Flugzeugabsturz 1945 in „Kappenhardt“, Gemeinde

Werner Jüngling

lugzeugabstürze im Adenauer Gebiet waren während meiner Kindheit erinnern, als sie da- Fgegen Ende des Zweiten Weltkrieges (1939 von berichtete, dass ein brennendes Flugzeug – 1945) nicht selten. Der Luftkrieg-Historiker im Tiefflug über Barweiler „schwebte“ und zu Heinz Jirousek berichtet von insgesamt 68 Ab- befürchten war, dass die Maschine im Unterdorf stürzen in dem Gebiet rund um die Hohe Acht abzustürzen drohte. und Nürburg bis hin zur Ahr bei Dümpelfeld und weiter ahraufwärts bis -Müsch Nachforschungen und /. Diese Kindheitserinnerungen habe ich nie ver- gessen. Als ich bei Recherchen in Kirchen- Kindheitserinnerungen büchern der Pfarrei Barweiler (Sterberegister) Am 24. Februar 1945, gut zwei Wochen bevor auf einen gefallenen amerikanischen Piloten die Amerikaner Barweiler und Pomster einnah- namens „William M. Huskey“ stieß, ließ mir die men, stürzte auch unweit des Dorfes Barweiler Sache keine Ruhe und ich stellte weitere Nach- ein amerikanisches Flugzeug ab. Der Absturzort forschungen an. Diese sich in Barweiler und befand sich auf „Kappenhardt“, im Volksmund Pomster in den letzten Kriegstagen zugetra- auch „Sauereberg“ genannt, in der Gemeinde gene Tragödie sollte auch für die Nachwelt er- Pomster gelegen. Ich selbst kann mich noch halten bleiben und nicht in Vergessenheit ge- genauestens an Hinweise meiner Mutter raten.

Heimatjahrbuch Kreis 2009 ◆ 215 Postkarte von Barweiler, um 1938: Die brennende Maschine flog vor ihrem Absturz über das Dorf.

Besonders hilfreich dabei war mir Karlheinz nen direkten Flaktreffer in den rechten Motor. Korden, ein ausgewiesener Kenner der Luft- Trotz des brennenden Motors blieb die Ma- kriegsgeschichte. Er nahm Verbindung mit schine für wenige Minuten noch in der Forma- dem oben genannten Heinz Jirousek auf. tion. Erst als der zweite Motor brannte, fiel die Dadurch konnte tatsächlich ein ursprünglich Maschine aus dem Verband zurück und verlor vermuteter Absturz der Maschine bei Leutes- an Höhe. Die Bomben wurden im Notwurf ab- dorf/ Irlich aufgeklärt werden. Angriffsziel des geworfen, und die ersten Besatzungsmitglieder in „Kappenhardt“ bei Pomster abestürzten verließen den Bomber. Danach explodierte die amerikansichen Bombers war eigentlich Irlich Maschine, noch ehe die restlichen Besatzungs- an der luxemburgischen Grenze. mitglieder abspringen konnten. Bei der abgestürzten Maschine handelte es sich Zeitzeugen berichten jedoch, dass die Maschi- zweifelsohne um eine „B-26 Marauder“. ne erst explodierte, als sie in den Wald bei „Die Martin B-26 Marauder galt bei den Pilo- „Kappenhardt“ abstürzte. Übereinstimmend ten der US Army Air Force während des Zwei- wird festgestellt, dass nach dem Aufprall ein ten Weltkrieges als ‚heißer Ofen’. Ihre starken riesiger Feuerball bis ins Dorf zu sehen war. Motoren verliehen ihr zwar hervorragende Jirousek teilt weiterhin mit, dass bei seinen Re- Flugleistungen, aber sie war nicht immer leicht cherchen ihm eine Frau Frings (Post) aus zu handhaben. Die wenig schmeichelhaften erzählte, dass sie sich an den Namen eines aus Spitznamen ‚Witwenmacher’ oder ‚Fliegen- einer brennenden Maschine abgesprungenen der Sarg’ waren jedoch Übertreibungen. Leutnants, dessen Fallschirm sich nicht geöff- Seit Mai 1943 flogen die B-26 bei der 9. US- net habe, erinnere. Sein Name: Richard Wibry Luftflotte und wurden bald zum meistverwen- = Richard Whippy. deten mittelschweren alliierten Bomber für Ta- Um die Richtigkeit dieser Angaben zu überprü- geseinsätze über Europa.“ fen, besuchte ich Frau Frings (Jg. 1931) in Wirft. Sie konnte sich noch genau an den ei- Zeitzeugenberichte nen jungen amerikanischen Fliegersoldaten er- Wie Luftkrieg-Historiker Jirousek mitteilte, er- innern, der etwas oberhalb vom Stappenhof hielt die bei Pomster abgestürzte Maschine ei- Richtung Barweiler tot in einem Gestrüpp lag.

216 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 Walter Wirfs konnte ebenfalls als Zeitzeuge be- Walter Wirfs die „Suchkommission“ 1995, also stätigen, dass damals wohl ein Mensch aus rund 50 Jahre nach dem Absturz zum „Saue- dem brennenden Flugzeug sprang. Er „trudel- reberg“. Dort konnten auch nach so langer Zeit te“ kreisend dem Boden entgegen. Der Fall- noch einzelne Flugzeugteile identifiziert wer- schirm öffnete sich nicht. Frau Frings und Wal- den. Sie gaben Hinweise auf die gesamte Flug- ter Wirfs stellten zudem noch übereinstim- zeugbesatzung. mend fest, dass der abgestürzte Soldat seiner Kleider und Stiefel beraubt wurde. Die Besatzung In Barweiler gibt es aber auch Zeitzeugen, dar- Die insgesamt sechs Besatzungsmitglieder unter Karl Kürsten, der sich genau daran erin- setzten sich nach amtlichen Unterlagen wie nern kann, dass von Nord-Osten ein brennender folgt zusammen: amerikanischer Bomber ungefähr zwischen -1. Lt. Huskey, William M. , Pilot Hömmerich und Held auf den Ort zuschwebte -2. Lt. Whippy, Richard N. , Co-Pilot und unten im Dorf auf die Häuser zu stürzen -2. Lt. Reiser, Ted. A., Bom. Nav. drohte. Außerdem hat Karl Kürsten gesehen, Diese drei kamen bei dem Absturz ums Leben. dass ein Soldat am Fallschirm hängend Richtung In Kriegsgefangenschaft gerieten dagegen Flur „Haselt“ abtriftete. Auch Robert Kuhl erin- -Sgt. Miller, Jay N., Radio-Op. (=Funker), nert sich genau an die geschilderten Vorgänge. -Sgt. Sundy, Arthur M., Engineer (Bordmecha- Wie meine Recherchen ergeben haben, spran- niker, gleichzeitig Bordschütze) gen noch weitere drei Flugbegleiter ab, ver- -Sgt. Siegfried, Fred J., Air. Gunner (= Bord- mutlich schon vor Barweiler, denn Zeitzeuge schütze). Karl Kürsten kann sich nur an einen abge- Laut Jirousek geht aus den Totenakten der ame- sprungenen am Fallschirm hängenden Solda- rikanischen Einheiten hervor, dass bereits am ten erinnern. 13. März 1945 auf dem Friedhof in Barweiler aus Karlheinz Korden schreibt: „Die drei weiteren einem Gemeinschaftsgrab, gekennzeichnet mit Besatzungsmitglieder (Sergeanten) = Feldwe- einem Holzkreuz und der Inschrift bel Miller, Sunday u. Siegfried sind mit dem „Hier ruhen drei USA Soldaten, 24. II. 45“, Fallschirm rechtzeitig ausgestiegen und gingen die drei US-Flieger wieder ausgebettet worden in Gefangenschaft“. waren. Der Flugszeugsabsturz am 24. Februar 1945 In einer Holzkiste befanden sich total zerrisse- breitete sich in Barweiler und Umgebung in ne Überreste von zwei Unbekannten, vermengt Windeseile aus, und viele Kinder und Jugend- mit Flugzeugteilen, Steinen und Erde. Bei die- liche, so auch Berhold Kuhl, liefen zur Ab- sen beiden Leichen handelte es sich zweifels- sturzstelle „Sauereberg“. Dort bot sich ihnen frei um den Piloten William Huskey und den ein grausames Bild, wie nicht nur die Zeitzeu- Navigator (Bom.Nav.) Ted. A. Reiser. gen Karl Kürsten, Robert Kuhl und Walter Auf der Kiste lag der Co-Pilot, der 2. Lt. Rich- Wirfs berichteten. ard Whippy, der mit dem Fallschirm abge- Auch meine Mutter erzählte mir noch viele sprungen war, der sich nicht geöffnet hatte. Jahre danach, dass Leichenteile in den Bäumen Jirousek berichtet weiter, dass einem der Un- hingen. Dort lag z. B. eine Hand, dort ein ab- bekannten der Name Huskey zugeordnet wur- gerissener Arm. Damals noch im Dorf unterge- de, da man ein Stück einer Lederjacke mit dem brachte „Gefangene“, Franzosen oder Polen, Namen Huskey gefunden hatte, der andere die hier in der Landwirtschaft und im Bunker- wurde durch Ausschlussverfahren als Lt. Reiser bau arbeiten mussten, wurden abkommandiert, identifiziert. die Leichen zu bergen und zu bestatten. Kirchenunterlagen in Barweiler Suche 1995 In den Kirchenunterlagen der Pfarrei Barweiler Angesprochen von Josef Merten, , und steht nur der Name „Huskey, William M“. Wei- Heinrich Gante, Adenau-Breidscheid, führte ter ist dort vermerkt: „Durch Absturz eines

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 217 zweimotorigen Flugzeugs (mit zwei amerikani- te. Nur finanziell besser gestellte Amerikaner schen Fliegerkameraden!) am 26. Febr. 1945. ... veranlassten eine Überführung ihrer Toten die Leichen wurden einige Tage, nachdem die nach Amerika. Amerikaner am 8. März einmarschiert waren, von amerikanischen Soldaten ausgegraben Danksagung: Für die tolle Unterstützung und Hilfe bei meinen Nachforschungen danke 1) und abtransportiert.“ ich Karlheinz Korden und Luftkrieg-Historiker Heinz Jirousek sowie den Karlheinz Korden berichtete, dass die Amerika- Zeitzeugen Frau Frings, Karl Kürsten, Robert Kuhl, Berthold Kuhl und Wal- ter Wirfs. Ebenso danke ich Pfarrer Heinrich Ant für die Bereitstellung der ner grundsätzlich ihre gefallenen Kameraden Kirchenbücher im Pfarrarchiv Barweiler. wieder ausgruben. Auf einem „Heldenfriedhof“ Quellenangaben: in Luxemburg fanden sie ihre letzte Ruhestät- 1) Lagerbuch der Kath. Kirchengemeinde Barweiler

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