Berichte und kleineMitteilungen 125 graphisch untersucht und in einer Skizze auch die tet fiir den Gesamtraum der franzosischen Sahara die Handelswege, auf denen die Datteln nach Marokko geologische Struktur und die Morphologie im Hin nordlich des Hohen Atlas gelangen, darstellt. Morpho blick auf eine moglichst weitgehende Nutzbarmachung logisch hat sich F. Joly in Siidost-Marokko besonders der Sahara fiir den Menschen. mit dem weiteren Bereich um Taouz an der Grenze Die Arbeiten des Institut de Recherches Sahariennes, zur Hamada du Guir beschaftigt,u. a. in einer Arbeit das von seiner Griindung bis Ende 1949 unter Lei von uns im Band VII, 1951 (JLes Ait Khebbache de Taouz"). tung Dr, Rene Maire stand, geben einen Ein Der Sonderband, herausgegeben anlafilich des In blick in die hervorragenden Leistungen franzosischer ternat. Geologen-Kongresses in Algier, Tome VIII, Wissenschaftler in der Saharaforschung. Seit der fran 1952, soil hier als jiingster Band der Travaux de zosischen Besetzung des grofiten Teiles Nordwest I. R. S. besprochen werden. Dieser Band verzichtet Afrikas ist den franzosischen Forschern ein umfassen auf den sonst iiblichenAufbau, bringt auch keine re des Betatigungsfeld zugefallen, auf dem bis jetzt sehr gionalen Untersuchungen, sondern in zusammenfas viel geleistetworden ist.Dieser Erfolg, der sichaufierst senden Arbeiten allgemein Probleme der Saharafor giinstig auch auf die praktische Ersdiliefiung weiter schung auf dem Gebiet der Geologie, Geophysik, Me Gebiete auswirkte, ist nicht zuletzt auf die Zusam teorologie,Morphologie, Hydrologie und Prahistorie. menfassung aller interessierten Fachrichtungen in L. Balout stellt in einer Arbeit ?Pluviaux intergla einem Institut zuriickzufiihren. Auch deutschen Geo ciaires et prehistoire saharienne" die glaziale Chrono logen und Geographen steht dieses Gebiet heute wie logic und die prahistorische Entwicklung des Men der fiir Forschungen offen. Und niemand, der sich in schen und seiner ?Industrien" im Vergleich mit Frank dieser grofitenWiiste der Erde wissenschaftlich for reich und Nordafrika dar. In einer iibersichtlichen schend betatigt, wird an den Arbeiten des Institut de Tabelle werden auch die Schwankungen des Mittel Recherches Sahariennes voriibergehen konnen. meeres dazu in Beziehung gesetzt. Das 5?8-m-Niveau was nach erscheint dort im Postglazial, auch eigenen MORITZ WAGNER ALS GEOGRAPH Erfahrungen des Referenten richtiger ist, als es in das letzte Interglazial (Thyrrhehien oder teilw. als Mo Hanno Beck zu er nastirien bezeichnet) stellen. Homo sapiens The German scheint in Nordafrika spater als in Frankreich. R. geographer Moritz Wagner. Capot-Rey untersucht die klimatischen und botani Summary: Moritz Wagner (1813?1887) is one of the least schen Gegebenheiten der Wiistengebiete und grenzt known German geographers of the 19th century. the nach ihnen die franzosische Sahara ab (?Les Limites During years 1836?1860 he travelled in , the and Central and du Sahara Dabei miissen fiir die Fest Orient, North, South America. By making Fransais"). full use of the field on der andere Pflanzen als fiir die experiences he gained his travels legung Nordgrenze he made valuable contributions to almost all branches of Siidgrenze herangezogen werden. Fiir die Abgrenzung For on geography. instance, the work Central America by imNorden wird die im Siiden die was 100-mm-Isohyete, himself and Scherzer the most comprehensive treat benutzt. L. Chadenson untersucht ment of this area to 150-mm-Isohyete prior Karl Sapper. Stimulated by the die Morphologie und die Tektonik im oberen Pliozan writings of Karl Ritter and he propound in Nordafrika und in den nordsaharischen Steppen. ed the 'Law of Migration of Organisms' in 1868 and the 'Law of Durch Vergleich der Lage des Villafranchien in wei Separations' in 1870, the geographical applications ten Bereichen kommt Chadenson zu der dafi of which he discussed with his great pupil Friedrich Rat Ansicht, zel. das Meeresniveau am Ende des Pliozan etwa der Through Ratzel he thus influenced the entire concept of Rooted in the tradition of classical habe. Daraus bio^geography. the heutigen Hohenlage entsprochen ergibt school of German wenn diese eine geography (1799?1859), Wagner sich, Hypothese richtig ist, erhebliche, nevertheless went further, and it is his work which marks bestimmbare weiter Gebiete orogene Bewegung the commencement of a new era of German geographical Nordafrikas. A. Cornet behandelt in einer Arbeit thought which began in 1869. ?Essai sur du Grand Occidental PHydrogeologie Erg Moritz hat sehr viel fiir et des die Wagner die Geographie regions limitrophes" hydrogeologischen und ist doch einer der unbekanntesten Geo der bekannten Die geleistet Grundlagen Foggaras. Foggara des 19. Er ist der sind unterirdische Wasserkanale, die in zahlreichen graphen Jahrhunderts geblieben. Lehrer Friedrich Ratzels Al Gebieten Nordafrikas und dariiber hinaus im Orient geographische gewesen. lein dies beweist seine in der schon in friiher Zeit von den Eingeborenen angelegt Bedeutung Geographie. Er wurde am 3. Oktober 1813 in geboren. wurden und zur Bewasserung in Oasen dienen. Einen Sein alterer Bruder Rudolf (1805?1864), der 1840 sehr interessanten Beitrag hat /. Dubief mit seiner als vergleichender Anatom Blumenbachs Arbeit ?Le vent et le deplacement du sable au Sahara" Nachfolger in Gottingen wurde, ist der Vater des Geo geliefert. Unter Zugrundelegung sehr genauer Wind groEen graphen Hermann Wagner messungen wird das Problem des Sandtransportes in (1840?1929). Schon eine erste der bewies der Sahara untersucht, das schon in Oberpriifung Quellen Capot-Rey die Moritz in der Ge Band V, 1948, auf Grund von von wichtige Stellung Wagners Untersuchungen schichte der Eine Unter Bangold kritisch betrachtet hatte. Diese Arbeit ist ein Geographie. eingehende suchung zeigte das Wesen seiner Wie sehr wichtiger Beitrag zur Entstehung der Diinen in Leistung auf1). der Sahara und ihrerMorphologie. Zur Geophysik *) Hanno Beck: ?Moritz Wagner in der Geschichte der Geo Nordafrikas hat /. einen Lagrula Beitrag geliefert: graphie", Maschinendruck-Diss. (Mikrofilme), Marburg la reseau nord ? ?Sur prolongation gravimetrique (D4), 1951. Das Literaturverzeichnis enthalt auf S. 352 ft. au africain Sahara francais" und M. Lelubre betrach eine W&gner-Bibliographie, die 83 Arbeiten nachweist. 126 Erdkunde Band VII

/. G. Kohl und Julius Frobel istWagner Reiseforscher der kleinen mittelamerikanischen Lander bis auf Carl und Geograph gewesen. Er lebte in den Jahren bis Sapper geblieben. Es ist neben dem landerkundlichen 1859 fast nur der Vorbereitung und Ausfiihrung von Meisterwerk der klassischen deutschen ? ? Geographie Forschungsreisen. Dazwischen schulte er sich in den Humboldts ?Essai politique" der grofite Bei Naturalienkabinetten und studierte in Gottingen bei trag dieser Epoche zur Geographie Mittelamerikas5). /. Fr. L. Hausmann (1782?1859), dem beruhmtesten Wagner war auch ein politisch-geographischer Lehrer der Geologie in Deutschland nach dem Tode Schriftsteller, der damals viel gelesen wurde, Er ist A. G. Werners. er Durch Hausmann wurde Wagner mit im Orient, als die Grenzgebiete von Persien, Rut von Carl Ritter bekannt, durch Leopold Buch mit land und der Tiirkei durchforschte, zum politischen von Alexander Humboldt. Ritter wie Humboldt ha Reisenden geworden, und er hat den Typ dieses Rei ben Wagner und seine Reiseziele beeinflulk2). Hum senden, der in jenen Gegenden entstand, pragen hel boldt und Moritz Wagner sind sich auch personlich fen.Wie Alexis de Tocqueville, Karl Friedrich Voll um zu begegnet, geographische Fragen besprechen. graff, Konstantin Frantz u. a. ahnte er schon vor 100 den Die Leistung Wagners als Reiseforscher ist bedeu Jahren kiinftigen Gegensatz Rufilands und der USA. Er ist der von tend. Es kann hier nur ein kurzer Abrifi gegeben wer einzige diesen Mannern, der beide Lander in diesem friihen den. Er veroffentlichte nach der Griindung des zwei Zeitpunkt personlich kannte und ten franzosischen Kolonialreiches (1830) den ersten geographisch vergleichen konnte. Auf seinen Reisen hat auch groftenwissenschaftlichen Bericht iiberAlgerien. Wah Wagner die Beobach die ihn zu seinem rend seiner Reise von 1836?1838 hat er genauestens tungen gesammelt, ?Migrations der fiihrten.Am in die Einwirkungen des franzosischen Kolonialsystems gesetz Organismen" Schelif Al hat er erstmals an vikariierenden auf das eroberte Land studiert. Sein dreibandiges gerien Arten die Reisewerk iibertrifftdurch seine Geschlossenheit alle arttrennende Wirkung einer Flufirinne erkannt. hat klassischen ahnlichen Darstellungen dieser Zeit3). Wagner, der Wagner der deutschen Geographie nicht nur Stoff er stets die Forsdiungsgeschichte der von ihm bereisten geliefert, hat auch die Entwicklung der In Gebiete griindlich studierte, hat viele Probleme ange Geographie gefordert. den entscheidenden Jah ren nach 1859 ist er der erste der sichmit deutet, die dann vor allem die franzosische Geogra Geograph, dem phie beschaftigten. 1842?1844 reiste Wagner im Darwinismus auseinandersetzt. Die Lehre Dar wins ist ihm zu Orient. Er hat zuerst genauer vom Goktschaisee und wenig raumlich begriindet. Darwin selbst hat Einwande Moritz vom Alagos berichtet, den er als zweiter bestieg. Er Wagners anerkannt. Ih rem Wesen erkannte die Vulkannatur des Ararat und wies zuerst nach sind sein Migrationsgesetz und des sen die auf die Eiszeitspuren auf diesem Berge hin. Er ist Fortbildung, Separationstheorie, eine geogra Kritik am Darwinismus. dabei der Entdecker der Quelle des westlichen Euphrat. phische Wichtig ist, dafi von 1843 erlaubte ihm die Unterstiitzung A. von Hum Wagner anthropogeographischen und sozia len Er Men boldts die Erforschung der terra incognita siidlich des Beobachtungstatsachen ausging: hat die die der Kolonial Ararat. 1852?1855 reiste Wagner mit Carl Scherzer schenverschiebungen, franzosische in in Nord- und Mittelamerika4). Von 1857?1860 krieg Algerien ausloste, selbst erlebt und die Fol des ersten weilte Wagner allein wieder inMittel- und Siidame gen Bevolkerungsaustausches zwischen Per der Tiirkei und Rufiland 1828/29 beschrieben. rika. Von.Ritter und Flumboldt gemeinsam beraten, sien, Unter er dringt er in den Isthmus von San Bias ein (1858) und Migrationsgesetz verstand zunachst die Aus von findet die schmalste Stelle Panamas ebenso wie in breitung Gegenstanden und Zivilisationselemen ten iiber die Erde, Sehr bald er im Tier Chiriqui die nach der horizontalen Gliederung giin beobachtete und Pflanzenreich die stigste Stelle der Landenge fiir einen kiinfti^en Ka Bedeutung geographischer Schranken, so z. B. am Kaukasus. Diese Beobachtun nalbau ungeeignet. Er forschte zwischen und Limonbai und wies damals bereits auf die gen erklarte er sich im Augenblick der Verkiindung der Darwinschen Lehre 1859 1868 er heutige Kanallinie hin. Er ist der beste Kenner Mittel biogenetisch. schien seine beriihmte Schrift amerikas in seiner Zeit gewesen. Keiner von den Zeit ?Die Darwinsche Theo rie und das der Es genossen hat so viel vulkanische Erscheinungen ge Migrationsgesetz Organismen". heifit darin: eine Zeit dauernde Tren sehen wie Moritz Wagner. In Siidamerika gelang ihm ?Ohne lange der Kolonisten von ihren friiheren erstmals am Cerro de Altar der Nachweis einer aqua nung Artgenossen torialen Andenvergletscherung. Das Reisewerk Wag ners und Scherzers ist die umfassendste Darstellung 5) Vgl. hierzu auch: M. Wagner: ?Beitrage zu einer phy sisch-geographischen Skizze des Isthmus von Panama", ? P. M. Erganzungsbd. 1, H. 5. 1861. Zum Ausdruck 2) Durch die Untersuchung des Lebens und Werkes Moritz ?klassische deutsche Geographie" vgl. H. Beck a. a. O., Wagners habe ich auch einen Oberblick iiber die Beziehun S. 300 fT. das Kapitel: ?Die Epochen der deutschen Geo gen Ritters und Humboldts zu den Reisenden ihrer Zeit graphie von 1750?1869". Der Zeitraum von 1750?1869 gewonnen. Der Einflufi der beiden grofiten Geographen ist wurde folgendermafien gegliedert: erstaunlich. 1. 1750?1799: praklassische deutsche Geographie. ?Reisen in die in den 3) RegentschaftAlgier Jahren 1836, 2. 1799?1859: klassische deutsche Geographie. 1837 und nebst einem naturhistorischen und 1838, Anhang 3. 1859?1869: Vorstadium der modernen deutschen Geo einem 3 Bde. 1841. Kupferatlas". Leipzig graphie. Seit 1869: moderne deutsche Geo 4) s. H. Beck a. a. O. s. die Sc/7?rzer-Bibliographie, die 23 graphie, wobei dieser Ausdruck ein Ober ? Arbeiten nachweist, S. 360 ff.Das Verhaltnis Wagners und begrifT der Epochen seit 1869 ist. In Scberzers ist ausfiihrlich dargestellt worden ebenda. S. Ill ff. diesem Sinne sind diese ? Bezeichnungen Ein Bild Scberzers befindet sich zwischen S. 203 u. 204. auch hier verwendet worden. Berichtc und kleine Mitteilungen 127

kann nach meiner Oberzeugung die Bildung einer dies fast ganz iibersehen. Jean Brunhes hat demgegen neuen Rasse nicht gelingen, kann die Zuchtwahi iiber iiber mit Recht die Bedeutung der physiogeographi haupt nicht stattflnden" ?). 1870 begriindet er in einem schen Arbeiten Ratzels in dessen Gesamtwerk be Akademievortrag ?Ober den Einflufi der geographi tont11). Die enge Verkettung physio- und biogeogra schen Isolierung und Kolonienbildung auf die mor phischer Kenntnisse hat Ratzei imWerk und im Ge der seine Moritz es phologischen Veranderungen Organismen" sprach Wagners erlebt. Sc konnte geschehen, Separationstheorie7). (?!Nach der Separationstheorie dafi er im wesentiichen nur den Einflufi der Natur nur ziichtet die Natur periodisch neue Formen stets auf den Menschen darstellte und schliefilichdie Geo aufierhalb desWohngebietes der Stammart durch gco graphie in eine Bewegungslehre auflosen wollte. Hier graphische Isolierung und Kolonienbildung, ohne liegen wohl auch die Wurzeln des von den Bedin welche bei alien hoheren Tieren getrenntenGeschlechts gungen ausgehenden Funktionalismus der urspriing keine konstante Varietat oder neue Art entstehen lichen anthropogeographischen Auffassung Ratzels. neuen kann. Der Gestaltungsprozefi einer Form kann Schliefilich ist auch seine geographische Ausbreitungs nicht von Dauer er langer sein"8).) lehre, durch die Bastians ?V6lkergedankenStuttgart 1882) Anwendung Gestaden des Pontus" (Eine Abhandlung zur auf die Wagnerschen Migrationsgesetzes Geographie Altertumskunde. Berlin, 1820) wiirdigte und seine des Menschen. Ratzel hielt das Migrationsgesetz fiir Bedeutung fiir eine Bewegungslehre erkannte. Er hat zum die fundamentale Theorie geographischen Ver diesesWerk, das selbstRitters. Freunde ablehnten, be Moritz standnis derWeltgeschichte. Er widmete Wag geistert gelobt und mehrfach angefiihrt. Er las es ner sein u. a. mit Worten: Wur zum Werk folgenden ?Die wahrscheinlich ersten Male, als er seine Orient zu zeln dieses Buches reichen namlich bis in jene Zeit reise vorbereitete. Wagner hat in Ritter immer ein in welcher mich riick, Ihre Migrationstheorie machtig grofies Vorbild gesehen. Eine personliche Bege?nung anregte, und einzelne Ausarbeitungen und Gedanken, darf vermutet werden. Daher kommt nicht zuletzt die die in demselben ihre Stelle bzw. ihre Entw'cklung Nahe Ratzels zu Carl Ritter, die vor allem von der stammen aus den 1872 und gefunden hatten, Jahren franzosischen Geographie festgestellt worden ist. Rat es 1873, in denen mir vergonnt war, mit Ihnen bereits zei ist der klassischen deutschen Geographie viel mehr die Anwendung Ihrer Theorie auf die Erscheinungen verpflichtet, sie bedeutet ihm von Anfang an mehr zu zuerst des Volkerlebens erwagen. Damals lernte ich als Richthofen, der sie auf einem Umweg schatzen in der Auffassung der Geschichte als einer grofien lernte. Hieraus erhellt die Bedeutung Wagners als von Summe Bewegungen die Moglichkeit einer frucht eines verbindenden Gliedes zwischen klassischer und moderner baren Vertiefung des viel besprochenen aber wenig ge deutscher Geographie. Er hat das Gedan fordertenProblems der Riickwirkung des Schauplatzes kengut Ritters und Humboldts in die neue Zeit hin auf die Geschichte ahnen. Es ist? brauche ich dies zu hat es eingetragen, weitergebildet und weitergegeben. ? um betonen? nicht geschrieben, die Migrationstheo Die deutsche Geographie mufite sich nach dem Tode rie zu stiitzen, die dessen nicht bedarf" 10). Ritters und Humboldts 1859 mit neuen Problemen Die Migrationstheorie erklart das Entstehen neuer beschaftigen. In den Jahren von 1859?1869 hatWag Arten aus einer durch und ner mehr als Wanderung geographische jeder andere Geograph den Sieg des ge Schranken bedingten Separation in einem neuen netischen Denkens vorbereitet. Als die moderne deut d. h. durch sche um Milieu, eigentlich den Einflufi der Natur Geographie sich 1869 als Morphologie der auf den Menschen. Dieser Grundzug der Wagtierschen Erdoberflache prasentiert, erscheintPeschel als ihr be Theorie und das Vorherrschen der Geomorphologie zeichnendster Vertreter. Gerade in dieser Zeit wendet in dieser dafi die sich Epoche bewirkten, Anthropogeogra Wagner leider der Ausbildung seiner biogeneti Ratzels auf die Folic der schen Theorien zu. Aber er phie Physiogeographie ge auch legt im entscheiden schriebenwurde. Die damaligen Gegner Ratzels haben den Augenblick ein grofiesWerk vor, an dem er 10 Jahre gearbeitet hat, seine ?Naturwissenschaftliche Hier zitiert nach: M. Reisen im Amerika" 6) Wagner: ?Die Entstehung der Ar tropischen (Stuttgart, 1870). ten durch raumliche Sonderung." Basel, 1889, S. 65. Wahrend Peschel morphologisch theoretisiert, sich an vom 2. des Formenschatzes etwas Genetisches denken 7) Akademievortrag Juli 1870. Sitz. Ber. der Bayr. gesichts d. Wiss. hat Akad. II, 1870. will, Wagner geologisch und geomorphologisch bereits im Felde 8) s. 6) S. 108. gearbeitet und istUrsachen undWir am selber im 9) Vgl. H. Beck a. a. O. S. 234 ff. und 287 ff. kungen Objekt einzelnen nachgegangen. Fr. Ratzel: 1882. 10) ?Anthropo-Geographietf. Stuttgart, n) E. de Martonne und Jean Brunhes haben bei Ratzel in S. XVI. Leipzig studiert. 128 Erdkunde Band VII

zu Wagner versteht seine Reisen ausgezeichnet Ein analoges kulturpolitisches Zeugnis stellt die zu v. schildern. Seine Berichte von Kolchis und mittelameri Nicolaus Cusas Mitteleuropa-Karte3) gehorige kanischen Landschaften verbinden Schonheit und und in ihren geistesgeschichtlichenZusammenhangen Griindlichkeit. Er zahlt zu den grofien Beschreibern mit Aeneas Sylvius3 Germanienschilderung bisher noch der Landschaft. Sein gesamtes Reisewerk kann uns nicht untersuchte ?Descriptio Germaniae modernae" heute noch anregen und belehren. dar. Fiir das verlorene Original der C us anus-Kant miissen die in zwei Rezensionen A und Die Wissenschaftsgeschichte sollte ihm eine wichtige (sog. Typus B) vorhandenen und Ersatz verbindende Stellung zwischen Humboldt,?Ritter Kopien Uberarbeitungen bieten. Eine dieser sekundaren Karten enthalt die und Richthofen?Ratzel einraumen, das heifk zwi Pro/ew^^-Handschrift Cod. Cl. XIII schen klassischer und moderner deutscher Geographie, Magliabetanus 16 in der Biblioteca Nazionale zu um deren die sich grundlegend durch das genetischeDenken un Florenz, sich Fischer verdient hat terscheiden:Moritz Wagner ist der Schrittmacher die Herausgabe Jos. gemacht und die deshalb von besonderem Interesse weil ses Denkens gewesen. ist, ihr eine ?Beschreibung des modernen Germaniens" beigefiigt ist4). Wie das Signum ausweist, stammt von GERMANIENS LOBPREIS beiAENEAS SYLVIUS diese Kartenkopie Henricus Martellus Germanus undNICOLAUS CUSANUS und wird von Jos. Fischer auf die Zeit nach 1480 und vor 1490 datiert, wahrend Nicolaus v. Cusas Ein zur altesten historisch-geographischer Beitrag Originalkarte bereits 1439 in Florenz hergestellt sein Mitteleuropakarte diirfte. Sachliche und sprachliche Argumente lassen den Schlufi ziehen, dafi die Johanna Schmidt J.Fischer ?Descriptio Germaniae modernae" von Nicolaus v. Cusa selbst stamme und von Henricus Martellus Germanus ent The 'Praise of Germania1 by Aeneas Silvius and Nicolaus Cusanus weder wortlich iibernommen oder teilweise erganzt worden sei. Um das letztere Problem der Herkunft On die basis of a detailed of Summary: interpretation des eine als vielmehr sources, the author that the of "Modern weniger Kartenbeschreibung proves description einen Germaniens enthaltenden Germania" (2nd part), Nicolaus Cusanus's Lobpreis Begieit accompanying textes bedarf es einer map of Middle Europe agrees to a very large extent in aufzuhellen, jedoch eingehen deren literarhistorischen Bei aufmerk meaning and vocabulary with the praise of Germania by Quellenkritik. Aeneas Silvius, and is in the last instance to be attributed samer Lektiire zeigt sich namlich, dafi die ?Descriptio same a - to him. That hymn is at the time historic-geo Germaniae modernae" keineswegs wie dies bisher document the of Germania in - graphical showing importance angenommen wurde eine geschlossene Einheit bil the Europe of the day. det, sondern deutlich in zwei Teile zerfallt: Der erste ausdriicklich auf die Karte Bezug nehmende Teil reicht Deutsche Stadte, Sitten und religiose Zustande, von dem ?declaraturus si turn das Klima und alle Strome des deutschen Landes, die Anfangssatz imaginem Germaniae in tabella occurrit Stammesnamen sowie die beruhmte Macht Deutsch que sequenti figuratum dictum Strabonis libro bis zu dem abschlie lands Aeneas in seiner Tendenz septimo" verspricht Sylvius fienden Satz et immensa dicenda forent de schrift ?De ritu, situ, moribus et conditione Germa ?plura iustkia, fide, quae omnia, ne taedii arguar, niae zu schildern, die man als erste religione, descripto" *) omitto". Der zweite Teil mit den Worten Deutschlands zu bezeichnen pflegt. beginnt Kulturgeschichte ?veteres rerum de Germania lo Zu der einst von Tacitus entworfenen und im scriptores parcissime sunt" mit 15. wieder cuti und schliefit der Zusammenfassung Jahrhundert aufgefundenen Monographic et lata sit Germanica schafftder italienischeKardinal in sei ?postremo quam longa natio..., Altgermaniens admirari recensere valemus". Zwar fin ner auf ein Wenn magis quam Hymne Neugermanien Gegenstiick. den sich diese erweiterte des Ant gewisse gedankliche Ubereinstimmungen Fassung rechtfertigenden zwischen den beiden etwa das wortbriefes auf das Mainzer Beschwerdeschreiben Abschnitten, negativ ausfallende Bild im zu dem der deutschen Nation durch die Altgermaniens Gegensatz wegen Erpressung in leuchtenden Farben Gemalde Neu romische Kurie den Zweck ausgemalten 2) gleichzeitigen verfolgt, oder die betonte kulturfordernde die kulturellen Verdienste der romisch-katholischen germaniens eigens Rolle des christlichenGlaubens und der katholischen Kirche so dies durchaus der hervorzuheben, entspricht Kirche. Aber der erste Teil beschrankt sich im all Mentalitat des Humanisten Aeneas Sylvius als spate ren Pius II. Eine bedeutet da Papstes Oberraschung 3) F. v. Wieser: Geograph. Ztschr. XI, 1905, S. 646; 711. Wir gegen die unvorhergesehene und unbeabsichtigte /. Fischer: Kartographische Denkmaler der Sudetenlander, kung jenes Lobpreises auf das moderne Germanien Prag, I, 1930; X, 1936. A. Herrmann: Die altesten Karten insofern, als er zur Erweckung und Starkung des von Deutschland bis Gerh. Mercator, Lpz. 1940; die dort S. 11 ff. konstruierten Titel Germania* deutschenNationalgefiihls wesentlich beigetragen hat. im Text ,Magna und ,Parva Germania' (vgl. auch A. Herrmann im Jahr buch d. Kartographie 1941, S. 67) und die darauf aufge ') Opera omnia, Basel 1571, p. 1034 ff. bauten Folgerungen miissen allerdings schon deshalb in kommen, weil das Versmafi der Legende ,quod 2) Opera omnia, p. 836fT.; 1035. Vgl. G. Voigt: Enea Wegfall est parva Germania tota tabellac eindeutig zeigt, dafi Silvio aV Piccolomini als Papst Pius II. u. sein Zeitalter, picta nicht mit ,Germania', sondern mit ^abella' zu ver Berl. 1862, II, S. 232 ff. Ferner meine Aufsatze: Die ,parva' binden ist. ideelle Begriindung des Reichs der Deutschen, Ztschr. f. deutsche Geisteswiss. IV, 1942, S. 267, und Der Germanien 4) Der lateinische Text ist mit deutscher Obersetzung Gedanke, ebd. VI, 1943, S. 102 f. abgedruckt bei /. Fischer, a. O., X, S. 4 ff.