APR.12

Nach der Show EINSCHLAUFEN Betrifft: Ein Leben in der Bildmitte Impressum Nº 03.11 DER MUSIKZEITUNG LOOP 15. JAHRGANG Ich gehe auf leisen Sohlen. Eigentlich immer. Ich schmuckloses Refugium, ihre heimliche Heimat werde selten laut. Dann jedoch richtig. Wenn ich jenseits der Heimat. Das Konzert ist absolviert, P.S./LOOP Verlag – beispielsweise – von einem gebrochenen Herz die Zugaben sind gespielt, die grossen Gesten Postfach, 8026 Zürich berichte, das irgendwo dort unten am Hafen verbraucht. Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 liegt. Als wäre es eine unbeachtete Requisite aus In diesem Transitbereich zwischen Bühnenbrett [email protected] einer längst vergessenen Folge von «Columbo» und Nightliner haben sich Olivier Joliat und www.loopzeitung.ch (in der es dann allerdings um sehr komplexe Ein- Matthias Willi in den letzten Jahren immer mal griffe eines früheren Navy-Admirals geht). Aber wieder umgesehen. Sie haben Musikerinnen und Verlag, Layout: Thierry Frochaux eben, da unten stehe ich. Auf leisen Sohlen. Mit Musiker jeglicher Stilrichtungen in ihren Back- einer lauten Stimme. stageräumen besucht und sie unmittelbar nach Administration, Inserate: Manfred Müller Doch dann stehe ich plötzlich woanders. Irgend- der Rückkehr aus dem Scheinwerferlicht foto- wo. Hinter einer Kanüle. Vor einer lachsfarbe- grafi ert. Die Ergebnisse dieser empirischen Un- Redaktion: Philippe Amrein (amp), nen Wand – ich weiss es nicht. Man behandelt tersuchungen mit Kamera und Diktaphon haben Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe mich so, als sei ich ein Doppelgänger von Billy sie nun zum Bildband «The Moment After the Joel, obwohl meine Klavierklimperfähigkeiten Show» verdichtet. Einige Auszüge daraus fi nden Mitarbeit: Reto Aschwanden (ash), eher unbedeutend bleiben. Danach verliere ich sich auf den nachfolgenden Seiten – und auf dem Yves Baer (yba), Thomas Bohnet (tb), – leider, aber so verlangt es das Protokoll – mein Titelbild der vorliegenden Ausgabe, wo sich ein Michael Gasser (mig), Nino Kühnis (nin), Bewusstsein. Ich tauche weg und drifte ab, wäh- sichtlich gezeichneter, aber dennoch glücklich Albert Kuhn, Hanspeter Künzler, Tony Lauber (tl), rend sich meine kognitiven Fähigkeiten denen wirkender Evan Dando von den Strapazen sei- Mathias Menzl (men), Philipp Niederberger, eines Kleingrundbesitzers annähern. nes Auftritts im Abart-Club erholt. Christian Pauli, Miriam Suter Als ich wieder zu mir komme, sitze ich in einem Auf unzähligen dieser Aufnahmen wäre natür- hell erleuchteten Raum. Die Möblierung ist karg lich auch meine Wenigkeit zu sehen, der Zaun- Druck: Rotaz AG, Schaffhausen – ein kleiner Kühlschrank, ein paar Stühle und gast von Gottes Gnaden, der Leertrinker des ein Schminkspiegel, vor dem sich sauber gefal- Kühlschranks, der befugte Besucher mit dem Das nächste LOOP erscheint am 26. April tete Handtücher stapeln. Die Menschen in die- umgehängten Backstage-Pass – der dann im ent- Redaktions-/Anzeigenschluss: 19. April sem Hinterzimmer der grossen Bühnen sind ver- scheidenden Moment doch nicht in der Bildmit- schwitzt und verpeilt, erschöpft und ekstatisch, te zu fi nden ist, sondern irgendwo zusammenge- Titelbild: Evan Dando (The Lemonheads), abgekämpft und aufgewühlt zugleich. Eben erst faltet in einer Ecke in der Tiefe des Raumes. fotografi ert von Matthias Willi haben sie ihre abendliche Exkursion ins Ram- penlicht beendet und sind zurückgekehrt in ihr Guido Pluseinsaufdergästeliste

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] «JOGGEN IST FURCHTBAR» nüchterner, aber im Körper gerechterweise wegen einer Lappalie zusammengestaucht Multitalent Thom Luz ist Regisseur, herrscht die gleiche che- habe, oder Leute aus dem Backstage geschmissen habe, mische Unordung, Endor- die da einfach nicht hingehörten. Es kommt aber natürlich Schauspieler und Sänger der Band My phin, Adrenalin und Zu- immer drauf an, wie das Konzert gelaufen ist. Manchmal satzstoffe. Und dann trifft fühlt man sich wie der König und manchmal hat man den Heart Belongs to Cecilia Winter. Er hat man sich im Foyer und ent- Anschiss. Dann gibts Spannungen in der Band. weder gibt’s dann peinliche seine ganz eigene Methode, um nach Stille oder anerkennendes Wann zum Beispiel? Schulterklopfen. Wir sind oft unzufrieden, wenn wir zu viel wollten auf der Konzerten wieder runterzukommen – Bühne, zu ehrgeizig waren. Das ist meistens dann der Fall, Wie gehts dir denn direkt nach ei- wenn wir grosse Konzerte spielen und jemanden beeindru- und eine ganz bestimmte Vorstellung vom nem Konzert? cken wollen. Man will eine gute Show hinlegen, speziell Das Gefühl direkt nach sein und verkrampft sich dadurch total. Ich verfalle dann in perfekten Backstage. einem guten Konzert ist eine Art Egotrip und höre nicht mehr auf die anderen, falle eins der schönsten Gefüh- aus dem Rhythmus. Thom, was machst du als erstes, wenn du von der Konzertbühne kommst? le überhaupt, dieser post Sofort abhauen und irgendwo herumtigern. Das ist das orgasmic chill. Ich werde Gibts dann auch mal Streit in der Band? wichtigste für mich, ich muss mir etwa zehn Minuten Zeit dann immer ein bisschen Ja klar. Wir sind drei sehr unterschiedliche Typen, unser nehmen dafür und herumirren können, ein bisschen wie ein autistisch und will allein Schlagzeuger Kusi Gerber ist zum Beispiel jemand, der sehr kopfl oses Huhn. Ich muss sozusagen vom Tatort fl üchten sein. Beim Theater gibt es gerne streitet. Der sagt manchmal schon beim Verlassen der können. Ich «arbeite» aber auch gern mit Alkohol, das hilft eine Empfehlung von der Bühne, was ihm am Auftritt gerade nicht gepasst hat. Betty auch ganz gut. Vor der Show gibts Weisswein, danach Bier Gewerkschaft, dass man und ich sind eher still, was das angeht, wir schlucken den – oder, je nach Tourplan, die alkoholfreie Variante mit Tee zwei bis drei Stunden nach Ärger lieber runter. vorher und Tee nachher. Oft hat man aber gar keine Zeit einer Aufführung nicht für Entspannungsrituale und muss nach dem Konzert recht Auto fahren darf, um Un- Aber ihr feiert auch, wenn es gut gelaufen ist? schnell alles selber abbauen und zusammenpacken. fälle zu vermeiden. Weil Auf jeden Fall. Erst schreien wir uns ein bisschen an, da- man als Schauspieler noch nach betrinken wir uns gepfl egt. Du bist auch Schauspieler und Regisseur – wie ist die Situation nach einem zu sehr «im Züüg» sei und Theaterstück für dich? deshalb nicht zurechnungs- Hast du nach einem Konzert noch Energie, in den Ausgang zu gehen? Ich arbeite zwar schon länger nicht mehr als Schauspieler, fähig. Das merke ich auch Haha, nein. Das Konzert selber ist Party genug für mich. aber die Situation nach einer Aufführung ist schon ähnlich als Musiker. Es ist auch Wenn wir gerade in einer schönen Stadt sind, an einem wie die nach einem Konzert. Es gibt zwar weniger Auf- schon vorgekommen, dass schönen Ort, verweilen wir da auch gerne länger, wenn regung, weniger Chaos und die ganze Angelegenheit ist ich einen Techniker un- wir können, und geniessen den Moment. Gross weg gehen wir dann nicht – respektive ich nicht. Kusi und unser Ma- nager und der Tontechniker gehen eigentlich immer noch aus, und haben am nächsten Morgen beim Hotelfrühstück aufregende Geschichten zu erzählen, wo Betty und ich uns dann fragen ob die das tatsächlich alles erlebt haben. In Lausanne seien sie an einer Party mit einer brennenden Bar gewesen, wo man heissen Alkoholdampf habe inhalieren können. Du bist also privat total ruhig und machst heimlich doch den Sonnengruss? Ich gehe ab und zu ins Yoga, tatsächlich. Allerdings trifft hier der Ausdruck «Schlampenyoga», den Milena Moser erfunden hat, voll und ganz zu – ich mache das sehr un- ambitioniert, bin sehr nett zu mir selbst. Die Konzerte sind Sport genug für mich, im Trio zu spielen, ist anstrengend, man kann sich nicht zurücklehnen. Was machst du denn sonst so, um einen Ausgleich zum anstrengenden Musi- kerleben zu schaffen? Sobald das Hallenbad City in Zürich wieder aufmacht, werde ich wieder regelmässig schwimmen gehn. Das ma- che ich am liebsten, man kann sehr gut abschalten, es stärkt die Muskeln und ist gut für die Gelenke. Im Gegensatz zum Joggen, ein Freund von mir hat sich dabei letztens das Knie gebrochen. Joggen ist ein furchtbarer, furchtbarer Sport! Apropos Entspannung: Wie sieht der perfekte Backstage für dich aus? Manche sagen, das einzig wichtige sei ein mit Bier gefüllter Kühlschrank. Finde ich nicht. Meiner Meinung nach ist der Massstab für alle Backstages der im Mokka in Thun: Das ist ja eigentlich Bädu Anlikers halbprivate Wohnung, wun- derschön eingerichtet mit eigenem Esszimmer, es gibt im- mer feines Essen. Aber eigentlich mag ich die Backstages an Openairs am liebsten. Da hats auch bestimmt genug Platz zum Rumlaufen. Interview: Miriam Suter SZENE

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Kein Wohlfühlort: Für mich war der Backstage-Bereich nie Sehnsucht, immer nur Dienstleistung. Dass hier andere Bands vorher ihr Zuhause hatten, hat mich meist abgetörnt. Dabei ist die Backstage ein Örtchen, auf das man auf Kon- zertreise innig wartet. Endlich etwas Ruhe nach der stun- denlangen Schüttlerei im Bus. Koffer aufklappen, Schuhe ausziehen, ein Bier runter, ein paar Brötchen schnappen, vielleicht eine Zeitung aufklappen, aufs Klo. Ein kurzer Moment von Daheimsein, bevor Verstärker geschleppt und das miese PA ausgetestet werden müssen. Aber irgendein- mal hat einem auch hinter der Bühne der ganz erbärmliche Mief von Rock’n’Roll wieder: kalt, schmutzig, provinziell, profan – das verbinde ich mit Backstage. BUEBEGSCHICHTLI

Anders der Moment danach. Aufgewühlt, begeistert, ka- putt, wütend oder frustriert. Der erste Gedanke gilt dem Ohr. Pfeifts? Tinnitus hallo? Dann der Blick auf die Band- kollegen. Reden? Umarmen? Anöden? Auftauchen in der Vor dem Konzert wollte man uns aus lauter Gastfreund- Realität. Versiffte Garderoben, Reste vom Catering liegen schaft eine lokale Spezialität auftischen: eine riesige Schale herum, stinkende Socken. Wohin mit dem nassen T-Shirt? mit Froschschenkeln. Das alles hat uns derart provoziert, Keine Groupies, kein Cocaine. Wenns hoch kommt, kal- dass nach dem jämmerlichen Konzert tatsächlich der Back- tes Bier. Rauchen. Vielleicht ein aufdringlicher oder auch stage-Bereich dran glauben musste. Man hatte uns in der angenehmer Besucher. Der Veranstalter taucht auf. Muss Turnhalle des Schulhauses untergebracht, und daselbst ein man reden? Wann kommt die Kohle? Gibts noch ein Aus- paar Fahrräder stehen lassen. Das war eine schlechte Idee. gehprogramm? Wann müssen wir den Bus laden? Wo ist Am nächsten Tag fuhren wir nach Koper an der Adria. das Hotel? Der ganz normale Scheiss halt. Doch, doch, der Ein netter, alternativer Club. Die Sonne schien, das Meer Moment danach ist wunderbar. Leere. Stille. Feierabend. glänzte, die Stimmung war wieder gut. Der Veranstalter Das vor Begeisterung eingetretene Loch in der Wand in sagte bei der Begrüssung nur eines: Führt euch einfach Wuppertal. Das schusternde Paar in Graz. «Autonomous nicht so auf wie gestern. Zone» in New London / Connecticut, wo Bühne, Back- stage und Bett das gleiche sind. Dampfende Körper in der WENN MÖGLICH MEIDEN Februarkälte in der Roten Flora in Hamburg. Vom Winde verweht am Openair MIMI in Südfrankreich. Erinnerungs- Später dann, nun selber Veranstalter, habe ich nach Kon- fetzen. Anekdoten. Buebegschichtli. Der Moment danach zerten den Besuch des Backstage-Bereichs wenn immer ist eine Bruchstelle. Das Konzert ist im besten Falle ein Aus- möglich gemieden. Mir sind Künstler, die sich nach ihrem bruch aus dem Alltag, vielleicht sogar zeit- und raumlos. Auftritt gruppendynamisch Befi ndlichkeiten austauschen, Auf jeden Fall sollte es nachher nicht mehr so sein wie vor- unangenehm. Sollen sie sich in ihrer wohligen oder ge- her. Aber nachher ist das Vorher halt immer noch da. Was nervten Suppe gehen lassen – sie hatten ihren Job gemacht, auch eine schmerzliche Erfahrung ist. und meiner war noch nicht fertig. Ausserdem fällt mir Lob auf Kommando schwer. Dieser eigentümlichen Wie-hast- DER BACKSTAGE-BEREICH MUSSTE DRAN GLAUBEN du-es-gefunden-Erwartungshaltung bin ich aus dem Weg gegangen. 1994 gastierten wir für zwei Auftritte im damals eben erst Ich habe es vorgezogen, möglichst bald die Gage zu be- befriedeten Slowenien. In meiner Band-Erinnerung mar- zahlen, um dann das lang erwartete Feierabend-Bier zu kiert Iviska Bristica einen bizarren Tiefpunkt. Wir wurden trinken. Am liebsten unter Freunden. Und wenn dann die von einem heruntergewirtschafteten Jugendclub gebucht, Musiker dazu stossen, umso besser. den sie als billigen Westernclub verkleidet hatten. Ent- sprechend beschissen klein war die Bühne, und abgründig Christian Pauli schlecht das PA, ganz zu schweigen von der miserablen Gage, für die wir aus Padova angereist waren. Und der Christian Pauli spielte von 1991 bis 1998 bei Alboth! und von 1991 bis 1995 Club hatte eigens ein Plakat für unser Konzert gemacht: bei Starfi sh. Von 2006 bis April 2012 war er für das Musikprogramm der Eine überaus schlechte Zeichnung zeigte einen Schweizer Dampfzentrale Bern verantwortlich. Jetzt verlässt er den Backstage, um sich Senn, der eine Kuh fi ckt. Künstler/innen in ihrer Ausbildung zu widmen. HINTER DER BÜHNE Wie umgeht man eigentlich ein Management? Der Journalist Olivier Joliat und der OJ: Das lief vor allem über die Interviews, die ich zu Be- ginn für «20 Minuten», später für den «Blick» oder als Fotograf Matthias Willi haben Musiker- freier Journalist geführt habe. Mit gewissen Bands – etwa mit Placebo – hab ich das Interview eigentlich nur deshalb innen und Musiker unmittelbar nach gemacht, um nach einem Fototermin fragen zu können. MW: Oder dann waren wir während des Festivals in Mon- Konzertende vor die Kamera gebeten. So treux stationiert, wo wir einen guten Draht zur Backstage- Security hatten. ist ein prächtiger Bildband entstanden, OJ: Wir waren immer mal wieder auf die Leute von den Plattenfi rmen angewiesen, die mitunter ihre Kompetenzen der verblüffende Einblicke in den Back- ein wenig überschreiten mussten, um uns in den Backstage- Bereich zu bekommen. Selbst das hat nicht immer funk- stage-Bereich gewährt. tioniert. Dave Grohl etwa hat uns zweimal eine Zusage gemacht – aber als wir dann hinter die Bühne wollten, liess uns die Tourmanagerin aufl aufen. MW: Ein Vorteil war bestimmt, dass wir unser Projekt in Seit Mitte der Nullerjahre verfolgt Ihr das Projekt «The Moment After the der Schweiz realisieren konnten. In New York beispielswei- Show». Hattet Ihr von Beginn weg die Idee, das dereinst in Form eines Bild- se wäre das wohl unendlich viel komplizierter geworden, bands zu veröffentlichen? weil dort immer Unmengen von Leuten hinter der Bühne Matthias Willi: Nein, das ist alles eher aus Zufall entstan- herumschwirren und etwas von den Künstlern wollen. den. Olivier arbeitete damals noch beim «20 Minuten Week» und hatte den Auftrag, ein Interview mit Juliette Zu Beginn hast Du mit einer analogen Mamiya fotografi ert, später dann mit Lewis zu führen. Ich sollte dann das zugehörige Bild ma- einer digitalen Canon. Wollten die Künstler dann jeweils auch gleich die Bilder chen, war aber den ganzen Tag über so beschäftigt, dass ich auf dem Kameradisplay sehen? es erst am späten Abend nach Luzern schaffte. Wir hatten MW: Nein, zum Glück nicht. Das mag man ja als Fotograf zuvor angefragt, ob ein Foto-Termin nach dem Auftritt in nicht so. Ordnung wäre, und Juliette Lewis hat eingewilligt. Dieses erste Shooting hat uns sozusagen die Augen geöffnet. Und wenn Ihr die Leute im Nachhinein mit den Bildern konfrontiert habt? Olivier Joliat: Es hiess im Vorfeld ganz klar, man dürfe MW: Das führte hin und wieder einen gewissen Schock Frau Lewis nicht zu Scientology oder zu Brad Pitt befra- herbei, weil die Bilder ja doch sehr unmittelbar wirken. gen. Und es hiess eigentlich auch: «No photos». Als ich ihr Aber grundsätzlich wurden sie fast durchgehend positiv im Interview die Idee erklärte, war sie sofort begeistert und aufgenommen. Und mit der Zeit hat sich das in gewissen meinte: «That’s the only way to show how we really are.» Kreisen sogar herumgesprochen, dass in der Schweiz diese Die Bilder, die an jenem Abend enstanden, waren so geil, zwei Typen unterwegs sind, um Bands unmittelbar nach dass wir wussten: Diese Sache verfolgen wir jetzt weiter. den Auftritten abzulichten. MW: Ursprünglich war natürlich auch die Idee, dass das gut ist fürs Portfolio. Ein paar Porträts von Prominenten – Das klingt alles verblüffend unkompliziert. Aber wenn man im Buch blättert, das kommt eigentlich immer gut an. sieht man unter anderem auch Mike Patton von Faith No More, der eine obs- zöne Geste macht. Einige der frühen Arbeiten wurden in «20 Minuten Week» abgedruckt, etwa OJ: Patton konnte ich nicht interviewen, das wurde bereits Bilder von Soulwax, Client oder den Queens of the Stone Age. Aber auch eine im Vorfeld abgelehnt. Aber weil Patton an jenem Abend in Aufnahme von Iggy Pop, auf der er nach seinem Auftritt im Zürcher X-tra er- Montreux auch noch mit den Young Gods aufgetreten ist, schöpft und mit einem Bierbecher in der Hand hinter der Bühne zu sehen ist. haben die ihn fast dazu genötigt, sich auch noch vor die OJ: Insgesamt waren es sechs Fotos von Iggy, die innerhalb Kamera zu stellen. von 30 Sekunden entstanden sind. Da wir für eine Titelge- MW: Und es war das letzte Bild, das ich noch auf dem Film schichte im Heft auf exklusives Bildmaterial pochten, wur- hatte. Das wusste er auch – und hat dann seine Mittelfi nger den uns diese Aufnahmen erlaubt. gezückt. Es ist ein ungewohnter Ansatz, Prominente in erschöpftem, bisweilen hilfl osem Die Musiker sind nach dem Auftritt erschöpft und euphorisiert zugleich, aber Zustand abzulichten. Die lassen sich ja gerne inszenieren und mögen eigentlich sie befi nden sich in einer verhältnismässig intimen Situation. Wie geht man nichts dem Zufall überlassen. Und auch das Management sieht das wohl nicht als Eindringling mit Kamera damit um? so gerne. MW: Wenn jemand mit diesem Argument abgelehnt hat, OJ: Exakt. Wenn man übers Management geht, erhält man konnte ich das problemlos akzeptieren. eigentlich immer eine Absage. Die Musiker selbst fi nden OJ: Man hat ja auch nicht mit ihnen gesprochen, sondern die Idee in der Regel aber super. Mit der Zeit konnten wir einfach gesagt: So, jetzt bitte hierhin stehen. Dadurch sind ihnen auch Beispielbilder zeigen – und die Managements sie erst einmal leicht überrumpelt. Je länger die Fotosession einfach kurzerhand umgehen. dann dauert, desto deutlicher werfen sie sich in Pose. MW: Gerade die unkonventionellen Bilder von Iggy waren MW: Gewisse Leute sind halt einfach Poser, etwa Jesse ein nicht zu unterschätzender Türöffner bei anderen Mu- Hughes von den Eagles of Death Metal. sikern. OJ: Ein «poser by nature». OJ: Und wir mussten nie etwas unterschreiben oder unter- schreiben lassen. Als wir uns dann ans Zusammenstellen Gab es Unterschiede zwischen einheimischen und internationalen Künstlern? des Buches machten, holten wir die Meinung eines Copy- MW: Eigentlich nicht – ausser natürlich von unserer Seite right-Anwalts ein. Der erklärte uns, eine Veröffentlichung her. Den internationalen Künstlern begegnet man naturge- der Bilder sei unproblematisch, denn man sehe den Auf- mäss mit etwas mehr Ehrfurcht. nahmen an, dass die Fotografi erten freiwillig mitgemacht OJ: Aber auch grosse Stars hatten Spass an den Fotosessi- und daher ihre Einwilligung gegeben haben. ons. Brian Molko von Placebo zum Beispiel hat sich richtig matthias willi olivier joliat ins Zeug gelegt und im Backstage-Bereich des Hallensta- Gab es auch Bands, die sich kurzfristig gegen ein Mitmachen entschieden? dions nach geeigneten Hintergrundmotiven gesucht. Oder MW: Ja, The Strokes. Bei denen hiess es plötzlich, sie Muse (Story dazu ist im Buch nachzulesen). müssten unbedingt noch den nächsten Flieger nach Lon- don erwischen. Aber irgendwie hatten die dann doch Zeit, Gab es denn auch Bands, die sich gemeldet haben, um ebenfalls fotografi ert entspannt abzuhängen – wir mussten allerdings leider zu werden? draussen bleiben. Da fühlt man sich schon ein wenig wie OJ: Die gab es. Ist ja auch eine schöne Vorstellung, neben ein billiger Paparazzo, der auf der Lauer liegt. Iggy Pop in einem Buch abgebildet zu werden. Aber letzt- OJ: Oder Courtney Love – weil die einfach sämtliche Kli- lich mussten wir eine Auswahl treffen. schees erfüllt. Ich hätte eigentlich einen Interviewtermin mit ihr gehabt, aber sie kam verspätet aus Südfrankreich an Wen hättet Ihr denn gerne noch vor die Linse bekommen? und ging direkt auf die Bühne. Nach dem Konzert versuch- MW: Bruce Springsteen! Und Lemmy von Motörhead – der ten wir dann unser Glück. Matthias war mit seiner Kamera müsste unbedingt dabei sein. Slayer hätten auch ins Spek- bereits in den Backstage-Bereich vorgedrungen, doch dort trum reingepasst, aber die wollten leider nicht mitmachen. hiess es: «No photos». Was angesichts ihres bedenklichen OJ: Und natürlich Nick Cave. Oder PJ Harvey. Die hätten Zustands eigentlich verständlich war. wir auch sehr, sehr gerne bei unserem Projekt dabeigehabt. Und nun? Folgt demnächst die Fortsetzung? Wie verhalten sich die Künstler, wenn sie nach dem Konzert von der Bühne MW: Wenn Keith Richards anruft, machen wir uns natür- kommen? Gibt es da gewisse Rituale? lich sofort wieder ans Werk. Ansonsten haben wir uns nach MW: Viele wollen erst mal eine Zigarette rauchen. der anstehenden Release-Party in der Kaserne ein paar Mo- OJ: Oft ist es auch ein Moment der Ruhe, bevor die dann mente der Ruhe verdient. Oder? wieder in den Normalmodus schalten können. Nach dem Shooting sind sie dann aber schon etwas entspannter drauf Interview: Philippe Amrein und trinken auch mal ein Bierchen mit uns. Olivier Joliat, Matthias Willi: «The Moment After the Show», Kid Rock ist sogar mit einem Bierchen in der Hand abgebildet. Wie seid Ihr Rough Publications, 144 Seiten, 48 Franken, www.aftertheshow.ch denn an den geraten? OJ: Kid Rock hatten wir nicht unmittelbar nach seinem Buchrelease: 4.4., Kaserne, Basel (mit Karma To Burn und Blackmail) Auftritt vor der Linse. Er war bereits backstage und hat Finissage: 6.5., Kaserne, Basel (mit The Jon Spencer Blues Explosion) sich von dort aus den Auftritt von Gnarls Barkley mitver- folgt. Als wir mit Dangermouse und Cee-Loo nach der Show zum Aufzug gingen, ist er einfach auch hinterherge- Auf den folgenden Seiten fi nden sich trottet. Also haben wir ihn ebenfalls abgelichtet. Am Ende des Abends ist er dann im Knast gelandet. Aber das wäre einige der im Bildband versammelten eine andere Geschichte – die man natürlich im Buch nach- lesen kann. Porträts. mike patton (faith no more) tom barman (deus)

els pynoo (vive la fete)

dangermouse, cee-lo green (gnarls barkley)

kid rock kate holmes, sarah blackwood (client) mad kate (kamikaze queens) brian molko (placebo)

juliette lewis jason reece, conrad keely (trail of dead) luke pritchard (the kooks) mario goossens (triggerfi nger)

joey castillo, josh homme (queens of the stone age) robert trujillo (metallica) SZENE

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Michael Grinderman Super700 The Shins Adolina Kiwanuka 2 RMX Under the No Sky Port of Morrow Caldeira Home Again (Mute/MV) (Motor/Irascible) (Sony) (A Tant Rêver Du Toi) (Universal) Was für eine blöde Idee. Goodbye Synthies, hello Fünf Jahre sind vergangen, Ein Teenagertraum. An- Es ist so eine Sache mit Muss jetzt auch noch Nick Streicher. In ihrem zehnten seit The Shins mit ihrem ders kann man das kleine, Platten und Künstlern, die Cave seine Songs remixen Jahr hat die Formation um melancholischem Indie-Pop aber feine Belgien nicht be- uns – wie Michael Kiwanu- lassen? Genauer betrachtet Sängerin Idabet Ramadani grosse amerikanische Hal- schreiben. Aufgebaut auf kas Debüt – in turbulenten ist das Vorhaben so ver- einen Schlenker vollzogen: len, TV-Serien (Scrubs, Gil- Pommes Frites, Bier, Co- Zeiten als «the next big kehrt nicht. Grinderman- Weg von allen Tanzigkeiten more Girls, OC California), mics und Schokolade, kann thing» angepriesen werden. Songs stecken voll uner- und hin zur verschleppten TV-Werbungen, Feuilletons man ja gar nicht anders, als Da stellt sich bei mir eine hörter Sounds und deshalb Romantik. Mit «Under und kleine europäische hin und weg zu sein. Umso gewisse Skepsis ein. Denn, macht die eingehende the No Sky» wagen sich Clubs gefüllt haben. «Port mehr, als Belgien zusätzlich Hand aufs Herz: Wer Auseinandersetzung mit Super700 aufs Territorium of Morrow» ist die vierte immer wieder mit grandio- spricht heute noch von Tra- den einzelnen Tonspuren von Bands wie den Car- Platte der Band mit den sen Bands zu überraschen cy Chapman? Nun gut. Die Sinn. Zudem beinhaltet «2 digans oder Saint Etienne Melodien für die verlorene weiss. Zum Beispiel mit Platte des 24-jährigen Sän- RMX» nicht nur Remixes vor –ohne dabei zu schei- Generation Y, und es ist das Adolina aus Mouscron, ei- gers/Songschreibers/Gitar- im engeren Sinn, sondern tern. Die Gitarren werden erste Album, das nicht auf ner Band, die seit ihrer EP risten aus Nordlondon ver- auch Kollaborationen und zart gezupft, die Violinen Sub Pop erscheint, sondern «Infl uenza» (2006) mehr dient jedes Lob. Er macht Covers. Grinderman Jim haben sich dem linden Säu- auf dem eigenen Label von Aufmerksamkeit verdient es dem Hörer auch nicht Sclavunos nimmt sich un- seln verpfl ichtet und die Mastermind James Mer- hätte. Stilistisch schwan- schwer, das Album zu mö- ter dem Alias Silver Alert Stimmen kommen gut ge- cer. Nicht nur das Label, ken die vier Mittdreissi- gen. Entfernt erinnert seine «Evil» vor und lässt an haucht. Griffi g mag zwar sondern auch einen Gross- ger zwischen den Schulen charismatische Stimme an Caves Stelle Matt Ber- anders sein, dafür zeigen teil seiner Mannschaft hat Chicagos und Washington Steve Winwood, an Terry ninger von The National sich die Lieder des Berli- Mercer ausgewechselt. Ge- DCs und verquicken ge- Callier und Bill Whiters. psalmodieren. Cat s Eyes ner Quartetts fein wattiert. mäss eigener Aussage aus konnt Wucht und Walzerei Obwohl die jazzigen Flö- (Horrors-Sänger Faris Ba- Einzig «Dear Wolf», das «musikalischen Gründen», mit akustischen Spasmen ten und Saxsoli sowie die win und die Sopranistin drängt und wuchtet, sowie gemäss seinen ehemaligen und Spielwitz, wie auf ih- luftigen Streicherarrange- Rachel Zeffi ra) verwandeln «Decent Snow» brechen Kollegen wurden sie aber rer neuen Platte «Caldei- ments offensichtliche Zu- «When My Baby Comes» aus dem Schema unberühr- schlicht und einfach gefeu- ra» nachzuhören ist. taten aus den frühen Siebzi- vom ätherischen Lullaby in ter Schönheit aus und ver- ert. Zur Platte: Sie ist kein Spazz-Pop? Post-Emocore? gern sind, die auch an Van ein Drone-Monster. Noch suchen sich auf die Suche «Chutes too Narrow» und Irgendwie so. Mal instru- Morrisons «Moondance» besser SixToes Bearbei- nach ein wenig Erdigkeit kein «Oh, Inverted World», mental, mal mit Samples und Nick Drakes «Bryter tung des gleichen Stücks: zu begeben. Dass der letzt- sondern eher ein «Wincing unterlegt, mal um Sprech- Layter» denken lassen, ist Klöppelnde Perkussion genannte Song aufgrund the Night Away». Die Hits gesang ergänzt, liefern die hier keiner am Werk, des- und schlierig schluchzende seiner verschämten Orien- lassen sich an einer nicht vier ursympathischen Eau- sen Musik sich sklavisch Geigen bilden eine neue, tierungslosigkeit auch der ganz kompletten Hand liv, Meursault, Jean-Lou an diesen Vorbildern ori- träfe Kulisse für Caves Ge- klar schwächste ist, zeigt, ablesen: «September», und Tom jedenfalls eine entiert. Kiwanukas Sound sang. Toll auch A Place To wie daheim sich Super700 «Simple Song», «Bait and Dreiviertelstunde Kurzwei- tendiert auch zum ent- Bury Strangers Ratter-Re- im halbneuen Sound-Ge- Switch» und «The Rifl e‘s le ab, die mal zum Kopfni- spannten Akustiksound ei- mix von «Worm Tamer», wand bereits fühlen. «Un- Song». Der Rest ist Füll- cken, mal zum Kopfnicken, nes Jack Johnson. In seinen okay die Beiträge von Josh der the No Sky» zeichnet material. immer aber zum Kopfni- Texten handelt er weniger Homme und UNKLE sowie sich insbesondere durch cken animiert – dank einer Liebesfreud oder -leid ab, «Super Heathen Child» mit Ramadanis unterkühlten men. unaufhörlichen Kaskade an sondern Spirituelles. Also: Robert Fripp an der avant- und doch melancholischen rhythmischen Richtungs- Retro-Folk-Pop-Soul-Gos- gardistisch fi ependen Gitar- Gesang aus, der die sanfte wechseln, Stakkato-Mus- pel. Zwar klingt «Home re. Entgegen dem Vorurteil Musik hübsch konterka- tern und melodischer Fi- Again» wie eine Platte von also eine unterhaltsame riert. Keine Platte, die man nesse. Die zwölf Songs sind 1972, doch was Michael Sache und wems partout sich unbedingt erstehen mal dichter Teppich, mal Kiwanuka zu bieten hat, nicht gefallen will: Die Bad muss – aber eine, die abso- dürres Gerippe, meist aber fühlt sich eher natürlich ge- Seeds oder was von ihnen lut nice to have ist. in Verklammerung beides wachsen als kalkuliert an. übrig ist, nehmen im Som- und damit Pommes Frites, mer ein neues Album auf. mig. Bier, Comics und Schokola- tl. de fürs Ohr, sozusagen. Ein ash. Traum halt.

nin. DIE NEUEN PLATTEN Defi nitiv

Ein Bild sagt tausend Anschläge. Man nimmt diesen Link (http://bit.ly/GR2t9m) und wechselt hinüber zu diesem (www.defi nitiv-zh.ch). Und hat damit gratis eine sausende Zeitreise samt Jetlag, Nahtod und Hangover hinter sich. Auf dem ersten Bild herzt Beat Schlatter ein Bier und Klau- Elvis Costello Pierre Omer And Also dia Schifferle. Auf dem Cover der mächtig upgedateten The Return of the Stewarts Garages the Trees Defi nitiv-Zürich-Site, dem zweiten Bild, sehen wir uns in Spectacular Spinning Conspiracy Hunter Not eine Stadt gebeamt, die so aussieht wie Zürich: Nämlich Songbook (Radiogram/Irascible) the Hunted wie Shanghai, Shenzen oder sonst eine Megacity. (Universal) (AATT/Irascible) In Hochglanzästhetik sehen wir auf defi nitiv-zh.ch eine Halbschluss mit dunklem Sisyphos-Arbeit par excellence: Die musikalische Vergan- Im letzten Jahr kehrte Elvis Folk. Pierre Omer ver- Man hat so seine Stecken- genheit Zürichs seit Punk, aufgearbeitet als Videojukebox Costello mit seiner «Spin- schanzt sich neuerdings pferde, und deshalb wer- von 230 Songs, mit zahllosen Texten aus der Zeit, Zitaten ning Wheel Tour» auf die mit seinen Musikfreunden den Sie hier zuverlässig und Interviewteilen versehen. Sec und funktional gestaltet. Bühne zurück. Jetzt liegt im Pub, inszeniert sich über And Also the Trees Wird – so ist zu hoffen – jährlich nachgeführt. das defi nitive Live-Doku- als trauriger Westernheld, informiert. 1979 als New Das defi nitive Zürich ist schon seit Jahrhunderten zu de- ment als CD und DVD vor. haut zu gleichen Teilen auf Waver gestartet, fi elen fi nitiv. Glas wird in Richtung Gott gebaut und klimaopti- «The Return of the Specta- die Theke und die Pauke. die Engländer mit ihrer miert. Drinnen. Draussen muss mans dann ausbaden. Es ist cular Spinning Songbook» Dazu fl üstert der Romand einzigartigen Liedpoesie soviel Geld in dieser kleinsten Weltstadt der Welt, das man wurde anlässlich der bei- so vernehmlich, dass man schon bald aus der Zeit um jede verkotzte Ecke froh sein muss: «Huch, hier weilte den Konzerte im Wiltern denkt, er getraue sich nicht, und irgendwann dem Ver- ein Lebender.» Zwar ist seit 2000 die Zeit vorbei, als man Theater in Los Angeles im seiner Sangeslust Luft zu gessen anheim. Nach ei- Menschen mit Gitarrenkoffern 20 Rappen zuwarf. Und Mai 2011 mitgeschnitten. verschaffen. Aber natürlich ner Pause fand man 2003 anders als Stephan Eicher 1984 befürchtete, gibt es wieder Die «Los Angeles Times» ist der Flüster-Grund ein wieder zusammen. Auf Spuren von Rock im Sinne von Joe Carducci («Rock and beschrieb diese mitreis- anderer: Omer will myste- zwei ansprechende Alben the Pop Narcotic»): freies, sündiges, offenes und proviso- senden Shows als «ein- riös klingen. Was ihm mal folgte zuletzt eine Samm- risches Aufspielen. zigartige Erfahrung», als prächtig gelingt, mal auch lung bestehender Songs Der Alpenzeiger, Hort der taffen AG-Punks, die Zürich schlicht «begeisternd». Die bloss passabel. Dennoch: in entelektrifi zierten und immer Kante gaben, schrieb 1986 über die Zwinglistadt: Setlist enthält Populäres «Stewarts Garages Conspi- schlagzeugfreien Fassun- «In Zürich ging der Hoffnungsfrohe immerhin noch mit aus Costellos Schatzkäst- racy» lässt es vernehmlich gen. Eine gelungene Schei- der Präposition in die Rote Fabrik, um an einem Jonathan- chen: «Everyday I Write rumpeln. Weniger wie Tom be, die Spuren hinterlassen Richman-Gig jede Menge alter Bekannter und die wirk- the Book», «God Give Me Waits, eher schon wie ein hat. Zwar darf Drummer lichen Geniesserinnen und Kenner und die Heiligen der Strength», «Watching the ungehöriger Bastard aus Paul Hill nun wieder mit- letzten zehn Jahre anzutreffen. Aber auch die waren zu Detectives», den unüber- den Shadows (die Gitar- spielen, allerdings mehr mit spärlich vertreten. Höllenhund nocheinmal?? Sind eigent- treffl ichen Nick-Lowe- ren!), Django Reinhardt den Besen und auch Strom lich alle grade beim Theaterproben (Problematik Frauen), Knaller «(What‘s So Fun- (das Gipsy-Feeling!), Carl gibts nur streckenweise. beim Hodenbaden (Problematik Grauen) oder im Kino ny `Bout) Peace, Love and Perkins (der Rock’n’Roll- Justin Jones nimmt sein (Problematik Schauen)? Es gibt keine andere Stadt in Mit- Understanding», garniert Schmäh!) und Calexico stilprägendes Saitenspiel in teleuropa, in der eine einst rebellische Szenerie dermassen mit einem Cover von «Out (die Wüsten-Romantik!). Mandolinenmanier ein we- schnell ihre Würde, ihr Gesicht und ihren spröden Charme of Time» (Rolling Stones), Das ergibt Lieder, die eine nig zurück und macht Platz verloren hat.» einem ausgedehnten «I grosse Klappe führen, aber für den Hammer Dulcimer Was kann man entgegnen? Und warum fällt uns nur Fai Want You» und dem über- auch liefern. Dabei fügt (eine Art Hackbrett) und Baba ein? Immerhin: Seit Mitte der Nullerjahre sehen wir raschenden Duett mit The sich «Rambling Man» von ungewohnte Chorgesänge. massiv mehr Frauen am Ruder – ihr kennt die Namen, von Bangles auf «Tear Off Your Hank Williams nahtlos Dadurch klingt die band- Aaron bis Zela. Aber wie konnte es geschehen, dass das Own Head». Was will der unter Omers Kompositi- typisch vibrierende Me- Internet die Musik gekillt, beziehungsweise: das bisschen Fan also mehr? Die DVD onen ein und predigt den lancholie luftiger als auch Lebensgrundlage gekappt hat für fotografi erende Musike- bietet allerlei Bonusmate- leidenden Country-Rock, schon. Klangfarben zählen rinnen und musizierende Journalisten? rial, darunter ein alterna- bei dem die Sonne unter- für AATT seit jeher soviel Man versteht ja, dass Bands einzelne Songs freigeben (Snip- tives Intro von «Napoleon geht und der Desperado wie Melodien, doch hier pets, Soundcloud etc.). Aber wir haben an einem Punkt – Dynamite» (alias Elvis Co- langsam am Horizont ent- fi ndet der Fan auch eine etwa 5 Sekunden nach Napster – nicht aufgepasst. Und stello), ein Blick hinter die schwindet. Omer und seine Handvoll memorabler Lie- schon gehört uns die Musik nicht mehr und haben unsere Kulissen mit The Imposters fünf Begleiter tragen dicker der. Ein spätes Grosswerk Copyrights verlauert. Wie kam es dazu, dass wir uns ganze (Steve Nieve, Davey Fa- als dick auf. Die Platte ist «Hunter Not the Hun- Alben aus der Nase ziehen lassen? ragher und Pete Thomas) bleibt jedoch bekömmlich, ted» leider trotzdem nicht Und hier die These: Ohne Musik ist das Leben ein Irrtum sowie zusätzlichen Live- weil genussvoll dargebo- ganz geworden. Aber viel- (sagt Nietzsche). Sie ist ein grosses Ja zum Leben (schreibt stücken. Ach ja: Am 4. ten. Ein Verdacht bleibt leicht kommt das ja noch. Clément Rosset, Merve 230). Wer Musik, Musikerinnen Juni gastiert die «Spinning allerdings: Dass die Chose Wir werden Sie informie- und Musiker schwächen kann, schwächt die Menschheit. Wheel Tour» im Kongress- live noch um einiges besser ren. Der wahre Feind des Kapitalismus ist – quod erat demons- haus Zürich. daherkommt. trandum – die Musik. ash. tl. mig. Albert Kuhn www.defi nitiv-zh.ch DIE NEUEN PLATTEN Züri West Kuno Lauener und Küse Fehlmann im Gespräch zum neuen Album «Göteborg». Kuno, du bist 51 und Vater geworden – und du verscheuchst Songs. Ist es langsam Zeit, aufzuhören? Wolke Merz Radio Moscow Wir haben hart gearbeitet und grosse Freude am Album, so Für immer No Compass Will The Great Escape of dass es taktisch blöd wäre, jetzt aufzuhören. (Tapete Records) Find Home Leslie Magnafuzz (Sophie Records/Irascible) (Alive Natural Sound Küse, wie gross war die Lust, musikalisch Neues zu probieren? Das Kölner Duo Wolke, Records) Die ist immer gross. Die Frage ist eher, was dir in den Sinn das eigentlich aus Konstanz «Europäische Kunstszenen kommt. Wir haben neue Facetten an unserem Klangkörper kommt, gehört mit zu den sind verlockend», singt Heiliger Schweinefuss, das entdeckt, den wir zum Beispiel mit Bläsern ergänzten. unterschätzten Bands in Merz, bürgerlich: Conrad haut rein! Radio Moscow Kuno: Tom Etter brachte bei «3027» die Celeste und seine Deutschland. Dabei ist ihr Lambert, auf seiner neuen kommen aus Iowa, leben gregorianischen Chöre ein, die er zu Hause selber einge- sehr elegant arrangierter Platte «No Compass Will in Kalifornien und spielen sungen hat, und plötzlich wurde es eine halbbarocke Kom- und fein instrumentierter Find Home». Was des Eng- so etwas wie psychedeli- position. Beim ersten Anhören dachten wir, das können Indie-Kammer-Pop seit ih- länders Dilemma antippt: schen Bluesrock. Ihre Mu- wir so nicht veröffentlichen, beim zweiten Mal merkten rem Debüt 2005 fast ein- Er passt in kein Schema, sik wurzelt im Sound der wir, dass es cool ist. zigartig in der deutschen mutet eher wie ein verque- Powertrios aus den späten Pop-Szene. Man scheut rer bildender Künstler denn Sechziger- und frühen Sieb- Bei «Gitarren-Johnny» erwartet man mehr. weder grosse Gefühle noch wie ein Popmusiker an. zigerjahren: Cream, Hen- Kuno: Ja, es hat kein Solo, bloss diesen psychedelischen eindeutige Liebessongs, Nach dem gehypten, aber drix, aber auch Sabbath, Boogie. Live setzen wir ihn mit Trompeten um, damit die schrammt dann bei all die- erfolglosen Debüt «Merz» Stooges, MC5 und Blue Gitarre wirklich bis zum Schluss fehlt. sen vergnügt bis melancho- (1999), das verstörende bis Cheer. Dreh- und Angel- lischen Pop-Hymnen gerne betörende Folktronica bot, punkt der Band ist Gitar- Die Geschichte hinter dem Song «Göteborg»? auch mal nahe am Kitsch entzog sich der Mann aus rist/Sänger Parker Griggs, Kuno: Das ist ein kreiertes Szenario, sogar abgeschaut. vorbei – fast so wie Jochen Bristol erstmals der Öffent- der es sich nicht nehmen Tom Waits sagte in einem Interview, er wäre von einem Distelmeyer mit den späten lichkeit. Seither taucht alle lässt, im Studio auch die Song belästigt worden, hatte aber keine Zeit und sagte zu Blumfeld. Mit Gesang, viel paar Jahre lang ein weiteres Trommelfelle zu bearbei- ihm: Geh doch zu Leonard Cohen. Das fand ich lustig. Piano, Bass und Drum- Werk von ihm auf, das un- ten. Übrigens verhalf Dan computer arbeiten Oliver ter Eingeweihten für Furo- Auberbach (Black Keys) Küse, spürt man Kunos Familie? Schreibt er andere Songs, seit er Vater ist? Minck und Benedikt Fill- re sorgt, aber stets zu wenig Radio Moscow zum ers- Nein, so konkret ist das nicht spürbar gewesen. Ich kann böck auch auf ihrem vierten konform ist, um breit zu ten Plattendeal und pro- keinen Song auf die Vaterschaft zurückführen. Album, für das sie sich lan- wirken. Mittlerweile resi- duzierte 2007 gleich das Kuno: Ich denke, das wird erst bei einer weiteren Produk- ge Zeit gelassen haben. Vor diert Merz in Bern. «Das Debütalbum. 2009 folgte tion zum Thema. Die schwierigste Zeit war die erste Stu- drei Jahren ist mit «Teil 3» Album balanciert reizvoll «Brain Cycles». «Leslie diosession, als meine Freundin und ich noch nicht darüber ihr bisheriges Meisterwerk zwischen Altem und Neu- Magnafuzz», das acidge- sprechen wollten, dass wir Eltern werden. Das Leben hat erschienen, zwischendurch em», sagt Merz zu seinem tränkte Album Nummer sich schon verändert. Alben zu produzieren, war teilweise gab es allerdings auch ein aktuellen Wurf. Und liegt drei, klingt «fucking mind wie ein Kinderersatz … nein, das ist jetzt blöd! Aber die feines Soloalbum der Oli- damit richtig. «Arrows», blowing», womit ich lei- Arbeit wächst einem ans Herz. ver Minck Erfahrung, das der erste Song, beginnt bal- denschaftlich, organisch vom Wolke-Sound nur we- ladesk und mit akustischem und heavy meine. Radio Gibt es für euch eine Alternative zum Musikmachen? nig entfernt war. Für meine Gitarrenspiel, das sich am Moscow lassen es krachen! Kuno: Alternativen gibt es immer. Die Frage ist jedoch: Wo Ohren geht «Für immer» kammermusikalischen Stil Vom aufgeräumten Opener schlägt das Herz? Meines schlägt für das Musikmachen nicht so direkt ins Ohr des Spaniers Rodrigo ori- «Little Eyes» bis zu «Open und auf der Bühne. wie der Vorgänger. Den- entiert. Dann ist bereits Your Eyes», wo nochmals Küse: Die Gratismentalität wird die Kultur als Ganzes an noch offenbart sich auch fertig mit ganz zart und alle Kräfte gebündelt wer- einen komischen Ort hinführen. hier die Klasse von Songs die Stücke trudeln durch den, ehe sich der psychede- Kuno: Wenn ich in der Zeitung lese, dass der Bundesrat wie «Denkst Du manch- hypnotische Psychedelik, lische Wahnwitz mit einem sagt, dass es für die Künstler egal ist, ob man für ihre Mu- mal noch an mich» oder Art-Rock, der New Wave Knall in Luft aufl öst. Üb- sik bezahlt, muss ich über so viel Dummheit leer schlucken. dem fast schon an Abba postuliert oder Post-Wave, rigens setzten Griggs und Am Ende gehen alle Kooperationen mit Grossbetrieben ein erinnernden «Frei». Wer der von Jungle-Drums Bassist Zach Anderson bei und sagen zu allem ja und amen, weil sie froh sind, über- gutgemachten deutsch- durchdrungen ist. Liebliche den Sessions allerlei analo- haupt etwas machen zu können. Das ist freudlos. sprachigen Indie-Pop ohne Häppchen mag Merz keine ges Gerät wie alte Supro-, Küse: Wir sind vital davon abhängig, dass die Leute unsere Peinlichkeiten und Pathos bieten, dafür nimmt er mit Gibson- und Alamo-Amps Musik kaufen. mag, der nehme sich mal auf eine hochabenteuerli- ein. Kuno: Wenn wir unser Leben nicht mehr mit der Musik Wolke vor, die übrigens che Schlittenfahrt durchs fi nanzieren können, hören wir auf. Das ist keine Drohung, auch live sehenswert sind. Land der folkigen Elektro- tl. sondern etwas sehr Wehmütiges. nik. tb. Interview: Yves Baer mig. Züri West: «Göteborg» (Sound Service) DIE NEUEN PLATTEN Miranda July Ah, Miranda July. Die amerikanische Künstlerin mit den blauen Kulleraugen ist ein Multitalent: Sie schreibt Bücher, dreht Filme, spielt in Filmen mit, veröffentlicht experimen- telle Alben (unbedingt die Stücke auf YouTube anschau- en) und ist Performancekünstlerin. Den Durchbruch als Regisseurin und Schauspielerin schaffte sie 2005, als am Alex Winston Milla Kay Daniel Rossen Sundance Festival und bei den Filmfestspielen in Cannes King Con Heartmade Silent Hour / Golden ihr erster Langspielfi lm «You, Me and Everyone We (V2/TBA) (Edel Content) Mile Know» gezeigt und gefeiert wurde. Die 38-Jährige knüpfte (Warp/MV) 2011 an den Erfolg an: Mit dem Film «The Future» schaff- Ich muss gestehen, dass mir Paris, New York oder Rio? te sie ein kleines Stück Traumwelt über ein Paar, Jason und beim ersten Anhören der Hört man die Songs von Das Leben auf Achse hat Sophie, das auf die 40 zurast und somit «endlich Verant- Platte die leicht piepsige Milla Kay, wird man die ihm zugesetzt: Daniel Ros- wortung für jemand anderes übernehmen sollte». Für ein Stimme von Alex Winston Sängerin nicht gleich als sen nahm nach dem Erfolg Baby sind die zwei noch nicht bereit, also adoptieren sie etwas auf den Wecker ge- Hamburgerin einordnen. seiner Hauptband Grizzly kurzerhand den verletzten Kater PawPaw. Der muss aller- gangen ist. Das legt sich So geschmeidig und ele- Bear und konstanten Tour- dings noch einen Monat im Tierheim gepfl egt werden, bis allerdings, und inzwischen gant kommen die elf Pop- neen eine Auszeit von der die Pfotenverletzung überstanden ist. Das Paar entscheidet läuft der «König der Gau- Jazz-Tracks daher, dass Musik. Rossen stellte die sich, bis dahin sein Leben neu zu gestalten und in dieser ner» bei mir recht häufi g. man erstmal das Presseinfo Sinnfrage zu seinem Wir- letzten Zeit «in Freiheit» nach dem Sinn dahinter zu su- Denn die schönen Indie- zu Rate ziehen muss und ken – und antwortet nun chen – und dabei merken sie, dass es da noch ganz andere Pop-Hits der Amerikanerin dann feststellt, dass die mit einer kleinen EP. Die Sachen gibt, an denen sie arbeiten sollten. aus Detroit sind wirklich 39-Jährige tatsächlich in fünf Lieder vertonen Ros- Während der Arbeit am Drehbuch zu «The Future» hat- nahezu «euphorically bril- der Hansestadt lebt und in sens Schritt zurück in die te die Künstlerin einen Schreibstau, nicht einmal das lant», wie das Londoner der Landeshauptstadt von Gesellschaft, von der sich Programm «Freedom», das den Internetzugang auf dem Stadtmagazin «Time Out» Schleswig-Holstein, in Kiel, der Gitarrist und rauere Computer für eine festgelegte Zeit sperrt, konnte sie vom schreibt. Zumindest ei- geboren ist. Stimmzwilling von Haupt- Prokrastinieren abhalten. Miranda July wäre aber nicht nige der Songs wie der Bar-Jazz trifft auf Bossa Grizzly-Bear-Sänger Ed Miranda July, wenn nicht auch aus diesem Umstand ein erste Track «Time Ant», Nova, Pop auf Soul – und Droste zeitweilig abgekap- spannendes Projekt entstanden wäre: ihr neues Buch «It das sehr hübsche «Velvet alles wird fein instrumen- selt hat. Das Timbre der Chooses You» (zu deutsch: «Es fi ndet dich»). Dafür hat Elvis» oder die anderen tiert und arrangiert. Wo- Songs, es ist natürlich be- July zusammen mit der wunderbaren Fotografi n Brigitte Singles «Choice Notes», bei auch ein Saxofon jazzy kannt: Noktural im Kern, Sire zehn Menschen zu Hause besucht, fotografi ert und in- «Locomotive» und «Sister tröten darf sowie eine alte suchen sie das Mondlicht terviewt. Menschen, die im Kleinanzeigen-Heftchen «Pen- Wife». Wer übrigens die Orgel, Querfl öte, Uku- – mit mehr als nur einem ny Saver» Anzeigen aufgeben und etwas verkaufen wol- beiden EPs der 24jährigen lele und Vibraphon zum Fuss in der Geschichtstruhe len. Etwa alte Lederjacken, Glückbärchis, handgemachte Alexandra Winston kennt, Einsatz kommen. Nennt des Westcoast-Folks. Die Saris und sogar Bengal-Leopardenbabys. Entstanden sind wird auf dem Debütalbum es Retro, aber es ist exzel- Beatles klingen an, ein zu- Porträts über die Leben hinter den Verkaufsgegenständen. nur wenig Neues fi nden, da lent gemacht und die fein versichtlicher Bruder von Etwa das von Michael, der kurz vor seiner Geschlechtsum- der lange Erstling die bishe- ziselierten, jazzigen Pop- Elliott Smith grüsst aus wandlung steht, sie sich aber wohl nicht leisten kann, weil rigen Hits zusammenfasst. songs gehen gut ins Ohr. dem Jenseits, die Gitarren er von einer mickrigen Rente leben muss. In seiner Woh- Aber auch das neue Mate- Was nicht zuletzt an Milla fi ngerpicken offen, das nung fi ndet Miranda eine langhaarige blonde Perücke, rial ist nicht schlecht, wie Kays sympathischer, un- Klavier aus dem Schlaf- Schminksachen und Shemale-Pornos. Ein umwerfendes das sehr feine «Medicine» aufgeregter Stimme liegt, zimmer des gelben Hauses Buch – bizarr, schräg, lustig und inspirierend. oder der letzte Track «Run die ein bisschen spröde und hallt nach und einzelne Blä- Rumspringa», bei dem ich so auch gut zum Aussehen ser und Streicher verstär- Miriam Suter nicht weiss, ob sich Ma- der nordischen Schönheit ken die beinahe pastorale Miranda July: «Es fi ndet dich», Diogenes, 220 Seiten, 38.90 Franken dame hier einen phoneti- passt. Selbst das Cover Stimmung dieses überaus schen Scherz erlaubt. Alex von «Seven Nation Army» sorgfältig arrangierten Winston verschmilzt Indie- gewinnt nach mehrmali- Liedzyklus, der auf der gol- Pop mit etwas Soul und gem Abspielen. Man war denen Meile zart die Erlö- viel Sixties, ein bisschen einfach zu verwöhnt von sung sucht. Und nach dem Retro eben. Die Stimme den beiden französischen Sturm des Schlusslieds, ja, schwankt zwischen Klein- Versionen der White- dann fi ndet Daniel Ros- mädchen und Kate Bush, Stripes-Stadionhymne: dem sen zumindest einen Dur- ist also gewöhnungsbedürf- Reggae der Dynamics und Akkord – und den Mut, tig. Ansonsten ist das aber der Soulfassung von Ben wieder mit Grizzly Bear ins ein ansprechendes, hüb- L’Oncle Soul. Insgesamt Studio zu gehen. sches Popalbum geworden, eine sehr schön Platte. Wer das wie gemacht für den Melody Gardot oder Stacy bs. Frühling 2012 scheint. Kent mag, sollte auch mal zu Milla Kay greifen. tb. tb. DIE NEUEN PLATTEN

Matt Pryor The Magnetic Buvette Thieves Tom Gillam May Day Fields Palapa Lupita Like Us Rustic Beauty (Arctic Rodeo/Irascible) Love at the Bottom (Rowboat/Namskeio) Bleed Bleed Bleed (Blue Rose/MV) of the Sea (Captured Tracks) Matt Pryor zählt zu jener (Merge Records) Nach dem frenetischen und Hier kommen Tom Gil- Sorte Musiker, die sich grandiosen Debüt «Hou- «Bleed Bleed Bleed» ist lams Stärken als Sänger mit einem einzigen Projekt Seit 2008 rollt es ihm wie- ses and the Voices» lässt mittlerweile die vierte und Songschreiber bestens unterfordert fühlen. Der der, dem Stephin Merrit, sich Cédric Streuli alias Platte des multinationalen zur Geltung. Mit dem neu- Amerikaner aus Lawrence, seines Zeichens Kopf und Buvette auf dem Nachfol- Electro-Projekts, das vom en Producer Matt Giles Kansas, spielt deshalb nicht geschundenes Herz hinter ger «Palapa Lupita» Zeit. Paris Hipster-Label Mai- schmiedet er eine CD, die nur bei den Indie-Rockern dem amerikanischen Quar- Ruhig rudert der Junge aus son Kitsuné 2007 entdeckt sparsam instrumentiert, The Get Ups eine tragen- tett The Magnetic Fields. den Waadtländer Skialpen wurde. Die Band wird oft ziemlich entspannt klingt de Rolle, sondern betreibt Jeden zweiten Frühling weiter in seinem Elektro- mit Hot Chip verglichen, und dennoch ein solides en passant auch The New haut er eine Platte raus mit Pop-Strom, der zeitweise bietet aber viel mehr Cool- Rock-Feeling ausstrahlt. Amsterdams, deren Spin- rund einem Dutzend neu- indische Sounds zitiert, ness. Die Verbindung von Verschwunden ist der do- Off The Terrible Twos und er Popperlen im stilistisch den Leierkasten leiern lässt Prog-Rock-Elementen mit minante Gitarrensound eine Solokarriere. Letzterer leicht verändertem Look. und synthetisch tropische Disco und Electro macht von «Had Enough» (2009) widmet er sich mit «May Wurden 2008 auf «Distor- Stimmungen entfaltet. zu Beginn einen stark au- und «Never Look Back» Day». Ein Albumtitel, der tion» die Kleinode beinahe Sorgfältig bastelt der ehe- tistischen Eindruck. Der (2007). «Rustic Beauty» nicht einfach dahingewor- ersäuft in Verzerrern und malige Schlagzeuger der Zugang muss aktiv gesucht kommt subtiler daher. Gil- fen ist, sondern meint: Space Echos, hiess es 2010 Beat-Hoffnung Mondrians werden, bevor er gewährt lams stets im Zentrum plat- Sämtliche Songs und Songs auf «Realism» Redukti- die verzwickten Beats, re- wird. Die Hits verstecken zierte Slidegitarre wurde sind im letztjährigen Won- on aufs Wesentliche mit duziert sie im achtminüti- sich hinter meterhohen durch eine Akustische er- nemonat Mai entstanden, akustischen Klängen. Was gen Schlusstrack auf den Synthesizern und Samples. setzt. Dezent begleitet wird im Wohnzimmer. Und dieses Jahr also kommen tanzenden Knochen – und Aufgenommen in Berlin er auf den meisten Tracks entsprechend ist auch der würde, war so sicher wie lässt den Puls auch einfach und stark geprägt durch die von The Dukes, der Band Klang der Platte. Ausser der Weltuntergang: Glei- mal durchgehen. So im aktuelle Weltlage sind die um Matt Giles. Dazu gesel- seiner hohen und höhe- ches im neuen Kleid. Und Wunderlied «Directions», positivsten Elemente der len sich Fiddle und Steelgu- ren Stimme vertraut Pry- tatsächlich passt auch der das leise und herzlich Platte gemäss Band «öko- itar, was dem Ganzen einen or fast ausschliesslich auf 2012er-Wurf der Magnetic pocht, mit Buvettes nicht nomische Unwägbarkeiten, urchigeren Touch verpasst. seine akustische Gitarre, Fields in dieses Schema. 13 immer unproblematischer Über-Militarisierung und Die Stars jedoch, das sind ein wenig Piano und noch kurzweilige Songs schim- Stimme und dem franzö- Technologie». Liebessongs die Songs. Die eigenen weniger Mundharmoni- mern und trödeln und set- sischen Englisch-Akzent konnten sie darum nicht sind Studien der Selbstre- ka. Der Künstler entwirft zen sich blitzartig fest im verführt und der Blockfl ö- schreiben. Vor diesem Hin- fl exion, ohne anmassend wohlige Lo-Fi-Vignetten, Ohr. Im Herzen sind das te den Chorus überlässt. tergrund würde es stark zu sein. Da wird die ganze die leicht nach Nick Dra- alles Schlager, klar, diesmal «Palapa Lupita» vermeidet fragwürdig anmuten, wenn Bandbreite an Emotionen ke, nach Grossvater Dylan jedoch umgarnt von allerlei das Spektakel und sucht – man dann zu denselben ausgelotet, vom herzerfüll- oder nach John Lennon elektronischem Karsumpel. abseits blendender Knallef- – wenn auch sperrigen – ten Lovesong, Gedanken klingen. Was sicher nicht Zum Beispiel «Quick!», ein fekten – nach neuen Wegen Klängen junge Hipster tan- zum Leben im Allgemeinen die schlechtesten Vorbilder Song über die Flüchtigkeit der elektronischen Songfor- zen sähe. und einer Ode an «Crazy sind. In 30 Minuten la- der Liebe, bestehend aus mulierung. Das ist Neuland Southern Women» im Be- gerfeuert sich Pryor durch vier Refrains, die losziehen, für Buvette, und es bereitet men. sonderen. Zu hören gibts zwölf Lieder, sprich: Er um gleich wieder nachzu- nicht wenig Freude, ihn auch drei gelungene Co- macht kurze Sache. Und lassen. Klein und gross, beim eigenwilligen Erkun- vers: Pocos «A Good Fee- er macht seine Sache gut. kurz und schmerzvoll sin- den dieser Welten zu be- ling to Know», Stephen Dass dem Werk ein wenig gen sich Merrit und seine gleiten. Stills’ «Change Partners», Demotape-Charakter an- Band durch «Love at the sowie «Hand Me Down haftet, vermindert zwar den Bottom of the Sea», mal bs. Blues» aus der Feder von Eindruck, doch eine Tatsa- durchtrieben, mal witzig, Teri Hendrix. Ihren Song che bleibt: «May Day» hat aber immer den richtigen transformiert Gillam zur jede Menge Charme. Ton treffend. Wenns rollt, Hommage an den sonnigen dann rollts eben. «Southern-California»-Stil mig. der frühen Siebziger. nin. tl. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline Es gibt Sachen, die sich ein jeder Angehörige der Schreiber- zunft, der sich irgendwie mit Musik herumschlägt, wenigs- tens einmal im Leben gegönnt haben möchte, ohne dass ihm ein böser Chef mit dem Rotstift dahinter geht. Die ehr- würdige Band Queen mit einem Kessel Urin vergleichen, zum Beispiel. Oder sich dermassen despektierlich über den Sergio Tanlines Graham Coxon Anzug von Bryan Ferry äussern, dass dessen Plattenfi rma Mendoza Y Mixed Emotions A&E postwendend keine Werbung mehr im Blatt platziert – und La Orkesta (True Panther) (EMI) dann, als die Plattenfi rma endlich doch wieder eingelenkt Same hat, gleich noch über den dem gleichen Label zugehörigen (Le Pop Musik) Die Tanlines, ein Duo aus Die beiden Blur-Alben, die Robert Palmer herfallen, so dass die Inserate eiligst wieder Brooklyn, das gekonnt ka- am besten altern, da sie mu- gestrichen werden. Oder: Eine dermassen süsse Rezension Die sicherlich ungewöhn- ribische Ethno-Rhythmen sikalisch vorwärts blicken, über eine Suzi-Quatro-Single schreiben, dass deren Produ- lichste Platte dieses Monats mit Indie-Rock und Elec- anstatt sich auf das grosse zenten Chinn und Chapman der Redaktion per Post ein kommt aus der Wüsten- tro verbindet, und damit Erbe der Sechzigerjahre zu fauliges Schweinegehirn zukommen lassen. Dies wie gesagt stadt Tucson in Arizona. die clubbige Version der berufen, sind das amerika- lauter Träumchen eines frustrierten Musikjournalisten, der Bekannt für seinen Wüs- Afro-Indie-Pop-Branchen- nisch geprägte «Blur», ein bei den heutigen Zuständen nur schon nach einer einzigen tenrock à la Giant Sand leader Vampire Weekend gitarrenlastiges Album, auf Aktion im obigen Stil unweigerlich in die Arbeitslosigkeit oder Calexico, hat sich dort sind, liefern nach ihrer in welchem Graham Coxon entsandt würde. vor drei Jahren eine Mam- der Blogosphäre gefeierten sein ganzes Können ein- Bloss: Die Beispiele sind aus dem Leben gegriffen. Und bo-Band formiert, die nach EP «Settings» das Debüt bringen konnte. Das ande- zwar aus der Geschichte des «New Musical Express». Je- etlichen Auftritten jetzt ihr «Mixed Emotions» ab. Ein re ist «Think Tank», sinni- des einzelne Ereignis hat sich genau so abgespielt wie oben sehr schönes Debüt vorlegt. lupenreiner Steilpass, denn gerweise bis auf einen Song beschrieben. Und siehe da, die Welt ist nicht eingestürzt, «Mexican Mambo» nennt «Mixed Emotions» er- ohne Coxon eingespielt. kein Leser hat sich vor lauter Kummer in der Themse er- Bandleader Sergio Mendo- weckt in der Tat gemischte Dazwischen lag «13», das tränkt, im Gegenteil: Die Zeitung erntete mit derlei anar- za den Sound seiner fünf- Gefühle. Der Opener «All in Feedbackorgien versank. chistischen, nach den Normen gutbürgerlichen Objektiv- zehnköpfi gen Big Band, of Me», die weiteren Tracks «A & E» knüpft musika- journalismus in keinster Weise gutzuheissenden Missetaten die hier einen hübschen «Cactus» und «Brothers» lisch an diese drei Blur- die ewige Dankbarkeit einer begeisterten LeserInnenschaft. Cocktail aus Mambo und mögen zwar zu überzeu- Alben an. Virtuos und mit Ja, in den Tagen, da man sich Scherze nach dem obigen Soundtrackmusik, Exoti- gen. Dass aber «Real Life», kaleidoskopischen Klang- Schnittmuster fast täglich leistete, lag die Aufl agezahl des ca und Cumbia, TexMex, der Hit aus dem Jahre 2010 farben bringt Graham Co- NME bei wöchentlich fast 300 000 Exemplaren. Die Be- Salsa und Mariachiklängen von der «Settings»-EP, xon die Gitarrensaiten zum wohner der Londoner Vororte, wo der NME jeden Mitt- anrichtet. Tucson ist zwar nochmals auf der Platte fi - Schwingen. Verzerrungen, woch am Kiosk aufl ag, reisten am Dienstagnachmittag nicht so stark mexikanisch guriert und dabei weit oben Rückkoppelungen und heu- extra zum Piccadilly Circus, wo das Blatt wunderbarerwei- geprägt wie die texani- ausschwingt, ist ein kleines lende Gitarren jagen wie se schon dann zu haben war. So fi eberte man den frechen sche Millionenstadt San Armutszeugnis für die New Hyänen durch die Nacht, Zeilen, beziehungsweise der amüsanten und doch unglaub- Antonio – die Einwande- Yorker. Die meisten Tracks wie der Wüstenmond setzt lich wichtigen Schaumschlägerei über die neueste Neuent- rer aus dem Süden haben plätschern etwas ziellos da- die in den Hintergrund deckung, entgegen. aber auch da ihre Spuren hin und verlieren sich des gemischte Reibeisenstim- Im NME waren die Schreiber nicht verhinderte Musiker, hinterlassen und die hippe Öfteren in belanglosen und me Coxons Lichtakzente. die ihre Verbitterung über den eigenen Mangel an Sex- MusikerInnengemeinde tut wenig berauschenden Wie- «A & E» ist kratzig und Appeal in unverständliche Thesen oder gemeine Sprüche ihr weiteres dazu, hier eine derholungsschleifen. Man dennoch aus einem Guss. umsetzten. NME-Schreiber waren gemeinhin auch Musi- solche Band wachsen zu würde den Tanlines aber Die netten Melodien und ker. Und die Musiker gingen im Büro des NME aus und lassen. nicht gerecht werden, sie die Songs nach herkömm- ein. Paul Weller zum Beispiel grauste es ob der Zustände Der Einstieg in das Album jetzt gleich abzuschreiben, lichen Strickmustern hat in der Küche dermassen, dass er ein, zwei Mal eigenhändig ist sensationell. «La cucha- dafür ist ihr musikalischer Coxon wohl Damon Al- eine Säuberungsaktion startete. rita» ist kaum schlechter, Ansatz zu interessant – barn überlassen. Einzig All das ist nachzulesen in einem munteren neuen Buch: dem Mambo-Exotica- und einige Fragmente ihres «Oh Yeh Yeh» passt mit «The History of the NME» von Pat Long. Denn der NME König Perez Prado huldi- Schaffens sind einfach zu seinem Late-Sixties-Groove ist am 7. März sechzig Jahre alt geworden. Und das muss gen andere Stücke und ein gut. und der klassischen Song- gefeiert werden. Auch wenn er nach einer drastischen, vom TexMex-inspirierter Track struktur nicht zum Rest Verlag befohlenen Publikumserneuerung heute nur noch ist «Traicionera». Ende Ap- men. des . Kein Wunder, von Windelträgern gelesen wird. Wobei selbst die heutige ril ist die Band übrigens mit viele Songs wie «City Hall» LeserInnenschaft gemäss der derzeitigen Chefredakteu- anderen Tucson-Musikern oder «Advice» sind eigent- se immer dann mehr NME-Exemplare kauft, wenn 80s- wie der Exil-Französin Ma- lich aus Jam Sessions ent- Bands à la Cure und Smiths auf dem Cover sind. rianne Dissard, Brian Lo- standen. Es braucht Mut, pez und Andrew Collberg Material aus Jamsessions Hanspeter Künzler auf Tour und macht auch zu veröffentlichen – doch in der Schweiz halt: in Zug hätte es Graham Coxon (Chollerhalle) und Schaff- nicht gewagt, die Welt hät- hausen (Kammgarn). te etwas verpasst. tb. yba. SZENE

DO 5.4. Funky Jazzy HipHop In Concert Inkl. «Shake Your Ass»-Afterparty LINGUA LOCA (D) Di. 3.4.12 Ziegel oh Lac 21:30 Support: Mosh Feratu (SH) Afterparty: DJs Selecta Mista, Kosi, Ruedi Snare Ziischtigmusig ENO / DUARA FR 6.4. 77er-Punk – In Concert Icarus Records THE KIDS (BEL) & DUMBELL (D) Fr. 6.4.12 Clubraum 20:30 SA 7.4. Sugarshit Sharp Finest Reggae, Dancehall, HipHop RAGGABUND (D) *CRIPPLED BLACK PHOENIX What a & DE LUCA (ZH) Bam Bam Botanica Backed by The Dubby Conquerors Afterparty: Real Rock & Boom Di Ting Di. 10.4.12 Ziegel oh Lac 21:30 Ziischtigmusig MI 11.4. Death Metal, Crust, Punk – In Concert TRILL-DAN / THE SENILES BLACK BREATH (USA) VICTIMS (SWE) Sa. 14.4.12 Aktionshalle 21:00 TORMENTED (SWE) Woo-Hah! FR 13.4. *IMMORTAL TECHNIQUE Electropop In Concert – Dubstep-Afterparty E.K.R. / Dj Reezm FUTUREKIDS (ZH/SH) Afterparty: DJ SFR (SA) So. 15.4.12 Clubraum 19:00 SA 14.4. Fabrikjazz Avantgarde HipHop – In Concert FRANZISKA BAUMANN BLACK CRACKER (USA) FREESTYLE FANCLUB (SA/CH) WHISPERINGS 2 DJs Clapto, Soulfill Franklin Fred Frith – Michel Wintsch – Gerry SA 21.4. Hemingway Your All Beloved Electrosized Music Tek-House, Techno Solaris Sa. 21.4.12 Aktionshalle 21:00 COMMANDER TOM (D) Enter The Dancehall UWE HACKER (HUN) Dan@Work, Marc Maurice *KY-MANI MARLEY Barney Millah, Boss Hi-Fi SA 28.4. Plattentaufe «Am Bluemeweg» – Soul In Concert MIN KING (SH) So. 22.4.12 Aktionshalle 20:30 DJs Soulrabbi (D) & Herr Wempe (Helsinki JackSoul Soulstew/ZH) *ANTHONY HAMILTON SO 29.4. Dj Neal Sugarman (Daptone Records) Reggae Dancehall Live Sunday Fire PERFECT (JAM) Backed by The House Of Riddim (AT) Di. 24.4.12 Ziegel oh Lac 21:30 Support: Real Rock Sound Ziischtigmusig Vorschau: ARBOURETUM & LUKE ROBERTS 2.5.Saviours, Danava (USA) 2.5. Jazzfestival @ TapTab 3.–5.5. Do. 26.4.12 Clubraum 20:30 Leon Taylor (D) 16.5. The Miserable Rich (GB) 17.5. Sugarshit Sharp Bob Wayne (USA) 24.5.

Tap Tab Musikraum, Baumgartenstr 19 *WHITE RABBITS Postfach 1583, CH-8200 Schaffhausen Support www.taptab.ch * Vorverkauf:starticket.ch sounds better with you – loopzeitung.ch DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince Bevor Satellite Records seinen Namen in Stax Records än- derte, erschien neben dem Millionenhit «Last Night» von den Mar-Keys 1961 auch Prince Conleys Rhythm & Blues Meisterwerk «I’m Going Home» (Outta Sight). Dies war Steve Croppers erster Job als Sessionmusiker bei Stax, und der Orgel und den Bläsern nach dürften auch noch weitere Dry the River s / s / s Various Artists Mar-Keys involviert gewesen sein. Der Gesang ist die rau- Shallow Bed Beak & Claw Smash Boom Bang! chige Inkarnation der Leidenschaftlichkeit, wechselt gegen (Sony) (Anticon/Namskeio) The Songs and Ende ins Falsett und bewirkt sofortigen Herzstillstand. Im Productions of selben Jahr veröffentlichten Detroits Fabulous Playboys Die BBC wusste es schon Nur knapp hat man sich Feldmann-Goldstein- neben ihrem Uptempo-Daco-Doo-Wopper «Nervous» das im Dezember 2011: Dry mit der Auto-Tune-Orgie Gottehrer an Apollo geleaste «Honky Tonk Woman». Geballte Dop- the River wurde als eine zum Schluss von «The (Ace) pelladung. von zwölf Bands für ihre Age of Adz» – Sufjan Ste- DJs auf die Plattenteller zu schielen, macht natürlich viel Sound of 2012 Liste aus- vens’ letztem Grossalbum Was ist der Unterschied mehr Spass, als sich verstohlen in einer dunklen Bar-Ecke erwählt. Unter uns gesagt: – versöhnt. Doch wurde zwischen Dieter Bohlen mit Shazam zu unterhalten. Im tollen Set der wunderbaren Das war, wie die Briten zu insgeheim gehofft, dass und Paul McCartney? Oder Genferin DJ Lady Black Sally lief «I Can Only Give You sagen pfl egen, ein «safe nun wirklich Schluss ist Stock, Aitken, Waterman Everything». Die druckvollen Bläser, das atmosphärische bet», eine sichere Wette mit dem Effekt, der eine und Mozart? Antwort: die Schlagzeug und die trockenen Gitarrensoli weisen auf einen also. Wenn man sich das Wunderstimme zur Billig- Qualität. Alle haben sie R&B-Song hin, der noch vor der Zeit von Tommy Scott Debüt-Album «Shallow ware verwandeln kann. Pop-Hits geschrieben – am und Van Morrison entstanden zu sein scheint – hatten diese Bed» anhört, fühlt man sich Nun, leider ist dies nicht Fliessband. Bloss, dass das etwa schamlos geklaut? Der weisse Gesang und ein sich an einige zeitgenössische der Fall: Gleich zu Beginn Hitfutter von Bohlen kei- zurückhaltender Wayne Cochran weisen – wie auch der Bands erinnert (Mumford der Kollaborations-EP mit ner mehr kennt. Wohl aber Frauenchor –in Richtung heutige Produktion. Der geüb- & Sons, Kings of Leon), dem Rapper Serengeti und die zeitlosen Ohrwürmer te Kreisblick lokalisiert den Buddy-Holly-Lookalike Nick welche mit ihrem Sound dem Komponisten Son Lux aus dem Brill Building, Waterhouse. Da tut sich unglaublich Gutes in Kaliforniens ebenfalls äusserst erfolg- quäkt Sufjans Stimme ver- New Yorks legendärer neuer Soul-Szene, denn auch die A-Seite «Is That Clear» reich unterwegs sind, und zerrt, singt von «Energy», Songschreiber-Werkstatt. (Innovative Leisure) ist mit dem stotternden Beat-Jazz und das auf eine gute Art und so dass man ganz froh sein, Um 1962 etablierte sich den Garage-Ausbrüchen ein veritabler Smash. Weise. Mit anderen Wor- muss, dass der herausra- dort das Songschreiber- G.G. King nimmt mit «Day Turns Into Night» (Red ten: Dry The River machen gende MC aus dem wieder- Trio Feldman-Goldstein- Lounge) einen Song seiner Vorband The Carbonas auf, der so ziemlich alles richtig und erstarkten Anticon-Haus Gottehrer (F-G-G). «Smash es damals nicht auf Tape geschafft hatte. Auch wenn der nicht ohne Grund wird das Mikro bald einmal Boom Bang!» umfasst ihre Song die Klasse alter Tage aufweist, gelingt es der Umset- da vom Label Sony auch übernimmt. Son Lux alias fünf kreativsten Jahre – zung nicht, an Glanz und Gloria der Carbonas anzuknüp- mächtig Geld reingebut- Ryan Lott erschafft für die mit Evergreens wie «My fen. Dies ist auch gar nicht nötig, denn mit «Drug Induced tert. Wichtig für den hei- beiden den kongenialen Boyfriend’s Back» von State» gibts den patentierten verstörten Punk-Sound, wie teren Musik-Smalltalk ist, Blubber-Space-Sound, der The Angels (1963), dem er schon auf der LP zu fi nden war. Das Cover der späten dass der Sänger Norweger an «Age of Adz» anknüpft, grossartigen Bo-Diddley- Texas-Punker The Ralphs startet mit gespenstischem Syn- ist, gebildet zu sein scheint viele Wendungen nimmt Verschnitt «I Want Candy» thie, wird überlagert von mörderischem Angstgekreische und sich mit einem ehemals und das Schlagzeug zeit- von The Strangeloves, dem und mit dunkler Gitarre niedergefräst. Atlantas dunkelste obdachlosen Schlagzeuger weilig lind krachen lässt. unwiderstehlichen «Hang Seite erhellt ungemein. zusammengetan hat. Musi- So gibt man sich diese ab- On Sloopy» der McCoys. kalisch driftet die Band von strakte Hip-Pop-Collage Alles Songs oder Acts, die Philipp Niederberger zuweilen harmonisch bis doch sehr gerne – bis Suf- auf die Schnelle kreiert andernorts treibend vorge- jan in der Schlussnummer wurden, aber in den bes- tragenem Folk-Rock rüber mit dem Durchhalte-Jingle ten Momenten schlicht zu zu Prog-Rock-Passagen «I had the time of my life» clever sind, um in Verges- und Power-Pop-Elementen, wieder auftaucht. Schade senheit zu geraten. F-G-G um schlussendlich doch bei eigentlich. bevorzugten stampfende Indie Rock und Gospel an- Rhythmen, fetzige Melo- zukommen. Die Songs sind bs. dien und den Flirt mit an- allesamt mit herzzerreis- deren Popsongs – Bobby send schönen Harmonien Comstocks «Let’s Stomp» und Melodien vollgestopft, beispielsweise bediente glänzen mit mehrstimmi- sich bei «What’d I Say» gen Gesangspassagen und von Ray Charles. Richard vielen klitzekleinen Details, Gottehrer produzierte spä- die diese Platte zu einem ter Blondie, Joan Armatra- Grower werden lassen. ding, The Fleshtones, Dr. Feelgood und zuletzt The men. Dum Dum Girls.

tl. IKARUS RECORDS NIGHT 2012 06.04.2012 | SAÏKO RECORDS LABEL NIGHT COMPILATION KEJNU CH JIM THE BARBER CH RELEASE NORTH FOLK CH SA 13.04.2012 |THE VITAL NIGHT 7. ROBIN HIRTE DE MIL WAUKEE APRIL AL FERSON YAKARI DJ NEVER DIE DUARA 14.04.2012 | AHURA MAZDA SOUNDSYSTEM THE CIRCLE HAÏR | LIVE MENTAL GROOVE, JP/FR BROTHERS DJ L-TRON BLOGGERTRONIX, CA +SOLOPROJEKTE 19.04.2012 ANSCHLIESSEND DARK DARK DARK US PROVITREFF DJ-SET: ´ ª TORONAUT CH SIHLQUAI 240 THE PROXIES 21-25-27-29.04.2012 | OPÉRA LOUISE PRÉSENTE 8005 ZÜRICH LA CHAUVE-SOURIS TÜRÖFFNUNG 20 UHR 27.04.2012 | UPGRADE ´ ª KONZERTBEGINN 21 UHR COOH BG MISS LYONE B2B SWANN H CH ELGRIN CH SYLEK CH Fans MC STONE UK 28.04.2012 OH MY F*CKING GOD! Die nächste Ausgabe erscheint am 26. April – Abotalon Seite 2 BEYOND THE VORTEX CH ALGEBRA CH TOJINBO CH WE SAID CH

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DO 19.4. Absynthe Minded (BEL) Rock, Indie, Alternative FR 20.4. Andrew W.K. (USA) Rock, Metal FR 4.5. Züri West (CH) Mundart, Pop DO 10.5. Skindred (UK) Alternative, Metal FR 11.5. The Homestories (CH) Indie, Pop SO 20.5. Band of Skulls (UK) Rock, Indie salzhaus.ch Salzhaus Winterthur starticket.ch NACHTSCHICHT

Daumenklavierspielen mit Konono Nº 1 Opernsingen mit My Brightest Diamond

«Plötzlich reden alle über Afrika. Auch Leute, die keine Ahnung davon Shara Worden versteckt sich hinter dem Alias My Brightest Diamond und haben»: So führte einst Klaus Walter eine Ausgabe seiner Radio–Sendung durchforscht die kammermusikalischen Seiten der Popmusik. Und natür- «Was ist Musik?» ein. Walter spielte in seiner Radioinsel in erster Linie lich sucht die Amerikanerin dank ihrer Ausbildung als Opernsängerin zwi- Tracks ab der Congotronics-Compilation «Tradi-Mods vs. Rockers», auf schendurch auch die grossen Theaterbühnen auf, die Worden als Sängerin der Bands, DJs und Musiker wie Deerhoof, das Animal Collective, Andrew und Multiinstrumentalistin in Sufjan Stevens’ Band bereits abgeklappert Bird oder Shackleton Stücke der kongolesischen Kasai Allstars und den hat. Drei Alben hat Worden mittlerweile auf Asthmatic Kitty, dem Label Daumenklavierspielern von Konono Nº 1 neu bearbeiten. Letztere besu- ihres Mentors, veröffentlicht, zuletzt im vergangenen Jahr «All Things Will chen nun nach ihrer Tour im vergangenen Jahr bereits wieder die Schweiz Unwind». Auf dieser Platte zeichnet sie die ganze Bandbreite des amerika- – mit gleich vier Daten. Mit im Gepäck wird das Kollektiv die antiquierten nischen Songs – vom Broadway zum Vaudeville und vom impressionisti- technischen Gerätschaften haben, die von den belgischen Kolonialherr- schen Landlied zum expressiven Jazzsong – nach. Das weckt schon mal schern auf den Strassen Kinshasas vergessen wurden und der Band als Ver- Erinnerungen an den letzten Liedzyklus von Joanna Newsom, zieht aber stärkeranlagen ihrer Likembes – den Daumenklavieren – dienen. Konono weitere Kreise – bis hin zum grossgedachten Popsong. (bs) Nº 1 basteln so einen ungreifbaren, verzerrten Ton und einen durchgehen- den Weltrhythmus, der auch Leute zum Tanzen bringt, die keine Ahnung 12.4., Parterre, Basel; 15.4., Bad Bonn, Düdingen von Afrika haben. (bs)

4.4., Südpol, Luzern; 5.4., Kaserne, Basel; 6.4., Café Mokka; 7.4., Moods, Zürich; 8.4., Electron Festival, Genf

Weltuntergang mit Killing Joke

Jaz Coleman war ja schon immer ein ziemlicher Spinner. Bereits 1982 glaubte der Frontmann von Killing Joke, die Apokalypse stünde kurz be- vor und verkroch sich mit der halben Band auf Island. Klar beschäftigt Lauern mit White Rabbits es so jemandem, wenn das laufende Jahr laut Maya-Kalender das Ende der Zeiten bringt. Und deshalb plant Jaz Coleman am 21./22. 12. 12 ein Die White Rabbits krawallierten sich einst, als das Stand-Tom pro Band- Festival «at the end of the world which is, of course, in New Zealand.» mitglied noch nicht zur fi xen Bühnenausstattung gehört hatte, mit ihrem Zuvor gehts aber auf eine weitere letzte? Tournee und zwar in Origi- ersten Album «Fort Nightly» direkt in die Herzen einer offen trommeln- nalbesetzung. Denn bei der Beerdigung des zwischenzeitlichen Bassisten den Indie-Gemeinschaft. Zwei Alben und einige fröhlich verpasste Next- Paul Raven 2007 hatten sich die Urmitglieder Jaz, Geordie, Youth und Big-Thing-Chancen später zieht das amerikanische Sextett weiter, hin zu Paul Ferguson wieder einmal getroffen und gleich beschlossen, erneut ge- einer strengeren Form ihres Splatter-Pops, der mit freundlicher Hilfe des meinsam zu musizieren – Killing Joke, fürwahr. «Absolute Dissent» zeigte Spoon-Produzenten Mike McCarthy auf Platte nachzuhören ist. «Milk Fa- die wiedervereinigte Band 2010 in prächtiger Spiellaune und das press- mous» heisst das Resultat, das mit geisterhaften Klavierkaskaden, Gitar- frische, programmatisch betitelte Album «MMXXII» bestätigt die tolle ren-Zerrbildern, editierten Drums und der Stimme von Stephen Patterson Spätform der Industrial-Pioniere. Die Vorabsingle «In Cythera» und ein unheimlich lauert – und zuweilen auch psychedelisierend ausbricht. Und paar Keyboards da und dort erinnern an den Popfl irt «Love Like Blood» wenn «Milk Famous» dann doch eine Spur zu angestrengt erscheint, der aus den Achtzigern. Grundsätzlich aber knüppeln, ballern und dröhnen die dreht die Zeit einfach um fünf Jahre zurück, und hört sich nicht nur zur Veteranen auch mit über 50 all ihre Epigonen in Grund und Boden. Der Konzert-Einstimmung wiedermal das Debüt an – und zettelt aus Freude Soundtrack zum Weltuntergang eben. (ash) einen kleinen Krawall an. (bs)

24.4., Abart, Zürich 26.4., Rote Fabri k, Zürich SZENE SZENE SZENE SZENE SZENE

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