zwischen 130 Grad und 230 Grad gehalten werden. Daher fallen erhebliche Trans- portkosten an. Diese begrenzen den Radius der Bitumenlie-

15 BAFA: Mineralöldaten für Deutschland, Dezember 2000.

16 Für die Gesamtmengen wurden die Zahlen der BAFA zum Vergleich herangezogen. 17 Diese Zahlen stimmen weitestgehend mit den Angaben der Zusammenschlussbeteiligten überein, vgl. deutsche Übersetzung der Form CO im Fall BP/E.ON, S. 87

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ferungen im Normalfall auf Entfernungen von 150 bis 200 km ab Raffinerie.

5. Bitumen ist nach Auffassung der Beschlussabteilung einem eigenen sachlich relevanten Markt zuzurechnen. Aus dem Umstand, dass im Straßenbau anstelle von Asphalt auch Be- ton verbaut wird, lässt sich keine weiterreichende Ab- grenzung des sachlich relevanten Marktes herleiten. Beton bzw. der zu seiner Herstellung als Bindemittel verwendete Zement ist bei der Asphaltherstellung nicht verwendbar. Die Hersteller bituminösen Mischguts können Bitumen nicht durch andere Bindemittel substituieren. Die im Straßenbau gegebene Alternative zwischen Beton- und Asphaltbauweise beeinflusst naturgemäß auch die Absatzmöglichkeiten von Bitumen. Sie ist eine Marktgegebenheit, der alle Bitumen- hersteller in gleicher Weise gegenüber stehen, die den Wettbewerb zwischen ihnen jedoch nicht berührt.

Trotz der räumlichen Begrenzung des Bitumenabsatzes sind die Anmelder – im Ergebnis in Übereinstimmung mit einer Entscheidung der EU-Kommission18 - der Auffassung, dass auf einen mindestens bundesweiten Bitumenmarkt abzustel- len sei19. Sie begründen dies u.a. mit sich überschneiden- den Liefergebieten der Raffinerien und homogenen Wettbe- werbsbedingungen. Weitergehend führen sie zu Gunsten ei- nes übernationalen Marktes an, dass es erhebliche Importe gebe. Die feststellbaren Bitumenimporte erlauben nach Auffassung der Beschlussabteilung eine derartige Schluss- folgerung jedoch nicht. Diese Importe stammen vorrangig aus grenznahen Raffinerien und tragen nur zu etwa 10 % zum Inlandsaufkommen bei. Die Beschlussabteilung hält es indes aus den bereits oben zum Tankstellenmarkt dargeleg- ten Gründen (siehe S. 15 ) nicht für erforderlich, für ihre Wettbewerbsprüfung die Märkte weiter zu regionali- sieren. Die weitgehende Einheitlichkeit der inländischen Wettbewerbsbedingungen im Bitumengeschäft lässt das ge- rechtfertigt erscheinen.

18 Entscheidung der KOM im Fall BP/Mobil, IV/M.727, Rz. 36 19 Erwiderung der Anmelder vom 12. Dezember 2001, s.4ff.

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6. Nach den durch eigene Ermittlungen weitgehend bestätigten Angaben der Beteiligten geht die Beschlussabteilung davon aus, dass die drei nach dem Zusammenschluss führenden Bi- tumenanbieter (BP/EON, TFE, Shell) einen gemeinsamen Marktanteil von 59 % erreichen. Dieser Konzentrationsgrad würde sich auf [...] erhöhen, wenn man zusätzlich einen Vollzug des Zusammenschlusses Shell/DEA annimmt.

Der Oligopoltatbestand des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB ist somit auch auf diesem Markt erfüllt.

Die Beteiligten haben zum Nachweis, dass die Wettbewerbs- bedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwar- ten lassen, oder dass die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat, im Wesentlichen Folgendes vorgetra- gen20:

a. Die Zusammenschlussbeteiligten seien einem star- ken Wettbewerb seitens einer Vielzahl von Wettbewerbern ausgesetzt. Neue Marktteilnehmer könnten zudem auch größere Mengen aus dem Ausland importieren. Es bestünde zudem eine erhebliche Überproduktion, die verkauft werden müsse.21

Nach Auffassung der Beschlussabteilung begründen die an- geführten Faktoren weder einen wesentlichen Binnenwettbe- werb innerhalb des Oligopols noch das Fehlen einer über- ragenden Marktstellung gegenüber Außenseitern. Die Er- mittlungen der Beschlussabteilung belegen vielmehr einen gegenteiligen Befund.

Gegen zukünftigen Binnenwettbewerb spricht zunächst, dass die beabsichtigten Zusammenschlüsse (BP/EON, aber auch Shell/DEA) bislang vorhandene strukturelle Unterschiede beseitigen, indem sie überwiegend national tätigen und

20 Deutsche Übersetzung der Form CO im Fall BP/EON, S. 87 und 120. 21 Vgl. Erwiderung der Anmelder vom 12. Dezember 2001, S. 8f.

- 42 - auf das Downstream-Geschäft fokussierten Unternehmen EON bzw. DEA in Konzerne eingliedern, deren Unternehmens- strukturen denen der TFE sehr ähnlich sind. Ebenso wie TFE sind BP und Shell integrierte international und euro- paweit tätige Konzerne. Der geplante Zusammenschluss be- wirkt somit eine weitgehende Vereinheitlichung der Unter- nehmensstrukturen der führenden Bitumenanbieter.

Wenngleich Bitumen ein nach Angaben der Arbeitsgemein- schaft der Bitumenindustrie vielseitig einsetzbarer und gefragter Werkstoff und seine Produktionsmenge darüber hinaus keine starre Größe des Raffinerieprozesses, son- dern durch entsprechende Wahl der verarbeiteten Rohölsor- ten variabel ist, hält die Beschlussabteilung die Auffas- sung der Beteiligten, dass auf dem Bitumenmarkt von einem dauerhaften Mengendruck auszugehen sei, für hinreichend belegt. Dieser ergibt sich zum einen daraus, dass das Spektrum der in einer Raffinerie eingesetzten Rohöle von zahlreichen Faktoren abhängig ist, worunter die Verringe- rung des Bitumenanfalls nur eine Komponente ist. Die dem Raffinerieoptimum entsprechende Rohölpalette kann daher Bitumen in einer Menge anfallen lassen, die nur mit Schwierigkeiten im Markt unterzubringen ist. Hinzu kommt ein erheblicher Rückgang des Bitumenabsatzes im Straßen- bau. Dieser Rückgang ist nicht nur veranlasst durch die Haushaltslage der öffentlichen Auftraggeber, sondern auch dadurch, dass im Straßenbau seit einigen Jahren in ganz erheblichem Umfang ausgebauter Asphalt recycelt wird. Das Recycling gewinnt zusätzliche Bedeutung, weil der Anteil der Straßenerneuerung gegenüber dem Straßenneubau zunimmt und recyclebarer Asphalt naturgemäß nur bei Straßenerneu- erungen anfällt. Diese Gegebenheiten sprechen für die An- nahme eines dauerhaften Mengendrucks auf dem Bitumen- markt.

Ein hinreichender Nachweis für wesentlichen Binnenwettbe- werb zwischen den führenden Unternehmen lässt sich daraus indes nicht herleiten. Absatzausweitungen zu Lasten der wenigen Anbieter auf diesem Markt lassen sich wegen der

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Bitumen ist ein im Wesentlichen homogenes Produkt, dessen Qualitätsstandards jedenfalls hinsichtlich der Hauptver- wendungszwecke weitgehend durch technische Normen vorge- geben sind. Damit fehlen auch die Voraussetzungen für we- sentlichen Qualitätswettbewerb.

b. Es ist nicht zu erwarten, dass nach dem Zusammenschluss andere auf dem Bitumenmarkt tätige Unter- nehmen, insbesondere nicht voll integrierte Importeure und Händler die Verhaltensspielräume des Oligopols wirksam be- grenzen können. Dies beruht nicht nur auf dem Marktan- teilsvorsprung der Oligopolmitglieder, sondern nicht zu- letzt auch auf den erheblich eingeschränkten Möglichkeiten der häufig nicht vertikal integrierten Oligopolaußensei- ter, zu wettbewerbsfähigen Kosten an die Produkte zu ge- langen. Ein Marktzutritt über eigene Fertigungsanlagen scheidet bei dem Kuppelprodukt Bitumen von vornherein aus.

Die nicht an die A-Gesellschaften gebundenen inländischen Raffineriekapazitäten für Bitumen sind zu gering, als dass von ihnen nennenswerte wettbewerbliche Effekte zu erwarten sind. Die unabhängigen Raffinerien produzieren kein Bitu- men. Von den übrigen inländischen Anbietern wie Agip und Conoco mit geringen Mengen aus Beteiligungen an Gemein- schaftsraffinerien sowie Kleinstanbietern wie der Schmier- ölraffinerie Salzbergen sind nennenswerte Wettbewerbsef- fekte nicht zu erwarten.

Wesentlicher Importwettbewerb auf dem Markt für Bitumen ist schon wegen der Transportprobleme, die mit der Bitu- meneinfuhr verbunden sind, ebenfalls nicht zu erwarten.

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Dem steht nicht entgegen, dass in den Nachbarländern, insbesondere im ARA-Raum, möglicherweise freie Kapazitä- ten bestehen und der Bitumentransport rein technisch auch von dort mit Schiff, Bahn oder TKW möglich wäre. Eine wettbewerbsfähige Beschaffung ist auf einer solchen Grundlage schon wegen der Kostennachteile solcher Trans- porte gegenüber der Belieferung aus einer in räumlicher Nähe befindlichen Raffinerie nicht möglich.

c. Die besonderen Gegebenheiten des Bitumenmarktes schränken andererseits den Handlungspielraum der Anbieter erheblich ein. Über Preiserhöhungspielräume verfügen sie kaum, da sie davon ausgehen müssen, dass Wettbewerber Preiserhöhungen erfolgreich zu Marktanteilsgewinnen nutzen würden. Autonome Preiserhöhungen sind daher mit einem sehr hohen Risiko verbunden. Schließen sich die Wettbewerber den Preiserhöhungen nicht an, würde derjenige, der sie durchzusetzen versuchte, Absatzmöglichkeiten verlieren ohne – wegen der produktionsbedingten Koppelung der Bitu- menherstellung und der übrigen Mineralölprodukte – seine Angebotsmengen entsprechend verringern zu können. Er müsste daher den zu erwartenden Absatzverlust durch andere Absatzkanäle ausgleichen. Das dürfte in aller Regel nur unter Inkaufnahme zusätzlicher Vertriebskosten und gerin- gerer Vertriebserlöse möglich sein und insgesamt mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen. Dieses vertriebs- politische Risiko von Preiserhöhungen begründet eine er- hebliche wirtschaftliche Einschränkung des Preiserhöhungs- spielraums der Bitumenanbieter.

In Verbindung mit den oben dargelegten Gegebenheiten bele- gen diese Umstände, dass auf dem Bitumenmarkt unabhängig von diesem Zusammenschluss nur eine geringe Wettbewerbsin- tensität besteht. Diese wird durch den Zusammenschluss nur unwesentlich - nicht in einem die Untersagung dieses Zu- sammenschlusses rechtfertigenden Maße - verringert. Diese Effekte werden zudem durch den Verkauf der Beteiligung an der Bayernoil kompensiert.

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C.

In den übrigen im Verweisungsantrag genannten Bereichen haben sich keine Wettbewerbsprobleme ergeben.

1. Flüssiggas (Propan und Butan) wird zu Heizzwecken, und zur Erzeugung von Prozesswärme verwendet. Butan wird zudem in der chemischen Industrie und als Kühlmittel eingesetzt. Als Treibstoff für Kraftfahrzeuge spielt Flüssiggas im In- land keine Rolle. Insgesamt belief sich der Inlandsabsatz im Jahre 2000 auf etwa 2,7 Mio. t. Der Vertrieb erfolgt größtenteils über den Handel. Allein der mittelständische Gasehandel deckt rund die Hälfte des inländischen Flüssig- gasabsatzes. Größere Händler (Westfalen AG, Primagas, Pro- gas, Tyczka u.a.) verfügen über eigene für den Import von Flüssiggas geeignete Infrastruktureinrichtungen oder sind daran beteiligt. Die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung bei Flüssiggasen ist daher nicht zu erwarten.

2. Soweit – außerhalb des Tankstellengeschäftes - der Handel mit Kraftstoffen und Heizöl von dem vorliegenden Zusammen- schluss betroffen ist, handelt es sich zum einen um die Belieferung von Großverbrauchern mit Kraftstoffen (Proper- geschäft) und zum anderen um die Belieferung von Handels- unternehmen, die ihrerseits sowohl Kleinverbraucher und Großverbraucher als auch Wiederverkäufer mit Kraftstoffen und/oder Heizöl beliefern.

Neben den Raffineriegesellschaften sind große internatio- nal tätige Mineralölhandelsunternehmen in diesem Geschäft tätig (z.B. Mabanaft, Petroplus, Diersch & Schröder u.a.), die Zugang zu internationalen Beschaffungsmärkten haben und über beträchtliche inländische Infrastruktureinrich- tungen, insbesondere über große Tanklager, verfügen. Diese Unternehmen spielen in diesem Handelsmarkt eine erhebliche Rolle. Eine Quantifizierung ihrer Marktstellung gegenüber den Raffineriegesellschaften ist der Beschlussabteilung indes nicht möglich. Neben Kontrakten über physische Wa- renlieferungen spielen hier Termin- und derivative Ge-

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schäfte eine große Rolle. Diese Geschäfte sind für die wettbewerbliche Beurteilung der Marktstellung der Unter- nehmen indes ohne Bedeutung. Hinzu kommt, dass in be- trächtlichem Umfang Handelsgeschäfte zwischen den Unter- nehmen dieser Handelstufe getätigt werden. Ein und die- selbe Produktcharge kann – bevor sie schließlich auf den Weg zum Verbraucher gelangt – wiederholt ge- und verkauft werden. Aus solchen Geschäften lassen sich ebenfalls kaum Rückschlüsse auf die Marktstärke ziehen. Da sich das Volu- men dieser Geschäfte ebenso wenig wie das der Termin- und Derivatgeschäfte statistisch feststellen lässt, ist der Beschlussabteilung eine für die Wettbewerbsprüfung rele- vante Bestimmung der Marktanteile auf dieser Handelsstufe nicht möglich. Gleichwohl lässt sich das Bestehen bzw. Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung ausschließen. Die erwähnten Handelsunternehmen gehören auch im physi- schen Warenhandel zum Kreis der führenden Wettbewerber. Entscheidender Wettbewerbsfaktor in diesem Handelsgeschäft ist der Zugang zu den Beschaffungsmärkten. Diese Märkte sind international. Die genannten und zahlreiche andere auf dieser Marktstufe tätige Unternehmen haben neben den Raffineriegesellschaften uneingeschränkten Zugang zu die- sen Beschaffungsmärkten.

Unter diesen Gegebenheiten geht die Beschlussabteilung nicht davon aus, dass die Beteiligten durch diesen Zusam- menschluss eine marktbeherrschende Stellung im Großhandel mit Treibstoffen und Heizöl erlangen.

3. Schweres Heizöl wird von allem als Energieträger in der Industrie, sowie in der Strom- und Wärmeerzeugung und darüber hinaus auch als Treibstoff für Hochseeschiffe ver- wendet. Nach den Erhebungen des BAFA entfielen im Jahre 2000 auf Schiffsbunkerungen 1,7 Mio. t schweres Heizöl. Das ist mehr als ein Viertel des Inlandsabsatzes. Schiffs- bunkerung ist nach Auffassung der Beschlussabteilung wegen der Ausweichmöglichkeiten, die in der Seeschifffahrt be- stehen, Teil eines internationalen Marktes. Ähnliches gilt auch für große industrielle Verwender. So weist beispiels-

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weise die Bayer AG öffentlich darauf hin, schweres Heizöl zum Einsatz in Dampferzeugungsanlagen zu auf dem Weltmarkt gehandelten Wettbewerbspreisen zu beschaffen.

In den Inlandsraffinerien fallen zudem erhebliche, im In- land nicht absetzbare Mengen schweren Heizöls an, die auf Auslandsmärkten abgesetzt werden müssen.

Die Beschlussabteilung geht daher davon aus, dass schweres Heizöl Gegenstand eines internationalen Marktes ist. Auf diesem Markt lässt der Zusammenschluss die Begründung ei- ner marktbeherrschenden Stellung nicht erwarten.

4. Auch auf den Märkten für Grundöle ist die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht zu erwarten. Grundölen sind Ausgangsstoffe für die Herstel- lung von Schmierstoffen. Sie werden durch Vakuumdestilla- tion geeigneter Rohöle und anschließende Entparaffinie- rung, Entaromatisierung und eine besondere Endbehandlung gewonnen. Durch die Mischung verschiedener Grundöle sowie die Hinzufügung von Additiven entstehen jeweils Schmier- stoffe mit bestimmten Eigenschaften. Die Europäische Kom- mission ist der Auffassung, dass zumindest Grundöle der Gruppe I22 einerseits und Grundöle der Gruppen III/IV andererseits aufgrund ihrer deutlich differierenden Eigen- schaften unterschiedlichen Märkten zuzuordnen sind.23 Zu- dem hat sie in mehreren Verfahren festgestellt, dass bei Grundölen in wirtschaftlicher Hinsicht von europaweiten Märkten auszugehen ist.24 Die Beschlussabteilung teilt diese Einschätzung angesichts der über nationale Grenzen hinaus einheitlichen Produktklassifizierungen, der wenig ins Gewicht fallenden Transportkosten und des erheblichen grenzüberschreitenden Handels mit Grundölen. Auf dieser Basis erreicht BP im Jahr 2000 nach Angaben der Anmelder die folgenden Marktanteile: [...].

22 Je höher die Gruppenzahl, desto hochwertiger das Grundöl. 23 Entscheidung der Kommission im Fall Exxon/Mobil, IV/M.1383, Rz. 308ff 24 Entscheidung der Kommission im Fall Exxon/Mobil, IV/M.1383, Rz. 321; Entscheidung der Kommission im Fall BP /, IV/M.1891, S. 3

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Veba Oel ist in diesen Bereichen nicht tätig; Marktan- teilsadditionen finden daher nicht statt.

5. Ebenso wenig bestehen durchgreifende wettbewerbliche Bedenken hinsichtlich der Märkte für Schmierstoffe. Ent- sprechend der Praxis der Kommission unterscheidet die Be- schlussabteilung hier insbesondere zwischen Automobil- und Industrieschmierstoffen.25 In geografischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass mehr als die Hälfte aller im EWR hergestellten Schmierstoffe über Landesgrenzen hinweg ge- liefert werden.26 Schmierstoffe entsprechen internationa- len Standards. Diese Faktoren legen die Annahme eines eu- ropäischen Marktes nahe.

Die Anmelder geben die europaweiten Marktanteile (in v.H.) für Schmierstoffe im Jahr 2000 wie folgt an: Unternehmen Automobile Industrie Shell DEA Shell/DEA ExxonMobil BP TFE Texaco ARAL Tabelle 6

Bei dieser Marktstruktur sind Untersagungsgründe nicht er- sichtlich.

6. Der Vortrag der Beigeladenen zu 5. (BASF) begründet kei- nen Untersagungstatbestand. Dem Begehren der BASF kann daher auch nicht durch Bedingungen oder Auflagen entspro- chen werden. [...]. Auf die bestehende Vereinbarung hat dieser Zusammenschluss keine Auswirkungen. Der Naphta- markt ist nach dem BASF-Vortrag ein internationaler wett-

25 Entscheidung der Kommission im Fall BP AMOCO/CASTROL, IV/M.1891, Rz. 10ff 26 Entscheidung der Kommission im Fall BP AMOCO/CASTROL, IV/M.1891, S. 4

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bewerblich strukturierter Markt, der keine Wettbewerbs- probleme erwarten lässt. Der von der BASF zur Begründung ihres Begehrens zugrunde gelegte Markt des Naphtatransports durch die RMR-Pipeline existiert nach Auffassung der Beschlussabteilung nicht. RMR bietet selbst keine Transportleistungen an, sie wird ausschließ- lich für ihre Gesellschafter tätig. Diese wiederum benut- zen ihre Durchleitungsrechte ausschließlich für eigene Zwecke. Ein Markt ist mithin im Hinblick auf die RMR- Pipeline nicht eröffnet. Auf die Frage, ob der Transport durch diese Pipeline Gegenstand eines eigenen sachlichen Marktes ist, oder ob in diesen Markt weitere Transport- mittel einbezogen werden müssen, kommt es daher nicht an.

D.

Aus den vorgenannten Gründen hat die Beschlussabteilung das angemeldete Zusammenschlussvorhaben freigegeben. Diese Verfü- gung ergeht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB. Die Auflagen beruhen auf § 40 Abs. 3 GWB.

E.

Die Entscheidung über einen verwiesenen Zusammenschluss ist gebührenpflichtig. Der fehlende Verweis in § 80 Abs. 1 auf § 40 ist erkennbar ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Das folgt eindeutig daraus, dass für Entscheidungen nach § 40 in § 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB eine Gebührengrenze bestimmt ist. Danach kann Kartellbehörde für die Entscheidung Gebühren bis zu 100.000,-- DM (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 Abs. 1 KartKostV), bei besonders großer wirtschaftlicher Be- deutung und außergewöhnlich hohem Verwaltungsaufwand bis zu 200.000,-- DM erheben (§ 80 Abs.2 Satz 3 GWB). Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Kartellbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung, die der Gegenstand der gebüh- renpflichtigen Handlung hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 GWB). Für die

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Bemessung ist maßgeblich auf die wirtschaftliche Bedeutung des beabsichtigten Zusammenschlusses abzustellen. Sie ergibt sich grundsätzlich aus der Höhe der inländischen Umsätze der betei- ligten Unternehmen auf den vom Zusammenschluss betroffenen Märkten, den erwarteten betriebswirtschaftlichen Vorteilen der künftigen Zusammenarbeit auf den Inlandsmärkten und dem aus der Nähe des Zusammenschlusses zum Untersagungsbereich des § 36 GWB sich ergebenden wirtschaftlichen Interesse der am Zu- sammenschluss beteiligten Unternehmen an der kartellbehördli- chen Entscheidung (KG WuW/E OLG 2106 - "Straßenbaugeräte"). Entspricht die nach diesen Bestimmungsmerkmalen festgestellte wirtschaftliche Bedeutung dem Durchschnitt, ist grundsätzlich eine mittlere Gebühr angemessen. Diese beträgt nach dem der- zeit geltenden Gebührenrahmen 50.000,-- DM. Von diesem Mittel- wert sind, abhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeu- tung und dem Arbeitsaufwand, Zu- oder Abschläge vorzunehmen, deren Höhe im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde liegt (vgl. KG WuW/E OLG 5259 "Kleinhammer", KG WuW/E OLG 5287 "Fi- nanzbeteiligung Gebühr"). Der wirtschaftlichen Bedeutung ist im vorliegenden Fall ein besonders großes Gewicht beizumessen. Der sachliche und perso- nelle Aufwand der Kartellbehörde für die fusionsrechtliche Prüfung entsprach dieser Bedeutung. Die Tatsache, dass die Er- mittlungen im vorliegenden Fall gemeinsam mit denen im Fall SHELL/DEA (B 8 – 120/01) durchgeführt wurden, rechtfertigt das Unterscheiden der Höchstgebühren. Die festgesetzte Gebühr von [...] ist daher angemessen. Gebührenschuldner als Anmelder sind nach § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GWB die Beteiligten zu 1. und 3. Sie haften gemäß § 80 Abs. 6 Satz 3 GWB als Gesamtschuldner. Die Gebühr ist binnen eines Monats nach Zustellung dieses Be- schlusses unter Angabe der obigen Geschäftsnummer auf das Konto der Landeszentralbank Bonn Konto-Nr.: 38001060 Bankleitzahl: 380 000 00 zu überweisen.

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Als Verwendungszweck ist unbedingt "BKartA - Titel 111 01" so- wie das obige Aktenzeichen und das Datum des Beschlusses an- zugeben. Ist bis zum Ablauf eines Monats nach dem Tag der Zustellung die Gebühr nicht entrichtet, so wird für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von einem vom Hundert des rückständigen Betrages erhoben. Die Auslagen für die erforderliche Bekanntmachung dieses Beschlusses im Bundesanzeiger (§ 43 Nr. 2 GWB) werden gesondert erhoben (§ 80 Abs.1 Satz 3 GWB).

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RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit Zustellung des Beschlusses begin- nenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, Kaiser- Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt je- doch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdege- richt, dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht. Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerde- begründung beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Be- schwerdegerichts verlängert werden. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss ange- fochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unter- zeichnet sein.

Vieth Dr. Meyer-Flamme Dr. Langhoff

Ausgefertigt: Bonn, 19. Dezember 2001