Dezember 2005
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Dezember 2005 Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein medienpolitisch spannendes Jahr liegt hinter uns. Das Pressefusionsgesetz wurde Inhalt vom Bundesrat gestoppt und muss nun komplett neu verhandelt werden. Es gilt nun, das neue Pressekartellrecht so zu gestalten, dass redaktionelle Freiheit und Unabhängigkeit ARD 2 nicht noch weiter eingeschränkt werden. Denn eine Zeitung ist mehr als ein Wirtschafts- ZDF 3 gut. Eine Zeitung dient der Information ihrer Leserinnen und Leser und soll politische, Private 4 wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt abbilden – hat somit eine öffentli- Medienpolitik 5 che Aufgabe. Aus den Ländern 6 Print 8 Hohe Wellen schlug auch die Übernahme des TV-Konzerns ProSiebenSat1 durch den Allgemeines 9 Axel Springer Verlag. Diese „cross-mediale“ Transaktion wird Springer insgesamt 4,15 Ausland 9 Milliarden Euro kosten, drei Milliarden davon sollen durch Kredite finanziert werden. Zum Schluss 10 Sowohl die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) als Impressum 10 auch das Bundeskartellamt haben Zweifel an der Zulässigkeit dieser Fusion. Beide Ver- fahren laufen noch. Wenn das Medienhaus die Bedingungen der KEK und des Bundes- kartellamtes erfüllt, kommen „Bild, BamS und Glotze“ bald aus einer Hand. Äußerst fraglich ist, ob ein Fernsehbeirat, wie von der KEK gefordert und analog den Rundfunkrä- ten der Öffentlich-Rechtlichen, dem Problem der geballten Meinungsmacht auch nur annähernd gerecht werden kann. Schlechte Nachrichten aus Brüssel: Europas Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern droht mehr Werbung und weniger Programm. Die EU-Kommission beschloss Mitte De- zember einen Gesetzentwurf der EU- „Die klare Trennung von Werbung und redaktio- Fernsehrichtlinie, der unter anderem die nellen Inhalten ist ein hohes medienpolitisches Vorschriften für TV-Reklame lockert. Unter Gut, das es zu schützen gilt!“ bestimmten Voraussetzungen soll erstmals auch Product Placement, also die Platzierung von Produkten in Sendungen gegen Geld, ermöglicht werden. Der Verband der Privat- sender (VPRT) jubelt. Wir nicht: Die klare Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten ist ein hohes medienpolitisches Gut, das es zu schützen gilt! Nicht nur diese drei Beispiele zeigen, dass es auch im Jahr 2006 jede Menge zu tun gibt. Schon heute möchte ich Ihnen unsere neue medienpolitische Reihe, das „DGB- Fernsehgespräch“ ans Herz legen. Wir starten im Februar mit einer Debatte um das duale Rundfunksystem. Und ich freue mich schon heute auf weitere informative, lebhafte und kontroverse Diskussionen rund um das Thema Medienpolitik. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, Glück, Gesundheit und Erfolg im Neuen Jahr! Michael Sommer Seite 2/10 Dezember 2005 Pleitgen: Wieder Verdacht auf Schleichwerbung WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat bestätigt, dass es laut einer internen Revision mögli- cherweise einen neuen Fall von Schleichwerbung bei der ARD gibt, von dem ARD-Sport- Neuer Mr. Tagesthemen: koordinator Hagen Boßdorf gewusst haben könnte. Die WDR-Innenrevision hatte Hin- Tom Buhrow weise gefunden, dass eine Brauerei und ein Energiekonzern Anfang 2004 für Schleich- Der ARD-Studioleiter Washing- werbung beim Star-Biathlon 2005 60.000 Euro an ein Tochterunternehmen der Bavaria ton Tom Buhrow moderiert ab und der WDR-Mediagroup gezahlt haben sollen. Es soll sich dabei um Krombacher und August 2006 die „Tagesthe- E.ON handeln. Pleitgen betonte, der Revisionsbericht liege erst im Entwurf vor. Deshalb men“ und wird Nachfolger von sei der Sender mit den Vorwürfen noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen. Ulrich Wickert. Die frühere „Tagesthemen“-Frau Gabi Radio Bremen gab Auftrag zu Product Placement Bauer präsentiert das „Nacht- Zum ersten Mal hat ein öffentlich-rechtlicher Sender zugegeben, dass Programmverant- magazin“ ab 2. Januar im wortliche direkt in Absprachen zu Product- oder Themen-Placement involviert waren. wöchentlichen Wechsel mit Radio Bremen (RB) hat den Auftragsproduzenten der ARD-Vorabendserie «Aus gutem ehemaligen Moskau- Haus» 1998 ermächtigt, eine Deckungslücke im Produktionsetat zum Teil mittels einer Korrespondentin Anja Bröker. «Fremdfinanzierung» zu schließen. Bei Wirtschaftsunternehmen sollten 300.000 D-Mark von einer fehlenden Million besorgt werden, geht aus einem Untersuchungsbericht von RB-Programmdirektor Dirk Hansen hervor, der durch epd-Recherchen ausgelöst worden war. Boßdorf wird nicht NDR-Sportchef ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf (41) wird nicht Sportchef des NDR. Nach der Claudia Schick moderiert Prüfung neuer Stasi-Unterlagen entschied der NDR-Verwaltungsrat, den Vertrag mit 2006 „Report München“ Boßdorf rückgängig zu machen. WDR-Intendant Fritz Pleitgen sagte dazu: „Im Vergleich Die bisherige „Hessen Jour- zu dem, was die Stasi vielen Menschen angetan hat, konnten wir bei Hagen Boßdorf nal“-Moderatorin Claudia keine Menschenrechtsverletzungen feststellen“. ARD-Programmdirektor Günter Struve Schick übernimmt 2006 die hatte Boßdorf gegen die Stasi-Vorwürfe in Schutz genommen. „Ich halte seine Stasi- Moderation des ARD- Kontakte für nicht so gravierend. Es gab keine wirklichen Opfer und keine wirklichen Politmagazins „Report Mün- Täter.“ Der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) kritisierte Struve jedoch chen“. wegen seines Festhaltens an Boßdorf. „Wenn sich herausstellt, dass ein Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Hörfunks und Fernsehens eng mit der Stasi zusammengearbeitet hat, dann muss man auch Konsequenzen ziehen und sich von ihm trennen“. SWR-Intendant Voß unter Verdacht Peter Voß steht unter dem Verdacht der Untreue und Vorteilsnahme. Die Staatsanwalt- schaft Baden-Baden hat bereits Geschäftsräume des SWR in Stuttgart, Baden-Baden und Mainz durchsucht. Bei den Ermittlungen gehe es um den Verdacht der Untreue mit ei- nem Schaden von 25.000 Euro. Dabei geht es um eine offenbar rechtswidrige Einladung von Gästen im Baden-Badener Hotel „Bühler Höhe“ im Januar 2001. Aus Anlass des 60. Geburtstags von SWR-Intendant Peter Voß sei damals eine Fernsehsendung aufgezeich- net worden, in der der Jubilar von dem Schriftsteller Martin Walser befragt wurde. Im Anschluss daran seien die Gäste der Sendung von dem Hotel zu einem Empfang mit Abendessen eingeladen worden. An der Rechtmäßigkeit dieser Einladung hat die Staats- anwaltschaft offenkundig Zweifel. Voß jedoch weist den Untreueverdacht zurück. Der heute 64-jährige Voß soll intern angekündigt haben, dass er nach Ablauf seiner jetzigen Amtszeit 2008 noch einmal als Intendant antreten werde. Seite 3/10 Dezember 2005 Mehr Kompetenz für ‚Konferenz der Gremienvorsitzenden’ Die ARD-Hauptversammlung hat erweiterte Kompetenzen für die Konferenz der Gre- ARD eicht seine Kultur- mienvorsitzenden der neun Landesrundfunkanstalten beschlossen. Damit solle die inter- Magazine ne Kontrolle der ARD gestärkt werden, sagte der Vorsitzende der Konferenz, Bernd Die ARD-Hauptversammlung Lenze. Die Konferenz der ARD-Gremienvorsitzenden werde künftig von den einzelnen beschloss, die Kulturmagazine Anstalten Finanzberichte abfordern und dann „koordinierende Empfehlungen abgeben“, im Ersten ab Januar unter dem erklärte Lenze, der auch dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks vorsteht. Die nun einheitlichen Namen „ttt - titel, beschlossene Satzungsänderung sieht zudem vor, dass die Intendanten Grundsatzfragen thesen, temperamente“ zu nur noch in Abstimmung mit der Konferenz der - ehrenamtlichen - Gremienvorsitzenden senden. „Das kommt einer klären. Bislang seien die ARD-Anstalten in dieser Beziehung «Inselstationen ohne Kom- Kulturrevolution gleich“, kom- munikation» gewesen, so ARD-Vorsitzender Thomas Gruber. Mit der Änderung ihrer mentierte Programmdirektor Satzung habe der Senderverbund auf Änderungswünsche aus der Politik reagiert. Gegen Günter Struve den einstimmi- kriminelle Energie wie in den Korruptionsfällen der ehemaligen leitenden Sportredakteu- gen Intendantenbeschluss. re Wilfried Mohren (MDR) und Jürgen Emig (HR) sei aber niemand gefeit, so der ARD- Sendetermin ist weiterhin der Vorsitzende. Sonntagabend, Moderatorin bleibt Caren Miosga. ARD plant mobiles terrestrisches Fernsehen Die ARD kündigte an, möglichst bald mobiles und portables terrestrisches Fernsehen anbieten zu wollen. Als größter deutscher Hörfunk- und Fernsehveranstalter werde sie ihre Programme in absehbarer Zeit auch auf diesem Weg ausstrahlen. Dabei will man auf möglichst wirtschaftliche Lösungen setzen. „Wirklich effizient und deshalb für unser Publikum besonders geeignet sind mobile Angebote, die über herkömmliche Rundfunk- sendeanlagen übertragen werden können“, erklärte der ARD-Vorsitzende Thomas Gru- ber. Gedacht wird vor allem an DVB-H (Digital Video Broadcasting - Handheld) und DMB (Digital Multimedia Broadcasting). ZDF-Intendant wiedergewählt Mit dem besten Ergebnis in der Geschichte des Senders hat der ZDF-Fernsehrat den Intendanten Markus Schächter (56) bis 2012 im Amt bestätigt. Von 61 anwesenden Fernsehratsmitgliedern erhielt Schächter 60 Ja-Stimmen und eine Ablehnung. Der Inten- dant freut sich über das gute Ergebnis: „Ich sehe darin einen Vorschuss für die Zukunft.“ Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, das Ergebnis der In- tendantenwahl sei gerechtfertigt. Schächter habe das Haus gut aufgestellt, sowohl auf dem Medienmarkt als auch in finanzieller Hinsicht. Der Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU) lobte, Schächters Amtszeit sei von Offenheit, Kollegialität und Teamorien- tierung geprägt. Das ZDF sei unter seiner Leitung ein „Qualitätssiegel für Zuverlässigkeit und Orientierung“ geworden.