Instrumentarien antiken Liebeszaubers

in Darstellungen und Funden

D i p l o m a r b e i t

zur Erlangung des akademischen Grades

einer Magistra der Philosophie

an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät

der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Edith KOLLEGGER

am Institut für Archäologie

Begutachterin: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Gerda Schwarz

Graz, 2013

Συ ταν θεων άκαμπτον φρένα και βροτων άγεις, Κυπρι, συν δ’ ο ποικιλόπτερος αμφιβαλων ωκυτάτω πτερω

Eur. Hipp. 1268-1271

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 1

I. Einleitung 2 I.1. Auseinandersetzung mit der gewählten Thematik 2 I.2. Motiv des Liebeszaubers aus Sicht antiker Autoren 3

II. Instrumentarien des Liebeszaubers in antiken Darstellungen 7 II.1. Liebeszauber als Privileg von Göttern. Die Liebesgötter der Griechen und Römer 7 II.1.1. 8 II.1.2. Venus 9 II.1.3. Eros, Pothos, Himeros 10 II.1.4. Amor, Cupido 12 II.2. Erotisch-magische Instrumentarien der Liebesgötter 14 II.2.1. Zaubergürtel Kat. 1- 2 14 II.2.2. Zauberrad Kat. 3- 22 16 II.2.3. Pfeil - Bogen - Köcher Kat. 23- 37 33 II.2.4. Fackel Kat. 38- 60 44 II.2.5. Kentron - Pedum - Geißel - Fessel Kat. 61- 70 60

III. Instrumentarien des Liebeszaubers in antiken Funden 68 III.1. Liebeszauber als Praxis der antiken Menschen 68 III.2. Erotisch-magische Instrumentarien im antiken Alltag 68 III.2.1. Defixionen: Täfelchen - Ostraka - Papyri - Puppen 69 III.2.1.1. Trennungszauber Kat. 71- 77 74 III.2.1.2. Herbeiführungszauber Kat. 78- 84 80 III.2.1.3. Bindungszauber Kat. 85- 87 89 III.2.1.4. Rachezauber Kat. 88- 89 91 III.2.2. Amulette: Lamellen - Papyri - Gemmen 94 III.2.2.1. Allgemeiner Liebeszauber Kat. 90- 95 99 III.2.2.2. Gunstzauber Kat. 96-103 105 III.2.2.3. Trennungszauber Kat. 104 114 III.2.2.4. Herbeiführungszauber Kat. 105-108 115 III.2.2.5. Bindungszauber Kat. 109-113 119 III.2.2.6. Hoffnungs-, Schutz-, Rachezauber Kat. 114-119 124

IV. Zusammenfassung - Conclusio 130

Allgemeine Hinweise 135 Allgemeine Abkürzungen 135 Bibliographische Abkürzungen und Sigeln 136 Katalog 137 Quellenverzeichnis mit benutzten Textausgaben 155 Bibliographie 159 Abbildungsverzeichnis 169 Bildteil 172

Vorwort

Die konkrete Idee zur vorliegenden Arbeit ist erst im Zuge eines längeren Prozesses herange- reift. Zunächst stand das Thema ›Hexen und Zauberer in antiken Darstellungen‹ im Raum und verhieß spannende Einblicke in eine interessante Materie. Bei näherer Befassung drängten sich allerdings sehr bald die mythologischen Gestalten Kirke und Medea in den Vordergrund, die, wie sich ebenfalls rasch herausstellte, literarisch und ikonographisch bestens erfasst sind.1

So kam es zum Entschluss, nicht die Zaubernden selbst, sondern vielmehr deren Praktiken zu beleuchten. In der Folge erwies sich jedoch auch die modifizierte Themenstellung ›Instrumen- tarien der Magie in der griechisch-römischen Antike‹ als ungeeignet, da zu weit gefasst.

Zur endgültigen Entscheidung für den gewählten Titel ›Instrumentarien antiken Liebeszaubers in Darstellungen und Funden‹ hat schließlich die Lektüre von Christopher Faraones im Jahr 1999 erschienener Publikation ›Ancient Greek Love Magic‹ beigetragen.2

Faraones Studie befasst sich mit literarischen, epigraphischen und papyrologischen Dokumen- ten antiker Liebeszauberpraktiken und versucht, genderspezifische Zauberformen aufzuzeigen. Da dabei ikonographische Aspekte unberücksichtigt bleiben, drängte sich beim Lesen der Ab- handlung unwillkürlich die Frage auf: Wie sehen die angesprochenen Zauberbehelfe aus, wie wurden sie gehandhabt, welche Bedeutung kam ihnen im antiken Alltag zu ?

Diese und ähnliche Fragen bilden folglich den Hintergrund der nachstehenden Arbeit.

Mein besonderer Dank gebührt an dieser Stelle Frau Professor Gerda Schwarz, die mir bei The- menfindung und Konzepterstellung mit vielen Anregungen zur Seite gestanden ist und die mich auch während des Entwicklungsprozesses der Arbeit entgegenkommend und aufmunternd be- gleitet hat.

1 u. a.. Kottaridou 1991. 2 Die Begriffe ›Magie‹ und ›Zauber‹ werden in der deutschsprachigen Literatur im Allgemeinen synonym verwen- det. Heute zeigt sich allerdings ein zunehmender Trend zum Ausdruck ›Magie‹ – möglicherweise als Effekt der großen Zahl englischsprachiger Publikationen zum Thema ›magic‹. 1

I. EINLEITUNG

»… es scheint, als hätten auf der ganzen Welt Menschen von jeher dieselben Vorstellungen, Wünsche, Ängste, Hoffnungen, dieselbe Unsicherheit, dasselbe Gefühl des Verlorenseins in einer feindseligen oder zumindest gleichgültigen Welt. Der Götterkult allein genügte nicht, alle diese Gefühle zu beruhigen. Neben ihm bestand der Glaube an andere Mächte, die man eben- falls anrufen, für irgendein Anliegen gewinnen und in gewisser Weise manipulieren konnte.«

Mit diesen Worten umreißt Georg Luck im Vorwort zu seiner Publikation über ›Magie und an- dere Geheimlehren in der Antike‹ die Umstände, die dazu führten, dass »Magie, Zauber- und Hexenwesen, der Glaube an Dämonen, Geister und Gespenster, die Technik des Verfluchens und anderes mehr, durchaus ins tägliche Leben der Antike gehörten«.3

Gut vorstellbar, und von Dichtern und Philosophen jener Zeit vielfach bezeugt, ist, dass man sich gerade auf dem Gebiet intimer zwischenmenschlicher Beziehungen dem Walten, ja der Willkür überirdischer Mächte ausgeliefert fühlte.

I. 1. Auseinandersetzung mit der gewählten Thematik

Die vorliegende Arbeit will nun untersuchen, wie Menschen der Antike die göttliche Einfluss- nahme auf das Liebesleben der Sterblichen empfanden und bildlich ausdrückten und mit wel- chen Mitteln sie trachteten, sich in das Wirken der Schicksalsmächte einzuschalten.

Prinzipiell bieten sich zur Erörterung dieser Fragen zwei Kategorien erhalten gebliebener Bele- ge an: Einerseits die mythologisch beeinflussten Bilder göttlichen Liebeszaubers, welche wir an zahlreichen Schöpfungen antiker Kunst bewundern können – andererseits die Relikte des Re- pertoires kleiner erotisch-magischer Utensilien aus dem antiken Alltag, die auf den ersten Blick etwas weniger spektakulär erscheinen.

Zunächst sollen im ersten Teil der Studie Darstellungen diverser von göttlicher Hand bedienter Instrumente des Liebeszaubers aus ganz unterschiedlichen Bereichen antiken Kunstschaffens einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden, wobei sich auch die Frage nach den Mäch- ten, die diese Instrumente führen, und nach den von ihnen Bezauberten stellt. Im zweiten Abschnitt wird das Augenmerk auf die vielfältigen Belege erotisch-magischer Prak- tiken der antiken Menschen selbst und auf die hinter den magischen Operationen stehenden in- dividuellen Liebeswünsche gelenkt. Dabei erhebt sich wieder die Frage nach Initiatoren und Opfern des Liebeszaubers.

Zum besseren Verständnis der beiden Bereiche werden fallweise auch Zitate antiker Autoren und Passagen der magischen Papyri herangezogen. Am Schluss der Arbeit sollen die behandel- ten Darstellungen und Funde nochmals kurz in Erinnerung gerufen werden, um Gemeinsamkei- ten und Konträres aufzuzeigen und zu versuchen, ihre mutmaßliche Bedeutung für antike Men- schen einzuschätzen.

3 Luck 1990, S. XIV f. 2

Um den Umfang der Arbeit nicht zu sehr ausufern zu lassen, war es notwendig, seltener darge- stellte Zaubermittel wie Granatäpfel, goldene Äpfel, Zauberknoten, Zaubertränke oder eher an der Peripherie des Themas angesiedelte Behelfe wie Astragale, magische Geräte zur Divination sowie mit dem Thema korrelierende Darstellungen auf antiken Münzen u. Ä. von der Erörte- rung auszuklammern.

I. 2. Motiv des Liebeszaubers aus Sicht antiker Autoren

Bei der Beschäftigung mit Dokumenten antiken Liebeszaubers ist es unverzichtbar, auch einen Blick auf Dichter und Denker jener Zeit zu werfen, um eine gewisse Vorstellung von der Ideen- welt, in der Liebeszauber praktiziert wurde, zu gewinnen. Das Phänomen der Liebesmagie zieht sich nicht nur durch alle Epochen der antiken Literatur, von den Epen Homers bis zu den Heili- genlegenden spätantiken Schrifttums, auch Philosophen, Redner, Geschichtsschreiber, Rechts- gelehrte und Verfasser von Enzyklopädien nahmen sich ausführlich des Themas an.4

Im 14. Buch der Ilias greift Hera zu einer List. Unter dem Vorwand, ihre seit geraumer Zeit in Zwist lebenden Zieheltern Okeanos und Tethys wieder in Liebe einen zu wollen, ersucht sie Aphrodite um Beistand: [Hera] »Gib mir die Kräfte der Sehnsucht und Liebe, mit denen du alle Zwingst, die unsterblichen Götter sowohl wie die sterblichen Menschen …« 5 [Aphrodite] »Niemals könnt’ ich noch dürft’ ich sogar den Wunsch dir verweigern. Denn du ruhst in den Armen des , des herrschenden Gottes!« Sprach’s und löste vom Busen den wunderkräftigen Gürtel; Farbig waren darin die Reize des Zaubers gewoben Alle: Liebe, Begierde, betörendes Liebesgeflüster, Schmeichelnde Bitte, die selbst dem Verständigsten raubt die Besinnung. Diesen reichte sie Heren und sprach sie an mit den Worten: »Da, befestige nur den Zaubergürtel am Busen; Bunt ist alles hineingewirkt; ich glaube, du kehrest Nicht erfolglos zurück, was immer du planst im Herzen!« 6

Im Grunde beabsichtigt Hera jedoch, mithilfe des Zaubergürtels (κεστος ιμάς) den eigenen Gat- ten zu verführen und unter Hypnos’ Einfluß in tiefen Schlaf zu versetzen, was ihn hindern soll, Troja im Kampf gegen die Griechen beizustehen.7 Auch zwei berühmte Episoden der Odyssee könnten möglicherweise auf Praktiken antiker Liebesmagie verweisen. So vergleicht Sokrates in einer Diskussion den Gesang der Sirenen mit einem Liebeszauber (επωδή) zum Zweck, Män- ner anzulocken und zu fesseln.8 Und Griechen späterer Epochen interpretieren Kirkes Trank als eine Art von Liebeszauber, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen: In Anspielung an des- sen schlimme Folgen für Odysseus’ Gefährten warnt Plutarch junge Bräute ausdrücklich davor, ihren Ehegatten Liebestränke (φίλτρα) zu reichen.9

4 Der nachstehende Überblick stützt sich vor allem auf Christopher Faraones Ausführungen in seiner Einleitung zu ›Ancient Greek Love Magic‹, wo er zunächst ›The Ubiquity of Love Magic‹ erörtert: Faraone 1999, 5-15. 5 Hom. Il. 14, 198-199. 6 Hom. Il. 14, 212-221. 7 Bekannt als ›Täuschung des Zeus‹ = Διος απάτη . 8 Xen. mem. 2, 6, 10-11. 9 Plut. mor. 139A; vgl. Faraone 1999, 113. 3

Von magisch wirksamen Äpfeln des Hippomenes spricht schon Hesiod im Frauenkatalog.10 Ergänzend dazu lässt in späterer Zeit Ovid Göttin Cytherea selbst erzählen, wie sie Hippome- nes einst die goldenen Früchte gereicht und Atalante, bereits entflammt für ihren Kontrahenten, zum Auflesen der Äpfel genötigt hat.11 Die früheste detaillierte Schilderung erotischer Zauber- praxis liefert allerdings Pindar, indem er beschreibt, wie Aphrodite Jason den Gebrauch des Lie besrades (ίυγξ) und das Beschwören mit Zaubersprüchen (επαοιδαί) lehrt, um Medea wider alle Vernunft in wilde Leidenschaft dem Fremdling und dessen Land gegenüber zu stürzen. 12

Auch attische Tragödien schildern gelegentlich die Anwendung von Liebeszaubern. Beispiels- weise illustriert Sophokles in den Trachinerinnen das Missgeschick Deianeiras, die ihren Gat- ten Herakles vergiftet, während sie wähnt, ihn durch Liebesmittel wieder enger an sich binden zu können, 13 und Euripides spielt in zweien seiner Werke auf erotisch-magische Praktiken an: In der Andromache beschuldigt Hermione Andromache, Pharmaka einzusetzen, um ihren Gat- ten Neoptolemos zu verführen, beziehungsweise sie selbst unfruchtbar zu machen.14 Im Hippo- lytos berät die Amme ihre Herrin bei der Bereitung eines Liebeszaubers (φίλτρα θελκτήρια έρω- τος), der ihre Seelenqualen lindern würde. Zu diesem Zweck benötige Phaidra ein Zeichen des Geliebten (σημειον), eine Locke und ein Stück seines Kleides, die mit weiteren Substanzen zu vermengen seien.15 – Wenngleich die Aussage doppeldeutig ist und sowohl einen Zauber, der Phaidras Liebe vergehen ließe oder einen, der Hippolytos zu bestricken vermöchte, meinen kann, schildert Euripides hier anscheinend eine zeitgenössische Praktik, als magischen Stoff (in späterer Zeit ουσία genannt) Haare oder einen Gewandzipfel des Opfers zu verwenden, um den Zauber möglichst treffsicher zu gestalten.16

In der attischen Komödie werden viele erotische Stimulantien erwähnt, unter anderem Liebes- tränke, Zwiebeln, Muscheln, beischlaffördernde Speisen (υποβινητιωντα βρώματα) und als spe- zielle magische Geräte ίυγξ oder ρόμβος.17

Lukian, ein Autor des 2. Jhs. n. Chr., bezieht viele Ideen aus Menanders Stücken und aus der Neuen Komödie, wenn in seinen Satiren Athener Hetären magische Rituale vollführen. Melitta etwa, die Charinus’ Gunst zurückgewinnen will, erhält von Bacchis den Rat, sich an eine thes- salische Hexe zu wenden und dieser für die Zauberhandlung Kleider, Schuhe oder einige Haare des Geliebten zu beschaffen.18 Von dieser quasi alltäglichen Praxis sticht Horaz’ drastische Schilderung zweier schauerlich aussehender Hexen ab, die einen Knaben zu Tode quälen, um aus Mark und Leber des Opfers einen Liebestrank zu brauen.19 Auch Didos kompliziertes Ritual am Ende des 4. Buchs von Vergils Aeneis lässt an eine perver-

10 Hes. fr. 48 (Most). 11 Ov. met. 10, 640-680. 12 Pind. P. 4, 213-219; vgl. dazu: Faraone 1999, 6 f. 56-58. 13 Soph. Trach. 572-587. – Zur Gefahr von Liebestränken: vgl. Faraone 1999, 110. 14 Eur. Andr. 155-158. – Der Ausdruck φάρμακον kann sowohl Gift, Arznei als auch Zaubermittel bezeichnen. 15 Eur. Hipp. 509-515. 16 vgl. Faraone 1999, 7 f. 17 υποβινητιωντα βρώματα: Men. fr. 397 (Sandbach); ίυγξ: Aristoph. Lys. 1110; ρόμβος: Aristoph. Heroes fr. 315. 18 vgl. Lukian. dial. meretr. 4, 4-5. 19 Hor. epod. 5; Luck 1962, 95 f. vermutet, Horaz habe mit den Epoden seime Ablehnung des Zauberwesens, wie es in den übelbeleumdeten Vierteln Roms praktiziert wurde, ausdrücken wollen; Faraone 1999, 9 nimmt an, dass einige der abstoßenden Rituale, welche die Zauberin Canidia in der 5. Epode vollzieht, tatsächlich gängige zeitge- nössische Liebeszauber widerspiegelten: Abgesehen von der Tötung des Knaben, lässt Canidia an Gräbern ausge- rissenes Holz wilder Feigenbäume, vom Blut einer Kröte benetzte Eier, Federn des nächtlichen Uhus, giftige Kräu- ter, Knochen, die dem Maul einer hungrigen Hündin entrissen wurden u. a. in kolchischen Feuern verbrennen. 4

tierte Form von Liebesmagie denken. Überwältigt von Schmerz über Aeneas’ Untreue und be- reit zu sterben, lässt sie einen Scheiterhaufen errichten und darauf das gemeinsame Lager sowie die zurückgelassenen Kleider und Waffen des Mannes legen. Dido fügt noch das Schwert und ein Bild des Treulosen hinzu, worauf eine massylische Priesterin mit gelöstem Haar ihre Zau- berhandlungen beginnt. Sie ruft dreimal hundert Götter, Erebus, das Chaos, die dreigestaltige Hekate und die drei Gesichter Dianas an. Dann versprengt sie klares Wasser und verstreut Zau- berkräuter, die mit ehernen Sicheln bei Vollmond geschnitten wurden, dazu ein besonderes Lie- besmittel, das neugeborene Fohlen auf der Stirn tragen.20

Den besten Aufschluss über die aufwändigen Erfordernisse eines Liebeszaubers im antiken All- tag bieten jedoch Theokrits 2. Idyll und dessen lateinische Nachdichtung in Form von Vergils 8. Ekloge. In beiden Gedichten werden ausgeklügelte magische Rituale geschildert, die eine enttäuschte Frau durchführt, um ihren ungetreuen Liebhaber zurückzugewinnen.21

Tibull, Properz und Ovid, die prominentesten Vertreter der römischen Liebeselegie, beschrei- ben in ihren Gedichten ausführlich, wie sie selbst durch Zauberei einer erotischen Hörigkeit er- legen sind und nun versuchen, Delia, Marathus, Cynthia, Corinna ihrerseits durch fesselnde Ma gie an sich zu binden. Oftmals werden hinterhältige Kuppelhexen bezichtigt, mit üblen Zauber- künsten die Liebesglut ausgelöst zu haben. Bisweilen wähnen die Dichter, Gott Amor selbst habe sie mit seinem unfehlbaren Pfeil getroffen.

Geschichtsschreiber befassen sich mit Liebesmagie eher am Rande, sofern das Privatleben von Herrschern oder führenden Personen betroffen ist. Herodot beschreibt beispielsweise Königin Laodikes Gebet zu Aphrodite, ihren Mann zeugungskräftig zu machen.22

Gelegentlich sind Liebeszauber auch Thema antiker Rhetorik. In Antiphons Rede Gegen die Stiefmutter wird der Fall zweier Frauen angeführt, die beschuldigt sind, ihre Liebhaber mittels φάρμακα vergiftet zu haben – die eine wissentlich, die zweite unter der irrigen Vorstellung, ei- nen Liebestrank (φίλτρον) zu verabreichen.23 Aristoteles zufolge erlangte eine andere Athene- rin, welcher ein ähnliches Delikt zur Last gelegt worden war, vor dem Areopag einen Frei- spruch, da sie argumentierte, ihre Absicht sei gewesen, allein die Liebe des Mannes zu ihr zu steigern.24

Aus dem 2. Jh. n. Chr. ist die Apologie des Apuleius von Madaura überliefert, ein Meisterstück kaiserzeitlicher Redekunst. Als der junge Rhetor und Philosoph in Oea (dem heutigen Tripolis) die reiche Witwe Aemilia Pudentilla heiratete, strengte die Familie ihres ersten Gatten gegen Apuleius einen Prozess an und bezichtigte ihn, Pudentilla durch Liebeszauber verhext zu haben. Der Philosoph konnte jedoch in seinem Plädoyer alle Vorwürfe entkräften und gab später die Prozessrede unter dem Titel Apologia pro se de magia heraus. Diverse Autoren der christlichen Spätantike geben Aufschluss über zu ihrer Zeit immer noch gängige magische Praktiken. Um 400 n. Chr. verfasst Hieronymus eine Literaturgeschichte De

20 Verg. Aen. 4, 515-516. – S päter auch bei Plinius unter der Bezeichnung hippomanes erwähnt: Plin. nat. 8, 165. 21 vgl. Faraone 1999, 9. – Ausführlichere Erörterung der beiden Gedichte: Luck 1990, 87-95. – Anders als Luck glaubt Graf 1996, 159-166, nach eingehender Analyse des Theokrit-Textes allerdings nicht, dass dort eine realisti- sche Zauberhandlung geschildert wird; ähnlich: Frenschkowski 2010, 882. 22 Hdt. 2, 181; vgl. Faraone 1999, 10. 23 Antiph. 1, 9-10; vgl. Faraone 1994, 118 f. sowie Faraone 1999, 110-119. 24 Aristot. m. mor. 1188b 30-38. 5

viris illustribus mit den kurzen Biographien von 135 christlichen Autoren. In der Vita S. Hilari- onis eremitae schildert er u. a. die Geschichte eines jungen Mannes, der sich in eine Christin aus Gaza verliebt hatte. Die Sache schien aussichtslos, da das Mädchen von seinen Eltern der Religion geweiht war. Er wandte sich daher nach Memphis in Ägypten, um sich in die Künste der Liebesmagie einführen zu lassen. Wieder in Gaza, vergrub er unter der Türschwelle der Jungfrau ein Täfelchen aus kyprischem Erz, in das zwingende Worte (tormenta verborum) und schreckliche Bilder (portentosas figuras) eingeritzt waren. Unter dem Einfluss des Zaubers wurde das Mädchen von Liebeswahnsinn erfasst und lief mit offenem Haar, den Namen des Jünglings schreiend, aus dem Haus. Sankt Hilarion, der in der Gegend als Eremit lebte, wurde zu Rate gezogen und konnte die Jungfrau schließlich mit den Mitteln der Religion von ihrer Besessenheit erlösen.25

Aufschlussreiche Quellen zu antikem Liebeszauber bilden auch die zahlreichen Erörterungen magischer Kräfte von Pflanzen, Mineralien und Tieren bei den Verfassern naturkundlicher, me- dizinischer und enzyklopädischer Werke.26 Aristoteles befasst sich beispielsweise mit dem schon zu seiner Zeit gerühmten Aphrodisiakum ιππομανές (Pferdebrunst) 27 und von seinem Schüler Theophrast sind zwei Bücher zur Botanik erhalten, in welchen auch die den diversen Kräutern und Wurzeln nachgesagte luststeigernde Wirkung zur Sprache kommt. In römischer Zeit folgen Plinius, Dioskurides, Galen, Aelian der griechischen Tradition.

25 Hier. Hilar. 12, 1-32; vgl. Graf 1996, 129. 146; Gager 1992, 261 Nr. 163. 26 vgl. Überblick bei: Faraone 1999, 10 f. 27 Aristot. hist an. 572a 21-27 betont, dass mit ιππομανές eine Art Nachgeburt oder der Ausfluss von Stuten ge- meint sei, nicht aber die Geschwulst am Fohlen.. – Die letztere, von Aristoteles ausdrücklich abgelehnte Version kehrt aber, wie unter Anm. 20 erwähnt, bei römischen Autoren wie Vergil und Plinius wieder. 6

II. INSTRUMENTARIEN DES LIEBESZAUBERS IN ANTIKEN DARSTELLUNGEN

Beispiele dieser Kategorie des Liebeszaubers finden sich praktisch an Kreationen aller Diszi- plinen antiken Kunstschaffens, von bemalten Tongefäßen, Skulpturen, Wandbildern, Mosai- ken, Sarkophagen etc. bis hin zu filigranen Schmuckgegenständen. Die zeitweilige echte oder scheinbare Bevorzugung der einen oder anderen Kunstgattung, gewisser Themen und im Spe- ziellen der Darstellung ganz bestimmter erotisch-magischer Zaubergeräte ist zweifellos in Zu- sammenhang mit dem jeweils herrschenden Zeitgeist, mit Modeströmungen, kulturellen und politischen Einflüssen sowie der Verfügbarkeit und wohl auch der Vergänglichkeit diverser Ma terialien zu sehen.

II. 1. Liebeszauber als Privileg von Göttern Die Liebesgötter der Griechen und Römer

Als thematische Vorgabe der Darstellungen dienten antike Mythen und Werke antiker Autoren mit mehr oder weniger glücklichen Liebesbeziehungen unter Göttern, Halbgöttern, Heroen und legendären Irdischen, aber auch Liebesbegegnungen unter beliebigen Sterblichen. Im Hinter- grund des Geschehens stehen jeweils gewisse göttliche Mächte, die das Schicksal der Lieben- den lenken.

Wenn Euripides in seinem Hippolytos den Chor singen lässt: Herrin Kypris! Der Götter unbeugsamen Sinn und der Menschen, Du bezwingst ihn, Denn dich umflattert Buntbeschwingter Knabe, Der mit schnellem Geschoß Sie überschüttet.28 und vierhundert Jahre später Vergil im ersten Buch der Aeneis die Anbahnung der Beziehung zwischen Aeneas und der Königin von Karthago so beschreibt: Doch Cytherea ersinnt neue List, einen neuen Plan in ihrem Herzen: Cupido soll Gestalt und Gesicht des reizenden Ascanius annehmen und an dessen Stelle kommen, soll die Königin durch die Geschenke zu leidenschaftlicher Liebe entflammen und ihr Feuer in Mark und Bein jagen.29 so sprechen die Autoren zugleich die beiden Protagonisten antiken göttlichen Liebeszaubers Aphrodite/Venus und Eros/Amor an, die uns unter ihren verschiedenen Synonymen in der grie- chischen und römischen Literatur immer wieder begegnen und bei ihren vielfältigen Aktionen auch unzählige Male auf verschiedensten Medien ikonographisch festgehalten sind. Nicht im- mer verraten allerdings Dichter, Bildhauer oder Maler in ihren Werken, welcher Zauberinstru- mente sich die Liebesgötter gerade bedienen.

In den folgenden Abschnitten soll eine kurze ›Biographie‹ der Liebesgötter mit ihren für den Liebeszauber relevanten Eigenschaften gegeben werden.30

28 Eur. Hipp. 1268-1271. 29 Verg. Aen. 1, 657-660. 30 Der Abriss stützt sich vorwiegend auf die entsprechenden Artikel des LIMC zu Aphrodite: Delivorrias u.a. 1984; 7

II. 1. 1. Aphrodite

Die griechische Göttin Aphrodite 31 ist eine der zwölf großen olympischen Gottheiten. Anmut, Schönheit und Verführung dominieren ihr Wesen.32

Über ihre Abkunft herrscht Uneinigkeit. Homer zufolge ist sie die Tochter von Zeus und Dio- ne,33 während Hesiod eine etymologische Erklärung liefert, wonach Aphrodite als ›Schaumge- borene‹ in vollendeter Gestalt auf Kythera oder Kypros dem Meer entstiegen sei. Kronos, der Jüngste der Titanen, hätte gemäß dieser Version die Geschlechtsteile seines Vaters Uranos ab- geschnitten und ins Meer geschleudert und aus dem Schaum in deren Umkreis sei Aphrodite entsprossen, die von Eros und Himeros zur Schar der anderen Götter geleitet wurde.34 Auf die- ser Version gründen seit altersher gebräuchliche Beinamen der Göttin wie Κύπρις, Κυθέρεια, Αφρογένεια (Schaumgeborene) und Αναδυομένη (Emporgetauchte). Im fünften Gesang der Ilias betont Homer die besonderen Funktionen der Göttin, wenn Zeus an Aphrodite nach ihrer Verwundung im Kampf vor Troja die Worte richtet:

Töchterchen, dein Geschäft sind nicht die Werke des Krieges Ordne du lieber hinfort die lieblichen Werke der Hochzeit. 35

Eine enge Verbindung besteht zwischen Aphrodite und Eros, dem Gott der sinnlichen Liebe. Während dieser in Hesiods Theogonie bereits bei Aphrodites Meergeburt zugegen war, tritt bei Sappho die Göttin erstmals als Mutter von Eros in Erscheinung.36 Pindar bezeichnet Aphrodite Urania als Mutter gleich mehrerer Eroten.37 Aischylos nennt auch Pothos, die Personifikation des Liebesverlangens, einen Sohn der Göttin.38

Aphrodite werden Liebesaffären mit diversen Göttern nachgesagt. Die bekannteste ist wohl im achten Gesang der Odyssee verzeichnet, wo Aphrodite ihren ungeliebten Gemahl Hephaistos mit dem Kriegsgott Ares betrügt.39 Späteren Autoren zufolge, hatte Aphrodite von Ares auch mehrere Kinder, Phobos, Deimos und Harmonia, von den Hermaphroditos, von Diony- sos den Priapos. Auch Nachkommen mit Helios und Poseidon werden erwähnt. Wegen ihrer Leidenschaft für Adonis gerät sie sogar in Konflikt mit Persephone. Nach dem Willen von Zeus verliebt sich Aphrodite ebenso in einen Sterblichen, den schönen Anchises, König der Darda- ner, dem sie Aineias gebiert.

Häufig interveniert sie in Beziehungen unter Irdischen. So verhilft sie Paris zu Helena, der schönsten Frau der Welt, Hippomenes zu Atalante, Jason zu Medea, und vermittelt ihrem Sohn Aineias die Gunst der karthagischen Königin Dido. Aphrodite kann aber auch sehr grausam strafen, wenn Götter oder Menschen sie beleidigt haben, wie im Falle von Theseus’ Sohn Hip-

zu Venus: E. Schmidt 1997; zu Eros: Hermary u. a. 1986; zu Himeros: Hermary 1990; zu Pothos: Bazant 1994; zu Amor/Cupido: Blanc – Gurry 1986. 31 vgl. dazu Furtwängler 1886 a, 397-402; Simon 1980, 229-254. 32 Hom. Il. 3, 396-397; 9, 389; 14, 198-199. 33 Zeus als Vater: Hom. Il. 3, 374; 5, 131; Hom. Od. 8, 308. – Dione als Mutter: Hom.Il. 5, 370-371. 34 Hes. theog. 188-202. 35 Hom. Il. 5, 428-429; vgl. Simon 1969, 231. 36 Sappho fr. 198 (Lobel – Page PLF). 37 Pind. fr. 122 (Snell). 38 Aischyl. Suppl. 1038-1039. 39 Hom. Od. 8, 266-360. 8

polytos, der sich über die Liebe erhaben dünkte.

Bei ihrer Liebeskunst bedient sich Aphrodite diverser magischer Behelfe, deren bezeichnends- ter der bereits erwähnte bestickte Gürtel (κεστος ιμάς) ist, in den ihre erotischen Qualitäten ein- gewoben sind: φιλότης (Liebe), ίμερος (Begierde), οαριστύς (Liebkosen) und πάρφασις (Verfüh- rung).40 Eine ähnlich berückende Wirkung geht von der ίυγξ, dem Liebesrad, aus.41

II. 1. 2. Venus

Venus 42, das römische Pendant der Aphrodite, dürfte im Unterschied zu den großen Numina der Frühzeit, wie Jupiter, Mars, Neptun, Juno, Ceres, Diana, zu zeitlich später anzusetzenden Personifikationen gehören. Spätestens im 4. Jh. v. Chr. ist in Italien mit einer Identifikation von Venus mit Aphrodite zu rechnen. Dafür spricht ein fragmentierter pränestinischer Handspiegel aus der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts, der die inschriftlich als VENOS bezeichnete Göttin mit Jupiter und Proserpina um einen Schrein gruppiert abbildet.43

Anfang des dritten Jahrhunderts v. Chr. wird der Göttin in Rom am Circus Maximus der erste Tempel errichtet. Die Mittel für den der Venus Obsequens gewidmeten Bau stammen von Straf- geldern ehebrüchig gewordener Matronen. In der schlimmen Zeit des zweiten Punischen Krie- ges gelobt man den Bau eines weiteren Tempels, diesmal für Venus Erucina auf dem Kapitol – mit deutlicher Anspielung auf das Heiligtum der Göttin am Eryx, das der Sage nach von ihrem Sohn Aeneas gegründet worden war. Im Jahr 181 v. Chr. folgt ein zweiter Tempel für Venus Erucina, außerhalb der Porta Collina, der im Unterschied zum kapitolinischen, dem römischen Kult verpflichteten, nun der phönizisch-orientalischen Tempelprostitution dienen konnte. Auch die 114 v. Chr. errichtete Aedes Veneris Verticordiae war ein Frauenheiligtum, gelobt anläss- lich des Inzests mehrere Vestalinnen, um den Sinn der Frauen zu moralischer Umkehr zu bewe- gen.44

In der späten Republik und frühen Kaiserzeit wird die Göttin zunehmend von politischer Pro- paganda vereinnahmt, wodurch es zu einem starken Aufschwung der Venusverehrung kommt. Unter Marius und Sulla steht ihre Rolle als Stammmutter der Römer im Vordergrund. Sulla er- wählt sie zu seiner persönlichen Schutzgottheit und nimmt den Beinamen Epaphroditos an. Pompeius führt 55 v. Chr. den Kult der Venus Victrix im steinernen Theater auf dem Marsfeld ein und Caesar stiftet nach dem Sieg von Pharsalos einen Tempel für Venus Genetrix auf dem Forum Iulium. Er begründet damit den Kult der Venus als Stammmutter des julischen Hauses. Unter Octavian/Augustus verfasst Vergil zwischen 29 und 19 v. Chr. in Anlehnung an Homers Epen das große römische Heldengedicht Aeneis, in dem der Mythos von Venus, der Untergang Trojas, die Irrfahrten des Venussprosses Aeneas sowie die schicksalshaft vorherbestimmte se- gensreiche Herrschaft der Julier, der Nachkommen des Aeneassohns Iulus/Ascanius, beschrie-

40 Hom. Il. 14, 214-217. 41 vgl. Theokr. 2. Idyll, in dem Simaitha wiederholt die zwingende Kraft des Zauberrades beschwört, den geliebten Delphis in ihr Haus zu ziehen. 42 vgl. dazu Wissowa 1937, 183-209; Simon 1990, 213-228. 43 Dabei geht es offensichtlich um den griechische Mythos des schönen Adonis, der in der Gestalt eines Klein- kinds in dem Kästchen zu denken ist: vgl. Simon 1990, 216 f. Abb. 274. 44 vgl. Ov. fast. 4, 157-160. 9

ben werden. Seit der späten Republik sind Venusdarstellungen in verschiedenen Kunstgattungen sehr be- liebt. Besonders gefragt sind auch Kopien, die die Göttin im Typ der griechischen Aphrodite zeigen. Sie wird dabei unter Anspielung an die Meergeburt mit geläufigen Attributen, wie Mu- scheln und Delphinen dargestellt. Oft ist Venus mit anderen Gottheiten und mythologischen Ge stalten zu sehen, wobei sie meist in Begleitung des kleinen Amor oder gleich mehrerer Amoret- ten erscheint.

Ganz anders tritt sie im römischen Staatskult auf: mit Mars gemeinsam als großplastische Grup- pe im Mars-Ultor-Tempel. Die beiden Götter verbinden hier zwei Mythenkreise, die sie zu Stammeltern der Römer machen – wenn auch mit anderen Partnern: Mars war durch die Kö- nigstochter Rhea Silvia zum Vater von Romulus und Remus und zum Ahnherrn der Römer ge- worden – Venus mit Anchises zur Mutter des Aeneas und der Julier. In der offiziellen Version geht es also um die Concordia des Staates, während private Kabinettstücke Venus und Mars ganz im Sinne Homers als Liebespaar abbilden.45

II. 1. 3. Eros, Pothos, Himeros

Eros 46, die Personifikation der sinnlichen Liebe, steht in enger Verbindung mit Aphrodite und ist eine der häufigst zitierten Gottheiten der griechisch-römischen Literatur und Kunst. Die griechische Überlieferung kennt diverse von einander abweichende Berichte zu seiner Her- kunft, woraus hier nur einige angeführt seien. Nach Hesiods Version handelt es sich bei Eros um eine der ältesten göttlichen Mächte, die gemeinsam mit Gaia und Tartaros am Beginn der Zeiten entstand.47 Ähnlich erwähnt Platon im Symposion den πρώτιστον θεων πάντων bzw. den πρεσβύτατον,48 und nach Aristophanes entschlüpfte Eros einem von Nyx hervorgebrachten Windei, noch bevor Erde, Luft und Himmel waren.49

Die Mehrzahl der antiken Autoren nennt Aphrodite als Mutter des Eros, allerdings von variie- renden Vätern. Bei Sappho entspringt er einer Verbindung von Uranos mit Aphrodite oder Ga- ia,50 bei Simonides einer Beziehung von Aphrodite mit Ares.51 Euripides nennt selbst Zeus als Vater.52

Mit Ausnahme einiger verstreuter Stätten in Thespiai, Parion, Leuctra, Elis und in Athen, wo man Eros an zwei Altären im Stadtgebiet und gemeinsam mit Aphrodite am Nordabhang der Akropolis verehrte, dürfte es im antiken Griechenland keinen ausgeprägten Kult für Eros ge- geben haben.53 Das gilt jedoch nicht für den spezifischen Bereich der Gymnasien, in welchen der Kult des Gottes durch literarische, epigraphische und ikonographische Zeugnisse gut belegt

45 vgl. E. Schmidt 1997, 228; Zanker 1997, 198 f.; Simon 1990, 226 f. 46 vgl. dazu Furtwängler 1886 b, 1339-1372. 47 vgl. Hes. theog. 117-120. 48 Plat. symp. 178b-c; vgl. Fauth 1979, 361. 49 Aristoph. Av. 694-696. 50 Sappho fr. 198 (Lobel – Page PLF). 51 Sim. fr. 263 (Poltera) = 575 (Page PMG). 52 Eur. Hipp. 534. 53 vgl. Eur. Hipp. 538-544; Plat. symp. 189c; vgl. Hermary u. a. 1986, 851. 10

ist.54

Diverse Autoren und Philosophen der Antike haben versucht, ein Bild des Liebesgottes zu zeich nen. Während bei Homer noch Aphrodite allein als Mittlerin von Liebe und Liebesverlangen an Unsterbliche und Sterbliche wirkt,55 ohne dass diese Leidenschaften als eigene göttliche Macht personifiziert sind, spricht Hesiod von Eros, dem κάλλιστος εν αθανάτοισι θεοισι, dem schöns- ten unter den unsterblichen Göttern, dem gliederlösenden Bezwinger aller Götter und Men- schen.56 Sappho nennt Eros ein wildes, unzähmbares Tier, eine Gewalt, die gleich einem Sturm die Sinne erschüttert und das Süße wie das Bittere der Liebe bringt.57 Andere Autoren heben seine Jugend und sein strahlendes Aussehen hervor. Anakreon nennt ihn αβρός (zart) und χρυ- σοκόμης (goldhaarig, blond),58 Euripides χρυσοφαής (goldglänzend)59. Einen weitgehend andro- gynen Charakter nimmt der jugendliche Gott bei Platon an, wenn Agathon im Symposion sagt, Eros sei der schönste der Götter, da er νεώτατος (der jüngste), απαλός (zart, sanft), υγρός (ge- schmeidig, weich, schmachtend) ist.60 Zur Zeit des Hellenismus wandelt sich das Bild aber- mals, nun wird Eros als Kleinkind beschrieben, Asklepiades bezeichnet ihn als μικρός (klein) oder νεογνός (neugeboren, jung).61

Ähnlich vollzieht sich in groben Zügen die Transformation des Liebesgottes in der bildenden Kunst, vom athletischen Jüngling zu einem solchen mit beinahe weiblichen Formen bis hin zur rundlichen Gestalt des Kleinkinds.

Trotz aller Veränderungen bleiben die Flügel in Literatur und Darstellung generell ein charakte- ristisches Merkmal von Eros – bisweilen ist sogar die Rede von goldenen Flügeln.62 Der durch- wegs nackt in Erscheinung tretende junge Gott kann mit einer Reihe verschiedener Attribute ausgestattet sein. Mehrfach trägt er einen Kranz aus Blumen im Haar und Bänder in Händen.

Kennzeichnend ist Eros’ unentrinnbare Macht über Götter und Menschen, die Hesiod in der Theogonie charakterisiert:

Gliederlösend bezwingt er allen Göttern und allen Menschen den Sinn in der Brust und besonnen planendes Denken.63

Dichter und bildende Künstler stellen ihn daher gerne mit seinem magischen Instrumentarium, den Waffen der Liebe, vor. Am geläufigsten sind darunter Pfeile und Bogen in klassischer, hel- lenistischer und Kaiserzeit,64 daneben Köcher 65 und Liebesstachel 66. Dazu kommen Fackel,67

54 Eros-Kult im Gymnasion von Samos: Athen. 13, 561f -562a; vgl. Dunst 1967, 72-76; Hermary u. a. 1986, 851. 55 Hom. Il. 14,198-199. 56 Hes. theog. 120-122. 57 γλυκύπικροn αμάχανον όρπετον: Sappho fr. 137 (Diehl); … ετίναζέ μοι φρένας ως άνεμος: Sappho fr. 50 (Diehl). 58 αβρός: Anakr. fr. 505d (Page PMG); χρυσοκόμης: Anakr. fr. 358 (Page PMG); Eur. Iph. A. 548. 59 Eur. Hipp. 1275. 60 Plat. symp. 195a-196a; vgl. Hermary u. a. 1986, 851. 61 μικρός: Anth. Gr. 12, 105; νεογνός: Anth. Gr. 12, 162. 62 Anakr. fr. 379a-b (Page PMG); Aristoph. Av. 697. 1738. 63 Hes. theog. 121-122. 64 βέλος: Eur. Hipp. 531-534; τόξα: Eur. Med. 530-531; Eur. Iph. A. 548-549; tela: Ov. met. 10, 311. 65 φαρετροφόρος: Anth. Gr. 5, 177 [Meleagros]; τόξον, φαρέτρα: Anth. Gr. 12, 76 [Meleagros]; τόξον, βέλεμον, φαρέτριον: Anth. Gr. 9, 440, 18-20 [Moschos]. 66 κέντρον: Anakr. fr. 35 (Edmonds); κέντρα: Eur. Hipp. 39. 67 δαίς: Anth. Gr. 9, 440, 22-23 [Moschos]; φανίον, πυρ: Anth. Gr. 12, 83 [Meleagros]; faces: Ov. met. 10, 312. 11

Fessel, Peitsche und das Zauberrad (ίυγξ), das auf attischen und vor allem auf italiotischen Ge- fäßen vielfach zu sehen ist.

Philosophen, Dichter, und bildende Künstler haben sich seit jeher mit der Vielfalt erotischer Wirkungsweisen auseinandergesetzt und um sie zu veranschaulichen, eine Mehrzahl von Ero- ten konstruiert. Beispielsweise Pindar und Bakchylides.68 Platon unterscheidet zwischen Έρως καλός und Έρως αισχρός, einem besonnenen und einem moralisch anstößigen,69 und stellt in Hinblick auf die päderastische Liebe in der Palaistra Eros und Anteros (die personifizierte Ge- genliebe) einander gegenüber.70 Neben Eros treten auch Himeros und Pothos als artgleiche Per- sonifikationen von Liebessehnsucht und Liebesverlangen auf, die in der bildenden Kunst nur durch Beischriften von Eros zu unterscheiden sind.

Eros, der immerfort Götter und Menschen in Liebe und Leidenschaft verstrickt, steht selbst in einer wechselvollen Beziehung mit Psyche, der Allegorie der menschlichen Seele, welche anti- ke Philosophie und Dichtung von Platon bis Apuleius beschäftigt. Das Thema der Seele (Psy- che), die von Liebe (Eros) gequält wird, aber auch die glückliche Vereinigung der beiden wird in der bildenden Kunst der Antike immer wieder aufgegriffen und dürfte nicht zuletzt von Pla- tons Vorstellung der vom Eros beherrschten Psyche, beschrieben im Dialog des Phaidros,71 be- einflusst sein.72 Figürliche Darstellungen von Eros und Psyche, dem Mädchen mit den Schmet- terlingsflügeln, sind vor allem in hellenistischer und römischer Zeit sehr beliebt.73

II. 1. 4. Amor, Cupido

In römischen Texten ist die sexuelle Liebe unter den synonym verwendeten Namen Amor oder Cupido personifiziert. Allerdings finden sich keine Anzeichen einer römischen Liebesgottheit vor Einführung des griechischen Eros in Italien. Funde griechischer Keramik lassen vermuten, dass dies etwa im 5. Jh. v. Chr. geschah.

Die Beischrift CUPICO begegnet erstmals auf einem faliskischen Stamnos 74 aus dem 4. Jh. v. Chr. und die von CUDIDO auf einem Bronzespiegel aus Praeneste 75 aus der 1. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. Dort steht der junge Liebesgott bei VENOS und Victoria, die offenbar den Sieg im Urteil des daneben sitzenden Paris andeuten soll. Mitte des 3. Jhs. v. Chr. dürfte die jüngere Bezeichnung Amor Eingang in die Literatur gefunden haben. Bei Plautus treten Amor und Cu- pido als gegensätzliches Paar gemeinsam auf,76 ebenso in Ovids Amores.77 Die meisten antiken Autoren gebrauchen jedoch beide Namen abwechselnd und ohne Unterschied, um den Gott der Liebe zu bezeichnen.78 Bisweilen ist sogar von mehreren Cupidines oder Amores die Rede.

68 αρείωνες = edle Eroten: Pind. N. 8, 5; άκαμπτοι = unerbittliche, erbarmungslose Eroten: Bakchyl. 9, 73. 69 Plat. symp. 180e-181a; vgl. Graf 1998, 90. 70 Plat. Phaidr. 255d-e; vgl. Fauth 1979, 361. 71 Plat. Phaidr. 251d - 252a. 72 vgl. Furtwängler 1886 b, 1370; Waser 1909, 532; Icard-Gianolio 1994, 585. 73 vgl. Icard-Gianolio 1994, 569. 583-585. 74 Blanc – Gury 1986, 952. 75 Blanc – Gury 1986, 952; Simon 1990, 243 Abb. 317: um 300 v. Chr. 76 Plaut. Curc. 1, 1, 3. 77 Ov. am. 2, 9b, 33-34. 78 Verg. Aen. 1, 689. 695. 12

Obwohl die meisten mit figuralen Darstellungen verbundenen antiken Inschriften und viele Pro- sawerke den Ausdruck Cupido verwenden, hat sich allmählich der Begriff Amor durchgesetzt, der ebenso in der heutigen archäologischen Terminologie gängig ist.

Amor gilt allgemein als Sohn der Venus, welche die Autoren mater, genetrix und parens nen- nen.79 Somit ist Aeneas sein Bruder.80 Selten wird der Name seines Vaters angeführt, darunter der von Mars oder Merkur. 81 Als Ziehvater findet auch Jupiter Erwähnung.82 Durch die enge Verbindung mit seiner Mutter nimmt es nicht Wunder, dass Amor in Rom kei- nen offiziellen Kult erfuhr, sondern gemeinsam mit Venus verehrt wurde.

In der Literatur wird Amor als unwiderstehliche Macht geschildert, der das gesamte Universum untersteht, 83 mit den Worten Vergils ausgedrückt: omnia vincit Amor.84 Ja selbst seine Mutter Venus ist gegen Amors Pfeile nicht gefeit.85 Zumeist stehen seine Freveltaten, die Leiden der Liebespassion, im Vordergrund der Beschreibungen, er wird wild, grausam (ferus, saevus) und mitleidlos genannt. In Gegensatz dazu stehen Passagen, die einen zärtlichen (tener) Amor er- wähnen.86

Wenn es um sein Äußeres geht, zeichnen die Autoren ein attraktiveres Bild des jungen Gottes. Der viel gebrauchte Ausdruck puer 87 charakterisiert ihn zugleich als Knaben und göttlichen Sohn. Einige seiner Adjektive lauten formosus (wohlgestalt, schön), blandus (liebreizend), tener (zart),88 aureus, flagrantis vultus (mit strahlendem Aussehen),89 mit lockigem Haar.90 Ausdrücke wie aliger, pinnatus, volatilis (geflügelt) 91 sprechen das bestimmendste Kennzei- chen Amors an. Nur in seltenen Fällen trägt er einen Mantel, einen Kranz oder Edelsteine im Haar und an den Flügeln,92 im Allgemeinen ist er nackt und ohne Schmuck.

Die meistgenannten Attribute des Liebesgottes sind Bogen (arcus) und Köcher (pharetra) so- wie Pfeile (sagittae), mit welchen er auf die Brust seiner Opfer zielt. Ovid, der diese Waffen wiederholt erwähnt, unterscheidet zweierlei Pfeile mit entgegengesetzter Wirkung: Der Pfeil, der Liebe erregt, ist vergoldet und hat eine blinkende, scharfe Spitze; der sie vertreibt, ist stumpf und trägt Blei unter dem Schaft.93 Häufig quält Amor seine Opfer auch mit einer bren- nenden Fackel (fax, ignis, flamma),94 um deren Leidenschaften zu entflammen.

In der römisch-figurativen Darstellung kann Amor als Jüngling, Knabe oder – wie meist der Fall – als Putto, einzeln oder in einer Mehrzahl, in Ausübung verschiedenster Aktivitäten, er-

79 mater: Hor. carm. 1, 19, 1; Apul. met. 5, 30, 1; genetrix: Verg. Aen. 1, 689; parens: Apul. met. 4, 31, 1. 80 Verg. Aen. 1, 667. 81 Mars als Vater: Stat. Theb. 10, 103; Merkur als Vater: Cic. nat. deor. 3, 60. 82 Apul. met. 6, 23, 2. 83 Sen. Phaedr. 352-356. 84 Verg. ecl. 10, 69. 85 Ov. met. 10, 525-526. 86 ferus: Ov. am. 1, 2, 8; saevus: Ov. am. 1, 6, 34; tener: Ov. am. 2, 18, 19. 87 Catull. 64, 95; Hor. carm. 1, 30, 5; Ov. rem. 23; vgl. Blanc – Gury 1986, 953. 88 formosus: Apul. met. 5, 22, 2; blandus: Stat. silv.1, 2, 19; Ov. rem. 11; tener: Ov. am. 3, 15, 1. 89 aureus: Ov. am. 2, 18, 36; caput aureus: Apul. met. 5, 22, 5; flagrantis vultus: Verg. Aen. 1, 710. 90 Apul. met. 5, 22, 5. 91 aliger: Verg. Aen. 1, 663; pinnatus: Apul. met. 4, 30, 4; volatilis: Ov. am. 2, 7, 27. 92 gemma capillos, gemma pinnas: Ov. am. 1, 2, 41. 93 Ov. met. 1, 468-471. 94 fax: Ov. am. 2, 9a, 5; ignis: Verg. Aen. 1, 660. 13

scheinen. Bei seiner ureigensten Tätigkeit, der Einflussnahme auf die Emotionen von Göttern und Menschen, bedient er sich aber gerne der von den Dichtern geschilderten magischen Waf- fen. Zur Durchsetzung seines Liebesplans weist er auf das Objekt der Wünsche, spielt die Rol- le des Vermittlers, ermutigt unentschlossene und schüchterne Verliebte, geleitet oder drängt sie, lenkt den Wagen des Entführers, leistet Beistand bei Verführungen. Gezeigt werden diese Ak- tionen mit Vorliebe an Sarkophagen und Mosaiken, aber auch an Wandgemälden, Skulpturen, Gemmen, Schmuckstücken etc.

Eine Reihe von Darstellungen gibt auch Amor selbst in der Rolle des Liebhabers (der Psyche) wieder. Mehrere Mosaiken des 2./3. Jhs. n. Chr., etwa in Byblos oder Antiochia, scheinen dabei thematisch auf das Märchen von Amor und Psyche des Apuleius von Madaura zurückgehen.95

II. 2. Erotisch-magische Instrumentarien der Liebesgötter

Als bevorzugte Zauberbehelfe Aphrodites gelten in antiker Literatur und Darstellung seit frü- her Zeit der geheimnisvolle Liebesgürtel (κεστος ιμάς), Liebespfeile und das Zauberrad (ίυγξ) zum Zweck, Göttern wie Menschen heftige Leidenschaft einzuflößen. Zu Eros’ bzw. Amors Repertoire zählen je nach aktuellem Trend, Kunstgattung und Region ebenfalls Pfeil und Zau- berrad, dazu Kentron, Geißel, Fackel, Fessel u. Ä.

II. 2. 1. Aphrodites Zaubergürtel

Heras Appell an Aphrodite »Gib mir die Kräfte der Sehnsucht und Liebe, mit denen du alle zwingst, die unsterblichen Götter sowohl wie die sterblichen Menschen …«96 sollte nicht uner- hört bleiben. Mit Hilfe des bestickten Gürtels der Liebesgöttin vermag Hera schließlich den ei- genen Gemahl in einer goldenen Wolke auf dem Berg Ida zu verführen.97 Einige Kommentare sehen in dieser Erzählung Homers zugleich die Schilderung eines ιερος γάμος, einer Heiligen Hochzeit.

Nach K. Schefolds Urteil ist die Begebenheit »in einzigartiger innerer Größe« auf einer Meto- pe aus Selinunte dargestellt.98

(Kat. 1) Hera und Zeus, Metope aus dem Heraion von Selinunt, Palermo

Das aus Kalkstein und Marmor gefertigte frühklassische Relief misst ca. 1,6 x 1,3 m. In der rechten Hälfte der Metope ruht Zeus zurückgelehnt auf einem Felsen und streckt seine Rechte nach Hera aus, die aufrecht vor ihm steht und mit der Linken in Art eines Brautgestus den Schleier lüpft. Zeus’ Mantel ist herabgeglitten und lässt seinen Oberkörper frei. Er greift nach Heras linkem Handgelenk,99 wie um sie zu sich zu ziehen.

95 Apul. met. 4, 28 - 6, 24. 96 Hom. Il. 14, 198-199. 97 Hom. Il. 14, 342-353. 98 Schefold 1981, 21; Tusa 1983, 120 f. 99 Der Griff ans Handgelenk der Frau, χειρ επι καρπώ, gilt in der griechischen Kunst als symbolische Geste bei 14

Die Göttin trägt einen Chiton mit tief angesetztem Überfall sowie ein schräges, feingefälteltes Mäntelchen und ein weites Himation, welches zu beiden Seiten des Körpers in schweren Falten von den Schultern zu Boden fällt. Ruhig und gelassen begegnet ihr Blick dem seinen. In Schefolds Diktion erscheint Hera hier »in üppigen Kultgewändern und mit dem Gürtel der Aphrodite geschmückt«.100

Eine ähnliche Szene begegnet wesentlich später auch an einem pompejanischen Wandbild.

(Kat. 2) Hera und Zeus, Wandbild aus der Casa del Poeta tragico, Neapel

An dem ca. 1,3 m hohen Bild, das in neronischer Zeit nach hellenistischer Vorlage,101 anderen Meinungen zufolge in vespasianischer Zeit nach spätklassischem Vorbild,102 entstanden ist, er- scheinen Hera und Zeus wieder auf dem Ida.103

Zeus lehnt mit entblößtem Oberkörper auf einem Felsenthron. Ein Teil seines Mantels umhüllt lose die Hüften, der übrige Teil bedeckt Hinterkopf und Schultern und ist schließlich um den linken Arm geschlungen, in dem das Szepter ruht. Mit der Rechten fasst er sanft an Heras lin- ken Unterarm.

Die Göttin steht mit abgewandtem Blick 104 vor ihm, angetan mit einem Peplos, der in schwe- ren, regelmäßigen Falten nach unten fällt. Ein Schleier bedeckt ihren von einem Diadem gezier- ten Kopf und den Oberkörper. Mit der Rechten hält sie einen Zipfel des Schleiers – gemäß Sche folds Interpretation verhüllt sie »mit dem Schleierende den Gürtel, den sie von Aphrodite erlis- tete, um Zeus zu verführen«.105 Hinter Hera steht die geflügelte Iris, die sie sachte in Richtung des Gatten drängt.

Übereinstimmend mit Homers Lokalisation des Geschehens am Ida ragt im Hintergrund eine Kultsäule auf, geziert mit einem Löwen und Symbolen des idaeischen Kybelekults: Tibien, Zimbeln und Tympanon. Die drei kleineren Gestalten rechts unterhalb des Zeusthrons ließen sich folglich als Daktylen, Berggötter des Ida, deuten.106

Gerade diese Symbole veranlassen allerdings E. Simon zu einer anderen Auslegung des Gesche hens: Sie sieht darin die Heilige Hochzeit von Rhea-Kybele mit Kronos-Saturn. 107

Darstellungen von Brautraub oder Vermählung. 100 Schefold 1981, 219. 101 Kossatz-Deissmann 1988, 684 Nr. 210. 102 u. a. Schefold 1981, 224. 103 In Anlehnung an die häufig geübte Praxis, griechische Götter- und Heroennamen bei der Beschreibung von Darstellungen aus römischer Zeit beizubehalten, ist hier von Hera und Zeus und nicht von Iuno und Iupiter die Rede. 104 Wohl eine Abänderung des griechischen Vorbilds durch den römischen Kopisten. 105 Schefold 1981, 223. – In Homers Sinn: Διος απάτη . 106 Schefold 1981, 221. 107 Simon 1961, 149; Simon 1990, 199 Abb. 255. 15

II. 2. 2. Zauberrad

Das als ίυγξ, lat. iynx, bezeichnete Requisit der Liebesmagie leitet seinen Namen ursprünglich von einem wunderlichen kleinen Vogel aus der Familie der Spechte, dem Wendehals, ab, der den Menschen der Antike durch einige Merkwürdigkeiten aufgefallen war. Man berichtet über ihn, dass bei ihm zwei Zehen nach vorn und zwei nach hinten stehen, dass er seine lange, schlangenähnliche Zunge vier Zoll weit vorstrecken kann, den Hals bei ruhiger Lage des übrigen Körpers ganz nach hinten zu drehen vermag 108 und eine schrille Stimme ähn- lich einem Aulos besitzt. 109

Pindar gibt in seiner gegen Mitte des 5. Jhs. v. Chr. zu Ehren Arkesilas’ IV. von Kyrene ver- fassten 4. Pythischen Ode eine Erklärung, wie es zur Verbindung des seltsamen Vogels mit dem magischen Rad kam und welche Wirkungen davon ausgehen:

Und die Herrin der schärfsten Geschosse, Kypris, brachte vom Olymp zum ersten Mal den Menschen den bunten Wendehals, den sie unlösbar auf die vier Speichen eines Rades spannte, den Vogel, der wahnsinnig vor Liebe macht, und lehrte den klugen Sohn des Aison flehentliche Beschwörungen, auf daß er Medea die Scheu vor den Eltern nehme und die Sehnsucht nach Griechenland sie im Herzen verzehre und sie die Qual der Peitho spüren lasse. 110

Nach dieser Version hat also Aphrodite die Hände im Spiel, wenn sie den Irdischen den wun- dersamen, an ein Rad gefesselten Vogel bringt, der die Fähigkeit hat, leidenschaftliche Liebe in den Herzen der Begehrten gegen deren Willen zu entfachen.

Der Wendehals dürfte den Griechen des 5. Jhs. v. Chr. gut bekannt gewesen sein, sodass sich die Bezeichnung ίυγξ für das Zauberrad aus der Analogie mit den charakteristisch kreisenden Kopfbewegungen des seltsamen Vogels ableiten lässt. 111 Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass der Vogel bei magischen Handlungen tatsächlich auf die Speichen des Zauberrades aufge- spannt wurde, zumal Pindar der einzige ist, der ein derartiges Ritual schildert und auch keine bildlichen Darstellungen dazu bekannt sind.

In Theokrits 2. Idyll ist wieder die Rede von ίυγξ, nun aber ziemlich eindeutig in Gestalt des Liebesrades. Diesmal ist die Handlung dem hellenistischen Alltag entnommen. Eine junge Frau namens Simaitha führt einen Liebeszauber durch, um den schönen Athleten Delphis, der sich schon zehn Tage nicht blicken ließ, in ihr Haus zu locken. Unter Drohungen und Beschwörun- gen wiederholt sie neunmal den Refrain: Ιυγξ, έλκε τυ τηνον εμον ποτι δωμα τον άνδρα – frei übersetzt: Zauberrad, zieh mir den Liebsten ins Haus. 112

Auch die römischen Elegiker Properz, Horaz, Ovid, Lukan machen in ihrer Liebeslyrik gele- gentlich Anspielungen auf ein mittels Fäden bewegtes Zauberrad. 113

108 Aristot. hist. an. 2, 12, 504a 12-19 [4 Zoll = ca. 10 cm]; Plin. nat. 11, 256; vgl. Hünemörder 2003, 478. 109 Ail. nat. 6, 19; vgl. Gossen 1919, 1384. 110 Pind. P. 4, 213-219; vgl. dazu Johnston 1995, 177-206. 111 vgl. Pirenne-Delforge 1993, 284. 112 Theokr. 2, 17. 22. 27. 32. 37. 42. 47. 52. 57. 63; Übersetzung des Refrains: Version von Luck 1990, 88 f. 113 Unter Anwendung unterschiedlicher lateinischer Termini: stamina rhombi: Prop. 3, 6, 26; turbo: Hor. epod. 17, 7; tortus rhombus: Prop. 2, 28a, 35; Ov. am. 1, 8, 7; torti magica vertigine fili: Lucan. 6, 460. 16

Um eine praktische Vorstellung von Aussehen und Funktionsweise des ίυγξ genannten Rades zu bekommen, empfiehlt es sich, die Aussagen der antiken Autoren mit den zahlreichen Ab- bildungen auf attischen und vor allem unteritalischen Tongefäßen des 5. und 4. Jh. v. Chr. zu vergleichen, in welchen die Iynx meist von Eros gedreht oder an den durchgezogenen Fäden von Eros’ Arm baumelnd zu sehen ist. Das Zauberrad wird als Scheibe oder vierspeichiges Rad mit verschiedenartig gezahntem Rand dargestellt.

Zur Handhabung der Iynx sind durch zwei zu beiden Seiten der Radachse angebrachte Löcher Fäden gezogen, deren Enden mit den Fingern der ausgebreitet vorgestreckten Hände festgehal- ten werden (vgl. Kat.4). Durch kreisförmiges Bewegen des Rades an den losen Fäden verdrillen sich die letzteren. Werden die Fäden anschließend abwechselnd angezogen und gelockert, so gerät das Rad in schnelle Rotation in die eine, dann die andere Richtung, wobei ein pfeifendes, surrendes Geräusch zu vernehmen ist. 114

A.S.F. Gow, der sich schon vor geraumer Zeit eingehend mit der Analyse von Theokrits 2. Idyll beschäftigt hat, meint, dass als Material des Rades, das nicht zu schwer sein durfte, in Erman- gelung eindeutiger antiker Belege, am ehesten Holz oder dünnes Metall anzunehmen sei.115

Interessanterweise kommt in Theokrits Gedicht noch ein weiteres magisches Instrument vor, al- lerdings nur einmal, wenn Simaitha in Gedanken an ihren Liebsten ausruft: χως δινειθ’ όδε ρόμβος ο χάλκεος εξ Αφροδίτας, ως τηνος δινοιτο ποθ’ αμετέραισι θύραισιν. – Und wie dieser Bronze-Rhombus durch Aphrodites Macht durch die Luft schwirrt, so möge er meine Tür um- schwirren.116 Rhombos und Iynx dienten folglich dem selben Ziel, den Geliebten möglichst rasch herbeizuführen.

Zur Handhabung des ρόμβος sagt Euripides, er werde kreisförmig wirbelnd in die Höhe gesto- ßen und Archytas präzisiert, der Rhombos an sich schweige, werde er aber bewegt, gebe er ei- nen tiefen Ton von sich und bei heftiger Bewegung einen hohen.117

In der römischen Literatur verwischen sich die Begriffe ίυγξ und ρόμβος.118 Die Bezeichnung iynx kommt schließlich nur mehr als ornithologischer Begriff in Plinius’ Naturgeschichte vor und wird in der Liebespoesie vollständig durch den Ausdruck rhombus verdrängt, wann immer

114 Beschreibung der Iynx und experimentelle Nachbildung bei: Gow 1934, 3 Abb. 1-6; vgl. auch Erklärung und Skizze bei: Haase 1999, 119 f. 115 Gow 1934, 11. 116 Theokr. 2, 30-31; deutsch: Version von Luck 1990, 89. – Kommentar zu Theokr. 2: vgl. Luck 1990, 87-92. 117 Eur. Hel. 1362-1363; Archyt. fr. 1, 435, 2-5 (Diels). 118 Auch in modernen wissenschaftlichen Publikationen werden beide Begriffe häufig synonym verwendet: vgl. Giusberti 1995, 395-409 Abb. 1 Taf. 3. Unter dem Titel ›L’iynx (o rombo)‹ wird hier u. a. ein dem 4. Jh. v. Chr. zugeordneter Fund der Grabungen 1988-1990 in Castelraimondo (Friaul) beschrieben. Es handelt sich dabei um einen an einem Ende schräg ausgebrochenen rechten Mittelfußknochen eines Schafs (max. Länge des Knochens 105 mm), der im Mittelteil des Knochenschafts in Längsrichtung zwei annähernd runde Löcher (Dm 5-6 mm, Ab- stand der Lochmittelpunkte 12-13 mm) aufweist. Giusberti vermutet, dass einst eine rund 1 m lange Schnur so durch die Löcher geführt wurde, dass zwei ungefähr gleich große Schlaufen zu beiden Seiten des Knochens ent- standen, an welchen der Knochen in Rotation und Gegenrotation gebracht werden konnte, wobei ein intermittie- rendes surrendes Pfeifen zu vernehmen war. – Der Autor geht in der Folge auch auf unterschiedliche Formen, Ma- erialien, Verwendungszwecke, Benennungen und mythische sowie magische Bezüge derartiger ›aerophoner Inst- rumente‹ ein und stellt (S. 399) dazu fest: »Ma grande confusione regna soprattutto nell’identificazione tipologica (e formale) da associare alle diverse denominazioni che fin dall’antichità classica tali strumenti hanno avuto, con- fondendosi tra loro forse perchè (già) mal comprese, vale a dire iynx, rhombos, rhombus, turbo e altre«. 17

ein herumwirbelndes, Lärm erzeugendes magisches Instrument angesprochen ist. 119

Während der ρόμβος weder in der griechischen noch der römischen figurativen Kunst darge- stellt ist, findet man die ίυγξ in den Händen von Aphrodite oder Eros vor allem auf attischen und apulischen Gefäßen des 5. und 4. Jhs. v. Chr. In klassischer und hellenistischer Zeit sind Schmuckstücke beliebt, die Eros beim Drehen des Zauberrades abbilden. Gow erwähnt auch zwei Gemmen des 2.-1. Jhs. v. Chr. mit ähnlichen Motiven.120 In römischer Zeit sind nur mehr einige pompejanische Fresken mit dem Thema zu registrieren, bevor solche Darstellungen über- haupt aufhören.

Auf ca. 410 v. Chr. wird eine attisch rotfigurige Hydria in Florenz datiert. Bei dem aus Populo- nia stammenden Gefäßfragment handelt es sich um ein Hauptwerk des Meidias-Malers.

(Kat. 3) Aphrodite und Adonis, att. rf. Hydria, Florenz

Die Szenerie der über den gesamten Umfang des Gefäßes laufenden Darstellung zeigt eine Rei- he von Gefährtinnen Aphrodites, dazwischen drei kleinere Eroten, und im Zentrum, inmitten aufsprießender Lorbeerzweige, Aphrodite selbst mit Adonis, begleitet von Himeros. Auf einer alten Umzeichnung Milanis sind noch die den einzelnen Figuren beigefügten Namen zu erken- nen. 121

Aphrodite sitzt leicht nach vorn gebeugt in einem durchscheinenden ionischen Chiton mit lan- gen Ärmeln, den Mantel locker um die Beine geschlungen. Das Haar wird von einer doppelten Sphendone zusammengehalten. Sie ist mit Ohrgehängen, Collier und Armbändern geschmückt. Ihre Hände ruhen liebevoll auf den Schultern des etwas tiefer sitzenden Adonis.

Sein nackter Oberkörper lehnt an den Knien der Göttin. Das gelockte Haupt des Jünglings ist weit zurückgeneigt, geziert durch Bänder und einen Lorbeerkranz. Er hat den rechten Arm in Richtung Aphrodites angehoben, während der nach unten gesunkene linke gerade die Leier loszulassen scheint – kenntlich an einem winzigen Stück des Rahmens rechts neben der Fehl- stelle. Die Blicke von Adonis sind auf eine kleine, als Himeros bezeichnete Flügelgestalt ge- richtet, die über dem Paar das Liebesrad zum Schwirren bringt. Links vor dem Liebesboten sitzt, der Szene zugekehrt, Eurynoe in einem fein gefältelten kurz- ärmeligen Chiton und spielt mit einem Vögelchen, das auf ihrem linken Zeigefinger sitzt. Das Vasenbild mit Aphrodite und Adonis im Liebesgarten, umgeben von Begleiterinnen mit Glück verheißenden Namen, schildert ganz im Sinne der attischen Kunst des letzten Viertels des 5. Jhs. v. Chr. nur das Liebesglück des Paares 122 – ohne Anspielung auf Adonis’ tragisches frühes Ende.

Die Mehrzahl der rotfigurigen Gefäße, auf welchen die Iynx zur Illustration des Liebeszaubers aufscheint, stammt allerdings aus dem süditalischen Raum, aus Campanien und vor allem aus Apulien. Die meisten Darstellungen entstanden dort in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. v. Chr.,

119 Prop. 2, 28a, 35; 3, 6, 26; Mart. 9, 29, 9; Ov. am. 1, 8, 7; vgl. Johnston 1955, 181 Anm. 7. 120 Gow 1934, 11 Anm. 25 Abb. 11. 121 Milani 1905, Taf. 4. 122 vgl. Schefold 1981, 281 f. 18

gehäuft im 3. Viertel des Jahrhunderts, in der Werkstatt des Dareios-Malers.

Besonders bemerkenswert in Hinblick auf die Bedienung des Zauberrades ist ein campanischer Lebes gamikos aus der Zeit zwischen 330-320 v. Chr., der dem LNO-Maler zugeschrieben wird Er befindet sich heute im Archäologischen Museum von Madrid.

(Kat. 4) Aphrodite - Eros, camp. rf. Lebes gamikos, Madrid

Während auf Seite B eine sitzende und eine stehende Frau mit Opfergaben abgebildet sind, 123 zeigt Seite A, gerahmt von Eierstab, Wellenband und seitlichen Palmetten, rechts eine geflügel- te Gestalt, die einer jungen Frau auf einem Lehnsessel gegenübersteht. Der etwas androgyn wirkende, bis auf Sandalen unbekleidete Eros hält in der abgewinkelten Rechten einen Zweig und blickt auf die vor ihm Sitzende, die ihm augenscheinlich die Handhabung des Liebesrades demonstriert.

Die Erscheinung der Lehrmeisterin im lose geschlungenen Hüftmantel, mit Kekryphalos und langen Bändern im Haar, reich geschmückt mit Ketten um Hals und Brust, sowie mehrfachen Reifen an beiden Armen, lässt nur den Schluss zu, dass hier die Liebesgöttin Aphrodite selbst am Werk ist. Dazu passt auch der Typ des Gefäßes, der üblicherweise bei Hochzeiten Verwen- dung fand.

In Süditalien scheinen Darstellungen der Errettung Andromedas durch Perseus ziemlich beliebt gewesen zu sein, wie eine größere Anzahl von Vasen beweist, darunter ein Kelchkrater des Dareios-Malers im Nationalmuseum von Matera aus dem 3. Viertel des 4. Jhs. v. Chr.

(Kat. 5) Perseus und Andromeda, apul. rf. Kelchkrater, Matera

Auf Seite A erscheint in der Mitte des oberen Registers König Kepheus’ Tochter Andromeda vor den Pfählen, an die sie noch bis vor kurzem gekettet war. Die anmutige Gestalt ist mit ei- nem zart gemusterten langen Chiton bekleidet, im Rücken von einem duftigen Schleier um- weht. Ein Diadem ziert ihren Lockenkopf. An Hals und Handgelenken prangen ein Collier und mehrere Reifen. Mit zärtlichem Blick weist sie auf ihren Retter Perseus, der mit wehendem Mantel nach unten eilt, angetan mit Flügelkappe und Flügelschuhen. Seine Rechte fasst nach dem Sack mit dem Gorgonenhaupt unter dem linken Arm. In der Linken führt er noch das Si- chelschwert des Hermes.

Links hinter Andromeda sitzt eine geschmückte weibliche Gestalt in einem Chiton, die sich der Szene zuwendet und neben der Königstochter das Liebesrad spielen lässt. Wieder kann es sich nur um Aphrodite handeln, zumal rechts der Befreiten antithetisch Poseidon mit seinem Drei- zack gelagert ist, welcher das Seeungeheuer, das die angekettete Andromeda hätte vernichten sollen, geschickt hatte. Ganz außen flankiert an beiden Seiten jeweils ein Pan das Geschehen.124

123 Trendall 1967, 483 Nr. 319. 124 Links ein jugendlicher Pan mit Bocksbeinen – rechts ein erwachsener Pan in menschlicher Gestalt, abgesehen von den Ziegenhörnern, ausgestattet mit Syrinx und Pedum: vgl. Beschreibung bei Trendall – Webster 1971, 79. 19

Perseus blickt über seine Schulter auf den orientalisch gekleideten greisen Kepheus hinunter, der auf sein langes Zepter gestützt, links vor dem mächtigen Thron steht. Ein kleiner Eros stellt gerade einen Schemel davor. Weiter rechts ist eine ältere Frau mit Schleier über dem Hinter- kopf zu sehen, welche aufmerksam zu Andromeda hinaufblickt. Zu ihren Füßen eine Hydria. Vermutlich soll auf diese Weise Kassiopeia, die Urheberin allen Übels, vorgestellt werden, die durch die Prahlerei, ihre Tochter Andromeda sei schöner als die Nereiden, den Zorn der Mee- resnymphen und die Rache Poseidons heraufbeschworen hatte.

Unterschiedlich sind die Datierungen der folgenden Situla in einer Schweizer Privatsammlung, sie differieren zwischen 350 und 330 v. Chr. Auch bei der Zuweisung, ob an den Chamay- Maler oder sein näheres Umfeld, herrscht Uneinigkeit.

(Kat. 6) Zeus und Europa, apul. rf. Situla, Schweiz

Eindeutig ist jedenfalls das Thema der Darstellung auf Seite A. In der Mitte des unteren Regis- ters kniet Europa, bekleidet mit zartem Chiton und einem dünnen von der Schulter flatternden Schleier. Ihre Aufmerksamkeit gilt dem Stier, in dessen Gestalt Zeus sich von links genähert hat. Liebevoll fasst sie mit der rechten Hand an sein Gehörn, um ihn mit der anderen Hand lieb- kosen zu können. Rechts hinter ihrem Rücken entfernt sich ein jugendlicher Pan mit Lagobolon über der Schulter. Interessiert blickt er auf die Szene zurück.

Die gesamte Darstellung wird jedoch von der Gestalt des jugendlichen Eros mit prächtigen aus gebreiteten Schwingen dominiert, der die Mitte des oberen Frieses einnimmt. Mit Schmuck im hochgebundenen Haar, an den Ohren und um den Hals sowie drei Reifen an den Beinen, ange- tan mit leichten Sandalen, eilt er auf eine im rechten Drittel des Bildes sitzende Gestalt zu. Sein Kopf ist zurückgewandt in Richtung eines links sitzenden Pans, der ihm eine Syrinx entgegen- hält. 125 In der nach hinten gestreckten Rechten schwingt Eros eine vierteilige Tänie, während er in der erhobenen Linken eine Schale mit Früchten balanciert. Wie zufällig baumelt auch ein gro ßes Zauberrad an langen gewellten Bändern von seiner Hand und weist doch genau auf die un- terhalb kauernde Europa. Das Treiben des kleinen Liebesboten wird von der vor ihm Sitzenden aufmerksam verfolgt. Sie ist dezent mit einem langen Chiton bekleidet und mit Strahlenkrone über dem Kekryphalos so- wie Collier, Ohrgehängen und Armbändern geziert, in der Linken hält sie einen Fächer. Mit mahnend erhobenem Zeigefinger ihrer Rechten wendet sie sich an Eros – als souveräne Lehr- meisterin in Liebesdingen – selbst wenn es um Eskapaden von Zeus persönlich geht.

Dass Aphrodites Einfluss nicht nur Liebesglück, sondern auch Liebesleid bewirken kann, unter streicht ein apulischer Volutenkrater des Dareios-Malers im Britischen Museum, der etwa um 340 v. Chr. anzusetzen ist.

125 Auffallend ist auch an dieser Darstellung das Auftreten zweier unterschiedlicher Pansgestalten. Am rechten Rand des unteren Frieses wieder ein jugendlicher Pan mit Ziegenhörnern und Bocksbeinen – am linken Rand des oberen Frieses abermals ein erwachsener Pan mit Ziegengehörn, jedoch menschlich gebildeten Beinen. Schauen- burg 1981, 108 spricht in Zusammenhang mit Letzterem von einer vor allem in Unteritalien oft bezeugten mythi- schen Figur, bei deren Benennung die Entscheidung zwischen Pan und Satyr oftmals schwer falle. Auf eine Identi- fikation eher als Pan deute wohl die Position der Gestalt innerhalb der oberen Reihe der Darstellung hin, die auf apulischen Vasen so oft den zuschauenden Gottheiten vorbehalten sei. 20

(Kat. 7) Hippolytos’ Todesfahrt, apul. rf. Volutenkrater, London

Im unteren Register von Seite A versucht ein Jüngling im langen Kleid eines Wagenlenkers sei- ne Quadriga in Zaum zu halten. Unter den sich aufbäumenden Pferden taucht die gewaltige Ge- stalt eines Stiers aus dem Grund, während zu gleicher Zeit ein Dämon im Habitus der Erinnyen heranstürmt und die Tiere mit einer Schlange und einer brennenden Fackel erschreckt. Hinter dem Gespann verfolgt ein alter Diener mit einer Geste hilflosen Entsetzens die Katastrophe.

In merkwürdigem Gegensatz dazu scheinen sich die Götter des oberen Bildabschnitts geruhsam miteinander zu unterhalten und vom unheilvollen Geschehen keine Notiz zu nehmen. Über den scheuenden Pferden thront Aphrodite in Begleitung von Eros und wendet sich der links von ihr an einen Schild gelehnt stehenden Athena zu, die Helm und Lanze in Händen hält. Eros ist da- gegen in ein Gespräch mit Poseidon, der mit seinem Dreizack am rechten Rand der Versamm- lung sitzt, verwickelt. Links hinter Athena lagert noch Apollon, kenntlich an Bogen, Köcher und Lorbeerzweig, und unterhält sich mit Pan, der Pedum und Syrinx trägt. 126

Zweifellos sind wir hier Zeugen des Untergangs von Theseus’ Sohn Hippolytos, so wie ihn der Bote in Euripides’ gleichnamiger Tragödie schildert.127 Schon im Prolog des Stückes hat Aph- rodite erkennen lassen, dass sie an Hippolytos, dem enthaltsamen Diener der Artemis, der die Göttin der Liebe missachtet, Rache nehmen will, wobei seine Stiefmutter Phaidra als Werkzeug dienen soll.128

Auf dem Bild des Kraters hat Eros den unheilvollen Plan Aphrodites bereits erfolgreich ausge- führt. Das magische Liebesrad, mit dem er Phaidra in hoffnungslose Leidenschaft zu ihrem Stiefsohn verstrickt hat, hängt noch von seiner Linken, mit der er Poseidon eine Phiale reicht.

Eine kurze Rückblende auf das Geschehen, das zu dem im unteren Register gezeigten Desaster führte: Als Theseus für einige Zeit abwesend war, unterrichtete die alte Amme, gegen den Wil- len ihrer Herrin, Hippolytos über die Liebesqualen seiner Stiefmutter. Weil dieser jedoch das kupplerische Angebot entrüstet zurückwies, sah Phaidra in ihrer Schmach keinen Ausweg und erhängte sich. In ihrer Hand fand sich ein Brief, der Hippolytos bezichtigte, sie entehrt zu ha- ben. Voll Zorn verbannte Theseus bei seiner Rückkehr den vermeintlichen Frevler und verlang- te von Poseidon, bei dem er noch einen Wunsch frei hatte, ihn zu vernichten. Poseidon schickte darauf den riesigen Stier, der Hippolytos’ Rosse auf der Fahrt an der Meeresküste scheuen ließ, sodass der Wagen umstürzte und der Lenker zu Tode kam. Erst hernach erfuhr Theseus durch Artemis den wahren Sachverhalt.

Auf der Darstellung des Volutenkraters ist allerdings nur der Bruder der Göttin, Apollon, zu sehen, da Artemis es nicht ertragen konnte, dem Tod ihres Schützlings beizuwohnen.129 Die Anwesenheit Athenas ließe sich aus ihrer Funktion als Schirmherrin von Theseus erklären, während die des Pan vielleicht weniger auf seiner Beziehung zu der von Hippolytos einst ver- ehrten Natur beruht, sondern auf der Beliebtheit seiner Figur bei den süditalischen Malern.130

126 Hier erscheint nochmals (vgl. Kat.5.6) ein Pan in Menschengestalt mit Bockshörnern im oberen Register. 127 Eur. Hipp. 1213-1246. 128 Eur. Hipp. 1-58. 129 vgl. Séchan 1967, 337 Anm. 5. 130 vgl. Séchan 1967, 337. 21

Den Beginn einer letztlich ebenfalls unglücklichen Liebesbeziehung schildert Seite B einer apu- lischen Amphora in Bari, die ebenfalls dem Dareios-Maler zugeschrieben wird, aus Canossa stammt, und um 330 v. Chr. angefertigt wurde.

(Kat. 8) Meleager und Atalante, apul. rf. Amphora, Bari

Die Darstellungen des Gefäßkörpers sind durch ein breites umlaufendes Band mit Meerestieren deutlich in zwei Register unterteilt, deren oberes mythologischen Szenen vorbehalten ist. The- ma von Seite A ist einmal mehr die Europasage, wobei nun allerdings Aphrodite höchst persön- lich die Fäden des Zauberrades zieht.

Im Zentrum der Darstellung von Seite B sitzt nach rechts gewandt eine junge Frau im kurzen Chiton einer Jägerin, mit phrygischer Mütze und Stiefeln. Sie trägt einen Köcher am Rücken und hält mit der Linken zwei Speere, die auf ihrem Schoß liegen. Neben ihr kauert ein Jagd- hund. Sie streckt die rechte Hand einem Jüngling entgegen, der mit Stiefeln und einer über den Rücken fallenden Chlamys bekleidet ist. Er trägt ein Schwert an einem quer über die Brust lau- fenden Gurt, während er mit der erhobenen Linken zwei Lanzen im Gelände aufstützt. Er ist ge- kommen, um der Sitzenden seine stattliche Jagdtrophäe anzubieten. Über der Szene schwebt ein zierlicher Eros, der die beiden mit einer ausgebreiteten Girlande symbolisch zu verbinden scheint. Die Blicke des Liebesboten wenden sich einer weiblichen Gestalt in einem kostbaren langen Chiton zu, die nach vorn gebeugt, mit aufgestütztem Fuß hinter der Jägerin steht. In der Linken hält sie die Fäden einer Iynx, während sie die Rechte in einer beredten Geste hebt. Kein Zweifel, es dreht sich hier um den Mythos von Meleager und Atalante. Trendall – Webs- ter vermuten, dass die Darstellung unter dem Einfluss von Euripides’ verlorener Tragödie Me- leagros entstand, 131 mit einer neuen Version der Kalydonischen Eberjagd, wonach Meleager sich in Atalante verliebt und ihr seine Jagdbeute abtritt.

Im Allgemeinen deutet man die Figur mit dem Liebesrad als Aphrodite. Séchans Theorie, es könnte sich wegen deren eindringlicher Geste um Peitho oder eine andere Dienerin Aphrodites handeln,132 wird kaum mehr vertreten. Zu ihren Füßen liegt vermutlich das aufgerollte Netz samt Stöcken, das man zum Fangen des Ebers verwendete.133

Ganz links steht eine mächtige Flügelgestalt – die stark an den Dämon des zuvor besprochenen Kraters des Dareios-Malers erinnert – in kurzem gebauschtem Chiton, mit Gürtel und über der Brust gekreuzten Bändern sowie Stiefeln. In der Linken ein Schwert, in der Rechten eine ge- senkte brennende Fackel. Sie blickt zu Meleager und Atalante zurück und wird als Erinys ge- deutet, die schon auf das tragische Ende des Helden hinweist.134 Denn, so der weitere Verlauf des Mythos, als die anderen Jagdteilnehmer das Eberfell von Atalante zurückfordern, kommt es zu einem Kampf, bei dem Meleager zwei Brüder seiner Mutter Althaia tötet. Im ersten Zorn besinnt sich Althaia einer alten Weissagung, wonach ihr Sohn sterben müsse, sobald sie ein mit einem tödlichen Zauber beladenes Holzscheit verbrennt, und wirft das Scheit ins Feuer. Aus Verzweiflung über ihre Tat nimmt sie sich bald darauf ebenfalls das Leben.

Vor Erinys steht ein bärtiger Mann in kurzem Chiton, Stiefeln, Mantel und breitkrempigem

131 Trendall – Webster 1971, 98. 132 Séchan 1967, 430. 133 Trendall – Webster 1971, 98. 134 Séchan 1967, 430. 22

Hut, der sich auf einen knorrigen Stock stützt und ebenfalls regen Anteil an der Szene nimmt – wohl der alte Diener, der später nach Vorbild des antiken Theaters das schreckliche Geschehen Oineus, dem Vater Meleagers, berichten wird.

Auch Helenas bewegtes Schicksal ist immer wieder von Interventionen durch Aphrodite und Eros bestimmt, wie sich anhand dreier süditalischen Darstellungen demonstrieren lässt. Bei der ersten handelt es sich um einen apulischen Volutenkrater des Baltimore-Malers in Genf aus der Zeit um 330-310 v. Chr.

(Kat. 9) Paris und Helena, apul. rf. Volutenkrater, Genf

Das untere Register von Seite A zeigt eine romantische Szene, die offenbar noch im Königspa- last von Sparta zu lokalisieren ist. Auf einem kunstvoll verzierten Thron sitzt Menelaos’ Gattin in einem fließenden kurzärmeligen Chiton, reich geschmückt mit Halsband und Armreifen und einer Tänie im Haar. Wie traumverloren lüpft sie mit der Rechten den Schleier, während sie mit leicht geneigtem Kopf verzückt auf den jungen Mann in fremdländischer Kleidung und phrygi- scher Mütze blickt, der rechts vor ihr zwanglos mit überkreuzten Beinen am Rand eines großen Beckens lehnt. An einem zarten Band in seiner erhobenen Rechten flattert eine weiße Taube, die er Helena als Liebesgabe präsentiert.

Außer der Taube als Botin Aphrodites, scheint auch Eros, der mit Kranz und Bändern hinter Paris, dem Königssohn aus dem fernen Troja, schwebt, ein nicht unerheblicher Anteil an der Eroberung Helenas zuzukommen. Das Paar wird links von einer stehenden Dienerin, die ihrer Herrin Fächer und Kranz bietet, und rechts von einer auf einem Klappstuhl Sitzenden flankiert.

Am linken Rand des oberen Feldes ist die eigentliche Initiatorin der Affäre, Aphrodite, mit auf- gestütztem Bein und vorgeneigtem Oberkörper in eine angeregte Unterhaltung vertieft, zu erbli- cken. In der erhobenen Rechten schwenkt sie gestikulierend einen Kranz, während ihre auf dem abgestützten Bein ruhende Linke neben einer großen Phiale die Fäden des Zauberrades hält, mit dem sie die Liebe der schönen Helena zu Paris entfacht hat. Ganz im Sinne des Versprechens, das Paris bewogen hatte, Aphrodite den Apfel mit der Aufschrift ›der Schönsten‹ zu reichen.

Aphrodite zugewandt steht Hermes – in ähnlicher Pose wie im unteren Feld Paris – lässig an ei- nen Baum gelehnt. Im Gespräch stützt er achtlos sein Kerykeion am Baumstamm ab, der Peta- sos baumelt von der Linken. Sein Auftrag, Hera, Athena und Aphrodite zum Urteil des Paris auf den Ida zu geleiten, ist längst ausgeführt und sehr zur Zufriedenheit Aphrodites verlaufen. Weniger erfreut zeigt sich Athene, die rechts hinter Hermes sitzt, den abgenommenen Helm in der Rechten, den angelehnten Schild in der Linken. Sie hat sich in der vergeblichen Hoffnung auf den Titel der schönsten Göttin ungewohnt reich geschmückt, mit Tänie im langen gelockten Haar sowie Ohrgehängen und Armbändern. Ihre nachdenkliche Haltung erinnert an die Helenas im unteren Register, während sie den Worten der bei ihr stehenden Iris lauscht. Die zierliche geflügelte Gestalt mit Kerykeion, in kurzem gegürtetem Chiton und Stiefeln, tritt hier als Botin Heras auf, die ja gleichermaßen beim Versuch, von Paris den begehrten Apfel zu erlangen, ge- gen Aphrodite unterlegen war.

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Das nächste Objekt befindet sich ebenfalls in Genf. Es ist eine große apulische Lekythos des Dareios-Malers, die um 340-330 v. Chr. entstanden ist.

(Kat. 10) Entführung Helenas, apul. rf. Lekythos, Genf

In der Mitte der unteren Bildzone kommt es bereits zur Entführung Helenas. Mit wehender Chlamys trägt Paris die kaum Widerstrebende zur Quadriga, deren Pferde schon unruhig schar- ren. Ein Eros mit ausgebreiteten Flügeln hat die Zügel in Händen, während eine weibliche Ge- stalt mit einer langen Rute im Arm, an der Spitze des Gespanns, die Tiere in Zaum hält.

Paris ist bis auf den Mantel nackt, nur mit phrygischer Mütze und Stiefeln bekleidet. Helena trägt einen dünnen Chiton mit zartem Muster und Sandalen. Sie ist mit einer Brautkrone, Hals- ketten, Ohrringen und Armreifen geziert. Ihr Blick taucht in den seinen, während sie entrückt einen Zipfel ihres Schleiers hebt und die Rechte in einer Geste des Abschieds über Paris’ Schulter nach hinten streckt. Dort steht die weißhaarige Amme mit einem Kästchen und einer Schleife, den rechten Arm in vergeblichem Protest erhoben.

Über dem Gespann schwebt im oberen Fries ein weiterer Eros, ähnlich aufgemacht wie der wa- genlenkende darunter, mit Diadem, Schmuck an Hals und Armen, dazu noch mit Fußreifen und Sandalen sowie einem zarter Schleier, der vom linken Arm weht. Sein Blick ist auf das fliehen- de Paar gerichtet, welches er durch das Spiel des Liebesrads in seinen Händen bezaubert hat. Rechts sitzt Aphrodite als Betreiberin der Romanze, mit Spiegel und Schmuckkästchen.

Der in der linken Registerhälfte mit seinem Szepter vor einem prächtigen Thron zu sehende orientalische Fürst mit phrygischem Kopfschmuck, flankiert von einem jungen Kitharisten und einem Knaben an einemThymiaterion, wird von Kahil – Icard als König Priamos in Begleitung seiner Söhne Paris und Troilos interpretiert. 135

Als drittes Gefäß, dessen Dekor Helenas Geschichte zum Thema hat, ist eine campanische Leky thos in Frankfurt zu erwähnen, die der Aigisthosgruppe um 350-320 v. Chr. zugeordnet wird 136

(Kat. 11) Menelaos und Helena, campan. rf. Lekythos, Frankfurt

In der Mitte des Bildfeldes zwingt der bärtige Spartanerkönig, der nur mit einer Chlamys über den Schultern bekleidet ist, Helena in die Knie, indem er sie unsanft an den Haaren packt. Die Unglückliche hat ihre Arme weit emporgestreckt, wobei der Mantel herabgeglitten ist und ih- ren weißen Körper, den Halskette und Armreifen zieren, freigegeben hat. Menelaos holt schon mit dem Schwert in der erhobenen Rechten zum Schlag aus, doch ein von Aphrodite gesandter geflügelter Eros hält schützend seine Hand über Helenas Haupt und wehrt die Klinge ab. Auch der links an Menelaos herantretende junge Krieger in Chiton, Chlamys und hohen Schu- hen, mit einer Doppellanze in der Rechten, versucht, auf den Grollenden beschwichtigend ein- zuwirken, wie die Geste seiner erhobenen Linken bekundet.

135 Kahil – Icard 1988, 531 Nr. 174. – Anders argumentieren Schefold – Jung 1989, 122 f.: beim Kitharoden hand- le es sich um Apollon, der gerade auf Zeus’ Beschluss seinen Dienst bei König Laomedon von Troja leistet und zu dessen Entsetzen von Helenas Zukunft singt. Der Knabe am Räucherbecken sei Laomedons Sohn Priamos. – Weitreichendere Umdeutungen der gesamten Darstellung: M. Schmidt 1990, 221-226. 136 Datierung: Deppert 1982, Taf. 44, 1-4. – Anders datiert Kahil 1955, 190 Nr. 160: Anfang 4. Jh. v. Chr. 24

Auf der rechten Seite der Szene, hinter Eros, steht Aphrodite selbst, in einem langen, gegürteten Chiton, mit Strahlenbinde, Ohrgehängen, Halskette und Armreifen. Ihr Blick ist auf den Rasen- den geheftet, während sie zwischen den Fingern der erhobenen Hände die Fäden des Zauberra- des spannt. Aphrodite bewirkt durch ihren Liebeszauber, dass Menelaos, der gerade noch fest entschlossen war, die ungetreue Gattin zu töten, schließlich von ihrer Schönheit überwältigt wird und sich sein Zorn in Liebesverlangen wandelt.

Das Thema der Entführung geliebter Frauen per Quadriga – wie im Falle Helenas – wird von unteritalischen Malern des 4. Jh. v. Chr. immer wieder gerne aufgegriffen, wie einige Beispiele zeigen, bei welchen auch die zauberkräftige Iynx zum Einsatz kommt. Eine fragmentierte apuli- sche Loutrophoros aus der Zeit um 340-330 v. Chr. mit dem häufig dargestellten Kore-Raub stammt von der Hand des Dareios-Malers.

(Kat. 12) Raub der Persephone, apul. rf. Loutrophoros, Port Sunlight

Das obere Register von Seite A zeigt ein Viergespann, das bereits zum Galopp ansetzt, Hades führt die Zügel. Er trägt einen Bart und langes gelocktes Haar mit einem Kranz darin, der mäch- tige Körper ist mit einem Himation bekleidet. Hades blickt auf die mit Diadem, breiter Hals- kette und Reifen an beiden Armen festlich geschmückte Persephone an seiner Seite. Die junge Frau wendet sich mit ausgestreckten Armen offensichtlich zu ihrer hinter dem Wagen stehen- den Mutter Demeter zurück. Dem Gespann voran eilt Hekate, zwei brennende Fackeln in Hän- den, während daneben ein junger Mann, vermutlich Hermes, die Szene gelassen beobachtet.

Über der Karosse schwebt ein androgyn anmutender Eros mit prunkvollen Flügeln, Kekrypha- los und reichlich Geschmeide im Haar, an den Ohren, an Hals, Armen, Beinen und quer über der Brust. Der Liebesgott wendet seinen Kopf zurück und lässt das Band mit dem Zauberrad vor dem enteilenden Paar flattern. In der vorgestreckten Linken hält er Phiale und Kranz. Ihm fliegt eine Taube voraus, die sich als Botin Aphrodites mit dem Hochzeitskranz deuten ließe.

Auch die Darstellung einer Entführung der Leukippiden auf einer apulisch rotfigurigen Leky- thos in Richmond aus der Zeit um 350-340 v. Chr. wird dem Dareios-Maler zugeschrieben.

(Kat. 13) Raub der Leukippiden, apul. rf. Lekyhthos, Richmond

Beim Betrachten des figurenreichen Dekors wird der Blick sogleich durch die Ereignisse im oberen Fries gefesselt. Er zeigt an beiden Seiten Wagenlenker, die mit jungen, spärlich beklei- deten, aber kostbar geschmückten Frauen im Arm ihre Gespanne eiligst wegfahren. Im Zen- trum des Geschehens steht ein Jüngling auf den Stufen eines Grabmonuments und schwingt drohend eine Grabstele gegen einen anderen, der ihm mit gezücktem Schwert entgegentritt. Links des Postaments sinkt ein Verwundeter zu Boden, während rechts davon ein Streiter hin- gestreckt auf seinen Speeren liegt. Eine halb bekleidete Frau eilt aufgeregt gestikulierend links hinter den Duellanten herbei.

Inmitten des turbulenten Geschehens wirkt die Gruppe von Aphrodite und Eros, die etwas ab- gehoben zwischen den Kämpfenden und dem nach rechts galoppierenden Gespann erscheint, merkwürdig gelassen. Aphrodite sitzt hier, wie üblich reich geziert, in zartem Chiton und Man- 25

tel, die Rechte aufgestützt, die Beine übereinander geschlagenen, in der Linken eine Phiale mit einer weißen Taube darauf. Gedankenvoll blickt sie auf den Zweikampf hinunter. Hinter ihrem Rücken lehnt ein jugendlicher Eros mit überkreuzten Beinen, Strahlenkrone über dem Kekry- phalos, Schmuck an Ohren, Hals, Armen und Oberschenkel, sowie Sandalen an den Füßen. Mit der Rechten hält der knabenhafte Liebesgott wie beiläufig die Fäden eines besonders großen Zauberrades über den Kämpfer mit dem Schwert, während sein Blick den Blitz des Zeus ver- folgt, der auf die Gestalt mit der Stele auf den Schultern niederfährt.

Die Randszenen werden allgemein als Entführung der Töchter des Leukippos durch die Diosku- ren gedeutet, die zentrale Handlung gilt als Kampf der Dioskuren mit Idas und Lynkeus, denen die geraubten Frauen bereits versprochen waren. Nach K. Hammas Version, die auch von John Boardman und L.J. Roccos favorisiert wird,137 lassen sich der Steinschleudernde als Idas, sein Kontrahent als Polydeukes, der tödlich Verwundete als Kastor und der Tote als Lynkeus inter- pretieren. Die Entführer der Leukippiden wären demnach nur Wagenlenker im Dienste der Dios kuren – wenngleich deren intimer Umgang mit den geraubten Prinzessinnen etwas seltsam an- mutet.138 Es handelt sich um eine singuläre Illustration sowohl hinsichtlich der Nebeneinander- stellung von Brautraub und Kampf der Brüderpaare als auch bezüglich der sonst unüblichen iko nographischen Wiedergabe von Kastors Tod. 139

In der Darstellung stehen Aphrodite und Eros offensichtlich auf Seiten von Kastor und Poly- deukes. Sie haben die Zeussöhne zur unrechtmäßigen Liebe zu Phoibe und Hilaeira verleitet. Die Gesten der jungen Frauen lassen auch auf Erwiderung der Gefühle schließen, besonders jene der Leukippide im linken Wagen, die dem zu Boden sinkenden Kastor beide Arme entge- genstreckt. Wie zur Bekräftigung der göttlichen Einflußnahme auf das Geschehen taucht Eros mit seinem magischen Rad ein weiteres Mal im Zentrum der Schulterzone der Lekythos, neben Aphrodite, und ein drittes Mal im unteren Register auf.

Die Entführung von Jünglingen durch weibliche Akteure, im speziellen Fall des Kephalos durch Eos, wurde ebenso thematisiert, etwa auf einer Lekythos des Unterwelt-Malers aus den Jahren um 350-340 v. Chr., die sich ebenfalls in Richmond befindet.

(Kat. 14) Entführung des Kephalos, apul. rf. Lekythos, Richmond

In der Mitte der oberen Bildzone von Seite A sprengt ein Viergespann nach rechts, verfolgt von einem weißen Hund. Das auf dem Wagen stehende Paar ist von einem Nimbus umgeben. Der junge Mann mit einem Kranz im Haar hat ein Himation um den Körper geschlungen, dessen Ende hinter der linken Schulter im Fahrtwind flattert. In der erhobenen Rechten hält er einen Stab. Er blickt auf die diademgeschmückte Frau an seiner Seite, die einen Arm um seine Schul- tern gelegt hat und mit dem anderen die Quadriga lenkt. Sie trägt einen Chiton und einen über das Haupt gezogenen Mantel.

Über den Pferden schwebt ein mit Strahlenkrone und dem üblichen Putz geschmückter Eros dem Paar entgegen. In seinen Händen eine aus Rosetten bestehende Girlande. Ein zweiter, ähn-

137 Hamma 1982, 131 f.; Boardman 1990, 61 f.; Roccos 1992, 321 Nr. 11. 138 Die Dioskuren sowohl als Entführer als auch Kämpfende: Trendall 1989, 90 f.; Hermary 1986, 584 f. Nr. 203. 139 vgl. Hamma 1982, 132. 26

lich aufgemachter Eros fliegt über der Spitze des Gespanns voran. Seine Aufmerksamkeit gilt ebenfalls dem Paar im Wagen, in dessen Richtung er die Fäden mit dem Zauberrad durch die Luft treiben lässt. Hinter dem Gefährt thront Aphrodite in Chiton und Schleier über dem Hinter- haupt und wendet ihre Blicke gleichfalls Eos und Kephalos zu. In der auf den Knien ruhenden Rechten hält sie einen Spiegel, während von ihrer aufgestützten Linken die Fäden einer weite- ren Iynx herabbaumeln.

Drei Jünglinge und ein Pädagoge in Jagdausrüstung, die im unteren Register aufgebracht in Richtung der Quadriga gestikulieren, erhärten die Interpretation der Szene als Entführung des schönen Kephalos durch Eos. Apollodor erzählt, dass Eos von immerwährendem Liebesverlan- gen erfüllt war und dass dies die Folge von Aphrodites Rache darstellte, weil die Göttin der Morgenröte mit Ares zu buhlen gewagt hatte. 140 Hesiod ist der erste, der Kephalos als Gelieb- ten der Eos erwähnt, 141 und Euripides bemerkt, dass man aufgrund alter Schriften und Gesänge von Kephalos’ Entführung in den Götterhimmel durch die strahlende Eos wisse. 142

Schließlich wäre noch eine Darstellungsvariante des Liebesraubs unter Mitwirkung von Aph- rodite und Eros zu erwähnen: Das Entführen von Knaben durch erwachsene Liebhaber. In die- sem Sinne schildert beispielsweise der Dareios-Maler den Mythos von Laios und Chrysippos auf einem Berliner Kelchkrater aus dem dritten Viertel des 4. Jhs. v. Chr.

(Kat. 15) Entführung des Chrysippos, apul. rf. Glockenkrater, Berlin

Als Hauptmotiv erscheint im unteren Register der Seite A eine nach links galoppierende Qua- driga. Der Mann auf dem Wagen treibt die Pferde mit dem Stock in seiner Rechten zu besonde- rer Eile, während er mit der Linken den Knaben an seiner Seite festhält. Beide sind nur mit lo- sen Mänteln, die von den Armen des Lenkers, beziehungsweise der linken Schulter des Entführ ten flattern, bekleidet. Der Knabe hat hochgeknotetes Haar und eine Schmuckkette quer über der Brust. Hilflos streckt er beide Hände nach dem hinter dem Gespann Einhereilenden aus.143

Durch die reich bestickte orientalische Tracht, bestehend aus Ärmelchiton, einem am Hals mit einer Schließe zusammengehaltenen wehenden Mantel, einer phrygischen Mütze und hohen verzierten Schnürstiefeln, sowie zwei Lanzen in der gesenkten Linken, gibt sich dieser als der aus Kleinasien stammende König Pelops von Pisa, der Vater des geraubten Chrysippos, zu er- kennen.144 Er muss zusehen, wie Laios, dem er während seines Exils großzügig Gastrecht ge-

140 Apollod. 1, 27. 141 Hes. theog. 986-987. 142 Eur. Hipp. 451-458. 143 Schefold 1986, 287-289 beschreibt noch sechs weitere apulische (Nr.1.3.4.4a.4b.5) und zwei etruskische (Nr. 6.7) Darstellungen der Szene, wobei das Viergespann des Entführers jeweils nach links sprengt. Der Knabe zu sei- ner Linken wendet sich in allen Fällen nach rückwärts und streckt seine Arme flehend den Hinterhereilenden ent- gegen: einem alten weißhaarigen Pädagogen oder, zumeist, einem jüngeren Mann in orientalischer Tracht. Sche- fold vermutet in diesem Zusammenhang die Existenz dreier Varianten griechischer Vorbilder aus dem 4. Jh. v. Chr., abzuleiten von Motiven in Euripides’ Hippolytos, wobei die Entführungsszene möglicherweise einen Boten- bericht illustriere. 144 Der orientalisch Gekleidete hinter dem Wagen des Laios wird trotz seines jugendlichen Aussehens in der wis- senschaftlichen Literatur allgemein als Pelops, Vater des entführten Chrysippos, bezeichnet. Triantis 1994, 287 be- tont, Pelops werde generell als bartloser junger Mann dargestellt, der immer eine Waffe führe, Schwert oder Lan- ze, ob er nun nackt, nur mit einem Himation bekleidet, erscheine oder in reich geschmückter orientalischer Tracht. Für eine Interpretation als Pelops spricht auch Hyg. fab. 85, wonach Pelops den Chrysippos mit Gewalt zurückge- 27

währt hatte, nun mit seinem jungen Sohn im Arm nach Theben zurückjagt. Im letzten Moment versuchen zwei Jünglinge vor dem Gespann mit Speeren in Händen doch noch den Wagen auf- zuhalten. Möglicherweise sind es Chrysippos’ ältere Brüder Atreus und Thyestes.

Aphrodite, die im oberen Fries direkt über dem Entführer und seinem Opfer in charakteristi- scher Aufmachung und Pose thront, blickt gelassen auf die vergebliche Intervention hinunter – längst ist das Schicksal des schönen Knaben besiegelt. Als Zeichen ihrer unentrinnbaren Ver- führungskunst schwebt das Liebesrad an den Fäden in ihrer aufgestützten Hand direkt über den Häuptern der Fliehenden. Ein kleiner Eros mit langen Schwingen reicht Aphrodite einen Kranz, scheint sich aber nicht weiter für das Geschehen unterhalb zu interessieren.

Ebenso wenig Anteilnahme herrscht bei den anderen Göttern, die zwanglos plaudernd daneben sitzen: Pan, wieder in menschlicher Gestalt (vgl. Kat.5.6.7), ein Rhyton in der erhobenen Linken, der sich mit Apollon, kenntlich durch Kithara und Lorbeerzweig, unterhält, und in der Mitte Athena, auffallenderweise mit Diadem im Haar, Helm am Arm, Schild und Speer aufgestützt, die sich Aphrodite zukehrt. Etwas deplaciert wirkt daneben der alte Pädagoge in Chiton, Man- tel, hohen Stiefeln und mit umgehängtem Petasos, der am rechten Rand der Götterreihe auf- taucht und sich verzweifelt die weißen Haare rauft.

Die große Zahl außerehelicher Affären von Göttervater Zeus beweist, dass er keineswegs gegen das Wirken der Liebesgötter gefeit war – ein beliebtes Thema der antiken Ikonographie, zu se- hen etwa an einer apulischen Loutrophoros in Malibu, die dem Maler von Louvre MNB 1148 zugeschrieben wird. Die Datierungen divergieren zwischen 330/320 und 320-300 v. Chr.

(Kat. 16) Zeus und Leda, apul. rf. Loutrophoros, Malibu

Der obere Fries auf Seite A wird von einem weiß gemalten Naiskos dominiert, angedeutet durch zwei Stufen und vier ionische Säulen, die Architrav, Geison und einen flachen Giebel tragen. Darin sitzt zur Linken eine bärtige Gestalt, angetan mit einem locker um die Hüften und über die linke Schulter geworfenen Himation und Sandalen, die erhobene Rechte auf ein verzier tes Szepter gestützt, über dem bekränzten Haupt die Inschrift  . Er wendet seinen Kopf der rechts mit überkreuzten Beinen an einer Säule lehnenden, ebenfalls namentlich bezeichne- ten, Aphrodite zu. Sie ist mit Strahlendiadem und dem obligaten Zierrat geschmückt und trägt einen langen Chiton sowie einen Hüftmantel, dessen Bausch über den linken Unterarm fällt, und weiße Schuhe. Von der dem Zeus entgegengehobenen Rechten hängen die Fäden mit dem Zauberrad, während ein kleiner Eros scheinbar schwerelos auf dem Unterarm der Göttin sitzt und mit seiner Kinderhand liebevoll ihr Kinn berührt. Zu beiden Seiten des Gebäudes erschei- nen inschriftlich benannte Personifikationen: Astrape, Eniautos, Eleusis. 145

Auch im unteren Fries sind die wesentlichen Figuren mit Beischriften versehen. Im Zentrum ist nun als Zeus-Metamorphose ein großer weißer Schwan zu erkennen, der sich mit flatternden Flügeln hoch aufrichtet. Von rechts tritt Leda mit leicht gebeugten Knien an ihn heran und fasst ihn mit beiden Händen sanft am Kopf, um ihn auf den Schnabel zu küssen. Sie hat langes, ge- locktes Haar und trägt einen dünnen, gegürteten Chiton, der ihre Figur durchscheinen lässt, so-

holt habe; vgl. Schefold 1986, 287 Nr. 2. 145 Zur Diskussion der möglichen Symbolik dieser Gestalten vgl. Kossatz-Deissmann 1997, 535 f. Nr. 5. 28

wie ein duftiges Himation mit einer getupften Bordüre, dazu zarte weiße Schuhe. Hinter Leda steht ein als Hypnos bezeichneter nackter Jüngling, aus dessen Locken ein kleines Flügelpaar wie ein Helm aufragt. Ähnliche Flügel trägt er an den Sandalen. Er hat den gerafften Mantel über den Reifen auf seiner linken Schulter geworfen und hält eine Gerte mit der ausgestreckten Rechten über das Paar vor ihm. – Bei den weiblichen Gestalten ohne Bezeichnung am linken und rechten Rand der Zone dürfte es sich um Gefährtinnen von Leda handeln.

Die Szenen der beiden Register sind eng mit einander verknüpft. Im unteren Fries wird der Er- folg von Aphrodites Intervention mit der Iynx geschildert, unterstützt von Hypnos, der das Lie- bespaar in süßen Schlaf versetzt. 146

Auch von Herakles, Zeus’ Sohn mit Alkmene, der Gattin König Amphitryons von Theben, wer- den neben seiner Liebe zum schönen Hylas und anderen Knaben diverse Beziehungen mit Frau- en erwähnt.147 Auf einer unteritalischen Situla aus Ruvo, die sich heute in Genua befindet, ist seine Verbindung mit Heras Tochter Hebe angesprochen. Das Gefäß wird der dem Dareios-Ma- ler nahestehenden Gruppe von New York 28.57.10 zugeschrieben und unterschiedlich, mit ca. 350 bzw. 335-330 v. Chr. datiert.

(Kat. 17) Herakles u. Hebe, apul. rf. Situla, Genua

Überragt von der thronenden Gestalt Aphrodites, ist an der Vorderseite des Gefäßes in einer Art Dreieckskomposition die Begegnung von Herakles und Hebe auf dem Olymp dargestellt. Nach seiner Apotheose sitzt hier ein sichtlich verjüngter Herakles hüllenlos auf dem Löwenfell und ist gerade damit beschäftigt, hohe Flügelschuhe anzulegen. An seiner Seite hängen Bogen und Köcher, die knorrige Keule lehnt daneben. Er richtet seinen Blick auf Hebe, die angetan mit langem Chiton und Brautschleier von links herantritt und sich mit geläufigem Gestus an ihn wendet. Alle Figuren des Bildes drücken ihr Einverständnis mit dem Ratschluss aus, den vergöttlichten Herakles mit der anmutiger Tochter von Zeus und Hera zu vermählen:148 An erster Stelle, im Zentrum des oberen Registers, Aphrodite in Chiton und Hüftmantel, Schmuck an Hals und Ar- men, in der Linken eine große Spendeschale, in der erhobenen Rechten einen Kranz haltend. Sie wird von zwei Flügelwesen flankiert, die ihre Rolle bei der Begebenheit unterstreichen. Von rechts kommt eine weiße Taube auf sie zugeflogen, von deren Fängen zarte Fäden mit dem Liebesrad flattern. Auf der anderen Seite tritt ein knabenhafter Eros mit einer Girlande in Hän- den an Aphrodite heran, um den Brautkranz für Hebe in Empfang zu nehmen.149

Am rechten Rand des Frieses erscheint Athene, die schräg oberhalb ihres Schützlings Herakles lagert. Sie ist mit einem gegürteten Chiton und Aegis bekleidet und trägt ein Strahlendiadem über dem Kekryphalos. In der Rechten hält sie einen korinthischen Helm und in der Linken ei- nen langen aufgestützten Speer. Ein großer Rundschild lehnt an ihrem rechten Knie. Unterhalb von Athene ist Hermes zu erblicken. Er steht hinter Herakles, bekränzt, ausgerüstet mit Chla- mys, Petasos und hohen Schuhen. Seine Linke ruht auf dem charakteristischen Griff des abge-

146 vgl. dazu Hom. Il. 14, 236-237. 352-354, wo Hypnos von Hera zur Mitwirkung an der Verführung von Zeus auf dem Ida angerufen wird. 147 Soph. Trach. 459-460; vgl. Boardman 1988, 821. 148 vgl. u. a. Hom. Od. 11, 602-604; Hes. theog. 950-955. 149 So die Interpretation von Delivorrias u. a. 1984, 144 Nr. 1516. 29

stützten Kerykeions, während er mit den Fingern der vorgestreckten rechten Hand eine Glück verheißende Geste in Richtung des Brautpaares macht. In diesem Sinn könnte auch das Erschei- nen eines erwachsenen Pans ›apulischen Typs‹ am anderen Ende des unteren Registers, der sich durch kleine Hörner über der Stirn und Syrinx in seiner Rechten zu erkennen gibt, zu verstehen sein. 150

Gelegentlich ist Eros mit seinem Zauberrad in Gesellschaft Gewöhnlichsterblicher zu entde- cken, wie auf einer apulischen Knopfhenkelpatera aus dem Kreis des Dareios-Malers, in Mali- bu, datiert mit 3. Viertel 4. Jh. v. Chr.

(Kat. 18) Junges Paar, apul. rf. Knopfhenkelpatera, Malibu

Die Szene auf dem Tondo wird von einem Ornamentband in Form des sog. Laufenden Hundes und einer breiten Efeuranke eingefasst. Als Grundlinie dient ein Mäanderband. Im Zentrum sitzt eine junge Frau nach rechts gerichtet auf einem Stuhl, die Füße ruhen auf einem niederen Schemel. Sie ist mit einem langen Chiton, einem um die Hüften gewickelten Mantel und wei- ßen Schuhen bekleidet. Zwei Reihen von Ketten zieren ihren Hals, je drei Reifen die Arme. Im Haar trägt sie eine schmuckbesetzte Stephane und einen von gewellten Bändern umwundenen Kekryphalos. Mit der erhobenen Linken hält sie dem gegenüberstehenden bekränzten Jüngling eine große Phiale entgegen. Der junge Mann ist unbekleidet und lehnt leicht vorgebeugt an ei- nem Stab, über den er seinen Mantel geworfen hat. Er macht der Angebeteten seine Aufwar- tung, indem er ihr einen kunstvoll verzierten Spiegel und eine Girlande großer Blüten präsen- tiert.

Über beiden schwebt ein androgyn anmutender Eros, mit Kekryphalos, reichlich Schmuck und weißen Schuhen. Er streckt seine Rechte mit dem Kranz über das Haupt des Jünglings, wäh- rend er die Bänder mit dem Liebesrad vor der Umworbenen flattern lässt.

Links hinter dem Paar steht eine weitere, etwas ältere Frau, in gegürtetem Chiton, ähnlich auf- gemacht wie die erste. In der gesenkten Rechten hält sie einen Kranz, in der erhobenen Linken einen Fächer. Sie schickt sich gerade an wegzugehen, wie der flatternde Mantel am linken Arm verrät, jedoch nicht, ohne einen interessierten Blick auf das Geschehen zurückzuwerfen.

Außer an rotfigurigen Vasen taucht die Iynx auch an Schmuckstücken wie Fingerringen, Ohr- gehängen und Anhängern von Halsketten auf. Beispielsweise an einem goldenen Ring aus dem 4. Jh. v. Chr., der in einem reich ausgestatteten griechischen Grab in Blisnitza nahe Phanagoria auf der Taman-Halbinsel am östlichen Schwarzen Meer gefunden und den Sammlungen der St. Petersburger Eremitage einverleibt wurde. 151

(Kat. 19) Aphrodite - Eros, goldener Fingerring, St. Petersburg

Die Schmuckplatte des Ringes zeigt Aphrodite nach links gekehrt auf einem Diphros mit Fuß- rast sitzend. Sie ist in einen feingefältelten Ärmelchiton sowie ein um die Beine geschlungenes

150 wie in Kat.5.6.7.15; s. auch Kommentar zu Auftreten Pans und Geste des Hermes bei: Bernabò Brea 1942, S. 4. 151 vgl. Boardman 1970, 189f. 222 Taf. 713. 30

Himation gehüllt. Mehrere Reifen zieren ihre Arme. Das Haar ist am Hinterkopf zusammenge- fasst. Zwischen den Fingern ihrer angehobenen Hände spannt sie die Fäden, an welchen das Liebesrad wirbelt.

Ein kleiner nackter Eros steht mit aufgerichteten Flügeln bei ihren Füßen und greift mit seiner Rechten ungeduldig nach dem Rad.

Auf einem kunstvoll verzierten Goldring im Königlichen Münzkabinett von Den Haag lässt Eros selbst die Iynx kreisen. Der Ring aus der Zeit um 400 v. Chr. wurde in Lindos gefunden.

(Kat. 20) Eros mit Iynx, goldener Fingerring, Den Haag

Die Darstellung auf der spitzovalen Schmuckplatte ist in repoussé-Technik gearbeitet und in eine hohle Fassung eingelassen, gerahmt von einem filigranen Flechtband und einer einfachen Granulatreihe. Um die Wand der Fassung windet sich eine Ranke aus Filigrandraht, die nach oben hin von einem Eierstab begrenzt ist. Der Ring selbst besteht aus einem tordierten Draht, aus dessen Enden Schlangen entspringen, die die Fassung an den Ansatzstellen umklammern.

An der Oberseite des Ringes kniet ein kindlicher, unbekleideter Eros nach rechts gewandt auf einem Bein. Seine langen prächtigen Flügel ragen senkrecht über den Schultern empor. Er lässt das Liebesrad zwischen den vorwärts bewegten Händen tanzen, während er zwei Vögel – allem Anschein nach Tauben – beobachtet, die sich der Iynx von oben her nähern.

Mehrere besonders aufwändig gestaltete Paare von Gold-Ohrgehängen aus der 2. Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. wurden aus einem Grab in Kyme geborgen. Eines davon befindet sich heute in den Staatlichen Sammlungen von Berlin.152

(Kat. 21) Eros mit Iynx, goldene Ohrgehänge, Berlin

Die filigran gearbeiteten Ohrgehänge bestehen jeweils aus einem Diskus und den daran befes- tigten Anhängern. Der Rand der Scheibe ist erhöht und mit Perldraht verziert. Im vertieften Zentrum befinden sich vier übereinander gelagerte Rosetten mit abnehmendem Radius. Um diese sind außen herum abwechselnd Palmetten und Glockenblumen angeordnet, gefolgt von einem Flechtband.

An der Scheibe hängt eine zweite, wesentlich kleinere, die von einer Palmette ausgefüllt ist. Die Rosette in deren Zentrum zeigt noch Spuren der ursprünglichen Emaillierung. Unterhalb der Rosette ist ein weiterer Anhänger in Gestalt einer umgekehrten Pyramide angebracht, überragt von kleinen Palmetten und Rosetten. In mittlerer Höhe folgen auf eine Reihe von Zungen vier weitere Rosetten und auf diese ein mit Filigrandraht spiralig umwundener Kegel. An dessen Spitze, wie auch im Mittelpunkt aller Rosetten, ist jeweils noch ein Kügelchen appliziert.

Zu beiden Seiten des zentralen Anhängers ist an der großen Scheibe je ein kleiner weiblicher Torso mittels Ösen befestigt. Die in Treibarbeit gefertigten weiblichen Figuren ragen jeweils in

152 Hoffmann – Davidson 1965, 95 f. Nr.19. 31

den Zwickel einer geflochtenen Kette, die links und rechts von ihnen ansetzt.

Ungefähr auf gleicher Höhe mit dem konisch zulaufenden mittleren Teil des Schmuckstücks hängt an den Kettenschlingen je ein geflügelter nackter Eros an einer von einer Rosette ka- schierten Öse. Die Eroten haben eine gestreckte Gestalt mit langen, abwärts gerichteten Flü- geln. Mit erhobenen Händen halten sie deutlich sichtbar die Fäden, in deren Zentrum das Lie- besrad kreist.

Überraschenderweise wird das Zauberrad nach 300 v. Chr. kaum mehr dargestellt, mit Ausnah- me etwa eines Freskos von Pompeji. Aufgrund der vagen Zeugnisse zur Iynx in der lateinischen Literatur und deren völligen Fehlens in den magischen Papyri, vermutet A.S.F. Gow, dass das Liebesrad mittlerweile außer Gebrauch gekommen war.153

Aus der pompejanischen Casa dell’Amore Punito stammt das heute im Museum von Neapel be- findliche Wandbild 3. Stils mit der Liebesbegegnung zwischen Ares und Aphrodite in freier Na tur. Es wird um 20/30 n. Chr. datiert.

(Kat. 22) Ares und Aphrodite, pompejan. Wandbild, Neapel

Vor einer angedeuteten geschmückten Säule, inmitten einer luftperspektivisch verblassenden Gebirgslandschaft mit vereinzelten Bäumen, sitzt Aphrodite auf einem kostbaren Thron. Sie ist in einen dunklen Mantel gehüllt, der am Oberkörper schräg über das helle Unterkleid gewickelt ist und ihren rechten Unterarm freilässt. Durch den Kontrast zur Kleidung erscheint der Teint der Gestalt besonders zart. Im Haar trägt sie ein zierliches Diadem, um Hals und Handgelenk ganz schlichten Schmuck Von hinten ist Ares als dunkle Gestalt, mit federbesetztem korinthischem Helm am Haupt und Lanze in der verdeckten Rechten, herangetreten und fasst mit seinem linken Arm sacht an die Brust der Göttin. Sie antwortet mit einer sanft abwehrenden Geste ihrer linken Hand.154

Das Paar wird aufmerksam von einem kleinen kindlichen Eros rechts im Hintergrund beobach- tet, der nur mit einem Mäntelchen, das hinter dem Rücken von seinem linken Arm flattert, be- kleidet ist. Er bemüht sich nach Kräften, die Liebesbeziehung durch das Spiel seines Zauber- rads voranzutreiben. Die Dienerin links im Bild zeigt dagegen keinerlei Interesse am Geschehen. Sie kniet abge- wandt bei einem Kästchen und macht sich daran zu schaffen.

In der pompejanischen Wandmalerei, in der erotische Themen keine Seltenheit darstellen, war das heimliche Liebesverhältnis zwischen Ares und Aphrodite, das der Sänger Demodokos im achten Gesang der Odyssee schildert,155 ein populäres Thema, jedoch erst in nachaugusteischer Zeit. Die Dezenz, die E. Simon an der Darstellung in der Casa dell’Amore Punito hervorhebt, dürfte noch eine Nachwirkung der strengen Ehegesetze des Augustus sein. 156

153 vgl. Gow 1934, 10 f. 154 Dieselbe Gruppe kehrt, wie bereits besprochen, auf einem Wandbild im Haus des M. Lucretius Fronto wieder. Dort findet die Begegnung in einem Innenraum vor einem großen matrimonialen Bett statt (vgl. Kat.33). 155 Hom. Od. 8, 266-366. 156 vgl. Simon 1984 b, 557 zu Nr. 375. 32

II. 2. 3. Pfeil - Bogen - Köcher

Schon früh taucht in der griechischen Literatur das Bild des Götter und Menschen bezwingen- den Eros 157 auf – Platon nennt ihn sogar mächtiger als Ares 158 – weshalb es nicht verwundert, dass antike Autoren den Liebesgott bald mit unterschiedlichen Waffen ausstatten. Während allerdings die Netze der Kypris 159, in welche Eros seine Opfer lockt oder der Ham- mer 160, mit dem er sie traktiert, in der darstellenden Kunst keinen Nachhall fanden, werden sei- ne Pfeile samt dazugehörigen Geräten in der griechischen und römischen Antike immer wieder als unmissverständliche Attribute des Gottes beschrieben und abgebildet.

Eindringlicher als beispielsweise die Iynx weist Eros’ Pfeil auf die verwundenden Wirkungen der Liebesleidenschaft hin.161 Erste literarische Anspielungen auf das Geschoß finden sich bei Aischylos, der von Pfeil des Verlangens 162 und verführerischem Pfeil des Blicks 163 spricht, und Euripides entwirft schließlich die Figur von Eros mit dem Schießbogen.164 Dieser entsendet Aphrodites Pfeil 165, führt einen unentrinnbaren Bogen 166 und verschießt zweierlei Pfeile (δίδυ- μα τόξα) für zweierlei Liebe: maßvolle Liebe, die zu Tugend, Weisheit, Glück führt oder unmä- ßige Liebe, die ins Elend stürzt. 167

In der hellenistischen und römischen Poesie 168 bleibt der bogenschießende Liebesgott ein sehr populäres Sujet. In Moschos’ Steckbrief auf Eros sagt Aphrodite, dass man ihren entlaufenen Sohn an seinem goldenen Köcher erkennen könne.169 Ovid wählt für ihn ein entsprechendes Synonym: pharetratus (Köchertragender).170 Die römischen Dichter machen sich aber auch Gedanken über Herkunft und konkrete Wirkungsweise der Pfeile. Tibull meint, Amors Waffen kämen von Apoll,171 und Ovid erklärt, die Pfeile durchbohrten das Opfer und ließen Liebe auf- keimen,172 selbst wenn Amor unabsichtlich mit ihnen agiere.173 Der Dichter beschreibt zwei- erlei Pfeile, nämlich spitze, goldene, die Liebe erzeugten, und stumpfe, bleierne, die das Gegen- teil bewirkten.174 Claudian nennt dagegen mit Honig oder Gift versehene Pfeile 175 und bei Ho- raz schärft Cupido seine Geschoße am blutigen Wetzstein.176

Darstellungen von Eros als Pfeile aussendendem Liebesstifter beginnen in der attisch-rotfiguri- gen Malerei Anfang des 5. Jhs. v. Chr. und sind im Verlauf des Jahrhunderts vermehrt anzu--

157 Hes. theog. 121-122. 158 Plat. symp. 196d. 159 δίκτυα Κύπριδος: Ibyk. fr. 287, 1-4 (Page PMG). 160 Anakr. fr. 45 (Diehl). 161 vgl. Eur. Hipp. 392. 162 Aischyl. Prom. 649. 163 όμματος θελκτήριον τόξευμα: Aischyl. Suppl. 1004-1005. 164 vgl. Eur. Tro. 255. 165 βέλος Αφροδίτας: Eur. Hipp. 531-534. 166 Eur. Med. 530-531. 167 zweierlei Pfeile: Eur. Iph. A. 548-549; zweierlei Liebe: Eur. Iph. A. 544-557. 168 vgl. Tib. 2, 1, 69. 81; 5, 105-108; Prop. 2, 12, 9-12; Ov. am. 3, 9, 7-8; Sen. Phaedr. 203. 169 Anth. Gr. 9, 440 [Moschos]; zu Eros’ Pfeil, Bogen, Köcher vgl. auch: Anth. Gr. 12, 50. 75-77. 162. 166. 170 Ov. am. 2, 5, 1; Ov. met. 10, 525. 171 Tib. 2, 5, 105-107. 172 Ov. met. 5, 367. 379-384; 10, 525-526; Ov. am. 1, 1, 25-26; 2, 9a, 5; Ov. ars 1, 21-24. 173 Ov. met 10, 525-526; Apul. met. 5, 23, 1-3. 174 Ov. met. 1, 468-471. 175 Claud. carm. 10, 69-71. 176 Hor. carm. 2, 8, 14-15. 33

treffen.

Mit dem Bogen als Attribut wird er im Allgemeinen erst ab dem nachfolgenden Jahrhundert ab- gebildet. Dabei entstehen Werke wie die Skulptur des bogenspannenden Eros des Lysipp, der in mehreren römischen Kopien erhalten ist, Bronzereliefs und Gemmen sowie vorwiegend un- teritalische Vasenbilder vom ausgehenden 4. bis ins 3. Jh. v. Chr. Ab dem Hellenismus bilden Bogen und Fackel ständige Attribute des Eros. In der römischen Kaiserzeit tritt der junge Liebesgott darüber hinaus häufig mit Pfeil, Bogen und Köcher auf Mosaiken in Erscheinung. Ein beliebtes Thema ist hier das Märchen von Amor und Psyche, das auch auf Gemmen gerne gestaltet wird. In der Wandmalerei des 2. und 3. Stils ist Amor als Bogenschütze ebenfalls vertreten.

Zu den frühesten Darstellungen von Eros mit Bogen, Pfeil und Köcher zählt eine attisch rotfi- gurige Lekythos des Brygos-Malers im texanischen Forth Worth, angesetzt um 490 v. Chr.

(Kat. 23) Eros mit Pfeil und Bogen, att. rf. Lekythos, Fort Worth

Eingeschlossen von zwei Mäanderbändern erscheint an der Vorderseite des Gefäßes die Dar- stellung eines jugendlichen, geflügelten Eros, der im Begriff ist, einen Pfeil abzuschießen.177

Der athletisch gebildete Oberkörper ist in Vorderansicht gegeben, ebenso das linke, in Schuss- richtung abgespreizte Bein, das nur mit der Fußspitze den Boden berührt. Das Gewicht der Ge- stalt ruht auf dem leicht gebeugten, seitlich gesetzten, rechten Bein. Die Arme sind in Schul- terhöhe horizontal nach rechts gestreckt, wobei die rechte Hand die Sehne des Bogens mit dem eingelegten gefiederten Pfeil spannt, während die linke die Bogenmitte fixiert und die Spitze des Pfeils führt. Quer zum Oberkörper verlaufen die Riemen des großen, von der linken Hüfte über den Oberschenkel pendelnden Köchers.

Ein dünner, gefalteter Mantel hängt lose von der rechten Schulter und über den linken Ober- arm. Der Kopf des Schützen ist im Profil nach rechts gewandt, der Blick auf ein imaginäres Ziel geheftet, der kleine Mund zusammen gepresst. Das kräftige Kinn kontrastiert mit der spitzen Nase. Feine gewellte Strähnen fallen in die Stirn und über die rechte Wange, das restliche Haar ist in Form eines Krobylos hochgenommen, umgeben von einem Strahlendiadem. Ein zarter Reif ziert ferner den linken Knöchel. Die abgerundeten Flügel ragen über den Schultern paral- lel nach hinten. Sie zeigen im oberen Teil durch Tupfen angedeutete Flaumfedern und darunter zwei Reihen verschieden langer Kielfedern. Die vorliegende Lekythos ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, wie A. Hermary unter- streicht: 178 Lange Zeit dachte man, dass Eros als Bogenschütze in der attischen Vasenmalerei nicht vor Ende des 5. Jhs. v. Chr. aufscheine, Literaturstellen von Eros mit dem Bogen bei Eu- ripides und vagere Anspielungen bei Aischylos wären demnach den bildlichen Darstellungen vorausgegangen. Die Lekythos des Brygosmalers in Fort Worth aus dem Beginn des 5. Jhs. v. Chr. besagt jedoch das Gegenteil – nach Ansicht Hermarys ein weiteres Beispiel für den Ein- fallsreichtum der attischen Maler der l. Hälfte des 5. Jahrhunderts, um Begriffe wie Liebe oder Lust auszudrücken, womit sie der Vorliebe der Athener Gesellschaft jener Epoche Rechnung

177 Die nachstehende Beschreibung orientiert sich an der ausführlichen Analyse von: Hermary 1986 b, 219-223. 178 vgl. Hermary 1986 b, 223. 34

getragen hätten. Eine weitere Auffälligkeit stellt, so Hermary, der für diese Zeit eher unübliche Schmuck des athletischen jungen Eros dar, in Gestalt des Strahlendiadems und des Bandes an der linken Fessel.

Gelegentlich greift auch Aphrodite zu den Liebeswaffen, um sich an jenen zu rächen, die sich beharrlich ihrem Einfluss verweigern. Das Motiv ist etwa auf einem um 360/350 v. Chr. ent- standenen apulisch rotfigurigen Volutenkrater in Neapel thematisiert. Trendall – Cambitoglou bezeichnen den Künstler als dem Lykurgos-Maler verwandt. 179

(Kat. 24) Meleagers Tod, apul. rf. Volutenkrater, Neapel

Die Szene der Hauptseite lässt sich anhand mehrerer Beischriften als Meleagers Tod deuten. Im Inneren eines von ionischen Säulen getragenen Gebäudes sind Deianeira und Tydeus be- müht, ihren sterbenden Bruder auf eine Kline zu lagern. Mit schmerzverzerrter Miene führt dieser seine rechte Hand an den Kopf, während er den linken Arm in einer verzweifelten Geste ausstreckt. Von links eilt eine Frau mit wehendem Mantel und Schleier über dem Hinterhaupt hinzu, die beim Anblick des Geschehens entsetzt die Arme hebt.

Obwohl nur bei ihr und dem Sterbenden die Namensbeischriften fehlen, dürfte es sich um Al- thaia handeln,180 die von Reue geplagt herbeistürzt, nachdem sie das Holzstück, das quasi die Lebensflamme ihres Sohns Meleagros bedeutete, verbrannt hat.

Peleus und Theseus, zwei Jagdgefährten, sind in tiefer Trauer unterhalb des Gemachs sitzend abgebildet, begleitet von ihren Hunden. Zwischen beiden ein aufgerolltes Fangnetz. Rechts die bärtige Gestalt von König Oineus, dem Vater Meleagros’, mit einem Szepter in der Linken, der sich in einem Klagegestus die Haare rauft.

Darüber thront Aphrodite, Bogen und zwei Pfeile in der auf dem Schoß ruhenden Linken. Sie lehnt ihr Haupt an einen geflügelten Knaben mit dem Aussehen von Eros, dem aber der Name  beigeschrieben ist. Beide blicken auf das schicksalshafte Geschehen hinunter.

Die Darstellung bezieht sich auf die bereits erwähnte Tragödie Meleagros des Euripides, in der die Liebe des Helden zur Jägerin Atalante letztlich zu dessen tragischem Ende führt. Hinter der Geschichte steht Aphrodites Groll gegen Atalante, weil diese sie vernachlässigt und sich der Artemis zugewandt hatte. So weist die Bezeichnung Phthonos (Missgunst, Neid, Übelwollen, Ungnade) für den Flügelknaben besonders deutlich auf die fatalen Absichten hin, die Aphrodite hier mit den Pfeilen der Liebe verfolgt hat.

Meist überlässt Aphrodite jedoch das Verschießen der Pfeile ihrem geschickt agierenden Sohn, beispielsweise wenn es darum geht, das Urteil des Paris für sich zu entscheiden und den golde- nen Apfel mit der Aufschrift καλλίστη zu erringen. Aphrodite und ihre Konkurrentinnen haben dem Jüngling unterschiedliche Preise in Aussicht gestellt, falls er sich für sie entschiede: von Hera bekäme er Macht über die ganze Welt, von Pallas Athene Weisheit und von Aphrodite die

179 Trendall – Cambitoglou 1978, 424 Nr. 54. 180 vgl. Simon 1970, 27; Trendall – Webster 1971, 98 Nr. III.3,40; Séchan 1967, 432. 35

Liebe der schönsten Frau der Welt.

Der Wettstreit ist Thema des rotfigurigen Dekors eines campanischen Lekanisdeckels in Mann- heim, der im Allgemeinen dem CA-Maler zugeordnet wird und um 340/330 v. Chr. entstanden sein dürfte.

(Kat. 25) Parisurteil, campan. rf. Lekanisdeckel, Mannheim

Rund um den Knauf mit der Abbildung eines Schwans sind der Reihe nach Hermes, Paris, Athena, Nike, Hera, Aphrodite und Eros in freier Natur, die durch aufsprießende Zweige ange- deutet ist, dargestellt.

Nur mit Petasos, Flügelschuhen und über die Schulter geworfener Chlamys bekleidet, ein klei- nes Kerykeion in der Linken, die Rechte im Redegestus erhoben, wendet sich Hermes nach rechts an den vor ihm sitzenden Paris. Dieser lagert auf einem niederen Hocker, über den ein Fell geworfen ist. Er trägt phrygische Kleidung samt Mütze und Stiefeln. Leicht vorgebeugt, die erhobene Linke auf zwei Speere gestützt, blickt er den von Hermes auf den Ida geleiteten Göt- tinnen entgegen.

An der Spitze Athena in ungewohnter Aufmachung, mit einem durchscheinenden Chiton, den Mantel hinter den Schultern gerafft. Ähnlich wie Aphrodite trägt sie das Haar im Kekryphalos zusammengefasst und mit Bändern verziert. Sie gibt sich durch Rundschild und Lanze zu er- kennen. Hinter Athena erscheint eine zarte Nike, die, mit einem Kranz in der gesenkten Linken und die Rechte belehrend erhoben, der näherschreitenden Hera entgegentritt. Aufmerksam folgt die et- was matronenhaft wirkende, in einen Peplos gehüllte und mit Diadem und Armbändern ge- schmückte Gattin des Zeus ihren Instruktionen, während sie wie beiläufig mit der Rechten ihren Schleier lüpft.

Durch eine stilisierte Palmettenranke von der vorigen getrennt, zeigt sich die dritte Anwärterin auf die von Paris zu vergebende Auszeichnung für die Schönste der Göttinnen. Aphrodite sitzt mit dem Rücken zur Richtung des Zugs auf einem Tierfell, einen Spiegel in der erhobenen Linken, und wendet nur den Kopf nach Paris um. Der dünne, gegürtete Chiton lässt ihre Figur durchschimmern, um die Hüften bauscht sich lose der Mantel. Die Göttin kann gelassen Paris’ Urteil entgegensehen, denn gerade ist ein kleiner nackter Eros mit hoch aufgerichteten Flügeln an ihrer Seite gelandet, um einen Liebespfeil auf den trojani- schen Prinzen abzuschießen. Die Aussicht, die Liebe der schönsten Frau der Welt zu erlangen, wird Paris schließlich dazu bewegen, im Wettstreit der drei rivalisierenden Göttinnen zu Guns- ten Aphrodites zu entscheiden.181 Interessant ist, dass hier offenbar der Siegerin kein Apfel 182 winkt, sondern Nikes Kranz.

Eros richtet seinen Bogen natürlich auch auf irdische Opfer, wie eine Darstellung auf einem si- zilisch rotfigurigen Kelchkrater im Museum von Lipari zeigt. Der Krater stammt aus der Zeit um 360 v. Chr. und weist stilistische Bezüge zu den Werken des Hekate-Malers (= Maler von

181 vgl. Eur. Tro. 924-932; vgl. Kossatz-Deissmann 1994, 176. 182 Zum Apfelmotiv: vgl. Kossatz-Deissmann 1994, 176. 36

Syrakus 47099) auf.

(Kat. 26) Irdisches Paar, sizil. rf. Kelchkrater, Lipari

Während auf Seite A des Kraters die bekannte mythologische Szene mit Alkmene auf dem Scheiterhaufen, flankiert von Zeus und Hermes, dargestellt ist, zeigt Seite B Eros mit einem nicht näher definierten Paar. Am linken Bildrand steht hier ein junger Mann mit einer Tänie im kurzen Haar, nackt bis auf den Mantel über der Schulter. Mit leicht vorgeneigtem Oberkörper, das linke Bein auf einen So- ckel gesetzt, die linke Hand auf den Stab an seiner Schulter gelegt, betrachtet er aufmerksam die junge Frau auf der rechten Seite. Sie trägt einen gemusterten Chiton mit über der Brust ge- kreuzten Bändern und als Schmuck Diadem und Collier. Sinnend blickt sie auf den entrollten Papyrus in ihrer vorgestreckten Rechten.

Unterdessen ist ein vor dem Jüngling stehender knabenhafter Eros mit schmalen zarten Flügeln im Begriff, mit erhobenem Bogen einen Pfeil gegen das Haupt der Angebeteten zu lenken – wohl um der Botschaft auf dem Papyrus eine unwiderstehliche Wirkung zu verleihen.

Aphrodite als Lehrmeisterin des kleinen Eros ist auf einem bronzenen Klappspiegel aus der Zeit um 350 v. Chr. dargestellt. Er stammt aus Tarquinia und befindet sich heute im Louvre.

(Kat. 27) Aphrodite - Eros, bronzener Klappspiegel, Paris

Die Gravur auf der Innenseite des Spiegels zeigt im Zentrum Aphrodite, die nackt an einem Fel sen lehnt, über den ihr Mantel geworfen ist. Ihr gewelltes Haar ist im Nacken zusammengefasst, an den Füßen trägt sie niedere Lederschuhe.

Sie hat den Blick auf das widerstrebende geflügelte Kind geheftet, das sie etwas unsanft unter den linken Arm genommen hat. Eros spannt gerade mit vorgestreckten Armen die Sehne seines kleinen Bogens, um den eingelegten Pfeil abzuschießen. Der bekümmerte Ausdruck in seinem Gesicht und das wie im Protest weggesteckte linke Bein lassen erahnen, dass er gerade getadelt wurde.

Nach Berichten antiker Autoren entstanden im 4. Jh. v. Chr. auch diverse statuarische Darstel- lungen von Eros mit dem Bogen, darunter von der Hand so berühmter Meister wie Praxiteles oder Lysipp. Aufgrund stilistischer Nähe zur Statue des Apoxyomenos wird eine Serie von über vierzig Marmorrepliken eines bogenführenden knabenhaften Eros auf ein Bronzewerk des Ly- sipp zurückgeführt.183 Unsicherheit herrscht allerdings über den einstigen Aufstellungsort des Originals: Als literarische Quellen dienen diesbezüglich Pausanias 9, 27, 3, der von einer Bron- zestatue des lysippischen Eros in Thespiai spricht (ohne jedoch einen Bogen zu erwähnen) und Kedrenos, ein byzantinischer Geschichtsschreiber des 11./12. Jahrhunderts, welcher von einem geflügelten bogenführenden Eros Lysipps berichtet, der aus Myndos in das Lauseion von Kons- tantinopel gelangt sei.184 Die meisten der heutigen Autoren tendieren wohl zur Eros-Statue von

183 Döhl 1968, 51-56 listet 44 Repliken des Bogenführenden auf, dazu noch 12 Repliken des Kopfes der Statue. 184 Kedrenos, hist. comp. 322 B-C, zitiert bei Bekker 1838, 564. – Beim Brand des Lauseions 476 n. Chr. gingen 37

Thespiai als Urbild der römischen Kopien.185

Das Kapitolinische Museum in Rom zeigt eine mehrfach modern ergänzte Marmorreplik aus der Villa d’Este in Tivoli (ergänzt: Arme, Großteil des Bogens, Füße). W. Fuchs nennt sie die beste der römischen Kopien und datiert das Bronzeoriginal Lysipps auf 330/320 v. Chr.186

(Kat. 28) Marmorstatue des bogenspannenden Eros, Rom

Eros erscheint hier in Gestalt eines nackten, geflügelten Knaben, der mit leicht gedrehtem Ober körper und zur rechten Seite gestreckten Armen an einem großen Bogen hantiert. Sein Kopf ist nahezu ins Profil gekehrt, der Blick geht über die rechte Schulter in die Ferne. Über der Stirn lässt sich der charakteristische Scheitelzopf erkennen, während das übrige Haar den Kopf in kompakten Locken umgibt. Der junge Schütze steht auf dem linken Bein, wobei ein Teil der Last auch auf dem nur mit dem Ballen aufgesetzten rechten ruht, das er gegen das untere Ende des Bogens stemmt. Er fixiert mit der linken Hand die Mitte des Bogens und versucht gleichzei- tig, mit der Rechten das obere Ende des Bogens niederzudrücken.

H. von Steuben vermutet, dass Eros nach Vorstellung des Restaurators auf diese Weise die Bieg samkeit des Bogens prüft, meint aber, dass der Knabe ursprünglich vielleicht nicht die ganze rechte Hand, sondern nur den Handballen gegen das Bogenende gestemmt hatte, um die Sehne zwischen seinen Fingern über die Kerbe zu ziehen.187 Der in die Weite gerichtete Blick der Ge- stalt veranlasst von Steuben und andere moderne Autoren dessen ungeachtet zur Annahme, die Aufmerksamkeit des jungen Schützen sei konkret weder auf den Bogen noch auf ein in der Fer- ne befindliches Ziel gerichtet. Nach C. Maderna macht das Werk dem Betrachter bewusst, »daß es in der Hand eines zwar göttlichen, jedoch deswegen nicht minder mutwilligen Kindes liegt, Menschen wie Unsterbli- che mit der Liebe, also einer der stärksten Antriebskräfte des Seins an sich, zu ‘treffen’«. 188

Das Motiv des knabenhaften Eros mit dem Bogen ist ebenso auf antiken Schmucksteinen be- liebt, wie diverse Intagli aus griechisch-römischer Zeit bekunden. Dem 2. Viertel des 4. Jhs. v. Chr. wird ein derartiger ovaler Ringstein aus orangefarbenem Kar- neol zugerechnet, der 1870 in Athen im Kunsthandel erworben wurde und sich heute in den Staatlichen Museen zu Berlin befindet.189 Er trägt die Signatur ΟΛΥΜΠIΟΣ.

(Kat. 29) Eros als Bogenschütze, Karneolgemme, Berlin

Die gesamte Bildfläche ist von der in Seitenansicht nach links gewandten Gestalt eines nackten, geflügelten Erosknaben mit erhobenem Bogen ausgefüllt. Auf einer feinen Grundlinie stehend, zahlreiche Kunstwerken verloren, darunter n. Frickenhaus 1915, 128 vermutlich auch die Eros-Statue aus Myndos 185 pro (= für Eros von Thespiai als Typus): Von Steuben 1966, 86 Nr. 1231; Rolley 1999, 339; Maderna 2004, 345; Pellegrini 2009, 181. 484 Nr. 2101; contra (= für Eros von Myndos als Urbild): Frickenhaus 1915, 128; nicht eindeutig: Hermary u. a. 1986, 880 Nr. 352. 186 Fuchs 1993, 108 Abb. 102. 187 Von Steuben 1966, 85-87 Nr. 1231. – Der Autor stellt auch fest, dass das untere Bogenhorn mit Sicherheit nicht gegen das Schienbein, sondern an die Außenseite des Oberschenkels gepresst gewesen sei, wo noch ein verschmier tes Dübelloch den früheren Ansatzpunkt verrate. 188 Maderna 2004, 346. 189 Zwierlein-Diehl 1969 a, Nr. 151 Taf. 35. 38

verharrt er mit leicht vorgeneigtem Oberkörper in der charakteristischen Schrittstellung eines Bogenschützen. Rechtes Bein gebeugt, linkes vorgestreckt, nur mit den Zehen aufsetzend, ist er im Begriff, mit der linken Hand die Sehne des Bogens zu ziehen. Gleich wird der eingelegte Pfeil das anvisierte Opfer treffen.

Auffallend ist die feine Modellierung von Körper und Flügeln des göttlichen Schützen und die Gestaltung des im Profil gezeigten Gesichts, über dem das Stirnhaar zusammengenommen ist, ähnlich wie bei dem zuvor (Kat.28) besprochenen, wohl um mehrere Jahrzehnte später anzuset- zenden Eros des Lysipp. Mit angespannter Miene und festem Blick fixiert Eros sein Ziel.

Zwischen der linken Hand, die die Sehne fasst, und der vorgestellten Fußspitze ist außerdem in gerader Linie die von oben nach unten gerichtete, linksläufige Inschrift  eingraviert. Dabei handelt es sich vermutlich um den Namen des Gemmenschneiders, der mit dem Stempel- schneider zeitgleicher arkadischer Bundesmünzen identisch sein könnte. An diesen findet sich die Signatur  oder . 190

Auf ein griechisches Vorbild 191 dürfte die Plasma-Gemme im Wiener Kunsthistorischen Mu- seum zurückgehen, die den kleinen Liebesgott mit seiner Mutter zeigt, wie sie ihn an einem kleinen Bogen in den Gebrauch des schicksalshaften Geräts einführt. Der dunkelmoosgrüne Stein wird auf das 1. Jh. n. Chr. datiert, die goldene Ringfassung auf das 3. Jh. n. Chr. 192

(Kat. 30) Aphrodite - Eros, Plasmagemme, Wien

Aphrodite steht nahezu frontal im Zentrum des Bildes, den Kopf zu Eros geneigt, der mit ver- langend erhobenen Händen nach dem Bogen in ihrer Linken greift. Die Göttin ist nackt bis auf einen Mantel im Rücken, der ihr rechtes Bein umspielt. In der Rechten hält sie einen Zweig.

Eros, hier als Kleinkind mit rundlichen Formen und kleinen Flügelchen in Art römischer Putti wiedergegeben, kann es schon nicht mehr erwarten, selbst die Liebespfeile abzuschießen.

Ein hellorangefarbener Karneol aus Kertsch, in einer für eine Kette bestimmten antiken Gold- fassung, um die Zeitenwende bearbeitet, heute in Berlin, präsentiert einen ähnlich aussehenden Eros/Amor, diesmal jedoch in einen Zwist mit Apoll verstrickt.

(Kat. 31) Amor und Apollo, Karneolgemme, Berlin

Das lange Haar im Nacken zusammengeknotet und mit Schleifen geschmückt, den Mantel lose über die linke Schulter geworfen, ist hier ein athletisch gebauter, nackter Apollo in Dreiviertel- ansicht nach rechts gewandt abgebildet. Nach statuarischem Vorbild dient seine auf einem So- ckel ruhende Leier als Stütze der Gestalt. Er fasst mit der Rechten zurück an das Instrument, zugleich stemmt er mit dem linken Arm seinen unbespannten Bogen gegen den angehobenen Oberschenkel.

190 Namensidentität vermutet von C. Scherer, zitiert bei Furtwängler 1888, 120 f. 191 Richter 1971, Nr. 147. 192 Zwierlein-Diehl 1973, 139 Nr. 429 Taf. 72. 39

Von Apollo keines Blickes gewürdigt, eilt rechts ein kleiner Amor hinweg. Er hält zwei Pfeile in der linken Hand und weist mit der rechten nach oben.

Wie E. Zwierlein-Diehl bemerkt, handelt es sich bei dem Gemmenbild um den seltenen Fall ei- ner zeitgenössischen Illustration antiker Dichtung.193 Die Darstellung bezieht sich offenkundig auf den Streit zwischen Apollo und Cupido, den Ovid im ersten Buch der Metamorphosen mit all seinen Konsequenzen schildert.194 Darin verspottet Apollo, der gerade Python mit seinem Bogen erlegt hat, den zarten Cupido, welcher sich anmaße, diese mannhafte Waffe gleichfalls zu führen, statt sich damit zufriedenzugeben, mit seiner Fackel irgendwelche Liebeshändel an- zustiften.

Der Intaglio zeigt nun, wie sich der kleine Sohn der Venus erbost abwendet, um mit seinen un- fehlbaren Pfeilen auf den Gipfel des Parnass zu eilen 195 – angekündigt durch den Gestus der nach oben weisenden Rechten. Von der Bergspitze wird er den vergoldeten, scharf gespitzten Pfeil gegen Apollo richten und diesen in leidenschaftlicher Liebe zu Daphne entbrennen lassen – während er mit dem stumpfen, bleiunterlegten Geschoß bei der Nymphe genau das Gegenteil, also heftige Abscheu vor dem Liebenden, bewirken wird. So triumphiert schließlich der schein- bar schwächere kindliche Liebesgott über den mächtigen Apoll.

Nach Art spätkaiserzeitlicher Glyptik eher grob und flüchtig geschnitten, mutmaßlich in das 3. Jh. n. Chr. zu datieren, zeigt ein tropfenförmiger Anhänger aus blassorangefarbenem Karneol Eros mit seinem Bogen in Gegenwart eines berühmten göttlichen und eines nicht weiter cha- rakterisierten, wohl irdischen Paares. Die aus dem Fayum stammende Gemme findet sich heute in den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums in Wien.

(Kat. 32) Eros, Aphrodite und Ares, Frau und Mann, Karneolgemme, Wien

Der tropfenförmige Stein ist umlaufend mit fünf Figuren dekoriert. An einer Stelle kommen ein Mann und eine Frau mit ausgestreckten Armen auf einander zu. Der Mann ist unbekleidet, die Frau trägt einen gegürteten Chiton. Dem Paar ist, über den Umfang des Anhängers verteilt, eine andere Gruppe gegenübergestellt, bestehend aus Aphrodite, Eros und Ares.

Links von Eros steht Aphrodite, nackt, frontal, ein Salbgefäß in der gesenkten Rechten, einen Spiegel in der erhobenen Linken haltend, und blickt über den kindlichen Liebesboten hinweg zu Ares, der ihr seinerseits den Kopf zuwendet. Der Kriegsgott, ebenfalls frontal, in Rüstung und Helm mit Helmbusch, hat die Rechte auf den abgestützten Buckelschild gelegt, während er sich mit der angewinkelt erhobenen Linken auf seine Lanze stützt.

Eros, charakterisiert durch kindliche Formen und kurze Flügel, aber beinahe gleich groß wie die beiden anderen Götter, tritt auf Aphrodite zu. Sein linker Arm ist nach hinten gegen Ares abge- spreizt, zugleich richtet er den Bogen in der erhobenen Rechten auf Aphrodite. Er bildet somit ein sichtbares Zeichen der Liebesbeziehung der beiden.

193 Zwierlein-Diehl 1969 b, 531. 194 Ov. met. 1, 452-567 195 Ov. met. 1, 466-467. 40

Die auf dem Karneolanhänger dargestellte göttliche Liebe sollte wohl als Vorbild für eine ganz konkrete irdische Beziehung dienen. Darstellungen von Aphrodite gemeinsam mit Ares im Typ des Mars Ultor, wie hier, waren in der Antike sehr beliebt. Die beiden Protagonisten spielten auch bei Liebeszauberpraktiken im antiken Alltag eine zentrale Rolle, wie magische Gemmen und Anweisungen der magischen Papyri bekunden.

Eine Gruppierung von Aphrodite und Ares in Gegenwart des bogenführenden Eros begegnet auch auf pompejanischen Wandmalereien des späteren 3. Stils, etwa auf einem Bild in der Casa di M. Lucrezio Frontone, das um 50 n. Chr. entstanden sein dürfte.196

(Kat. 33) Ares und Aphrodite, pompejan. Wandbild, in situ

Das Wandbild bietet eine ausgewogene Anordnung dreier Figurengruppen rund um den kna- benhaften Liebesgott. Die Darstellung von Ares und Aphrodite am linken Rand erinnert im Typus stark an jene aus der Casa dell’Amore Punito (Kat.22), nur findet hier die Begegnung der beiden nicht in einer einsamen Gebirgslandschaft statt, sondern in einem Innenraum, in dessen Mitte eine große Kline steht. Demodokos’ Gesang zufolge nützte ja Ares die Abwesenheit des mißgestalteten Hephaistos von seinem Haus, um dessen schöne Gattin zu verführen.197

Während sich der behelmte Kriegsgott von hinten über die sitzende Aphrodite beugt und ihre linke Brust berührt, steht Eros schon angetan mit Köchergurt und einem dünnen Mantel, der über die linke Schulter und das rechte Bein fällt, vor dem matrimonialen Lager und blickt mit abgesetztem Bogen ungeduldig wartend auf das Paar.

Im Vordergrund rechts sitzen zwei langgewandete Frauen auf einem Block und blicken unver- wandt aus dem Bild heraus auf den Betrachter. Sie scheinen von der Liebesszene keine Notiz zu nehmen. Anders die drei Gestalten hinter Eros: in der Mitte ein nachdenklicher Jüngling, mit winzigen Flügeln über der Stirn und zwei weitere Frauen, die das Geschehen aufmerksam ver- folgen. E. Simon deutet den seltsamen jungen Mann als Gott des Schlafes,198 die übrigen An- wesenden als Chariten und Horen, d. h. Begleiterinnen und Dienerinnen der Venus.

Die Komposition mit dem göttlichen Liebesstifter im Zentrum scheint ausdrücken zu wollen, dass im Mythos alles um Eros/Liebe kreist.199 Bei dem Wandbild handelt es sich offensichtlich um die Replik einer zehn Jahre älteren pompejanischen Darstellung im Haus des Teges.200

Ab der zweiten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. entsteht eine Reihe von attischen und stadtrömischen Sarkophagen, die die unglückliche Liebe Phaidras zu ihrem Stiefsohn thematisieren.201 Anders als im Fall des apulisch-rotfigurigen Volutenkraters des Dareios-Malers (Kat.7), der nur Hippo- lytos’ Todesfahrt schildert, wird hier die Entwicklung der Tragödie illustriert.

196 vgl. Simon 1984 b, 549 Nr. 389 a. 197 Hom. Od. 8, 267-270. 198 Simon 1984 b, 549 Nr. 389: »nach seinem Typus Somnus«. 199 vgl. Herbig 1962, 180. 200 vgl. Simon 1984 b, 549 Nr. 389. – Offensichtlich handelt es sich bei der Ares-Aphrodite-Gruppe um ein in rö- mischer Zeit öfters kopiertes Motiv des selben Vorbilds, arrangiert in variierenden Kompositionen – als »Pastic- cio«, wie Curtius 1972, 252 es formuliert. 201 vgl. Koch 1993, 76. 99. 41

Ein attischer Sarkophag in Beirut aus dem 3. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. zeigt Aphrodite, die den kleinen Eros dazu anhält, seinen Pfeil auf die Gattin des Theseus zu richten.

(Kat. 34) Att. Hippolytossarkophag, Beirut

Die Vorderseite des Sarkophags wird an den Kanten von zwei mit Hüftmänteln bekleideten Ka- ryatiden begrenzt. Auf dem Fries lassen sich zwei nebeneinander angeordnete Szenen erkennen. Links Aphrodite in Chiton und Mantel und vor ihr ein kleiner nackter Eros, der mit dem rechten Bein auf einem Rundaltar kniet. Sein Bogen zielt noch in die Richtung, welche ihm der linke, ausgestreckte Arm seiner Mutter weist. Der Liebespfeil hat indessen schon sein Opfer getrof- fen: Phaidra, die mit gebeugtem Haupt, den Mantel über den Hinterkopf gezogen, Eros gegen- über sitzt. Verzweifelt hebt sie in einer Abwehrgeste die rechte Hand, während sie den linken Arm hilfesuchend der bei ihr stehenden Amme hinstreckt. Diese ergreift den Arm der Herrin und kehrt sich mit anklagend erhobener rechter Hand der zweiten Szene zu.

Ein Tempelchen trennt die beiden Frieshälften. Rechts ist ein Knabe auf Zehenspitzen gerade damit beschäftigt, ein Hirschgeweih am Sims zu befestigen. Daneben sitzt Hippolytos, ein kräf- tiger junger Mann, der mit einem bis zu den Hüften herabgeglittenen Mantel und Jagdstiefeln bekleidet ist. Die linke Hand an der aufgepflanzten Lanze, wendet er sich zurück, um zu verfol- gen, wie die Kultstätte seiner göttlichen Gönnerin geschmückt wird. Artemis war ihm bei der Jagd beigestanden, wie der gewaltige Keiler beweist, den ein Diener weiter rechts soeben von einem Maultier ablädt. Die Darstellung gibt den Hintergrund von Euripides’ Tragödie wieder, wonach sich Aphrodite von Hippolytos vernachlässigt fühlt und dafür mit ihren Waffen grausam Rache nimmt.202

Zu bevorzugten Zielen von Eros’ Waffen wie Pfeil, Fackel und Fessel zählt in römischen Dar- stellungen verschiedener Genres auch die mythologische Gestalt der Psyche. Auf einem kaiserzeitlichen Mosaik aus Byblos, entstanden Ende 2. - Anfang 3. Jh. n. Chr., ist Eros zu sehen, der gerade seinen unentrinnbaren Pfeil auf Psyche richtet.

(Kat. 35) Eros und Psyche, Mosaik, Byblos

Trotz starker Beschädigung des Mosaiks ist gut zu erkennen, wie hier ein nackter, jugendlicher Eros von links herantritt, um seinen Pfeil auf ein weiter rechts stehendes Mädchen in bauschi- gem gegürtetem Chiton zu lenken, das abwehrend seine linke Hand hebt. Die charakteristischen Schmetterlingsflügel verraten, dass es sich um Psyche handelt.

Da das griechische Wort ψυχή sowohl ›Seele‹ als auch ›Schmetterling‹ bedeuten kann, wird Psyche in antiken Darstellungen generell als Mädchen mit Schmetterlingsflügeln oder direkt als Schmetterling wiedergegeben.203

Beliebt ist auch die umgekehrte Version des Themas, nämlich die Abbildung von Psyche, die ihrerseits nach Eros’ Waffen greift. Zu dieser Kategorie zählt u. a. ein Mosaik aus dem House

202 Eur. Hipp. 1-58. 203 vgl. Rumpf 1966, 328. 42

of the Drinking Contest in Antiochia, das der Severerzeit zugerechnet wird, ungefähr zeitgleich mit dem Mosaik von Byblos.

Die Darstellung erinnert an eine Passage in Apuleius’ Fassung des Märchens von Eros und Psy- che, das der Autor als eingeschaltete Erzählung in seinem Roman Metamorphosen schildert.204 Demnach hat die Schönheit der Königstochter Psyche die Eifersucht von Venus erregt, worauf diese ihren Sohn veranlasst hat, Psyche zu bestrafen. Amor verliebt sich jedoch selbst in Psyche und lässt sie in einen märchenhaften Palast bringen, wo er sie Nacht für Nacht aufsucht, ohne dass sie ihn sehen darf. Als Psyche einmal das Gebot missachtet und eine Lampe entzündet, sieht sie den schlafenden Gott und daneben seinen Köcher. Überwältigt von Amors Anblick zit- tert sie, wobei ein Tropfen des heißen Öls aus der Lampe auf seine Schulter fällt. Augenblick- klich entschwindet der Geliebte. Verzweifelt macht sich Psyche auf die Suche nach ihm und muss zahlreiche Prüfungen und Qualen durchmachen, bis schließlich Amor, der sie noch immer begehrt, von Jupiter für sie die Unsterblichkeit erlangt und sie zur Frau nehmen kann.

In der Wissenschaft herrscht keine Einigkeit über die literarischen Quellen der Sage. Es ist auch umstritten, inwieweit Apuleius’ Erzählung weitere zeitgenössische und spätere Darstellungen von Amor und Psyche zu beeinflussen vermochte.205

(Kat. 36) Psyche und Amor, Mosaik, Antiochia

Im Schatten eines Baumes schlummert ein kleiner, nackter Amor. Er liegt mit überkreuzten Beinen seitlich ausgestreckt auf einem Mantel, den Kopf auf den linken Arm gebettet, in der vorgestreckten Rechten einige Blumen. An einem Ast hängt sein zylindrischer Köcher.

Von links ist die mädchenhafte Gestalt Psyches hinzugetreten, mit einem Blumenkranz im Haar, in einer ärmellosen Tunica mit Überfall und einem Mantel, der von der linken Schulter flattert. Hinter ihrem Kopf ragen zwei herzförmige Flügel auf, die die vagen Züge eines mensch lichen Gesichts tragen. In der linken Hand hält sie Amors Bogen, den sie schon vom Baum ge- nommen hat, nun greift sie gerade nach dem Köcher.

In bewusstem Gegensatz zur gängigen Expertenmeinung, die den Einfluss von Apuleius’ Er- zählung auf antike Bildwerke bezweifelt, erinnert D. Levi 206 in Zusammenhang mit diesem Mosaik an die Stelle der Metamorphosen, wo Psyche verbotenerweise den schönen schlafenden Gott betrachtet und vor seinem Lager die Waffen erblickt.207 Neugierig spielt sie damit, wobei sie sich an einem Pfeil, den sie aus dem Köcher zieht, verletzt, und unversehens in heftiger Liebe zu Amor entbrennt. Die sonst unübliche Abbildung menschlicher Züge auf Psyches Schmetterlingsflügeln interpre- tiert Levi als Anspielung darauf, dass der Schmetterling hier als Symbol der Seele zugleich menschliche Gefühle widerspiegle.

Ein Mosaik aus dem ägyptischen Mittelmeerort Sheikh Zoueda, das sich heute im Museum von Ismailia befindet und auf das 4. Jh. n. Chr. zurückgeht, greift einmal mehr die tragische Ge-

204 Apul. met. 4, 28 - 6, 24. 205 Furtwängler 1886 b, 1372: »Die Fabel des Apulejus… hat auf die antike Kunst keinerlei Einfluß mehr geübt.« 206 Levi 1947, 160 f. 207 Apul. met. 5, 22, 7. 43

schichte von Phaidra und Hippolytos auf. Alle Figuren sind mit Namen bezeichnet. Ober- und unterhalb der Darstellung verlaufen griechische Inschriften.

(Kat. 37) Phaidra und Hippolytos, Mosaik, Ismailia

Am linken Bildrand ist Phaidra in ihrem Palast zu sehen, der durch zwei korinthische Säulen und einen Giebel angedeutet ist. Gerahmt von einem Vorhang, das Kinn auf die rechte Hand gestützt, sitzt sie mit besorgter Miene auf einem Thron und verfolgt aufmerksam die Szene in der Mitte des Bildes. Dort ist die alte Amme mit beschwörender Geste im Begriff, ein Täfelchen, das die Aufschrift  trägt, dem rechts vor ihr stehenden Hippolytos zu überreichen. Der junge Mann in Jagdkleidern hält eine Lanze in der Linken. Rechts warten schon die Gefährten mit Hippolytos’ Pferd. Ungeduldig springt auch sein Jagdhund auf die Hinterbeine. Anscheinend aus dem Palast kommend, wo er Phaidra in ärgste Seelenqualen gestürzt hat, schwebt über der Amme ein kleiner Eros mit Pfeil und Bogen in der Linken und deutet mit dem Zeigefinger der ausgestreckten rechten Hand auf Hippolytos. Der Auserwählte blickt aber eher ungehalten auf die Alte und vollführt mit seiner Rechten eine abwehrende Geste gegen den Liebesbrief.

II. 2. 4. Fackel

Im Gegensatz zu Eros’ Liebespfeilen findet seine Fackel kaum Erwähnung in der antiken grie- chischen Literatur. Zu den wenigen Texten gehören Gedichte von Moschos und Meleagros, Au- toren des 2. und 1. Jhs. v. Chr., die in der Anthologia Graeca belegt sind.208

Anders verhält es sich mit den lateinischen Autoren, bei welchen Amor bzw. Cupido die Fackel fast genauso häufig einsetzt wie die Pfeile, um seine Opfer zu entflammen und in ihnen die Lei- denschaft lodern zu lassen. Geläufige Ausdrücke in diesem Zusammenhang sind fax und taeda (Fackel),209 aber auch Umschreibungen wie ignis oder flamma (Feuer, Flamme)210 oder das Verb urere (brennen)211.

Eine besonders ergiebige Quelle für Amors Liebesfackeln bieten die Werke Ovids, des Meisters der römischen Liebeselegie, wie diverse Zitate belegen: In den Metamorphosen weist Apoll, wie schon zuvor (Kat.31) erwähnt, den kleinen Cupido zurecht: tu face nescio quos esto contentus amores inritare tua nec laudes adsere nostras. (Gib du dich damit zufrieden, mit deiner Fackel irgendwelche Liebeshändel anzustiften, und maße dir nicht meinen Ruhm an!)212

Ovid lässt aber gleich zu Beginn seiner Amores genannten Liebesgedichte keinen Zweifel da- ran, dass auch Venus selbst zur Liebesfackel greifen kann:

208 Anth. Gr. 9, 440, 22-23 [Moschos]; Anth. Gr. 12, 83 [Meleagros]; vgl. Hermary u. a. 1986, 852. 209 fax: Ov. am. 2, 9a, 5; Tib. 2, 1, 82; taeda: Ov. met. 4, 758-759; Sen. Oed. 500-501. 210 ignis: Ov. am.1, 15, 27; flamma: Sen. Phaedr. 187; Apul. met. 4, 30. 211 Ov. am. 2, 9a, 5; ars. 1, 23. 212 Ov. met. 1, 461-462. 44

quid, si praeripiat flavae Venus arma Minervae, ventilet accensas flava Minerva faces? (Was, wenn Venus die Waffen der blonden Minerva an sich risse und dafür die blonde Minerva brennende Fackeln schwänge?)213

Gelegentlich ist vom Feuer des Liebesgottes die Rede: donec erunt ignes arcusque Cupidinis arma … (Solang es Feuer und den Bogen als Waffen Cupidos gibt …)214

Seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit dieser Waffe Amors schildert der Dichter bereits in der Einleitung zum ersten Buch der Ars amatoria, einem Lehrgedicht über die Kunst der Ver- führung: quo me fixit Amor, quo me violentius ussit, hoc melior facti vulneris ultor ero. (Je schwerer mich Amor getroffen, je heftiger er mich gebrannt hat, desto besser tauge ich zum Rächer für die mir zugefügte Wunde.)215

Bei der bildlichen oder statuarischen Umsetzung des fackelbewehrten Gottes zeigt sich ein star- ker Kontrast zwischen Vasenbildern der frühen griechischen Klassik, auf welchen etwa ein ge- flügelter athletischer Jüngling einen Knaben mit lodernden Fackeln verfolgt, und hellenisti- schen Darstellungen von Eros als dicklichem Kleinkind, das mit Bogen und Fackel hantiert.216

Dem letzteren ähnlich präsentiert sich sein römisches Pendant, Amor bzw. Cupido auf einer Reihe von Sarkophagen. Als Putto mit erhobener Liebesfackel geleitet Eros/Amor Selene zum schlafenden Endymion oder er assistiert Hades beim Raub der jungen Persephone. Gelegentlich hält er die brennende Fackel direkt an das Opfer, wie im Fall Didos, Phaidras oder Ariadnes. Ein beliebtes Motiv auf Sarkophagen und geschnittenen Steinen ist auch die stürmische Bezie- hung zwischen Eros und Psyche, wenn die beiden einander wechselweise mit Fackeln quälen, dann wieder innig umarmen.

Häufig ist Eros an unglücklichen Liebesgeschichten beteiligt und manche Autoren sehen in Darstellungen, bei welchen er die Fackel gesenkt hält, bereits eine Ankündigung des fatalen Ausgangs der betreffenden Beziehung.217 Als Beispiel ließe sich ein Mosaikbild mit Echo und Narziss anführen, in dem Eros die Flammen seiner Fackel gar am Boden erstickt.218

Es bliebe noch ein Motiv zu erwähnen, das im 3. Jh. v. Chr. in die Grabkunst Einzug hält und in römischer Zeit weiterläuft, nämlich das Bild des geflügelten Knaben, der seine umgekehrte Fa- ckel am Boden aufstützt. Moderne Autoren unterstreichen, dass Eros und Amor/Cupido mytho- logisch gesehen keinerlei Bezug zur Unterwelt hätten, weshalb diese Gestalt selbst ohne funera- le Bedeutung sei und eher ein Gefühl der Sehnsucht ausdrücken solle.219

213 Ov. am. 1, 1, 7-8. 214 Ov. am. 1, 15, 27. 215 Ov. ars. 1, 23-24 216 vgl. Furtwängler 1886 b, 1365; Waser 1909, 509. 217 vgl. Rumpf 1966, 326. 218 Levi 1947, Taf. 23 c. 219 Bezüglich Eros: vgl. Hermary u. a. 1986, 939; bezüglich Cupido: vgl. Blanc – Gury 1986, 1047. – Anders noch die Interpretation von Furtwängler 1886 b, 1369. 45

Eine der frühesten Darstellungen, die Eros beim Einsatz seiner Liebesfackel zeigen, findet sich auf einer attisch rotfigurigen Amphore aus der Zeit um 460 - 450 v. Chr. im Britischen Mu- seum. Sie wird aufgrund einer Kalos-Inschrift dem Charmides-Maler zugeschrieben.

(Kat. 38) Eros - Ephebe, att. rf. Halsamphore, London

Knapp über einem als Grundlinie dienenden Mäanderstreifen sieht man auf Seite A des Gefäßes Eros in Gestalt eines kräftig gebauten nackten Jünglings mit großen Flügeln nach rechts flie- gen. Eigentlich scheint er eher durch die Luft zu laufen, um mit den brennenden Fackeln in sei- nen vorgestreckten Händen möglichst schnell das anvisierte Opfer einzuholen.

Auf Seite B hastet der Verfolgte mit großen Schritten und rudernden Armen dahin. Es ist ein junger Mann mit kurzem Haar und bloßen Füßen in einem übergeworfenen Mantel. Während er flieht, wendet er verängstigt seinen Kopf zurück. Eros spielt hier augenscheinlich die Rolle des Vermittlers in der Knabenliebe. Er ist wohl gera- de im Begriff, durch das Feuer seiner Fackeln die heftigen Leidenschaften, die er bereits in ei- nem – nicht abgebildeten – Liebhaber entfacht hat, nun auch auf dessen Geliebten zu übertra- gen.220

Von einem Sarmatengrab in Novotscherkassk stammen zwei Silberschalen aus der Zeit nach 200 v. Chr., die das wechselhafte Liebesverhältnis von Eros und Psyche thematisieren. Umge- ben von Reihen kleiner überlappender Blätter zeigt das in Treibarbeit gestaltete zentrale Me- daillon einmal ein Bild der gefesselten Psyche, die von Eros mit einer Fackel gequält wird und das andere Mal – im Folgenden hier beschrieben – Eros angesichts einer Statue der Nemesis ge- fesselt und von Psyche gepeinigt:

(Kat. 39) Psyche und Eros, Silberschale, Novotscherkassk

In der Mitte des Rundbilds kniet ein nackter kindlicher Eros mit ausgebreiteten Flügeln. Seine Hände sind im Rücken an einem Pfahl festgebunden. Neben ihm liegen Pfeil und Bogen hinge- streut auf dem Boden.

Von rechts nähert sich eine etwas erwachsener aussehende Psyche mit aufgerichteten Schmet- terlingsflügeln in einem hochgegürteten, ärmellosen Chiton, die Linke in die Seite gestemmt, und hält eine große brennende Fackel an die Brust des knienden Liebesgottes. Dieser blickt hil- fesuchend über seine Schulter zurück auf eine Statue der Nemesis, die dort, ihm zugekehrt, auf einer niedrigen Rundbasis mit ihrem Rad in der herabhängenden Rechten steht. Sie ist in einen langen, eng anliegenden Chiton gekleidet und beugt ihren Kopf über den Kolpos des Gewan- des, den sie mit der Linken anhebt.221

Das Rad der Nemesis symbolisiert ihren Einfluß auf das ständige Wenden des irdischen Schick- sals. Sie ist die vergeltende, ausgleichende göttliche Macht, auch Rächerin für herzlose Lieben- de.222 Hier trifft ihre Strafe sogar den frevlerischen Eros.223

220 vgl. dazu Hermary u. a. 1986, 935. 221 Die Göttin vollführt damit den apotropäischen Gestus des Speiens in die Gewandfalte, durch welchen, vor der Umwelt verborgen, ein Übel abgewehrt werden soll, indem man ihm entgegen spuckt; vgl. Merkelbach 1995, 229. 222 vgl. Anth. Gr. 12, 12. 140. 141. 193; vgl. Karanastassi 1992, 735. 757. 46

Begegnungen von Eros und Psyche können ganz unterschiedlich gestaltet sein. Auf einem Kar- neol im Wiener Kunsthistorischen Museum steht der kleine Liebesgott beispielsweise bei einem großen Schmetterling. Die Gemme wird von E. Zwierlein-Diehl den römisch-republikanischen Ringsteinen zugeordnet und ins 3. Viertel des 1. Jhs. v. Chr. datiert.224

(Kat. 40) Eros mit Psyche-Schmetterling, Karneolgemme, Wien

Eros ist auf dem Stein als fülliges Kleinkind, nackt, mit gespreizten Beinen in Dreiviertelan- sicht wiedergegeben. Um seinen Hals liegt eine Kette. Ein dünnes Mäntelchen flattert kaum er- kennbar hinter dem abgewinkelten rechten Arm, mit dem er den Fuß einer schlanken Amphore umklammert, die auf seiner Schulter ruht.

Er wendet sein pausbäckiges Gesicht dem großen Schmetterling zu, der zart gezeichnet, mit hoch aufragenden, getupften Flügeln, am linken unteren Bildrand sitzt. Die Fackel in seiner Lin ken hat Eros nun aber nicht gegen den Psyche-Falter gerichtet, sondern er senkt sie zur anderen Seite. Die Frage bleibt offen, ob der schelmische kleine Gott den Schmetterling, das Sinnbild der Psy- che, bereits mit der brennenden Fackel versengt hat oder gerade mit der Linken dazu ausholt oder vielleicht nur neugierig auf das Wesen starrt.

Bezüglich einer anderen Karneolgemme des Kunsthistorischen Museums, diesmal aus der römi schen Kaiserzeit und von Zwierlein-Diehl dem 2. Jh. n. Chr. zugerechnet,225 sind alle Zweifel müßig, denn Eros schreitet zur Tat.

(Kat. 41) Eros mit Psyche-Schmetterling, Karneolgemme, Wien

Die Gemme ist wesentlich flüchtiger als die vorhergehende gearbeitet und zeigt einen nach links auschreitenden kindlichen Eros mit kleinen nach hinten ragenden Vogelflügeln.

Mit der waagrecht vorgestreckten Linken hält er einen Falter an den Flügelspitzen direkt über die brennende Fackel in seiner Rechten. Der Psyche-Schmetterling muß wehrlos die Qual er- dulden.

Das Eros-Psyche-Thema taucht auch öfters an besonders sorgfältig geschnittenen Kameen des 1. Jhs. v. Chr. auf. In den beiden nachstehenden Beispielen gebärdet sich Eros besonders gewalt tätig gegenüber Psyche. So an einem Onyx-Kameo in Florenz, der dem Sostratos zugeschrieben wird und um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts entstanden sein dürfte:

(Kat. 42) Eros und Psyche, Onyxkameo, Florenz

Eros erscheint hier als wildes Kleinkind. Nackt, mit kurzen wehenden Locken und aufgerich- teten Flügeln, stemmt er seinen linken Fuß gegen die zu Boden gesunkene Psyche. In der Rech- ten schwingt er eine Fackel, die eher einer Keule gleicht.

223 vgl. Anth. Gr. 16, 251; vgl. Karanastassi 1992, 735. 757. 224 Zwierlein-Diehl 1973, 83 Nr.190 Taf. 32. 225 Zwierlein-Diehl 1979, 182 Nr. 1358 Taf.127. 47

Mit der Linken fasst er brutal in das Haar des Mädchens. Psyche, die etwas älter und zarter wirkt, hebt verzweifelt die Arme. Ein Zipfel ihres Mantels hängt von der linken Schulter, der übrige Teil des Gewandes ist bei der Misshandlung über die Hüften geglitten.

Eine Variante des Motivs, in welcher ein unbarmherziger Eros seine Fackel sogar gegen zwei Psyche-Mädchen richtet, ist auf einem Sarder-Kameo in Neapel, der aus dem 3. Viertel des 1. Jhs. v. Chr. stammt, zu sehen.

(Kat. 43) Eros und zwei Psychen, Sarderkameo, Neapel

Auf einer unebenen Straße, angedeutet durch eine dicke Bodenlinie, ist ein zweirädriger Wa- gen unterwegs. Darauf lehnt ein sichtlich angeheiterter Dionysos mit übergeschlagenen Beinen, gestützt von einem jungen Satyr. Der bis zu den Hüften hinabgerutschte Mantel bauscht sich hinter dem Rücken des Zechers im Fahrtwind. Am Wegrand ragt ein knorriger Baum mit sei- nen dicht beblätterten Ästen weit ins Bild hinein.

Das Gefährt wird von zwei jungen Mädchen mit Schmetterlingsflügeln unter erheblicher An- strengung, wie ihre vorgebeugte Haltung verrät, nach links gezogen. Sie tragen lange, ärmello- se, gegürtete Kleider mit Überfall, die bei ihren weit ausholenden Schritten hinter den Beinen flattern. Mitten im Bild setzt sich ein kleiner Eros in Szene. Er steht auf der Wagendeichsel und zerrt mit der Linken an den Zügeln der geplagten Psychen, während er gleichzeitig in der hoch erho- benen Rechten eine große brennende Fackel wie eine Peitsche schwingt.

Die Qualen der Psyche thematisiert auch eine aus Pompeji stammende Wandmalerei in Oxford, an der sich eine gefesselte Psyche gleich drei Eroten ausgeliefert sieht.

(Kat. 44) Psyche und drei Eroten, pompejan. Wandbild, Oxford

Die Bildmitte wird beherrscht von der auf einem Block in Dreiviertelansicht nach rechts vorge- beugt sitzenden Psyche und einem vor ihr frontal in einem großen Ausfallschritt stehenden Eros. Überraschenderweise sind beide durch die gleichen Schmetterlingsflügel gekennzeichnet. Psyche hat die Gestalt einer jungen Frau. Sie ist lediglich mit einem um die Hüften gewickelten Mantel bekleidet, das Haar hängt in langen Strähnen über die Schultern, der gesenkte Blick ver- rät Resignation. Ihre Arme liegen auf dem Rücken, wo sie von einem weiteren, zarten Eros festgebunden werden. Der mit kleinen Vogelflügeln ausgestattete Knabe blickt dabei gleich- mütig aus dem Bild. In die selbe Richtung lenkt auch sein Genosse mit den Schmetterlingsflügeln den Blick, wäh- rend er die brennende Fackel in der ausgestreckten Rechten an die Brust der Gefesselten hält. Zu gleicher Zeit gießt ein dritter Eros, der von oben herabgeflogen kommt, eine Flüssigkeit über ihr Haupt.

Die Szene wird von zwei stehenden Frauengestalten flankiert. Links, in langem Chiton, wohl Nemesis, wie der Gestus der rechten Hand nahelegt. Rechts, vor einer abgebrochenen Säule, eine ebenfalls in lange Kleider Gehüllte, die einen Zweig über der linken Schulter trägt, ver-

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mutlich Elpis/Spes.226 – Dieser Interpretation läge der Gedanke zugrunde, dass Psyche Hoff- nung auf Vergeltung der erlittenen Liebesqualen schöpfen könne.

Auf zwei weiteren pompejanischen Wandgemälden, die allerdings aufgrund des schlechten Er- haltungszustands generell in Umzeichnung wiedergegeben werden, erscheint Eros mit seiner Fackel hinter Narziss. In beiden Fällen nimmt der in sein Spiegelbild verliebte Jüngling eine auch von Mosaikbildern her bekannte Pose ein: nach rechts leicht zurückgelehnt über einer Wasserfläche sitzend, das rechte Bein angewinkelt auf die Zehenspitzen gestellt, das linke vor- gestreckt. Das Gewicht seines Oberkörpers lastet auf dem abgestützten linken Arm. Mit der Rechten fasst er gedankenverloren den langen Speer.

Eines der aus vespaniasianischer Zeit stammenden Wandbilder befindet sich in situ, in der Do- mus tectoris / Casa del Granduca di Toscana.227

(Kat. 45) Narkissos, pompejan. Wandbild, in situ

Das Bild zeigt Narkissos zurückgelehnt auf einem steinernen Sockel lagernd. Er trägt einen Kranz im Haar und ist unbekleidet bis auf den Mantel, der ihm als Unterlage dient und lose über sein rechtes abgewinkeltes Bein fällt. Im Hintergrund türmen sich Architekturteile und Felsgestein, dazwischen sprießen Bäume und Sträucher. Der Jüngling blickt sehnsuchtsvoll zur Seite, sein Antlitz spiegelt sich im Wasser vor dem Stein.

Eros, in Gestalt eines Kleinkinds mit kurzen, ausgebreiteten Flügeln tritt links hinter Narziss hervor. In der vorgestreckten Rechten hält er eine Fackel. Interessiert blickt er auf den vor ihm Sitzenden – wohl um die Wirkung seiner Liebeswaffe zu verfolgen.

In seiner Funktion als Beistand bei Liebesbegegnungen agiert Eros auch auf einer Reihe von Friessarkophagen. Im Falle der in der römischen Sepulkralkunst sehr beliebten Endymionsarko- phage führt er beispielsweise Selene mit seiner Fackel zu ihrem Geliebten Endymion. Sappho ist die erste, die von der Liebe der Mondgöttin zu Endymion und ihren Besuchen bei dem schö- nen Jüngling, der in einer Grotte am Latmos ewig schlummert, erzählt.228 Laut Apollodor war er von Zeus in ewigen Schlaf versetzt worden, ohne jedoch dabei zu altern.229 – Pausanias weiß außerdem zu berichten, dass aus der nächtlichen Beziehung fünfzig Töchter hervorgegangen seien.230

G. Koch erwähnt rund 120 stadtrömische Sarkophage mit Darstellungen dieses Mythos. 231 Als einer der frühesten Endymionsarkophage gilt jener eines Mädchens namens Gerontia im Kapito linischen Museum in Rom, datiert mit ca. 130 oder Mitte des 2. Jhs. n. Chr.

226 vgl. Rausa 1992, 767 Nr. 292. 227 vgl. Schefold 1957, 245. 228 Sappho fr. 199 (Lobel – Page PLF) 229 Apollod. 1, 56. 230 Paus. 5, 1, 4. 231 Koch 1993, 74. 49

(Kat. 46) Endymionsarkophag, Rom

Im Zentrum der Darstellung steht, wie üblich bei dieser Sarkophaggattung, der Besuch der mit ihrem Wagen erschienenen Selene bei dem schlafenden Endymion. Charakteristisch ist auch, dass die Göttin in Begleitung gleich mehrerer Eroten auftritt. Zwei von ihnen bewachen das rechts vor einem Torbogen stehende Gespann.

Mit raschem Schritt hat Selene ihr Gefährt verlassen. Hinter der Mondsichel über der Stirn bläht sich in großem Bogen der Schleier Um die Beine bauschen sich die Falten des langen, ge- gürteten Chitons. Sie blickt auf den kleinen ungeflügelten Eros nieder, der ihr mit hocherho- bener Fackel in der Rechten vorauseilt. Er hat sich umgewandt, um die Göttin an einer Falte ihres Kleides zur linken Seite der Szene zu ziehen. Dort ruht Endymion unter einem Baum, bewacht von seinem Hund, im Schoß des bärtigen Hypnos, der den Mantel des nackten Jüng- lings wie zum Schutz vor dem Schein der Fackel hochrafft.

Übereinstimmend mit vielen anderen Endymionsarkophagen ist auch auf diesem eine Lokal- gottheit zu sehen, und zwar als kleine auf Felsgestein gelagerte Gestalt über dem fackeltragen- den Eros. Bei der in Richtung Endymion weisenden Figur dürfte es sich um den Gebirgsgott Latmos handeln. An der Deckelleiste ist inmitten von Meeresungeheuern eine Inschrift ange- bracht, die besagt, dass Gerontia hier von ihren Eltern bestattet wurde: Dis Manibus Gerontiae filiae karissimae (aufgelöste Version). Art der Anbringung und Form der Buchstaben deuten auf eine spätere Einarbeitung der Inschrift anlässlich einer Zweitverwendung des Sarkophages hin.232

Dem Sarkophag der Gerontia in Rom lässt sich ein Grabrelief aus Celeia gegenüberstellen, das zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. entstanden sein dürfte.

(Kat. 47) Provinzialröm. Endymionrelief, Celeia

Es handelt sich um die Frontseite eines 86 x 79 x 48 cm messenden Eckblocks eines antiken Grabbaus. Das annähernd quadratische Reliefbild ist von einem gekehlten Rahmen eingefasst, der über der Szene eine zweifache norisch-pannonische Volute bildet. Die nächtliche Begeg- nung auf dem Latmos ist hier auf engstem Raum zusammengedrängt.

Eiligen Schritts erscheint Selene am rechten Bildrand in einem Mantel, der bis unter die Hüften hinabgeglitten ist und sich eng an ihre Beine schmiegt. Den entblößten Oberkörper zieren Rei- fen an Oberarmen und rechtem Handgelenk. Mit der gesenkten Linken hält Selene den Bausch des Mantels fest, der sich hinter ihrem Rücken zu einer nimbusartigen Velificatio bläht.

Ein fülliger kindlicher Eros, der mit kleinen waagrecht ausgebreiteten Flügeln vor ihr schwebt, hat sie an der erhobenen Rechten zum Lager des Endymion geleitet. Er hält seine Fackel über den Schlafenden. Gestützt auf den rechten Unterarm, den anderen Arm in entspannter Pose über den Kopf gelegt, ruht Endymion auf einer schrägen Felsbank, wobei ihm der weite, bis an die Beine hinabgerutschte Mantel als Unterlage dient.

232 vgl. Sichtermann – Koch 1975, 27 Nr. 16. 50

Aufgrund von Ähnlichkeiten in der Gestaltung der von Eros geführten Selene am Relief von Celeia und auf einem herculanischen Wandbild denkt E. Diez an eine gemeinsame Vorlage in der hellenistischen Malerei.233

Eine weitere Gruppe populärer römischer Friessarkophage hat den Mythos des Persephonerau- bes zum Thema. Auf den rund hundert Exemplaren,234 großteils aus der Zeit zwischen 140 und 260 n. Chr., ist Eros häufig mit brennender Fackel zugegen, wenn Hades Demeters Tochter in die Unterwelt entführt. Im fünften Buch der Metamorphosen geht Ovid ausführlich auf die Geschichte und ihre Hin- tergründe ein. Venus, die mit Amors Hilfe die Himmlischen – allen voran Jupiter – wie auch die Meergottheiten ihrem Einfluß unterworfen hat, will nicht länger hinnehmen, dass sich die Unterwelt weiter ihrer Macht entzieht. Außerdem missfällt ihr, dass sich Minerva und Diana ih- ren Künsten verschlossen haben und nun auch die Tochter der Ceres mit dem Gedanken spielt, Jungfrau zu bleiben. Deshalb überredet Venus ihren Sohn, mit einem seiner scharfen Pfeile auf Plutos Herz zu zielen, sobald dieser Proserpina erblickt, die mit ihren Gespielinnen in einem Hain Blumen sammelt. Und so sah, begehrte und raubte sie Pluto.235

An einer größeren, ab späthadrianisch-frühantoninischer Zeit gebräuchlichen Gruppe von Sar- kophagen wird Hades mit der geraubten Persephone im Arm auf seinem Wagen abgebildet, verfolgt von Athene und dahinter Aphrodite, die den Raub zu verhindern bzw. zu unterstützen suchen. – Andere Sarkophage zeigen ab dem letzten Jahrzehnt des 2. Jhs. n. Chr. Hades’ Über fall auf die blumenpflückenden Mädchen und die Entführung Persephones. – Bei beiden Sarko- phaggruppen schwebt zumeist Eros mit seiner Fackel über der Entführungsszene, im Unter- schied zu Ovids Erzählung, wo er Pfeile verschießt.

Ein Beispiel des früher anzusetzenden Haupttyps befindet sich im Palazzo Rospigliosi in Rom. Der Sarkophag dürfte 170 - 180 n. Chr. entstanden sein.

(Kat. 48) Persephonesarkophag, Rom

Hier ist der Konflikt der beiden konträren Göttinnen Athene und Aphrodite in die Mitte des Frie ses gerückt. Athene in Chiton, Ägis und Helm, einen Schild an der linken Seite führend, fasst Hades am Oberarm und versucht, diesen von der Entführung Persephones abzuhalten. – Die da- hinterstehende Aphrodite greift aber ihrerseits mit der Rechten an den Rand von Athenes Schild um die Intervention zu vereiteln. Nicht eindeutig zu klären sind Identität und Funktion der mäd- chenhaften Gestalt zwischen den beiden Göttinnen, die mit dem Rücken zum Raub der Kore steht und von unten an den rechten Arm Aphrodites fasst. G. Koch erwägt im Kommentar zu einem sehr ähnlich komponierten Sarkophagfragment im Museo Nazionale Romano in Rom, bestehend aus der Gruppe Hades – Persephone – Athene – Aphrodite – und einem jungen Mäd- chen zwischen den beiden letzteren, dass es sich bei dieser jungen Frau um eine Gespielin der Entführten handeln könnte, die bei Aphrodite Schutz sucht oder aber bemüht ist, die Göttin vom Eingreifen abzuhalten.236

233 Diez 1961-1963, 55 f. – Kolsek 1989/1990, 144 betont, dass Steinmetze in Noricum, wo Szenen aus der grie- chisch-römischen Mythologie an Grabbauten sehr beliebt waren, über ausgezeichnete Bildvorlagen verfügten. 234 Koch 1993, 79. 235 Ov. met. 5, 395. 236 vgl. Kommentar zu Sarkophagfragment im Mus. Naz. Romano in Rom (Inv. 654) von G. Koch, in: Sichtermann 51

Der Gott der Unterwelt ist als kräftiger bärtiger Mann mit nacktem, muskulösem Brustkorb dar- gestellt. Sein Mantel bauscht sich in einer Velificatio, während er auf dem nach rechts galoppie- renden Viergespann die Geraubte fest in den Armen hält. Persephone, bekleidet mit ärmellosem Chiton und Hüftmantel, liegt mit angewinkelten Knien und steif zurückgelehntem Oberkörper in den Händen des Entführers und ringt verzweifelt die Arme. Dem Gespann eilt Hermes, kenntlich am Flügelhut, in die Unterwelt voran. Über dem Entführer und seinem Opfer schwebt ein kleiner Eros mit lodernder Fackel.

Charakteristisch für diesen Typ der Persephonesarkophage ist das Erscheinen von Demeter mit ihrem Schlangenwagen an der linken Friesseite, die ihrer Tochter zu Hilfe eilen will. In der Lin- ken hält sie eine große aufgestützte Fackel, während sie mit der Rechten einen Bausch des Man tels fasst, der von ihrem Haupt nach hinten weht. Bei dem Mädchen, das vor Demeter im Hintergrund zu sehen ist, dürfte es sich um eine zweite verschreckte Gefährtin der Geraubten handeln. Auch umgestürzte Blumenkörbe unter Demeters Schlangenwagen und unter Hades’ Pferden künden von dem Überfall. Die gelagerte weibliche Figur unter dem Gespann des Entführers mit der grüßend erhobenen Rechten und mit dem Füll- horn im linken Arm deutet dagegen auf Tellus hin – vielleicht in Hinblick auf das spätere se- gensreiche Wirken der jungen entführten Göttin.

Den seitlichen Abschluss des Frieses bilden antithetisch nach außen gewandte weibliche Figu- ren – die sich durch die Blütenfülle im Bausch des hochgezogenen Chitons als Horen, Personi- fikationen der Jahreszeiten, zu erkennen geben.237

Dem frühen 3. Jh. n. Chr. ist vermutlich ein Persephonesarkophag im Wiener Kunsthistorischen Museum zuzurechnen, dessen Fries der kleineren zweiten Gruppe entspricht und der das Über- raschen Persephones während des Blumensammelns thematisiert.

(Kat. 49) Persephonesarkophag, Wien

Verglichen mit dem zuvor besprochenen Sarkophag, wirken die Figuren des Frieses ein wenig grobschlächtig. Im Zentrum stehen zwei wichtige Szenen des Persephoneraubes: rechts Über- fall auf der Blumenwiese, links Wagenentführung. Die Szenenabfolge verläuft bei dieser selte- neren Variante von rechts nach links.

Persephone, gezeigt in Chiton, Hüftmantel und Diadem, kniet auf dem linken Bein, die rechte Hand auf ihrem Blumenkorb. Sie wendet den Oberkörper zurück und scheint mit der hoch er- hobenen Linken nahendes Unheil abwehren zu wollen. Zwei Eroten haben sich erschrocken an ihre Seite geflüchtet und blicken ebenso in Richtung des Eindringlings, der hier allerdings nicht abgebildet ist. Der Angreifer gibt sich jedoch gleich daneben in der Wagenszene, in Gestalt Hades’ mit Bart, wirrem Haar und Velificatio, zu erkennen. Die Zügel seines Gespanns in der Rechten, fasst er mit der freien Hand die sich sträubende Persephone. Zu seiner Unterstützung fungiert ein kleiner Eros als Wagenlenker.

– Koch 1975, 57 Nr. 59. 237 vgl. Interpretation der Eckfiguren an einem Sarkophagrelief des selben Typs in den Uffizien von Florenz (Inv. 86) durch G. Koch, in: Sichtermann – Koch 1975, 57 Nr. 60. 52

Im Hintergrund sind die Drahtzieher des Ereignisses zu sehen. Rechts von Hades Eros mit sei- ner Fackel, links über dem Gespann Aphrodite, die der Entführten einen Granatapfel entgegen- streckt. – Eine Anspielung auf Persephones Bindung an Hades und die Unterwelt, die sie durch den Genuß von Kernen dieser Frucht erfahren wird.238

Dem Gespann schreitet Hermes voran, während Athene der Entführung mit einem emporgehal- tenen Zweig entgegentritt. Unter den Pferden: Tellus mit Füllhorn, Ianitor orci, der Pförtner der Unterwelt, und Cerberus. Am rechten Rand macht sich Demeter mit zwei Fackeln in Händen auf dem von mächtigen Flügelschlangen gezogenen Wagen auf die Suche nach ihrer Tochter.

Interessanterweise sind nur fünf stadtrömische Sarkophage mit Darstellungen aus der Aeneas- Sage bekannt.239 Ein besonders qualitätvolles Beispiel aus späthadrianisch-frühantoninischer Zeit wurde an der Via Cassia in Rom gefunden. Der Fries ist deutlich von Vergils Aeneis inspi- riert, die im ersten und vierten Buch die Begegnung des Heros mit der karthagischen Königin Dido schildert.

Nach dem Fall Trojas war Aeneas, der einer Verbindung von Venus mit dem Dardanerkönig Anchises entstammt, mit seinem alten Vater und seinem Sohn Ascanius und einer Gruppe Überlebender aufgebrochen, um in Italien ein neues Ilion zu gründen. Nach langer Irrfahrt ge- langten sie nach Drepanum in Sizilien, wo Anchises starb. Als man nordwärts weitersegeln wollte, schickte Iuno, die die Gründung eines neuen Troja zu verhindern trachtete, einen star- ken Sturm, der die Schiffe nach Afrika, in die Gegend von Karthago trieb. Dort sorgt Venus für eine warme Aufnahme ihres Sohnes Aeneas, indem sie Cupido in Gestalt des reizenden Ascanius zu Dido sendet, um die Königin in leidenschaftlicher Liebe zu entflam- men und ihr Feuer in Mark und Bein zu jagen.240

Iuno, die hofft, dass Aeneas, durch Liebesbande gehalten, von seinen Niederlassungssplänen in Italien absehen würde, inszeniert während eines Jagdausflugs, den Dido mit ihren trojanischen Gästen unternimmt, ein heftiges Gewitter. In dessen Folge flüchten sich Dido und Aeneas in ei- ne einsame Höhle, wo es nach Intention der ehestiftenden Iuno (pronuba Iuno) zur Vereinigung des Paares kommt.241

(Kat. 50) Aeneassarkophag, Rom

An der Frontseite des stadtrömischen Sarkophags der Via Cassia wird der bei Vergil geschilder- te Jagdausflug illustriert.242 Die Darstellung ist in drei Szenen unterteilt: Sammlung der Jagdge- sellschaft, allen voran Dido und Aeneas – Aufbruch zur Jagd – Jagd. Wie im 4. Buch der Aene- is beschrieben, unternimmt auch Ascanius einen Ausritt, während Jagdgehilfen, versehen mit Netzen, Schlingen und Jagdspießen, begleitet von der Meute der Hunde, zur Treibjagd auszie- hen. Am linken Rand ist dargestellt, wie Dido aus einem Torbogen zur wartenden Gesellschaft tritt.

238 Ov. met. 5, 529-538. 239 Koch 1993, 73. 240 Verg. Aen. 1, 658-660: … ut incendat reginam atque ossibus implicet ignem – wobei die Termini incendere bzw. ignis wohl Cupidos Fackeln implizieren. 241 Verg. Aen. 4, 165-172. 242 Verg. Aen. 4, 130-159. 53

Die mädchenhaft gezeichnete Königin trägt der göttlichen Diana gleichend einen geschürzten Chiton, dazu die sidonische Chlamys, Jagdstiefel, einen Köcher am Rücken und zwei Speere in der Rechten. Links steht, ihr zugekehrt, ein jugendlicher Ascanius, kenntlich an seiner Phryger- mütze. Didos Aufmerksamkeit gilt jedoch dem rechts von ihr wartenden Aeneas. Er hat dichtes Haar und Bart und ist mit Panzer, Chlamys und Stiefeln bekleidet. In der erhobenen Linken hält er eine Lanze. Im Hintergrund führt ein Diener sein Pferd am Zügel.

Zu Füßen von Dido und Aeneas erscheint ein kleiner Cupido, der seine gesenkte Fackel auf Dido richtet. Noch während des Ausflugs soll sich Iunos Plan erfüllen.

Häufig ist Eros/Amor auch im Gefolge von Dionysos anzutreffen. Auf dem Vorderseitenfries eines stadtrömischen Sarkophags in Baltimore, der zwischen 200 und 210 n. Chr. gestaltet wur- de, ist er mit flammender Fackel in die Begegnung von Dionysos und Ariadne involviert. Das mehr als zwanzigmal auf römischen Sarkophagen 243 vertretene Motiv bezieht sich auf die my- thologische Überlieferung, wonach Dionysos die von Theseus auf der Insel Dia (Naxos) einsam zurückgelassene Ariadne auffindet und zu seiner Gattin macht.244

(Kat. 51) Dionysos und Ariadne, stadtröm. Sarkophag, Baltimore

Der Fries zeigt im Zentrum einer dicht bevölkerten Szene den berauschten Dionysos, der mit überkreuzten Beinen an der Seite eines Satyrs lehnt. Er hat seinen rechten Arm haltsuchend um dessen Hals geschlungen und fasst sich mit der linken Hand ins Haar (Gesicht zerstört). Seine sparsame Bekleidung besteht aus einer quer über den Oberkörper gebundenen Nebris und ei- nem Mantel im Rücken, von dem ein Teil über die linke Schulter hängt, während der um den rechten Oberschenkel gewundene Rest zu Boden gleitet.

Rechts, zu Füßen von Dionysos, die ruhende Ariadne. Ihr Oberkörper lehnt entspannt am Knie des dahinter thronenden Hypnos. In charakteristischer Schlafpose ruht ihr rechter Arm über dem Kopf, während der linke gelöst zur Seite hängt. Hypnos ist als Respekt gebietende Gott- heit mit kräftigem Körper sowie Bart und vollem Haar gezeigt. Schützend hält er den rechten Arm über die Schlafende und richtet seinen strengen Blick auf den trunkenen Gott, unterstri- chen von der mahnend erhobenen Linken. Indessen ist ein zwergenhafter Pan mit einem Seiten- blick auf Dionysos damit beschäftigt, Ariadnes Mantel, der ihren entblößten Oberkörper in Art einer Velificatio rahmt, zu lüften.

Nun ist es Zeit für Eros, in Aktion zu treten. Der kleine, mit einer Blumengirlande geschmück- te Liebesbote steht neben Pan und versucht, die Aufmerksamkeit von Dionysos auf die Schlum- mernde zu lenken. Mit aller Kraft zerrt er an dessen Mantel, während er mit einer gesenkten Fa- ckel Ariadnes Knie berührt.

Aus dem Gefolge stechen links zwei junge Frauen in langen, gegürteten Chitons heraus, eine weitere steht im Hintergrund. K. Schefold interpretiert sie als Agaue, Ino und Autonoe, die Schwestern von Dionysos’ Mutter Semele. Sie sollen den mänadischen Thiasos begründet ha-

243 Koch – Sichtermann 1982, 193. 244 Ov. ars. 1,525-564; Ov. met. 8,174-178. 54

ben. Die Frauen rechts könnten Nymphen von Naxos symbolisieren. 245

Gegen Mitte des 3. Jhs. n. Chr. dürfte ein aus Tyros stammender attischer Sarkophag im Mu- seum von Beirut angefertigt worden sein, der den Mythos von Hippolytos und Phaidra und die Intervention des kleinen Eros mit seiner Fackel zum Thema hat. Der umlaufend dekorierte Sar- kophag zeigt an der Vorderseite Hippolytos mit der Jagdgesellschaft sowie Phaidra umgeben von ihren Gefährtinnen – an der linken Nebenseite die Amme bei Hippolytos – an der rechten Nebenseite Hippolytos vor Theseus und Phaidra – an der Rückseite antithetische Löwen-Stier- Gruppen. 246

(Kat. 52) Att. Hippolytossarkophag, Beirut

Die Frontseite wird großteils von einer Versammlung junger Männer eingenommen, die gerade im Begriff ist, mit Pferden und Hunden zur Jagd aufzubrechen. Die Männer sind nur mit Stie- feln und einer Chlamys im Rücken bekleidet. Vermutlich handelt es sich bei dem am weitesten rechts Stehenden um Hippolytos. Er blickt auf die am rechten Rand des Frieses befindliche Gruppe von Frauen. Im Vordergrund sitzt dort die jugendliche Königin, umringt von ihren Dienerinnen. Sie ist mit einem dünnen Chiton bekleidet, der von ihrer Schulter gleitet, während sie den rechten Arm auf stützt, um den Kopf zu wenden. Um Hüften und Beine ist ein Himation geschlungen. Eine Die- nerin lüftet das Ende des Mantels, das das Haupt der Herrin verhüllt hat. 247 Am Thron lehnt ein kleiner, zarter Eros mit überkreuzten Beinen, der gerade bis zur Sitzfläche reicht, und streckt seine Fackel nach oben gegen Phaidras Brust. Als Konsequenz scheint Phai- dra jedoch nicht unter ihren aufwallenden Gefühlen zu leiden, sondern blickt eher kokett zu ih- rem Stiefsohn zurück. Ebenso überraschend ist das Auftreten der hageren Dienerin im Rücken Phaidras, die ihr ein Täfelchen unter die Augen hält.

An der linken Nebenseite des Sarkophags erscheint Hippolytos in Begleitung dreier Jagdgefähr- ten, die auch sein Pferd am Zügel führen. Er blickt auf die alte Amme, die von rechts an ihn he- rangetreten ist. Üblicherweise ist auf attischen Sarkophagen ab dem 2. Viertel des 3. Jhs. n. Chr. die Amme zu sehen, wie sie Hippolytos ein Täfelchen mit der Enthüllung von Phaidras Liebe reicht. – Hier nähert sie sich ihm aber ohne ein solches. Nach Ansicht von P. Linant de Bellefonds wird in diesem Fall die Botschaft mündlich überbracht, weshalb das Täfelchen, das die Dienerin an der Vorderseite präsentiert, keine schlüssige Funktion habe.248 Eventuell wäre es im Sinne von Ovids Heroides aber auch denkbar, dass Phaidra den Brief selbst geschrieben und durch eine Dienerin übermittelt hat. 249 Die Amme hätte nun den Auftrag, Hippolytos’ Antwort zu erfra- gen.

In Zusammenhang mit der Hippolytossage ist auch ein stark verwittertes Reliefbruchstück aus der Sockelzone eines provinzialrömischen Grabbaus von Flavia Solva, heute als Spolie in der Außenmauer von Schloss Seggau, erwähnenswert. Pochmarski und Hainzmann räumen durch

245 Schefold 1981, 272. 246 vgl. Koch – Sichtermann 1982, 394-395 Anm. 13. 247 vgl. Eur. Hipp. 201-202. 248 Linant de Bellefonds 1990, 462. 249 Ov. epist. 4. 55

Vergleiche mit römischen Hippolytossarkophagen einen Datierungsspielraum zwischen zweiter Hälfte des 2. und erster Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. ein. 250

(Kat. 53) Provinzialröm. Hippolytosrelief, Seggau

Auf der ca. 82 x 60 cm messenden Reliefplatte steht ein jüngerer Mann in einer an die Knie rei- chenden Chlamys, ausgerüstet mit einem Speer. Links von ihm ein Hund, der ungeduldig zu ihm aufblickt, rechts der Kopf seines Pferdes, das aus einem Becken trinkt. Der so als Jäger Charakterisierte hebt die Rechte abwehrend gegen die vor ihm kniende Frau, die ihm die Hände beschwörend entgegenstreckt. Von einer hinter der Knienden stehenden weiblichen Figur sind nur noch geringe Reste erhal- ten, etwa einige Falten des Gewandes, und ein Wachstäfelchen, auf dem sie mit einem Griffel schreibt. Über der Szene schwebt ein kleiner Eros mit umgewandtem Kopf nach rechts. Er rich- tet seine Fackel in der zurückgestreckten Rechten gegen die Schreiberin, während er mit der an- gewinkelten Linken auf den Jüngling weist.

Das Bild legt eine Deutung im Sinne des Hippolytosmythos nahe. Phaidra, von Eros’ Fackel entflammt, schreibt hier den Brief mit der Liebeserklärung selbst und betraut die Amme in der Mitte mit der heiklen Übermittlung an den Stiefsohn.251 Hippolytus, der gerade zur Jagd aus- reiten will, weist die Botschaft schroff zurück.

Auch auf römischen Mosaiken des 2.-3. Jhs. n. Chr. schaltet sich Eros immer wieder mit seiner Liebesfackel in das mythologische Geschehen ein, um die Protagonisten nach seinem Plan zu lenken. Ein schlichtes hadrianisches Mosaik der Nekropole Isola Sacra in Ostia thematisiert beispielsweise den Besuch Selenes bei Endymion.

(Kat. 54) Selene und Endymion, Mosaik, Ostia

Im Vordergrund des Bildes erkennt man Endymion, der auf den rechten Arm gestützt, mit lo- cker weggestreckten Beinen im Gelände lagert. Der Mantel fällt lose über Hüften und Knie, im aufgestützten Arm des Ruhenden lehnen zwei Speere. Zu beiden Seiten des jugendlichen Jägers wachen seine Hunde.

Rechts im Hintergrund schwebt Selene in wallenden Kleidern und Stiefeln, eine Mondsichel über dem Haupt, zur Erde. In der Linken führt sie noch die Peitsche, mit der sie ihr Gespann über den nächtlichen Himmel gelenkt hat. Ihr eilt ein kleiner Eros mit flatterndem Mantel vor- aus und richtet seine Fackel auf den Jüngling. In diesem Fall begünstigt er eine Liebesbezie- hung, indem er die Liebenden zusammenführt.

Aus dem Triclinium des sog. Atrium-Hauses von Antiochia am Orontes (Antakya) stammt ein aufwändiges Emblema, das in der 1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr., vermutlich nach dem Vorbild eines Gemäldes, entstanden sein dürfte. Es befindet sich seit 1936 in den Sammlungen des

250 Pochmarski – Hainzmann 2004, 57 Nr. 50. 251 Möglicherweise ist die ungewöhnliche Version der Sage von Ovids Epistulae beeinflusst, denn auch dort schreibt Phaedra selbst den Liebesbrief: Ov. epist. 4; vgl. Linant de Bellefonds 1990, 446. 56

Louvre.252

(Kat. 55) Parisurteil, Mosaik, Paris

Eingefasst von einem komplizierten breiten Rankenornament auf schwarzem Grund, ist auf dem Bild das Parisurteil vor der Kulisse einer idyllischen Gebirgslandschaft inszeniert. Etwas links der Mitte erhebt sich im Hintergrund eine hohe Säule, überragt von einem ausladenden Laubbaum, auf dem sich zwei Vögel wiegen. Über dem durch mehrere Ringe angedeuteten Ka- pitell der Säule ist ein Gefäß zu erkennen, in halber Höhe des Schaftes ein schräg geknüpftes Band. Umgeben von Tieren seiner Herde, Rind, Ziege, Zicklein, sitzt Paris auf einem Fels zu Füßen der Säule, die überkreuzten Hände auf seinen Hirtenstab gestützt. Er trägt phrygische Kleider, eine Tunika mit langen Ärmeln, Hose und Schuhe, sowie, an Stelle der Mütze, ein breites Band im Haar. Ein Sack aus langhaarigem Fell hängt quer über seinem Rücken. Er wendet sich Her- mes zu, der dicht hinter ihm steht. Kleine Flügel an den Fersen und im Haar kennzeichnen den Götterboten, der bloß mit einem Mantel im Rücken bekleidet ist. Im Gespräch hat Hermes das linke Bein auf einen Stein gesetzt. Darauf ruht sein linker Arm mit dem Kerykeion

Auf der anderen Seite, Paris gegenüber, haben sich die drei Göttinnen, die Hermes auf den Ida geleitet hat, etwas erhöht auf einer Felsbank versammelt, um die Entscheidung des Jünglings, welche die Schönste sei, zu hören. Links steht Athena im Schmuck ihrer Waffen, mit Ägis, Helm und Lanze sowie seitlich abgestelltem Schild, und blickt auf die Rivalinnen hinunter. In der Mitte sitzt Hera und blickt erwartungsvoll auf Paris. Sie trägt einen schmucklosen Peplos über dem Chiton und einen Schleier im Haar. In der linken Hand ruht ein langes Szepter.

Rechts im Vordergrund lehnt Aphrodite, die sich mit beiden Händen am Felsen aufstützt. Sie scheint dem Geschehen keine Beachtung zu schenken und blickt eher gelangweilt aus dem Bild. Sie trägt keinen schweren Peplos, wie die beiden anderen, sondern fließende Kleider und einen zarten Schleier um Schultern und Hüften. Ein Teil der Locken ist zu einem Venusknoten zusam mengefasst und durch ein Diadem fixiert. Weiterer Schmuck ziert Hals, Oberarm und Handge- lenk. Das Szepter, eigentlich Symbol der Macht, lehnt wie ein überflüssiges Requisit an ihrer linken Schulter. Sie ist sich ihres Sieges sicher.

Dazu erscheint im Hintergrund, dennoch die Szene dominierend, die kleine Gestalt von Eros mit flatterndem Mäntelchen auf einer mit Bändern geschmückten Säule. Die brennende Fackel in der Linken, streckt er den rechten Arm gebieterisch gegen Paris aus. Zugleich zeigt sich am linken Rand des Bildes, auf einem Felsvorsprung, etwas tiefer als der Liebesgott, eine zarte Psy che mit Schmetterlingsflügeln in einem gegürteten Chiton. Sie hält gleichfalls eine Fackel mit lodernder Flamme in der erhobenen Linken und blickt unverwandt auf die Göttinnen hinunter.

Ein weiteres Mosaik aus der Gegend von Antiochia, das aus dem House of the Buffet Supper in Daphne stammt und in der 1. Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. entstanden sein könnte,253 zeigt den Mythos von Narkissos und Echo, versehen mit griechischen Namensbeischriften.

252 vgl. Baratte 1978, 87- 92 Nr. 43 Abb. 84. 85. 253 Bazant – Simon 1986, 682 Nr. 13.; anders datiert Levi 1947, 129: 150-250 n. Chr. 57

(Kat. 56) Echo und Narkissos, Mosaik, Antakya

Im Zentrum der Darstellung sitzt Narziss auf einem Fels, leicht zurückgelehnt und auf den linken Arm gestützt. Mit der erhobenen Rechten fasst er den schräg am Boden ruhenden Speer, an seiner linken Seite hängt das Schwert von einem quer über die nackte Brust verlaufenden Gurt. An der linken Schulter ist der Bausch des Mantels sichtbar, der über den Rücken fällt und lose die Beine umgibt (die auf dem Mosaik großteils nicht mehr erhalten sind). Sein Kopf ist zur Seite geneigt und wird von einem breitkrempigen Hut beschattet. Er betrachtet gebannt sein Spiegelbild im Wasser unterhalb des Felsens.

Mit prüfend zurückgewandtem Blick, einen erhobenen Bogen sowie eine gesenkte brennende Fackel in Händen, enteilt rechts hinter Narziss ein kleiner Eros, nachdem er dem schönen Jüng- ling die hoffnungslose Liebe zum eigenen Abbild eingeflößt hat. Dieser hat keine Augen für Echo, die links hinter ihm steht und sehnsuchtsvoll auf ihn blickt. Geschmückt mit einem Kranz im Haar, in hoch gegürteter Exomis, Stiefeln mit Überschlag, Mantel im Rücken, stützt sie sich auf den Speer in ihrer Linken.

Die aussichtslose Liebe der Nymphe zu Narziss wird im dritten Buch von Ovids Metamor- phosen ausführlich beschrieben und dürfte eine Erfindung des römischen Dichters sein.254

Auch die tragische Geschichte von Phaidra und Hippolytos, eingefädelt von Eros mit seiner Liebesfackel, findet in Mosaikbildern ihren Niederschlag. Etwa im Haus des Dionysos in Pa- phos, Zypern. Angaben zur Datierung des Mosaiks schwanken zwischen der 2. Hälfte des 2. und der 2. Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. 255

(Kat. 57) Phaidra und Hippolytos, Mosaik, Paphos

Nun beschränkt sich die Illustration auf die wesentlichsten Figuren der Tragödie und anders als in der griechischen Literatur, wo sich die Amme als Kupplerin gegen den Willen ihrer Herrin in Szene setzt, lassen römische Autoren Phaidra selbst ihre Gefühle Hippolytos gegenüber enthül- len. Bei Seneca gesteht sie ihre Liebe im Gespräch,256 bei Ovid mittels eines Briefs.257

Letztere Version wird im vorliegenden Mosaik geschildert. Es zeigt Hippolytos, nur mit Jagd- stiefeln und einem Mantel über der linken Schulter bekleidet, einen Speer in der Linken, beglei- tet von einem seiner Hunde. Der junge Mann hält ein Diptychon mit der Liebeserklärung seiner Stiefmutter in der verächtlich weggestreckten Rechten.

Gleich daneben lehnt Phaidra gedankenvoll auf ihrem Thron, das verschleierte Haupt leicht nach links geneigt, den rechten Ellbogen auf die Lehne gestützt, über die der Bausch ihres Man- tels fällt. Rechts hinter ihr schwebt ein knabenhafter Eros mit zarten Flügeln, Mantel und Kö- cher am Rücken, Bogen in der Linken. Er hat seine lodernde Liebesfackel auf die Unglückseli- ge gerichtet, die bangend auf Hippolytos’ Antwort harrt.

254 Ov. met. 3, 339-510; vgl. Rafn 1992, 703. 709 f. 255 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.: Kondoleon 1995, 316; 2. Hälfte 3. Jh. n. Chr.: Linant de Bellefonds 1990, 449 Nr. 35. 256 Sen. Phaedr. 702-712. 257 Ov. epist. 4; vgl. Linant de Bellefonds 1990, 445. 58

Ein anderes Mosaik im Haus des Dionysos in Paphos führt die von Eros geschürte Beziehung Poseidons zu Amymone vor Augen. Als Datierung nennt E. Simon die zweite Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. 258

(Kat. 58) Poseidon und Amymone, Mosaik, Paphos

Im rechten Teil des Bildes kniet Amymone in charakteristischer Pose seitlich hingestreckt an einem großen Steingefäß (?). Sie hat den linken Unterarm aufgestützt, wodurch der Chiton von ihrer Schulter geglitten ist. Im Rücken bauscht sich der Mantel zur Velificatio. Zu Füßen der Nymphe steht ein metallener Krug.

Amymone hat den Oberkörper umgewandt, mit angsterfülltem Blick streckt sie flehend ihre Rechte dem mit großen Schritten Herbeieilenden entgegen. Die kräftige, von einem Mantel um- wehte Gestalt mit Bart und wirrem Haar gibt sich durch den Dreizack an der linken Schulter als Herr über Meer und Gewässer zu erkennen. Ihm stürmt ein kleiner geflügelter Eros mit flat- ternder Chlamys durch die Luft voraus. Die Fackel in der Rechten zielt geradewegs auf Amy- mone. Zugleich hält er ihr einen Sonnenschirm schützend entgegen.

An der Darstellung irritiert allerdings, dass Poseidon die schöne Nymphe keines Blickes wür- digt, den Kopf sogar abwendet, und grimmig aus dem Bild herausblickt. Hygin und Apollodor liefern eine mögliche Erklärung. Nach ihrer Version wurde die Tochter des Danaos, als sie auf der Suche nach Wasser für die ausgedörrte Argolis umherstreifte, von einem Satyr schwer be- drängt, weshalb sie in ihrer Not Poseidon zu Hilfe rief, der schließlich selbst dem Liebreiz der Nymphe erlag.259 Poseidons Aufmerksamkeit muß also zunächst der Vertreibung des zudringli- chen Satyrs gelten, der außerhalb des Mosaiks, quasi neben dem Betrachter stehend, denkbar wäre. Der Sonnenschirm in Eros’ Hand dürfte eine Anspielung an die von der Sonne ausge- trocknete Landschaft sein.

Mit ca. 400 n. Chr. oder auch 5. Jh. wird ein Elfenbein-Diptychon, das sog. Diptychon Querini- ano, im Museo Cristiano in Brescia datiert, auf welchem sich in geraffter Form erneut das The- ma von Phaidra und Hippolytos wiederfindet.

(Kat. 59) Phaidra und Hippolytos, Diptychon, Brescia

Die beiden Tafeln des Diptychons zeigen jeweils eine kunstvolle Rahmung, bestehend aus zwei schlanken korinthischen Spiralsäulen, die einen Architrav mit Rundbogen über einem Muschel- motiv tragen. Die darunter paarweise angeordneten, einander zugewandten Figuren stehen ein- zeln auf niedrigen profilierten Sockeln. Für die Darstellung der linken Tafel gibt es variierende Interpretationen: Artemis und Endymion oder Dido und Aeneas.

Auf der rechten, hier vorgestellten Tafel steht an der linken Säule ein Jüngling, nackt, abgese- hen von hohen Stiefeln und einem Mantelbausch über der linken Schulter. Ein Wehrgehänge liegt quer über der Brust. Gestützt von der abwärts gehaltenen Hand lehnt seine Lanze an der rechten Schulter. Zu seinen Füßen wartet ein kleiner Hund, den Kopf ungeduldig auf den Herrn

258 Simon 1981 b, 744 Nr. 32. 259 Hyg. fab. 169; Apollod. 2, 14. 59

gerichtet. Der junge Mann hält in der erhobenen Linken ein aufgeklapptes Täfelchen, das er aufmerksam studiert. Neben ihm lehnt eine weibliche Gestalt mit überkreuzten Beinen und aufgestütztem Ellbogen an der rechten Säule. Sie trägt einen hochgegürteten Chiton und einen dünnen Mantel, der um Hüften, Hinterkopf und linken Arm geschlungen ist. Mit leicht zur Mitte geneigtem Kopf und nachdenklich in Nähe des Kinns erhobener rechter Hand scheint sie auf ein Zeichen des neben ihr Stehenden zu warten.

Über den Figuren, bei welchen alle Anzeichen auf Hippolytos und Phaidra deuten, schwebt ein kleiner Eros auf Phaidra zu und hält seine brennende Fackel an das Haupt der Frau. So lassen sich die leidenschaftlichen Empfindungen erahnen, die er in Theseus’ Gattin entfacht hat.

Dem 5. bis 6. Jh. n. Chr. wird eine Silbersitula aus Concesti, Rumänien, heute in der Eremitage zu St. Petersburg, zugeordnet, die ganz offensichtlich den Mythos von Apollo und Daphne so- wie Eros’ tatkräftige Beteiligung an der einseitigen Liebesgeschichte thematisiert.

(Kat. 60) Apollon und Daphne, Silbersitula, St. Petersburg

Die unbekleidete Flußnymphe Daphne kniet auf dem rechten Bein vor einem großen Krug, den sie mit der linken Hand am Henkel hält. Das Gefäß ist umgekippt, weshalb sich ein Wasser- schwall daraus ergießt. Mit einer abwehrenden Geste der ausgestreckten Rechten wendet sie sich zurück gegen Apoll, der sie verfolgt.

Apoll, ebenfalls nackt, setzt gerade das linke Bein auf eine Felsstufe hinter Daphne. Er trägt ei- nen Kranz im Haar und einen Köcher am Rücken. In der erhobenen Linken schwenkt er seine Kithara, in der abwärts gebeugten Rechten hält er einen Lorbeerzweig. Mit innigem Blick be- trachtet er die Nymphe vor ihm.

Hinter seinem Rücken fliegt Eros mit einer lodernden Fackel heran260 um die Liebesgefühle, die er in Apoll durch den vergoldeten Pfeil geweckt hat, noch zu verstärken.

II. 2. 5. Kentron – Pedum – Geißel – Fessel

Im Bemühen, Eros’ schonungsloses Walten anschaulich darzustellen, geben antike Künstler dem als gewalttätig empfundenen Liebesgott noch weitere magische Instrumente zur Hand. Sie versuchen, Zitate der Autoren auf ihre Art umzusetzen. – Etwa Sapphos Bekenntnis: Wie der Sturm vom Gebirg herab auf die Eichen sich stürzt, so hat Eros mein Herz zerwühlt 261 oder Alkaios’ Klage: Du hell und strahlend lächelnder Liebesgott, und doch von allen Göttern der schrecklichste,262 oder Anakreons drastische Bemerkung: Mit schwerem Hammer schlug Eros mich wie ein Schmied und tauchte mich in eisigen Sturzbach.263 Als weiteres Symbol der Lie- besqualen nennt schon Sappho den von Eros zugefügten Stich und später Euripides den Stachel

260 Auf der Abbildung allerdings schwer zu sehen: am äußersten linken Rand. 261 Sappho fr. 50 (Diehl); Deutsch: Greifenhagen 1957, 82. 262 Alk. fr. 8 (Diehl). 263 Anakr. fr. 45 (Diehl); Deutsch: Greifenhagen 1957, 82. 60

der Liebe,264 während Ibykos das Unausweichliche des Liebeszaubers thematisiert, indem er Eros die Netze der Kypris auswerfen lässt. 265

So nimmt es nicht Wunder, wenn Eros auf einem attischen Gefäß der frühen Klassik nicht da- vor zurückschreckt, selbst Zeus mit einem mächtigen Kentron zur Knabenliebe zu animieren oder auf einer römischen Gemme den körperlich weit überlegenen Herakles in Liebesfesseln zu legen. Mit dem Pedum verfolgt er Apoll, der dem Liebreiz Daphnes verfällt, und mit der Geißel traktiert er Sterbliche, wenn es gilt, sie in wilde Leidenschaft zu verstricken. Besondere Qualen hält er für Psyche bereit, die oft gefesselt und überdies mit einer Fackel gepeinigt wird. Aller- dings erleidet auch Eros selbst diese Torturen in diversen Darstellungen, besonders auf Bildern antiker Gemmen.

Eine der frühesten Illustrationen dieser Art, entstanden um 490/480 v. Chr., findet sich auf ei- nem attisch schwarzfigurigen Alabastron mit weißem Grund des Diosphos-Malers, ehemals in den Staatlichen Museen von Berlin. Es geht offenkundig um die Entführung des Schönsten der Sterblichen, Ganymed, auf den Olymp, wo er Mundschenk des Obersten der Götter werden soll

(Kat. 61) Zeus und Ganymed, att. sf. wgr. Alabastron, ehem. Berlin

Im Zentrum des umlaufenden Frieses sieht man die hohe Gestalt von Zeus in langem Chiton und Himation, einen Kranz im Haar, mit ausholendem Schritt nach rechts eilen, wobei er das mächtige Szepter in seiner Rechten gleich einem Wanderstab gebraucht.

Hinter dem Göttervater schwebt Eros, in der Gestalt eines hochgewachsenen geflügelten Jüng- lings in Chitoniskos und Flügelschuhen, der mit beiden Händen sein langes Kentron in den Rü- cken des obersten Gottes stößt, um diesen anzustacheln, nach dem fliehenden Ganymed zu fas- sen. Schon greift Zeus nach der Schulter des begehrten Knaben. Erschrocken lässt dieser den präch- tigen Hahn, ein Liebesgeschenk des Gottes, aus seinen Armen flattern. Entsetzt wendet sich auch Tros, der vorausschreitende Vater des Knaben,266 um und sucht, mit abwehrend ausge- streckter Hand, dem Geschehen Einhalt zu gebieten – allerdings, wie der Mythos weiß, verge- bens. Eros treibt also Zeus zur Liebesleidenschaft an, deren sichtbarer Ausdruck das Präsent eines schönen Hahnes ist, der ähnlich wie Hase, Reh und andere Tiere seit dem 6. Jh. v. Chr. bei Dar- stellungen der Knabenliebe wiederholt als Zeichen erotischen Werbens fungiert.267

Die Knabenliebe, nun aber als quasi alltägliche Verfolgung eines Epheben durch einen älteren Athener, begegnet auch auf einer ebenfalls um 490-480 v. Chr. anzusetzenden attisch rotfigu- rigen Strickhenkelamphore des Flying-Angel-Malers in der Villa Giulia, Rom. Hier bedrängt Eros mit seinem Stachel nicht den Liebhaber, sondern den auserkorenen Jüngling selbst.

264 κέντρα έρωτος: Eur. Hipp. 39. – Bedeutung von κέντρον auch: Stachelstab zum Antreiben von Lasttieren; Stachelknute als Marterinstrument. – Spätere Erwähnung des Liebesstachels bei Meleagros: Anth. Gr. 5, 163. 265 Netze (δίκτυα) der Kypris: Ibyk. fr. 287, 1-4 (Page PMG); Netze (λίνα) des Eros: Anth. Gr. 5, 177[Meleagros]. 266 Tros als Vater Ganymeds: Hom. Il. 5, 265; 20, 231-232. 267 vgl. Kaempf-Dimitriadou 1979, 7 f.; s. auch die Kapitel ›Hahngeschenke‹ und ›Götterpäderastie‹ bei: Koch- Harnack 1983, 97-105 bzw. 228-238. 61

(Kat. 62) Erastes - Eromenos, att. rf. Strickhenkelamphore, Rom

Seite A des Gefäßes dominierend, schwebt ein von links kommender jünglingshafter Eros mit ausgebreiteten Schwingen über einem nach rechts flüchtenden Epheben. Unter den leicht ange- winkelten Beinen des Liebesgottes ist ein niedriger Altar mit Voluten zu erkennen.

In der zur Seite gehaltenen Rechten schwingt Eros seinen Stachel, während er mit dem vorge- streckten linken Arm bereits die Schulter des Jünglings fasst. Sein suggestiver Blick fixiert den Wegeilenden, der verwirrt den Kopf wendet. Der Flüchtende trägt ein weites Himation über dem Rücken, das in feinen Falten von den Schultern fällt und den nackten Körper freigibt. Sei- ne im Lauf vorgestreckte Linke hält die Lyra fest, die er gerade noch mit dem Plektron, das in seiner Rechten zu sehen ist, gespielt hat. Im Gegensatz zum überfallsartigen Geschehen an der Hauptseite, betont durch die diagonal bewegten jugendlichen Körper, steht auf der Rückseite nach rechts gewandt ein älterer, bär- tiger Mann mit Himation, einen erhobenen Knotenstock in der verdeckten Linken. Die Geste seiner ausgestreckten Rechten besagt wohl, dass hier der gewandte Liebesgott in seinem Auf- trag den Jüngling zur erhofften erotischen Beziehung animieren soll.

Auf den ersten Blick ziemlich ähnlich wie das Hauptmotiv der oben besprochenen Vase wirkt jenes einer attisch rotfigurigen Halsamphore aus den Jahren um 470-460 v. Chr. im Britischen Museum. Die Arbeit wird dem Oionokles-Maler zugeschrieben und zeigt wieder den von links herbeifliegenden athletischen Liebesgott bei der Verfolgung eines nach rechts flüchtenden Kna- ben, diesmal aber unter Einsatz einer Geißel. Unterhalb von Eros auch hier ein niedriger Altar mit ionischen Voluten. An der Rückseite des Gefäßes ein Bärtiger mit Stock.

(Kat. 63) Erastes - Eromenos, att. rf. Halsamphore, London

Eros erscheint hier als besonders kräftig gebauter, geflügelter Jüngling, der den Knaben mit einer in der Rechten geführten Geißel, an der drei lange Riemen hängen, bedrängt. Zugleich streckt er den linken Arm mit abweisend erhobener Handfläche gegen den Enteilenden aus. Um schneller laufen zu können, hat dieser die Enden seines zusammengerollten Mantels über die linke Schulter und den linken Arm geworfen. Entsetzt blickt er sich im Fortstürzen um, wäh- rend er die Hände mit angstvoller Gebärde zur Seite streckt. An der Rückseite der Amphore steht nach links gewandt ein Greis mit weißem Haar und Bart in langem Chiton und Himation. Im linken Arm hält er eine Krücke. Mit der waagrecht ausge- streckten Rechten vollführt er eine ähnlich abwehrende Geste wie Eros auf der anderen Seite.

Während auf der vorhergehenden Amphore der alte Mann quasi hinter dem gewalttätigen Lie- besgott steht und diesen walten lässt, befindet sich der Greis hier direkt am Weg, den der Kna- be kommen muss. Die zunächst befremdend abwehrende Handbewegung bei Eros und Liebha- ber könnte man vielleicht so interpretieren, dass die beiden bei der Liebesverfolgung gemeinsa- mes Spiel machen, um dem Opfer jeden Fluchtweg zu versperren. Schließlich deutet auch die Lieblingsinschrift auf einen erotischen Charakter der Szene hin: Δ (neben dem Knaben)  (neben Eros).

Einmal mehr ein Zeugnis, dass Eros keine Schranken kennt. Er verschont weder Götter noch

62

Menschen, macht keinen Unterschied unter den Geschlechtern, nimmt auch das Alter von sei- nen Interventionen nicht aus.

Von Douris stammt, inschriftlich zumindest als Töpfer gesichert, ein attisch rotfiguriger Ary- ballos, auf welchem ein Jüngling gleichzeitig von zwei Eroten bestürmt wird. Der aggressivere schwingt wieder eine Geißel. Das Gefäß ist zwischen 490 und 480 v. Chr. entstanden, wurde in Athen gefunden und befindet sich heute in den Sammlungen des Athener Nationalmuseums.

(Kat. 64) Eroten - Ephebe, att. rf. Arybalos, Athen

Im Zentrum der Szene hastet ein Jüngling mit lose über Schultern und Rücken geworfenem Hi- mation in großen Schritten nach rechts, wobei er eine Falte des Umhangs mit den Fingern sei- ner Linken lüpft. Er trägt wie seine Verfolger eine Tänie im Haar.

Der Flüchtende wendet den Kopf in Richtung seines zurückgestreckten rechten Arms, den Blick auf den waagrecht herbeistürzenden Eros geheftet. Dieser dringt mit riesigen, bedrohlich aufgerichteten Flügeln, eine Peitsche in der Rechten schwingend, auf den Knaben ein und scheint schon mit der Linken dessen Mantel zu berühren. Von der anderen Seite kommt indessen ein weiterer, ähnlich charakterisierter Eros mit ausge- breiteten Armen hinzu, nun eher mit dem Ausdruck Geborgenheit vermittelnder Liebe. – Die beiden Eroten folgen in der unterschiedlichen Art ihrer Annäherung dem häufig auf antiken griechischen Bildern zu findenden Prinzip, dass Angreifer von links anrücken. K. Schefold sieht in den beiden Eroten Symbole für »Pothos und Himeros, heiße Begier und stilles Verlangen«, wobei »das Ungeheure inneren Erlebens … zum erstenmal auf der Welt sichtbar geworden« sei, und erinnert an die Schilderung der Qualen der Liebe in Platons Sym- posion. 268

In mehrfacher Weise sticht aus den hier behandelten Gefäßen die zwischen 500 und 490 v. Chr. entstandene Atalante-Lekythos des Douris in Cleveland hervor. Wir haben es hier mit dem zu jener Zeit noch seltenen Phänomen der Liebesverfolgung einer Frau zu tun, zudem auf einer attisch weißgrundigen Vase. Auch das Thema ist nicht alltäglich, handelt es sich doch, wie aus Beischriften hervorgeht, um Atalante, die gleich von drei Eroten bedrängt wird.

Wie u. a. Theognis verrät, war sie als Anhängerin der Artemis zunächst den Freuden Aphrodi- tes abhold 269 – um ihnen schließlich doch zu erliegen. Ihr Interesse galt vornehmlich der Jagd und athletischer Betätigung.

(Kat. 65) Eroten - Atalante, att. wgr. Lekythos, Cleveland

An der dem Gefäßhenkel gegenüberliegenden Hauptseite der Lekythos eilt eine festlich geklei- dete junge Frau mit großen Schritten nach rechts. Sie trägt quer über den Oberkörper gewickelt ein exquisites, fein gefälteltes kurzes Himation und darunter einen langen, durchscheinenden Chiton mit weiten, bis zu den Ellbogen reichenden Ärmeln, geziert mit einem breit bestickten

268 Schefold 1981, 192. 269 Thgn. 1287-1294. 63

Saum. Im Haar sitzt ein zartes Diadem, darüber flattern die Flügel einer Haube. Rechts er- scheint die Beischrift ΑΤΑΛΑΝΤΕ.

Um schneller voranzukommen, fasst sie mit den Fingern der linken Hand den Saum ihres Klei- des, zugleich wendet sie den Kopf und streckt die Rechte abwehrend nach hinten. Mit entsetzt aufgerissenem Auge blickt sie auf ihren Verfolger. Es ist die athletenhafte Gestalt eines Eroten mit langen, weit über die Schultern fallenden Lockenkringeln und prächtigen Flügeln mit meh- reren Reihen von Flaum- und Stoßfedern. Sein angespannter Körper stürmt in steilem Winkel auf Atalante zu. Mit weit ausholender Geste der Rechten schwingt er dabei die – fälschlich als Blumenranke restaurierte – Geißel,270 um die Flüchtende gewaltsam zur Liebe zu bekehren. Zugleich bietet er der Bedrängten mit der vorgestreckt erhobenen Linken einen Kranz an. Für Atalante gibt es kein Entkommen, denn auch auf der anderen Seite fliegt ihr ein ähnlich kräftiger Eros entgegen, der allerdings nur mit einem blühenden Zweig und einer langen orna- mentalen Ranke bewaffnet ist. Ein dritter, eher unbeteiligt wirkender Liebesbote schwebt indes horizontal mit stark angewinkelten Füßen auf der Rückseite des Gefäßes und greift nach zwei vom Boden aufsprießenden Ranken.

Es wurde viel über den Sinn der Darstellung gerätselt. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die dort wiedergegebene Verfolgung der bräutlich geschmückten Atalante durch Eros auf jenen mythischen Wettlauf hinweist, bei dem derjenige, der sie besiegt, ihre Hand bekommen soll- te.271 Hesiod erwähnt bekanntlich, dass Hippomenes mithilfe einer List Aphrodites siegte, die ihn hieß, drei goldene Äpfel vor Atalantes Beine zu werfen und sie auf diese Weise abzulen- ken.272

Mit Fortschreiten des 5. Jhs. v. Chr. hören Darstellungen der athletischen Eroten mit Kentron und Geißel auf und werden von solchen mit Pfeil und Bogen abgelöst. Ein sehr später, etwas abgemilderter Nachklang des Kentrons als magische Liebeswaffe taucht um 200 n. Chr. auf einer bemalten Glasolpe aus Kertsch auf. Dort ist ein inschriftlich als Pothos ausgewiesener Putto mit einem Pedum in Händen zu sehen. Der kleine Liebesbote drängt damit Apoll zur Ver- folgung der männerverachtenden Nymphe Daphne.

(Kat. 66) Apollon und Daphne, bemalte Glasolpe, Corning

Im oberen, über der Schulter umlaufenden Register ist in großen Lettern eine Inschrift, lautend      C (die Anmut, Gunst) angebracht. Darunter erscheinen, durch ein Band von Zierlini- en abgetrennt, auf dem den Gefäßkörper umgebenden Hauptregister vier Figuren mit den Bei- schriften Pothos, Phoibos, Daphne, Ladon. Der Glaskörper ist kalt bemalt. Zierlinien, Buchsta- ben und Figuren weisen Vergoldung auf.

Auf der Vorderseite des Gefäßes eilt Phoibos-Apollon nach rechts, mit Pfeil in der Linken, Kö- cher am Rücken, nackt bis auf die Sandalen und einen zusammengerollten Mantel über der lin- ken Schulter. Er wird von einem kleinen Pothos mit kurzen Flügeln verfolgt. Der Liebesgott mit dem Aussehen eines Kleinkindes hält in der linken Hand ein kleines Pedum und weist mit dem

270 vgl. Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 364. 271 vgl. Simon 1970, 17; Schefold 1981, 193. 272 Hes. fr. 48 (Most) = 76 (Merkelbach – West); vgl. Ov. met. 10, 640-680. 64

Zeigefinger der vorgestreckten Rechten auf Apoll.

Dieser, erfüllt von Verlangen, hascht nach der flüchtenden Nymphe, allerdings zu spät. Er muss zusehen, wie sich Daphne in einen Lorbeerbaum verwandelt. Schon bilden die Beine einen fest- gewurzelten Stamm und ausladende Äste sprießen nach den Seiten. Apoll bekommt nur noch einen Zweig zu fassen. Weiter rechts, unter dem Henkel der Olpe, sitzt eine nackte männliche Gestalt mit Bart und wirrem Haar, ein großes Füllhorn in Händen. Der Alte wendet seinen Kopf zurück und verfolgt mit ernstem Blick die Metamorphose der Nymphe. Die Beischrift weist ihn als Ladon aus, der schon im arkadischen Daphnemythos als Fluss und zugleich Vater der Nymphe galt.273

Wie eingangs erwähnt, gebraucht Eros in antiken Darstellungen auch Fesseln als Instrumente seiner Liebesmacht. Sie kommen vorwiegend bei Illustrationen seiner Beziehung zu Psyche zum Einsatz, die als Mädchen mit Schmetterlingsflügeln durch ihn die Freuden und Leiden der Liebe erfährt. Allerdings sorgt Nemesis, die seit dem Hellenismus in die erotische Sphäre vor- dringt, als Rächerin ebenso dafür, dass Eros ähnliche Misshandlungen zuteil werden. Als Bei- spiel ließe sich die bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnte hellenistische Silberschale aus Novocherkassk (Kat.39) anführen. Ein kindlicher Eros kniet dort im Zentrum des Medaillons, die Hände rückwärts an einen Pfahl gefesselt. Es gibt kein Entrinnen vor Psyches brennender Fackel.

Darstellungen der wechselvollen Liebesbeziehung von Eros und Psyche sind besonders als De- kor von Kameen und Gemmen beliebt. Die Hilflosigkeit angesichts der Qualen der Liebe wird generell durch die gebundenen Hände des Opfers ausgedrückt. Ein entsprechender Onyxkameo aus dem 1. Jh. v. Chr., vormals in den Sammlungen des Herzogs von Orleans, befindet sich heu te in der St. Petersburger Eremitage.

(Kat. 67) Eros und Psyche, Onyxkameo, St. Petersburg

Dicht nebeneinander füllen die kräftigen, kindlichen Gestalten von Eros und Psyche das Oval des Steins. Beide sind nackt, bis auf den von den Hüften gerutschten dünnen Mantel des Mäd- chens. Der links stehende Eros, kenntlich an einem kleinen Flügel über der Schulter, hat die wesent- lich größere Psyche in die Knie gezwungen und ist offenbar dabei, ihr gewaltsam die Arme im Rücken festzubinden.

Gelegentlich ist Psyche auch allein in Fesseln dargestellt – beispielsweise auf einem Karneol des frühen 1. Jhs. n. Chr. in Berlin.

(Kat. 68) Psyche, Karneolgemme, Berlin

Psyche sitzt nach links gerichtet auf einem Quader. Sie trägt einen hochgegürteten Chiton und

273 Da die Olpe vermutlich in Antochia gefertigt wurde, könnte auch Philostrats Leben des Apollonius von Tyana, in dem Daphne als Tochter von Ladon, einem syrischen Fluss bei Antiochia, aufscheint, als Vorlage der Darstel- lung gedient haben, vgl. Kondoleon 1995, 170; Philostr. Ap. 1, 16, 13-15. 65

einen Mantel, der in parallelen Falten um ihre Beine liegt. Über den Schultern ragen eckig ge- schnittene Flügel auf, die Hände sind hinter dem Rücken gefesselt. Sie richtet ihren flehenden Blick auf die kleine Statue, die vor dem Quader auf einer schlanken Säule steht.

Bei dieser Figur in langem Gewand handelt es sich wieder um Nemesis,274 an die der Appell geht, Psyche zu erhören und zu rächen, sodass am Ende Eros der mit Liebesfesseln Gequälte ist.

Besonders eindrucksvoll wird Eros’ gewaltige Macht an einem großen Karneol in den Samm- lungen des Wiener Kunsthistorischen Museums zum Ausdruck gebracht: Auf der um das 3. Viertel des 1. Jhs. v. Chr. angefertigten Gemme legt ein schlanker Knabe mit zarten Flügeln dem kräftigen Herakles scheinbar mühelos die Fesseln an.

(Kat. 69) Eros - Herakles, Karneolgemme, Wien

Ein nackter, athletisch gebauter Herakles – mit auffallend muskulösem Oberkörper, anliegen- dem Haupthaar und kurzem lockigem Bart an antike Faustkämpfer gemahnend – sitzt auf ei- nem Fels, über den das Löwenfell geworfen ist. Eine Tatze davon liegt auf seinem Schenkel, die Keule lehnt rechts am Stein. Der Heros hat die Beine überkreuzt, den Oberkörper leicht vor- gebeugt, mit einem Anflug von Erstaunen wendet er den Kopf dem feingliedrigen, geflügelten Knaben hinter seinem Rücken zu.

Eros kniet mit einem Bein auf dem Felsen, während er das andere gerade noch mit den Zehen- spitzen auf den Boden setzt. Seine Jugend wird durch die volle Wange unter dem lockeren Kranz des Haupthaars betont. Hinter dem Körper ist ein schmaler Flügel mit langen, feinen Schwungfedern zu erkennen. Spielerisch und ohne Kraftaufwand fesselt Eros mit einer Hand die kräftigen Arme des Herakles in dessen Rücken.

Gleich drei kleine Eroten plagen eine erwachsene Psyche auf einem pompejanischen Wandbild in Oxford, das bereits im vorigen Kapitel (Kat.44) zur Sprache kam. Einer von ihnen bindet ihr die Hände im Rücken, so dass sie wehrlos die Angriffe der beiden anderen Quälgeister erdulden muss.

In späterer Zeit tauchen Eros und Psyche als gefesselte Opfer der Leidenschaft in der Sarko- phagkunst wieder auf. Beispielsweise an der Frontseite eines stadtrömischen Säulensarkophags des 4. Jhs. n. Chr. in der Kirche S. Agnese fuori le mura, Rom, wo verschiedene Situationen der wechselhaften Beziehung illustriert sind.

(Kat. 70) Eroten und Psychen, Sarkophag, Rom

Als Rahmung der spätantiken Bilder dienen vier kannelierte korinthische Säulen, die in der Mit- te durch einen Bogen und seitlich durch Giebel verbunden sind. Eros ist jeweils mit einem groß

274 Wohl aus dem Vergleich mit anderen Darstellungen der Rachegöttin bemerkt E. Zwierlein-Diehl (Zwierlein- Diehl 1969, 169 Nr. 454) dazu: »der charakteristische Gestus einer erhobenen Hand ist deutlich«. – Siehe dazu auch die Gestalt der Nemesis auf dem pompejanischen Wandbild von Kat.44. – Anders die Darstellung auf einer magischen Jaspisgemme in Hamburg, die die Göttin durch einen Greif mit Schicksalsrad in Klauen symbolisiert zeigt: vgl. Kat.116. 66

gewachsenen kindlichen Körper und Vogelflügeln, nackt bis auf einen an einer Schulter befes- tigten, nach hinten fallenden Mantel gezeigt. Psyche wirkt etwas älter und ist mit Schmetter- lingsflügeln und langen Kleidern ausgestattet.

Im rechten Intercolumnium erscheint frontal die aufgerichtete Figur Eros’, eine zu Boden ge- kehrte brennende Fackel in der herabhängenden Linken. Sein Kopf ist zur Seite gewandt, wo unter seinem erhobenen rechten Arm eine kleine zusammengekauerte Psyche kniet, die zu ihm aufblickt. Die mittlere Szene beansprucht mehr Raum. Hier wird Eros, der mit gefesselten Hän- den auf einem Postament steht, von drei Psychen gequält. Am bedrohlichsten wirkt die links von ihm in gleicher Höhe erscheinende, sie richtet eine erhobene brennende Fackel gegen ihn. Zwei kleiner gebildete Psychen kauern beiderseits des Sockels. Die rechts davon postierte schwingt eine massive Rute mit einem Blattbüschel am Ende, während die linke, abgewandt kniende, ein weiteres Foltermittel vorzubereiten scheint. Das linke Intercolumnium bietet dage- gen ein entspanntes Bild. Psyche steht dort mit überkreuzten Beinen bei Eros, die rechte Hand in einem Beschwichtigungsgestus an sein Kinn gelegt. Eros fasst sie versöhnt um die Mitte.

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III. INSTRUMENTARIEN DES LIEBESZAUBERS IN ANTIKEN FUNDEN

Zur zweiten Kategorie antiker erotisch-magischer Instrumentarien zählen kleinere Fundstücke, wie beschriftete Täfelchen, Scherben, Zettel, geschnittene Steine, Zauberpuppen u. Ä. – Sie illustrieren diverse Zauberpraktiken, die generell geheim, abgeschirmt vor den Blicken der Um- welt, ausgeführt wurden.

III. 1. Liebeszauber als Praxis der antiken Menschen

Die im vorigen Teil behandelten Darstellungen antiken Liebeszaubers zeigen von göttlicher Hand gelenkte ›Waffen‹, die bis auf das Zauberrad angesichts ihrer aggressiven Verwendungs- weise zum praktischen Gebrauch unter Irdischen kaum denkbar wären. Pfeile, Fackeln, Ken- tron, Geißeln oder Fesseln vermitteln ein anschauliches Bild der Befindlichkeit von Individuen, die von heftigem Liebesverlangen erfüllt waren. Sie fühlten sich als Opfer göttlicher Willkür verwundet, gebrannt, geschlagen, überwältigt.

Als Reaktion auf dieses Gefühl des Ausgeliefertseins versuchte man auf vielfältige Weise in das Walten der Liebesmächte einzugreifen, indem man sich an andere Instanzen, vor allem sol- che mit Verbindung zur Unterwelt, um Hilfe wandte.

Während Darstellungen der berühmten Liebesgötter, die mit ihrem bevorzugten Instrumentari- um auf das Schicksal mythischer Gestalten oder auch Gewöhnlichsterblicher einwirken, vor- wiegend auf Gegenständen des öffentlichen Raums angebracht waren, blieben Zeugnisse ero- tisch-magischer Operationen im antiken Alltag großteils fremden Blicken verborgen. Sie wur- den von Männern wie Frauen, die in Liebesnöten waren, generell vergraben oder am Körper getragen, je nach der gewählten Zauberart.

Wie aus unzähligen literarischen Belegen ersichtlich ist, kannte die magische Praxis eine Fülle von Mitteln, die bezweckten, Liebe und Leidenschaft einer begehrten Person auf sich zu ziehen. Dabei handelte es sich um Produkte aus pflanzlichen, tierischen, mineralischen und sogar menschlichen Materialien.275 Viele Behelfe aus vergänglichen Stoffen sind nicht mehr fassbar, wohl aber, wie schon kurz angedeutet, mit Zauberinschriften versehene Bleitäfelchen, Ostraka, Lamellen aus Silber, Gold oder Erz, geschnittene Edelsteine und – bei günstigen klimatischen Bedingungen, wie dem trockenen Sandboden Ägyptens – auch Papyrusstreifen oder Figuren aus Wachs.

III. 2. Erotisch-magische Instrumentarien im antiken Alltag

Zu den ältesten Funden dieses Genres zählt der aus dem späten 8. Jh. v. Chr. stammende sog. Nestorbecher von Pithekoussai, dessen eingeritzte Inschrift verspricht, den Genießer des gefüll-

275 vgl. Eckstein – Waszink 1950, 397-411; Eitrem – Herter 1954, 380-385; Winkler 1991, 218-230; Faraone 1999, 18-30. 68

ten Bechers mit Liebeskraft zu bezaubern.276 Fundchronologisch gesehen reiht sich an frühe Beispiele dieser Art von Liebesmagie die um- fangreiche Gruppe der ›Liebesdefixionen‹. Es sind dies in der Mehrzahl beschriftete Bleitäfel- chen, die dem erotischen Bindezauber dienten und vom 5. Jh. v. Chr. bis in spätantike Zeit in der gesamten antiken Welt Verwendung fanden.

Hinzu kommen jene erst ab der römischen Kaiserzeit in großer Menge fassbaren Amulette und Talismane, die ebenfalls Erfolg in Liebesdingen bringen sollten, wie darauf angebrachte In- schriften und Darstellungen belegen. Es handelt sich dabei einerseits um vorwiegend aus Sil- ber- oder Goldblech gefertigte ›magische Lamellen‹ des 2.-4. Jhs. n. Chr. und andererseits um in wesentlich größerer Zahl erhalten gebliebene geschnittene Edelsteine, die sogenannten magi- schen Gemmen, welche im 2. und 3. Jh. n. Chr. ihre stärkste Verbreitung hatten.

Eine wertvolle Ergänzung zu den vorgenannten erotisch-magischen Instrumentarien bildet das gewaltige Corpus der ›magischen Papyri‹ mit kaiserzeitlichen Kompilationen wesentlich älterer Zaubersprüche und Anweisungen für magische Rituale. Die aus Ägypten stammenden, vorwie- gend griechischen Texte werden großteils in das 3. und 4. Jh. n. Chr. datiert, einige auch in we- sentlich spätere Zeit.277 Es lassen sich zwei Gruppen dieser Zauberschriften unterscheiden: Zum einen die teilweise sehr umfangreichen Papyrusbücher mit Sammlungen ›magischer Rezepte‹ zur Ausführung unterschiedlichster Zauberhandlungen – und zum anderen die kürzeren Texte der ›angewandten‹ Magie auf Papyruszetteln, die einst selbst als Defixion oder Amulett gedient haben.

Die magischen Bücher bieten eine Auswahl ausführlicher Instruktionen zur Herstellung von Fluchtäfelchen, Figurinen, Amuletten, Zaubertränken. Und neben Anleitungen für Liebeszauber finden sich, anscheinend wahllos aneinander gereiht, Rezepte gegen Kopfschmerz, Anweisun- gen zum Besänftigen eines erzürnten Vorgesetzten, Formeln für Beschwörungen, Verfluchun- gen, mantische Operationen etc.

III. 2. 1. Defixionen: Täfelchen - Ostraka - Papyri - Puppen

Unter dieser Bezeichnung zusammengefasste Funde antiken Alltagszaubers haben trotz unter- schiedlicher Formen und Materialien ein Gemeinsames, nämlich den rigorosen Wunsch des Ini- tiators, über eine andere, oft ahnungslose Person Macht auszuüben und diese den eigenen Vor- stellungen entsprechend zu lenken oder zu blockieren. Anlass dazu boten im antiken Athen vor allem Rechtsstreitigkeiten oder geschäftliche Konkurrenzsituationen, in römischer Zeit vielfach Rivalitäten im Circus, bei Wagenrennen – und zu allen Zeiten quälende Wünsche erotischer Na tur. Vor Betrachtung der ›Liebesdefixion‹ im Speziellen soll zunächst das Wesen der ›Defixion‹ im Allgemeinen – man versteht darunter sowohl den sog. Fluchzauber selbst, als auch die dafür ein gesetzten Instrumente – näher beleuchtet werden. Die in der modernen Wissenschaft gebräuch- liche Bezeichnung ›Fluchzauber‹ mag in Liebesdingen, wo eine herbeigesehnte Person ja nicht

276 Zur Inschrift vgl. Brodersen u. a. 1992, 3; Faraone 1996, 78-80. 277 vgl. Brashear 1995, 3414. Referenzliteratur zu den magischen Papyri: u. a. Preisendanz – Henrichs 1973; Preisendanz – Henrichs 1974; Betz 1986; Daniel – Maltomini 1990; Daniel – Maltomini 1992; Brashear 1995, 3380-3684. 69

auf Dauer blockiert werden sollte, unpassend erscheinen, drückt hier aber die Unbedingtheit der Absicht des Zaubernden aus. Der von der heutigen Forschung favorisierte Terminus ›Defixion‹ für diverse Arten dieses Zau- bers leitet sich vom lateinischen Verb defigere, mit der Bedeutung festheften, festbannen, fest- halten, ab. Das zugehörige Substantiv defixio ist allerdings nicht vor dem 6. Jh. n. Chr. nach- weisbar. Wesentlich älter ist der griechische Ausdruck καταδεσμός, der auf das Verb καταδειν, im Sinne von festbinden, anbinden, fesseln, zurückgeht, und erstmals bei Platon begegnet.278 In der wissenschaftlichen Literatur ist dementsprechend auch der Begriff ›Bindezauber‹ sehr ge- bräuchlich.

Als magische Behelfe des Fluchzaubers fanden in erster Linie beschriftete Täfelchen aus Blei, wesentlich seltener aus anderen Metallen wie Kupfer, Zinn, Bronze oder Eisen, gelegentlich Wachs, öfters auch Tonscherben (sog. magische Ostraka) Verwendung.279 Im kaiserzeitlichen Ägypten war hingegen der Gebrauch von Papyri mit Zauberinschriften vorherrschend. Eine ähnliche Funktion wie Defixionstäfelchen hatten kleine anthropomorphe Figuren aus Blei, Ton oder Wachs.

Bislang wurden über 1600 Fluchtäfelchen im Bereich der ehemals griechisch-römischen Welt gefunden, die einen Zeitraum vom 6. Jh. v. bis zum 8. Jh. n. Chr. umspannen.280 Rund zwei Drittel davon sind griechisch beschriftet, etwa 600 lateinisch. Die frühest fassbaren Täfelchen stammen aus der griechischen Kolonie Selinous und dürften Ende 6. bis Anfang 5. Jh. v. Chr. hergestellt worden sein. Ab Mitte des 5. Jhs. v. Chr. tauchen sie in Athen auf, etwas später in Olbia am Schwarzen Meer. Besonders dicht ist die Fundlage in Attika. Lateinischsprachige Defixionen sind jüngeren Datums. Zu den ältesten gehört ein Täfelchen aus einem samnitisch- römischen Grab in der Nähe Pompejis, das dem 2. Jh. v. Chr. zugeordnet wird.281

Ab der frühen Kaiserzeit verbreitete sich die Praxis des Bindezaubers über die Provinzen des Römischen Imperiums. Im 2. und 3. Jh. n. Chr lassen sich dabei einige Zentren festmachen, wie die heutigen Orte Bath und Uley in Britannien, wo auffallend viele gegen Diebe gerichtete Fluchtäfelchen282 zum Vorschein kamen, oder Karthago und Hadrumetum in Nordafrika, wo die Verwünschungen vor allem Zirkusspiele und Gladiatorenkämpfe zum Thema hatten. Eine merkliche Abnahme der archäologischen Evidenz von Defixionen zeichnet sich ab dem 4. Jh. n. Chr. ab, zeitgleich mit dem Aufstieg des Christentums.

Platon liefert als erster Details zur Ausführung des Fluchzaubers. Im Staat schildert er wandern- de Bettelpriester und Wahrsager, die ihren Kunden versprächen, einem Feind zu schaden, in- dem sie mit Hilfe von Zaubersprüchen und Beschwörungen (επαγωγαις τισιν και καταδέσμοις) die Götter dazu brächten, ihnen zu Diensten zu sein,283 und in den Gesetzen befasst er sich mit magischen Praktiken sowie deren rechtlicher Behandlung. Zu den Verbrechen durch φαρμακεια zählt er sowohl Vergiftungen mit gewissen Substanzen als auch Schädigung durch Magie, mit Zauberformeln und Besprechungen und dem sogenannten Bindezauber. 284 Ausdrücklich nennt

278 καταδέσμος: Plat. rep. 364c; κατάδεσις: Plat. leg. 933a. 279 Referenzliteratur zu Defixionen: u. a. Wünsch 1897; Audollent 1904; Jordan 1985; Jordan 2001. 280 vgl. Eidinow 2007, 141. 281 Kropp 2008, 45. 282 In der modernen Literatur diskutiert unter dem Titel ›Gebete um Gerechtigkeit‹. 283 Plat. rep. 364c; vgl. Gager 1992, 249 Nr. 140. 141. 284 Plat. leg. 933a. 70

er auch aus Wachs geformte Bilder (κήρινα μιμήματα πεπλασμένα), also Zauberfiguren, die man über Türen oder an Weggabelungen oder an den Gräbern seiner Ahnen fände.285 Zahlreiche Beispiele des rituellen Bindezaubers sind gleichermaßen aus der römischen Litera- tur bekannt. Plinius meint etwa: defigi diris deprecationibus nemo non metuit, was im Klartext besagt: Jedermann fürchtet,Opfer einer Defixion zu werden.286

Diese und diverse andere literarische Erwähnungen deuten darauf hin, dass der Einsatz des Fluchzaubers allen Kreisen der antiken Bevölkerung geläufig war. Außer bei erotischen Zau- bern überwogen im Allgemeinen Männer als Ziel der Verwünschungen – verständlich, wenn man die eingangs erwähnten Fluchmotive betrachtet.

Für Defixionen wurde Blei als Material bevorzugt: Es war leicht zu bekommen und zu bearbei- ten, war dauerhaft und wurde zudem mit Kälte und Dunkelheit assoziiert. In der Praxis verwen- dete man zumeist rechteckig zugeschnittene Lamellen aus geschmolzenem und ausgetriebenem Blei, wenige Millimeter dick, im Allgemeinen nicht mehr als handflächengroß, in welche sich der Fluchtext mit einem Kupfergriffel problemlos einritzen ließ. Häufig wurden die Täfelchen nach dem Anbringen der Inschrift gefaltet oder eingerollt, eventuell mit Nägeln durchbohrt oder zusammengebunden. Dahinter stand möglicherweise die Vorstellung, durch rituelle Manipula- tion des Bleitäfelchens die defigierte Person selbst im Sinne eines Analogiezaubers binden oder verletzen zu können.

Besondere Bedeutung kam dem Ort der Deponierung der fluchbeladenen Täfelchen zu. Um sie den Mächten der Unterwelt anzuvertrauen, verbarg man sie häufig in Gräbern, Sarkophagen, Urnen, auf Schlachtfeldern. Grabstätten frühzeitig ( άωροι) und gewaltsam Verstorbener (βιαιο- θάνατοι) wurden als besonders wirksam erachtet, da man von deren Totengeistern besondere Missgunst und Rachegelüste erwartete. Auch andere unterirdische Ablagen wie Brunnen und diverse Gewässer kamen in Frage, in römischer Zeit vereinzelt sogar Türschwellen oder Mau- ern menschlicher Behausungen. Beispiele für die letzteren liefern u. a. Tacitus’ Bericht über den mysteriösen Tod des Germanicus 287 oder ein hier noch zu besprechender Fund aus dem Gebiet von Mogontiacum (Kat.89).

Angesichts der langen Laufzeit der Defixionen ist es nicht verwunderlich, dass während dieser Spanne die textliche Gestaltung einem deutlichen Wandel unterlag. Frühe Beispiele waren oft- mals ziemlich knapp gehalten. Die einfachsten trugen nur die im Nominativ angegebenen Na- men der Verfluchten, später präzisierte der Initiator des Zaubers seine Absicht gegenüber dem im Akkusativ angeführten Opfer zusätzlich mit Verben wie καταδέω, ich binde, oder in römi- scher Zeit defigo, ich hefte fest. Gelegentlich wurde der Bindezauber durch Einbeziehen göttli- cher Instanzen und explizite Angaben der Art des Bindens verstärkt, wenn es etwa in einem Text des 4. Jhs. v. Chr., gefunden auf Euböa, heißt: 288 καταδεσμεύω Εισιάδα προς τον Ερμη τον κάτοχον [χ]ερες, πόδες Εισιάδας, σωμα όλον = Ich fessle Isias hinab zu Hermes, der fest- hält – die Hände, die Füße der Isias, ihren gesamten Körper.

Neben Hermes Psychopompos wurden auf frühen griechischen Defixionen auch andere Götter

285 Plat. leg. 933b; vgl. Graf 1996, 109. 286 Plin. nat. 28, 4, 19-20; vgl. Gager 1992, 244. 253 Nr. 146. 287 Tac. ann. 2, 69. 288 Wiedergabe des griechischenTextes: Faraone 1991, 3; vgl. Gager 1992, Nr. 19; Deutsch: Graf 1996, 114. 71

der Unterwelt wie Persephone, Hades, Hekate, Demeter, Gaia sowie Totendämonen (νεκυδαί- μονες) angerufen. Römische Fluchtäfelchen beschwören Pluto, Proserpina, Nemesis, selbst Ju- piter, Dis Pater, ebenso die Geister der Verstorbenen, die Dii manes. Besondere Wirkung ver- sprach man sich ab der Kaiserzeit auch von fremden Gottheiten und Mächten wie Ereschigal, Osiris, Isis, Seth, Iahwe, Iao, Sabaoth, Gabriel, Michael etc.

Während mit wenigen Ausnahmen – wie im Falle von Liebesdefixionen – der Urheber des Zau- bers im Allgemeinen ungenannt blieb, wurde die Person des Opfers umso genauer angegeben, unter Anführung des Matronymikons, anstelle des in der antiken Welt omnipräsenten Vaterna- mens. F. Graf spricht in diesem Zusammenhang von der Tendenz der Defixionen zur ›Inversi- on‹, zur Verkehrung von ritueller ›Normalität‹,289 wozu er auch die Anrufung von Unterwelt- gottheiten rechnet, überhaupt den auffälligen Kontakt mit der Tiefe – im Unterschied zu vielen öffentlichen Kulten der Städte, die sich an Himmelsgötter wandten. Anders als offizielle Riten führte man Defixionen privat und heimlich durch.

Spätere Defixionen, vor allem der römischen Kaiserzeit, weisen oft komplizierte Texte mit aus- gedehnten Folgen von scheinbar sinnlosen magischen Worten, in der modernen Literatur ›voces mysticae‹ oder ›voces magicae‹ genannt, auf. Sie können in spätantiken Texten, besonders des 4. und 5. Jhs. n. Chr., 80-90 Prozent der Inschrift einnehmen. Daneben werden seltsame Zeich- nungen menschlicher und tierischer Gestalten, zusammen mit undeutbaren Zeichen, in aktueller wissenschaftlicher Diktion ›Charakteres‹ genannt, immer zahlreicher.290 Weitere Merkmale spä ter Fluchtäfelchen sind Palindrome und bustrophedon geschriebene Texte, außerdem Dreiecke, Quadrate, Flügel und andere geometrische Figuren, gebildet aus Buchstabenfolgen, oder Vokal- serien, bestehend aus den sieben griechischen Vokalen, die mit Planeten und Engeln assoziiert und gelegentlich als eigene Mächte angerufen wurden.291

Liebesdefixionen

A. Audollent spricht von ›Defixiones amatoriae‹ und definiert sie als »Riten, die in einer gelieb- ten Person eine entsprechende wilde Liebe zu provozieren suchen und ihr jede andere Liebesbe- ziehung verunmöglichen sollen«.292 Die Bedeutung dieser Form von Defixionen geht schon aus dem Umstand hervor, dass rund ein Viertel der klassifizierbaren Täfelchen ›Herzensangelegen- heiten‹ betrifft. 293

Im Gegensatz zu anderen Kategorien des Bindezaubers lassen sich ›Liebestäfelchen‹ nicht vor dem 4. Jh. v. Chr. belegen. Dies überrascht, bedenkt man, dass Liebeszauber bereits in Ilias und Odyssee auftauchen, wo Hera Aphrodites Hilfe beansprucht, um den eigenen Gatten zu verfüh- ren und Kalypso und Kirke sich vergeblich bemühen, Odysseus seine Heimat Ithaka und die Gattin Penelope vergessen zu lassen.294

289 Graf 1996, 116. 290 vgl. auch Gager 1992, 11 f. 291 vgl. Gager 1992, 34 Anm. 40. 292 So die sinngemäße deutsche Übersetzung der lateinischen Definition von ›Defixiones amatoriae‹ bei Audollent 1904, S. LXXXIX f. durch Graf 1996, 110. 293 Gager 1992, 78; Ogden 1999, 35. 294 Zu Hera: Hom. Il. 14, 198-223; vgl. Ogden 1999, 35. Zu Kalypso: Hom. Od. 7, 255-260. Zu Kirke: Hom. Od. 10, 333-335. 345-372. 460-469. 72

Bei einem Streifzug durch die Sujets der antiken Literatur fällt allgemein auf, dass es in erster Linie weibliche Gestalten sind – sowohl Göttinnen als auch Sterbliche –, welche zu Mitteln des Liebeszaubers greifen, in der Hoffnung, die Ziele ihrer Leidenschaft zu erreichen.295

Differenzierter gestaltet sich die Rollenverteilung bei Täfelchen mit Liebesdefixionen. Sie ge- ben ein intimeres Bild von den Vorlieben, Phantasien und Nöten der antiken Frauen und Män- ner. Faraone spricht vom »battlefield of Eros«, als einem Gebiet intensiven persönlichen Wett- bewerbs, auf welchem die Griechen κατάδεσμοι einsetzten, besonders in Dreiecksbeziehungen, wo zwei Individuen um die Gunst eines dritten eiferten.296 D. Ogden zufolge wurde sogar die Mehrzahl der »erotic tablets« im Auftrag von Männern ausgeführt, um begehrte Frauen an sich zu fesseln.297

In der modernen Literatur werden heute allgemein zwei Hauptgruppen erotischer Defixionen unterschieden: 298 – einerseits jene des Trennungszaubers (in den magischen Papyri διάκοπος betitelt), der sich in erster Linie gegen den (die) Nebenbuhler(in) richtet, gelegentlich aber auch gegen die geliebte Person selbst, wenn versucht werden soll, deren Kontakt mit dem (der) rivalisierenden Dritten zu unterbinden, – zum anderen die des Anziehungszaubers (in den magischen Papyri αγωγή genannt und von W. Preisendanz als Beibringe-, Zubringungs- oder herbeizwingender Zauber übersetzt), in wel- chem im Allgemeinen nur die (der) Geliebte genannt wird, der (dem) verschiedenste Qualen an- gewünscht werden, welche nur durch schließliche Vereinigung mit dem Urheber der Defixion stillbar sind.

Der Trennungszauber, in größerer Zahl vom 4. Jh. v. bis ins 3. Jh. n. Chr. praktiziert,299 steht dem Grundmuster der griechischen Defixionen in Form und Intention näher als der zeitlich im Allgemeinen später anzusetzende Anziehungszauber, der zwischen dem 2. und 4. Jh. n. Chr. be- sonders im Raum von Nordafrika und Syrien verbreitet war 300 und vielfach komplizierte grie- chisch-ägyptisch-hebräische Formeln und Dämonennamen aufweist.

Einen interessanten und detaillierten Einblick in die Praktiken der Liebesdefixion bieten die di- versen Papyrusbücher mit einer Fülle von Rezepten für Liebesbindezauber (φιλτροκατάδεσμοι) und Heranführungen (αγωγαί). Letztere scheinen in den Papyri auch einfach als φίλτρα = Lie- beszauber auf. 301 F. Graf versucht, die Diskrepanz zu klären, weshalb »in den Rezepten und in der Anwendung dieser Rezepte fast immer Männer auf der heimlichen Suche nach Frauen sind, und dies nicht für eine Nacht, sondern für eine feste Verbindung, daß aber antike Männer, falls sie Literaten sind, sich die Sache umgekehrt zurechtlegen und Frauen auf die magische Suche

295 Zu irdischen Anhängerinnen magischer Liebeskunst in der antiken Literatur gehören u. v. a. die zauberkundige Simaitha in Theokrits 2. Idyll, einem Gedicht aus der 1. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr., oder rund vierhundert Jahre spä- ter Melitta in Lukians Hetärendialogen, die einen Experten sucht, um einen Zauber gegen den Verlust ihres Lieb- habers Charinus zu erfahren, in Lukian. dial. meretr. 4, 4; vgl. Gager 1992, 255 f. Nr.152. 296 Faraone 1991, 13. 297 Daneben bedienten sich aber auch Frauen, die einen Mann binden wollten, der Methode, und gelegentlich Männer, die Männer, oder Frauen, die Frauen liebten: vgl. Ogden 1999, 36. – Zu ähnlichen Gruppierungen in den magischen Papyri: Gager 1992, 80. 298 Faraone 1991, 13 f.; Gager 1992, 79 f.; Graf 1996, 139 f.; Ogden 1999, 36 f. 299 Faraone 1991, 13. 15. 300 Faraone 1991, 15. 29 Anm. 66. 301 Graf 1996, 161 f.; vgl. dazu: Winkler 1991, 214-43. 73

nach Männern senden«. Seine pragmatische Antwort lautet, dass bei erotischen Defixionen vielfach der materielle Aspekt des Gütertransfers, der im Rahmen einer Heirat über die Braut lief, im Hintergrund stand.302 Zur Frage, weswegen in der antiken Literatur vorwiegend Frauen zauberten, meint Graf wei- ters, man habe die erotische Magie auf giftkochende Frauen und exotische männliche Spezia- listen, also marginalisierte Gruppen, abgeschoben, denn »Ein zaubernder Mann überschreitet die Grenzen seines Geschlechts, und ein wirklicher Mann zaubert nicht.« 303

Da die individuelle Motivation der antiken Anwender von Liebeszaubern letzten Endes doch verborgen bleibt und fallweise ebenso das Geschlecht der Defigierenden oder die soziale Stel- lung aller Involvierten, bietet sich eine schematische Einteilung der im Folgenden zu erörtern- den Defixionen nach dem jeweils allem Anschein nach verfolgten Hauptmotiv an:

– Trennung (διάκοπος) – Bindung (φιλτροκατάδεσμος) – Herbeiführung (αγωγή) – Rache

Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass schon aufgrund des fragmentarischen Erhal- tungszustands und der schlechten Lesbarkeit mancher Bleitäfelchen oder Papyrusstücke, bezie- hungsweise der Knappheit oder der Vieldeutigkeit der Texte, in vielen Fällen die Zuordnung von Defixionen zur Kategorie der Liebeszauber und hier wieder zu der einen oder anderen Un- tergruppe willkürlich bleiben muß.

III. 2. 1. 1. Trennungszauber

Bei Defixionen dieser Kategorie geht es um echte oder fiktive Dreiecksbeziehungen, die eine der involvierten Personen im eigenen Interesse sprengen möchte.

Eine Reihe von Trennungszaubern des 4. Jahrhunderts v. Chr. stammt aus Attika:

(Kat. 71)* Bleitäfelchen aus Attika

Das Bleitäfelchen misst 3 x 27 cm und wurde einst in gefalteter Form deponiert, der ursprüng- liche Ort der Hinterlegung ist unbekannt. 304

Wie bei vielen Defixionen der frühen Zeit üblich, ist der Text sehr knapp gehalten, ohne den Namen des Initiators und ein Verb des Bindens anzugeben. Die Inschrift verrät nur die Namen der Opfer (im Akkusativ) und was mit ihnen zu geschehen habe. Aber Gottheiten oder Dämo- nen, an die der Auftrag offenbar adressiert ist, sind nicht namentlich genannt:

Αριστοκύδη και τας φανομένας αυτωι γυναικας .

302 Graf 1996, 167-170. 303 Graf 1996, 170. 304 Wünsch 1897, 17 Nr. 78 [ = DTA 78 ]; Gager 1992, 91 Nr. 23; Eidinow 2007, 215 f. 368. 74

μήποτ’ αυτον γημαι άλλην γυναι(κα) μήτε παιδα.

(I bind) Aristokydes and the women who let themselves to be seen by him. Do not ever let him ‘marry’ another woman or a youth. 305

Der kurze Spruch hat unterschiedliche Übersetzungen und Auslegungen erfahren. C. Faraone dachte ursprünglich, das Täfelchen wäre möglicherweise von einer eifersüchtigen Gattin oder Braut initiiert worden, um zu verhindern, dass Aristokydes eine andere Frau oder ein anderes Mädchen heiratet, schloss sich später jedoch neueren Auslegungen an: Let him not ‘marry’ another woman or boy. 306

E. Eidinow fasst weitere moderne Interpreationen zusammen, wonach die Frauen, die sich in Aristokydes’ Gesellschaft sehen ließen, vermutlich hetairai waren: Beispielsweise M. Dickies englische Übersetzung I bind Aristokydes and the women presented to him, 307 was an die Usan- cen in antiken Bordellen denken lasse, wonach Klienten aus den in einer Reihe aufgestellten Frauen auswählen konnten. Es läge also die Annahme nahe, dass die Betreiberin des Fluchs selbst aus diesem Milieu kam und ihren Geliebten Aristokydes daran hindern wollte, eine inti- me Beziehung mit anderen Frauen oder einem Jüngling einzugehen.

Allerdings, gibt Eidinow zu bedenken, scheine zwar angesichts der Formulierung άλλην γυναι- κα festzustehen, dass die Defixion von einer Frau ausging, doch fänden sich im Text keine si- cheren Angaben zu deren sozialem Status. Schließlich konnten Frauen aller Schichten der Ge- sellschaft befürchtet haben, der Geliebte oder Gatte würde sich vorübergehend oder ganz von ihnen abwenden.308

Ein aus dem südlichen Athen stammendes Fluchtäfelchen scheint ebenfalls in die Gruppe ero- tisch motivierter Trennungszauber zu fallen. Der genaue Fundort ist nicht bekannt, es dürfte wie das zuvor genannte auf das 4. Jh. v. Chr. zurückgehen.

(Kat. 72) Bleitäfelchen aus Athen

Das opisthographe Bleitäfelchen hat die Form eines Briefes, es misst 6 x 13 cm. Seite A ist im Querformat mit 16 ganz kurzen, Seite B im Längsformat mit 19 etwas längern Zeilen beschrif- tet. Mehrere Zeilen sind auf den Kopf gestellt, die Buchstaben einiger Namen vertauscht.309

Seite A: Ich sende einen Brief (επιστολην πέμπων) an die Dämonen und an Persephone und übergebe (ihnen) Tibitis, (Tochter von) Choirine, die mir Unrecht getan hat, und ihre Tochter, ihren Ehemann und drei Kinder, zwei Mädchen und einen Knaben, Pankrates, Mantias, Dio- phantos und Metagenes.

Seite B: Gebunden sind ... die Faustkämpfer, Aristomachos und Aristonymos, binde all ihre Kraft. Euandria, die Tochter von Charikleides, ... die Tochter von Aristokrates, möge Perse-

305 Griechischer Text: DTA 78, emendiert von Wilhelm 1904, 113; englische Übersetzung: Eidinow 2007, 368. 306 vgl. Faraone 1991, 14; Faraone 1999, 13. 151. – Eidinow 2007, 216 betont in diesem Zusammenhang die Gen- der-Neutralität des Ausdrucks παιδα, der sowohl ›Mädchen‹ als auch ›Bursche‹ bedeuten kann. 307 Dickie 2000, 576, zitiert von Eidinow 2007, 216. 308 Eidinow 2007, 216. 309 Wünsch 1897, 26 Nr. 102 [ = DTA 102 ]; Gager 1992, 201 Nr. 104; Eidinow 2007, 378 f. 75

phone sie zur Gänze binden. Hermes und Hades bindet (κατέχετε) all diese. Dämon (halte fest) Galene, die Tochter von Polykleia, an deiner Seite.310

Der Urheber des Katadesmos, dem anscheinend Unrecht widerfahren war, hat die Form eines Briefes gewählt, um mithilfe chthonischer Mächte Rache zu üben. Die Namen auf dem Fluch- täfelchen haben durcheinander gewürfelte Buchstaben, wohl als symbolische Darstellung des Schicksals, das den Opfern widerfahren möge.

J.G. Gager bemerkt zur Thematik des Katadesmos: »Like numerous others, this tablet is a catch all curse.« Dabei gehe es um die Wiederkehr verlorener Familienmitglieder oder Sklaven – um professionelle Kämpfer – und um Liebesaffären, in die mehrere Frauen, einige davon vielleicht Kurtisanen oder Hetären, verwickelt waren.311

Die beiden Faustkämpfer Aristokrates und Aristonymos sind möglicherweise Ursache des Ver- drusses, der zur Ausführung des Fluches auf Seite B geführt hat. Sie könnten die Gunst der ge- nannten Frauen gewonnen haben und nun sollte wohl ein Keil in die Beziehungen getrieben wer den. Die weiblichen Namen scheinen dabei Hauptziele des Bindezaubers zu sein. Bei Galene und Polykleia könnte es sich eventuell um bekannte Hetären jener Zeit gehandelt haben.312

Ein weiteres, dem 4. Jh. v. Chr. zugeordnetes Bleitäfelchen, das einen διάκοπος thematisiert, stammt aus Böotien:

(Kat. 73)* Bleitäfelchen aus Böotien

Die Defixion, deren originaler Hinterlegungsplatz nicht bekannt ist, misst 7 x 8 cm und trägt an beiden Seiten eine Inschrift.313 Der Text der besser erhaltenen Vorderseite lautet:

Ich übergebe (παρατίθομαι) Zois, die Eretrerin, die Frau von Kabeira, an Ge und Hermes, ihr Essen, ihr Trinken, ihren Schlaf, ihr Lachen, ihre Gesellschaft (συνουσίην), ihr Kitharaspiel, ihren Zugang (πάροδον), ihr Vergnügen, ihren kleinen Steiß (πυγίον), ihre Gedanken, ihre Au- gen.314

Im Fokus des Bindezaubers stehen die attraktiven Qualitäten und das kokette Betragen der Ere- trerin Zois, die eine fixe Beziehung zu einem Mann namens Kabeira unterhält. E. Eidinow ver- mutet, dass es sich bei der verführerischen Frau um eine Hetäre handelte, zumal das ausdrück- lich erwähnte Kitharaspiel zu den traditionellen Aufgaben einer solchen zählte. Möglicherwei- se war sie vertraglich für längere Zeit an Kabeira gebunden, vielleicht bestand auch eine gewis- se Abhängigkeit von Kabeira als ihrem Zuhälter. 315

310 Griechischer Text: DTA 102; Deutsch: modif. nach der englischen Übersetzung bei Eidinow 2007, 379 (Verf.). 311 Gager 1992, 202. 312 vgl. Gager 1992, 202 Anm.12: Hinweis auf eine spätere Erwähnung von Hetären namens Galene und Polykleia in Athenaios’ Gelehrtenbankett, Ath. 587-588. 642c. 313 Audollent 1904, 138 Nr. 86 [ = DT 86 ]; Gager 1992, 85 f. Nr.18; Eidinow 2007, 2 f. 143. 217 f. 402 f. 314 Griechischer Text: DT 86; Deutsch: nach der englischen Übersetzung bei Eidinow 2007, 403 (Verf.). – Teil- weise andere Auslegung einzelner Begriffe bei Gager 1992, 85 f. Nr. 18: συνουσίη: gesellschaftlicher oder sexuel- ler Verkehr; πάροδος: hier eventuell Ausdruck mit sexuellem Unterton; πυγίον: könnte auch bestimmte Formen des Tanzens bezeichnet haben. 315 Eidinow 2007, 217 f. 76

Der Text verrät nicht, wer der Initiator des Zaubers war und was genau er bezweckte. Daher sind mehrere Theorien denkbar. J.G. Gager nimmt beispielsweise an, es läge eine Dreiecksbe- ziehung vor, wobei »the other woman« versuchte, Kabeiras Liebe von seiner Frau ab- und auf sich selbst hinzulenken. Eidinow führt weitere Möglichkeiten an: Urheber eines derartigen Katadesmos, der auf Zois’ »erotic power« abzielte, könnten auch ein Mann oder eine Frau gewesen sein, deren Werbung bei Zois abgeprallt war und die nun nach Rache sannen. Vielleicht sollte Zois auch nur im Sin- ne eines philtrokatadesmos 316 gebunden werden, bis sie zum Betreiber des Fluchs kommt, um sich ihm hinzugeben. Eventuell ging es aber dem eifersüchtigen Initiator, männlich oder weib- lich, eher darum, den eigenen Partner vor Zois’ Verführungskunst zu bewahren. Auch die Mög- lichkeit einer rivalisierenden Kollegin, die um ihren Geschäftserfolg bangte, wäre nicht ganz auszuschließen.

Auch mehrere Defixionen mit lateinischen Texten lassen sich der Gruppe der Trennungszauber zuordnen, beispielsweise ein Täfelchen, das an der Via Latina in Rom geborgen wurde.

(Kat. 74)* Latein. Bleitäfelchen aus Rom

A. Audollent zufolge war die 12 x 27,5 cm messende Lamelle einst zusammengefaltet und könn te in die ausgehende republikanische oder in augusteische Zeit datiert werden. 317

Text in Audollents Wiedergabe: 318 Zu Deutsch etwa:

Quomodo mortuos qui istic So wie der Tote, der dort sepultus est nec loqui begraben ist, weder sprechen nec sermonare potest, seic noch sich unterhalten kann, so Rhodine apud M. Licinium soll Rhodine bei M. Licinius Faustum mortua sit nec Faustus wie tot sein, weder loqui nec sermonare possit. sprechen noch sich unterhalten können. Ita uti mortuos nec ad deos So wie der Tote weder bei den Göttern nec ad homines acceptus est, noch bei den Menschen willkommen ist, seic Rhodine aput M. Licinium so soll es Rhodine bei M. Licinius accepta sit et tantum valeat ergehen und sie soll so wenig vermögen quantum ille mortuos quei wie jener Tote, der istic sepultus est. Dite pater, Rhodine dort begraben ist. Dis pater, Rhodine tibei commendo, uti semper übergebe ich dir, damit sie auf immer odio sit M. Licinio Fausto. dem M. Licinius Faustus verhasst sei.

Item M. Hedium Amphionem, Ebenso M. Hedius Amphion, item C. Popillium Apollonium, ebenso C. Popillius Apollonius, item Vennonia Hermiona, ebenso Vennonia Hermiona, item Sergia Glycinna ebenso Sergia Glycinna

Offenbar sollte die Beziehung zwischen Rhodine und M. L. Faustus zerstört werden. Der Autor des Fluches wünscht, dass Rhodine in Gegenwart des Faustus erstarrt wie jener Leichnam, bei

316 vgl. den im folgenden Kapitel ›Herbeiführungszauber‹ beschriebenen philtrokatadesmos (Kat.78). 317 Audollent 1904, 196-198 Nr. 139 [ = DT 139 ]. 318 Lateinischer Text: DT 139; Deutsch: Verf. 77

dem er vermutlich die Defixion hinterlegen wollte. Ausserdem überantwortet er die Frau Dis pater, dem Gott der Unterwelt (= Pluto), der bewirken möge, dass Faustus sie für alle Zeit ver- abscheut. Ein ähnliches Schicksal wird wohl auch den am Ende genannten Frauen und Männern gewünscht.

Der Text lässt zunächst an einen Rivalen des Faustus um Rhodines Gunst als Urheber denken, die Defixion könnte aber auch von einer Konkurrentin Rhodines um Faustus’ Zuneigung stam- men, oder von einem männlichen Interessenten an diesem oder von einer Frau mit einer Vorlie- be für Rhodine.

Eine andere lateinische Defixion stammt aus Hadrumetum.

(Kat. 75)* Latein. Bleitäfelchen aus Hadrumetum

Das Bleitäfelchen, 11 x 9,5 cm, das bei seiner Auffindung zusammengerollt war, ist beidseitig in Majuskeln und Kursivbuchstaben beschriftet und wurde wahrscheinlich im 3. Jh. n. Chr. an- gefertigt.

Text in Audollents Wiedergabe: 319 Deutsch nach Audollents Emendationen: Seite A: Alimbeu Alimbeu columbeu Columbeu petalimbeu Petalimbeu faciatis Victoria macht, dass Victoria, quem peperit Sua- die Tochter von Sua- vulva amante fu- vulva rasend sei rente pre amore vor Liebe zu meo neque somnu mir und keinen Schlaf videat donec at me findet, bis dass sie zu mir veniat puella[r]u d[eli-]cias kommt, die liebste unter den Mädchen

Seite B: Desecus Ballinc- Ebenso soll Ballincus, um Lolliorum der Fahrer des Gespanns de curru actus der Lollii ne possit ate me nicht vor mir ankommen venire; et tu quiqum- können; und wer du auch immer que es demon bist, Dämon, te oro ut illa cogas ich bitte dich, dass du jene [Frau] zwingst, amoris et desideri aus Liebe und Verlangen [mei] causa veni- nach mir [re at me.] zu mir zu kommen

In seinem Kommentar zu DT 265 vermutet Audollent wohl nicht zu Unrecht, dass hinter der Defixion ein Rivale des Wagenlenkers Ballincus steckt, der hofft, den Wettstreit in der Liebe und im Circus für sich entscheiden zu können.320

319 Lateinischer Text: Audollent 1904, 363 f. Nr. 265 [ = DT 265 ]; Deutsch: Verf. 320 Audollent bemerkt in diesem Zusammenhang weiters, dass die ersten Zeilen von Seite A drei damals in Hadra- 78

In Preisendanz’ Katalog magischer Papyri sind im Anschluss an die Auflistung ›heidnischer‹ und ›christlicher‹ Papyri auch fünf Ostraka erfasst. Eine dieser beschrifteten Tonscherben, die sich heute in der Universitätsbibliothek Oslo befindet, wird vom Herausgeber als ›Liebes- und Trennungszauber‹ angeführt:

(Kat. 76)* Ostrakon-Defixion PGM O 2, Oslo

Das aus Oxyrhynchos stammende Ostrakon stellt ein 8 x 12,5 cm messendes Bruchstück des Randbereichs eines großen offenen Gefäßes dar. Es trägt an beiden Seiten einen insgesamt rund 40-zeiligen griechischen Text, den Preisendanz aufgrund der gedrängten, verworrenen Schrift ins 2. Jh. n. Chr. datiert. 321

Seite A (= Außenseite der Scherbe): Die ersten 27 Zeilen bestehen vorwiegend aus Vokalreihen und Zauberworten. Zu den wenigen deutbaren voces magicae zählen: Bal, Sabaioth, Mithreu, Mithra, Salaam, Phre – dann folgt der eigentliche Appell: καυσον πύρωσον την ψυχην Αλλουτος, το γυναικιον σωμα, τα μέλη, έως αποστη απο της οικίας Απολλωνίου. κατάκλινον Αλλουν πυρετω, νόσω ακαταπαύστω, ασίτω Αλλουν, ασυνέτω Αλλουν.

Seite B (= Innenseite) schließt an: απάλλαξον Αλλουν απο Απολλωνίου, του ανδρος αυτης. δος Αλλουτι ύβριν, μισος, αηδίαν, έως αποστη της οικίας Απολλωνίου, άρτι, ταχύ.

Preisendanz gibt folgende Übersetzung: Seite A: Brenne, entflamme die Natur der Allus, ihren weiblichen Körper, ihre Glieder, bis sie verläßt das Haus des Apollonios. Streck aufs Lager die Allus mit Fieber, mit unaufhörlicher Krankheit der Hungerlosigkeit, die Allus, der Unsinnigkeit, die Allus. 322

Seite B: Entfremde die Allus dem Apollonios, ihrem Mann. Gib der Allus Stolz, Haß, Unlust, bis sie weggeht aus dem Haus des Apollonios, jetzt, schnell !

Der Initiator der Defixion bemüht hier eine Schar magischer Mächte, Allous mit unerträglichen Schmerzen und Krankheit zu quälen und ihr tiefe Abneigung gegenüber dem Gatten Apollonios einzuflößen, bis sie Apollonios und das Haus verlässt. Allein die Symbolik des von Fieber und Glut verzehrten weiblichen Körpers deutet schon die erotischen Zielvorstellungen des ungenann ten Betreibers des Fluches an. Impliziert, wenn auch nicht ausdrücklich formuliert, ist das Ver- langen, Allous möge eiligst zu ihm kommen.323

Ein interessanter Papyrusfund, heute in Berlin, wird von Preisendanz unter der Bezeichnung P XIX a angeführt.

maut sehr gebräuchliche Dämonennamen zitierten. Von den auf Seite B erwähnten Lollii, deren Identität unklar ist, vermutet er, es handle sich wohl um die Besitzer jener Pferde, welche Ballincus bei seinen Rennen lenkte. 321 Preisendanz – Henrichs 1974, S. 233 f. O 2 [ = PGM O 2 ]; vgl. Gager 1992, 110-112 Nr. 35; Brashear 1995, 3485. 3490. 3493. 3502. Griechischer Text und deutsche Übersetzung: PGM O 2. 322 Gager 1992, 111 Nr. 35 wird in seiner Übersetzung von Seite A noch konkreter. Sie lautet: Let burning heat consume the sexual parts of Allous, (her) vulva, (her) members, until she leaves the household of Apollonios. Lay Allous low with fever, with sickness unceasing, starvation – Allous – (and) madness! Allous. 323 Das Vorliegen eines eindeutigen diakopos wird durch den Ausdruck απάλλαξον Αλλουν… (trenne Allous) am Beginn von Seite B unterstrichen, der sich vom griechischen Rechtsbegriff απαλλαγή für ›Ehescheidung‹ ableitet; vgl. Gager 1992, 110 Nr. 35. 79

(Kat. 77) Papyrus-Defixion PGM XIX a, Berlin

Bei dem aus Hermoupolis stammenden Papyrusblatt, 30 x 22,8 cm, handelt es sich nicht wie bei der Mehrzahl der überkommenen magischen Papyri um ein Rezept zur Ausführung magischer Praktiken, sondern um eine einstmals tatsächlich angewandte Defixion. Das Blatt war dreimal breit und viermal hoch gefaltet worden, um es in den Mund einer Mumie stecken zu können. Als Datierung nennt Preisendanz das 4. oder 5. Jh. n. Chr. 324

Die Zeilen 1-13 bestehen vorwiegend aus Zauberworten. Es folgt der Anruf an den Totengeist: …erwach für mich,…vollführe das Aufgeschriebene und in deinen Mund Hineingelegte, gleich gleich, schnell schnell!

Darauf in den Zeilen 16-48 wieder Zauberworte und Zaubervokale, angeordnet in diversen Schwindeformen. Im Zentrum ein im Schwindeschema geschriebener IAEO-Logos 325.

Am Schluß (Z. 49-54) steht der Anruf an einen Herrn Dämon, um den Totengeist dieser Mu- mie zum Dienst gegen die Karosa, Tochter der Thelo, zu zwingen: … führ herbei, brenne, vernichte, entflamme, umfinstere sie, daß sie brennt, in Flammen gerät, stoß in Foltern die Seele, das Herz der Karosa, Tochter der Thelo, bis sie aus dem Haus rennt und kommt zu Apalos, Sohn Theonillas, aus Verlangen und Liebe, zu dieser Stunde, gleich gleich, schnell schnell. …laß sie, die Karosa, Tochter der Thelo, nicht denken an den [eigenen] Mann, nicht an ihr Kind, nicht an Trank, nicht an Speise; doch kommen soll sie, zerschmelzend vor Begehren und Liebe und Verlangen nach Vereinigung, … mit Apalos, Sohn der Theonilla, in dieser Stunde, gleich gleich, schnell schnell! 326

In diesem Fall hat Apalos, der Autor/Auftraggeber des Trennungszaubers nicht verabsäumt, den angerufenen Dämonen einen möglichst präzisen Auftrag zu erteilen. Dafür war speziell die An- gabe der Namen des Initiators und des Opfers samt Matronymika wesentlich, abgesehen von der Nennung der für Karosa vorgesehenen körperlichen und seelischen Qualen bis sie Mann und Kind verlässt, um zu Apalos zu eilen.

III. 2. 1. 2. Herbeiführungszauber

Verglichen mit dem Auftreten von Trennungszaubern ist die Mehrzahl der Herbeiführungszau- ber erst ziemlich spät zu registrieren. Aus relativ später Zeit (1.-5. Jh. n. Chr.) stammen auch schriftlich niedergelegte Zauberanweisungen für agogai auf Papyrus.

Besonders aufschlussreich in Hinblick auf antike Praktiken dieser Kategorie von Liebesmagie ist der sogenannte Große Pariser Zauberpapyrus, der 1857 als Teil eines umfangreichen theba- nischen Fundes an die Pariser Nationalbibliothek gelangte. In K. Preisendanz’ Sammlung der ›Papyri Graecae Magicae‹ trägt er die Nummer P IV. Bei dem weltweit längsten magischen Pa- pyrus handelt es sich um einen Kodex mit 36 beidseitig beschriebenen Blättern, der 53 Zauber- anleitungen zu verschiedenen Themen gibt, darunter einer größeren Anzahl von Liebeszaubern.

324 Preisendanz – Henrichs 1974, P XIX a [ = PGM XIX a ]; Griech.Text und deutsche Übersetzung: PGM XIX a. 325 IAEO-Logos: aus 59 Buchstaben bestehendes Palindrom, sowohl in magischen Papyri als auch auf magischen Gemmen in Verbindung mit Liebes- bzw. Bindezauber vorkommend; vgl. Michel 2004, 484 s. v. Iaeo-Palindrom. 326 Gekürzte Wiedergabe der deutschen Übersetzung von Preisendanz. 80

Er wurde im 4. Jh. n. Chr. vorwiegend in griechischer Schrift verfasst, doch das enthaltene Ma- terial ist zweifellos älter.327 Das umfangreiche Schriftwerk gewährt einen Einblick in die kom- plizierten Rituale, die mit dem Einsatz von Defixionen verbunden waren – denn »it was never a simple matter of buying a piece of inscribed lead and tossing it into an open grave«, wie J.G. Gager betont. 328

Ein viel zitierter Zauber aus dem Repertoire des Pariser Papyrus ist der als φιλτροκατάδεσμος θαυμαστός (in Preisendanz’ Übersetzung: Wunderbarer Liebeszwang) betitelte Abschnitt P IV 296-466:

(Kat. 78)* Papyrus-Rezept PGM IV 296-466 ›Wunderbarer Liebeszwang‹, Paris

Der lange, detailreiche Text der Zauberanleitung 329 vermittelt einen guten Einblick in ein auf- wändiges Ritual, das in römischer Zeit tatsächlich mehrmals zur Ausführung kam, wie mehrere Bespiele belegen (u.a. Kat.79.80). 330

Z. 296-328. Die Anweisung beginnt mit dem Auftrag: Nimm Wachs von einer Töpferscheibe und knete zwei Figuren, eine männliche und eine weibliche. Den Mann bilde wie einen gewappneten Ares: in der Linken halte er ein Schwert, das er gegen ihre rechte Schlüsselbeingrube zückt, sie selbst aber sei an den Armen rücklings gefesselt und auf die Knie gesunken. Den Zauberstoff (ουσίαν) 331 aber befestige an ihrem Kopf oder Hals.

Es folgt eine ausführliche Anleitung, wie mit der weiblichen Figur weiter zu verfahren ist: zu- nächst sollen bestimmte Zauberworte auf Kopf, Ohren, Augen, Gesicht, rechtes Schlüsselbein, Arme, Hände, Herz, Unterleib, Scham, Gesäß, Fußsohlen geschrieben werden – auf die Brust aber Name und Matronymikon der ›herbeizuzwingenden‹ weiblichen Person. Anschließend sind dreizehn Bronzenadeln in die Puppe zu stecken: in Hirn, Ohren, Augen, Mund, Eingeweide, Hände, Genitalien, Fußsohlen. Dabei ist jeweils zu sagen: »Ich durchbohre das betreffende Glied der NN 332, auf daß sie an niemanden denke, außer an mich, den NN allein.«

Z. 328-334. Dann ist ein Bleitäfelchen mit dem anschließend angegebenen Spruch zu beschrif- ten und mit einem Faden, der 365-mal geknotet ist, an die beiden Figuren zu binden, während der Spruch »Abrasax, halt fest« hergesagt wird. Das Bündel soll bei Sonnenuntergang am Grab eines vorzeitig (αώρου) oder gewaltsam (βιαίου) Gestorbenen deponiert werden.

Z. 335-409. Es folgt der lange Text der Beschwörung, die dem Täfelchen einzuschreiben und gleichzeitig zu rezitieren ist. Zu Beginn wird der Katadesmos den Göttern der Unterwelt, Kore- Persephone-Ereschigal, Adonis, Hermes, Toth, Anubis sowie den unterirdischen Dämonen und

327 vgl. Brashear 1995, 3403. 3407. 3416f. 3419. 3516-3527. 3497-3498; Luck 1990, 111. 328 Gager 1992, 94 Nr. 27 329 Griechischer Text und deutsche Übersetzung: Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 296-466 [= PGM IV 296-466] 330 Ausführliche Analyse zur Symbolik des Textes bei Graf 1996, 124-140; vgl.. auch Luck 1990, 112-115. 331 Der ›Zauberstoff‹, der auf dem Kopf der weiblichen Figur zu befestigen ist – im griechischen Text ουσία, in wissenschaftlicher Sprache auch materia magica genannt – bezeichnet Dinge, die mit dem Opfer der Defixion in intimem Kontakt gestanden haben: Haare, Abschnitte von Finger- oder Fußnägeln, Stoffstücke der Kleidung etc.; vgl. Graf 1996, 126. 332 NN (= ο δεινα bzw. η δεινα im Originaltext der magischen Anweisung) gibt an, wo der Anwender des Zaubers seinen eigenen Namen bzw. den seines ›Opfers‹ einsetzen soll. 81

den unzeitig Gestorbenen anvertraut. Dann appelliert der Initiator des magischen Rituals an den Geist des Toten, bei dem der Bindezauber abgelegt wurde, er möge aufwachen und die Frau, von der er den Zauberstoff hat, herbeiführen. Sie solle nicht trinken, nicht essen, nicht lieben, nicht schlafen können. »… und laß die NN an keinem anderen Mann zur Lust sich versuchen, auch nicht an ihrem ei- genen, außer an mir allein, dem NN, nein, ziehe die NN an den Haaren, an den Eingeweiden,… bis sie kommt zu mir, dem NN, … bind auf die ganze Zeit meines Lebens und zwinge die NN, untertan zu sein, mir dem NN, … Wenn du mir das erfüllst, werd ich dir sofort Ruhe gönnen. 333 … Führ herbei, binde die NN, daß sie liebe, ersehne, begehre den NN …« 334

Z. 410-434. Auf der Rückseite des Täfelchens sind der IAEO-Logos in herzförmiger Anordnung und diverse Charakteres einzutragen.

Z. 435-466. In einem hexametrischen Schlussgebet soll sich der Zaubernde schließlich in Rich- tung Sonnenuntergang an Helios wenden, während er Zauberstoff vom Grab des zuvor angeru- fenen Toten in Händen hält: Der mit Horos identifizierte Sonnengott möge bei seinem nächtli- chen Gang durch die Unterwelt dem Geist dieses Toten befehlen, zu mitternächtlicher Stunde zur NN gehen, um alles, was der Zaubernde wünscht, auszuführen.

Das Ritual soll augenscheinlich bewirken, dass eine Frau, die die Gefühle des Initiators des Zau bers nicht oder nicht entsprechend erwidert, allenfalls sogar verheiratet ist, durch magische Mit- tel gezwungen wird, zu ihm zu kommen und ihn so zu lieben, wie er es wünscht. Das Defixions rezept vereint somit Elemente des Trennungs-, Herbeiführungs- und Bindezaubers.

Anweisungen der Zauberpapyri werden üblicherweise mit Ausdrücken wie »nimm«, »mache«, »sage« eingeleitet, weshalb in der modernen Wissenschaft diesbezüglich gerne von ›Rezepten‹ beziehungsweise ›Rezeptsammlungen‹ die Rede ist. Doch trotz einer bunten Fülle an Rezepten in den Formelsammlungen der magischen Papyri lassen sich im archäologischen Fundmaterial relativ selten praktische Anwendungen der empfohlenen Maßnahmen registrieren.

Bemerkenswerterweise liegen aber gerade im Falle des komplizierten Liebeszaubers PGM IV 296-466 mehrere Beispiele vor, welche die Instruktionen zumindest streckenweise umsetzen. Der in den Zeilen 296-328 beschriebenen praxis der Zauberhandlung entspricht weitgehend ei- ne weibliche Tonstatuette aus Antinoupolis (Kat.79), während die Inschrift eines mit ihr gemein- sam gefundenen Bleitäfelchens ziemlich genau dem in den Zeilen 335-384 angegebenen logos folgt (beide Funde: Musée du Louvre). Anklänge an den logos zeigen sich auch bei einem Fundkomplex aus Oxyrhynchos (Kat.80) be- stehend aus zwei beschrifteten Metalltäfelchen und einem kleinen beschrifteten Tontopf, in dem sie verwahrt waren (Sammlungen der Universität Köln). Weitere inhaltlich verwandte Bleitäfelchen finden sich im Museum von Kairo (aus Hawara im Fayum stammend) und in den Sammlungen der Universität von Michigan.335 Nachstehend sollen die Funde von Antinoupolis und Oxyrhynchos näher betrachtet werden.

In den frühen 70er Jahren des 20. Jhs. wurde in der Gegend von Antinoupolis ein aufsehenerre-

333 PGM IV 374-384. 334 PGM IV 395-396. 335 vgl. Wortmann 1968, 58; Gager 1992, 94 Nr. 27; Brashear 1995, 3417. 82

gender Fund gemacht, der heute den Sammlungen des Louvre angehört. Die Datierung wird un- terschiedlich beurteilet, divergierend vom 2. bis zum 4. Jh. n. Chr. 336

(Kat. 79) Weibliche Tonfigur und Bleitäfelchen aus Antinoupolis, Paris

Vermutlich auf dem Gebiet eines einstigen Friedhofs wurde ein Tongefäß entdeckt, das eine 9 cm große kniende weibliche Statuette aus ungebranntem Ton, mit hinter den Rücken gefessel- ten Händen, in der 13 Bronzenägel steckten, enthielt. Um die Figur war noch ein beschriftetes 11 x 11 cm großes Bleitäfelchen gewickelt. 337

(Kat. 79a) weibliche Tonfigur: mit Parallelen zu PGM IV 296-328 (Kat. 79b)* Bleitäfelchen: entsprechend PGM IV 335-384

Der Fund ist, wie erwähnt, von besonderer Bedeutung, da die Ausführung der Puppe und der Text des Täfelchens annähernd mit den Anweisungen des ›Wunderbaren Liebeszwangs‹ im gro ßen magischen Manual der Pariser Nationalbibliothek übereinstimmen. Abweichend von der Anweisung in PGM IV wurde keine Aresfigur gefunden. Das Aussehen der kleinen weiblichen Puppe entspricht hingegen sehr genau den Zeilen 296-328 dieses Papyrus. Allerdings gibt es keine Anzeichen, dass die Figur mit magischen Worten beschriftet war, auch die Anordnung der Nägel entspricht nicht exakt der Vorschrift.

Das Bleitäfelchen weist eine Inschrift von achtundzwanzig Zeilen auf, die weitgehend den An- gaben von PGM IV 335-384 folgt. Der individuellen Situation entsprechend, sind nun die Na- men der in den Zauber involvierten Personen in den Text eingefügt: als Auftraggeber des Zau- bers Sarapammon, Sohn von Area, und als begehrtes weibliches Wesen Ptolemais, Tochter von Aias und Origenes. Auffallend ist die namentliche Erwähnung des unzeitig Verstorbenen, in dessen Grab Statuette und Täfelchen vergraben wurden, eines gewissen Antinoos – was zu wis- senschaftlichen Spekulationen über mögliche Zusammenhänge mit Kaiser Hadrians im Nil er- trunkenem jungen Freund Anlass gab.338

Im Binden und Durchbohren der weiblichen Statuette sieht F. Graf einen rituellen Akt des Zau- bernden mit der Absicht, sich die geliebte Frau erotisch hörig zu machen, völlig zu unterwerfen und ein Leben lang an sich zu fesseln.339

Aus Oxyrhynchos stammt der nächste bekannte Fundkomplex, der in Hinblick auf den ›Wun- derbaren Liebeszwang‹ von PGM IV von Relevanz ist. Er wird in der Papyrussammlung des Instituts für Altertumskunde der Universität Köln verwahrt, seine Datierung lautet 3. oder 4. Jh. n. Chr.

336 Ogden: 2.-3. Jh. n. Chr.; Gager: 3. oder 4. Jh. n. Chr.; Faraone: vermutlich 4. Jh. n. Chr. 337 vgl. Gager 1992, 97 Nr. 28. 338 vgl. Brashear 1995, 3416 m. Anm. 151. – Die zeitliche Unstimmigkeit zwischen den Datierungen des PGM IV- Rezepts (4. Jh. n. Chr.) und des archäologischen Fundes von Antinoupolis (2. bis 4. Jh. n. Chr.) lässt auf eine zur Zeit der Deponierung von Statuette und Täfelchen bereits langwährende Tradition des ›Verfahrens‹ schließen. 339 Graf 1996, 127. 83

(Kat. 80) Zwei Bleitäfelchen und ein kleiner Tontopf aus Oxyrhynchos, Köln

Es handelt sich um eine zusammengehörende Gruppe, bestehend aus zwei opisthographen Bleitäfelchen mit fast gleichlautenden eingravierten Texten und einem kleinen, aus vielen Frag- menten teilweise rekonstruierten Tontopf, der, offenbar von der selben Hand, mit Tinte beschrif tet wurde.340 Die Inschriften der drei Fundstücke weisen streckenweise starke Parallelen zu dem in PGM IV 335-384 angegebenen logos auf.

(Kat. 80a) Tafel 1 (15 x 9,5 cm) folgt PGM IV 335-369 relativ genau (Kat. 80b) Tafel 2 (15 x 6 cm) folgt PGM IV 335-384 stark komprimiert (ohne ZW) (Kat. 80c) frgt. Tongefäß (H 10,5 cm, Dm 11 cm) bietet eine Kurzform des Zaubers.

Alle drei Texte beginnen mit einer Einleitungsformel, die sich an jenen Toten wendet, bei dem offenbar Haare der begehrten Frau als Zauberstoff vergraben waren: Matrona, die Tochter der Tagene, von der du die Usia hast, soll Theodor, den Sohn der Techo- sis, lieben die ganze Zeit ihres Lebens, jetzt, jetzt, schnell, schnell.

Auf Tafel 1 und 2 folgt darauf eine an die Götter der Unterwelt gerichtete Beschwörung, den Toten aus ihrer Macht zu entlassen, und eine Aufforderung an diesen Toten, zu erwachen und zu einer gewissen Matrona zu gehen, um sie herbeizuholen: 341 Und mach dich auf an jeden Ort und in jedes Häuserviertel und in jedes Haus und in jede Knei- pe (καπηλειον) 342. Und führe, binde Matrona, die Tochter der Tagene, von der du diese Usia hast – die Haare ihres Kopfes – damit man nicht mit ihr von vorne oder von hinten hure, noch sie aus Lust mit einem anderen Liebesspiel betreibe, noch mit einem anderen Mann zusammen schlafe, nur mit Theodor, dem Sohn der Techosis. Auf daß Matrona ohne Theodor nicht stark und gesund sein und des Nachts keinen Schlaf finden kann. Nicht bleibe Matrona, die Tochter der Tagene von der die Haare ihres Kopfes sind, ohne Theodor, den Sohn der Techosis.343

Darauf folgt eine eindringliche Beschwörung des angerufenen Toten beim Namen des furcht- baren Gottes Adonai-Abrasax-Iao.

Auf Tafel 1 schließt nun eine längere Epiklese an Artemis-Hekate-Persephone-Ereschigal an, die das Mädchen mit ihren Liebespfeilen treffen soll, sowie ein neuerlicher Appell an den To- ten, Matrona sofort herbeizuschaffen.

Tafel 2, deren Inhalt ein längeres Stück mit PGM IV konform geht, weist weniger Zauberworte auf, auch fehlt die Anrufung an Artemis-Hekate. Gegen Ende des Textes steht dafür eine zwei- te, eingehende Beschwörung des Toten: … geh hin zu ihr und entziehe ihr den Schlaf, den Trank, die Speise und laß Matrona, die Toch- ter der Tagene, von der du die Usia hast, keines anderen Mannes Liebe und Umarmung haben, nur die des Theodor, des Sohnes der Techosis. Zerr Matrona an den Haaren, den Eingeweiden, der Seele, dem Herzen, bis sie zu Theodor kommt, und mach sie unzertrennbar bis zum Tod bei Tag und Nacht auf alle Zeit in Ewigkeit. Jetzt, jetzt, schnell, schnell.344

340 vgl. Wortmann 1968, 56-84 Abb. 1-6. 341 Griechischer Text: Tafel 1: Wortmann 1968, 60. 62. 64; Tafel 2: Wortmann 1968, 64. 66. Deutsche Überset- zung und vergleichender Kommentar zu Tafel 1 und 2: Wortmann 1968, 68-80. 342 Wortmann 1968, 84 äußert zur Erwähnung eines καπηλειον die Vermutung, dass Matrona »vielleicht von zwei- felhaftem Ruf« gewesen sei, oder der Verfasser allen denkbaren Situationen gerecht zu werden strebte. 343 Deutsch: Wortmann 1968, 71. 344 Deutsch: Wortmann 1968, 75. 84

Die dritte Version des Zaubers ließ Theodor in Kurzfassung auf einem kleinen Tontopf anbrin- gen, der möglicherweise zugleich als Opfergefäß diente. Der Text ist auf dem Topf mit Tinte spiralförmig umlaufend eingetragen, endend unter dem Fuß des Gefäßes. Neu in der Beschwö- rung des Toten ist darin der mythische Vergleich der erhofften Liebe der Matrona mit der von Isis für Osiris, dem Vorbild für jede irdische Liebe.345

Das jüngste Beispiel der hier behandelten anthropomorph gestalteten erotischen Defixionen bil- det ein Wachsfigurenpaar, das man, eingewickelt in einen Zauberpapyrus, nördlich von Assiut geborgen hat. Anhand von Merkmalen der Schrift wird der Fund dem 5. Jh. n. Chr. zugewiesen. Er ist ebenfalls Bestandteil der Papyrussammlung des Institutes für Altertumskunde der Univer- sität Köln. 346

(Kat. 81) Wachsfigurenpaar und Zauberpapyrus aus Assiut, Köln

Der magische Papyrus samt Figuren wurde nebst einem weiteren, unbeschrifteten Papyrus in einem zerstörten Tonkrug aufgefunden, dessen Öffnung mit Kalk verschlossen war. Wie aus dem Papyrustext hervorgeht, muss das Gefäß einst auf einem Friedhof vergraben worden sein.

(Kat. 81a) Wachsfigurenpaar (Kat. 81b.c) Zauberpapyrus

Der Zaubertext ist auf dem Verso eines 55 x 22,5 cm messenden Papyrus eingetragen. Beim Öffnen der langen Rolle, die dreimal geknickt war, kamen im Inneren eine weibliche und eine männliche Wachsfigur in enger Umarmung, etwa 7 cm hoch, zu Tage. Die weibliche Gestalt ist in zarteren Proportionen und aus hellerem Wachs gearbeitet. In Anspielung an den Wunderbaren Liebeszwang in PGM IV meint D. Wortmann, im vorlie- genden Fall habe der Initiator des Zaubers nicht mehr die Puppe, welche die Geliebte symboli- siert, stellvertretend mit Liebe durchbohrt, sondern gleich das Ziel seiner Wünsche dargestellt, indem er zwei Wachspuppen in Liebesumarmung bildete. So wie die Puppen einander, so soll- te nach dem Prinzip des Analogiezaubers die herbeigeeilte Geliebte ihn umarmen.

Im beigefügten magischen Papyrus 347 wird eine Reihe von Instanzen mehrfach beschworen, die Geliebte zu suchen und herbeizubringen. Gleich zu Beginn soll die Geliebte mit unlösbaren Fesseln der Moira und der Ananke gebunden werden (δεσμευω σε δεσμοις αλυτοις), darauf folgt die erste Beschwörung der Toten in und um den Friedhof: Z. 1-9 … Ich beschwöre euch bei dem unbesiegbaren Gott (ZW). Wacht auf ihr Totengeister, die ihr hier ruht, und sucht Euphemia, die Tochter der Dorothea, für Theon, den Sohn der Pro- echia. Die ganze Nacht soll sie keinen Schlaf finden, sondern führt sie, bis sie vor seine Füße kommt und ihn liebt in wahnsinniger Liebe, Verlangen und Brunst. Denn ich habe ihr Hirn, ihre Hände, ihre Eingeweide, ihre Natur und ihr Herz gebunden, damit sie mich, Theon, liebe.

Falls sie nicht gehorchen, wird den Toten mit Verbrennen gedroht, andererseits bei Wohlverhal- ten Wasser des Osiris in Aussicht gestellt. Der unbesiegbare Gott Iao 348 Adonai 349, sowie

345 Griechischer Text: bei Wortmann 1968, 83 f.; deutsche Übersetzung und Kommentar: Wortmann 1968, 84. 346 vgl. Wortmann 1968, 85-102 Abb. 7-11. 347 Griech.Text: vgl. Wortmann 1968, 88-90; deutsche Übersetzung und Kommentar: Wortmann 1968, 90-102. 348 Der in magischen Texten häufig erwähnte Name IAW leitet sich aus dem Tetragramm YHWH, dem heiligen 85

Hekate und Hermes-Psychopompos werden ebenso angerufen wie die 24 Götter des Alphabets.

In der vierten Beschwörung der Totengeister heißt es: Z. 33-37. Denn ich beschwöre euch bei der mächtigen Ananke (ZW), damit ihr mir Euphemia bindet, mir Theon, in Liebe, Verlangen und Sehnsucht für die Zeit von zehn Monaten von heute an, welches der 25. Hathyr des 2. Jahres der Indiktion ist.

Die abschließende fünfte Beschwörung fasst nochmals zusammen: Z. 38-52 … Packt Euphemia und führt sie zu mir, Theon, damit sie mich liebt in irrsinniger Lie- be, und bindet sie mit unlösbaren, starken, stählernen Fesseln in Liebe zu mir, Theon, und laßt sie nicht essen, nicht trinken, nicht Schlaf finden, nicht scherzen, nicht lachen, sondern laßt sie fortlaufen von jedem Ort und aus jedem Haus und Vater, Mutter, Brüder, Schwestern verlassen, bis sie zu mir, Theon, kommt, mich küßt und liebt, mich Theon, in unaufhörlichem Verlangen und in wahnsinniger Liebe. Wenn sie aber einen anderen an sich drückt, so soll sie jenen ver- stoßen und vergessen und hassen, mich aber soll sie küssen und lieben und nach mir verlangen und sich mir schenken und nichts gegen meinen Willen tun.

Und am Ende werden nochmals die göttlichen Mächte angerufen: Z. 52-53. Ihr, diese heiligen Namen und diese Mächte, bekräftigt es und führt die Beschwörung vollständig aus; jetzt, jetzt, schnell, schnell.

Theon, der Sohn von Proechia, möchte also, dass Euphemia, Tochter von Dorothea, in Liebe und Leidenschaft für eine Periode von 10 Monaten zu ihm kommt. Der Passus könnte auf die Bestätigung einer Ehe durch Schwangerschaft Bezug nehmen, da zehn Monate als normale Schwangerschaftsdauer angesehen wurden,350 oder auf die Institution der Probeehe, die für Ägypten während der Römerzeit belegt ist, allerdings im Allgemeinen nur 5 Monate dauerte. 351 D. Wortmann bringt in Zusammenhang mit dem 25. Hathyr (= 21. November des alexandrini- schen Jahres) eine weitere Möglichkeit ins Spiel: Da das Datum in eine Festperiode fiel, bei der das Wiedererwachen von Gott Osiris gefeiert wurde, mag Theon die Euphemia bei dem allge- meinen Freudenfest kennengelernt haben und, »Da er nicht sofort ans Ziel seiner Wünsche ge- langt zu sein scheint, versucht er, sie mit einem Zauber zu binden.« 352

Der Gruppe der Agoge-Zauber lässt sich eine weitere Defixion aus Nordafrika, nun aus der rö- mischen Nekropole von Hadramaut, hinzufügen.

(Kat. 82)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Hadrumetum

Die nach allen Seiten 25 cm messende Bleilammelle war bei ihrer Auffindung zusammengerollt und wies mehrere Löcher auf, die vermutlich von einem Nagel stammen. Die auf das 3. Jh. n. Chr. zurückgehende Tafel trägt einen 47 Zeilen umfassenden griechischen Text, der mit Aus- nahme zweier lateinisch buchstabierter Zeilen in griechischer Schrift wiedergegeben ist. 353

unaussprechlichen Namen Gottes in der hebräischen Bibel ab; vgl. Gager 1992, 268 s. v. IAO. 349 ΑΔWΝΑΙ kann als Epitheton oder Ersatz des Tetragramms aufscheinen. vgl. Michel 2004, 481 s. v. Adonai. 350 Winkler 1991, 243 Anm. 108. 351 Gager 1992, 105 Anm. 83. 352 Wortmann 1968, 100. 353 Originaltext und emendierte Transliteration der Defixion: Audollent 1904, 373-377 Nr. 271 [ = DT 271 ]; vgl. Gager 1992, 112-115 Nr. 36. 86

Gleich zu Beginn richtet sich, lateinisch geschrieben, die Beschwörung an den Geist des Toten im Friedhof, der den Zauber ausführen soll: Horcizo se daemonion pneumn to enthade cimenon (= Ορκίζω σε δαιμόνιον πνευμ[α] το ενθάδε κ(ε)ίμενον) und an dessen ›übergeordnete Instanz‹, den Gott Israels, nun in griechischer Schrift: τον θεον του Αβραα[μ] και τον Ιαω τον του Ιακου, Ιαω Αωθ Αβαωθ, θεον του Ισραμα 354.

Der zweite lateinisch geschriebene Satz in Z. 4-5 nennt das Opfer der Defixion, einen gewissen Urbanos, Sohn von Urbana, den der Geist aufzusuchen hat: cae apelthe pros ton Orbanon hon ethecn Urbana (= και απέλθε προς τον Ο[υ]ρβανον ον έθεκ[ε]ν Ουρβανά ).

Die anschließende Passage, griechisch in Text und Schrift, enthält Zitate und Anrufungen aus den Heiligen Schriften der Juden 355 und dazwischen fünfmal den eigentlichen Liebeswunsch. Der Schluss (Z. 38-47) lautet: (Ich beschwöre dich)…Aoth, Abaoth, den Gott von Abraham und Iao, von Jakob, Iao Aoth, Abaoth, Gott von Israel, bringe Urbanos, welchen Urbana gebar, verbinde ihn mit Domitiana, welche Kandida gebar, in rasender Liebe, gequält von Liebe, Leidenschaft und Verlangen ge- genüber Domitiana, welche Kandida gebar; verbinde sie durch Ehe und als Gatten in Liebe solange sie leben. Mache ihn gleichsam zu einem ihr in Liebe ergebenen Sklaven (ως δουλον αυτη ερωντα), der keine andere Frau noch ein anderes Mädchen begehrt, sondern einzig Do- mitiana, welche Kandida gebar, als Gattin zur Seite hat, solange sie leben, (σύμβιον έχειν όλω τω της ζωης αυτω[ν χρόνω]). Jetzt, jetzt! Schnell, schnell! 356

In diesem Zaubertext liegt unmissverständlich der dringliche Wunsch einer Frau nach einer dau erhaften ehelichen Beziehung in ›ewiger Liebe‹ und Treue vor. Möglicherweise waren Domitia- na, die Urheberin des Liebesbanns, und auch Urbanos, ihr ›Opfer‹, Sklaven oder Freigelassene, wie einige Autoren aus den Namen der beiden und dem häufigen Gebrauch des Ausdrucks σύμβιος schlossen. 357

Aus Hermoupolis stammt eine erotische Defixion, die nun eindeutig von einer Frau an eine an- dere Frau gerichtet ist und einen eigenwilligen Zauberwunsch äußert.

(Kat. 83)* Bleitäfelchen aus Hermoupolis, Florenz

Es handelt sich um eine ca. 20 x 18 cm große, beidseitig beschriftete Bleilamelle, die paläogra- phisch dem 3. - 4. Jh. n. Chr. zugeordnet wird. 358 Die 63 Zeilen umfassende Beschwörung ist an den ›Herrn und König der Chthonischen Götter‹ gerichtet, er möge den gewünschten Zauber durch einen bestimmten Nekydaimon (vermutlich den Geist des Toten, bei dem das Täfelchen vergraben wurde) zur Ausführung bringen.

354 Ισραμα.= Ισραηλ.. 355 vgl. Gager 1992, 112-115 Nr. 36. 356 Deutsch (Verf.): etwas abgeändert nach der englischen Übersetzung von Gager 1992, 115. 357 vgl. Audollent 1904, 376. – Wegen der zahlreichen Passagen aus dem Alten Testament wurde auch angenom- men, dass Domitiana oder der Verfasser des Zaubers Juden waren. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die ursprünglich jüdischen Ausdrücke des Zaubers im 3. Jh. n. Chr., als dieser aus einem Handbuch kopiert wurde, längst zum üblichen Repertoire der professionellen Magier gehörten, vgl. Gager 1992, 112. 358 Jordan 1985, 188 Nr. 151 87

Abwechselnd mit langen Passagen bekannter Zauberworte deponiert Sophia viermal, leicht va- riierend, ihren Liebeswunsch: Z. 11-19: Durch diesen Totendämon entflamme das Herz, die Leber, den Geist von Gorgonia, Tochter von Nilogenia, zu Sophia, Tochter von Isara. Zwinge Gorgonia, Tochter von Nilogenia, dass sie für Sophia, Tochter von Isara, in das Badehaus stürzt; und du [Totendämon] werde ei- ne Badewärterin. Entzünde, entflamme, betöre Seele, Herz, Leber, Geist [von Gorgonia] mit Liebe zu Sophia, Tochter von Isara. Treibe an Gorgonia, Tochter von Nilogenia, treibe sie an, quäle sie bei Nacht und Tag, zwinge sie, wegzueilen von jedem Ort und jedem Haus, in Liebe zu Sophia, Tochter von Isara, ihr ergeben wie eine Sklavin, indem sie sich selbst und all ihre Habe ausliefert (εκδότην αυτην ως δούλην εαυτην αυτη παρέχουσαν και τα εαυτης κτήματα πάντα), denn das wünscht und befiehlt der große Gott (ZW).359

In Z. 50-52 bekräftigt Sophia, Gorgonia solle in das Badehaus eilen und sie lieben mit Leiden- schaft, Verlangen und nicht endender Liebe (φιλησε αυτην φίλτρον, πόθον, έρωτι ακαταπαύστω).

In Zusammenhang mit der etwas seltsam anmutenden Forderung, dass ein Dämon die Begehrte in ein Badehaus (βαλανιον) bringen und dort in Gestalt einer Badewärterin (βαλάνισσα) nicht nur mit heißem Wasser sondern auch mit heißer Liebe zu Sophia aufheizen möge, verweisen Daniel – Maltomini auf die mehrmalige Erwähnung der Hitze von Badeanstalten in Analo- giezaubern der magischen Payri. Außerdem habe man die Vorstellung gehabt, diese Orte seien von Geistern besucht, weshalb man dort gerne verschiedene Arten von Magie praktizierte. 360 Bemerkenswert ist auch der Wunsch Sophias, die Geliebte möge ihr nicht nur mit Leib und See le, sondern mit ihrem ganzen Besitz angehören !

Anschließend noch eine Agoge-Defixion auf einem Papyruszettel, durch welche ein Mann na- mens Serapiakos das Herz eines gewissen Amonios gewinnen will.

(Kat. 84)* Papyrus-Defixion PGM XXXII a, Oxford

Der Papyrus, 9,5 x 17,8 cm, stammt aus Hawara, wo er mit einer Tonfigur zu einem Bündel ver packt aufgefunden wurde. Die schlechte Kursive deutet auf eine Anfertigung im 2. oder 3. Jh. n. Chr. hin.

Serapiakos’ Zauberspruch ist vergleichsweise kurz und bündig:

Wie Gegner ist des Sonnengotts, … (so heftig) brenne Seele und Herz des Amonios, den Helene gebar, (zur Leidenschaft) für Serapiakos, Sohn der Threpte, gleich, gleich, schnell, schnell; in dieser Stunde und an diesem Tag, von Stund an vermenge die Seelen beider und mach ihn, Amonios, Sohn der Helene, selbst zu Serapiskos, Sohn der Threpte, für jede Stunde und jeden Tag und jede Nacht; darum, Adonai, höchster Gott, der den wahrhaftigen Namen hat, führ es durch, Adonai ! 361

359 Griechischer Text und englische Übersetzung: Daniel – Maltomini 1990, 132-139; Deutsch: Verf. 360 Daniel – Maltomini 1990, 132 f. 361 Griechischer Text und deutsche Übersetzung: Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXII a [= PGM XXXII a] 88

III. 2. 1. 3. Bindungszauber

Zauber dieses Bereichs zählen zu den klassischen Liebesdefixionen, mittels welcher das Opfer zerrüttet, zugleich immobilisiert, und letzten Endes psychisch wie physisch an den Betreiber des Zauberbanns gebunden werden soll – oft unter Zuhilferufen besonders effizient erachteter Mächte wie Hermes Katochos oder diverser, mit ihren magischen Namen angegebener Ge- walten.

In einigen Fällen können Fluchtäfelchen auch anthropomorphe Formen annehmen, wie eine flache Bleifigur aus Karystos auf der Insel Euböa belegt. Die in der englischsprachigen Lite- ratur generell ›Gingerbread Man‹ genannte Defixion befindet sich heute im Cabinet des Mé- dailles in Paris. Die gängige Datierung lautet 4. Jh. v. Chr.

(Kat. 85) ›Gingerbread Man‹ aus Karystos, Paris

An der Figur, die 9 x 5 cm misst und ca. 5 mm dick ist, lassen sich keine Geschlechtsmerkma- le erkennen. Arme und Beine bestehen nur aus Stümpfen. Beide Seiten sind mit griechischen Texten in sehr kleinen, ca. 3 mm hohen Buchstaben versehen. 362

Während die Inschrift der Seite B nur aus schwach eingeritzten Buchstaben besteht, lassen sich auf Seite A zwei kurze Texte entziffern: Der eine beginnt am rechten Arm und bedeckt den Oberteil, der andere, im rechten Winkel dazu, beginnt am linken Bein und zieht sich über die untere Körperhälfte.

Seite A 1. 363 καταγράφω Εισιάδα την Ich schreibe Isias, die Tochter von Α<υ>τοκλέας προς τον Autoklea ein bei Ερμη τον κά- Hermes, der τοχον. κά- festhält: τεχε αυτ- halte sie η<ν> παρα σα bei <υ>τόν dir fest.

2. καταδεσμεύω Ich fessle Εισιάδα Isias hinab προς τον Ερ- zu Hermes, μη τον κά- der τοχον. festhält – [χ]ερες , die Hände, πόδες Εισιάδος , σ- die Füße der Isias, ωμα ihren όλον ganzen Körper.

In beiden Texten wird Hermes in seiner Funktion als ›Festhaltender‹ beschworen – einmal durch ›Einschreiben‹, dann durch ›Hinabfesseln‹ einer Frau namens Isias. Es folgen keine wei- teren Angaben, aber man weiß, dass in der Hoffnung, Gerichtsverfahren oder Liebesangelegen- heiten günstig beeinflussen zu können, häufig von Zauberfiguren Gebrauch gemacht wurde. In einem solchen Fall könnte die Bleifigur aus Karystos zugleich auch das Ziel der Defixion, d. h.

362 Gager 1992, 86f. Nr. 19. 363 Wiedergabe des griechischen Textes: Faraone 1991, 3; vgl. Eidinow 2007, 421 f.; Deutsch: Graf 1996, 114. 89

Isias selbst, symbolisiert haben.364

Das folgende Bleitäfelchen stammt aus Karthago, man entdeckte es in einer Grabsäule kaiserli- cher Offizialen:

(Kat. 86)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Karthago

Die 6,8 x 5 cm messende Defixion trägt eine kurze lateinische Inschrift, an drei Seiten gerahmt von griechischen Buchstaben und Charakteres.365

Text laut Audollent: 366 emendiert deutsch durch Audollent: (Verf.): α π η ι η ν ι α ρ α φ α uratur σ Uratur Glühen soll ρ Sucesa Suc(c)es(s)a; Successa; α aduratur α aduratur sie soll brennen κ amo vet Ch amo[re] et aus Liebe und σ desideri Ch desideri(o) Verlangen ε Sucesi Ch Suc(c)es(s)i nach Successus . . . i + tutt φ . . .

Audollent fasst den Zauberspruch folgendermaßen zusammen: »Successam defigit Successus ut ab ea ametur.«

Auch das nächste Fluchtäfelchen wurde im römischen Nordafrika entdeckt, es stammt aus Ha- drumetum und geht auf das 2. Jh. n. Chr. zurück.

(Kat. 87)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Hadrumetum

Die Bleilammelle, 19,5 x 11,5 cm messend, wurde in zusammengefalteter Form aufgefunden. Sie trägt einen lateinischen Text, der mit griechischen Buchstaben geschrieben ist. 367

Die ersten 13 der 27 Zeilen lauten in Audollents Transliteration in Audollents Wiedergabe: und Emendation:

Αδ[ιουρ]ο επ .. περ μαγνουμ δεουμ ετ Ad[iur]o …. per magnum deum et περ [αν]θέροτας .. ετ περ εουμ κουι αβετ per Anterotas et per eum qui habet αρχεπτορεμ σουπρα χαπουθ ετ περ σε- accipitrem supra caput 368, et per se- πτεμ σθελλας ου<υ>θ εξ κουα ορα ptem stellas, ut, ex qua hora οχ σομπποσουερο νον δορμιαθ Σεξ- hoc composuero 369, non dormiat Sex- τίλλιος Διονισίε φιλιους ουραθουρ tilius, Dionysiae filius, uratur

364 Gager 1992, 86. 365 Audollent 1904, 299 f. Nr. 227 [ = DT 227 ]. 366 Ch = unlesbare Zeichen (Charakteres). 367 Audollent 1904, 370-373 Nr. 270 [ = DT 270 ]. 368 Anmerkung von Audollent 1904, 372: in griechisch-römischerZeit hat der Totengott Osiris gelegentlich einen Falken auf dem Kopf – wie Horus. 369 Anmerkung von Audollent 1904, 372: zu verstehen als: ex qua hora posuero tabellam in sepulcro. 90

φουρενς νον δορμιαθ νεκουε σεδεατ furens, non dormiat neque sedeat νεκουε λοκουατουρ σεδ ιν μεντεμ αβ- neque loquatur, sed in mentem hab- ιατ με Σέπθιμαμ Αμένε φιλια ουρα- eat me Septimam, Amoenae filiam; ura- θτουρ φουρενς αμορε ετ δεσιδεριο tur furens amore et desiderio μεο ανιμα ετ χορ ουραθουρ Σεξτί- meo, anima et cor uratur Sexti- λι Διονισίε φιλιους αμορε ετ δεσιδε- li, Dionysiae filius, amore et deside- ριο μεο Σεπτίμες Αμένε φιλιε….. rio meo Septimes, Amoenae filiae….

Zu Deutsch (Verf.) etwa: Ich beschwöre … durch den großen Gott und durch die Anteroten und durch ihn, der den Falken auf dem Kopf trägt, und durch die sieben Gestirne, dass Sextilius, Sohn der Dionysia, ab der Stunde, da ich das [Täfelchen in einem Grab] deponiere, nicht schla fen soll. In leidenschaftlicher Liebe entflammt, soll er nicht schlafen, nicht sitzen und nicht spre chen können, nur an mich Septima, Tochter der Amoena denken. Er soll in leidenschaftlicher Liebe und Verlangen nach mir entflammen. Geist und Herz von Sextilius, dem Sohn Dionisias, sollen brennen aus Liebe und Verlangen nach mir, der Tochter Amoenas.

Anschließend folgen die Zaubernamen der angerufenen magischen Instanz ABAR BARBARIE ELOE SABAOTH PACHNOUPHY PYTHIPEMI 370 und die Drohung, falls Sextilius nicht in Liebe und Verlangen für Septima entbrenne, würde der Magier, der sich als der große Dekan des gro- ßen Gottes ACHRAMMACHALALA ausgibt, ins Adyton des Osiris hinabsteigen und dessen Mu mie in den Nil schleudern. 371

In dieser Defixion geht es um einen stark von ägyptischer Magie geprägten Liebeszauber, der den sehnsüchtigen Wunsch einer Frau namens Septima ausdrückt, die Leidenschaft des gelieb- ten Mannes auf sich zu lenken.

III. 2. 1. 4. Rachezauber

Bei Defixionen dieser Gruppe stehen von Enttäuschung, Eifersucht und Rache getragene Moti- ve im Vordergrund. Es sind keinerlei Anzeichen eines Wunsches zu erkennen, dass sich die ver wünschte Person doch noch dem Initiator des Zaubers zuwenden möge.

Das folgende Bleitäfelchen lässt sich nicht mit Gewissheit den erotischen Defixionen zuord- nen, wenn, dann am ehesten der Gruppe der Rachezauber. Die vermutlich aus dem 2. Jh. n. Chr. stammende Lamelle wurde im Gebiet des antiken Messana in Sizilien gefunden.

(Kat. 88) Bleitäfelchen aus Messina

Das schmale, beidseitig griechisch beschriftete Täfelchen (2,6 x 16 cm) wurde unter einem 62 cm hohen, aus Steinen aufgeschütteten Tumulus in einem geschlossenen Grab entdeckt, in wel- ches man es einst mittels eines Opferrohres eingeführt hatte. Es lag zwischen Asche und Kno-

370 ΕΛWΕΙΝ leitet sich vom hebräischen elohim = ›Gott‹ ab: vgl. Brashear 1991, 3584 s. v. ελωειν. CABAWΘ betont als Epitheton in magischen Texten die Macht Jahwes (IAW CABAWΘ = die griechische Version des hebräischen ›Herr der Heerscharen‹). – CABAWΘ kann jedoch auch als selbstständiger göttlich-magi- scher Eigenname auftreten, vgl. Michel 2004, 486 s. v. Sabaoth. 371 Dazu bemerkt Audollent 1904, 372 f. unter Berufung auf Maspero: Indem sich der Magier als ein anderer, noch srärkerer Gott ausgibt, versuche sich der Magier die Willfährigkeit der Götter, die die Mumie des Osiris vor Ty- phon beschützen, zu sichern. 91

chenresten inmitten einer Steinkiste, ungefähr unter der Einmündung des Tonrohres. 372 Bei derartigen Opferrohren handelte es sich um eine Praxis, die J.G. Gagers Kommentar zufol- ge, in griechischen Gräbern der römischen Zeit durchaus gebräuchlich war. 373

Der Text der Defixion enthält keinen Namen einer Gottheit, die angerufen wird, keinen Aus- druck des Bindens oder Fluchens, auch keine nähere Angabe des Beweggrundes. Es scheint nur der Name des weiblichen Opfers (im Akkusativ) auf, verbunden mit mehreren Schimpfworten:

Seite A: Βαλερίαν Αρσινόην την σκύζαιν σλωλ[λ]ηκες την αμαρτωλον Αρσινόην κ(αι) μελέαν. Seite B: Βαλερίαν Αρσινόην την αμαρτωλον νόσος, την σκύζαν [[αν]] σηψις. 374

Die von Gager gelieferte Übersetzung von A/B ins Englische lautet: (I bind) Valeria Arsinoe, the bitch, the dung worm, the criminal, and useless Arsinoe (I bind) Valeria Arsinoe, the criminal, sickness, the bitch, putrefaction

Gager gibt dazu noch nähere Erklärungen: 375 Das griechische Wort σκύζα beschreibe einen läufigen Hund, habe sich daher zu einem Schimpf wort auf Frauen entwickelt, wie im Englischen ›bitch‹. Der griechische Ausdruck αμαρτωλος, der in jüdischen und christlichen Texten allgemein ›Sünder‹ bedeutet, meine hier etwa ›wrong- doer‹ Die Ausdrücke νόσος und σηψις sind hier im Nominativ gegeben, weshalb sie nicht als Epitheta von Arsinoe in Frage kämen. Daher wäre eine Auslegung etwa wie ›may sickness and putrefaction lead you away!‹ möglich.

Der Urheber des Fluchs, Mann oder Frau, bediente sich hier einer Formel, die im Stil stark an den speziellen Defixionstyps einer diabole erinnert, bei welcher durch Beschimpfungen, die das Opfer übler Taten gegenüber einer Gottheit bezichtigen, göttlicher Zorn auf dieses heraufbe- schworen werden sollte. 376

Eindeutig von Rache motiviert ist die letzte der hier angeführten Defixionen, welche in mehrfa- cher Hinsicht aus dem Schema der bisher erwähnten Liebeszauber herausfällt. Es handelt sich um ein beidseitig lateinisch beschriftetes Bleitäfelchen, das 1999 im antiken Abbruchschutt ei- nes römischen Hauses des zur Castra von Mogontiacum gehörigen Vicus gefunden wurde.

(Kat. 89) Latein. Bleitäfelchen aus dem Gebiet von Mogontiacum

Die Lamelle mit den Dimensionen 3,5 x 13,5 x 0,1 cm war bei ihrer Auffindung fünffach zu- sammengefaltet. Beifunde und paläographische Indizien lassen auf eine Deponierung zwischen dem späten 1. und frühen 2. Jh. n. Chr. schließen.377

Seite A (Vorder- bzw. Innenseite): 378

372 vgl. Orsi 1916, 167 s. v. Sep. 48. 373 Gager 1992, 214 f. Nr. 116. 374 Griechischer Text: Jordan 1985, 178 Nr. 114 = [ SGD 114 ]. 375 Gager 1992, 214 f. Anm. 39-41. 376 Versnel 1991, 64. 377 Scholz – Kropp 2004, 33. 378 Lateinischer Text (wiedergegeben in Majuskeln) und deutsche Übersetzung: Scholz – Kropp 2004, 34 f. 92

Deum . maxsime[sic!] Atthis [sic!]Tyranne Größter aller Götter, Atthis, Herr, totumque duodeca theum, comme- Gesamtheit der zwölf Götter (des Pantheons)! Ich ndo deabus iniurium fas ut me vindic- überantworte den Göttinnen mein ungerechtes Schicksal, auf daß ihr mich (e)tis a Priscil(l)a Caranti (filia) quae an Priscilla, Tochter des Carantus, rächt, nuberi [sic!] er(r)a- die den großen Fehler beging, zu heiraten. vit. Pe[r] matrem deum vestrae {ut}, Bei Eurer Großen Göttermutter, [v]indicate sacra pater[na oder -ni]. rächt die altererbten Geheimnisse (oder: die Geheimnisse des Paternus). P[ri]scil(l)[a] Priscilla pere[at] soll zugrunde gehen!

Seite B (Rück- bzw. Außenseite): Per matrem deum intra dies C(?) cito, Bei der Großen Göttermutter, vindicate numen vestrum magnum rächt Eure große Göttlichkeit bald, innerhalb von hundert(?) Tagen, a Priscilla quae detegit sacra, Pris- an Priscilla, die meine Geheimnisse verrät! Pris- cillam (n)usqu(a)m, nullam numero, nu(p)- cilla erachte ich als absolut null und nichtig. sit gentem tremente Priscilla Sie hat einen Nichtsnutz(?) geheiratet, weil Priscilla (ebenso) geil quam wie er(r)ante irre ist.

Augenscheinlich sollte hier einer gewissen Priscilla der Tod gewünscht werden, da sie einen anderen Mann als den Initiator der Defixion geheiratet hat. Nach einer möglichen Lesart gibt sich der eifersüchtige Verfasser sogar unter dem Namen Paternus zu erkennen. Abweichend von üblichen Defixionen werden im Text nicht Götter der Unterwelt angerufen, sondern der deus maximus genannte, und damit Jupiter gleichgesetzte Attis, die ›Zwölfgötter‹ und die ›Große Göttermutter‹. Als weitere Besonderheit ist das Opfer mit seinem Patronymikon ange- führt. 379

Nach Ansicht von M. Scholz und A. Kropp ließe sich die Anrufung des Attis am Beginn des Rachegebets »möglicherweise aus dem zugehörigen Mythos erklären, gemäß dem der phrygi- sche Vegetationsgott von seiner Geliebten Kybele gleichermaßen getäuscht und hintergangen wurde«. 380

379 Es handelt sich bei dieser Defixion um eine seltenere Spielart erotischen Zaubers, in Gestalt eines ›Rachege- bets‹, das formal den vor allem im römischen Britannien häufigen ›Gebeten um Gerechtigkeit‹ ähnlich ist: Der Verfasser überantwortet ein ihm zugefügtes Unrecht den Göttern, um sie zu veranlassen, den Täter zu verfolgen und zu bestrafen. 380 Scholz – Kropp 2004, 37 f.; Kybele = Magna Mater. 93

III. 2. 2. Amulette: Lamellen - Papyri - Gemmen

Wie das gewaltige Corpus der Defixionen zeigt, war es in griechisch-römischer Zeit durchaus üblich, in ausweglos scheinenden Situationen den Beistand von chthonischen Gottheiten und Dämonen anzurufen, in der festen Hoffnung, auf diese Weise Macht über andere Menschen zu gewinnen und sie den eigenen Absichten gemäß lenken zu können.

Angesichts dieser Praxis konnte niemand sicher sein, nicht selbst unter dem Bann eines Zau- bers zu stehen. Dazu kamen Ängste vor Katastrophen, Kriegen, Gefahren, Krankheiten, wirt- schaftlichen Nöten, sozialen Problemen etc. Es nimmt daher nicht wunder, dass man versuchte, sich gegen diverses Unheil abzusichern und darüber hinaus trachtete, Wohlstand und persön- liches Glück zu erwirken. Als geeignetste Strategie empfahl sich dafür – wie zu allen Zeiten in vielen Kulturen üblich – die Beschaffung eines passenden Amuletts.

C. Bonner gibt in der Einleitung zu seinen 1950 erschienen, noch immer viel zitierten ›Studies in Magical Amulets. Chiefly Graeco-Egyptian‹ eine Definition, die die Bandbreite des ange- schnittenen Komplexes verdeutlicht: »Im weitesten Sinn des Wortes ist ein Amulett jeder Ge- genstand, der durch Kontakt oder besondere Nähe zur Person, der er gehört, oder zu irgendei- nem Objekt in deren Besitz, eine Wirkung zu deren Wohl ausübt, indem er entweder Übel von ihr und ihrem Besitz abwendet oder sie mit bestimmten Vorteilen ausstattet.« Er fügt noch hinzu: »Der Begriff ›Talisman‹ ist praktisch ein Synonym für ›Amulett‹, obwohl manche Autoren, ohne Bestätigung im allgemeinen Sprachgebrauch, versucht haben, die bei- den Begriffe von einander zu unterscheiden.« 381

Nach der angestrebten Wirkung lässt sich das äußerst inhomogene Feld der Amulette generell in drei große – in der Praxis nicht immer leicht zu differenzierende – Gruppen einteilen: – schützende (prophylaktische und therapeutische): gegen Krankheiten, Dämonen, Defixionen – abwehrende (apotropäische): gegen drohendes Unheil, etwa den bösen Blick – glück- und heilbringende: zum Erlangen von Wohlstand, Ansehen, Schönheit, Anmut, sexu- ellem Erfolg, Freundschaft, Sieg im Kampf.

Die Vielzahl von antiken Ausdrücken spiegelt ein Spektrum verschiedener Verwendungszwe- cke und Anwendungsarten wider:382 Einige der gebräuchlichsten griechischen Ausdrücke lau- ten: φυλακτήριον (Schutzmittel), αποτρόπαιον (Unheilabwehrendes), βασκάνιον, προβασκάνιον (Zaubermittel), τέλεσμα (Geweihtes), περίαμμα, περίαπτον 383 (Umgebundenes). Lateinische Termini sind u. a.: amuletum 384, amolimentum (Unheilabwehrendes), ligatura, li- gamentum, alligatura (Angebundenes), fascinum (Behexung).

Hinsichtlich des verwendeten Materials können im Wesentlichen drei Kategorien erhalten ge- bliebener, durch Inschriften, Zeichen oder charakteristische Darstellungen als Amulette ausge-

381 Bonner 1950, 2 (Deutsch: Verf.). 382 vgl. Liste von griechischen und lateinischen Ausdrücken: Riess 1894, 1984; Eckstein – Waszink 1950, 397; Bendlin 2000, 978. 383 Plutarch berichtet, dass der an Pest erkrankte Perikles ein Amulett (περίαπτον) getragen habe, das ihm Frauen um den Hals gehängt hätten: Plut. Per. 38, 17-19. 384 Plinius zitiert die Aussage von Magiern, wonach sich als Schutz (amuletum) des ganzen Hauses vor bösen Zau- bern die Galle eines männlichen schwarzen Hundes empfehle, wenn man das Haus damit räuchere oder reinige, weiters wenn man das Blut des Hundes über die Wände versprenge oder dessen Geschlechtsteile unter der Tür- schwelle vergrabe: Plin. nat. 30, 82 ; vgl. Riess 1894, 1984. 94

wiesener Belege unterschieden werden: – magische Lamellen: Täfelchen vorwiegend aus edleren Metallen wie Gold, Silber, Bronze – magische Gemmen: Intagli aus Halbedelstein, eventuell Pressstücke aus Glaspaste – magische Papyri.

Die zahlenmäßig größte Gruppe bilden die sog. Amulettgemmen, welche man auf 3500–5000 Exemplare schätzt. Ihre Fundorte und Fundumstände sind größtenteils nicht bekannt. Magische Gemmen stellen eine spezielle Art von Intagli dar, »die durch Stil, Motive, Vorliebe für be- stimmte Steinsorten und Zauberinschriften in griechischer Schrift verbunden sind«,385 die über- wiegend im ägyptischen Alexandria hergestellt worden sein dürften 386 und zur Blütezeit der Gattung im 2. und 3. Jh. n. Chr. im gesamten Römischen Reich in Verwendung standen. Meist sind die Steine beidseitig, oft auch noch am Rand, mit Bildern bzw. Inschriften versehen. Die Darstellungen sind negativ geschnitten, aber nicht wie im Fall von Siegeln für den Abdruck be- stimmt, sondern am Original selbst seitenrichtig zu betrachten. Die erhoffte magische Wirkung dachte man durch gezielte Wahl von Art und Farbe des Steins, der darin eingeschnittenen Moti- ve und Zauberformeln sowie entsprechender Weiherituale herbeiführen zu können.387

In wesentlich geringerer Zahl von mehreren hundert sind magische Lamellen fassbar. Das dür- fte zum Teil an der Fragilität des verwendeten Metalls liegen, zum anderen am materiellen Wert, den Gold- und Silberobjekte zu jeder Zeit darstellten, weshalb manche dieser Amulette vermutlich in späterer Folge wieder eingeschmolzen wurden. Man fand die Lamellen in allen Teilen des Römischen Reichs, sie stammen vorwiegend aus dem 2. – 4./5. Jh. n. Chr., mit der größten Funddichte im 3. und 4. Jh. 388

Amulette in Form beschrifteter Papyruszettel wurden hauptsächlich in Ägypten geborgen. Aller dings überwiegen bei weitem die Funde von Papyri mit Anweisungen zur Herstellung von Phy- lakterien unterschiedlichster Art und Bestimmung aus tierischen, pflanzlichen oder minerali- schen Ingredienzien. Die zum Teil sehr umfangreichen ›Rezeptbücher‹ gehen vorwiegend auf das 3.– 6./7. Jh. n. Chr. zurück, stellen jedoch Kopien von Kompilationen des 1.– 3. Jhs. n. Chr. dar. 389 Die magischen Papyri geben detaillierte Auskunft über Material, geeignete Orte, günstigsten Zeitpunkt, ordnungsgemäße Herstellung und Anwendung von Schutzmitteln. Ausführlich wird auch die notwendige Weihe der Amulette beschrieben. Der Wortlaut der Appelle, durch wel- che man diverse Mächte um Beistand anrief, erinnert stark an die Texte zeitgleicher Defixio- nen: lange Sequenzen von Zauberworten und zahlreiche göttliche Geheimnamen. Dementspre- chend finden sich auf erhalten gebliebenen beschrifteten Amuletten aus Papyrus oder Edelme- tall oftmals mehrere Zeilen von voces mysticae, magische Namen, Charakteres, Zauberfiguren, Palindrome, magische Worte im Schwindeschema etc. Zu den angerufenen Instanzen zählen u. a. Hekate, Helios, Hermes, Isis, Osiris, Sarapis, Iao, Sabaoth, Moses, Michael, Gabriel. Aufgrund des knappen verfügbaren Raums beschränken sich die magischen Gemmen auf kür-

385 Zwierlein-Diehl 1991, 18. 386 vgl. Bonner 1950, 22 f.; Philipp 1986, 147 s. v. Addenda; Zwierlein-Diehl 1991, 18. 387 Bedeutende Sammlungen magischer Gemmen: Britisches Museum: rund 650 Exemplare [publ. Michel 2001 b]; Cabinet des Médailles in Paris: 527 [publ. Delatte – Derchain 1964]; Ägyptisches Museum in Berlin: 200 [publ. Philipp 1986]; Kunsthistorisches Museum in Wien: rund 100 [publ. Zwierlein-Diehl 1991]. – Grundlegende Publi- kationen zu magischen Gemmen: Bonner 1950; Michel 2004. 388 vgl. Kotansky 1994, S. XVIII f. 389 vgl. Brashear 1995, 3414. 95

zere Texte, tragen aber vielfach an einer Seite bildliche Darstellungen. Aus dem ägyptischen Kultbereich stammen Götterbilder von Isis, Osiris als Mumie, Harpokrates (= Horus als Kind), Anubis als adorierendem Pavian, aus griechisch-römischer Tradition Helios, Hekate, Selene, Artemis, Aphrodite, Herakles, Eros. Im Lauf des fortschreitenden 2. Jhs. n. Chr. kommt es zu einer starken Verbreitung phantastischer und monströser Darstellungen von Pantheos, Angui- pedes (Abrasax), Chnoubis und vielen anderen Mischwesen.390 Häufig wird auf den Intagli die Bitte um Schutz durch ein einziges Wort ausgedrückt: φύλασσε, διαφύλασσε, φύλαξον, φυλάξαι (schütze, es möge geschützt werden). Gelegentlich findet sich die ausführlichere Formel φύλαξον απο παντος κακου (es möge geschützt werden vor allem Übel).391 Das Verlangen nach Anerkennung, Gunst oder Erfolg liegt Ausdrücken wie δος χάριν τω φορουντι (gewähre dem [Amulett-]Träger Gunst) zugrunde, die häufig mit Bildern des Har- pokrates kombiniert sind. Dabei geht es nicht allein um berufliche und gesellschaftliche Ambi- tionen, sondern mitunter wohl um echten Liebeszauber, wenn die Aufschrift fordert: δος χάριν Θεανουτι προς Σεραπάμμωνα (gewähre Theanous Gunst bei Serapammon).392

Die Bezeichnungen περίαμμα, περίαπτον, ligamenta, ligaturae deuten schon auf die häufigste Art der Benützung von Amuletten hin: Man band sie um Kopf, Hals, Arm, Bein, eventuell quer über die Brust. Zu diesem Zweck wurden Gemmen oder Täfelchen verschiedenen Materials durchbohrt und an einem Faden befestigt. Vielfach trug man magische Steine auch in Fassun- gen von Ringen oder Halsketten. Fragilere Beschreibstoffe wie Papyrus oder kostbare Metall- folien wurden dagegen eingerollt und in kleinen, oft zylindrischen Kapseln um den Hals ge- hängt.393 In den magischen Büchern ist wiederholt auch von umgebundenen Lederbeuteln mit Amulettgegenständen die Rede.

Verglichen mit dem Einsetzen von Defixionstäfelchen zeigt sich bei dem hier zu behandelnden Amulettwesen ein scheinbarer Hiatus von über 500 Jahren. Die Erklärung liegt wohl in den un- terschiedlichen Materialien und Verwendungsweisen. Während die vorwiegend aus Blei ge- formten Fluchtäfelchen großteils ein für alle Mal in Gräbern, in der Erde, in Brunnen, im Meer deponiert wurden, entfalteten Amulette ihre Wirkung in erster Linie durch ständigen Kontakt mit ihrem Besitzer. Sie waren daher einem stärkeren Verschleiss ausgesetzt, zumal sie vielfach aus Holz, Wachs, Leder, Papyrus, Textilien u. Ä. gefertigt waren.

Moderne Wissenschafter vermuten, dass früher Amulettzauber im griechischen Raum aus der Anwendung unterschiedlichster Dinge in Verbindung mit Zaubersprüchen und Zaubergesängen (επωδαί) bestand und erst im Lauf der Zeit magische Worte auf den Amuletten notiert wurden. R. Kotansky nennt dazu eine Reihe von Beispielen 394 und führt als frühesten Hinweis auf der- artige Praktiken die Schilderung Homers an, wie Autolykos’ Söhne die Wunde, die Odysseus durch den Angriff eines Ebers erlitten hatte, verbanden und das schwarze Blut durch Singen

390 Pantheos = Mischwesen mit zwei Flügelpaaren, zwei Armpaaren, Tierprotomen an Knien und Füßen; Anguipedes = Dämon mit Hahnenkopf und Schlangenbeinen, meist mit Geißel in der erhobenen Rechten, Rundschild am linken Arm, oft kombiniert mit der Inschrift ABRASAX; Chnoubis = Figur mit Löwenhaupt und Schlangenkörper. Auf den sog. medizinischen Amuletten finden sich dagegen oft einzelne Tiere, die bestimmte Krankheiten und Leiden symbolisieren. Ibis und Phönix stehen für Verdauungsbeschwerden, die Eidechse für Augenerkrankungen, Skorpiondarstellungen für Skorpionstiche und auch Potenzprobleme: vgl. Michel 1995, 379-387. 391 z.B. Gemme, Brit.Mus. Inv. 56011: in Kombination mit einer Pantheos-Darstellung; vgl. Bonner 1950, 46. 392 Brit. Mus. Inv. 56283; vgl. Bonner 1950, 48. 393 vgl. Schienerl 1984, 45-54. 394 vgl. Kotansky 1991, 108-110. 96

von Beschwörungen stillten.395 Jenseits von mythischen Berichten dürfte sich Platon später auf eine ganz reale Praxis bezogen haben, wenn er ein Amulett des Sokrates gegen Kopfschmerz überliefert, das dieser als Soldat in Thrakien kennen gelernt hatte, wobei dem Patienten ein be- stimmtes Blatt (φύλλον) unter Sprechen eines Zaubers (επωδή) aufzulegen war. 396

Bereits im 4. Jh. v. Chr. dürften aber auch schon Ringe mit einer magischen Inschrift in Ge- brauch gewesen sein, wie eine Passage aus Aristophanes’ Pluto vermuten lässt: der Gerechte, von einem Verleumder bedroht, sagt, er fürchte diesen nicht, da er den Ring trage, den er von Eudamos um eine Drachme gekauft habe. Karion, ein Sklave, wendet sinngemäß ein: »aber es fehlt darauf die Inschrift ›gegen den Biss eines Denunzianten‹«.397 Kotansky schließt daraus, dass es zu jener Zeit bereits einen Markt für Ringe mit Inschriften gegeben haben dürfte, die den Träger vor Bissen gefährlicher Insekten oder anderer Tiere schützen sollten.

Plinius’ Aufzeichnungen zufolge muss es zu Beginn der römischen Kaiserzeit ein Riesenange- bot verschiedenster Phylakterien gegeben haben – in der naturalis historia beschreibt er Tau- sende Beispiele dafür aus der belebten und unbelebten Natur. An einer Stelle findet sich die viel sagende Bemerkung des Autors: »Es gibt in der Tat niemand, der nicht fürchtet, durch furcht- bare Verwünschungen gebannt zu werden.«398 – ein klarer Beweis für J.G. Gager: »if this is so, we have our answer – everyone used amulets«.399

Liebesamulette

Liebesamulette zielen wie Liebesdefixionen darauf ab, Liebe und Leidenschaft einer anderen Person auf den Initiator des Zaubers zu lenken. Vielfach werden auch ähnliche Zaubertexte und Strategien wie bei Defixionen angewandt, um Paare zu trennen, eine geliebte Person herbeizu- zwingen, dieser unerträgliche Liebesqualen anzuwünschen, sich an abweisenden Geliebten zu rächen etc.

Als grobe Unterscheidung der beiden Zauberformen kann deren mutmaßliche Handhabung die- nen: Defixionen wurden im Allgemeinen an einem geeigneten Ort hinterlegt, während man Amulette vorwiegend am Körper trug. Bei magischen Papyri, sowohl ›Rezepten‹ als auch ›An- wendungen‹, deren Fundsituation häufig nicht überliefert ist, lässt nur die Formulierung des Zaubers darauf schließen, ob es sich um Amulette oder Defixionen handelte. Indizien für letz- tere liefern Begriffe des ›Hinunterbindens‹, Beschwörung von Mächten der Unterwelt, Anru- fung von Totendämonen, Hinweise bezüglich des Materials – oftmals Blei – und des Deponie- rens der magischen Behelfe, außerdem die drastischere Sprache. Im Falle von Amuletten geben die Anleitungen der Zauberpapyri eher edlere Metalle wie Silber und Gold oder bestimmte Stei- ne an, die nach Anbringen der magischen Inschrift noch einer speziellen Weihe bedürfen, ehe sie ihre Wirkung entfalten. Zu den frühesten literarischen Erwähnungen von Liebesamuletten zählt C.A. Faraone zwei my- thologische Erzählungen: den 14. Gesang von Homers Ilias mit der bekannten Episode rund um Aphrodites κεστος ιμάς, in den alle Reize des Zaubers gewoben waren, wie Liebe (φιλότης), Be- gierde ( ίμερος), betörendes Liebesgeflüster (οαριστύς), schmeichelnde Bitte (πάρφασις), dazu

395 Hom. Od. 19, 455-458. 396 Plat. Charm. 155e. 156d; vgl. Kotansky 1991, 109. 397 Aristoph. Plut. 883-885; vgl. Bonner 1950, 4-5; Kotansky 1991, 110 f. 398 Plin. nat. 28, 4, 19-20: defigi quidem diris deprecationibus nemo non metuit. 399 Gager 1992, 220. 97

angetan, selbst besonnene Männer zu berücken,400 und als Zweites eine Schilderung in Hesiods Werken und Tagen, wie der aus Lehm lebensecht geformten Gestalt Pandoras auf Wunsch von Zeus verführerischer Reiz verliehen wurde, indem Aphrodite ihr Anmut (χάριν) und die Eigen- schaft, quälendes Liebesverlangen (πόθον αργαλέον) auszulösen, verlieh 401 und die Chariten und Peitho ihr goldene Ketten umlegten.402 Autoren der folgenden Jahrhunderte beschreiben diverse, dem Pflanzen- und Tierreich entnom- mene Liebesmittel, darunter zahlreiche Aphrodisiaka.403 Auch Funde von Colliers und Anhän- gern mit charakteristischen Symbolen 404 wie Phallus, Kamm-Muschel, ithyphallischen Figu- ren, Feigenhand u. Ä. weisen auf apotropäische und erotische Absichten hin. Ebenso lässt sich vermuten, dass schon früh geschnittene Steine als Liebesamulette dienten – noch ohne Zauber- inschriften oder magische Zeichen –, indem man gewissen Materialien oder bestimmten ein- gravierten Bildern die Macht zuschrieb, Liebesgefühle zu wecken, besonders wenn Aphrodite oder Eros dargestellt waren.405

C. Bonner nimmt an, dass in der römischen Spätzeit Liebeszauber zumeist auf Papyrus nieder- geschrieben wurden, da darauf Texte von beliebiger Länge Platz fanden. Heute überwiegen na- turgemäß die Funde der dauerhafteren geschnittenen Steine bei weitem.

Auf magischen Gemmen mussten aus Platzgründen komplizierte Beschwörungen auf symbol- hafte Darstellungen und einzelne ›Schlüsselwörter‹ reduziert werden.406 Die Bilder der Intagli können – um nur einige der häufigsten Typen zu nennen – aus Einzelfiguren wie Aphrodite Anadyomene oder Eros bestehen oder aus Kombinationen, beispielsweise Aphrodite mit Ares (für Bindezauber), Aphrodite mit Eros, Eros mit Psyche (als Sinnbild quälender Liebesleiden- schaft). Eros kann andererseits wieder mit Harpokrates, dem Kind auf dem Lotus, synkretisiert sein oder Aphrodite mit Isis-Hathor. Auch Hekate, die Mond- und Unterweltsgöttin tritt gele- gentlich bei herbeiführendem Liebeszauber in Erscheinung, ein- bis dreigestaltig, oder mit Isis- Hathor identifiziert. Je nach dargestellten Figuren und beabsichtigter Wirkung variiert das Ma- terial der Steine bevorzugt zwischen Lapislazuli, Jaspis, Hämatit, Magnetit.

Wie schon im Fall der Defixionen angemerkt, ist es auch bei Liebesamuletten nicht immer mög lich, eindeutige Aussagen über die Absichten und Ziele des Zaubernden zu treffen. Einzelne ›Rezepte‹ der magischen Papyri boten dem an wirksamen Amuletten Interessierten oftmals ein breites Spektrum unterschiedlicher ›Indikationen‹ vereint in einem einzigen Mittel: zugleich et- wa Schutz vor Schaden, Intrigen, Vergiftung, Unglück oder Verarmung – und Erlangung von Gesundheit, Reichtum, Macht, Kraft, Gelingen, Beliebtheit und Gunst bei allen Männern und Frauen sowie ›Sieg‹ über alle Männer und Frauen.407 Im Folgenden soll versucht werden, Amulette, die auf Gunst und Liebe reflektieren, in Grup- pen mit ähnlichen ›Strategien‹ einzuteilen, wobei sich natürlich immer wieder Überschneidun-

400 Hom. Il. 14, 215-217. 401 Hes. erg. 65-66. 402 Hes. erg. 73-74; vgl. Faraone 1999, 5. 403 vgl. Winkler 1991, 220-224. 404 vgl. Labatut 1969, 257 Abb. 310. 405 vgl. Bonner 1950, 115. 406 Michel 2001 a, 98 zu Nr. 110-114; vgl. Bonner 1950, 115 f.; Michel 2004, 203-223: Im Kapitel ›In Stein ge- bannte Gefühle‹ gibt die Autorin einen aufschlussreichen Überblick über Motive und Inschriften der magischen Gemmen und zeigt Bezüge zu vergleichbaren Zitaten der magischen Papyri auf. 407 vgl. PGM XXXVI 211-230: Gebet an die Sonne, Mittel um Zorn niederzuhalten, Sieg und Gunst zu erlangen, das größte, das es gibt. 98

gen ergeben. In groben Zügen lassen sich folgende Kategorien erkennen: 408

– Allgemeiner Liebeszauber (φίλτρον) – Gunstzauber (χαριτήσιον) – Trennung (διάκοπος) – Bindung (φιλτροκατάδεσμος) – Herbeiführung (αγωγή) – Hoffnung, Schutz, Rache [letztere oft mit der Inschrift δίκαιος kombiniert]

III. 2. 2. 1. Allgemeiner Liebeszauber

Die Beispiele dieser Gruppe magischer Gemmen lassen selbst ohne ›verständliche‹ Inschrift er- kennen, worum es geht. Sie tragen das Bild eines oder mehrerer Protagonisten des antiken Lie- beszaubers, verbunden mit deren magischen Namen sowie Logoi und Charakteres, aber keine wörtlich übersetzbaren Appelle der Amulettbesitzer. In dieses Schema fallen ebenso diverse Anleitungen der magischen Papyri, welche zum Entfachen von Liebesverlangen vorschreiben, Steine, Täfelchen, Ringe etc. mit magischen Worten, Zeichen und Figuren zu versehen. Mehr- mals wird dort auch empfohlen, bestimmte homerische Verse, die keinen erkennbaren Bezug zur Intention des Zaubers zeigen, anzubringen.

Eine der ältesten der hier behandelten Gemmen stammt aus der Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. und gehört den Berliner Sammlungen an.

(Kat. 90) Eros mit Fackel, Pfeil und Bogen, mag. Jaspisgemme, Berlin

Es ist dies ein intensiv gelbbrauner Jaspis (sog. Nilkiesel), beiderseits flach, mit nach hinten ab- geschrägtem Rand, hochoval gearbeitet, gut erhalten und in einer modernen Goldfassung als Ringstein vorliegend. Die Maße lauten 1,2 x 0,95 x 0,28 cm.409

Seite A410 zeigt einen knabenhaften Eros im Lauf nach rechts. Pfeil und Bogen in der zur Seite gestreckten Rechten, die brennende Fackel in der gesenkten Linken. Zarte Flügel ragen über den Schultern nach hinten. Unter den Füßen von Eros die Inschrift: Ι Φ W I X A

H. Philipp schlägt vor, den Ausdruck von rückwärts zu lesen, als AXIWΦI, was sehr ähnlich wie AKTIWΦI klingt, eine magische Formel, mit welcher man an Aphrodite appellierte, gele- gentlich auch an Selene oder Hekate.

Seite B weist mehrere in einer vertikalen Reihe angeordnete Charakteres auf.

S. Michel erwähnt einen weiteren gelben Jaspis, im Britischen Museum, mit einer in den Attri-

408 Die in runder Klammer angegebenen griechischen Ausdrücke entsprechen den in der modernen Wissenschaft gängigen Bezeichnungen der entsprechenden Kategorien. 409 Philipp 1986, 47 Nr. 40 Taf. 10, 40 a. c. – Maßangaben der Gemmen in cm, generell: Höhe x Breite x Tiefe. 410 Seite A = Vorderseite = Seite mit der größeren Fläche bzw. dem Hauptbild; vgl. Bonner 1950, 249. 99

buten vergleichbaren Eros-Darstellung, neben der in drei horizontalen Reihen, links und rechts im freien Feld verteilt, die Inschrift AKTIWΦ angeordnet ist. 411 Wie die Autorin bemerkt, ist die Kombination gelber Jaspis – AKTIWΦ(I) – Eros sogar häufig anzutreffen. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Berliner Gemme, die den kleinen Liebesgott mit seinen berühmten Waffen nebst dem variierten AKTIWΦI - Logos zeigt, als magisches Utensil eines Liebeszau- bers fungieren sollte. Aus späterer Zeit stammt eine andere Gemme im Britischen Museum, die – wie in Hinblick auf den Hauptort der Produktion magischer Steine im 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert, Ale- xandria, nicht verwunderlich – den mit Eros gleichgesetzten Harpokrates zeigt. Es handelt sich dabei um den kindlichen Gott Horus als Verkörperung der jungen Sonne am Morgen.412

Charakteristische Details seiner Darstellung bilden Jugendlocke, die typische Geste des zum Mund geführten Index der rechten Hand, sowie ein in der Linken gehaltenes Flagellum als Sym bol seiner Macht. Häufig wird er von diversen Tieren begleitet. Bevorzugte Steinsorten sind im Allgemeinen grüner Jaspis, der für Wachstum, Fruchtbarkeit und neues Leben steht und Helio- trop (grüner Jaspis mit roten Flecken). Je nach Intention des Amulettträgers kommen aber auch Lapislazuli und Hämatit in Betracht.

(Kat. 91) Harpokrates auf Gans reitend, mag. Lapislazuligemme, London

Der Ringstein im Britischen Museum besteht aus Lapislazuli, er ist am Avers flach und hoch- oval, am Revers jedoch konvex und queroval gearbeitet. Seine Maße betragen 1,9 x 1,5 x 0,4 cm. Er wird in das 3. Jh. n. Chr. datiert.413

Seite A trägt ein Bild von Harpokrates, der nach links gerichtet auf einer Gans reitet. Das kräf- tige Tier ist naturnah dargestellt, mit langem Schnabel, großen Füßen und dichtem Gefieder. Der Knabe sitzt im Profil, das linke, sichtbare Bein leicht angezogen, den Oberkörper halb zur Vorderansicht gedreht. Die Gestalt ist unbekleidet, ohne Angabe von Muskulatur. In charakte- ristischer Pose führt das Kind die rechte Hand zum Mund, während es in der eng am Körper an- gewinkelten Linken eine Geißel hält. Im Nacken ist die Jugendlocke zu erkennen. Über dem Kopf schwebt eine Sonnenscheibe.

Seite B weist eine kurze Inschrift in zwei Reihen auf: K P A T O Y A 

Der KPATOYA-Logos, auch XPAOYA oder KPAOYA geschrieben, leitet sich aus dem Ägyptischen ab, übersetzbar als ›das einzigartige Kind‹. Der Ausdruck wird meist in Ver- bindung mit Harpokrates gebraucht.414

Wie S. Michel ausführt, galt die Gans in griechischer Zeit als das Tier des Harpokrates. In Ägypten war die Gans als Sinnbild für Liebe und Zeugungskraft bekannt und ursprünglich dem Fruchtbarkeit spendenden Sonnengott Amun Ra zugeordnet, der auch den Beinamen ›Amun Ra – die große Liebe‹ trug. Auf Zypern brachte man der Kypris Gänse als Opfer dar.

411 Brit. Mus. Inv. G 293, EA 56293; vgl. Michel 2001 b, 155 Nr. 251 Taf. 36, 251; Bonner 1950, 197. 412 ›Harpokrates‹ leitet sich von ägypt. Hr p3 hrd ab und bedeutet ›Horus das Kind‹: so Michel 2004, 68 Anm. 347. Plut.de Pyth.or. 400A berichtet, die Ägypter malten ein neugeborenesKind, um den Sonnenaufgang zu zeigen. 413 Michel 2001 b, 88 f. Nr. 135 Taf. 19, 135. 414 vgl. Michel 2004, 485 s. v. Kratouath; Bonner 1950, 11. 198; Brashear 1995, 3590 s. v.  100

Außerdem dienten im antiken Liebeszauber Zunge und Fett der Tiere als Aphrodisiakum.415 Aus diesen Umständen lässt sich unschwer ableiten, dass der hier beschriebene Stein in den Be- reich des Liebeszaubers fällt, zumal auch der verwendete Lapislazuli als bevorzugtes Material für Amulette mit dem Bild der Liebesgöttin Aphrodite galt.

Eine Anzahl magischer Gemmen trägt die Darstellung von Aphrodite im Typus der Anadyo- mene, die, eben dem Meer entstiegen, anmutig ihr langes Haar zum Trocknen ausbreitet. Das Motiv kommt vielfach in Verbindung mit der Inschrift ΑΡWΡΙΦΡΑСΙС, einem Geheimnamen der Liebesgöttin, vor. Als Stein dient im allgemeinen der schon erwähnte blaue Lapislazuli, ge- legentlich aber auch grüner Jaspis, wie das folgende Beispiel aus den Sammlungen des Briti- tischen Museums belegt.

(Kat. 92) Aphrodite Anadyomene, mag. Jaspisgemme, London

Dunkelgrüner Jaspis-Ringstein, beiderseits flach, mit nach hinten abgeschrägtem Rand. Die Gemme ist an der Vorderseite hochoval geschnitten, an der Rückseite queroval. Sie misst 1,75 x 1,2 x 0,45 cm und wird ins 3. Jh. n. Chr. datiert.416

Seite A zeigt die unbekleidete Gestalt von Aphrodite Anadyomene frontal im Kontrapost mit nach rechts ausschwingender Hüfte. Nur die Brust ist durch zwei ovale Kerben angedeutet. Die Göttin trägt eine kleine Isis-Krone, sie hat beide Arme angewinkelt erhoben, um das lange, in zwei dichte Strähnen geteilte Haar zu trocknen.

Im freien Feld, links neben dem Kopf beginnend und entlang des Randes im Uhrzeigersinn um- laufend, der magische Ausdruck A P P W P P I Φ PA C I C = Aroriphrasis

Wie S. Michel andernorts bemerkt, wurde vermutet, dass sich APWPI aus dem Griechischen ab- leitet und einen Bezug zu Fruchtbarkeit und Sexualität hat, während ΦΡΑСI[C] ein Anagramm der Bezeichnung СΑΦΙΡ für Lapislazuli, den bevorzugten Stein des Aphrodite Anadyomene- Motivs, darstellen könnte.417 Im Pariser Zauberpapyrus wird der Geheimname der Göttin zwei- mal in Zusammenhang mit herbeizwingendem Liebeszauber erwähnt.418

Seite B ist von einem fünf Reihen zählenden Logos ausgefüllt:

C W Θ Η С Ι Ν Ι С O Y I H O N O B O X Θ Y I O O P I Θ Θ E N N Ε Π Ν С Ε Ρ Θ Ε Ν Ι Ε Β Η Ι Θ Η Ι Η

Diese Inschrift lässt sich auch an Vergleichsbeispielen, etwa einer Anrufung im Pariser Papy- rus, belegen.419 An der Spitze des Logos ist außerdem der Name Sothis (CWΘHC) zu entneh-

415 vgl. Michel 2001 b, 88 zu Nr. 135. 416 Michel 2001 b, 51 Nr. 76 Taf. 11, 76. 417 vgl. Michel 2001 a, 99 zu Nr. 110; Michel 2004, 482 s. v. Aroriphrasis. 418 PGM IV 2234. 2928. 419 PGM IV 2928-2930. 101

men, der Aphrodite mit Isis synkretisiert. 420 Die Gemme muß wohl aufgrund von Steinsorte, Anadyomene-Motiv und Geheimnamen der Aphrodite als Liebesamulett gedient haben.

Wie in diversen Texten der magischen Papyri wird öfters auch an magischen Gemmen die my- thische Liebesbeziehung von Aphrodite und Ares thematisiert. Beispielsweise auf einem Häma- tit des Wiener Kunsthistorischen Museums:

(Kat. 93) Aphrodite und Ares, mag. Hämatitgemme, Wien

Der dunkelgraue, stark glänzende Stein wurde beiderseits flach, mit nach hinten abgeschrägtem Rand zugerichtet. Heute ist der oberste Teil schräg ausgebrochen. Das Fragment misst 1,53 x 1,63 x 0,32 cm. E. Zwierlein-Diehl gibt als Datierung die 2. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. an.421

Seite A: Auf der Grundlinie stehen einander zugewandt Ares und Aphrodite in Dreiviertelan- sicht und fassen einander an den ausgestreckten Händen. Links Ares im statuarischen Typ des römischen Mars Ultor in Rüstung, Helm mit Helmbusch und Stiefeln. Rechts Aphrodite in bo- denlangem Chiton und schräg gewickeltem Mantel. Die Profile der Figuren sind eher flüchtig angedeutet, die oberen Abschnitte der Köpfe fehlen. Im freien Feld erscheint eine Inschrift in großen Buchstaben, links unten beginnend, nach oben rechts umlaufend, und unter der Grundlinie endend:

I A W E A N O

Seite B: Im Zentrum ein nach links schreitender Löwe mit weit aufgerissenem Rachen und S – förmig aufgerichtetem Schwanz. Rund um ihn sind sieben achtstrahlige Sterne angeordnet, un- ter dem obersten eine liegende Mondsichel. Am abgeschrägten Rand sind weitere Buchstaben verteilt: A N O A I I K A

S. Michel nimmt an, dass die Inschrift des Steins IAW EANO EANO AIIKA lauten sollte.422 Zwar ist der bekannte Ausdruck IAW enthalten, der sich aus dem hebräischen JAHWE ableitet und auf magischen Gemmen den meistgebrauchten Namen des Sonnengottes bildet,423 den- noch bleibt der Sinn der Wortreihung unklar.

Auf dem Hämatit sind Ares und Aphrodite in Anlehnung an eine bekannte, vor allem im 2. Jh. n. Chr. viel kopierte großplastische Gruppe abgebildet.424 Während die Darstellung am Revers der Gemme vermutlich auf astrologische Konstellationen Bezug nimmt, wie Sonne im Zeichen des Löwen oder Frühaufgang der sieben Pleiaden, dürften die Gestalten von Aphrodite und Ares hier die Planeten Venus und Mars symbolisieren. Die beiden Götter bzw. Himmelskörper wurden aber auch mit der Leber, dem Sitz von Begierde und Leidenschaften, in Verbindung ge- bracht, woraus sich ein zusätzliches Argument für die Vorliebe antiker Menschen für Bilder

420 vgl. Michel 2001 b, 51 zu Nr. 76. 421 Zwierlein-Diehl u. a. 1991, 152 Nr. 2181 Taf. 87, 2181 a. b. 422 Michel 2004, 253 s. v. 5.3.a.Ares mit Aphrodite in Umarmung. 423 Michel 2004, 484 s. v. Iao. 424 ›Concordiagruppe‹ vgl. Simon 1990, 143 f. Abb. 180. 181. 102

von Aphrodite und Ares auf Liebeszauberamuletten ergibt.425

Als typisches Produkt der im 3. Jh. n. Chr. im Römischen Reich herrschenden religiösen Plura- lität, verbindet ein Hämatit im Britischen Museum sowohl griechische als auch ägyptische und hebräische Elemente:

(Kat. 94) Aphrodite und Eroten / Harpokrates auf Lotus, mag. Hämatitgemme, London

Die Gemme ist hochrechteckig gearbeitet, an der Vorderseite flach, an der Rückseite leicht kon- vex, mit geradem Rand. An der linken vorderen Seite ist ein Stück der Kante weggebrochen, am oberen Rand ein Abspliss. Die Maße betragen 3,9 x 2,65 x 0,6 cm.426

Seite A: Die Darstellung des Avers wird von einem aediculaartigen Aufbau gerahmt, bestehend aus zwei Säulenmit spiralförmig gedrehten Kanneluren sowie angedeutet korinthischen Kapitel- len, die durch einen Bogen miteinander verbunden sind. In der Öffnung steht die charakteristi- sche Gestalt der Anadyomene frontal im Kontrapost mit nach links ausschwingender Hüfte. Die Göttin ist unbekleidet, zwei kugelige Rundungen markieren die Brust. Mit angewinkelt erhobe- nen Armen breitet sie ihr langes Haar aus. Der Kopf ist nach links gekehrt und anscheinend mit einer kleinen Isiskrone geziert. Unter dem Bogen schweben zwei kleine Eroten, die einen Kranz über das Haupt der Göttin halten. Links, zu ihren Füßen, erscheint ein dritter geflügelter Eros, der ihr einen Spiegel entgegenstreckt; auf der anderen Seite steht wohl ein Gefäß für Badewas- ser.

Im freien Feld um die Hauptfigur beginnt links über Eros mit dem Spiegel eine von unten nach oben verlaufende Inschrift, die sich auf der rechten Seite von oben nach unten fortsetzt:

A P W P I  P A C I C

Der Text ist unschwer als APOPIPACIC, Aphrodites Geheimname, zu erkennen.

Seite B zeigt Harpokrates im Kreis der Tiere auf einem Lotus, der aus einer mondsichelartig skizzierten Papyrusbarke emporwächst. Vom Lotusstängel sprießen Knospentriebe in Wellen- linien zu den Seiten. Harpokrates sitzt frontal auf dem Blütenboden, wie üblich unbekleidet, das linke Bein eng angezogen, das andere über den Rand der Blüte gestreckt. Die rechte Hand ist zum Mund geführt, die linke hält das Flagellum. Vage ist das nach links gewandte Profil mit Nase und Kinn angedeutet, ebenso die abstehende Jugendlocke. Über der Stirn ragt eine Krone auf. Die Barke mit dem Horusknaben ist von Tieren in Dreiergruppen umgeben: beginnend am oberen Rand mit in Aufsicht wiedergegebenen Skarabäen und im Uhrzeigersinn fortgesetzt mit Ibissen, Ziegenböcken, Uräusschlangen, Krokodilen und Falken. Bis auf die obere Reihe bli- cken alle Wesen auf den jungen Sonnengott.

Im freien Feld um Harpokrates sind sieben achtstrahlige Sterne verteilt. Über und unter den Ska rabäen ist eine Inschrift eingetragen:

425 vgl. Michel 2001 b, 54 f. Nr. 83; 55 f. Nr. 84; Michel 2004, 215. 426 Michel 2001 b, 86 Nr. 133 Taf. 19, 133. 103

I A W A = Iao B P A C A  Abrasax

Beide Namen sind Bezeichnungen einer allumfassenden, solaren Gottheit. Die magischen Be- griffe lassen hebräische Wurzeln erkennen: Jahwe und arba (= vier).

Das Kind auf dem aus der Barke aufragenden Lotus, die geläufigste Erscheinungsform des Horuskindes auf den magischen Gemmen, symbolisiert die junge Sonne am Morgen, die jeden Tag erneut nach einer Fahrt durch die Unterwelt aus einer Lotusblüte emporsteigt, um im Pa- pyrusboot ihre Bahn über den Horizont zu ziehen. Auf zahlreichen Amulettsteinen ist das Bild von einem ›kanonischen‹ Tierkreis umgeben.427 Die Beliebtheit des Motivs beim Liebeszauber wird im Fall der angesprochenen Hämatitgemme durch die Kombination mit Bild und Geheim- namen der Aphrodite unterstrichen.

Im Großen Pariser Zauberpapyrus findet sich unter einer Reihe von erotisch-magischen Rezep- ten auch eine ausführliche Anleitung zum Gewinnen von Liebesgunst und vieler anderer Vor- teile, welche auf die Zauberkraft dreier homerischer Verse setzt: 428

(Kat. 95)* griech. Papyrus-Rez. PGM IV 2145-2242 ›Homerischer Dreizeiler als Beihelfer‹

Der vermutlich aus Theben stammende Payruskodex der Pariser Nationalbibliothek, dem dieser Text 429 angehört, dürfte, wie schon in der Einleitung zu Defixionen mit Herbeiführungszaubern erwähnt, eine Kopie des frühen 4. Jhs. n. Chr. sein. Überschrift und Anfang der Zauberanwei- sung lauten: Τρίστιχος Ομήρου πάρεδρος = Homerischer Dreizeiler als Beihelfer

Sprach so und lenkte den Graben hindurch die stampfenden Rosse Und noch zappelnd die Männer in schreckenvoller Ermordung Selber wuschen sie ab ihren reichlichen Schweiß in der Meerflut 430

Z. 2151-2180: Diese Verse sind einem eisernen Täfelchen einzuschreiben. Als Amulett getra- gen sollte es u. a. bewirken, dass ein Entlaufener nie gefunden würde, ein Ringkämpfer, ein Wagenlenker (der zusätzlich einen Magnetstein braucht), ebenso ein Gladiator unbesiegt bliebe. Auch vor Gericht wäre der Erfolg gesichert. In die Wunde eines Hingerichteten getaucht, würde das Täfelchen Ruhm und Vertrauen vermit- teln, Dämonen und Tiere bannen, im Krieg unverwundbar machen. Dem Anwender des Amu- letts wird auch versprochen, er werde was er fordert erhalten, Gunst erlangen (επιχαρης έση) und von Frau oder Mann, die er damit berührt, geliebt werden (ης δ’ αν παράψη γυναικος η αν-

427 S. Michel vermutet, dass die Tiertriaden die stündlich wechselnden Erscheinungsformen des Sonnengottes, welche er im Lauf des Tages annimmt, darstellen (= Dodekaoros). Die übliche Abfolge der Tiertriaden lautet: unten links Krokodile, Mitte links Falken, oben Skarabäen, Mitte rechts ziegenbockähnliche Tiere oder Stiere, unten rechts Schlangen. Gelegentlich kann eine Tiergruppe fehlen, oder wie hier eine weitere (Ibisse) dazutreten, vgl. Michel 2001 b, 82 f. zu Nr. 125 mit weiteren Theorien. 428 Insgesamt verzeichnet Brashear acht Passagen in PGM IV, welche homerische Verse als Zauberinschrift emp- fehlen: Brashear 1995, 3497 f. 429 Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 2145-2242; Brashear 1995, 3498. 3523. 430 Verse: Hom. Il. 10, 564. 521. 572 in Preisendanz’ Übersetzung. 104

δρός, φιληθήσει), außerdem werde er berühmt und glücklich sein, Erbschaften machen, Reich- tum erlangen, Giften standhalten, Bindezauber lösen und Feinde besiegen.

Z. 2180-2206: Das Rezept führt an, welches Gebet beim Eintauchen des Eisentäfelchens in das Blut des Toten zu sagen ist, um sich dessen Geist unter Beschwörung der unterirdischen Götter dienstbar zu machen. Außerdem liefert es eine ausführliche Instruktion zur Weihung des Täfel- chens: In einem reinen Raum sollen Blumen der Jahreszeit auf einem Tisch, der mit einem rei- nen Tuch gedeckt ist, angeordnet werden. Hernach sind ein geopferter weißer Hahn und je sie- ben Opferkuchen, Brote und Leuchter aufzulegen, sowie Milch, Honig, Wein und Öl zu spen- den. Zur Weihung ist ein Gebet an den Herrn, der über der Erde und unter der Erde gebietet, zu richten und die für alles wirkende Formel zu sprechen.

Dann werden spezielle Handlungen (πράξεις) beschrieben, je nachdem eine Offenbarung, das Stürzen eines Rennwagens, Bannungen oder Gunst und Liebe erwünscht sind. Einer der emp- fohlenen Liebeszauber (Z. 2228-2230) ordnet an: Um Gunst zu erwerben und bei Liebeszaube- reien (επι δε χαριτησίων και φίλτρων) schreib auf ein Goldtäfelchen: MYPI MYPI ΝΕC MAXE- CNWN. 431 Leg es aber zuvor 3 Tage unter das eiserne, nimm es dann und trag es in Reinheit.

III. 2. 2. 2. Gunstzauber

Sowohl in Anweisungen der magischen Papyri als auch auf magischen Gemmen scheinen ge- wisse Motive und Formeln auf, die dem Träger des betreffenden Amuletts ausdrücklich Gunst beim anderen Geschlecht verschaffen sollen. Solche Parolen lauten etwa η χάρις (Gunst, Liebe) oder δος χάριν τω φορουντι (verhilf dem Träger [des Amuletts] zu [Liebes]Gunst). Dargestellt werden in diesem Zusammenhang ganz unterschiedliche Instanzen: einerseits griechische Göt- ter und mythische Gestalten wie Aphrodite und Ares oder Eros und Psyche und andererseits ägyptische Gottheiten wie Isis, Osiris, Harpokrates und daneben diverse Mischwesen etwa Pan- theos oder Anguipedes.

Das klassische Liebespaar Ares und Aphrodite findet sich beispielsweise auf einem in Ägypten erworbenen magischen Stein der Sammlung in Michigan.

(Kat. 96) mag. Gemme, Ares und Aphrodite

Das Material ist in diesem Fall blaue Glaspaste, die nur an der Oberseite Figuren und eine kur- ze Inschrift trägt. Die Maße lauten 2,3 x 2,1x 0,4 cm.432

Seite A: Auf der Grundlinie stehen einander zugewandt zwei Figuren. Links, frontal, Ares im statuarischen Typ des römischen Mars Ultor, mit Rüstung und Helm samt Helmbusch und Stie- feln. In der angewinkelten Rechten hält er eine nach unten gekehrte Lanze, mit der gesenkten Linken fasst er an den Rand des aufgestützten Buckelschilds.

Rechts, auf einer niedrigen Basis in Dreiviertelansicht, Aphrodite, nur mit einem Hüftmantel

431 Nicht deutbare griechische Zauberworte. 432 Bonner 1950, 279 Nr. 159. 105

bekleidet, im Kontrapost. In der seitlich angewinkelten Linken hält sie einen Spiegel, während sie ihre Rechte ausstreckt, um sanft das Kinn von Ares zu berühren. Über beiden Figuren die Inschrift: H X A P I C = η χάρις

C. Bonner meint dazu: » η χάρις … in this instance seems to mark the gem as an amulet inten- ded to give its wearer favor with the opposite sex «, und S. Michel übersetzt die Inschrift schlicht als die Liebe.433 Möglicherweise sollte auch die blaue Farbe der Gemme an den bei Aphrodite-Amuletten beliebten Lapislazuli erinnern und die Wirkung des Steins noch verstär- ken.

Als singulär bezeichnet S. Michel die folgende in Tarsos, Kilikien, gefundene Gemme.

(Kat. 97) Symplegma, mag. Jaspisgemme, Paris

Der dunkelgrüne Jaspis im Pariser Cabinet des Médailles ist an beiden Seiten queroval geschnit ten. Höhe und Breite betragen 1,6 x 2,1 cm.434

Seite A:435 Eine unbekleidete männliche Gestalt lagert mit halb aufgerichtetetem Oberkörper nach rechts auf einer Kline, gestützt auf den linken Unterarm, den rechten Arm über den Kopf gelegt. Ihren Blick auf den Liegenden gerichtet, Hände auf den Knien, hockt eine entblößte Frau über ihm. Am Fußende des Lagers steht ein Kandelaber mit einer Lampe in Vogelgestalt; unter dem Bett zwei Gefäße. Über dem Paar ist eine zweizeilige Inschrift eingetragen:

Η Χ Α Ρ Ι = η χάρις C Ο Ι Π Ο Θ Ο Ι οι πόθοι

Seite B bietet eine ähnliche Szene wie die Vorderseite, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen. Nun ruht eine weibliche Gestalt auf dem Lager, der Mann befindet sich über ihr. Beginnend in Höhe des Fußendes der Kline und entlang des oberen Gemmenrandes bis hinter das Kopfende des Lagers reichend, ist folgender Text angebracht:

Α Λ Λ Η Λ Ο Φ Ι Λ Ι A Ε Μ Η C Ψ Υ Χ Η C = αλληλοφιλία εμης ψυχης

Die Inschrift des Avers, die offensichtlich auf Liebesgunst und Liebesbegehren anspielt, und der Text des Revers, von Delatte – Derchain, welche die beiden Darstellungen als Vereinigung von Eros und Psyche interpretieren, mit amour réciproque de mon ame übersetzt, 436 sollten einst wohl die Erwartungen des Amulettträgers hinsichtlich konkreter Gegenliebe ausdrücken. Zum Begriff ψυχή bemerkt C. Bonner in Verbindung mit einer anderen Liebesgemme: »The word ψυχή, as used by lovers, took on a more fleshly significance (…), a consciousness of the fusion of soul and body«. 437

433 Bonner 1950, 120; Michel 2004, 215. 434 Delatte – Derchain 1964, 238 Nr. 329. 435 Die Abbildung im Katalog von Delatte – Derchain gibt einen negativen Abdruck wieder, wird hier aber seiten- richtig kommentiert. 436 Delatte – Derchain 1964, 238 Nr. 329. 437 Bonner 1950, 118. 106

S. Michel betont, dass derart detailliert geschilderte erotische Szenen auf Amulettgemmen ein- malig seien: »Derartige Szenen fehlen sonst auf magischen Gemmen, bezüglich erotischer De- tails hält sich deren Bildersprache eher zurück, selbst dargestellte Umarmungen wirken steif und hölzern.« 438

Eine Gemme im Britischen Museum präsentiert Harpokrates samt adorierenden Tieren in Ver- bindung mit einer δος χάριν-Inschrift:

(Kat. 98) Harpokrates auf dem Lotus m. Flöte, mag. Heliotropgemme, London

Das Material dieses Ringsteins nennt sich Heliotrop und bildet eine Varietät des Jaspis mit dun- kelgrüner Farbe und roten Flecken, die vor allem in spätrömischer Zeit im syrisch-ägyptischen Raum häufig im Zusammenhang mit solaren Themen Verwendung fand.439 Der Intaglio ist bei- derseits flach gearbeitet, mit nach hinten abgeschrägtem Rand. Er misst 1,9 x 2,4 x 0,3 cm und wird in das 3. Jh. n. Chr. datiert.440

Seite A zeigt eine Sonnenbarke in Seitenansicht und in deren Zentrum einen Lotoskelch, auf dem nach rechts orientiert ein flötenspielender Harpokrates mit geschlossenen, leicht vorge- streckten Beinen sitzt. Er wird von zwei Falken, die sich ihm zugekehrt auf den hochragenden Enden des Papyrusbootes niedergelassen haben, begleitet, der vordere mit der Krone von Un- terägypten, der hintere mit der Oberägyptens. Harpokrates ist unbekleidet, der Körper ohne An- deutung von Muskulatur. Im Nacken schwingt die Jugendlocke aus, die die rechte Seite des sonst kahlen Kopfes ziert. Über dem Haupt schwebt der Sonnendiskus.

Seite B wird zur Gänze von einer Inschrift ausgefüllt, die in einer vierfach gewundenen kon- zentrischen Schraubenlinie angeordnet ist.441 Im äußersten, direkt auf den Gemmenrand gra- vierten Abschnitt finden sich ausschließlich nicht transkribierbare Zeichen. An diese schließt, links oben beginnend und im Uhrzeigersinn spiralig nach innen verlaufend, folgender Zauber- spruch an:   C                 C C        W   = Δος χάριν Θεανουτι προς Σεραπαμμωνα

Durch die an den – mit Eros gleichgesetzten – Harpokrates gerichtete Beschwörung Gib Thea- nous Gunst in den Augen Serapammons hoffte allem Anschein nach Theanous, die Trägerin des Amuletts, die Aufmerksamkeit des geliebten Serapammon zu gewinnen.

C. Bonner stellt dieser Gemme ein weiteres δος χάριν-Amulett aus dem Britischen Museum ge- genüber, diesmal mit Pantheos als Angerufenem. Es ist dies die Gestalt des abendlichen Son- nengottes, der seit ptolemäischer Zeit in Form von Statuetten und als Abbild auf magischen Ste- len anzutreffen ist. Er wird als bärtiger Greis dargestellt und in Gebeten der magischen Papyri wiederholt beschworen: Ich rufe dich an, den größten Gott, den ewigen Herrn, den Beherrscher des Kosmos, der auf der Welt und unter der Welt ist, starken Meeresbeherrscher, der am frühen

438 Michel 2004, 205. 439 vgl. Rieder 1986, 136. 440 Michel 2001 b, 87 Nr. 134. 441 Transkription und Übersetzung: Michel 2001 b, 87 Nr. 134. 107

Morgen aufglänzt, vom Osten her aufgeht über die ganze Welt, untergeht im Westen ... Beim späten Untergang ein Greis, du, der du über der Welt bist und unter der Welt … 442

Magische Gemmen zeigen den greisen Horus über einer meist nur angedeuteten Ouroboroskar- kartusche,443 die diverse Tiere einschließt. Der sogenannte Pantheos ist eine synkretistische Kompositfigur, die Reminiszenzen an alle Tiergestalten aufweist, die der Sonnengott im Laufe des Tages angenommen hat: Vogelschwingen, Vogel- und Krokodilschwanz, unterschiedliche Tierprotome an Kopf und Beinen, Füße in Form von Schakalsköpfen etc. Seine im Profil nach rechts gewandten Beine deuten an, dass er dem Sonnenuntergang entgegenschreitet,444 um in die Unterwelt einzutauchen, sie in der Nacht zu durchlaufen, und am Morgen verjüngt als kind- licher Gott wiedergeboren zu werden.

Inschriften kommentieren das Motiv häufig mit BAINXWWWX, übersetzbar als Seele der Fins- ternis.445 Entsprechend finden für diese Amulette meist dunkle Steine wie Obsidian, brauner Jaspis oder Lapislazuli Verwendung. Weitere Texte wie φύλαξον απο παντος κακου τον φορουν τα 446 oder δος χάριν 447 besagen, dass der greise Sonnengott nicht nur als Symbol für Regenera- tion, sondern auch zum Schutz gegen alles Übel oder – als Vermittler von Gunst angerufen wurde, wie im folgenden Beispiel:

(Kat. 99) Pantheos, mag. Lapislazuligemme, London

Der Intaglio im Britischen Museum ist in Lapislazuli geschnitten, hochrechteckig, an beiden Seiten flach, am Rand nach hinten abgeschrägt. Seine Größe beträgt 2,5 x 2,0 x 0,3 cm, die Datierung lautet 2. Jh. n. Chr. Die Gemme könnte als Ringstein oder als Medaillon getragen worden sein. 448

Seite A zeigt eine menschenähnliche, unbekleidete Gestalt ohne ausgearbeitete Geschlechts- teile, Kopf und Rumpf in Vorderansicht, auf letzterem zwei X–förmig gekreuzte Kerben. Die Beine, mit beulenartigen Auswüchsen an den Knien sowie Schakalköpfen mit spitzen Ohren an Stelle der Füße, sind in Schrittstellung nach rechts gesetzt. Zwei breite, eng übereinander ange- ordnete Flügelpaare stehen vom Rücken waagrecht zu den Seiten, jeweils mit einem Saum dicht aneinander gereihter Schwungfedern an der Unterseite. Hinter der rechten Hüfte ragt ein buschiger Vogelschwanz diagonal ins Bild, unterhalb davon ein etwa gleich langer, kräftiger Krokodilschwanz. Die Gestalt hat zwei Armpaare. Das untere ist abwärts gestreckt: In der rechten Hand hält der Pantheos laut S. Michels Beschreibung eine Peitsche, einen am Schwanz gefassten Skorpion und eine Schlange, die sich hinter der Figur des Pantheos windet und rechts neben seiner Kör- permitte vorstößt. Mit der Linken hält er ein Flagellum und einen am Schwanz gepackten Lö- wen. Das obere, dünne Armpaar ist kaum auszunehmen, da es entlang der Oberkante der Flügel ausgestreckt ist. Mit diesem hält der Pantheos üblicherweise zwei Messer senkrecht in die Hö- he, was hier allerdings kaum zu erkennen ist.

442 PGM IV 1596-1607. 1697-1698; vgl. Michel 2001 b, 101 zu Nr. 159; Michel 2004, 81. 443 Ouroboros = eine Schlange, die in den eigenen Schwanz beißt und auf diese Weise einen Kreis bildet. 444 Im alten Ägypten blickte man in Richtung Oberägypten, also nach Süden, wenn man den Lauf der Sonne beschrieb. 445 vgl. Michel 2004, 483 s. v. Bainchoooch. 446 Bonner 1950, 321 Nr. 395. 447 Michel 2001 b, 102 Nr. 160. 448 Michel 2001 b, 101 Nr. 159. 108

Zu beiden Seiten des Kopfes ragen hinter den Flügeln zwei mit Dreiecken bekrönte Was-Szep- ter empor. Das maskenhafte Gesicht des Pantheos wird von einer langen Nase dominiert; direkt unter dem Strich, der den Mund bezeichnet, setzt der strahlenförmig gestaltete Bart an. Nur un- deutlich sind die normalerweise seitlich vom Kopf abstehenden Tierprotome auszumachen, ebenso die Atefkrone auf dem Haupt. Der Gott steht auf einer querovalen Kartusche, die von einem gerippt gemusterten Ouroboros gebildet wird und sieben aneinander gereihte Tiere umschließt: links ein Skarabäus in Auf- sicht, dann – im Profil, nach rechts folgend – Falke, Bock, Schakal, Löwe, Krokodil (?) und Schlange.

Seite B trägt eine Inschrift in acht Zeilen: 449

   W        IAEW - Palindrom M O Y N O        P            P K I P A        M E N E P    W E A I         I N δοται χάριν H P O N I M A  P O Ηρωνιμα προς C    T A C πάντας

Zu Beginn des Zaubertextes findet sich die häufig als ›IAEW-Palindrom‹ bezeichnete Formel WMOYNOP  PKIPAMENEPWEAI, die auf Gemmen vielfach Darstellungen von Sonnengottheiten begleitet und die nach Hinweisen der magischen Papyri auch beim Gebet an die Sonne unabdinglich ist. Das aus dem Ägyptischen abgeleitete Palindrom bedeutet etwa: Iao ist der Träger des geheimnisvollen Namens, der Löwe des Re, wohlbehalten in seinem Schrein. In Papyri und auf Gemmen scheint der magische Aus- druck oft in Verbindung mit Liebes- und Bindezaubern auf.450 Den zweiten Teil der Inschrift übersetzt S. Michel mit: Gunst sei der Hieronima in den Augen aller gegeben.

C. Bonner, der den Namen der Anruferin als Heronilla liest, bemerkt dazu: »Different from the charms aimed at a single desired lover are several which were evidently worn by women who received many lovers; in such cases χάρις is “charm” as well as “favor”.«451 J.J. Winkler führt in seinem Aufsatz ›The Constraints of Eros‹ eine noch weiter gehende Lesart für χαριτήσια an: als stimulierende Erotika.452 Für eine Deutung der hier beschriebenen Gemme als Liebesamulett ließe sich jedenfalls auch das verwendete Material, Lapilazuli, ins Treffen führen.

Auf einigen Gemmen begegnet eine potenzierte Formulierung, die die Bitte um Gunst mit dem Wunsch nach Sieg kombiniert und – auf einem magischen Stein in Kassel – noch den dringli- chen Nachsatz jetzt, jetzt, schnell, schnell anfügt. Der betreffende Intaglio trägt an der Vorder- seite eines der bekanntesten Motive der magischen Gemmen. Gemeint ist ein schlangenbeiniges

449 Transkription und Interpretation: Michel 2001 b, 101 Nr. 159. 450 vgl. Michel 2004, 484 s. v. Iaeo-Palindrom; Brashear 1995, 3588 s. v.  451 Bonner 1950, 48. 452 Winkler 1991, 220. 109

Mischwesen, in der modernen Forschung als ›Anguipedes‹ bezeichnet, mit menschlichem Ober körper und Hahnenkopf. Es trägt eine römische Rüstung und ist mit Schild und Peitsche ausge- stattet. Oft findet sich auf derartigen Amuletten die Inschrift C oder AC, die in der Gemmenkunde seit dem 17. Jh. als Name dieses Mischwesens verstanden wurde. Die Häu- figkeit des Motivs führte schließlich dazu, die gesamte Gattung der magischen Gemmen als ›Abraxas-Gemmen‹ zu bezeichnen.453 Ringsteine mit diesem Bild waren im ganzen Römischen Reich verbreitet. Als Material fanden bevorzugt Heliotrop und Jaspis der grünen, grünroten und grünbraunen Sorte Verwendung.454

(Kat. 100) Hahnenköpfiger Anguipedes, mag. Jaspisgemme, Kassel

Bei dem Stein in Kassel handelt es sich um ein Medaillon aus grünrotem Jaspis von beachtli- cher Größe, 4,68 x 2,88 x 0,70 cm, dessen Rand an mehreren Stellen stark beschädigt ist. S. Michel datiert es mit 2./ 3. Jh. n. Chr. 455

Seite A zeigt einen Anguipedes, der sich im üblichen Schema frontal auf antithetisch zur Seite verlaufenden Schlangenbeinen erhebt und seinen mächtigen Hahnenkopf im Profil nach rechts wendet. Durch den gedrungenen Hals mit üppigem Gefieder sowie das scharfblickende Auge über dem großen gebogenen Schnabel erinnert der Kopf trotz Hahnenkamms und bartartig angedeuteter Kehllappen eher an das Haupt eines Adlers. Mit der erhobenen Rechten holt der Gott zum Schwung mit der Peitsche aus, während er an der Linken einen breitrandigen Rundschild führt, der den Arm bis zur Schulter verdeckt. Auf dem in Vorderansicht präsen- tierten Schild findet sich die Aufschrift IAW. Der Rumpf der Figur ist durch einen Panzer mit Lendenschurz und langen Schulterlaschen geschützt. Die gerippt gemusterten Schlangenbeine weichen in leichten S-Linien auseinander, die sich schließlich jeweils zu einer engen Windung einrollen, woraus wieder wesentlich zartere, nach außen strebende Schlangen mit bärtigen Köp- fen und geöffneten Mäulern emporzüngeln.

Um die Figur verläuft eine Inschrift 456 in drei konzentrischen Kreisen. Sie lautet beginnend im äußersten Kreis links oben über der Peitsche: IAE[WBAΦPΕ]NEMOYNOΘΙΛ = IAEW - Palindrom A[PIK]PIΦ[IP]KIPAΛΙΘΟΝΥΟ MENEPΦΑBWEA[I...] im mittleren Kreis, beginnend über dem Hahnenkopf: KYPIE BAPBΛA ΘWX BIBAPΘE = Kyrie und ein BIBIOY ΘWBAPA verschriebenes fortgesetzt im innersten Kreis ΘWBAPPABWΘ - links : BAYWΘ Palindrom ? rechts: EOYH unter der Abrasax-Figur: HIAW = Iao

Die Inschrift des äußersten Kreises lässt sich wieder zum langen IAEW-Palindrom ergänzen 457.

453 Da mit Abraxas außerdem das göttliche Urwesen in der Lehre des Gnostikers Basilides, der in der 1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. wirkte, umschrieben wurde, bürgerte sich bei Sammlern magischer Gemmen im 17. Jh. auch die Bezeichnung ›gnostische‹ oder ›basilidianische‹ Gemmen ein. Die Figur mit Schlangenbeinen (= Bezug zur Erde) und Hahnenkopf (= Bezug zur Sonne) symbolisiert Licht- und Zeitgott, Weltschöpfer und Weltregent, Offenba- rungsgott und Erlöser (vgl. Michel 2001 b, 115 f.). 454 vgl. Michel 2001 b, 115 f. 455 Michel 2001 a, 59 f. Nr. 55. 456 Transkribiert und ergänzt: Michel 2001 a, 59 Nr. 55. 110

Darauf folgt im mittleren Kreis nach der Anrede Kyrie (= Herr) und fortgesetzt im innersten Kreis links der Figur, ein anscheinend verschriebenes (allerdings nicht deutbares) Palindrom: ΘWBAPPABWΘ. Unmittelbar rechts der Gestalt sind mehrere Vokale eingeschrieben, unterhalb derselben folgt der magische Name IAW 458.

Seite B trägt elf Zeilen einer Inschrift, die sich am Rand fortsetzt. Weiterer Text unterhalb der elften Zeile könnte durch Beschädigung oder Tilgung verloren gegangen sein. Inschrift im Hochoval: DOC MO δός μοι Gib mir IXAPIN χάριν, Gunst, NIKHNOTI νίκην ότι Sieg, da EIPHKACO είρεκά ich deinen YTOKPYΠΤ σου το κρυπτον verborgenen, ONKAIAΛΗ και αληθινον wahren Namen ΘINONONO όνομα genannt habe MAHΔHHΔH ήδη ήδη jetzt, jetzt TAXOCTAX τάχος τάχος schnell, schnell OCEMOIΦP εμοι, Φροντίνη, mir, Frontine ONTINH am Rand fortgesetzt: KE AΛE ΞΑΝΔΡΑ κε Αλεξάνδρα 459 und Alexandra

Die Gemme enthält also eine Bitte um Gunst und Sieg, und zwar möglichst rasch. Als Begrün- dung, weshalb der Auftraggeberin des Amuletts der Beistand des angerufenen Gottes zukom- me, wird angeführt: weil sie dessen verborgenen, wahren Namen genannt habe. Am Schluss der Anrufung folgt der Name der Bittstellerin Frontine und am Rand – nach Ansicht A. Mastrocin- ques erst nachträglich hinzugefügt – der von Alexandra.460 Glaubt man Winklers oben zitierter Interpretation der χαριτήσια, könnte unter diesem Zauber- spruch ein dringender Liebeswunsch zu verstehen sein. Dafür spräche außerdem die Anwen- dung des bei Liebes- und Bindezaubern geläufigen IAEW-Palindroms.

Auch ein beschriftetes Goldtäfelchen in den Sammlungen des Wiener Kunsthistorischen Muse- ums diente wohl einst der Liebesmagie:

(Kat. 101) Goldlamelle aus Thessaloniki, Wien

Über die Goldlamelle ist nur bekannt, dass sie in Thessaloniki gefunden wurde und ursprüng- lich aufgerollt war.461 Das Amulett misst in der Höhe 3,2 cm, in der Breite 2,3 cm und wird von R. Kotansky paläographisch in das 2. Jh. n. Chr. datiert. Der Text umfasst 12 Zeilen: 1 ον παοχοι Αφ- ΟΝΠΑΟΧΟΙ ροδίτης όνο{ν}- Aphrodites Name μα Παιθ Φθα φω- ΠΑΙΘ ΦΘΑ ΦW- 4 ζα παιφωυθ ΖΑ ΠΑΙΦWΥΘ

457 Mastrocinque 1998, 121. 458IAW ist wohl aus dem hebräischen Ausdruck JAHWE hervorgegangen, enthält aber zugleich drei der sieben griechischen Vokale, die für die sieben Planeten stehen, und ist auf den magischen Gemmen der meistbenützte Na- me des Sonnengottes; vgl. Michel 2004, 484 s. v. Iao. 459 Wiedergabe des griechischen Textes in R. Kotanskys Lesung bei Michel 2001 a, 59 Nr. 55; Deutsch: Verf. 460 Mastrocinque 1998, 122: Andernfalls hätte der Text mit δός εμιν χάριν beginnen müssen. 461 Kotansky 1994, 216. 111

λαειλαψ χερσ- ΛΑΕΙΛΑΨ ΧΕΡ- υβαω Μιθρη ΥΒΑW ΜΙΘΡΗ ποιήσαται επί- bringet Gunst, 8 χαρειν, ευοδία- Erfolg ν πασιν ανθ- bei allen Männern ρώποις κε γυν- und Frauen εξι μάλιστα δε π- ganz besonders aber 12 ρος ον θέλι αυτή bei dem, den sie selbst wünscht

Kotansky, der Transkription, grammatikalische Emendationen 462 und englische Übersetzung der Inschrift liefert, erinnert in Zusammenhang mit dem kryptischen Ausdruck ΟΝΠΑΟΧΟΙ am Anfang des Textes an eine Formel im Pariser Zauberpapyrus: 463 και περίαπτε τον πάσχοντα = and attach (the amulet) to the sufferer. Es könne sich bei ΟΝΠΑΟΧΟΙ daher um das Teilstück einer magischen Formel handeln: [... και περίαπτε τ]ον πάσχο<ντα>, gefolgt von der Über- schrift Αφροδίτης όνομα. In den Zeilen 3-6 folgen diverse Zauberworte. 464

Die Verfasserin des Täfelchens bzw. ein von dieser beauftragter Schreiber hat die nachfolgen- den Zeilen 7-12 durch eine quer verlaufende Linie abgetrennt. Mit den Worten ποιήσατε επίχα- ριν, ευοδίαν ... werden nun die zuvor genannten magischen Instanzen, mit Aphrodites Namen an der Spitze, angerufen, gesellschaftlichen Erfolg und private (Liebes-)Gunst über die Besit- zerin des Amuletts zu bringen. Kotansky vermutet, dass in der abschließenden Formel μάλιστα δε προς ον θέλι αυτή eigentlich der Name der Amulettbesitzerin anstelle von αυτή einzusetzen gewesen wäre.

Aus der Fülle von Rezepten für Gunstzauber-Amulette, welche die magischen Papyri bieten, sei nur eines exemplarisch herausgegriffen. Es entstammt dem in Leiden verwahrten Papyrus PGM XII, dessen magische Formeln zwischen 300 und 350 n. Chr. aufgezeichnet wurden. 465

(Kat. 102)* Papyrus-Rezept PGM XII 397-400 ›Für immerwährende Gunst‹, Leiden

Die kurze Anweisung wird folgendermaßen eingeleitet: Προς επιχάρειαν και φιλίαν δια πανθός = Für immerwährende Gunst und Freundschaft

Darauf folgt der Auftrag, eine Wurzel von Pasithea oder Artemisia (Beifuß) mit einem Zauber- namen, der ausschließlich aus einer Reihe von Charakteres besteht, zu beschriften und bei sich zu tragen. Bedacht sei dabei auf die Zusammensetzung der Tinte für die Aufschrift zu nehmen: Myrrhe, Vitriolerz, Kupfervitriolwasser, Galläpfel und Gummi in genau angegebenen Mengen. Dem Befolger der Anweisungen wird dafür versichert: Du wirst in Gunst (επίχαρις) und Liebe

462 Kotansky 1994, 216: Z. 7 ποιήσατε, Z. 8 επίχαριν, Z. 10 και γυναιξι, Z. 12 θέλει.. – Deutsch n. Kotansky: Verf 463 PGM IV 3017; Kotansky 1994, 217. 464 Kotansky 1994, 217 f. gibt verschiedene Ableitungs- und Deutungsmöglichkeiten an: ΠΑΙΘ ΦΘΑ ΦWΖΑ käme eventuell aus dem Ägyptischen, mit der Bedeutung Ptah, gesund; ΠΑΙΦWΥΘ aus dem Koptisch/Ägyptischen, im Sinne von große Schlange; ΛΑΕΙΛΑΨ vom griechischen Ausdruck λαιλαψ = Sturm, im weiteren Sinn: Sturmgottheit; ΧΕΡΥΒΑW vielleicht aus semitischen Sprachen, mit dem Sinn Magie, eingravieren, Gebet; ΜΙΘΡΗ aus dem Altpersischen, in dem Μithra soviel wie Freund bedeutet. 465 Preisendanz – Henrichs 1974, P XII. 112

(προςφιλης) und Bewunderung stehn bei allen, die dich sehen.466

Auch einstmals direkt als Amulett dienende Charitesia finden sich unter den Zauberpapyri – etwa jenes aus Oxyrhynchos in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz.467

(Kat. 103) Papyrus-Amulett PGM XXXV, Florenz

Das Papyrusblatt bildet ein unregelmäßiges Rechteck, dessen größte Höhe und Breite 19,4 x 12,1 cm betragen. Die auf Vorder- und Rückseite sichtbaren Spuren, wie Falten, Absplitterun- gen der Oberfläche, Löcher, Risse an den Rändern, lassen erkennen, dass das Blatt zu einem Streifen gefaltet war, der wohl ohne Amulettkapsel getragen wurde. Die ungelenke, stellen- weise kaum lesbare Schrift ist schwer zu datieren und könnte dem 5. oder auch 6. Jh. n. Chr. zugeordnet werden. Der Text enthält im unteren Abschnitt mehrere Charakteres und drei ein- fache Zeichnungen von bärtigen Köpfen; zwischen dem linken und dem mittleren Kopf ist der Name des Amulettinhabers genannt: Paulos Iulianos.468

Der Text von PGM XXXV beginnt (Z. 1-13) mit den Herbeirufungen (επικαλουμέ σε …) der Mächte, die über den einzelnen Himmelsbereichen und Naturgewalten sitzen.469 Im folgenden Abschnitt werden dann alle Gewalten gemeinsam in sechs aufeinander folgenden Anrufungen mit der wiederkehrenden Formel εξορκίζω υμας (πάντας) beschworen und um Ver- mittlung der gewünschten Fähigkeiten angefleht. Die erste Beschwörung lautet in stark gekürz- ter Form (Z.16-20): ίνα … δώηστέ μοι χάριταμ και δυναμίαν και νίκην και ισχυν έμροσθεν πάντων ανθρων μικρων και μεγάλων ... και γυνεκων κα κορασίων και πεδίων κα πάντων, ταχυ ταχύ. 470 In Preisendanz’ Übersetzung: daß ihr … mir Gunst verleiht und Macht und Sieg und Stärke al- len gegenüber, kleinen und großen Männern … und Frauen und Mädchen und Knaben und überhaupt allen gegenüber, schnell, schnell.471

D.R. Jordan, der PGM XXXV als »a χαριτήσιον for a man« bezeichnet,472 denkt in erster Linie an das Erlangen von Gunst mithilfe des Amuletts. Nach J.J. Winklers schon mehrfach zitierter Deutung von χαριτήσια könnte es vielleicht auch um die Realisierung allgemeiner erotischer Wünsche gehen.473 Gelzer u. a. schließen andererseits nicht aus, dass das Amulett – im Hinblick auf die mehrmali- ge Erwähnung des Ausdrucks νίκη – für einen bestimmten Anlass, etwa einen Gerichtsfall, her- gestellt, im Gewand versteckt getragen 474 und dann, nachdem die gewünschte Wirkung erreicht

466 Griechischer Text und deutsche Übersetzung: Preisendanz – Henrichs 1974, P XII 397-400. 467 Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXV. 468 vgl. Gelzer u. a. 1999, 24 f. 469 Anders als bei der in einigen Textpassagen sehr ähnlich gestalteten, am Ende noch zu erwähnenden ›Tablette magique de Beyrouth‹ (Kat.119), an deren Beginn Beschwörungen und Schutzbitten stehen: vgl.Gelzer u. a. 1999, 46-59. Übereinstimmungen in wesentlichen Strukturelementen und in der Benennung der angerufenen Mächte las- sen auf eine gemeinsame Vorlage schließen, die dem jeweiligen Zauberzweck entsprechend abgewandelt wurde: vgl. Gelzer u. a. 1999, 131-142. 470 Emendierter griechischer Text nach Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXV: bei Gelzer u. a. 1999, Beibl. 471 Deutsche Übersetzung: Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXV 16-20. 472 Jordan 1991, 61; vgl. Gelzer u. a. 1999, 24 f. Anm. 71. 473 Winkler 1991, 220; vgl. Gelzer u. a. 1999, 25 Anm. 71. 474 Als Vergleich dient die Anweisung in PGM XXXVI 37-68 zur Herstellung eines Amuletts, das als θυμοκάτ- οχον και χαριστήριον και νικητικόν im Gewand versteckt, für Auseinandersetzungen im Gericht oder vor hochge- stellten Personen empfohlen wird: Gelzer u. a. 1999, 24 Anm. 68; 25 f. Anm. 72. 113

oder auch nicht erreicht war, vom Besitzer weggeworfen wurde. Die meisten Papyri von Oxy- rhynchos wurden ja auf antiken Müllhalden gefunden.

III. 2. 2. 3. Trennungszauber

In Theokrits viel zitiertem zweiten Idyll beschwört Simaitha Hekate in der Unterwelt, sie möge ihren ungetreuen Liebhaber Delphis dazu bringen, seine neue Liebe, Frau oder Mann, zu verges sen, wie Theseus einst in Dia seine lieblich gelockte Braut Ariadne vergaß.475 Dazu vollführt sie eine Reihe von magischen Zeremonien.

Das vom Dichter detailliert geschilderte Ritual dürfte im Kern der tatsächlich praktizierten an- tiken Magie entsprochen haben, wie Anweisungen für Liebes- und Trennungszauber in den ma- gischen Papyri vermuten lassen. Eines dieser Rezepte verspricht beispielsweise, eine Frau her- beizubringen, die vom Mann schlecht behandelt worden ist. Zu diesem Zweck soll unter ande- rem von der Stätte, wo man Mumien balsamiert, ein Gecko eingefangen und in einem eisernen Gefäß mit glühenden Kohlen zusammengedörrt werden. Während dieser Handlung ist zu sagen: »Gecko, Gecko, wie dich Helios und alle [Götter] haßten, so soll sie, die [NN], ihren Mann has sen für alle Zeit und der Mann sie.« 476

Schließlich tauchen Zwiespaltstiftungen auch auf magischen Gemmen auf. Die wenigen erhal- tenen – S. Michel kennt nur zwei Exemplare, im Britischen Museum und im Walters Art Mu- seum – sind reine Inschriftensteine. Der besser erhaltene Stein befindet sich in London:

(Kat. 104) Inschriften, mag. Serpentingemme, London

Es ist dies ein glänzender, schwarzer Serpentin unregelmäßig hochoval, beiderseits flach, mit nach hinten abgeschrägtem Rand, auf dem ringsum mehrere Absplisse erkennbar sind. Die Ma- ße betragen 2,3 x 1,9 x 0,3 cm. Als Datierung erwägt S. Michel das 4./ 5. Jh. n. Chr. 477

Seite A mit einer XWPICATE χωρίσατε achtzeiligen Inschrift: IEPAKIWN Іερακίωνα AEPAKAO ερακαξ . ETEKECEP ο(ν) έτεκε C Σερηνίλλα απο EPHNICT Σερηνίλλας HCETEKE της έτεκε  Διδύμη Der Text lautet von S. Michel transkribiert und interpretiert: Trennt den Ierakion (Sohn des Era kaks ?), den Serenilla geboren hat, von Serenilla, die von Didyme geboren ist.

Seite B mit einer  επιτάσ(σε)ι sechszeiligen Inschrift: C γαρ ο

475 Theokr. 2, 43-46. 476 Preisendanz – Henrichs 1974, P LXI 39-60. – Datierung von P LXI laut Preisendanz: spätes 3. Jh. n. Chr. 477 Angabe bei Michel 2001 b, 304 Nr. 497: »4./5. Jh. n. Chr. ? « 114

. . . CCK μ(έγα)ς θεος W  

Ergänzt und von Michel gedeutet, besagt die Inschrift: weil es der große Gott befiehlt.478

Am abgeschrägten Rand des Revers folgt: . B E P B E P C T A C B E P B E P E TA C

Der Logos TACBEPBEPETAC kommt nach Angaben C. Bonners gewöhnlich auf Amuletten mit der Darstellung von Isis lactans (mit Harpokrates auf dem Arm) und Bes (Beschützergott der Kinder) vor, kann aber gelegentlich auch ohne begleitende Bilder, allein, als starker Zauber wirksam sein. Offenbar versuchte die Besitzerin bzw. der Besitzer des schwarzen Serpentins unter Berufung auf einen großen, gewaltigen Gott, von den zuständigen Mächten die Trennung des Ierakion von einer gewissen Serenilla zu erwirken, damit dieser für sie/ihn selbst frei würde.479

III. 2. 2. 4. Herbeiführungszauber

Zweck dieser Zauberart ist es, eine begehrte Person mit Hilfe mächtiger Instanzen dem Träger des Amuletts zuzuführen. Als besonders einflußreich auf dem Gebiet der Agogai galt anschei- nend Hekate, wie auch Simaithas Appell – um nochmals auf Theokrits 2. Idyll zurückzukom- men – verrät: Heil dir, schreckliche Hekate, leit’ mich zum glücklichen Ende! Mache mir die- sen Zauber so wirksam wie jenen der Kirke, wirksam wie den der Medea und den Perimedes, der blonden! 480 Auf magischen Gemmen erscheint Hekate häufig in verdreifachter Form,481 deren Typus von modernen Autoren üblicherweise als Hekataion bezeichnet wird – im Gegen- satz zu antiken Quellen, welche mit εκάταιον, εκάτειον, εκατήσιον sowohl eine der Göttin ge- weihte Heilige Stätte (ιερον Εκάτης) als auch eine ein- oder dreifache Statue der Göttin (Εκάτης άγαλμα) meinen können.482 Der älteste Bericht über ein Bildwerk Hekates vom Typ τρίμορφος stammt von Pausanias,483 der eine aus drei Gestalten zusammengesetzte Statue von der Hand des Alkamenes beschreibt, die beim Athena-Nike-Tempel auf der Akropolis Aufstellung gefun-

478 vgl. Michel 2001 b, 304 Nr. 497; Michel 2004, 219: die Autorin folgt bei ihren Erklärungen weitgehend der Version bei Bonner 1950, 107. 200. 479 Michel 2001 b, 304 Nr. 497: »Der inschriftliche Trennungszauber, der in den Papyri „Spalter“ (Diakopos) ge- nannt wird, verweist das Amulett in den Bereich des Liebeszaubers.« 480 Theokr. 2, 14-16. – Eine Anspielung an die letztgenannte Zauberin, Perimede, findet sich auch bei Properz (Prop. 2, 4, 7-8), der die Härte einer Geliebten beklagt, die sich durch kein Kraut, keine kolchische Zauberin der Nacht, auch nicht durch die von Perimede selbst gebrauten Kräuteressenzen umstimmen lasse. – Gelegentlich wurde vermutet, dass die von Nestor in der Ilias (Hom. Il. 11, 739-741) erwähnte heilkräuterkundige ›blonde Aga- mede‹, Tochter des Augias und Gattin des Mulios, mit Perimede ident sei: vgl. Kern 1894, 719. 481 τρίμορφος (dreigestaltig), τριπρόσωπος (dreigesichtig) oder τρικέφαλος (dreiköpfig): vgl. Sarian 1992, 987. 482 vgl. Sarians Kommentar zu ›La triple Hécate‹ mit mehreren antiken Belegstellen: Sarian 1992, 1014 f. 483 Paus. 2, 30, 2: Αλκαμένης δέ εμοι δοκειν πρωτος αγάλματα Εκάτης τρία εποίησε προσεχόμενα αλλήλοις,ήν Αθηναιοι καλούσιν Επιπυργιδίαν. [Pausanias spricht ausdrücklich von drei Statuen Hekates und nicht von Heka- teion].

115

den hatte. 484

Das Bild einer Hekate vom Typ τρίμορφος ziert auch einen Ring in den Sammlungen des Wal- ters Art Museum und wird von C. Bonner vorgestellt.

(Kat. 105) Dreigestaltige Hekate, mag. Magnetitgemme, Baltimore

Der aus Magnetit bestehende Ringstein hat einen nach hinten deutlich abgeschrägten Rand und eine abgerundete Kante. Beide Seiten sind hochoval geschnitten. Die Abmessungen betragen 1,7 x 1,1 x 0,3 cm.485

Seite A bietet auf einer Grundlinie das Bild dreier scheinbar eng nebeneinander stehender Göt- tinnen im knöchellangen Peplos mit kolposartigem Bausch und linear angedeuteten Falten. Die mittlere Gestalt steht frontal, die beiden äusseren zeigen sich im Profil. Die Köpfe tragen je- weils einen Polos. Zwei Armpaare sind waagrecht zur Seite gestreckt, das dritte ragt seitlich nach unten. Die oberen Hände halten Geißeln, die mittleren Dolche, die unteren bodenwärts ge- gestreckte brennende Fackeln.

Links der Grundlinie beginnend, verläuft die Inschrift in einem Bogen entlang des oberen Gem- menrandes um die Dreigestalt: B P E I M W  P O K V N H P      W N

C. Bonner zufolge ist BPIMO üblicherweise eine Bezeichnung für Hekate oder Persephone, während POKYNH vermutlich einen Beinamen der von einer Meute bellender Hunde beglei- teten Göttin darstellt. PWN scheint in magischen Texten vorwiegend als Epitheton der Unterweltgöttin Hekate auf, etwa im Sinne der ›Erdspaltenden‹.486

Seite B trägt eine Inschrift A K T I = Aktiophi in sieben Zeilen: W  I E P E C X E I  Er|escheigal A  N E B O V T O C O V A  H 

Der Ausdruck AKTIW CXEI NEBOYTOCOYA taucht an mehreren magi- schen Gemmen auf, wo er Hekate (AKTIW) mit der babylonischen Unterweltsgöttin Ereschi- gal identifiziert.487 Hekate zählt wie Artemis und Selene, mit welchen sie häufig auch synkreti- siert wurde, zu den Gottheiten des Mondes. Ihre Dreigestalt entspricht den drei Mondphasen, die in den magischen Papyri anklingen, wenn von der dreiköpfigen, dreispitzigen, dreigesich- tigen, dreinackigen, dreiwegigen Hekate die Rede ist. In ihren Attributen Geißel, Dolch, Fa- ckel und Polos sieht S. Michel eine Charakterisierung als Rachegottheit mit apotropäischer Wir

484 um 430 v. Chr.: vgl. Kraus 1960, 84.92.96. 485 Bonner 1950, 263 Nr. 63 nennt als Material Hämatit; Michel 2004, 218 Anm. 1141 spricht von Magnetit 486 vgl. Bonner 1950, 168-170. 487 vgl. Michel 2004, 218; 482 s. v. Aktiophi, Aktiophi-Logos. 116

kung gegen böse Dämonen.488

Als Indiz für einen mit der hier zitierten Gemme angestrebten Liebeszauber steht der Ausdruck AKTIW, der, dreifach wiederholt, häufig an magischen Steinen mit Eros als Zentralmotiv auf- scheint (vgl. Kat.90). Magnetit als Material lässt zusätzlich einen ›anziehenden‹ Liebeszauber er- warten.

Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang noch S. Michels Hinweis, dass Gemmen mit der dreigestaltigen Hekate einen Bezug zur mithräischen Seelenlehre haben konnten, indem die Göttin die Dreiteilung der Seele gemäß Platons Philosophie symbolisierte. Nach Platon bedeu- tet NOYC den im Herzen sitzenden Geist, C die im Kopf lokalisierte Leidenschaft und  die in der Leber geortete Begierde und Lust.489

Auf mehreren Gemmen sind auch synkretisierte Formen von Hekate mit Isis und Hathor be- legt. Zu den bemerkenswertesten Stücken dieser Art zählt eine nur mehr im Abguß erhaltene Gemme, die jedoch von C. Bonner ausführlich beschrieben ist. Sie war einst im Besitz von E.T. Newell.490

(Kat. 106) Isis-Hathor-Hekate mit Fackel und Peitsche, mag. Gemme

Der Stein, von C. Bonner als brauner Eisenstein, von S. Michel eher als leicht zu ritzender Li- monit oder Serpentin eingeschätzt, dürfte aufgrund seiner Größe als Anhänger gedient haben. Seine Maße werden mit 4,4 x 3,2 x 0,4 cm angegeben.

Seite A präsentiert eine weibliche Figur, frontal stehend, in einem langen gegürteten Kleid. Die von S. Michel als ›Isis/Hathor/Hekate‹ benannte Gestalt hat drei Tierköpfe, bekrönt von einem Modius. Nach Ansicht der Autorin dürfte es sich rechts um den Kopf einer Gans, links um den eines falkenähnlichen Vogels und in der Mitte um den nach vorn gewandten Kopf einer Kuh handeln.491 Die Göttin hält in ihrer Rechten eine Peitsche, in ihrer Linken eine entzündete Fa- ckel. Beginnend rechts direkt neben dem Modius verläuft eine lange Inschrift im Uhrzeigersinn spiralförmig von innen nach außen fast dreimal um die Figur, sie besteht aus 125 griechischen Buchstaben:

WAIWWAIOVEVWIAIHEVOEVMAPAKPIMWEPAPWIABABIOVIOVEVIBHPO MAXWPHWIAPENOVMEPZWPCVZW

Der Sinn der Silbenkombinationen ist weitgehend nicht fassbar, bis auf zwei Worte am unteren Rand, gegen Ende der Inschrift: προς πέτλα = für petla, was sich vermutlich auf Petala, jene dünnen Bleitäfelchen, die man bei Defixionen benützte, bezog.

Seite B weist eine annähernd ein Viereck bildende Inschrift auf, die einen durchaus verständ- lichen Text ergibt:

488 vgl. Michel 2001 b, 43 f. zu Nr. 66. 489 Michel 2001 b, 44 zu Nr. 66. 490 vgl. Bonner 1950, 116-119; 278 f. Nr. 156. 491 Michel 2004, 217. 117

άξον Αχειλλαν ον έτεκεν Σεραπιας Διονυσιατι η<ν>τ έτοκεν Σεραπιας = Bring Achillas, Sohn der Serapias, zu Dionysias, Tochter der Serapias

Innerhalb dieser umlaufenden Inschrift steht in großen, ungelenken Buchstaben :

η άξον η κατακλεινον = Bring ihn entweder zurück, oder ›leg ihn flach‹.492

S. Michel wertet nun den Ausdruck προς πέτλα im langen magischen Text der Vorderseite zu- sammen mit der Aufforderung, den Achillas zur Dionysias zu bringen, als Hinweis, dass hier wohl eine ursprünglich für Fluchtäfelchen konzipierte Formulierung übernommen wurde. Offenbar hat aber der Liebeszauber seine Wirkung verfehlt, weshalb die enttäuschte Trägerin des Amuletts später anscheinend selbst mit einer Nadel oder einem Stift den Nachtrag auf der Rückseite eingeritzt hat, in der Hoffnung, eine Krankheit möge den geliebten Mann ans Bett fesseln 493 – und so zumindest eine Fortsetzung seiner amourösen Eskapaden vereiteln.

Ein weiterer Intaglio, der schon aufgrund seines Materials am ehesten in die Kategorie des An- ziehungszaubers zu passen scheint, thematisiert, wenn auch etwas grob ausgeführt, die Bezie- hung zwischen Helios und Selene.

(Kat. 107) Helios und Selene, mag. Magnetitgemme, London

Der im Britischen Museum befindliche Magnetit ist beiderseits flach, am Rand leicht nach hin- ten abgeschrägt und queroval geschnitten. Er misst 1,15 x 1,4 x 0,3 cm und wird ins 2. Jh. n. Chr. datiert. 494

Seite A zeigt zwei Figuren in Vorderansicht. Der in leichter Schrittstellung rechts stehende Helios hat seinen Kopf der zweiten Gestalt, die offenbar gerade vom Himmel herabschwebt, zugewandt und hebt begrüßend den rechten Arm. Neben dem solaren Grußgestus verrät auch ein Strahlenkranz im Haar die Identität des Gottes, Helios. Er ist anscheinend nur mit einer über den Rücken hängenden Chlamys bekleidet. Ein Zipfel des Mantels fällt über seinen linken Arm, in dem er einen länglichen Gegenstand hält (Fackel ?).

Auch Selene, in einem langen Peplos mit üppigem Kolpos, ist in ihrer charakteristischen Er- scheinungsform dargestellt, mit halbkreisförmig über dem Kopf gebauschtem Velum und einer Mondsichel im Rücken, kenntlich an den hinter den Schultern aufragenden Spitzen. Mit seitlich abwärts gestreckten Armen hält sie wohl die Enden ihres Schleiers fest und scheint zudem in der Rechten ihr typisches Attribut, die nach unten gerichtete Fackel, zu führen.

Seite B lässt Reste einer Inschrift in drei Reihen erkennen:

A P E P    A  O    K Y P I  

492 Griechischer Text: bei Bonner 1950, 117. Deutsche Übersetzung: Michel 2004, 218. 493 Michel 2004, 218. 494 Michel 2001 b, 42 Nr. 64. 118

Zum magischen Text der Rückseite liegen zwar keine Deutungen vor, doch ist bekannt, dass Helios und Selene als klassisches Liebespaar galten. Man dachte, sie würden einander immer- fort hinterhereilen, jedoch nur in Neumondnächten, wenn keiner von beiden sichtbar ist, zu einander finden und Hochzeit halten. Die Verbindung von Sonne und Mond in der Neumond- nacht wurde sogar als Urbild aller menschlichen Hochzeiten angesehen. Dementsprechend fiel Selene, die die Nöte mit unerfüllter Liebe und ungestillter Sehnsucht kannte, eine wichtige Rol- le in Belangen des Liebeszaubers zu. 495

Unter den Empfehlungen des bereits erwähnten komplexen Rezepts PGM IV 2145-2242 mit dem Titel Homerischer Dreizeiler als Beihelfer (Kat.95) wird gegen Ende des Textes noch ein ausgesprochener Herbeiführungszauber beschrieben:

(Kat. 108)* Pap.Rez. PGM IV 2232-2242 ›Bei herbeizwingenden Liebeszaubereien‹, Paris

Nach den Anweisungen zur Herstellung eines beschrifteten Goldtäfelchens, um Gunst zu erwer- ben und bei Liebeszaubereien, folgt eine weitere Anleitung: Eπι δε αγωγίμων: = Bei herbeizwingenden Liebeszaubereien: räuchere Rose und Sumach, nimm Myrrhenblätter und schreib mit Tinte darauf: ‘(ZW, Vokale), führe die NN dem NN zu’. Und sag die Formel her und leg den Zauberstoff von ihr unter (die Tafel). Gib aber der Myrrhentinte noch (Saft) von einschossigem Wermut bei. Die Tafel aber hange an einem Bande, das du dem Ort entnimmst, wo die Wollbereiter arbeiten. 496

Auf das Goldtäfelchen ist also mit Myrrhentinte die angegebene Zauberformel zu schreiben. Darin wird an Aphrodite unter ihrem Geheimnamen Arroriphrasis appelliert, die namentlich zu nennende weibliche Person dem ebenfalls zu bezeichnenden Ausführenden des Zaubers zuzu- führen (άξον την δεινα τω δεινα). Zusätzlich muß die Formel aufgesagt und Zauberstoff (ουσία) der Begehrten unter das Täfelchen gelegt werden, sodann ist dieses an einem Wollband anzu- hängen.

III. 2. 2. 5. Bindungszauber

Aphrodite und Ares, deren Beziehung im achten Gesang der Odyssee geschildert wird,497 spie- len im Liebesbindezauber eine zentrale Rolle, die auch in den magischen Papyri immer wieder anklingt. Nach Anweisung des Pariser Zauberpapyrus soll ja für Wunderbaren Liebeszwang (φιλτροκατάδεσμος θαυμαστός) 498 ein gerüsteter Ares aus Wachs (oder Ton) geformt werden, der sein Schwert gegen eine aus dem selben Material gestaltete, kniende weibliche Figur rich- tet, deren Hände hinter dem Rücken gefesselt sind. Nach dem Einschreiben von Zauberworten und Einstechen von Nadeln in diese Figur ist eine lange Anrufung an einen Totengeist auf ei- nem Bleitäfelchen niederzuschreiben und gleichzeitig herzusagen.

495 vgl. Michel 2001 b, 42 Nr. 64. 496 Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 2232-2242. 497 Hom. Od. 8, 267-363. 498 PGM IV 296-466; vgl. Kat.78. 119

Die reale Durchführung dieses Bindezaubers ist, wie schon bei der Besprechung der Defixionen erwähnt, durch Funde einer gefesselten, von Nadeln durchbohrten weiblichen Tonfigur (Kat.79a) und von Niederschriften der Beschwörung auf Blei (Kat.79b) oder Papyrus (Kat.80) mehrfach be- legt.

Auf Gemmenbildern kann dagegen nur ein Ausschnitt der komplizierten Zauberhandlung fest- gehalten werden. Die Fesselung Aphrodites (meist im Hüftmantel abgebildet) steht dabei sym- bolisch für das emotionale Binden einer begehrten Frau an den Träger des Amuletts:

(Kat. 109) Ares und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, Paris

Der grüne Jaspis in den Sammlungen des Pariser Cabinet des Médailles ist am Avers hochoval, am Revers queroval geschnitten. Er misst 1,8 x 1,35 cm.499

Die Illustration im Katalog von Delatte – Derchain gibt in diesem Fall Gipsabdrücke im Nega- tiv wieder, ist also seitenverkehrt zu betrachten. Angesichts der undeutlichen Wiedergabe der Bilder muss den knappen Erläuterungen des Pariser Katalogs Glauben geschenkt werden. Seite A: Ares erscheint auf der linken Seite der Bildfläche. Er ist mit Panzer und Stiefeln, je- doch ohne den üblichen Helm dargestellt. Den erhobenen rechten Arm auf seine Lanze gestützt, sowie die gesenkte Linke an den Rand des abgsetzten Schilds gelegt, blickt er auf Aphrodite, die ihm im Kontrapost gegenüber steht. Die Göttin ist mit Chiton und Hüftmantel bekleidet und trägt überraschenderweise einen Helm mit Helmbusch auf dem Kopf. Ihre angewinkelt hinter den Körper gelegten Arme sind offenbar im Rücken gebunden. Auffallend ist die relativ gelöste Atmosphäre, die das Bild vermittelt.

Über den Häuptern der Götter beginnt am oberen Gemmenrand eine längere Inschrift, die im Uhrzeigersinn hinter Aphrodite weiterläuft. In Transkription und Übersetzung der Bearbeiter lautet sie: Αρρωριφρασις δος την χάριν τω φορουντι

= Arroriphrasis donne ta faveur á celui qui porte (ce talisman) – eine eindeutiger Appell an Aphrodite, die bei ihrem Geheimnamen angerufen wird, ihre Gunst dem Träger des Amuletts zu erweisen.

Seite B ist mit einem M E   T O μεγα το vierzeiligen Text beschriftet: O N O M A T O Y ονομα του Y       N υποταξαν|τος T O C

= Grand est le nom de celui qui a soumis = groß ist der Name dessen, der unterworfen hat.

Delatte – Derchain schlagen als wahrscheinlichste Auslegung vor, dass unter dem großen Na- men desjenigen, der gefügig macht, Ares angesprochen sei, und dass mit χάρις die Liebesgunst der Frau beschworen werde, die der Magier oder sein Kunde begehrt.500

Zur Bedeutung des Helmtausches liefern die Autoren keinen Kommentar. Möglicherweise steht

499 Delatte – Derchain 1964, 242 Nr. 333. 500 Delatte – Derchain 1964, 240. 120

jedoch die auf Seite A abgebildete behelmte Aphrodite im Hüftmantel mit den gebundenen Hän den hier nicht bloß als Symbol der vom Amulettbesitzer ersehnten Geliebten neben Ares, son- dern, passend zur Inschrift, ebenso als Verkörperung der angerufenen mächtige Göttin der Lie- be. Eine solche zu erobern, bedarf es schon einer kraftvollen Intervention – womit auch der Text von Seite B gerecht fertigt wäre. 501

Ein weiterer magischer Stein aus dem Katalog des Cabinet des Médailles zeigt die umgekehrte Situation: Aphrodite legt Ares in Fesseln.

(Kat. 110) Aphrodite und Ares, mag. Hämatitgemme

Es handelt sich um einen Hämatit, der an der Vorderseite hochoval geschnitten ist. Seine Größe beträgt 2,3 x 1,9 cm.502 Die Abbildung entspricht hier dem positiven Gipsabdruck.

Seite A: Links auf der Grundlinie ist eine im Kontrapost stehende nackte weibliche Gestalt zu erkennen. Die Geste der zum Kopf gehobenen Rechten erinnert an die üblicherweise mit beiden Händen ausgeführte Gebärde der Anadyomene, um das lange Haar zu trocknen. Die Göttin blickt nach rechts auf die ebenfalls nackte männliche Figur, die sie mit der Linken an den hinter den Rücken gebundenen Händen festhält. Der Helm mit Helmzier auf dem Kopf lässt an Ares denken. Während der Gefesselte sich unter der harten Behandlung krümmt und vergeblich ver- sucht, nach rechts zu entkommen, scheint Aphrodite ganz mühelos zu agieren.

Links im Hintergrund ist ein kleiner geflügelter Eros im Begriff zu entschwinden, er späht zu dem Paar hinüber. Die Haltung seiner Arme könnte verraten, dass er gerade einen seiner Pfeile verschossen hat. Beginnend in der Mitte des rechten Randes und im Uhrzeigersinn umlaufend, lautet die In- schrift:          C      W  I     C   C     

Allerdings wagen Delatte – Derchain keine schlüssige Deutung des Logos. Sie verweisen nur darauf, dass die Variante HC in den Zauberpapyri vorkomme und dort als ›Hathor, Macht der Isis‹ gedeutet werde.503 Man wird den Autoren aber kaum widersprechen, wenn sie meinen, dass magische Gemmen, die Aphrodite wie hier mit dem gefesselten Ares zeigen, eher für eine weibliche Klientel be- stimmt gewesen seien.504

Im folgenden Beispiel tritt nun Eros, quasi als Bote oder Stellvertreter, auf, um das Gewünsch- te zu vollbringen:

501 Aphrpodite im Hüftmantel, ausgestattet mit einem Helm, lässt an den statuarischen Typus der Venus Victrix denken, der in der römischen Kaiserzeit u.a. auf Reliefs und auf zahlreichen Objekten der Kleinkunst, wie Münzen und Gemmen, aber auch Kameen, Spiegeln, Tonlampen, seinen Niederschlag findet. Als Attribute kommen dabei hauptsächlich Schild, Helm, Lanze, Speer, Schwert, Siegespalme vor; vgl. E. Schmidt 1997, 211 f. Nr. 192-207. 502 Delatte – Derchain 1964, 243 Nr. 335. 503 Delatte – Derchain 1964, 243 Anm. 1. 504 Delatte – Derchain 1964, 240. 121

(Kat. 111) Eros und Aphrodite, mag. Hämatitgemme

Der Hämatit wird von C. Bonner der Sammlung E. Newell zugeordnet. Er ist hochoval, nur an der Vorderseite bearbeitet. Die Maße lauten 2,2 x 1,8 x 0,3 cm.505

Seite A: Auf einer kurzen Grundlinie steht frontal eine weibliche Gestalt im Kontrapost, nur mit einem eng anliegenden Hüftmantel bekleidet. Ihre Hände sind im Rücken mit einem Strick gefesselt. Sie blickt nach links, wo sich ein kleiner geflügelter Eros zu ihren Füßen auf ein Knie niedergelassen hat. Mit aller Kraft zerrt er an dem Seil, das er in vielen Windungen um Hüften und Beine seines Opfers gewickelt hat.

Die Szene wird von einer umlaufenden Inschrift gerahmt:     C

Wenn auch C. Bonner und S. Michel sich im Fall der Gefesselten nicht eindeutig auf Aphrodite festlegen wollen – Bonner plädiert zwischendurch für Psyche – spricht doch der Augenschein für die Göttin. 506

Der Ausdruck C wird dagegen allgemein als Verschreibung des griechischen Begriffs ο πόθος bzw. η ποθή (Liebesverlangen, Sehnsucht) angesehen. Mithin sollte der kleine Liebes- gott wohl die sehnsuchtsvollen Vorstellungen des Amulettträgers realisieren, indem er die An- gebetete umgarnt und deren Gefühle an ihn selbst bindet.

Auf einer magischen Gemme des Britischen Museums richtet sogar Artemis den Bogen gegen eine gefesselte Aphrodite:

(Kat. 112) Artemis und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, London

Ein in dunkelgrünen Jaspis geschnittenes Amulett, beiderseits flach, mit nach hinten abgerun- detem Rand. Es weist einen Abspliss im unteren Bildfeld auf. Die Maße sind mit 2,6 x 1,9 x 0,45 cm angegeben, die Datierung lautet 2. Jh. n. Chr. 507

Seite A: Auf dem Rücken eines nach rechts springenden Hirsches (Hinterbeine durch Abspliss verloren) stehend, stürmt Artemis auf Aphrodite zu. Sie trägt Stiefel und einen kurzen, gefältel- ten Chiton, der nur die linke Brust verhüllt, im Rücken flattert das Ende ihres Mantels. Den Kopf ziert der charakteristische Haaraufbau über der Stirn. Mit der angewinkelt erhobenen Rechten greift sie an den Köcher hinter der Schulter, um einen Pfeil herauszuziehen. Zugleich führt sie einen senkrecht gehaltenen Bogen in der Linken.

Aphrodite, die in Schrägansicht mit versetztem Spiel- und Standbein vor ihr steht, wendet ihr den Kopf zu. Ein Hüftmantel ist in dichten Falten eng um die Beine der Göttin geschlungen. Am nackten Oberkörper deuten kugelige Rundungen die Brust an. Die mit Reifen gezierten Arme sind hinter dem Rücken gefesselt. Langes, gerades Haar fällt über ihre Schultern.

505 Bonner 1950, 279 Taf. 8, 157. 506 Bonner 1950, 122: Psyche; Bonner 1950, 279 Nr. 157: Aphrodite; Michel 2004, 207: ungeflügelte weibliche Figur im Hüftmantel; Michel 2004, 266 s. v. 15.4.Eros.Sonstige: weibliche Figur (Aphrodite?) im Hüftmantel. 507 Michel 2001 b, 50 Nr. 75 Taf. 11, 75. 122

Seite B: Die Inschrift in vier Zeilen lautet:   C I E W N I A H X A P I C

S. Michel transkribiert und übersetzt: Πόσ(ε)ι αιώνια η χάρις – dem Ehegatten die ewige Liebe. Sie erinnert aber auch an die Möglichkeit, dass CI eine Verschreibung des vorhin erwähnten Begriffs η ποθή darstellen könnte; in diesem Fall wären die Ausdrücke η ποθή und η χάρις viel- leicht als Anrufung an Aphrodite zu verstehen. 508

Das Bild der Pfeile schießenden Artemis und der gefesselten Liebesgöttin lassen an eine Passa- ge des bereits (unter Kat.80) angesprochenen Defixionstextes T.1 denken, der an Artemis-Hekate gerichtet ist: O Nachterschütterin, ich beschwöre dich bei deinen schaurigen Namen … ziele deinen Bogen auf das Herz der Matrona, der Tochter der Tagene,… (Mach, dass sie vergeht) vor Liebe und Sehnsucht nach Theodor, dem Sohn der Techosis … 509

Die folgende Gemme befindet sich im Wiener Kunsthistorischen Museum. Sie zeigt den oft- mals mit Eros geglichenen Harpokrates, bildet aber keine Fesselung ab. Der beabsichtigte bin- dende Liebeszauber ist hier aus Form und Inhalt der Inschrift abzuleiten.

(Kat. 113) Harpokrates auf dem Lotos, mag. Heliotropgemme, Wien

Es handelt sich um einen Heliotrop-Intaglio in moderner goldener Ringfassung mit bewegli- chem Bügel. Seine Maße betragen: 2,35 x 1,87 (sichtbare Oberfläche) x 0,42 cm, er wird ins 2. Jh. n. Chr. datiert. 510

Seite A: Im Zentrum der Darstellung sitzt, eher flüchtig skizziert, Harpokrates auf einer brei- ten, quer gerillten Lotosblüte, die von einem dicken Stamm, an dem noch mehrere Knospen sprießen, hoch empor getragen wird. Der jugendliche Gott ist durch Atefkrone, Geißel und zum Mund gehobene Hand charakterisiert. Harpokrates und Lotos werden von einem mandorlaarti- gen Gebilde umrahmt, das die Sonnenbarke in Aufsicht wiedergeben soll. Auf der bandförmig gezeichneten Wandung sind Lambda- und Ypsilon-Muster eingraviert. Zu beiden Seiten des Bootes finden sich je zwei übereinander gereihte Inschriftenblöcke mit den in Flügelform (Pterygoma) angeordneten Sieben Vokalen, abwechselnd mit Omega und Alpha beginnend.

Seite B trägt eine Inschrift in griechischer Sprache:

KRATIC κρατίσ|τω (κρατείσθω) TWΘVMOC θυμος CAPAΠIWNO Σαραπίωνο|ς CΠΡOCEME προς εμε ΔΙΔVMHNKAI Διδύμην και XAPITWCON χαρίτωσόν MEΔΙΔVMHN με Διδύμην

508 Michel 2001 b, 50. 509 P. Colon. Inv. T.1, 48-57; vgl. Wortmann 1968, 77; Michel 2001 b, 50 zu Nr. 75. 510 Zwierlein-Diehl 1991, 159 Nr. 2195. 123

ΠPOCAΓΑΘΟ προς Αγαθο|ν NΔAIMON Δαίμο|να A

E. Zwierlein-Diehl transkribiert und übersetzt: Es soll festgehalten werden der Sinn des Sarapi- on bei mir, der Didyme. Und mache mich, die Didyme, beliebt. Beim Agathos Daimon. 511 Offenbar wurde die Heliotrop-Gemme von einer Frau, Didyme, in Auftrag gegeben, die sich durch den eingeschnittenen Bindezauber die Liebe des Sarapion sichern wollte.

III. 2. 2. 6. Hoffnungs-, Schutz-, Rachezauber

Unter diese Rubrik fallen Amulette, die Hoffnung auf Gegenliebe, Schutz vor Liebeskummer oder Rache bei enttäuschter Liebe bezwecken. Insbesondere Gemmen dieser Gruppe geben den Gefühlen verzweifelt Liebender Ausdruck, wie aus den unmissverständlich aggressiven Darstel lungen und Inschriften hervorgeht. Man hoffte auf diese Weise wohl, die begehrte Person doch noch umzustimmen zu können, oder wünschte ihr bei Fehlschlagen aller Bemühungen, ähnli- che Liebesqualen wie die selbst erfahrenen zu erleiden – als gerechten Ausgleich für den eige- nen Schmerz.

Entsprechende Gedanken dürften hinter einer magischen Gemme im Pariser Cabinet des Mé- dailles gestanden haben, die nicht nur Aphrodite mit gebundenen Händen an Ares’ Kette vor- führt, sondern durch Inschrift bekräftigt: Du bist zu Recht gefesselt!

(Kat. 114) Ares und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, Paris

Der grüne Jaspis ist an beiden Seiten queroval zu betrachten, er misst 1,4 x 1,8 cm. 512 Die zur Verfügung stehende Abbildung im Katalog von Delatte – Derchain beruht auf einem Gipsabdruck, ist daher seitenverkehrt. Das unscharfe Bild nach dem Abdruck des Steins lässt keine genauen Details des Intaglio erkennen, allerdings soll versucht werden, Motiv und In- schrift seitenrichtig zu beschreiben.

Seite A: Auf der Grundlinie stehen in Dreiviertelansicht links Ares, rechts Aphrodite nebenein- ander. Beide im Kontrapost mit zur Mitte gekehrtem Spielbein. Aphrodite ist wie üblich mit ei- nem Hüftmantel bekleidet, der in mehreren steifen Falten bis zum Boden fällt. Ihre Hände sind im Rücken durch eine Kette gefesselt. Sie hat den Kopf nach rechts zur Seite gewandt. Ares ist ebenfalls in geläufiger Adjustierung angegeben, mit Panzer, Stiefeln und Helm samt Helmbusch. Er stützt die erhobene Rechte auf seine Lanze und blickt auf die Göttin, während er mit seiner Linken die schwere Kette an Aphrodites Händen in kurzem Abstand hält, sodass das Ende der Fessel zu Boden hängt.

Die Inschrift verläuft am linken Gemmenrand, in Höhe von Ares’ Fuß beginnend, aufwärts und

511 Zwierlein-Diehl 1991, 159 Nr. 2195. – Zwierlein-Diehl zitiert an dieser Stelle auch R. Merkelbach, der an die Identität von Harpokrates und Agathos Daimon erinnert und an die Möglichkeit, dass die Inschriften der Seite A im Schwindeschema die Flügel des Eros bedeuten könnten. Demnach wäre der auf der Vorderseite dargestellte Harpokrates zugleich der auf Seite B angerufene Agathos Daimon. 512 Delatte – Derchain 1964, 242 Nr. 332 m. Abb. 124

am rechten Rand hinter Aphrodite abwärts:

    C        W C = du bist zu Recht gebunden

Seite B weist einen     = ABAANABA 513 Logos in 3 Zeilen auf:       

Der Stein sollte Delatte – Derchain zufolge wegen der Inschrift δέδεσαι δικαίως ganz klar als Instrument der Rache im Liebeszauber dienen.

Eine Reihe bevorzugt in Jaspis geschnittener Gemmen zeigt das Motiv von Eros, der Psyche mit Fackel oder Pfeilen quält. Auf anderen ist wiederum Psyche zu sehen, die sich dafür an Eros rächt. Das Opfer steht zumeist mit hinter den Rücken gebundenen Händen vor einer Säu- le, auf der die Greifin der Nemesis mit dem Schicksalsrad sitzt. Daneben erscheint üblicher- weise die Inschrift ΔΙΚΑΙWC = zu Recht, gerecht. Vermutlich hoffte der Träger des Steins auf Erwiderung seiner Liebe bzw. auf Genugtuung für seine Seelenqualen.514

In der modernen Literatur werden Amulette, die das wechselhafte Liebesglück von Eros und Psyche zum Thema haben, häufig mit einer Anweisung des Pariser Zauberpapyrus unter dem Titel Schwert des Dardanos in Verbindung gebracht. Das Rezept gibt an, wie die entsprechen- den Bilder der beiden Protagonisten einem magisch wirksamen Stein einzuschneiden sind, um damit eine begehrte Person geneigt zu stimmen:

(Kat. 115)* Papyrus-Rezept PGM IV 1717-1870 ›Schwert des Dardanos‹, Paris

Der mutmaßlich im frühen 4. Jh. n. Chr. kopierte Text ist in griechischer Sprache verfasst und von diversen Palindromen, Zauberworten, Vokalen und Charakteres durchsetzt. 515

Auf den Titel Ξίφος Δαρδάνου = Schwert des Dardanos folgt in Z. 1717-1722 die Ankündigung: Zauberhandlung, ‘Schwert’ genannt, der nichts gleich ist wegen ihrer Wirkung. Denn sie macht gefügig und zwingt herbei eine Seele [ψυχήν] schnur- stracks, wessen du nur willst, wenn du das Gebet sagst und das: ‘Ich mache gefügig die Seele des NN. ’ 516

Dann die vielzitierte Instruktion (Z. 1723-1749): Nimm einen Magnetstein, den atmenden, und graviere darauf Aphrodite, wie sie rittlings auf Psyche sitzt, mit der linken Hand sie hält, mit aufgebundenen Haaren, ... Unterhalb aber von Aphrodite und Psyche: Eros, auf einer Kuppe

513 Für ABANAABA gibt S. Michel eine mögliche Übersetzung: ›Tochter des Gottes‹. Es handelt sich um ei- ne Variante des ABANAANABA-Palindroms, das zu den meistverwendeten magischen Ausdrücken gehört, im Allgemeinen an Sonnengottheiten gerichtet ist, und als Bitte um leiblichen Schutz angesehen wird; vgl. Michel 2004, 481 s. v. Ablanathanalba-Palindrom. 514 Michel 2001a, 99 zu Nr. 111. 112. 515 Preisendanz – Henrichs 1973 P IV 1717-1870; vgl. Bonner 1950, 120; Michel 2004, 203. 516 Übersetzung: Preisendanz. 125

stehend, eine brennende Fackel haltend, mit der er Psyche brennt ... und auf die andere Seite des Steines Psyche und Eros, ineinander verschlungen ... Ist der Stein graviert und geweiht, dann gebrauch ihn so: nimm ihn unter deine Zunge, dreh ihn auf welche Seite du willst, sprich dieses Gebet: Anschließend eine lange Sequenz von Anrufungen an Eros (Z. 1749-1788): Ich rufe dich an, den Ursprung alles Werdens, der seine Flügel über die ganze Welt hinbreitet … Goldbeschwingter, Dunkler, der die besonnenen Gedanken verdeckt und einbläst finstere Leidenschaft … du er- zeugst das unsichtbare Feuer, indem du alles Beseelte berührst, es ohne Ermüden quälend … Du Jüngster, Gesetzloser, Erbarmungsloser, Unerbittlicher, Unsichtbarer, Körperloser, der Leidenschaft Erzeuger, Bogenschütze, Fackelträger …

Darauf der Appell (Z. 1788-1811): Ich rufe an, dich, den unerbittlichen, mit deinem großen Na- men (ZW, Vokale, Palindrome) … wende die Seele der NN her zu mir, dem NN, daß sie mich liebe, daß sie mich begehre, daß sie mir gebe, was in ihren Händen ist … Es folgt eine Reihe weiterer Anweisungen (Z. 1813-1870).

Ein repräsentatives Beispiel der angesprochenen Gruppe von Liebesamuletten liegt in einem Stein der Sammlung Skoluda in Hamburg vor:

(Kat. 116) Eros und Psyche, mag. Jaspisgemme, Hamburg

Der dunkelbraune Jaspis, beiderseits flach, mit nach rückwärts abgeschrägtem Rand, ist nur an der Vorderseite (queroval) bearbeitet und diente als Ringstein. Die Maße betragen 1,38 x 1,78 x 0,25 cm, die Datierung lautet 2. Jh. n. Chr. 517

Seite A: Auf der langen Grundlinie steht rechts ein jugendlicher Eros in Frontalansicht, das lin- ke Bein angewinkelt nach hinten abgestützt, das rechte schräg nach vorn gesetzt, über der lin- ken Schulter sind die horizontal schwingenden Flügel zu erkennen. Der Blick des Schützen fi- xiert das körperlich unterlegene Opfer am linken Rand während er bereits die Sehne des ange- legten Bogens spannt. Im Gegensatz zur dynamischen Gestalt des Eros wirkt die kleine, im Pro- fil wiedergegebene weibliche Figur im langen Kleid, mit hinter dem Rücken gefesselten Hän- den und gesenktem Kopf, widerstandslos in ihr Schicksal ergeben.

Die mädchenhafte Gestalt ist offenbar an die hinter ihr stehende kurze Rundsäule gebunden, auf der ein zur Mitte blickender Greifvogel mit einem vierspeichigen Rad zwischen den Klauen thront. Am rechten Rand, hinter Eros, ist eine mächtige lodernde Fackel zu sehen.

Quer über der Szene die Inschrift: Δ Ι Κ Α Ι W C = gerecht

Angetrieben durch die flammende Fackel der Leidenschaft, quält Eros (Liebe), die wehrlose Psyche (Seele) mit seinen Pfeilen. Gleichzeitig scheint Nemesis, Göttin der Gerechtigkeit und Rächerin verschmähter Liebender, vertreten durch ihre Attribute Greif und Schicksalsrad, dem Treiben zuzustimmen und die Leiden des Opfers als gerechte Vergeltung anzusehen.

S. Michel vermutet, dass Ringsteine mit Eros oder Psyche an der Säule nicht nur für eine ein- malige Zauberhandlung und im Hinblick auf eine bestimmte Person hergestellt wurden, son-

517 Michel 2001 a, 100 Nr. 111. 126

dern als Talisman oder allgemein wirksames Amulett gegen Liebeskummer über einen länge- ren Zeitraum getragen wurden.518

Andere Steine thematisieren die Rache der misshandelten Psyche. Besonders bemerkenswert ist folgende, ebenfalls im Cabinet des Médailles befindliche magische Gemme, die in Wort und Bild deutlich den Rachegelüsten verletzter Liebender Ausdruck verleiht:

(Kat. 117) Psyche und Eros, mag. Jaspisgemme, Paris

Das Amulett aus grünem Jaspis ist beidseitig hochoval zu betrachten. Seine Maße betragen 1,7 x 1,4 cm. Aus dem Pariser Katalog geht allerdings nicht hervor, ob beide dort abgebildete Sei- ten des Steins negative Gipsabdrucke darstellen, da nur die Inschrift des Revers rückläufig zu lesen ist.519 Der Beschreibung von Seite A muss vorausgeschickt werden, dass hier nicht der von Delatte – Derchain und S. Michel vertretenen Interpretation der dargestellten Figuren ge- folgt wird.520

Seite A: Auf der Grundlinie steht rechts annähernd frontal ein geflügelter, nackter Eros (Delat- te – Derchain / Michel: Psyche). Seine Hände sind im Rücken an einen die Szene überragenden Baum gebunden. Der Gefesselte blickt nach links auf eine kleine im Profil gezeigte Gestalt mit kurzen Schmetterlingsflügeln (Delatte – Derchain / Michel: Eros), die gerade ihre Knie beugt, um eine lodernde Fackel gegen seine Füße zu drücken. Der Darstellung ist folgende Inschrift beigefügt: links, hinter Psyche: E P W C oberhalb von Psyche: W C C Y E M E unter der Grundlinie: K A  W C E

In Transkription und Übersetzung von Derlatte – Derchain lautet der Text: Ερως ως συ εμε καγώ σε = Eros comme tu m’as traité, je te traite.

Seite B ist von der Figur eines nach links blickenden Anguipedes ausgefüllt. In der erhobenen Linken schwingt er eine Peitsche, während er an der Rechten die Schlaufen seines Schildes hält Links hinter dem Schild steht von oben nach unten gegenläufig zu lesen: I A W

S. Michel bringt die Aussage der magischen Gemme auf den Punkt: Wie du mir, so ich dir.

Auf einem Karneol des Britischen Museums tritt Nemesis selbst gemeinsam mit (vermutlich) Aphrodite in Erscheinung.

518 Zu dieser und diversen Überlegungen weiterer Autoren: vgl. Michel 2004, 206 f.; Bonner 1950, 121. 519 Delatte – Derchain 1964, 236 Nr. 324. 520 vgl. Delatte – Derchain 1964, 236 Nr. 324; Michel 2004, 265 s. v. 15.2.b.Eros-Psyche-quälend. 127

(Kat. 118) Nemesis mit Rad und Aphrodite, mag. Karneolgemme, London

Der Ringstein ist queroval zu betrachten, an beiden Seiten leicht konvex geformt, mit nach hin- ten abgeschrägtem Rand. Er misst 1,3 x 1,7 x 0,4 cm und wird ins 2. Jh. n. Chr. datiert 521.

Seite A: Auf der Grundlinie ist die Begegnung zweier weiblicher Figuren dargestellt. Die Ge- stalt links trägt einen bodenlangen Peplos. Sie steht im Kontrapost und stützt die zur Seite ge- streckte Rechte auf einen langen Stab. In der angewinkelt zur Bildmitte gehaltenen Linken ist ein kugeliges Gefäß, das einem Aryballos ähnelt, zu erkennen. Sie blickt auf die geflügelte Er- scheinung im knöchellangen, um die Hüften gebauschten Peplos, die sich, mit einem Zweig in der schräg nach vorn gestreckten Rechten, auf Zehenspitzen nähert. Der Gestus der in Richtung Kinn geführten linken Hand und das vierspeichige Rad zu ihren Füßen weisen die rechte Ge- stalt als Nemesis aus. Die Köpfe beider Frauen sind im Profil angedeutet. Im freien Feld dazwi- schen ist eine liegende Mondsichel und darüber ein vierstrahliger Stern zu erkennen. Unter der Grundlinie der linksläufige Text:         zu lesen: φυλασσε = beschütze 522

Seite B trägt eine fünfzeilige Inschrift mit mehreren magischen Ausdrücken, darunter die sehr geläufigen IAW, CABAWΘ, AΔWNAI, ZABOYPH. 523 Wie Bonner expliziert, dürfte es sich bei der linken Figur der Vorderseite um Aphrodite han- deln, wodurch die Göttin der Liebe mit der rächenden Göttin verschmähter und gekränkter Lie- bender auf einem Amulett sinnvoll verbunden wäre.524 Anscheinend sollten mithilfe des magi- schen Steins die allerhöchsten Instanzen zum Schutz einer gefährdeten Liebesbeziehung darge- stellt und angerufen werden und – im schlimmsten Fall – die Rache übernehmen.

Zum Schluss noch ein umfassender Schutzzauber, der stellenweise dem Begriff eines Phylakte- rions gegenüber erotischen Verführungen nahekommt. Die ziemlich spät zu datierende Silber- folie wurde in der Nähe von Beirut in einem Grab entdeckt und 1909 von A. Héron de Villefos- se unter dem Titel ›Tablette magique de Beyrouth conservée au Musée du Louvre‹ publiziert.525

(Kat. 119) ›Tablette magique de Beyrouth‹, Paris

Das Amulett besteht aus einem langen schmalen Streifen von 37,5 x 3 cm, der ursprünglich ein gerollt war. Die silberne Rolle wurde von der einstigen Besitzerin in einer zylindrischen Bron- zekapsel vermutlich um den Hals getragen und dürfte dieser später wohl von den Angehörigen ins Grab mitgegeben worden sein. Die Inschrift umfasst 120 Zeilen in griechischer Schrift.

521 Michel 2001 b, 57 f. Nr. 87. 522 Michel 2001 b, 57 Nr. 87. 523 IAW CABAWdie griechische Wiedergabe des hebräischen Ausdrucks ›Herr der Heerscharen‹, kommt häu- fig in den Papyri und auf magischen Gemmen vor: vgl. Michel 2004, 486 s. v. Sabaoth. AWNAI geht ursprünglich auf die Bezeichnung ›mein Herr‹ im Alten Testament zurück: vgl. Michel 2004, 481. ZABOYPH: ist eine Verschreibung des Wortes , das häufig in Verbindung mit Harpokrates vorkommt aber nicht geklärt ist; vgl. Bonner 1950, 159. 198; Michel 2001 b, 57 zu Nr. 87. 524 Bonner 1951, 325 Nr. 18: »The combination of the goddess of love with Nemesis on an amulet would have a certain priority, since Nemesis is often mentioned as the avenger of scorned or injured lovers« 525 A.H. de Villefosse, Tablette magique de Beyrouth, conservée au Musée du Louvre in: Florilegium ou Recueil de travaux d’érudition dédiés a M. le Marquis Melchior de Vogué (1909) 287-295; vgl. Gelzer u. a. 1999, 14. 128

Paläographische Vergleiche lassen eine Datierung mit 5./ 6. Jh. n. Chr. annehmen.526

Am Beginn des Textes 527 (Z.1-13) steht ein dringender Appell: (ορκίζω σε…) Ich beschwöre dich bei dem über dem Himmel Sabaoth … Bewahre Alexandra, die geboren hat Zoe, vor je- dem Dämon und vor jedem Zwang der Dämonen und vor dämonischen Mächten und Zauber- mitteln und Bindezaubern (απο δεμονίων και φαρμάκων και καταδέσμων).

Nach einer Reihe von Herbeirufungen (επικαλουμαι...) der Geister über den sieben Himmeln und der Naturerscheinungen in Z.13-66 folgt eine umfassende Schutzbitte an den Gott Abra- hams, Isaaks und Jakobs: bewahre (διαφύλαξον) Alexandra, die geboren hat Zoe, vor Dämonen und Zaubermitteln und Schwindel und vor jedem Leiden und vor jeder Geisteskrankheit (απο πάσης μανίας 528). Anschließend in Z.79-89: eine Beschwörung beim lebendigen Gott und bei einer Anzahl von voces mysticae. In Z.89-109: ein Appell an alle männlichen und weiblichen Dämonen und alle schrecklichen Bindezauber: flieht weg von Alexandra, die geboren hat Zoe, ... damit (ihr) nicht schadet (und) (sie) nicht befleckt, sei es mit einem Zaubermittel oder einem Zauberspruch (λόγω), weder mit einem Kuss (απο φιλήματος), noch mit einerUmarmung (απο ασπασμου), noch mit Täuschung noch beim Essen, noch beim Trinken, noch im Bett (επι κύτης = κοίτης), noch beim Beiwohnen (εν συνουσιασμω), noch mit dem (bösen) Blick, noch mit dem Gewand, noch betend, noch auf dem Weg, noch in der Fremde, noch beim Einstieg in einen Fluss, noch im Bad.

Dann in Z.109-119 erneut eine Bitte um Schutz: Ihr heiligen und starken und mächtigen Na- men: bewahrt Alexandra vor jedem Dämon, männlich und weiblich, und vor jeder Belästigung durch Dämonen, während der Nacht und am Tag; befreit Alexandra, die geboren hat Zoe. Jetzt, jetzt, schnell, schnell.

Die abschließende Formel Der eine Gott und sein Christus: hilf Alexandra zeigt schon den star ken Einfluß christlichen Gedankenguts auf das spätantike Amulettwesen, andererseits aber auch das Fortleben paganer Amulett-Tradition im Christentum des 5. und 6. Jhs. n. Chr.

526 Gelzer u. a. 1999, 17. 527 Hier zitiert: griechische Transkription sowie deutsche Übersetzung von Gelzer u. a. 1999, 52-59. 528 Gelzer u. a. 1999, 107 f. bemerken zu πασα μανία unter Anführung diverser Literaturzitate: »Man könnte hier vielleicht auch an die Abwehr von Liebeszauber denken«, um diese Feststellung in späterer Folge allerdings wie- der etwas zu relativieren. 129

IV. ZUSAMMENFASSUNG CONCLUSIO

Die im vorliegenden Katalog untersuchten Beispiele antiken Liebeszaubers manifestieren einen verbreiteten Glauben der antiken Griechen und Römer sowie der mit ihnen zusammenlebenden Völker an eine Vielzahl göttlicher Mächte und Dämonen und an deren Einflussnahme auf die Schicksale der Menschen. Eng damit verbunden zeigt sich die Hoffnung bzw. Erwartung, dass Sterbliche ihrerseits das Wirken jener Gewalten beeinflussen könnten.

Der erste Teil der Studie befasst sich mit dem ikonographischen Niederschlag eines mehr oder weniger alle menschlichen Individuen bewegenden Themas. Symbolhaft wurden von antiken Meistern unterschiedliche Liebesempfindungen an einer Vielzahl von Darstellungen in verschie denen Medien als Eingriff der Liebesgötter mit den entsprechenden Instrumenten ausgedrückt. Agierende sind Aphrodite, Eros, Pothos, Himeros, bzw. ihre römischen Pendants – die Opfer vorwiegend Gestalten der Mythologie, aber auch Gewöhnlichsterbliche beiderlei Geschlechts. Die Liebesmächte zeigen sich in diversen antiken Epochen mit unterschiedlichen Zaubergerä- ten. Ungleich sind außerdem die von Aphrodite und Eros bevorzugten Instrumente und die spe- zifischen Ziele ihrer Zauber. Aphrodites Instrumentarium beschränkt sich im Großen und Gan- zen auf den sagenumwobenen gestickten Gürtel, mit dem Hera den eigenen Gatten verführt, und das magische Liebesrad. Eros zieht dagegen alle Register des Zauberinventars.

Die Liebesinstrumente charakterisieren verschiedene Fassetten des Liebesempfindens, allen voran das Gefühl, einer überwältigenden Macht ausgeliefert zu sein. Sogar die höchsten Götter Zeus (Kat.1.2.6.16.61), Poseidon (Kat.58), Hades (Kat.12.48.49), Ares (Kat.22.32.33) und ein sonst un- bezwingbarer Heros wie Herakles (Kat.17.69) werden zu Opfern des Liebeszaubers. Selbst Aph- rodite (Kat.3.22.32.33) und Eros – im Liebesgeplänkel mit Psyche (Kat.35.36.39-44.67.70) – unterlie- gen seinem Einfluss. Ausgenommen von jeglichen Attacken erotischer Magie sind nur Göttin- nen wie Hera, Pallas Athene oder Artemis. Unter den irdischen Opfern sticht besonders Phaidra mit ihrer unglücklichen Liebe zu Hippolytos hervor. Das tragische Schicksal der beiden ist The- ma zahlreicher Darstellungen von klassischer bis in spätrömische Zeit (Kat.7.34.37.52.53.57.59).

Sanfte, aber unwiderstehliche Magie der Liebe wird durch das Zauberrad symbolisiert, das in den Händen von Aphrodite (Kat.4.5.8.9.11.14-17.19), Eros (Kat.6.7.10.12-14.18.20-22) oder Himeros (Kat.3) vom 5. Jh. v. bis ins 1. Jh. n. Chr. auf attisch und vor allem apulisch rf. Gefäßen, kostba- rem Schmuck und pompejanischen Wandmalereien zu sehen ist. – Treffsicher und verwundend sind Eros’ Pfeile, vielfach dargestellt ab der frühen Klassik bis in die späte Kaiserzeit, auf at- tisch und süditalisch rf. Gefäßen, Marmorstatuen Gemmen, Sarkophagen, Mosaiken (Kat.23.25- 37). Nur selten sieht man Aphrodite mit Pfeil und Bogen, etwa auf einem apulisch rf. Krater, wenn sie, die Waffen im Schoß, den Tod Meleagers verfolgt (Kat.24). – Brennende Leiden- schaft, geschürt durch Eros’ Liebesfackel, wird an zahlreichen Beispielen von Mitte des 5. Jhs. v. bis ins 5./ 6.Jh. n. Chr. veranschaulicht, u. a. auf einer attisch rf. Amphore, einer Silberschale, Gemmen, Kameen, pompejanischen Wandbildern, Sarkophagen, Reliefs, Mosaiken, einem Dip- tychon, einer Silbersitula (Kat.38-60). – Zwingende oder treibende Liebeskraft ist durch Kentron (Kat.61), Stachel (Kat.62) oder Geißel (Kat.63-65) in Händen großgewachsener Eroten auf attisch sf. und rf. Gefäßen des 5. Jhs. v. Chr. ausgedrückt. Ähnlich die Symbolik von Pothos’ Pedum auf einer bemalten Glasolpe um 200 n. Chr. (Kat.66). – Die unentrinnbare Macht der Liebe wird

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durch Fesseln illustriert, welche vor allem im Liebesspiel von Eros und Psyche zum Einsatz kommen: auf einer Silberschale um 200 v. Chr., Kameen und Gemmen des 1. Jhs. v.-1. Jhs. n. Chr., einem pompejanischen Wandbild, Sarkophagen des 3./ 4. Jhs. n. Chr. (Kat.39.44.67-70).

Unterschiedliche Motive liegen dem Einsatz der dargestellten Liebeszauber zugrunde: Aphrodi- tes Gürtel soll die eheliche Liebe von Zeus zu Hera beflügeln (Kat.1.2), das Zauberrad der Göttin Menelaos mit der treulosen Gattin Helena versöhnen (Kat.11). – Gelegentlich wird ein Seiten- sprung angebahnt: des Zeus mit Europa oder Leda (Eros, Aphrodite /Iynx: Kat.6.16), der Aphrodite mit Ares (Eros /Iynx, Pfeil: Kat.22.33), der Helena mit Paris (Aphrodite /Iynx: Kat.9, Eros /Iynx, Pfeil, Fa- ckel: Kat.10.25.55). – Manchmal wird der Retter zum Liebhaber: im Falle von Perseus und An- dromeda (Aphrodite /Iynx: Kat.5), Dionysos und Ariadne (Eros /Fackel: Kat.51), Poseidon und Amy- mone (Kat.58). – Bisweilen kommt es zur Entführung der Geliebten: von Persephone durch Ha- des (Eros /Iynx: Kat.12, Eros /Fackel: Kat.48.49), von Helena durch Paris (Eros /Iynx: Kat.10), der Leu- kippiden durch die Dioskuren (Eros /Iynx: Kat.13), des Knaben Chrysippos durch Laios (Aphrodite /Iynx: Kat.15), des Kephalos durch Eos (Aphrodite, Eros /Iynx: Kat.14). – Weitere Liebesbegegnungen finden statt: zwischen Selene und Endymion (Eros /Fackel: Kat.46.47.54) oder zwischen beliebigen irdischen Partnern (Eros /Iynx, Pfeil: Kat.18.26). – Mehrmals ist Knabenliebe Motiv des Liebeszau- bers: im Falle von Zeus und Ganymed (Eros /Kentron: Kat.61), Laios und Chrysippos (Aphrodite /Iynx: Kat.15), zwischen älteren Männern und Jünglingen (Eros /Stachel, Geißel: Kat.62.63). – Tragi- sche, hoffnungslose Leidenschaft ist Thema vieler Darstellungen: vor allem der unerwiderten Liebe Phaidras zu ihrem Stiefsohn Hippolytos (Eros /Iynx: Kat.7, Pfeil u.Bogen: Kat.34.37, Fackel: Kat.52.53.57.59), aber auch Apolls zu Daphne (Eros /Pfeil, Fackel: Kat.31.60, Pothos /Pedum: Kat.66), ebenso der unerfüllbaren Liebe von Narziss zum eigenen Spiegelbild (Eros /Fackel: Kat.45) und der aussichtslosen Gefühle der Nymphe Echo gegenüber dem selbstverliebten Narziss (Eros /Fa- ckel: Kat.56). Tödlich endet die Liebe von Meleagros zu Atalante (Aphrodite /Iynx, Pfeil und Bogen: Kat.8.24). – Manchmal werden Abweisende schließlich doch zur Liebe bekehrt: beispielsweise Persephone (Eros /Iynx: Kat.12, Fackel: Kat.48.49) und Atalante (Eros /Geißel: Kat.65). – Die Launen der Liebe spiegeln Bilder der wechselvollen Beziehung von Eros und Psyche wider: einmal bedroht oder quält Eros Psyche (Pfeil: Kat.35, Fackel: Kat.40-44, Fessel: Kat.67) dann wieder Psyche Eros (Pfeil, Fackel, Fessel: Kat.36.39.70). – Nicht selten werden weibliche Gestalten, Göttinnen und Sterbliche, im Rahmen des Liebeszaubers aktiv: Hera (Kat.1.2), Eos (Kat.14), Selene (Kat.46.47. 54), Psyche (Kat.36.39.70), Echo (Kat.56), Phaidra (Kat.34.37.52.53.57), eine beliebige junge Frau (Kat.18).

Im zweiten Teil der Studie, die sich auf eine Reihe von archäologischen, epigraphischen und pa pyrologischen Funden stützt, erweisen sich antike Menschen nicht länger als Spielball der Will- kür göttlicher Liebesmächte, sondern treten selbst als aktive Verfechter ihrer individuellen Lie- beswünsche auf den Plan. Die dafür benützten magischen Behelfe zeichnen ein intimes Bild der sexuellen Vorlieben, Sorgen und Phantasien antiker Männer und Frauen. Zur Verfolgung vielfäl tiger erotischer Ziele gebrauchte man ab dem 4. Jh. v. Chr. bis in spätantike Zeit Liebesdefixio- nen, zur Hauptsache mit magischen Texten versehene Bleitäfelchen, daneben auch beschriftete Tonscherben, Papyri und Zauberpuppen. Um sich der Hilfe chthonischer Mächte zu versichern, wurden die Defixionen vergraben, vorzugsweise an Grabstätten, oder man versenkte sie in Brun nen und anderen Gewässern. Ab der römischen Kaiserzeit sind Liebesamulette fassbar, die am Körper zu tragen waren: In der Mehrzahl mit magischen Bildern und Texten versehene Intagli, die sog. magischen Gemmen, mit der Hauptverbreitung im 2. und 3. Jh. n. Chr. Daneben aus Silber- oder Goldblech gefertigte magische Lamellen des 2.-4. Jhs. n. Chr., sowie magische Pa-

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pyri des 3.-5./6. Jhs. n. Chr.

Die Herstellung von Defixionen und Amuletten war Sache von Spezialisten, die wussten, mit welchen magischen Formeln man sich an Götter und Dämonen wandte, welcher Rituale und Weihen Amulette bedurften, und die vermutlich auch das fachgerechte Deponieren von Fluch- täfelchen bei geeigneten Toten besorgten. Aus Inschriften und Bildern geht hervor, dass man sich bei erotisch-magischen Praktiken den Beistand von Göttern und diversen Gewalten zu si- chern trachtete: im Bereich der Defixionen vor allem von Göttern der chthonischen Sphäre, et- wa Hermes Katochos, Persephone, Hekate, sowie Dämonen und Totengeistern, in römischer Zeit zusätzlich ägyptischer und hebräischer Gewalten – bei Amuletten suchte man die Hilfe von Aphrodite, Eros, Hekate, Harpokrates, synkretistischen Göttern, Mischwesen wie Abrasax und vielen weiteren Instanzen.

Die Frage nach den Auftraggebern der Liebeszauber lässt sich nicht immer beantworten. Ent- sprechende Angaben fehlen vor allem bei Defixionen und Amuletten, die einen Trennungszau- ber, also eine Sprengung bestehender oder vermuteter Beziehungen bezweckten. Bei jenen Zau- berarten, bei welchen die konkrete Nennung des Initiators mit Name und Matronymikon üblich war, fällt aber auf, dass sich auch Frauen des magischen Instrumentariums bedienten, um ihre erotischen Wünsche zu verfolgen. Auf diese Weise durchbrachen sie die Schranken, die ihnen von Öffentlichkeit und Familie in Beziehungsfragen auferlegt waren. Den Weg des Liebeszau- bers wählten vereinzelt auch Männer, die Männer, oder Frauen, die Frauen gewinnen wollten. Über das soziale Umfeld, in dem sich die Liebeszauber abspielten, kann nur in Einzelfällen ge- mutmaßt werden.

Die Vorstellung, was mit dem geliebten Opfer geschehen sollte, bestimmte die Wahl des ent- sprechenden Zaubers. Hauptmotive von Defixionen und Amuletten waren: Trennung der be- gehrten Person von einem mehr oder weniger fixen Partner, – Herbeiführung des geliebten Indi- viduums, – dessen emotionale Bindung an den Betreiber des Zaubers, – Vergeltung der erlebten Qualen oder, wenn alle Mühe vergebens war, – Rache am unerreichbaren Opfer. Im Bereich der Amulette spielten Trennungszauber eine geringere Rolle, dagegen kamen hier weitere Kategori- en in Betracht: allgemein verwendbare Liebeszauber – sowie Gunstzauber, die vor allem von Frauen praktiziert wurden.

Welche Liebeswünsche lassen sich aus den untersuchten Defixionen und Amuletten ablesen ? Durch Amulette mit Appellen wie η χάρις, δος μοι χάριν u. Ä. drückten zumeist Frauen ihren Wunsch nach Liebesgunst aus. So an einem Goldtäfelchen (Kat.101) und an magischen Gemmen (Kat.98-100), speziell an einem blauen Glasintaglio mit dem Bild Aphrodites im Hüftmantel, die einem gerüsteten Ares liebevoll ans Kinn fasst (Kat.96). Konkrete erotische Vorstellungen eines männlichen oder weiblichen Interessenten verrät zudem eine Jaspisgemme, die außer dem ein- getragenen Wunsch nach Gunst und Gegenliebe, Bilder variierender Symplegmen zeigt (Kat.97).

Wesentlich drastischer klingen die erotischen Wünsche in Herbeiführungszaubern, deren Aus- führung man via Defixion den chthonischen Mächten und vor allem den Toten (Kat.74.77.83.87. 88), bei welchen Täfelchen, Papyri und Zauberfiguren deponiert wurden, übertrug. Es wird ver- langt, die begehrte Person solle nicht essen, trinken, schlafen können, keinen Sex haben, nur in wahnsinniger Liebe zum Betreiber des Zaubers entbrennen und zu diesem eilen. Einen solchen Agogezauber richtet Sarapammon gegen Ptolemais, indem er ein Bleitäfelchen samt einer Pup-

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pe, die von 13 Nadeln durchbohrt ist, beim toten Antinoos vergräbt (Kat.79), Theodor gegen Ma- trona, der seinen Wunsch gleich dreimal, auf zwei Bleilamellen und auf dem verwahrenden Ton topf deponiert (Kat.80) oder Theon gegen Euphemia, der dem Zauberpapyrus noch ein kleines Wachsfigurenpaar in enger Umarmung beilegt (Kat.81). Ähnlich unmissverständlich sind auch die Zaubersprüche, durch welche eine Frau namens Domitiana den geliebten Urbanos (Kat.82), Sophia eine andere Frau namens Gorgonia (Kat.83), und Serapikos einen gewissen Amonios (Kat.84) herbeiwünschen wollen.

Agogezauber der magischen Gemmen sind öfters in anziehenden Magnetit geschnitten und mit einem Bild Hekates versehen. Mehrere Intagli tragen eine Darstellung des Hekataions (Kat.105). Ein Stein mit der Figur einer Geißel und Fackel haltenden dreiköpfigen Isis-Hathor-Hekate über rascht durch seinen Revers, an dem die ungeduldige Besitzerin dem inschriftlichen Appell, es möge Achillas, Sohn der Serapias, zu ihr, der Dionysias, gebracht werden, offenbar nachträg- lich selbst die Worte »Bring ihn entweder zurück oder leg ihn flach« hinzugefügt hat (Kat.106).

Befand sich die begehrte Person bereits in einer Beziehung, musste ein Trennungszauber ange- wandt werden. Da an Defixionen dieses Typs im allgemeinen nur die Namen der Partner, die es zu separieren galt, aufscheinen, können über die Identität der Zaubernden nur Vermutungen an- gestellt werden (Kat.72-74.76). Entsprechendes gilt für einen magischen Inschriftenstein, der Iera- kion von Serenilla trennen soll (Kat.104). Eindeutig weiblich ist dagegen die Urheberschaft jener magischen Bleilamelle, die verlangt, dass Aristokydes weder eine andere Frau noch einen Jüng- ling ›heiraten‹ solle (Kat.71). Augenscheinlich einen Mann zum Initiator hat andererseits ein De- fixionstäfelchen, das sich gegen eine Beziehung zwischen Victoria und Ballincus, den konkur- rierenden Wagenlenker, richtet (Kat.75), ebenso der magische Papyrus, der zusammengefaltet im Mund einer Mumie aufgefunden wurde, und den Wunsch von Apalos wiedergibt, Karosa solle seinetwegen Mann und Kind verlassen (Kat.77). Möglicherweise waren unter den weiblichen Op fern einige Hetären, wenn sich der Fluch gegen Aristokydes und die Frauen, die man in seiner Gesellschaft sah, richtete (Kat.71) oder gegen Euandria und Galene, offenbar Bekannte der Faust kämpfer Aristomachos und Aristonymos (Kat.72), oder gegen die Eretrerin Zois, ›Frau‹ von Ka- beira, die nicht allein durch ihr Kitharaspiel zu berücken vermochte (Kat.73). In diesen Fällen wäre es auch denkbar, dass die Trennungszauber von anderen Hetären, die um ihr Geschäft bangten, inszeniert waren.

Bindungszauber, die an Bleitäfelchen vermerkt wurden, verlangen oft, dass das Opfer in leiden- schaftlicher Liebe zum Auftraggeber entbrennen und nur mehr an diesen denken möge. So soll Successa aus Liebe und Verlangen nach Successus glühen (Kat.86) und Septima möchte, dass Septilius aus leidenschaftlicher Liebe zu ihr nicht mehr schlafen, sitzen, sprechen kann (Kat.87). Auf Amulettgemmen wird die Idee des Bindens gerne durch Bilder der Fesselung von Aphrodi- te (Kat.109.111.112) oder von Ares (Kat.110) symbolisiert, je nachdem, welchen Geschlechts das Ziel des Liebeszaubers ist.

Ein ausgesprochener Rachezauber liegt dem lateinischen Defixionstäfelchen zu Grunde, das Pa ternus (?) verfasst hat, um Priscilla zu schaden, weil sie jemand anderen geheiratet hat (Kat.89). Bei magischen Gemmen wird oftmals der Gedanke der Vergeltung durch den inschriftlichen Kommentar δικαίως bekräftigt, ohne Nennung von Initiator und Opfer des Zaubers. So trägt ein Intaglio, der Aphrodite mit gebundenen Händen an Ares’ Kette präsentiert, die Erklärung δέδεσαι δικαίως, »Du bist zu Recht gebunden« (Kat.114). Zur Bewältigung wechselnden Liebes-

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glücks dienten vermutlich auch Amulettgemmen, die Psyche oder Eros in Fesseln vor einer Sta tue der Nemesis, gequält vom jeweils anderen Partner, zeigen: etwa Psyche gefesselt und von Eros mit Pfeil und Bogen bedroht, darüber der Vermerk δικαίως (Kat.116), oder Eros gefesselt und von Psyche mit einer Fackel gebrannt, verbunden mit der Inschrift »Wie du mir, so ich dir« (Kat.117). Hoffnung auf Schutz einer gefährdeten Liebesbeziehung könnte möglicherweise be- stimmend für einen Stein mit dem Bild von Aphrodite und Nemesis und dem Appell φύλασσε gewesen sein (Kat.118). Andererseits gab es auch Phylakterien zum Schutz hypothetischer Opfer eines Liebeszaubers, wie eine streifenförmige Silberfolie mit einer langen Reihe von Anrufun- gen zeigt, die Alexandra einst aufgerollt in einer Bronzekapsel an einer Kette um den Hals trug (Kat.119). Gemessen an dem Aufwand, der mit der Herstellung von Defixionen und Amuletten verbunden war, ist zu vermuten, dass mit diesen magischen Behelfen in erster Linie nicht kurzfristige Lie- besabenteuer, sondern längere Beziehungen bezweckt wurden. An mehreren Defixionen ist auch unmissverständlich der Wunsch nach einer dauerhaften Verbindung ausgedrückt: Theodor ersehnt eine unzertrennliche Gemeinschaft mit Matrona, bei Tag und Nacht, bis zum Tod (Kat. 80), Domitiana wünscht sich, dass Urbanos ihr als Gatte in Liebe verbunden sei, solange sie bei- de leben, und dass er keine andere Frau, kein anderes Mädchen begehre (Kat.82). Von einem Un genannten stammt ein Jaspis mit dem Bild von Artemis, die ihren Bogen auf Aphrodite richtet, verbunden mit dem rückseitig eingeschriebene Herzenswunsch »dem Ehegatten die ewige Lie- be« (Kat.112). Bemerkenswert ist das auf einem Papyrus bekundete Anliegen Theons, Euphemia in wahnsinniger Liebe, Verlangen und Sehnsucht für die Dauer von zehn Monaten an sich zu binden (Kat.81) – vielleicht für eine Ehe auf Probe ?

Liebesphantasien, erotische Wünsche, Seelenqualen, Sehnsucht, Verlangen, Leidenschaft, ehe- liche Liebe, Treue, Liebesaffären, Eifersucht, Rache … Die Anliegen der antiken Liebeszauber sind aktuell wie eh und je – und, wie ein Blick ins World Wide Web verrät, manche der antiken Zaubermittel ebenso.

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Allgemeine Hinweise

- Abbildungsnummern entsprechen den Katalognummern - Katalognummern mit Asterisk bedeuten, dass keine Abbildung gegeben ist - Zitate der antiken Literatur erscheinen in Kursivschrift - Einer häufig geübten Praxis folgend, werden an römerzeitlichen Darstellungen von Szenen der griechischen Mythologie und antiken griechischen Literatur die abgebildeten Gestalten im Allgemeinen mit ihren griechischen Namen bezeichnet. - Im Titel der Katalognummern von Defixionen, Amuletten, Papyri etc., wird griechische Beschriftung nicht explizit angeführt - Seite A = VS = Hauptseite von bemalten Gefäßen, Defixionstätelchen, mag. Gemmen, mag. Papyri - Da bei magischen Gemmen häufig zwischen Ober- und Unterseite nicht unterschieden werden kann, wird die größere und stärker gewölbte Seite als Oberseite = VS = Seite A bezeichnet - Größenangaben: H x B x D/Dm in cm (Maße von Gemmen sind in cm angegeben, H x B x Dm)

Allgemeine Abkürzungen

A. Anfang Mus. Museum Abb. Abbildung n. nach Anm. Anmerkung Nr. Nummer AO Aufbewahrungsort NS Nebenseite apul. apulisch o. oben att. attisch O Ostrakon/Ostraka B Breite o. A. ohne Angaben in der verwendeten Literatur Beibl. Beiblatt Pap. Papyrus Bibl Bibliographie publ. publiziert bds. beiderseits Publ. Publikation campan. campanisch RS Rückseite = Seite B an Gefäßen, Täfelchen, Char Charakteristik Gemmen, Papyri etc. D Dicke r. rechts/rechter Dat Datierung Rez. Rezept Det. Detail rf. rotfigurig Dm Durchmesser röm. römisch dt. deutsch s. siehe E. Ende S. Seite erg. ergänzt sf. schwarzfigurig Ergh. Ergänzungsheft sizil. sizilisch f. und folgende(r) Slg. Sammlung FO Fundort, Herkunft Suppl. Supplement fr. Fragment (lit.) s. v. sub voce frgt. fragmentarisch Taf. Tafel Frgt. Fragment(e) übers. übersetzt griech. griechisch u. a. und andere/unter anderem H Höhe u. Ä. und Ähnliches H. Heft(e) u. unten Hrsg. Herausgeber Verf. Verfasser hrsg. herausgegeben vgl. vergleiche Inschr. Inschrift VS Vorderseite = Seite A an Gefäßen, Täfelchen, Inv. Inventar Gemmen, Papyri etc ital. italisch vordere Längsseite an Sarkophagen Jh(s). Jahrhundert(s) wgr. weißgrundig Kat. Katalog(e) Z. Zeile(n) l. links/linke Zuo Zuordnung, Zuschreibung Lit Literaturliste ZW Zauberwort(e) Mot Figuren des Liebeszaubermotivs

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Bibliographische Abkürzungen und Sigeln

nach den Richtlinien für Publikationen des DAI vom Jänner 2006

AA Archäologischer Anzeiger ABV J.D. Beazley, Attic Black-Figure Vase-Painters (Oxford 1956) AbhDüsseldorf Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften AGD Antike Gemmen in deutschen Sammlungen AJA American Journal of Archaeology AM Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilg ANRW Aufstieg und Niedergang der römischen Welt AntCl L’antiquité classique Antiquity Antiquity. A Quaterly Review of Archaeology AntK Antike Kunst ArchCl Archeologia classica ARV² J.D. Beazley, Attic Red-Figure Vase-Painters ²(Oxford 1963) ASR Die antiken Sarkophagreliefs AW Antike Welt. Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte Beazley Addenda² T.H. Carpenter (Hrsg.), Beazley Addenda ²(Oxford 1989) Beazley Para. J.D. Beazley, Paralipomena. Additions to Attic Black-Figure Vase-Painters and to Attic Red-Figure Vase-Painters ²(Oxford 1971) BCH Bulletin de correspondance hellénique BICS Bulletin of the Institute of Classical Studies of the University of London BJb Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn BMusBeyrouth Bulletin du Musée de Beyrouth Boreas Boreas. Münstersche Beiträge zur Archäologie ClAnt Classical Antiquity ClJ The Classical Journal ClQ The Classical Quarterly CVA Corpus vasorum antiquorum DAI Das Deutsche Archäologische Institut Daremberg - Saglio Dictionnaire des antiquités grecques et romaines d’après les textes et les monuments. Ouvrage rédigé sous la direction de Ch.Daremberg et E.Saglio DNP Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike GettyMusJ The J. Paul Getty Museum Journal Glotta Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache Gnomon Gnomon. Kritische Zeitschrift für die gesamte klassische Altertumswissenschaft GrRomByzSt Greek, Roman and Byzantine Studies Helbig W. Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom Helios Helios. A Journal Devoted to Critical and Methodological Studies of Classical Culture, Literature and Society Hesperia Hesperia. Journal of the American School of Classical Studies at Athens IG Inscriptiones Graecae JdI Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts JHS The Journal of Hellenic Studies JWCI Journal of the Warburg and Courtauld Institutes LIMC Lexikon iconographicum mythologiae classicae MdI Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts MedA Mediterranean Archaeology MelBeyrouth Mélanges de l’Université Saint-Joseph NSc Notizie degli scavi di antichita ÖJh Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien RA Revue archéologique RAC Reallexikon für Antike und Christentum RdA Rivista di archeologia RE Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft RLouvre Revue du Louvre. La revue des musées de France RM Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung RömÖ Römisches Österreich. Jahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Archäologie Roscher, ML W.H. Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie TransactAmPhilAss Transactions and Proceedings of the American Philological Association WSt Wiener Studien ZPE Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik

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Sonstige in der Fachliteratur häufig verwendete bibliographische Abkürzungen

DTA R. Wünsch, Defixionum tabellae Atticae (Berlin 1897) DT A. Audollent, Defixionum tabellae (Paris 1904) PGM K. Preisendanz, Papyri Graecae magicae (Leipzig 1928-1931) SGD D.R. Jordan, A Survey of Greek Defixiones Not Included in the Special Corpora, GrRomByzSt 26, 1985, 151-197 KlP K. Ziegler – W. Sontheimer (Hrsg.), Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike (München 1979) LCS A. D. Trendall, The Red-figured Vases of Lucania, Campania and Sicily (Oxford - London 1967-1983)

Katalog

II.2.1. Aphrodites Zaubergürtel

(Kat. 1) Hera und Zeus, Metope aus dem Heraion von Selinunt, Palermo Mot Hera und Zeus FO Selinunt, Heraion (Tempel E) AO Palermo, Mus. Reg. Char Relief Kalkstein, nackte Teile der weiblichen Figur aus Marmor Oberfläche abgerieben, Absplitterungen. An der weiblichen Figur fehlen die r. Hand, ein Teil des r. Unter- arms, die Fingerspitzen der l. Hand. Die Nase der männlichen Figur ist teilweise abgesplittert. H 1,62 m, B 1,32 m Dat um 470 v. Chr. (Kossatz-Deissmann); um 460 v. Chr. (Simon) Bibl Langlotz 1963, 80-82 Taf. 105-108; Simon 1969, 52 Abb. 44; Schefold 1981, 219 Abb. 301; Kossatz- Deissmann 1988, 684 Nr. 207 Taf. 415

(Kat. 2) Hera und Zeus, Wandbild aus der Casa del Poeta tragico, Neapel Mot Hera und Zeus FO Pompeji VI 8, 3 (Casa del Poeta tragico) AO Neapel, Mus. Naz. 9559 Char Wandgemälde H 1,29 m Dat neronisch n. hellenistischer Vorlage (Kossatz-Deissmann); um 75 n. Chr. n. spätklassischem Vorbild (Schefold) Bibl Curtius 1960, 33 m. Abb. 22; Simon 1961, 148-150 Abb. 21. 29; Schefold 1981, 221. 223 Abb. 307; Kossatz-Deissmann 1988, 684f. Nr. 210 Taf. 416; La Rocca 1990, 847 Nr. 286; Simon 1990, 199 Abb. 255

II.2.2. Zauberrad

(Kat. 3) Aphrodite und Adonis, att. rf. Hydria, Florenz Mot Himeros - Aphrodite - Adonis FO Populonia AO Florenz, Mus. Arch. Etrusco 81948 Char att. rf. Hydria, frgt., Namensbeischriften auf alten Umzeichnungen noch erkennbar Zuo Meidias-Maler Dat um 410 v. Chr. Bibl ARV² 1312, 1; Beazley Para. 477; Beazley Addenda² 361; Milani 1905, Taf. 4; Gow 1934, 5 Abb. 2; Levi 1938, Text-Abb. 1 Taf. 62, 1; Schefold 1981, 281f. Abb. 399; Servais-Soyez 1981, 224 Nr. 10 Taf. 161; Delivorrias u. a. 1984, 122 Nr. 1266; Hermary 1990, 425 Nr. 5 Taf. 300; Pellegrini 2009, 121. 350 Nr. 926 Taf. 24

(Kat. 4) Aphrodite - Eros, camp. rf. Lebes gamikos, Madrid Mot Aphrodite - Eros FO o. A. AO Madrid, Mus. Arch. 11443 Char camp. rf. Lebes gamikos. H 43cm Zuo LNO-Maler Dat 330 - 320 v. Chr. Bibl Trendall 1967, 483 Nr. 319; Schauenburg 1976, 32 Abb. 30; Hermary u. a. 1986, 919 f. Nr. 829 Taf. 656

(Kat. 5) Perseus und Andromeda, apul. rf. Kelchkrater, Matera Mot Aphrodite - Perseus - Andromeda FO Irsina AO Matera, Mus. Naz. Ridola 12538 Char apul. rf. Kelchkrater 137

Zuo Dareios-Maler Dat 3. Viertel 4. Jh. v. Chr. Bibl Phillips 1968, 10 Taf. 10, 27; Trendall – Webster 1971, 79 Abb. III.3,12; Schauenburg 1981 a, 780 f. Nr. 64 Taf. 633; Trendall – Cambitoglou 1982, 501 Nr. 65; Delivorrias u. a. 1984, 146 Nr. 1534; Roccos 1994, 343 Nr. 182

(Kat. 6) Zeus und Europa, apul. rf. Situla, Schweiz Mot Aphrodite - Eros - Zeus-Stier - Europa FO o. A. AO Schweiz, Privatslg. Char apul. rf. Situla Zuo Umkreis des Chamay-Malers (Schauenburg; Cambitoglou); Chamay-Maler (Trendall – Cambitoglou 1982) Dat um 350 v. Chr. (Cambitoglou; Hermary u. a.); um 340 v. Chr. (Delivorrias u. a.); um 340-330 v. Chr. (Schauenburg; Robertson) Bibl Schauenburg 1981, 107 f. Taf. 17; Cambitoglou 1981, 9 f. Nr. 19 Abb. 37. 38; Trendall – Cambitoglou 1982, 1066 Nr. 61 a ; Trendall – Cambitoglou 1983, 57; Delivorrias u. a. 1984, 131 Nr. 1374 Taf. 135; Hermary u. a. 1986, 919 Nr. 828; Robertson 1988, 77 Nr. 3

(Kat. 7) Hippolytos’ Todesfahrt, apul. rf. Volutenkrater, London Mot Aphrodite - Eros - Hippolytos FO Ruvo AO London, Brit. Mus. F 279 Char apul. rf. Volutenkrater Zuo Dareios-Maler Dat 3. Viertel 4. Jh. v. Chr. Bibl Séchan 1967, 335-337 Abb. 99; Trendall – Webster 1971, 88f. Abb. III.3,24; Trendall – Cambitoglou 1982, 487 Nr. 17 Taf. 173, 1; Delivorrias u. a. 1984, 146 Nr. 1528 Taf. 149; Linant de Bellefonds 1990, 458 Nr. 105 Taf. 325

(Kat. 8) Meleager und Atalante, apul. rf. Amphore, Bari Mot Aphrodite - Meleager - Atalante FO Canosa AO Bari, Mus. Arch. 872 Char apul. rf. Amphore Zuo Dareios-Maler Dat um 330 v. Chr. Bibl A: Schauenburg 1981 b, 112 f. Taf. 27; Trendall – Cambitoglou 1982, 497 Nr. 44; Robertson 1988, 77 Nr. 6 B: Séchan 1967, 429 f. Abb. 122; Trendall – Webster 1971, 98 Abb. III.3, 39; Schauenburg 1981 b, 110 Taf. 23; Trendall – Cambitoglou 1982, 497 Nr. 44; Boardman 1984, 942 Nr. 27 Taf. 690; Delivorias u. a. 1984, 145 Nr. 1525; Woodford – Krauskopf, 1992, 418 Nr. 41

(Kat. 9) Paris und Helena, apul. rf. Volutenkrater, Genf Mot Aphrodite - Eros - Paris - Helena FO o. A. AO Genf, Slg. Mme. P. Sciclounoff (ehem. Kunstmarkt, Thonon, Numifrance) Char apul. rf. Volutenkrater Zuo Baltimore-Maler Dat 330-310 v. Chr. Bibl Trendall – Cambitoglou 1983, 151 Nr. 15 a; Kahil – Icard 1988, 519 Nr. 103 Taf. 311

(Kat. 10) Entführung Helenas, apul. rf. Lekythos, Genf Mot Aphrodite - Eros - Paris - Helena FO o. A. AO Genf, Museum, Leihgabe Char apul. rf. Lekythos Zuo Dareios-Maler Dat 350 v. Chr. (Schefold – Jung); 340-330 v. Chr. (Kahil – Icard; M. Schmidt) Bibl Kahil – Icard 1988, 531 Nr. 174 Taf. 323; Schefold – Jung 1989, 122 f. Abb. 100 bis; M. Schmidt 1990, 221-226

(Kat. 11) Menelaos und Helena, campan. rf. Lekythos, Frankfurt Mot Aphrodite - Eros - Menelaos - Helena FO o. A. AO Frankfurt, Mus. Für Vor- und Frühgeschichte  619 (X 14356) Char campan. rf. Lekythos. H 29,5 cm Zuo Aigisthosgruppe Dat Anfang 4. Jh. v. Chr. (Delivorrias u. a.; Kahil); 350-320 v. Chr. (Deppert) Bibl Schaal 1923, 77 Taf. 52. 53; Kahil 1955, 190 Nr. 160 Taf. 71, 2-4; Trendall 1967, 243 Nr. 129 Taf. 96,

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1. 2; Deppert 1982, Taf. 44, 1-4; Delivorrias u. a. 1984, 141 Nr. 1481; Kahil – Icard 1988, 551 Nr. 367 Taf. 356

(Kat. 12) Raub der Persephone, apul. rf. Loutrophoros, Port Sunlight Mot Eros - Hades - Persephone FO o. A. AO Port Sunlight, Lady Lever Art Gall. LL 5040 (X 2143) Char apul. rf. Loutrophoros, Frgt. Erhalten: oberes Register von Seite A Zuo Dareios-Maler Dat 340/330 v. Chr. (Güntner); 340-320 v. Chr. (Sarian) Bibl Schauenburg 1958, 57 m. Anm. 47-49; 62; Trendall – Cambitoglou 1982, 501 Nr. 63; Lindner u. a. 1988, 382 Nr. 86 Taf. 215; Sarian 1992, 990 Nr. 7 Text-Abb. Hekate 7; Güntner 1997, 967 Nr. 196

(Kat. 13) Raub der Leukippiden, apul. rf. Lekyhthos, Richmond Mot Aphrodite - Eros - Dioskuren - Leukippiden FO o. A. AO Richmond, Virginia Mus. of Fine Arts 80.162 Char apul. rf. Lekythos Zuo Dareios-Maler (Hamma); Unterwelt-Maler (Trendall – Cambitoglou; Schefold – Jung; Boardman) Dat 350-340 v. Chr. (Hamma; Hermary; Delivorrias); 340-330 v. Chr. (Roccos) Bibl Hamma 1982, 128-132 Nr. 50 Abb. 50; Trendall – Cambitoglou 1983, 84 Nr. 281 c; Delivorrias u. a. 1984, 147 Nr. 1538; Hermary 1986 b, 584 Nr. 203 Taf. 473; Hermary 1986 b, 585 Nr. 217; Schefold – Jung 1988 32 Abb. 20; Boardman 1990, 61 f. Taf. 11; Roccos 1992, 321 Nr. 11 Taf. 166

(Kat. 14) Entführung des Kephalos, apul. rf. Lekythos, Richmond Mot Aphrodite - Eros - Eos - Kephalos FO o. A. AO Richmond, Virginia Mus. of Fine Arts 81.55 Char apul. rf. Lekythos Zuo Unterwelt-Maler Dat 350-340 v. Chr. Bibl Mayo 1982, 133-136 Nr. 51 Abb. 51; Weiss 1986, 775 Nr. 284 Taf. 580

(Kat. 15) Entführung des Chrysippos, apul. rf. Glockenkrater, Berlin Mot Aphrodite - Eros - Laios - Chrysippos FO o. A. AO Berlin, Staatl. Museen 1968.12 Char apul. rf. Glockenkrater Zuo Dareios-Maler Dat 3. Viertel 4. Jh. v. Chr. (Trendall – Webster); 340/330 v. Chr. (Schefold); um 330 v. Chr. (Delivorrias u. a.) Bibl Trendall – Webster 1971, 83 Abb. III.3,16; Trendall – Cambitoglou 1982, 501 Nr. 66 Taf. 180, 1; Deli- vorrias u. a. 1984, 142 f. Nr. 1495 Taf. 146; Schefold 1986, 287 Nr. 2 Taf. 226; Triantis 1994, 286 Nr. 60

(Kat. 16) Zeus und Leda, apul. rf. Loutrophoros, Malibu Mot Aphrodite - Eros - Zeus - Leda FO o. A. AO Malibu, J. Paul Getty Mus. 86.AE.680 Char apul. rf. Loutrophoros. Beischriften Zuo Maler von Louvre MNB 1148 Dat 330/320 v. Chr. (Kossatz-Deissmann); 320-300 v. Chr. (Kahil u. a.) Bibl Trendall – Cambitoglou 1991, 180 f. Nr. 278-2 Taf. 47, 2; Jentoft-Nilsen 1991, Taf. 186-189; Kahil u. a. 1992, 233 Nr. 17 Taf. 110; Bazant 1997, 644 Nr. 2; Kossatz-Deissmann 1997, 535 Nr. 5 Taf. 349; Greenberg 2002, 124 m. Abb.

(Kat. 17) Herakles und Hebe, apul. rf. Situla, Genua Mot Aphrodite - Eros - Herakles - Hebe FO Ruvo AO Genua, Mus. Civ. 1177 Char apul. rf. Situla Zuo Gruppe von New York 28.57.10 (Nähe zu Dareiosmaler) Dat um 350 v. Chr. (Siebert); 335-330 v. Chr. (Laurens) Bibl Bernabò Brea 1942, Taf. 4; Trendall – Cambitoglou 1982, 518 Nr. 188 Taf. 187, 3(A). 4 (B); Delivorrias u. a. 1984, 144 Nr. 1516 Taf. 148; Boardman 1988, 821; Laurens 1990, 163 Nr. 3329; Siebert 1990, 333 Nr. 568.

(Kat. 18) Junges Paar, apul. rf. Knopfhenkelpatera, Malibu Mot Eros - junges Paar FO o. A. AO Malibu, J. Paul Getty Mus. L.77.AE.29 Char apul. rf. Knopfhenkelpatera, aus Bruchstücken zusammengesetzt Zuo Werkstatt des Dareiosmalers (Frel – Jentoft-Nilsen)

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Dat 3. Viertel 4. Jh. v. Chr. Bibl Jentoft-Nilsen 1978/1979, 203-205 Abb. 3; Frel – Jentoft-Nielsen 1982, 137 f. Nr. 52 Abb. 52 interior; Trendall – Cambitoglou 1982, 529 Nr. 268 Taf. 193, 2

(Kat. 19) Aphrodite - Eros, goldener Fingerring, St. Petersburg Mot Aphrodite - Eros FO Blisnitza (Hauptgrab) AO St. Petersburg, Eremitage Char Fingerring aus Gold Dat 4. Jh. v. Chr. (Delivorrias u. a.); 400-375 v. Chr. (Boardman; Pellegrini) Bibl Boardman 1970, 222 Taf. 713; Delivorrias u. a. 1984, 93 Nr. 849; Delivorrias u. a. 1984, 119 Nr. 1229 Taf. 124; Pellegrini 2009, 185. 501 Nr. 2265

(Kat. 20) Eros mit Iynx, goldener Fingerring, Den Haag Mot Eros FO Lindos AO Den Haag, Königliches Münzkabinett 1981 Char Fingerring aus Gold Dat um 400 v. Chr. Bibl Maaskant-Kleibrink 1978, 80 f. Taf. 9, 21; Hermary u. a. 1986, 885 Nr. 429; Pellegrini 2009, 495 Nr. 2204

(Kat. 21) Eros m.it Iynx, goldene Ohrgehänge, Berlin Mot Eroten FO Kyme in Aeolien AO Berlin, Staatl. Museen, Antikensammlung Misc. 7035 - GI 165/6 Char Paar von Ohrgehängen, Gold, H 6,0 u. 6,4 cm Dat 2. Hälfte 4. Jh. v. Chr. Bibl Hoffmann – Davidson 1965, 95 f. Nr. 19 Abb. 19 a; Marshall 1969, 181 Nr. 1670-1; Dückers 1985, 61 m. Abb.; Hermary u. a. 1986, 895 Nr. 525; Pellegrini 2009, 185. 501 Nr. 2263

(Kat. 22) Ares und Aphrodite, pompejan. Wandbild, Neapel Mot Eros - Ares - Aphrodite FO Pompeji VII 2, 23, Casa dell’Amore Punito, Tablinum AO Neapel, Mus. Naz. 9249 Char Fresko, H 1, 16 m Dat 3. Stil, um 20/30 n. Chr. (Schefold; Simon) Bibl Schefold 1957, 172; Herbig 1962, 176 Taf. 61,1; Curtius 1972, 250 Abb. 147; Simon 1984 b, 547 Nr. 375 Taf. 411; Blanc – Gury 1986, 962 Nr. 37; De Caro 2001, 157 m. Abb.

II.2.3. Pfeil – Bogen – Köcher

(Kat. 23) Eros mit Pfeil und Bogen, att. rf. Lekythos, Fort Worth Mot Eros FO o. A. AO Fort Worth (Texas), Kimbell Art Mus. AP 84.16 Char att. rf. Lekythos Zuo Brygos-Maler Dat um 490 v. Chr. Bibl Hermary 1986 b, 219-223 Abb.1; Hermary u. a. 1986, 878 Nr. 332 Taf. 626; Pellegrini 2009, 99. 297 Nr. 457 Taf. 14

(Kat. 24) Meleagers Tod, apul. rf. Volutenkrater, Neapel Mot Aphrodite - Phthonos - Meleagros FO Armentum AO Neapel, Mus. Naz. Stg. 11 (80854) Char apul. rf. Volutenkrater, Figuren m. Namensbeischriften Zuo dem Lykurgosmaler verwandt (Trendall – Cambitoglou 1978) Dat um 360-350 v. Chr. (Delivorrias u. a.); 2. Viertel 4. Jh. v. Chr. (Simon); 350-325 v. Chr. (Woodford – Krauskopf) Bibl Séchan 1967, 431-433 Abb. 123; Simon 1970, 26-28 Abb. 9; Trendall – Webster 1971, 98 Abb. III.3,40; Koch 1975, 37 Taf. 15, 2; Trendall – Cambitoglou 1978, 424 Nr. 54; Simon 1981 a, 579 Nr. 4 Taf. 436; Delivorrias u. a. 1984, 122 Nr. 1278; Delivorrias u. a. 1984, 145 Nr. 1524; Woodford – Krauskopf 1992, 419 Nr. 42

(Kat. 25) Parisurteil, campan. rf. Lekanisdeckel, Mannheim Mot Aphrodite - Eros - Paris FO o. A. AO Mannheim, Reiss-Museum Char campan. rf. Lekanisdeckel Zuo zumeist: CA-Maler (Delivorrias u. a.; Kossatz-Deissmann; Trendall); Maler des Urteils (Siebert)

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Dat um 350 v. Chr. (Delivorrias u. a.); um 340/330 v. Chr. (Kossatz-Deissmann); um 320 v. Chr. (Siebert) Bibl Trendall 1983, 217 Nr. 64 a Taf. 25, 3. 4; Delivorrias u. a. 1984, 138 Nr. 1440; Kossatz-Deissmann 1988, 711 Nr. 440; Trendall 1989, 167 f. Abb. 316; Siebert 1990, 326 Nr. 480 b; Kossatz-Deissmann 1994, 181 Nr. 58

(Kat. 26) Irdisches Paar, sizil. rf. Kelchkrater, Lipari Mot Eros - junger Mann - Frau FO Lipari AO Lipari, Mus. Arch. Eoliano 9405 Char sizil. rf. Kelchkrater. H 34 cm Zuo Stil dem Hekatemaler (= Maler von Syrakus 47099) verwandt. Seite A: Alkmene, Zeus, Hermes. Seite B: Eros u. Liebespaar. Dat um 360 v. Chr. Bibl Trendall – Webster 1971, 76 Nr. III.3,7; Trendall 1983, 272 Nr. 29 d; Hermary u. a. 1986, 879 Nr. 335 Taf. 626

(Kat. 27) Aphrodite - Eros, bronzener Klappspiegel, Paris Mot Aphrodite - Eros FO Tarquinia AO Paris, Musée du Louvre 27663; Br 1700 Char bronzener Klappspiegel, großgriechisch. Dm 19 cm Dat um 350 v. Chr. Bibl Züchner 1942, 14-16 KS 17 Taf. 17; Dörig 1976, 190 Abb. 206; Delivorrias u. a. 1984, 49 Nr. 386; Delivorrias u. a. 1984, 119 Nr. 1222 Taf. 123; Hermary u. a. 1986, 879 Nr. 340 b; Pellegrini 2009, 189. 517 Nr. 2393 [falsche Inventarnummer angeführt]

(Kat. 28) Marmorstatue des bogenspannenden Eros, Rom Mot Eros FO Tivoli, Villa d’Este AO Rom, Musei Capitolini 410 Char Statue aus parischem Marmor, Kopie nach Bronzeoriginal von Lysipp in Thespiai. H 1,23 m. Ergänzt: die Arme mit dem Bogen - mit Ausnahme des Stücks zwischen den Händen, die Flügel bis auf einen Ansatz des rechten, beide Füße, evtl. auch der rechte Unterschenkel, weiters Plinthe und Stütze Dat Bronzeoriginal: 30er Jahre d. 4. Jhs. v. Chr. (Maderna); 330-320 v. Chr. (Fuchs) Marmorkopie: hadrianisch (Maderna) Bibl v. Steuben 1966, 85-87 Nr. 1231; Hermary u. a. 1986, 880 Nr. 352 a Taf. 627; Fuchs 1993, 108 Abb. 102; Maderna 2004, 345-356. 535 f. Abb. 314; Pellegrini 2009, 180 f. 484 Nr. 2101 Taf. 52. – Zu Original: Frickenhaus 1915, 127-129. – Verzeichnis v. 44 Repliken u. 12 Kopf-Repliken: Döhl 1968, 51-56

(Kat. 29) Eros als Bogenschütze, Karneolgemme, Berlin Mot Eros FO aus Athen erworben AO Berlin, Staatl. Museen FG 351 Char Ovaler Ringstein, orangefarbener Karneol, klar, durchscheinend. Am Rand nachantike Abschrägung zum Bild hin, die Bogen und Flügelspitze beschneidet. Inschrift: Olympios 1,65 x 1,27 x 0,35 cm Dat 380-360 v. Chr. (Pellegrini); 2. Viertel 4. Jh. v. Chr. (Zwierlein-Diehl) Bibl Zwierlein-Diehl 1969 a, 71f. Nr. 151 Taf. 35; Boardman 1970, 210 Taf. 633; Hermary u. a.1986, 879 Nr. 343 Taf. 626; Pellegrini 2009, 185. 503 Nr. 2282 Taf. 53. – Zur Künstlerinschrift: Furtwängler 1888, 119-121 Taf. 3, 7 [mit Hinweis auf eine Mitteilung von C. Scherer, der eine Identität des Olympios der Eros-Gemme mit dem Stempelschneider arkadischer Bundesmünzen mit der Inschrift ΟΛΥΜ oder ΟΛΥ vermutet]

(Kat. 30) Aphrodite - Eros, Plasmagemme, Wien Mot Aphrodite - Eros FO o. A. AO Wien, Kunsthist. Mus. VII 730 Char Ovaler Ringstein, dunkelmoosgrünes Plasma. In antikem Goldring, Rückseite geschlossen. Bildseite leicht konvex 1,39 x 1,06 cm (sichtbare Oberfläche) Dat Stein 1. Jh. n. Chr., Fassung 3. Jh. n. Chr. Bibl Richter 1971, Nr. 147; Zwierlein-Diehl 1973, 139 Nr. 429 Taf. 72; Schmidt 1997, 223 Nr. 342 Taf. 161

(Kat. 31) Amor und Apollo, Karneolgemme, Berlin Mot Amor - Apollo FO Kertsch AO Berlin, Staatl. Museen Misc. 11863, 46 Char Ovaler Stein, hellorangefarbener Karneol, klar, durchscheinend. In antiker Goldfassung als Kettenglied. Oberseite leicht konvex 2,27 x 1,78 x 0,46 cm (mit Fassung ohne Öse) Dat Ende 1. Jh. v. Chr. / Anfang 1. Jh. n. Chr. 141

Bibl Zwierlein-Diehl 1969 a, 165 Nr. 439 Taf. 77; Zwierlein-Diehl 1969 b, 530 f. Abb. 3; Kokkorou-Alewras 1984, 284 Nr. 816 Taf. 255; Simon 1984 a, 425 Nr. 443

(Kat. 32) Eros, Aphrodite und Ares, Frau und Mann, Karneolgemme, Wien Mot Eros - Aphrodite - Ares - Frau - Mann FO Fayum AO Wien, Kunsthist. Mus. IX 2023 Char Tropfenförmiger Anhänger, blaßorangefarbener Karneol, schwach durchscheinend. Bohrung in Höhe der Abarbeitung noch erkennbar. H 2,21 cm, größter Dm 1,23 cm Dat 3. Jh. n. Chr. (?) (Zwierlein-Diehl) Bibl Zwierlein-Diehl 1979, 151 Nr. 1192 Taf. 102; Simon 1984 b, 546 Nr. 368 Taf. 410

(Kat. 33) Ares und Aphrodite, pompejan. Wandbild, in situ Mot Eros - Ares - Aphrodite FO Pompeji V 4, 11, Haus des Lucretius Fronto AO in situ Char Fresko, H 0,45 m. Replik des um 40 n. Chr. entstandenen Gemäldes im Haus des Teges, Pompeji I 7, 19 Dat 3. Stil, um 50 n. Chr. (Simon) Bibl Schefold 1957, 85; Herbig 1962, 180 Taf. 62, 2; Curtius 1972, 250 f. Abb. 148; Blankenhagen – Green 1975, 87 Taf. 2; Simon 1984 b, 549 Nr. 389 a Taf. 415

(Kat. 34) Att. Hippolytossarkophag, Beirut Mot Aphrodite - Eros - Phaidra – Hippolytos FO Nekropole von Tyros AO Beirut, Nat. Mus. 447 Char att. Sarkophag, Marmor, mehrfach bestoßen. Dat 3. Viertel 2. Jh. n. Chr. (Linant de Bellefonds 1990); letztes Viertel 2. Jh. n. Chr. (Rogge) Bibl Koch – Sichtermann 1982, 393 f. 397 Abb. 425; Linant de Bellefonds 1985, 17 f. 127-133. 159 f. Taf. 1, 1; 45; Linant de Bellefonds 1990, 448 Nr. 25 Taf. 318; Rogge 1995, 73-75. 151 Nr. 56 Taf. 76, 1; 78, 1; Schmidt 1997, 223 Nr. 340 Taf. 161

(Kat. 35) Eros und Psyche, Mosaik, Byblos Mot Eros - Psyche FO Byblos AO Beirut, Nat. Mus. Char Mosaik, stark beschädigt Dat Ende 2. - Anfang 3. Jh. n. Chr. Bibl Icard-Gianolio 1994, 577 Nr. 103 Taf. 452

(Kat. 36) Psyche und Amor, Mosaik, Antiochia Mot Psyche - Amor FO Antiochia, Haus des Trinkwettstreits (House of the Drinking Contest) AO Antakya, Mus. Hatay 1021 Char Mosaik Dat Severerzeit Bibl Levi 1947, 159-161 Taf. 31 b; Grant – Hazel 1997, 358 m. Abb.; Icard-Gianolio 1994, 576 Nr. 86a Taf. 450

(Kat. 37) Phaidra und Hippolytos, Mosaik, Ismailia Mot Eros - Phaidra - Hippolytos FO Sheikh Zoueda AO Ismailia, Mus. 2401 Char Mosaik. Namensbeischriften Dat 4. Jh. n. Chr. Bibl Levi 1947, 72f. Abb. 29; Zayadine 1986, 423 Abb. 16; Augé – Linant de Bellefonds 1986, 949 Nr. 99; Augé – Linant de Bellefonds 1986, 950 Nr. 111; Linant de Bellefonds 1990, 452 Nr. 49 Taf. 320

II.2.4. Fackel

(Kat. 38) Eros - Ephebe, att. rf. Halsamphore, London Mot Eros - Jüngling FO Süditalien od. Sizilien AO London, BM 96.7-23.1 (Hermary u. a. 1986); 1896.7-23.1 (Pellegrini) Char att. rf. Amphore. Kalos-Inschriften: A: ΚΑΛΟΣ ΧΑΡΜΙΔΕΣ; B: ΚΑΛΟΣ Zuo Charmides-Maler Dat 475-450 (Pellegrini); 460-450 v. Chr. (Hermary u. a.) Bilbl ARV² 654, 12; 1572; Beazley Addenda² 276; Walters – Forsdyke 1930, Taf. 49, 3; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 366 Taf. 628; Pellegrini 2009, 99. 298 Nr. 469 [Beschreibung der Instrumente in Eros’ Händen: »kleine Stöcke (Fackeln ?)«]

142

(Kat. 39) Psyche und Eros, Silberschale, Novotscherkassk Mot Psyche - Eros - Nemesis FO Sarmatengrab in Novotscherkassk, bei Rostov am Don AO Novotscherkassk, Mus. der Geschichte der Donkosaken Char Silberschale, Treibarbeit Dat nach 200 v. Chr. (Icard-Gianolio); späthellenistisch (Karanastassi) Bibl Kaposhina 1963, 256-258 Taf. 30; Karanastassi 1992, 753 Nr. 205 b Taf. 444; Icard-Gianolio 1994, 578 Nr. 117 Taf. 454

(Kat. 40) Eros mit Psyche-Schmetterling, Karneolgemme, Wien Mot Eros - Psyche-Schmetterling FO o. A. AO Wien, Kunsthist. Mus. IX B 227 Char Karneolgemme, rechteckoval, honigfarben, klar, durchscheinend. VS und RS flach, Kante zur Rückseite abgeschrägt. In moderner Goldfassung als Ring 1,72 x 1,20 (si. O.) x 0,27 cm Dat 3. Viertel 1. Jh. v. Chr. (Zwierlein-Diehl); hellenistisch (Furtwängler) Bibl Furtwängler 1900, Taf. 35, 46; Zwierlein-Diehl 1973, 83 Nr. 190 Taf. 32

(Kat. 41) Eros mit Psyche-Schmetterling, Karneolgemme, Wien Mot Eros - Psyche-Schmetterling FO o. A. AO Wien, Kunsthist. Mus. IX B 1458 Char Karneolgemme, rundoval, dunkel orangefarben, klar, durchscheinend. VS und RS flach, Kante zur Rückseite abgeschrägt. In moderner Goldfassung mit beweglichem Bügel 0,89 x 0,71 (si. O.) x 0,26 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Zwierlein-Diehl 1979, 182 Nr. 1358 Taf. 127

(Kat. 42) Eros und Psyche, Onyxkameo, Florenz Mot Eros - Psyche FO o. A. AO Florenz, Mus. Arch. 38 (14445) Char Onyxkameo des Sostratos Dat Mitte 1. Jh. v. Chr. Bibl Furtwängler 1900, Taf. 57, 13; Icard-Gianolio 1994, 577 Nr. 105 Taf. 452

(Kat. 43) Eros und zwei Psychen, Sarderkameo, Neapel Mot Eros - zwei Psychen - Dionysos - Satyr FO o. A. AO Neapel, Mus. Naz. 25840 Char Sarder-Kameo Dat 3. Viertel 1. Jh. v. Chr. Bibl Furtwängler 1900, Taf. 57, 15; Gasparri 1986, 557 Nr. 223 Taf. 451; Blanc – Gury 1986, 1000 Nr. 379; Icard-Gianolio 1994, 574 Nr. 71 Taf. 448

(Kat. 44) Psyche und drei Eroten, pompejan. Wandbild, Oxford Mot drei Eroten - Psyche - Nemesis - Elpis FO Pompeji VI 4, 4 AO Oxford, Ashmolean Mus. 1947.288 Char Wandgemälde. 28,5 x 40,5 cm Dat 3. Stil Bibl Helbig 1868, 170 Nr. 854; Schefold 1957, 97; Sichtermann 1969, 280. 295 Taf. 93; Hamdorf 1986, 724 Nr. 14; Rausa 1992, 767 Nr. 292; Icard-Gianolio 1994, 577 Nr. 102 Taf. 452

(Kat. 45) Narkissos, pompejan. Wandbild, in situ Mot Eros - Narkissos FO Pompeji IX 2, 27 (k), Domus tectoris/Casa del Granduca AO in situ Char Wandmalerei, schlechter Erhaltungszustand Dat vespasianisch Bibl Schefold 1957, 245; Schefold 1962, 173 Taf. 175, 4; Rafn 1992, 705 Nr. 29 Abb. 29

(Kat. 46) Endymionsarkophag, Rom Mot Eros - Selene - Endymion FO o. A. AO Rom, Mus. Cap. 325 Char stadtröm. Friessarkophag, Marmor. Deckel m. nachträglich eingefügter Inschr. anlässlich Zweitverwendung Dat um 130 n. Chr. (Gabelmann); Mitte 2. Jh. n. Chr. (Blanc – Gury) Bibl Andreae 1966, 112-114 Nr. 1260; Sichtermann – Koch 1975, 27 f. Nr. 16 Taf. 35, 16; 36; 37; Koch – Sichtermann 1982, 145; 196 m. Anm. 19; 208 Abb. 155; Gabelmann 1986, 732 Nr. 46 Taf. 554; Blanc –

143

Gury 1986, 960 Nr. 14; 999 Nr. 368

(Kat. 47) Provinzialröm. Endymionrelief, Celeia Mot Eros - Selene - Endymion FO Celeia AO Cilli-Celje, Pokrajinski Mus. 118 Char provinzialröm. Grabrelief, Marmor. Vorderseite eines Eckblocks, der in den Sockel eines Grabdenkmals vom Säulenfront-Typus eingelassen war. Oberfläche teilweise stark korrodiert. 86 x 79 cm Dat Beginn 2. Jh. n. Chr. (Gabelmann) Bibl Schober 1953, 132. 155 Abb. 66; Diez 1961-1963, 54 f. Abb. 29; Gabelmann 1986, 731 Nr. 31 Taf. 553; Kolsek 1989/1990, 143-146 Taf. 15. 2; Harl 2012 b.

(Kat. 48) Persephonesarkophag, Rom Mot Aphrodite - Eros - Hades - Persephone FO o. A. AO Rom, Pal. Rospigliosi Char stadtröm. Friessarkophag Dat 150-180 n. Chr. (De Angeli); 170/180 n. Chr. (Lindner) Bibl Koch 1979, 232 Abb. 2; Koch – Sichtermann 1982, 176. 263 Abb. 203; De Angeli 1988, 901 Nr. 127; Lindner 1988, 402 Nr. 36 Taf. 233

(Kat. 49) Persephonesarkophag, Wien Mot Aphrodite - Eros - Hades - Persephone FO AO Wien, Kunsthist. Mus. I 1126 Char stadtröm. Friessarkophag Dat Anfang 3. Jh. n. Chr. (De Angeli); 1. Viertel 3. Jh. n. Chr. (Lindner) Bibl Gschwantler 1978, 67 Taf. 22; Koch – Sichtermann 1982, 178 Abb. 206; Lindner 1988, 401 Nr. 18 Taf. 231; De Angeli 1988, 901 Nr. 131

(Kat. 50) Aeneassarkophag, Rom Mot Amor - Dido - Aeneas FO Rom, Via Cassia AO Rom, Mus. Naz. Romano 168186 Char stadtröm. Friesarkophag, Marmor m. Deckel Dat späthadrian. - frühantonin. (Simon); antonin. (Canciani) Bibl Andreae 1969, 66-69 Nr. 2162; Canciani 1981, 391 Nr. 161 Taf. 307; Koch – Sichtermann 1982, 134 Abb. 139; Paribeni 1984, 861 Nr. 11; Geyer 1989, 192 Taf. 23, 2; Simon 1997, 560 Nr. 4

(Kat. 51) Dionysos und Ariadne, stadtröm. Sarkophag, Baltimore Mot Eros - Dionysos - Ariadne FO Rom, Tomba dei Pisoni AO Baltimore, Walters Art Museum 23. 37 Char stadtröm. Friessarkophag, Marmor m. Deckel Dat 1. Jahrzehnt 3. Jh. n. Chr. Bibl Turcan 1966, 231-233; Schefold 1981, 272 f. Abb. 388; Bernhard – Daszewski 1986, 1064 Nr. 141; Blanc – Gury 1986, 960 Nr. 18 Taf. 679; Gasparri 1986, 554 Nr. 187

(Kat. 52) Att. Hippolytossarkophag, Beirut Mot Eros - Phaidra - Hippolytos FO Nekropole von Tyros AO Beirut, Nat. Mus. Tyr 4230 Char att. Friessarkophag, Marmor. Mot m. Eros, Phaidra, Amme: VS; Hippolytos, Amme: l. NS Dat 1. Viertel 3. Jh. n. Chr. (Rogge); E. 2. Viertel 3. Jh. n. Chr. (Linant de Bellefonds) Bibl Koch – Sichtermann 1982, 394 f.; Linant de Bellefonds 1985, 25 f. 33. 151 f. 160. 175. 179 Taf. 2, 2; 59, 1. VS: Linant de Bellefonds 1985, 151 f. Taf. 2, 2; 59, 1; Linant de Bellefonds 1990, 448 Nr. 32 Taf. 318; Koch 1993, 99 Abb. 57; Rogge 1995, 77 f. 152 Nr. 57 Taf. 84-86. l. NS: Linant de Bellefonds 1990, 456 Nr. 91 Taf. 324; Rogge 1995, 87. 152 Nr. 57 Taf. 106

(Kat. 53) Provinzialröm. Hippolytosrelief, Seggau Mot Eros - Phaidra - Amme - Hippolytos FO Flavia Solva AO Leibnitz, Schloss Seggau, in Fassade eingemauert Char provinzialröm. Relief-Fragment von der Sockelzone eines Grabbaus, Marmor. Oberfläche stark korrodiert 82 x 6o cm Dat 2. Hälfte 2. / 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr. (Pochmarski – Heinzmann); 150-230 n. Chr. (Harl) Bibl Schober 1929, 161-164 Abb. 1; Diez 1949, 23 Nr. 15 Taf. 3, 6; Linant de Bellefonds 1990, 455 Nr. 74; Pochmarski – Hainzmann 2004, 57 Nr. 50; Harl 2012 a.

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(Kat. 54) Selene und Endymion, Mosaik, Ostia Mot Eros - Selene - Endymion FO Ostia, Isola Sacra, Grab Nr. 87 AO in situ Char Mosaik, schwarz-weiß Dat hadrianisch Bibl Blanc – Gury 1986, 959 Nr. 11; Gabelmann 1986, 731 Nr. 29 Taf. 553

(Kat. 55) Parisurteil, Mosaik, Paris Mot Aphrodite - Eros - Paris FO Antiochia am Orontes, Triclinium des sog. Atriumhauses AO Paris, Musée du Louvre Ma 3443 Char polychromes Emblema in opus vermiculatum 186 x 186 cm. Material: Marmor, Kalkstein, Glaspaste. Fehlstellen: an Körpermitte von Hermes, am linken Knie von Paris und an seinem Felssitz, im Mantel von Aphrodite, am Boden, im Rankenornament. Dat 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (Demargne); 115-150 n. Chr. (Simon); 130-150 n. Chr. (Baratte) Bibl Levi 1947, 16-21 Taf. 1 b; Baratte 1978, 87-92 Nr. 43 Abb. 84. 85; Demargne 1984, 993 f. Nr. 423 Taf. 751; Kossatz-Deissmann 1994, 183 Nr. 77; Icard-Gianolio 1994, 572 Nr. 49 Taf. 444

(Kat. 56) Echo und Narkissos, Mosaik, Antakya Mot Eros - Echo - Narkissos FO Daphni bei Antiochia, House of the Buffet Supper AO Antakya, Mus. Hatay 938 Char polychromes Fußbodenmosaik, einige Fehlstellen. Namensbeischriften ΗΧW, ΝΑΡΚΙCCΟC Dat 150-250 n. Chr. (Levi); 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr. (Bazant – Simon) Bibl Levi 1947, 136 f. Taf. 23 c; Bazant – Simon 1986, 682 Nr. 13 Taf. 534; Rafn 1992, 707 f. Nr. 51; Kondoleon 1995, 37 f. Abb. 15

(Kat. 57) Phaidra und Hippolytos, Mosaik, Paphos Mot Eros - Phaidra - Hippolytos FO Nea Paphos, Zypern, Haus des Dionysos, westlicher Raum hinter N-Porticus AO in situ Char polychromes Fußbodenmosaik. Panel m. mytholog. Darstellung 98 x 175 cm Dat 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (Kondoleon); Ende 2. /Anfang 3. Jh. n. Chr. (Michaelides); 2. Hälfte 3. Jh. n. Chr. (Linant de Bellefonds); nach Ende 2./Anfang 3.Jh. n. Chr. (Michaelides) Bibl Linant de Bellefonds 1990, 449 Nr. 35 Taf. 318; Michaelides 1992, 31 Nr. 12 Abb. 12; Kondoleon 1995, 40-50. 316-319 Abb. 16. 17. 20

(Kat. 58) Poseidon und Amymone, Mosaik, Paphos Mot Eros - Poseidon - Amymone FO Nea Paphos, Zypern, Haus des Dionysos, 3. Panel der W-Porticus AO in situ Char polychromes Fußbodenmosaik, Panel m. mytholog. Darstellung 112 x 229 cm Dat 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (Kondoleon); 2. Hälfte 3. Jh. n. Chr. (Simon) Bibl Simon 1981, 744 Nr. 32 Taf. 600; Michaelides 1992, 39 Nr. 18 Abb. 18; Kondoleon 1995, 157-167 Abb. 97. 102. 105. 118

(Kat.59) Phaidra und Hippolytos, Diptychon, Brescia Mot Eros - Phaidra - Hippolytos FO N-Italien AO Brescia, Mus. di Santa Giulia, Collezione Querini Char Diptychon, Elfenbein. r. Tafel, 24,5 x 14 cm Dat um 400 n. Chr. (Simon); 5. Jh. n. Chr. (Volbach) Bibl Simon 1970, 39-41 Abb. 1; Volbach 1976, 57 Nr. 66 Taf. 38; Linant de Bellefonds 1990, 449 Nr. 39 Taf. 319

(Kat. 60) Apollon und Daphne, Silbersitula, St. Petersburg Mot Eros - Apollon - Daphne FO Concesti, Rumänien AO St. Petersburg, Eremitage 2160/2 Char Situla, Silber Dat 5. Jh. n. Chr. (Palagia); 5./ 6. Jh. n. Chr. (Simon) Bibl Levi 1947, 213f.; Simon 1984 a, 426 Nr. 451; Palagia 1986, 347 Nr. 40 Taf. 259

II.2.5. Kentron – Pedum – Geißel – Fessel

(Kat. 61) Zeus und Ganymed, att. sf. wgr. Alabastron, ehem. Berlin Mot Eros - Zeus - Ganymed FO Chiusi AO ehem. Berlin, Staatl. Museen F 2032 Char att. sf. wgr. Alabastron, bestoßen. Alle Figuren mit unleserlicher Beischrift 145

Zuo Diosphos-Maler Dat 490-480 v. Chr. (Hermary – Cassimatis; Pellegrini) Bibl Sichtermann 1953 Kat. Nr. 27; Kaempf-Dimitriadou 1979, 7 f. 76 f. Nr. 3 Text-Abb. 1; Schefold 1981, 211 Abb. 289. 290; Koch-Harnack 1983, 97-105. 236; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 362; Sichtermann 1988, 156 Nr. 10; Pellegrini 2009, 95. 278 Nr. 293 Text-Abb. 4

(Kat. 62) Erastes - Eromenos, att. rf. Strickhenkelaamphore, Rom Mot Eros - älterer Mann - Ephebe FO Cerveteri, Banditaccia-Nekropole AO Rom, Villa Giulia 47214 Char att. rf. Halsamphore m. Strickhenkeln, aus mehreren Bruchstücken zusammengesetzt Zuo Flying-Angel-Maler (Beazley) Dat 490-480 v. Chr. (Hermary – Cassimatis; Pellegrini); 500-450 v. Chr. (Barbieri) Bibl ARV² 280, 13; Beazley Addenda² 208; Greifenhagen 1969, 598f. Nr. 2645; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 363 Taf. 628 [Eros mit »aiguillon« = Stachel]; Barbieri 1991, Taf. 36, 1-3; Pellegrini 2009, 99. 297 Nr. 459 [Eros mit »frustino« = Peitsche]

(Kat. 63) Erastes - Eromenos, att. rf. Halsamphore, London Mot älterer Mann - Ephebe FO Nola AO London, Brit. Mus. E 297 Char att. rf. Halsamphore, Beischrift ΑΚΕΣΤΟΡΙΔΕΣ ΚΑΛΟΣ Zuo Oionokles-Maler (Beazley). Dat 470-460 v. Chr. (Hermary u. a.); 475-450 v. Chr. (Pellegrini) Bibl ARV² 647, 13; 1560; Beazley Addenda² 275; Walters – Forsdyke 1930, III Ic Taf. 52, 1a. b; Greifen- hagen 1957, 58 Abb. 46; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 365 b; Serbeti 1989, passim 17-46 Taf. 19, 1. 2; Pellegrini 2009, 99. 298 Nr. 467

(Kat. 64) Eroten - Ephebe, att. rf. Arybalos, Athen Mot Eroten - Ephebe FO Athen AO Athen, Nat. Mus. 15375 Char att. rf. Aryballos. Besitzerinschrift des Asopodoros Zuo Signatur benennt Douris als Töpfer: ΔΟΡΙΣ ΕΠΟΙΕΣΕΝ, Dat 490 (Pellegrini); 490-480 v. Chr. (Hermary u. a.) Bibl ARV² 426; 447, 274; 1653; Beazley Addenda² 241; Greifenhagen 1957, 57f. Abb. 43-45; Schefold 1981, 192 Abb. 258-260; Koch-Harnack 1983, 236; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 365 a; Robertson 1991, 6 Abb. 1; Pellegrini 2009, 99. 298 Nr. 463

(Kat. 65) Eroten - Atalante, att. wgr. Lekythos, Cleveland Mot Eroten - Atalante FO o. A. AO Cleveland, Mus. of Art 66.114 Char att. wgr. Lekythos. Alle Figuren mit Namensbeischrift Zuo Douris (Beazley). Dat um 500-490 v. Chr. (Boardman 1984; Hermary u. a.; Pellegrini); 490-480 v. Chr. (Simon); gegen 480 v. Chr. (Schefold) Bibl Beazley Para. 376, 266bis; Beazley Addenda² 241; Simon 1970, 18 Abb. 4; Boulter 1971, Taf. 32-34; 35, 1; Boardman 1975, Abb. 294; Schefold 1981, 193f. Abb. 261-263; Boardman 1984, 947 Nr. 90 Taf. 699; Hermary u. a. 1986, 864 Nr. 94; Hermary u. a. 1986, 881 Nr. 364 Taf. 628; Pellegrini 2009, 100. 299 Nr. 478

(Kat. 66) Apollon und Daphne, bemalte Glasolpe, Corning Mot Pothos - Apollon - Daphne FO Kertsch, Krim, Grabnische AO Corning, N.Y., Mus. of Glass 55.1.86 Char Olpe aus Glas, kalt bemalt. Zierlinien, Buchstaben und Figuren vergoldet. Alle Figuren mit Namensbeischrift. Im oberen Register: H XAPI C Dat um 200 n. Chr. (Simon; Palagia) Bibl Müller 1929, 63f. Abb. 5 Taf. 12. 13; Simon 1984 a, 425 Nr. 449; Palagia, 1986, 347 Nr. 39 Taf. 259; Kondoleon 1995, 167-174 Abb. 103. 107. 108

(Kat. 67) Eros und Psyche, Onyxkameo, St. Petersburg Mot Eros - Psyche FO o. A. AO St. Petersburg, Eremitage Ж 244 Char Onyxkameo Dat 1. Jh. v. Chr. Bibl Icard-Gianolio 1994, 577 Nr. 107 Taf. 453

(Kat. 68) Psyche, Karneolgemme, Berlin

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Mot Psyche - Nemesis FO o. A. AO Berlin, Staatl. Museen FG 6780 Char Karneolgemme, fast rund. dunkelorangefarben, durchscheinend. RS konvex 1,30 x 1,23 x 0,22 cm Dat frühes 1. Jh. n. Chr. Bibl Zwierlein-Diehl 1969, 169 Nr. 454 Taf. 80; Karanastassi 1992, 753 Nr. 206 a; Rausa 1992, 767 Nr. 291 Taf. 448

(Kat. 69) Eros - Herakles, Karneolgemme, Wien Mot Eros - Herakles FO o. A. AO Wien, Kunsthist. Mus. IX B 656 Char Karneolgemme, oval, dunkelorangefarben, Vs. konvex. In moderner Ringfassung (Gold) 3,54 x 2,18 (si. O.) x 0,49 cm Dat 3. Viertel 1. Jh. v. Chr. Bibl Zwierlein-Diehl 1973, 101 Nr. 268 Taf. 46

(Kat. 70) Eroten und Psychen, Sarkophag, Rom Mot Eroten - Psychen FO Rom, S. Agnese fuori le mura AO in situ Char Fragment eines Säulensarkophags, Marmor, stadtröm. Dat 4. Jh. n. Chr. Bibl Orlandi 1972, 43 m. Anm. 46 Taf. 27, 2 [Ortsangabe bei Orlandi fälschlich S. Constanza: vgl. Koch – Sichtermann 1982, 215 Anm. 37]; Koch – Sichtermann 1982, 215 Anm. 37; 217 Anm. 61; Icard-Gianolio 1994, 578 Nr. 119 Taf. 455

III.2.1. Defixionen III.2.1.1. Trennungszauber

(Kat. 71)* Bleitäfelchen aus Attika FO aus Attika, orig. Fundplatz nicht bekannt. AO o. A. Char Bleitäfelchen 27 x 3 cm, an einer Seite griech. Inschrift, ursprünglich gefaltet Dat 4. Jh. v. Chr. (Wünsch; Wilhelm) Bibl Wünsch 1897, 17 Nr. 78 [ = DTA 78 ]; Wilhelm 1904, 113; Faraone 1991 a, 14; Gager 1992, 91 Nr. 23; Dickie 2000, 576; Eidinow 2007, 215 f. 368

(Kat. 72) Bleitäfelchen aus Athen FO o. A. AO o. A. Char Bleitäfelchen 13 x 6 cm, beidseitig griechisch beschriftet Dat 4. Jh. v. Chr. (Wilhelm) Bibl Wünsch 1897, 26 Nr. 102 [ = DTA 102 ] m. Abb. a. b; Wilhelm 1904, 112 f.; Versnel 1991, 65; Gager 1992, 201 f. Nr. 104 Abb. 22; Eidinow 2007, 146. 378 f.

(Kat. 73)* Bleitäfelchen aus Böotien FO aus Böotien, orig. Fundplatz nicht bekannt. AO vormals Athen, Archäolog. Nat. Mus. 9363 (Audollent) Char Bleitäfelchen 8 x 7 cm, an beiden Seiten griechisch beschriftet Dat 4. Jh. v. Chr. (Faraone; Gager); nicht später als hellenistisch (Dickie) Bibl Audollent 1904, 138 Nr. 86 [ = DT 86 ]; Faraone 1991 a, 14; Gager 1992, 85f. Nr. 18; Eidinow 2007, 217 f. 402 f.

(Kat. 74)* Latein. Bleitäfelchen aus Rom FO 1851 gefunden in der Umgebung von Rom, an der Linken Seite der Via Latina, in einem Weingarten zwischen Grabstätten AO vormals Rom, Mus. Kircherianum Kat.Nr. 195 Char Bleitäfelchen, 12 x 27,5 cm, lateinisch beschriftet, einst zusammengebogen Dat ausgehende Republik oder augusteisch (Audollent) Bibl Audollent 1904, 196-198 Nr. 139 [ = DT 139 ]

(Kat. 75)* Latein. Bleitäfelchen aus Hadrumetum FO Hadrumetum, Prov. Byzacena AO o. A. Char Bleitäfelchen, 11 x 9,5 cm bei Auffindung aufgerollt, beids. latein. Inschr. in Majuskeln u. Kursivbuchst. 11 x 9,5 cm Dat 3. Jh. n. Chr. (Audollent) Bibl Audollent 1904, 363 f. Nr. 265 [ = DT 265 ]

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(Kat. 76)* Ostrakon-Defixion PGM O 2, Oslo FO Oxyrhynchos AO Oslo, Univ. Bibl. Char Ostrakon 8 x 12,5 cm, verworrene, zusammengedrängte Inschrift Dat 2. Jh. n. Chr. (Preisendanz; Gager) Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, S. 233 f. O 2 [ = PGM O2]; Gager 1992, 110-112 Nr. 35; Brashear 1995, 3485. 3490. 3493. 3502

(Kat. 77) Papyrus-Defixion PGM XIX a, Berlin FO Hermupolis AO Berlin., Staatl. Museen P. gr. 9909 Char Papyrus 30 x 22,8 cm, war dreimal breit, viermal hoch gefaltet, um in den Mund einer Mumie gesteckt zu werden Dat 4. oder 5. Jh. n. Chr. (Preisendanz) Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, P XIX a [ = PGM XIX a]; Brashear 1995, 3485. 3487. 3492. 3502

III.2.1.2. Herbeiführungszauber

(Kat. 78)* Papyrus-Rezept PGM IV 296-466 ›Wunderbarer Liebeszwang‹, Paris PGM IV FO Theben AO Paris, Bibliotheque Nationale, Suppl. Gr. 574 Char Kodex, bestehend aus 36 beidseitig beschriebenen Papyrusblättern, Sammlung von 53 Rezepten zu unterschiedlichen Themen. 3274 Zeilen, Koptisch und Griechisch Dat 4. Jh. n. Chr. Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV; Brashear 1995, 3403. 3416 f. 3419. 3516-3527. 3497 f. PGM IV 296-466: Text griechisch Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 296-466; Luck 1990, 111-115; Gager 1992, 94-97 Nr. 27

(Kat. 79) Weibliche Tonfigur und Bleitäfelchen* aus Antinoupolis, Paris FO Gegend von Antinoupolis, oberhalb von Oxyrhynchos. Orig. Fundplatz nicht bekannt; wahrscheinlich ant. Friedhof. Figur gemeinsam mit einem beschrifteten Bleitäfelchen in einem Tongefäß geborgen AO Paris, Musée du Louvre, Dép. des Antiquités égyptiennes Bleitäfelchen: T. Louvre Inv. E 27145; Tonfigur: Inv. E 27145 Char Fundkomplex: weibliche Figur aus ungebranntem Ton: H 9 cm, mit 13 Bronzenägeln in orig. Einstich- stellen. Bleitäfelchen: 11 x 11 cm, ursprünglich eingerollt, trägt an einer Seite 28 Zeilen griech. Text, verfasst von kundiger Hand Dat 2.-3. Jh. n. Chr. (Daniel – Maltomini); 3./ 4. Jh. n. Chr. (Gager); vermutl. 4. Jh. n. Chr. (Faraone) Zauberpuppe E 27145 Bibl Faraone 1991 b, 204 Nr. 27; Gager 1992, 97-99 Nr. 28 Abb. 13; Graf 1996, 124-139; Ogden 1999, 77 f. – Zur Gestaltung der Statuette: vgl. PGM IV 296-329 T. Louvre E 27145 Bibl Jordan 1985, 188 Nr. 152; Daniel – Maltomini 1990, 179-183 Nr. 47; Gager 1992, 97-100 Nr. 28; Brashear 1995, 3460. 3483. 3490. 3575; Graf 1996, 124-139. – Zur Beschriftung des Täfelchens: vgl. PGM IV 335-384

(Kat. 80) Zwei Bleitäfelchen und ein kleiner Tontopf aus Oxyrhynchos, Köln FO Oxyrhynchos, orig. Fundplatz ungewiss AO Köln, Papyrussammlung am Inst. f. Altertumskunde der Univ. Köln. Bleitafeln: T. Köln Inv. T. 1; T. Köln Inv. T. 2; Tongefäß: O. Köln Inv. O. 409 Char Fundkomplex: Tafel 1: 15 x 9,5 cm, opisthograph, 84 Zeilen, randlich Fehlstellen. Tafel 2: 15 x 6 cm, opisthograph, 72 Zeilen, randlich Fehlstellen. Frgt. v. Tongefäß, aus zahlreichen Bruchstücken rekonstr.: 10,5 x 11 cm, außenseitig spiralförmig umlaufend m. Tinte in 13 ›Zeilen‹ beschriftet, die an der Unter- seite des Gefäßes enden. Dat 2./ 3. Jh. n. Chr. (Daniel – Maltomini); 3./ 4. Jh. n. Chr. (Wortmann) Bibl Wortmann 1968, 57-84 Nr. 1-3 Abb. 1-6; Jordan 1985, 189 Nr. 155. 156; Jordan 1988, 245-259; Gager 1992, 100 Nr. 29; Brashear 1995, 3483. 3488 T. Köln 1 Bibl Wortmann 1968, 57-80 Nr. 1 Abb. 1. 2; Jordan 1988, 245-259; Daniel – Maltomini 1990, 193-204 Nr. 49; Brashear 1995, 3575 T. Köln 2 Bibl Wortmann 1968, 57-80 Nr. 2 Abb. 3. 4; Daniel – Maltomini 1990, 205-210 Nr. 50; Martinez 1990, 235 f.; Brashear 1995, 3575 O. Köln 409 Bibl Wortmann 1968, 80-84 m. 57-59 Nr. 3 Abb. 5. 6; Daniel – Maltomini 1990, 211-213 Nr. 51; Brashear 1995, 3480. 3574

(Kat. 81) Wachsfigurenpaar und Zauberpapyrus aus Assiut, Köln FO nördl. von Assiut, orig. Fundplatz nicht bekannt. Fundzusammenhang lässt auf Friedhof als Ort der Deposition schließen AO Köln, Papyrussammlung am Inst. f. Altertumskunde der Univ. Köln. 148

Papyri: P. Köln Inv. 3323 a (beschriftet); P. Köln Inv. 3323 b (ohne Inschrift); Wachspuppen: Inv. 3323 c Char Fundkomplex: Wachsfigurenpaar in Umarmung: H 7 cm, weibliche Figur heller als die männliche. Papyrus 1: 55 x 22,5 cm, an der Innenseite beschriftet, 53 Zeilen, war ursprünglich um die Figuren gewi- wickelt. Papyrus 2: 11,5 x 22 cm, unbeschrieben. Frgt. v. Hals eines gebrannten Tongefäßes (Dm 7 cm) in welchem die Gegenstände vor dem Vergraben eingeschlossen worden waren. Das Gefäß war mit Kalk oder Gips versiegelt Dat 5. Jh. n. Chr. (Wortmann) Bibl Wortmann 1968, 85-102 Nr. 4 Abb. 7-11 P. Köln 3323 a Bibl Wortmann 1968, 85-110 Nr. 4 Abb. 10 [Z. 1-30]; 11 [Z. 25-53]; Daniel – Maltomini 1990, 162-173 Nr. 45; Gager 1992, 101-106 Nr. 30; Brashear 1995, 3460. 3477. 3485 Wachsfiguren 3323 c Bibl Wortmann 1968, 86 f. Nr. 4 Abb. 8. 9; Daniel – Maltomini 1990, 162 Nr. 45; Faraone 1991 b, 204 Nr. 28; Gager 1992, 101f. Nr. 30 Abb. 14

(Kat. 82)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Hadrumetum FO Hadrumetum, im Gebiet der römischen Nekropole AO o. A. Char Bleitäfelchen, zusammengerollt aufgefunden, mit Löchern, vermutlich von einem Nagel verursacht. 47 Zeilen griech. Text: zwei Zeilen m. lat. Buchstaben geschrieben, übrige Zeilen m. griech. Buchstaben; 25 cm nach allen Seiten Dat 3. Jh. n. Chr. Bibl Audollent 1904, 373-377 Nr. 271 [ = DT 271 ]; Gager 1992, 112-115 Nr. 36

(Kat. 83)* Bleitäfelchen aus Hermoupolis, Florenz FO Hermoupolis AO Florenz, Bibl. Medicea Laurenziana Char Bleitäfelchen, 20 x 18 cm, Umriss annähernd oval, opistograph Dat 3.-4. Jh. n. Chr. (Jordan) Bibl Jordan 1985, 188 Nr. 151; Daniel – Maltomini 1990, 132-153 Nr. 42; Ogden 1999, 36

(Kat. 84)* Papyrus-Defixion PGM XXXII a, Oxford FO Hawara AO Oxford, Ashmolean Mus. Char Fundkomplex: Papyrus war bei Auffindung mit einer Tonfigur zu einem Bündel verpackt, Papyrus 9,5 x 17,8 cm. Schrift in schlechter Kursive Dat 2.-3. Jh. n. Chr. Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXII a [ = PGM XXXII a ]; Gager 1992, 80; Brashear 1995, 3485. 3490. 3492. 3502; Ogden 1999, 36

III.2.1.3. Bindungszauber

(Kat. 85) ›Gingerbread Man‹ aus Karystos, Paris FO Karystos auf Euböa, genauer Fundplatz nicht bekannt AO Paris, Bibliotheque Nationale Char flache Bleifigur 9 x 5 cm, 5 mm dick Dat 4. Jh. v. Chr. (Faraone) Bibl Guarducci 1978, 248 f.; Jordan 1985, 169 Nr. 64; Faraone 1991 a, 3; Gager 1992, 86 f. Nr. 19 Abb. 11

(Kat. 86)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Karthago FO Karthago, Prov. Proconsularis, gefunden in einer Grabsäule von kaiserlichen Offizialen AO o. A. Char Bleitäfelchen 6,8 x 5 cm, lateinische Inschrift, umrahmt von griechischen voces magicae Dat o. A. Bibl Audollent 1904, 299f. Nr. 227 [ = DT 227 ]

(Kat. 87)* Griech.-lat. Bleitäfelchen aus Hadrumetum FO Hadrumetum, Prov. Byzacena AO o. A. Char Bleitäfelchen 19,5 x 11,5 cm, zusammengefaltet aufgef. Lat.Text mit griech. Buchstaben geschrieben Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Audollent 1904, 370-373 Nr. 270 [ = DT 270 ]

III.2.1.4. Rachezauber

(Kat. 88) Bleitäfelchen aus Messina FO Messina, röm. Nekropole von S. Placido AO o. A. Char Bleilamelle 2,6 x 16 cm, bds. griechisch beschriftet

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Dat 2. Jh. n. Chr. ? (Jordan) Bibl Orsi 1916, 167-169 Abb. 33. 34; Jordan 1985, 178 Nr. 114; Versnel 1991, 64; Gager 1992, 214 f. Nr. 116 Abb. 26

(Kat. 89) Latein. Bleitäfelchen aus dem Gebiet von Mogontiacum FO Randbereich des Kastellvicus von Mogontiacum, Raum Groß-Gerau, südöstl. von Mainz im antiken Abbruchschutt eines römischen Fachwerkhauses AO o. A. Char Bleitäfelchen, vollständig erhalten, bds. lateinisch beschriftet, bei der Auffindung fünffach gefaltet 13,5 x 3,5 x 0,1 cm Dat spätes 1. - frühes 2. Jh. n. Chr. Bibl Scholz – Kropp 2004, 33-40 Abb. 13; 14 a. b

III.2.2. Amulette III.2.2.1. Allgemeiner Liebeszauber

(Kat. 90) Eros mit Fackel, Pfeil und Bogen, mag. Jaspisgemme, Berlin FO o. A. AO Berlin, Ägypt. Mus. der Staatl. Museen 11927. Alt-Kur-Brandenburgische Slg. Char Nielkiesel (intensiv gelbbrauner Jaspis). Bds. plan, Rand zur Unterseite abgeschrägt. Gut erhalten, moderne Ringfassung aus Gold 1,2 x 0,95 x 0,28 cm Dat Mitte 1. Jh. n. Chr. Bibl Philipp 1986, 47 Nr. 40 Taf. 10, 40. – Zur Inschrift vgl. Bonner 1950, 197; Michel 2004, 482 s. v. Akti- ophi, Aktiophi-Logos. – Zu Charakteres vgl. Bonner 1950, 194 f.

(Kat. 91) Harpokrates auf Gans reitend, mag. Lapislazuligemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 309, EA 56309. Char Lapislazuli, matt. VS hochoval, plan, RS queroval, konvex, Kante abgerundet. Abgerieben. Ringstein. 1,9 x 1,5 x 0,4 cm Dat 3. Jh. n. Chr. Bibl Bonner 1950, 144 m. Anm. 24; 198 Anm. 65; Michel 2001 b, 88 f. Nr. 135 Taf. 19, 135; Michel 2004, 209; 275 s. v. 19.8.Harpokrates Taf. 32, 2. – Zu Harpokrates/Eros: vgl. PGM IV 1775-1805. – Zu KPATOYA : vgl. Bonner 1950, 198 f.; 289 zu Nr. 214; Brashear 1995, 3590 s. v. Κρατουαθ; Michel 2004, 485 s. v. Kratouath

(Kat. 92) Aphrodite Anadyomene, mag. Jaspisgemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 27, EA 56027 Char dunkelgrüner, beinahe schwarzer Jaspis, bds. plan, Rand n. hinten abgeschrägt, Kante scharf. Gut erhalten. Ringstein. 1,75 x 1,2 x 0,45 cm Dat 3. Jh. n. Chr. Bibl Michel 2001 b, 51 Nr. 76 Taf. 11, 76. – Zu ΑΡΡWΡΡΙΦΡΑCIC vgl. Bonner 1950, 11. 196; Michel 2004, 482 f. s. v. Aroriphrasis. – Zu Aphrodite Anadyomene im Liebeszauber vgl. Michel 2001 b, 51 zu Nr. 76

(Kat. 93) Aphrodite und Ares, mag. Hämatitgemme, Wien FO o. A. AO Wien, Kunsthist. Mus. Sem. 1045 Char Hämatit dunkelgrau, stark glänzend. Bds. plan, Rand n. hinten abgeschrägt. Fragmentiert, Partie am oberen Rand fehlt 1,53 x 1,63 x 0,32 cm Dat (2. Hälfte ?) 2. Jh. n. Chr. Bibl Zwierlein-Diehl 1991, 152 Nr. 2181 Taf. 87, 2181; Michel 2004, 215; 252 s. v. 5.3.a.Ares (Mars). – Zu IAW vgl. Bonner 1950, 12. 29-31. 170-173; Michel 2004, 484 s. v. Iao

(Kat. 94) Aphrodite und Eroten / Harpokrates auf Lotus, mag. Hämatitgemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 139, EA 56139 Char Hämatit, poliert. Hochformatig rechteckig, VS flach, RS leicht konvex, Rand gerade, Kanten abgerundet. Kante links abgebrochen, Abspliss am oberen Rand. 3,9 x 2,65 x 0,6 cm Dat 3. Jh. n. Chr. Bibl Bonner 1950, 144 Anm. 29; 196 Anm. 40; Michel 2001 b, 86 f. Nr. 133 Taf. 19, 133; Michel 2004, 209 f. Anm. 1089; 275 s. v. 19.4.e Harpokrates auf Lotus in Barke im Tierkreis Taf. 30, 2. – Zu Harpokrates im Kreis der Tiere vgl. Michel 2001 b, 82 f. zu Nr. 125. – Zu Harpokrates auf dem Lotus bei Liebeszauber vgl. Michel 2001 b, 71 f. zu Nr. 109; 86-89 zu Nr. 133-135

(Kat. 95)* Papyrus-Rez. PGM IV 2145-2242 ›Homerischer Dreizeiler als Beihelfer‹ PGM IV (Papyrus Paris)

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FO angebl. Theben, 1857 von Bibliotheque Nationale Paris angekauft AO Paris, Bibliotheque Nationale suppl. grec 574 Char Papyruskodex m. Zaubern in griech. u. kopt. Sprache, 36 Seiten, 3274 Zeilen Dat frühes 4. Jh. n. Chr. (Original vermutl. 2. Jh. n. Chr.: Brashear) Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV [ = PGM IV ]; Brashear 1995, 3403. 3407. 3419. 3485. 3490. 3492. 3497. 3498. 3502. 3516-3527 PGM IV 2145-2242 Char Text in griech. Sprache, drei Homerische Verse, ZW Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 2145-2242; Bonner 1950, 196 m. Anm. 42; Brashear 1995, 3498. 3523 III.2.2.2. Gunstzauber

(Kat. 96) Ares und Aphrodite, mag. Glasgemme, Michigan FO erworben in Ägypten AO Michigan, Univ. Arch. Mus. 26084 Char blaues Glas, hochoval 2,3 x 2,1 x 0,4 cm Dat o. A. Bibl Bonner 1950, 120. 279 Nr. 159 Taf. 8, 159; Michel 2004, 215 m. Anm. 1118; 252 s. v. 5.3.Ares mit Aphrodite Taf. 84, 3. – Zum Verhältnis Ares-Aphrodite in der Magie vgl. PGM IV 296-302; Bonner 1950, 42; Gager 1992, 94 f.

(Kat. 97) Symplegma, mag. Jaspisgemme, Paris FO Tarsos in Kilikien AO Paris, Cabinet des Médailles 2208 bis Char grüner Jaspis, VS und RS queroval, Rand n. hinten abgeschrägt 1,6 x 2,1 cm Dat o. A. Bibl Delatte – Derchain 1964, 238 f. Nr. 329 m. Abb. [neg. Abdruck]; Michel 2004, 205 m. Anm. 1062; 266 s. v. 15.2.c.Eros. – Z u ΨΥΧΗ: vgl. Bonner 1950, 118 f.

(Kat. 98) Harpokrates auf dem Lotus m. Flöte, mag. Heliotropgemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 283, EA 56283 Char Heliotrop (grüner Jaspis mit roten Flecken), poliert. Queroval, bds. flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante nach vorn. Keine Beschädigungen. Ringstein. 1,9 x 2,4 x 0,3 cm Dat 3. Jh. n. Chr. Bibl Bonner 1950, 48 m. Anm. 18; 140 Anm. 2; Bonner 1951, 329 Nr. 33 Taf. 97, 33; Michel 2001 b, 87 f. Nr. 134 Taf. 19, 134; Michel 2004, 210 m. Anm. 1091; 272 s. v. 19.3.b.Harpokrates Taf. 29, 2. – Zu C  - Bitten (Charitesia): vgl. Bonner 1950, 48 f.; Michel 2001 b, 79 zu Nr. 120

(Kat. 99) Pantheos, mag. Lapislazuligemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 12, EA 56012 Char Lapislazuli, hochformatig rechteckig, bds. plan, Rand n. hinten abgeschrägt, Kanten scharf. Gut erhalten, untere linke Ecke abgesprungen, begradigt und zurechtgeschnitten. Ringstein oder Medaillon 2,5 x 2,0 x 0,3 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Bonner 1951, 331 Nr. 42 Taf. 98, 42; Michel 2001 b, 101 Nr. 159 Taf. 22, 159. – Zu Motiv des Pantheos: vgl. Bonner 1950, 156 f.; Philipp 1986, 18 f. 109 f. zu Nr. 176. – Zu C  - Bitten (Charitesia): vgl. Bonner 1950, 48 f.; Michel 2004, 210. – Zu XAPIN/XAPIC in Zaubertexten: vgl. Bonner 1950, 120. 178 f.

(Kat. 100) Hahnenköpfiger Anguipedes, mag. Jaspisgemme, Kassel FO o. A. AO Kassel, Staatl. Museen, ehem. Slg. Capello. Char Grünroter Jaspis, bds. plan, Rand n. hinten abgeschrägt. St. Beschädigung am Rand. Medaillon. 4,68 x 2,88 x 0,70 cm Dat 2./3. Jh. n. Chr. Bibl Zazoff 1970, Kassel 226 f. Taf. 100, 127; Zazoff 1983, 359 Taf. 114, 1; Mastrocinque 1998, 121 f.; Michel 2001 a, 59 f. Nr. 55 Taf. 9, 55; Michel 2004, 210 m. Anm. 1094. 1095; 243 s. v. 3.A.1.l.Anguipedes – Zu Motiv des Anguipedes: vgl. Bonner 1950, 123-139; Le Glay 1981, 2-7; Zwierlein-Diehl 1991, 170- 173 zu Nr. 2231-2239; Michel 2001 b, 115-148 zu Nr. 181-242. – Zur Inschrift: Mastrocinque 1998, 121 f.

(Kat. 101) Goldlamelle aus Thessaloniki, Wien FO Thessaloniki AO Wien, Kunsthist. Mus. VII B 260 Char Goldplättchen 3,2 x 2,3 cm, ursprünglich aufgerollt Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Wessely 1886, 180 f.

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Kotansky 1994, 216-219 Nr. 40 Text-Abb. 40 Taf. 9, 40

(Kat. 102)* Papyrus-Rezept PGM XII 397-400 ›Für immerwährende Gunst‹, Leiden PGM XII FO Theben, Grab AO Leiden, Museum van Oudheden Gr. P. J 384 (V) Char Opisthographe Rolle, 360 x 22 cm, in 6 Teile zerschnitten. Recto in demot. Schrift, Inhalt nicht magisch. Verso jünger, in griech. Buchschrift, Slg. von Zauberrezepten Dat Recto um 100 n. Chr.; Verso 300-350 n. Chr. Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, P XII [ = PGM XII ]; Brashear 1995, 3485. 3489. 3492. 3502 PGM XII 397-400 Dat 300-350 n. Chr. Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, P XII 397-400; Brashear 1995, 3485. 3489. 3492. 3502

(Kat. 103) Papyrus-Amulett PGM XXXV, Florenz FO Oxyrhynchos, genauere Fundumstände nicht bekannt AO Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana PSI I 29 Char Papyrusblatt, unregelm. Rechteck, größte H 19,4 cm, größte B 12,1 cm. VS mit griech. Schrift, Charakte- res, kleinen Zeichnungen; an VS u. RS sichtbare Spuren (Falten, Absplitterungen der Oberfläche, Löcher, Risse an den Rändern), die erkennen lassen, dass das Blatt gefaltet war. Keine Anzeichen für einstige Unterbringung in einer Amulettkapsel Dat 5.-6. Jh. n. Chr. Bibl Preisendanz – Henrichs 1974, P XXXV [= PGM XXXV]; Jordan 1991, 61-69; Gelzer u. a. 1999, 23-33

III.2.2.3. Trennungszauber

(Kat. 104) Inschriften, mag. Serpentingemme, London FO o.A. AO London, Brit. Mus. G 505, EA 56505. Char schwarzer Serpentin, glänzend. Unregelmäßig hochoval, bds. flach, Rand n. hinten abgeschrägt, Kante n. vorn abgerundet. Absplisse ringsum, länglicher Abspliss am u. Rand der VS. Medaillon oder Ringstein. 2,3 x 1,9 x 0,3 cm Dat 4./5. Jh. n. Chr. ? Bibl Bonner 1950, 107 f.; 277 Nr. 150 Taf. 7, 150; Michel 2001 b, 304 f. Nr. 497 Taf. 74, 497; Michel 2004, 219; 293 s. v. 28.10.Inschriften.. – Zu BEPBEPETAC/TACBEPBEPTAC: vgl. Bonner 1950, 107. 200; Brashear 1995, 3600 s. v. τασβερβερτας. – Zu Trennungszauber: vgl. PGM XII 365-375 ›Zwiespaltstifter‹

III.2.2.4. Herbeiführungszauber

(Kat. 105) Dreigestaltige Hekate, mag. Magnetitgemme, Baltimore FO o. A. AO Baltimore, Walters Art Museum 42.874 Char Magnetit, hochoval 1,7 x 1,1 x 0,3 cm Dat o. A. (Bonner) Bibl Bonner 1950, 41. 168-170. 263 Taf. 3, 63; Michel 2004, 218 m. Anm. 1141; 277 s.v. 11.Hekate Taf. 80, 1. – Zur Dreigestalt Hekates: vgl. Sarian 1992, 987. 1014-1018

(Kat. 106) Isis-Hathor-Hekate mit Fackel und Peitsche, mag. Gemme FO o. A. AO einst Slg. E. Newell 21. Verbleib unbekannt (Michel) Char vermutl. Limonit (Bonner) oder Serpentin (Michel), hochoval 4,4 x 3,2 x 0,4 cm Dat o. A. Bibl Bonner 1950, 116-119; 278 f. Taf. 7, 156; Michel 2004, 217 f. m. Anm. 1138-1140; 300 s. v. 30.6.e.Isis/Hathor/Hekate Taf. 81, 2

(Kat. 107) Helios und Selene, mag. Magnetitgemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 1986,5-1,124. Char Magnetit, matt. Queroval, bds. flach, Rand leicht nach hinten abgeschrägt. Kleine Absplisse ringsum an Vorderseite und Kante. 1,15 x 1,4 x 0,3 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Michel 2001 b, 42 Nr. 64 Taf. 9, 64. – Zu diversen Liebesbeziehungen Selenes: vgl. Gury 1994, 706

(Kat. 108)* Papyrus-Rez. PGM IV 2232-2242 ›Bei herbeizwingenden Liebeszaubereien‹, Paris PGM IV (Papyrus Paris) FO angebl. Theben, 1857 von Bib. Nat. Paris angekauft AO Paris, Bibliotheque Nationale suppl. grec 574 Char Papyruskodex m. Zaubertexten in griech. u. kopt. Sprache, 36 Seiten, 3274 Zeilen

152

Dat fr. 4. Jh. n. Chr. [Original vermutl. 2. Jh. n. Chr.] (Brashear) Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV; Brashear 1995, 3403. 3407. 3419. 3485. 3490. 3492. 3497. 3498. 3502. 3516-3527 PGM IV 2145-2242 ›Homerischer Dreizeiler als Beihelfer‹ Char Text in griech. Sprache, drei Homerische Verse, ZW Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 2145-2242; Bonner 1950, 196 m. Anm. 42; Brashear 1995, 3498. 3523

III.2.2.5. Bindungszauber

(Kat. 109) Ares und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, Paris FO o. A. AO Paris, Cabinet des Médailles Fr 2871 Char grüner Jaspis, VS hochoval, RS queroval 1,8 x 1,35 cm Dat o. A. (Delatte – Derchain) Bibl Delatte – Derchain 1964, 242 Nr. 333 m. Abb. [Foto v. neg. Abdruck]; Michel 2004, 214 m. Anm. 1116; 252 s. v. 5.3.b.Ares (Mars). – Zu Motiv und Thema: vgl. Michel 2004, 214 f. – Zu C XAPIN: vgl. Bonner 1950, 46-49

(Kat. 110) Aphrodite und Ares, mag. Hämatitgemme FO o. A. AO ehem. Slg. A. Blanchet, vor 1964 zu Forschungszwecken vorübergehend im Cab. Méd. Paris Char Hämatit, Vs. hochoval, Rs. o. A. 2,3 x 1,9 cm Dat o. A. (Delatte – Derchain) Bibl Delatte – Derchain 1964, 243 Nr. 335 m. Abb. [Foto v. pos. Abdruck]; Michel 2004, 214 m. Anm. 1116; 252 s. v. 5.3.c.Ares (Mars). – Zu Motiv und Thema: vgl. Michel 2004, 214

(Kat. 111) Eros und Aphrodite, mag. Hämatitgemme FO o. A. AO Slg. E. Newell 32 (Bonner) Char Hämatit, hochoval, nur Vorderseite geschnitten 2,2 x 1,8 x 0,3 cm Dat o. A. (Bonner) Bibl Bonner 1950, 121 f. 279 Nr. 157 Taf. 8, 157; Michel 2004, 207 f. m. Anm. 1076; 266 s. v.15.4.Eros- (Amor)Sonstige Taf. 86, 1. – Zu C: vgl. Bonner 1950, 122; Michel 2004, 208 m. Anm. 1078

(Kat. 112) Artemis und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, London FO o.A. AO London, Brit. Mus. G 240, EA 56240. Char dunkelgrüner Jaspis, poliert. Hochoval, bds. flach, Rand n. hinten abgerundet. Abspliss am u. Rand der VS 2,6 x 1,9 x 0,45 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Michel 2001 b, 50 Nr. 75 Taf. 11, 75; Michel 2004, 208 m. Anm. 1079; 253 s. v. 6.1.Artemis (Diana). – Zur Inschrift  C: vgl. Bonner 1950, 120

(Kat. 113) Harpokrates auf dem Lotos, mag. Heliotropgemme, Wien FO aus Ägypten AO Wien, Kunsthist. Mus. IX B 1242. 1821 durch E.A. Burghart erworben. Nachtragsinv. 288. SK. 448 Nr.1242 Char Heliotrop, bds. flach, Rand n. hinten abgeschrägt. Am u. Rand der VS. kleinere u. größere Fehlstellen. In moderner Goldfassung mit beweglichem Bügel. 2,35 x 1,87 x 0,42 cm (sichtbare Oberfl.) Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Zwierlein-Diehl 1991, 159 Nr. 2195 Taf. 94, 2195 a. b; Michel 2004, 210 m. Anm. 1090; 293 s. v. 28.9.Inschriften

III.2.2.6. Hoffnungs-, Schutz-, Rachezauber

(Kat. 114) Ares und Aphrodite, mag. Jaspisgemme, Paris FO o. A. AO Paris, Cabinet des Médailles 1449 A Char grüner Jaspis, VS und RS queroval, Rand n. hinten abgeschrägt 1,4 x 1,8 cm Dat o. A. (Delatte – Derchain) Bibl Delatte – Derchain 1964, 242 Nr. 332 m. Abb.; Michel 2004, 214 m. Anm. 1116; 252 s. v. 3.b.Ares (Mars) – Zu Motiv und Thema: vgl. Michel 2004, 214. – Zu WC: vgl. Bonner 1950, 121. – Zu C WC: vgl. Delatte – Derchain 1964, 239 f.; Michel 2004, 214. – Zu : vgl. Michel 2004, 481s. v. Ablanathanalba-Palindrom

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(Kat. 115)* Papyrus-Rezept PGM IV 1717-1870 ›Schwert des Dardanos‹, Paris PGM IV (Papyrus Paris) FO angeblich Theben, 1857 von Bib. Nat. Paris angekauft AO Paris, Bibliotheque Nationale suppl. grec 574 Char Papyruskodex mit Zaubern in griech. u. kopt. Sprache, 36 Seiten, 3274 Zeilen Dat frühes 4. Jh. n. Chr. (Original vermutl. 2. Jh. n. Chr.: Brashear) Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV [ = PGM IV ]; Brashear 1995, 3403. 3407. 3419. 3485. 3490. 3492. 3497. 3502. 3516-3527 PGM IV 1717-1870 Char Text in griech. Sprache, Palindrome, Vokale, ZW, Charakteres Bibl Preisendanz – Henrichs 1973, P IV 1717-1870; Bonner 1950, 120; Brashear 1995, 3498. 3502. 3522 f.; Michel 2004, 203 f. 251

(Kat. 116) Eros und Psyche, mag. Jaspisgemme, Hamburg FO o. A. AO Hamburg, Slg. Skoluda M 026 (Michel 33) Char dunkelbrauner Jaspis, bds.flach, Rand n.hinten abgeschrägt, Kante n.vorn. Ringstein. 1,38 x 1,78 x 0,25 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Michel 2001 a, 100 zu Nr. 111; Michel 2004, 205-208; 265 s. v. 15.2.a.Eros (Amor) Taf. 87, 3; Taf. VI, 3. – Zu Motiv und Thema: vgl. Bonner 1950, 120 f. – Zu Psyche und Cupido in Apuleius’ Metamorphosen: vgl. Merkelbach 1995, 451-484

(Kat. 117) Psyche und Eros, mag. Jaspisgemme, Paris FO o. A. AO Paris, Cabinet des Médailles M 6255 Char grüner Jaspis, bds. hochoval bearbeitet, Rand n. hinten abgeschrägt 1,7 x 1,4 cm Dat o. A. (Delatte – Derhain) Bibl Delatte – Derchain 1964, 236 Nr. 324 m. Abb.; Michel 2004, 205 m. Anm. 1063; 265 s. v. 5.2.b.Eros (Amor). – Zu Motiv und Thema der VS: vgl. Bonner 1950, 121 f.; Winkler 1991, 230 f.; Icard-Gianolio 1994, 569. 576 f.; Michel 2004, 203-208. – Zu Motiv der RS: vgl. Bonner 1950, 123-139. – Zu IAW: vgl. Michel 2004, 484 s. v. Iao

(Kat. 118) Nemesis mit Rad und Aphrodite, mag. Karneolgemme, London FO o. A. AO London, Brit. Mus. G 524, EA 56524. Char Karneol, stark poliert. Queroval, bds. leicht konvex, Rand n. hinten abgeschrägt, Kante n. vorn abgerundet. Keine Beschädigung. Ringstein 1,3 x 1,7 x 0,4 cm Dat 2. Jh. n. Chr. Bibl Bonner 1951, 324 f. Nr. 18 Taf. 96, 18; Michel 2001 b, 57f. Taf. 12, 87; Michel 2004, 316 s. v. 40.1.Nemesis. – Zu  : Bonner 1950, 159. 198. – Zu  CCE: vgl. Bonner 1950, 180. – Zu Nemesis und Liebeszauber: Karanastassi 1992, 756 f.

(Kat. 119) ›Tablette magique de Beyrouth‹, Paris FO nahe Beirut, in einem Grab; genauer Fundort und Fundumstände nicht bekannt AO Paris, Musée du Louvre M.N.D. 274. Ankauf im März 1900. Char Silberfolie, langer schmaler Streifen, größte B 3 cm, L 37,5 cm. Das Amulett wurde eingerollt (beginnend mit dem unteren Ende, das am stärksten zerknittert ist) in einer zylindrischen Bronzekapsel getragen, von welcher bei der Auffindung noch Reste erhalten waren, heute aber nicht mehr vorhanden sind. Die Schäden an den Rändern der Folie dürften durch Stauchen und nach- trägliches Zurechtschneiden beim Einpassen in die Amulettkapsel entstanden sein. Der Text umfasst 120 Zeilen in griechischer Schrift. Dat 4. Jh. n. Chr. (Kottansky); 5. Jh. n. Chr. (Gager); 5./6. Jh. n. Chr. (Gelzer u. a.) Bibl Bonner 1950, 101 f.; Jordan 1991, 61-69; Gager 1992, 232-234 Nr. 125; Kotansky 1994, S. XXIII Nr. 52 [Materialangabe: Gold]; Gelzer u. a. 1999, 14-22. 52-59 Abb. 4

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Quellenverzeichnis mit benutzten Textausgaben

Abkürzungen antiker Autoren und ihrer Werktitel nach DNP III (1997) S. XXXVI-XLIV kursiv: Verlagsangabe / Reihe

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168

Abbildungsverzeichnis

Die Angabe von A / B als Bezeichnung für Vorder- bzw. Rückseite eines Objekts erfolgt im Allgemeinen nur, wenn beide Seiten abgebildet sind.

II.2.1. Aphrodites Zaubergürtel

Kat. 1 Simon 1969, Abb. 44 Kat. 2 Schefold 1981, Abb. 307

II.2.2. Zauberrad

Kat. 3 a Hermary 1990, Nr. 5 Taf. 300 b Gow 1934, Abb. 2 Umzeichnung Kat. 4 Schauenburg 1976, Abb. 30 Kat. 5 Schauenburg 1981 a, Nr. 64 Taf. 633 Kat. 6 Schauenburg 1981, Taf. 17 Kat. 7 a Trendall – Cambitoglou 1982, Taf. 173, 1 b Séchan 1967, Abb. 99 Umzeichnung Kat. 8 a Boardman 1984, Nr. 27 Taf. 690 b Séchan 1967, Abb. 122 Umzeichnung Kat. 9 Kahil – Icard 1988, Nr. 103 Taf. 311 Kat.10 Schefold – Jung 1989, Abb. 100 bis Kat.11 Kahil – Icard 1988, Nr. 367 Taf. 356 Kat.12 a Lindner u. a. 1988, Nr. 86 Taf. 215 b Sarian 1992, 990 Nr. 7 Textteil-Abb. Umzeichnung Kat.13 a Frontseite: Hamma 1982, Abb. 50 front b oberer Fries: Boardman 1990, Taf. 11 Kat.14 Weiss 1986, Nr. 284 Taf. 580 Kat.15 Delivorrias u. a. 1984, Nr. 1495 Taf. 146 Kat.16 Kahil u. a. 1992, Nr. 17 Taf. 110 Kat.17 Delivorrias u. a. 1984, Nr. 1516 Taf. 148 Kat.18 Jentoft-Nilsen 1978/1979, Abb. 3 Kat.19 Boardman 1970, Taf. 713 Kat.20 Maaskant-Kleibrink 1978, Taf. 9, 21 b Kat.21 Hoffmann – Davidson 1965, 95 Abb. 19 a Kat.22 Simon 1984 b, Nr. 375 Taf. 411

II.2.3. Pfeil – Bogen – Köcher

Kat.23 Hermary 1986 b, Abb.1 Kat.24 a Koch 1975, Taf. 15, 2 b Detail: Koch 1975, Taf. 15, 2 c Séchan 1967, Abb. 123 Umzeichnung Kat.25 a-d Deckel-Fries: Trendall 1989, Abb. 316 Kat.26 Hermary u. a. 1986, Nr. 335 Taf. 626 Kat.27 Dörig 1976, Abb. 206 Kat.28 Maderna 2004, Abb. 314 a Kat.29 Zwierlein-Diehl 1969 a, Nr. 151 Taf. 35 Kat.30 Zwierlein-Diehl 1973, Nr. 429 Taf. 72 Kat.31 Zwierlein-Diehl 1969 a, Nr. 439 Taf. 77 Kat.32 Simon 1984 b, Nr. 368 Taf. 410 Kat.33 Simon 1984 b, Nr. 389 a Taf. 415 Kat.34 Linant de Bellefonds 1990, Nr. 25 Taf. 318 Kat.35 Icard-Gianolio 1994, Nr. 103 Taf. 452 Kat.36 Grant – Hazel 1997, 358 Abb. Kat.37 Linant de Bellefonds 1990, Nr. 49 Taf. 320

II.2.4. Fackel

Kat.38 a A: Hermary u. a. 1986, Nr. 366 Taf. 628 b B: Walters – Forsdyke 1930, Taf. 49, 3 b Kat.39 Karanastassi 1992, Nr. 205 b Taf. 444 Kat.40 Zwierlein-Diehl 1973, Nr. 190 Taf. 32 Kat.41 Zwierlein-Diehl 1979, Nr. 1358 Taf. 127 Kat.42 Icard-Gianolio 1994, Nr. 105 Taf. 452 Kat.43 Icard-Gianolio 1994, Nr. 71 Taf. 448 Kat.44 Sichtermann 1969, Taf. 93 Kat.45 Rafn 1992, 705 Nr. 29 Textteil-Abb. Umzeichnung Kat.46 Gabelmann 1986, Nr. 46 Taf. 554 169

Kat.47 < http://www.ubi-erat-lupa.org/site/datenblatt/image.asp?nr=4119&pi...> (27.05.2012) Kat.48 Lindner 1988, Nr. 36 Taf. 233 Kat.49 Lindner 1988, Nr. 18 Taf. 231 Kat.50 VS: Koch – Sichtermann 1982, Abb. 139 Kat.51 Schefold 1981, Abb. 388 Kat.52 a VS: Linant de Bellefonds 1990, Nr. 32 Taf. 318 b l. Ns: Linant de Bellefonds 1990, Nr. 91 Taf. 324 Kat.53 < http://www.ubi-erat-lupa.org/site/datenblatt/datenblatt.asp?nr=1272 > (26.05.2012) Kat.54 Gabelmann 1986, Nr. 29 Taf. 553 Kat.55 Demargne 1984, Nr. 423 Taf. 751 Kat.56 Bazant – Simon 1986, Nr. 13 Taf. 534 Kat.57 Michaelides 1992, 31 Abb. 12 Kat.58 Michaelides 1992, 39 Abb. 18 Kat.59 Linant de Bellefonds 1990, Nr. 39 Taf. 319 Kat.60 Palagia 1986, Nr. 40 Taf. 259

II.2.5. Kentron – Pedum – Geißel – Fessel

Kat.61 a A/B: Schefold 1981, Abb. 289/290 b A/B: Kaempf-Dimitriadou 1979, Text-Abb. 1 Umzeichnung Kat.62 a A: Hermary u. a. 1986, Nr. 363 Taf. 628 b B: Barbieri 1991, Taf. 36, 2 Kat.63 a/b A/B: Serbeti 1989, Taf. 19, 1/2 Kat.64 a-c Greifenhagen 1957, 59 Abb. 43-45 Kat.65 a-c Schefold 1981, Abb. 261-263 Kat.66 a ›Pothos‹: Kondoleon 1995, Abb. 103 b ›Daphne‹: Kondoleon 1995, Abb. 107 c ›Ladon‹: Kondoleon 1995, Abb. 108 Kat.67 Icard-Gianolio 1994, Nr. 107 Taf. 453 Kat 68 Zwierlein-Diehl 1969, Nr. 454 Taf. 80 Kat.69 Zwierlein-Diehl 1973, Nr. 268 Taf. 46 Kat.70 Icard-Gianolio 1994, Nr. 119 Taf. 455

III.2.1. Defixionen III.2.1.1. Trennungszauber

Kat.72 a/b A/B: Wünsch 1897, 26 Nr. 102 a/b Umschrift Kat.77 Preisendanz – Henrichs 1974, 143 P XIX a 16-48 schematische Wiedergabe

III.2.1.2. Herbeiführungszauber

Kat.79 Faraone – Obbink 1991, Titelbild Kat.80 a Tafel 1: Wortmann 1968, 61 Abb. 1 b Tafel 2: Wortmann 1968, 65 Abb. 3 c Tongefäß: Wortmann 1968, 82 Abb. 5 Kat.81 a Wachspuppen: Wortmann 1968, 87 Abb. 9 b Papyrus Z. 1-30: Wortmann 1968, 89 Abb. 10 c Papyrus Z. 25-53: Wortmann 1968, 91 Abb. 11

III.2.1.3. Bindungszauber

Kat.85 Gager 1992, 87 Abb. 11

III.2.1.4. Rachezauber

Kat.88 a/b A/B: Gager 1992, Abb. 26 Umschrift c Opferrohrhr an Grabstätte: Gager 1992, Abb. 26 Skizze Kat.89 a Täfelchen fünffach gefaltet: Scholz – Kropp 2004, Abb. 13 b/c A/B: Scholz – Kropp 2004, Abb. 14 a/b Umschrift

III.2.2. Amulette III.2.2.1. Allgemeiner Liebeszauber

Kat.90 a/b A/B: Philipp 1986, Taf. 10, 40 a/c Kat.91 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 19, 135 c/d A/B: Michel 2001 b, 88 Abb. 135 Umzeichnung Kat.92 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 11, 76 c/d A/B: Michel 2001 b, 51 Abb. 76 Umzeichnung Kat.93 a/b A/B: Zwierlein-Diehl 1991, Taf. 87, 2181 a/ b Kat.94 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 19, 133

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III.2.2.2. Gunstzauber

Kat.96 A: Michel 2004, Taf. 84, 3 Kat.97 a/b A/B: Delatte – Derchain 1964, 238 Abb. 329 neg. Gipssabdruck Kat.98 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 19, 134 Kat.99 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 22, 159 c/d A/B: Michel 2001 b, 101 Abb. 159 Umzeichnung Kat.100 a/b A/B: Zazoff 1983, Taf. 114, 1 Kat.101 a A: Kotansky 1994, Taf. 9, 40 b A: Kotansky 1994, Text-Abb. 40 Umzeichnung Kat.103 A: Gelzer u.a. 1999, Abb. 5

III.2.2.3. Trennungszauber

Kat.104 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 74, 497 c/d A/B: Michel 2001 b, 304 Abb. 497 Umzeichnung

III.2.2.4. Herbeiführungszauber

Kat.105 a/b A/B: Michel 2004, Taf. 80, 1 Papööö üüü Kat.106 a/b A/B: Bonner 1950, Taf. 7, 156 Kat.107 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 9, 64 c/d A/B: Michel 2001 b, 42 Abb. 64 Umzeichnung

III.2.2.5. Bindungszauber

Kat.109 a/b A/B: Delatte – Derchain 1964, 242 Abb. 333. neg. Gipsabdruck Kat.110 A: Delatte – Derchain 1964, 243 Abb. 335. pos. Gipsbdruck Kat.111 A: Michel 2004, Taf. 86, 1 Kat.112 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 11, 75 Kat.113 a/b A/B: Zwierlein-Diehl 1991, Taf. 94, 2195 a/b

III.2.2.6. Hoffnungs-, Schutz-, Rachezauber

Kat.114 a/b A/B: Delatte – Derchain 1964, 242 Abb. 332 neg. Gipsabdruck Kat.116 A: Michel 2004, Taf. 87, 3 Kat.117 a/b A/B: Delatte – Derchain 1964, 236 Abb. 324 pos. Gipsabdruck ? Kat.118 a/b A/B: Michel 2001 b, Taf. 12, 87 c/d A/B: Michel 2001 b, 57 Abb. 87 Umzeichnung Kat.119 A: Gelzer u.a. 1999, Abb. 4

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B i l d t e i l

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