Mogador, eine Handelsstation am westlichen Rand der phönizischen und römischen Welt – die Tierreste

Cornelia Becker1, Angela von den Driesch2, Hans Christian Küchelmann3 1Institut für Prähistorische Archäologie, Freie Universität Berlin, Altensteinstr. 15, 14195 Berlin 2Institut für Paläoanatomie und Geschichte der Tiermedizin, LMU München, Kaulbachstr. 37, 80539 München 3„Knochenarbeit“, Konsul-Smidt-Str. 30, 28217 Bremen

Die Fische der Welt lagen ihr am Herzen, so auch das Material aus Mogador, an dem sie bis zuletzt gearbeitet hat: Frau Prof. Angela von den Driesch verstarb am 4. Januar 2012. Ihr sei dieser Beitrag gewidmet. 12 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Zusammenfassung / Abstract

Bei den Ausgrabungen auf der Île de Mogador vor der Südküste Marokkos wurden 2007 und 2008 insgesamt 63.289 Tierreste freigelegt. Mehr als zwei Drittel des Materials sind Schlacht- und Speisereste aus einer phönizi- schen Faktorei, die dort vom 7.-5. Jh. v. Chr. betrieben wurde. Etwa 6% der Funde datieren in das 1.- 3. Jh. n. Chr., als auf der Île de Mogador Römer Fuß gefasst hatten. Rund 15% des Materials war stratigraphisch nicht einzuord- nen. Die hier vorliegenden Überreste von Haus- und Wildsäugetieren, Haus- und Wildgefl ügel, Fischen, Mollusken, Seeigeln, Krebsen und Schildkröten sind in ihrer Artenzusammensetzung außerordentlich vielfältig, teils sogar ungewöhnlich. Sie stehen stellvertretend für eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten: den Transport von Nah- rungsmitteln, Tieren und Rohstoffen per Schiff, die Nutzung natürlicher Ressourcen vor Ort, den Export bestimmter Produkte sowie den Handel und Tausch mit der einheimischen Bevölkerung. Dabei lassen sich anhand der Tier- reste signifi kante Unterschiede in der Logistik und Subsistenzstrategie bei Phöniziern und Römern nachweisen.

A total of 63,289 remains were recovered during excavations in 2007 and 2008 on the Île de Mogador off the south coast of Morocco. More than two thirds of the material is comprised of butchering waste and table scraps from a Phoenician factory that operated between the 7th-5th century BC. Approximately 6% of the fi nds date to the 1st-3rd century AD, a period in which the Romans had Île de Mogador well in hand. Stratifi cation was not possible for around 15% of the material. The faunal remains presented here include domestic and wild mammals, domestic and wild fowl, fi sh, mollusks, sea urchins, crabs and turtles, and exhibit a diversity of that is remarkable and even unusual. They represent evidence for a variety of different activities: transport of consumables, , and raw material by boat, the use of local natural resources, the export of certain products as well as trade and exchange with the local inhabitants. Signifi cant differences in logistics and subsistence strategies employed by Phoenicians and Romans were thereby made apparent.

Keywords: Île de Mogador, Marokko, Phönizier, Römer, Tierreste, Subsistenz, Handel, Umwelt Île de Mogador, Morocco, Phoenicians, Romans, faunal remains, subsistence, trade, environment

Einleitung (C. B.) gibt Überreste von Bastionen aus dem 17./18. Jahrhun- dert, einer Moschee aus dem 18. und eines Gefängnis- Reist man heutzutage in den Süden Marokkos, so be- ses aus dem 19. Jahrhundert (Abb. 2). Aber auch in viel sucht man fast immer die in einer weiten Bucht gelege- älteren Perioden stand die Île de Mogador immer wie- ne Küstenstadt Essaouira. Denn Reiseführer und Inter- der im Fokus des Interesses. Schon Plinius der Ältere net (z. B. Därr & Därr 2011; Essaouira online) machen (23-79 n. Chr.) berichtet über eine phönizische Stätte neugierig auf die malerische Altstadt mit ihrer histori- zur Purpurproduktion vor der Südküste der römischen schen Bausubstanz. Essaouira wurde deswegen 2001 Provinz Mauretania. In seiner Naturalis historia (liber in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenom- VI, 201) ist nachzulesen „...in quibus Gaetulicam pur- men. Zudem ist der Stadt in etwa 1000 m Entfernung puram tinguere instituerat“. Er bezieht sich hier entwe- eine von Wellen umtoste Felseninsel vorgelagert, die der auf eine vielfach tradierte Schilderung der Reise Île de Mogador (Abb. 1), um die sich seit der Antike von Hanno, einem karthagischen Entrepreneur aus dem vielerlei Geschichten ranken: Auf der Île de Mogador frühen 6. Jh. v. Chr. oder auf die Aufzeichnungen einer soll ein berühmter Handelsplatz der Phönizier existiert Fahrt von Juba II., König von Mauretanien (25 v. Chr. – haben und dort sei in großer Menge Purpur hergestellt 23 n. Chr.). Beide segelten auf der Suche nach ertrag- worden. Ob letzteres tatsächlich stimmt, ist einer der reichen Vorkommen Purpur liefernder Schnecken über Aspekte, die wir im vorliegenden Beitrag untersuchen Hunderte von Kilometern die Küste Marokkos süd- wollen. wärts und gelangten zu einer Insel bzw. Halbinsel na- mens Kerné. Kerné war in der Antike nicht nur im Rah- Die Île de Mogador misst 400 x 500 m, ist 23 m hoch men der Purpurproduktion bekannt, sondern auch als und heute unbewohnt. Sie besitzt nur an ihrer Südseite Ort, an dem die westafrikanischen Goldrouten zusam- eine kleine Bucht mit einem Sandstrand zum Anlanden menliefen. Ob dies wirklich den Tatsachen entspricht, bzw. einen betonierten Anleger, um dort ein Boot fest- muss erst noch bewiesen werden. Fakt ist, dass in jeder zumachen. Verfallene Ruinen zeugen davon, dass die größeren Publikation zu Phöniziern (z. B. Moscati 1988; Insel in den letzten Jahrhunderten genutzt wurde: Es Aubet 1993; Markoe 2000; Zimmermann 2010) Kerné Mogador – die Tierreste 13

Abb. 1: Luftbild der Bucht von Essaouira mit der vorgelagerten Île de Mogador (GOOGLE Earth).

Abb. 2: Blick über die Île de Mogador, im Hintergrund rechts die Stadt Essaouira. Oben Mitte eine der portugiesischen Bastionen des 17./18. Jahrhunderts. Aufnahme: C. Becker. 14 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann bzw. die Île de Mogador in einem der beiden Zusam- mer hier etablierten, welcher Art die damit verbunde- menhänge Erwähnung fi nden. Es entsteht der Eindruck, nen phönizischen und römischen Strategien waren und als ob von den meisten Historikern und Altertumsfor- welche Strahlkraft die Errichtung eines Handelspos- schern Kerné tatsächlich mit der Île de Mogador gleich- tens auf die Bevölkerung im Hinterland hatte. gesetzt wird. Antworten auf diese Fragen kann – in gewissen Gren- Archäologen haben der Île de Mogador seit dem 20. zen – das archäologische Material geben. Es wurde in Jahrhundert wiederholt Aufmerksamkeit geschenkt (s. großer Menge während der aktuellen Ausgrabungen Zusammenstellung bei Marzoli & El Khayari 2009, auf der Île de Mogador freigelegt. In erster Linie sind 80ff.): In den Jahren 1950 und 1952 wurden Prospekti- hier Überreste von Ess- und Trinkgeschirr, Transport- onen durchgeführt, bei welchen phönizische Keramik amphoren, Lampen, Schmelzöfen, Schlacken, ferner gefunden wurde. Archäologische Ausgrabungen im Glas, Münzen und metallene Gegenstände zu nennen, Rahmen eines marokkanisch-französischen Projektes für die römische Epoche kommen bauliche Strukturen in den Jahren 1956-1958 unter Leitung von A. Jodin be- hinzu. Unterschätzt werden darf aber auch nicht das stätigten die Anwesenheit von Phöniziern, ohne jedoch zoologische Fundgut, welches eine Fülle von Erkennt- Siedlungsstrukturen nachweisen zu können. Weitere nissen ökonomischer und ökologischer Art liefert. Die archäologische Untersuchungen fanden ab 1994 sowie Tierreste aus Mogador, die im Fokus des vorliegenden zwischen 2000 und 2002 statt. Dem schlossen sich ab Beitrages stehen, erfüllen hierfür die besten Vorausset- 2005/2006 intensive Forschungsarbeiten auf der Île de zungen: Sie sind mit über 100.000 Funden sehr um- Mogador selbst und im Hinterland an, diesmal im Rah- fangreich, außerordentlich vielfältig in ihrem Arten- men des marokkanisch-deutschen Projekts „Études des spektrum und decken ein Zeitfenster von nahezu 1000 vestiges antiques de l’Île d’Essaouira (Mogador) et de Jahren Geschichte ab, die sich an diesem Ort abgespielt sa région“. An den Forschungen unter der Schirmherr- hat. Im Folgenden wird überprüft, welche der histo- schaft des Deutschen Archäologischen Instituts Madrid risch bekannten und vermeintlich „sicheren“ Informa- und des Institut National des Sciences de l’Archéologie tionen zu Ernährung, Rohstoffnutzung und Handel bei et du Patrimoine in Rabat beteiligte sich ein ganzes den Phöniziern und Römern tatsächlich durch entspre- Team von Archäologen und Naturwissenschaftlern chende zoologische Funde und Befunde verifi ziert (Projektleitung: Dirce Marzoli, Abdelaziz El Khayari; werden können und was sich vielleicht doch anders Marzoli & El Khayari 2009; 2010; mehr Details in den darstellt. Angesichts der Größe der Stichprobe erwartet folgenden Kapiteln). Erstmals konnte die enorme Band- man mit Recht auch gänzlich neue Hinweise und Er- breite an Aktivitäten nicht nur für die Phase der phöni- kenntnisse. Mithilfe archäozoologischer Analysen lässt zischen Belegung vom 7. bis ins 5. vorchristliche Jahr- sich feststellen, was die Kolonisten an Traditionellem hundert, sondern auch für die römische Nutzung, die mitbrachten und woher dieses Importgut stammte, wie sich in den ersten vier nachchristlichen Jahrhunderten sie die lokal vorhandene Fauna nutzten und ob sie abspielte, in vielen Einzelaspekten erfasst werden. Haustiere, Produkte oder tierische Rohstoffe von den Einheimischen eintauschten. Nur wenig davon ist bis- Aber nicht nur die Erforschung der Île de Mogador her bekannt. selbst stellt ein ambitioniertes Projekt dar. Die dort er- schlossenen Informationen waren Anlass, auch in grö- ßeren geschichtlichen und räumlichen Dimensionen zu Das Forschungsprojekt „Mogador“ denken. Man sagt den Phöniziern nach, dass sie die (C. B.) Ersten gewesen seien, die maßgeblich zur Globalisie- rung der damals bekannten Welt beigetragen haben Im Rahmen eines archäologisch-geologischen Gemein- (Cunliffe 2001; 2008). Tatsächlich kam es durch ihre schaftsprojektes des Deutschen Archäologischen Insti- im 2. vorchristlichen Jahrtausend einsetzenden Fahr- tuts (DAI) Madrid, des Institut National des Sciences ten entlang der Küsten des Mittelmeeres und Nordafri- de l’Archéologie et du Patrimoine (INSAP) in Rabat, kas zur Ausbreitung und zum Austausch von Gütern, der Bonner Kommission für Archäologie Außereuropä- Tieren, Technologien und Informationen. Bereits da- ischer Kulturen (KAAK) und des Geologischen Insti- mals muss ein Netz von ökonomisch-politischen Ver- tuts an der Universität Marburg wird die Île de Mogador bindungen den westlichen Mittelmeerraum überzogen seit 2005/ 2006 systematisch erforscht (siehe dazu Mar- haben. Möglicherweise war dies Impuls gebend für zoli & El Khayari 2009, 2010; Brückner & Lucas 2009; weitere, bis in den Atlantik hinausreichende Aktivitä- Eiwanger 2008a, b). Geophysikalische Untersuchungen ten. Mit dem hier vorgestellten archäologischen For- und eine intensive Oberfl ächenbegehung der Insel zeig- schungsprojekt auf der Île de Mogador befi nden wir ten, dass nur die wind- und brandungsabgewandte Seite uns nun ganz am westlichen Rand der damals bekann- in prähistorischer und antiker Zeit genutzt wurde. Die ten Welt. Es wird äußerst aufschlussreich sein zu Ausgrabungen selbst konzentrieren sich auf die Süd- durchleuchten, warum und wie sich Phönizier und Rö- front der Insel (Abb. 3a; 4). Mogador – die Tierreste 15 en 2007 und Marzoli 2008 (aus: Khayari & El 2010: Abb. Abb. 3a, b: Plan mit 1m-Höhenlinien Île (a) de Mogador. und eingezeichnetem Grabungsareal; Gelände (b) der Sondagen der Kampagn 63, 66). 63, 16 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 4: Île de Mogador. Blick über die Grabungsfl äche, 2007. Aufnahme: C. Becker.

In den auf Abbildung 3b eingetragenen Bereichen Wie bei den Phöniziern üblich, wurde in der Anfangs- wurde Zweierlei erschlossen: zum einen das Areal ei- phase der Gründung etwa in der Mitte des 7. Jhs. v. Chr. ner römischen Villa, zum anderen mehrere Schnitte unter freiem Himmel ein Kultplatz installiert (Marzo- mit mächtigen Schichtablagerungen aus phönizischer li & El Kayari 2010, 100). Der erste Hinweis hierauf Zeit. war ein 1,43 m hoher, spitz zulaufender Baitylos, ent- deckt in Schnitt F (vgl. Abb. 3b; Marzoli & El khayari Die Phase der phönizischen Belegung 2009, 82, 90). Solche monolithisch stehenden Steine werden im phönizischen Kult stellvertretend für die Insbesondere in den phönizisch konnotierten Schnitten Präsenz oder den Sitz einer Gottheit aufgefasst. Im E, F und De (Abb. 3b) wurden Massen an Keramik, Umfeld des Baitylos hat man zahlreiche Feuerstellen dazu Münzen, Glas, Eisen, Bronze, Tierknochen, Mu- entdeckt sowie viele zerscherbte Gefäße, etliche da- scheln, Schnecken u. v. m. entdeckt (s. dazu Marzoli & von mit Graffi ti. Besonders aufschlussreich war eine El Khayari 2009; 2010). Die Fundmengen gehen teils Lampe der Roten Ware mit dem Graffi ti „Astarte“ in die Zehntausende. Über deren Analyse erhoffte man (ebd., 96). In der polytheistisch aufgebauten Glau- sich eine detaillierte Erhellung der in der phönizischen benswelt der Phönizier war Astarte eine wichtige Faktorei abgelaufenen Prozesse, ferner Aufschluss Gottheit, vielschichtig in ihrer Natur. Astarte erfuhr über klein- und großräumige Aktivitäten, die sich auf Verehrung u. a. als Schutzherrin der Dynastie, als den Im- und Export von Waren beziehen und auf die Himmels- und Meeresgottheit sowie als Fruchtbar- Nutzung lokaler Ressourcen im Hinterland. Denn es keitsgöttin. Brand- und Blutopfer scheinen hier einge- stand von Beginn an außer Frage, dass die Phönizier bunden gewesen zu sein, wie z. B. die rituelle Opfe- nur durch ein weit gespanntes logistisches Netz über rung von Lämmern (Markoe 2003, 119). In diesem drei Jahrhunderte an diesem abgelegenen Platz erfolg- Zusammenhang interessant sind auch Votivstelen, auf reich wirken konnten. welchen gelegentlich Schafe zu sehen sind (Moscati 1988, 672f.). War dieses Heiligtum tatsächlich Astarte Die Forschungen auf der Île de Mogador sind deswegen geweiht, so wie auch einer der Tempel an der West- so spannend, weil hier nicht nur der Seehandel einen spitze von Erytheia nahe Cadiz, phönizisch Gadir? seiner wichtigen und südlichsten Standorte hat, son- Dies wäre eine interessante Verbindung, denn ein Groß- dern auch der Warentransfer über Land quer durch den teil der auf Mogador gefundenen Transportamphoren nordafrikanischen Raum gebündelt worden sein könn- aus diesem Zeitfenster stammt offensichtlich aus dem te (Almagro-Gorbea 2004; Markoe 2003). Nicht um- Süden der Iberischen Halbinsel bzw. aus der Nähe von sonst nennt man die Île de Mogador noch heute den Gadir. Es ist nahe liegend, hierin eine Verbindung „Hafen von Timbuktu“ (schriftl. Mitt. J. Eiwanger). zwischen den in Gadir ansässigen Phöniziern bzw. Mogador – die Tierreste 17

Abb. 5: Île de Mogador. Ablagerung von phönizischem Abfall, durchmischt mit Tierresten. Aufnahme: C. Becker.

Puniern und den Seefahrern zu ziehen, die auf der Île 191) die phönizische Niederlassung auf Mogador als de Mogador angelandet sind.1 „saisonal bewohntes Küstenlager von etwa 50 m Durch- messer mit Feuerstellen und kleinen Hütten“ charak- Gleichzeitig oder kurz nach der Installierung des Hei- terisiert, ist rätselhaft und entbehrt jeder Grundlage. ligtums wurde eine Faktorei ins Leben gerufen (Mar- Was die Ausgräber tatsächlich entdeckten, sind mäch- zoli & El Khayari 2009, 80). Per defi nitionem ist eine tige Ablagerungen von Abfall (Abb. 5). Sie enthielten Faktorei eine Handelsniederlassung von Kaufl euten im Hinweise auf eine Vielzahl an Aktivitäten: Weiter- „Ausland“ oder in Übersee. Der Begriff stammt aus verarbeitung von Metall (Schlacken, Fragmente von dem 16. Jahrhundert. Faktoreien wurden zwecks Wa- Tondüsen), ferner sog. Obeloi (schmale Eisenstäbe), renaustauschs zwischen den ankommenden Fremden hunderte von Überresten von Transportamphoren für und der einheimischen Bevölkerung gegründet. Die Garum und Wein, Ess- und Trinkgeschirre, Teller und Träger einer Faktorei gaben auch Berichte und Infor- Lampen, teils mit Graffi ti (s. o.). Alltags- wie Luxus- mationen an den „Hauptsitz“ weiter und waren für die gut sind gleichermaßen vertreten. Nicht nur bauliche Warenlogistik zuständig, d. h. für Weitertransport, La- Strukturen aus der phönizischen Phase fehlen, es gibt gerung und Distribution. Solche Faktoreien konnten auch keine Hinweise darauf, wie die Phönizier die ihren Einfl uss über größere Gebiete ausdehnen und Versorgung von Mensch und Tier mit Trinkwasser zum Entstehen regelrechter Kolonien führen (aus: Der bewältigten. Süßwasserquellen gab und gibt es auf der Grosse Brockhaus 1930, 32; Meyers Enzyklopädisches Île de Mogador nicht. Wasserleitungen zu installieren, Lexikon 1979, 468). war nicht die Sache der Phönizier. Vielmehr bevor- zugten sie es, Zisternen und Sammelbecken anzule- Wie die Faktorei auf der Île de Mogador aussah, wissen gen. Nichts davon haben die Archäologen ausfi ndig wir allerdings nicht. Denn es sind keinerlei bauliche machen können. Strukturen aus der Zeit zwischen dem 7. und 5. Jh. v. Chr. entdeckt worden. Warum G. E. Markoe (2003, Bezüglich des Kontaktes zur einheimischen Bevölke- rung liegen nur wenige Indizien aus den phönizischen 1 Die im westlichen Mittelmeerraum ansässigen Phönizier, welche Ablagerungen vor: Es sind einige Fragmente handge- an der nordafrikanischen Küste bzw. im Einfl ussbereich Kartha- machter Keramik, eine dunkelgrau-braune Ware mit gos lebten, werden allgemein als „Punier“ bezeichnet (Aubet Kerbstichverzierung und Textilabdrücken. Dieser bis- 1993, 11). Für Mogador ist allerdings (noch) nicht ganz geklärt, her völlig unbekannte Gefäßtypus wird als mögliche ob es allein „Punier“ waren, die hier anlandeten. Insofern ist die Bezeichnung „phönizisch-punisch“ korrekt, wird aber im Folgen- lokale Produktion eingestuft (Marzoli & El Khayari den auf „phönizisch“ verkürzt. 2010, 71). 18 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 6: Île de Mogador. Ansichten römischer Baustrukturen aus dem Bereich der Villa (a), der Zisterne (b) und von den Garumbecken (c). Aufnahmen: Courtesy DAI Madrid.

Sowohl zu der Frage nach Kontakten mit der lokalen Die Phase der römischen Belegung Bevölkerung als auch zu den auf der Halbinsel stattge- fundenen Aktivitäten können wir mithilfe archäozoo- In der Zeit von Juba II. (25 v. Chr. – 23 n. Chr.) wurde logischer Analysen zahlreiche Aspekte hinzufügen. auf Mogador eine Villa errichtet. Sie wurde mehrfach Denn stratigraphisch eindeutig zugewiesene Tierreste verändert und umgebaut und hatte bis ins 4. nach- aus dem phönizischen Zeitfenster beziffern sich auf christliche Jahrhundert Bestand. Die Villa erstreckte über 50.000 Funde. Dieses quantitativ wie qualitativ sich über rund 2200 m2 und besaß mehrere Gebäude- viel versprechende Material wird dazu beitragen, die teile unterschiedlicher Funktion (ebd., 77ff.). Es gibt Vorgänge in dieser phönizischen Faktorei in manchem Lagerräume, einen Küchentrakt, Räume zum Woh- Detail näher zu beleuchten. nen und zu Repräsentationszwecken, teils mit Mosa- Mogador – die Tierreste 19

Abb. 7: Die Bucht von Essaouira mit Rekonstruktion der paläogeographischen Situation (aus: Brückner & Lukas 2009, 106). ikfußböden, auf denen u. a. Pfauen zu sehen sind. Die nannt, ergänzt durch die im Kapitel „Naturraum und Gebäudeteile sind zum Meer hin bzw. mit Blick auf Klima“ zusammengetragenen Daten. das Festland orientiert, zugleich an der von Wind und Wellen abgewandten Seite dieses gelegentlich un- Der Meeresspiegel lag in phönizischer Zeit mindestens wirtlichen Platzes (Abb. 6a). Wichtig für die Beibe- 1 m tiefer als heute und die Île de Mogador war zur Zeit haltung des Standortes war zweifellos die große Zis- der phönizischen Besiedlung durch eine Landbrücke terne. Sie besaß Ausmaße von 30 x 1,9 m, eine Höhe mit dem Festland verbunden (Abb. 7). Der Tidenhub an von 3,6 m und ein Fassungsvermögen von 190 m3 diesem Teil der Küste beträgt bzw. betrug 2 m. Deswe- (Abb. 6b). Garumbecken wurden abseits der Villa ent- gen mag der Isthmus bei hohen Wasserständen gelegent- deckt. Teile davon sind mittlerweile von den Wellen lich überspült gewesen sein, bei Niedrigwasser und ins Meer gerissen worden (Abb. 6c). Diese Entde- Normalwasserstand konnte man ihn jedoch begehen. ckung lässt sich auf interessante Weise mit einigen „Aus Überlieferungen und den Aussagen alter Stadt- unserer archäozoologischen Resultate verknüpfen. Im bewohner geht hervor, dass es sogar vor hundert Jah- Zentrum der archäologischen Arbeit bei der römi- ren noch möglich war, bei Niedrigwasser trockenen schen Villa standen die Erfassung der noch erhaltenen Fußes auf die Insel zu gelangen (etwa um dort Ziegen Baustrukturen und die Klärung ihrer Funktion sowie zur Weide zu führen)“ (Brückner & Lucas 2009, 106). der Besiedlungsgeschichte Mogadors in dieser Epo- In phönizischer Zeit war dieses Stück Land im Meer che generell. Auch für die römische Zeit sind gut stra- also recht gut erreichbar, beispielsweise um Baumate- tifi zierte Tierreste belegt. Ihre Menge beziffert sich rial, Waren oder Trinkwasser herüber zu schaffen. Der auf 3.523 Stücke. Isthmus wirkte außerdem als Wellenbrecher, der die gesamte Bucht von Essaouira zu einem natürlichen Ha- Survey im Hinterland fenbecken werden ließ. Schiffe konnten dort geschützt vor Anker gehen oder direkt auf den Sandstrand gezo- Ein wichtiger Teil des Projektes waren umfangreiche gen werden (ebd., 105). Geländesurveys, geophysikalische und geomorpholo- gische sowie botanische Untersuchungen im Hinter- Ein weiteres Ergebnis der geomorphologischen Unter- land der Bucht von Essaouira. Erfasst wurden rund suchungen (ebd.) sind die Kliffprofi le Mogadors, die 1800 km 2 (Brückner & Lucas 2010; 2009; Neef 2010). mehrere versteinerte Dünengenerationen erkennen las- Demnach haben sich der Küstenverlauf und die Land- sen, die sich zu Äolianit verfestigt haben. Diese parallel schaft in den vergangenen 2700 Jahren entscheidend zur Küste verlaufenden, heute unter dem Meer liegen- verändert. Die wichtigsten Ergebnisse seien hier ge- den Sandsteinfelsen sind beispielsweise für die Inter- 20 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann pretation der zahlreich nachgewiesenen Fische und in regelmäßigen Abständen in solche saisonalen Akti- marinen Mollusken aufschlussreich. Ebenso bedeu- vitäten einzubinden, mag kein Problem, sondern An- tungsvoll für die geomorphologische Bildung der Küs- reiz gewesen sein (Hinweis von J. Eiwanger). Dass es in tenregion war die Mündung der Flusses Qued Qsob im dem uns interessierenden Zeitfenster Warenaustausch, Süden von Essaouira, der viel Sand in die Bucht trans- Handel und Kommunikation zwischen Einheimischen portierte und die Bildung des Isthmus maßgeblich be- und Phöniziern und später auch Römern gegeben haben einfl usste. Zudem boten der Qued Qsob und der Qued muss, ist – wie bereits erwähnt – aus logistischen Grün- Tidzi südlich der Bucht nie versiegende Quellen für den zwingend und eines der zentralen Themen in unse- Süßwasser, unverzichtbar zum Überleben von Mensch rer Auswertung der Tierreste. und Tier. Da viele Flüsse in Marokko nur zu bestimm- ten Jahreszeiten überhaupt Wasser führen und viele Monate ausgetrocknet sind, ist eine über das Jahr be- Naturraum und Klima (C. B.) ständig fl ießende Wasserquelle ein unbedingter Stand- ortvorteil. Der Qued Qsob war zugleich ein geeigneter Die seefahrenden Phönizier waren Meister in der Er- Transportweg ins Landesinnere. Im Nordosten von oberung neuer geographischer Räume. Es gelang ihnen Essaouira erstreckten sich damals Sümpfe, Lagunen binnen weniger Jahrzehnte, enorme Entfernungen von und ausgedehnte Schilfbestände mit einer vermutlich der Levanteküste bis zur Straße von Gibraltar und da- reichen Tierwelt; dahinter breiteten sich Wälder mit rüber hinaus zu überwinden und fast überall Handels- Wacholder und Sandarakbäumen aus (Neef 2010). stationen zu gründen, sogar vor der Küste ganz im Süden Marokkos. Wie waren diese von den Phöniziern Im Rahmen dieser Untersuchungen sind natürlich auch eroberten Räume beschaffen, welche natürlichen Fak- diverse archäologische Fundplätze entdeckt worden. toren sind für diese Räume charakteristisch (s. dazu Es zeigte sich, dass sich „zumindest ab dem 4. Jt. v. Chr. Braudel 1998)? Fragen dieser Art lenken das Augen- in der Region vollnomadische, wohl nur saisonal anwe- merk auf die Umweltbedingungen, denen die Phönizier sende Bevölkerungen aufhielten – pastoral geprägte während ihrer Seefahrt im Mittelmeer und Atlantik Gruppen, die in ihre transhumanten Wanderungsbe- ausgesetzt waren und mit denen sie sich an dem süd- wegungen den Transport von Handelsgütern einzubinden westlichen Standort, der Île de Mogador, auseinander- verstanden“ (schriftl. Mitt., J. Eiwanger; s. dazu auch zusetzen hatten (vgl. Abb. 8). Erst wenn wir versuchen, Kuper & Gabriel 1979). Problematisch und bisher völ- uns die Landschaft, den Küstenverlauf, die Tier- und lig ungeklärt ist, warum aus dem 1. vorchristlichen Pfl anzenwelt, aber auch die Wetter- und Windbedin- Jahrtausend keinerlei Siedlungsspuren haben entdeckt gungen vorzustellen, können wir zu einem tieferen werden können. An diesem Punkt gilt es zu unterschei- Verständnis der Lebenssituation und Leistungen der den zwischen einer von den Phöniziern angelegten Phönizier gelangen. In Ergänzung zu den im vorigen Siedlung auf dem Festland bzw. nahe der Bucht von Kapitel bereits angesprochenen Einzelaspekten, die Mogador und einer möglichen Siedlung der einheimi- durch archäologische Surveys und geologische Boh- schen Bevölkerung. Denn dass die Phönizier vom 7.-5. rungen sowie botanische Untersuchungen haben belegt Jh. v. Chr. ausschließlich auf dieser 400 x 500 m mes- werden können, gilt es nun, diese kleinräumig relevan- senden Insel gelebt und gewirkt haben sollen, scheint ten Daten in einen größeren Rahmen zu stellen. einigermaßen unwahrscheinlich. Vielmehr müssen auf dem gegenüberliegenden Festland weitere Plätze zum Unsere erste Überlegung soll dem Meer gelten und der Wohnen und Wirtschaften existiert haben. Die einhei- Fahrt bis zur Île de Mogador. Entlang der riesigen mische Bevölkerung mag hingegen transhumant gelebt Atlantikfront zum europäischen und afrikanischen und sich in großräumigen Mustern bewegt haben, Festlandsockel wirkt die Straße von Gibraltar wie ein bestimmt durch Jahreszeiten, Wetter und Viehbesitz. Nadelöhr, an dem sich ein Tor zwischen zwei mariti- Damit erscheint das Fehlen fester Siedlungen lokaler men Welten öffnet – dem Atlantik und dem Mittelmeer. Provenienz plausibel. Heute leben auf marokkanischem Zugleich ist diese Region die westlichste Brücke zwi- Boden nur noch relativ wenige Menschen nomadisch, schen Europa und Afrika. Seit alters her wurde sie von vor allem in der Westsahara (Därr & Därr 2011, 153). Menschen überwunden. Versetzen wir uns wieder in das 1. vorchristliche Jahr- tausend, so würde es angesichts der klimatischen Be- Schiffe aus Karthago oder von andernorts im Mittel- dingungen Sinn machen, das Hinterland von Essaouira meer mit Ziel „Île de Mogador“ mussten zunächst die als Winterweide zu nutzen, im Sommer hingegen auf Straße von Gibraltar durchsegeln. Die Meeresenge hat den Hohen Atlas zu ziehen. Die 150 km Distanz bis zu eine Breite von neun nautischen Meilen (14 km). Sie ist den ersten Gebirgsausläufern zu überwinden, war für durch eine starke kalte Oberfl ächenströmung gekenn- Mensch und Vieh in diesen Regionen sicherlich nichts zeichnet, die vom Atlantik kommend mit 5-6 Knoten Ungewöhnliches. Und einen lukrativen Handel mit den Geschwindigkeit in das Mittelmeer einströmt. Darun- an der Küste ansässigen Phöniziern jahreszeitlich und ter, in mehr als 100 m Tiefe, fl ießt ein wärmerer salzi- Mogador – die Tierreste 21

Abb. 8: Marokko als Naturraum, Oberfl ächenrelief (Quelle: Essaouira online). ger Mittelmeerstrom in den Atlantik hinein; dieses über die Kanarischen Inseln hinaus verläuft (Gyory et Phänomen ist für die Seefahrt aber unerheblich. In den al. 2012). All dies war den seglerischen Unternehmun- Monaten März, Juli bis September und im Dezember gen der Phönizier überaus förderlich. Zudem vollzieht sieht man sich mit östlich wehenden Winden konfron- sich vor der Westküste Nordafrikas insbesondere beim tiert (Cunliffe 2008, 56). Das würde eine Fahrt vom Cap Ghir, Cap Juby und Cap Blanc das sog. seasonal Mittelmeer in den Atlantik hinaus erleichtern, wäre da upwelling (Marcello et al. 2011; Ohde & Siegel 2010). nicht die starke Strömung aus dem Atlantik, gegen die Forciert durch die Strömungsverhältnisse, Winde, Sand- man in jedem Fall ansegeln musste. Mit den damaligen und Staubeintrag in der Atmosphäre, das unterseeische Segelschiffen war dies keine einfache Aufgabe (vgl. Relief und den Küstenverlauf wird zu bestimmten Jah- Abschnitt „Die phönizische Phase“ im nächsten Kapi- reszeiten und in bestimmten Jahreszyklen ein komple- tel). Während der restlichen Monate herrschen West- xes System in Gang gesetzt. In dessen Verlauf fi ndet windlagen, so dass die Durchfahrt vom Atlantik aus ein Austausch von kühlerem Oberfl ächenwasser und ins Mittelmeer hinein dann fast problemlos erscheint. wärmeren Unterwasserschichten statt. Dies führt zu Für die Seefahrer galt (und gilt): Nicht nur Wind, Wel- einem extremen Reichtum an Biomasse, dementspre- len, Gezeiten und Strömungen, auch die Jahreszeiten chend reich sind die Gewässer in diesen Küstenab- und das aktuelle Wetter diktieren die Möglichkeiten schnitten an Meeresgetier jeglicher Art. Diese Situati- einer Passage. So sind generell im Winterhalbjahr on kam den dort ansässigen Phöniziern natürlich sehr Stürme auf dem Atlantik und auch im Mittelmeer häu- entgegen, bot sie vermutlich schon damals marine Res- fi ger und deutlich heftiger als während des Sommers. sourcen im Überfl uss. Und zu jeder Jahreszeit können rapide Wetterwechsel eine bei günstigen Bedingungen aufgenommene Fahrt Küstennahe Fahrten gen Süden konnten durch auf- und für Tage und Wochen unterbrechen. Entscheidend für ablandige Winde gehemmt werden. Denn die Winde den Erfolg war also, die richtige Jahreszeit und das vom Atlantik sind oft mit hohem Wellengang und kräf- günstigste Wetter für die Fahrt gen Mogador zu nutzen. tiger Dünung verbunden, Schiffe drohen an Klippen oder Untiefen zu zerschellen. Andererseits kommen Segelt man in der Bucht von Cadiz los, profi tiert man aus der Sahara gerade im Sommer heftige Sandstürme, von den stetig südwärts wehenden Winden, noch unter- die die Sicht bis weit aufs Meer hinaus einschränken. stützt durch die in dieselbe Richtung verlaufenden Der Naturraum „Meer“ stellte für die Phönizier also Meeresströmungen (Abb. 9). Hatte man die Straße von durchaus eine Herausforderung dar, mag Fluch und Gibraltar passiert, konnte man den sog. canary current Segen zugleich gewesen sein. nutzen, der von der Straße von Gibraltar aus sowohl die marokkanische Küste in südlicher Richtung entlang als Interessant ist nun, dass der Rückweg von Mogador auch weiter draußen in südwestlicher Richtung bis weit nach Cadiz bzw. nach Karthago ungleich schwieriger 22 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 9: Strömungsverhältnisse im Nordatlantik (aus: Cunliffe 2001, 37). und langwieriger gewesen sein muss. B. Cunliffe Das Landschaftsbild Marokkos zeichnet sich dadurch (2001, 37f.) konstatiert: „The diffi culties of the return aus, dass auf relativ kleinem Territorium eine Vielzahl journey may well have discouraged early travellers unterschiedlicher Vegetations- und Klimazonen in from venturing far down the coast beyond Mogador“. wechselnden Höhenlagen angetroffen werden (vgl. Umso wichtiger war es vermutlich, an dieser unbe- Curry-Lindahl 1981, 8; Reichert 2011). Insgesamt wird kannten Küste einen sicheren Hafen zu fi nden, der den die Landschaft ganz entscheidend von Gebirgen ge- Seefahrern zugleich Schutz, Nahrung und Süßwasser prägt. Das parallel zur Nordküste verlaufende Rif-Ge- bot. Auch das mag sich zu Beginn der phönizischen birge steigt bis auf 2.465 m an. In Südwest-Nordost- Erkundungsfahrten als schwierig erwiesen haben. Richtung durchziehen das Land die Ketten des Atlas. Denn die Atlantikküste Marokkos ist weitgehend fl ach, Es ist ein mächtiger, über 700 km langer Gebirgszug, kaum gegliedert, mit starkem Sandtransport und bietet gegliedert in den Mittleren, den Hohen und den Anti- nur wenige Naturhäfen (Abb. 8). Von der Straße von Atlas. Die höchste Erhebung, der Djebel Toubkal, misst Gibraltar bis nach Mogador erstreckt sich ein weites 4.165 m. Der südlichste Abschnitt des Hohen Atlas ebenes Küstenvorland, das von dem bogenförmig ver- endet beim Kap Ghir an der Atlantikküste, nicht allzu laufenden Rif-Gebirge im Norden und dem Atlas-Ge- weit von Essaouira entfernt. Er bildet den Südrand des birge weiter im Hinterland fl ankiert wird. Hier liegen Küstenbeckens. Zwischen den Gebirgsketten liegen die sog. Küstenmesetas, Ebenen und buchtenreiche geschützte Hochplateaus, Senken und Mulden, woraus Tiefl änder, die von Flüssen durchzogen sind. Diese eine gewisse Kleinteiligkeit und Abgeschlossenheit Mesetas beginnen an der Küste mit einem bis zu 100 m einzelner Siedelregionen resultiert. Die Gebirge sind hohen Strandkliff, steigen dann sanft auf 500-600 m reich an Bodenschätzen: Eisenerz, Blei, Kupfer, Zink, an. In etwa 60-100 km Distanz zur Küste gehen sie in Gold, Silber, Mangan, Nickel, Kobalt, dazu gibt es Vor- die sog. Mittelgebirgsmesetas über. kommen von Phosphat, Erdöl, Erdgas, Kohle und Salz. Mogador – die Tierreste 23

Das Klima in Marokko ist zweigeteilt: Die nordwestli- vorhandene ursprüngliche Pfl anzenbedeckung. Wie- chen Landesteile sind mediterran geprägt, der Süden derum teilt das Atlasgebirge das Land in zwei Vegeta- und Südosten kontinental-saharisch. Getrennt werden tionszonen. Im Nordwesten überwiegt der mediterrane beide durch die Bergrücken des Atlas. Die klimati- Bewuchs, südöstlich breitet sich Wüstensteppe aus. In schen Unterschiede sind im Inland besonders ausge- den regenreicheren Gebirgszonen fi ndet man noch prägt, während an der Küste der Einfl uss des Meeres heute Stein- und Korkeichen, Thujen (Lebensbaum), ausgleichend auf Klima und Temperatur wirkt. Hier Atlaszedern, Aleppokiefern, Wacholder, Pistazien so- herrscht eine mild-feuchte Witterung, die Sommer sind wie Korkeichen bis in Höhen von 1300 m. Nahe der nicht allzu heiß. So beträgt in Essaouira die mittlere Küste gedeihen Arganien (Eisenholzbäume; Redmer Januartemperatur 16,4° Celsius, im August sind es 1979). Die Gebirgszüge als Ganzes müssen vor 2000 22,5° Celsius. (Daten aus: Microsoft®Encarta 2006/ Jahren reich bewaldet gewesen sein. Insbesondere die Microsoft Corporation 2005). Im Sommer erstreckt Zedern- und Pinienwälder an den Hängen des Atlas- sich über Marokko ein Hochdruckkeil, Nordostwinde gebirges mögen das Interesse der Phönizier geweckt wehen in Richtung Sahara, bringen aber keinen Nie- haben, war Holz aus ihrem Heimatland (Libanonze- derschlag. Erst wenn sich diese Einfl üsse abschwä- dern) seit jeher Handelsgut und auch für den Bau und chen, können sich zyklonale Wetterlagen durchsetzen. die Reparatur der Schiffe unverzichtbar. Außerdem Der Wind weht dann von See und bringt Wolken mit gedieh in dem ausgeglichenen Klima der marokkani- (Redmer 1979, 5), die sich vor allem an den Westfl an- schen Küste ein Baum, dessen Produkte ebenfalls eng ken der Gebirge abregnen. Regen fällt also hauptsäch- mit phönizischen Handelsaktivitäten in Zusammen- lich in den Wintermonaten. Der mittlere Jahresnieder- hang zu sehen sind: der Ölbaum. schlag bei Essaouira beträgt 280 mm, kann aber im Hinterland durchaus auch bis auf 600-1000 mm anstei- Exkurs zum Ölbaum gen (ebd., 6). Dies sind allerdings Durchschnittswerte, die von Jahr zu Jahr stark schwanken können. Entspre- Die geographische Verbreitung der verschiedenen Wild- chend fallen dann die Bedingungen für die Landwirt- formen des Ölbaums (Olea oleaster) deckt sich nahezu schaft positiv oder negativ aus. In dem eher trockenen mit den Expansionsgebieten der Phönizier, die von der Südteil des Landes haben häufi g auftretende Küstenne- Levanteküste entlang der Küste des Mittelmeeres und bel wesentlichen Einfl uss auf Ernteerfolge. Die Nebel der Iberischen Halbinsel bis in den Süden Marokkos entstehen dort, wo der kühle Kanarenstrom auf die hei- reichte bzw. reicht (Abb. 10; vgl. auch Falcó & Griñón ße Landmasse trifft. Sie machen trotz geringer Gesamt- 2012, 115). In Marokko sollen Ölbäume im Atlasgebir- niederschläge Acker- und Gartenbau ertragreich. ge sogar bis in Höhen von 1500 m wachsen (Schäfer- Schuchardt 1994, 14). Ölbäume sind bestens angepasst Nicht nur Klima und Niederschläge sind bestimmend an das Mittelmeerklima. Sie gedeihen bevorzugt in für Vegetation und Ackerbau, sondern vor allem die Meeresnähe und in einem breiten Küstenstreifen bis Böden. Diesbezüglich ist die Region um Essaouira nur auf 300-800 m Höhe; es sind Gebiete mit Jahresnieder- dort begünstigt, wo keine Dünen existieren. In man- schlägen von 300-500 mm und einer Temperatur, die chen Bereichen gibt es sog. Tirs, fruchtbare schwarze durchschnittlich +3°C nicht unterschreiten sollte (Neef Böden, die sich hervorragend für den Ackerbau eignen. 1990, 296). Obwohl generell widerstandsfähig gegen Wie das Mosaik der Böden vor 2000 Jahren insgesamt lang anhaltende Dürreperioden, relativ kalte Winter aussah, welche Flächen ertragreich waren, lässt sich oder zu heiße Sommer, zeigen sich Ölbäume anspruchs- auf dem momentanen Forschungsstand allerdings nur voll bei bestimmten klimatischen Parametern (Falcó & schwer abschätzen. Griñón 2012, 119f.): Sie überleben keine schweren Fröste unter -10°C; Blätter und Knospen brauchen eine hohe Ebenso schwierig ist es, eine genauere Vorstellung von und konstante Lichtintensität und relativ hohe Durch- der damaligen Vegetation zu erlangen. Hierzu mangelt schnittstemperaturen (+15-30°C). Der Fruchtansatz ent- es an Forschungsergebnissen größeren Umfangs. In wickelt sich nicht aus der Blüte, wenn die Temperatur Mogador wurden 2007 zwar systematisch archäobota- wiederholt die +30°C-Marke überschreitet. Nur bei re- nische Proben genommen, das Ergebnis war jedoch lativ kühlen Temperaturen (+10°C) wird die Differen- wenig zufriedenstellend „Das gesamte Material um- zierung der Blütenknospe abgeschlossen. Fallen die fasste fast nur Holzkohle, andere botanische Großres- Temperaturen während der Ernte unter -2°C, mindert te, wie Samen und Früchte, sind in dem gesamten Pro- sich die Qualität der Früchte erheblich. Insgesamt sind benmaterial leider kaum nachgewiesen worden“ (Neef die Verhältnisse an den Küsten mit hoher Lichtein- 2010, 94). Konkret belegt sind Weizen (Triticum sp.), strahlung und eher mildem Klima für Ölbäume ideal. ein Wildgras (Phalaris sp.), ein Schmetterlingsblüten- Wilde Ölbäume liefern Früchte mit kleinem Kern (bo- gewächs sowie unter den Hölzern ausschließlich Wa- tanisch: Endocarp) und wenig anhaftendem Frucht- cholder (Juniperus sp.; ebd.). Hinweise genereller Natur fl eisch (botanisch: Epi- und Mesocarp). Die Ausbeute liefert natürlich die noch heute in Teilen des Landes an Öl ist gering. Erst kultivierte Ölbäume produzieren 24 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 10: Verbreitung des wilden Ölbaums, Olea europaea subsp. oleaster (aus: Zohary & Hopf 1988, map 17, 133).

Oliven in größerer Zahl, mit größeren Steinen und sehr niger Aufmerksamkeit in der Pfl ege erfordern. Zudem viel mehr Fruchtfl eisch, was mit einem erhöhten Öler- erlaubte die vergleichsweise offene Setzung der Bäume trag einhergeht. Das Öl wird als Speiseöl, Lampenöl, (Abb. 11a) in den weiten Zwischenräumen den Anbau Duft- und Salböl genutzt. Die kalorienreichen Rück- anderer Kulturpfl anzen. Bezüglich der Wertigkeit von stände des Pressvorganges, Olivenschalen und -stein- Wein und Olivenöl ist schwer abzuschätzen, welches fragmente, können sogar als Feuerungsmaterial ver- der beiden Produkte in der Vergangenheit höher gehan- wendet werden (Van Zeist et al. 2001, 29). R. Neef delt wurde und beliebter war. (1990) berichtet davon aus Jordanien, wo diese Masse mit Schafsdung vermischt noch heute genutzt wird. Seit dem 5. Jt. v. Chr. hat sich die Kenntnis über die Möglichkeiten der Kultivierung des Ölbaums und den Wie stellt sich nun die Entwicklung von der Wild- zur breiten Nutzwert des Öls kontinuierlich über größere Kulturform dar? In Kultur genommen wurden Ölbäu- Gebiete ausgedehnt und ist auch für das Umfeld der me bereits im 5. Jt. v. Chr., belegt durch Funde von Holz phönizischen Stadtstaaten belegt. So gibt es in Ugarit und Olivenkernen aus levantinischen Fundplätzen Fragmente großer Gefäße für Öl und Hinweise auf (Neef 1990). Der Kultivierungsprozess als solcher ist Installationen für das Pressen von Öl (Spanò Giammel- jedoch bis heute auch Fachleuten rätselhaft (mdl. Mitt. laro 1996, 87; s. dazu auch Schäfer-Schuchardt 1994, R. Neef, H. Kroll). Die Veredlung geschieht über das 20ff.). Besonders auf Kreta ist seit minoischer Zeit eine Pfropfen: Man trennt an bestimmten Stellen Zweige regelrechte Industrie mit Oliven und Olivenöl belegt kultivierter Ölbäume ab, die man entweder als Setzlin- (Funde von Ölfruchtpressen, Olivensteine, Ölgefässe, ge einpfl anzt und heranzieht oder man pfropft sie einer Wandfresken mit Ölbäumen und Bügelkannen für Öl), Stammpfl anze auf. Schon Homer schildert in der Ilias deren Ausfuhr eine der Haupteinnahmequellen in der die Aufzuchtmethode via Ölbaumsetzlinge (Schäfer- dortigen Palastwirtschaft darstellte (Brothwell & Broth- Schuchardt 1994, 45). Im archäologischen Kontext well 1984, 219). Auch die phönizischen Stadtstaaten zeigt sich die Nutzung von Oliven und Olivenöl durch Tyros und Sidon wurden beliefert. Den Schriftquellen Funde karbonisierter Olivenkerne, Olivenholz und ist zu entnehmen, dass die Phönizier besonders hoch- Handsteinpressen, Ölmühlen, Transport- und Speicher- wertiges Olivenöl gegen Zedernholz eintauschten (ebd.). gefäße sowie Fläschchen für Öl. Nicht nur auf Kreta, auch auf dem griechischen Fest- land, genauer in Süd- und Mittelgriechenland (Kroll Will man kultivierte Ölbäume nutzen, so braucht es 1982; 2000), wurden Ölbäume seit dem 2. Jahrtausend v. viel Geduld. Frisch gepfl anzt, liefern die Bäume mit Chr. in großem Maßstab genutzt. H. Kroll (2000, 65) 5-6 Jahren zwar die ersten Früchte, jedoch erst mit 35 zeichnet diesbezüglich ein schönes Bild: „Pallas Athene Jahren sind die Bäume voll ausgewachsen und wirklich introduced the cultivated olive tree from the Levant ertragreich. Ein Ölbaum kann bis zu 15 m hoch und together with the knowledge of milling and pressing mehrere hundert Jahre alt werden. Ihre Wirtschaftlich- olive oil“. Zeugnisse liefern wiederum archäobotani- keit besteht darin, dass Ölbäume beispielsweise im sche Funde, Ölmühlen, Handpressen und verschie- Vergleich zu kultiviertem Wein übers Jahr deutlich we- denste Gefäße. Mogador – die Tierreste 25

Abb. 11a, b: Hain mit Ölbäumen (a); geerntete Oliven auf dem Markt von Had Draa, Marokko (b). Aufnahmen: C. Becker.

Offenbar sind die Phönizier später zu Kennern des Öl- sollen Phönizier um 850 v. Chr. die Ölbaumzucht mit baums, seiner Kultivierung und Nutzung geworden nach Karthago gebracht haben. Auch bei der Ankunft (Falcó & Griñón 2012, 66) und haben diese Kenntnisse in der Bucht von Cadiz mag sie der ungewöhnliche rund um ihre wichtigsten Handelskolonien zur Anwen- Reichtum an Ölbäumen im Hinterland in großes Er- dung gebracht. „Olive cultivation was probably intro- staunen versetzt haben. Der Schritt zur Nutzung dieser duced into the west Mediterranean basin in the early Quellen eines äußerst wertvollen und im Handel teuren part of the 1st millennium BC by Greek and Phoenician Produktes mag den Phöniziern lohnend erschienen colonists“, vermuten Zohary & Hopf (1988, 136). So sein. Ob die Ölbäume Marokkos ähnliche Begeiste- 26 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann rung auslösten, wissen wir nicht. Völlig im Dunkel rokkos Küsten: Mönchsrobben, Delphine und Wale liegt auch die Art der Nutzung im Hinterland von Mo- (Grimmberger & Rudloff 2009). gador: Haben die Phönizier ausschließlich die Oliven der dort wachsenden wilden Ölbäume genutzt? Vermut- Insgesamt muss die damalige Tierwelt Marokkos äußerst lich nicht, denn dazu ist der Ertrag zu gering und zu artenreich gewesen sein, bedenkt man das Nebenein- wenig profi tabel (s. o.). Denkbar wäre, dass die Phöni- ander sehr verschiedener Habitate auf relativ engem zier durch mitgebrachte Stecklinge die lokalen Bestän- Raum. Auch die Vielfalt innerhalb der Avifauna lässt de zu kultivieren bzw. zu veredeln suchten und damit sich hieraus ableiten. Nicht nur die Vielzahl an Jahres- auch erfolgreich waren. Es bleibt festzuhalten, dass die vögeln in den verschiedenen Biotopen des Landes ist marokkanischen Bestände an Ölbäumen, auch und ge- bemerkenswert (Bergier & Bergier 2003; Hollom et al. rade im Umfeld von Mogador, ein weiteres Motiv zur 1988; Cramp et al. 1977; 1980; Harrison 1982), sondern Wahl dieses Platzes gewesen sein mögen. Die Verar- auch die große Zahl an Zugvögeln, die im Herbst und beitung zu Öl und die Nutzung ganzer Oliven sind für Frühjahr das Land überqueren und bevölkern (Curry- Mogador selbst nicht belegt, jedoch für andere phöni- Lindahl 1981; 1982). Stellvertretend soll hier einer der zische Kolonien wie Lixus (Spanò Giammellaro 1996). auffälligsten Zugvögel genannt werden, der Weißstorch Immerhin gibt es aus Mogador phönizische Transpor- Ciconia ciconia. Diese großen Vögel überqueren jedes tamphoren für Öl. Das eine oder andere kleine Fläsch- Jahr im Frühjahr und Herbst in Massen die Straße von chen aus dem archäologischen Fundrepertoire mag Gibraltar und zerstreuen sich dann über Marokko auf ebenfalls zur Aufbewahrung von Öl verwendet worden der Suche nach ihren Überwinterungsgebieten (Abb. sein. Ob es sich dabei allerdings um Olivenöl oder an- 12). In Marokko beheimatete Vögel, die den Lebens- dere Öle handelt, ist ohne Fettanalysen der Gefäßmat- raum Wald bevorzugen und auch in Europa vorkom- rix unmöglich zu sagen. Die Existenz von Salinen im men sind u. a. Kuckuck (Cuculus canorus), Eichelhäher Umfeld von Mogador war sicherlich auch für die Oli- (Garrulus glandarius), Buntspecht (Dendrocopus ma- venproduktion nützlich, denn für den Verzehr ganzer jor), Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), Waldohr- Oliven (vgl. Abb. 11b) müssen gewaschene, von den eule (Asio otus) und Waldrapp (Geronticus eremita). Blättern befreite Oliven über 5 Monate in Salzlake ein- Für Marokko typisch sind z. B. Atlasgrasmücke (Sylvia gelegt werden, um ihre Bitterkeit zu verlieren und an deserticola), Diademrotschwanz (Diplootocus mous- Bekömmlichkeit und Geschmack zu gewinnen. sieri) oder Blauwangenspint (Merops superciliosus). Abgesehen von diesen kleinen Vogelarten fallen dem Die marokkanische Säugetierfauna umfasst sowohl eini- Besucher Marokkos natürlich in erster Linie Greif- ge auch in Europa heimische Arten (wobei „Europa“ vögel auf, wie Eleonorenfalken, Rotmilane, Stein- und vielfach die Iberische Halbinsel meint) als auch typi- Steppenadler sowie Gänsegeier. Die Küsten werden sche Vertreter der afrikanischen Tierwelt (Grimmber- belebt durch eine Fülle an Seevögeln, u. a. Kormorane, ger & Rudloff 2009). Zu den Erstgenannten zählen u. a. Herings- und Silbermöwen, Lach- und Brandseeschwal- Wildschwein (Sus scrofa), Rothirsch (Cervus elaphus, ben, um nur einige zu nennen. Binnenländische Ge- Unterart barbatus), Rotfuchs (Vulpes vulpes), Fisch- wässer werden von zahlreichen Reiher- und Entenarten otter (Lutra lutra), Wildkaninchen (Oryctolagus cuni- bevölkert, aber auch von Flamingos und Kranichen. culus) und die Etruskerspitzmaus (Suncus etruscus). Typisch afrikanische Faunenelemente sind u. a. Hyäne Der Bestand an Fischen und anderem Meeresgetier vor (Hyaena hyaena), Fennek (Vulpes zerda), Cuviers Ga- der Küste Marokkos ist durch die herrschenden Mee- zelle (Gazella cuvieri), Kuhantilope (Alcelaphus buse- resströmungen und das seasonal upwelling (s. o.) außer- laphus), Berberaffe (Macaca sylvanus), Mähnensprin- ordentlich arten- und individuenreich. Besser gesagt, ger (Ammotragus lervia) und unter den kleineren muss es vor 2000 Jahren so gewesen sein, denn heute Säugetieren z. B. Atlashörnchen (Atlantoxerus getulus) kranken die Meere auch hier an Überfi schung und Um- und Gestreiftes Zieselhörnchen (Xerus erythropus). weltverschmutzung. Das reiche Repertoire an mari- Viele der größeren Säugetierspezies sind vom Ausster- timen Arten spiegelt sich auch im hier vorgestellten ben bedroht, viele der kleineren Arten sind zoogeogra- Fundrepertoire aus phönizischer Zeit wieder (vgl. zum phisch nur vage in ihren Populationsdichten und Be- Artenspektrum den Abschnitt „Fische“ im Analytischen ständen erfasst. Für den prähistorischen Menschen Teil). Eine aktuelle Bestandsaufnahme zur Fischfauna mögen letztere außerhalb der täglichen Wahrnehmung an der Atlantikküste und am Mittelmeer bieten White- gestanden haben, entweder, weil sie dämmerungs- head et al. (1984, 1986, 1989), für marine Mollusken sei oder nachtaktiv sind oder einfach zu klein und unauf- auf die Ausführungen von Ardovini & Cossignani (2004) fällig (Stoob 2011). So verwundert es nicht, dass im und Pasteur-Humbert (1962) verwiesen, zu Krebstieren Fundmaterial aus Mogador kleine und kleinste Säu- und Schildkröten geben Riedl (1983), Arnold & Burton getiere quasi nicht existent sind, trotz des Siebens vie- (1978), Schleich (1996) und Schleich et al. (1996) Aus- ler Erdproben. Unter den Säugetieren nicht unerwähnt kunft. bleiben sollen die Bewohner der Gewässer vor Ma- Mogador – die Tierreste 27

Abb. 12: Zugroute Weißstorch, Ciconia ciconia (aus: Curry-Lindahl 1981, map 5, 40).

Fazit weise fruchtbar; das Meer lieferte Nahrung in so großer Fülle, dass nicht nur der Eigenbedarf gedeckt war, son- Beziehen wir die hier nur stark verkürzt wiedergegebe- dern Überschüsse erwirtschaftet werden konnten; ein nen Faktoren von Klima, Umwelt, Flora und Fauna auf reiches Repertoire an Vögeln und Säugetieren bot den Standort „Mogador“ und kombinieren sie mit dem, Fleisch, Fett, Eier sowie Rohstoffe in Hülle und Fülle. was die Geländebegehungen, geophysikalische und Mit Beständen an wilden Ölbäumen und zahlreichen botanische Untersuchungen an Daten erbracht haben, anderen, für den Menschen nützlichen Pfl anzen erga- so wird der absolute Gunstcharakter dieses Standorts ben sich weitere positive Faktoren. Angesichts deren deutlich: Durch den damals vorhandenen Isthmus ent- Vielzahl wird es verständlich, warum sich die Phönizier stand zwischen der Île de Mogador und der Küste ein gerade die Île de Mogador als Standort für eine Faktorei geschützter Naturhafen; es existierten Süßwasserquel- aussuchten und warum auch den Römern dieser Platz len im unmittelbarem Umfeld der Bucht, zugleich attraktiv genug erschien, hier weitere vierhundert Jahre wa ren die Flüsse Verkehrswege ins Landesinnere; in ihren Tätigkeiten nachzugehen. nicht allzu weiter Entfernung erhoben sich Gebirgs- züge, in denen die erwünschten Edelmetalle oder Erze zu vermuten waren; Wälder boten geeignete Hölzer für die Reparatur der Schiffe, Neubauten oder das Errich- ten von Gebäuden, als Brennholz und zur Metallverhüt- tung; das Klima war durch die Meeresnähe ausge- glichener als andernorts, die Böden zumindest stellen- 28 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Der ökonomisch-politische Eingang in die archäologische Literatur gefunden. As- Hintergr und (C. B.) pekte des Alltagslebens werden, wenn man sie über- haupt thematisiert, weitgehend nur aus Schriftquellen erschlossen (Spanò Giammellaro 1996; vgl. Abschnitt Die phönizische Phase „Ernährungsstrategien und Nutzung von Ressourcen Das phönizische Kernland erstreckte sich vom Mt. Car- bei den Phöniziern“). mel im Süden bis nach Arwad im Norden. Dieses Ge- biet entspricht in etwa dem heutigen Libanon und Teilen Die Expansionspolitik der Phönizier umfasste im 9. Jh. Nordisraels. Der Ursprung der Phönizier wird in den v. Chr. bereits das gesamte Mittelmeer inklusive der semitischen Völkern im Land Kanaan gesehen, aus Atlantikküste. B. Cunliffe (2008, 253) glaubt sogar, dass welchen sich am Übergang vom 3. zum 2. vorchristli- die Phönizier schon im 11. Jh. v. Chr. im westlichen chen Jahrtausend Stadtstaaten herausbildeten: Byblos, Mittelmeer präsent waren und nahe Karthago (Utica), Sidon und Tyros (Moscati 1988; Aubet 1993; Markoe aber auch in Gadir und Lixus Handelsposten gegründet 2003; Zimmermann 2010). Allein aus der Lokalisierung haben. In seinem 2001 publizierten Buch ist Cunliffe dieser Orte, aufgereiht gleich einer Perlenschnur entlang etwas genauer: Er bezieht sich auf Schriftquellen aus der Levanteküste, ergab sich eine Schlüsselposi tion in- dem 1. Jh. n. Chr., verfasst von Velleius Paterculus: nerhalb der im östlichen Mittelmeerraum um Macht Gadir sei von Siedlern aus Tyros gegründet, 80 Jahre ringenden Völker. Es verwundert nicht, dass phönizi- nach dem Fall von Troja, „which would imply a date of sche Einfl üsse bis tief nach Mesopotamien und Klein- just before 1100 BC, while Utica, on the coast of Tune- asien hineinreichten. Im 12. Jh. v. Chr. geriet das öko- sia north of Carthage, was founded a few years later“ nomisch-politische Gleichgewicht im Vorderen Orient (ebd., 265). Der Gründung Gadirs, wie vermutlich auch ins Wanken. Neue Machtkonstellationen entstanden. anderer phönizischer Kolonien, sei die Befragung eines Tief verwurzelt in der orientalischen Welt, gelang es Orakels und, bei der Anlandung an vorgesehener Stel- den Phöniziern dennoch, eine starke Eigenständigkeit le, eine Opferdarbringung voran gegangen. Fiel das zu bewahren. Sie wurden im 12./11. Jh. v. Chr. die gro- Omen negativ aus, kehrte man um und versuchte es ßen Entrepreneurs der Region und bauten ein ausge- später erneut. Dreimal soll sich dies im Fall von Gadir dehntes Handelsnetz auf, gegründet u. a. auf den Ver- ereignet haben. trieb von Zedernholz und Purpur (Cunliffe 2008). Trotz ihrer eher losen „nationalen“ Bindung einte diese Men- Deutlich wird, dass wir vor der endgültigen Installie- schen ein ganz erstaunliches Repertoire an Fähigkeiten rung eines Handelspostens in jedem Fall mit einer kür- und Eigenschaften, von denen nur einige genannt seien: zeren oder längeren Vorlaufphase zu rechnen haben. Es waren begnadete Handwerker mit einem hohen Sinn Möglicherweise wurden in dieser Phase auch zeitweise für Ästhetik und Materialien (u. a. hochwertige Schnitz- betriebene Zwischenstationen für Schiffe an günstigen arbeiten an Elfenbein und Tridacna-Muscheln, Fayence- Ankerplätzen installiert. Vorstellbar ist auch, dass die und Glasfabrikation, Silberverarbeitung; s. dazu Mos- Seefahrer bei der Erkundung fremder Küsten ohnehin cati 1988), sie waren berühmt für die Herstellung fein mehrfach vor Anker gehen mussten, nicht zuletzt, um gewebter, mit Purpur gefärbter Wollstoffe, entwickelten ihre Süßwasserreserven zur Fortsetzung der Fahrt auf- im 9. Jh. v. Chr. das Buchstabenschriftsystem zu einem zufüllen. Eine solche Frühphase ist archäologisch na- normierten Alphabet weiter, erwiesen sich als versierte turgemäß schwer zu fassen. Auch in Lixus, dem Moga- Schiffsbauer und Seeleute, zugleich geschickt im Um- dor am nächsten gelegenen Handelsposten, mag eine gang mit Fremden und bei der Erschließung neuer vorläufi g installierte Station existiert haben. G. Markoe Märkte. Ohne all dies wäre die Kolonisierung fremder (2000, 190) nimmt für Lixus ein Gründungsdatum von Küsten in dem uns überlieferten Ausmaß nicht möglich 1180 v. Chr. an. Auch B. Cunliffe (2008, 298) hält Lixus gewesen (Aubet 1993; Markoe 2003). für die älteste Gründung an der Atlantikküste und pos- tuliert auch in Lixus eine längere Vorphase bzw. eine Doch eines fällt beim Literaturstudium auf – wie wenig feste Etablierung dieser Faktorei erst um 800 v. Chr. Er die Fachwelt über das alltägliche Leben der Phönizier charakteristiert diesen Platz wie folgt: „…commanding zu berichten weiß. Dies gilt sowohl für das Kernland a fi ne sheltered harbour facing the Atlantic and a major der Phönizier als auch für die namhaften Kolonien river route into the Atlas Mountains whence came gold, Karthago, Toscanos oder Lixus. Für die großen Stadt- copper and ivory“. Wichtig in unserem Zusammen- staaten im Osten fehlt es schlicht an Ausgrabungen und hang ist es, festzustellen, dass Mogador vermutlich damit fehlt es auch an Tierknochen und Pfl anzenresten, nicht die erste Niederlassung der Phönizier am Atlantik die Aufschluss über die Ernährung, Rohstoffnutzung, war (Fantar 1988, 166ff.). Tierhaltung und Ackerbau geben könnten. Archäobio- logische Ergebnisse aus dem westlichen Teil der phöni- So unterschiedlich die archäologischen Daten für die zischen Welt, d. h. von der Iberischen Halbinsel und ältesten Niederlassungen der Phönizier in der Fachlite- aus Nordafrika, haben hingegen bisher erst sehr wenig ratur auch sein mögen, in einem sind sich alle Fachleu- Mogador – die Tierreste 29

Abb. 13a: Phönizische Silbermünze um 340 Abb. 13b: Phönizisches Handelsschiff, Flachrelief, 1. Jh. n. Chr. (aus: v. Chr. (aus: Bartolini 1988, 72) Bartolini 1988, 73). te einig: Grund für die phönizischen Expeditionen ent- schen: Bahr ma’ uk’, was „Meer des Umkreises“ heißt lang der Küste war die Suche nach neuen, reichen (ebd., 21). Ob die Phönizier für den Atlantik einen se- Vorkommen an Erzen und Edelmetallen. Nicht nur paraten Namen hatten, wissen wir nicht. Griechen und Gold und Silber, vor allem auch das schon seit 2500 Römer bezeichneten die Gewässer vor Marokkos Küs- v. Chr. abgebaute Zinn war ein wichtiger Grund, gen te als mare atlanticum, ohne dass sie natürlich eine Westen zu segeln. Zinn, neben Kupfer unverzichtbar Vorstellung von der Gesamtausdehnung des Atlanti- zur Herstellung von Bronze, war nur in bestimmten schen Ozeans besaßen. Regionen zu entdecken, wie etwa in Britannien und Spanien. Vielleicht hofften die Phönizier, dies auch an Dass sich die phönizischen Seefahrer den Gefahren sol- den Ausläufern des Atlasgebirges vorzufi nden (Mar- cher Seefahrten und den Möglichkeiten des Scheiterns koe 2000, 190). „The Phoenician Atlantic system […] bewusst waren, liegt auf der Hand, ebenso wie das was driven entirely by the desire to acquire commodi- Meer in seiner Urgewalt ihnen trotz großer Vertrautheit ties for the Mediterranean market – gold, silver, cop- „unheimlich“ geblieben sein muss. Diese Empfi ndung per, tin, ivory and ostrich eggshells, and very probably teilten die Phönizier mit vermutlich allen an den Küsten skins and furs, exotic wild animals and slaves“, meint niedergelassenen Völkern. Es manifestiert sich u. a. in Cunliffe (2008, 299). Genau diese Aufzählung wird für den Seeungeheuern, die auf phönizischen Münzen zur die Befunde aus Mogador später noch relevant werden. Darstellung gebracht werden (Abb. 13a). Und eines wird ebenfalls ersichtlich: Bereits damals muss es ein Kommunikationsnetz gegeben haben, wel- Die Erforschung der Atlantikküsten und auch Fahrten ches über große Distanzen funktionierte und wohl im zu den Kanarischen Inseln oder Madeira hätten mit den Wesentlichen von Seeleuten getragen wurde. Cunliffe damals üblichen Schiffen (Abb. 13b), ihrer Ausstattung (2001, 267) betont weiterhin, dass diese Handelsposten und den im Mittelmeer gesammelten seemännischen umso erfolgreicher betrieben wurden und umso dauer- Erfahrungen in der Navigation durchaus gemeistert hafter waren, je mehr Standortvorteile an einem Platz werden können (ebd.; Bartoloni 1988). Die Frachtschif- zusammen kamen. Wie wir bereits wissen, ist dieser fe der Phönizier besaßen außer Ruderbänken und einem Gesichtspunkt auch für die Beurteilung der Île de Mo- zentralen Rahsegel, unterstützt durch ein kleineres gador bedeutungsvoll. Segel am Bugspriet, ein Konstruktionselement, welches neu war und das Befahren offener Meere erleichterte: Die Phönizier blieben aber nicht nur der Küste verhaf- einen durchgängigen Kiel (Bohn 2011, 9). Dadurch er- tet, sie eroberten wohl auch entfernt gelegene Inseln hielten die Schiffe eine bessere Längsversteifung, die wie die Kanarischen Inseln und Madeira (Affl erbach das Schlingern in Wind und Wellen verhinderte. Die 2001, 37). Archäologische Funde deuten darauf hin, damals übliche Beseglung war bei achterlichem Wind dass die Phönizier auf diesen insulae fortunatae keine einsetzbar, ein Segeln gegen den Wind war noch nicht dauerhaften Handelsposten einrichteten, sondern eher möglich. Bezüglich der Größe der Schiffe, ihrer Ton- „Notstationen“ für abgetriebene Schiffe (ebd.). Der nage – die für solche Expeditionen ja wesentlich war – Historiker Richard Henning soll in den 1920er Jahren sind Angaben von bis zu 100 t verzeichnet. Zwei bis sogar vermutet habe, das Wort Ozean käme, statt aus drei Knoten Geschwindigkeit und eine Tagesdistanz dem Lateinischen oder Griechischen, aus dem Phönizi- von 50 nautischen Meilen waren wohl die Regel (Bar- 30 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann toloni 1988, 72). Zur Orientierung auf See gab es noch halb der Straße von Gibraltar Kolonien zu gründen und keinen Kompass. Die Position des Schiffes wurde die Küste zu erforschen. Im Mittelpunkt der Reise durch das Loten der Tiefe in küstennahen Gewässern stand die Erkundung von Land und Leuten, Fauna und und durch die Berechnung der zurückgelegten Ent- Flora, vielleicht auch von Bodenschätzen (ebd., 21). fernung abgeschätzt, vermutlich auch durch Einbezie- Nach Erreichen des Flusses Lixos segelten Hannos hung des Stands der Sterne. In der Antike gab es zudem Leute angeblich drei Tage weiter gen Süden und grün- die sog. Periplus, Segelhandbücher, die Angaben über den einen Ort namens „Kerné“, der von Historikern vor Winde, Strömungen und Anker- bzw. Anlegeplätze der marokkanischen Küste vermutet wird (Affl erbach enthielten und die Orientierung zumindest in bekann- 2001, 35). Dies könnte tatsächlich die Île de Mogador ten Gewässern erleichterten. gewesen sein (vgl. „Einleitung“).

Ausgestattet waren die Schiffe natürlich mit vielerlei Es stellt sich die Frage, ob die ersten Seefahrer, die den Proviant. Anhaltspunkte geben die zu Tausenden ent- Ort erreichten, eine Vorstellung der Gegebenheiten deckten Transportamphoren, die offenbar mit Wein, Öl besessen haben. Sind sie quasi ohne Faktenwissen und und Garum gefüllt waren. Doch davon allein werden ohne gestaltete Empfi ndung aufgebrochen? Wir ver- Seeleute nicht satt. Weitere Anhaltspunkte liefern die muten, dass sie, wie alle Menschen aus Seefahrernati- Berichte antiker Autoren, die vom Tausch mitgebrach- onen, sich der Gefahren und Risiken einer solchen Un- ter Waren gegen Essbares aus der Region Zeugnis ternehmung bewusst waren und bis zu einem gewissen ablegen. Noch wesentlich mehr und detailliertere Infor- Grad Vorkehrungen und Vorsorge sowohl für die lange mationen hat das hier vorgestellte Tierknochenmaterial Fahrt als auch den späteren Aufenthalt am Ort getrof- von der Île de Mogador zu bieten (vgl. Abschnitt „Er- fen haben. Warum die phönizischen Seefahrer ausge- nährungsstrategien und Nutzung von Ressourcen bei rechnet nahe der Île de Mogador vor Anker gingen, ist den Phöniziern“). bereits erläutert worden, denn an diesem Platz trafen offenbar eine Vielzahl überaus viel versprechender Die ältesten Spuren der Phönizier auf der Île de Moga- Bedingungen zusammen (s. Kapitel „Naturraum und dor kommen aus der Mitte des 7. Jh. v. Chr. Die Kera- Klima“). Und wenn Kontakte zu der einheimischen mikfunde weisen auf Beziehungen zur westphönizi- Bevölkerung auch im Hinblick auf Bodenschätze posi- schen, d. h. punischen Oikumene, vor allem zu den tiv verlaufen waren, schien das ganze Unternehmen Niederlassungen an der südspanischen Küste wie Gadir/ von Erfolg gekrönt. Cadiz (Marzoli & El Khayari 2010). Der Stützpunkt Mogador ist wahrscheinlich über die Jahrhunderte viel- Wer waren denn diese Einheimischen, mit denen die fach von phönizischen Seefahrern angesteuert worden. Phönizier zusammen trafen? Das liegt im Dunkel der Gerade im 7. und 6. Jh. v. Chr. scheint das westliche Geschichte. Die Römer bezeichneten alle nicht Grie- Mittelmeer Ziel einer massiven phönizischen Expansi- chisch oder Latein sprechenden Völker als barbari. Die- onspolitik gewesen zu sein (Zimmermann 2010, 14ff), ser Begriff lebt in dem Wort „Berber“ bis heute weiter. sicherlich nicht ohne Auswirkungen auf die damaligen Berber bewohnen/bewohnten diesen Teil Afrikas, ob- Machtstrukturen (Aubet 1993). Ohnehin sind die Jahr- wohl sie sich selbst vermutlich ganz anders nannten. hunderte zwischen 800 v. Chr. und 500 v. Chr. eine Pha- „Atlas-Afrika gehört zu den ältesten menschlich besie- se hoher politischer Dichte. Phönizier und Griechen delten Räumen der Erde“ meint Redmer (1979, 12). werden zu Rivalen bei der Installierung profi tabler Han- Tatsächlich weiß die Forschung mehr über die paläoli- delsstationen (Cunliffe 2008, 272). Letztere dehnen ihre thischen und neolithischen Lebensgemeinschaften Interessen auf Süditalien, den Osten Siziliens und später Nordafrikas als über diejenigen, die das Land in der auch auf den Norden der Iberischen Halbinsel aus. Die Bronze- und Eisenzeit bewohnten (Eiwanger 2012). Phönizier hingegen suchen ihre Position im westlichen Die meisten Informationen zu dieser Epoche beruhen Sizilien, auf Sardinien, im Süden der Iberischen Halb- auf Berichten von Phöniziern, Griechen und Römern, insel und in Nordafrika zu festigen. Von den Griechen, die sich in Nordafrika aufgehalten haben. Auf dem d.h. aus der Odyssée und der Ilias, stammt auch das ver- Festland, in der Region um Essaouira sind, wie bereits nichtende Urteil über die Phönizier: Sie seien „pirates geschildert (Kapitel „Das Forschungsprojekt Moga- and slave raiders, greedy and always prepared to cut a dor“, Abschnitt „Survey im Hinterland“), keinerlei ar- sharp deal“ (ebd., 277). chäologische Hinterlassenschaften aus dem 1. vorchrist- lichen Jahrtausend entdeckt worden, bis auf die wenigen In einer byzantinischen Handschrift, auf bewahrt in der Stücke handgemachter, einheimischer Keramik, die in Universitätsbibliothek Heidelberg, ist die griechische den phönizischen Abfallhalden zu Tage kamen. Es ist Übersetzung des Fahrtberichtes des karthagischen also schwierig, eine Vorstellung von der einheimischen Entrepreneurs Hanno überliefert (Zimmermann 2010, Bevölkerung dieser Epoche zu entwickeln, auch wenn 18ff.). In dieser Handschrift wird seine Mission be- ohne ihre Existenz das Prosperieren der phönizischen schrieben (die wohl im 5. Jh. v. Chr. stattfand), außer- Faktorei gar nicht denkbar gewesen wäre. Angesichts Mogador – die Tierreste 31 der klimatischen und landschaftlichen Gegebenheiten Juba II. ließ Caesarea prunkvoll ausbauen, legte Samm- geht man sicher nicht fehl, von einer Bevölkerung lungen an, die nicht nur von Reichtum, sondern auch nomadisch lebender Wanderhirten auszugehen. Dass von Geschmack und Sachverstand sprachen, gründete sie ihrerseits Interesse hatten, mit den Phöniziern einen eine Bibliothek. Die Wirtschaft erlebte damals eine Tauschhandel zu initiieren und über längere Zeit auf- Blütezeit, der Handel fl orierte, vor allem mit Luxus- recht zu erhalten, scheint naheliegend. Tatsächlich kann gütern. Teil davon waren purpurn gefärbte Stoffe bzw. dies an Hand der Tierreste nachvollzogen werden. die Purpurherstellung selbst. Und so verwundert es nicht, dass Juba II. mehrere Reisen unternahm, um der Fraglich bleibt, welche Nachhaltigkeit das Wirken der Purpurindustrie zu noch größerem Aufschwung zu Phönizier auf der Île de Mogador hatte? Wie weit verhelfen. Sie sollen ihn u. a. nach Mogador und zu den strahlte ihre Anwesenheit ins Hinterland? Diese Frage Kanarischen Inseln geführt haben. Viele seiner Ein- gilt natürlich auch für andere phönizische Faktoreien drücke hielt Juba II. in Aufzeichnungen fest und wurde im westlichen Mittelmeergebiet und in Nordafrika. dadurch berühmt. Das, was von seinen Werken erhal- Überblickt man das gesamte Expansionsgebiet der ten blieb (s. dazu Roller 2003), ist später von Plutarch Phönizier, scheinen diese stets den Küsten verhaftet zu und anderen übersetzt worden. Plinius der Ältere beruft bleiben. Kaum einmal werden phönizische Kolonien sich mehrmals darauf. Für die Bekanntheit von Moga- weiter im Binnenland errichtet, bzw. wird in der dor bereits in phönizischer Zeit mag also der Aspekt archäologischen Forschung erst in jüngster Zeit der „Purpurgewinnung“ durchaus bedeutungsvoll gewe- Idee verstärkter Binnenwirkung phönizischer Han- sen sein. Es würde zumindest erklären, warum dieser delsposten Aufmerksamkeit gewidmet (van Domme- Platz immer wieder aufgesucht wurde. Interessanter- len & Gómez Bellard 2008). In der Bucht von Mogador weise sprechen die auf der Île de Mogador in römisch jedenfalls lässt sich Vergleichbares archäologisch nicht datierten Schichten freigelegten marinen Mollusken belegen. Tatsache ist, dass am Ende des 5. Jh. v. Chr. eine ganz andere Sprache: Purpurgewinnung ist gar keinerlei Aktivitäten phönizischer Prägung mehr nach- nicht belegt (s. Abschnitt „Muscheln und Schnecken“). weisbar sind. Ein anderer wirtschaftlich wichtiger Aspekt in der Die römische Phase Region könnte eines der Produkte gewesen sein, wel- ches bereits die Phönizier als äußerst wertvoll einstuf- Zu der Zeit, als auf Mogador eine römische Villa er- ten: Olivenöl. Die Römer erweiterten gerade in Maure- richtet wurde, war dieser Teil Nordafrikas römische tanien die früheren phönizischen Plantagen, so z. B. in Provinz, regiert von Juba II. Dieser wurde um 25 v. Chr. Tingis (heute: Tanger), Lixus und vor allem in Volubilis. von Augustus als Herrscher über Mauretanien einge- Dort wurden über die Stadt verteilt mehr als 100 Öl- setzt. Juba II., aufgewachsen in Rom, fürstlich erzogen mühlen, die sog. mola olearia, entdeckt (s. dazu Lenoir und von umfassender Bildung, war „…eine der inter- 1984; Riße 2001, 101ff.). Wohl mit einiger Sicherheit essantesten Persönlichkeiten des antiken Maghreb...“ reichte in Volubilis die Olivenernte aus, um den eige- (Alföldi 1979, 69). Zu der Zeit liegen die Machtkämpfe nen Bedarf zu decken. Möglicherweise wurden sogar zwischen den Karthagern und Rom bereits weit zurück, Überschüsse ins Mutterland exportiert (ebd., 100). Der die punischen Kriege sind Geschichte. Es sei daran antike Mensch soll etwa 20 l Öl im Jahr verbraucht erinnert, dass der 3. Punische Krieg (149-146 v. Chr.) haben. Olivenöl war nicht nur Nahrungsmittel, sondern zur endgültigen Zerstörung Karthagos führte und die auch Lichtquelle sowie kosmetisch und medizinisch nordafrikanischen Gebiete zu römischen Provinzen genutzte Ingredienz. Die Ausgrabungen in Volubilis wurden. haben auch zu anderen Aspekten des römischen Lebens in Mauretanien interessante Hinweise erbracht, so auf Das westliche Mauretanien scheint für die Römer ein die Agrarwirtschaft, den Fernhandel, die Struktur der fernes, randliches Land gewesen zu sein, dessen Exis- Gesellschaft bis hin zu Kontakten mit der einheimi- tenz vielleicht sogar weitgehend ignoriert wurde, da es schen Bevölkerung (ebd., 106ff.). Fraglich ist, welcher durch das Gebirgsmassiv des Atlas von den für die Hafen für die Exportgüter aus Volubilis genutzt wurde: Römer wirtschaftlich interessanteren Regionen im Lixus unter Zuhilfenahme des Loukkus-Flusses oder karthagischen Umland abgeschnitten war (Lepelley die auf der Mittelmeerseite gelegenen Häfen wie z. B. 2001, 106ff.). Erst durch das kluge Einwirken von Juba Septem Fratres (Ceuta). Mogador war es wohl nicht. II. entwickelte sich Mauretanien zu einem der kulturel- len Mittelpunkte im westlichen Mittelmeer (Alföldi Juba II. regierte fast ein halbes Jahrhundert bis 24 1979). Juba II. residierte in Caesarea, dem ehemals n. Chr. und blieb in der ganzen Zeit ein treuer Verbün- punischen Jol (heute Cherchel in Algerien; s. dazu Fitt- deter Roms. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn schen 1979), an seiner Seite seine Ehefrau Kleopatra Ptolemeios die Regentschaft, offenbar ganz im Sinn Selene, die in der Politik und im gesellschaftlichen seines Vaters. Nach einer ca. 16jährigen Regierungs- Leben eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben soll. zeit, die durchaus erfolgreich war, beruft man ihn im 32 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Jahr 40 n. Chr. nach Rom. Dort wird er auf Geheiß Material und Methode seines Vetters Caligula ermordet. Mauretanien wehrte sich danach längere Zeit gegen die römische Neuord- Zur Vorgeschichte der archäo- nung. Nachdem sich die aufständischen Stämme erge- zoologischen Analyse (C. B.) ben hatten, beendet Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) das Klientelkönigtum in Mauretanien, teilt es in zwei Pro- Bei den Ausgrabungen in Mogador wurden während vinzen: die westliche wurde Mauretania Tingitana, die der Kampagnen von 2007, 2008 und 2009 über 100.000 östliche Mauretania Caesarea. Damit war Maureta- Tierreste freigelegt, die es galt aufzuarbeiten. In Zei- nien endgültig in das Römische Reich eingegliedert. ten, wo in Deutschland die Zahl der Archäozoologen rapide gesunken ist, jemanden zu fi nden, der nicht Wie nun die Bewohner der Île de Mogador zu römi- bereits in eine Vielzahl von Projekten und Aufgaben scher Zeit in dieses Geschehen eingebunden waren, eingebunden ist (vgl. dazu Becker & Benecke 2001) wissen wir nicht. Da nach Ausweis der archäologischen und die Analyse eines so umfangreichen Materials in Funde Mogador bis ins 4. nachchristliche Jahrhundert akzeptabler Zeit hätte bewältigen können, war eine genutzt wurde, also über 300-400 Jahre, können die schier unlösbare Aufgabe für die Leiterin des Projektes, Lebensbedingungen vor Ort nicht die schlechtesten Frau Prof. Dirce Marzoli (Deutsches Archäologisches gewesen sein und der Ort als Handelsposten und Fak- Institut Madrid). So lief die Suche auf einen Kompro- torei, in Zusammenhang mit dem damals ausgedehnten miss hinaus. Es wurde ein Dreierteam gebildet, beste- römischen Transsaharahandel, über lange Zeit seine hend aus Angela von den Driesch (Institut für Paläo- Bedeutung behalten haben. Es ist sicher nicht falsch anatomie, Domestikationsforschung und Geschichte der anzunehmen, dass die Bewohner der römischen Villa Tiermedizin, LMU München), Hans Christian Küchel- auf der Île de Mogador einerseits mit Produkten aus der mann (Knochenarbeit, Bremen) und Cornelia Becker „Heimat“ versorgt wurden, andererseits auch Struktu- (Institut für Prähistorische Archäologie, FU Berlin). ren im Hinterland aufgebaut wurden, die eine reibungs- Diese Wahl hatte für das Projekt einen großen Vorteil: lose Logistik möglich machten. Das Versorgungsnetz Nur einer von uns, H. C. Küchelmann, musste für eine im Römischen Reich war ja bekanntermaßen von aus- bestimmte Zeit bezahlt werden, da er als freiberufl i- geklügelter Raffi nesse und Nachhaltigkeit. Inwieweit cher Archäozoologe tätig ist. Frau von den Driesch war dies allerdings für so weit abgelegene Posten wie den zu dem Zeitpunkt emeritiert und beteiligte sich nahezu unsrigen gilt, soll dahin gestellt bleiben. kostenfrei und aus großem Interesse an dem Projekt, ich selbst habe eine feste Stelle an der Freien Universi- Die Anwesenheit von Römern auf der Île de Mogador tät Berlin, konnte gleichfalls ohne Entgelt tätig sein. mag auch auf die Einheimischen und ihre Kultur ein- Und dennoch: Aus der Überfülle an Material, dem all- gewirkt haben, möglicherweise sogar stärker als wäh- zu knappen Budget für die Auswertungs- und Publika- rend der phönizischen Epoche. Vorstellbar wäre es, tionsphase und einer für unser Dreierteam durch ver- dass sich durch die römische Besetzung die Stellung schiedene Umstände gegebenen zeitlichen Limitierung der Ackerbauern gegenüber den Nomaden festigte und mussten Ausarbeitung und Publikation auf bestimmte auch in der Viehhaltung Veränderungen eintraten. Nicht Themen beschränkt bleiben (s. u.). In der Endphase hat nur, dass die Römer eigene Tiere oder auch Aussaat Prof. Joris Peters, Direktor des Münchner Instituts, mitbrachten und vor Ort nutzten, auch die in der Regi- dem Frau von den Driesch von 1993-1999 vorstand, on lebenden Wanderhirten mögen auf unterschiedliche sogar eine Teilfi nanzierung von H. C. Küchelmann Bedürfnisse der Römer hinsichtlich Fleisch- und Roh- sowie die gesamten Kosten für die Drucklegung über- stoffbeschaffung eingegangen sein und ihre eigenen nommen. Dafür schulden wir und das Projekt ihm gro- Herden entsprechend ausgestattet haben. Hierzu bieten ßen Dank. Dieser Dank gilt auch dem Redaktionsteam die aus römischen Kontexten von der Île de Mogador der Documenta Archaeobiologiae. Am Ende ist nicht stammenden Tierknochen etliche Hinweise (s. Abschnitt alles ausgewertet und nicht alles gesagt worden – auch „Haussäugetiere“). deswegen, weil der Tod von Frau von den Driesch im Januar 2012 eine große Lücke riss (Becker 2012). Frau Die Spuren römischer Aktivitäten auf der Île de Moga- von den Driesch hatte die Bearbeitung der Fische über- dor enden im 4. Jh. n. Chr. In dieser Zeit ist das gesam- nommen. H. C. Küchelmann bewältigte bereits während te römische System, welches sich am Ende doch als zu der Ausgrabungen die Sichtung, Sortierung und Doku- starr erwies, an einem Endpunkt angelangt. Macht und mentation sämtlicher Tierreste und widmete sich da- Einfl uss der Römer in Europa wie auch in Nordafrika nach der Analyse der Mollusken und der Knochen von gehören ab dem 5. nachchristlichen Jahrhundert end- Haussäugetieren. Ich selbst zeichne für die Untersu- gültig der Vergangenheit an. chungen der Wildsäugetiere, Haus- und Wildvögel verantwortlich. In dem vorliegenden Beitrag sind die Verfasser der jeweiligen Kapitel bzw. Abschnitte mit ihren Kürzeln genannt: A. v. d. D., H. C. K. und C. B. Mogador – die Tierreste 33

Grabungskampagne 2007 ist durch Handaufsammlung geborgen worden, lediglich eine Stichprobe wurde ebenfalls gesiebt. Damit ergeben sich für die Kampag- nen folgende Fundmengen an Tierresten: Kampagne 2007: n = 24.762, Kampagne 2008: n = 38.527, Kampa- gne 2009 ca. 91.000 Funde. Das Fundmaterial wurde in mehreren Arbeitsschritten aufgearbeitet. Zunächst wurde es vor Ort gewaschen und im Freien durch Wind und Son- ne getrocknet. Im Sommer 2008 erfolgte durch D. Mar- zoli und H. C. Küchelmann eine erste Begutachtung der zoologischen Funde und die Erstellung einer Prioritäten- liste der Kontexte nach archäologischer Aussagefähig- keit. Hierdurch ergab sich eine Einteilung der Tierreste nach Kontexten erster und zweiter Priorität. Als beson- Abb. 14: Situation nach dem Sieben der Funde auf der Île de ders signifi kant für unsere Auswertung galten natürlich Mogador. Aufnahme: J. Patterson. Funde aus verlässlich phönizischen und römischen Zu- sammenhängen. H. C. Küchelmann hat dann das Ma- teri al nach taxonomischen Klassen (Säugetiere, Vögel, Fehlt das Kürzel, geht der Inhalt eines Kapitels oder Fische, Schnecken, Muscheln, etc.) vorsortiert, nach Kon- eines Abschnitts auf alle Autoren gemeinsam zurück. text und Klasse separiert gezählt, gewogen, mit Fundkar- ten etikettiert und für die spä tere systematische De tail - Fundaufarbeitung vor Ort unter suchung verpackt und archiviert (Abb. 15a, b).

Die große Fundmenge von weit über 100.000 Stücken Während der Grabungskampagne im Herbst 2008 wur- ist in erster Linie der hier angewandten Ausgrabungs- de die Vorsortierung aller Funde erster Priorität der methodik geschuldet. In den Kampagnen 2008 und 2009 Kampagnen 2007 und 2008 abgeschlossen. Funde aus wurde das gesamte Substrat gesiebt. Die Maschenweite Kontexten minderer Priorität (vermischte oder chro- der benutzten Siebe betrug 5 mm (Abb. 14). Der über- nologisch unsichere Kontexte) wurden auf besondere wiegende Teil des zoologischen Fundmaterials aus der Stücke hin durchgesehen, wie z. B. solche von selten nachgewiesenen Spezies. Für eine weitere Bearbeitung herausgelegt wurden auch Artefakte und Knochen mit Pathologien. Den Rest hat man, mit einer versiegelten Kennzeichnung versehen, wieder auf der Île de Moga- dor vergraben. Parallel dazu wurde mit dem zweiten Projektabschnitt begonnen: der systematischen Unter- suchung jedes einzelnen Tierrestes. Im Herbst 2008 konnten durch C. Becker und H. C. Küchelmann die archäozoologischen und taphonomischen Primärdaten

Abb. 15: Grabungshaus Essaouira. Verpackte und archi- vierte Tierknochenfunde, (a) vor dem Waschen und (b) sor- tiert, verpackt und archiviert, Herbst 2008. Aufnahmen: T. Töbe, H. C. Küchelmann. 34 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 16: Fundaufnahme der Tierreste im Grabungshaus; N. Owsianowski bei der Dateneingabe, Herbst 2008. Aufnahme: H. C. Küchelmann. ca. eines Drittels der Funde von Säugern und Mollus- ken. Vögel sind mit weniger als 1% nur sehr gering ken aus der Kampagne 2007 aufgenommen werden, repräsentiert, ebenso Fundgruppen wie Reptilien, See- erste Ergebnisse wurden 2010 publiziert (Becker & igel und Krebse (vgl. Tab. 1). Nach dem Fundgewicht Küchelmann 2010). Während der Kampagne im Herbst verschieben sich die Proportionen: Mollusken domi- 2009 dokumentierten H. C. Küchelmann und N. Owsi- nieren mit 45,8% und Säugetiere mit 41,4%, der Fisch- anowski die Primärdaten der verbliebenen zwei Drittel anteil ist nun auf 12,6% reduziert (Abb. 17). Die ganz des Fundmaterials (Abb. 16). Besondere Säugetierar- überwiegende Menge der Funde stellen Überreste von ten, Fische, Vögel und Kriechtiere, für deren Identifi - Schlachtung und Mahlzeiten dar. Anders geartete Fun- kation eine Referenzsammlung unabdingbar war, wur- de wie Artefakte sind selten, Deponierungen von kom- den aussortiert und zur Bestimmung nach Deutschland pletten Skeletten oder Teilskeletten fehlen ganz. ausgeführt. Schließlich konnte in der Herbstkampagne des Jahres 2009 auch ein Großteil der aktuell freigeleg- Horizontal- und vertikal- ten Funde einer Vorsortierung unterzogen werden. stratigraphische Zuweisung

Die Tierreste im Überblick Das faunistische Material entstammt einer Reihe von Grabungsschnitten. Im Grabungsjahr 2007 sind Tier- Für die hier vorliegende Publikation haben wir die ge- reste aus den Schnitten D, E und F geborgen worden samten Tierreste aus 2007 und 2008 als Basis gewählt. (Marzoli & El Khayari 2009, 90). 2008 erfuhr Schnitt D Ergänzt wird diese Stichprobe durch besonders inter- dann eine starke Erweiterung, wurde in De umbenannt essante Einzelfunde bei den Vögeln und Wildsäugetie- und unterteilt (De-a, De-b, usw.). Im selben und im fol- ren und von rund 1.800 Resten bei den Fischen aus dem genden Grabungsjahr kamen weitere Areale hinzu Fundensemble von 2009. Im Ganzen betragen diese (Marzoli & El Kayhari 2010, 64ff.). Für die Analyse der zusätzlich berücksichtigten Funde von 2009 etwa 2% Tierreste waren insbesondere Schnitt H und die Funde der 2009 ausgegrabenen Gesamtmenge. Das extrem aus dem Bereich der römischen Villa relevant. Im Ka- umfangreiche Fundmaterial von 2009 im Detail zu pitel „Das Forschungsprojekt Mogador“ ist auf die Lage bearbeiten, war in dem vorgegebenen Rahmen nicht der genannten Bereiche und ihre jeweilige archäologi- möglich. Andererseits wollen wir wichtige Details aus sche Charakterisierung eingegangen worden (vgl. dazu diesem Fundgut schon jetzt festhalten, da nicht abzu- Abb. 3b). Für die Datierung der Knochenkomplexe lag sehen ist, wann bzw. ob überhaupt eine Bearbeitung uns eine Tabelle des DAI Madrid vor (s. An hang, dieser großen Stichprobe erfolgen wird. Tab. I), die jedoch nicht für alle Kontexte mit Tierresten Datierungsangaben enthielt. Da trotz intensiver Nach- Das Fundgut aus den Kampagnen 2007 und 2008 um- frage für mehr als ein Dutzend chronologisch fragliche fasst 63.289 Stücke mit einem Gewicht von 233.782 g. Kontexte Datierungsangaben ausblieben, haben wir Sie verteilen sich nach Fundanzahl zu 20,3% auf Säu- dort, wo dies aus der stratigraphischen Abfolge plausi- getiere, zu 34,6% auf Fische und zu 43,4% auf Mollus- bel erschien, fehlende Angaben interpoliert (vgl. Tab. I). Mogador – die Tierreste 35

Klasse KNZ % Gewicht % Säugetiere Mammalia 12.852 20,3 97.015 41,5 Vögel Aves 162 0,3 173 0,1 Fische Pisces 21.826 34,5 29.389 12,6 Schnecken 23.461 37,1 79.944 34,2 Muscheln Bivalvia 3.808 6,0 26.725 11,4 Kriechtiere Reptilia 16 <0,1 41 <0,1 Krebstiere Crustacea 15 < 0,1 18 <0,1 Seeigel Echinoidea 1.149 1,8 477 0,2 Summe 63.289 100,0 233.782 100,0

Tabelle 1: Mogador. Tierreste im Überblick nach Knochenzahl und Gewicht (in Gramm). Material aus 2007 und 2008.

Abb. 17: Mogador. Gesamtmaterial 2007, 2008. Verteilung der Tiergruppen nach Fund- zahl (n = 63.289, links) und nach Fundgewicht (FG = 233.783g, rechts).

War dies nicht möglich, sind die Funde der Kategorie schoben. In Folge dessen vermengte sich das Material: „vermischte Kontexte“ zugerechnet worden. Fehlende Funde aus manchen Bereichen in Schnitt F und E sind Datierungen betreffen 1.537 Säugetierknochen mit Richtung Schnitt De gerutscht, Funde aus H nach F, einem Gewicht von 18,5 kg. Das sind 12% aller Funde usw. (vgl. Abb. 18). Auch aus dem Bereich der römi- bzw. 19,5% der Gewichtsanteile – keine ganz unbedeu- schen Villa verlagerte sich Material hin zu den phöni- tende Menge. zisch datierten Arealen. Dies führte zu einer weiteren Durchmischung von Tierresten aus verschiedenen Zeit- In der Vertikalen sind die Tierreste in bis zu 3 m mäch- horizonten. Die Stichprobe mit allen vermischten Kon- tigen Paketen abgelagert, die wiederum in Straten un- texten umfasst n = 9.666 Tierreste (Tab. 2). Wir konnten tergliedert sind (Tab. I). Die unteren Straten in den allerdings verschiedentlich nachweisen, dass ein Groß- Schnitten E, F und D/De enthielten prinzipiell Funde teil dieser Stichprobe ganz überwiegend Funde aus aus dem 7. Jh. v. Chr., die darüber liegenden solche aus phönizischen Kontexten enthält. dem 6. und 5. Jh. v. Chr. Beide Pakete sind phönizisch konnotiert. Funde aus römischer Zeit kommen aus dem Da vor allem in den Schnitten E und F nach Ausweis Bereich der Villa und aus den Straten 2-7 in Schnitt H der archäologischen Befunde sowohl Überreste eines (nur Stratum H1 enthielt auch älteres Material). Schnitt Heiligtums als auch aus einer Faktorei entdeckt wur- H ist ein 4 x 10,5 m messendes Areal im Bereich des den, also sakrale und profane Tätigkeit gleichermaßen »Tetre«. Dort sind zahlreiche archäologische Funde aus abgebildet werden, wäre es aufschlussreich gewesen, dem 2.-4. Jh. n. Chr. freigelegt worden (Marzoli & El Tierreste aus beiden Aktionsbereichen getrennt von- Kayhari 2010, 67). Nach den uns vorliegenden Infor- einander betrachten zu können. Zum Zeitpunkt unserer mationen ist das Knochenmaterial aus Schnitt H aller- Auswertung lagen dazu keine genauen Informationen dings nicht jünger als das 3. Jh. n. Chr. vor. Auch die Separierung der Tierreste in der Vertika- len konnte nur an bestimmten Stellen der erfassten Diese strikte Einteilung gilt aber nur für einen Teil der Areale vollzogen werden. abgelagerten Sequenzen. Da das Gelände an der Süd- ostfl anke der Insel abschüssig ist, haben sich Teile der Der Begriff „Stichprobe“ (s. o.) wird hier bewusst ver- Schichten und die darin enthaltenen Tierreste ver- wendet, da wir davon ausgehen, dass ohnehin nur ein 36 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 18: Île de Mogador. Grabungsareale im Überblick und Kenn- zeichnung vermuteter Materialverschiebungen (rote, schwarze Pfeile) bzw. möglicher Materialverluste an der Abbruchkante (blau). Umzeich- nung: C. Becker.

Teil des damals bewohnten bzw. genutzten Geländes römische (Tab. 2, 3). Aus diesem Umstand erklärt sich, auf der Île de Mogador durch die Ausgrabung erfasst warum in der vorliegenden Ausarbeitung diesem Fund- werden konnte. Wir wissen nicht, wie ausgedehnt so- material deutlich mehr Raum gegeben wird als dem wohl die phönizisch als auch die römisch genutzten römisch datierten Material und unsere Publikation Areale einst gewesen sind. Insbesondere die phönizi- quasi phönizierlastig ausfällt. Die eingangs beschrie- schen Schnitte sind fast unmittelbar an der Abbruch- bene Verteilung auf Haus- und Wildsäugetiere, Fische, kante positioniert. Hier liegt es besonders nahe zu ver- Mollusken, Vögel und andere Tiergruppen variiert in muten, dass im Verlauf der Jahrhunderte Wind und den beiden chronologisch zugewiesenen Komplexen Wellen immer wieder Teile der Insel und damit Teile erheblich: Das Material aus dem 7.-5. Jh. v. Chr. zeigt des phönizischen Nutzungsareals ins Meer gerissen eine starke Dominanz von marinen Mollusken und und weggespült haben (Abb. 18). Damit sind sicherlich Fischen, Überreste von Haussäugetieren sind mit 18% auch viele archäologische Hinterlassenschaften und drittplatziert, Wildsäuger und Vögel fallen kaum ins Strukturen für immer verloren gegangen. Dies wäre eine Gewicht (Abb. 19). Im 1.-3. Jh. n. Chr., also in römi- Erklärung dafür, warum bei den intensiven archäologi- scher Zeit, sind Haustiere mit rund 30% deutlich stär- schen Aktivitäten keinerlei Baustrukturen aus phönizi- ker repräsentiert. Ebenfalls häufi ger treten Fische in scher Zeit ans Tageslicht gebracht werden konnten. Dass Erscheinung, während der Anteil an Mollusken nahezu derartige Strukturen eigentlich existiert haben müssen, um die Hälfte geschrumpft ist. Wildsäuger und Vögel ist angesichts der großen Fülle an Schlacht- und Spei- sind auch in dieser Phase selten. In der Gegenüberstel- seresten und der daraus abzuleitenden Aktivitäten lung der Befunde deutet sich an, dass bei Phöniziern nicht von der Hand zu weisen. und Römern eine jeweils unterschiedliche Strategie in der Ernährung und Ressourcennutzung verfolgt wur- Die hier vorgelegten Funde verteilen sich ungleich auf de. Bei der Besprechung der verschiedenen Fundka- die Epochen. Das Fundmaterial aus phönizischer Zeit tegorien wird dieses Ergebnis weiter vertieft und im ist um mehr als vierzehnmal so umfangreich wie das Detail interpretiert (vgl. Kapitel „Analytischer Teil“). Mogador – die Tierreste 37

Tiergruppen phönizisch römisch vermischt Summe Haussäugetiere 9.096 1.063 2.657 12.816 Wildsäugetiere 20 6 10 36 Hausgefl ügel 22 1 2 25 Wildvögel 50 5 7 62 Aves, indet. 5 - 11 16 Straußeneischalen 50 3 6 59 Fische 17.521 1.613 2.692 21.826 Schnecken 19.236 653 3.572 23.461 Muscheln 2.947 179 682 3.808 Schildkröten 14 - 2 16 Krebstiere 15 - - 15 Seeigel 1.124 - 25 1.149 Summe 50.100 3.523 9.666 63.289

Tabelle 2: Mogador. Tierreste, gegliedert nach Gruppen und Kontexten (Basis: Fundzahl). Material aus 2007 und 2008.

Tiergruppen phönizisch römisch vermischt Summe Haussäugetiere 58.805 17.469 20.176 96.450 Wildsäugetiere 212 121 232 565 Hausgefl ügel 30 2 3 35 Wildvögel 53 9 11 73 Aves, indet. 4 1 9 14 Straußeneischalen 40 3 8 51 Fische 26.540 815 2.034 29.389 Schnecken 61.925 3.387 14.632 79.944 Muscheln 13.748 2.501 10.476 26.725 Schildkröten 36 - 5 41 Krebstiere 18 - - 18 Seeigel 469 - 8 477 Summe 161.879 24.308 47.594 233.782

Tabelle 3: Mogador. Tierreste, gegliedert nach Gruppen und Kontexten (Basis: Gewicht in Gramm). Material aus 2007 und 2008.

50 Haussäuger Wildsäuger 40 Vögel Fische 30 Mollusken % 20

10

0 phönizisch römisch

Abb. 19: Mogador. Vergleich der Zusammensetzung des Fundmaterials in der phönizi- schen und der römischen Phase (phönizisch: n = 48.914; römisch: n = 3.520). 38 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Methode Fall mit großer Wahrscheinlichkeit überwiegend aus ebenfalls gezählten Kieferfragmenten stammen und Bei der Analyse dieses umfangreichen und vielfältigen daher eine Verzerrung der Indices bewirken würden. Materials haben uns viele Kollegen aus verschiedenen Die Bezeichnung anatomischer Begriffe folgt der No- Institutionen geholfen. Es ging oft grundsätzlich um menklatur von Nickel et al. (1992). Die Namen der die Erkennung und richtige Ansprache eines fragmen- Haustierarten richten sich nach der aktuell bestehenden tierten Knochens, häufi g haben wir aber auch über die Regelung der Internationalen Zoologischen Nomenkla- aus der Bestimmung erwachsenden Konsequenzen turkommission (ICZN) aus dem Jahr 2003 (Gentry et diskutiert. Allen beteiligten Personen gilt unser sehr al. 2004). Alle Daten wurden in einer speziell für das herzlicher Dank (s. u.). Material programmierten Datenbank gespeichert. Min- destindividuenzahlen (MIZ) wurden unter Berücksich- Mammalia (H. C. K., C. B.) tigung von Skelettelement, Körperseite und Knochen- Die vergleichend morphologische Bestimmung der teil aus der Datenbank erhoben. Bei der Erhebung der Haussäugetierknochen wurde mit Hilfe der osteologi- Primärdaten wurde standardmäßig auf Spuren geach- schen Referenzsammlung von H.C.K. („Knochenar- tet. Die gesamte Oberfl äche jedes einzelnen Fundes beit“) durchgeführt. An Literaturquellen wurden die systematisch auf Spuren zu überprüfen, war jedoch bei Arbeiten von Boessneck et al. (1964), Boessneck (1969), der Menge des Materials in der zur Verfügung stehen- Prummel & Frisch (1986) und Schmid (1972) hinzuge- den Zeit in Marokko nicht durchführbar. Nach meiner zogen. Problemfälle in der Ansprache einzelner Haus- Einschätzung wurden auffällige Spuren wie Feuer-, und/oder Wildtierknochen wurden gemeinsam bespro- Säge- oder Hiebspuren seltener übersehen als fi ligrane chen und entschieden. Etwas schwieriger gestaltete Schnitt- oder Bissmarken. Bei einer sehr sorgfältigen sich die Differenzierung der Überreste von Schafen Überprüfung wäre die Zahl der Spuren vermutlich und Ziegen. Morphologische Merkmale, die sich an höher ausgefallen als hier protokolliert. anderen Knocheninventaren (z. B. aus Mitteleuropa oder Vorderasien) als gute Unterscheidungskriterien Die Bestimmung der Wildtierfunde (C.B.) wurde mehr- bewährt haben, waren am marokkanischen Material fach abgesichert durch den Direktvergleich an rezenten teilweise uneindeutig oder diffus. Zudem ist das Mate- Skeletten aus den Vergleichssammlungen in München rial stark fragmentiert, was die Bestimmungsarbeit (Skelettsammlung der Staatssammlung für Anthropo- zusätzlich erschwerte. Dies betraf auch die Diagnostik logie und Paläoanatomie/SAPM), Schleswig (osteo- zu speziellen Parametern wie der Zuweisung zu männ- logische Sammlung der Archäologisch-Zoologischen lichen und weiblichen Tieren; an dieser Stelle war uns Arbeitsgruppe/AZA am Zentrum für Baltische und Angela von den Driesch eine große Hilfe. Am Ende Skandinavische Archäologie/ZBSA) und Berlin (osteo- sicher zugeordnet ist nur ein kleiner Teil der Knochen logische Sammlung der Eurasienabteilung des Deut- von Ovicapriden: 13,6% (s. Anhang, Tab. II-III). schen Archäologischen Instituts). Ein herzlicher Dank geht an N. Benecke und M. Hochmuth (beide Berlin), Für jeden Knochen eines Haussäugetieres wurden, so- J. Peters und B. Möllenkamp (beide München) und fern möglich, folgende Primärdaten ermittelt: Tierart, U. Schmölcke (Schleswig). Viele der zoologischen An- Skelettelement, Körperseite, Knochenteil, Altersstadi- gaben habe ich Grimmberger & Rudloff (2009) ent- um und Geschlecht. Der Alterszustand wurde anhand nommen. Die archäozoologischen Parameter wurden des Gebiss- und Epiphysenzustandes nach Habermehl in derselben Weise wie bei den Haussäugetieren erho- (1975) bestimmt. Anatomische Maße wurden nach von ben und dokumentiert (s. o.). Für die Festlegung des den Driesch (1976) mit Messschiebern auf 0,1 mm ge- Schlachtalters sind die Angaben von Habermehl (1985) nau ermittelt. Jeder Fund wurde mit einer Laborwaage zum Tragen gekommen, ergänzt durch Speziallitera- auf 0,1 g genau gewogen. Alle Funde wurden auf die tur, die in den Einzelbeschreibungen zu den Wildtier- taphonomischen Kriterien „allgemeiner Erhaltungszu- arten separat genannt wird. stand“, „Verwitterung“, „Tierbiss-, Werkzeug- und Feu- erspuren“ hin untersucht. Anzahl, Lage und Ausrich- Bezüglich der chronologischen Zuweisung der Wild- tung der Spuren am einzelnen Knochen wurden jedoch tierfunde wurde von mir (C. B.) eine weitere Kategorie nicht systematisch protokolliert. Pathologien und Ano- eingeführt: „wohl phönizisch“. Hierunter verbergen sich malien wurden vermerkt. Die Kodierung des Kno- Funde aus eigentlich gestörten bzw. vermischten Kon- chenteiles erfolgte nach den Kriterien der Archäolo- texten, wie z. B. Komplex 2007/E7, der nach unserer gisch-Zoologischen Arbeitsgruppe Schleswig (AZA), Information als „6./5. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.“ ge- die Kodierung des Altersstadiums nach Becker (1986, kennzeichnet ist (vgl. Tab. I). Laut mündlicher Mittei- 331). Die Einteilung der Fleischwertklassen folgt der lung von D. Marzoli aus dem Jahr 2010 enthält ein sol- Defi nition von Becker (1986, 330), jedoch wurden hier- cher Komplex jedoch ganz überwiegend phönizisches von abweichend bei der Berechnung der Indices die Material, kann also durchaus als „wohl phönizisch“ Einzelzähne ausgeschlossen, da diese im vorliegenden eingeschätzt werden. Ähnliches gilt auch für andere Mogador – die Tierreste 39

Komplexe. Diese Aufteilung gilt aber nur für Einzel- institut für Archäologie der Universität Wien. Konkret funde und stellt in unserem chronologischen System bestimmt hat die Funde dann Wim van Neer (Konin- eine Ausnahme dar. Grundsätzlich sind und bleiben klijk Belgisch Instituut voor Natuurwetenschappen, auch solche Komplexe in ihrer Datierung unklar und Brüssel). So sind die Augen vieler Fachleute kritisch gehören eigentlich in die Rubrik „vermischte Kontex- über die Vogel- (und Nicht-Vogel)knochen gegangen. te“. Zusätzlich zu dieser Sonderregelung für die Wild- Dies hat geholfen, die vorliegenden Resultate mit größt- säuger werden auch noch Funde aufgenommen, die möglicher Sicherheit in der Bestimmung auszustatten. beim Vorsortieren des Materials der Kampagne 2009 Allen hier genannten Personen schulde ich großen entdeckt wurden. Mithilfe dieses Materials lässt sich in Dank für ihre Zeit, ihre Geduld und ihr Engagement. manchen Fällen eine zunächst unsichere chronologische Die Ergebnisse dieser gemeinschaftlichen Arbeit sind Zuweisung wie z. B. „wohl phönizisch“ durch einen gut dem Abschnitt „Wildvögel“ zu entnehmen. datierten Fund aus 2009 mit besserer Zuweisung ab- sichern. Da unsere Aufenthalte in Schleswig und München auf- grund anderer Aufgaben, die in Bremen und Berlin auf Aves (C. B.) uns warteten, zeitlich limitiert waren, haben wir uns Die Bestimmung der Vogelknochen aus Mogador stell- darauf geeinigt, erst einmal nur die gut erhaltenen te sich als recht schwierig heraus, zum einen, weil die Vogelknochen zu identifi zieren bzw. das Artenspekt- Funde stark fragmentiert sind. Zum anderen ist das rum möglichst vollständig zu erfassen. Viele der schlecht Fundgut ungewöhnlich artenreich und enthält zudem erhaltenen Funde, deren Bestimmung extrem zeitauf- eng verwandte Spezies, die gelegentlich schwierig aus- wendig gewesen und am Ende doch ohne präzises Re- einander zu halten sind. In dem hier vorgegebenen Zeit- sultat geblieben wäre, haben wir dann hintenangestellt. fenster, 7. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr., und im Rahmen Im Ganzen lagen uns 378 Funde vor (zusammen mit der vorliegenden kulturellen Zuweisung, phönizisch und den Vogelresten aus der Kampagne 2009), davon blie- römisch, kamen potentiell nicht nur Wildvögel, sondern ben 39,6% unbestimmt. Ein Teil davon sind allerdings auch Hausgefl ügel in Frage. Nach abgeschlossener Be- Funde, die bis auf Gattungsniveau eingeordnet werden stimmungsarbeit stellte sich heraus, dass im Vogelma- konnten. Jeder bis auf Artniveau zugeordnete Knochen terial aus Mogador tatsächlich Haushuhn, Pfau und wurde mit den üblichen Daten in eine Datenbank ein- Fasan repräsentiert sind (vgl. Abschnitt „Hausgefl ü- gegeben. Die chronologische Zuweisung folgt dem gel“). Bezüglich der Wildvogelarten musste Zweierlei schon bei den Mammalia dargelegten Schema: Orien- bedacht werden: Der Fundplatz im Süden Marokkos tierung an den in Tabelle I notierten Zuweisungen, und die spezielle Situation in dieser Faktorei ließ Wild- unter spezieller Berücksichtigung der Funde aus der vogelarten aus einem großen Einzugsbereich und aus Kategorie „wohl phönizisch“ (s. o.). Die Bestimmung ganz verschiedenen Habitaten erwarten (vgl. Kapitel der Mindestindividuenzahl wurde nach denselben Kri- „Naturraum und Klima“). Gleichzeitig mussten wir terien wie für die Säugetierfunde vorgenommen. Die nicht nur mit Vertretern der heimischen Ornis bzw. Jah- Vermessung folgt den Vorgaben von A. von den Driesch resvögeln rechnen, sondern auch mit Zugvögeln, die (1976). Spezielle Funde hat dankenswerterweise Frau dieses Gebiet temporär und in Massen aufsuchen. So J. Meier in Berlin fotografi ert. Für zoogeographische war es ein Glücksfall, dass für die Bestimmung zwei Daten und Informationen zur Biologie der vorliegen- sehr gute ornithologische Sammlungen zu Hilfe ge- den Vögel wurden die Werke von Heinzel et al. (1972), nommen werden konnten: die Skelettsammlung der Tuck & Heinzel (1978), Hollom et al. (1988), Cramp et SAPM/München und die osteologische Sammlung der al. (1977; 1980) und Harrison (1982) herangezogen. AZA am ZBSA/Schleswig mit ihrer beeindruckenden Fülle an Seevogelskeletten. Glücklicherweise entschlos- Pisces (A. v. d. D., C. B.) sen sich in beiden Fällen dort anwesende Kollegen spon- Die durch das Deutsche Archäologische Institut (DAI), tan zur Mithilfe. Dies waren in Schleswig U. Schmölcke, Abt. Madrid nach München versandten Fischknochen D. Heinrich, und in München J. Peters, B. Möllenkamp der Grabungen von 2007 bis 2009 wurden mit Hilfe der und N. Pöllath. Weitere Hilfe kam aus Berlin von Fischsammlung der SAPM/München nach Skelettele- N. Benecke, M. Hochmuth und P. Morgenstern. Bezüg- menten und Artzugehörigkeit von A. von den Driesch lich einiger besonders „vertrackter“ Funde (vermeintli- bestimmt. Einige nachträglich entdeckte Otolithen und che Vogelschnäbel, die sich als Stacheln aus der Rücken- Stacheln der Rückenfl osse von Dornhaien identifi zier- fl osse von Dornhaien entpuppten) habe ich zwei Dutzend ten dankenswerterweise H. Obermaier, München, und überaus hilfsbereiter Fachleute aus dem Museum für W. van Neer, Brüssel. Details zu manchem Bestim- Naturkunde Berlin und dem Naturhistorischen Muse- mungsproblem sind dann im Abschnitt „Fische“ im um Wien um Rat gefragt und auch viele, sehr interes- analytischen Teil nachzulesen. Hand in Hand mit die- sante Bestimmungsideen zu diesen Stücken gesammelt. sen Bestimmungen wurde die Mindestindividuenzahl Die zündende und richtige Idee hatten K. Kunst, J. Kri- bei den einzelnen Fischarten festgelegt und die Fisch- wet und N. Frotzler vom Interdisziplinären Forschungs- knochen dann nach Arten bzw. Gattungen getrennt 40 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann gewogen, in der Hoffnung, die Wertigkeit der Fische gen und Literatur bestimmten Artnamen wurden mit für den Fischfang bzw. für die Ernährung erfassen zu Hilfe des World Register of Marine Species (WoRMS, können. Alle drei Parameter – Fundzahl, Mindestindi- Appeltans et al. 2012) überprüft und auf den aktuellen viduenzahl, Knochengewicht – haben ihre Schwächen Stand der taxonomischen Nomenklatur gebracht. Ins- auf Grund der unterschiedlichen Erhaltungsfähigkeit gesamt 40 verschiedene Spezies wurden ermittelt und des Skeletts bei den verschiedenen Fischgruppen und eine Arten- und Häufi gkeitsliste erstellt. Für eine wei- auch deshalb, weil der Fang recht unterschiedliche Grö- ter ins Detail gehende Analyse ist darüberhinaus eine ßen aufweist. Diese für die statistische Erhebung nach- Vielzahl an Parametern wie Größe und Fragmentie- teiligen Schwächen werden im Manuskriptteil zu den rung erhoben worden. Da in dem vorliegenden Beitrag Fischfunden abgewogen. Die für eine Diskussion des die Mollusken lediglich kursorisch vorgestellt werden Fischfangs notwendigen Daten zur Biologie der ver- sollen (vgl. Abschnitt „Muscheln und Schnecken“), sei schiedenen Spezies sind im wesentlichen Whitehead et diesbezüglich auf die Endpublikation zu den Mollus- al. (1986) und Lythgoe & Lythgoe (1974) entnommen. ken verwiesen (Küchelmann, in Vorb.). Dies gilt auch für alle weitergehenden ökonomisch und ökologisch Angela von den Driesch hat uns wenige Wochen vor relevanten Themen zu dieser Fundgruppe. ihrem Tod ein nahezu fertiges Manuskript übersandt, welches hier in weiten Teilen unverändert wiedergege- Reptilia, Echinoidea, Crustacea ben ist. Es wurde von mir lediglich an manchen Stellen (H. C. K., C. B.) ergänzt – wie ich hoffe, im Sinne der Verstorbenen. Da Auch die Funde von Seeigeln, Krebsen und Schildkrö- mir ihre Originalaufzeichnungen nicht zur Verfügung ten werden nur kursorisch behandelt (vgl. Abschnitt standen, konnte ich einige Aspekte nicht nachtragen. „Schildkröten, Seeigel, Krebse“). Die Bestimmung Dies betrifft z. B. die Verteilung der bestimmbaren wurde teils nach rezenten Funden aus dem lokalen Um- Fischfunde auf Skelettelemente und die Einzelmess- feld der Île der Mogador vorgenommen, teils anhand werte. Dementsprechend fehlen hieraus ableitbare In- von Vergleichsstücken aus den Sammlungen, die wir formationen im interpretatorischen Teil dieses Kapitels auch für die Bestimmung der übrigen Funde genutzt über die Fische. haben (s. o.).

Mollusca (H. C. K.) Der Vergleichsrahmen Das nach Umfang und Artenzahl größte Konvolut in- nerhalb der Tierreste aus Mogador waren die Mollus- Aus dem westlichen Mittelmeerraum und von der At- ken. Um das vorhandene Artenspektrum zu ermitteln, lantikküste sind zahlreiche phönizische Fundstellen wurde zunächst im Juni 2008 eine exemplarische bekannt (s. Karte bei Moscati 1988, 167; Zimmermann Stichprobe an Schnecken (Gastropoda) und Muscheln 2010, 14, 19). Nur ein kleiner Teil davon (Abb. 20) ist (Bivalvia) aus dem Fundmaterial von 2007 zur Unter- auch in Bezug auf archäobiologische Reste hin unter- suchung ausgeführt. Die Stichprobe (n = 1.988 Funde) sucht worden; oft wurden Tierknochen und Pfl an- wurde so gewählt, dass sie das gesamte vorhandene zenreste bei den Ausgrabungen aber überhaupt nicht Artenspektrum abdeckte. Die Bestimmungsergebnisse geborgen. Die Île de Mogador ist der südlichste und der Stichprobe wurden in den Kampagnen im Herbst zugleich westlichste Fundpunkt in dieser Aufreihung. 2008 und 2009 zur Identifi kation des gesamten Mollus- Unter allen archäozoologisch bearbeiteten Fundmate- kenmaterials von 2007 und 2008 verwendet. Neu hin- rialien ist es zugleich das umfangreichste. Nur aus Tos- zugekommene Arten aus dem Material von 2008 und canos (Uerpmann & Uerpmann 1973) und aus Castillo 2009 sowie spezielle Problemfälle wurden wiederum de Doña Blanca (Rosello Izquierdo & Morales Muñiz zur Untersuchung exportiert. Die vergleichend mor- 1994) liegen ähnlich repräsentative Fundkollektionen phologische Bestimmung der Funde wurde mit Hilfe vor. Aus allen anderen Fundplätzen, Karthago (Nobis der Molluskensammlung der Zoologischen Staats- 1999) und Lixus (Grau Almero et al. 2001; Iborra Eres sammlung München (ZSM Mol) und der Geowissen- 2005) eingeschlossen, zählt das bisher publizierte schaftlichen Sammlung der Universität Bremen mit Fundmaterial weit unter 5.000 Stücke, meist jedoch Unterstützung von Enrico Schwabe, Jens Michael sind es nur wenige hundert Funde, die zur Analyse vor- Bohn und Elisabeth Kuster-Wendenburg durchgeführt. liegen (vgl. dazu Becker & Küchelmann 2010, 84ff.). Bei der Bestimmung der Napfschnecken war außerdem Da der Schwerpunkt des vorliegenden Beitrages auf- Esteban Álvarez-Fernández (Universidad de Salaman- grund der Mengenverteilung der Knochenreste auf den ca) behilfl ich. An Literaturquellen wurden Ardovini & phönizisch konnotierten Funden und relevanten Ver- Cossignani (2004), Hardy (2012), Kerney et al. (1983), gleichsdaten liegt, wird das Material aus der römischen Lindner (1975), Lorenz & Hubert (1993), Pasteur-Hum- Epoche nur einigen wenigen, ausgewählten Fund- bert (1962), Poppe & Goto (1991; 1993), Tebble (1966), plätzen gegenüber gestellt. Das Ziel der vorliegenden Tucker Abbott (1989) und Tucker Abbott & Dance Arbeit ist in erster Linie die Vorlage und Ausdeutung (1990) hinzugezogen. Die mittels Referenzsammlun- der Tierreste aus Mogador und nicht eine Gesamt- Mogador – die Tierreste 41

Abb. 20: Lokalisierung der im Text erwähnten Fundplätze (Karte H. C. Küchelmann; www.planiglobe.com). analyse zum archäozoologischen Forschungsstand im auch, woher diese Haustiere stammten bzw. wer sie westmediterran-nordafrikanischen Raum, wenngleich hielt. Als potentielle Haustierzüchter kommen entwe- dies eine attraktive Aufgabe wäre. Insofern wird hier der Phönizier bzw. Römer und/oder die einheimische, auch nicht jeder publizierte Befund zu phönizischen vermutlich nomadisch lebende Bevölkerung in Frage. Tierknochen im Mittelmeerraum herangezogen. Waren es tatsächlich die Letztgenannten, die die Haus- tiere großzogen und an die Bewohner auf der Île de Mogador weitergaben, so bleibt zu ergründen, ob die Analytischer Teil Tiere lebend oder bereits portioniert angeliefert wur- den. Vorstellbar wären darüber hinaus sowohl die Be - Haussäugetiere schaffung von Tieren aus anderen phönizischen bzw. römischen Stationen, als auch eine eigene Tierhaltung Bewertet man es nach den bloßen Fundmengen, so ge- der Kolonisten vor Ort – in dem Fall in vermutlich hören Überreste von Haussäugetieren nicht zur umfang- eingeschränktem Umfang. Dazu gesellen sich Fragen reichsten Kategorie unter den Tierresten aus Mogador – nach der Nutzung der lebenden Haustiere, beispiels- Fischreste und Mollusken laufen ihnen den Rang ab weise für den Transport von Waren, im Verkehr oder (vgl. Tab. 2). Hinsichtlich des Potentials der aus den als Arbeitstiere in der Landwirtschaft. Ferner gilt es, Haussäugetieren abzuleitenden Aussagen muss diese die Bedeutung von tierischen Produkten wie Wolle Fundkategorie jedoch ganz weit in den Vordergrund oder Milch und deren Distribution im Umfeld von gerückt werden. Es gilt, nicht nur zu diskutieren, wie Mogador einzuschätzen. Die Interpretation der Ergeb- essentiell für die Ernährung der auf Mogador lebenden nisse zu den Haussäugetieren stellt also eine besondere Menschen Fleisch, Fett und Knochenmark von Scha- Herausforderung dar. Der speziellen ökonomischen fen, Ziegen, Rindern und Schweinen waren, sondern Situation auf der Île der Mogador und im Hinterland 42 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Gewicht TierartNISP %(g) % HausrindBos taurus 1.165 15,338.248,4 46,3 Schaf / ZiegeOvis / Capra 6.169 81,040.877,3 49,5 HausschweinSus domesticus 276 3,63.398,5 4,1 PferdEquus caballus 1 0,085,3 0,1 HundCanis familiaris 5 0,128,8 0,0 KatzeFelis catus 3 0,05,5 0,0

Zahl bestimmte Knochen (NISP) 7.619 100,0 82.643,8 100,0

Tabelle 4: Haussäugetiere. Gesamtmaterial. Knochenzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05).

Tabelle 5: Verteilung der Haussäugerknochen auf die verschiedenen Kontexte. Material aus 2007 und 2008.

Gewicht TierartNISP %(g) % HausrindBos taurus 695 12,820.728,8 41,0 Schaf / ZiegeOvis / Capra 4.624 85,429.297,0 57,9 HausschweinSus domesticus 86 1,6482,3 1,0 PferdEquus caballus 1 0,085,3 0,2 HundCanis familiaris 4 0,114,8 0,0 KatzeFelis catus 2 0,03,5 0,0

Zahl bestimmte Knochen (NISP) 5.412 100,0 50.611,7 100,0

Tabelle 6: Haussäugetiere. Phönizische Kontexte. Knochenzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05). muss dabei in verstärktem Maße Rechnung getragen passen, wurde besonders eingehend überprüft und bei werden. Bestätigung des Verdachts herausgenommen. Gestützt wird der Eindruck durch die Verteilung der unbestimm- Aus den Kampagnen von 2007 und 2008 wurden insge- ten Funde auf Körpergrößenklassen, welche deckungs- samt 12.816 Fundstücke von Haussäugetieren unter- gleich ist mit den Verhältnissen bei den bestimmten sucht. Ihr Gewicht beträgt 96,4 kg. Etwas mehr als die Funden (vgl. dazu Tab. 4, 6, 7; Anhang, Tab. XXV). Hälfte davon sind sicher zugeordnet (n = 7.619 bzw. 59,4%; Tab. 4). Vom Gewicht her beträgt dieser Anteil Einen ersten Überblick über die Zusammensetzung der 85,7%. Nach Einschätzung der Bearbeiter sind aber Haussäugetierknochen nach Arten gibt Tab. 4. Nach- auch unter den unbestimmten Säugerresten mit an gewiesen sind Rind (Bos taurus), Schaf (Ovis aries), Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumeist Ziege (Capra hircus), Hausschwein (Sus domesticus), Haustiere vertreten. Denn jeder Fund, der auch nur den Pferd (Equus caballus), Hund (Canis familiaris) und Verdacht aufkommen ließ, er könne zu einem Wildtier Katze (Felis catus). Gemäß der Mengenverteilung sind Mogador – die Tierreste 43

Gewicht TierartNISP %(g) % HausrindBos taurus 194 29,69.142,5 60,8 Schaf / ZiegeOvis / Capra 325 49,53.490,2 23,2 HausschweinSus domesticus 137 20,92.395,9 15,9

Zahl bestimmte Knochen (NISP) 656 100,0 15.028,6 100,0

Tabelle 7: Haussäugetiere. Römische Kontexte. Knochenzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05).

Artenverhältnis Fundanzahl Artenverhältnis Knochengewicht phönizische Funde phönizische Funde Schwein Schwein Hausrind 2% 1% 13%

Hausrind 41%

Schaf / Ziege 58%

Schaf / Ziege 85%

Abb. 21a, b: Relative Häufi gkeit der Haussäugetierarten in phönizischen Kontexten: (a) nach NISP; (b) nach Knochengewicht.

Artenverhältnis Fundanzahl Artenverhältnis Knochengewicht römische Funde römische Funde

Schwein Schwein 21% Hausrind 16% 30%

Schaf / Ziege 23% Hausrind 61%

Schaf / Ziege 49%

Abb. 22a, b: Relative Häufi gkeit der Haussäugetierarten in römischen Kontexten: (a) nach NISP; (b) nach Knochengewicht. die Wirtschaftshaustiere klar dominierend, während Funde aus den genannten Zeitstellungen weder im Pferd, Hund und Katze zu den ausgesprochenen Sel- Artenspektrum noch in der Verteilung der Skelett- tenheiten in diesem Material gehören. Diese werden in elemente wesentliche Unterschiede ergaben, wurden einem gesonderten Abschnitt besprochen (s. u.). beide Komplexe als „phönizisch“ zusammengefasst. Insgesamt stammen 71% der Haussäugerfunde aus Die Wirtschaftshaustiere Rind (Bos taurus), phö nizischen und 8,6% aus römisch konnotierten Schaf (Ovis aries), Ziege (Capra hircus) Zusammenhängen (Tab. 5). Die übrigen Prozentanteile und Schwein (Sus domesticus) (H. C. K.) beinhalten Funde aus vermischten Kontexten. Die phö- Verteilung der Funde auf die Epochen nizische und die römische Stichprobe unterscheiden Knochen von Haussäugetieren stammen aus Kontexten sich nicht nur in der Menge der Funde, sondern auch unterschiedlicher Zeitstellungen. Diese reichen vom hinsichtlich der Mengenverteilung auf die Arten (Tab. 7. Jh. v. Chr. bis zum 3. Jh. n. Chr. (Tab. 5). Bei der Aus- 6-7; Abb. 21, 22). Besonders auffällig ist die stark ab- wertung wurden zunächst Funde aus dem 7. Jh. v. Chr. weichende Fundfrequenz bei den Hausschweinen: Im (Komplex AA) und 6. – 5. Jh. v. Chr. (Komplex BB) phönizischen Material sind sie mit nur 1,6% der Funde getrennt betrachtet (Tab. XX-XXIII). Da sich für die bzw. weniger als 1% der Gewichtsanteile repräsentiert, 44 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Artenspektrum • Vergleich der Fundkomplexe Artenspektrum • Vergleich der Fundkomplexe Fundanzahl (NISP) Knochengewicht

100,0 100,0 90,0 90,0 Schwein 80,0 Schwein 80,0 70,0 70,0 Schaf / Ziege Schaf / Ziege 60,0 60,0 50,0 50,0 Hausrind Hausrind % NISP % NISP 40,0 40,0 30,0 30,0 20,0 20,0 10,0 10,0 0,0 0,0 phönizisch römisch phönizisch römisch

Fundkomplexe Fundkomplexe

Abb. 23a, b: Vergleich der Haussäugetierartenverhältnisse in phönizischen und römischen Kontexten: (a) nach NISP; (b) nach Knochengewicht. im römischen Material hingegen mit 20,9% (Gewicht: Skelettelementverteilung 15,9%). Ebenfalls variierende Resultate zeigen sich bei Ein Überblick über die im Fundmaterial repräsentier- den Wiederkäuern: Der Anteil der kleinen Wiederkäuer ten Skelettelemente der Wiederkäuer zeigt zunächst, liegt im phönizischen Material bei 85,5% (zum Ver- dass alle Körperregionen mehr oder weniger zahlreich gleich: Rind 12,9%) und übertrifft selbst beim Knochen- durch Fundstücke belegt sind (Tab. V-X). Betrachten gewicht die an sich wesentlich schwereren Rinderkno- wir die Verhältnisse getrennt nach Epochen, so treten chen deutlich (57,9% Ovicapriden gegenüber 41,0% im phönizischen Material bei Schaf und Ziege Stamm- Rind). Im römischen Material ist das Verhältnis umge- und Fußelemente überproportional häufi g in Erschei- kehrt: Rinder sind mit 60,8% der Gewichtsanteile deut- nung. Beim Rind sind es – weniger ausgeprägt – nur die lich stärker präsent als Ovicapriden (23,2%), obwohl Stammelemente. Im römischen Material hingegen sind letztgenannte nach Fundzahl immer noch dominieren die Unterschiede bei allen drei Arten geringer (Abb. (49,5% gegenüber 29,6% Rind; Abb. 23). Ähnliches 24a). Setzt man die Zahl der je Körperregion gefunde- spiegelt sich bei den Mindestindividuenzahlen wieder. nen Elemente jedoch in Bezug zur Zahl der dort anato- Im phönizischen Material ließen sich mindestens 7 misch platzierten Elemente, so ergibt sich ein anderes Rinder, 49 Ovicapriden und 2 Schweine (Verhältnis Bild (Abb. 24b; vgl. dazu Tab. IV). Dazu vorausge- 3,5: 24,5: 1) belegen, im römischen Material sind es schickt sei folgende Überlegung: Da die Gliedmaßen- mindestens 3 Rinder, 8 Ovicapriden und 7 Schweine spitzen (Autopodium, Fußskelett) und das Stamm- (Verhältnis 1: 2,7: 2,3). Auffallend ist im gesamten skelett (Wirbel, Rippen, Brustbein) wesentlich mehr Fundensemble der relativ hohe Anteil an Ziegen. So- Elemente enthalten als die Gliedmaßensäulen (Sty lo- wohl im phönizischen als auch im römischen Material und Zeugopodium, Beinskelett) und der Schädel, kommen auf ca. zwei Schafe eine Ziege (2,1: 1 bzw. 1,7: müssten bei einer anatomischen Normalverteilung die 1; Tab. II, III). Allerdings sei betont, dass nur 13,6% der erstgenannten Regionen durch mehr Funde vertreten Ovicapridenreste der einen oder der anderen Art zuge- sein als die zuletzt genannten. In Abb. 24b würde sich wiesen werden konnten bzw. 86,4% der Funde unbe- dies durch eine waagerechte Linie ausdrücken. Dies ist stimmt blieben. Damit fallen auch alle im Folgenden hier aber nicht der Fall. Besonders deutlich wird die diskutierten Ergebnisse zu den Schafen und Ziegen Abweichung bei den phönizisch datierten Ovicapriden: unscharf aus. Schädel und proximale Extremitätenknochen sind rela- tiv gesehen deutlich häufi ger repräsentiert als Stamm- Ein Blick auf das Spektrum der Haussäugetiere in den und Fußelemente. Genauer gesagt sind Schädelelemen- vermischten Kontexten (Tab. XXIV) zeigt, dass die te 3,7x, Stammelemente 1,6x, Vorderbeine 4,5x und Verhältnisse dort mit denen des phönizischen Kom- Hinterbeine 3,8x häufi ger vorhanden als Fußelemente. plexes annähernd übereinstimmen. Dieses Ergebnis ist Stark abgeschwächt ist dies auch beim Rind und bei deckungsgleich zum Befund bei den Fischen. Auch dort den Ovicapriden aus römischer Zeit auszumachen. stimmt die Zusammensetzung des Materials aus ver- mischten Kontexten weitgehend mit dem aus der phö- Eine weitere Methode, um zu überprüfen, ob die Ver- nizischen Phase überein (s. Abschnitt „Fische“). Das teilung der vorhandenen Skelettelemente den anato- Spektrum an Haussäugetieren liefert also ein wichtiges misch normalen Verhältnissen entspricht oder nicht, Indiz für die offenbar überwiegend phönizische Her- besteht darin, die gefundenen Knochengewichte einer kunft der Knochen aus vermischten Kontexten. Körperregion den Verhältnissen bei Referenzskelet- Mogador – die Tierreste 45

Skelettelementverteilung Skelettelementverteilung 1800

1600 100,0 Rind • phönizisch 1400 90,0

Rind • phönizisch 80,0 1200 Rind • römisch 70,0 Rind • römisch 1000 60,0

Schaf / Ziege • 800 50,0 phönizisch Schaf / Ziege •

Fundzahl pro Körperregion phönizisch 40,0 600 Schaf / Ziege • . römisch 30,0 400 Schaf / Ziege • 20,0 römisch

200 Fundzahl / Zahl der Skelettelemente pro Körperregion 10,0

0 0,0 Schädel Stamm Vorderbein Hinterbein Fuß Schädel Stamm Vorderbein Hinterbein Fuß

Körperregion Körperregion

Abb. 24a, b: Verteilung der Skelettelemente auf die Körperregionen (ohne Einzelzähne und Sesambeine): (a) tatsächliche Fundzahl; (b) korrigiert nach Zahl der Skelettelemente pro Körperregion.

Skelettelementverteilung Rind nach Gewicht

35,0

30,0 Referenz IPNA 2426 25,0

20,0 Mogador phönizische 15,0 Funde % Gewicht Mogador 10,0 römische Funde

5,0

0,0 Schädel Stamm Vorderbein Hinterbein Fuß

Abb. 25: Hausrind (Bos taurus). Verteilung der Skelettelemente auf die Körperregionen nach Gewicht im Vergleich zur anatomischen Verteilung im Skelett nach Referenzwerten des IPNA Basel. ten (IPNA o. D.) gegenüberzustellen (Abb. 25, 26). Anders ist das Bild beim Rind (Abb. 25): Im phönizi- Der Vorteil dieser Methode ist es, dass Verzerrungen schen Material sind merkwürdigerweise das Vorder- durch unterschiedlich hohe Fragmentierungsgrade bein über- und das Hinterbein unterrepräsentiert; im abgemildert werden. Auch hier zeigen sich Abwei- römischen Komplex ist der Schädel überrepräsentiert, chungen von den anatomisch normalen Verhältnissen, das Vorderbein stark unterrepräsentiert, Stamm-, Fuß- am deutlichsten bei den kleinen Wiederkäuern (Abb. elemente und Hinterbein liegen nahe am Normalzu- 26): Im phöni zischen wie im römischen Material sind stand. In die gleiche Richtung weisen Fundzahl und Schädel- und insbesondere Stammelemente unterre- Fundgewicht: Funde aus dem Vorderbein sind in der präsentiert, Bein- und Fußelemente hingegen deutlich phönizischen Stichprobe überrepräsentiert, Schädel- bis geringfügig überrepräsentiert. Vergleicht man die elemente hingegen im römischen Komplex. Gewichtswerte mit den Fundzahlen, so werden die Unterrepräsentation der Stamm- und die Überreprä- Auf die graphische Darstellung der Skelettelementver- sentation der Beinelemente durch beide Methoden teilung beim Hausschwein (Tab. IX, X) wurde verzich- widergespiegelt. tet, da die Fundzahlen zu gering ausfallen. Auch hier 46 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Skelettelementverteilung Schaf / Ziege nach Gewicht

35,0

30,0 Referenz IPNA (MW aus 1449, 2266, 25,0 Heidschnucke)

20,0 Mogador phönizische Funde 15,0 % Gewicht 10,0 Mogador römische Funde 5,0

0,0 Schädel Stamm Vorderbein Hinterbein Fuß

Abb. 26: Schaf / Ziege (Ovis / Capra). Verteilung der Skelettelemente auf die Körperregionen nach Gewicht im Vergleich zur anatomischen Verteilung im Skelett nach Referenzwerten des IPNA Basel. sind prinzipiell Elemente aus allen Körperregionen schiedlicher Regionen und Zeitstellungen häufi g zu vorhanden. Jedoch sind bei Schweinen aus der phöni- beobachten, ihre Ursachen wurden bereits verschie- zischen Phase Schädel und obere Extremitätenknochen dentlich diskutiert und sind vielfältiger Natur (s. dazu nur durch wenige Einzelfunde, im römischen Material u. a. Becker 1980, 15f.; Reichstein 1994, 23ff.; Reich- hingegen mit deutlich mehr Funden repräsentiert. Vom stein & Tiessen 1974, 19ff.). So können z. B. Schädel Gewicht her sind bei den römischen Schweinen Schä- und Beinknochen zur Gewinnung von Hirn und Kno- del und Stamm unter-, Beine und Füße überrepräsen- chenmark stärker zerschlagen sein als Fußelemente; tiert. Auch beim Schwein bilden sich also bei beiden bestimmte Elemente unterliegen dem taphonomic loss Methoden eine Überrepräsentation der oberen Extre- stärker als andere, beispielsweise infolge der Ver- mitätenknochen und eine Unterrepräsentation des schleppung oder Verbiss durch Carnivoren oder durch Stammskeletts ab. verschiedenartige Grabungsmethoden; auch die Erhal- tungsbedingungen wirken unterschiedlich auf be- Fleischwertklassen stimmte Knochenelemente ein, vergleicht man z. B. die Die Einteilung von Knochenfunden nach Fleischwert- Überlebensrate von Knochen juveniler und adulter klassen ermöglicht eine Einschätzung der nahrungswirt- Tiere (O’Connor 2004, 19ff.). Einige der Material-re- schaftlichen Qualität eines Fundmaterials. Hierbei wird duzierenden Faktoren sind für unseren Fundplatz aus- den einzelnen Skelettelementen eine Qualitätsklasse zu- zuschließen: Aufgrund der hier gegebenen klimati- gewiesen, die durch die Menge des sie umgebenden und schen Verhältnisse und des Einbettungsmilieus sind als Nahrung verwertbaren Muskel- bzw. Fettgewebes alle Knochenreste durchweg gut erhalten; Abfallvertil- bedingt ist (Tab. V-X). Fleischreiche Partien (Klasse 1 ger hatten offenbar nur selten Zugang zur Halbinsel, und 2) werden zu fl eischarmen bzw. fl eischlosen Partien Verschleppung und Verbiss kommen eher selten vor; (Klasse 3 und 4) ins Verhältnis gesetzt. Werte größer als die Stichproben wurden zu großen Teilen gesiebt; dem Eins zeigen ein Überwiegen hochwertiger, Werte kleiner Material wurde durchweg die gleiche hohe Aufmerk- als Eins ein Überwiegen geringwertiger Elemente an. samkeit und Sorgfalt beim Bestimmen zuteil. Die oben Für die Funde aus Mogador kann belegt werden, dass beschriebenen fehlenden Elemente (Stamm und Fuß- fl eischreiche bzw. hochwertige Körperabschnitte in allen skelett) befi nden sich auch nicht unter den unbestimm- Fällen überwiegen (Abb. 27; Tab. XI). Sie sind rund drei- ten Funden, zu denen im allgemeinen Rippen und Wir- mal so häufi g wie geringwertige Elemente. Noch extre- bel mengenmäßig stark beitragen. Beispielsweise sind mer ist dieses Übergewicht bei den Rinderknochen aus unter 1.545 Rippenfragmenten nur 143 unbestimmte, phönizischen Kontexten. Dort stehen 545 hochwertige von 1.463 Wirbeln blieben nur 310 ohne Identifi kation. Funde nur 111 geringwertigen gegenüber (Faktor 4,9). Auch im Fall der sehr gut bestimmbaren Fußelemente Das Fundmaterial ist somit überwiegend durch Überres- würde die Vermutung einer Materialreduzierung durch te aus der Nahrungszubereitung und dem Fleischverzehr allzu grobe Ausgrabungstechnik nicht greifen. Einen charakterisiert, dementsprechend gering fällt der Anteil wichtigen Anhaltspunkt zur Klärung der Frage liefert an reinen Schlachtabfällen aus. der Vergleich der Fundzahlen und -gewichte. Beim Autopodium ergeben beide Methoden in allen Fällen Ungleichgewichte in der Verteilung von Körperregio- divergierende Ergebnisse: eine zahlenmäßige Unter- nen sind in archäozoologischen Fundinventaren unter- und eine gewichtsmäßige Überrepräsentation. Der ge- Mogador – die Tierreste 47

Verteilung auf Fleischwertklassen

1.900

1.800

1.700

1.600

1.500

1.400

1.300

1.200 Rind • AA-BB • phönizisch 1.100

1.000

900 Rind • CC • römisch

800

Fundzahl 700 Schaf / Ziege • AA-BB • 600 phönizisch

500

400 Schaf / Ziege • CC • römisch 300

200

100

0 Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 4

Fleischwertklasse

Abb. 27: Verteilung der Knochenfunde von Hausrind (Bos taurus) und Schaf / Ziege (Ovis / Capra) auf Fleisch- wertklassen. ringere Fragmentierungsgrad der Fußknochen scheint Phöniziern und Römern und ein Gutteil davon waren zu einer relativen Verringerung der Fundzahl bei gleich- Schlachtportionen mit viel anhaftendem Fleisch zeitiger Erhöhung des Gewichtsanteils geführt zu (Schinken) sowie Schädel. Die Schlachtung der meis- haben. Beim Schädel zeigt sich das umgekehrte Bild: ten Tiere dürfte also andernorts stattgefunden haben. Zahlenmäßig sind Schädelteile überrepräsentiert, nach Dies gilt in erster Linie für Rinder und Schweine. dem Gewicht unterrepräsentiert (Ausnahme: Rind aus Damit soll allerdings nicht gesagt werden, dass kein römischen Kontexten). Hier schlägt sich der höhere einziges Haustier lebend die Île de Mogador erreichte. Fragmentierungsgrad der Schädelelemente in einer So wie es Hunde, Katzen und Haushühner auf Moga- relativen Erhöhung der Fundzahl bei gleichzeitiger dor gab, mögen auch einige Schafe oder die eine oder Verringerung des Gewichtsanteils nieder. Weisen die andere Ziege dort gehalten worden sein. Abweichungen von der Norm bei Fundzahlen und Ge- wichtswerten jedoch in dieselbe Richtung, kann mit Altersspektren großer Wahrscheinlichkeit von einer tatsächlichen und Generell dient die Analyse der Altersspektren von nicht methodisch bedingten Verschiebung im Material Haustieren dazu festzustellen, wo die Nutzungsschwer- ausgegangen werden. Genau das ist hier der Fall. Folg- punkte im Management von Haustieren durch die lich kann nur eine anthropogen verursachte, selektive Bewohner eines vor- oder frühgeschichtlichen Sied- Verschiebung der Verhältnisse zu den hier vorliegen- lungsplatzes gelegen haben. Fleischproduktion und die den Ergebnissen geführt haben. Anders gesagt: Ein Gewinnung von Wolle oder Milch prägen dabei die vermutlich recht großer Teil der Tiere gelangte bereits Ergebnisse der Schlachtalteranalyse in typischer Wei- portioniert zu den auf der Île de Mogador lebenden se. Im Fall von Mogador sind solche direkten Rück- 48 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann schlüsse allerdings wesentlich komplizierter, weil – schen Material mit 206 Funden, im römischen Materi- wie eben dargelegt – ein Teil des Knochenmaterials al nur mit fünf Funden präsent. Gestützt wird diese von Haustieren stammt, welche bereits portioniert an- Einschätzung auch durch die Altersverteilung an den geliefert wurden. Repräsentiert wird durch ein solches Unterkiefern; allerdings lagen nur für die phönizischen Material eben kein Haustiermanagement per se, son- Komplexe genügend Stücke vor (Abb. 30). dern die Deckung eines bestimmten Bedarfs bzw. eine vorab festgelegte Auswahl. Die Quelle der angeliefer- Welche Aussage gestatten diese Ergebnisse? Rück- ten Teile ist nur schwer zu benennen, da wir nicht wis- schlüsse auf das Management der kleinen Wiederkäuer sen, ob und in welchem Ausmaß die Phönizier bzw. die sind wiederum schwierig. Vordergründig scheint wie- Römer selbst Haustiere hielten, ob und in welcher Men- derum der Bedarf an Fleisch befriedigt worden zu sein. ge Fleisch bzw. Tiere von anderen Stationen herbei Fleischproduktion war in der Haltung der kleinen Wie- transportiert wurden oder ob allein die einheimische derkäuer mit Sicherheit wichtig. Von Bedeutung könn- Bevölkerung die Masse der Tiere zulieferte. Mögli- te aber auch die Wollproduktion gewesen sein. Interes- cherweise war es eine gemischte Versorgung, die sich santerweise scheinen gerade die älteren Schafe, welche je nach Jahreszeit oder Anlass ergab. nachweislich viel Wolle liefern, eben nicht abgegeben, sondern von den Haustierzüchtern zurück gehalten Betrachten wir zunächst die bloßen Zahlen. In den Ta- worden zu sein. Darüberhinaus deuten die Altersver- bellen 8 und 9 sind die Belege für die einzelnen Alter- teilung und, wie später zu zeigen sein wird, auch das stufen bei Rind, Schaf/Ziege und Schwein aufgelistet. Geschlechterverhältnis bei Schafen und Ziegen auf Aus den Altersstufen am Gebiss und dem Stand der eine Milchnutzung hin. In diesem Fall liegt es nahe, an Verwachsung der Epiphysenfugen (nur termini post die Herstellung von Schafs- und Ziegenkäse zu denken quem) wurden die Überlebensraten berechnet (Abb. 28, – Produkte, die sich als Handelsware besonders gut 29). Es zeigen sich Unterschiede sowohl von Tierart zu eignen (vgl. dazu Kapitel „Die archäozoologischen Er- Tierart als auch von Zeitstellung zu Zeitstellung. Beim gebnisse im weiteren Kontext“). Rind verläuft die Kurve sowohl in der phönizischen als auch in der römischen Phase relativ gleichmäßig (Abb. Im Fall der Schweine (Abb. 28c, 29c) ist einschränkend 28a, 29a). Aus beiden Zeitstellungen liegen keine Bele- zu bemerken, dass die Zahl der Stücke, die zur Ein- ge für sehr jung geschlachtete Rinder vor. Das Alters- schätzung des Schlachtalters dienlich sind, sehr gering niveau insgesamt ist relativ hoch. Im phönizischen Ma- ausfällt. Es sind nur 27 Funde aus der phönizischen und terial sind über 50%, im römischen Material über 60% 56 aus der römischen Phase. Im phönizischen Material der Rinder zum Zeitpunkt des Schlachtens älter als drei ist in den Schlacht- und Speiseresten von der Île de Jahre; 16% der römischen und 37% der phönizischen Mogador kein Tier nachgewiesen, welches älter als 2,5 Rinder erreichen sogar ein Alter von über vier Jahren. Jahre wurde. Im römischen Material ist aus dieser Al- Lediglich zwei Knochen belegen Rinder, die in jünge- terklasse nur ein einziges Exemplar belegt. Der über- rem Alter (unter 2,5 Jahren) geschlachtet wurden. Das wiegende Teil der Schweine wurde im Alter von ein bis meiste auf Mogador verzehrte Rindfl eisch kommt also zwei Jahren getötet. Viermal sind Ferkel repräsentiert, von ausgewachsenen Tieren. Bedenkt man, dass Rin- also Tiere, die weniger als 12 Monate alt waren, als der generell nicht allein zum Zweck der Fleischerzeu- man sie schlachtete; drei Exemplare kommen aus römi- gung, sondern vor allem ihrer Arbeitskraft wegen ge- schem, ein Tier aus phönizischem Kontext. Diese Re- halten wurden, könnten die auf Mogador verwerteten sultate entsprechen dem allgemein üblichen Muster der Tiere tatsächlich einer Rinderhaltung entstammen, in Schweinehaltung zur Fleischproduktion: Die Tiere welcher die Arbeitskraft der Tiere vorrangiges Nut- werden bis zum Erreichen der Maximalgröße gemästet zungsziel war. und dann verwertet. Über die Herkunft dieser Tiere wird an anderer Stelle berichtet (vgl. Abschnitt „Er- Bei den Ovicapriden liegen für beide Zeitstellungen nährungsstrategien und Nutzung von Ressourcen bei etwas unterschiedliche Ergebnisse vor (Abb. 28b, 29b). den Phöniziern“). Zwar wurde der überwiegende Teil der Ovicapriden in beiden Zeitstellungen im Alter von 1 bis 2,5 Jahren ge- Körpergrößen tötet, in phönizischen Kontexten ist jedoch der Anteil Trotz der nicht unbeträchtlichen Zahl an Haussäuger- älterer Individuen höher: 30% der kleinen Wiederkäuer knochen insgesamt liegen nur sehr wenige vollständige wurden über 2 Jahre alt und immerhin 7% weisen an- bzw. im Gelenkbereich erhaltene Skelettelemente von hand verwachsener Wirbelepiphysen ein Alter von ausgewachsenen Tieren vor, die in der Länge und Brei- über 4 Jahren aus. Im römischen Material hingegen te hätten vermessen werden können (Tab. XIII-XIX) sind Tiere, die älter wurden als 2 Jahre, nur mit 19% und aus denen sich nach publizierten Regressions- vertreten. Tiere, die älter wurden als 4 Jahre, fehlen formeln Körpergrößen hätten berechnen lassen. Die ganz. Deutliche Unterschiede gibt es auch bei den ganz wenigen Daten sind in Tab. 10 aufgeführt. Für Schafe jungen Tieren. Einjährige Lämmer sind im phönizi- ergeben sich Widerristhöhen (WRH) zwischen 53 und Mogador – die Tierreste 49 27 130 1385 Summe < 5 > 6 < 6 Jahre Jahre Jahre < 5 > 4 < 4 > 4 > 4 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre > 3 < 3,5 < 3,5 > 3,5 < 3,5 > 3,5 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre < 3 > 2 < 3 > 3 < 3 > 3 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre 1121629 < 2 > 20 < 2,5 > 2,5 < 2,5 > 2,5 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Monate < 2 > 2 < 2 > 2 < 20 > 18 Jahre Jahre Jahre Jahre Monate Monate > 15 < 20 > 16 > 20 Monate Monate Monate Monate < 10 > 10 < 18 > 12 > 15 Monate Monate Monate Monate Monate < 7 > 7 < 15 > 10 < 12 > 12 Monate Monate Monate Monate Monate Monate < 5 > 5 > 6 > 7 < 10 Monate Monate Monate Monate Monate > 4 > 3 > 3 Monate Monate Monate 777774400000 < 3 < 4 < 3 608 582 435 398 271 269 238 221 183 71 43 101 101 101 96 91 76 61 51 51 42 16 Monate Monate Monate n 107 6 67 46 201 26 302 22 777 n 26 147 37 127 2 31 17 38 69 71 43 608 n n 1 8 1 10 20 n347 n 5 5 15 15 10 9 26 16 101 % 100 95.7 71.5 65.5 44.6 44.2 39.1 36.3 30.1 11.7 7.1 % 100.0 100.0 100.0 95.0 90.1 75.2 60.4 50.5 50.5 41.6 15.8 % 100.0 100.0 100.0 100.0 100.0 57.1 57.1 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 Überlebende Überlebende Überlebende Schwein Schaf / Ziege Rind Tierart Alterstufen Tabelle Tabelle 8: Wirtschaftshaustiere. Altersspektrum anhand Zahn- von und Epiphysendaten. Phönizische Kontexte. 50 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann 58 56 131 Summe < 5 > 6 < 6 Jahre Jahre Jahre < 5 < 4 > 4 > 4 > 4 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre > 3 < 3,5 < 3,5 > 3,5 > 3,5 < 3,5 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre < 3 < 3 > 2 > 3 > 3 < 3 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre 1 149 15 < 2 > 20 < 2,5 > 2,5 > 2,5 < 2,5 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Monate < 2 > 2 > 2 < 2 < 20 > 18 Jahre Jahre Jahre Jahre Monate Monate < 20 > 15 > 16 > 20 Monate Monate Monate Monate < 10 < 18 > 10 > 12 > 15 Monate Monate Monate Monate Monate < 7 > 7 < 15 > 10 > 12 < 12 Monate Monate Monate Monate Monate Monate < 5 > 5 > 6 > 7 < 10 Monate Monate Monate Monate Monate > 4 > 3 > 3 Monate Monate Monate 877774322100 48 46 30 25 13 12 10 10 9 3 0 43 43 43 43 43 39 31 26 26 21 16 < 4 < 3 < 3 Monate Monate Monate n 1 2 2 15 4 30 29 83 n n 2 16 5 12 1 2 1 6 3 48 n1 311 11 8 n 485 5516 43 n 2 19 2 2 17 6 48 % 100 95.8 62.5 52.1 27.1 25.0 20.8 20.8 18.8 6.3 0.0 % 100.0 100.0 100.0 100.0 100.0 90.7 72.1 60.5 60.5 48.8 37.2 % 100.0 87.5 87.5 87.5 87.5 50.0 37.5 25.0 25.0 12.5 0.0 0.0 Überlebende Überlebende Überlebende Schwein Schaf / Ziege Tierart Alterstufen Rind Tabelle Tabelle 9: Wirtschaftshaustiere. Altersspektrum anhand Zahn- von und Epiphysendaten. Römische Kontexte. Mogador – die Tierreste 51

Überlebensrate Rind • phönizische Funde Überlebensrate Rind • römische Funde

100 100 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 Überlebende (%) 30 Überlebende (%) 20 20 10 10 0 0 012345 012345

älter als (Jahre) älter als (Jahre)

Überlebensrate Schaf / Ziege • phönizische Funde Überlebensrate Schaf / Ziege • römische Funde

100 100 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 Überlebende (%) Überlebende (%) 20 20 10 10 0 0 012345 012345

älter als (Jahre) älter als (Jahre)

Überlebensrate Schwein • römische Funde Überlebensrate Schwein • phönizische Funde 100 100 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40

30 Überlebende (%) 30 Überlebende (%) 20 20 10 10 0 0 0123456 0123456 älter als (Jahre) älter als (Jahre)

Abb. 28a-c: Überlebensrate der Haustiere in phönizischen Abb. 29a-c: Überlebensrate der Haustiere in römischen Kontexten: (a) Hausrind (Bos taurus); (b) Schaf / Ziege (Ovis Kontexten: (a) Hausrind (Bos taurus); (b) Schaf / Ziege (Ovis / Capra); (c) Schwein (Sus domesticus). / Capra); (c) Schwein (Sus domesticus).

57 cm bei einem Mittelwert von 55 cm. Die aus den Die Schafe aus Mogador können insgesamt als klein- Astragali und Calcanei erschlossenen Werte liegen wüchsig eingestuft werden. Die phönizischen Ziegen deutlich über den aus Langknochen errechneten Anga- waren mit 72-80 cm WRH (Mittelwert 74 cm) mögli- ben (Astragalus: n = 10; GLl 27,9 – 33,7 mm x Faktor cherweise größer als die Schafe, jedoch bieten die drei 22,68; WRH: 63-76 cm, Mittelwert: 68 cm; Calca- vorhandenen Werte keine sichere Datenbasis. Von Rin- neus: n = 8; GL 55,0 – 70,5 mm x Faktor 11,4; WRH: dern und Schweinen liegen keine vermessbaren Lang- 63-80 cm, Mittelwert: 72 cm). Von den Driesch & Bo- knochen vor. Beim Schwein können lediglich unter essneck (1974, 340ff.) raten aufgrund systematischer großem Vorbehalt ein Calcaneus und zwei Astragali Abweichungen allerdings von der Verwendung von zur Berechnung herangezogen werden (ebd., 340ff.). Astragali und Calcanei für die Berechnung der Kör- Sie ergeben Widerristhöhen zwischen 69 und 78 cm pergröße ab. (Tab. 10). Vermerkt sei an dieser Stelle, dass Material 52 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Altersverteilung Ovis / Capra Mandibula

14 12 10 8 n 6 4 2 0 12-17 18-24 Monate Monate > 2 Jahre < 6 Monate > 2,5 Jahre 6-12 Monate (Abnutzung)

Altersstufen

Abb. 30: Phönizische Kontexte, Schaf / Ziege (Ovis / Capra), Mandi- bula (n = 40), Altersklassenverteilung.

Tierart Skelettele- Nr. Komplex • größte Länge Faktor Widerristhöhe ment Zeitstellung (GL bzw. GLl) (cm) (mm) Schaf Metacarpus 1739 AA • phönizisch 114,2 4,89 56 Schaf Metacarpus 1979 AA • phönizisch 110,2 4,89 54 Schaf / Ziege Metacarpus 2462 AA • phönizisch 115,8 4,89 57 Schaf Metatarsus 1526 AA • phönizisch 122,4 4,54 56 Schaf / Ziege Metatarsus 1749 AA • phönizisch 117,0 4,54 53 Summe Schaf AA AA Ø 55 Schaf Metatarsus 892 DD • vermischt 117,9 4,54 54 Schaf Metatarsus 893 DD • vermischt 117,5 4,54 53 Summe Schaf AA + DD Ø 55 gesamt Ziege Metacarpus 1524 AA • phönizisch 125,1 5,75 72 Ziege Metatarsus 1973 AA • phönizisch 132,0 5,34 70 Ziege Radius 1823 AA • phönizisch (200) 4,02 80 Summe Ziege AA Ø 74

Schwein Calcaneus 2754 AA • phönizisch 83,2 9,34 78 Schwein Astragalus 2395 CC • römisch 41,4 17,9 74 Schwein Astragalus 2397 CC • römisch 38,3 17,9 69

Tabelle 10: Widerristhöhe von Schafen (Ovis aries), Ziegen (Capra hircus) und Schweinen (Sus domesticus) (nach Teichert 1975, 68; von den Driesch & Boessneck 1974, 338-342). aus ganz bestimmten Kontexten bereits während der zapfen mit Durchmessern von 80 mm und Umfängen Primärdatenerhebung dadurch auffi el, dass dort nicht von 250 mm genannt, die beide aus phönizischen Kon- nur der Anteil an Schweinen im Gesamtrepertoire der texten stammen (Abb. 33d). Haustiere bemerkenswert hoch ausfi el, sondern auch ihre Knochen auffallend groß waren. Später stellte sich Geschlechterverhältnis heraus, dass es sich ausnahmslos um Fundkontexte aus Für eine morphologische Geschlechtsbestimmung lie- römischer Zeit handelte. Erwähnenswert ist schließlich gen nur wenige verwertbare Funde vor. Aussagen über noch das vereinzelte Vorkommen auffällig kräftiger die Geschlechterverhältnisse innerhalb der Haussäuge- Rinderknochen. Als Beispiel seien zwei abgesägte Horn- tierpopulationen mit daraus ableitbaren Indizien für Mogador – die Tierreste 53

Komplex • Tierart Pathologie betroffene Anzahl Abb. Zeitstellung Skelettelemente Rind Osteoarthrose Tibia (1x) 12 Phalanx 1-2 (11x) AA-BB • Schaf / Ziege Osteoarthrose oder Osteoarthritis Radius (1x), Ulna (1x) 7 31a phönizisch Phalanx 1-2 (5x)

Schaf / Ziege Parodontitis Mandibula (P2-3) 1 31d Schaf / Ziege Fraktur Costa 1 Rind Osteoarthrose Phalanx 1-2 6 CC • Schaf Osteoarthrose Radius 1 römisch Ziege verheilte Fraktur Radius 1 Rind Osteoarthrose Phalanx 1-2 4 Schaf / Ziege Osteoarthrose Ulna, Metacarpus, Phalanx 2-3 4 DD • Schaf / Ziege Osteoarthritis Metatarsus 1 31b vermischt

Schaf / Ziege Parodontitis Mandibula (M1) 2 31c Schaf / Ziege Fraktur Costa 2 31e

Tabelle 11: Pathologien an Haussäugerknochen. die Nutzung sind damit nicht möglich. Die wenigen Geschlechterverhältnis bei Hinzunahme der vermut- Hinweise seien dennoch aufgeführt: lich überwiegend phönizischen Funde aus den ver- mischten Kontexten ausgeglichen ist. Beim Rind manifestiert sich der Geschlechtsdimorphis- mus an Hornzapfen, Becken und Mittelfußknochen. Unter den Ziegen sind insgesamt 13 Geißen und acht Zwei Beckenfragmente aus Mogador konnten Kühen Böcke vertreten. Von diesen stammen 13 (8 ♀, 5 ♂) aus zugeordnet werden. Urteilt man nach ihren Abmessun- dem phönizischen Komplex, ein Bock aus römischem gen, so gehören drei Hornzapfen und drei Metapodien Material und sieben Tiere (5 ♀, 2 ♂) aus vermischten zu männlichen Tieren. Als Vergleich dienten in diesem Kontexten. Ziegen werden im Allgemeinen ihres Flei- Fall Daten von norddeutschen und englischen Rindern sches und der Milch wegen gehalten. Stand das Nut- (s. dazu Reichstein 1994, 77ff.; Sykes & Symmons 2007; zungsziel „Milchgewinnung“ bei den Ziegenhaltern im Walhorn & Heinrich 1999, 233). Angemerkt werden Vordergrund, muss man sich fragen, warum in der phö- muss hierbei, dass diese Vergleichsbasis für die Ein- nizischen Phase fast doppelt so viele weibliche wie schätzung von Knochen nordafrikanischer Rinder na- männliche Tiere geschlachtet wurden, addiert man die türlich problematisch ist, einer ersten Einschätzung Zahlen aus den gesichert phönizischen und den ver- aber durchaus dienen kann. Aufgegliedert auf die Kom- mischten Komplexen? Das Überwiegen adulter Geißen plexe sind drei männliche Tiere phönizisch und drei könnte ein Hinweis darauf sein, dass einige adulte Zie- römisch konnotiert. Die beiden Kühe (s. o.) stammen je gen zur Milchgewinnung auf der Insel gehalten und aus einem römischen und einem vermischten Kontext. dann gelegentlich auch geschlachtet wurden, während man die meisten Böcke vermutlich bereits als Jungtiere Insgesamt 20 Fundstücke von Schafen (Hornzapfen, in ihrer Zahl dezimiert hat. Leider kann man aufgrund Halswirbel, Becken und Unterkiefer) erlaubten eine der geringen Menge an präzise bestimmten Ziegen- und Geschlechtszuordnung. Insgesamt sind zehn Geißen Schafsresten weder eine gut abgesicherte Präsenz/Ab- und zehn Widder/Hammel identifi ziert. Hiervon stam- senz-Analyse der repräsentierten Körperregionen noch men zwölf Individuen (4 ♀, 8 ♂) aus phönizischen, ein eine Altersanalyse für beide Haustierarten getrennt Schafsbock (Widder bzw. Hammel) aus römischen und vorlegen, um so mögliche Unterschiede im Manage- sieben Tiere (6 ♀, 1 ♂) aus vermischten Kontexten. Der ment, in der Zulieferung bzw. lokalen Haltung nach- erhöhte Anteil männlicher Schafe im phönizischen zuweisen. Beim Schwein ließen sich anhand der Eck- Material fordert eine Erklärung. Ist dies in Verbindung zähne drei Sauen und vier Eber identifi zieren. Fünf mit dem vergleichsweise höheren Anteil adulter Tiere Individuen (3 ♀, 2 ♂) fanden sich in römischen Kon- als Hinweis auf Wollproduktion im Schafsmanagement texten, zwei Eber in vermischten Kontexten. zu werten (Benecke 1994a, 98, 133, 159) oder spiegelt sich hierin ein Element des Tausch- bzw. Abgabesys- Pathologien und Anomalien tems mit den Einheimischen wieder, die für die Zucht Die am Material festgestellten pathologischen Verän- überfl üssige männliche Tiere an die Phönizier weiter- derungen an Knochen von Haussäugetieren sollen an gaben? Angesichts des schmalen Ausgangsmaterials dieser Stelle nur kurz zusammenfassend vorgestellt könnten solche Vermutungen obsolet sein, zumal das werden (Tab. 11). 42 Fälle an Knochen von Rindern, 54 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 31a-f: Pathologien und Anomalien an Knochen von Schaf / Ziege (Ovis / Capra): (a) Phalanx 2, Dorsalansicht, Osteo- arthritis; (b) Metatarsus rechts, Dorsalansicht, Osteoarthritis; (c-d) Mandibula, Parodontitis; (e) Costa, unvollständig verheilte Fraktur; (f) Phalanx 1 mit Impression. Aufnahmen: H. C. Küchelmann.

Schafen und Ziegen wurden festgestellt. Schweinekno- ausschließlich erste und zweite Zehenglieder. Die Fre- chen waren nicht betroffen. Die Pathologien umfassen quenz dieser Pathologie im Fundmaterial ist relativ degenerative und entzündliche Gelenkveränderungen hoch: Von insgesamt 74 Rinderphalanges weisen 21 (Osteoarthrose bzw. Osteoarthritis; Abb. 31a-b), Frak- (28,4%) Knochenzubildungen (Exostosen) im Gelenk- turen (Abb. 31e) und Gebisspathologien (Abb. 31c-d). bereich auf. Osteoarthrosen am Fußgelenk von Rin- Gelenkpathologien sind mit insgesamt 35 Fällen in dern werden allgemein als Hinweis auf Überlastungen allen drei Komplexen die häufi gsten krankhaften Ver- der Fußgelenke infolge des Einsatzes von Rindern als änderungen. Beim Rind sind Osteoarthrosen zudem Zugtiere interpretiert (siehe z. B. Bartosiewicz 2008; die einzigen erkennbaren Pathologien überhaupt. Sie Fabiš 2005; Groot 2005; Higham et al. 1981; Johannsen betreffen mit Ausnahme eines distalen Tibiagelenks 2005; 2006; O’Connor 2008; Telldahl 2005). Die Häu- Mogador – die Tierreste 55

Tierart MIZ Elemente / Zerstückelungs- Erwartungszahl reale Fund- Knochen- Individuum faktor zahl schwund Rind • Bos taurus 7 137 1,80 959 - 1.726 695 28 - 60 % Schaf / Ziege • Ovis / Capra 49 137 1,80 6.713 - 12.083 4.624 31 - 62 % Schwein • Sus domesticus 2 188 1,53 376 - 575 86 77 - 85 %

Tabelle 12: Berechnung des Knochenschwundes nach Becker (1991, 19). Phönizische Kontexte.

fi gkeit dieses pathologischen Befundes korrespondiert Individuums multipliziert. Diese zu erwartende Fund- mit dem Schlachtalterprofi l der Rinder und ist ein wei- zahl kann dann mit der tatsächlichen Fundzahl ver- teres Indiz für die Nutzung der Arbeitskraft dieser glichen werden. In Tabelle 12 ist diese Berechnung Haustiere. beispielhaft für den phönizischen Komplex durchge- führt. Der Knochenschwund liegt bei Rind und Schaf/ Auch bei Schafen und Ziegen kommen Gewebeneubil- Ziege annähernd übereinstimmend bei 30-60%, beim dungen im Gelenkbereich vor, insgesamt zwölfmal an Schwein ist er mit 77-85% deutlich höher. Radius, Ulna, Metacarpus und Phalanges. Allerdings scheint die Art der Wucherungen und die Lokalisation Eine weitere Einschätzung zur Taphonomie des Ge- der Pathologie hier zumindest in einigen Fällen eher auf samtmaterials liefert die Betrachtung des Fragmentie- eine Entzündung (Osteoarthritis) hinzudeuten (Abb. 31a, rungsgrads. Von den Haustierknochen sind lediglich b). In vier Fällen sind Frakturen belegbar, dreimal an 6,1% (n = 777) vollständig erhalten. Überwiegend sind Rippen (Abb. 31e), einmal am Radius. Drei Unterkiefer es die kleinen kompakten Knochen des Fußskeletts weisen Zahnfachentzündungen (Parodontitis) im Be- (n = 623). Insgesamt 116 Langknochen blieben in gan- reich der Pars molaris auf (Abb. 31c, d). Eine Stellungs- zer Länge erhalten, 88 davon sind Metapodien. Die anomalie ist an einem linken Unterkiefer zu beobach- Zerschlagung der Langknochen lässt sich mit folgen- ten: Der M2 steht mit den anderen Zähnen nicht exakt in den Zahlen veranschaulichen: Von 2.532 tierartlich einer Reihe (sog. Kulissenstellung). Derzeit nicht sicher identifi zierbaren Stücken sind 1.958 zu weniger als zu erklären ist eine Vertiefung mit weichen Kanten an einem Drittel, 466 zu ein bis zwei Dritteln und 108 zu der Dorsalseite eines ersten Zehen gliedes (Abb. 31f). mehr als zwei Dritteln erhalten. Besonders stark be- Hierbei könnte es sich um eine verheilte Verletzung troffen von der Fragmentierung sind Langknochen von oder um eine nicht pathologische Anomalie handeln. Rindern, von denen nur drei in ganzer Länge erhalten blieben. Zum Vergleich: Unter den kompakten Elemen- Taphonomie ten fi nden sich immerhin 106 komplett erhaltene Stücke. Wie bereits angedeutet, sind für bestimmte organische Vergleicht man diesen Parameter innerhalb der beiden Materialien die Erhaltungsbedingungen auf der Île de Phasen, so ist das römisch beeinfl usste Material etwas Mogador ausgezeichnet. Dies ist vor allem auf das aride weniger stark fragmentiert als das phönizische (Tab. Klima zurückzuführen. Mikroorganismen, die orga- 13). Man könnte vermuten, dass die Phönizier Knochen nische Materialien abbauen, stand nicht ausreichend intensiver genutzt haben, beispielsweise zur Gewin- Wasser zur Verfügung, um im Sediment eingelagerte nung von Knochenmark. In den vermischten Kontex- Hartgewebe zu zersetzen. Infolgedessen überlebten auch ten stimmt der Fragmentierungsgrad mit dem aus den Knochen mit eher geringer Erhaltungsfähigkeit nahezu gesichert phönizischen Komplexen überein – ein wei- unverändert. Dazu zählen kleine und kleinste Bruch- terer Hinweis auf die überwiegend phönizische Her- stücke mittelgroßer Säuger, insbesondere von Jung- kunft dieses Materials. tieren, ferner Überreste von kleineren Säugetieren, von Vögeln, Fischen und sogar die fi ligranen Schalen von Das durchschnittliche Gewicht eines Fundstücks be- Landschnecken. Da das Material der Kampagne 2007 trägt 7,5 g. Gliedert man die Funde nach bestimmten stichprobenweise und dasjenige von 2008 komplett ge- und unbestimmten Säugern auf, so wiegt ein bestimm- siebt wurde, ist davon auszugehen, dass der Fundinhalt tes Fragment durchschnittlich 10,8 g, ein unbestimm- der untersuchten Kontexte tatsächlich repräsentativ ist bares 2,7 g. Das Durchschnittsgewicht der bestimmten für all das, was einst in den Abfallschichten eingebettet Funde ist in beiden Zeitstellungen annähernd überein- wurde. stimmend (phönizisch 9,4 g; römisch 11 g), das Durch- schnittsgewicht der unbestimmten Funde (phönizisch Zur Gesamtbeurteilung des Knochenschwundes hilf- 2,2 g; römisch 6 g) deutet ebenfalls in Richtung einer reich ist die Berechnung des taphonomischen Verlustes stärkeren Fragmentierung des phönizischen Materials. oder Knochenschwunds (Becker 1991, 16ff.). Hierbei wird die Mindestindividuenzahl einer Tierart mit der Spuren an den Knochen sind insgesamt relativ selten. anatomisch bedingten Zahl der Skelettelemente eines Zunächst gilt es, Spuren menschlicher Einwirkung zu 56 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

AA-BB • phönizisch CC • römisch DD • vermischt betroffene betroffene betroffene Knochen % Knochen % Knochen % Fragmentierung 8.554 von 9.096 94,0 971 von 1.063 91,3 2.511 von 2.657 94,5 Hiebspuren 26 0,3 18 1,7 6 0,3 Schnittspuren 19 0,2 7 0,7 4 0,2 Sägespuren 6 0,1 – 1 0,1 Verkohlung 45 0,5 14 1,3 5 0,2 Kalzinierung 2 < 0,1 2 0,2 – Bissspuren 8 0,1 – – (Magen-)Säureätzung 6 0,1 – – Verwitterung 13 0,1 3 0,3 12 0,6 geschliffen, poliert 2 < 0,1 – 1 0,1

Tabelle 13: Spuren an Haussäugerknochen.

Abb. 32a-d: Hieb- und Schnittspuren: (a) Rind (Bos taurus), Rippe mit Hiebspuren; (b-d) Schaf / Ziege (Ovis / Capra), (b) Hyoid mit Schnittspuren; (c) Maxilla mit Schnittspuren; (d) Os centroquartale mit Hiebspur. Aufnahmen: J. Patterson, DAI Madrid. unterscheiden von solchen, die Tiere verursachten bzw. vorwiegend an Ovicapridenknochen (n = 26), insbeson- die durch Witterungseinfl üsse hervorgerufen wurden dere am Hinterbein (n = 14) und am Fuß (n = 11). (Tab. 13). Erstere zeigen sich außer durch die Zerschla- Hiebspuren wurden 50x protokolliert, 31x an Rinder-, gung der Knochen im Auftreten von Hieb-, Schnitt- und 16x an Ovicapriden- und 3x an Schweineknochen. Am Sägespuren sowie durch Verkohlung und Kalzinierung. stärksten betroffen waren Wirbel (n = 21). Schnittspuren Am häufi gsten lagen Verkohlungsspuren vor (n = 64), konnten 30x beobachtet werden (21x Schaf/Ziege, 9x Mogador – die Tierreste 57

Komplex • Material • Tierart • Objekt Abb. Zeitstellung • Kontext Skelettelement AA • phönizisch • E 13 Knochen • Ovis / Capra • Scapula Schaber?, polierte Arbeitskante 33a AA • phönizisch • E 8 Knochen • Ovis / Capra • Tibia Rohling, Flöte?, Griff? 33c AA • phönizisch • F 7-9 Knochen • Bos • Cornu Abfall Hornverarbeitung 33d BB • phönizisch • De-c-8 Knochen • Ovis • Cornu Abfall Hornverarbeitung BB • phönizisch • De-a-3 Knochen • Mammalia • indet. Schaber?, polierte Arbeitskante CC • römisch Geweih • Cervus Pfriem, Seilerhörnchen DD • vermischt • E-F Knochen • Ovis / Capra • Tibia Schaber?, polierte Arbeitskante 33b DD • vermischt • De-c-1 Knochen • Bos • Humerus Abfallstück mit Sägespuren

Tabelle 14: Bearbeitete Knochen.

Rind), insbesondere an der Vorderextremität (n = 12) auftreten (Tab. 13). Es handelt sich vermutlich um Ver- und an Fußelementen (n = 10). Prozentual be trachtet biss durch Hunde, die in eben diesen Kontexten auch sind Hieb-, Schnitt- und Feuerspuren im römisch beein- durch Knochenfunde selbst belegt sind (s. u.). Dass fl ussten Material häufi ger als im phönizischen. andere Raubtiere Zugang zu den Schlachtabfällen auf der Île der Mogador hatten bzw. über den Isthmus unbe- Neben dieser rein summarischen Betrachtung könnte merkt dorthin gelangen konnten, ist wenig wahrschein- eine systematische Analyse der Häufi gkeit und Lokalisa- lich. Aus phönizischen Kontexten treten Bissspuren 5x tion der Werkzeugspuren Hinweise auf Zerlegungstech- an Knochen von Schafen bzw. Ziegen, 2x an Knochen niken, Portionierungsmuster oder die Verwertung von vom Rind und 1x an einem Schweineknochen auf. Fer- Haut und Horn geben. Für jedes Fundstück ist eine solche ner zeigten sich an sechs Knochen Oberfl ächenverät- Untersuchung im Detail nicht durchgeführt worden. Aus zungen, die durch die Einwirkung von Magensäure diesem Grund seien hier nur einige Beispiele angeführt: entstanden sein dürften. Davon betroffen sind Ovicap- Hiebspuren an Rippen (Abb. 32a) zeugen von der Zerle- ridenknochen (5 Elemente aus dem Fußgelenk, ein Be- gung des Brustkorbs in portionsgerechte Stücke für die ckenfragment). Die kleinen Knochen wurden offenbar Nahrungszubereitung. Schnittspuren am Zungenbein von den Hunden verschluckt, passierten den Magen- (Abb. 32b) entstehen beim Heraustrennen der Zunge. In- Darm-Trakt, wurden ausgeschieden und gelangten so teressant sind zwei parallele horizontale Schnittspuren in die Schlacht- und Speiseabfälle. am Oberkiefer eines Schafes unterhalb des Gesichts- höckers (Tuber faciale; Abb. 32c), welche die Abtrennung Bearbeitete Knochen des äußeren Kaumuskels (Musculus masseter) belegen. Bei der systematischen Untersuchung der Knochen von Der Verzehr von Schafsköpfen ist in vielen Ländern auch Haussäugetieren mit Blick auf eventuelle Bearbeitung heute noch üblich, die Backenmuskeln gelten dabei als traten nur wenige Stücke zutage. Sie sind unspektaku- Delikatesse. Auch auf den lokalen Märkten in Essaouira lär in ihrem Artefaktcharakter. Es sind Fragmente mit und Had Draa waren Schafsköpfe käufl ich zu erwerben einer durch die Benutzung rund polierten Arbeitskante und gelten in Marokko noch heute als besonders (Tab. 14, Abb. 33a-b). Diese sog. adhoc-Geräte oder schmackhaft. Schnitt- und Hiebspuren im Bereich des expedient tools werden bei Bedarf ohne große Umge- Tarsalgelenks weisen auf das Enthäuten bzw. Abtren- staltung verwendet, nachdem man zuvor ein passendes nung des Fußes hin. Abbildung 32d zeigt ein Os centro- Rohstück mit geeigneter Arbeitskante aus dem vorhan- tarsale, welches sowohl Hieb- als auch Schnittspuren denen Knochenabfall herausgesucht hat (Choyke aufweist. Insgesamt ist der Fragmentierungsgrad des 1997). Zwei dieser Objekte sind aus phönizischen Kon- Materials in Kombination mit den Werkzeugspuren ein texten, das dritte stammt aus dem Versturz eines Pro- deutlicher Hinweis auf deren Herkunft aus der Nah- fi ls (Kontext E-F = gemischter Kontext). Ferner fand rungsmittelproduktion. In den Bereich der handwerk- sich im phönizischen Kontext E8 ein Schienbein von lichen Verarbeitung von Knochen und Horn gehören Schaf oder Ziege, dessen Gelenke rechtwinklig zum sechs mit Sägespuren versehene Fundstücke. Es sind vier Schaft an beiden Enden abgesägt wurden (Abb. 33c). Hornzapfen von Rindern (Abb. 33d), ein Hornzapfen von Das Stück, ein Halbfertigprodukt, könnte einen Roh- einem Schaf – alle aus phönizischen Kontexten – sowie ling für eine Flöte oder einen Griff darstellen. Schließ- ein Rinderhumerus aus einem vermischten Kontext. lich fallen in den Bereich der handwerklichen Bearbei- tung noch fünf abgesägte Hornzapfen – viermal vom Erwähnenswert ist, dass Spuren von Carnivoren im Rind (Abb. 33d) und einmal vom Schaf; sie liefern Material aus Mogador nur in äußerst geringer Frequenz einen deutlichen Hinweis auf die Nutzung von Horn. 58 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 33a-d: Bearbeitete Knochen; (a-b) einfache Geräte mit verrundeter und polierter Arbeitskante aus (a) Scapula und (b) Tibia von Schaf / Ziege (Ovis / Capra); (c) Schaf / Ziege, Rohling, Tibia; d) Rind (Bos taurus), Hornzapfen mit Sägespuren an der Basis. Aufnahmen: J. Patterson, DAI Madrid (a, c); H. C. Küchelmann (b, d).

Seltene Haussäugetiere: Hund (Canis sich die Leute zu Tausch- und Handelszwecken nahe familiaris), Hauskatze (Felis catus), der Île de Mogador aufhielten, auf die Halbinsel Pferd (Equus caballus) (H. C. K., C. B.) hinübergelaufen sein, angelockt durch die dort aufge- Hund (Canis familiaris) häuften Abfälle. Hundeknochen sind im vorliegenden Knochenmateri- al außerordentlich selten. Von den fünf Fundstücken Hauskatze (Felis catus) kommen vier aus phönizischen und einer aus einem Die Bestimmung von vier Knochenfunden, die eindeu- vermischten Kontext. Im Einzelnen handelt es sich tig der Gattung Felis zuzuordnen waren, stellte eine um einen rechten Radius (distal erhalten) eines min- Herausforderung dar. Es kommen zwei lokal verbrei- destens 16 Monate alten Individuums (d+), einen Un- tete Wildkatzenarten (Felis margarita, Felis silvestris terkiefer-Prämolar, einen 1. Halswirbel und ein Rip- libyca) und die Hauskatze (Felis catus) als potentielle penfragment. Diese Stücke könnten, bedenkt man die Quellen in Frage. Für Mogador fi el folgende Entschei- Herkunft aus verschiedenen Schichten bzw. Kontex- dung: Eines der Stücke gehört zu einer Wildkatze (vgl. ten innerhalb des mächtigen phönizischen Ablage- Abschnitt „Wildsäugetiere“), drei gehören zu Haus- rungspakets (Dd 12, F8, De-a 18, D5; vgl. Tab. I), von katzen. Hier fl ossen nicht nur die Ergebnisse eines vier verschiedenen Individuen stammen. Ein weiteres optischen Abgleichs mit zahlreichen rezenten und vor- junges Tier ist aus dem vermischten Kontext Dc 2 geschichtlichen Hauskatzenfunden ein, sondern auch repräsentiert. Dass Hunde auf der Île de Mogador ge- geographische und historische Überlegungen. Zunächst duldet wurden und dort Zugang zu Knochenabfällen seien die Funde vorgestellt: hatten, belegen die beiden Kategorien von Spuren: a) ein rechtes Femur (vollständig; p-d- juvenil; 3 g; Bissspuren und Verätzungsspuren (s. o.). Die Frage Kontext: 2007 E12 = Mitte 7. Jh. v. Chr.); ist, wer diese Hunde gehalten hat. Waren es die Phö- b) ein rechter Radius (vollständig; p-d- infantil; 1 g; nizier selbst? Die Tiere könnten auch von der einhei- Kontext: 2008 De-a 15,1 = Mitte 7. Jh. v. Chr.). Hier mischen Bevölkerung stammen und zu Zeiten, wenn ist ein noch jüngeres Tier als am Os femoris reprä- Mogador – die Tierreste 59

sentiert, insofern können wir die Existenz eines zoologen, Morphologen und Genetiker sind sich darin zweiten Individuums annehmen; einig, dass eine der Ursprungsregionen für Hauskatzen c) ein linker Humerus (proximal erhalten; p(+) fast tatsächlich in Ägypten gelegen hat und die dort heimi- adult; 2 g; Maße: Tp 15,8 mm; Kontext: 2007 E4 = sche Falbkatze, Felis silvestris libyca, deren Vorfahre 6.-5. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. = vermischter Kom- war (Vigne & Guilaine 2004, 253). Die Domestikation plex, möglicherweise phönizisch). Der Knochen setzte spätestens in der 16. Dynastie ein, also etwa im stammt von einem nahezu ausgewachsenen Tier, ist 18. Jh. v. Chr. Belegt ist dies zunächst nur durch bild- klein dimensioniert und zeigt wenig profi lierte Mus- liche Darstellungen, später auch durch Texte und mit- kelansätze. Nach den Angaben von Kratochvil tels gut datierter Knochenfunde (ebd.; Boessneck 1988; (1976, 8, Pl. III.j-k) steht das Stück aus Mogador in von den Driesch 1992; Malek 1993; Oeser 2004). Iko- seiner Anatomie dem Humerus einer Hauskatze nographische Hinweise zielen sogar auf eine noch deutlich näher als dem einer Wildkatze. Der Mess- frühere Domestikation (Bouvier-Closse 2003). Die wert zur „Tiefe proximal“ liegt sogar noch unterhalb ägyptische Falbkatze könnte also bereits domestiziert der von Kratochvil (ebd.) aufgezeigten Hauskatzen- gewesen sein, als die Phönizier mit den Ägyptern in Daten und unterstützt die von Nobis (1999) getroffe- Kontakt standen bzw. als sie ihre Fahrten über das Mit- ne Feststellung bezüglich der Kleinheit nordafrika- telmeer aufnahmen. nischer Hauskatzen. Der Humerus aus Mogador besitzt zudem proximal feine, waagerecht platzierte Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Phöni- Ritzspuren. zier Hauskatzen aus Vorderasien kannten. A. von den Driesch vermutete bereits 1992 (23), „dass die Anfänge Insgesamt sind also für Mogador drei Hauskatzen-In- der Katzenhaltung in Vorderasien liegen, von wo aus dividuen belegt, zwei Jungtiere und ein fast ausge- die Katze nach Europa, vor allem nach Griechenland wachsenes Tier. Zumindest die jungen Katzen datieren gebracht wurde“. Weitere Nahrung erhielt dieser Ver- eindeutig in phönizische Zeit, das dritte Tier mögli- dacht durch eine fi gürliche „Katzen“-Darstellung aus cherweise auch. Doch was wissen wir über die Her- dem 7. Jt. v. Chr. aus Haçilar, einen schwer bestimm- kunft dieser Tiere und die Beziehung der Phönizier zu baren, klein dimensionierten Katzenkiefer aus Tell Hauskatzen? Wodurch kamen sie in den Besitz dieser Sheikh Hassan in Syrien, datiert ans Ende des 4. Jts. Tiere? Es wird seit langem vermutet, dass nicht nur die v. Chr. und einen Kiefer aus akeramischer Zeit aus Khi- Römer, sondern auch die Phönizier an der Ausbreitung rokitia sowie weitere Skelettfunde aus Shillaroukam- der Hauskatze im Mittelmeerraum beteiligt waren. bos, beides auf Zypern (zusammenfassend dargestellt Anhaltspunkte hierfür boten u. a. die Funde aus Cabe- bei Vigne & Guilaine 2004). Letztere belegen einen zo de San Pedro/ Huelva (von den Driesch 1973). Ent- Import von wenn nicht domestizierten, so doch ge- deckt wurden ein Unterkiefer eines Jungtieres und ein zähmten Katzen nach Zypern bereits in der zweiten Oberkiefer einer ausgewachsenen Katze. „In beiden Hälfte des 8. Jts. v. Chr. (ebd., 262). Größere Sicherheit Kiefern sind die Zähne relativ klein, so dass sie nur von bezüglich dieser Vermutung bieten die von Driscoll et Hauskatzen sein können“ (ebd., 25). Die Knochen wur- al. (2007) publizierten molekulargenetischen Resulta- den in Schicht I ausgegraben, welche nach dem Kera- te, die eine Verbreitung von Felis silvestris libyca auch mikrepertoire „älter als 700 v. Chr.“ datiert (ebd., 9). über Teile Vorderasiens beweisen (denn Felis silvestris Hauskatzen scheinen also bereits im 7.-8. Jh. v. Chr. im libyca ist die Unterart innerhalb der Wildkatzen mit der Süden der Iberischen Halbinsel Fuß gefasst zu haben. größten biologischen Prädisposition für eine Domesti- Aus Karthago ist aus einer punischen Schicht (5.-4. Jh. kation). Zudem sehen die Autoren eine Parallelent- v. Chr.) das Skelett einer subadulten Hauskatze gebor- wicklung zwischen dem Zähmungs- bzw. Domestika- gen worden (Nobis 1999, 583). Nobis schreibt dazu: tionsprozess der Falbkatze in Vorderasien und der „Vergleichsmaße mit heutigen Hauskatzen lehren, dass fortschreitenden Sesshaftwerdung und Getreidekulti- die karthagischen Tiere insgesamt recht klein waren.“ vierung bzw. Vorratshaltung bei den frühen Bauern- (ebd.). Die Funde aus Mogador stützen die These, dass kulturen im Fruchtbaren Halbmond. Die (nördliche) die Phönizier Hauskatzen gekannt und zu ihrer Ver- Levante scheint tatsächlich eine Region zu sein, in der breitung beigetragen haben. Interessant sind in diesem sich ebenfalls – und offenbar sehr viel früher als in Zusammenhang phönizische Amulette, die vermutlich Ägypten – die Annäherung von Mensch und Wildkatze Hauskatzen zeigen und in das 7.-4. Jh. v. Chr. datieren vollzogen hat. Da diese Region das phönizische Kern- (Moscati 1988, 698). land einschließt, wäre auch hier eine Verbindung zu Hauskatzen zu ziehen, wenngleich an einem (noch) Es stellt sich natürlich die Frage nach der Herkunft die- sehr dünnen Faden. ser Katzen. Haben die Phönizier sie über ihre Kontakte nach Ägypten kennen gelernt – Kontakte, die seit der In römischer Zeit sind Hauskatzen zwar immer noch Mitte des 2. vorchristlichen Jahrtausends nachweislich selten, verdanken den Römern jedoch ihre (erneute) sehr eng gewesen sind (Pernigotti 1988, 522)? Archäo- weite Verbreitung rund um das Mittelmeer. Hauskat- 60 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann zen werden in den ersten nachchristlichen Jahrhunder- se Tiere vom Fundplatz Thamusida nördlich von Rabat ten vermutlich vielerorts als Haustiere gehalten, ohne aus dem römischen Militärlager (3. Jh. n. Chr.) mit im- dass wir dies anhand von Knochenfunden wirklich merhin drei Funden (De Grossi Mazzorin & De Venuto belegen können. Die wenigen Nachweise im westlichen 2006, 392). Aus Karthago sind ebenfalls Kamelkno- Mittelmeerraum sind schnell aufgezählt: So gibt es chen verzeichnet: zwei Phalanges I aus dem 5.-7. Jh. Hauskatzenknochen aus dem Militärlager von Thamu- n. Chr. sowie weitere 18 Funde aus stratigraphisch un- sida, datiert ins 3. Jh. n. Chr. (De Grossi Mazzorin & sicheren Kontexten (Nobis 1999). Es wäre sicherlich De Venuto 2006, 391). Für Karthago, aus dem Außen- lohnenswert, die Verbreitung des Dromedars in Nord- bereich des Kobbat Bent el Rey, sind drei Stücke aus afrika während des 1. vorchristlichen Jahrtausends frühbyzantinisch-spätantiker Zeit belegt: ein Hume- aufzublättern bzw. die bisher publizierten Funde einer rusfragment einer jungen Katze und zwei Rippen genauen Prüfung zu unterziehen. ohne Alterszuweisung (Baumgartner 1996, 66). Ferner schreibt Nobis (1999, 583) „zwei weitere Katzenkno- Zur Deutung der Befunde chen kommen aus römischen Schichten und acht Reste Für die Interpretation der geschilderten Befunde zu aus der byzantinischen Epoche“. Aus anderen größe- den Haussäugetieren sollen zwei Wege beschritten ren, römisch datierten Fundkomplexen fehlt der Nach- werden – zum einen über den Vergleich mit Resultaten weis, wie z. B. aus Toscanos (Uerpmann & Uerpmann aus anderen geographisch relevanten Fundplätzen, 1973). Auch in der römischen Phase auf Mogador sind zum anderen über eine Interpretation aus dem Material keine Hauskatzen belegt. Dies könnte aber durch den selbst heraus. Zufall der kleinen Zahl bzw. den deutlich geringeren Stichprobenumfang verursacht worden sein. Der Kennt- Der überregionale Vergleich krankt daran, dass es nur nisstand zur Verbreitungsgeschichte von Felis catus wenige phönizische Fundplätze in Nordafrika und auf krankt an der geringen Menge wirklich umfangreicher der Iberischen Halbinsel gibt, die ähnlich umfangrei- und gut datierter Tierknochenmaterialien, denn nur che und klar stratifi zierte Materialien zu Haussäugetie- dort kann der Nachweis von seltenen Spezies erwartet ren geliefert haben (Tab.15; Abb. 34; ergänzend dazu werden. Tab. XII, Abb. 20). Streng genommen können wir al- lein Toscanos (NISP = 3.754) Mogador (NISP = 5.410) Pferd (Equus caballus) gleichwertig gegenüberstellen. Lixus, Ceuta, Castillo Aus Kontext De-c 6-1 (6.-5. Jh. v. Chr.) stammt der de Doña Blanca und Karthago lieferten über 1.000 Metatarsus eines Pferdes (Gewicht: 85,3 g). Der Kno- Funde, die acht anderen Fundstellen liegen darunter chen ist distal erhalten, die Epiphysenfuge geschlossen (< 500 Funde). Hinzu kommt, dass bei einigen mehr- (Maß: Td 32,9 mm). Dieser Fund stellt den einzigen phasigen Fundstellen (Cerro de la Tortuga, Cabezo de Beleg für ein vermutlich ausgewachsenes Tier dar. San Pedro, Los Saladares) die phönizischen Funde Welchen Hintergrund mag dieser als Bruchstück erhal- nicht von jüngerem Fundmaterial getrennt bearbeitet tene Einzelfund haben? Kam der Metatarsus verhaftet wurden und dass die Grabungsmethoden (Handsamm- in einem Fell auf die Île de Mogador? Wurde ein ganzes lung vs. Sieben und Schlämmen) unterschiedlich sind. Pferdehinterbein als Fleischportion angeliefert, wovon Die Vergleichbarkeit der Fundstellen ist somit stark allein dieses Bruchstück übrig blieb? Gab es einen Phö- eingeschränkt. nizier, der ein Pferd in seinem Besitz hatte, welches starb oder getötet, portioniert und verspeist wurde? Ein übergreifendes Muster im Repertoire und in den Wir wissen es nicht. Der Fund wirft natürlich die Frage Frequenzen der Haustiere ist nicht erkennbar. Selbst auf, welchen Stellenwert generell Pferde bei den Phö- die Reihung in der Artenhäufi gkeit folgt keinem gleich niziern hatten und woher dieses Tier eigentlich stamm- bleibenden Trend, nicht einmal bei den Fundstellen mit te? Das Thema „Pferde und Phönizier“ zu beleuchten, über 1.000 Funden. So ist der Rinderanteil in Mogador ist bis heute ein Desiderat, ebenso wie auch die Bedeu- und Castillo de Doña Blanca niedrig (12,8 bzw. 13,1%), tung anderer Transporttiere (Esel, Maultiere, Kamel) in den anderen relevanten Fundstellen liegt er deutlich in diesem Kulturkreis bisher wenig erforscht ist. höher: Toscanos 33,5%, Karthago 44,6%, Ceuta 49,5%, Lixus sogar 66,3% (Abb. 34a). Dasselbe Bild ergibt Im Haustierspektrum von Mogador fehlt der Nachweis sich, nimmt man das Knochengewicht als Ausgangs- für das Lasttier par excellence, den Esel, obwohl dieser parameter (Abb. 34b). Die Zahl der Schweine ist in für andere phönizische Fundplätze durchaus belegt ist Mogador mit 1,6% wesentlich niedriger als in allen (s. u.). Ebenfalls nicht nachgewiesen ist das Kamel (Ca- anderen Fundstellen: Castillo de Doña Blanca 5,3%, melus dromedarius). Fraglich ist, wann Kamele über- Toscanos 8,0%, Karthago 11,4%, Lixus 17,3%, Ceuta haupt in Nordwest-Afrika auftauchten. De Grossi 39,3%. Ähnliches gilt für die Gewichtsanteile. Man Mazzorin (2006) nimmt an, dass Dromedare in Nord- könnte vermuten, dass in Mogador, dem am südlichs- afrika erst in augusteischer Zeit (31 bzw. 27 v. Chr. – 14 ten gelegenen Fundplatz von allen, das Klima eine Rol- n. Chr.) in Erscheinung treten. Nachgewiesen sind die- le gespielt hat. Das Hinterland von Mogador war bzw. Mogador – die Tierreste 61

Fundstelle Zeitstellung KNZ • NISP Gewicht Quelle Grabung Sammlungsmethode (kg) KNZ • NISP Mogador, Marokko 7. - 5. Jh. v. Chr. (AA-BB) 9.094 • 5.410 58,8 • 50,6 vorliegende Arbeit; 2007-2008 Hand + Sieb Becker & Küchelmann 2010 Lixus, Marokko phönizisch (niveles fenicios) 1.618 • 1.075 44,2 • 40,2 Grau Almero et al. 2001; 1995-2003 nicht angegeben Iborra Eres 2005 Ceuta, Nordafrika 6. Jh. v. Chr. (fase I-IIc) 3.052 • 1.543 ? • ? Camaros & Estévez 2002, 2004-2006 nicht angegeben 2010 Cerro de la Tortuga, Spanien 6. Jh. v. Chr. – römisch 1.629 • 892 ? • ? Uerpmann & Uerpmann Hand 1973 Cabezo de San Pedro, Spanien 9. - 1. Jh. v. Chr. (Schicht 625 • 531 ? • ? von den Driesch 1973 1972 I-VII) nicht angegeben Cerro del Villar, Spanien 730 - 580 v. Chr. (cortes 1.207 • 475 ? • ? Montero 1999 1987, 1989 3/4, 5) Sieb Cerro Macareno, Spanien phönizische Phase 429 • 325 ? • ? Amberger 1985 1976 nicht angegeben La Fonteta, Spanien 7. - 6. Jh. v. Chr. 668 • 274 6,0 • 4,7 Iborra Eres 2007 nicht angegeben Los Saladares, Spanien 700 - 350 v. Chr. 498 • 484 ? • ? von den Driesch 1973 1971-1972 nicht angegeben Morro de Mezquitilla, Spanien 7. - 6. Jh. v. Chr. 188 • 38 ? • ? Uerpmann & Uerpmann 1967 nicht angegeben 1973 Toscanos, Spanien phönizische Schicht 6.836 • 3.754° ? • 19,3° Uerpmann & Uerpmann 1964, 1967, 1971 Sieb + Hand 1973; Schüle 1969a; 1969b; Soergel 1968 Castillo de Doña Blanca, 8. - 4. Jh. v. Chr. 7.684 • 1.501 11,6 • 8,9 Morales et al. 1994; Spanien 1986 Hand + Sieb 1994b Karthago, Tunesien 8. - 2. Jh. v. Chr. (Stufe A 4.120 • 1.611 ? • ? Nobis 1999 1974-1991 + B) Hand Motya, Italien (Sizilien) 6. - 3. Jh. v. Chr ? • 141 ? • ? Ryder 1975 1968-1973 nicht angegeben KNZ = Knochenzahl (Haussäugetiere + unbestimmte Säuger), NISP = Anzahl der tierartlich identifizierten Funde (nur Haussäugetiere); v. Chr. = vor Christus, Jh. = Jahrhundert; Hand = Handsammlung, Sieb = gesiebte oder geschlämmte Proben. ° nur Grabungen 1967 und 1971.

Tabelle 15: Haussäugetiere aus phönizischen Fundstellen Nordwestafrikas, der Iberischen Halbinsel und des westlichen Mittelmeeres. ist im Vergleich zu den Gegebenheiten in Lixus oder aus kulturellen und religiösen Gründen generell wenig Ceuta doch verhältnismäßig trocken und heiß. Beson- bis gar kein Schweinefl eisch verzehren würden und ders hoch liegt der Schweineanteil in Cerro del Villar dass der Schweineanteil in phönizischen Fundmateria- (55%; n = 260), jedoch resultiert dies aus der Anwesen- lien infolgedessen regelhaft gering ausfallen müsse heit von drei fast vollständigen Ferkelskeletten, die als (Schüle 1969a, 124; 1969b; Soergel 1968, 113; Uerp- Einzelknochen gezählt wurden (Montero 1999, 318; mann & Uerpmann 1973, 84; Nobis 1999, 576-577, 582, Morales Muñiz et al. 1994a, 210). Dennoch sind die 593). Auch wenn dies für Mogador explizit zutrifft, Schweineanteile auch anderer Fundstellen nicht unbe- ergeben die hier aufgeführten Fundstellen ein Bild mit deutend und erreichen oder übertreffen teilweise die unerwartet großer Schwankungsbreite in den Fundfre- Anteile von Rindern und kleinen Wiederkäuern (z. B. quenzen von Sus domesticus. Die Annahme eines in in Lixus, Ceuta, Cerro de la Tortuga; Tab. XII, Abb. phönizischer Zeit bestehenden Tabus bezüglich des 34a, b). Mehrfach wurde die Hypothese formuliert, Verzehrs von Schweinefl eisch sollte daher hinterfragt dass die Phönizier als Ethnie mit semitischen Wurzeln werden. Unterstützt werden solche Zweifel beispiels- 62 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Fundstellenvergleich Artenspektrum NISP

100%

90%

80% Hausschwein 70%

60% Schaf / Ziege 50%

40% Hausrind

Anteil NISP 30%

20%

10%

0% Lixus Ceuta Motya Mogador Karthago Cerro de Toscanos Morro de la Tortuga Mezquitilla Pedro La Fonteta Blanca Los Saladares Cerro del Villar Cabezo de San Cerro Macareno Castillo de Doña

phönizische Fundstellen

Fundstellenvergleich Artenspektrum Knochengewicht

100%

80% Hausschwein

60% Schaf / Ziege

Hausrind 40% Anteil Gewicht

20%

0% Lixus Ceuta Motya Mogador Karthago Cerro de Toscanos Morro de la Tortuga Mezquitilla Pedro La Fonteta Blanca Los Saladares Cerro del Villar Cabezo de San Cerro Macareno Castillo de Doña

phönizische Fundstellen

Abb. 34a, b: Vergleich der relativen Häufi gkeiten der Wirtschaftshaustiere phönizischer Fundstellen Nordwestafrikas, der iberischen Halbinsel und des westlichen Mittelmeeres: (a) nach NISP; (b) nach Knochengewicht. Mogador – die Tierreste 63 weise durch die Resultate aus Karthago. So errechnete nician city states controlled the native population in Nobis (ebd.) für phönizische Kontexte aus dem 8. bis 6. the surrounding area, who supplied food. The insular Jh. v. Chr. einen Schweineanteil von 5,0%, aus Kontex- nature and small size of Motya makes a dissociation ten des 5. bis 2. Jhs. v. Chr. einen Anteil von 21,4%. from agriculture even more likely than at Carthage, Damit widerspricht er eindeutig der von ihm aufge- where, however, Mago’s writings show that cereal pro- stellten These. Seine Erklärung für diese Abweichung duction and stock raising were as well organised as in bezieht sich auf eine Zunahme nicht-semitischer Be- Phoenicia.“ (ebd.). völkerungsgruppen in mittel- und spätpunischer Zeit, die angeblich vermehrt Schweinefl eisch verzehrten In Mogador liegt mit der Insellage eine vergleichbar und so zu diesen gesteigerten Anteilen von Schweine- abgeschlossene geographische Situation vor. Wir wis- knochen im Schlachtabfall beitrugen. Ohne zusätzli- sen allerdings nicht, ob und welche Art von Bauten in che Belege bleibt dies jedoch eine reine Annahme. Es phönizischer Zeit auf Mogador errichtet waren bzw. ist ebenso gut denkbar, dass sich Wertvorstellungen wie viel Platz für eine Viehhaltung überhaupt zur Ver- hinsichtlich des Fleischverzehrs oder auch Schwer- fügung stand. Viel entscheidender ist die Frage nach punkte in der Haustierhaltung verschoben haben (siehe der Futter- und Wasserversorgung des Viehs. Einige hierzu auch Morales Muñiz et al. 1994, 51-53). Schafe und Ziegen konnte man sicherlich einige Zeit dort durchbringen. Ob eine Tierhaltung auf der Halb- Pferde und Hunde sind in den meisten Plätzen nur insel selbst dauerhaft und erfolgreich durchzuführen durch Einzelfunde vertreten. Lediglich in Lixus und war, soll dahingestellt bleiben (vgl. dazu Kapitel „Die Cerro de la Tortuga ist die Zahl der Hundefunde etwas archäozoologischen Ergebnisse im weiteren Kontext“). erhöht (n = 43 bzw. 48 bzw. je 4-5%). Ungewöhnlich ist die hohe Zahl an Eselsknochen in Cerro de la Tortuga Will man die unterschiedlichen Artenspektren in den und in Cabezo de San Pedro (14,6%, 3,2%). Da die Be- hier erfassten phönizischen Stationen plausibel erklä- siedlungszeit des Cerro de la Tortuga bis in die römisch- ren, so bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. An- republikanische Epoche hineinreicht, wäre es möglich, gesichts einer solch übergreifenden Fragestellung ist dass diese Eselsknochen gar nicht phönizisch, sondern die Ausgangsbasis recht schmal, vielleicht zu schmal. römisch konnotiert sind. Nur für einen Schädel mit Der eine oder andere Unterschied könnte schlicht auf Unterkiefer sehen Uerpmann & Uerpmann (1973, 72-73) Zufälligkeit zurückzuführen sein. Glauben wir hinge- die stratigraphische Herkunft aus phönizischem Kon- gen an eine gewisse Stichhaltigkeit der Ergebnisse, an text als gesichert an. Diese und einige weitere frühe die tatsächliche Wiedergabe der damaligen Verhältnis- Eselfunde aus Spanien deuten darauf hin, dass Esel se mit Hilfe der aktuell vorliegenden Knochenmateria- bereits von den Phöniziern auf der Iberischen Halbinsel lien, so wären Einfl üsse durch die naturräumlichen eingeführt wurden (ebd., 73; Morales Muñiz et al. 1994, Gegebenheiten ins Kalkül zu ziehen, welche die Hal- 40; Nobis 1999, 582). Die beiden Hauskatzenknochen tung bestimmter Haussäugetierarten in manchen Re- aus Cabezo de San Pedro stammen hingegen aus der gionen begünstigen und in anderen erschweren. Im ältesten Schicht (älter als 700 v. Chr.) des Fundortes Zusammenhang mit den Fundfrequenzen beim Haus- (von den Driesch 1973, 9, 25). In Karthago stammt, wie schwein ist darauf bereits eingegangen worden. Auch bereits erwähnt (s. o.), ein vollständiges Katzenskelett für die Rinderhaltung mag dies in gewisser Weise Gel- aus punischem Kontext (Nobis 1999, 583). tung haben. Auch hier verzeichnen die nördlicheren Stationen Lixus und Ceuta deutlich höhere Anteile als Wie lassen sich diese Verhältnisse nun interpretieren? das südlich gelegene Mogador. Man könnte die Unter- Bereits Ryder (1975, 213) diskutiert in seiner Untersu- schiede in den Haustierspektren auch auf eine anders chung der Tierknochenfunde aus Motya – einer auf gewichtete Tierhaltung bei den lokalen Ethnien, die im einer kleinen Insel vor der Westküste Siziliens gelege- Hinterland der phönizischen Stationen lebten und die nen punischen Stadt – die Frage, ob die Tiere aus einer Phönizier mit Tieren belieferten, zurückführen. Die eigenständigen phönizischen Viehwirtschaft stammen Zusammensetzung des Spektrums an Haussäugern wäre können oder ob sie aus der Zucht der lokalen siziliani- demnach weniger vom kulturellen Fingerabdruck der schen Bevölkerung eingehandelt wurden. Das kleine Phönizier geprägt, als vielmehr von der Subsistenzstra- Fundinventar aus Motya (n = 667) liefert zur Beant- tegie der lokalen Bevölkerung. wortung dieser Frage zwar kaum Anhaltspunkte, Ry- ders Einschätzung der ökonomischen Lage der Bewoh- Weitere Indizien könnte der Fundstellen übergreifende ner Motyas ist im Hinblick auf die Situation auf der Île Vergleich von Skelettelement-, Alters- und Geschlech- de Mogador jedoch recht aufschlussreich: „Since the terverteilungen, Habitusunterschieden und taphonomi- Phoenicians are known as sea traders the questions schen Signaturen liefern. Für eine solche detaillierte arise: to what extent were they farmers, and to what Analyse wären jedoch Vergleichsfundplätze mit deut- extent was the livestock, whose remains are found, in- lich größeren Stichproben an Knochenmaterial vonnö- digenous or brought by the Phoenicians […] the Phoe- ten. Als kleiner Ausblick mit Anklängen an ein lokales 64 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 35a-c: Marktsituation in Had Draa, Provinz Essaouira, Marokko, Oktober 2008. Marktbereich (a) und Stände mit Fleischverkauf (b, c). Aufnahmen: H. C. Küchelmann (a), C. Becker (b, c).

Kolorit bzw. zur Verteilung von Schlachttieren und Material gesetzt werden. Es sind zumeist Fundplätze, Tierprodukten sei eine Marktsituation in Had Draa vor- die wir bei der Besprechung der phönizischen Epoche gestellt, anhand derer sich die Möglichkeiten einer sol- bereits kennen gelernt haben und die, wie Mogador chen Auswertung beispielhaft verdeutlichen lassen: auch, bis in römische Zeit genutzt wurden. Dies gilt für Der stark frequentierte, unbefestigte Marktplatz ist in Lixus (Grau Almero et al. 2001; Iborra Eres 2005), Tos- Zonen aufgeteilt, die unterschiedlichen Warengruppen canos (Uerpmann & Uerpmann 1973) und Karthago vorbehalten sind (Abb. 35a). Neben diversen anderen (Baumgartner 1996; Nobis 1999). Hinzugezählt wer- Gütern werden auch große Mengen Fleisch verkauft den kann hier noch Munigua in Andalusien (Boessneck (Abb. 35b-c). Zumindest Schafe werden direkt vor Ort & von den Driesch 1980). Allerdings sind – wie ein geschlachtet. Die Schlachtabfälle werden auf einem mit Blick auf Tabelle XXVI verrät – die Fundzahlen für die einer Mauer umgrenzten Platz im hinteren Bereich des römisch konnotierten Komplexe insgesamt so niedrig, Marktes entsorgt. Direkt neben den Verkaufsständen dass die im nachfolgenden geschilderten Resultate befi nden sich Garküchen, in denen Fleisch für den kaum belastbar erscheinen. sofortigen Verzehr gebraten wird. Knochenabfälle wer- den teilweise in den Boden getreten. Würde man diesen Betrachten wir die relative Häufi gkeit der wichtigsten Platz ausgraben, so wäre im Bereich der Garküchen Haustiere für Munigua, Mogador, Lixus und Toscanos eine Überrepräsentation hochwertiger Skelettelemente auf Basis des Knochengewichtes, so zeigt sich, dass zu erwarten, im Bereich der Abfallentsorgung hingegen Rinder mit 61-71% stets dominant auftreten. Der Schwei- eine höhere Frequenz geringwertiger Elemente. neanteil pendelt sich bei 13-18% ein. Ovicapriden sind in Munigua und Lixus mit 10% der Gewichtsanteile Der Versuch eines überregionalen archäozoologischen repräsentiert, in Mogador und Toscanos belegen sie Vergleichs römischer Fundstellen würde den Rahmen 23 bzw. 20%. Nach den Fundzahlen ergibt sich kein dieser Arbeit bei weitem sprengen, jedoch sollen einige kohärentes Muster. Mal sind Knochen von kleinen wenige ausgewählte Fundstellen zumindest erwähnt Wiederkäuern, mal von Rindern und mal von Schwei- und deren Artenspektrum in Bezug zum vorliegenden nen erstplatziert (Tab. XII). Interessant ist hier allein Mogador – die Tierreste 65

Komplex AA-BB • phönizisch Komplex CC • römisch

Ovicapriden dominieren bei NISP und Gewicht. Ovicapriden dominieren bei NISP, Rind dominiert beim Gewicht. Rangfolge NISP: Schaf / Ziege > Rind > Schwein. Rangfolge NISP: Schaf / Ziege > Rind > Schwein. Rangfolge Gewicht: Schaf / Ziege > Rind > Rangfolge Gewicht: Rind > Schaf / Ziege > Schwein. Schwein. Schweineanteil gering. Schweineanteil erhöht. Einzelbelege für Hund, Pferd und Katze. Hund, Pferd und Katze fehlen. Belege für mature und juvenile Ovicapriden. Fast ausschließlich subadulte Ovicapriden. Vereinzelt große Rinder. Höherer Fragmentierungsgrad. Geringerer Fragmentierungsgrad.

Tabelle 16: Gegenüberstellung der Befunde zu Haussäugetieren. der geographische Gradient für den Anteil an Schwei- Körpergröße lagen nur wenige vermessbare Knochen neknochen: Für Karthago ist ein sehr hoher Anteil ver- vor. Eine statistisch belastbare Aussage über die Grö- zeichnet (57%), nach Westen und Süden hin nimmt er ßenvariabilität der Haussäugerpopulation ist damit kontinuierlich ab (Munigua 38%, Lixus 31%, Mogador nicht möglich. Phönizische Schafe in Mogador waren 21%). Es ist schwer abzuschätzen, ob sich in den ersten kleinwüchsig (53-57 cm), die Ziegen etwas größer nachchristlichen Jahrhunderten eine standardisierte (72-80 cm). Bei den größten, hier belegten Ziegen han- römische Agrarwirtschaft wirklich durchgesetzt hat delt es sich vermutlich um Böcke. Für römische (vgl. dazu Ausführungen im Kapitel „Die archäozoolo- Schweine ergaben sich nur zwei Einzelwerte von 69 gischen Ergebnisse im weiteren Kontext“). Vielleicht und 74 cm. Spuren an Knochen sind relativ selten, am reichen die aktuell vorliegenden Zahlen einfach noch häufi gsten waren Verkohlungen und Hiebspuren. Da- nicht aus, um ein plausibles Bild zu zeichnen. neben traten in geringer Zahl Schnitt- und Sägespuren, Kalzinierung, Bissspuren, Magensäureätzung und Ver- Fazit witterung auf. Pathologien waren in geringer Zahl an Das Haussäugerinventar umfasst 12.916 Funde mit ei- Knochen von Rindern, Schafen und Ziegen erkennbar. nem Gewicht von 96,5 kg. Bis zur Art identifi zierbar Am häufi gsten sind in beiden Komplexen Gelenk- waren davon 7.619 Knochen (59,4%). Belegt sind Rind, pathologien (Osteoarthrosen) an Fußgelenken von Rin- Schaf, Ziege, Schwein, Pferd, Hund und Katze. Tabelle dern. In Verbindung mit dem Altersspektrum ist dies 16 zeigt die Unterschiede innerhalb der Haussäuger als weiteres Indiz für die Nutzung der Arbeitskraft der zwischen den Komplexen in der Übersicht. Der Frag- Rinder sowohl in phönizischer als auch in römischer mentierungsgrad der Knochen von Haussäugetieren Zeit zu werten. Protokolliert werden konnten ferner fällt mit 94% sehr hoch aus. Entsprechend mager war entzündliche Veränderungen an Gelenken und Zahn- die Ausbeute an Stücken, die vermessen werden bzw. fächern sowie Frakturen. für ein Schlachtalterprofi l analysiert werden konnten. Eine Aufschlüsselung der Funde nach Skelettelemen- Versuchen wir abschließend, die Ergebnisse der Ana- ten und Fleischwertklassen belegt in beiden Zeitstel- lyse der Haussäugerfunde in einen größeren Rahmen lungen eine Überrepräsentation fl eischreicher Kör- zu stellen. Welche Schlüsse lassen sich aus den Daten perteile und Schädel. Die gefundenen Muster deuten und Mustern der Haussäugerfunde ableiten? Es gibt darauf hin, dass sowohl in phönizischer als auch in Beispiele für phönizische Kolonien, die auf die agrar- römischer Zeit ein nicht geringer Teil der Tiere bereits wirtschaftliche Kontrolle des Hinterlandes ausgerich- zerlegt auf die Insel gelangt ist. Angeliefert bzw. ver- tet waren (z. B. Toscanos, Morro de Mezquitilla, Al- zehrt wurden vornehmlich das Fleisch von 1-2,5jähri- muñecar; Aubet 1993, 282). In Mogador scheint dies gen Schafen und Ziegen und das Fleisch ausgewachse- jedoch nach dem heutigen Kenntnisstand nicht der Fall ner Rinder, mit tendenziellen Unterschieden in den gewesen zu sein. Bis dato sind zumindest trotz um- beiden Epochen (vgl. Tab. 16). Explizite Indizien für fangreicher Prospektionen keinerlei Siedlungsstruktu- Ernährungsgewohnheiten sozialer Eliten ergeben sich ren aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. in der näheren Um- aus den Haussäugetierfunden nicht. Lediglich der Ver- gebung auffi ndbar (vgl. Kapitel „Das Forschungsprojekt zehr von Lammfl eisch im phönizischen Komplex Mogador“). Die Niederlassung in Mogador scheint könnte als Hinweis für hochwertige Speisen gewertet eher punktuell ausgerichtet gewesen zu sein bzw. keine werden und womöglich sogar die Existenz einer loka- größere Ausstrahlung in das Hinterland besessen zu len Schafsherde andeuten. Für die Berechnung der haben. Hinweise auf eine Versorgung durch die einhei- 66 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann mische Bevölkerung liefern die Skelettelementvertei- H a u s g e f l ü g e l (C. B.) lungen und die Fleischwertanalyse, die auf eine Anlie- ferung von portionierten Abschnitten wie Schinken Das Fundgut und Schädel hindeuten. Ein indirektes Indiz für den Vogelknochen gehören in dem Fundmaterial von 2007 Austausch mit der vor Ort lebenden Bevölkerung sind und 2008 zu den Seltenheiten. Von insgesamt 63.289 auch die an Fußgelenkknochen von Rindern erkennba- Tierresten sind nur 162 Stücke aus der Kategorie „Aves“, ren Pathologien. Diese entstehen nur bei jahrelanger davon sind allein 59 Funde Fragmente von Straußen- Überlastung der Gelenke durch Zugarbeit. Die Vorstel- eischalen (vgl. Tab. 2). Hausgefl ügel ist mit 25 identifi - lung, dass die phönizischen Händler und Seefahrer den zierten Funden repräsentiert. Zusätzlich wurden, wie nicht unerheblichen Aufwand betrieben hätten, Rinder bereits besprochen (vgl. Abschnitt „Die Tierreste im für die Zugarbeit auszubilden, um sie dann jahrelang Überblick“), auch Fundkomplexe aus der Kampagne auf oder in der Umgebung der Insel einzusetzen, er- von 2009 auf Vogelknochen hin durchgesehen, mit scheint eher abwegig. Wahrscheinlicher ist, dass orts- dem Erfolg, dass weitere 275 Vogelreste in die Auswer- ansässige Menschen ausgediente Zugtiere an die Phöni- tung integriert werden können. Die Menge an Hausge- zier verhandelt haben. Die Phönizier brachten aber auch fl ügel erweitert sich um 25 Funde. neue, fremde Faunenelemente mit. Bei den domesti- zierten Säugern gilt das für die Hauskatze, die an der Pfau (Pavo cristatus) afrikanischen Atlantikküste vorher mit Sicherheit nicht Vom Pfau (Pavo cristatus) ist in Mogador ein einziger vorkam. Denkbar ist dies auch für das Hausschwein Knochen belegt. Es handelt sich um einen fragmentier- (vgl. Abschnitt „Ernährungsstrategien und Nutzung ten, im distalen Bereich erhaltenen Tarsometatarsus von Ressourcen bei den Phöniziern“). Umgekehrt wer- (Gewicht: 1,5 g) eines ausgewachsenen Vogels. In der den die Phönizier Abnehmer für tierische Produkte ge- Breite distal misst er 18,4 mm. Gefunden wurde er in wesen sein. Eines dieser Produkte waren offensichtlich phönizischem Kontext (2009 III H9 = Mitte 7. Jh. große Rinderhörner, wie die Funde besonders großer v. Chr.). Die Bestimmung erfolgte an Hand von Ver- Hornzapfen mit Sägespuren belegen. Aber auch ein Teil gleichsmaterial rezenter Pfauen aus der osteologischen der angelieferten Schinken könnte in getrockneter, Sammlung in München und wurde dann noch einmal geräucherter oder eingesalzener Form importiert wor- an einem Skelett aus der Sammlung in Schleswig den sein. Was wir über das vorliegende Material gar bestätigt. Der Tarsometatarsus ähnelt in seiner Gestalt nicht in den Griff bekommen, ist die mögliche Anliefe- dem eines Huhnes, ist jedoch im unteren Schaftbereich rung von Milch oder Milchprodukten, seien sie von knapp oberhalb der Condylen stärker eingezogen bzw. Schafen oder von Ziegen. Auch dieser Punkt wird im spreizen sich die Metatarsus-Strahlen leicht nach Kapitel „Die archäozoologischen Ergebnisse im weite- außen. Zudem wirkt dieser Bereich von der Seite aus ren Kontext“ weiter ausgeführt. Auch wenn die Phöni- betrachtet wie fl ach gedrückt; die Condylen sind, von zier in Mogador keine eigene Infrastruktur im Hinter- unten betrachtet, anders zueinander positioniert, als es land aufgebaut haben bzw. dieses archäologisch nicht bei Tarsometatarsen von Hühnern der Fall ist (vgl. dazu nachweisbar ist, mögen sie dennoch politischen, wirt- Serjeantson 2009, Abb. 6.7, 141). schaftlichen und/oder sozialen Einfl uss auf die lokale Bevölkerung ausgeübt haben (s. dazu Aubet 1993, 279). Bemerkenswert an diesem Fund ist seine frühe Datie- Im Knochenmaterial bildet sich derartiges allerdings rung in die Mitte des 7. Jhs. v. Chr. Es ist meines Wis- nur in Andeutungen ab. sens der einzige Knochenbeleg aus phönizischem Kon- text überhaupt. G. Nobis (1999, 586) weist darauf hin, Wesentlich weiter ging vermutlich die Präsenz der dass die „Heilighaltung der Pfauen in Samos aus dem Römer in der Region. Sie kontrollierten die Provinz phönikisch-syrischen Kult stammt“ und dass dieser Mauretania politisch, militärisch und ökonomisch (vgl. Vogel „auf punischen Münzen von Leptis Magna abge- Abschnitt „Die römische Phase“). Es ist davon auszu- bildet sei“. Diese Aussagen deuten auf eine frühe Ver- gehen, dass sie umfangreichen Einfl uss auf die agrari- bindung zwischen Phöniziern und Pfauen hin. Pfauen schen Strukturen nahmen. Ein Indiz dafür ist die Inten- müssen in dieser Zeit aber zu den wirklichen Raritäten sivierung der Schweinehaltung, die unter anderem zu gehört haben. Ein interessantes Detail zu diesem Vogel einer merklichen Erhöhung der Körpergröße bei diesen stammt von der Île de Mogador selbst: In der römischen Tieren führte. Ein weiterer möglicher Hinweis ist die Villa gibt es ein Fußbodenmosaik, welches Pfauen zei- am Altersspektrum der Ovicapriden erkennbare strin- gen soll. Es wurde bei den Ausgrabungen entdeckt, die gentere Ausrichtung auf die Fleischproduktion. Auch von A. Jodin in den Jahren 1956-1958 durchgeführt die sich im Fundstellenvergleich andeutende größere wurden (Marzoli & El Khayari 2010, 79). Regelhaftigkeit des Haustierspektrums kann als Indiz für eine ökonomische Standardisierung der Viehwirt- Die Ausbreitung der Pfauen aus Hinterindien über schaft gewertet werden, bedarf aber einer intensiveren Mesopotamien bis in die Levante und von dort bis ins Prüfung. westliche Mittelmeer ist schwierig nachzuzeichnen. Es Mogador – die Tierreste 67 fehlt schlicht an beweiskräftigen Funden. Die älteste Fasane sind in mehreren Unterarten in Asien weit ver- Darstellung eines Pfaus kommt aus dem Industal breitet, wurden zunächst gezähmt und zu Repräsenta- (Harappa-Kultur) aus der 2. Hälfte des 3. Jts. v. Chr. tionszwecken oder als Jagdwild auch außerhalb ihrer (Be necke 1994b, 400; von der Osten-Sacken 2006, natürlichen Verbreitungsgebiete gehalten, bis sich auch Abb. 197a). Belege für seine Existenz in Mesopotamien bei ihnen domestizierte Formen durchsetzten. Belege aus dem 2. und 1. Jh. v. Chr. sind quasi nicht vorhanden. als Knochenfunde, in Darstellungen oder textlichen Die über Jahrzehnte in der Literatur weiter gegebene Erwähnungen aus dem vorderasiatischen Raum sind Information von F. E. Zeuner (1963, 456) „Tiglathpile- rar (von der Osten-Sacken 2006, 407ff.). Die Griechen ser IV2 received peacocks as tribute“ (zuletzt Serjeant- kannten Fasane bereits im 5. und 4. vorchristlichen son 2009, 310) ist nie richtig belegt worden. Sie wird Jahrhundert. Diese Vögel scheinen jedoch nie weit ver- denn auch von E. von der Osten-Sacken (2006, 401) breitet gewesen zu sein und galten wohl bis in die Rö- entkräftet. Die Autorin kommt zu dem Resultat, dass merzeit als exquisite Delikatesse (Toynbee 1983, 246; in den Annalen zwar von purpurblauen Vögeln die Peters 1998, 234). Der Fund aus Mogador ist insofern Rede sei, danach allerdings purpurrot gefärbte Schafe bedeutungsvoll, als er signalisiert, dass die Bewohner erwähnt werden. Beides sind offensichtlich Beschrei- der römischen Villa Exotisches durchaus zu schätzen bungen von künstlich eingefärbten Tieren, die im ersten wussten. Dieser Fasan könnte Teil eines festlichen Fall nicht zwingend Pfauen, sondern auch jede andere Mahls gewesen sein und spricht dafür, dass hier durch- Art von Federvieh gewesen sein könnten. Auch den aus „(gehobene) römische Lebensart“ zelebriert wurde. Hinweis auf Pfauen, die auf einer Liste von Abgaben für den König Salomon verzeichnet seien, hält sie für Haushuhn (Gallus domesticus) wenig stichhaltig (ebd., 401). Ihrer Ansicht nach sind Haushühner sind von allen Vogelarten im Fundmaterial Pfauen erst unter den Achämeniden (6.-4. Jh. v. Chr.) in aus Mogador am häufi gsten. Insgesamt konnten 48 Vorderasien eindeutig nachweisbar (ebd., 404). Ange- Knochenreste Gallus domesticus zugewiesen werden, sichts dessen bleibt der Fund aus Mogador eine umso wobei 25 Stücke aus den Kampagnen von 2007 und größere Überraschung. Ich frage mich, ob hier nicht 2008 stammen, weitere 23 aus der Kampagne von 2009. doch eine Einmischung aus römischer Zeit vorliegt, Aus letzterer kommen auch zwei Schalenfragmente von was sich aber nicht mehr nachvollziehen lässt, außer Hühnereiern (Kontext 2009 N1). Folgen wir unserer über eine Direktdatierung des Stückes. Datierungsliste (Tab. I), so stammen 28 Hühnerkno- chen aus gesicherten phönizischen (Mitte 7. Jh. v. Chr. Gesichert ist, dass der Pfau mit den Römern eine wei- und 6./5. Jh. v. Chr.), weitere acht aus römischen Kon- tere Verbreitung fand. In spätantiken Kontexten wurde texten (1.-3. Jh. n. Chr.); zwölf sind nicht einzuordnen. er aus Karthago belegt (Kobbat Bent el Rey: n = 2; Zisternen: n = 1; Baumgartner 1996, 81). Interessant ist Das Haushuhn ist mit Sicherheit von den Phöniziern an die Erkenntnis von Columella, wonach es vorteilhaft sei, Bord ihrer Segelschiffe mitgebracht worden, denn in Pfauen auf kleinen (bewaldeten) Inseln vor der Küste Nordwestafrika sind zu der Zeit keine Haushühner zu halten, denn „sie selbst sind außerstande, hoch oder bekannt (MacDonald 1992; MacDonald & Edwards über weite Strecken zu fl iegen“ (Toynbee 1983, 241). 1993). Offenbar waren die Phönizier maßgeblich an der Dies erinnert in verblüffender Weise an die Situation Ausbreitung dieses Hausgefl ügels beteiligt (von den auf der Île de Mogador. Männliche Pfauen sind in ihrer Driesch & Boessneck 1985; Serjeantson 2009, 271) und Erscheinung besonders auffällig, mit einem blau schim- vermutlich haben sie in ihrer levantinischen Heimat mernden Gefi eder, einer langen, in der Paarungszeit zu Hühner in größerer Zahl gehalten. Allerdings weiß einem grandiosen Fächer aufgeblätterten Schleppe, man darüber nichts Genaues, denn archäozoologische gebildet aus seinen langen Rückenfedern, und dem Funde fehlen. Auch die Verfolgung der Spur des Haus- Krönchen auf dem Kopf. Sie wurden eben deswegen huhns gen Osten, in Richtung seines Domestikations- als exotische Ziervögel gehalten und dienten wohl eher gebietes im Industal, ist äußerst problematisch. Da mit selten als Fleischlieferanten. dem Haushuhn und seiner Ausbreitung gen Westen eine Fülle interessanter Fragen verknüpft sind, wird Fasan (Phasianus colchicus) diesem Thema ein separater, stärker ins Detail gehen- Auch für den Fasan kann nur ein einziger Beleg er- der Beitrag gewidmet (Becker 2012/13). bracht werden. Es ist ein fragmentiertes Brustbein eines vermutlich adulten Vogels (Gewicht: 2 g). Dieser Das Hühnermaterial aus Mogador verteilt sich auf Fund stammt aus römischem Kontext (2009 II H7 = verschiedene Skelettelemente (Tab. 17). Schultergür- 1.-3. Jh. n. Chr.). tel, Brustbein, periphere Elemente des Flügels (Radius, Ulna, Digites) und Fußknochen fehlen weitgehend. Häufi g sind Humeri und Tarsometatarsen. Eine An- 2 Gemeint ist wohl Tiglathpileser III (744-727 v. Chr.; Nissen sammlung eben dieser Elemente ergab die Fundstelle 1999, 97) III Dc2 von 2007: Dort lagen 16 Tarsometatarsen und 68 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Skelettelemente Mitte 7. Jh. 6./5. Jh. 1.-3. Jh. vermischte Gesamt v. Chr. v. Chr. n. Chr. Kontexte Oberschnabel 1 1 Cranium 1 [1] 1 [1] Humerus 1 [2] [1] 1 [1] 1 3 [4] Ulna 1 1 Carpometacarpus 1 [2] 1 2 [2] Femur [3] [3] Tibiotarsus [1] 1 [2] 1 [3] Tarsometatarsus 16 [2] [1] [1] 16 [4] Wirbel [2] [4] [6] Summe 18 [6] [4] 4 [4] 3 [9] 25 [23]

Tabelle 17: Gallus domesticus. Datierung und Verteilung auf Skelettelemente. Material aus 2007 und 2008, Funde aus 2009 in eckigen Klammern.

Abb. 36a-c: Gallus domesticus. Cranium (links, mittig), pathologisch. Ansicht von oben (a) und von der Seite (b); Tarsome- tatarsus, Jungtier (c). Maßstab 1cm. Aufnahmen: J. Meyer. ein Humerus von Junghühnern in enger Nachbarschaft. Haustiere. Unter Einbeziehung des Schlachtalters der Insbesondere die Tarsometatarsen könnten auf eine Tiere, der Datierung und der Fundkontexte ergibt sich Entsorgung von (abgehackten) Hühnerbeinen an genau eine Zahl von mindestens zehn juvenilen und neun dieser Fundstelle hinweisen. Leider liegen hierzu keine adulten Hühnern aus phönizischer Zeit plus weitere näheren, den Befund erklärende Angaben vor. Die üb- vier adulte und zwei juvenile Tiere aus römischer Zeit. rigen Hühnerknochen wurden verstreut und zumeist einzeln in weit auseinander liegenden Befunden ent- Zwei interessante Einzelbeobachtungen sollen hervor- deckt. Der Knochenschwund unter den Hühnerkno- gehoben werden. Ein bruchstückhaft erhaltenes Crani- chen ist als hoch einzuschätzen. um eines Huhnes zeigt am hinteren Schädeldach einen hell-weißlichen Bereich mit erhöhter Porosität und einer Interessant ist der relativ große Anteil an Jungtierkno- leichten Verdickung des Knochens (Abb. 36, links, chen: 22 der 48 Stücke gehören in diese Altersklasse Mitte). Etwas Derartiges könnte mit einer sog. Osteope- (Abb. 36, rechts). Küken bzw. Junghühner sind sowohl trose einhergehen oder sogar den Ansatz einer Haube aus römischen wie phönizischen Kontexten repräsen- markieren, wie sie bei römischen Hühnern vorkommt tiert, einige sogar aus den ältesten Fundsequenzen des (vgl. dazu Peters 1998, 231). Dieses Huhn wurde in der 7. vorchristlichen Jahrhunderts. Eine lokal funktionie- Tat aus einem Kontext des 1.-3. Jhs. n. Chr. entdeckt. rende Hühnerzucht auf der Insel Mogador kann somit Beim zweiten Sonderfall handelt es sich um eine Ulna von Beginn an als gegeben angenommen werden. Hüh- mit oberfl ächlich geglätteter Kallusbildung im mittle- ner waren vermutlich aus Platzgründen die einzigen, ren Knochenabschnitt. Eine solche Kallusbildung kann problemlos auf der Insel in größerer Zahl zu haltenden durch eine Flügelverletzung verursacht worden sein. Mogador – die Tierreste 69

Datierung Skelettelement Messwerte Mitte 7. Jh. v. Chr. Humerus Bp 21,8; KC 8,8 Mitte 7. Jh. v. Chr. Humerus KC 7,2; Bd (15,0) 1. Jh. n. Chr. Humerus GL 76,3; Bp 20,9; KC 7,5; Bd 16,5 Mitte 7. Jh. v. Chr. Carpometacarpus GL 49,9; Bp 13,6; Dd 11,5 Mitte 7. Jh. v. Chr. Carpometacarpus GL 34,7; Bp 10,5; Dd 8,7 1.-3. Jh. n. Chr. Carpometacarpus GL 49,8; Bp 13,6; Dd 11,5 1.-3. Jh. n. Chr. gestört Femur Bp 19,8; KC 7,9 vermischte Kontexte Femur Bp 18,3; KC 7,3 1.-3. Jh. n. Chr. Tibiotarsus Dp 21,9 1.-3. Jh. n. Chr. gestört Tibiotarsus Bd 10,0; Td 10,9 1.-3. Jh. n. Chr. gestört Tibiotarsus Dp 19,2 vermischte Kontexte Tibiotarsus Dp 18,3

Tabelle 18: Gallus domesticus. Messdaten der Funde aus 2007, 2008 und 2009 (in mm; Abkürzungen nach A. von den Driesch 1976).

Auch dieser Knochen stammt aus dem 1.-3. nachchrist- nommen haben, dass ihnen stets eine gewisse Menge lichen Jahrhundert. an Lebendproviant und auch frisch gelegte Eier zur Verfügung standen. Zusätzlich mussten auch genügend Die überwiegende Zahl der Hühnerknochen ist zerbro- Tiere übrig bleiben, damit am neuen Standort eine chen. Möglicherweise geschah dies erst während der Hühnerzucht aufgebaut werden konnte. Auch in ande- Entsorgung der Speisereste oder im Zuge der Einbet- ren phönizischen Fundplätzen im Süden der Iberischen tung. Direkte Indizien für eine gezielte Zerteilung sind Halbinsel sind Haushühner nachgewiesen (vgl. Tab. nur in einem Fall festzustellen: An einem Tibiotarsus 19), an manchen Plätzen schon im 9. und 8. vorchristli- zeigt sich proximal eine feine Hackspur. Nur die Kno- chen Jahrhundert. Nicht unbegründet ist der Verdacht, chen von juvenilen Hühnern sind fast immer in ganzer dass die in Mogador bereits im 7. Jh. v. Chr. nachgewie- Länge erhalten geblieben. Aufgrund der starken Frag- senen Haushühner von Segelschiffen mitgebracht wur- mentierung ist die Ausbeute an Messdaten gering (Tab. den, die aus Gadir (Cadiz) kamen. Zwischen dem phö- 18). Interessanterweise zeigen diese wenigen Daten nizischen Gadir und der Île de Mogador bestanden eine recht erhebliche Schwankungsbreite, beispiels- offenbar intensive Handelsverbindungen, worauf die weise am Carpometacarpus. Wie groß die auf der Île de zahlreich in Mogador nachgewiesenen Transportam- Mogador zu phönizischer Zeit gehaltenen Hühner wa- phoren aus Gadir hindeuten. Interessanterweise sind ren, lässt sich auf dieser Grundlage allerdings nicht aus dem dort lokalisierten Fundplatz Castillo de Doña abschätzen. Vergleichsdaten aus chronologisch vergleich- Blanca tatsächlich relativ viele Hühnerknochen belegt baren Handelsposten sind ebenfalls rar. Hernández (Tab. 19). Carrasquilla & Jonsson (1994, fi g. 5.3) postulieren für vorrömisch datierte Hühner eine eher geringe Körper- Andere Fundplätze wie Toscanos und Morro de Mez- größe. Ihre Begründung bezieht sich darauf, dass die quitilla stützen dieses Bild (zur Lage der genannten Tiere zumeist im Kult eingesetzt und (noch) nicht ihres Fundplätze vgl. Abb. 20). Ab dem 5. vorchristlichen Fleisches wegen gezüchtet wurden. Erst mit der plan- Jahrhundert erscheinen Hühner dann etwas zahlreicher vollen Nutzung der Hühner als Fleischlieferanten habe (Hernández Carrasquilla 1992, 47, 50). In dem Moga- man sich bemüht, entsprechend größere und kräftigere, dor am nächsten gelegenen Fundplatz, Lixus, tauchen mehr Fleisch produzierende Tiere zu züchten (s. dazu Hühner erst aus Phase III auf (15-50 n. Chr.; Grau auch Boessneck 1973, 103). Diese Entwicklung wird Almero et al. 2001). Dies mag Zufall oder dem Kno- insbesondere mit der Hühnerhaltung bei den Römern chenschwund bzw. dem geringen Umfang des Gesamt- in Zusammenhang gebracht (kritisch dazu Peters 1997; materials geschuldet sein (n = 1077; ebd.). Auch in Kar- 1998, 192). thago treten Hühner nicht in der Frühphase, sondern lediglich vereinzelt in mittelpunischer Zeit in Erschei- Zur Deutung der Befunde nung (Nobis 1999, 584). Bereits aus der ältesten Fundschicht auf der Île de Mo- gador, die ins 7. Jh. v. Chr. datiert, sind Hühnerknochen Wie an anderer Stelle ausführlicher begründet wurde belegt, es sind Elemente von adulten wie jungen Hüh- (Becker 2012/13), scheint der Nachweis oder das Feh- nern gleichermaßen. Es steht zu vermuten, dass die len von Haushühnern in einer phönizischen Niederlas- Phönizier an Bord ihrer Schiffe so viele Hühner mitge- sung häufi g vom Zufall diktiert bzw. abhängig zu sein 70 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Fundplatz Zeitstellung Anzahl Autor Mogador 7.-5. Jh. v. Chr. 28 Becker 2012/13 Lixus 15-50 n. Chr. 1 Grau Almero et al. 2001 CerrodelVillar 6. Jh. v. Chr. 1 Garcia Petit 1999 Hernández Carrasquilla 1992; Castillo de Doña Blanca 9./8. Jh. v. Chr. 13 Hernández C. &Jonsson 1994 Toscanos 8./7. Jh. v. Chr. 5 Boessneck 1973; Soergel 1968 Cabezo de San Pedro/Huelva 7.-2. Jh. v. Chr. 10 von den Driesch 1973 Cerro de la Tortuga ab 6. Jh. v. Chr. 9 Uerpmann&Uerpmann 1973 Morro de Mezquitilla 8./7. Jh. v. Chr. + von den Driesch &Boessneck 1985 Barchin del Hoyo 3. Jh. v. Chr. ++ Hernández Carasquilla 1992 Castellones de Ceal 4. Jh. v. Chr. Eier Morales et al. 1991

Tabelle 19: Gallus domesticus. Funde aus phönizischen Fundplätzen im westlichen Mittelmeer bzw. am Atlantik. vom Gesamtumfang des analysierten Knochenmateri- ge hat Karthago geliefert. Unter den Tierknochen aus als. Dies gilt offenbar für alle phönizischen Handels- dem Gebäude Kobbat Bent el Rey (nt = 10.468; von den posten im westlichen Mittelmeergebiet und in Nordaf- Driesch & Baumgartner 1997; Baumgartner 1996) sind rika. Weiter gen Osten werden die Beweise für die 736 Funde von Haushühnern belegt, viele davon Jung- Existenz von Haushühnern noch spärlicher (ebd.). Aus tiere. Hühner gehören nach Rind, Schaf/Ziege und dem phönizischen Mutterland, also der Region entlang Schwein zu den wichtigen Fleischlieferanten. Die Tiere der Levanteküste mit ihren berühmten Handelsstädten zeigen in dieser Epoche eine große Vielfalt in Größe Tyros, Sidon oder Byblos, liegen aufgrund fehlender und Körperbau von klein und feingliederig bis zu statt- Ausgrabungsmaterialien überhaupt keine Knochen- lich und kompakt (ebd., 80). Aus Toscanos sind eben- funde von Gallus domesticus vor. Wir wissen also falls einige Hühnerknochen aus römischer Zeit überlie- nicht, aus welcher Quelle die ins westliche Mittelmeer fert (Boessneck 1973, 102f.). Ein Humerus stammt von segelnden Phönizier ihre Hühner bezogen. Sicher einem Huhn, welches deutlich größer war als die aus scheint allerdings, dass bei den Phöniziern Hühner- Toscanos für die phönizische Zeit belegten Exemplare. fl eisch und Eier zum üblichen Repertoire an Speisen Ein weiteres Fundmaterial römischer Provenienz ist zählten, zumindest erwähnt es A. Spanò Giammellaro aus Munigua belegt, nordöstlich von Sevilla gelegen. (1996) für Karthago. Außerdem haben Hühner bzw. Hühner sind dort mit 19 Skelettelementen vertreten; vor allem ihre Eier im Kult eine Rolle gespielt; Eier die beiden messbaren Elemente sind von verhältnismä- wurden offenbar als Elemente der Wiedergeburt, ßig großen Tieren, vermutlich Hähnen (Boessneck & Fruchtbarkeit und Ewigkeit in das Grabritual einge- von den Driesch 1980, 183). Ein weiteres, etwas umfang- bunden (Garcia Petit 2002, 77). Die Verbindung „Hahn reicheres Material aus römischer Zeit ist aus Thamusida und Kult“ manifestiert sich beispielsweise in der Nek- bekannt gegeben (n = 57; De Grossi Mazzorin & De ropole von Djebel Mlezza nahe Kerkouane (östlich von Venuto 2006). Karthago). Dort fi nden sich an den Wänden einer in das 4./3. Jh. v. Chr. datierten Grabkammer zweimal Zeich- Als Gesamtbewertung sei festgehalten: Das Haushuhn nungen eines Hahns in Verbindung mit einem Altar gehörte in die Reihe der Exportgüter, die seit dem 9. Jh. (Guzzo 1988, 448). Ganz selten sind auch plastisch v. Chr. von den Phöniziern im Mittelmeerraum verbrei- geformte Hühner wie z. B. der Askos aus dem 5. Jh. tet wurden. Aufgrund des sehr lückenhaften For- v. Chr., gefunden in Ibiza (Moscati 1988, 736) oder ein schungsstandes kann es aber zurzeit nicht gelingen, kleiner gläserner Anhänger in Hahnenform aus Kar- eine lückenlose Darstellung dieser Entwicklung aufzu- thago aus dem 4. Jh. v. Chr. (ebd., 640). zeigen. Die maritime Route macht aus logistischen Gründen einen gewissen Bestand an Tieren notwendig, War die Beweisdichte zur Haltung von Haushühnern in zumal der Export durchaus nachhaltig und erfolgreich phönizischer Zeit noch relativ schütter, so scheint sie in war und in vielen phönizischen Kolonien zum Aufbau römischer Zeit im Mittelmeerraum geradezu aufzublü- einer lokalen Hühnerhaltung führte. Obwohl nur durch hen (Peters 1998; Benecke 1993). In fast allen größeren insgesamt 48 Funde belegt, bricht die Nachweiskette Fundmaterialien römischer Provenienz tritt Gallus zur Hühnerhaltung auf der Île de Mogador bis ins 3. Jh. domesticus in teils erheblicher Menge in Erscheinung. n. Chr. nicht ab. Auch die Bewohner der römischen Vil- In Mogador sind Haushühner mit insgesamt 8 Funden la auf Mogador wussten Hühnerfl eisch und Eier zu präsent, sie stammen von mindestens 2 jungen und 2 schätzen. Wesentlich seltener sind die beiden anderen adulten Individuen. Eine wesentlich größere Fundmen- hier nachgewiesenen Hausvögel: Fasan und Pfau, beide Mogador – die Tierreste 71

Taxa phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt Summe Felis margarita 11 Genetta genetta 11 Panthera leo [*] 1 2 2 5 Vulpes rüppellii 617 Monachus monachus 1 [*] 5 7 13 Gazella cuvieri 11 Alcelapus buselaphus 22 Cervus elaphus x Hystrix cristata 11 Loxodonta africana 11 2 Oryctolagus cuniculus 1 [*] 2 3 Summe 10 10 6 10 36

Tabelle 20: Wildsäugetiere. Verteilung nach Taxa und Kontexten. Basis Knochenzahl. Material aus 2007 und 2008; Funde von 2009 mit [*] gekennzeichnet; Rothirsch Artefakt mit „X“ gekennzeichnet.

Taxa phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt Summe Felis margarita 66 Genetta genetta 11 Panthera leo 12 8 35 55 Vulpes rüppellii 12 1 13 Monachus monachus 26 34 196 256 Gazella cuvieri 44 Alcelapus buselaphus 81 81 Cervus elaphus [38] Hystrix cristata 44 Loxodonta africana 32 110 142 Oryctolagus cuniculus 123 Summe 49 163 121 232 565

Tabelle 21: Wildsäugetiere. Verteilung nach Taxa und Kontexten. Basis Gewicht (in Gramm). Material aus 2007 und 2008. mit je einem Fundstück aus römischem bzw. phönizi- tion herauszuarbeiten, auch bezüglich der chronologi- schem Kontext (Fundmaterial 2009). Das Auftauchen schen Zuweisung (vgl. hierzu Abschnitt „Horizontal- gerade dieser seltenen Arten ist sicherlich der Größe und vertikalstratigraphische Zuweisung“). der hier untersuchten Stichprobe und der sorgfältigen Grabungsmethodik geschuldet. In dem 2010 vorgelegten Zwischenbericht (Becker & Küchelmann 2010) sind für die Île de Mogador folgen- W i l d s ä u g e t i e r e (C. B.) de Wildsäugetiere genannt worden: Löwe (Panthera leo), Sandfuchs (Vulpes rüppellii), Saharakatze (Felis Das Fundaufkommen an Wildsäugetieren im Fundgut margarita), Rothirsch (Cervus elaphus), Elefant (Lox- von Mogador ist sowohl in phönizischen wie römischen odonta africana) und Mittelmeer-Mönchsrobbe (Mo- Kontexten außerordentlich gering (n = 36), trotz der nachus monachus) sowie eine nicht näher identifi zierte enormen Größe unserer Stichprobe mit über 63.000 Antilope. Der bis dato fehlende Beleg für Kaninchen Funden. Aus diesem Grund erhält jeder Knochen – sei er war ebenfalls vermerkt (ebd., 87ff.). Nach den aktuel- auch noch so schlecht erhalten, schwierig zu bestimmen len Recherchen konnte dieses Ergebnis bestätigt und oder zweifelhaft in seiner Datierung – ein besonderes erweitert werden, wie aus der anschließenden Einzel- Gewicht. Es wird versucht, ein Maximum an Informa- besprechung der Arten zu entnehmen ist (Tab. 20, 21). 72 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Das Fundgut katzen nachtaktiv und einzelgängerisch. Sie ernähren Katze (Felis sp.) sich von Kleinsäugern, Insekten, Spinnen, Früchten, Vier Knochenfunde aus Mogador gehören in die Gat- Obst und Aas. Sie sind im westlichen Mittelmeerraum tung der Echten Katzen (Felis). Für die Identifi zierung weit verbreitet (Grimmberger & Rudloff 2009, 346f.). dieser Funde bis auf Artniveau stellt sich die Frage, wel- che Spezies relevant sind bzw. wild in diesem Gebiet Löwe (Panthera leo) vorkamen und ob auch mit Hauskatzen zu rechnen sei. In unserem Zwischenbericht (Becker & Küchelmann Für den nordafrikanischen Raum verzeichnen E. Grimm- 2010, 88) wurden bereits fünf Überreste vom Löwen berger & K. Rudloff (2009, 336ff.) zwei Wildarten, die erwähnt. Einen besonders interessanten Knochen ha- Falbkatze und die Sand- oder Saharakatze. Die Falbkat- ben wir damals herausgegriffen: einen Metacarpus mit ze, F. silvestris libyca, ist die nordafrikanische Unterart einer mittig gelegenen Knochenwucherung (ebd., Abb. von Felis silvestris. Sie ist mit 1,5-6 kg Gewicht und 20c). Wie Vergleiche mit Metapodien rezenter Löwen einer Kopf-Rumpf-Länge von 45-73 cm deutlich kleiner aus Afrika und Asien gezeigt haben3, muss das Tier aus und leichter als die Europäische Waldwildkatze. Noch Mogador von ungewöhnlich kleinem Wuchs gewesen wesentlich kleiner und leichter ist die zweite, in diesem sein. Wir vermuteten damals, dass diese Kleinheit in Gebiet heimische Katzenart: Felis margarita (Sand- Verbindung mit der vorhandenen Pathologie ein Indiz oder Saharakatze). Sie bringt ein Gewicht von 1,5-3,5 kg für eine länger andauernde Käfi ghaltung des Tieres ge- auf die Waage und misst in der Kopf-Rumpf-Länge wesen sein könnte. Eine weitere Interpretation wird im 39-57 cm. Zusätzlich muss im 1. vorchristlichen Jahr- abschließenden Teil dieses Kapitels angeboten (s. u.). tausend mit dem Vorkommen von Hauskatzen gerech- Im Folgenden sollen die Funde im Einzelnen beschrie- net werden. Nach Abwägen aller Parameter wurden drei ben werden: der Funde zur Hauskatze gestellt (vgl. dazu Abschnitt a. ein in ganzer Länge erhaltener Metacarpus II (Epi- „Haussäugetiere“). Übrig blieb ein einziges potentiell physe verwachsen; Gewicht: 12 g; Abmessung: GL zu einer Wildkatze gehörendes Fundstück, welches als 85,1 mm; Bp 19,4 mm; Dp 18,9 mm; KC 11,3 mm; Überrest einer Sand- oder Saharakatze eingestuft wurde. Bd oberhalb der Epiphyse 18,3 mm; B distale Epi- physe 14,9 mm; D distale Epiphyse 16,4 mm). Der Sand- oder Saharakatze (Felis margarita) Knochen kommt aus gestörtem Kontext („wohl phö- Diese Katzenart ist anhand eines linken Os femoris nizisch“); repräsentiert (Gewicht: 6 g). Der Knochen ist proximal b. eine rechte Mandibula (unvollständig, Tier wohl zertrümmert, die distale Epiphyse erhalten, die Epi- adult, Zähne nicht vorhanden; Gewicht: 32 g; Kontext physenfuge geschlossen. Das Tier war zum Zeitpunkt fraglich; Abmessung: L Alveole des M1 23,7 mm; seines Todes ausgewachsen. Der Knochen erscheint Abb. 37); klein dimensioniert (Bd 16,6 mm; KD 7,6 mm). Die c. aus demselben Zusammenhang wurde ein loser Muskelansätze sind deutlich hervorgehoben. Knapp rechtsseitiger P4 aus dem Unterkiefer bestimmt (Ge- unterhalb der Bruchstelle im oberen Drittel des Schaf- wicht: 3 g; adult); der Zahn und der Kiefer gehören tes zeigen sich sehr feine Ritzspuren. Wie es dazu kam, zusammen; erscheint rätselhaft. Sollte das Fleisch abgelöst werden? d. aus römischem Kontext (2008 H7) stammt ein Un- Wollte man den unteren Teil des Beines abtrennen? Der terkiefer-Caninus (unvollständig erhalten, Tier adult, Knochen wurde in einem phönizischen Kontext ent- Gewicht: 6 g); deckt. Sand- oder Saharakatzen sind noch heute in e. dazu passt ein fragmentierter M1 aus dem Unterkie- Marokko heimisch. Ihr Lebensraum sind Stein- und fer (Gewicht: 2 g), der aus demselben Kontext stammt. Sandwüsten, sie leben einzelgängerisch, nachtaktiv und ernähren sich hauptsächlich von Nagern, Reptilien und Diese Funde ergeben unter Berücksichtigung der Alters- Kleinvögeln. zuweisung und der Kontexte folgende Individuen: einen adulten (kleinen) Löwen aus „wohl phönizi- Kleinfl eck-Ginsterkatze (Genetta genetta) schem“ Kontext, ein adultes Tier aus römischem und Auch die Ginsterkatze ist nur mit einem einzigen Fund- ein adultes Tier aus fraglichem Kontext (vgl. dazu Tab. stück vertreten. Es handelt sich um einen Humerus 20). Zu diesen Funden gesellt sich aus der Kampagne (Gewicht: 1 g), dessen distales Drittel erhalten blieb von 2009 ein nahezu vollständig erhaltener linksseiti- (Bd 12,1 mm; KD 4,5 mm). Der Knochen dieses aus- ger Unterkiefer aus gesichert phönizischem Kontext gewachsenen Individuums stammt aus römischem (2009 H9-1 = Mitte 7. Jh. v. Chr.). Das Stück wiegt 96 g Kontext. und stammt von einem adulten Tier. Die Abmessungen des Kiefers sind in Tabelle 22 festgehalten. Ein weiterer Ginsterkatzen gehören neben Mangusten zur Familie der Zibetkatzen oder Viverridae. Diese schlanken, ge- 3 Dank an die Kollegen J. Peters/München und G. Forstenpointner/ fl eckten, bis zu 2,6 kg schweren Raubtiere mit ihrem Wien für die Begutachtung des Stückes anlässlich einer gemein- sehr langen geringelten Schwanz leben wie die Sahara- samen Forschungsarbeit in der Münchner Staatssammlung. Mogador – die Tierreste 73

Abb. 37: Panthera leo. Mandibula. Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer.

Messstrecke [mm] Lg. Proc. condyl. – HinterrandAlveole C 150,6 Lg. Einschnitt zw. Proc. cond. und Proc. angularis – Hinterrand Alveole C 146,6 Lg. Proc. angularis – HinterrandAlveole C 151,4 Lg. Hinterrand Alveole M1 – Hinterrand Alveole C 81,1 Lg. P3 – M1 60,6 Lg. P3 – P4 (Alveolenmaß) 37,1 Lg. M1 (Alveolenmaß) 23,0 Höhe vor P3 34,8 Tabelle 22: Panthera leo. Mandibula (Fund aus 2009), Abmessungen in mm.

Löwenknochen ist während der Oberfl ächenbegehung bis zu 250 kg auf die Waage bringen, Weibchen sind auf der Île de Mogador im Februar/März 2006 aufge- deutlich leichter gebaut. Der Lebensraum der Berberlö- lesen worden. Es handelt sich um einen „Unterkiefer wen ist außerordentlich vielfältig. Diese Spezies besitzt eines jungen Atlaslöwen“ (Marzoli & El Khayari 2009, eine breite ökologische Anpassungsfähigkeit an ver- 86). Den Fund selbst habe ich nicht in den Händen ge- schiedene Habitate. Berberlöwen kommen bzw. kamen halten, seine Bestimmung ist richtig, etwas in Zweifel im Flachland wie im Gebirge gleichermaßen vor, leben bin ich bezüglich der Alterseinschätzung (Abb. 38). in Rudeln und jagen Gazellen, Schweine, aber auch Die Archäologen vor Ort nahmen an, dass es sich um kleinere Beutetiere wie Hasen oder Nager (Grimmber- einen Fund aus phönizischer Zeit handelte. Diese Ver- ger & Rudloff 2009, 343). Aus anderen prähistorischen mutung wird durch den Löwenfund aus gesichertem Fundplätzen Nordwestafrikas sind Löwenfunde selten. phönizischem Schichtkontext in gewisser Weise bestä- Ein Knochenfragment wurde in Phase IIb in Ceuta tigt. Dieser Knochen stünde dann für ein weiteres, (7. Jh. v. Chr.) entdeckt (Camarós & Estévez 2010, 394.), möglicherweise jüngeres Individuum. Im Gesamten weitere sechs Funde kommen aus Thamusida (De Gros- sind dann fünf Löwen für Mogador identifi ziert. si Mazzorin & De Venuto 2006, 391).

Die zuvor beschriebenen Löwenknochen stammen sehr Fuchs, Vulpes sp. wahrscheinlich von den berühmten Berberlöwen. Die- Sieben Knochenfunde konnten als zu Füchsen gehörig se Tiere sind heute in freier Wildbahn ausgestorben. erkannt werden. Im Gebiet vorkommend bzw. zu er- Die letzten Exemplare wurden 1893 in Algerien und warten sind drei Arten: der Rotfuchs (Vulpes vulpes), 1922 in Marokko erlegt. Man versucht mit den Tieren, der Sand- oder Rüppelfuchs (Vulpes rüppellii) und der die im Zoo von Rabat gehalten werden, das Erschei- Fennek oder Wüstenfuchs (Vulpes zerda). Letztgenann- nungsbild des Berberlöwen quasi wieder zu beleben. ter ist mit 0,8-1,5 kg Gewicht und einer Kopf-Rumpf- Dies soll über die Einkreuzung von Tieren gelingen, Länge von 30-41 cm der kleinste und leichteste Vertre- die angeblich in ihrem Erbgut noch Reste des geneti- ter. Rotfüchse sind deutlich kräftiger gebaut (Gewicht schen Potentials der Berberlöwen besitzen. Männliche 4-14,5 kg, Kopf-Rumpf-Länge 50-95 cm). Der Sand- Berberlöwen besitzen eine mächtige dunkle Schulter- fuchs ist mit 1,2-2,3 kg bzw. maximal 4,5 kg und einer und Bauchmähne. Ihr Fell ist, wie bei den Weibchen Kopf-Rumpf-Länge von 34,5-52 cm vom Habitus her auch, sand- bis ockerfarben getönt. Männchen können rotfuchsartig, wirkt aber zierlicher als dieser (Grimm- 74 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 38: Panthera leo. Mandibula. Oberfl ächenfund. Maßstab wie angegeben. Aufnahme: Courtesy DAI Madrid. berger & Rudloff 2009, 358ff.). Entsprechend verhält es f. ein schlecht erhaltener rechter Oberkiefer mit erhal- sich mit der Größe und Proportionierung der Knochen tenem P4 (Gewicht: 1 g); vermutlich war das Tier aller drei Arten. Über den Vergleich mit rezenten Ske- ausgewachsen; der Fundkontext ist 2008 De-a/b = letten bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass es phönizisch/römisch; sich bei den Funden aus Mogador um Überreste von g. ein Bruchstück eines im Gaumendach erhaltenen Sandfüchsen handelt. Für Rotfuchsknochen sind die Oberkiefers eines Jungtieres (Gewicht: 3 g). Da der Elemente zu zierlich gebaut, für Skelettelemente eines Fundkontext (2007 E 13 = Mitte 7. Jh. v. Chr.) auf Fenneks wiederum zu kräftig. die Ablagerung an ganz anderer Stelle hinweist, ist nicht ausgeschlossen, dass wir hier den Überrest Sandfuchs (Vulpes rüppellii) eines weiteren Jungtieres vor uns haben. Folgende Elemente sind belegt: a. eine linke Scapula von einem ausgewachsenen Tier; Die sieben Fundstücke repräsentieren vier Individuen, der Knochen ist zu 2/3 erhalten. Das Gewicht be- beachtet man die verschiedenen Altersgruppen und trägt 2 g; die Abmessungen lauten: GLP 15,1 mm; Kontexte. Zwei Jungtiere und ein ausgewachsener Fuchs LG 13,9 mm; BG 9,2 mm; KLC 12,7 mm; der Fund- kommen aus den ältesten Schichten (Mitte 7. Jh. v. Chr.) kontext (2007 E 5) deutet auf eine Datierung in die und sind phönizisch konnotiert, ein weiteres adultes Mitte des 7. Jhs. v. Chr.; Tier stammt aus einem gemischten Fundkomplex. b. eine linke Mandibula (Gewicht: 3 g), deren vorderes Sandfüchse leben noch heute, wenn auch in isolierten Drittel abgeschlagen ist; zwei Milchzähne sind vor- Populationen, in Marokko und bevölkern dort verschie- handen, das Tier war also juvenil; Kontext: 2007 E 14 dene Lebensräume: Steppen, Stein- und Sandwüsten, = Mitte 7. Jh. v. Chr.; manchmal auch lichte Waldungen. Die Tiere sind nacht- c. eine in ganzer Länge erhaltene rechte Tibia eines aktiv und fressen Insekten, Kriechtiere, Kleinsäuger, Jungtieres (Gewicht: 2 g); die Epiphysen fehlen beid- Aas und Früchte. seitig (p-d-); der Fundkontext ist: 2007 F8 = Mitte 7. Jh. v. Chr.; Mittelmeer-Mönchsrobbe (Monachus monachus) d. ein im proximalen Bereich erhaltenes Os femoris Von der Mittelmeer-Mönchsrobbe wurden 13 Knochen- von der linken Körperseite (p-); das Knochenfrag- reste entdeckt. Die Bestimmung war problemlos, da ment wiegt 1 g; der Fundkontext ist derselbe wie bei Mönchsrobben die einzigen Vertreter aus der Familie den beiden vorigen Stücken, insofern könnten Kie- der Phocidae sind, die noch heute in diesem Bereich der fer, Tibia und Femur zu ein und demselben Jungtier Atlantikküste vorkommen und auch für prähistorische gehören; Epochen erwartet werden können (Grimmberger & e. ein Bruchstück eines Wirbels, ebenfalls von einem Rudloff 2009, 367; Wandrey 1997; King 1956). Abge- Jungtier (Gewicht: 1 g) aus demselben Kontext: sichert wurde die Bestimmung an rezenten Skeletten 2007 F8 = Mitte 7. Jh. v. Chr.; auch dieser Knochen von Phocidae aus der Schleswiger Sammlung. Im Ein- passt zu den vorher genannten; zelnen handelt es sich um folgende Fundstücke: Mogador – die Tierreste 75

Abb. 39: Monachus monachus. Tibia (proximal-, distal-). Maßstab wie angegeben. Aufnahme: H. J. Nüsse. a. ein fragmentiert erhaltenes Metapodium (Gewicht: m. eine in ganzer Länge erhaltene Phalanx I (p-d-) eines 24 g), Alter ungewiß, da das Gelenkende nicht erhal- sehr jungen Tieres (Gewicht: 1 g): Kontext: 2007 E7 = ten ist. Ausgehend von der Größe des Stückes ver- „wohl phönizisch“. mute ich, dass es sich um ein ausgewachsenes Tier handeln könnte; Kontext 2007 F4 = „wohl phönizisch“; Will man aus diesen Funden die mindestens vorhande- b. ein vollständig erhaltener Metatarsus V (Gewicht: ne Zahl an Individuen rekonstruieren, so steht man vor 18 g); Epiphyse nicht verwachsen; Alterseinschät- einem Problem: Abweichend von der Skelettentwick- zung wird nicht vorgenommen; Kontext: IV 08 2,2 = lung bei anderen Säugetieren liegen bei Mönchsrobben keine Angaben. bzw. Phocidae generell der Wechsel von Milch- zu c. aus demselben Kontext stammt eine linke Tibia Dauergebiss und die Verknöcherung der Epiphysen- (Gewicht: 120 g) mit offenen Epiphysenfugen (p- d-; fugen an den Extremitätenknochen ungewöhnlich weit Länge ohne Epiphysen 211,6 mm); das Tier war auseinander. Die Verknüpfung von Kiefer- und Zahn- möglicherweise ausgewachsen (Abb. 39; Details zur funden mit postcranialen Elementen ist also außeror- Alterseinschätzung s. u.); dentlich unsicher. Bei Habermehl (1985, 144) ist zu d. und e., aus demselben Fundzusammenhang kom- lesen, dass beim Seehund die Dauerzähne schon nach men zwei Wirbel (Gewicht: 24 g); die Wirbelschei- wenigen Wochen gewechselt sind und dann nur noch ben sind im Zustand der Verknöcherung, die Fugen aufgrund ihrer Abkauung vage Hinweise zum indivi- noch nicht vollständig geschlossen. Ebenfalls von duellen Alter eines Tieres liefern. Über den Zeitpunkt, dieser Stelle stammen wann die Epiphysenfugen verknöchern, legt Haber- f. ein Pelvisfragment (Gewicht: 16 g; keine Altersan- mehl (ebd.) keine Angaben vor. Scheibel & Heidemann gabe) und (1988) haben dies an rezentem Material von Seehunden g. eine Phalanx I, fragmentiert (Gewicht: 6 g; keine untersucht: Demnach tritt der Verknöcherungsprozess Altersangabe) sowie erst zwischen dem 4. bis 9. Lebensjahr ein. Für einzel- h. ein Oberkieferfragment (Gewicht: 12 g), Dauerzähne ne Skelettelemente werden nur Näherungswerte ange- vorhanden, Alter: möglicherweise adult; geben, da „der Ossifi kationsprozess über Jahre hinweg i. aus dem Kontext 2007 E 7 („wohl phönizisch“) stammt andauert und zudem auch geschlechtsbedingte Unter- eine linke Ulna. Sie ist zu 2/3 erhalten und gehört zu schiede vorzuliegen scheinen“ (Reichstein 1991, 57). einem sehr jungen Tier (Gewicht: 5 g); Storå (2001, 200) ergänzt, dass das Skelettwachstum j. ebenfalls in dieser Fundstelle wurde ein rechts sei- bei allen seal species in ähnlichen Bahnen verläuft, mit tiger Praemolar aus dem Oberkiefer entdeckt (Ge- starker individueller Abweichung: Die Entwicklung wicht: 2 g); es ist schwer einzuschätzen, ob er alters- orientiert sich an der körperlichen Konstitution, in mäßig zu der vorher erwähnten Ulna passt; Ab hängigkeit von der Geschlechtsreife und von den k. ein linksseitiger Oberkiefer, als Bruchstück erhalten, Lebensumständen; deswegen sei eine Einteilung der die Molaren sind vorhanden (Gewicht: 26 g); Alter Altersstufen nur in größeren Abschnitten sinnvoll. Mit schwer einzuschätzen, aufgrund der Größe zwischen Mönchsrobben hat sich King (1956) am ausführlichsten adult und juvenil; Kontext: 2007 F3 = „wohl phöni- beschäftigt. Für unsere Belange am aufschlussreichs- zisch“ (abgebildet in Becker & Küchelmann 2010, ten sind ihre Beschreibungen der Skelette (Schädel und Abb. 20a); postkraniale Knochen von sieben Mönchsrobben). Da- l. Fragment eines Unterkiefermolars von der linken runter sind zwei adulte und fünf aus verschiedenen Körperseite; unvollständig erhalten; Gewicht: 2 g; Jugendstadien bzw. „immature“ und „very young“ (ebd., adult? Kontext 2008 De-a 18,1 = Mitte 7. Jh. v. Chr. 224). Auch King kam bereits damals zu dem Ergebnis, bzw. phönizisch; dass „fusion of the bones of the skull commences at an 76 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann early stage, the epiphyses of the skeleton do not fuse meistbedrohten Robbenarten Europas. Ihr Weltbestand until comparatively late“ (ebd., 250). Aus ihrer Aufl is- beträgt nur noch 400-500 Tiere. Insbesondere für die tung zur Abfolge der Ossifi kation ist zu entnehmen, nordwest-afrikanische Küste sind Restvorkommen re- dass die distale Tibia-Epiphyse mit am spätesten synos- gistriert (Karte 1213 bei Grimmberger & Rudloff tiert und dass bei den von ihr analysierten Skeletten in 2009). Heute trifft man sie nur noch sehr vereinzelt an keinem Fall eine Synostierung der Gelenke vorlag, (ebd., 367f.). An der marokkanischen Küste, auf den auch nicht bei den als „adult“ eingeschätzten Indivi- Azoren und in Madeira wurden sie noch im 19. und 20. duen (ebd., 250). Für das männliche, adulte Tier mit der Jahrhundert häufi g beobachtet (King 1956, 209). Nummer 1894.7.27.1. gibt King die Länge des Tibia- Mönchsrobben erreichen Körpermaße von 230-290 cm, schaftes an; sie beträgt 204 mm (ebd., 251). Die Tibia maximal sogar 380 cm und ein Gewicht zwischen 300- aus Mogador ist mit 211,6 mm größer, zeigt ebenfalls 400 kg. Männliche und weibliche Tiere zeigen kaum nicht-synostierte Gelenkenden. Demnach kann diese Größenunterschiede. Ihre Nahrung besteht aus Fisch, Tibia durchaus von einer adulten Mönchsrobbe stam- Tintenfi sch und anderem Meeresgetier (Wandrey 1997; men, eventuell sogar von einem männlichen Tier. Kom- Grimmberger & Rudloff 2009, 367f.). biniert man diese Informationen mit den von J. Storå (2001) übermittelten Vorgaben (ebd., Tab. 11, 222), so Cuviers Gazelle (Gazella cuvieri)? läßt sich mit aller gebotenen Vorsicht für Mogador fol- Vermutlich von eben dieser Gazellenart wurde ein gende Mindestindividuenzahl festlegen: Aus eindeutig 8 cm langes Hornzapfenfragment entdeckt (Gewicht phönizischer Zeit ist ein möglicherweise adultes Tier 4 g). Seiner Stärke nach stammt es von einem männli- belegt (l.); aus „wohl phönizischem“ Kontext sind es chen Tier. Wegen der Bruchstückhaftigkeit des Fundes drei Tiere: ein vermutlich infantiles Tier oder, wie Storå bleibt die Bestimmung mit einem kleinen Fragezeichen es nennt, ein yearling (Funde i, j, m), ein möglicher- versehen. Vom Eindruck her scheint es ein leicht gebo- weise nicht ganz ausgewachsenes Tier (young adult; gener, dabei gestreckter – und nicht wie bei der Kuhan- Fund k) und ein möglicherweise adultes Tier (Fund a). tilope üblich, zweifach nach oben und hinten ge- Aus einem größeren Komplex leider ohne chronologi- schwungener – Hornzapfen gewesen zu sein, so wie es sche Zuweisung kommen diverse Reste einer jüngeren für die Gattung Gazella typisch ist. In Marokko behei- Mönchsrobbe (Funde b, c, d, e, f, g, h). In jedem Fall matet sind/ waren Gazella cuvieri und Gazelle dorcas. sind erbeutete Mönchsrobben aus unterschiedlichen G. cuvieri ist mit 15-35 kg Gewicht größer und kräfti- Altersklassen für die phönizische Phase auf Mogador ger als die Dorcasgazelle (12-23 kg; ebd., 414f.). Da das präsent. Weitere zwei Dutzend Skelettfunde von Mönchs- vorliegende Fundstück recht kräftig ausgeprägt ist, robben sind im Material der Kampagne 2009 aufge- harmoniert es meiner Ansicht nach besser mit G. cuvi- taucht. Sie datieren eindeutig in das 7. Jh. v. Chr. eri als mit G. dorcas. Das Fundstück kommt aus phö- nizischem Kontext. Aus dem nördlich von Rabat gele- Für die römische Epoche auf der Île de Mogador fehlen genen Thamusida wurden zwei Knochenreste von Mönchsrobbenknochen gänzlich. Zwar werden die Gazella gazella identifi ziert (De Grossi Mazzorin & Tiere in den Schriftquellen aus der klassischen Antike De Venuto 2006, Tab.1) – die Artbestimmung müsste häufi g erwähnt (de Waele et al. 2009, 16), ihre offenbar eventuell überdacht werden, da G. gazella eine mehr bereits damals intensive Bejagung mag zu einer star- gen Osten orientierte Verbreitung aufweist (Grimm- ken Dezimierung der Bestände geführt haben (Medi- berger & Rudloff 2009, 418ff.). terranean Monk Seal Fact Files, online). Als Küstenbe- wohner traten die Tiere mit den Menschen, die an den Rothirsch (Cervus elaphus) Küsten anlandeten und dort Niederlassungen gründe- Streng genommen sollte dieses Fundstück an dieser ten, quasi in Konkurrenz um denselben Lebensraum Stelle gar nicht besprochen werden, denn es handelt und zogen letztlich natürlich den Kürzeren. Wird ge- sich um ein Geweihartefakt. Es ist ein pfriemartiger nau diese Situation auch in Mogador transparent? Wa- Gegenstand von 13 cm Länge, auf einer Seite ist ein ren die in der Region einst heimischen Mönchsrobben 1,3 cm breiter Rand abgesetzt und durchlocht; das un- bereits durch allzu häufi ge Bejagung oder Störung sei- tere Drittel des Stückes ist stark zugespitzt (Becker & tens der Phönizier in ihrer Zahl so stark dezimiert oder Küchelmann 2010, 94). Bezüglich seiner Funktion hat- gar abgewandert, dass die Römer drei Jahrhunderte ten wir 2010 angenommen, es könne sich um ein Spleiß- später keine mehr vorfanden? gerät (Marlspieker) handeln, wie man es auf Schiffen zum Spleissen von Tauwerk verwendet (ebd., 93). Tat- Mittelmeer-Mönchsrobben müssen einst, wie ihr Name sächlich gibt es eine Reihe ähnlicher Funde aus römi- sagt, in großer Zahl im Mittelmeer und an der nordaf- scher Zeit, die als „Seilerhörnchen“ gekennzeichnet rikanischen Küste verbreitet gewesen sein (King 1956). sind (z. B. bei Becker & Schallmeyer 1996, Abb. 7c). Sie halten sich bevorzugt an felsigen Küsten und in Das Artefakt von der Île de Mogador wurde aus der Felsgrotten auf, wenn sie nicht im Meer umherschwim- Sprossenspitze eines kapitalen Hirsches herausgeschnit- men. Mönchsrobben gehören heutzutage zu einer der ten (Gewicht: 38 g) und stammt aus römischer Zeit Mogador – die Tierreste 77

(Kontext 2008 III H7/1 = 1.-3 Jh. n. Chr.). Es ist der einzige Nachweis für die Nutzung des Rothirsches bzw. seines Geweihs. Vorausgesetzt wird, dass dieses Stück nicht von anderswo importiert wurde, sondern dass die Herstellung lokal geschah bzw. dass dafür Geweih eines einheimischen Hirsches verwendet wur- de. Lokal verbreitet in der Region ist der Atlas- oder Berberhirsch (Cervus elaphus barbarus), der in Tune- sien, Algerien und Marokko beheimatet ist (Burthey et al. 1992). Berberhirsche waren in Marokko zwischen- zeitlich ausgerottet, sie wurden aber wieder angesiedelt und pfl anzen sich mittlerweile erfolgreich fort (Grimm- berger & Rudloff 2009, 408).

Kuhantilope oder Hartebeest (Alcelaphus buselaphus) Unzweideutig als Überreste einer Kuhantilope wurden eine Phalanx III anterior und ein fragmentarisch erhal- tener Oberkiefer identifi ziert. Die Bestimmung orien- tierte sich an rezenten Skeletten aus der Münchner Sammlung sowie der anatomischen Arbeit von Peters et al. (1997). Die Phalanx III ist leicht beschädigt, sie wiegt 8,6 g. Die Maße des Stückes lauten: DLS 48,0 mm; LGfl 20,8 mm; BGfl 15,8 mm. Das zweite Stück, ein rechtsseitiger Oberkiefer (Gewicht: 73,4 g) trägt noch drei seiner Zähne, die recht stark abgekaut sind. Die Messwerte an diesem Stück lauten: Länge M1-M3 Abb. 40: Hystrix cristata. Tibia. Maßstab 1 cm. Aufnahme: 62,5 mm; Länge M3 22,3 mm; Breite M3 13,8 mm. J. Meyer. Beide Fundstücke kommen aus demselben Kontext: 2007 E 7 („wohl phönizisch“). Es sind Überreste einer vor uns. Laut Fundnummer kommt es aus phönizischer ausgewachsenen, vermutlich recht alten Kuhantilope. Zeit. Mit ihrem schwarz-weißen Stachelkleid sind die- se dachsgroßen Tiere (Kopf-Rumpf-Länge 57-85 cm, Alcelaphus buselaphus ist heute nur noch in Teilen Gewicht 10-15 kg) recht auffällig, zumal wenn sie bei Zentral- und Südafrikas verbreitet, kam früher aber Bedrohung ihre Stacheln aufrichten, mit ihrem „Ras- auch regelmäßig bis nach Nordafrika hinein vor, wie selbecher“ am Schwanz lärmen und Brumm- und durch Knochenfunde und Darstellungen belegt wird Knurrtöne ausstoßen. Die Tiere haben ein gutes Gehör (ebd., 5). Grimmberger & Rudloff (2009, 414) nennen und einen scharfen Geruchssinn, können aber schlecht letzte Beobachtungen „um 1933 südlich von Oran und sehen. Sie sind nachtaktiv, bevorzugen trockene und um 1950 im südlichen Rio de Oro“. Aus zoogeographi- felsige Habitate, fressen Knollen, Wurzeln, Rinde, Früch- scher Sicht haben die beiden Funde aus Mogador folg- te, Kulturpfl anzen, gelegentlich Aas und Knochen. lich ein recht großes Gewicht, denn aus anderen zeit- nahen Siedlungsplätzen sind diese Antilopen selten Afrikanischer Elefant (Loxodonta africana) belegt. Ein Fundstück (Phalanx I) stammt aus Phase IIc Zwei Abschnitte von Röhrenknochen fi elen uns bei der in Ceuta (7. Jh. v. Chr.; Camarós & Estévez 2010, 396f.). Bestimmungsarbeit auf: schwer im Gewicht, mit be- Kuhantilopen sind von unverwechselbarer Gestalt mit sonders großlumiger Spongiosa und sehr dicker Kom- stark abfallendem Rücken und langem schmalem Ge- pakta. Sie als Überreste von Elefantenknochen anzu- sicht. Sie messen in der Schulter bis zu 145 cm und sprechen, war naheliegend. Der Vergleich mit einem werden bis zu 200 kg schwer. Diese Herdentiere leben rezenten Elefantenskelett aus der Münchner Sammlung in offenen Landschaften und lichtem Busch, manch- machte den Verdacht zur Gewissheit. In unserem Vor- mal auch in Savannen. bericht (Becker & Küchelmann 2010, 88) war bereits die Rede von einem Röhrenknochenfragment eines Nordafrikanisches Stachelschwein (Hystrix cristata) Elefanten aus „gesichertem phönizischem Kontext“. Diese in Nordafrika recht häufi ge Tierart (Grimmber- Die Bestimmung ist korrekt, nicht aber dessen Datie- ger & Rudloff 2009, 202f.) ist in Mogador durch ein rung. Das Fragment zeigt die Beschriftung „2008 H1“, einziges Fragment repräsentiert, eine distal erhaltene gehört also in einen gestörten Kontext (6. Jh. v. Chr. bis Tibia (Gewicht: 4 g) mit geschlossener Epiphysenfuge 3. Jh. n. Chr.; vgl. Tab. I). Der Fund wiegt 110 g. Ana- (Abmessungen: Bd 21,4 mm, Dd 16,1 mm; Abb. 40). tomisch kann er leider nicht näher spezifi ziert werden. Wir haben den Überrest eines ausgewachsenen Tieres Interessant ist die Beobachtung, dass das Stück durch 78 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 41: Loxodonta africana. Fragment eines Femurs. Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer. gezielte Hiebe mit einem scharfen Werkzeug zu einem Rohstücke oder kunstvoll verarbeitete Gegenstände rechteckigen Segment zugerichtet wurde (ebd., Abb. (s. u.). Die sichersten Indizien sind und bleiben Kno- 20b). Auch das zweite Fundstück, ein etwa 8 cm langes chenfunde, die bei Ausgrabungen in gut datierten Fragment aus einem linken Os femoris (Gewicht: 32 g) Schichten und Kontexten freigelegt werden. Solche zeigt eine interessante Bearbeitungsspur: eine Säge- Stücke sind allerdings äußerst rar. Hier ähnelt die Situ- spur, die auf ein Gerät mit recht großer Schneidenbrei- ation derjenigen in Mesopotamien, wo bezüglich der te hinweist (Breite der Spur: 2,5 mm; Abb. 41). Dieses vorgeschichtlichen Verbreitung von Elephas maximus Stück wurde ebenfalls in einem unsicheren Kontext wesentlich mehr indirekte als direkte Nachweise vor- geborgen: 2007 F2 („wohl phönizisch“). Keiner der gelegt werden können (Becker 1994). In dem hier er- beiden Überreste von Elefantenknochen kommt aus fassten Vergleichsrahmen gibt es außer den beiden einem stratigraphisch gesicherten Zusammenhang. Da Fundstücken aus Mogador zwei Elefantennachweise die Funde offensichtlich aus einem Verarbeitungspro- aus Karthago, einen linken Radius und eine rechte zess stammen, ist diese Informationslücke besonders Ulna; beide sind römisch datiert (Nobis 1999, 583). Aus bedauerlich. Offenbar wurde auf der Île de Mogador Ceuta sind ebenfalls Fragmente von Elefantenknochen Elefantenknochen als Rohstoff verarbeitet. Zu wel- belegt: je ein Fund aus Phase I, Phase IIa sowie drei chem Zweck und wann genau, bleibt verborgen. Funde aus Phase IIc. Die Funde datieren in das 7. Jh. v. Chr. Es handelt sich um Überreste von Jungtieren. Die beiden Knochenstücke stammen zweifellos von Zudem sind an den Knochen Zerteilungsspuren festzu- Loxodonta africana. Sind es Überreste von Tieren, die stellen – Beleg für einen „consumo directo“ (Camarós im näheren Umfeld von Mogador erbeutet wurden? & Estévez 2010, 403). Zwei weitere Elefantenfunde Über die Verbreitung der in Nordafrika während des sind für Lixus registriert: „…dos fragmentos de un 1. vorchristlichen Jahrtausends lebenden Elefanten und mismo metacarpo.“ (Grau Almero et al. 2001, 201). Sie die Größe ihrer Populationen wissen wir relativ wenig datieren in phönizische Zeit. (Rodrigue 1992; Scullard 1974). Einige Informationen zu den Tieren selbst sind den Schriftquellen zu entneh- Einige Daten zur Biologie und zum Aussehen von men. Aristoteles, Plinius und Plutarch berichten von Loxodonta africana seien kurz zusammengefasst (vgl. ihrem Aussehen, dem Verhalten und den Eigenschaften dazu Becker 1994, 179f. mit weiterführender Lite- der Elefanten (Ziegler & Sontheimer 1975, 235f.). Es ist ratur): Schulterhöhe bis 4 m, Gewicht 3,5-6,5 t, Rücken überaus aufschlussreich, diese aus der Antike stammen- tief eingesattelt, Stirn fl ach, große Ohren, beide Ge- den Beobachtungen mit aktuellen Forschungen zum schlechter mit Stoßzähnen. Die maximale bisher ge- Elefanten (Berg 1983; Evans & Harris 2008) zu kontras- messene Länge eines Stoßzahnes beträgt 340 cm, der tieren. In den antiken Schriften wird vor allem der Ein- schwerste brachte 102 kg auf die Waage (Dorst & Dan- satz von Elefanten in Kriegen oder der Elefant als Auf- delot 1970, 114). Elefanten leben in Herden, zeigen sehen erregendes Tier im Bestiarium der Arenen und bei enge Bindungen innerhalb der Gruppe. Ihre Nahrung Triumphzügen thematisiert (Oettermann 1982). besteht aus Blättern, Zweigen, Knollen, Wurzeln u. ä. Große Mengen an Wasser gehören zu ihrem täglichen Um die vorgeschichtliche Bestandsdichte mit Elefan- Bedarf. Die Lebensräume der Afrikanischen Elefanten ten nördlich der Sahara zu rekonstruieren, sind Schrift- können vielfältig sein: Regen- und Bergwälder, Halb- quellen natürlich nur indirekt beweiskräftig. Dasselbe wüsten und bewaldete Savannen. Häufi g wandern die gilt für die zahlreichen Funde an Elfenbein, seien es Tiere weit umher, pro Tag bis zu 50 km. Der Naturraum Mogador – die Tierreste 79 im nördlichen Afrika bot Elefanten zumindest in vor- Fundplatzes Feuerstellen von Hirtennomaden bzw. geschichtlicher Zeit adäquate Lebensbedingungen. Überreste saisonaler Lagerplätze entdeckt worden, lei- Wie stark allerdings bereits damals durch den gestei- der nur mit unspezifi schem Fundrepertoire. Die Fund- gerten Bedarf an Elfenbein Jagd auf Elefanten betrie- situation im Ganzen scheint darauf hinzudeuten, dass ben wurde und die Populationen regional dezimiert sich im Umfeld der Bucht von Mogador, vielleicht so- waren, wissen wir nicht. gar auf der Halbinsel selbst, bereits im Neolithikum Menschen aufhielten und Elfenbein einer der von ihnen Die Faszination der Phönizier für Elefanten ist eine alt- verarbeiteten und/oder verhandelten Rohstoffe gewe- bekannte Tatsache – sie galt sowohl den Tieren selbst als sen ist. Die Analyse eines der Elfenbeinstücke vom auch dem Elfenbein. Der karthagische Feldherr Hanni- Cap Sim ergab: Der Stoßzahn stammt von Loxodonta bal überquerte mit 37 Kriegselefanten die Alpen (Zim- africana und datiert in das frühe 5. Jt. v. Chr. (Banerjee mermann 2010). Sollten es afrikanische Elefanten gewe- et al. 2011). Eine Isotopenanalyse zeigte, dass das Tier, sen sein, die er verwendete (was ja naheliegend wäre), welches den Stoßzahn einst trug, in der Nähe des Cap muss man aus verhaltensbiologischer Sicht den Hut zie- Sim gelebt haben muss. Damit wäre das einstige Vor- hen, denn Loxodonta africana ist wesentlich schwerer kommen von Elefanten weit bis nach Marokko hinein zu zähmen und abzurichten als sein indischer Verwand- durch ein weiteres Indiz unterfüttert. ter (Kurt 1986; Eltringham & Ward 1991).4 Zudem hat Hannibal damals vermutlich wesentlich mehr Tiere ein- Aus dem noch unpublizierten Bericht von Banerjee et al. fangen lassen und auf den Weg geschickt als nur die (2011)5 geht hervor, dass auf der Île de Mogador während erwähnten 37. Der Verlust an Tieren muss immens der Herbstkampagne 2009 das Fragment einer Elfen- gewesen sein. Interessant ist, dass König Pyrrhos von beinscheibe gefunden wurde, datiert in das 7. Jh. v. Chr. Epirus (310/18-272 v. Chr.), von den Tarrentinern auf- Weitere Elfenbeinfunde aus Mogador aus römischen gefordert, ihnen gegen Rom beizustehen, im Jahr 280 Kontexten erwähnt Jodin (1966, 187). Offenbar gehörte v. Chr. mit 20 „so gut wie sicher Indischen Elefanten in Elfenbein zu den Materialien, die via Mogador ver- Italien an Land ging“ (Toynbee 1983, 26). Die Tiere handelt wurden. Mogador ist aber nicht die einzige phö- wurden über Jahre eingesetzt, viele kamen um, als die nizische Faktorei, aus der Elfenbein belegt ist. Von der karthagische Flotte die Transportschiffe von Pyrrhos Iberischen Halbinsel sind mehrfach Nachweise be - bei der Rückkehr nach Italien 275 v. Chr. angriff. Die kannt. Ein Projekt des DAI Madrid, gefördert durch die Phönizier kannten also beide Spezies. „Doch Indien war Deutsche Forschungsgemeinschaft und realisiert durch normalerweise nicht das Herkunftsland der karthagi- Th. X. Schuhmacher, in Kooperation mit A. Banerjee, schen Elefanten“ meint dazu Toynbee (1983, 27). hat zum Inhalt, alle iberischen Elfenbeinobjekte vom Beginn des Chalkolithikums bis zum Ende der Früh- Die Verbindung zwischen Phöniziern und Elefanten bronzezeit zu katalogisieren, zu datieren und auszuwer- zeigt sich aber nicht nur durch die Nutzung dieser Tie- ten (Projekt „Elfenbein“ online). In dieser Auf stellung re während kriegerischer Vorhaben, auch für die Ver- wird vermutlich auch der berühmte, von B. Cunliffe arbeitung von Elfenbein sind die Phönizier berühmt. (2008, 292) erwähnte ivory workshop aus Doña Blanca Phönizische Elfenbeinschnitzer gelangten mit ihren eine zentrale Rolle spielen. Es erhebt sich die Frage, ob Arbeiten zu einer für damalige Zeit fast unerreichten angesichts des großen Bedarfs phönizischer Elfenbein- Perfektion und Gestaltungsvielfalt (Barnett 1982; werkstätten die Bestände des Afrikanischen Elefanten Uberti 1988). Auch im archäologischen Fundmaterial im Norden Afrikas noch ausreichend groß waren? Oder aus Mogador bzw. aus dem Umfeld der Halbinsel sind müssen wir im 1. vorchristlichen Jahrtausend bereits mit Elfenbeinfunde belegt. Bei Prospektionsmaßnahmen einer Ausdünnung der nordafrikanischen Populationen auf einer Landzunge 10 km südlich von Mogador (Cap rechnen? Dass phö nizische Kontakte bis weit in den Sim) wurden auf einer Terrasse über der Bucht zwei Süden reichten, demonstriert nicht zuletzt der Fund einer große Abschnitte von Elefantenstoßzähnen entdeckt. phönizischen Bronzeschale in Nubien (Almagro-Gorbea Sie sind stark fossilisiert und zeigen umlaufende Säge- 2004). In Nubien und angrenzenden Regionen waren spuren (Eiwanger 2008a). Marzoli & El Khayari (2009, Elefanten mit Sicherheit zu der Zeit weit verbreitet und 99) sehen „durch die antiken Oberfl ächenfunde eine die Populationen stellten quasi ein Reservoir für weiteres direkte Verbindung zur Faktorei auf Mogador“. Aller- Elfenbein dar. dings ergab eine spätere AMS-Datierung, dass diese Funde viel älter sind (s. u.). Zudem sind im Umkreis des Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) Im Fundmaterial von 2007 und 2008 konnten drei Knochenreste von Kaninchen bestimmt werden. Die 4 Vielleicht ist dieser Aspekt auch im Ausgang der Schlacht von osteologische Abgrenzung zu Knochen des Kaphasen Raphia in Palästina (217 v. Chr.) entscheidend gewesen, denn die 73 afrikanischen Elefanten des Ptolemaios IV Philopator erwie- sen sich den 102 indischen Tieren des Seleukiden Antiochos III. 5 Mein herzlicher Dank geht an D. Marzoli für die Überlassung des „hoffnungslos unterlegen“ (Toynbee 1983, 25). Skriptes. 80 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

(Lepus capensis) war unter Zuhilfenahme rezenter Ver- Der Lebensraum von Wildkaninchen ist gekennzeich- gleichsskelette problemlos. Kaphasen sind mit einer net durch eine Kombination von lockeren Böden, in Kopf-Rumpf-Länge von 32 cm bis maximal 60 cm doch denen sie leicht graben können, und offener Landschaft deutlich größer als Wildkaninchen (Kopf-Rumpf-Län- mit niedrigem Bewuchs aus Büschen und Sträuchern, ge 35-45 cm; Grimmberger & Rudloff 2009, 208ff.), die beim Aufenthalt im Freien Deckung bieten. In ihrer wenn auch nicht schwerer (Kaphase: 1,2-1,3 kg, Wild- ursprünglichen Verbreitung wird eine Präferenz für kaninchen: 0,9-2,3 kg; ebd.). Bei den Kaninchenkno- mediterranes Klima angezeigt (Oryctolagus cuniculus chen aus Mogador handelt es sich um folgende Fund- online). Zudem sind Wildkaninchen Nahrungsgenera- stücke: listen mit einer überaus effi zienten Verdauung und a. einen distal erhaltenen rechten Humerus (d+; Ge- Verwertung der Nahrungsstoffe (Caecotrophie). Das wicht: 1 g; Abmessung: Bd 7,8 mm). Er wurde in Gelände entlang der Küste vor Mogador wäre als Le- einem eindeutig phönizischen Kontext freigelegt: bensraum für diese Lagomorphen durchaus geeignet 2008 De-a 11 = 6./5. Jh. v. Chr.); gewesen (Wilson & Reeder 1993; Flux 1994; 2001). b. einen linksseitigen Radius (p+d-; Gewicht: 1 g) und Wildkaninchen sind dämmerungs- und nachtaktiv. Sie c. eine linksseitige zerbrochene Ulna (Gewicht: 1 g); fl iehen erst bei unmittelbarer Annäherung und verste- beide Stücke gehören in die römische Epoche (Kon- cken sich dann in ihren Bauen und im Gestrüpp. Die text: 2008 H2 = 1.-3. Jh. n. Chr.). Wohnbausysteme können bis zu 20 m lang werden, bestehen aus mehreren gewinkelten und geraden Röh- Insgesamt haben wir Überreste eines ausgewachsenen ren von 16-22 cm Weite. Wildkaninchen leben in Grup- Kaninchens für die phönizische Phase und ein Jungtier pen mit fest umgrenzten und gegen Nachbarn vertei- für die römische Phase belegt. Es gibt unter den 2009 digten Revieren. Sie sind sesshaft, halten sich zumeist ausgegrabenen Tierresten eine weitaus größere Zahl an in der Nähe ihrer Wohn- und Wurfbaue auf und geben Kaninchenknochen, insbesondere aus dem Kontext ein Revier nur bei Nahrungsknappheit auf. 2009 H9, der eindeutig in die phönizische Epoche datiert. Auch aus dem Fundkomplex 2009 III H2 sind Ein Problem, welches noch nicht angesprochen wurde, Kaninchen mit gut einem Dutzend Knochen repräsen- betrifft den wilden oder domestizierten Status der tiert; dieser datiert in das 1.-3. Jh. n. Chr. (römisch). Die Kaninchen. Bei den Funden aus dem 7. und 6. Jh. v. Chr. Existenz bzw. das Bejagen von Kaninchen für beide dürfen wir durchaus davon ausgehen, dass es sich um Nutzungsphasen in Mogador ist damit hinreichend wild lebende Kaninchen handelt, bei den römisch belegt. Dass es sich bei diesen Knochen nicht um Über- datierten ist dies hingegen keineswegs sicher. Wann reste subrezenter, rezenter oder frühhistorischer Tiere genau die Domestikation des Kaninchens einsetzte, ist handelt, die auf der Île de Mogador natürlicherweise bis heute nicht ganz geklärt. Nach allgemeinem Kon- gelebt haben könnten und deren Knochenreste nachträg- sens soll die Verbreitung der Kaninchen in andere als lich in die phönizischen Ablagerungen hinein gelang- die natürlicherweise besetzten Habitate auf der Iberi- ten, scheint gesichert. Denn in den mächtigen phönizi- schen Halbinsel und in Nordwestafrika mit den Römern schen Ablagerungen sind keine Baue oder Gänge von beginnen. Auf Empfehlung von M. Terentius Varro Kaninchen entdeckt worden (mdl. Mitt. D. Marzoli). (116-27 v. Chr.) sollen Kaninchen in Leporarien gehal- ten worden sein. Strabo (63 v. Chr. bis 20 n. Chr.) und Was macht diese Funde zu einer Besonderheit? Mögli- Plinius (23-79 n. Chr.) erwähnen Kaninchen, die auf cherweise der sehr weit südlich lokalisierte Standort der den Balearen eingeführt wurden (Zeuner 1963, 343f.; Île der Mogador? Denn die ursprüngliche Verbreitung Niethammer 1963, 62; Callou 2000, 404). Dies alles von Wildkaninchen schloss zwar einst die Iberische könnte man als eine Vorstufe zur Domestikation an- Halbinsel und Teile Nordwest-Afrikas ein (Niethammer sehen. Wie dauerhaft sich die Wildkaninchen in ihren 1963, Abb. 8; Grimmberger & Rudloff 2009, Abb. 686) neuen Lebensräumen durchsetzten, sei dahingestellt. – ungeklärt ist allerdings, wie weit sich in Marokko ihre Durch die Haltung von Wildkaninchen bei den Römern Verbreitung gen Süden erstreckte (Kaetzke et al. 2003). könnte es dazu gekommen sein, dass Tiere der Gefan- C. Callou (2000; 2003) hat sich mit dieser Frage kritisch genschaft entwichen. Es kam zu massenhafter Ver- auseinandergesetzt. Sie stellt unmissverständlich fest, mehrung und Neubesiedlung (Niethammer 1963). Ge- dass sowohl in Marokko als auch in Algerien und Tune- zielte züchterische Eingriffe sind in dieser Phase jedoch sien Wildkaninchen in vorgeschichtlicher Zeit belegt noch nicht geschehen. Tatsächlich ist eine wirkliche sind, wenngleich recht selten. Begründet ist dies durch Domestikation erst für nachchristliche Jahrhunderte die geringe Zahl an einigermaßen sicher datierten Aus- bzw. für das Mittelalter belegt. Es soll aber nicht ver- grabungsmaterialien (ebd., 341ff.). Wenn nun aus dem schwiegen werden, dass diesbezüglich noch Forschungs- Süden Marokkos, aus Mogador, Kaninchen nachgewie- bedarf besteht. Viele Knochenfunde von Kaninchen sen sind, könnten wir uns fragen, ob das Lebensumfeld z. B. von den Balearen, von der Insel Zembra vor der im Hinterland als Habitat für diese Tiere geeignet wäre? tunesischen Küste, aber auch von der Iberischen Halb- Diese Frage kann bejaht werden. insel bieten bis heute Anlass zu vielen Diskussionen Mogador – die Tierreste 81

(Vigne 1988; Callou 2003, fi g. 36b). Für das Hinterland Bezüglich der Mönchsrobben ist man geneigt, ihre der Île de Mogador stellt sich m. A. n. die Frage nicht. Erbeutung mit den anderen Aktivitäten der Phönizier Denn wenn wir davon ausgehen, dass Kaninchen dort auf See in Verbindung zu bringen: Bei Fahrten entlang in freier Wildbahn vorkamen, wäre es unsinnig, dort der Küste oder auch weiter hinaus wurde vermutlich „domestizierte“ Kaninchen einzuführen. nicht nur Fischfang betrieben, sondern man hat auch Seevögeln nachgestellt, ihre Eier eingesammelt und die Den Phöniziern wird in diesem Szenario wiederum eine oder andere Mönchsrobbe erbeutet. Jungtieren eine herausgehobene Rolle zugesprochen. Als sie im kann man, wenn sie sich in küstennahen Flachgewäs- 12. Jh. v. Chr. an Spaniens Küsten anlandeten, sollen sern oder in Felsgrotten aufhalten, relativ leicht hab- sie die vielen dort herumlaufenden kleinen Tiere mit haft werden. Auch ausgewachsene Tiere lassen sich an braunem Fell für Klippschliefer (Procavia capensis) Land aufgrund ihrer durch den Körperbau bedingten gehalten haben, die ihnen aus ihrer Heimat vertraut eingeschränkten Beweglichkeit und geringen Schnel- waren. Sie gaben der Region dann den Namen i-she- ligkeit leicht fangen. Von den Mönchsrobben verwen- pan-ham (Land der Klippschliefer), aus dem angeblich det wurden vermutlich Fleisch, Fett und Häute. Wir der Begriff „Hispania“ bzw. „Spanien“ abgeleitet wor- können dies aus Befunden zu früher historischer Zeit den sei (Zeuner 1963, 343). Dass die Phönizier Kanin- in Nordeuropa ableiten, zusammengetragen von Reich- chen schätzten, ist nicht nur durch das Material aus stein (1991, 59; weitere Hinweise zur Nutzung von Mogador, sondern beispielsweise auch durch die vielen Monachus monachus bei J. de Waele et al. 2009, 16 und Knochenfunde aus Castillo de Doña Blanca nachge- King 1956). Neben den Häuten fand vor allem das Fett wiesen. Dort sind Kaninchen mit 152 Knochenresten (Blubber) vielerlei Verwendung. Es wurde verzehrt, repräsentiert (Morales Muñiz et al. 1994, 58). medizinisch genutzt, als Brennmaterial verwendet und für technische Zwecke gebraucht, u. a. um Schiffsplan- Zur Deutung der Befunde ken abzudichten. Die Menge an Fett kann bei Mönchs- Die Fundmenge an Knochen von Wildsäugetieren aus robben bis zu 50% des gesamten Körpergewichtes eines Mogador ist gering (n = 36), und das Repertoire an Tieres ausmachen – die Fettausbeute war also reichlich Arten (insgesamt 10, ohne das Artefakt aus Rothirsch- bemessen. Die Haut der Mönchsrobben ist wasserdicht, geweih) scheint auf den ersten Blick etwas bizarr, d. h. besonders gut geeignet für seefahrende Leute, um bedenkt man die Kleinräumigkeit der Insel: Eine Ver- Schnüre, Kleidung, Behältnisse oder Schuhe anzufer- gesellschaftung verschiedenster Überreste von Löwe, tigen, die Männer und Material trocken halten. Bei den Elefant, Stachelschwein, Mönchsrobbe, Kaninchen, römischen Bewohnern der Île de Mogador scheint die- Kuhantilope, Gazelle, Saharakatze, Ginsterkatze und se Art von Rohstoff nicht mehr gefragt gewesen zu Sandfuchs verlangt geradezu nach einer plausiblen sein, denn Mönchsrobbenfunde aus eindeutig römi- Erklärung. Zunächst einmal können wir davon ausge- schen Kontexten fehlen. Dies könnte allerdings auch hen, dass keines der genannten Tiere von selbst auf die ein Effekt der kleinen Stichprobe aus diesem Zeit- Halbinsel gelangte – in jedem Fall hatte der Mensch fenster sein oder sogar fehlende Bestände signalisieren. seine Hand im Spiel. Zum zweiten ist die Fundmenge so klein, dass sich aus dem Material selbst heraus kei- Alle anderen, hier nachgewiesenen Wildsäuger kom- ne stichhaltige Erklärung ergibt, sondern jedwede In- men aus dem Hinterland und bewohnen eher trockene terpretation zu einem Gutteil Spekulation bleiben Habitate bzw. offene Landschaften mit lichtem Be- wird. wuchs: Saharakatze, Löwe, Sandfuchs, Cuviers Gazelle, Kuhantilope, Stachelschwein, Elefant, Kaninchen aus Vordergründig gibt uns das hier vorliegende Reper- phönizischer Zeit und die Ginsterkatze, welche für toire einen kleinen Einblick in die Wildtierwelt Nord- römische Kontexte belegt ist. Als Fleischlieferanten westafrikas während des 1. vorchristlichen Jahrtau- kämen Kaninchen, Gazelle und Kuhantilope und even- sends bzw. in römischer Zeit. Das Spektrum fügt sich tuell noch das Stachelschwein in Frage. Tatsächlich wird in das Bild, welches man aufgrund des Klimas, der in manchen Landstrichen das Fleisch von Stachel- Landschaft und Vegetationsverhältnisse erwarten kann schweinen noch heute gegessen – Tunesien, der Libanon (vgl. dazu Kapitel „Naturraum und Klima“). Keine der und Kleinasien gehören dazu (Freye 1967, 402). Auch zuvor genannten Arten erscheint fremd und schlecht den Römern sagt man den Verzehr von Stachelschwein- angepasst an die damals bestehenden Biotope. Wesent- fl eisch nach (ebd.). Ob dies auch für die Phönizier gilt, lich interessanter erscheint es, den Einzugsbereich sei dahingestellt. Fakt ist, dass ein Stachelschwein – im jagdlicher Aktivitäten abzuschätzen, um der Tiere hab- Ganzen oder zerlegt – in die Faktorei gebracht wurde haft zu werden, die hier vertreten sind. Man muss sich und man das Tier dort weiter verarbeitete. Aber auch an die Frage stellen, ob es in jedem Fall die Phönizier bzw. eine Nutzung der Stacheln wäre zu denken. Römer selbst waren, die diese Tiere erbeuteten? Oder hat nicht der Kontakt zu Einheimischen diesbezüglich Die Frage bleibt, ob die Phönizier selbst auf Jagdzüge eine entscheidende Rolle gespielt? ins Hinterland gegangen sind, oder ob nicht die Einhei- 82 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann mischen gelegentlich solche Tiere heranschafften und völlige Fehlen einer Tierart in einer Knochenaufsamm- quasi als Tauschware den Phöniziern und Römern an- lung muss weder bedeuten, dass die Menschen das Tier boten. Schauen wir etwas genauer auf die im Fundma- nicht gekannt haben, noch, dass es ihnen nicht wichtig terial repräsentierten Skelettelemente, so ergibt sich war. Hier möchte ich den Satz von D. Potts (2001, 182) der Verdacht, dass hier keine kompletten bzw. lebenden zitieren: „Evidence of absence is not absence of evi- Tiere zur Tauschware wurden, sondern nur bestimmte dence“. Interessant ist beispielsweise, dass vom Wild- Teile davon bzw. bestimmte Produkte. So fällt es bei- schwein kein einziger Knochenrest im Fundgut aus spielsweise auf, dass von den Löwen jeweils nur Kiefer, Mogador auftaucht, obgleich Wildschweine damals zur Zähne und Abschnitte der peripheren Extremitäten regulären Wildfauna gehört haben müssen. Knochen (Tatzen) wiedergefunden wurden. Dies könnte man dieser Tiere sind z. B. aus Ceuta (Camarós & Estévez durchaus mit der Anlieferung von Löwenfellen mit 2010, 386) und aus Karthago (Nobis 1999, 579) belegt. noch anhaftenden bzw. im Inneren des Fells verborge- In manchen Teilen Marokkos kommen sie noch heute nen Knochen interpretieren. Auch im Fall der Gazellen vor (Unterart: Sus scrofa algira; Grimmberger & Rud- wäre eine Anlieferung von Fellen mit erhaltenem Schä- loff 2009, 395). Laut Reiseführer gibt es deswegen del oder von Schädeltrophäen denkbar. Gefunden wur- noch so viele davon, weil sie von den Marokkanern nur den Hornzapfen (Gazelle) und Schädelteile (Kuhanti- selten gejagt werden (Stoob 2011, 115). Dass die auf lope). Eindeutig ist die Sachlage beim Elefanten. Zwei Mogador lebenden Phönizier (und auch die Römer) den Knochenstücke mit Hack- und Sägespuren lassen nur Geschmack von Schweinefl eisch durchaus schätzten, ist eine Interpretation zu: Knöcherne Rohstücke wurden durch Knochenmaterial von Hausschweinen aus bei- angeliefert oder eingetauscht. Auch die Elfenbeinfunde den Phasen hinreichend belegt (vgl. Abschnitt „Haus- zielen in diese Richtung. Das einzige Fundstück vom säugetiere“). Vielleicht waren es die Einheimischen, Rothirsch, ein Geweihartefakt, gehört in die Kategorie die eine gewisse Abneigung gegen Schweine hegten, „Geräteinventar“. sie weder bejagten noch als Haustiere hielten. Denn dies wäre aufgrund der Biologie der Tiere für noma- Bleiben noch die kleinen Raubtiere Sandfuchs, Sahara- disch lebende Gruppen aus wärmeren Gegenden ohne- katze und Ginsterkatze. Sandfüchse sind aus phönizi- hin ungewöhnlich. scher Zeit immerhin mit mindestens zwei Jungtieren und einem ausgewachsenen Exemplar repräsentiert, W i l d v ö g e l (C. B.) dazu kommt eine adulte Saharakatze. Die Ginsterkatze stammt aus römischem Kontext. In allen Fällen wäre es Das Repertoire an Wildvögeln ist nicht sehr groß, vorstellbar, dass die Tiere in der Faktorei bzw. in der gleichwohl mit 29 Spezies artenreich. Die schwierige römischen Villa gehalten wurden, entweder zum Bestimmungsarbeit wurde im Abschnitt „Aves“ im Amusement der Bewohner oder aber als lebende Han- Kapitel „Material und Methode“ bereits thematisiert. delsware. Auch für den Löwen, insbesondere das Tier Tabelle 23 gibt einen Überblick zur Menge an Überres- mit der verletzten Pfote, wäre eine Käfi ghaltung natür- ten von Haus- und Wildgefl ügel. Demnach sind 39,6% lich nicht ganz auszuschließen, wenn man von der Inter- des Materials unbestimmt geblieben, 60,4% konnten pretation „Anlieferung von Fellen“ abweicht. Ungelöst bis auf Artniveau zugeordnet werden. Über das Haus- bleibt das Problem des damaligen Aktionsradius zur gefl ügel wurde bereits in einem eigenen Abschnitt Erbeutung der hier vorliegenden Arten. Verfolgen wir berichtet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich die Idee, dass die Beschaffung von Wildtieren und allein auf wildlebende Spezies. Rohstoffen im Wesentlichen von der einheimischen Bevölkerung übernommen wurde, kennen wir deren Das Fundgut Aktionsradius natürlich nicht. Er kann aber durchaus Die Fundrate an Wildvögeln in den beiden hier im groß sein, bedenken wir, wie weit nomadisch lebende Fokus stehenden Stichproben aus den Kampagnen 2007 Stämme übers Jahr umherziehen. und 2008 ist niedrig. Jeweils nur 35 bzw. 27 Funde sind verzeichnet (Tab. 23). Insofern erscheint die Mitbe- Ein letzter Gesichtspunkt sollte noch diskutiert werden: rücksichtigung auch der Funde aus der Kampagne von Ist die Auswahl an Wildsäugern zufällig oder steckt 2009 berechtigt; dies sind immerhin weitere 117 Stücke. ein Muster dahinter? Wir gehen sicher nicht fehl, wenn Daten aus 2009 werden als Ergänzung betrachtet und wir annehmen, dass Wildbret insgesamt keine Rolle in an relevanter Stelle gekennzeichnet: In den Tabellen der Ernährung der auf Mogador ansässigen Phönizier sind sie in eckige Klammern gesetzt, im Text erfahren und Römer spielte (hinsichtlich der Rohstoffversorgung solche Funde eine separate Erwähnung. mag dies anders aussehen). Bedeutet diese Seltenheit, dass eine Tierart wirklich unwichtig für den Menschen Angaben zur Mindestindividuenzahl (MIZ) sind nicht war oder erhält sie gerade durch ihre Seltenheit einen tabellarisch erfasst; sie werden in den Einzelbespre- herausgehobenen Status, im Sinne von selten = wertvoll? chungen für jede Vogelart separat aufgeführt. Anders Ein dritter Punkt wäre nachdenkenswert: Auch das als bei Säugetieren handelt es sich bei den allermeisten Mogador – die Tierreste 83

Kampagne Huhn Pfau/Fasan Wildvögel unbestimmt Summe 2007 21 - 35 3 59 2008 4 - 27 13 44 2009 23 1/1 117 133 275 Summe 48 2 178 150 378

Tabelle 23: Aves (ohne Eischalen). Gesamtüberblick. Basis Fundzahl. Material aus 2007, 2008 und 2009.

Vogelindividuen um solche, die ausgewachsen sind. Kormoran (Phalacrocorax carbo). Eine nähere Beschäf- Daraus folgt: Die angegebene Mindestindividuenzahl tigung mit einer größeren Stichprobe aus allen drei bezieht sich immer auf ausgewachsene Vögel, es sei Ausgrabungskampagnen hat dazu geführt, dass das denn, anderes wird speziell vermerkt. Die Gewichte Spektrum an Vogelarten noch erheblich erweitert wur- der Knochen von Wildvögeln sind nur wenig aussage- de. Zwei vorab getroffene Bestimmungen müssen revi- kräftig. Einzelne Bruchstücke und auch die meisten diert werden: der Nachweis für den Afrikanischen komplett erhaltenen Funde wogen fast alle zwischen Fischadler (Haliaeetus vocifer), der sich als Pandion 0,5 und 1,0 g (zum Gesamtgewicht der Vogelreste vgl. haliaetus entpuppte, und der Nachweis für die Schma- Tab. 3). Auch dies wird nicht für jeden Einzelfund ver- rotzerraubmöwe (Stercorarius parasiticus), die zu Ster- zeichnet. corarius skua umbestimmt wurde. Es zeigt sich zum wiederholten Mal, wie wertvoll die Mithilfe von Kolle- Zu Beginn sei ein kurzer Blick auf die Verteilung des gen ist, bzw. ein mehrfacher Abgleich und eine Diskus- Materials nach Epochen geworfen. Die Zuweisung folgt sion strittiger Bestimmungen. Die bei der folgenden dem schon für die Säugetiere besprochenen Schema. Besprechung einzelner Arten herangezogenen Infor- Demnach sind Funde aus gesicherten phönizischen, mationen zum Aussehen, zur Größe und der Biologie aus „wohl phönizischen“, aus römischen und aus ver- der Vögel sind im wesentlichen sechs Büchern entnom- mischten Kontexten verzeichnet. Die jeweiligen Men- men, die nicht jedes Mal wieder zitiert werden sollen genangaben können aus Tabelle 24 abgelesen werden. (Heinzel et al. 1972; Tuck & Heinzel 1978; Hollom et Bereits der erste Blick verrät uns, dass das Spektrum al. 1988; Cramp et al. 1977; 1980; Harrison 1982). Wei- und die Mengen für die phönizische Epoche weitaus tere, hier verwendete Literatur wird dann wie üblich umfangreicher sind als in römischer Zeit. So haben wir an relevanter Stelle zitiert. aus gesicherten phönizischen Kontexten 34 Fundstü- cke von insgesamt 11 Arten plus Wildvogelreste aus Haubentaucher (Podiceps cristatus) dem Material von 2009, welches mit weiteren 67 Kno- Vom Haubentaucher wurde eine linke Ulna entdeckt, chen von zusätzlich 9 Arten zu Buche schlägt. Daraus leider aus einem vermischten bzw. unsicheren Kontext. folgt, dass unser Artenspektrum durch die Hinzunah- Die Mindestindividuenzahl (MIZ) beträgt n = 1; der me der Funde von 2009 wesentlich erweitert wurde. Vogel war adult. Die Messdaten für die Ulna lauten: Aus dem Kontext „wohl phönizisch“ sind 16 [+3] Fund- GL 61,4 mm; Bp 5,6 mm; KC 2,7 mm; Dd 5,8 mm. stücke verzeichnet und eine weitere Spezies, Stercora- Diese bis zu 48 cm großen Vögel aus der Familie der rius skua, die nicht in den gesichert phönizischen Kon- Lappentaucher, Podicipedidae, brüten stellenweise texten auftauchte. Dieses breite Spektrum fehlt in der noch heute in Marokko. Außerhalb der Brutsaison, in römischen Zeitphase (Tab. 24). Hier sind nur fünf Fund- den Wintermonaten, sind Haubentaucher an der Küste stücke von vier Spezies registriert, erweitert durch das anzutreffen. In der Brutsaison bauen die Vögel auf Material von 2009 mit 25 Knochenstücken und sechs Binnengewässern ihre typischen Schwimmnester. In neuen Spezies. Die vermischten Kontexte schlagen mit diesen Wochen zeigt ihr Kopfgefi eder ein ganz charak- n = 7 [+22] Funden und insgesamt 12 Arten zu Buche. teristisches Aussehen: Der Schopf ist auffällig zweige- Haubentaucher, Rotmilan, Trottellumme und Hohltau- teilt und der Backenbart besonders intensiv rotbraun be sind ausschließlich aus diesen nicht zuweisbaren gefärbt. Stichproben registriert. Baßtölpel (Sula bassana) Bereits nach unserem ersten Bestimmungsdurchgang Zwei Funde vom Baßtölpel können präsentiert werden: (Becker & Küchelmann 2010) haben wir eine Reihe das Fragment einer Clavicula aus phönizischer Zeit verschiedener Wildvogelarten benannt, darunter der und eine proximal erhaltene Ulna, römisch konnotiert Wüstenrabe (Corvus rufi collis), der Afrikanische Fisch- (Fund aus 2009). Die Ulna ist durch mehrfach angesetzte adler (Haliaeetus vocifer), die Silbermöwe (Larus ar- Schnitte mit einer feinen Säge unterhalb des Gelenks gentatus), die Schmarotzerraubmöwe (Stercorarius pa- sauber durchtrennt (Abb. 42). Was mit dem abgetrenn- rasiticus) sowie Purpurreiher (Ardea purpurea) und ten Ende geschah, wissen wir nicht. Aus Ulnae lassen 84 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Taxa Deutscher Name phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt Podiceps cristatus Haubentaucher 1 Sula bassana Baßtölpel 1 [1] Phalacrocorax carbo Kormoran [6] 1 [4] Phalacrocorax aristoteles Krähenscharbe 2 Ardea purpurea Purpurreiher 1 Ardeola ralloides Rallenreiher [1] Ciconia ciconia Storch [1] [1] Anas platyrhynchos Stockente [1] 1 Pandion haliaetus Fischadler 1 Milvus milvus Rotmilan [1] Elanus caeruleus Gleitaar [1] Circus pygargus Wiesenweihe [3] [2] 1 Falco pelegrinoides Wüstenfalke [18] 2 [1] 1 Falco eleonorae Eleonorenfalke 10 [19] 1 [1] 1 [5] 1 [3] Fulica cristata Kammbläßhuhn 2 Stercorarius skua Skua 1 Larus argentatus Silbermöwe 11 [9] 12 [2] 1 [4] 2 [9] Larus fuscus Heringsmöwe 1 Alca torda Tordalk 2 [1] Uria aalge Trottellumme [1] Fratercula arctica Papageitaucher [1] Pinguinis impennis Riesenalk 1 [7] 1 Columba oenas Hohltaube [2] Corvus corax Kolkrabe [3] [1] [1] Corvus rufi collis Wüstenrabe 1 [4] Corvus frugilegus Saatkrähe [1] Corvus corone Rabenkrähe 2 Corvus albus Schildrabe [1] Summe 34 [67] 16 [3] 5 [25] 7 [22]

Tabelle 24: Aves (ohne Struthio camelus). Bestimmungsliste und Zuweisung auf die Kontexte, Basis Knochenzahl. Funde von 2009 in eckigen Klammern. sich sowohl Flöten als auch Behälter anfertigen. Die Kormoran (Phalacrocorax carbo) Mindestindividuenzahl beträgt jeweils n = 1 für beide Aus dem Fundmaterial von 2007/08 ist nur ein einziger Epochen. Baßtölpel werden bis zu 91 cm groß, ihre Knochen belegt, wohl phönizisch datiert; es handelt sich Flügelspannweite beträgt 172 cm, und sie sind auffäl- um einen Tarsometatarsus (GL 63,2 mm; Bp 12,8 mm; lig gefärbt: gelbliche Tönung am Kopf, schneeweißer KC 6,3 mm; Bd 15,7 mm). Weitere 10 Funde stammen Körper, schwarze Flügelspitzen, dunkel umrahmte aus der 2009-Kampagne, 6 davon sind phönizisch blaue Augen. Das typische Stoßtauchen aus größerer datiert, 4 aus vermischten Kontexten. Unter diesen sind Höhe in ganzen Trupps von Tölpeln ist auf See von folgende Elemente verzeichnet: ein Coracoid, ein Radi- weither sichtbar und mag schon den phönizischen See- us, eine Ulna und ein Humerus, vermutlich von ein und leuten ergiebige Fischgründe angezeigt haben. Tölpel demselben jungen Kormoran (Fundstelle H 16,1); ein gleiten, segeln und schwimmen gleichermaßen per- distal erhaltener Tibiotarsus eines ausgewachsenen fekt. Außerhalb der Brutzeit halten sie sich auf hoher Vogels (Bd 13,1 mm); eine Ulna und ein Humerus, bei- See auf, ihre Brutgebiete sind Meeresinseln und Fels- des fragmentiert; ein vollständig erhaltenes Femur (GL küsten. In Marokko sind sie bis heute zu beobachten, 60,7 mm; Bp 18,2 mm; KC 6,8 mm; Bd 16,6 mm), ein wenn sie auf dem Zug bzw. in den Wintermonaten die zerbrochenes Coracoid, vermutlich von einem weiteren Küsten besuchen. Jungvogel, und ein nahezu kompletter Tarsometatarsus Mogador – die Tierreste 85

9,8 mm. Krähenscharben zeigen eine Körperlänge von 65-80 cm, ihre Flügelspannweite beträgt 90-105 cm. Sie unterscheiden sich vom Kormoran durch das völli- ge Fehlen von Weiß an Kopf und Gefi eder. Während der Brutzeit sind die Federn der Krähenscharbe am Scheitel des Kopfes zu einem nach vorn verdrehten Schopf auffällig verlängert. Die Unterart Phalacroco- rax aristoteles riggenbachi besiedelt den Nordwesten Afrikas. Krähenscharben sind Standvögel und Teil- zieher und an Marokkos Küsten heute noch weit ver- breitet. Im Winter kann man sie auch im Binnenland beobachten. Im Allgemeinen halten sich die in Kolo- nien lebenden Krähenscharben küstennah auf, bauen ihre Nester an Felsen, auf Klippen, auch an Eingängen seeseitig gelegener Höhlen. Anders als Kormorane sind sie nur selten auf Bäumen anzutreffen. Und anders als diese, meiden sie eher die Nähe von Menschen, auch bei der Nahrungssuche.

Purpurreiher (Ardea purpurea) Der Purpurreiher ist mit nur einem Fundstück belegt: ein stark fragmentierter Carpometacarpus. Das Tier stammt aus einem phönizischen Kontext. Purpurreiher sind deutlich kleiner als der weit verbreitete Graureiher (Körpergröße: 79 cm), insgesamt dunkler, fast bunt anmutend mit schwarzem Scheitel und Bauch, rotbraun gestreiftem Hals, kastanienbrauner Brust und stahl- grauen Flügeloberseiten. Die Vögel nisten in Kolonien, Abb. 42: Sula bassana. Ulna mit aber anders als Graureiher nicht auf Bäumen, sondern Sägespur. Maßstab 1 cm. Aufnahme: im Röhricht. Purpurreiher sind Vögel binnenländi- J. Meyer. scher Gewässer, an Meeresküsten trifft man eher selten auf sie. Marokko streifen Purpurreiher während ihres (GL 62,9 mm; Bp 12,8 mm; KC 5,9 mm; Bd 14,9 mm). Zuges zwischen den Sommer- und Winterquartieren. Insgesamt ergibt sich eine Mindestindividuenzahl von Sie überwintern zumeist südlich der Sahara. Die Tiere zwei Jungvögeln und drei adulten Kormoranen. Der reagieren empfi ndlich auf Störungen durch Menschen Kormoran ist ein dunkler, bis zu 91 cm großer Was- und meiden auch Gebiete mit regulierten Gewässern. servogel mit einem charakteristischen raubvogelartig gekrümmten Schnabel, einem gelben Fleck am Schna- Rallenreiher (Ardeola ralloides) belgrund und etwas Weiß an Gesicht und Hals. Die Ein in ganzer Länge erhaltener Tarsometatarsus bildet marokkanische Unterart Phalacrocorax carbo maroc- den einzigen Überrest eines Rallenreihers. Er stammt canus zeigt auch im Gefi eder mehr Weiß als bei den aus der Stichprobe von 2009 und ist phönizisch datiert. europäischen Vögeln üblich. Kormorane gehören auch Seine Abmessungen lauten: GL 54,5 mm; Bp 7,6 mm; heute noch zur einheimischen Ornis in Marokko. An KC 2,5 mm; Bd 7,0 mm. Rallenreiher gehören zu den den nördlichen Küsten des Landes sind Kormorane kleinsten der weißen Reiher (46 cm). Sie wirken aber Wintergäste, weiter südlich trifft man auf sie das ganze nur im Flug weiß, im Sitzen sind sie eher gelblich- Jahr über. Sie halten sich an Küsten, Binnenseen und braun. Im Brutkleid zeigen sich die Vögel deutlich far- Flüssen auf, sind mit ihrer Nahrung an Salz-, Süß- und biger: Scheitel und Haubenfedern sind schwarz ge- Brackwasser gleichermaßen gut angepasst. Kormora- streift, der Schnabel ist bläulich mit dunkler Spitze. ne brüten auf gewässernahen Bäumen. Rallenreiher leben in Sümpfen und an sumpfi gen Flussufern, im Marschland und an Flussmündungen. Krähenscharbe (Phalacrocorax aristoteles) Die Vögel nisten auf Bäumen, in Kolonien und auch Von dem etwas kleineren Verwandten des Kormorans, mit anderen Reiherarten zusammen. Die Tiere zeigen der Krähenscharbe, sind eine Ulna und eine Phalanx I sich vor allem während der Abenddämmerung aktiv, identifi ziert. Beide Knochen kommen aus phönizischem bleiben dem menschlichen Blick also häufi g verborgen. Kontext und können zu ein und demselben Vogel Einige Brutpaare sind heute noch für den Westen Ma- gehört haben. Die Ulna konnte vermessen werden: GL rokkos verzeichnet. Im Allgemeinen ziehen die Vögel 132,7 mm; Bp 10,0 mm; Dp 14,1 mm; KC 5,4 mm; Dd über das Land hinweg. 86 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Weißstorch (Ciconia ciconia) Nordafrika gehört sie zu den häufi gen Wasservögeln. Weißstörche sind mit zwei Individuen aus dem Mate- Erpel und Weibchen sind unterschiedlich gezeichnet. rial der Kampagnen von 2009 belegt. In beiden Fällen Die Männchen zeigen ein grünlich-schillerndes Kopf- handelt es sich um Kaudalabschnitte von Wirbelsäule gefi eder, einen weißen Halsring, eine rotbraune Brust und Becken, genauer aus dem Bereich der primären und graue Flügel. Die Weibchen sind einheitlich grau- Sakralwirbel und der synsacro-lumbalen Wirbel. Einer braun gemustert. Stockenten bewohnen die unterschied- der Funde kommt aus phönizischem Kontext, der andere lichsten Gewässer im Binnenland wie an den Küsten. aus römischem. Nach dem Kranich ist der Storch einer Ähnlich wie der Weißstorch haben sich Stockenten an der größten Landvögel (102 cm, Flügelspannweite bis vom Menschen gestaltete Habitate angepasst. Im Sü- 165 cm), der durch seine markante Farbgebung auffällt: den Marokkos sind Stockenten Wintergäste, im nörd- rote Beine, roter kräftiger Schnabel, weißes Gefi eder lichen Binnenland fi ndet man sie heute das ganze Jahr mit schwarzen Schwingen. Die Vögel sind schweig- über. sam. Nur während des Brutgeschäftes fallen sie durch lautes Schnabelklappern auf. Störche zeigen sich häufi g Fischadler (Pandion haliaetus) in feuchtem offenem Gelände, an Lagunen, aber auch Ein einziger Fund, ein fragmentierter, in seinem proxi- in Grasland und auf kultivierten Flächen, manchmal malen Drittel erhaltener Carpometacarpus belegt, dass sogar in der Steppe. Ihre Größe und sehr abwechslungs- ein Fischadler erbeutet wurde. Das Bruchstück kommt reich gestaltete Ernährung fordern von den Vögeln eine aus phönizischem Kontext. Fischadler sind in vielerlei erhöhte Mobilität und machen sie dadurch für den Hinsicht bemerkenswert: Der Kopf mit dem schwarz- Menschen an vielen Orten sichtbar, anders als z.B. der weißen Schopf und dem schwarz umrandeten Auge ist Rallenreiher. Störche brüten auf Bäumen oder an hoch interessant gestaltet, die langen, abgewinkelten Schwin- liegenden Plätzen, fi nden sich dabei in Paaren und/oder gen und das von unten zu sehende, strahlend weiße kleinen Gruppen zusammen. Marokko gehört zu ihrem Gefi eder sowie die Art des Fischfangs durch Stoßtau- angestammten Brutgebiet. Störche legen zwischen chen mögen die Phönizier auf den Fischadler aufmerk- Sommer- und Winterquartieren große Entfernungen sam gemacht haben. Fischadler sind zwischen 51 und zurück, überwinden weite Strecken im Gleitfl ug, die 58 cm groß, ihre Flügelspannweite beträgt bis 170 cm. Thermik nutzend. Störche meiden das Überqueren gro- Sie halten sich gelegentlich an der Küste, vor allem ßer Wasserfl ächen, sie wählen stattdessen Routen über jedoch an Binnengewässern auf. Wichtig ist die Klar- Land. Dadurch kommt es im Osten, über dem Bospo- heit des Gewässers. Denn nur dann kann der Adler rus bzw. über der Levante und im Westen, über der unter Wasser seine Beute ausmachen. Beim Beutefl ug Straße von Gibraltar, zu einer starken Verdichtung fl iegen Fischadler relativ langsam über die Wasser- überfl iegender Störche während ihrer Wanderung (vgl. oberfl äche hinweg, segeln und rütteln, stoßen dann Abb. 12; Cramp et al. 1977, 330; Salomonsen 1969, 58). blitzartig herab, um mit einem Fisch in den Krallen Es ist anzunehmen, dass die Flugrouten über die Jahr- wieder aufzufl iegen. Sie tauchen dabei nicht tiefer als tausende gleich geblieben sind. Insofern mögen die 1 m ins Wasser ein. Fischadler nisten auf Bäumen, Phönizier im östlichen Mittelmeer durchaus den Mas- Kliffs und Felsen. Generell besitzen die Vögel gegen- senfl ug der Störche bemerkt haben. Und dasselbe über schwankenden Temperaturen in ihrem Lebens- Geschehen an dem neuen Standort am Atlantik bzw. im raum eine große Anpassungsfähigkeit. Fischadler sind westlichen Mittelmeer erneut zu sehen, mag ihnen ein in Spanien, auf den Kanarischen Inseln und in kleinen Stück Heimatgefühl vermittelt haben. Doch was wis- Teilen Marokkos noch heute verbreitet. Die Vögel sen wir über das Verhältnis der Phönizier zu diesen streifen übers Jahr weit umher und sind streng genom- oder anderen Vögeln? Eigentlich kaum etwas. Geschicht- men keine Standvögel. Sie brüten in Skandinavien und lich interessant ist die Entwicklung eines gewissen ziehen nach der Brutzeit in ihre afrikanischen Winter- Kommensalismus von Störchen und Menschen. Störche quartiere, z. B. in den Senegal und nach Nigeria. In werden heute als dem Menschen zugewandte Vögel, Marokko halten sich Fischadler hauptsächlich im als Kulturfolger eingestuft, da sie bei der Nahrungs- Winter auf. Die fi schreichen Gewässer nahe Mogador suche und beim Nestbau durchaus die menschliche Nähe waren sicherlich ein attraktives Revier für sie und sie suchen. mögen denselben Fischarten nachgestellt haben, die auch den Phöniziern gemundet haben: Brassen und Stockente (Anas platyrhynchos) Barben (vgl. Abschnitt „Fische“). Ein distal erhaltener Tibiotarsus (Bd 8,7 mm) ist „wohl phönizisch“. Ein weiterer Fund aus der Kampagne Rotmilan (Milvus milvus) 2009, ein distal erhaltener Humerus (Bd 12,9 mm) be- Der Rotmilan konnte anhand eines distal erhaltenen stätigt die Erbeutung von Stockenten aus diesem Zeit- Tarsometatarsus bestimmt werden (Abmessung: Bd fenster. Die Mindestindividuenzahl beträgt 2. Die 12,7 mm). Der Knochen stammt aus einem vermisch- Stockente ist die größte (58 cm), häufi gste und am wei- ten Kontext (Material 2009) und repräsentiert ein Indi- testen verbreitete Schwimmente Europas. Auch in viduum. Rotmilane besitzen einen tief gegabelten Mogador – die Tierreste 87

Schwanz und lange, gewinkelte Schwingen (Spann- Wüstenfalke (Falco pelegrinoides) weite bis 195 cm), die beim Segelfl ug besonders auffal- Der Wüstenfalke ist einer der wenigen Vögel, die im len. Ihre Größe beträgt bis zu 61 cm. Rotmilane leben Fundmaterial aus Mogador etwas regelmäßiger belegt vornehmlich in Wäldern und Schluchten mit bewalde- ist. Insgesamt 22 Funde sind verzeichnet. Die Ausgra- ten Hängen. Sie nisten in Bäumen. In unseren Tagen bungskampagnen 2007 und 2008 haben 3 Stücke gelie- zeigen diese Vögel teils das Verhalten eines Kulturfol- fert, davon zwei aus römischem und eines aus vermisch- gers: Sie besuchen Müllplätze und suchen dort nach tem Kontext. Aus der Kampagne von 2009 stammen 19 Aas. In Teilen Marokkos sind Rotmilane heute teils Stücke, 18 davon sind phönizisch, einer römisch kon- Jahres- bzw. Brutvögel und teils Wintervögel. notiert. Damit sind im gesamten 18 Wüstenfalkenbe- lege für die phönizische Phase, drei für die römische Gleitaar (Elanus caeruleus) und ein Fundstück aus der Kategorie „vermischte Kon- Vom Gleitaar stammt ein schlecht erhaltener Humerus. texte“ zu registrieren. Die Verteilung auf Skelettteile Seine distale Breite beträgt 12,0 mm. Der Fundkontext zeigt ein starkes Überwiegen von Elementen der Flügel ist römisch (Material 2009). Der zu den Milanen gehö- (2 Humeri, 10 Ulnae, 1 Radius, 7 Carpometacarpen). rende Gleitaar ist ein kleiner grau-weißer Greif mit Aus dem Beinbereich kommen ein Femur und ein Tibio- schwarzem Schulterfl eck (Größe: 31-35 cm). Im Flug tarsus. Die sich ergebende Mindestindividuenzahl neigt er zu häufi gem Rütteln, was ihn von anderen unter Einbeziehung der kontextuellen Zuweisung be- Milanen gut unterscheidbar macht. Gleitaare bewoh- trägt für die phönizische Epoche n = 5, für die römische nen Savannen, Steppen und Halbwüsten, gerne in Was- n = 2; ein weiterer Falke ist für die vermischten Kon- sernähe. Sie suchen gelegentlich die Nähe des Menschen texte registriert. Bedauerlicherweise sind nur wenige bzw. Kulturland auf. Für Nordafrika bzw. Marokko Funde gut genug erhalten, um vermessen zu werden. sind nur noch wenige Vorkommen verzeichnet. Die Die Messwerte sind in der nachfolgenden Tabelle auf- Größe der Gesamtpopulation ist unbekannt. Wenige gelistet (Tab. 25). Bis auf eine sind sämtliche Ulnae Brutpaare sind aus Tunesien registriert. Gleitaare sind proximal beschädigt, so dass die größte Länge nur ein- in Nordafrika zumeist Standvögel. Sie ernähren sich mal abgegriffen werden konnte. von kleinen Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Insek- ten. Manches davon erbeuten sie im Flug. Wüstenfalken sind zwar kleiner als Wanderfalken, aber dennoch äußerst kraftvolle Vögel. Ihre Körpergröße Wiesenweihe (Circus pygargus) beträgt 38-45 cm, die Flügelspannweite zwischen 80 cm Sechs Funde sind der Wiesenweihe zugestellt, davon und 100 cm. Sie wirken wie eine kleinere und hellere kommen fünf aus der Kampagne von 2009 und ein ein- Ausgabe von Wanderfalken, zeigen in Scheitel und ziger aus 2007/08. Drei Funde sind phönizisch, zwei Nacken aber mehr rostbraune Federn als diese. Beide römisch und einer aus einem vermischten Kontext. Es Geschlechter sind gleich gefärbt. Ihr Vorkommen ist handelt sich um vier Humeri; keiner davon in ganzer für aride Halbwüsten, Wüsten, Steppen und raues Fels- Länge erhalten. Ein einziger ließ das Abnehmen von gelände verzeichnet. Sie nisten auf felsigen Kliffs und Messdaten zu: BD 12,5 mm. Die beiden Carpometa- ernähren sich hauptsächlich von kleinen bis mittel- carpen sind ebenfalls nicht komplett erhalten. Einer der großen Vögeln. Wüstenfalken sind Teilzieher und auch beiden besitzt eine Länge von ca. 47 mm. Unter Berück- heute noch in verschiedenen Teilen Marokkos behei- sichtigung der stratigraphischen und kontextuellen matet, dort möglicherweise auch Brutvögel. Für den Zuweisung sind fünf Individuen repräsentiert. Wiesen- Süden Marokkos sind Brutvorkommen an der Küste weihen sind relativ klein (41-46 cm; Flügelspannweite bekannt. Allerdings bevorzugen Wüstenfalken zumeist 95-115 cm) und in beiden Geschlechtern ganz unter- binnenländische Biotope, so dass für unseren Fall auch schiedlich gefärbt: Die Männchen sind hellgrau, die davon ausgegangen werden kann, dass die hier nach- Weibchen braun. Im Jagdfl ug schaukeln die Vögel mit gewiesenen Tiere von einheimischen „Berbern“ zur Île hochgehaltenen Flügeln gleitend und gaukelnd in ge- de Mogador gebracht und dort verkauft bzw. getauscht ringer Höhe über dem Boden dahin. Ihre Beute sind worden sein könnten. zumeist Singvögel, kleine Nagetiere bis hin zu Kanin- chen. Es sind Vögel, die feuchte Lebensräume wie Eleonorenfalke (Falco eleonorae) Flussniederungen und Sümpfe bevorzugen. Im Winter Die Abgrenzung der oben besprochenen Knochenreste sind sie auch über trockenerem Grasland zu beobach- vom Wüstenfalken zu denjenigen vom Eleonorenfal- ten. Sie brüten erdnah oder auf niedrigen Büschen. ken erwies sich nach mehrfacher Überprüfung, mit Wiesenweihen gehören zu den Zugvögeln, brüten in einigen Stunden Erfahrung und natürlich unter Zuhil- den temperierten und warmen Zonen, überwintern in fenahme zahlreicher rezenter Vergleichsskelette aus der den Tropen und Subtropen. Marokko überqueren sie Münchner und der Schleswiger Sammlung als durch- auf dem Zug; manche Wiesenweihen halten sich im aus machbar. Es zeigte sich, dass die Wüstenfalken Winter auch länger dort auf. Heute gehören diese Greif- insbesondere an den Schwingen deutlich kräftiger und vögel in Marokko zu den seltenen Arten. größer gebaut sind, was schon ein optischer Vergleich 88 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Element GL Bp Dp KC Bd Dd Humerus 72,6 21,6 - 6,1 13,2 - Humerus - - - 6,0 12,5 - Ulna - - - 3,8 - 8,5 Ulna - - - 4,6 - 9,0 Ulna - - - 4,4 - 7,8 Ulna - - - 4,5 - 8,6 Ulna - - - 4,5 - 8,5 Ulna - - - 4,4 - 8,4 Carpometacarpus 46,4 12,1 - - - - Carpometacarpus 47,4 12,2 - 3,6 - 9,1 Carpometacarpus 45,3 12,1 - 3,5 - 9,4 Carpometacarpus 45,6 12,3 - 3,8 - 8,3 Femur - - - - 9,9 -

Tabelle 25: Falco pelegrinoides. Messdaten (in mm; Abkürzun- gen nach A. von den Driesch 1976).

Abb. 43: Falco eleonorae (links, Radius und Ulna) vs. Falco pelegrinoides (rechts, Ulnae). Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer. der Knochen widerspiegelt (Abb. 43). Allerdings sind Eleonorenfalken sind im Fundmaterial aus Mogador mit die Falkenknochen teilweise so stark fragmentiert, n = 41 ungewöhnlich häufi g, davon sind 13 Stücke aus dass doch einige Fundstücke als „Falco sp.“ zurück- den Kampagnen von 2007 und 2008, weitere 28 von 2009. sortiert wurden in die Tüte mit den unbestimmbaren Zusammengenommen liegen aus gesichert phönizischer Stücken. Dabei handelte es sich um Knochenabschnit- Zeit 29 Funde vor, aus „wohl phönizischen“ Kontexten te von zwei Radien, einer Ulna, zwei Tarsometatarsen zwei und aus römischen Kontexten sechs; vier Funde und fünf Tibiotarsen. Das gesamte Fundaufkommen sind aus vermischten Kontexten. Die Verteilung auf an Falken war also noch etwas größer als die auf Art- Skelettelemente zeigt Tabelle 26. In Abbildung 44 sind niveau bestimmten Funde signalisieren. einige Funde im Foto dokumentiert. Aus der Verteilung Mogador – die Tierreste 89

Element phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt Summe Coracoid 1 1 Humerus 1 [1] [1] 3 Radius 1 [3] 4 Ulna 1 [4] [1] 6 Carpometacarpus 1 [2] 1 4 Femur 1 [1] [2] 1 5 Tibiotarsus 3 [2] 1 [1] 7 Tarsometatarsus 1 [6] 1 [1] 1 [1] 11 Summe 10 [19] 1[1] 1 [5] 3 [1] 41

Tabelle 26: Falco eleonorae. Verteilung auf Skelettelemente und Kontexte (Funde von 2009 in eckigen Klammern).

Abb. 44: Falco eleonorae. Tarsometatarsi, Coracoid. Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer. auf Skelettelemente, Körperseiten und Fundkontexte er - ken mögen den Phöniziern auf ihrer Halbinsel also gibt sich eine Mindestindividuenzahl von acht Falken aus durchaus gut vertraut gewesen sein. Diese Vögel sind phönizischem Kontext, zwei aus „wohl phönizischem“ Zugvögel, die in Marokko im Sommer auftauchen und Kontext, vier aus römischem und drei weitere Falken aus bis zum Spätsommer bleiben. den vermischten Kontexten. Alle bis auf einen Vogel sind voll ausgewachsen. Das Jungtier wird durch einen Kammbläßhuhn (Fulica cristata) Tarsometatarsus mit distal nicht ganz verwachsener Das Kammbläßhuhn ist mit zwei Fundstücken aus phö- Epiphysenfuge repräsentiert. Leider sind etliche Fund- nizischem Kontext repräsentiert. Es handelt sich um stücke an einem der beiden Enden zerbrochen, so dass zwei Tibiotarsen. Einer davon ist in ganzer Länge (Gl die Ausbeute an Messdaten mager ausfällt (Tab. 27). 116,8 mm; La 102,3 mm; KC 4,1 mm; Bd 9,7 mm), der andere im distalen Drittel erhalten (Bd 9,4 mm). Das Eleonorenfalken stehen in der Größe zwischen Wan- fragmentierte Stück weist zudem eine Reihe winziger der- und Baumfalke (um 38 cm, Flügelspannweite 90 cm; Nagespuren auf. Nach Augenschein sind es Knochen andere Angaben lauten: 110-130 cm). Es sind schlanke, von zwei verschiedenen Individuen. Das Kammbläß- langschwänzige Vögel mit variierender Färbung. Sie huhn ähnelt stark dem Gemeinen Bläßhuhn (Fulica sind geselliger als die meisten Falken. Eleonorenfalken atra), hat aber kein Weiß im Flügel, stattdessen zwei bewohnen Felsinseln und brüten dort, oft zu mehreren, kleine rote Stirnhöcker (daher der Name). Kammbläß- allerdings erst im Spätsommer, wenn sie mit durch- hühner leben in verschilften Sümpfen mit offenen ziehenden Kleinvögeln ihre Jungen versorgen können. Wasserfl ächen, nisten in der Vegetation am Rand von Eleonorenfalken jagen dann gemeinschaftlich über fl achen Gewässern. Die Vögel sind Teilzieher und Inseln und der offenen See, gelegentlich auch über waren einst in Nordwestafrika weit verbreitet. Ihre Feuchtgebieten, erreichen dabei bis 1000 m Höhe, aus heutigen Vorkommen sind stark geschrumpft. Sie kom- der sie sich auf ihre Beute herabstürzen. Eleonorenfal- men bis heute in Marokko vor. 90 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Element GL Bp Dp KC Bd Dd Coracoid 39,1 - - - - - Radius 71,7 6,5 - 2,7 - - Ulna 76,3 - 7,7 3,5 - 9,5 Tibiotarsus 63,3 - 9,5 3,1 7,5 - Tibiotarsus 60,8 - (9,1) 3,2 7,4 - Tibiotarsus 61,7 - 9,1 3,1 7,1 - Tarsometatarsus 35,0 8,8 - 3,8 8,9 - Tarsometatarsus 35,3 8,9 - 3,9 9,0 - Tarsometatarsus 35,7 8,9 - 3,8 9,1 - Tarsometatarsus 35,0 8,9 - 3,7 9,0 -

Tabelle 27: Falco eleonorae. Messdaten (in mm; Abkürzungen nach A. von den Driesch 1976).

Skua (Stercorarius skua) Von dieser Raubmöwe ist ein einziges Knochenstück entdeckt worden, ein leicht beschädigtes Coracoid (Abb. 45). Es stammt aus einem Fundkontext, der als „wohl phönizisch“ zu beschreiben ist. Die Mindest- individuenzahl beträgt „1“. Skuas sind mittelgroße Raubmöwen (53-61 cm, Flügelspannweite 150 cm) mit braunem Gefi eder und breiten, gerundeten Flügeln, die am Grund des Handfl ügels große weiße Flecken zei- gen. Der kräftige Schnabel ist an der Spitze hakenför- mig. Die Vögel besitzen einen kurzen keilförmigen Schwanz. Skuas sind wie alle Raubmöwen in der Lage, andere Möwen zu verfolgen und sie zu zwingen, ihre Beute zu erbrechen; die Beute wird dann oft noch im Flug aufgefangen. Skuas zeigen dabei große Beweg- lichkeit und Schnelligkeit. Gelegentlich nehmen sie aber auch Abfälle auf und verfolgen Schiffe, um sich über Bord gegangene Nahrungsreste zu schnappen. Diese Vögel sind im Nordatlantik weit verbreitet, brü- ten auf Island, den Faröer, den Shetland Inseln und Orkneys. Außerhalb der Brutzeit schweifen sie weit über die Meere, teils bis in Äquatornähe, wären also vor der Küste Marokkos im Winter zu erwarten, wo sich im übrigen auch die Jungvögel während der Som- mermonate aufhalten. Abb. 45: Stercorarius skua. Co- Silbermöwe (Larus argentatus) racoid. Maßstab 1 cm. Aufnahme: Silbermöwenknochen sind zahlreich im Fundmaterial J. Meyer. präsent. Da auf der Île de Mogador auch heute viele Silbermöwen brüten (vgl. Abb. 2) und überall auf der plaren, die in der Größe durchaus von einer kräftig Insel Knochen dieser Vögel herum liegen, haben wir gebauten Heringsmöwe übertroffen wurden. Diese uns bemüht, alle rezent erscheinenden Funde auszusor- metrische Bandbreite bei den Silbermöwen spiegelt tieren und nur solche aus gesicherten (prä-)historischen sich auch im Material aus Mogador wieder (vgl. Tab. Kontexten vorzulegen. Bei der Bestimmung stellte sich 29). Da zu feinmorphologischen und möglicherweise die Abgrenzung zur Heringsmöwe als recht schwierig auch metrischen Unterschieden zwischen Larus argen- heraus, denn bei den zahlreichen rezenten Skeletten in tatus und L. fuscus meines Wissens noch keine grund- der Schleswiger Sammlung war festzustellen, dass das legende Analyse vorliegt, habe ich hier nur die Kno- Kriterium „Größe“ nicht greift: Unter den rezenten Ske- chen aufgeführt, die meiner Ansicht nach die wenigsten letten von Silbermöwen waren nicht nur solche von gro- Zweifel aufkommen ließen. Am größten war meine ßen, sondern auch von ausgesprochen kleinen Exem- Unsicherheit bei den Knochen von jungen Möwen, die Mogador – die Tierreste 91

Element phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt Cranium [1] Scapula 1 [1] Coracoid 1 1 [1] [1] Clavicula [1] [1] Sternum 1 Humerus 5 [3] 1 [1] [1] 1 [1] Radius 2 2 1 Ulna 1 [2] 2 [1] Carpometacarpus [2] 1 [1] 1 Phalanx I 1 [1] Pelvis 1 1 [1] Femur 2 [1] [1] Tarsometatarsus [1] Tibiotarsus [1] Summe 11 [9] 12 [2] 1 [4] 2 [9]

Tabelle 28: Larus argentatus. Verteilung auf Skelettelemente und Kontexte (Funde von 2009 in eckigen Klammern).

Element GL Bp Dp KC Bd Dd Humerus 129,9 22,9 - 7,1 17,2 - Humerus 130,2 23,1 - 7,2 17,1 - Humerus 119,6 20,7 - 6,3 15,4 - Humerus 119,9 20,9 - 6,5 15,6 - Humerus - - - 7,7 17,3 - Ulna 146,3 12,6 13,7 6,3 - 11,3 Ulna 147,1 12,9 - 6,2 - 11,1 Ulna - 13,3 - 6,7 - - Ulna - 12,6 14,1 - - - Ulna - - - - - 11,2 Ulna - - - - - 11,6 Carpometacarpus 75,2 14,4 - - - 8,7 Carpometacarpus 71,3 13,2 - - - 8,4 Femur 60,1 (Lm 55,3) 12,0 - 4,5 11,4 - Femur - (Lm 53,6) 11,6 - 4,7 11,2 - Femur - (Lm 55,1) 11,8 - 4,6 11,3 -

Tabelle 29: Larus argentatus. Messdaten (in mm; Abkürzungen nach A. von den Driesch 1976). hier auch vertreten sind. Leider fehlte es mir an Zeit, mengefasst. Es fällt auf, dass Elemente der Beine deut- um Kriterien zur Unterscheidung beider Spezies in ge- lich unterrepräsentiert sind. botener Tiefe festzuhalten – ein Desiderat für ein spä- teres Vorhaben. Aus den Kampagnen von 2007 und Bezüglich der Fragmentierung lässt sich feststellen, 2008 sind 26 Stücke belegt, davon 11 aus phönizischen, dass von den insgesamt 50 Silbermöwenresten 13 in 12 aus „wohl phönizischen“, einer aus römischen und ganzer Länge erhalten blieben, alle anderen sind pro- zwei aus vermischten Kontexten. In dem Fundmaterial ximal oder distal zerbrochen. Dies betrifft auch die von 2009 verbargen sich weitere 24 Funde, davon 9 Knochen von Jungtieren. Unter Berücksichtigung aller phönizisch konnotiert, 2 „wohl phönizisch“, 4 römisch Faktoren (chronologische und kontextuelle Zuweisung, und 9 aus vermischten Kontexten. Die Verteilung auf Alter, Größe) sind in diesem Material mindestens zehn Perioden und Skelettelemente ist in Tabelle 28 zusam- ausgewachsene Silbermöwen und drei Jungtiere vor- 92 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 46: Pinguinis impennis (links) vs. Alca torda (rechts). Coracoid. Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer. handen. Die Meßdaten sind in Tabelle 29 zusammen- Das Gefi eder ist weiß mit schiefergrauen Flügeln, ihre gefasst, für das einzige Coracoid seien die Daten an Füße und Beine sind gelb getönt. Heringsmöwen sind dieser Stelle genannt: GL 52,0 mm; Lm 49,4 mm; hauptsächlich im nördlichen Atlantik verbreitet, brüten Bb 22,5 mm; Bf 16,6 mm. dort auch und wandern im Winter bis ins Mittelmeer und an die atlantischen Küsten Nordafrikas. Silbermöwen sind die allrounder der Meere, sie sind außerordentlich weit verbreitet, anpassungsfähig an ver- Tordalk (Alca torda) schiedenste marine Lebensräume, wenig anspruchsvoll Von Tordalken stammen insgesamt drei Funde, ein pro- in ihrer Ernährung. So besuchen sie beispielsweise ger- ximal erhaltener Humerus (Bp 16,2 mm) und ein zu 2/3 ne Abfallplätze, um dort Verwertbares zu entdecken. erhaltenes Coracoid aus phönizischem Kontext sowie Sie werden zwischen 56 cm und 66 cm groß (Flügel- ein fragmentarisch erhaltenes Femur aus römischem spannweite 138-155 cm), haben gelbe Beine, ein grau- Kontext (Kampagne 2009). Somit ist für die phönizische weißes Gefi eder und einen starken gelben Schnabel, und die römische Epoche je ein Individuum belegt. Vor der besonders in der Brutzeit einen kräftig roten Fleck allem das Coracoid brachte mich auf die Spur des Rie- aufweist. Die Geschlechter sind gleich aussehend. Sil- senalks, von dem ebenfalls ein Coracoid entdeckt wur- bermöwen brüten auf Dünen, Klippen, kleinen Inseln de (s. u.) und dessen Ähnlichkeit bei mir die Idee zur meist an der See, gelegentlich aber auch an binnenlän- Bestimmung entzündete (Abb. 46). dischen Gewässern. Im Winter halten sich die Vögel gern im Binnenland auf. An Marokkos Küsten sind Sil- Tordalken gehören, wie auch die nachfolgend bespro- bermöwen noch heute in großer Zahl das Jahr über zu chenen Arten Trottellumme, Papageitaucher und Rie- beobachten. senalk, in die Familie der Alken, Alcidae. Alken sind kurzhalsige, untersetzte schwarz-weiße Seevögel (bei- Heringsmöwe (Larus fuscus) de Geschlechter gleich gefärbt) mit kurzen und schma- Ein einziger Knochen aus phönizischem Kontext konn- len Flügeln. Sie sitzen aufrecht auf Felsen, schwimmen te mit einiger Sicherheit der Heringsmöwe zugestellt und tauchen ausgezeichnet, watscheln an Land aber werden. Es handelt sich um einen Humerus (GL 132,4 ungeschickt umher. Deswegen sind sie dort auch leicht mm; Bp 22,5 mm; KC 7,2 mm; Bd 17,4 mm). Herings- zu erbeuten. Alken brüten auf Felsinseln oder in Höh- und Silbermöwen sind eng verwandt, teilen sich oft len auf Inseln (Papageitaucher) und sind dort weitgehend denselben Lebensraum, wobei Heringsmöwen insge- vor Feinden, allerdings nicht vor Menschen, geschützt. samt stärker an Meeresküsten gebunden sind. Herings- Außerhalb der Brutperiode streifen sie in größeren möwen werden zwischen 52 cm und 56 cm groß (ma - Trupps auf See umher, manchmal auch in Küstennähe, ximal 61 cm), ihre Flügelspannweite beträgt 127 cm. tauchen unter Wasser auf der Suche nach Fisch und be- Mogador – die Tierreste 93 nutzen ihre Flügel wie Flossen. Der maritime Lebens- 100), Owen (1865) und Einzelknochen aus Samm- raum mit kalten Gewässern wird quasi nie verlassen. lungen, die man bei einer online-Recherche ausfi ndig machen und sich ansehen konnte. Dies alles ersetzt Tordalken (Körpergröße 41-42 cm) unterscheiden sich aber nicht den Moment, in dem man ein Vergleichs- von den anderen Arten durch einen seitlich kompri- stück in natura von allen Seiten begutachten kann. Die- mierten Schnabel: Er ist schwarz gefärbt und zeigt wei- ser Moment kam erst während unserer gemeinsamen ße Linien. Die Vögel halten im Wasser den Schwanz Bestimmungsaktion in München. Denn der vormalige hochgebogen. Tordalken brüten in Kolonien an Küsten Direktor des Instituts, J. Boessneck, hatte einst ein und auf Inseln des Nordatlantiks, gewöhnlich höher Kästchen mit Riesenalk-Knochen in einem Safe sicher an Felsen als die Trottellumme. Sie legen nur ein oval verwahrt. Der jetzige Direktor, J. Peters, konnte sich geformtes Ei, meist in eine Felsnische. Tordalken zie- während meiner Schilderung des Verdachtes auf Rie- hen im Winter in südlichere Seegebiete und fi nden sich senalk plötzlich daran erinnern und holte das Kästchen auch vor der südmarokkanischen Küste ein. hervor. Glücklicherweise waren darin auch genau die Elemente, die für die Bestimmung des Mogador-Mate- Trottellumme (Uria aalge) rials benötigt wurden: Schädel, Radius, Ulna, Humerus. Von dieser mit den Tordalken verwandten Vogelart „Vogel erlegt vor Neufundland, 1901“ sagte das beige- wurde ein Tarsometatarsus bestimmt. Der Knochen ist fügte Sammlungsschild. im distalen Drittel erhalten und ließ sich ausmessen (Bd 9,5 mm; KC 3,3 mm). Er stammt aus dem Material So gelang es, insgesamt 9 Skelettelemente Pinguinis der Kampagne 2009, aus einem gestörten Kontext und impennis zuzuordnen. Aus den Kampagnen 2007, 2008 repräsentiert ein Individuum. Trottellummen (42-43 cm) stammten zwei Funde – einer davon kommt aus römi- besitzen einen geraden, ungezeichneten Schnabel und schem Kontext, der andere aus gestörtem Kontext. Wei- eine Gefi ederfarbe zwischen grauschwarz und schoko- tere sieben Funde kamen aus der Kampagne von 2009 ladenbraun. Brust und Unterkörper sind weiß. Sie brü- (Komplex H7 = 1.-3. Jh. n. Chr, römisch). Folgende Ele- ten wie die Tordalken an Felsen. Ihr Ei ist kreiselför- mente sind repräsentiert: Cranium, Clavicula, Radius, mig. Auch sie halten sich das Jahr über auf dem Meer Carpometacarpus, Humerus, Ulna (3x), Coracoid. Ins- auf, besetzen ein großes Brutgebiet zwischen Alaska gesamt sind es mindestens drei, vermutlich aber sogar und Portugal und ziehen im Winterhalbjahr weiter gen vier adulte Individuen aus römischer Zeit, eventuell so- Süden, sind also durchaus vor Marokko zu sichten. gar noch eins mehr, wenn wir den Fund aus dem gestör- ten Kontext als potentiell eigenes Individuum betrachten. Papageitaucher (Fratercula arctica) Zur Dokumentation dieses ungewöhnlichen Befundes Eine als Bruchstück erhaltene, aber durchaus für die sollen einige Knochen im Foto gezeigt werden (Abb. Vogelart typische Ulna konnte einem Papageitaucher 47a-f), Meßdaten fi nden sich in Tabelle 30. zugewiesen werden. Auch dieses Stück kommt aus dem Material von 2009. Es ist phönizisch konnotiert. Papagei- Das Aussehen des Riesenalks ist anhand der zahlreichen taucher sind die kleinsten unter den Alken (29-36 cm). ausgestopften Vögel in den verschiedenen Museen der Im Sommer sind sie mit ihren auffallend vielfarbigen Welt rekonstruierbar (Abb. 48). In Kombination dieser Schnäbeln unverkennbar. Sie brüten in Kolonien im Ausstellungsstücke mit alten Aufzeichnungen und Be- Norden Europas, nicht auf Felsen, sondern meist in obachtungen lebender Vögel aus dem 19. Jh. lassen sich selbstgegrabenen Höhlen, vielfach auf Inseln. Im Win- diverse Aussagen treffen: Riesenalke waren etwa 85 cm ter tauchen sie an der Küste Marokkos auf, meist süd- groß, wogen vermutlich rund 5 kg; die Tiere besaßen lich des 28. Breitengrades. Papageitaucher halten sich ein auffällig schwarz-weiß gezeichnetes Gefi eder und deutlich häufi ger in Küstennähe auf als Tordalken und einen sehr kräftigen Schnabel, der bestens zum Fisch- Trottellummen, auch im Winterhalbjahr. Die Chance, fang geeignet war. Mit ihren sehr kurzen Flügeln waren ihrer habhaft zu werden, liegt also etwas höher als bei sie fl ugunfähig, jedoch gute Schwimmer und Taucher; den anderen Spezies. an Land bewegten sich die Vögel nur mühsam fort. Da sie weder fl iegen noch gut klettern konnten, war ihnen Riesenalk (Pinguinis impennis) das Erreichen und der Aufenthalt bzw. das Brüten auf Die Erkennung dieser Knochen als Überreste vom Rie- Felsklippen unmöglich. Vielmehr mussten sie mit fl a- senalk war für mich zunächst schwierig, denn ich hatte chen Inseln fern vom Festland vorlieb nehmen. Dort niemals zuvor solche Knochen in der Hand gehabt. Mir hielten sie sich während der Brutsaison auf, die offen- fi el nur auf, dass die Funde typisch alkenartig aus- bar nur sehr kurz war. Sie legten die Eier wahrschein- sahen, ähnlich den Skelettelementen eines Tordalks, lich gegen Ende Mai. Die Eier erreichten eine Größe nur wesentlich größer dimensioniert (vgl. Abb. 46). von 124 x 75 mm und ein Frischgewicht von etwa 330 g. Und natürlich dachte ich an den Riesenalk, jedoch ohne Ihre Form war spitz-kegelförmig, das Schalenmuster es beweisen zu können. Hinweise gaben mir Zeichnun- stark dunkel gefl eckt. Die Küken schlüpften um die gen von Skeletten der Riesenalke z. B. bei Fuller (1987, Sommersonnenwende und die Brutkolonien wurden 94 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 47: Pinguinis impennis. Cranium, Radius, Ulna, Humerus (in drei Ansichten). Maßstab 1 cm. Aufnahmen: J. Meyer. bereits in der ersten Julihälfte verlassen (Fuller 2002, Seeleute, die die Tiere beobachten konnten, haben 41). Das heißt, die Vögel verließen die Brutregion früh- berichtet, dass sie weder Nester anlegen noch beim zeitig, lange bevor die Jungen ausgewachsen waren. Brüten einen Individualabstand einhalten. Da sie an Land Angeblich sollen die Alttiere ihre Jungen streckenwei- sehr unbeholfen sind, lassen sie sich leicht erlegen. Der se auf dem Rücken getragen haben. Im Nordatlantik z. französische Kapitän Jacques Cartier beschreibt wäh- B. vor Neufundland müssen große Kolonien mit brü- rend einer Expedition zur Auffi ndung der Nordwest- tenden Riesenalken existiert haben, zumindest bis zu passage eine Insel, wo sich im Frühjahr Tausende von dem Zeitpunkt, als die Europäer kamen und die Tiere Riesenalken aufhielten. „Ein paar kräftige Schläge mit ausrotteten. dem Ruder“ so schreibt er, „hätten genügt, um eine gan- Mogador – die Tierreste 95

Element GL Bp Dp KC Bd Dd Coracoid ----25,3 - Humerus - - - 5,1 5,4 16,1 Radius 56,6 6,1 - 6,3 6,0 - Ulna 58,3 10,2 16,4 4,8 - 9,1 Ulna 58,4 10,1 16,5 4,4 - 10,3 Ulna - - - 5,4 - 9,9 Carpometacarpus 42,8 - - - - 9,3

Tabelle 30: Pinguinis impennis. Messdaten (in mm; Abkürzungen nach A. von den Driesch 1976).

Abb. 48: Pinguinis impennis. Lebensbild (aus: Fuller 1987, 99). ze Schiffsmannschaft mit fettreichem Vogelfl eisch zu Inseln erklärbar. Nach der Kartierung von A. von den versorgen.“ (Fuller 1987, 100). Die fetten Gebeine der Driesch & N. Pöllath (2010, Karte 75) war diese Vogel- Tiere wurden auch als Brennstoff verwendet und ein art im Pleistozän und Holozän über ein riesiges Terri- fl orierender Handel mit Daunen und Eiern entstand. torium verbreitet, das auch den westlichen Mittelmeer- raum einschloss. Der östlichste Fundpunkt stammt aus Interessanterweise scheinen Riesenalken nur an weni- der Höhle Romanelli in Apulien, fossile Reste stammen gen ausgewählten Orten gebrütet zu haben, so im Golf von den Kanarischen Inseln und aus Florida (Seran- von St. Lawrence, ferner auf Funk Island vor der Küste geli 2006, 163). Misst man es an der Menge von Kno- Neufundlands, auf Grimsey and Eldey vor Island und chenfunden (insgesamt n = 195; ebd., 106), muss dieser auf St. Kilda vor den Westlichen Hebriden (ebd., 99). Vogel tatsächlich in großer Zahl präsent gewesen sein. Umso verheerender mögen sich Übergriffe von Seeleu- J. Serangeli (2006, 164) hat die zeichnerischen Darstel- ten auf eine solch große Kolonie für den Gesamtbe- lungen von Riesenalken aus dem Jungpaläolithikum stand der Tiere ausgewirkt haben. Die Rettung der Art zusammengetragen: Drei Riesenalken aus Cosquer in bis in das 20. Jh. war, dass sie die meiste Zeit des Jahres Bewegung, womöglich schwimmend(?), und zwei Gra- auf hoher See verbringen und dort für den Menschen vierungen aus El Pendo/Spanien und Grotta Paglicci/ quasi unerreichbar sind (Gaskell 2000). Bemerkens- Italien (vgl. Abb. 88 ebd.; ebenso Campmas et al. 2010). wert erscheint die Tatsache, dass Riesenalke keines- wegs Vögel der arktischen Breiten sind, sondern sich Und in dieses Bild fügen sich dann auch die Funde aus eher unter gemäßigten Bedingungen wohl fühlen. So Mogador. Was macht die Riesenalkfunde aus Mogador ist ihre Ausbreitung während des Jungpaläolithikums zu etwas Besonderem? Es ist in erster Linie die Datie- bis ins das Mittelmeer und an die afrikanische Küste, rung in das 1.-3. Jh. n. Chr. Der Standort „Mogador“ ist bis zu den Azoren, Madeira, ja die Kapverdischen zwar ein sehr südlicher, aber immerhin gibt es einen 96 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann weiteren Nachweis aus einer neolithischen Höhle nahe raben eine große Lernfähigkeit besitzen, haben sie ver- Rabat (ebd.). Interessanterweise weist dieser Knochen, mutlich schon vor Jahrtausenden menschliche Ansied- ein Coracoid, Schnittspuren auf, die uns einen Hinweis lungen bzw. die Abfallplätze als Nahrungsquelle für zur Zerteilung des Vogels liefern – und möglicherweise sich entdeckt (vgl. dazu Glutz von Blotzheim 1993, auf den Verzehr seines Fleisches hindeuten? Hinzuge- 1973ff.). Kolkraben sind, wie die meisten Rabenvögel, fügt sei an dieser Stelle, dass es von der Iberischen omnivor mit einem erhöhten Anteil tierischer Nahrung. Halbinsel weitere Riesenalk-Nachweise gibt, wie Marta Moreno-Garcia auf dem ICAZ-Symposium im Oktober Wüstenrabe (Corvus rufi collis) 2012 in Istanbul berichtete (Mitt. H. C. K.). Insgesamt fünf Skelettelemente werden dem Wüsten- raben zugeordnet. Einer davon stammt aus dem Fund- Hohltaube (Columba oenas) material von 2007 und 2008 (ein distal erhaltener Car- Hohltauben sind nur aus dem Material von 2009 ent- pometacarpus; Bd 8,1 mm), vier weitere kommen aus deckt worden, zwei Fundstücke aus gestörten Kontex- dem 2009-Material: der Schaftteil eines Radius, eine ten. Es handelt sich um ein fragmentiertes Femur und komplett erhaltene Ulna (L 99,4 mm; Bp 12,4 mm; Dp ein Coracoid; beide könnten zum selben Individuum 13,8 mm; KC 5,6 mm; Dd 11,5 mm), ein bruchstückhaft gehört haben. Hohltauben sind kleiner (33 cm) und erhaltener Carpometacarpus und ein Humerus (GL kurzschwänziger als die auch bei uns weit verbreiteten 78,3 mm; KC 7,6 mm; Bd 17,0 mm). Alle fünf Stücke Ringeltauben (Columba palumbus), ohne deren weißes gehören in phönizische Kontexte. Aufgrund der sehr Flügelfeld und ohne den weißen Halsfl eck. Sie bewoh- verstreuten Lokalisierung können insgesamt vier Indi- nen Wälder und baumbestandene Landschaften, nisten viduen nachgewiesen werden. Wie der Name sagt, bevor- in Baum- oder Felshöhlen. In Marokko sind sie Brut- zugt der Wüstenrabe als Lebensraum Trockengebiete, bzw. Standvögel und streifen nur im Winterhalbjahr in Nordafrika sind es vor allem die Artemisia-Steppen etwas weiter umher, suchen dann zur Nahrungssuche mit einzeln stehenden Bäumen, in welchen er sein Nest auch gern landwirtschaftliche Flächen auf. baut. Wüstenraben sind mit ca. 50 cm Körpergröße kleiner als Kolkraben, ersetzen diesen quasi in beson- Kolkrabe (Corvus corax) deres trockenen Habitaten. In Marokko trifft man auf Wiederum nur aus dem 2009-Material sind Funde von Wüstenraben in den südlichen und östlichen Landes- Kolkraben identifi ziert: Drei der Stücke gehören in teilen, auch in Hainen mit Dattelpalmen, sogar an tro- phönizische Kontexte, einer ist römisch konnotiert, ein ckenen wüstenartigen Küstenabschnitten, an ausge- weiterer kommt aus vermischtem Kontext. Im Einzel- trockneten Wadis usw. Im Atlasgebirge sind die Vögel nen handelt es sich um zwei Radien, der eine ist nur im bis in Höhen von etwa 3.000 m zu beobachten. Heute Schaft erhalten, der andere mit seiner proximalen Hälf- zeigen sich Wüstenraben durchaus auch in der Nähe te, einen Abschnitt aus dem Synsacrum, eine distal menschlicher Ansiedlungen bzw. nutzen gelegentlich erhaltene Ulna und einen fast komplett erhaltenen Car- verlassene Gebäude als Nistplätze. Aus der Nähe er- pometacarpus (GL 63,6 mm; L 57,8 mm; Bp 14,5 mm; kennt man, dass der Wüstenrabe an Kopf und Nacken Dd 13,5 mm). Aufgrund der Lokalisierung in verschie- eher braunes als schwarzes Gefi eder besitzt und dass denen Schnitten und Kontexten sind mindestens vier sein Schnabel weniger kräftig ausgeprägt ist als beim Individuen nachzuweisen. Kolkraben sind die größten Kolkraben; seine Stimme ist eher krähenartig. Raben der Westpaläarktis (64 cm), bussardgroß, durch ihr tiefschwarzes Gefi eder, den kräftigen Schnabel und Saatkrähe (Corvus frugilegus) den keilförmigen Schwanz leicht zu erkennen. Ihre tie- Ein Knochen der Saatkrähe wurde im Material von fe, sonore Stimme ist weithin zu hören und lässt viele 2009 entdeckt. Es handelt sich um ein im proximalen Menschen aufblicken und nach dem Vogel Ausschau Drittel erhaltenes Coracoid, gefunden in einem phöni- halten. Der Flug der Kolkraben ist wuchtig, sie segeln zischen Kontext. Saatkrähen (46 cm) sind die einzigen oft und vollführen zuweilen akrobatische Flugspiele. Rabenvögel mit nacktem hellem Gesicht und heller Kolkraben bewohnen mehr oder weniger offenes Ge- Schnabelbasis. Dieser Bereich hebt sich deutlich von lände von der Tundra Nordeuropas und Nordamerikas dem ansonsten völlig schwarzen Gefi eder und den bis zu den Steppen Afrikas. Sie kommen in Auen- und dunklen Beinen ab. Bei ausgewachsenen Saatkrähen Bergwäldern vor, an Steilküsten und in Gebirgen. Ins- schimmert das Gefi eder schwarz-purpurfarben. Saat- gesamt sind sie außerordentlich anpassungsfähig an krähen leben gesellig und brüten oft in großen Kolo- verschiedene Lebensräume (hohe ökologische Potenz). nien auf Bäumen, rotten sich zur Zugzeit, aber auch im Der einzige limitierende Faktor betrifft die Wahl ihres Winter in Scharen zusammen. Heute sind sie typische Brutplatzes: Bevorzugt aufgesucht zum Nestbau wer- Bewohner von Kulturland, zeigen sich in offenem Ge- den sichere Felsvorsprünge oder seltener große alte lände mit einzelnen Baumreihen und Gehölzen, suchen Bäume. In Marokko sind Kolkraben heute noch ver- ihre Nahrung in der freien Feldfl ur. Für Marokko ist breitet, sie sind dort Stand- bzw. Jahresvögel; vertreten diese Vogelart heute nicht mehr verzeichnet, nur für ist dort die Unterart Corvus corax tingitanus. Da Kolk- Algerien sind Saatkrähen umherziehend heute noch Mogador – die Tierreste 97

Abb. 49: Struthio camelus. Eischalenfragmente. Maßstab 1 cm. Aufnahme: J. Meyer.

Fundmodalitäten phönizisch wohl phönizisch römisch vermischt A261124 B12112 Summe 38 12 3 6

Tabelle 31: Mogador. Fragmente von Straußeneischalen. Verteilung auf Kontexte. Funde von 2007 und 2008. A: bereits während der Ausgrabung erkannt und restauriert, B: aus dem Schlacht- und Speiseabfall separiert. belegt. Auf der Iberischen Halbinsel ist ein verspreng- 2009). Schildraben werden zwischen 45 und 53 cm tes Vorkommen in der nordwestspanischen Provinz Léon groß, besitzen ein schwarz schimmerndes Gefi eder mit bekannt (Glutz von Blotzheim 1993, 1752). Als typischer einem breiten weißen Kragen im Nacken und über der Kulturfolger unter den Vögeln hat sich die Saatkrähe Brust. Schnabel und Füße sind schwarz. Schildraben quasi seit dem Neolithikum mit den entstehenden Agrar- sind gesellige Vögel, die sich zusammen mit Geiern fl ächen immer stärker an die menschliche Nähe gewöhnt und Schwarzmilanen gern an Aas gütlich tun. Ihre und in ihrem Verhalten angepasst (ebd., 1731). Lebendbeute besteht aus Insekten, Reptilien, jungen Vögeln u. ä. Häufi g trifft man auf Schildraben in der Rabenkrähe (Corvus corone) Nähe von Ansiedlungen und Abfallhaufen. Ihr natür- Zwei bruchstückhaft erhaltene Ulnae aus phönizischen licher Lebensraum ist das offene Gelände, sei es an den Kontexten sind belegt. Beide Funde gehören in das Ufern von Binnengewässern oder an Meeresküsten. Material von 2007 und 2008. Sie repräsentieren zwei Auch im Gebirge bis in große Höhen fühlen sich Individuen. Rabenkrähen (47 cm) besitzen im Gegen- Schildraben heimisch. In Nordafrika sind Schildraben satz zu Saatkrähen ein schwarzes Gefi eder mit grün- heutzutage noch in Tunesien und Algerien verbreitet. lichem Schimmer, ihr Gesicht ist befi edert, der Schna- bel ganz schwarz und deutlich kräftiger im Bau als bei Strauß (Struthio camelus) C. frugilegus. Rabenkrähen leben einzeln, paarweise Funde vom Strauß stellen in diesem Material einen oder in Familienverbänden. Sie bewohnen Waldungen Sonderfall dar, denn anders als bei allen anderen, im und offenes Gelände gleichermaßen. Sie nisten auf Vorhergehenden genannten Vogelarten, ist der Strauß Bäumen, auch auf Felsen. Wie die Saatkrähe ist auch allein durch Fragmente seiner Eischalen repräsentiert die Rabenkrähe für Marokko nicht mehr belegt, taucht (Abb. 49). Im Zuge der ersten Begutachtung des Fund- gelegentlich aber noch in Tunesien und Algerien auf. materials noch während der Ausgrabung schien es, als ob aus phönizischen Kontexten doch erheblich größere Schildrabe (Corvus albus) Fundmengen an Straußeneischalen ans Tageslicht ge- Es ist fast typisch für diese Fundaufsammlung, dass kommen wären als aus römischen. Nach Untersuchung auch der Schildrabe nur von einem einzigen Fundstück aller Stichproben erhärtete sich dieser Verdacht aller- repräsentiert wird. Es handelt sich um einen proximal dings nicht. Aus beiden Epochen sind Straußeneischa- erhaltenen Radius aus phönizischem Kontext (Material len mit jeweils nur 1% repräsentiert (Tab. 31). Die hier 98 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann entdeckten Schalenfragmente sind weitgehend unbe- gen wird von einem Elternteil oder einem Elternpaar handelt, stellen also keine Überreste von ansprechend übernommen. verzierten Behältern dar, wie wir sie als Beigaben aus phönizischen Gräbern kennen (z.B. aus der Nekropole Zur Deutung der Befunde von Almuñecar; Maaß-Lindemann 2004, 274). Aller- Zunächst gilt es, die Vogelfunde als Ganzes einzuschät- dings sind einige der 2-4 cm2 großen Fragmente recht zen. Insgesamt ist ihre Anzahl sowohl aus phönizi- glatt – eine Glätte, wie sie durch vielfache Hand habung, schen wie römischen Kontexten ungewöhnlich niedrig: Schweiß und Fett der Hände und vielfache Benutzung Weniger als 1% der Tierreste in beiden Epochen gehö- entstanden sein könnte. Was wäre diesbezüglich vor- ren in diese Kategorie. Im Allgemeinen wird eine nied- stellbar? Näheres dazu im nächsten Abschnitt. rige Wiederfundrate gerade bei Vogelresten dem hohen Materialschwund zugeschrieben: Viele Vogelarten sind Strauße sind die größten heute lebenden Vögel weltweit. klein (z. B. Singvögel), manche Skelettelemente sind Mit 210-275 cm vom Zeh bis zum Kopf sind sie größer wenig auffällig und werden bei herkömmlicher Gra- als (fast) jeder Mensch. Ihr Gewicht beträgt zwischen bungsmethode übersehen (Phalanges, kleine Wirbel), 63-104 kg. Die Tiere tragen auf ihren äußerst kräftigen Vogelknochen sind relativ leicht zerbrechlich und ent- Beinen einen kompakten Rumpf, der Hals ist lang, der ziehen sich, einmal in mehrere Teile zerbrochen, jeglicher Kopf klein. Die Geschlechter sind unterschiedlich Bestimmungsbemühung. Unsorgfältige Grabungstech- gefärbt – die Weibchen grau-braun, die Männchen mit nik können wir für Mogador weitgehend ausschließen, schwarzem Rumpfgefi eder, weißen Spitzen an Flügeln denn ein erheblicher Teil des Materials wurde gesiebt und Schwanz und einem weißen Halsring. Strauße leben (vgl. Abschnitt „Fundaufarbeitung vor Ort“). Nach in steppenartigen Landschaften, Savannen, Halbwüs- meiner Einschätzung ist auch beim Aussortieren kaum ten und Wüsten, meiden Gegenden mit viel Baumbe- ein Vogelrest übersehen worden. Dennoch bleibt es bei stand. Sie haben – da sie fl ugunfähig sind – eine Flucht- der geringen Zahl von nur 378 Vogelresten – angesichts distanz von weit über 100 m und beginnen dann, mit der Gesamtstichprobe ein verschwindend kleiner Anteil. bis zu 50-70 km/h wegzurennen. In die Enge getrieben, In Bezug auf die Artenfülle bei gleichzeitig geringer wehren sie sich vehement mit den scharfen Krallen Knochenanzahl pro Spezies spielt zusätzlich sicherlich ihrer Füße. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet von der sog. Stichprobeneffekt eine Rolle. Nur weil die auf Struthio camelus war wesentlich ausgedehnter, als es der Île de Mogador geborgene Stichprobe so umfang- heute ist. Es erstreckte sich über große Teile Afrikas reich ausfällt, sind überhaupt so viele verschiedene Vo- und die Arabische Halbinsel; dort ist die Unterart gelarten nachgewiesen. Die einfachste Erklärung für Struthio camelus syriacus verbreitet. Ihre Ausrottung dieses schmale Fundaufkommen wäre, dass Vögel und geschah teilweise erst in den vergangenen 200 Jahren. ihre Produkte weder für die Phönizier noch die Römer So wurden in Mesopotamien noch um die Jahrhundert- auf der Île de Mogador von vorrangiger Bedeutung wa- wende brütende Strauße beobachtet, in der ersten Hälf- ren, setzt man es in Relation zur Menge an Fleisch, Fett te des 20. Jahrhunderts war er dann von der Bildfl äche und tierischen Produkten, die von Haussäugetieren verschwunden (Krupp & Schneider 1991, 73). In Nord- stammen (vgl. dazu die Abschnitte „Haussäugetiere“, afrika haben vermutlich nur kleine Bestände an Strau- „Ernährungsstrategien und Nutzung von Ressourcen ßen bis in das 21. Jahrhundert überlebt, wenn überhaupt bei den Phöniziern“ und „Ernährungsstrategien und (Cramp et al. 1977, 38). Nutzung von Ressourcen bei den Römern“). Das sagt allerdings wenig über die damalige Wertschätzung Zur Zeit der Phönizier und Römer haben Strauße zu eines gegrillten oder gekochten Vogels, eines Omeletts den in den Steppen und Wüstengebieten auffälligen oder über die wahre Nutzung von Vogelfedern aus. Ge- Tieren gehört, allein schon wegen ihrer Größe. Zudem rade das selten Verzehrte oder selten Genutzte mag in leben sie in Gruppen, sind tagsüber sehr aktiv, nehmen der Beliebtheit oder seiner Bedeutung einen ganz an- dabei ihr vielfältiges Futter auf (omnivor, meist pfl anz- deren Rang eingenommen haben als das Häufi ge und lich, aber auch Insekten bis hin zu Eidechsen), streifen Alltägliche. Einen solchen Aspekt kann man archäolo- auf der Suche nach Wasser und gutem Futter oft weit gisch allerdings kaum nachweisen. Beispielsweise im umher. In Notzeiten können sie ihren Wasserbedarf Fall der Haushühner ist davon auszugehen, dass sie in auch durch den Verzehr von Sukkulenten decken, im weitaus größerer Zahl vorhanden gewesen sind, als es Allgemeinen löschen sie ihren Durst aber durch direk- ihr vergleichsweise geringer Fundniederschlag (n = 48) tes Trinken an Wasserstellen. Männliche Strauße zei- wiedergibt (Becker 2012/2013). gen ein auffälliges Balzverhalten. Die Eier werden zwischen Oktober und November auf sandigen Plätzen Stellen wir die Fundausbeute in phönizischer Zeit (50 auf freier Fläche abgelegt, manchmal in kleine Kuhlen Knochenreste von 14 Spezies, berechnet ohne die Fun- oder mit kleinen Erdwällen versehen. Jedes Weibchen de von 2009; Tab. 24) derjenigen aus römischer Zeit (5 legt 4-8 Eier, ein und dasselbe Nest wird von 3-4 Weib- Knochenreste von 4 Arten) gegenüber, so scheint eine chen bestückt, der Schutz der Eier und später der Jun- deutliche Minderung in der Menge und Vielfalt an er- Mogador – die Tierreste 99 beuteten Wildvögeln vorzuliegen. Minderes Interesse ran, Krähenscharbe, die zahlreich vertretenen Silber- der Römer an derartigen Tieren könnte hierfür verant- möwen und eventuell sogar die über dem Meer an wortlich sein. Ein anderer Gedanke wird von L. van Felsklippen brütenden Eleonorenfalken, aber auch Vögel Wijngaarden-Bakker et al. (2003) für Karthago erör- der Binnengewässer wie Kammbläßhuhn, Stockente tert. Dort wird der deutliche Rückgang von Wildgefl ü- und Haubentaucher. Dieser Vögel habhaft zu werden, gel, insbesondere von Enten und Gänsen, bei gleichzei- war für die Bewohner der Île de Mogador ein Leichtes, tigem Anstieg des Niederschlags an Hausgefl ügel mit denn alle sind in einem relativ engen Radius um den einer Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen und Fundplatz herum zu fangen. Ein regelmäßiges (Brut-) damit einer Vernichtung von Lebensraum speziell für Vorkommen im Umfeld von Mogador wird durch etli- Wasservögel im Hinterland von Karthago in Zusammen- che Jungvogelknochen bei Silbermöwen und Kormora- hang gesehen. Diese Überlegung für das hier bespro- nen angezeigt (s. o.). chene Fundmaterial anzuwenden, ist problematisch, weil keinerlei Hinweise auf eine agrarische Nutzung Wenden wir uns den Zugvögeln zu. Ihre Zahl ist beson- des Hinterlandes von Mogador vorliegen, weder für die deres in Marokko hoch. Das Land liegt direkt auf dem phönizische noch die römische Epoche. Vielmehr soll westeuropäischen Zugweg, den viele Vogelarten im im Folgenden ein anderer Aspekt diskutiert werden: Herbst und im Frühjahr einschlagen, wenn sie, aus die Nutzungsbeziehungen zwischen Mensch und Vogel, ihren nördlichen Brutgebieten kommend, ins Winter- wie sie sich im Material aus Mogador widerspiegeln. quartier überwechseln bzw. zu ihren Brutgebieten zu- Es stellt sich die Frage, ob die hier vorliegende Zusam- rückkehren (s. dazu Curry-Lindahl 1982, 60). Die Zahl mensetzung an Arten rein zufällig entstand oder Aus- der Vogelarten aus Eurasien, die in Westafrika über- wahlverfahren durch die in Mogador lebenden Perso- wintern, beträgt 113 (ebd., 59). Darunter sind auch eini- nen den Hintergrund bilden? ge aus dem hier vorgestellten Fundmaterial, so wie der Weißstorch. Der Weißstorch gehört – wie bereits be- Im Repertoire ist zunächst eine starke Dominanz von schrieben wurde (Kapitel „Naturraum und Klima“) – Vogelarten festzustellen, die entweder an das Meer zu den sog. Schmalfrontziehern. Die Flugroute zeigt oder an küstennahe Gewässer (Lagunen, Flüsse mit ih- über der Straße von Gibraltar eine starke Bündelung rem speziellen Bewuchs) gebunden sind (Tab. 24). Dies (vgl. Abb. 12). Über Marokko wird diese Verdichtung entspricht dem rekonstruierten Bild der Landschaft Tausender von Störchen über eine gewisse Distanz bei- (vgl. die Kapitel „Das Forschungsprojekt Mogador“ so- behalten, bis sich die Tiere fächerförmig zerstreuen wie „Naturraum und Klima“). Hingegen sind Vogelarten, und ihre angestammten Winterquartiere aufsuchen. die eher binnenländische Trockenzonen mit Gehölzen Wichtig für unsere Interpretation könnte sein, dass die oder Felslandschaften bevorzugen, in der Minderzahl: Menschen in Marokko dieses alljährlich wiederkehren- Hohltauben, Wiesenweihen und Wüstenfalken. Daraus de Naturschauspiel bewusst wahrgenommen haben, folgt: Ein wesentlicher Teil der Vögel wurde am Meer und der Storch als Vogel in ihrem kollektiven Gedächt- oder im unmittelbaren Umfeld der Faktorei erbeutet, nis quasi verankert war. Die Zugwege des Storches vermutlich von den Phöniziern selbst. Ein kleinerer Teil werden auch von Greifvögeln genutzt, die wie der der Arten könnte von den Einheimischen zur Faktorei Storch Segelfl ieger sind. Die Straße von Gibraltar ist gebracht worden sein. Auf den zweiten Blick wird er- unter Ornithologen bekannt als besonders eindrucks- sichtlich, dass besonders große, auffällige, ja man könn- volle Greifvogel-Zugtrasse. So wurden dort 1972 von te sagen, eindrucksvolle Vögel in der Mehrzahl sind: Mitte Juli bis Mitte Oktober insgesamt 210.000 Greif- große Greifvögel, schnelle Falken, imposante Baßtöl- vögel in 22 Arten gezählt (ebd., 35). Wiesenweihen und pel, große Möwen und in der Römerzeit die Riesenal- Fischadler, belegt aus Mogador, gehören dazu. Auch ken. Auch dahinter könnte eine Botschaft verborgen manche Vogelart aus den Feuchtgebieten, die sich ge- sein, die wir nur schwer entziffern können. genüber der Île de Mogador befi nden, sind als Zugvö- gel verzeichnet: Purpurreiher und Rallenreiher. Die Das vorliegende Repertoire sollte auch nach jahreszeit- meisten Arten allerdings fl iegen nur über Marokko lichen Komponenten aufgeschlüsselt werden, also hin- hinweg, weil sie im tropischen Afrika überwintern sichtlich des Vorkommens an Stand- und Zugvögeln. (Langstreckenzieher). Ihre Menge erreicht insgesamt Vorangestellt sei, dass zu diesem Zweck aktuelle Ver- 1.600 bis 3.750 Millionen Vögel (ebd., 59). Auch unter breitungskarten und rezente Vogelbeobachtungen her- den Seevögeln sind eine Reihe Zugvögel: Baßtölpel, angezogen werden (müssen), die möglicherweise nicht Raubmöwen (Skua), Tordalken, Trottellummen und in jedem Detail auch für prähistorische Epochen Gel- Papageitaucher. Wie es sich mit den Riesenalken ver- tung haben mögen. Ein Teil der hier nachgewiesenen hielt, ist fraglich. Kamen sie ganzjährig auf den Inseln Arten sind in Marokko Standvögel, können das ganze im Atlantik vor und – weiträumig gedacht – auch vor Jahr über in der Region angetroffen werden. Sie brüten der Küste Marokkos? Die eben genannten Seevögel in der Region und streifen höchstens wetter- und jah- tauchen in den Wintermonaten küstennah auf, bzw. reszeitlich gebunden umher. Hierzu gehören Kormo- streifen auf dem Meer vor Marokko umher. Es liegt 100 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 50: Fratercula arctica und Uria aalge als Beute von Vogelfän- gern von den Orkney Inseln (aus: Serjeantson 2009, 247). nahe zu vermuten, dass die auf der Île de Mogador an- und Rabenkrähe sind ganzjährig in Marokko vertreten sässigen Phönizier (und auch die Römer) eventuell und ausgewiesene Aasfresser. Sie könnten durchaus nicht nur küstennahe Fahrten unternahmen – so, wie es von den Abfallhaufen in der Nähe der phönizischen das Fischspektrum andeutet (Abschnitt „Fische“) –, Faktorei oder der römischen Villa angelockt worden sondern dass sie auch weiter draußen auf dem Meer sein, weil sie dort Fressbares vermuteten und wohl auch unterwegs waren. Bei diesen Gelegenheiten gelangten entdeckten. Interessant ist, dass in der phönizischen sie möglicherweise zu Felsinseln mit großen Mengen Phase alle fünf Spezies an Rabenvögeln mit immerhin von Tordalken und Trottellummen oder zu den fl achen 12 Knochenresten repräsentiert sind, aus der römischen Eilanden, wo Kolonien von Riesenalken existierten. Phase aber nur ein einziger Beleg (Kolkrabe) auftaucht. Die Häufi gkeit diverser Alken in diesem Fundgut ist Auch hier könnte der oben angesprochene Stichproben- auffallend. War man am Fleisch und vor allem am Fett effekt eine Rolle gespielt haben. der Tiere interessiert, so wie es zeitgenössische Be- schreibungen von Seeleuten aus den nördlichen Meeren Der zweite Fragenkomplex zu den Wildvögeln betrifft wahrscheinlich machen (Serjeantson 2009, 206)? Ein ihre Verwendung. Auch wenn es uns heute befremdlich Bild von Vogelfängern, die im späten 19. Jahrhundert erscheint, Alken oder Möwen auszukochen und dar- auf den Orkney-Inseln lebten, könnte auch eine Vor- aus Fett zu gewinnen oder das Fleisch von Reihern zu lage für die Situation sein, wie sie für die Bewohner verzehren, dürfen wir nicht ausschließen, dass die Men- Mogadors vorstellbar wäre: Fang einer größeren Zahl schen auf der Île de Mogador ganz andere Geschmacks- an Alkenvögeln mittels Netzen (Abb. 50). vorlieben besaßen. Zudem wissen wir nicht, wie Vogel- fl eisch zubereitet (und schmackhaft gemacht) wurde Eine Interpretation anderer Art drängt sich für die bzw. welcher Verwendung das ausgekochte Fett zuge- zahlreich in Mogador auftretenden Rabenvögel auf dacht war – vielleicht als Öl für die zahlreich im Fund- (Tab. 24). Schildrabe, Kolkrabe, Wüstenrabe, Saatkrähe gut vertretenen Lampen? Ganz selten wurden auch Mogador – die Tierreste 101

Knochen genutzt. Zeugnis hiervon legt die mit einer Bekömmlichkeit von Hühnereiern. Warum dann nicht Sägespur versehene Baßtölpel-Ulna ab. Vielleicht wur- auch die Eier anderer Vögel aufsammeln und verzeh- den auch Flügel von Vögeln als „Handfeger“ verwen- ren, wenn diese in vermutlich großer Zahl im direkten det, ähnlich wie im bronzezeitlichen Olynth/Griechen- Umfeld zu erreichen waren? Eier von Möwen werden land (Becker & Kroll 2008, 104). Die sieben an exakt ja noch heute in vielen Teilen der Welt geschätzt. derselben Stelle zerbrochenen Ulnae von Wüstenfal- ken könnten auf ein Abtrennen der Falkenschwingen Den Phöniziern wie den Römern stand ja noch eine und eine Nutzung in dieser Weise deuten. Sollte diese wesentlich ergiebigere Eierquelle zur Verfügung – sol- Fragmentierung aber Zufall sein, können wir die zahl- che vom Strauß. Fragmente von Straußeneischalen reichen Falkennachweise auch ganz anderes interpre- sind aus Mogador recht zahlreich belegt (n = 59). Kei- tieren: Zwei Falkenarten kommen vor: Wüstenfalken nes der Fragmente zeigte eine Verzierung, wie es sonst mit insgesamt 22 und Eleonorenfalken mit 41 Knochen- bei Straußeneiern aus phönizischer Zeit üblich wäre resten. Beide Arten sind in phönizischen wie römischen (Moscati 1988b, 456ff.). Insbesondere als Grabbeiga- Kontexten also vergleichsweise häufi g. Wüstenfalken ben sind verzierte Straußeneier beliebt. Sie werden als bevorzugen binnenländische Biotope und können ganz- Gefäße oder auch als Masken genutzt; im letzteren Fall jährig in Marokko beobachtet und gefangen werden. sind sie mit Augen bemalt. Aus profanen Kontexten, Eleonorenfalken zeigen sich auf dem Zug im Sommer z. B. aus Villen, sind Straußeneifunde deutlich seltener. und Spätsommer an Marokkos Küsten. Wir wissen Aber auch dann sind die Eier verziert (ebd.). Unverzierte nicht, warum die auf Mogador ansässigen Phönizier an Eier wie von der Île de Mogador werden kaum beschrie- Falken ganz besonders interessiert waren. Es liegt ben und wenn ja, nur im Rahmen archäozoologischer nahe, an Falknerei und Beizjagd zu denken, doch kann- Analysen wie z. B. aus Thamusida (n = 23; De Grossi ten die Phönizier diese Technik überhaupt? Ursprüng- Mazzorin & De Venuto 2006). Dass diese großen Eier lich aus Asien kommend, soll die Beizjagd schon im auch Handelsware darstellten, belegen Funde aus Cas- 2. Jt. v. Chr. bei den Hethitern praktiziert worden sein tillo de Doña Blanca (Hernández Carrasquilla & Jons- (Serjeantson 2009, 320); ein assyrisches Relief in Khor- son 1994) und anderen europäischen Fundplätzen auch sabad (8. Jh. v. Chr.) zeigt eine Szene, in der möglicher- außerhalb der Iberischen Halbinsel (Buchholz 1987). weise eine Falkenjagd dargestellt ist (Layard 1971, Welche Interpretation lassen nun die auf der Île de Mo- 483); Falken spielten im Alten Ägypten eine wichtige gador ausgegrabenen Schalenfragmente zu? Nahelie- Rolle im Grabkult (Falken-Mumien in Tonsarkopha- gend erscheint die Nutzung der entleerten Eier als Was- gen, Falkeneier in Gräbern, Horus-Falke = oberste serbehälter. Süßwasserquellen existieren in Mogador Gottheit; Boessneck 1988, 93). Durch die zahlreichen, nicht. Kleinere Mengen an Trinkwasser in Straußen- in ihrem Heimatland existierenden politischen Bindun- eischalen aufzubewahren und zu transportieren, ist gen nach Ägypten und in den Orient könnten Falken eine in Nordafrika seit alters her bewährte Praxis (das und Falknerei den Phöniziern in der Tat vertraut gewe- Volumen pro Ei beträgt immerhin bis zu 800 ml). Noch sen sein, obgleich hierfür keinerlei Beweis angetreten heute ist zu beobachten, dass die Beduinen in der werden kann. In griechischen und römischen Quellen Sahara und auch in den Wüsten auf der Arabischen fehlen entsprechende Hinweise (Pollard 1977, 108), Halbinsel an bestimmten Stellen mit Wasser gefüllte obwohl Falken als solche durchaus erwähnt werden Straußeneier als überlebensnotwendige Reservoirs (Keller 1980, 12ff.). Angesichts der doch zahlreichen deponieren (Brunton & Caton-Thompson 1928). Die in Falken im vorliegenden Material würde ich vermuten: Mogador entdeckten Fragmente stammen alle aus der Ein Interesse an Falken hat sicherlich bestanden. Ob Bauchregion der Eier, nicht von einem der Enden, an diese Falken als Beizvögel genutzt wurden oder Han- dem man eine Öffnung bzw. Ausgussöffnung anbrin- delsware darstellten, wissen wir nicht. Aus phönizi- gen würde (vgl. dazu Potts 2001, Fig. 4, 189). Die Nut- scher Zeit existieren einige Amulette in Falkenform, zung als Wasserbehälter über die Beobachtung, dass teils aus Gold, teils aus Steatit (Moscati 1988, 388, 400). eine Öffnung im Ei angebracht wurde, bleibt also spe- Reicht dies aus, um eine spezielle Bindung zwischen kulativ, wenngleich plausibel. Sollten die Phönizier Phöniziern und Falken zu dokumentieren? Wohl nicht. hingegen frische Straußeneier von den Einheimischen erworben haben, um die darin enthaltene, sehr schmack- Was uns gänzlich verborgen bleibt, ist die Nutzung von hafte Eimasse zuzubereiten und zu verzehren, sähe das Federn oder von Daunen, die gerade bei manchen See- Endergebnis identisch aus: willkürlich zerscherbte vögeln besonderes wertvoll und wärmend sind. Und Schalen (vgl. Abb. 49). Ein Straußenei misst im Durch- unerkannt bleibt auch die Nutzung von Eiern, seien es schnitt 12x15 cm und wiegt bis zu 1,9 kg. Von einem solche von Meeresvögeln oder von den Arten, die ent- Straußenei-Omelett werden zahlreiche Personen satt. lang der Flüsse und Seen im Röhricht brüteten. Aller- dings liegt es nahe anzunehmen, dass sowohl die Phö- Wo Eier sind, können auch die Straußenvögel nicht nizier als auch die Römer Eier zu schätzen wussten, weit sein. In der Tat ist Struthio camelus über ganz kannten sie doch die geschmacklichen Vorzüge und die Nordafrika verbreitet (s. u.). Hier knüpft sich ein Rätsel 102 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Familie I II III IV Summe Sparidae, Meerbrassen 9.335 782 735 1.643 12.495 Mullidae, Meerbarben 1.178 148 173 261 1.760 Chondrichthyes, Knorpelfi sche 318 183 32 48 581 Pomatomidae, Blaubarsche 140 11 30 35 216 Anguilliformes, Aalartige 124 34 49 34 241 Sciaenidae, Umberfi sche 89 40 11 38 178 Carangidae, Stachelmakrelen 117 8 22 13 160 Moronidae, Wolfsbarsche 71 10 36 2 119 Mugilidae, Meeräschen 21 3 17 4 45 Gadidae, Dorsche 1 - 8 9 18 Triglidae, Knurrhähne 12 - 2 3 17 Haemulidae, Süßlippen 7--- 7 Serranidae, Zackenbarsche 1 5 1 - 7 Rachycentridae, Kobias - 2 - - 2 Scorpaenidae, Rotbarsche 1--- 1 Summe 11.415 1.226 1.116 2.090 15.847

Tabelle 32: Pisces. Verteilung auf Fischfamilien und Kontexte. I = Mitte 7. Jh. v. Chr.; II = 6./5. Jh. v. Chr.; III = 1. bis 3. Jh. n. Chr.; IV = vermischte Kontexte. Material aus 2007 und 2008, in geringer Menge auch aus 2009. an, das die gesamte Ur- und Frühgeschichte im nord- F i s c h e (A. v. d. D., C. B.) afrikanisch-arabischen Raum durchzieht und sich auch Im faunistischen Fundmaterial aus Mogador ist der in Mogador widerspiegelt: Warum werden bei Ausgra- Anteil an Fischen nach den Fundzahlen erheblich: Ins- bungen (fast) immer nur Eischalenfragmente, nie jedoch gesamt 34,6% aller Tierreste kommen aus dieser Kate- Skelettknochen vom Strauß entdeckt? Haben die Men- gorie. Nach dem Fundgewicht ist der Anteil erwar- schen tatsächlich nur die Eier aufgesammelt und ver- tungsgemäß geringer, mit 12,6% aber immer noch zehrt und niemals ein Tier getötet und von seinem relativ hoch (Abb. 17). Allein diese Ergebnisse verdeut- Fleisch gekostet? Wenn ja, warum ist dies so? Dieses lichen den hohen Stellenwert von Fisch für die Bewoh- Phänomen diskutieren u. a. Potts (2001) für die Arabi- ner dieses Platzes. Zur Untersuchung vorgelegt wurden sche Halbinsel und Camps-Fabrer (1995) für römer- insgesamt 21.826 Fischreste. Davon stammen 92% aus zeitliche Kontexte in Nordafrika. Beide wollen eine den Kampagnen 2007 und 2008, ein kleinerer Teil, ca. Fleischnutzung nicht ausschließen, können die allein 1.800 Stücke, aus dem Material von 2009. Von der auf Eier beschränkte Wiederfundrate aber auch nicht Gesamtmenge her bestimmbar waren 15.847 Funde erklären. (72,5%). Zusätzlich sind nach dem Tod von A. von den Driesch weitere Tütchen mit Fischresten aufgetaucht. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass trotz Es handelt sich um Otolithen (n = 18), die von H. Ober- des eher geringen Fundauf kommens an Wildvogelkno- maier als zu Dentex sp. gehörig eingestuft wurden, und chen die hier vorliegende Bandbreite an Arten überaus um drei irrtümlich bei den Vogelresten zusortierte interessante Indizien liefert. Je nach Betrachtungswin- Funde (s. u.), die sich als Stacheln aus Rückenfl ossen kel erfahren die Vogelfunde einen Bedeutungswandel: von Dornhaien entpuppten. In den Tabellen tauchen Sie sind Biotopanzeiger, beleuchten den menschlichen diese Funde zahlenmäßig nicht auf; sie sind lediglich Aktionsradius und mögliche Tausch- oder Handelsak- mit Kreuzen versehen (Tab. 32). tivitäten zwischen Kolonisten und Einheimischen, zei- gen Aspekte der Ernährung (Fleisch, Fett, Eier) und die Die Datierung der einzelnen Fundstellen, aus denen das Nutzung vogelspezifi scher Rohmaterialien (Verarbei- ichthyologische Material stammt, wurde durch die Pro- tung von Knochen, Eier als Transportbehälter). Ob das jektleiterin Dirce Marzoli vorgenommen. Dementspre- nur geringe Auftauchen von Wildvogelresten in den chend sind für die Fische vier Sequenzen unterschieden römischen Kontexten mit anderen Nutzungsgewohn- worden: I. Material aus der Gründungszeit der Faktorei heiten oder einer sich verändernden Umwelt zusam- aus der Mitte des 7. Jh. v. Chr. (phönizisch), II. Fisch- menhängt, lässt sich nicht entscheiden. knochen aus Gruben mit Keramik aus dem Übergang vom 6. zum 5. Jh. v. Chr. (phönizisch), III. Funde aus der römischen Besiedlungszeit der Insel (1.-3. Jh. n. Chr.) Mogador – die Tierreste 103

80 Meerbrassen

70 Meerbarben Haie, Rochen 60 übrige Taxa

50

% 40

30

20

10

0 Phönizisch (12.641) Römisch (1.116)

Abb. 51: Pisces. Fundfrequenz der häufi gen Arten in phönizischer und römischer Zeit. und schließlich IV. vermischtes Material, das zum gro- Fassen wir die Funde aus den phönizischen Komplexen ßen Teil wohl phönizische Reste enthält, teils jedoch als Einheit auf und stellen sie der Stichprobe aus römi- durch römische, teils durch moderne Aktivitäten ge- scher Zeit gegenüber, so ist unschwer festzustellen, dass stört ist. Die 15.847 bis auf Art- bzw. Gattungsniveau gemessen an den Fundzahlen in beiden Epochen ganz bestimmten Funde kommen von mehr als 30 verschie- überwiegend Meerbrassen gefi scht wurden. Ihr Anteil denen Arten. Tabelle 32 bringt eine Übersicht über die beträgt in der phönizischen Phase 80%, in der römischen festgestellten Fischfamilien, separiert nach chronologi- 65,9% (Abb. 51). Meerbarben sind jeweils zweitplatziert, schen Einheiten. Dabei zeigt sich, dass die Masse des Haie und Rochen nehmen den dritten Rang ein. In der Materials (79,7%) aus phönizischen Kontexten stammt römischen Stichprobe ist die Kategorie „übrige Taxa“ und nur ein kleinerer Teil (7%) aus römischen. Bei rund dreimal größer, was für eine weniger stringente Auswahl 13% des bestimmbaren Materials ist die zeitliche Zu- beim Speisefi sch spricht – auch eine Vielzahl anderer weisung nicht möglich. Spezies wurde in der Zeit gerne verzehrt. Insgesamt sind in der phönizischen Phase 30 Fischspezies nachgewie- Das Fundgut sen, in der römischen Phase nur 22. In die Wertung die- Ein Blick auf die Häufi gkeit der hier vertretenen Fami- ses Ergebnisses muss natürlich die sehr unterschiedliche lien beweist, dass die Meerbrassen, Sparidae, insge- Größe der Stichprobe einfl ießen: Für das 7.-5. Jh. v. Chr. samt sehr stark überwiegen. In der späteren phönizi- haben wir zehnmal mehr Material vorliegen als für die schen (II) und in römischer Zeit (III) geht der Anteil nachchristlichen Jahrhunderte, was naturgemäß für eine der Meerbrassen auf etwa zwei Drittel zurück und in erhöhte Relevanz des Resultats spricht. der Spalte der vermischten Funde fi nden sich wieder an die 79% Belege von dieser Fischfamilie. Damit wird Haie und Rochen deutlich, dass die Mehrheit aus diesem Konvolut wohl Von Haien und Rochen sind – mit drei Ausnahmen – ver- aus der frühphönizischen Zeit stammt. Nennenswerte ständlicherweise nur die Kalkkörper der Wirbel erhalten Fundmengen liefern dann nur noch die Meerbarben, geblieben. Die Ausnahmen bilden drei fragmentarisch Mullidae (n = 1.769 Funde) und als dritthäufi gste Grup- erhaltene und erst nachträglich bestimmte Rückenfl os- pe Haie und Rochen mit n = 581 Funden. Alle anderen senstacheln. Auch Zähne oder Zahnplatten kommen bis nachgewiesenen Fischfamilien sind, was ihre Quan- auf einen Fund nicht vor. Bei letzterem handelt es sich tität angeht, bedeutungslos. Sie können gerade einmal um den Rest einer Zahnplatte aus dem Unterkiefer eines als Beifang gedeutet werden. Obwohl der Mittlere At- Adlerrochens (Myliobatis aquila). Der Adlerrochen, der lantik bei Marokko noch heute als eines der fi sch- im Gegensatz zu anderen Rochen nicht nur am Meeres- reichsten Gewässer gilt, nimmt sich das Repertoire an boden, sondern auch gerne an der Wasseroberfl äche Fischen von der Île de Mogador recht arm an Arten aus, schwimmt, sucht gerne Küstengewässer auf. zumal, wenn man die im Vergleich zu anderen phöni- zischen Faktoreien hohe Fundzahl der Fischknochen Auf Grund der unterschiedlichen Form der Kalkkörper berücksichtigt. konnten insgesamt mindesten vier Haiarten festgestellt 104 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Taxa I II III IV Summe Eugomphodus taurus, Stierhai ---3 3 Lamna nasus, Heringshai 4121 8 Galeorhinus galeus,Hundshai 144 77 13 20 254 Shyrna zygaena, Hammerhai 143 96 16 20 275 Squalus sp., Dornhai x - x x xxx Myliobatis aquila, Adlerrochen 2714 14 Chondrichthyes, indet. 25 2 - - 27 Muraena helena, Mittelmeermuräne 81 21 23 17 142 Conger conger, Meeraal 43 13 26 17 99 Phycis blennoides, Großer Gabeldorsch 1 -89 18 Epinephelus spec., Zackenbarsch -51 - 6 Serranusca brilla, Sägebarsch 1--- 1 Dicentrarchus spec., (Gefl eckter) Wolfsbarsch 71 10 36 2 119 Pomatomus saltator, Blaubarsch 140 11 30 35 216 Rachycentrum canadum, Kobia -2-- 2 Pseudocaranx dentex, Zahnmakrele 31-- 4 Trachurus spec., Stöcker/Bastardmakrele 114 7 22 13 156 Plectorhynchus mediterraneus, Mittelmeersüßlippe 7--- 7 Argyrosomus regius, Adlerfi sch 89 40 11 38 178 Pseudupeneus prayensis, Senegalbarbe 528 97 89 136 850 Mullidae, indet. 650 51 84 125 910 Sparidae,insgesamt 9.335 782 735 1.643 12.495 Dentex dentex, Zahnbrassen 52 10 - 25 87 Dentex spec. 377 22 9 60 468 Diplodus cervinus, Bänderbrassen --1- 1 Diplodus sargus, Geißbrassen 33 - 13 7 53 Lithognathus mormyrus, Marmorbrassen 1--- 1 Pagellus erythrinus, Rotbrassen 4 -12 7 Pagrus auriga, Rotbandbrassen 426151780 Pagrus pagrus, Sackbrassen 194 20 31 93 338 Pagrus spec. 331 26 39 35 431 Spondyliosoma cantharus, Streifenbrassen 2--1 3 Sparus auratus, Goldbrassen 8262 18 Mugil spec. 21 3 17 4 45 Trigla/Eutrigla spec. 12 - 2 3 17 Helicolinus dactylopterus, Blaumaul 1--- 1 Summe 11.415 1.226 1.116 2.090 15.847 Fischreste indet. 4.325 555 497 602 5.979

Tabelle 33: Pisces. Verteilung auf Arten und Kontexte (I bis IV s. Tab. 32). werden: Stierhai (Eugomphodus taurus), Heringshai von Haien sind sehr klein. Das bedeutet jedoch nicht, (Lamna nasus), Hundshai (Galeorhinus galeus) und dass sie alle von kleinen Tieren stammen müssen, denn Hammerhai (Sphyrna zygaena). Die Rückenfl ossensta- die Haiwirbelsäule verjüngt sich nach kaudal immer cheln kommen von nicht näher bestimmten Dornhaien mehr und es gibt für den Osteoichthyologen keine aus der Familie der Squalidae (s. u.). Möglichkeit, die Lage eines Wirbels innerhalb der Wir- belsäule zu bestimmen. Hundshai und Hammerhai sind am zahlreichsten ver- treten (Tab. 33). Es ist schwierig, aus den Wirbeln eine Alle vier nachgewiesenen Haiarten leben pelagisch Mindestindividuenzahl zu berechnen. Viele Wirbel oder epipelagisch. Doch auf der Suche nach Nahrung Mogador – die Tierreste 105

Abb. 52: Dornhai, Stacheln der Rückenfl osse. Maßstab 3 cm. Foto: C. Becker.

Abb. 53: Muraena helena. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 543. Aufnahme: M. Schulz. halten sie sich, insbesondere wenn sie jung sind, auch preserved to identify them as coming from the second an der Küste und oberfl ächennah auf (Quéro 1989, 79, dorsal fi n. One of them is from an individual of about 87f., 125; Branstetter 1989, 117). Dies mag auch für die 100 cm total length (TL), the other shark measured Dornhaie gelten, welche mit drei fragmentarisch erhal- about 70 cm TL. There are three species occurring in tenen Stacheln der Rückenfl ossen präsent sind. Dorn- Moroccon waters nowadays, Squalus acanthias, Squa- haie, selten über 1 m lang und bis zu 10 kg schwer, lus blainville and Squalus uyato, but the reference col- halten sich bevorzugt an Kontinentalhängen in Tiefen lection available for identifi cation of the archaeological von 15 bis 700 m auf, leben teils in großen Schwärmen. specimens only contains the fi rst species. For this rea- Ihr Fleisch ist schmackhaft. Ihren Namen haben sie von son the spines are identifi ed as Squalus sp.“. dem spitzen Dorn, der vor jeder der beiden Rückenfl os- sen sitzt und über eine Furche mit einer Giftdrüse ver- Aalartige bunden ist. Die Funde aus Mogador stammen je aus Von den beiden nachgewiesenen Angehörigen der Aal- einem phönizischen, einem römischen und einem ver- artigen ist die Mittelmeermuräne (Muraena helena) mischten Kontext (Abb. 52). Ihre Bestimmung verdan- die häufi gere Art. Die Artbestimmung erfolgte auf der ken wir Wim van Neer, der dazu schreibt (schriftl. Basis des Baus der Ober- und Unterkiefer. Die Mehrheit Mitt. 10/2012): „Three dorsal spines of Squalidae (spur- der Mittelmeermuränen war nur mittelgroß, also unter dog) have been found of which two were suffi ciently 1 m lang (Abb. 53). Die Mittelmeermuräne lebt über 106 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 54: Conger conger. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 569. Aufnahme: M. Schulz.

Felsengrund mit Spalten oder Plätzen, die durch über- häufi ger vertreten sind Belege für Wolfsbarsche. Zwei hängende Pfl anzen geschützt sind (Bauchot 1986, 544). Arten kommen in Frage: der Gemeine Wolfsbarsch ( Dicentrarchus labrax) und der Gefl eckte Wolfsbarsch Die Reste des Meeraals (Conger conger) vertreten oft (Dicentrarchus punctatus). Ersterer kann bis zu 1 m Fische über einen Meter lang (Abb. 54). Diese Spezies heranwachsen, letzterer bis zu 70 cm. Die Mehrheit der kommt sowohl über Felsengrund als auch über Sand in vorliegenden Knochen weist Tiere von 50 bis 70 cm Län- 0 bis 100 m vor (Bauchot & Saldanha 1986, 569). ge aus. E. Tortenese (1986, 794f.) beschreibt ihren Leb- ensraum: „on various kinds of bottoms, also in brackish Dorsche waters and occasionally rivers”. Relativ häufi g konnte Für Angehörige der Familie der Dorsche gibt es nur der Blaubarsch (Pomatomus saltator) nachgewiesen wer- den spärlichen Nachweis einer Art: den großen Gabel- den. Dieser schnell schwimmende, pelagisch lebende dorsch (Phycis blennoides). Die Fische leben in der Raubfi sch besucht die Küstenregion zur Nahrungssuche Regel dicht über dem Meeresgrund, meist über Sand- oft in Schulen (ebd., 812). Unsere Funde vertreten die oder Schlammboden, in 150-300 m Tiefe, gelegentlich verschiedensten Größen von 40 bis 100 cm. auch nur in 10 m tiefen Bezirken (Lythgoe & Lythgoe 1974, 172 f.). Im vorliegenden Falle handelt es sich um Von dem Kobia, auch Offi ziersbarsch genannt (Rachy- Fische von 40 cm Länge. centrum canadum) wurden nur aus Material der späten phönizischen Zeit zwei Reste bestimmt. Nach Anga- Barschartige ben von Tortenese (ebd., 814) scheint er auch heute sehr Erstaunlicherweise fanden sich nur wenige Knochen selten vorzukommen. Er lebt sowohl pelagisch als auch von Zackenbarschen im Fundgut. Sie bevorzugen litora- in Küstennähe, in Schulen oder solitär. Die zwei Kno- le und sublitorale Regionen in allen tropischen und ge- chen vertreten mindestens ein Individuum mittlerer mäßigten Meeren und halten sich, besonders wenn sie Größe, etwa 55-60 cm lang. Maximal erreichen die älter sind, in der Nähe von felsigen Meeresböden auf, Tiere 2 m Länge (ebd., 814). wo sie sich verstecken können (Tortenese 1986, 780 ff.). Letzteres gilt insbesondere für den Braunen Zacken- Die Carangiden sind mit Ausnahme von vier Skeletttei- barsch (Epinephelus guaza), dem die Mehrheit der Fun- len der Zahnmakrele (Pseudocaranx dentex) nur durch de (Tab. 33) wohl angehören dürfte (GL 50-80 cm). Ein Wirbel und wenige Kopfknochen des Stöckers (Trachu- Fund aus der frühphönizischen Zeit weist die kleinere rus trachurus) vertreten. Der Fisch ist auch heute noch Art des Sägebarsches (Serranus cabrilla) aus. Etwas die am häufi gsten auf den lokalen Fischmärkten angebo- Mogador – die Tierreste 107

Abb. 55: Argyrosomus regius. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 867. Aufnahme: M. Schulz. tene Stöckerart. Ob sich unter den Funden noch Reste Wie anfangs erwähnt, lieferte die Familie der Meerbar- anderer Stöckerarten (Smith-Vaniz 1986, 841ff.) befi n- ben (Mullidae) einen nicht unbeträchtlichen Beitrag den, ist angesichts der Tatsache, dass fast ausschließlich zur Ernährung der Bewohner Mogadors. Das Problem nur Wirbel gefunden wurden, nicht zu beantworten. Die bei dieser Fischfamilie besteht in unserem Fall darin, Fische leben gewöhnlich über sandigem Boden in bis zu dass fast ausschließlich nur die charakteristischen Wir- 200, manchmal auch 500 m Tiefe, hin und wieder aber bel gefunden wurden. Diese variieren in weiten Gren- auch an der Oberfl äche. zen und gehörten Fischen von ca. 20 cm bis 55 bzw. 60 cm an, um einen Schwerpunkt von 35-40 cm Länge. Die sieben Knochen der Mittelmeersüßlippe (Plectorhyn- Die Wirbel der großen Barben machen fast die Hälfte chus mediterraneus), alle aus der frühphönizischen Pha- des Materials aus. Die UNESCO führt für die Region se, können der Größe nach von einem Individuum sein. nur eine Art auf, die zu solcher Größe heranwachsen Der Fisch maß etwa 35 cm. Mittelmeersüßlippen leben kann: die Senegalbarbe (Pseudupeneus prayensis). Ob- über sandigem und Schlickboden in 10 bis 150 cm Tiefe wohl deren nördlichste Verbreitungsgrenze heute bei (Ben-Tuvia & McKay 1986, 862). Agadir angegeben wird (Hureau 1986, 880), halte ich es für durchaus möglich, dass diese Fischart in der Ver- Aufgrund der Morphologie und absoluten Größe der gangenheit auch etwas weiter nördlich vorkam. Die Reste von Sciaeniden müssten diese durchwegs vom Fische leben über schlammigen und sandigen Böden, Adlerfi sch (Argyrosomus regius) sein (vgl. Abb. 55). in der Regel in Tiefen zwischen 30 und 50, maximal bis Sowohl die Knochen des Viscerocraniums als auch die zu 300 m Tiefe. Wirbel passen bestens zu dieser Art. Aus zwei ver- schiedenen Fundstellen stammen Wirbel, die Fische Kommen wir nun zu den Meerbrassen (Sparidae), der von Maximalgröße ausweisen. Eine Fundstelle lieferte vorherrschenden Fischfamilie dieser archäologischen vermischtes Material (2007 D 2). Die dort gefundenen Aufsammlung (Abb. 56, 57; Tab. 33-35). Es sind min- sieben Kaudalwirbel geben Hinweise auf einen Fisch destens 9 verschiedene Arten nachgewiesen, die aus- von fast 2 m Länge. Aus der Fundstelle 2008 De-c 6,1 schließlich auf Grund der charakteristischen Form der (6./5. Jh. v. Chr.) stammen die Knochen eines Individu- Praemaxillaria und Dentalia erkannt wurden. Sie sind ums von ca. 1,80 m Länge. Soweit dies aus dem oft für jede Gattung, ja zumeist auch für viele Arten äußerst bruchstückhaften Knochen abgelesen werden konnte, artcharakteristisch gestaltet. Zwar gibt es durchaus variierten die übrigen erfassten Fische von gut 50 cm auch an anderen Skelettelementen feinmorphologische bis zu 90 cm Länge. Über das Habitat von Argyroso- Unterschiede, wie etwa an den Neurocrania, Maxilla- mus schreibt N. C. Labbish (1986, 867): „…inshore and ria oder Palatinae, die meisten dieser Knochenpartien shelf waters, close to bottom, as well as in surface and sind aber so fragmentarisch oder so klein, dass man midwaters. From 15 to about 200m: enters estuaries sich mit der Identifi zierung leicht täuschen kann (s. auch and coastal lagoons. Pursuing schools of clupeids and Morales et al. 1994b, Fig. 4). Auf die Artbestimmung mugilids, congregating inshore to spawn…”. an solchen Stücken wurde verzichtet, die Funde sind 108 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 56: Pagrus. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 904. Aufnahme: M. Schulz.

Abb. 57: Dentex. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 887. Aufnahme: M. Schulz. Mogador – die Tierreste 109

Taxa I II III IV Summe Dentex dentex 14 3 - 7 24 Dentex spec. 126 12 5 23 166 Diplodus cervinus --1- 1 Diplodus sargus 15 - 6 4 25 Lithognathus mormyrus 1--- 1 Pagellus erythrinus 3 -12 6 Pagrus auriga 1224523 Pagrus pagrus 46 5 8 25 84 Pagrus spec. 122 11 18 10 161

Tabelle 34: Sparidae. Mindestindividuenzahlen der art-/gattungsbe- stimmten Funde (I bis IV s. Tab. 32).

Taxa Anteile Längen Dentex dentex 20%: 20-35; 50%: 35-60; 30%: 60-90; 100 Dentex spec. 20%: 20-35; 50%: 35-60; 30%: 60-90; 100 Diplodus cervinus 35 Diplodus sargus 20-55 Lithognathus mormyrus 30 Pagellus erythrinus 30-40 Pagrus auriga 35-60 Pagrus pagrus wie Dentex Pagrus spec. wie Dentex Spondyliosoma cantharus 40 Sparus auratus 40-60

Tabelle 35: Sparidae. Rekonstruierte Totallängen (in cm) in ihren relativen Häufi gkeiten bzw. in ihrem Gesamteindruck. unter der Rubrik „Sparidae“ verzeichnet. Die in den (Pagrus coeruleostictus) in Frage. Die anderen im Tabellen 33 und 34 aufgeführten Häufi gkeiten der ein- Fundgut festgestellten Sparidenarten können der Tab. 33 zelnen Arten dürften die Relation des Vorkommens der entnommen werden, ihre Mindestindividuenzahl der einzelnen Arten im Fang in etwa richtig refl ektieren. Tabelle 34. Von ihnen lieferten gerade einmal der Geiß- Das Gleiche gilt auch für viele der nur nach der Gat- oder Weißbrassen (Diplodus sargus) eine nennenswer- tung bestimmten Kieferknochen von Dentex spec. oder te Fundmenge (Abb. 58). von Pagrus spec. Die beiden letzteren Gattungen lie- ferten eindeutig die meisten Funde. Einige dieser Fische Seien zum Schluss dieser Einschätzung noch die letz- sind mit geradezu riesigen Kieferknochen repräsentiert ten drei festgestellten Fischfamilien diskutiert (Tab. (Abb. 56; vgl. Tab. 35). Nun verbergen sich aller Wahr- 33). Die Mugiliden oder Meeräschen sind wiederum scheinlichkeit hinter den Angaben „Dentex spec.“ und fast ausschließlich durch kleine bis höchstens mittel- „Pagrus spec.“ mehr Arten, als die jeweils sicher ange- große Wirbel belegt. Unter den Resten von Knurr- gebenen, nämlich der Gemeine Zahnbrassen (Dentex hähnen (Triglidae) deuten einige Schädelknochen auf dentex) und der Gemeine Sackbrassen (Pagrus pagrus) Trigla lucerna und Eutrigla gurnardus hin. Von dem bzw. Rotbandbrassen (Pagrus auriga). Obwohl alle Verwandten des im Nordatlantik lebenden Rotbarschs, drei Arten zu großer Länge heranwachsen können, der dem Blaumaul (Helicolenus dactylopterus), wurde Gemeine Zahnbrassen und der Gemeine Sackbrassen nur ein einziger Knochen bestimmt: ein rechtes, knapp bis zu 1 m Länge, kann man nicht mit Hilfe des Aus- mittelgroßes Dentale. Meeräschen sind euryhaline schlussverfahrens vorgehen, denn sowohl Dentex ca- Fische, die in Schulen meist in Küstennähe vorkom- nariensis als auch Dentex dentex und Dentex gibbosus men (Ben-Tuvia 1986, 1197). Die Jungtiere der Trigli- können diese Größen erreichen (Bauchot & Hureau dae wandern häufi g über Böden von fl achen Küsten- 1986, 886 ff.). Bei der Gattung Pagrus käme neben den gewässern (Hureau 1986a, 1230). Der Nachweis des genannten Arten auch noch der Blaupunktsackbrassen Blaumauls ist wohl ein Zufallsfund, denn die Tiere 110 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 58: Diplodus sargus. Knochenfunde und Darstellung des Tieres. Maßstab wie angegeben. Zeichnung nach Whitehead et al., 1986, Vol. 2: 894. Aufnahme: M. Schulz.

Familien I II III IV Summe Sparidae 23.970 952 625 1.660 27.207 Mullidae 785 81 110 140 1.116 Pomatomidae 215 15 20 40 290 Sciaenidae 170 252 25 186 633 Carangidae 36 3 8 6 53 Moronidae 38 5 20 2 65 Haemulidae 5 - - - 5 Serranidae 1 10 7 - 18 Rachycentridae - 2 - - 2 Summe 25.220 1.320 815 2.034 29.389

Tabelle 36: Perciformes. Fundfrequenz diverser Familien nach Gewicht (in Gramm) und Kontexten (I bis IV s. Tab. 32). sind eigentlich Bewohner tieferer Meeresschichten von ge von über 1 m erreichten. Vergleicht man die Gewich- 200 bis 1.000 m Tiefe (Hureau & Litvinenko 1986, te der Knochen der Perciformes, die von ihrem Skelett 1213), was man an ihren großen Augen erkennen her eine gewisse Gleichartigkeit der Erhaltungsfähig- kann. Alle anderen Arten der vorliegenden Aufsamm- keit besitzen, dann nehmen die Spariden einen noch lung sind, zumindest zeitweise, Bewohner oberfl äch- größeren Prozentsatz ein als nach den Fundzahlen licher Gewässerschichten. (Tab. 36). Dies gilt insbesondere für die frühphönizi- sche Zeit (ca. 95%), weil hier von den Gattungen Den- Die Wertigkeit der einzelnen Fischarten tex und Pagrus Kieferknochen besonders vieler großer Wie bereits oben angemerkt, helfen die drei Parameter Exemplare vorliegen. Doch auch hier kann der Ein- „Fundzahl“, „Mindestindividuenzahl“ und „Knochen- druck täuschen. Die beiden Gattungen Dentex und gewicht“ bei der Bewertung des Fischfangs nur unvoll- Pagrus sind in diesem Material mit fast allen Skelett- kommen weiter. So sind z. B. die Zahlen für alle 5 bzw. teilen gut vertreten, bis hin zu Pterygophori und Pin- 6 Knorpelfi scharten ohne große Relevanz, denn von nae, was ihr Knochengewicht nach oben treibt. Dem- dieser Fischgruppe erhalten sich, wie man weiß, nur die gegenüber fi nden sich bei den nur mit wenigen Knochen Kalkkörper der Wirbel und unter Umständen Zähne im Fundgut repräsentierten Arten erfahrungsgemäß und Stachel der Rückenfl ossen. Diese lassen weder die anatomische Lücken. Aber selbst wenn man die Min- Beurteilung der Mindestindividuenzahl noch des Ge- destindividuenzahlen (Tab. 34) bei den einzelnen Spa- wichtes der gefangenen Haie und Rochen zu. Insge- ridenarten miteinander vergleicht, dann kommt für samt dürften diese Fische, was ihre Fleischausbeute Dentex und Pagrus eine höhere Prozentzahl (in der anging, etwas mehr zu Buche geschlagen haben, als es Rubrik I = 90%) heraus als bei der Gegenüberstellung die Zahlen in den Tabellen 33 und 34 zum Ausdruck der Knochenfundzahlen. Infolgedessen ist es wohl ge- bringen. Dies gilt vor allem, wenn man davon ausgeht, rechtfertigt, von einem vorrangigen und gezielten Fisch- dass doch einige der gefangenen Haie eine Gesamtlän- fang auf diese Meerbrassengattungen zu sprechen. Mogador – die Tierreste 111

Zur Deutung der Befunde Île de Mogador ansässigen Phöniziern eher selten un- Insgesamt dürfen wir auch bei dem Fundmaterial aus ternommen. Diese Aussage ist insofern interessant, als Mogador von einem extrem hohen Knochenschwund sie einem allgemein in der Archäologie kommunizier- im Fischmaterial ausgehen, parallel zu dem, was Rosel- ten Bild widerspricht, nach dem das Zentrum des lo Izquierdo & Morales Muñiz (1994, 94) für Castillo Thunfi schfangs „in den Küstengewässern von Südspa- de Doña Blanca angeben, einen bedeutenden Fundplatz nien und Marokko gelegen habe, wo es in der Antike in der Bucht von Cadiz, ebenfalls am Atlantik gelegen. viele Einrichtungen zum Salzen und Verarbeiten von Dort beträgt der taphonomic loss geschätzte 97-99,3% Blaufi sch – Thunfi sch, Makrele und Sardinen – gab“ (ebd.). Zum Vergleich vorab: Für diesen Fundplatz wur- (Markoe 2003, 105). Es gibt im Fundmaterial aus Moga- de eine Stichprobe von n = 2445 Fischen analysiert dor nur einen einzigen Hinweis auf Fänge auf weiter (etwa 5% des geschätzten Gesamtmaterials), die sich See: ein Skelettrest eines Blaumauls (Helicolenus dacty- auf 46 verschiedene Taxa verteilen; charakteristisch für lopterus). Diese Spezies hält sich ausschließlich in tiefe- dieses Material ist, abgesehen von starken Veränderun- ren Gewässern auf. Bei den bereits erwähnten großen gen in der Schichtenabfolge im ausgegrabenen Sektor, Vertretern der Adlerfi sche (Argyrosomus regium) stellt eine hohe Diversität. Wie auch in Mogador sind Spari- sich die Frage, ob sie mit den üblichen Netzen gefangen dae (mit 13 Spezies) die dominante Fischfamilie (47,5%). wurden oder ob sie eher Ergebnis des Harpunierens Zweitplatziert ist Plectorhinchus mediterraneus, die waren. Denn es ist natürlich nicht auszuschließen, dass Mittelmeersüßlippe, während alle anderen Spezies kei- neben der gezielten Küstenfi scherei per Netz der eine ne auffällige Dominanz zeigen. Allerdings sind für oder andere Fisch individuell mit der Harpune gespeert Castillo de Doña Blanca auch Arten verzeichnet, die in oder auch mit der Angel gefangen wurde, wofür auch die Mogador fehlen wie z.B. Acipenser sturio (n = 47), Bar- gefundenen Angelhaken zeugen (Abb. 59a). bus sclateri (n = 33) und Thunnus thunnus (n = 26). Morales Muñiz et al. (1994a, 214f.) diskutieren dieses Die dominante Fischgruppe in dem aus Mogador unter- Repertoire auch unter Hinzuziehung der Resultate zu suchten Fischknochenmaterial sind Angehörige der Fa- Fischfunden aus anderen iberischen Plätzen, u. a. aus milie der Spariden, Meerbrassen, und hier überwiegend Toscanos. Die Korrespondenzanalyse (ebd., Fig. 10.7) zwei Gattungen: Dentex (Zahnbrassen) und Pagrus erbringt eine starke Divergenz, die sowohl unterschied- (Sackbrassen). Trotz der Imponderabilien, die sich aus lichen Standorten – hier Atlantik, dort Mittelmeer – als der Bewertung des Fischfangs aus dem Vergleich der auch unterschiedlichen Strategien beim Fischen – „open- festgestellten Knochenfundzahlen mit den Knochenge- water fi shing opposed to the litoral demersal type“ wichten ergeben (s. o.), kann mit Recht von einem spe- (ebd., 215) – geschuldet sein könnte. Im Abgleich mit zialisierten Fischfang auf diese beiden Fischgattungen den Resultaten aus Mogador scheinen sich durch die gesprochen werden, die ideale Lebensbedingungen Dominanz der Sparidae eher geringe Unterschiede abzu- über und an den Sandsteinfelsen der Küste, z. T. auch zeichnen, trotz einer anderen Bandbreite an Spezies. im alten Hafenbecken von Essaouira gefunden haben. Die hohe Diversität im Artenspektrum ist auch in ande- ren phönizischen Fundplätzen festzustellen, wie z. B. in Zahlreiche Spariden sind Hermaphroditen (Bauchot & La Fonteta-Ribata (Sternberg 2008, 371f.). Sternberg hält Hureau 1986, 883; Penney et al. 1989, 220 f.). Sie schlüp- dies für ein typisches Phänomen in iberischen Fund- fen entweder als Männchen (protoandrisch) und wan- plätzen (ebd., 372). deln sich, wenn sie zu größerer Länge herangewachsen sind, zu Weibchen um, die auf Grund ihrer Körperma- Der Begriff „Vielfalt“ ist streng genommen natürlich ße viele Eier produzieren. Oder die Tiere sind zunächst relativ. Denn wenn wir das Repertoire der in Mogador weiblichen Geschlechts (protogynisch) und später Männ- vertretenen Arten mit dem insgesamt an der Südküste chen, die dann die kleineren und mittelgroßen Weib- Marokkos bzw. im Atlantik vorkommenden Spektrum chen wie einen Harem bewachen. In der Regel können (Whitehead et al. 1986) vergleichen, erscheint es eher die größten Männchen die Eier einer großen Zahl von klein. Sehen wir das Repertoire in Kombination mit der Weibchen befruchten. „This strategy would tend to Größe der erbeuteten Fische, so lassen sich drei inter- maximize the number of offsprings produced by the essante Feststellungen treffen: most successful, and presumably fi ttest males“ (ebd., 220 f.). Diese biologische Eigenart ist auch der Grund 1. Alle für Mogador nachgewiesenen Fischarten sind, dafür, warum viele Meerbrassenarten oft in riesigen von wenigen Ausnahmen abgesehen, entweder aus- Schulen vorkommen, was sich eben in den Fangquoten schließlich Küstenbewohner oder aber im offenen Meer widerspiegelt. Wie bereits erwähnt, bilden Meerbras- lebende Fische, die zur Nahrungssuche auch Küsten- sen auch in anderen küstennah gelegenen Fundplätzen gewässer aufsuchen. Überraschenderweise fehlen im Spaniens und Nordafrikas eine sehr häufi ge Fischgrup- vorliegenden Repertoire Spezies wie Thunfi sch oder pe, und zwar unabhängig von der Zeitstellung der Sied- Sardinen, die nur pelagisch leben. Fangunternehmun- lungen (z.B. Morales Muñiz et al. 1994a; Morales et al. gen auf offener See wurden demnach von den auf der 1994b; Baumgartner 1996, 102 ff.). Das doch auffällige 112 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Abb. 59a, b: Funde von Angelhaken (a); Fragment einer phönizischen Transportamphore mit anhaftendem Fischgrus (b). Maßstäbe wie angegeben. Foto: Courtesy DAI Madrid.

Überwiegen in dem vorliegenden Material insbesonde- der Anglerfi sch (Lophius piscatorius), der sich gern im re unter Berücksichtigung der großen Fundzahl, spricht Sand versteckt, sind nicht belegt. Vielmehr haben wir es für einen hoch spezialisierten Fischfang bei den Phö- mit einer die oberen Wasserschichten ausnutzenden niziern. Aufgrund dieser enormen Ausbeute konnten Küstenfi scherei zu tun, was für diesen Zeitabschnitt der offenbar andere Fanggebiete außer Acht gelassen wer- Frühgeschichte auch nicht anders zu erwarten war. den. Es ist durchaus möglich, dass man sich in der An- Wenn in anderen phönizischen und karthagischen Fund- fangszeit der Besiedlung auch und gerade wegen dieses plätzen Spaniens und Nordafrikas neben vorwiegend Reichtums an ausgezeichneten und relativ leicht zu be- litoralen Fischspezies gelegentlich auch Thune und Sar- schaffenden Speisefi schen entschloss, in Mogador eine dinen nachgewiesen wurden, z.B. in Ceuta (Giménez et Handelsstation zu errichten. Fisch war ja nicht nur al. 2010, 416 ff.), in Bir Messaouda (van Neer & Wouters Nahrungsmittel für die Bewohner der Insel, man konn- 2009, Tab. 1 und 2), in Lixus (Rodriguez Santana & te mit haltbar gemachten Exemplaren per Einsalzen Rodrigo Garcia 2005, Tab. 32), im Golf von Huelva oder auch Handel treiben. Dies ist tatsächlich für die gesam- im Golf von Málaga (Lepiksaar 1973a, 34; 1973b, 109 te phönizische Epoche belegt (Rodriguez Santana & f.), aber auch in Karthago (Nobis 1999, 590), kann das Rodrigo Garcia 2005, 252). G. Nobis (1999, 590) erläu- damit erklärt werden, dass Thunschwärme auf ihrer tert in seiner Abhandlung zu Karthago: „Während die Wanderung ins Mittelmeer im Bereich der Straße von Fischer selbst meist arme Leute waren, die sich Tag Gibraltar von der Küste aus leicht ausgemacht werden und Nacht plagen mussten, verdankte mancher puni- konnten. Nahe der Bucht von Essaouira lagen keine sche Großhändler den Salzfi schen seinen Reichtum; Wanderwege des Roten Thuns. Ob Sardinenschwärme denn für die seefahrenden Phöniker und Karthager küstennah vorkamen oder nicht, ist nicht bekannt. waren eingepökelte Fische auf ihren langen Seereisen besonders wertvoll. So gab es dann auch an vielen 3. Unter den meisten Fischen aus Mogador überwiegen Plätzen des Mittelmeeres, wie teilweise heute noch, sehr große und mittelgroße Vertreter ihrer jeweiligen Salzsiedereien, um das wichtige Nahrungsmittel Fisch Art. Kleine Fische mit Gesamtlängen von 20 bis 25 cm durch Einsalzen vor rascher Fäulnis zu bewahren.“ kommen seltener vor, und Fischgrößen unter 20 cm Für phönizische Fundplätze auf der Iberischen Halbin- fehlen gänzlich (vgl. Tab. 35). Dieser Befund ist nicht sel kommt E. Garcia Vargas (2001) zu einer ähnlichen das Ergebnis einer unsorgfältigen Ausgrabungstechnik, Einschätzung. Angesichts der vielen Fischreste und der denn die Masse der Stichproben wurde durch fein- Existenz naher Salinen (Marzoli & El Khayari 2010, maschige Siebe geschickt. Vielmehr kann man dieses 75) könnte man auch für Mogador einen Handel mit Resultat in zweierlei Hinsicht interpretieren: Wenn die gesalzenen Fischen postulieren. Weitere, gut transpor- Phönizier überwiegend mit relativ grobmaschigen Net- table Fischprodukte wären Trocken- oder Stockfi sch – zen gearbeitet haben, konnten kleine Fische durch die für Mogador allerdings nicht nachgewiesen – und Fisch- Maschen schlüpfen. Das weitgehende Fehlen kleiner sauce bzw. Garum (Näheres dazu weiter unten). Fische wäre also das Resultat der Fangtechnik bzw. der Struktur der Netze. 2. Ausgehend von dem hier vorliegenden Repertoire an Fischarten dürfen wir Schleppnetz- oder Grundnetzfi - Die andere Ausdeutung zieht den Aspekt „Fischsauce“ scherei ausschließen, denn am Meeresgrund lebende in Betracht: Gerade zur Herstellung von Garum wer- Fische wie die Plattfi sche (Pleuronectiformes) oder etwa den nach einer Information bei Plinius dem Älteren Mogador – die Tierreste 113

„…fangfrische, im allgemeinen kleinere Fische wie gegeben voraussetzen. Wurde Garum in der Römerzeit Makrelen und Sardellen sowie Fischinnereien verwen- vielleicht ebenfalls lokal hergestellt? Mit Sicherheit, det“ (Gerlach 2001, 41). A. von den Driesch (1980, 152f.) denn noch heute sind auf der Île de Mogador Garum- kommt zum selben Ergebnis bei der Analyse einer becken zu entdecken, die vermutlich aus römischer allerdings römisch datierten Stichprobe von Garum- Zeit stammen. Sie liegen etwa 20 m entfernt vor dem Resten aus Cerro del Mar. Der Fischgrus besteht hier Seitentrakt der römischen Villa in Richtung Wasser aus einigen Stücken größerer Thunfi sche, in der Masse und sind in Teilen durch Wellen und Dünung zerbro- jedoch sind es kleine Exemplare zwischen 10 und 20 cm chen (vgl. dazu Abb. 15 bei Arnold & Arnold 2010; Länge. Eben solche Fische schichtete man im Ganzen Abb. 6c). Und vermutlich wurden, wie schon bei den in die Amphoren ein (ebd., 152). Auch zum Rezept gibt Phöniziern, kleine Fische und Fischinnereien bei der sie eine ausführliche Beschreibung: „…Man legte ein- Herstellung der Sauce genutzt und gelangten gar nicht gesalzene Fische und/oder deren Eingeweide […] in erst in den Kreislauf der Salzfi schherstellung oder des Amphoren und ließ das Ganze oft monatelang in der täglichen Verzehrs. Sonne gären…“ In den Amphoren bildet sich wohl gar nicht so selten ein Bodensatz aus Fischgrus und ver- Fazit klumpten Gräten, der in manchen Fällen auch an den Die Ausbeute an Fisch von der Île de Mogador ist recht Wänden der Gefäße festhaftete. Und in manchen, für umfangreich (n = 21.826). Sowohl in phönizischer Zeit die Archäologen glücklichen Fällen erhalten sich Scher- als auch während der römischen Phase überwiegt der ben mit eben solchen Rückständen über Jahrhunderte spezialisierte Fischfang auf Zahn- und Sackbrassen. im Boden. Dies war auch in Mogador der Fall (Abb. Die Fangunternehmungen spielten sich größtenteils in 59b). Mehrere solcher Amphorenscherben sind belegt, den Küstengewässern ab, da pelagisch lebende Fisch- dazu in großer Zahl phönizische Transportamphoren arten weitgehend fehlen. Auch Schlepp- oder Grund- ohne Fischanhaftungen. Der Fischgrus besteht aus netzfi scherei wurde nicht betrieben, mangelt es hierfür kleinen und kleinsten Fischknochen, Schuppen und im Fundgut an entsprechenden Spezies wie Plattfi - Gräten in starkem Durcheinander. In anderen Fällen schen. Das hier vertretene Größenspektrum enthält, zeigen sich in Gefäßen Fischreste im anatomischen trotz Sieben der allermeisten Stichproben, kaum Fische Verband oder auch komplett erhaltene Wirbelsäulenab- unter 20cm Länge, woraus entweder auf die Benutzung schnitte. Dies sind eben keine Indizien für eine Pro- relativ grobmaschiger Netze zurückzuschließen ist oder duktion von Garum, sondern für die Herstellung von auf die lokale Produktion von Fischsauce. In phöni- Salzfi sch, bei der ganze Fische abwechselnd mit Lagen zischer Zeit geschah dies durch Einschichten kleiner von Salz in Keramikbehältnisse eingeschichtet werden. Fische in Amphoren, zusammen mit Salz, Wasser und Das Einhalten genau dieser Prozedur konnten W. van Gewürzen. Entsprechende Funde von Amphoren mit Neer et al. (2007) für die Fischkonservierung in einem anhaftendem Fischgrus sind aus Mogador belegt. In koptischen Kloster in Bawit, Ägypten, feststellen. Dort römischer Zeit hingegen geschah die Garumproduk- wurden offenbar in Salzlake eingelegte Fische in Am- tion in wesentlich größerem Stil unter Verwendung von phoren angeliefert. Interessanterweise ist das Produkt Garumbecken. Auch hierfür gibt es vor Ort ein Bei- „Salzfi sch“ dort auch quellenschriftlich belegt. Wenn spiel. Fisch wurde vermutlich sowohl frisch, d.h. wir nun davon ausgehen, dass die in Mogador entdeck- gekocht oder gebraten, als auch als Salzfi sch oder in ten Amphoren Zeugnisse einer lokalen Garumherstel- Form von Garum aufgenommen. Interessant in diesem lung sind (und nicht umgekehrt den Transport von Zusammenhang sind die von R. Neef analysierten Garum aus Fundplätzen von der Iberischen Halbinsel Holzproben von der Île de Mogador, die überwiegend oder aus Karthago nach Mogador signalisieren; s. dazu von Wacholder stammen (Neef 2010), ein Holz, wel- Étienne & Mayet 2002), wäre zu vermuten, dass beson- ches im Umfeld in großen Beständen wuchs und auf- ders kleine Fische sofort nach dem Fang separiert und grund seines Aromas bestens zum Räuchern von Fisch gezielt der Garumherstellung zugeführt worden sind. geeignet wäre. Nachweise für geräucherten Fisch ex- Das Fehlen kleiner Exemplare ließe sich also durch pressis verbis können aber nicht vorgelegt werden. Der eine gesonderte Nutzung speziell dieser Fangkategorie Stellenwert von Fisch in der täglichen Ernährung lässt für die Garumproduktion erklären. Und genau diese sich nur schwer einschätzen, er kann jedoch kein gerin- kleinen Fische fehlen eben nicht nur in den phönizi- ger gewesen sein. Sowohl in den phönizischen als auch schen, sondern auch in den römischen Kontexten von in den römischen Jahrhunderten spielte Fisch eine nicht der Île de Mogador. Angesichts der Tatsache, dass zu unterschätzende Rolle auf der Île de Mogador. Garum bei den Römern ein unverzichtbares Gewürz für vielerlei Speisen (Rezepte des Apicius; Alföldi- Muscheln und Schnecken (H. C. K.) Rosenbaum 1976) und ein Exportgut ersten Ranges darstellte (Gerlach 2001, 41ff, Karte S. 8), dürfen wir Muscheln und Schnecken stellen unter den Faunen- auch bei den Römern, die auf Mogador wohnten, die resten aus Mogador die umfangreichste Fundkategorie Verwendung von Garum in der täglichen Küche als (n = 27.269; Gewicht 106,7 kg; vgl. Tab. 2). Dieses gro- 114 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Gewicht Individuen- Tierart NISP%%(g) zahl % Bivalvia Muscheln Perna perna Miesmuschel3.329 17,9012.706,0 12,21 1.136 8,24 Mytilidae Miesmuschel60 0,032,8 0,00 3 ,02 Ostrea edulis Europäische Auster230 1,2413.473,1 12,95 109 0,79 Ostreidae Auster10 0,010,9 0,00 1 ,01 Solen marginatus Gefurchte Scheidenmuschel178 0,96144,4 0,14 68 0,49 Pecten maximus Kammmuschel30 0,0213,0 0,01 3 ,02 Glycimeris sp. Samtmuschel50 0,0343,0 0,04 5 ,04 Venerupis decussata Venusmuschel48 0,26207,4 0,20 28 0,20 Panopea glycimeris Elefantenrüsselmuschel30 0,02122,4 0,12 3 ,02 Cardiidae Herzmuschel20 0,016,0 0,01 2 ,01 gesamt Muscheln 3.805 20,4626.719,0 25,68 1.358 9,86

Gastropoda Meeresschnecken Patella ulyssiponensis Napfschnecke8.462 45,5039.018,7 37,50 7.323 53,15 Patella rustica Napfschnecke1.662 8,944.166,6 4,00 1.662 12,06 Cymbula nigra Napfschnecke132 0,711.850,0 1,78 127 0,92 Patella sp. Napfschnecke228 1,23507,1 0,49 20 0,15 Stramonita haemastoma Rotmundige Steinschnecke1.049 5,6415.134,7 14,54 502 3,64 Hexaplex trunculus Purpurschnecke10 0,0557,1 0,05 2 0,01 Ocenebra erinaceus Gerippte Felsschnecke10 0,0515,2 0,01 10 0,07 Ocenebra sp. Felsschnecke70 0,049,1 0,01 7 ,05 Ocinebrina sp. Felsschnecke10 0,010,2 0,00 1 ,01 scrobilator Pocken-Froschschnecke40 0,0218,4 0,02 4 ,03 Haliotis tuberculata Gemeines Seeohr421 2,262.765,9 2,66 191 1,39 Osilinus lineatus Gestrichelte Buckelschnecke2.713 14,5912.226,0 11,75 2.493 18,09 Gibbula sp. Kreiselschnecke10 0,010,0 0,00 1 ,01 Calliostoma zizyphinum Spitzkreiselschnecke60 0,0313,6 0,01 6 ,04 Bolma rugosa Sternschnecke10 0,010,1 0,00 1 ,01 speciosa Kreiselschnecke40 0,020,9 0,00 4 ,03 Barleeia sp. Kleinschnecke10 0,010,0 0,00 1 ,01 Monetaria annulus Ring-Kauri10 0,011,2 0,00 1 ,01 Cypraea sp. Kaurischnecke20 0,011,5 0,00 2 ,01 Trivia monacha Nonnenkauri30 0,020,7 0,00 3 ,02 Littorina cf. punctata Uferschnecke20 0,010,0 0,00 2 ,01 Nassarius reticulatus Netzreusenschnecke19 0,1018,7 0,02 19 0,14 Marginella sp. Randschnecke30 0,027,8 0,01 3 ,02 Charonia lampas Knotiges Tritonshorn43 0,231.438,6 1,38 27 0,20 Monoplex parthenopeus Neapolitanischer Triton10 0,015,4 0,01 1 ,01 Monoplex tranquebaricus Tritonshorn10 0,011,4 0,00 1 ,01 Cymbium cucumis Walzenschnecke70 0,0476,6 0,07 7 ,05 gesamt Schnecken 14.794 79,5477.335,5 74,32 12.421 90,14

Zahl bestimmter Funde (NISP) 18.599 100,00104.054,5 100,00 13.779 100,00 Tabelle 37: Marine Mollusken. Artenspektrum nach Fundzahl, Gewicht und Individuenzahl (0,00 % = Werte < 0,005). Mogador – die Tierreste 115

ße Konvolut an Schalen und -fragmenten verteilt sich auf insgesamt 40 Arten. Für die vergleichend morpho- NISP logische Bestimmung der Funde wurde zunächst eine kleine Vergleichssammlung aus lokalen Funden auf- gebaut, später dann Sammlungen in diversen Museen Bivalvia und eine Fülle an Literatur zu Rate gezogen, insbeson- 14% dere auch, um die Taxonomie der in der marokkani- schen Küstenregion vorkommenden Spezies auf aktu- ellem Stand zu präsentieren (vgl. Abschnitt „Mollusca“ im Kapitel „Material und Methode“). Die große Fülle an Material machte es unmöglich, die Auswertung aller Molluskenfunde bis zum Redaktionsschluss in terrestrische der gebotenen Tiefe abzuschließen. Aus diesem Grund marine Gastropoda Gastropoda werden an dieser Stelle zunächst nur Ergebnisse gene- 32% reller Natur dargelegt. Eine detaillierte Auswertung 54% wird in einem weiteren Beitrag folgen (Küchelmann, in Vorb.). Gewicht Mollusca Das auf der Île de Mogador ausgegrabene Fundgut an Mollusken enthält marine Gastropoda und Bivalvia Bivalvia sowie terrestrische Gastropoda. Tabelle 37 und Abbil- 25% dung 60 geben die Mengen- und Gewichtsverhältnisse für jede Gruppe wieder. Vorangestellt sei, dass dieses Material in zwei Kategorien mit unterschiedlicher Wertigkeit einzuteilen ist: Nahezu alle Meeresschne- terrestrische cken und -muscheln stellen Überreste menschlicher Gastropoda Aktivitäten dar, während es sich bei den Landschne- 2% cken fast ausschließlich um natürliche Einschleppun- gen von der damaligen Oberfl äche in die archäologi- schen Kontexte handelt. marine Gastropoda 73% Insgesamt sind Landschnecken in dem hier erfassten Fundgut in erheblicher Anzahl vertreten, gewichtsmä- ßig schlagen sie jedoch eher gering zu Buche (vgl. Abb. 60a, b). Sie treten in hoher Individuenzahl auf (Abb. MIZ Mollusca 60c). Fast 99% der Funde werden von einer Art gestellt, Bivalvia der Dünenschnecke Theba pisana. Das Artenspektrum 6% und die -frequenzen der Landschnecken spiegeln fast exakt die rezenten malakologischen Verhältnisse auf der heutigen Oberfl äche der Île de Mogador wieder.

Die Landschnecken erlauben Rückschlüsse auf die kli- terrestrische matischen und ökologischen Verhältnisse zur Zeit der Gastropoda marine Entstehung der Kontexte, die den heutigen Verhältnis- 38% Gastropoda 56% sen vergleichbar gewesen sein müssen. Sie könnten ferner wichtige Hinweise zur Entstehungsgeschichte der Kontexte liefern. Diese Gesichtspunkte werden in der Endpublikation zu den Mollusken aufgegriffen.

Marine Gastropoda machen von der Fund- und Indivi- duenzahl her den Hauptanteil dieses Materials aus Abb. 60a-c: Mollusca. Relative Fundfrequenz der Bivalvia, der marinen und terrestrischen Gastropoda nach NISP (a), (Abb. 61). Die Gruppe der marinen Schnecken zeigt Gewicht (b) und Individuenzahl (c). das breiteste Repertoire an Arten, insgesamt sind es 24. Nur wenige Arten sind allerdings in größerer Zahl prä- sent. In der Reihenfolge ihrer Häufi gkeit sind dies Napfschnecken (Patellidae), Gestrichelte Buckelschne- cken (Osilinus lineatus), die Rotmundige Steinschnecke (Stramonita haemastoma) und Meerohren (Haliotis Taxon marine Gastropoda Anzahl Gewicht

116 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

tuberculata ). Beim Gewicht nehmen die Steinschne- NISP marine Gastropoda cken aufgrund ihrer massiven Schale den zweiten Platz vor den Gestrichelten Buckelschnecken ein (Tab. 37; Abb. 61b). Haliotis Sonstige Stramonita 3% 1% 7% Marine Muscheln sind mit acht Spezies belegt. Auch hier wird das Spektrum durch wenige Arten geprägt: Dominierend sind die Miesmuschelart Perna perna, die Europäische Auster (Ostrea edulis) und die Gefurchte Osilinus Taxon marine Gastropoda Anzahl Gewicht Scheidenmuschel (Solen marginatus; Tab. 37; Abb. 62). 18% Fast alle in nennenswerter Zahl vorkommenden mari- nen Molluskenarten sind Bewohner felsiger Untergrün- de im Tidenbereich. Genau diese Verhältnisse sind am Patellidae Saum der Île de Mogador, den steil abfallenden Kanten 71% der Insel und im unmittelbaren Umfeld gegeben. Die Phönizier bzw. Römer hatten also direkten Zugriff auf die meisten der genannten Arten und man hat sie bei Gewicht marine Gastropoda Niedrigwasser offensichtlich in großer Zahl von den Haliotis Sonstige Felsen abgesammelt. Lediglich zwei Muschelarten (Solen 4% 2% marginatus, Venerupis decussata) leben auf Sand- oder Stramonita Schlickboden und mussten ausgegraben werden, um 20% ihrer habhaft zu werden.

Vergleicht man das Molluskenspektrum in phönizi- scher und römischer Zeit, so ist eine Verschiebung in der Artenfrequenz erkennbar (Abb. 63a). Der Anteil der Taxon marine Gastropoda Anzahl Gewicht Gestrichelten Buckelschnecken geht in der römischen Patellidae Phase deutlich zurück. Gleichbleibend häufi g sind Osilinus 58% Patellidae, Haliotis und Stramonita. Austern hingegen 16% treten in römischer Zeit etwas stärker in den Vorder- grund, insbesondere auf Grundlage des Gewichtes (Abb. 63b). Dies ist keine Überraschung, denn Austern sind bei der römischen Oberschicht eine beliebte Spei- MIZ marine Gastropoda se. Ihre Häufi gkeit in Mogador kann durchaus als Zei- Haliotis chen eines gehobenen Standards in der Ernährung an- 2% Stramonita Sonstige gesehen werden. 4% 1% Besonderes Augenmerk wurde bei der Arterfassung Osilinus auf die Purpur liefernden Schneckenarten gerichtet, war 20% nach den antiken Quellen doch die Purpurgewinnung bzw. das Auffi nden neuer Quellen für Purpur liefernde Schnecken das dominante Motiv zum wiederholten Anlanden in der Bucht von Mogador (vgl. „Einleitung“). Patellidae 73% Nun sind solche Schneckenarten im vorliegenden Fundmaterial zwar in nicht unwesentlicher Zahl reprä- sentiert, gleichwohl lässt sich eine Purpurproduktion nicht nachweisen. Denn es fehlt ein entscheidender Be- fund: die intensive und zielgerichtete Zertrümmerung Abb. 61a-c: Marine Gastropoda. Relative Fundfrequenz der Schalen, die üblicherweise an Fundplätzen mit Pur- der häufi gen Taxa nach NISP (a), Gewicht (b) und Indivi- purproduktion regelhaft nach gewiesen ist. Vielmehr duenzahl (c). darf angenommen werden, dass auf der Île de Mogador lediglich das Fleisch der Purpurschnecken verzehrt wurde (weitere Details s. Küchelmann, in Vorb.).

Limnische Arten fehlen in diesem Material vollstän- dig, was mit dem Fehlen jeglicher Süßwasserhabitate Taxon Bivalvia Anzahl Gewicht

Mogador – die Tierreste 117

auf der Insel in Zusammenhang gebracht werden könn- NISP Bivalvia te. Die Tatsache ist jedoch insofern bemerkenswert, als Solen im übrigen Fundmaterial sehr wohl bestimmte Vogel- Sonstige 5% arten und Wasserschildkröten auftauchen, die an lim- 2% Ostrea nische Lebensräume gebunden sind (s. Abschnitte 6% „Wildvögel“ und „Schildkröten, Seeigel, Krebse“). Die Süßwasserhabitate im Küstengebiet wurden offen- sichtlich durchaus als Ressourcen bei der Erbeutung bestimmter Arten genutzt. Dies schloss die Nutzung limnischer Mollusken allerdings nicht ein.

Schild k röten, Seeigel, K rebse (H. C. K., C. B.) Perna 87% Dieses Kapitel bietet lediglich einen Überblick zu den Fundgruppen, die bisher nicht im Detail untersucht wurden. Es handelt sich um 16 Fundstücke von Schild- kröten (Gewicht: 41 g), 15 Überreste von Krebsen (Ge- wicht: 18 g) und 1.149 Seeigelfunde (Gewicht: 477 g: Gewicht Bivalvia Tab. 1). Einige der Stücke wurden bereits bestimmt. Solen Damit kann zu diesen Fundgruppen ein erster Eindruck Sonstige 1% vermittelt werden. 2%

Schildkröten

Bei den Schildkrötenfunden handelt es sich sowohl um Panzerreste als auch Extremitätenknochen. Sie stammen Perna von Süßwasser- und Meeresschildkröten und wurden Ostrea 48% ganz überwiegend in phönizischen Kontexten entdeckt; 49% nur zwei Funde sind chronologisch nicht zugeordnet (vgl. Tab. 2). Zwei Spezies sind vertreten: die Maurische oder Spanische Wasserschildkröte und die Unechte Karettschildkröte.

Maurische oder Spanische Wasserschildkröte MIZ Bivalvia (Mauremys leprosa) Diese Spezies ist mit sieben Funden repräsentiert. Mau- Sonstige Solen rische Wasserschildkröten können bis zu 25 cm groß 5% 3% werden und bewohnen Gewässer jeder Art, auch Tüm- Ostrea pel mit brackigem Wasser, selbst Abortgruben. Sie 8% ernähren sich von pfl anzlicher und tierischer Kost. Mauremys leprosa ist auf der Iberischen Halbinsel und in Nordwestafrika verbreitet, für Marokko sind ver- schiedene Unterarten verzeichnet (Schleich 1996). Im Umfeld der Île de Mogador, in den Lagunen und Brack- wasserbereichen im Hinterland, haben diese Wasser- schildkröten einen perfekten Lebensraum vorgefunden (vgl. Kapitel „Das Forschungsprojekt Mogador“). Perna 84% Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) Sechs Panzerteile und drei Extremitätenknochen stam- Abb. 62a-c: Bivalvia. Relative Fundfrequenz der häufi gen men von der Unechten Karettschildkröte. Noch heute Taxa nach NISP (a), Gewicht (b) und Individuenzahl (c). gibt es größere Populationen dieser Spezies im Mittel- meer; auch in bestimmten Bereichen des Atlantiks sind sie präsent. Unechte Karettschildkröten werden bis zu 1,2 m lang und 110-130 kg schwer. Sie besitzen massive Schädel und können mit ihren Kiefern Muscheln auf- knacken. Ihre Nahrung besteht aus Krebsen, Seeigeln, 118 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Artenspektrum • Vergleich der Fundkomplexe NISP

100%

90% Ostrea 80% Perna 70%

60% Haliotis

50% Stramonita

% NISP 40% Osilinus 30% Patella 20%

10%

0% phönizisch römisch

Fundkomplexe

Artenspektrum • Vergleich der Fundkomplexe Fundgewicht

100%

90% Ostrea 80% Perna 70%

60% Haliotis

50% Stramonita 40% % Gewicht Osilinus 30% Patella 20%

10%

0% phönizisch CC • römisch

Fundkomplexe

Abb. 63a, b: Marine Mollusca. Vergleich der relativen Fundfrequenzen häufi ger Taxa in phönizi- schen und römischen Kontexten nach NISP (a) und Gewicht (b).

Tintenfi schen, Quallen u. v. m. Die Weibchen legen die Phönizier durchaus Aufmerksamkeit, wie Grabbei- ihre Eier am Strand ab, u. a. heute noch auf der griechi- gaben in Form von Schildkrötenpanzern in Bestattun- schen Insel Zakynthos, auf Zypern in der Lara Bay und gen aus Tyros dokumentieren (mdl. Mitt. D. Marzoli). in Anamur/Südtürkei (Młynarski & Wermuth 1971). Zudem bietet gerade für die Seefahrer eine im Meer Angesichts der Bemerkung von Nobis (1999, 596): aufgefi schte große Schildkröte eine willkommene „Schildkröten waren auf dem Speiseplan der Karthager Abwechslung im Speiserepertoire und eine Menge fri- als ‚Bewohnerinnen der Hölle‘ mit einem ‚zutiefst unrei- sches, schmackhaftes Fleisch – etwas, was die phöni- nen Geist‘ tabu“, möchten wir vorerst dahingestellt sein zischen Kolonisten auf ihren langen Fahrten bis nach lassen, ob die Bewohner von Mogador Schildkröten- Mogador sicherlich nicht verschmähten und auch vor fl eisch gegessen haben oder nicht. Essbar, ja schmack- Ort zu schätzen wussten. haft ist das Fleisch gerade von Meeresschildkröten zweifellos. Und der Tiergruppe als solcher schenkten Mogador – die Tierreste 119

Krebse und Seeigel Ernährungsstrategien und Nutzung von Ressourcen bei den Phöniziern Überreste von Krebsen wurden ausschließlich aus phö- nizischen Kontexten herausgesammelt (n = 15; Tab. 1, Wie bereits mehrfach angeklungen, sind unsere Kennt- 2). Eine genaue Identifi zierung der Art(en) liegt zurzeit nisse zur Ernährung bei den Phöniziern und zur Nut- noch nicht vor. Es handelt sich ausschließlich um Frag- zung verschiedener Haus- und Wildtiere im phönizi- mente von z. T. sehr kräftigen Scheren. Gerade in die- schen Alltag eher gering, vor allem durch die fehlenden sen Körperabschnitten der Krebse befi ndet sich beson- Tierknochenmaterialien aus dem phönizischen Kern- ders schmackhaftes Fleisch und die hier entdeckten land. Besser informiert sind wir zu land- und viehwirt- Scherenfragmente mögen tatsächlich von Mahlzeiten schaftlichen Aspekten im westlichen Expansionsgebiet der Phönizier übrig geblieben sein. der Phönizier, vor allem aus der Region im Hinterland Karthagos. Zum einen sind es griechisch-römische Quel- Recht häufi g im Fundmaterial von der Île de Mogador len (Martin 1971), zum anderen die Aufzeichnung des sind Seeigel vertreten, wiederum fast ausschließlich Agronomen Mago, die in vielfältiger Weise über die aus phönizischen Kontexten. Kleine Fragmente der Landnutzung und den Ackerbau Auskunft geben (Krings Exoskelette kamen in geringer Zahl in den Schichten E 2008). Es ist nicht bekannt, wann Mago lebte, ver- 8-10 vor (phönizisch). In den geschlämmten Proben mutlich irgendwann im 3. Jh. v. Chr. Seine Sachbücher aus F2 („wohl phönizisch“) waren über tausend Reste haben aber noch Jahrhunderte später eine breite Wir- sowohl von Skelettplatten, Stacheln als auch vom Kau- kung in der griechischen und römischen Landwirt- apparat, der „Laterne des Aristoteles“, repräsentiert. schaft und im Gartenbau entfaltet (Suerbaum 2002). Seeigel bzw. die Gonaden dieser Tiere haben mög- Die Landnutzung rund um Karthago konnte außer durch licherweise zu den gerne verspeisten Köstlichkeiten Schriftquellen natürlich auch mit Hilfe von Unter- gehört, die das Meer zu bieten hatte. suchungen zu Tierknochen (Nobis 1999) und Pfl anzen- resten (Van Zeist et al. 2001; s. u.) erschlossen werden.

Die archäozoologischen Ergebnisse A. Spanò Giammellaro (1996) hat sich speziell der Er- im weiteren Kontext (C. B.) nährung bei den Phöniziern gewidmet. Sie stützt sich im Wesentlichen auf Schriftquellen, insbesondere die Die Tierreste aus der phönizischen Faktorei bzw. aus der Ausführungen von Plinius dem Älteren, Herodot und römischen Villa von der Île de Mogador bieten aufgrund die Angaben in Homers Odyssée. Ihr Kompilat an ihrer Fundmenge und der Vielfalt an Arten nicht nur Erkenntnissen möchte ich hier stark verkürzt wieder- eine Fülle von Indizien, sondern auch handfeste Belege geben: Im Mutterland der Phönizier war Getreide (Em- zu Nahrungsmitteln und Produkten, die damals in die- mer, Einkorn, Gerste) die Grundlage der täglichen ser Station verwendet wurden. Eher spekulativer Natur Ernährung. Es wurde in Form von Getreidesuppe, sind hingegen die Aussagen zu Viehhaltung, Jagd und Grütze und Fladenbrot verzehrt. Der Bedarf war zu externer Versorgung. Das Material aus phönizischer manchen Zeiten so hoch, dass zusätzlich Getreide aus Zeit ist mit n = 50.100 ungleich größer als dasjenige aus Ägypten importiert werden musste. Eine ganz wichtige römischer Zeit (n = 3.523). Dementsprechend steht die Komponente der Ernährung stellten Meeresfrüchte dar Beweisführung für die phönizische Epoche auf einer und zwar sowohl marine Muscheln und Schnecken als deutlich konkreteren Basis. Interessanterweise verhält auch Fisch (zumeist konserviert mit Salz), dazu Krab- es sich mit der sonstigen Quellenlage zu diesen Themen ben und Seeigel. Sogar der Verzehr von Walfl eisch ist gerade umgekehrt: Aus römischer Zeit liegt uns eine belegt. An Gemüse kannte man u. a. Erbsen, Linsen, außerordentliche Vielfalt an im weitesten Sinn ernäh- Kichererbsen und Bohnen, zumeist zu Mehl verarbei- rungsrelevanten Hinweisen sowohl aus Bild- und tet und als Erbsen- oder Bohnenbrei verzehrt. Eine Schriftquellen als auch durch Tierknochenfunde vor. wichtige Beimengung war Öl, sowohl aus Oliven ge- Die Liste an Publikationen ist zu lang, um hier wieder- wonnen als auch aus anderen ölhaltigen Samen wie gegeben zu werden. Genannt seien unter vielen anderen Sesam. Auch Zwiebeln, Lauch und Gurken waren den Frayn (1979), André (1988), Alföldi-Rosenbaum (1976), Phöniziern bekannt. Besonders beliebt waren Datteln, Audoin-Rouzeau (1993), Ebersbach & Schröder (1997), Feigen, Granatäpfel und Pistazien. Einen wichtigen Peters (1998), Benecke (2000), Fellmeth (2001) und Ger- Platz nahm der Wein ein, gepresst und vergoren zu lach (2001). Für die phönizische Epoche sind die Quellen einem berauschenden Getränk, aber auch in Form fri- weitaus spärlicher (s. u.) und eher von genereller Natur, scher Weintrauben und als Rosinen geschätzt. Wein sieht man einmal von den wenigen archäobotanischen spielte nicht nur im Alltag, sondern auch im Ritus eine Ensembles und den etwas zahlreicheren Knochenma- wichtige Rolle. Weiterhin wurden Bienen bzw. Bienen- terialien aus dem westlichen Mittelmeerraum ab. Auf produkte genutzt: Honig als süßendes Beiwerk zu die letztgenannten ist in den vorangegangenen Kapiteln Speisen, Wachs im medizinischen und technischen bereits ausführlich Bezug genommen worden. Bereich. Fleisch und tierische Produkte waren offenbar 120 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann zweitrangig bzw. kamen insbesondere bei festlichen lung erfuhren; pfl anzliche Motive sind ebenfalls nicht Gelegenheiten auf den Tisch. Man aß bevorzugt Fleisch selten (ebd.). von Rindern und Schafen, seltener von Ziegen, dazu Käse und Butter, gelegentlich trank man auch (wohl Speziell für Karthago liegen zusätzlich archäobotani- angesäuerte) Milch. sche Untersuchungen in großer Detailfülle vor (Van Zeist et al. 2001). Aus Sicht der Archäobotaniker waren Die Ernährung der Phönizier in den Kolonien wird von die Einwohner Karthagos „…not only clever mer- A. Spanò Giammellaro (1996) am Beispiel Karthagos chants, they were also skillful agriculturists. A Punic aufgeblättert. Generell scheint man in Karthago die handbook on agriculture, consisting of 28 volumes, traditionell üblichen Speisen und Getränke zu sich ge- and attributed to a certain Mago, was translated into nommen zu haben, ergänzt durch einheimische Pro- Greek and Latin, the latter by enactment of the senate dukte der Region. Aus Karthago bekannt ist vor allem of Rome.” (ebd., 5). Proben aus punischer Zeit kommen puls punica, ein Brei aus diversen Cerealien. Dazu kam vor allem aus dem Hafenbereich und enthalten über- Fladenbrot, hergestellt in einfachen Öfen, ähnlich den wiegend Wildpfl anzenreste sowie Kerne von Feigen, Tabuns, die man noch heute im Orient benutzt. Rund Weintrauben, Granatäpfeln und Brombeeren, die – so um Karthago wurden Olivenhaine in großem Stil vermuten die Autoren (ebd., 24) – mit menschlichen gep fl egt, dazu Dattelpalmen, Birnen- und Granatapfel- Fäkalien ins Hafenwasser gelangten und sich in den bäume gepfl anzt. Wein wurde nicht nur importiert, Hafenablagerungen erhalten haben. Wenig ist des- sondern auch der Anbau im Hinterland Karthagos wegen über die Hauptnahrungsquelle der Karthager, gefördert und lokale Rebsorten genutzt. Man aß Fleisch Getreide, zu erfahren. Getreidefunde kann man eher in von Rindern und kleinen Wiederkäuern. „Les sources den Siedlungsschichten aus Wohnquartieren erwarten. classiques nous apprennent que les Phéniciens d’Occi- Einige Getreidereste waren dennoch unter den charred dent s’abstenaient de manger du porc mais appré- remains belegt (ebd., 57), so von Hartweizen/Spelt (Tri- ciaient la viande de chien“ (ebd., 96). Inwieweit Letz- ticum durum/aestivum), Emmer (Triticum dicoccum) teres tatsächlich der Realität entsprach, wird vor dem und Gerste (Hordeum vulgare). Unter den Hülsen- Hintergrund archäozoologischer Resultate diskutiert früchten fanden sich Linse (Lens culinaris) und Ervilie und anhand von zwei Beobachtungen untermauert: (Vicia ervilia), dazu Erbse (Pisum sativum) und Acker- Hackspuren an Hundeknochen, die in einem punischen bohne (Vicia faba). Eine kleine Zahl an Olivenkernen Fundplatz auf Ibiza entdeckt wurden (Sana 1994) und wurde ebenfalls im Punic channel entdeckt. Die Auto- geopferte Hunde in einer punischen Nekropole nahe ren bezweifeln, ob dies die wahre Bedeutung der Olive Gadir/Cadiz (Niveau de Villedary & Ferrer Albelda und des Olivenöls in punischer Zeit in Karthago wider- 2004). Ob damit Cynophagie hinreichend zu belegen spiegelt und halten diese Produkte schon in punischer ist, sei dahingestellt. Zusätzlich gehörten bei den Kar- Zeit für bedeutungsvoll (ebd., 29). Sie glauben ferner, thagern Tauben und Hühner zum Speiseplan. Eier wur- dass „…in Punic times and later, in the Carthage area den besonders geschätzt, vermutlich nicht nur solche the original vegetation with wild olive must have been vom Huhn, sondern auch vom Strauß. Die Nahrungs- under cultivation.” (ebd., 29). Weitere Nahrungsbe- quelle „Meer“ spielte in Karthago eine dominante Rol- standteile aus Karthago waren Schlafmohn (Papaver le. In den Schriftquellen werden zahllose Fischarten somniferum) und Lein (Linum usitatissimum). Leinfun- genannt, die die Einwohner Karthagos verspeisten, fer- de stehen stellvertretend für die Verwendung von Lein- ner Krebse, marine Muscheln und Schnecken. Viele öl oder aber für die Fabrikation von Leinengewebe dieser Produkte waren auch Gegenstand des Handels. (Flachs). Aromatische Kräuter wie Dill und Koriander So berichtet Homer (Odyssée XV, 403-481), dass die konnten ebenso nachgewiesen werden wie Feigen, phönizischen Seefahrer ihre Handelsware gegen aller- Wein und eine Vielzahl an kultivierten Obstsorten, für lei Essbares aus der Region eintauschten. die die Punier in Karthago berühmt waren: Granatap- fel (Punica granatum), Pfl aume (Prunus domestica), Alle im Vorhergehenden genannten ernährungsrele- Pfi rsich (Prunus persica) und Maulbeere (Morus nig- vanten Aspekte sind quellenschriftlich belegt. Einige ra). Ergänzt wird diese Liste durch Mandel (Amygdalus davon lassen sich zusätzlich durch bildliche Darstel- communis), Haselnuß (Corylus avellana) und Walnuß lungen von Tieren und Pfl anzen ergänzen. So sind im (Juglans regia), nicht zu vergessen Pinienkerne (Pinus phönizischen Kulturkreis beispielsweise Münzen im pinea) und Pistazien (Pistazia lentiscus). Umlauf, auf welchen verschiedentlich Haus- und Wild- tiere zu sehen sind, dazu kommen Gefäße in Tierform, Aus all dem vorher Gesagten entsteht der Eindruck sog. Askoi, die recht häufi g in Gestalt von Schafen oder einer gehaltvollen, ausgewogenen und abwechslungs- Tauben, einmal sogar als Hahn geformt wurden (Mos- reichen Ernährung. Daraus auf eine durchweg gute cati 1988, 714ff.). Diese Darstellungen zeigen nicht Gesundheit der phönizischen Bevölkerung zu schließen, mehr und nicht weniger, als dass manche Tierarten eine wäre naheliegend. In der Ernährungsforschung gibt es gewisse Wertschätzung durch ihre bildliche Darstel- in der Tat viele Ansätze, diese sehr gesunde phöni- Mogador – die Tierreste 121 zisch-mediterrane Kost als eines der Rezepte gegen die dings relativieren die Autoren ihr Ergebnis in einem Erkrankungen unserer westlichen Gesellschaft heran- der folgenden Sätze mit „…the results could also be zuziehen (unter vielen anderen B. Haber 1997). Natür- infl uenced by the fact that nine of the rural individuals lich wäre es überaus spannend, vor diesem Hintergrund were sub-adults and may have had different diets than entsprechende anthropologische Untersuchungen an the urban adults” (ebd. 121). Aber auch die δ34S-Werte phönizischen Skeletten durchzuführen, um diese viel- signalisieren wiederum „that the Punic population had fältige Ernährung auch von anderer Seite wissenschaft- a diet that was primarily based on terrestrial protein. lich zu untermauern. Phönizisch-punische Nekropolen […] there is little evidence for the consumption of sind natürlich bekannt (u. a. Chelbi 1985; Aubet 1993; marine foods” (ebd.). Für die Anthropologen war das Molina Fajardo 1982-95). Untersuchungen der Skelette Ergebnis einigermaßen erstaunlich, weil untypisch für und der aDNA, vor allem aber Resultate zum Gesund- die punische Zeit, insbesondere durch den geringen heitszustand der punisch-phönizischen Bevölkerung Eintrag einer marinen Komponente. Leider liegen zu und ihrer Ernährung aufgrund von Isotopenanalysen punisch-phönizischen Fundplätzen aus Ibiza keine gehören aber immer noch zu den Ausnahmen. Das liegt archäozoologischen Untersuchungen vor, um die anth- natürlich auch daran, dass bei den Phöniziern die Ein- ropologischen Ergebnisse direkt abzugleichen bzw. äscherung das übliche Bestattungsritual war und Kör- kritisch zu diskutieren. Die Rekonstruktion der Ernäh- perbestattungen eher die Ausnahme darstellten (vgl. rung mithilfe der Isotopenanalysen an menschlichen hierzu Piga et al. 2010 mit weiterführender Literatur). und auch tierischen Knochenfunden (siehe dazu z. B. Eines der wenigen Beispiele kommt aus Ibiza. N. Már- die Beiträge in Pinhasi & Stock 2011) erscheint vom quez-Grant (2009) hat an Schädeln aus Ibizenkischen Ansatz her sehr attraktiv, steckt aber noch voller Tü- Fundplätzen des 6. bis 2. Jhs. v. Chr. mit Hilfe forensi- cken. Vieles wird in der anthropologischen und archäo- scher Diskriminanzanalysen herausgearbeitet, dass in zoologischen Fachliteratur kontrovers diskutiert (u. v. a. dieser Zeit vermutlich Menschen mit Wurzeln in Nord- Becker & Grupe 2011, 11ff.). Ein entscheidender Aspekt afrika und der Sub-Sahara – möglicherweise von Kar- ist die häufi g zu geringe Anzahl an beprobten Funden, thago aus – nach Ibiza einwanderten. In einer anderen aufgrund dessen verallgemeinernde Aussagen mit Vor- Untersuchung werden menschliche Knochenfunde aus sicht zu beurteilen sind. Ibiza aus einem Zeitfenster vom Chalkolithikum bis in islamische Zeit hinsichtlich ihrer Isotopensignatur ana- Die Ergebnisse aus Mogador lysiert. Die Ergebnisse zur punisch-phönizischen Epo- che seien herausgegriffen: In der punischen Nekropole Das Tierknochenmaterial von der Île de Mogador ent- von Ses Païsses de Cala d’Hort (charakterisiert als stammt natürlich einem Fundplatz aus einem anderen „rural Punic necropolis“, Datierung: 5.-2. bzw. 1. Jh. Umfeld als Karthago. Gleichwohl können wir durch die v. Chr.; Fuller et al. 2010, 514) wurden mindestens 75 Größe der hier untersuchten Stichprobe den eben erläu- Verstorbene bestattet, 38 davon wurden beprobt. Aus terten Resultaten einiges entgegensetzen und natürlich einer zweiten Nekropole, Puig des Molins („Punic ur- auch die von Spanò Giammellaro (1996) erschlossenen ban cemetery“; Datierung: 5.-4. Jh. v. Chr.; ebd.) sind Daten als Abgleich heranziehen. Allerdings müssen wir es acht Individuen (ebd., 516). Für beide Stichproben uns vor Augen führen, dass die auf der Île de Mogador wurde anhand der δ13C- und der δ15N-Isotopen-Signatur lebenden Phönizier ihre tägliche Ernährung quasi aus ein übereinstimmendes Ergebnis erzielt: „…the diet for drei verschiedenen Quellen bezogen haben, bzw. dass the [..] Punic individuals is based mainly on C3 terres- der Einzugsbereich ihrer gesamten ökonomischen Akti- trial protein sources with only a minor component from vitäten deutlich größer oder auch anders gewesen sein marine foods.” (ebd., 517). An menschlichen Knochen mag als bei vergleichbaren Niederlassungen. Diese aus denselben Kontexten wurde dann auch die δ34S- Quellen waren zum einen die per Schiff herantranspor- Signatur analysiert (Nehlich et al. 2012). In der Varia- tierten Waren und Tiere; deren Herkunft liegt im Unge- tion der δ34S-Werte zeigten sich in beiden Nekropolen wissen; in Frage kämen Lixus, Gadir oder auch Karthago deutliche Unterschiede: In der ländlichen Population (vgl. Kapitel „Das Forschungsprojekt Mogador“ sowie schwankten die Werte zwischen 7.2-16.3‰; die Schwan- Abschnitt „Die phönizische Phase“ im Kapitel „Der kungsbreite betrug 9.1‰. Hingegen war sie im Kno- ökonomisch-politische Hintergrund“). Zum zweiten chenkollagen der Verstorbenen aus der städtischen war es selbst beschaffte Nahrung aus dem Meer bzw. Nekropole deutlich enger: 5,5‰ (ebd., Fig.5). O. Neh- aus dem küstennahen Umfeld. Zum dritten schließlich lich et al. (2012, 120f.) interpretieren dies folgender- müssen wir mit dem Erwerb von Esswaren, Tieren und maßen: „This large range of values for the rural humans Rohstoffen von der lokalen Bevölkerung rechnen. Die could indicate that many of these individuals were jeweiligen Mengenanteile aller drei Komponenten ab- im migrants to Ibiza who could have arrived from near- zuschätzen, ist schwierig. Zudem enthält unser Bild eine by Punic sites on the Iberian Peninsula and North zeitliche Komponente: Die Wechselwirkung zwischen Africa”. Dieses Resultat würde die Ergebnisse der zu- Mitgebrachtem, Selbstbeschafftem und Tauschware erst erwähnten craniometrischen Studie stützen. Aller- lokaler Provenienz mag sich im Verlauf der 300jähri- 122 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann gen Anwesenheit der Phönizier in dieser Region ge- Selbstversorgung in der Faktorei wandelt haben. Die zeitliche Tiefe lässt sich anhand unseres Materials aber nicht fassen. Ein Teil dieser Selbstversorgung, die bereits während der Fahrt praktiziert wurde, hat man dann auf der Île Transportware an Bord de Mogador beibehalten, wie wir den Ergebnissen der hier vorliegenden Analyse von Säugetierresten, Fischen, Als Proviant mitgebracht worden sind mit größter Vögeln und Mollusken entnehmen können. Im Detail Wahrscheinlichkeit Getreide (Mehl), getrocknete Hül- sind es folgende Nahrungsbestandteile, die in jeweils senfrüchte, Erbsmehl, Trockenobst, Rosinen, Honig, unterschiedlicher Quantität den Speiseplan bestimmten: Käse, Salzfi sch, Fleisch in getrockneter und eingepö- Fisch (vor allem Brassen und Barben), frisch gefangen kelter Form, Salz und Trinkwasser. Nichts davon kön- oder als Salzfi sch genossen, dazu kommt Garum, wel- nen wir aus dem Befund in Mogador direkt belegen. ches man zum Abschmecken und Würzen von Speisen Anderes Transportgut wie Olivenöl, Wein und Garum verwendete und das aus kleinen Fischen und Fisch- ist sehr wohl nachweisbar – wenn auch nur indirekt abfällen hergestellt wurde. Nicht unwesentlich zur durch die vielen Transportamphoren, die man bei den Abwechslung im Speiseplan beigetragen haben marine Ausgrabungen entdeckte. Zu der Kategorie „Lebend- Schnecken und Muscheln, insbesondere Napfschne- proviant“ gehörten mit großer Wahrscheinlichkeit Hüh- cken, Gestrichelte Buckelschnecken und Miesmu- ner, die natürlich auch frische Eier lieferten (Abschnitt scheln (Abschnitt „Muscheln und Schnecken“). Durch „Hausgefl ügel“). Ebenfalls von den Phöniziern an Bord die lokale Hühnerzucht waren die Phönizier mit diäte- der Schiffe mitgebracht wurden Hauskatzen, eventuell tisch wertvollem Hühnerfl eisch und Eiern versorgt Hunde und sogar ein Pfau. Aus dem archäozoologi- (Abschnitt „Hausgefl ügel“). Auch Eier von diversen schen Befund in Mogador erschließt sich insbeson dere Seevögeln und vom Strauß mögen auf dem Speiseplan ein Transport von Schweinen. Zwar scheinen die Phö- gestanden haben (Abschnitt „Wildvögel“). Welche der nizier von der Île de Mogador nicht eben häufi g Schwei- zahlreichen Wildvögel nach dem Geschmack der Phö- nefl eisch verzehrt zu haben, dennoch ist bemerkens- nizier Fleisch für eine Mahlzeit geliefert haben, wissen wert, dass Schwein überhaupt auf dem Speiseplan stand wir nicht. Viele der Seevögel, insbesondere Alken, (vgl. Abschnitt „Haussäugetiere“). Hier ist ein gewisser mögen allein ihres Fettes wegen erbeutet und ausge- Widerspruch zu den Informationen aus den Schrift- kocht worden sein. Unter den Wildsäugetieren wären quellen festzustellen (s. o.), die besagen, dass die Phö- als potentielle Fleisch- und Fettlieferanten Mönchsrob- nizier angeblich kein Fleisch und Fett vom Schwein ben, Kaninchen und Stachelschwein zu nennen (vgl. verzehrt haben. Nun sind aus Mogador Schweine- Abschnitt „Wildsäugetiere“). Die überwiegende Masse knochen in den Schlachtabfällen aufgetaucht, die das an Fleisch kam natürlich von Schafen und Ziegen; Rin- Gegenteil beweisen. Und interessanterweise ist in dem der und Schweine haben diesbezüglich einen eher be- nächstgelegenen phönizischen Handelsposten „Lixus“ scheidenen Beitrag geleistet (vgl. Abschnitt „Haussäu- der Anteil an Schweineknochen unter den Überresten getiere“). Über die Schlacht- und Speiseabfälle kaum domestizierter Tiere mit 17% sogar ungewöhnlich hoch abgebildet ist der Beitrag von Milch und Milchproduk- (Grau Almero et al. 2001; Iborra Eres 2005). Es scheint ten. Wofür wir keine Hinweise sammeln konnten, war dort genügend Hausschweine gegeben zu haben, um der Verzehr von Hundefl eisch (s. o.). Hunde sind in die- durchreisenden Seeleuten entweder lebende Tiere (die sem Fundmaterial eher selten. allerdings an Bord eines Frachtseglers keine glückliche Figur machen würden) oder aber Schweinehälften mit- Insgesamt sehen wir die Vielfalt der ernährungsspezi- zugeben. Es steht zu vermuten, dass die Hausschwein- fi schen Komponenten, so wie sie von A. Spanò Giam- knochen aus Mogador tatsächlich von Tieren stammen, mellaro (1996) anhand der Schriftquellen erschlossen die in Lixus gehalten wurden. Ob auch größere Haus- wurden, in dem Fundmaterial aus Mogador weitgehend tiere wie Pferde an Bord gewesen sind, entzieht sich refl ektiert. Die Übereinstimmung zwischen beiden unserer Kenntnis, ist aber durchaus anzunehmen, denn Quellen ist erstaunlich hoch. Die Schwierigkeit besteht die Existenz zumindest eines Pferdes ist für Mogador allerdings darin einzuschätzen, in welchen Mengen- belegt. Bauart und Größe der Schiffe hätten in jedem verhältnissen die eben genannten Komponenten zur Fall für eine solche Fracht ausgereicht (vgl. Abschnitt täglichen Ernährung beigetragen haben. Der Vergleich „Die phönizische Phase“ im Kapitel „Der ökonomisch- von Fundanzahl, Fundgewicht und Mindestindividu- politische Hintergrund“). Ein anderer Teil des Proviants enzahl reicht nicht aus, um ein Bild der ernährungs- konnte während der Fahrt oder bei diversen Zwischen- physiologischen Relevanz einzelner Komponenten zu stationen frisch ergänzt werden. Hierzu zählen Fische, erschließen. Auch wenn wir das könnten und die vielen Seeschildkröten, Seevögel und ihre Eier sowie marine Unsicherheiten einer solchen Berechnung in den Griff Schnecken und Muscheln, Seeigel und Krabben. Ferner bekämen, wären wir damit dem täglichen Speiseplan wird man an Land die Frischwasservorräte aufgefüllt noch nicht wesentlich näher. Denn allzu viele Kompo- haben. nenten diktierten vermutlich die Auswahl und Kompo- Mogador – die Tierreste 123 sition der Speisen: Jahreszeit, Anlass, Vorräte, Ergeb- und bei diesem Klima eigentlich nur Schafe und Ziegen nis von Fisch- und Sammelaktionen, Tauschgeschäfte gewesen sein, dazu möglicherweise einige Rinder und mit den Einheimischen, sogar das Wetter mag hier mit- Esel – die einen zum Ziehen des Pfl uges, die anderen gespielt haben. Gar nicht im Knochenbefund erkennbar als Lasttiere im Einsatz. Dromedare waren im 1. vor- sind die Mengen an Fetten, Milchprodukten, Innereien christlichen Jahrtausend vermutlich in Nordwestafrika oder Knochenmark, nicht zu sprechen von Gewürzen, noch nicht verbreitet. Die Haltung von Schweinen ist Ölen und Essig, Gemüse, Obst oder Honig. Auch diese bei Nomaden oder Halbnomaden wenig wahrschein- Komponenten gilt es einzubeziehen, machen sie eine lich. Schafe, Ziegen und Rinder dienten nicht nur als Mahlzeit geschmacklich oft interessant und besser ver- Fleischquelle, sondern lieferten auch lebenswichtige daulich. Den entscheidenden Faktor für jedwede Men- Rohstoffe wie Häute, Haar und Wolle; Schafe und Zie- genberechnung, die Anzahl an Menschen, die versorgt gen wurden gemolken und aus der Milch haltbare und werden mussten, kennen wir gar nicht. Es sei noch ein- bekömmliche Produkte hergestellt. Insgesamt konnten mal wiederholt: Weder für die Île de Mogador selbst die Einheimischen den Neuankömmlingen also eine noch für das Hinterland sind Baustrukturen aus phöni- breite Palette an Produkten anbieten. Wir vermuten, zischer Zeit belegt, aus welchen wenigstens annähernd dass die Phönizier tatsächlich in ein enges ökonomi- die Größe der hier lebenden Gruppe hätte rekonstruiert sches System mit der einheimischen Bevölkerung ein- werden können. Damit sind auch Spekulationen über gebunden waren. „Die Existenz des Platzes hing fast den Standard der Ernährung, also zur Frage, ob es vollständig von der Versorgung und dem Handel mit Speisen im Überfl uss gab oder nur Nahrung zum Satt- den Bewohnern des Festlandes ab“ meinten dazu D. werden, ohne wirkliche Grundlage. Marzoli & A. El Khayari schon 2009 (S. 97). Durch die Analyse des Tierknochenmaterials konnte genau dies Völlig unklar ist darüber hinaus, in welchem Verhält- herausgearbeitet werden. Die Nomaden mögen den nis die eben genannten tierischen Nahrungskomponen- Phöniziern nicht nur regelmäßig lebende Haustiere ten zum Anteil an vegetabilischer Nahrung standen. angeboten bzw. sogar bereits portionierte fl eischreiche Dieses Verhältnis abzuwägen oder zu rekonstruieren, Partien von Schafen, Ziegen und Rindern geliefert ist in der archäobiologischen Forschung bisher nicht haben, bei Bedarf scheinen sie sogar Sandfüchse, Saha- geglückt. Durch die qualitativ wie quantitativ meist rakatzen, Kaninchen und Wildvögel wie Wüstenfalken bessere Überlieferung bzw. Erhaltung von Knochen, besorgt zu haben. Auch ganz bestimmte Rohstoffe und Zähnen oder Molluskengehäusen im Vergleich zu Produkte mögen von außerhalb gekommen sein, wie Materialien pfl anzlichen Ursprungs entsteht allzu z. B. Felle von Löwen, Häute von Gazellen, Trophäen, leicht ein falscher Eindruck. Die tierischen Materialien Straußeneier, Elfenbein und Elefantenknochen. Auch treten oft (zu) stark in den Vordergrund. Das Ergebnis in diesem Fall bestätigen die Resultate der archäozoo- ist ein verzerrtes Bild über die Zusammensetzung des logischen Untersuchungen vorherige Vermutungen der Spei seplans (s. dazu ausführliche Erläuterungen bei Ausgräber: „Gehören zu den Gütern, die über die Insel Ebersbach 2002, 109ff.). Für Mogador sind solche Über- verhandelt wurden, Knochen, Zähne, Hörner, Felle legungen ohnehin obsolet, weil fast keine ernährungs- exotischer Tiere? Wurden gar lebende Tiere verhan- relevanten Pfl anzenreste nachgewiesen werden konn- delt?“ (ebd., 88). D. Marzoli (ebd.) bietet eine freie ten (Neef 2010). Die zwei „nicht weiter bestimmbaren Übersetzung eines Berichtes von Pseudo Skylax an, Weizenkörner“ (ebd., 94) fallen kaum ins Gewicht. der sich zwar auf hellenistische Zeit bezieht, dennoch Tierreste treten hingegen in Massen auf. Ethnologische unsere Ergebnisse in verblüffender Weise wiedergibt. Studien an heute lebenden Jäger-Sammler-Gruppen Aus diesem Grund soll er hier zitiert werden: „Kerne haben Eines deutlich gemacht: Der Mensch ist ein Nah- ist die entfernte Insel, auf der sich die phönizischen rungsopportunist, äußerst anpassungsfähig hinsicht- Händler niederließen, um auf dem gegenüberliegenden lich ernährungsrelevanter Umstände, zugleich aber Festland mit den Äthiopiern Handel zu treiben, Waren auch wählerisch und individualistisch (Cohen 2000). auszutauschen. Die Äthiopier boten Felle von gezüch- Aussagen generellen Charakters wie „Der Phönizier teten und wilden Tieren an, darunter auch von Hirschen, ernährte sich so und so“, sind also problematisch, weil Löwen, Leoparden und Elefanten. Außerdem erhielten zu stark verallgemeinernd. die Phönizier Elfenbein in großen Mengen. Als Gegen- gabe boten die Phönizier Salböle, Edelsteine aus Ägyp- Tausch und Handel mit der ten, attische Keramik und Weinkrüge.“ (Marzoli & El einheimischen Bevölkerung Khayari 2009, 88).

Die Einheimischen lebten vermutlich nomadisch oder Bewerten wir unsere Ergebnisse im Ganzen, so zeigt halbnomadisch (vgl. Kapitel „Das Forschungsprojekt sich – wie so oft bei archäozoologischen Untersuchun- Mogador“ sowie Abschnitt „Die phönizische Phase“ gen – dass viele Trends und Details bezüglich der Ernäh- im Kapitel „Der ökonomisch-politische Hintergrund“). rung und Rohstoffnutzung herausgearbeitet werden Ihre Lebensgrundlage können in dieser Landschaft können. Es liegt aber in der Natur dieser archäologi- 124 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann schen Hinterlassenschaften, dass sie als Schlacht- und Räucherkäse und vieles mehr in alle Teile des Römi- Speiseabfall oder als Rückstand eines Verarbeitungs- schen Reiches transportiert wurden. Anschaulich wird prozesses stets nur den Endpunkt in einer Reihe von dies in einer von G. Gerlach (2001, 8) publizierten Kar- Vorgängen transparent machen können. Die Vorgänge te unter dem Titel „Das Imperium der Gourmets“. als solche, die zum Entstehen von knöchernen Hinter- lassenschaften führten, bleiben in weiten Bereichen Auch die Haustierhaltung unter den Römern war deut- undurchsichtig. Bei der Beweisführung muss man lich progressiver und differenzierter als noch zur Zeit zwangsläufi g indirekte Pfade einschlagen, wenn man der Phönizier (Peters 1998). Unter den Römern erfuh- eine solche chaîne opératoire überhaupt erschließen ren viele Haustiere in Größe, Gestalt und Nutzung eine möchte. So bleibt die Antwort auf eine ganz entschei- enorme Vielfalt. Am stärksten trat dies bei den Hunden dende Frage offen bzw. kann nur anhand vager Indizien in Erscheinung, wo wir ein Repertoire vor uns sehen und Spekulationen erhellt werden: Wer hielt eigentlich vom Schoßhund bis zum großen muskelbepackten die hier verarbeiteten Haustiere? Waren es die Phönizi- Molosserhund, das dem heutigen Spektrum an Hunde- er selbst oder kamen alle Haustiere aus der lokalen rassen in nichts nachstand. Aber auch in der Rinderhal- Zucht, die die einheimische Bevölkerung betrieb? Oder tung und bei der Pferdezucht erwiesen sich die Römer praktizierten die Phönizier selbst in gewissem Umfang als experimentierfreudig und erfolgreich und verstan- Haustierhaltung und betrachteten die Versorgung den es, genau den Typus zu züchten, der für ihre Belange durch einheimische Produkte als Ergänzung? Wie be- optimal war. Dazu gehörten beispielsweise Pferde für reits mehrfach angedeutet, konnten im Hinterland von die Kavallerie, besonders kräftige Rinder für Ackerbau Mogador keine Siedlungsstrukturen aus dem 1. vor- und Transport oder auch fl eischreiche Hühnerrassen. christlichen Jahrtausend entdeckt werden. Diese wären Im Vordergrund der Viehhaltung stand Rentabilität, in aber eine unbedingte Notwendigkeit für eine hegemo- der Ernährung Exklusivität – wenn man es sich leisten niale Infrastruktur und eine territoriale Kontrolle des konnte und es nicht nur um das Sattwerden ging. Ein angrenzenden Hinterlandes. Erst damit könnte eine weiterer Grundpfeiler des Erfolges lag in der Adaption eigenständige Landwirtschaft und Viehzucht überhaupt fremder Einfl üsse. So haben die Römer bis dato unbe- realisiert werden. Solange im Hinterland der Bucht von kannte Nutztiere im Römischen Reich etabliert, u. a. Mogador aber keine diesbezüglich relevanten Spuren Maultier, Esel, Katze, Dromedar, Pfau und Jagdfasan einer „rural landscape of the Punic world“ (im Sinn von (Peters 1998, 294). P. van Dommelen & C. Gómez Bellard 2008) entdeckt werden, bleibt die Antwort im Dunkel. Was aus dem reichen Repertoire an Modalitäten zur Ernährung und Haustierhaltung ist nun für die Situati- Ernährungsstrategien und Nutzung on der Römer auf der Île de Mogador anwendbar? Neh- von Ressourcen bei den Römern men wir die Ernährungsgewohnheiten einfacher Leute als Maßstab (Fellmeth 2001, 15ff.), so war ihr Essen Wie bereits erwähnt (s. o.), gibt es zur Ernährung und schlicht: Brot, getunkt in Wein oder Honig, dazu Öl, Viehwirtschaft bei den Römern eine große Zahl an Oliven, Salz und ein wenig Käse bzw. moretum. More- Publikationen, die sich sowohl auf Schrift- wie Bild- tum ist eine Paste aus Käse, Kräutern, Lauch, Knob- quellen stützen als auch auf archäozoologische und lauch, Essig und Öl. Zum Mittag gab es puls, ein Brei archäobotanische Ergebnisse. Die Bandbreite an Infor- aus Spelzweizengraupen, wiederum durch Öl, Käse mationen ist immens. Es gab Tafelluxus und Überfl uss, oder Salzfi sch ergänzt. Puls wurde auch mit Erbsen, aber auch kollektiven Hunger. Es existierte öffentliche Bohnen oder Linsen vermischt. Seltener gab es auch Fürsorge und Hungerkrisenmanagement. Das Angebot frisches Gartengemüse wie Karotten, Pastinaken oder an Nahrung war für manche Teile der Gesellschaft Rettich. Fleisch und frischer Fisch fi nden sich hingegen ungeheuer vielfältig und wurde in seiner Opulenz und nur selten auf der Tafel des einfachen Mannes. Getrun- Vielfalt auch gepfl egt, je nach Zugehörigkeit zu einer ken wurde Wein, mit Wasser verdünnt. Das Brot war gesellschaftlichen Schicht bzw. je nach Anlass. So entweder Fladenbrot, welches heiß verzehrt werden ernährte sich der römische Soldat natürlich anders als musste, sonst war es allzu hart, oder lockere, mit Sau- ein römischer Offi zier, der Handwerker anders als der erteig verfeinerte Brote, die in einer Art Pizza-Öfen Senator, Bürger Roms anders als Menschen auf dem gebacken wurden. Etwas feinere Speisen waren Kuchen Land. Alltägliche Speisen waren völlig unterschiedlich oder Mohnklößchen. zu Festgelagen, die Ernährung in einer villa rustica anders als in einem Garnisonslager, usw. (Junkelmann Die wichtigste Komponente war immer das Getreide – 1997; Corbier 1996; Dupont 1996; Fellmeth 2001). Die- Hunger und Aufstände brachen aus, wenn dieses Grund- se Vielfalt ist neben der ausgeprägten sozialen Diffe- nahrungsmittel fehlte. Widerstand des Volkes bei einer renzierung der römischen Gesellschaft nicht zuletzt Verknappung von Fisch, Fleisch oder Gemüse sind hin- einem ausgeprägten Handel mit Lebensmitteln aller gegen nicht überliefert. Eines der wichtigsten Öle war Art geschuldet, in dem Salzfi sch, Garum, Austern, Olivenöl, das uns in römischer Zeit bereits in einer Mogador – die Tierreste 125

Vielzahl an Sorten und Qualitätsstufen entgegen tritt toire, Austern treten mit 27% der Gewichtsanteile unter (Fellmeth 2001, 31). Teilweise wurde Olivenöl durch den Bivalvia aber deutlich in den Vordergrund (Ab- tierisches Fett ersetzt, vor allem bei den Soldaten, die schnitt „Muscheln und Schnecken“). Wildtiere und Vö- zum Getreidebrei, zu Hülsenfrüchten und Käse gerne gel spielten in der römischen Epoche auf der Île de Speck und Räucherwürstchen verzehrten. Obst, frisch Mogador eine noch geringere Rolle als zur Zeit der oder getrocknet, war sicherlich schon etwas Besonde- Phönizier. Hier mag auch der Aspekt „Exklusivität“ res. Die wichtigsten, bei den Römern gebräuchlichen (Fasan) oder der Geschmack am Ungewöhnlichen (Rie- Obstsorten waren Apfel, Birne, Kirsche, Pfl aume, Pfi r- senalk) eine Rolle gespielt haben. Riesenalken schei- sich, Feige, Dattel, Quitte und Aprikose sowie der Gra- nen den Römern gar nicht so selten ins Netz gegangen natapfel. Beliebt waren auch Nüsse, Esskastanien und bzw. von ihnen erschlagen worden zu sein. Ob man sie Pinienkerne. Unter den tierischen Nahrungsmitteln auf die gleiche Art verwertete wie die Phönizier die am beliebtesten war Schweinefl eisch (Fellmeth 2001, kleineren Alken, oder ob die Riesenalken in die Rubrik 32ff.), Rinder waren ganz überwiegend Arbeitstiere, „exotische Speisen“ gehörten, wissen wir natürlich weder ihr Fleisch noch Milch und Käse von Kühen nicht. wurden geschätzt. In diese Bresche sprangen Schafe und Ziegen. Ihre Käseprodukte erfreuten sich großer In dem spärlichen Repertoire an Wildtieren ist keines, Beliebtheit, ebenso wie das Fleisch von Lämmern und welches eindeutig seines Fleisches wegen von den Zicklein. Ein ganz wichtiges Gefl ügel war das Huhn, Bewohnern der römischen Villa genutzt wurde, von verzehrt wurden aber auch Gänse, Enten und Tauben. den wenigen Kaninchen einmal abgesehen. Weiterhin Gefl ügelfl eisch war teuer und beliebt, ebenso wie Eier. geschätzt wurde das Fleisch von Hühnern, ebenso wie Wildbret spielte nur in der gehobenen Küche eine Rol- ihre Eier. Möglicherweise hat man auch in römischer le. Fellmeth ist der Ansicht (2001, 34), dass Fleisch we- Zeit Eier von Straußen verwendet, zur Herstellung einer der besonders begehrt noch geschmacklich geschätzt Eierspeise und/oder als Wasserbehälter. wurde. Fleisch war insbesondere bei einfachen Leuten eine Zukost bei speziellen Gelegenheiten, Festmahlen, Ein Teil des Proteinbedarfs konnte auch durch den Ver- Feiern. Fisch war aufgrund seiner leichten Verderblich- zehr von frischem oder eingesalzenem Fisch gedeckt keit außerhalb der Küstenregionen quasi unerschwing- werden. Interessanterweise ist der relative Anteil der lich teuer – dennoch wurden frische Fische, Austern, Fische um rund 10% gegenüber den Befunden aus phö- Langusten und Schnecken zu den Abnehmern trans- nizischer Zeit erhöht (vgl. Abb. 19). Wie schon bei den portiert und dort teuer bezahlt. Günstiger und auch Phöniziern üblich, haben auch die Römer Fischfang häufi ger verwendet wurden Salzfi sch und Fischsaucen. vornehmlich entlang der Küsten betrieben. Er zielte im Wesentlichen auf den Fang von Zahn- und Sackbrassen Die Ergebnisse aus Mogador sowie auf Barben. Eher seltener sind Haie, Rochen und andere Fischarten erbeutet worden. Eine vermutlich Was von dem eben Beschriebenen fi nden wir im Be- noch größere Rolle als bei den Phöniziern spielte bei fund aus Mogador wieder? Betrachten wir zunächst die den Römern die Produktion von Garum. Hierfür legen Mengenverhältnisse zwischen Säugetieren, Mollusken die wohl römisch datierten Garumbecken auf der Île de und Fischen aus den römisch konnotierten Komplexen, Mogador Zeugnis ab (Abb. 6). Unsere Resultate zei- so zeigen sich Verschiebungen hinsichtlich des Anteils gen deutlich, dass die auf Mogador lebenden Römer an Haustierknochen: Er verdoppelt sich nahezu im Ver- generell auch weiterhin an der Ressource „Meer“ fest- gleich zum Befund aus phönizischer Zeit (Abb. 19). hielten. Haustiere nehmen also eine deutlich gesteigerte ökono- mische Position ein (Abschnitt „Haussäugetiere“); sie Leider haben wir aus Mogador keine archäobotanischen waren die dominanten Fleischlieferanten. Es zeigt sich, Ergebnisse aus den römischen Kontexten vorliegen. dass Schweine nicht nur sehr viel stärker im Vorder- Dennoch ist anzunehmen, dass der Hauptteil des Kalo- grund standen, die Tiere waren auch größer als in phö- rienbedarfs durch Getreide gedeckt wurde und das Fett nizischer Zeit (wenngleich dies wegen fehlender Kno- wohl überwiegend pfl anzlicher Natur war (Olivenöl, chen adulter Tiere, die sich für eine Maßabnahme Oliven). Den Römern wird die dritte große Ausbrei- eignen würden, nur optisch festgestellt werden konnte). tungsphase zum Anbau des Ölbaums zugeschrieben Auch Rinder zeigen in ihrer Menge einen leicht positi- (Riße 2001). Olivenhaine wurden in bisher unbekann- ven Aufwärtstrend, während der Anteil an kleinen tem Ausmaß angelegt. Olivenöl war zu einem der be- Wiederkäuern deutlich rückläufi g erscheint. In der deutendsten Wirtschaftsfaktoren geworden. Zahlreiche Masse sind sie aber weiterhin im Haustierrepertoire griechische und römische Dichter, Philosophen und vorherrschend. Ebenfalls reduziert in der relativen Agrarexperten befassen sich mit dem Anbau und der Menge sind marine Schnecken und Muscheln. Zugleich Veredlung von Ölbäumen mittels Pfropfen und Setzlin- zeigt sich bei ihnen eine veränderte Zusammensetzung: gen, seien es Columella, Herodot, Cato, Plinius oder Zwar dominieren Napfschnecken weiterhin das Reper- Theophrast. Anbau, Herstellung und Handel waren der 126 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

öffentlichen Verwaltung unterstellt. Julius Caesar legte an das Leben in fremdem Umfeld, auf der Île de Moga- z. B. Leptis Magna (Tunesien) einen jährlichen Tribut dor vor der Küste Marokkos, vermischten. Durch die von 3 Millionen Pfund Öl auf. Transportamphoren für archäozoologische Analyse gelingt es, beiden Aspek- Öl waren mit Herkunftsstempeln gekennzeichnet. Des- ten nachzugehen und sie jeweils getrennt voneinander wegen wissen wir heute, dass Öleinfuhren nach Rom zu betrachten. Dennoch ist die Interpretation unserer teilweise auch aus Mauretanien kamen (ebd.). Wir lie- Daten schwierig, inspizieren wir chronologisch wie gen sicherlich nicht falsch, wenn wir annehmen, dass geographisch von uns weit entfernte Wirklichkeiten. Olivenöl auch für die Römer auf Mogador ein nicht Auffallend ist, dass auch am neuen Standort für die wegzudenkender Teil der täglichen Ernährung war und Phönizier die Hinwendung zum Meer ein dominieren- dass möglicherweise sogar die Bestände an Ölbäumen des Element ihres Lebens blieb. Dies betraf ihre Ernäh- im Hinterland der Bucht von Essaouira wirtschaftlich rung (Fisch, marine Mollusken, Seevögel und ihre genutzt wurden, vielleicht sogar auf der Grundlage eins- Eier) und die Produktion von Exportgut (Salzfi sch, tiger phönizischer Ölbäume. Olivenöl mag als Produkt Garum). Gleichzeitig waren intensive Kontakte zur dominiert haben. Aber auch andere Pfl anzen könnten einheimischen Bevölkerung unerlässlich, um diesen zu Öl gepresst worden sein, wie Sesam oder Pistazien. Handelsposten über längere Zeit mit Erfolg zu betreiben. Pistazienbäume sind in der Region weit verbreitet und Von den Nomaden aus der Region erwarb man Haus- liefern stark ölhaltige Samen. tiere bzw. Haustierfl eisch, dazu verschiedene Rohstof- fe und Handelsware wie z. B. Felle, Trophäen, Falken, Tausch und Handel mit der einhei- Straußeneier, Elfenbein und vieles mehr. Mogador war mischen Bevölkerung eine Faktorei im besten Sinne des Wortes – ein Ort, an dem Waren ausgetauscht, gesammelt, gelagert und ver- Mögliche Kontakte mit Einheimischen sind in dem teilt wurden, an dem Metall geschmolzen, Elefanten- römischen Fundmaterial weniger evident. Wir haben – knochen verarbeitet, Salzfi sch und Garum hergestellt wie schon für die phönizische Epoche – einen Hinweis und insbesondere Informationen zwischen ankom- auf einen Löwen, der möglicherweise als Fell angelie- menden Seeleuten, den ansässigen Phöniziern und den fert wurde, ferner ist eine Ginsterkatze belegt. Vorstell- Nomaden aus dem Umland ausgetauscht und weiterge- bar wäre, dass man dieses Tier zum Vergnügen in der geben wurden. Ungeklärt bleibt, wie weit die Einfl uss- Villa hielt. Auch der zurechtgeschlagene Elefanten- sphäre dieser Aktivitäten in das Hinterland reichte und knochen, wohl ein Stück Rohmaterial für irgendeine welche Wirkung all dies auf die einheimische Bevöl- Art der Weiterverarbeitung gedacht, könnte durch kerung hatte. Sicher ist: Ein lukrativer Binnenhandel Weitergabe aus der Hand eines Einheimischen stam- ergänzte damals entscheidend die Aktivitäten auf der men. Eleonoren- und Wüstenfalken sind auch im römi- Seehandelsroute. Ähnlich gelagert ist die Situation schen Fundmaterial präsent. Hat sich die Vorliebe für während der römischen Phase, als auf der Île de Moga- die schnellen Greife bis in diese Phase fortgesetzt? Und dor eine Villa existierte und ebenfalls weitreichende wurden auch in römischer Zeit Wüstenfalken von den Beziehungen und Tauschmärkte aufgebaut wurden. Einheimischen angeliefert? Natürlich sind dies Speku- Die Tierreste liefern zu all dem eine große Zahl an nach- lationen, wenngleich sie einer gewissen Plausibilität prüfbaren Fakten. Gleichwohl sind bei der Interpretati- nicht entbehren. on der Befunde auch Spekulationen in Kauf genommen worden, um das Bild der damaligen Lebensumstände Insgesamt ist das Fundmaterial aus der römischen Epo- zu beleben. che von der Île de Mogador durch die wesentlich klei- nere Stichprobe weniger aussagekräftig als die Funde Ist die Vielzahl der hier präsentierten Ergebnisse auch aus phönizischer Zeit. Dennoch lassen sich einige beachtlich, so wurde das Potential dieses Faunenmate- Aspekte des römischen Lebens auf Grundlage der Tier- rials nicht vollständig ausgeschöpft. Die anfängliche reste durchaus glaubhaft rekonstruieren und vielfältige Euphorie angesichts der Fülle von Material und der Parallelen zu ökonomischen und ernährungsrelevanten Komplexität der Fragen wich später Ernüchterung. Aus Parametern, die aus anderen Quellen erschlossen wur- verschiedenen Gründen waren Einschränkungen sowohl den, aufzeigen. während der Aufnahme der Daten als auch in der Aus- wertungsphase notwendig. Etliche zoologische und Schlussbetrachtung zoogeographische Probleme konnten nur gestreift wer- den. Wir sind mit dem hier vorliegenden Ergebnis nicht Die vorliegende Studie stützt sich auf das umfang- unzufrieden, uns ist aber bewusst, dass eine optimale reichste Fundmaterial an Tierresten, welches bisher Herangehensweise an ein solches Material anders hätte aus phönizischer Zeit ausgegraben wurde. Gleichwohl aussehen können – ausführlicher, besser fi nanziert, mit refl ektieren die hier vorgelegten Ergebnisse vermutlich einer längeren Auswertungsphase und einem zeit- nicht „den phönizischen Alltag“, sondern eine Situati- nahen, intensiveren Informationsaustausch mit den Aus- on, in der sich phönizische Lebensart und Anpassung gräbern. So blieben beispielsweise Fragen der horizon- Mogador – die Tierreste 127 talen und vertikalen Fundverteilung der Tierreste Aubet M.E., 1993. un beantwortet, insbesondere im Kontext zu den ande- The Phoenicians and the West. Politics, colonies, trade. Cam- ren archäologischen Materialien. Ein Vorhaben, wel- bridge: Cambridge University Press. ches von uns ebenfalls nicht geleistet werden konnte, ist Audoin-Rouzeau F., 1993. die Aufarbeitung der archäozoologischen Resultate aus Hommes et animaux en Europe de l’époque antique aux temps allen aktuell publizierten Faunenmaterialien von Fund- modernes. Corpus de données archéozoologiques et historiques. plätzen phönizischer und römischer Provenienz. Hier- Dossiers de documentation archéologique 16. Paris: éditions auf aufbauend käme man sicherlich zu einer Neubewer- CNRS. tung der Subsistenzstrategien und Umweltnutzung in Banerjee A., El Khayari A. & Marzoli D., 2011 (im Druck). beiden Epochen. Damit wären auch den Archäologen Elfenbein von Cap Sim (Marokko) und seine naturwissenschaft- deutlich mehr Anhaltspunkte zu Fragen der Logistik liche Untersuchung. Madrider Mitteilungen 52. und der ökonomischen Strategien an die Hand gegeben. Wir hoffen, mit unseren Ergebnissen von der Île de Mo- Barnett R.D., 1982. Ancient Ivories in the Middle East. Jerusalem: Institute of gador dennoch für weitere Diskussionen Anstöße gege- Archaeology, Hebrew University. ben zu haben. Bartoloni P., 1988. Ships and Navigation. In: Moscati S. (ed): 72-77. Literatur Bartosiewicz L., 2008. Affl erbach H., 2001. Bone structure and function in draft cattle. In: Grupe G., Das entfesselte Meer. Die Geschichte des Atlantik. München: McGlynn G. & Peters J. (eds). Limping together through the Piper. ages. Joint affl ictions and bone infections. Documenta Archae- obiologiae 6: 153-164. Rahden/ Westfalen: Marie Leidorf. Alföldi M.R., 1979. 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Anhang

Tabelle I: Mogador. Chronologische Zuweisung der Tierreste nach Schnitten und Straten. Angaben zur Datie- rung nach Auskunft der Ausgräber; extrapolierte Angaben mit „(?)“ und gänzlich fehlende Angaben mit „?“ gekennzeichnet.

Grabungsjahr Schnitt Stratum Datierung 2007 D 16 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 Dd 12 6.-5. Jh. v. Chr. 2007 D 6 (?) 6.-5. Jh. v. Chr. 2007 D 5 (?) 6.-5. Jh. v. Chr. 2007 D 3 6.-5. Jh. v. Chr. 2007 D 2 6. Jh. v. - 1. Jh. n. Chr. 2007 D/Da? 1 6. Jh. v. - 1. Jh. n. Chr. 2007 D/Dc 1 6. Jh. v. - 1. Jh. n. Chr. 2007 Dc 1 ? 2007 Dc 2 ? 2007 Dc 3 (?) 6.-5. Jh. 2007 E 14 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 13 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 12 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 11 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 10 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 9 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 8 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 E 7 6. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. 2007 E 5 6. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. 2007 E 4 6. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. 2007 E 2 1.-3. Jh. n. Chr. 2007 F 12 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 F 9 (?) Mitte 7. Jh. v. Chr. ? 2007 F 8 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 F 7 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 F 6 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 F 5 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2007 F 2 6. Jh. v.- 1. Jh. n. Chr. 2007-2008 E-F - 6. Jh. v. – 3. Jh. n. Chr. 2008 De-a 2-1 (?) 6. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. 2008 De-a 3,1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 4-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 5-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 6-1 6.-5. Jh. v. Cr. 2008 De-a 7-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 8-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 9-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 10-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 11-2 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-a 12 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 12-1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 138 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

2008 De-a 13 (?) Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 15-1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 16,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 17 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 17,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 18,2 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 19-1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 20 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 21 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 23 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 23,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 24,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 26,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-a 27 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-b 1 ? 2008 De-c 1 6. Jh. v.- 1. Jh. n. Chr. 2008 De-c 2-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 2-1a 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 3-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 4-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 5-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 6-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 7-1 (?) 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 7,1a 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 8-1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 8,1a 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 9 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 9,1 6.-5. Jh. v. Chr. 2008 De-c 11,1 ? 2008 De-c 12,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 13,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 14 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 14,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 15,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 16,1 (?) Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 18,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 19,1 (?) Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 20 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 21 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 22,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 23 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 23,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 24,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 25,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 26 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 De-c 26,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2008 H 1 6. Jh. v. – 3. Jh. n. Chr. 2008 H 2 1.-3. Jh. n. Chr. Mogador – die Tierreste 139

2008 H 4 1.-3. Jh. n. Chr. 2008 H 6 (?) 1.-3. Jh. n. Chr. 2008 H 7 1.-3. Jh. n. Chr. 2008 Ic 2 ? 2008 IV 2,2 ? 2008 Ia 1 ? 2009 H 9,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2009 H 10,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2009 H 12,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2009 H 15,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2009 H 16,1 Mitte 7. Jh. v. Chr. 2009 F - ? 2009 La 1 1. Jh. n. Chr. 2009 La 2 ? 2009 Lb 1 1. Jh. n. Chr. 2009 Lc 1 1. Jh. n. Chr. 2009 M 1 1.-3. Jh. n. Chr. 2009 N 1 1.-3. Jh. n. Chr. 2009 N 2 1.-3. Jh. n. Chr. 2009 P - ? 2009 P 1 Mitte 7. Jh. v.-1. Jh. n. Chr. 2009 P 2 Mitte 7. Jh. v.-1. Jh. n. Chr.

Tabelle II: Artenverhältnis Schafe (Ovis) und Ziegen (Capra). Phönizische Kontexte.

Knochen- Tierart zahl (%) Gewicht (g) (%) Schaf / ZiegeOvis / Capra 4.002 86,521.490,8 73,4

SchafOvis aries 423 9,15.094,6 17,4

ZiegeCapra hircus 199 4,32.711,6 9,3

gesamt Ovicapriden 4.624100,0 29.297 100,0

Tabelle III: Artenverhältnis Schafe (Ovis) und Ziegen (Capra). Römische Kontexte.

Knochen- Tierart zahl (%) Gewicht (g) (%) Schaf / ZiegeOvis / Capra 272 83,72.581,3 74,0

SchafOvis aries 33 10,2467,9 13,4

ZiegeCapra hircus 20 6,2441 12,6

gesamt Ovicapriden 325100,0 3.490,2 100,0 140 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle IV: Anzahl der Skelettelemente in den Körperregionen der Wirtschaftshaustiere (nach Nickel et al. 1992).

Rind Art Schaf Schwein Pferd Ziege Anzahl Elemente Anzahl Elemente Anzahl Elemente

Cranium; je 2x Maxilla, Cornu, Cranium; je 2x Mandibula, Cranium; je 2x Mandibula, Schädel 7 Mandibula; (ohne Einzelzähne 5 Maxilla; (ohne Einzelzähne und 5 Maxilla; (ohne Einzelzähne und Hyoid) Hyoid) und Hyoid)

7 V. cervicales, 13 V. thoraci- 7 V. cervicales, 14 V. thoraci- 7 V. cervicales, 18 V. thoraci-

cae, 6 V. lumbales, 26 Costae, cae, 6 V. lumbales, 28 Costae, cae, 6 V. lumbales, 36 Costae, Stamm 54 57 69 Sacrum, Sternum; (ohne V. Sacrum, Sternum; (ohne V. Sacrum, Sternum, (ohne V.

caudales) caudales) caudales) obere Vorder- je 2x Scapula, Humerus, Radius, je 2x Scapula, Humerus, Radius, je 2x Scapula, Humerus, Ra- 8 8 8 extremität Ulna Ulna dius, Ulna

Körperregion obere Hinter- je 2x Pelvis, Femur, Tibia, je 2x Pelvis, Femur, Tibia, Fi- je 2x Pelvis, Femur, Tibia, 8 10 8 extremität Patella bula, Patella Patella 12 Carpalia, 2 Calcanei, 2 As- 16 Carpalia, 2 Calcanei, 2 14 Carpalia, 2 Calcanei, 2 Fuß tragali, 2 Os malleolare, 4 Tarsa- Astragali, 10 Tarsalia, 16 Me- Astragali, 8 Tarsalia, 12 Me- 50 94 50 (Autopodium) lia, 4 Metapodiae, 24 Phalanges; tapodiae, 48 Phalanges; (ohne tapodiae, 12 Phalanges; (ohne (ohne Sesama) Sesama) Sesama) Summe 127 174 140 V. = Vertebrae Mogador – die Tierreste 141

Tabelle V: Skelettelementverteilung Schaf / Ziege (Ovis / Capra). Phönizische Kontexte.

Ovis / Capra Schaf / Ziege Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 228 1.656,1 Cornu Hornzapfen 4 51 835,1 Maxilla Oberkieferbein 3 53 970,9 Mandibula Unterkiefer 2 161 2.192,8 Dens Zahn 250 706,9 Hyoid Zungenbein 9 7,0

Zwischensumme 752 6.368,8

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 34 421,9 Axis 2. Halswirbel 1 23 189,1 Vertebra Wirbel 1 696 3.145,4 Sacrum Kreuzbein 1 19 166,2 Costa Rippen 2 882 1.966,2 Sternum Brustbein 3 7,3

Zwischensumme 1.657 5.896,1

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 161 1.446,1 Humerus Oberarmbein 1 201 2.776,7 Radius Speiche 2 245 2.289,3 Ulna Elle 2 80 424,5

Zwischensumme 687 6.936,6

Hinterbein Pelvis Becken 1 138 1.114,0 Femur Oberschenkelbein 1 206 1.900,9 Patella Kniescheibe 6 21,8 Tibia Schienbein 2 224 2.430,9

Zwischensumme 574 5.467,6

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 22 116,7 Calcaneus Fersenbein 3 47 274,7 Carpalia Handwurzelknochen 3 43 57,9 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 117 1.344,4 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 38 115,1 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 123 1.165,4 Metapodium Mittelfußknochen 3 162 490,0 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 222 733,8 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 103 190,0 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 77 139,9

Zwischensumme 954 4.627,9 Gesamtsumme 4.624 29.297,0 142 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle VI: Skelettelementverteilung Schaf / Ziege (Ovis / Capra). Römische Kontexte.

Ovis / Capra Schaf / Ziege Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 18 181,6 Cornu Hornzapfen 4 4 88,6 Maxilla Oberkieferbein 3 2 23,6 Mandibula Unterkiefer 2 15 249,9 Dens Zahn 22 98,6

Zwischensumme 61 642,3

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 7 124,1 Axis 2. Halswirbel 1 7 104,1 Vertebra Wirbel 1 40 344,2 Costa Rippen 2 39 105,3

Zwischensumme 93 677,7

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 11 114,1 Humerus Oberarmbein 1 12 207,8 Radius Speiche 2 18 332,8 Ulna Elle 2 6 81,6

Zwischensumme 47 736,3

Hinterbein Pelvis Becken 1 16 123,9 Femur Oberschenkelbein 1 28 428,5 Tibia Schienbein 2 18 276,6

Zwischensumme 62 829,0

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 6 48,1 Calcaneus Fersenbein 3 5 50,1 Carpalia Handwurzelknochen 3 1 2,7 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 10 152,0 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 2 10,0 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 14 240,3 Metapodium Mittelfußknochen 3 7 25,8 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 14 68,5 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 3 7,4

Zwischensumme 62 604,9 Gesamtsumme 325 3.490,2 Mogador – die Tierreste 143

Tabelle VII: Skelettelementverteilung Hausrind (Bos taurus). Phönizische Kontexte.

Bos taurus Hausrind Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 44 1.346,4 Cornu Hornzapfen 4 14 237,3 Maxilla Oberkieferbein 3 4 131,4 Mandibula Unterkiefer 2 19 1.168,5 Dens Zahn 26 228,9 Hyoid Zungenbein 4 28,0

Zwischensumme 111 3.140,5

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 2 162,8 Axis 2. Halswirbel 1 4 141,0 Vertebra Wirbel 1 141 3.102,5 Sacrum Kreuzbein 1 2 78,1 Costa Rippen 2 193 3.250,2 Sternum Brustbein 1 7,6

Zwischensumme 343 6.742,2

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 26 1.203,9 Humerus Oberarmbein 1 31 2.613,2 Radius Speiche 2 11 685,1 Ulna Elle 2 11 272,6

Zwischensumme 79 4.774,8

Hinterbein Pelvis Becken 1 15 770,2 Femur Oberschenkelbein 1 17 536,0 Patella Kniescheibe 1 32,8 Tibia Schienbein 2 29 1.590,9

Zwischensumme 62 2.929,9

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 7 280,4 Calcaneus Fersenbein 3 5 317,6 Carpalia Handwurzelknochen 3 13 207,9 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 9 446,2 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 6 146,3 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 7 522,7 Metapodium Mittelfußknochen 3 5 107,7 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 19 514,9 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 10 201,9 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 13 365,1 Sesama Sesambeine 6 30,7

Zwischensumme 100 3.141,4 Gesamtsumme 695 20.728,8 144 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle VIII: Skelettelementverteilung Hausrind (Bos taurus). Römische Kontexte.

Bos taurus Hausrind Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 44 1.346,4 Cornu Hornzapfen 4 14 237,3 Maxilla Oberkieferbein 3 4 131,4 Mandibula Unterkiefer 2 19 1.168,5 Dens Zahn 26 228,9 Hyoid Zungenbein 4 28,0

Zwischensumme 111 3.140,5

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 2 162,8 Axis 2. Halswirbel 1 4 141,0 Vertebra Wirbel 1 141 3.102,5 Sacrum Kreuzbein 1 2 78,1 Costa Rippen 2 193 3.250,2 Sternum Brustbein 1 7,6

Zwischensumme 343 6.742,2

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 26 1.203,9 Humerus Oberarmbein 1 31 2.613,2 Radius Speiche 2 11 685,1 Ulna Elle 2 11 272,6

Zwischensumme 79 4.774,8

Hinterbein Pelvis Becken 1 15 770,2 Femur Oberschenkelbein 1 17 536,0 Patella Kniescheibe 1 32,8 Tibia Schienbein 2 29 1.590,9

Zwischensumme 62 2.929,9

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 7 280,4 Calcaneus Fersenbein 3 5 317,6 Carpalia Handwurzelknochen 3 13 207,9 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 9 446,2 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 6 146,3 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 7 522,7 Metapodium Mittelfußknochen 3 5 107,7 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 19 514,9 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 10 201,9 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 13 365,1 Sesama Sesambeine 6 30,7

Zwischensumme 100 3.141,4 Gesamtsumme 695 20.728,8 Mogador – die Tierreste 145

Tabelle IX: Skelettelementverteilung Hausschwein (Sus domesticus). Phönizische Kontexte.

Sus domesticus Hausschwein Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 4 15,8 Maxilla Oberkieferbein 3 1 6,2 Mandibula Unterkiefer 2 1 8,0 Dens Zahn 6 9,6

Zwischensumme 12 39,6

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 2 27,5 Vertebra Wirbel 1 13 80,5 Sacrum Kreuzbein 1 1 8,3 Costa Rippen 2 25 77,0

Zwischensumme 41 193,3

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 3 22,5 Humerus Oberarmbein 1 3 63,0 Radius Speiche 2 1 4,4 Ulna Elle 2 2 22,7

Zwischensumme 9 112,6

Hinterbein Femur Oberschenkelbein 1 1 17,0 Tibia Schienbein 2 1 4,3

Zwischensumme 2 21,3

Fuß Calcaneus Fersenbein 3 1 27,6 Carpalia Handwurzelknochen 3 1 2,3 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 5 34,4 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 1 4,8 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 3 19,8 Metapodium Mittelfußknochen 3 3 6,2 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 2 12,5 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 1 0,9 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 5 7,0

Zwischensumme 22 115,5 Gesamtsumme 86 482,3 146 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle X: Skelettelementverteilung Hausschwein (Sus domesticus). Römische Kontexte.

Sus domesticus Hausschwein Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 13 251,8 Maxilla Oberkieferbein 3 7 155,3 Mandibula Unterkiefer 2 9 362,1 Dens Zahn 8 29,7

Zwischensumme 37 798,9

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 3 80,3 Axis 2. Halswirbel 1 1 17,7 Vertebra Wirbel 1 17 197,5 Costa Rippen 2 8 58,5

Zwischensumme 29 354,0

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 2 61,4 Humerus Oberarmbein 1 6 180,3 Radius Speiche 2 4 74,7 Ulna Elle 2 4 65,2

Zwischensumme 16 381,6

Hinterbein Pelvis Becken 1 10 155,6 Femur Oberschenkelbein 1 12 324,2 Tibia Schienbein 2 7 175,2

Zwischensumme 29 655,0

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 4 39,2 Calcaneus Fersenbein 3 2 26,5 Carpalia Handwurzelknochen 3 1 6,7 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 4 35,7 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 5 55,2 Metapodium Mittelfußknochen 3 4 18,0 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 1 5,2 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 2 10,7 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 3 9,2

Zwischensumme 26 206,4 Gesamtsumme 137 2.395,9 Mogador – die Tierreste 147 % 29.3 41 (g) 4.9 3.0 3.1 3.5 2.3 2.9 gewicht Knochen- 41.4 53 7 72 Karthago Motya (g) 667 gewicht Knochen- 8 . % 80.9 44 8 59 7 Blanca 215 80.9 667 41.4 41 29.3 971 90 1.0 71 (g) , , 1,215 3 971 ichen Mittelmeeres.ichen gewicht Knochen- 3 . % 57.6 66 3 60 9 Fleischwertklassen 828 164 57.6 1 , Toscanos de Doña Castillo 39 (g) , 2,164 12 828 gewicht * Knochen- % 86.8 33 (g) Morro de Mezquitilla gewicht Knochen- % 29.8 45 7 16 (g) 144 Los Saladares gewicht Knochen- 4 . % 65.3 69 4 64 3 9 236 16 0.4 75 0.8 (g) , 131 2.8 1,020 5.3 396 4.5 179 La Fonteta 4,665 100.0 19,350 100.0 8,870 100.0 1,281 27.5 5,502 28.4 4,338 48.9 3 236 gewicht Knochen- % 38.2 35 0 7 (g) 124 gewicht Cerro Macareno Knochen- % 21.1 tya: 1. (g) 100 gewicht Cerro del Villar Aufschlüsselung der Haussäugerfunde nach Fleischwertklassen. Knochen-

% 42.2 41 2 XI:

Pedro (g) 224 14 0 gewicht TierartRindRindSumme RindSchaf / ZiegeSchaf / Ziege KomplexSumme Schaf / Ziege Schwein • AA-BB phönizisch-punisch • AA-BB phönizisch-punischSchwein • CC römisch • CC römischSumme SchweinSumme gesamt 1,478 238 • AA-BB phönizisch-punisch 1,820 • CC römisch 307 Klasse 1 24 Klasse 2 1,007 69 121 98 Klasse 3 1,599 307 30 51 114 Klasse 4 69 51 14 1+2 / 3+4 Index 1,934 376 23 64 75 41 1,071 1,906 45 139 2,310 75 4 55 5 33 19 1,210 56 3.1 74 4.3 0 2.7 2.7 Knochen- Tabelle % 58.9 Cerro de (g) la Tortuga 525 gewicht Knochen- % 10.4 21 2 Ceuta 11 (g) 160 gewicht Knochen- 9 . % 12.0 83 9 29 3 Lixus 708 , 12 (g) 129 33 708 gewicht Knochen- 0 . % 85.4 41 0 79 0 Vergleich der ArtenspektrenVergleich der Haussäugetiere phönizischer Fundstellen Nordwestafrikas, der Iberischen Halbinsel und des westl 729 4 0.01 21 3.2 1.6 11 1 26.8 2.4 22 2 42.3 3.8 6.0 17.6 4.0 11.8 6 30.0 1 1 5.0 7.1 1 4 7.1 11.4 1 2.9 7 10.9 19 16.0 16 3 11.9 2.5 3 2.2 42 0.1 0.04 43 4.0 7 0.5 48 5.47 8 11.3 1.51 152 2 2 36.6 1.6 3.2 0.4 14 0.4 2 6 26.9 4.9 1.8 3 5.8 6.0 17.6 2.0 5.9 2.0 5 5.9 25.0 3 27 1 21.4 0.7 14 5.0 8 40.0 0.5 26 1.6 13 14 9.3 21.9 22 18.5 39 29.1 4 6.3 4 3.4 4 3.0 1 0.02 4 0.4 6 0.4 133 14.9 22 4.1 1 0.3 1 0.4 4 0.8 3 0.1 3 0.2 15 0.9 14 10.0 624 85.4 129 12.0 160 10.4 525 58.9 224 42.2 100 21.1 124 38.2 179 65.3 144 29.8 33 86.8 2 , 86 1.6 186 17.3 606 39.3 107 12.0 90 16.9 260 54.7 42 12.9 15 5.5 29 6.0 302 8.0 79 5.3 184 11.4 7 5.0 15 0.03 244 0.6 49 49 79.0 12 29.3 11 21.2 14.0 41.2 7 35.0 9 64.3 16 45.7 39 60.9 71 59.7 72 53.7 85 0.2 330 0.8 Mogador Cabezo de San (g) , 695 12.8 713 66.3 764 49.5 79 8.9 185 34.8 113 23.8 152 46.8 79 28.8 307 63.4 5 13.2 1,258 33.5 196 13.1 719 44.6 65 46.4 482 1.0 3,858 9.6

4 4,624 29,297 57.9 2,037 5.1 20 729 gewicht Knochen- XII: e e e

g g g e i d d d Ziege Z n / / i

f d d d a h ausr c Schaf / Zie Katze NISP 50,612 100.0 40,177 100.0 Hausschwein Pferd + Esel Hun Hun Hausschwein Pferd + Esel Katze NISP 5,412 100.0 1,075 100.0 1,543 100.0 892 100.0 531 100.0 475 100.0Katze NISP 325 100.0 274 62 100.0 484 100.0 100.0 41 38 100.0 100.0 52 3,754 100.0 100.0 1,501 100.0 1,611 100.0 140 34 100.0 100.0 20 100.0 14 100.0 35 100.0 64 100.0 119 100.0 134 100.0 TierartHausrin Schaf Hausschwein NISPPferd + Esel° % NISP % NISPTierart %Hausrind H Schaf / Zie NISP % NISP % NISPTierartHausrin %Shf/Zi S NISP MIZ % % NISP MIZ % % NISP MIZ % % NISP MIZ % % NISP MIZ % % NISP MIZ % % NISP MIZ % NISP MIZ % % MIZ % MIZ % MIZ " % MIZ % MIZ MIZ % Hun ° Darin enthaltene Eselknochen: Cerro de la Tortuga: 130; Cabezo San Pedro: 17; Castillo Doña Blanca: 2; Karthago: 10; Mo * nur Uerpmann & (1973) " nur Soergel (1968) Tabelle 148 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann 44 = 250; 45 80 TC 44,7 Td 30,6 ), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Phönizische Messdaten den), Kontexte. Driesch A. von (nach 1976). Bos taurus Hausrind (

XIII:

Knochennr. Befundnr.154919411942 Skelettelement3240 F 71545 F 82886 F 83947 De-c-26 Astragalus1548 F 7 Länge (mm)1936 De-a-121554 De-a-279 F 7 Calcaneus1479 F 8 Breite (mm)18 F 732 Cornu 63,6; GLm 57,2 GLl weitere Maße (mm) 33 F 5 3 D 34 3 mandibular Molar Bd 44,4 D 31485 D 31486 Femur 134,9 GL 57,9 GLm D 3195 GLl 61,5; GLm 54,8 64,2; GLm 59,4 GLl Humerus D 31926 F 5 35,7 Mandibula20 F 5 GL 118,2 Bd 43,1 Bd 41,6275 GL 129,9 E 101681 F 81682 GB 44,6 D 31943 E 11 Tm 44,5; Tl 34,3 1944 E 9 Tm 37,9; Tl 37,0 GB 42,0 1946 E 9 16,4 1 Phalanx GB 47,0 = 33,8 M3 2884 F 82957 F 81948 F 8 Tm 35,7 1949 De-a-121950 De-a-7 = 76,5; M3 32,8 M1-3 2119 F 8 M3 = 14,5 M3 = 12,7 = 76,5; M3 32,8 M1-3 2120 F 8 M3 = 12,7 F 8 56,9; Lm 55,0 GLpe F 9 2 Phalanx Bd 87,0; BT 77,8 Höhe vor M1 = 45,5 F 9 Bp 30,3; Bd 28,5 Höhe vor M1 = 45,5 44 = ca. 250; 45 80 GLpe 54,9; Lm 54,8 57,5 GLpe 57,9 GLpe Bp 27,6; Bd 27,2 59,4 GLpe TC 42,3 58,6 GLpe GLpe 55,9 44,6 GL Bd 67,1 59,4 GLpe Bp 54,7 GLpe 59,7 Bp 31,8; Bd (36,7) Bd 58,7 KD 28,3 Bp 33,2; Bd (34,1) KD 28,9 Bp 33,5, Bd 29,8 41,0 GL Td 30,0 Bp 32,3; Bd 34,6 KD 27,3 Bp 31,1; Bd 31,9 37,9 GL KD 25,3 Bp 29,5; Bd 27,0 37,4 GL KD 27,2 Td 29,7 Bp 34,8; Bd 32,9 43,6 GL KD 24,7 KD 28,3 Bp 34,5; Bd 30,0 Bp 33,2; Bd 31,0 KD (29,7) Bp 29,6; Bd 26,6 KD 28,3 Bp 32,9; Bd 29,5 KD 25,4 KD 27,0 Tabelle Mogador – die Tierreste 149 p (Forts.)

XIII:

2120212128833956 F 927 F 9485 De-a-121480 De-a-271951 D 31952 F 61953 F 51954 F 8 3 Phalanx 2122 F 82123 F 82124 F 82786 F 93957 F 93386 F 9 43,6 GL 1916 De-a-17 GL 43,0 37,4 GL 1557 De-a-27 GL 37,2 Ld 54,3 3564 De-c-71546 F 8 Radius550 F 7 De-c-13 78,4; Ld (55,8) DLS 81,6; Ld 60,9 DLS Bp 32,9; Bd 29,5 F 7 Scapula Bp 33,7; Bd 26,5 70,2; Ld 54,0 DLS Bp 31,7; Bd 27,1 Os tarsale centrale et quartum KD 27,0 Bp 29,7; Bd 26,1 E 13 KD 28,3 70,8; Ld 53,7 DLS KD 27,5 MBS 30,0 KD 26,1 84,8; Ld 60,7 DLS Tibia MBS 25,7 65,0; Ld 52,3 DLS Ulna MBS 26,6 85,0; Ld 64,0 DLS MBS 28,1 70,0; Ld 56,8 DLS DLS 72,8; Ld 53,2 MBS 23,6 86,0; Ld 64,5 DLS DLS 59,9; LD 46,9 MBS 28,2 59,0; LG 49,0 GLP MBS 28,4 MDS 26,5 MBS 32,2 MBS 25,5 BG 40,3 GB 57,0 LO 50,3 Bd 78,1 GB 50,9 Bp 96,4 Tabelle 150 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann ) mm ( weitere Maße 45 = 67,5; 46 56,4; 44 192 TC 48,2 ) mm ( Breite ) mm ( e g ), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Römische Kontexte. Messdaten den), Driesch A. von (nach 1976). Bos taurus Hausrind (

XIV:

2410241424112293 H 72330 H 7662 H 7 Cranium2323 H 4 3 mandibular Molar 2324 H 4 Femur 2325 E 2 Mandibula2326 H 4 Metacarpus2419 H 42420 H 4 Pelvis 1 Phalanx 2421 H 42321 H 72322 H 7667 H 7668 H 4 8 = 83,1; M3 34,4669 H 42316 E 2 2 Phalanx 2317 59,0 GLpe E 22318 LA 60,3 E 2 M3 = 14,82319 H 4 3 Phalanx 2320 H 4 16,3 2422 H 4 61,3 GLpe 15a = 64,6 2308 H 4 63,0 GLpe 2300 H 4 56,2 GLpe 2305 H 7 45,9 GL 61,2 GLpe H 4 Bp 30,9; 33,3 KD 26,8 H 4 Bd 61,8 59,5 GLpe 77,3; Ld 58,0; LG 37,2 DLS H 4 Radius 44,5 GL BG 25,9 tarsale centrale et quartum Os 45 links & rechts = 65,5; 46 52,1; 44 187 Bp 36,2; Bd 33,9 Td 30,8 Tibia KD 30,1 Bp 32,0; Bd 32,5 (89,5); Ld (62,7); LG 37,3 DLS KD 27,3 76,1; Ld 53,5; LG 34,7 DLS BG 27,4 Bp 36,9; Bd 35,8 89,8; Ld 69,4 DLS Bp 33,6; 30,8 KD 30,9 KD 27,7 BG 28,2 Bp 34,8; Bd 31,9 68,9; Ld 55,8 DLS KD 29,9 78,9; Ld 60,3 DLS 95,9; Ld 79,4 DLS Bd 31,2 Bp 32,2; Bd 28,1 66,7; Ld 52,2 DLS MBS 29,3 KD 27,1 MBS 23,1 KD 27,5 MBS 28,1 GB 55,4 MBS 32,5 MBS 23,4 20,9 MBS Bd 80,3 Bd 64,8 Knochennr. Befundnr.24246642327 Skelettelement2328 H 72301 E 2 H 4 Astragalus H 4 H 4 Calcaneus Län Cornu 57,8; GLm 53,3 GLl 124,3 GL Bd 37,8 127,8 GL 132,5 GL Tl 33,0; Tm 33,4 GB 50,5 GB 44,3 GB 43,9 Tabelle Mogador – die Tierreste 151 ) mm ( weitere Maße TC 19,3 ) mm ( Breite ) mm ( e g ), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Phönizische Messdaten den), Kontexte. Driesch A. von (nach 1976). Ovis aries Ovis Schaf (

XV:

1428150317781779 F 5401 F 7402 F 8495 F 8496 D 16639 D 16640 F 6 Humerus1051 F 61052 E 13636 E 131454 E 81839 E 81628 E 131739 F 5 F 8 Mandibula E 9 F 8 8 = 48,5; M3 21,3 Metacarpus 7 = 71,7; 9 21,8; 8 50,5; M3 24,7 Bp 41,9 7 = 68,5; 9 21,5; 8 46,7; M3 22,9 M3 = 9,4 Bd 32,2; BT 23,3 Bp 36,5 M3 = 8,1 Bp 45,6 114,2 GL Bp 43,5 Bd 33,4; BT 33,7 HT 18,8 Bd 32,7; BT 29,9 15c = 15,4; 15b 20,1 TC 21,1 Bd 30,7; BT 29,1 Bd 33,8; BT 33,5 15c = 16,5; 15b 21, 2; 15a 32,4 TC 19,3 HT 20,7 Bd 33,9; BT 34,5 TC 21,7 Bd 33,2; BT 31,3 TC 20,9 HT 19,4 Bd 29,7; BT 29,2 Bd 26,2 HT 17,3 15b = 21,6; 15a 35,8 HT 20,7 Bp 21,2; Bd 24,9; KD 14,1 HT 20,8 Td 15,3 HT 19,0; KD 15,7 HT 18,5 Td 18,3 Knochennr. Befundnr.362 Skelettelement3638091401 E 121402 E 121882 E 14 Län 1883 Astragalus F 52008 F 52615 F 8 33,1;G Lm 31,5 GLl 277 F 8393 F 92743 De-a-53434 E 11 GLl 31,8; GLm 30,13435 D 16 GLl 31,6; GLm 29,13436 De-a-26396 28,3; GLm 25,9 GLl Calcaneus De-c-8 Bd 21,1; Tl 18,9 397 28,1; GLm 26,2 GLl De-c-81422 28,3; GLm 26,1 GLl De-c-8 70,5 GL 27,9; GLm 26,2 GLl D 16 GLl 29,8; GLm 27,1 31,8; GLm 30,3 GLl D 16 F 5 Bd 20,2; Tl 19,0 Femur Bd 20,3 GL 55,0 GL 62,8 Bd 17,7 GL 66,5 Bd 17,7 GL 58,7 Bd 17,9 GL 62,9 Bd 18,5 Bd 18,7 Bd 20,5 Tl 18,6 Tl 15,2; Tm 16,1 Tl 15,1; Tm 14,6 Tl 15,6; Tm 15,8 Tl 15,1; Tm 15,7 GB 19,5 Tl 16,0; Tm 16,5 Tl 18,1; Tm 18,8 GB 21,9 GB 19,5 GB 22,3 Bp 46,6 Bd 33,5 TC 23,1 Tabelle 152 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann KLC 18,7 BG (26,2) BG 21,3 (Forts.)

XV:

197929953100400 F 91045 De-a-191526 De-a-112925 D 163900 E 8217 F 7 Metatarsus218 De-a-4280 De-a-27367 E 10 Pelvis368 110,2 GL GL 139,7 E 10648 E 111058 Phalanx 1 E 121059 E 12 LA 32,2 56 E 13 37,8; Lm 37,9 GLpe 58 122,4 GL E 8361 E 8641 D 3642 D 3 GLpe 40,9; Lm 39,71056 3 Phalanx E 12 GLpe 42,3; Lm 42,53415 E 13 Radius Bp (21,1); Bd 25,5 Lm 38,742 Bp 21,2; Bd 25,4 E 13 35,8; Ld 29,2 DLS Glpe 40,7; Lm 40,443 E 8 Bp 13,0; Bd 12,8 GLpe 40,3; Lm 39,8644 De-c-8 Bd 26,1 Bd 27,9 35,5; Lm 35,8 GLpe 646 KD 13,8 D 3 Td 16,5; KD 14,6 D 3 Bp 21,1; Bd 28,1 Bp 13,3; Bd 12,0 E 13 Bp 13,9; Bd 12,8 E 13 Scapula Bd 25,6 Bd 23,0 Bp 14,6; Bd 13,0 BG 10,4 KD 13,3 Bp 14,3; Bd 14,2 KD 13,7 Td 17,9 30,6; LG 25,5 GLP Bp 12,6; Bd 12,5 Bd 12,5 31,1 GLP GLP (33,2); LG (26,6) KD 12,9 Td 15,6 GLP 32,3; LG 26,2 Bp 34,4; BFp 30,9 BG 20,9 Bp (29,6) Bp 29,8; BFp 28,7 KD 18,8 Bp 32,9; BFp 30,8 Bp 28,2; BFp26,3 Bd 30,1 Bp 31,5; BFp 29,1 KLC 19,1 1044140715691786 E 81788 F 52496 E 92497 F 82958 F 83074 De-a-23 De-a-23 De-a-9 De-a-11 31,8; LG 26,9 GLP 35,7; LG 24,7 GLP 33,1; LG 27,6 GLP 38,6; LG 33,7 GLP GLP 31,8; LG 27,8 30,8; LG 27,0 GLP GLP 35,1; LG 30,7 GLP 29,0;LG 25,9 GLP 35,6; LG 29,3 BG 22,0 BG 22,3 BG 22,5 BG 23,2 BG 20,9 BG 21,1 BG 19,1 BG 20,0 KLC 21,7 KLC 20,9 KLC 20,5 KLC 20,5 KLC 18,5 KLC 16,6 KLC 19,5 KLC 21,0 Tabelle Mogador – die Tierreste 153 ) mm ( weitere Maße ) mm ( Breite ) mm ( e g ), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Römische Kontexte. Messdaten den), Driesch A. von (nach 1976). Ovis aries Ovis Schaf (

XVI:

Knochennr. Befundnr.701 Skelettelement2352700 Län 2362 E 2694 H 7699 E 2704 H 7 Astragalus705 E 2697 Calcaneus E 2 28,8; GLm 27,8 GLl Femur2137 E 2 Bd 18,42138 Metatarsus E 2 65,3 GL E 2 H 4 1 Phalanx 30,5; GLm 28,8 GLl H 4 Tl 14,0 Bd 20,6 Radius Scapula 42,3; Lm 43,0 GLpe Bp 14,5; Bd 14,5 Tl 16,0; Tm 17,6 38,3; LG 31,4 GLP 41,6; Lm 41,2 GLpe BG 22,7 Bp 44,3 Bp 14,0; Bd 12,8 Bp 20,8 36,2; LG 28,3 GLP BG 21,4 KLC 22,6 TC 20,9 KD 12,7 Bd 25,8 Bp 33,2; BG 30,8 KLC 21,1 Tabelle (Forts.)

XV:

3317356737403780 De-c-745 De-c-15279 De-c-23364 De-c-24398 D 3501 E 11638 E 121048 D 16 Tibia GLP 33,8; LG 28,01049 GLP 35,6; LG 27,7 F 61509 GLP 36,9; LG 30,5 E 132584 E 8 LG 27,0 E 8 F 7 De-a-5 BG 22,5 BG 22,7 BG 22,6 BG 20,1 KLC 18,8 KLC 21,2 Bd 25,2 Bd 31,1 KLC 20,5 Bd 24,3 Bd 29,1 Bd 29,5 Bd 28,7 Bp 39,5 KD 13,8 Bd 27,7 Bp 43,7 Bp 46,4 KD 13,8 KD 15,7 KD 17,4 Tabelle 154 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle XVII: Ziege (Capra hircus), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Phönizische Kontexte.

Knochennr. Befundnr. Skelettelement Länge (mm) Breite (mm) weitere Maße (mm) 1400 F 5 Astragalus GLl 28,2; GLm 26,2 Bd 18,5 Tl 15,4; Tm 17,1 2868 De-a-12 GLl 29,7; GLm 28,7 Bd 19,7 Tl 15,3; Tm 18,4 1879 F 8 Calcaneus GL 56,9 GB 17,7 68 D 3 Femur Bp 39,9 TC 20,0 282 E 11 Bd 39,2 1997 F 9 Bp 36,3 TC 18,9 65 D 3 Humerus Bd 27,8; BT 26,9 283 E 11 Bd 34,4; BT 33,8 KD 18,7 626 E 13 Bd 33,0; BT 30,8 KD 16,8 1524 F 7 Metacarpus GL 125,1 Bp 26,0; Bd 31,1 KD 17,4 3309 De-c-6 Bd 30,2 629 E 13 Metatarsus Bd 25,7 1973 F 9 GL 132,0 Bp 21,3; Bd 27,5 KD 13,5 607 E 13 Pelvis LA 25,1; LFo 36,8 1444 F 5 LA = 31,1 1984 F 9 LA = 29,4 210 E 10 Phalanx 1 GLpe 41,3; GLm 42,0 Bp 13,6; Bd 13,6 1034 E 8 Phalanx 3 DLS 28,6; Ld 23,7; LG 13,8 BG 8,3 69 D 3 Radius Bp 30,8; BG 29,7 70 D 3 Bp 30,8; BG 29,7 206 E 10 Bp 26,9; BG 25,7 1818 F 8 Bd 31,3 1823 F 8 GL (200) Bp 36,2; Bd 35,2 KD 21,8 2052 F 9 Bp 27,3 627 E 13 Scapula GLP 35,7; LG 29,5 KLC 22,1 1568 E 9 GLP 30,8; LG 22,5 BG 21,6 KLC 17,2 1570 E 9 GLP 32,4; LG 27,1 BG 23,5 KLC 16,2 2012 F 9 GLP 33,8; LG 29,0 GB 23,5 KLC 18,9 2017 F 9 GLP 33,9; LG 30,9 BG 22,2 3023 De-a-21 GLP 36,2; LG 30,3 BG 23,5 3318 De-c-7 GLP 34,8; LG 30,3 BG 21,7 KLC 22,8 810 E 14 Tibia Bd 29,1 KD 15,6 207 E 10 Ulna LO 36,3 KTO 18,2; TPA 21,7 2051 F 9 LO 37,2 KTO 18,5; TPA 21,4 3640 De-c-16 LO 46,8 BPC 22,6 KTO 24,8; TPA 30,4 Mogador – die Tierreste 155

Tabelle XVIII: Ziege (Capra hircus), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Römische Kontexte.

Knochennr. Befundnr. Skelettelement Länge (mm) Breite (mm) weitere Maße (mm) 690 E 2 Astragalus GLl 32,7; GLm 30,7 Bd 20,6 Tl 17,6 2198 H 4 GLl 34,0; GLm 32,0 Bd 21,4 Tl 18,5; Tm 19,6 2351 H 7 GLl 32,9; GLm 31,6 Bd 20,3 Tl 18,2; Tm 20,4 2139 H 4 Scapula GLP 36,8; LG 30,8 BG 26,2 KLC 22,2

Tabelle XIX: Hausschwein (Sus domesticus), Messdaten (nach A. von den Driesch 1976). Römische Kontexte.

Knochennr. Befundnr. Skelettelement Länge (mm) Breite (mm) 2395 H 7 Astragalus GLl 41,4; GLm 38,3 2397 H 7 GLl 38,3; GLm 35,5 2223 H 4 Femur Bp 66,1 2390 H 7 Bd 43,9 2239 H 4 Pelvis LA 33,8

Tabelle XX: Haussäugetiere. Befundkomplex AA • 7. Jh. v. Chr. • phöni- zisch. Anzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05).

Gewicht TierartNISP %(g) % HausrindBos taurus 595 13,317.124,9 40,8 Schaf / ZiegeOvis / Capra 3.810 85,024.476,7 58,3 HausschweinSus domesticus 72 1,6382,3 0,9 HundCanis familiaris 2 0,06,8 0,0 KatzeFelis catus 2 0,03,5 0,0 Zahl bestimmte Knochen (NISP) 4.481 100,0 41.994,2 100,0

Tabelle XXI: Haussäugetiere. Befundkomplex BB • 6.-5. Jh. v. Chr. • phöni- zisch. Anzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05).

Gewicht TierartNISP %(g) %

HausrindBos taurus 100 10,73.603,9 41,8 Schaf / ZiegeOvis / Capra 814 87,44.820,3 55,9 HausschweinSus domesticus 14 1,5100,0 1,2 PferdEquus caballus 1 0,185,3 1,0 HundCanis familiaris 2 0,28,0 0,1

Zahl bestimmte Knochen (NISP) 931 100,0 8.617,5 100,0 156 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle XXII: Skelettelementverteilung Schaf / Ziege (Ovis / Capra). Befundkomplex AA • 7. Jh. v. Chr. • phö- nizisch.

Ovis / Capra Schaf / Ziege Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 205 1.530,8 Cornu Hornzapfen 4 41 738,3 Maxilla Oberkieferbein 3 48 890,5 Mandibula Unterkiefer 2 127 1.854,0 Dens Zahn 210 629,7 Hyoid Zungenbein 9 7,0

Zwischensumme 640 5.650,3

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 25 365,9 Axis 2. Halswirbel 1 19 164,0 Vertebra Wirbel 1 556 2.469,0 Sacrum Kreuzbein 1 14 106,3 Costa Rippen 2 757 1.680,4 Sternum Brustbein 3 7,3

Zwischensumme 1.374 4.792,9

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 132 1.198,4 Humerus Oberarmbein 1 174 2.460,6 Radius Speiche 2 188 1.793,8 Ulna Elle 2 62 349,1

Zwischensumme 556 5.801,9

Hinterbein Pelvis Becken 1 109 909,1 Femur Oberschenkelbein 1 172 1.620,1 Patella Kniescheibe 6 21,8 Tibia Schienbein 2 182 1.969,2

Zwischensumme 469 4.520,2

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 18 101,4 Calcaneus Fersenbein 3 37 212,0 Carpalia Handwurzelknochen 3 39 52,3 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 95 1.040,5 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 31 90,3 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 94 937,3 Metapodium Mittelfußknochen 3 125 384,6 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 182 617,3 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 82 151,9 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 68 123,8

Zwischensumme 771 3.711,4 Gesamtsumme 3.810 24.476,7 Mogador – die Tierreste 157

Tabelle XXIII: Skelettelementverteilung Schaf / Ziege (Ovis / Capra). Befundkomplex BB • 6.-5. Jh. v. Chr. • phönizisch.

Ovis / Capra Schaf / Ziege Fleischwert Knochen- Gewicht (g) Skelettelement klasse zahl

Schädel Cranium Schädel 2 23 125,3 Cornu Hornzapfen 4 10 96,8 Maxilla Oberkieferbein 3 5 80,4 Mandibula Unterkiefer 2 34 338,8 Dens Zahn 40 77,2

Zwischensumme 112 718,5

Stamm Atlas 1. Halswirbel 1 9 56,0 Axis 2. Halswirbel 1 4 25,1 Vertebra Wirbel 1 140 676,4 Sacrum Kreuzbein 1 5 59,9 Costa Rippen 2 125 285,8

Zwischensumme 283 1.103,2

Vorderbein Scapula Schulterblatt 1 29 247,7 Humerus Oberarmbein 1 27 316,1 Radius Speiche 2 57 495,5 Ulna Elle 2 18 75,4

Zwischensumme 131 1.134,7

Hinterbein Pelvis Becken 1 29 204,9 Femur Oberschenkelbein 1 34 280,8 Tibia Schienbein 2 42 461,7

Zwischensumme 105 947,4

Fuß Astragalus Rollbein, Sprungbein 3 4 15,3 Calcaneus Fersenbein 3 10 62,7 Carpalia Handwurzelknochen 3 4 5,6 Metacarpus Vorder-Mittelfußknochen 3 22 303,9 Tarsalia Fußwurzelknochen 3 7 24,8 Metatarsus Hinter-Mittelfußknochen 3 29 228,1 Metapodium Mittelfußknochen 3 37 105,4 Phalanx 1 1. Zehenglied 3 40 116,5 Phalanx 2 2. Zehenglied 3 21 38,1 Phalanx 3 3. Zehenglied 3 9 16,1

Zwischensumme 183 916,5 Gesamtsumme 814 4.820,3 158 Cornelia Becker, Angela von den Driesch und Hans Christian Küchelmann

Tabelle XXIV: Haussäugetiere. Befundkomplex DD, vermischte Kon- texte und ohne Datierung. Anzahl und Gewicht der bestimmten Knochen (0,0 % = Werte < 0,05).

Gewicht TierartNISP %(g) %

HausrindBos taurus 276 17,88.377,1 49,3 Schaf / ZiegeOvis / Capra 1.220 78,78.090,1 47,6 HausschweinSus domesticus 53 3,4520,3 3,1 HundCanis familiaris 1 0,114,0 0,1 KatzeFelis catus 1 0,12,0 0,0

Zahl bestimmte Knochen (NISP) 1.551 100,0 17.003,5 100,0

Tabelle XXV: Haussäugetiere. Bestimmungsfrequenzen und Größenklassen der unbestimmten Funde. Mogador – die Tierreste 159

Tabelle XXVI: Haussäugetiere. Vergleich der Artenspektren in ausgewählten römischen Fundstellen.

Mogador Lixus ToscanosMunigua Karthago

Tierart NISP % NISP % NISP % NISP % NISP % Hausrind 194 29.6 58 44.3 9 9.7 627 38.6 133 12.2 Schaf / Ziege 325 49.5 29 22.1 46 49.5 362 22.3 299 27.3 Hausschwein 137 20.9 41 31.3 30 32.3 617 38.0 626 57.2 Pferd + Esel ° 3 2.3 1 1.1 4 0.2 17 1.6 Hund 5 5.4 14 0.9 17 1.6 Katze 2 2.2 2 0.2 NISP 656 100.0 131 100.0 93 100.0 1,624 100.0 1,094 100.0 ° Darin enthaltene Eselknochen: Karthago: 2.

Knochen- Knochen- Knochen- Knochen- Knochen- Tierartgewicht % gewicht % gewicht % gewicht %% gewicht (g) (g) (g) (g) (g) Hausrind 9,143 60.8 4,191 68.9 760 64.0 14,610 71.1 Schaf / Ziege 3,490 23.2 637 10.5 239 20.1 2,145 10.4 Hausschwein 2,396 15.9 802 13.2 188 15.8 3,648 17.8 Pferd + Esel 450 7.4 95 0.5 Hund 51 0.2 Katze NISP 15,029 100.0 6,080 100.0 1,187 100.0 20,549 100.0

Tierart MIZ % MIZ % MIZ * % MIZ % MIZ * % Hausrind 3 16.7 6 35.3 21 23.3 7 9.0 Schaf / Ziege 8 44.4 5 29.4 35 38.9 32 41.0 Hausschwein 7 38.9 5 29.4 28 31.1 33 42.3 Pferd + Esel 1 5.9 3 3.3 2 2.6 Hund 3 3.3 3 3.8 Katze 1 1.3 NISP 18 100.0 17 100.0 90 100.0 78 100.0