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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 AULA – Manuskriptdienst

Kepler 22e oder Auf der Suche nach Exoplaneten

Autorin und Rednerin: Dr. Lisa Kaltenegger * Redaktion: Ralf Caspary Sendung: Sonntag, 4. Mai 2014, 8.30 Uhr, SWR 2

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Ansage:

Mit dem Thema: „Kappler 22b oder Gliese 581d Auf der Suche nach Exoplaneten“.

Dank neuer Technik und verstärkter Suche konnte die NASA in den letzten Monaten 715 Neuentdeckungen melden, damit erhöhte sich die Zahl der bekannten Exoplaneten auf ungefähr 1700. Exoplaneten sind für Astrophysiker begehrte Objekte, weil sie erdähnliche Strukturen aufweisen: Sie haben die Form der Planeten in unserem Sonnensystem und kreisen in einem bestimmten Abstand um ihre Sonne. Verständlich, dass man auf Exoplaneten auch nach außerirdischer Intelligenz suchen könnte. Lisa Kaltenegger, Astrophysikerin am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, zeigt, warum Exoplaneten so faszinierend sind.

Lisa Kaltenegger:

Jetzt schauen wir uns erst mal die Umgebung an. Sie wissen, wir leben in der Milchstraße, das ist unsere Galaxie. Die Milchstraße kann man nachts, wenn es ganz dunkel ist, gut erkennen als weißes Band am Himmel. Dieses weiße Band sind eigentlich Sterne, die so nahe beieinander stehen, dass Sie sie mit Ihrem Auge nicht mehr auflösen können. Das heißt, dass sie so knapp nebeneinander stehen und es so viele von ihnen gibt, dass Sie ein weißes Band sehen. Daher auch „Milchstraße“. Wie viele Sterne gibt es nun in unserer Milchstraße? Es sind zwischen 100- bis 300 Milliarden Sterne. Das kann man sich natürlich schlecht vorstellen. Aber es gibt einen schönen Vergleich: Wenn Sie im Urlaub sind und an einem Strand sitzen, schauen Sie sich einmal um, schauen Sie sich die Sandkörner um Sie herum an und nehmen Sie die alle zusammen. Und nicht nur die von Ihrem Strand, sondern von dem daneben, von dem in Spanien, in Italien, von überall, von der ganzen Welt – nehmen sie all die Sandkörner zusammen und schauen Sie sich an, wie viele das sind. Aber das reicht noch nicht. Jetzt nehmen Sie noch alle Kieselsteine von der ganzen Welt, die Sie finden können, und bauen sie neben dem Sandberg auf. Und dann haben Sie so in etwa ein Gefühl dafür, wie viele Sterne es überhaupt da draußen im Universum gibt. Das heißt, es ist eine wahnsinnige riesige Zahl, soviel Sterne wie Sandkörner und Kieselsteine.

Unsere Sonne ist einer von diesen Sternen. Und alle Sterne, die Sie da draußen sehen, sind andere Sonnen. Wenn das jetzt alles Sterne sind, andere Sonnen, sollte es dort nicht auch andere Planeten geben? Und unter denen vielleicht einen wie unsere Erde? Diese Frage haben sich schon die alten Griechen gestellt. Aber es gab keine Instrumente, um zu messen, ob es wirklich andere Planeten da draußen gibt.

Ein anderer Vergleich: Nehmen wir unsere Sonne und schrumpfen die einfach mal zusammen auf die Größe einer Grapefruit, dann wäre unsere kleine Erde im Vergleich ungefähr so groß wie ein kleines Senfkorn. Das nächste Mal, wenn Sie in die Küche gehen, legen Sie mal eine Grapefruit und ein Senfkorn nebeneinander. Dann sehen Sie, wie viel schwerer es ist, ein Senfkorn da draußen zu finden als eine Grapefruit. Der Vergleich hinkt natürlich. Aber Sie können die Erde 100 Mal nebeneinander stellen, das gibt dann den Durchmesser der Sonne. Das heißt, wenn Sie einen Stern am Nachthimmel sehen, eine andere Sonne, dann können Sie sich

SWR2 Aula vom 04.05.2014 Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten Von Lisa Kaltenegger 3

vorstellen, wie viel lichtschwächer, wie viel kleiner so ein Planet wie unsere Erde ist und wie viel schwerer so ein Planet zu finden ist.

Aber in letzter Zeit haben Sie vielleicht durch die Medien gehört: „Wir haben einen anderen Planeten gefunden, und noch einen“. Wie geht denn das, wenn sie doch so klein und lichtschwach sind? Ein Planet kreist um eine Sonne, weil die Gravitation ihn in der Umlaufbahn hält. Gleichzeitig zieht aber auch der Planet an seinem Stern, an seiner Sonne. Das kann man sich so vorstellen: Gehen Sie in den Park, sehen Sie sich jemanden an, der mit einem Hund spazieren geht. Selbst wenn Sie den Hund nicht sehen könnten, wenn es ein großer Hund ist, der wirklich irgendwohin will, können Sie beobachten, wie der Mensch gezogen wird. Je kleiner der Hund ist und je weniger Zugkraft er hat, desto schwerer wird es für Sie werden, herauszufinden, ob da jetzt ein Hund zieht – sofern Sie den Hund nicht sehen. Genauso funktioniert es, wenn wir andere Planeten um andere Sonnen finden. Wenn dieser Planet an seinem Stern zieht, dann wackelt der Stern, weil er eine Ausgleichbewegung macht. Das heißt, der Planet zieht in eine Richtung und der Stern lehnt sich zum Ausgleich ein bisschen zurück. Und das kann man beobachten. Und zwar indem man das Licht des Sternes anschaut. Sie erinnern sich an Ihre Schulzeit? Da hat es doch mal ein Experiment gegeben mit weißem Licht und mit einem Prisma, und das Licht wird in die ganz verschiedenen Farben gebrochen. Oder schauen Sie sich einen Regenbogen an. Das ist einfach das Licht der Sonne, gebrochen durch einen Tropfen Wasser in seine eigenen Farben. Das heißt, das weiße Licht wird in die Farben gebrochen. Diese Farben haben jeweils eine gewisse Intensität, eine gewisse Stärke. Die kann man messen. Man kann sagen, soviel Intensität kommt in Rot vor, soviel in Blau usw., soviel Energie kommt von diesem Stern.

Der Stern hat zwar keine Luft wie wir sie kennen, aber er hat eine Atmosphäre aus Chemikalien, die um diesen ganz heißen Stern herumschwirren als ganz dünne Atmosphäre, und die blockieren einen Teil dieses Lichts. Sie erzeugen Absorptionslinien, dunkle Linien im Spektrum. Wenn der Stern durch seine Ausgleichsbewegungen wackelt, sich also von uns weg und dann wieder zu uns hin bewegt, während der Planet ihn an sich heranzieht, sieht man sich diese Absorptionslinien verschieben. Sie verschieben sich ins Rote, wenn der Stern von uns weggeht, und ins Blaue, wenn der Stern auf uns zukommt. Das ist ein abstraktes Konzept, aber bleiben Sie einfach mal stehen, wenn Sie spazieren gehen, und hören Sie einem Auto zu, wenn es auf Sie zukommt und dann von Ihnen wegfährt. Bei der Ambulanz hört man es auch sehr schön. Diese Tonverschiebung sagt Ihnen, ob die Ambulanz auf sie zukommt oder von Ihnen wegfährt. Das ist die Dopplerverschiebung. Das Gleiche funktioniert mit Licht, wie vorher erklärt, diese Absorptionslinien werden verschoben.

Vielleicht haben Sie sich gefragt, warum wir wissen, dass das Universum sich ausdehnt. Das ist genau der gleiche Trick: Weil alle Sterne und Galaxien ins Rote verschoben sind. Wenn wir die Absorptionslinie, z. B. von Natrium, bei einem Stern messen, sehen wir , dass sie ein bisschen mehr im Rötlichen liegt, als sie sein sollte. Genau das sagt uns, dass der Stern oder die Galaxie, was immer Sie wollen, sich von uns weg bewegt. Das heißt, diese Rot-Verschiebung im Universum sagt uns, dass es sich ausdehnt.

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Das ist mehr oder weniger der gleiche Effekt, den wir anwenden, um herauszukriegen, ob sich ein Stern ein wenig bewegt, weil ein Planet an ihm zieht. Und wie vorhin am Beispiel mit dem Hund gesagt, je größer und schwerer der Planet, desto einfacher ist er zu finden. So erklärt sich auch, dass unter den inzwischen fast 2.000 Planeten, die wir um andere Sterne gefunden haben, viele und besonders die, die wir zuerst gefunden haben, wahnsinnig schwer und massiv sind. Das waren Gasplaneten, sogar größer und massiver als Jupiter. Aber jetzt gibt es größere Teleskope. Ein Teleskop ist mehr oder weniger wie ein Eimer, der nicht Wasser, sondern in diesem Fall Licht einsammelt, und je größer das Teleskop, desto mehr Licht fängt es ein und desto kleinere Abweichungen oder Effekte, kleinere Wackelbewegungen, in diesem Licht kann man finden. Mit den größeren Teleskopen finden wir die kleineren Planeten. Aber darüber später noch mehr.

Eine zweite Methode, wie wir solche Planeten finden, sieht so aus: Wenn wir ständig auf einen Stern, auf dieses heiße Objekt schauen, wird sich irgendwann der Planet zufällig zwischen uns und seinen Stern schieben. Das heißt, Sie haben diese heiße Sternenoberfläche, und für einen ganz kurzen Zeitraum deckt der Planet einen Teil dieser heißen Sternenoberfläche ab. Das ist ein . Dadurch wird der Stern dunkler. Und so lässt sich erkennen, wie groß dieser Planet ist. Und wenn Sie sowohl die Größe als auch die Masse kennen, können Sie herauskriegen, wie dicht dieser Planet ist.

Die Frage ist, was man damit machen kann. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine riesige kosmische Badewanne. Und dahin hinein werfen Sie die Erde. Sie können das zuhause nachstellen, indem Sie eine Vase aus Glas nehmen und einen Stein hineinwerfen. Der Stein – die Erde – sinkt. Wenn Sie jetzt aber Saturn nehmen – das ist der große Gasplanet mit den Ringen – , der würde auf einer kosmischen Badewanne oben schwimmen, weil die Dichte von Saturn, dieses Gasplaneten, weniger dicht ist als Wasser. Deshalb sinkt er nicht. Das zeigt Ihnen, welche Vielfalt von Welten es da draußen gibt.

Noch ein weiterer Vergleich, nur damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, warum es so spannend ist, diese anderen Welten zu finden. Wir haben gesagt, wir nehmen die Sonne und schrumpfen sie auf die Größe einer Grapefruit. Jetzt gehen wir weiter und schrumpfen sie weiter, bis sie so winzig ist wie ein Staubzuckerkügelchen. Unser ganzes Sonnensystem wäre im Vergleich zu dem Staubzuckerkügelchen so groß wie ein Keks.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist: Wo ist der nächste Stern in diesem Größenvergleich? Man sagt zwar, vier Lichtjahre entfernt, aber eigentlich ist das nicht wirklich vorstellbar. Schauen Sie sich Ihren Keks nochmal an. Wenn das unser Sonnensystem ist, dann ist der nächste Stern überhaupt zwei Fußballfelder weit weg. Das zeigt Ihnen die Distanzen im Universum. Und das ist noch nicht einmal das Universum, wir sprechen ja nur vom nächsten Stern unserer eigene Galaxie. Am Anfang habe ich gesagt, unsere Galaxie hat Milliarden von Sternen. Aber da draußen gibt es noch Milliarden von Galaxien. Das heißt, es gibt wahnsinnig viele Sonnen.

Vorhin ging es um die Frage, wie viele von diesen Sonnen haben vielleicht andere Planeten? Darauf gehe ich jetzt ein. Sie haben jetzt eine Ahnung davon, wie weit andere Sterne von uns entfernt sind, und es wird noch ein bisschen dauern, bis wir

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dorthin fliegen können. Aber was es so spannend macht ist, dass wir jetzt das Licht der anderen Sonnen einfangen können und dadurch schauen können, ob es dort Planeten, vielleicht sogar erdähnliche, gibt? Und im nächsten Schritt, darüber sprechen wir gleich, kann man mit diesen Lichtanalysen auch herausfinden, ob es auf diesen anderen Planeten vielleicht Leben gibt, ähnlich wie bei uns.

Gehen wir zurück zu den Fußballfeldern und den Sternen, dessen Licht bei uns angekommen ist. Wir fangen jetzt dieses Licht ein von ganz vielen Sternen. Es gibt eine NASA-Mission, die nennt sich Kepler. Sie ist 2009 gestartet, hat sich einen Fleck am Himmel ausgesucht und über drei Jahre lang auf diesen Fleck gestarrt. Damit es keinen dieser Transits verpasst, wenn sich so ein kleiner Planet zwischen uns und seinen Stern schiebt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, liegt ungefähr bei zehn Prozent. Und deshalb hat Kepler 150.000 Sterne gleichzeitig beobachtet, um statistisch herauszukriegen, wie viele Planeten es da draußen gibt. Die ersten Daten aus dieser Mission zeigen, dass es Planeten wie Sand am Meer gibt.

Jeder zweite Stern, den Sie am Abendhimmel sehen können, hat, soweit wir wissen, einen Planeten. Und jeder fünfte von denen hat einen, der im richtigen Abstand ist, das heißt, nicht zu weit weg, dann wäre es zu kalt, und nicht zu nah, das wäre viel zu heiß. Und auch nicht zu groß, so dass er potentiell ein Fels wie die Erde sein könnte. Das heißt, jeder fünfte Stern hat potentiell einen Planeten, der ähnlich sein könnte wie die Erde. Überlegen Sie sich das einmal! Das ist doch eine spannende Entdeckung! Nach Tausenden von Jahren der philosophischen Überlegung, ob es Planeten wie unseren geben könnte, hat man auf einmal herausgefunden, dass jeder fünfte Stern so einen kleine Planeten wie unseren haben könnte und jeder zweite überhaupt einen anderen Planeten hat.

Im Jahr 2018 kommt das Hubble-Teleskop runter und ein anderes, 6,5 Meter großes Teleskop namens „James Webb Space Telescope“ wird in den Weltraum geschossen. Das ist eine Kooperation zwischen der europäischen ESA und der amerikanischen NASA. Und das ist das erste Teleskop, das groß genug sein wird, um so viel Licht einzusammeln, dass wir das Licht von Planeten einfangen und uns dadurch die Atmosphäre von Planeten anschauen können, um herauszufinden, ob es dort diesen Lichtfingerabdruck für Leben gibt. So ein Abdruck ist eine Kombination von Sauerstoff mit einem reduzierenden Gas, das heißt, mit einem Gas, das mit Sauerstoff reagiert. Und was wir noch brauchen, ist Wasser. Weil alles Leben, das wir auf der Erde kennen, basiert auf Wasser. Das heißt, diese drei Gase, Sauerstoff, Wasserstoff und das reduzierende Gas, sind die Gase, nach denen wir Ausschau halten, sobald wir ein Teleskop haben, das groß genug ist, um genau dieses Licht von unserem kleinen Planeten einzufangen.

Wie macht man das? Stellen Sie sich vor, dieser Planet schiebt sich vor seinen Stern. Während das passiert, wird ein Teil des Sternenlichts durch diese Planeten- Atmosphäre gefiltert. Und genau so erkennen Sie dann: das ist jetzt das Licht vom Stern, jetzt schiebt sich der Planet davor und jetzt fehlt mir Energie im Licht des Sterns. Das heißt, im Roten ist es jetzt ein bisschen dunkler als vorher. Oder im Blauen ist es ein bisschen dunkler als vorher. Und diese Energie fehlt mir, weil das Licht des Sterns in der Atmosphäre vom Planeten verschiedene Moleküle, z. B. Wasser oder Sauerstoff, zum Schwingen angeregt hat oder zum Rotieren oder

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einfach ein Elektron auf eine andere Schale gehoben hat. Das kennen Sie ja auch noch aus dem Physik-Unterricht. Generell kann man aber einfach sagen, Energie geht in die Moleküle, in die Luft dieses Planeten anstatt es bis zu uns zu schaffen. Das heißt, wenn dort keine Atmosphäre wäre, würde das Sternenlicht einfach blockiert werden von dem felsigen Teil des Sterns, da sehen wir nichts, aber das andere Sternenlicht kommt ungefiltert bis zu uns. Wenn der Planet jetzt aber eine Atmosphäre hat, dann wird ein Teil dieses Sternenlichts durch die Atmosphäre mit gefiltert, und so kann ich über Lichtjahre hinweg, über kosmische Fußballfelder hinweg die Atmosphäre oder die Luft eines anderen Planeten messen, charakterisieren.

Ich würde Ihnen wahnsinnig gerne sagen, dass wir schon wüssten, welche Planeten diese Spuren zeigen. Aber wir müssen noch ein klein wenig warten, um Teleskope zu kriegen, die so viel Licht einfangen können.

Wir können schon jetzt etwas ganz Wichtiges tun. Wir wissen, wie die Erde heute aussieht. Es gibt ein wunderschönes Bild von Carl Sagan, der sich die Erde mit der Voyager 1-Mission angeschaut hat. Die Voyager 1-Mission ist zum Saturn geflogen und dann weiter zum Rand unseres Sonnensystems. Aber vorher hat sie noch eine Aufnahme von unserer Erde gemacht. Das ist einfach nur ein kleiner weißer Punkt auf einem ganz dunklen Hintergrund. So sieht unser Planet aus.

Natürlich, wenn sich der Planet nicht vor den Stern schiebt und wir den Planet sehen, können wir das Licht vom Planeten auch so auffangen. Das heißt, er muss sich nicht vor den Stern schieben, damit das geht. Es ist einfach nur eine andere Methode. Und wieder können wir uns diesen spektralen Fingerabdruck, diesen Lichtfingerabdruck des Lebens anschauen und versuchen, ihn dort zu finden.

Da müssen Sie jetzt noch warten, und wie gesagt, es wird sehr spannend. Es sind noch ca. fünf Jahre, bis wir hoffentlich die ersten Signale finden. Was ich Ihnen zum Schluss noch mitgeben möchte, ist die Vielfalt dieser Welten da draußen, die wir bis jetzt schon entdeckt haben. Ob die ganzen unbekannten Planeten wirklich Leben haben, können wir noch nicht feststellen, weil wir das Licht noch nicht einfangen können. Aber ich kann Ihnen ein kleines Gefühl dafür geben, welche Vielfalt von Planeten wir schon gefunden haben. Die ersten Planeten, die wir gefunden haben, die felsartig waren, waren wahnsinnig heiß. Das ist deshalb, wenn Sie einen Planeten suchen, der sich vor einen Stern schiebt, wenn der nur zehn Tage braucht, um seinen Stern zu umrunden, brauchen Sie nur zehn Tage dorthin schauen und finden ihn. Wenn er wie die Erde ein Jahr braucht, müssen Sie sich diesen Stern ununterbrochen ein Jahr anschauen. Das heißt, die ersten kleinen Planeten, die wir da draußen gefunden haben, sind wahnsinnig heiß. Lava-Planeten. Aber mit jedem Monat, mit jedem Jahr findet man Planeten, die weiter und weiter draußen sind. Gerade hatten wir diese Kepüpler-62-Planeten gefunden, die ersten zwei Planeten, die klein genug sind, dass sie Felsen sein könnten und im richtigen Abstand, dass es dort nicht zu heiß und nicht zu kalt ist, dass sie potentiell die ersten beiden Welten sein könnten, die so ähnlich sind wie unsere.

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* Lisa Kaltenegger ist Astrophysikerin und arbeitet am Heidelberger Max-Planck- Institut für Astronomie und am Harvard Smithsonian Center for in Boston, USA.

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