Auf dem Weg zum - Profi

von Noah Peil

2015, Yannik Engelhardt ist gerade einmal 14. Altersgenossen lassen sich von der Schule abholen, bekommen Mittagessen pünktlich serviert und An- ziehsachen früh morgens feinsäuberlich von Mama oder Papa herausgelegt. Der leidenschaftliche Fußballspieler aus dem kleinen Dorf Wollbrandshausen, im Mittelgebirge zwischen Göttingen und Hannover, fasst einen bemerkenswer- ten Entschluss.

Engelhardt zieht ins mehr als zwei Stunden von seiner Heimat entfernte Jugendinternat des Bundesligisten SV Werder Bremen. Für einen Traum, den viele Kinder haben: Profifußballer wer- den. Heute ist der 18-jährige Mittelfeld- spieler Kapitän der grün-weißen A-Ju- nioren-Mannschaft und deutscher Ju- gend-Nationalspieler. Doch die Route soll noch nicht vorbei sein, kurz vor München, Dortmund und Hoffenheim – den Ortsschildern der Bundesliga. Doch ganz von vorn: Mit vier die Jugendzeit für ihn nach dieser Sai- Jahren tritt er zum ersten Mal im son. In der Junioren-Bundesliga Nord/ Verein vor einen Ball, Jugendtrainer Nordost trifft Engelhardt mit Werder erkennen sein Talent schon in jun- Bremen auf Teams wie RB Leipzig, den gem Alter und fördern ihn. Er selbst VfL Wolfsburg und den Hamburger SV. möchte wissenshungrig stets besser Zumindest auf kleiner Bühne das Kräf- temessen mit großen Vereinen. Zur werden. Vorbereitung auf diese Partien geht es Während Engelhardts Zeit beim JFV für Engelhardt wöchentlich drei Mal in Eichsfeld eröffnen sich dann die Tore den Kraftraum, vier Mal trainiert die zu den Nachwuchsleistungszentren. Mannschaft auf dem Platz. Hinzu Die Bundesligisten Hannover 96 und kommen Abschlusstrainings, Spieltage Werder Bremen laden ihn zum Vorspie- und englische Wochen. Damit ist En- len ein. Weil der SVW ein Jugendinter- gelhardt bereits hauptberuflich Fuß- nat hat, die Strecke von Göttingen zu ballspieler. Ungefähr einmal im Monat weit ist, fällt die Entscheidung auf die schafft es der junge Mann in seine Hansestädter. Ab da kommt er nur ein Heimat, die Nächte verbringt er in der bis zwei Mal im Monat ins heimische eigenen Wohnung. Wollbrandshausen. Der Weg in den Profi- fußball ist schwer. Die Konkurrenz ist groß, die „Einfach weiter machen und Anforderungen hoch und es gilt Leistungen sich beweisen.“ konstant zu erbringen. „Du musst immer Spaß „Es war anfangs schon etwas schwie- am Fußball haben. Wenn rig, aber ich war nie ein Mensch, der du den verlierst, wird es schwer“, sagt Heimweh hatte“, erzählt Engelhardt Engelhardt. „Neben dem Platz und weiter: „Aber ich wurde gut abge- brauchst du Ehrgeiz und Disziplin. lenkt, konnte mich immer auf meinen Wenn ich Ziele habe, dann verfolge ich Traum fokussieren. Dadurch ist die Be- die mit aller Willenskraft.“ ziehung zu meiner Familie noch stärker Jüngst absolvierte er die Saisonvorbe- geworden.“ In der vergangenen Ju- reitung mit Werder Bremens U23. Die gendsaison erzielt Engelhardt zehn Zweitvertretung des Bundesligisten Tore in 32 Spielen, eine stolze Quote spielt in der Regionalliga Nord, kämpft für einen Mittelfeldspieler. Ob defensiv dort, gemeinsam mit größeren und oder zentral, das ist ihm gleich, beson- kleineren Vereinen, genau wie Engel- ders das Spiel mit dem Ball am Fuß hardt, um den Sprung in den Profifuß- liegt ihm. ball, sprich die 3. Liga. „Ich bin auf Die vergangene Saison beendete En- dem Platz auf meine Aufgaben konzen- gelhardts U19 mit der Vizemeister- triert, versuche das Team zu führen, schaft. Zeitgleich hat die Bremer voran zu gehen“, erzählt Engelhardt Nachwuchshoffnung das Abitur an ei- und erläutert den größten Unterschied nem Kooperationsgymnasium abge- zu dem Charakter neben dem Platz: schlossen. Den Fokus richtet er vorerst „Da bin ich für einen guten Witz zu ge- nur auf den Fußball, schließlich endet brauchen“, erzählt er.

In der U19-Mannschaft ist Engelhardt Alexander Nouri Eggestein dann zum Kapitän, fühlt sich für das Geschehen Stammspieler. „Er ist ein Vorbild, an innerhalb des Teams verantwortlich. dem man sich messen kann. Der Weg, Gute Karten, für den Sprung in Werder den er bei Werder genommen hat, ist Bremens Seniorenbereich. Die Profis beeindruckend. Ich hätte nichts dage- trainieren nur wenige Meter vom Ju- gen, wenn meiner ähnlich verläuft“, gendgelände entfernt. „Wenn du auf sagt Engelhardt, der auch Real Ma- den Platz gehst, hast du den Ansporn, drids Toni Kroos und Bayerns Mittel- dass du weißt, zehn, fünfzehn Meter feldmann Thiago zu seinen Vorbildern daneben sind die Spieler der Mann- zählt. Der Nachwuchskicker meint aber schaft, wo du auch mal hinwillst.“ Dann auch ehrgeizig: „Je älter du wirst, des- blicken Engelhardt und seine Teamkol- to weniger schaust du dir von jemand legen in das große Geschäft Bundesli- anderem etwas ab. Du versuchst, dei- ga, auf das Trainingsfeld einer Mann- nen eigenen Spielstil durchzusetzen.“ schaft, die in der vergangenen Saison um den Einzug ins internationale Ge- Seit 2018 gehört Engelhardt zum Auf- schäft kämpfte, mit klangvollen Namen gebot der deutschen Junioren-Natio- in den eigenen Reihen, wie Claudio Pi- nalmannschaft, im Spiel gegen Spani- zarro, Milot Rashica, Davy Klaassen en debütierte er jüngst nach Einwechs- oder Nuri Sahin. Die Distanz zur Profi- lung in der U19. Für den Nachwuchs- mannschaft mag kurz sein, die Hürden spieler eine gute Gelegenheit, sich mit bis dahin umso höher. „In erster Linie internationalen Spitzenfußballern sei- musst du deine Hausaufgaben ma- nes Alters zu messen und Leistungen chen, hart an dir arbeiten, die Leistun- zu vergleichen. Dazu ist es natürlich gen bringen und auf dich aufmerksam etwas Besonderes, den Bundesadler machen. Wenn es so weit ist, heißt es auf der Brust zu tragen. „Wenn du in einfach weitermachen und sich dort der Startaufstellung stehst und die Na- beweisen“, sagt Engelhardt. Auf jenem Profitrainingsplatz von Werder Bremen feilt ein „Ich versuche das Team zu Spieler an seinen Fähigkei- ten, der eine ähnliche Vita führen, voran zu gehen.“ und insbesondere Position, wie Yannik Engelhardt, vor- tionalhymne singst, ist das schon ein weist: . Der fünf ziemlich cooles Gefühl“, sagt Engel- Jahre ältere Mittelfeldmann, unange- hardt. In solch elitären Fußballkreisen fochtener Leistungsträger der ersten verfällt der Kicker-Geek wohl immer Mannschaft, stammt ebenfalls aus dem wieder in Wahrscheinlichkeitsrechen- Leistungszentrum der Hansestädter spiele. So haben zehn Spieler des und gilt in Deutschland als vielverspre- Deutschland-U19-Septemberaufge- chendes Talent. Heute hat Eggestein bots, zu dem auch Engelhardt gehört, über einhundert Profispiele für Werder schon einen Pflichtspielkadereinsatz Bremen absolviert, sein Debüt gab er bei den Profis absolviert, manch einer mit 17 Jahren in einem ähnlichen Alter, ist Stammspieler in der 2. Bundesliga. wie Engelhardt – damals noch unter Ex-Werder Profi Viktor Skripnik. Zu- Zu den Teamkollegen gehört auch Oli- nächst reichte es ab da für vereinzelte ver Batista Meier, Gewinner der silber- Kurzeinsätze, Anfang 2017 macht nen Fritz-Walter-Medaille 2018, einer hohen DFB-Jugendauszeichnung in Frage, in welchem Stadion er einmal Deutschland. Ein anderes Zahlenspiel: spielen möchte, überlegt er nicht lang: 28 der 2014 bei der A-Junioren-Natio- „Das Bremer Weserstadion wäre erst- nalmannschaft nominierten 41 Spieler mal ganz cool.“ sind heute als Profis in ersten oder zweiten Pflichtspielligen tätig, ganze acht davon stehen oder standen in der Herren-Nationalmannschaft von Jogi Löw. „Die Statistiken lügen nicht, aber es sind nur Statistiken, ein Durch- schnitt. Am Ende geht es darum, dass jeder Einzige seine Ziele verwirklichen will. Es ist kein leichter Weg, aber ein spannendes Ziel“, sagt Engelhardt. Im letzten Jugendjahr wirkt Engel- hardts Entfernung zur großen Bühne Profifußball für Außenstehende so greifbar nah. An Wochenende pilgern abermals zigtausende Zuschauer in die Erst- und Zweitbundesligastadien der Nation, um Spieler, wie Yannik Engel- hardt anzufeuern und spielen zu sehen. Personalknappheit in der ersten Mann- schaft oder Abgänge im Transferfens- ter, all das können externe Faktoren für den Einsatz eines Spielers, wie Engel- hardt sein. Einmal die Position behaup- tet, könnte zumindest vorerst der Ka- derplatz in der Bundesliga gefestigt sein. Der Kindheitstraum Profifußballer könnte für den Mitteldeutschen, auch dank seines jahrelangen Kampfs sowie dem mutigen Schritt in einem jungen Alter aus dem Elternhaus heraus, in Erfüllung gehen. Doch auch er weiß: „Am Ende ist es auch eine Portion Glück, die man braucht. Das Wich- tigste ist gesund zu bleiben. Ver- letzungen können schnell Karrie- ren beenden. Es ist zum richti- gen Zeitpunkt am richtigen Ort zu seinen, einen Trainer zu haben, der auf dich setzt.“ Ehrgeizig behauptet Engel- hardt zudem, der Weg sei noch lang, dahin, wo er einmal hinmöchte. Auf die Woodrow Wilson Sports Consulting ® ist eine junge dynamische Sportagentur, ge- gründet in Bremen. Für unsere Sportler konzentrieren wir uns auf ein hochwertiges Athletenmanagement, bei dem der Sportler zu jeder Zeit im Mittelpunkt steht. Aus langjähriger Erfahrung im Spitzensport optimieren wir Vertrags- und Vermögenssitua- tion, Performance und Markenentwicklung. Das vorstehende Spielerportrait wurde in unserem Auftrag von Noah Peil auf Basis eines unabhängig geführten Interviews geschrieben und von uns lediglich redaktio- nell bearbeitet. Es spiegelt ausschließlich die Meinung des Autoren wider. Alle Fotos © Woodrow Wilson Sports Consulting GmbH V.i.S.d.P.: Woodrow Wilson Sports Consulting GmbH, Harald Albrecht, Am Wall 175/177, 28195 Bremen, Tel. 04 21-84 780 800, [email protected].