Dkfm. Dr. Dr. Richard Schmidjell
Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger / Fachgebiet : Raumplanung 5081 Anif, Bachwinkl 9 / Tel.: 0664 1223016/ Email: [email protected]
G U T A C H T E N
Teil A zur vertiefenden fachlichen Beurteilung des Vorhabens „380-kV Salzburgleitung“ mit Bezug auf den vom Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung 1, im März 2013 publizierten „Strategieplan Tourismus 2020 Gesund Innovativ Nachhaltig“
Teil B zur vertiefenden fachlichen Prüfung und Feststellung einer allfälligen Substanzwertvernichtung iSd § 17 Abs. 2 Ziff. 2 lit. a UVP-G 2000 bei im Einzelnen angegebenen Betrieben
Anif, am 03.12.2014
INHALTSVERZEICHNIS
1 Aufgabenstellung ...... 1 1.1 Veranlassung ...... 1 1.2 Begründung (Zitat Bescheid) ...... 3 1.3 Verwendete Unterlagen, Informationen, Unterstützung ...... 7
2 Erörterung der fachliche Bewertungsgrundlagen ...... 9 2.1 Zum Wert der Landschaft im Tourismus ...... 9 2.2 Begriffe, Definitionen, Bewertungskriterien aus Sicht des Tourismus ...... 11 2.3 Differenzbewertung von Landschaftseingriffen ...... 13 2.4 Wertmaßstab für Beurteilungen ...... 14
3 Vertiefende fachliche Beurteilung des Vorhabens mit Bezug auf den vom Amt der Salzburger Landesregierung, Abt. 1, im März 2013 publizierten „Strategieplan Tourismus 2020“ im Allgemeinen ...... 16 3.1 Bedeutung von „Landschaft“ im „Strategieplan Tourismus 2020“...... 16 3.2 Darstellung jener Maßnahmen, Zielsetzungen und Aktivitäten der Handlungsfelder des Strategieplans, für die das Projekt „380-kV Salzburgleitung“ Auswirkungen besitzt ...... 20 3.3 Zusammenfassung der für das Projekt 380-kV Salzburgleitung relevanten Bewertungskriterien und Darstellung der Bewertungsmethode ...... 23
4 Beurteilung der durch die Umsetzung des Projektes bedingten Veränderung des Wertes der Landschaft für den Tourismus den 23 zu untersuchenden, durch den Neubau belasteten Landschaftskammern (LK)...... 27 4.1 Landschaftsraum Glocknergruppe: LK 912.3_5 (sub)alpine bewaldete Kammlagen ...... 30 4.2 Landschaftsraum Westliche Dientner Berge: LK 924.1_2 sonnseitige Bergbauernlandschaft Eschenau Berg – Gschwandtnerberg – Taxberg - Hopfberg - Sonnberg und –höhenmäßig darüber liegend - LK 924.1_4 (sub)alpine Kamm- und Gipfellagen Eschenauer Kogel- Gschwandnerberg ...... 34 4.3 Landschaftsraum Schneeberg: LK 924.22_4 Bergbauernlandschaft Bodenberg Schwarzenbach ...... 38
380-kV Tourismusgutachten 1
4.4 Landschaftsraum Schneeberg: LK 924.22_3 (bergbäuerliche Sattellagen Pointleiten-Stölzlberg) ...... 42 4.5 Landschaftsraum Schneeberg: LK 924.22_6 (sub)alpine Kamm- und Gipfellagen Hochglocker–Schneeberg, Gamskogel ...... 45 4.6 Mühlbacher Mittelgebirge: LK 924.21_1 Mühlbacher Mittelgebirge/Bergbauernlandschaft Haidberg Sonnseite ...... 49 4.7 Landschaftsraum St.Johann- Wagrainer Schieferalpen: LK 925.1_1 Bergbauernlandschaft Scharten-Hanif-Schwaig) ...... 53 4.8 Landschaftsraum St.Johann – Wagrainer Schieferalpen: LR 925.1_2 sonnseitige Bergbauernlandschaft Ginau-Arzberg-Mayrdörfl: LK 925.1_4 (sub)alpine Kamm- und Gipfellagen Gründeck-Blühmeck ...... 56 4.9 Landschaftsräume Hagengebirge: LK 934.311_2 alpines Gelände E-exponierte Steilhanglagen ...... 60 4.10 Landschaftsraum Imlauer Mittelgebirge: LK 934.51_1 Bergbauernlandschaft Sulzberg Imlauberg ...... 63 4.11 Landschaftsraum Imlauer Mittelgebirge: LK 934.51_ 3 Bergbauernlandschaft hinteres Gainfeld ...... 66 4.12 Landschaftsraum Tennengebirge: LK 934.4_2 alpines Gelände oberhalb Pass Lueg und Sulzau ...... 69 4.13 LK 934.313_3 Lueg Palfen Wände und LK 934.4_1 montane Bergwaldstufe von Luegwinkl bis NR Wirreck ...... 71 4.14 Landschaftskammer Seewald-Weitenauer Bergland: LK 937.136_1 Kellau-Hochreith ...... 75 4.15 St. Kolomaner Bergland: LK 937.135_1 Außerbühel-Langbühel-Pfenningpoint ...... 79 4.16 Landschaftsraum Spumberg-Rengerberg: LK 937.134_1 Bergbauernlandschaft Wimberg-Krispl_Spumberg ...... 82 4.17 Landschaftsraum Fager-Thurn-Hügelland: LK 937.132_1 Talmulde Klausbach/Ramsau ...... 86 4.18 Landschaftsraum Gaisberg: LK 937.131_2 Oberwinkl ...... 89 4.19 Landschaftsraum Koppl-Faistenauer Weitung/Gaisberg: LK937.101_1 Winkl und LK 937.131_1 Nocksteinrücken, Klausbergrücken ...... 92 4.20 Zusammenfassung der Bewertung der 23 Landschaftskammern ...... 97
5 Beurteilung der, durch den Leitungsrückbau bedingten Steigerung des Wertes der Landschaft für den Tourismus in 7 Landschaftsräumen ...... 102
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5.1 LR 907.11 Saalfeldener Becken ...... 104 5.2 LR 907.12 Talkessel von Hinterthal ...... 110 5.3 LR 912.41 Embacher Terrasse ...... 114 5.4 LR 924.23 Goldegg - St.Veiter Terrasse ...... 118 5.5 LR 934.303 Bluntautal ...... 122 5.6 LR 934.312 Steinernes Meer ...... 127 5.7 LR 934.334 Rossfeldkuppen ...... 134 5.8 Zusammenfassende Beurteilung der durch den Leitungsrückbau bedingten Veränderung des Wertes der Landschaft aus der Sicht des „Strategieplans Tourismus 2020“ ...... 139
6 Zusammenfassende Beurteilung der durch den Leitungsbau und Rückbau bedingten Auswirkungen der Veränderung des Wertes der Landschaft für die betroffenen Landschaftsräume und Landschaftskammern aus der Sicht des „Strategieplans Tourismus 2020“...... 142 6.1 Prämissen für die zusammenfassende Beurteilung ...... 142 6.2 Ergebnisse der Bewertung von Landschaftskammern und -räumen ...... 143 6.3 Gegenüberstellung von Neubau und Rückbau: ...... 145
7 Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf sechs hauptbetroffene Tourismusbetriebe im Hinblick auf eine allfällige Substanzwertvernichtung ...... 150 7.1 Bewertungsgrundlagen einer allfälligen Substanzwertvernichtung ...... 150 7.2 Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine allfällige Substanzwertvernichtung nach Betrieben ...... 155 7.2.1 Haus Lochner, Fusch an der Glocknerstraße ...... 157 7.2.2 Appartementhaus Walcherhof, Fusch an der Glocknerstraße ...... 160 7.2.3 Wolfbachgut, Taxenbach ...... 163 7.2.4 Mosottalm, Bischofshofen ...... 166 7.2.5 Gasthof Pass Lueg-Höhe, Golling ...... 170 7.2.6 Haus Aspacher, Eugendorf ...... 174 7.2.7 Zur konkreten Frage der Substanzwertvernichtung ...... 177
8 Schlussbemerkungen ...... 178
Anhang ...... 179
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1 Aufgabenstellung
1.1 Veranlassung
Gemäß § 52 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr.51/1991 idgF, iVm § 12 Abs 2 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idgF, wurde mit Be- scheid vom 27.10.2014, Zl. 2040-1/2471-2014, seitens der Salzburger Landesregierung der Verfasser dieses Gutachten als allgemein gerichtlich beeideter und gerichtlich zertifi- zierter Sachverständiger im Verfahren für die Errichtung und den Betrieb einer 380-kV Starkstromfreileitung samt Nebenanlagen vom Netzknoten St. Peter am Hart (OÖ) bis zum Netzknoten Tauern (Sbg.) für den im Bundesland Salzburg gelegenen Teil des Vor- habens (Salzburgleitung 2) und für die Errichtung und den Betrieb einer 220-kV Leitung vom UW Pongau bis zum Einbindepunkt in der Gemeinde Wagrain (Mayrdörfl) und der mit dem Vorhaben im Zusammenhang stehenden abschnittsweisen Mitführung von 110- kV Leitungen und Leitungsdemontagen als Gutachter für den Fachbereich Tourismus be- stellt.
Im Bescheid wird festgehalten, dass sich der konkrete Leistungsumfang unter Beachtung des Angebots des Verfassers dieses Gutachtens vom 21.10.2014 sowie subsidiär aus den Anforderungen der einschlägigen Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsge- setzes 2000 idgF im Zusammenhang mit den mit anzuwendenden bundes- und landesge- setzlichen Vorschriften ergibt.
Im oben erwähnten Angebot, welches auf einem Gespräch mit Referatsleiterin Mag. Dr. Eva Hofbauer, der Raumordnungs-Amtssachverständigen Dipl.-Ing. Gerlinde Born und Vertretern der Einschreiterin Bezug nimmt und am 16.10.2014 im Amt der Salzburger Landesregierung, Abt. 4, stattfand, wurde der Leistungsumfang wie folgt beschrieben und angeboten:
Teil A:
Vertiefende fachliche Beurteilung des Vorhabens mit Bezug auf den vom Amt der Salz- burger Landesregierung, Abt. 1, im März 2013 publizierten „Strategieplan Tourismus 2020“
1) Darstellung jener Maßnahmen, Zielsetzungen und Aktivitäten der Handlungsfelder des Strategieplans, für die das Projekt „380-kV Salzburgleitung“ Auswirkungen besitzt und Prüfung dieser Auswirkungen
2) Auswirkungen des Projekts auf die „Schönheit der Landschaft“ als „Kapital des Touris- muslandes Salzburg“ und zwar hinsichtlich der folgenden beiden Bereiche:
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a) Auswirkungen der durch den Leitungsbau bedingten Minderung des Wertes der Land- schaft für den Tourismus nach folgenden Kriterien:
Für all jene 23 Landschaftskammern, für die der im Behördenauftrag tätige Gutachter REVITAL eine Landschaftsbeeinträchtigung festgestellt hat, die „hoch“ oder „sehr hoch“ ist, wird nach einem zu erstellenden Kriterienkatalog nachvollziehbar geprüft, welche Auswirkungen auf die Beeinträchtigung der touristischen Betriebe im 1.000 m Wirkraum beiderseits der Leitungstrasse und auf die jeweils betroffene Tourismusregion gegeben sind. Bei der Ermittlung dieses Wertes für die Tourismusregionen wird - unterschiedlich nach den Regionen - berücksichtigt, welchen Wert die „schöne Landschaft“ im jeweiligen regionalen Marketing besitzt. Dazu werden auch Gespräche mit den jeweils zuständigen Geschäftsführern der Tourismusregionen/Tourismuskooperationen geführt. Bei jenen Landschaftskammern, für die REVITAL eine „geringe“ oder „mäßige“ Belastung festge- stellt hat, wird – wie im einleitend genannten Gespräch am 16.10.2014 festgehalten - davon ausgegangen, dass auch die allfällig negativen Auswirkungen auf den Tourismus vernachlässigt werden können. b) Auswirkungen der durch den Leitungsrückbau bedingten Steigerung des Wertes der Landschaft für den Tourismus nach folgenden Kriterien:
Für jene Landschaftsräume, für die der Leitungsrückbau, nach einem zu erstellenden Kriterienkatalog nachvollziehbar, den Wert der Landschaft vermutlich in hohem Ausmaß verbessert, was entsprechende Auswirkungen auf touristische Betriebe im 1.000 m Wirk- raum beiderseits der Leitungstrasse und auf die jeweils betroffene Tourismusregion be- sitzt, wird dies ermittelt. Bei der Ermittlung dieses Wertes für die Tourismusregionen wird - unterschiedlich nach den Regionen - berücksichtigt, welchen Wert die „schöne Land- schaft“ im jeweiligen regionalen Marketing besitzt. Dazu werden auch Gespräche mit den jeweils zuständigen Geschäftsführern geführt. ( In einem ergänzenden Mail vom 17.10.2014 wurde diese Untersuchung der Auswirkungen auf die „reinen Rückbau- Landschaftsräume“ Saalfeldener Becken, Talkessel von Hinterthal, Embacher Terrasse, Goldegg-St.Veiter Terrasse, Bluntautal, Steinernes Meer und Rossfeldkuppen beschränkt, da in diesen Räumen die Rückbau-Auswirkungen die positivsten Auswirkungen zeigen dürften.) c) Zusammenfassende Beurteilung der durch den Leitungsbau und Rückbau bedingten Auswirkungen der Veränderung des Wertes der Landschaft für die betroffenen Touris- musregionen und den Tourismusbetrieben aus der Sicht des „Strategieplans Tourismus 2020“, insbesondere des strategischen Handlungsfeldes: Nachhaltigkeit.
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Teil B:
Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf sechs hauptbetroffene Tourismusbetriebe im Hinblick auf eine allfällige Substanzwertvernichtung (Betriebe Haus Aspacher in Eu- gendorf, Mosottoalm in Bischofshofen, Gasthof Paß-Lueg Höhe in Golling, Wolfbachgut in Taxenbach und Haus Lochner und Apartmenthaus Walcherhof in Fusch).
Im Rahmen der vertiefenden Untersuchung erfolgt eine Beschreibung des Betriebes und seines Leistungsumfanges und, wenn möglich, auch der Gästestruktur und anderer be- triebstypischer Erfahrungswerte. Weiters wird an Hand eines Lokalaugenscheins eine Be- wertung der Beeinträchtigung im Rahmen einer Standortbesichtigung durchgeführt und es werden die Folgen des Leitungsbaus wie z.B. möglicher Umsatzrückgang aber auch Verlust der touristischen Verwertbarkeit des Gebäudes geprüft. Nach den Verfahren der Substanzwert - und auch – wenn dies die Informationen des Betreibers ermöglichen - der Ertragswertermittlung wird der Istzustand des Betriebes dem ermittelten Substanzwert nach Leitungsbau gegenübergestellt.
1.2 Begründung (Zitat Bescheid)
Die Austrian Power Grid AG, Wagramer Straße 19, IZD-Tower, 1220 Wien, sowie die Salzburg Netz GmbH, Bayerhamerstraße 16, 5020 Salzburg, beide vertreten durch Onz- Onz-Kraemer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH, Schwarzenbergplatz 16, 1010 Wien, haben mit Eingabe vom 28.9.2012 bei der Salzburger und der Oberösterreichischen Landesre- gierung um die Genehmigung gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 für die Errichtung und den Betrieb einer 380-kV Starkstromfreileitungsanlage samt Ne- benanlagen von St. Peter am Hart bis zum Netzknoten Tauern angesucht. Dieses Vorha- ben umfasst auch die 220-kV Leitung vom UW Pongau bis zum Einbindepunkt in die Be- standsanlage im Flachau.
Die gegenständliche Freileitung soll über das Gebiet der Bundesländer Salzburg und Oberösterreich führen, sodass sowohl die Salzburger Landesregierung als auch die Ober- österreichische Landesregierung für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens gem. UVP-2000 zuständig sind. Die Zuständigkeit der Salzburger Landesregierung als UVP-Behörde für den Vorhabensteil im Bundesland Salzburg ergibt sich aus § 3 AVG iVm § 39 Abs 2 iVm § 5 UVP-G 2000. Die subsidiäre Anwendbarkeit der Be-stimmungen des AVG im Verfahren ergibt sich aus § 42 Abs 1 UVP-G 2000.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung zum gegenständlichen Vorhaben, welche vom 2. bis 5.6.2014 stattfand, wurden verstärkt Fragen betreffend Auswirkungen des Vorhabens auf das „Tourismusland Salzburg“ relativiert.
380-kV Tourismusgutachten 3
Grundsätzlich sind ökonomische Folgen eines Vorhabens, wie insbesondere auch die Auswirkungen auf den Tourismus bzw. auf einzelne Tourismusbetriebe im Zuge der UVP nicht zu prüfen, und insbesondere nicht Gegenstand der UVE (Lindner/Sladek/Fischer, RdU-UT 2010/23). Bestätigend dazu darf auf eine von mehreren grundlegenden Ausfüh- rungen verwiesen werden. In US 11.6.2010, US 1A/2009/6-142, Heiligenkreuz wird zu einer diesbezüglichen Entwertungs-Einwendung ausgeführt „Soweit von den Berufungs- werberinnen eine Entwertung ihrer Liegenschaften (fallende Preise durch die unattraktive Nachbarschaft einer Müllverbrennungsanlage) oder die Beeinträchtigung von Geschäftsin- teressen (z.B. Rückgang des Tourismus, unzureichende Auslastung der Hotels) einge- wendet wurde, sind damit keine im UVP-Verfahren geschützten Rechte geltend gemacht worden.“ Anderes gilt nur dann, wenn ein mitanzuwendendes Materiengesetz die Berück- sichtigung ökonomischer Aspekte beinhaltet oder die Mindestkriterien des § 17 Abs 2 UVP-G (Substanzwertvernichtung, Verlust der Verwertbarkeit oder bestimmungsgemäßen Sachnutzung) dies erfordern.
Für das gegenständliche Verfahren ist festzustellen, dass sich sowohl im UVP-G 2000 als auch in den mitanzuwendenden Verwaltungsmaterien einzelne Bestimmungen finden, die eine (Mit-)Berücksichtigung der ökonomischen Aspekte des Tourismus oder fachbezoge- ner Planungen im Tourismusbereich erfordern und welche mithilfe eines ergänzenden Tourismusgutachtens vertiefend untersucht und beantwortet werden sollen. a.) UVP-G 2000
Nach § 12 Abs 5 Z 5 UVP-G 2000 hat das UVGA u.a. fachliche Aussagen zu den zu erwar- tenden Auswirkungen des Vorhabens auf die Entwicklung des Raumes unter Berücksichti- gung öffentlicher Konzepte und Pläne zu enthalten. Dies soll nach Schmelz/Schwarzer, UVP-G, Rz 37 zu § 12, zu einer verstärkten Berücksichtigung von örtlichen und überörtli- chen Konzepten, wie bspw. Abfallwirtschafts- oder Verkehrskonzepten, beitragen.
Unter solchen „Plänen und Konzepten“ sind daher auch raumbedeutsame Planfestlegun- gen in Bezug auf touristische Nutzungen des Landes zu verstehen. Der Hinweis in Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, Rz 16 zu § 12, wonach die Beurteilung durch einen „raumfachlich qualifizierten Sachverständigen“ zu erfolgen habe, darf dabei nicht einschränkend – bspw. auf SV der Raumplanung gem. den jeweiligen ROGs der Länder – verstanden werden; da in den dortigen Erwägungen auch Verkehrs- und Leitungsplanun- gen als maßgebliche Raumplanungen erwähnt werden.
Soweit sich daher touristische Festlegungen in raumbezogenen Plänen und Programmen finden, sind die darin enthaltenen Zielbestimmungen und Festlegungen auch als raumbe- deutsame Maßnahmen gem. § 12 Abs 5 Z 5 UVP-G 2000 anzusehen und die Auswirkun- gen des Vorhabens auf diese fachlich zu prüfen.
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Darüber hinaus sind bei Tourismusbetrieben auch die Mindestkriterien des § 17 Abs 2 Ziff. 2 lit a UVP-G 2000 beachtlich, der alle Eigentümer und dinglich Berechtigten und damit auch Inhaber von Tourismusbetrieben, vor einer Substanzwertvernichtung, nicht aber vor einer bloßen Wertminderung, schützen. Einer Substanzwertvernichtung gleich- zuhalten ist der Verlust der Verwertbarkeit, wobei ein solcher dann anzunehmen ist, wenn die nach der Verkehrsauffassung übliche bestimmungsgemäße (Sach-)Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist (VwSlg. 16123A/2003 mwN). Dazu führt der VwGH im Erk. vom 18.11.2004, 2004/07/0025, aus: „Aicher führt als einen jener Fälle, in de- nen eine Eigentumsgefährdung vorliegt, den Fall an, „wenn die Sachnutzung bedroht ist, weil die bei der Nutzung verwendeten Sachen oder die Nutzungsergebnisse einer Be- schädigung ausgesetzt sind.
So z.B. Schäden an den Kulturen, an weidendem Vieh, an Betriebseinrichtungen (VwGH 30.11.1977, 945/76, ZfVB 1978/520). Dabei handelt es sich vor allem um Immissionen, die unmittelbar auf die genutzte Sache oder auf die Nutzungsergebnisse nachteilig ein- wirken.“ (Aicher, Die Gefährdung des Eigentums und dinglichen Rechte, in: Stolzlechner- Wendl- Zitta (Hrsg.): Die gewerbliche Betriebsanlage, S. 109, Rz 191).
Unter Beachtung dieser Abgrenzung (Substanzwertvernichtung bzw. Verlust der Verwert- barkeit vs. bloße Wertminderung) sind daher bei insgesamt sechs Betrieben (Betriebs Haus Aspacher in Eugendorf, Mosottalm in Bischofshofen, Gasthof Pass Lueg Höhe in Golling, Wolfsbachgut in Taxenbach und Haus Lochner und Appartementhaus Walcherhof in Fusch) vertiefende Untersuchungen anzustellen, ob und inwieweit bei diesen eine Sub- stanzwertvernichtung/Verlust der Verwertbarkeit durch das gegenständliche Vorhaben zu gewärtigen ist. Eine „bloße“ Wertminderung ist hingegen aufgrund der Vorgaben des § 17 Abs 2 Ziff. 2 lit a UVP-G 2000 unbeachtlich. Darüber hinaus verlangt ggf. auch § 17 Abs 5 UVP-G 2000 eine Befassung mit Aspekten der örtlichen Raumplanung (Strategiepla- nung). Die Genehmigungsfähigkeit von Projekten der gegenständlichen Art ergibt sich zwar grundsätzlich allein aus § 17 UVP-G 2000 – nach Abs 1 in Bezug auf die auf das Projekt anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und nach Abs 2 bis 6 im Hinblick auf die spezifischen UVP-Genehmigungstatbeständen – doch kann der Versagungstatbestand des § 17 Abs 5 UVP-G 2000 dann gerechtfertigt sein, wenn schwerwiegende Bedenken gegen das Projekt aus diesen Gründen (Widerspruch zu raumbedeutsamen Planungen) beste- hen, auch wenn diese nicht unmittelbar anzuwenden sind, weil kein Genehmigungserfor- dernis unter Einbeziehung dieser Aspekte besteht (siehe VwGH 24.7.2014, Zlen 2013/07/0286-8, 2013/07/0215-12, 2013/07/0224-11 sowie US vom 26.8.2013, 3A/2012/19-51 „Wasserkraftanlage Murkraftwerk Graz“).
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b.) Mitanzuwendende Verwaltungsmaterien
Eine fachliche Darstellung und Abstimmung mit bestimmten Landesplanungen erfordern auch die Genehmigungstatbestände im Energiebereich:
Bei einer starkstromwegerechtlichen Entscheidung nach § 7 StWG bzw. bei einer Bewilli- gung nach § 54 Sbg. LEG – beide sind für das gegenständlichen Vorhaben iSd § 17 Abs 1 UVP-G 2000 mitanzuwenden - sind raumbedeutsame Pläne als rechtsförmlich konkreti- sierte sonstige öffentliche Interessen in die Abwägungsentscheidung einzustellen und eine möglichst optimale Abstimmung mit diesen anzustreben. Diese materiell begründete „Abstimmung“ mündet daher im Allgemeinen in eine verfahrensrechtliche Auseinander- setzungspflicht (Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht 2, Rz 580f, noch weiter ge- hend VwGH 6.7.2010, 2008/05/0119, zur Sbg-Leitung, wonach diese als verfahrens- rechtliche Regelung nicht von der Konzentrationswirkung des § 3 (3) UVP-G 2000 um- fasst sei). Berücksichtigen wirkt jedenfalls schwächer als Vollziehung oder Anwendung. Eine über die Berücksichtigung und Abstimmung und damit über die verfahrensrechtliche Auseinandersetzungspflicht hinaus gehende Verbindlichkeit besteht in konzentrierten Ge- nehmigungsverfahren – wie für die gegenständliche Leitungsanlage – nicht.
Die Berücksichtigung dieser öffentlichen Konzepte und Pläne im Rahmen der jeweiligen Genehmigungstatbestände hat daher eine verfahrensrechtliche Auseinandersetzung mit diesen im Rahmen des Verfahrens und in weitere Folge im Rahmen der zitierten Geneh- migungstatbestände zur Folge. In Mitanwendung der zitierten energierechtlichen Best- immungen des § 7 StWG bzw. des § 54 LEG 1999 besteht nach Ansicht der ha. UVP- Behörde im Hinblick auf touristische Festlegungen eine verfahrensrechtliche Auseinander- setzungspflicht bei Prüfung dieser Genehmigungstatbestände. c.) Interessensabwägung nach § 3a SNSchG
Widersprüche oder Zielkonflikte zu den zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen anderer Planungsträger können aufgrund der darin enthaltenen grundlegenden Festle- gungen und Wertentscheidungen über die Raumnutzung aber auch Implikationen auf das öffentliche Interesse an der geplanten Realisierung eines „raumbeanspruchenden“ Vor- habens haben, weshalb diese auch im Rahmen der voraussichtlich durchzuführenden In- teressenabwägung beachtlich sind (in diesem Sinne auch BVwG vom 28.8.2014, W104 2000178-1/63E). Da aufgrund der vorläufigen Einschätzungen der Sachverständigen und der UVP-Behörde anzunehmen ist, dass einer naturschutzrechtliche Genehmigung des Vorhabens nur mithilfe der Interessensabwägung nach § 3a SNSchG erfolgen kann, ist eine vertiefende fachliche Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf den genannten Strategieplan Tourismus notwendig.
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1.3 Verwendete Unterlagen, Informationen, Unterstützung
Seitens des Amtes der Salzburger Landesregierung wurden dazu folgende Unterlagen aus dem einleitend genannten Verfahren zur Verfügung gestellt: UVE Gutachten Fachbereich: Landschaft/ Verfasser: RegioplanIngeneure Salzburg GmbH vom Jänner 2013 samt Anhängen 1-5 UVE Gutachten Fachbereich Raumordnung Teil (A) Teilaspekt Siedlungsraum und Ortsbild und Teil (B) Teilaspekt Tourismus- und Freizeitinfrastruktur / Verfasserin: Terra Cognita Claudia Schönegger KG vom Jänner 2013 Umweltverträglichkeitgutachten vom 16.12.2013 Anlage 1 bis 5 zum Umweltverträglichkeitsgutachten vom 16.12.2013 Ergänzung zum Gutachten für den Fachbereich Naturschutz/Fauna und Flo- ra/Biotope/Ökosysteme/Landschaft /Verfasser REVITAL Intergrative Naturraum- planung GmbH vom 17.10.2014 Karten und Tabellen für sechs Fragenbereiche, zur Verfügung gestellt lt. Über- nahmebestätigung vom 4.11.2014 von der Raumordnungs-Amtssachverständigen DI Gerlinde Born Auswertungen und Tabellen zum Thema Tourismus – Landschaft in neun Berei- chen zur Verfügung gestellt mit Mail vom 14.11.2014 und 18.11.2014 durch Raumordnungs-Amtssachverständigen DI Gerlinde Born.
Als Unterlagen wurden weiters verwendet: