17 & 22 – 24 Nov 2018 SA 17 NOV-PRELUDE 19:30 UHR BEVERLY GLENN-COPELAND

Der 1944 geborene amerikanisch-kanadische Transgender-Mann Beverly Glenn-Copeland veröffentlichte 1970 eine psyche- delische Folkplatte mit Jazzeinschlag und Reminiszenzen an den Gesang von Tim Buckley. Erst 1986 erschien der Nachfolger «Keyboard Fantasies», eine Ambient-New Age-Pop-Soloaufnahme mit Gesang, Synthesizer und Drum-Computer. Beide Alben wurden kürzlich wiederveröffentlicht und brachten seinen Namen international auf’s Tapet. In den letzten 30 Jahren trat Glenn- Copeland hauptsächlich als Komponist und Schauspieler für das Kinderfernsehen (u.a. Sesamstrasse) in Aktion. Erst vor wenigen Jahren begann er wieder aufzutreten, im letzten Jahr zusammen mit dem Queer Songbook Orchestra, und kommt nun für wenige Konzerte nach Europa. Mit einem fünfköpfigen Ensemble rollt er seine musikalische Geschichte auf, die von den allermeisten jetzt erst entdeckt, so schnell aber nicht wieder vergessen werden wird. KUKURUZ QUARTET PLAYS JULIUS EASTMAN

Das Zürcher Kukuruz Quartet nimmt sich der Musik von Julius Eastman an, einem Minimal Music-Komponisten, dessen Geschichte in den letzten Jahren weite Kreise zog. Der 1940 geborene Eastman war als homosexueller Schwarzer ein Aus­ nahmefall in einer rein weissen Domäne wie der Minimal Music- Schule der 1970er-Jahre um Steve Reich, Philip Glass und Terry Riley. Eastman arbeitete mit John Cage, sang auf Meredith Monks «Dolmen Music», dirigierte für Arthur Russell. Seinen Kompositionen für vier Klaviere gab er Titel wie «Evil Nigger», «Crazy Nigger» oder «Gay Guerrilla». Mit John Cage überwarf er sich schliesslich, dieser sagte an einem denkwürdigen Vortrag über Eastman: «His ego is closed in homosexuality. And we know this because he has no other ideas.». Anfang der 1980er- Jahre begann der Abstieg in Alkohol und Drogen, Eastman wurde obdachlos und starb 1991 einsam, verarmt und vergessen von der Musikwelt. Erst in den letzten wenigen Jahren ist sein Name plötzlich wieder aufgetaucht und seine Musik wurde von einer neuen Generation von Musiker*innen entdeckt und aufgeführt. Das Kukuruz Quartet veröffentlichte soeben eine CD mit Aufnahmen von Eastman-Kompositionen für vier Klaviere, spielen werden sie davon in der Dampfzentrale Bern «Evil Nigger» und «Gay Guerrilla», beide von 1979. DO 22 NOV Ein fehlendes Glied in der Kette des Saint Ghetto-Programmes der ersten 10 Jahre kommt nun endlich nach Bern. ist 19:30 UHR eine britische Band mit einem einzigen konstanten Mitglied, dem CURRENT 93 enigmatischen . Seit den frühen 1980er-Jahren schart er jeweils dann Leute um sich, wenn ein neues Werk ent- stehen soll oder einer der seltenen Liveauftritte ansteht. Eigen- willige Figuren wie (), Baby Dee, , (Coil), Hilmar Örn Hilmarsson oder Ben Chasny (Six Organs Of Admittance) haben ein paar Jahre lang im Dienst von Current 93 gestanden. Berühmtheiten wie , Björk, Bonnie «Prince» Billy, , Rickie Lee Jones oder John Zorn waren einmal oder öfter Gast auf Alben.

David Tibets künstlerisches Universum war immer gross und umfassend, es ging ihm um mehr als nur darum sein eigenes Band- projekt voranzutreiben. Er führte im Laufe der Jahre mehrere Labels und Buchverlage, er entdeckte Antony Hegarty und veröffentlichte die erste Platte von Antony & The Johnsons. Er war es auch, der die legendäre Folklady einem jungen Publikum zugänglich machte, was schliesslich dazu führte, dass sie 2016 nach 40 Jahren ihr erstes neues Album veröffentlichte und wieder aufzutreten begann.

Stilistisch hat David Tibet mit Current 93 immer wieder grosse Wandel vollzogen: Anfangs klar in der zu verorten, begann er rasch, in einen Mystizismus und mit Religiosität aufgeladenen musikalischen Bereich zu driften, den davor noch niemand besetzt hatte, aber viele Nachahmer*innen nach sich ziehen sollte. In den späten 1980ern begann ein langsamer Wechsel hin zu einer Art britischem Neo Folk, der aber klar ein junges, progressives, den düsteren musikalischen Welten zugeneigtes Publikum bediente. Current 93 war seit der Gründung immer aktiv, blieb nom de guerre für alle musikalischen Aktivitäten von David Tibet. Schon allein dadurch, dass er immer wieder neue Leute um sich scharte, bewahrte ihn davor, dass Current 93 stehen blieb oder sich im Kreis drehte. Die aktuelle Besetzung besteht aus: David Tibet, Reinier Van Houdt, , Alasdair Roberts, Aloma Ruiz Boada, Michael J. York. FR 23 NOV 19:30 UHR ANNA VON HAUSSWOLFF

Anna von Hausswolff kommt mit ihrer Band erneut nach Bern; fünf Jahre nach ihrem ersten Besuch in der Dampfzentrale Bern und vier Monate nachdem sie am Montreux Jazz Festival im Vor- programm von Nick Cave & The Bad Seeds auftrat. Mit ihrer glasklaren Stimme und einer Musik zwischen sakralem Pop, Drone Rock, experimentellem, in den 1970er-Jahren wurzelndem Monu- mental-Rock und Doom Metal hat die Schwedin ihre ganz eigene Nische besetzt, wird von Bands wie Swans hoch geschätzt und gleichzeitig als neue Kate Bush gepriesen. Mit ihrem aktuellen Album «Dead Magic» ist sie bei City Slang Records neben Timber Timbre, Son Lux oder Tindersticks in bester Gesellschaft von Bands, die ihren Pop eigenwillig zu formen wissen. Durch die Produktionsarbeit von Randall Dunn, der sich sonst vor allem für die markerschütternden Produktionen von Sunn O))) verant- wortlich zeigt, ist sie aber die radikalste, atmosphärisch dichteste Label-Vertreterin. CIRCUIT DES YEUX

Haley Fohr alias Circuit Des Yeux aus Chicago gehört unbestritten zu den eigenwilligsten Stimmen im musikalischen Underground der letzten Jahre. Ihr Bariton trägt die dunkel gefärbten Songs zwischen dramatischem Singer/Songwriter-Folk, psychedelischem Kunst-Blues und melancholischer Electronica. Circuit Des Yeux, das ist Folkmusik aus einer unwirtlichen Parallelwelt und ein berauschendes Fest der Reduktion. Sie spielt am Saint Ghetto Festival ein Solokonzert, nachdem sie Anfang Jahr mit Band auf Tour gewesen ist. SA 24 NOV 19:30 UHR DAF

DAF haben Geschichte geschrieben. Der Titel ihres Songs «Verschwende Deine Jugend» wurde zum Buch- und Filmtitel und geflügelten Wort. «Der Mussolini» ist immer noch der einzige Tanzbodenfeger, in dessen Refrain zwei Despoten und ein Heiliger besungen werden, und «Der Räuber und der Prinz» war der wohl erste homoerotisch aufgeladene deutsche Popsong. Neben Kraftwerk waren DAF der zweite deutsche Beitrag an die Entste- hung von Techno, sie nahmen aber auch die dem Industrial nahestehende, düstere Electro Pop-Genreschublade EBM (Electronic Body Music) vorweg, die durch Künstler*innen wie Helena Hauff gerade einen zweiten Frühling erlebt. Wo bei Kraftwerk das Verschwinden der Gitarre aus der Musik zu ent- LOLINA menschlichter Kälte oder zumindest zu distanzierter Cybererotik führte und die Industrialisierung thematisierte, trat bei DAF durch die Reduktion auf Beat und Gesang der Sex in die erste Lolina ist Inga Copeland, ehemalige Gefährtin von Dean Blunt Reihe. Live war DAF in ihren frühen Jahren ein abenteuerliches in ihrem gemeinsamen Projekt Hype Williams. Gleich wie Dean Blunt Unterfangen: Robert Görl sass am Schlagzeug, Gabi Delgado (der 2014 am Saint Ghetto auftrat) hat es Inga Copeland darauf stand mit dem Mikrofon an der Bühnenfront und die Elektronik angesetzt, das Gegenteil von dem zu tun, was einen im Musik- wurde ab Kassette eingespielt. Dafür standen jeweils gleich viele business weiterbringen könnte: Sie legt sich auf keinen Namen fest, Kassettendecks auf der Bühne wie Stücke gespielt werden Informationen über sie gibt es kaum, ihre Veröffentlichungen sollten, damit sich ein Spulen oder Umdrehen erübrigte und die sind meist nicht mal beschriftet und erscheinen in absurd kleinen Reihenfolge spontan festgelegt werden konnte. Auflagen, die jeweils sofort ausverkauft sind. Das Webradio «Byte FM» nannte sie «eines der grössten Mysterien des Art Pop». Auch hinsichtlich des Images waren DAF prägend: Ihr Auftreten Musikalisch ist sie ebenso schwer zu fassen wie als Person: zwischen Militarismus und Ledermachismo stiftete Verwirrung in Elektronischer, experimenteller Pop mit Nähe zum Dancefloor, der etwas unschuldigen Popszene der frühen 1980er-Jahre. aber alles wirkt unwirsch, selbst ihr Gesang. Perfektion ist Nachwehen von DAF hört man gegenwärtig zum Beispiel in dem ihr ein Gräuel, dafür trägt ihre Musik trotz hohem Abstraktions- auf Gesang, Beats sowie Bass- und Synthesizer-Läufe reduzierten grad viel Wärme in sich. Und hat zuweilen einen bestechenden Punk der Sleaford Mods. Groove... DAF JENNY HVAL

Die Norwegerin Jenny Hval spielt doppelbödige Popmusik. Das ver- bindet sie mit der US-amerikanischen Musikerin St. Vincent, mit der sie eine gemeinsame Tour bestritt. Jenny Hval begann ihre Laufbahn als Sängerin einer Gothic-Band, veröffentlichte zwei Romane und machte sich vor einem dutzend Jahren musikalisch selbständig. Zuerst als Rockettothesky und seit fünf Alben als Jenny Hval vermengt sie experimentelle Popsounds, Folk, avantgar- distisches Songwriting, Noise und Elektronik. Die letzten Werke – erschienen bei Sacred Bones Records, die sich auch für die musikalischen Ergüsse von Zola , David Lynch oder John Carpenter verantwortlich zeigen – festigten ihren Ruf als Skandina- viens neue Avantgarde Pop-Queen. Ihre letzte Platte «Blood Bitch» handle von Vampiren, Menstruation und Kapitalismus, sagt sie. JOHN BENCE

John Bence aus Bristol hat seinen Background in der klassisch komponierten Musik. Die soeben erschienene Platte auf Yves Tumors Grooming-Label ist schon wieder vergriffen, und das ist vielleicht gut so, denn «Kill» sollte man nicht als Tonaufnahmen hören, sondern live erleben. «Sepulchral, majestic. He shapeshifts from something like prime, latter day Coil in a section of rever- berant cello and ghostly keening, to erupt in Prurient like howls TICKETPREISE and psychotomimetic scat like a possessed, Welsh mining choir. 17 NOV: CHF 20.-/25.-/30.- (…) Pure entropy, vocals layered and decaying into extremes of 22 NOV: CHF 30.-/35.-/40.- the soundfield» (Boomkat). Verkürzt könnte man auch sagen: Not 23 NOV: CHF 30.-/35.-/40.- to be missed! 24 NOV: CHF 35.-/40.-/45.- FESTIVALPASS F¨UR VIER TAGE: CHF 100.- VORVERKAUF VIA STARTICKET PREISKATEGORIE FREI W¨AHLBAR. DAMPFZENTRALE BERN WIRD GEF¨ORDERT DURCH: MEDIENPARTNER: UNTERSTU¨TZUNG: SA 17 NOV-PRELUDE BEVERLY GLENN-COPELAND KUKURUZ QUARTET PLAYS JULIUS EASTMAN

DO 22 NOV CURRENT 93

FR 23 NOV ANNA VON HAUSSWOLFF CIRCUIT DES YEUX LOLINA

SA 24 NOV

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