Absence of Malice von (und mille milliards de dollars von Henri Verneuil)

Autor(en): Ruggle, Walter

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Filmbulletin : Zeitschrift für Film und Kino

Band (Jahr): 24 (1982)

Heft 124

PDF erstellt am: 27.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-867662

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ABSENCE Zeitungsgeschichten, Reportergeschichten hat es oft OF MALICE gegeben im Kino - eine grosse Retrospektive zum Thema von Sydney Pollack "Presse im Film" wäre längst (und fällig. (Einstweilen verzögert MILLE MILLIARDS DE DOLLARS wird sie nur durch die von Henri Verneuil) Einsprachen gegen den "Spatz vom Stadelhofen" - die bislang gefälligste Bezeichnung für das Filmpodiumskino.) Manchmal setzten sich diese Filme kritisch mit Medien auseinander, meist brauchten sie die Redaktionsstube und den sensationslüsternen Herr Keuner begegnete Herrn Journalisten ganz einfach Wirr, dem Kämpfer gegen die als Zugpferd und Aufhänger Zeitungen, "Ich bin ein für ihre mehr oder minder grosser Gegner der Zeitungen", gute Story, als Katalysator sagte Herr Wirr, "ich auch, der das Geschehen will keine Zeitungen." Herr ermöglichte und vorantrieb. Keuner sagte: "Ich bin ein Eines von gegenwärtig wieder grösserer Gegner der Zeitungen: auffallend vielen neuen ich will andere Zeitungen. Beispielen zu "Presse im Film" Bert Brecht ist ABSENCE OF MALICE (etwa: "ohne böse Absicht"), in dem Sydney Pollack mit einer durchzogen kritischen The American Cinema has to Haltung an ein verstärktes 8e- serve economic demands. wusstsein der Schreibtischtäter Sydney Pollack appelliert. Eine VER- 39 LORENE KATHARINA BLUM auf man), der fragliche Mann, amerikanisch, das heisst:. ist ein liebenswürdiger das Verständnis auf Gefühls- Spirituosen-Grosshändler, der und nicht auf geistiger Ebene in seinem Geschäft wenn suchend. Pollack ist, wie immer nötig auch selber mal er an einer Diskussion in anpackt. Gallagher ist nicht Berlin ausführte, davon schlecht überrascht über überzeugt, dass er nur so seine öffentliche Verurteilung, politisch wirksam sein kann. hatte er doch, trotz Er wolle eine möglichst Schmuggler-Vater und Mafia- breite Masse erreichen und Onkel, bisher noch nie mit zum verstärkten Nachdenken der Justiz zu tun. Er stellt anregen. Dazu benötigt er sich der voreiligen Journalistin eine Liebesgeschichte - und versucht ihr gemimt von den Weltstars Sally klarzumachen, dass er der Field und -, die gesuchte Mann nicht ist. Sie den Schmalz zum Reporter- zweifelt, findet den Michael Selbstbesinnungs-Trip aber ganz nett und beginnt liefert. Ohne diesen seichten ihm immer mehr zu glauben. Aufguss, auch davon ist Warum nur, fragt sie sich, Pollack Uberzeugt, bringe er in verschweigt er ihr sein Alibi den USA niemanden ins Kino. für die Tatzeit? Getreu der Devise "The truth Die Lösung dafür bietet ihr and nothing but the truth" eine alte Freundin Gallaghers, kommt Megan Carter (Sally Theresa (Melinda Field) beim Miami Standard Dillon), die Megan im Vertrauen als zielstrebige Reporterin auf ihre Verschwiegenheit ihren Pflichten nach. Sie aufsucht. Als gute Katholikin sucht, findet - und manchmal will sie allerdings findet sie auch bevor sie nicht, dass die Geschichte gesucht hat. Eines Tages mit der Abtreibung in Atlanta stösst sie auf die Unterlagen an die Oeffentlichkeit des lokalen kommt, anderseits will sie Untersuchungsausschusses, der sich Gallagher, der sie damals mit einem verschwundenen begleitet hat, entlasten. Gewerkschaftsboss befasst. Megan kann das nicht Schnell wittert sie eine nachvollziehen; die 'Enthüllung' Sensation und "überführt" bringt der Zeitung eine neue einen der Hauptverdächtigen Headline und der psychisch auf der Titelseite ihres eh schon unstabilen Theresa Millionenblattes: genauso den Freitod. Megan ist wie es der Polizeioffizier verunsichert, und Michael Rosen (Bob Balaban) haben beginnt sich auf alle Seiten wollte. Die Zeitung braucht abzusichern, denn bei ihm Megan als StoffLieferantin, geht es inzwischen - zumindest die Polizei als Köder. wirtschaftlich - um die Michael Gallagher (Paul New¬ Existenz. Ein weiterer Un- 40 tersuchungsausschuss lässt lismus die Gallagher-Film- einige Köpfe rollen; der story weist auf die Gefahren formell entlastete Gallagher der Voreiligkeit hin. Ganz setzt sich in Richtung Kanada ähnlich - wenn auch qualitativ ab, und Megan wird sich meilenweit davon beim nächsten Mal etwas länger entfernt - tut dies Henri Ver- überlegen, was sie neuil in seinem neusten schreibt - schliesslich hat Wurf, MILLE MILLIARDS DE sie aus den tragischen DOLLARS. Auch hier wird ein Ereignissen etwas gelernt. jung-dynamisch-zielstrebiger Es ist klar: bei Vorbildern Journalist dazu missbraucht, wie Woodward und Bernstein Veröffentlichungen zu (ALL THE PRESIDENTS MEN) ist machen, die den darin es nicht mehr leicht, Reportagen Angeschuldigten in den Freitod zu schreiben. Die treiben (oder einen Mord Ansprüche scheinen hochgesetzt, zumindest als Selbstmord die Zeitungen wollen erscheinen lassen). Ansonsten dem Leser bieten, was er bleibt Verneuil allerdings offensichtlich braucht: in der langatmigen Kolportage Sensationen, Die Tatsache, dass stecken; sein Reporter man mit einer durch und führt lediglich mit oft durch erlogenen Geschichte geradezu lächerlichen Methoden Uber jugendliche Heroinsüch- durch die Handlung und ein tige den Pulitzer-Preis in die weltweite gewinnen kann (so geschehen Wirtschaftskriminalität - alles letztes Jahr), unterstreicht wie hundertfach gehabt. die verbreitete Tendenz. Anhand der beiden Filme, Opportunisten sind gefragt, ABSENCE OF MALICE und MILLE und so trifft denn auch kaum MILLIARDS DE DOLLARS, werden Megan Carter die Schuld, Stärken bzw. Schwächen der wenn sie innerhalb der publikumsträchtigen Gestaltung Riesenmaschinerie ihre Funktion recht deutlich. nach oberster Diktion Verneuil hat in Berlin seinen ausführt. Pollack interessiert Film als wahres und grosses sich in erster Linie für die Kino hingestellt und alle Macht des Ganzen, in dem verurteilt, die seine Filme, sich der einzelne der Tragweite die Art seiner Filme nicht seines Handelns nur hervorragend finden. (Er sehe allzu selten bewusst ist. nicht ein, weshalb man Zeitungen können ganze diese langweiligen Geschichten Existenzen zerstören, das hat des zeitgenössischen nicht zuletzt auch Günther Kinos anschaue, genauso wie er Wallraff in unsern Breitengraden nicht einsehe, weshalb man nachgewiesen. Was sich so am Kino der Grossväter tun? - Die Watergate-Geschichte ergötze, wo doch die bewies die Wichtigkeit Bilder unscharf seien, das des Recherchier-Journa¬ Material alt, usw.) Verneuil 41 möchte gern grosses Kino kums zu befriedigen. Schafft machen - kann es aber ganz er es, das Unternehmen mit einfach nicht. Er versucht, einem Denkanstoss zu vermengen, eine Fülle von Tatsachen und so scheint ihm seine Informationen in einen Knüller Aufgabe erfüllt. ABSENCE OF zu verpacken, der viel MALICE ist ein anschauliches zu lang ist und unglaubwürdig Beispiel dafür - mir waren daherkommt. Anders Filme wie JEREMIAH JOHNSON Pollack: er ist ein Routinier, und THEY SHOOT HORSES, DON'T der seinen Plot zielstrebig THEY? dennoch lieber. und ohne grosse Umschweife Walter Ruggle verfolgt, der immer als Herr seiner Mittel erscheint. Eine Schwäche - die man ihm jedoch zugesteht - ist die seichte Verpackung; sie dient Pollack jeweils dazu, Die wichtigsten DATEN zu: ein fassbares Problem an den ABSENCE OE MALICE Mann / die Frau zu bringen. Regie: Sydney Pollack Inhaltliche Veränderungen im Drehbuch: Kurth Luedtke; Kaisera: Verlauf seiner Filmarbeit ; Ton: Bert Hallberg; schreibt Pollack laufend Ausstattung: Terence Marsh; sich ändernden Ansprüchen Schnitt: Sheldon Kahn; Musik: Dave auf Publikumsseite zu - Grushin. einem Publikum, das konservativer, Darsteller:Paul Newman (Gallagher), unkritischer geworden Sally Field (Megan), Belinda Dillon ist (was etwa in der Wahl (Theresa), Bob Balaban (Rosen), Reagens auch zum Ausdruck Luther Alder (Malderone), Barry kam) und indirekte Selektion Primus (Kaddell), ua. betreibt. Pollack wehrt sich Produktion: Columbia Pictures gegen den Vorwurf, dass seine Produzent: Sydney Pollack. Filme und die Filme anderer Land: USA, Jahr:1981, länge: 116min Amerikaner sich direkten Verleih: 20th Century Fox. Zensurforderungen unterwerfen würden; für ihn ist der Wechsel zum erneut relativ Die wichtigsten DATEN zu: unkritischen Kino nur MILLE MILLIARDS DE DOLLARS Ausdruck dieser konservativen Regie: Henri Verneuil Grundströmung, einer Drehbuch: Henri Verneuil; Kamera: weitverbreiteten Erwartungshaltung: Jean-Louis Picavet; Schnitt: Pierre man will sich entspannen, Gilett; Ton: Serge Déraison; nicht denken. Wenn er Musik: Philippe Sarde. dann von einem Produzenten Darsteller: Patrick Dewaere, Mel ein paar Millionen kriegt, Ferrer, Jeanne Moreau, C.Cellier, um einen Film zu realisieren, A.Duperey, ua. so gilt es ihm zuerst, Produzent: Henri Verneuil. diese Erwartungen des Publi¬ Land: Frankreich; Jahr:1981 42