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Sport SEITE 36 · SAMSTAG, 13. OKTOBER 2018 · NR.238 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG VonEvi Simeoni Leistungen jenseits aller Vorstellungen: Istdas nochSelbstoptimierung? Oder schon Selbstzerstörung? Ein erfolgreicher Langstrecken-Triathlet liebt die Erschöpfung. Foto pixathlon Chapeau Hört aufAdi ir kennen das aus der Poli- W tik: dassLeute, die das Pro- blem sind, sichzur Lösung erklä- ren. Das sind die Folgen des blin- den Sesselklebens. Wasgut ist: Ir- gendwann schlägt sichsolchein Irrtum in Zahlen nieder.ImFuß- ball gibt es das Phänomen auch, die Zahlen werden aber schneller geliefert, weil man nicht auf Wah- len warten muss, sondernnur auf die nächstenLänderspiele. Dann hilftkeine heiße Luft mehr,kein Geschwalle vonEnergie-Haben und Fast-Arroganz-Zugeben. End- lichkönnen wir im Jahr 15 nach seinem Todwieder einmal den Borussen AdiPreißler zitieren: Entscheidend istauf’m Platz. Ist das nicht tröstlich? So wirdman als Trainer,hat man das Glück und die richtigen Führungsspie- ler,umWeltmeisterzuwerden, rückwirkend zum Rasen-Einstein erklärt. Unddas zu Recht. Und wenn man als Gruppenletzter aus- scheidet...Schauen wir mal. Wir sind jedenfalls gespanntauf die Spiele der Nationalelf gegendie Niederlande und Frankreich. Und damit das klar ist: Jeweils ein Körper &Geist schlappes 0:0 reicht zur Wieder- gutmachung nicht. inen Körper zu haben hat Körper ständig überlisten, die Eigensiche- viele Nachteile, schriebDa- Die Selbstoptimierung der Sportler erreicht im Ironman-Triathlon rungen nach oben verschieben und über- vid Foster Wallace, der gro- winden. Aufder anderenSeite müsse er in ße amerikanischeAutor und absurde Höhen. Warumtun sichMenschen das an? den Körper hineinschauen und erkennen, E Sportfreund. Der Körper ist wann es tatsächlichzuviel sei,gerade im Attaque die Schwachstelle im Kampf Hawaii-Sieger Sebastian Kienle hat drei Antworten. Training. Alle Warnhinweise ignorieren mit dem Geist, im Kampfzwischen Kön- und trotzdem auf der Hut sein, das istein Trautkeinem nen und Wollen, der im Sportsodeutlich VonMichael Eder,Kailua-Kona gewagtes Unterfangen. Zu viel Belastung sichtbar wird. Ein Sportler kann seinen bedeutet Burnout, Verletzung, Zerstö- Funktionär Körper zu Leistungen weit jenseits ge- rung. wöhnlicher Vorstellungen bringen, er tut Frodeno gewann im September in ei- en Etikettenschwindel der dies mit einem scharfenWerkzeug, sei- fung.Die ohne den Sportwomöglichnoch die Schulter klopftund mir sagt, wie toll Sport, weil es mir dadurch bessergeht.“ nem epischen Rennen die Ironman-Halb- D Wochegab es wieder mal in nemKopf,seinem Geist. Wereine Vorstel- ganz anderementale Probleme hätten. Es ichbin. Undirgendwann denkst du, okay, Auch Daniela Ryfsagt dies. Die Schweize- distanz-WeltmeisterschaftinSüdafrika, der Sportpolitik,diesmal in Bue- lung davonbekommen will, mit welcher gibt mit Sicherheit einigeerfolgreiche Ath- das istdoch nicht genau das, wasduwoll- rin, die auf Hawaii wieder als große Favori- mit einer unfassbaren Halbmarathonzeit nos Aires. Da wurde Olympias Härte ein Sportler versuchen kann, seinen leteninunserem Sport, die eine Tendenz test im Leben. Undmachst dichfrei da- tin ins Frauen-Rennen geht, sagt, wenn sie von1:06:24Stunden,war dabei in der Athletenangeblichzuihrem Körper zu formen, der solltesichimLang- zur Sucht haben. Sie sind sehr gefährliche von. Klar,esist Teil meiner DNA, dieEner- in erschöpftem Zustand trainierensolle, Form seines Lebens und bekam danndrei Wohl ein Rechte-und Pflichten- streckentriathlon umschauen, er wirddort Gegner,weil sie alles aus sichherausho- gie rauszulassen. Die Konkurrenz treibt motivieresie sichdamit, zu sagen, dasssie Tage später dieDiagnose: Ermüdungs- Katalog vorgesetzt, in dem die auf Lionel Sanderstreffen, einen Kana- len.“ michan, aber ichmusskeinem mehr et- sichdanachbesser fühle. „Das Gefühl bruchimIliosakralgelenk,langePause.Er Wirtschafts-Interessen des Inter- dier, der die Körperoptimierung insAbsur- Typzweinennt Kienle „den ADHS- wasbeweisen. Es gibt sicherlichaucheine nach einemhartenTrainingist für michei- schildertseinen seelischen Zustand da- nationalen Olympischen Komi- de getrieben hat.Andiesem Samstag Typ“, den Hyperaktiven, der mit seiner Schublade derer,die es jemandem bewei- nes der bestenGefühle. Man merkt dann, nachmit den Worten: „Ich fühltemichwie tees abgesichertwerden. Er soll (Start18.35 Uhr MESZ) will er den Iron- Energie irgendwohin muss, der ein Ventil sen müssen, ihren Eltern, ihrer Umge- das ganze System hat gearbeitet,man ein wildes Tier,das in einem Käfiggefan- offensichtlichkritische Athleten- genist.“ Wenn etwasnicht funktioniert man Hawaii gewinnen, die härteste Einta- braucht, damit nicht alles explodiert. Zu bung, wemauchimmer.“ fühlt sichvon innen heraus gut.“ Frodeno kreise, die dem korrupten Sport- beim Bemühen,seinen Körper zu optimie- Systemdie Grenzen zeigen wol- gesprüfung, die der Sportzubietenhat: diesem Typrechnetersichteilweise Wasdie verschiedenen Triathlontypen formuliertdas ähnlich: „Die muskuläre ren, wenn es zu Ausfällen, Rückschlägen, 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer selbst.Auchdas Tüfteln, das Verbessern, vereint, istdie Gier nachVerbesserung, Müdigkeit nachdem Sportist mit das len, mundtot machen. Ja, wo kä- Tatenlosigkeit führt, istdas für die Topath- men wirdennauchhin, wenn Ath- Radfahren, 42,195Kilometer Laufen. San- das Optimieren, sagt er,liegeimWesen nachOptimierung. Das harte Training. schönste Gefühl, das es gibt.Man fühlt leteneine existentielle Prüfung. „Wenn ders, im vergangenen Jahr Zweiter auf Ha- dieses Typs. Das Austestender eigenen Möglichkeiten. sichlebend, lebendig, man fühlt sichmit letenfrech würden? Die wollen der Körper nicht funktioniert, wie man dochnur den Funktionären das waii, hat seinen Körper dafür in einer Art Die dritteSchublade? „Das istder Typ, „Der Kopf“, sagt Frodeno, „der Geisthat seinem Körper verbunden.“ Es gebe kei- will“, sagt Kienle, „dann istdas extrem ent- Geld abnehmen.Und wieso? Viel- und Weise optimiert, für die es kein Bei- der sicheiner Elitezugehörig fühlt, der als eine extreme Vorstellungskraft. Du nen, sagt Kienle,der über die Ironman- täuschend und mental zerstörend. Dann leicht, weil sie sichvon ihnen für spiel gibt.Ertrainierte Laufen nicht drau- Sieger auf der Bühne stehen will. Dem die kannstdir alles erträumen. Unddann gilt Distanz Erfolg habe und Erschöpfungsge- sieht man den Körper nur nochals Maschi- dumm verkauftfühlen? Weil zum ßen im Wald, er rannteauf dem Laufband. Anerkennung das Wichtigste ist, ein Le- es, die Grenzen auszuloten, zu schauen, fühle nicht genießen könne. ne, und man selber istdie Software, die Beispiel ein Leichtathletik-Präsi- Er schwamm nicht im Freibad, er ben im Mittelpunkt.“ Kein Triathletmit wie weit du mit deinem Körper an deine Wieist das nun mit Körper und Geist? diese Maschine steuert, und wenn die dent positiv getesteteSportler um schwamm auf der Stelle, in einer winzigen Siegchancen auf höchstem Niveau, sagt Träume herankommen kannst. Wasich da- Der einewirdvom anderen vorangeprü- Scheißmaschine nicht hinbekommt, was Geld erpresst hat, statt sie sper- GegenstromanlageimKeller seines Hau- Kienle, sei frei vondiesem Streben nach bei äußerst faszinierend finde, ist, dassje- gelt? Jeder Spitzensportler,sagt Kienle, man ihr vorgibt, dann würde man sie am renzulassen. Weil staatlichge- ses. Er fuhr Radnicht auf öffentlichen Anerkennung. Auch nicht vonSuchtfakto- der seinen eigenen Wegfinden muss, weil habe ein ambivalentes Gefühl seinem Kör- liebstenverschrotten.“ sponsertemDoping vonIOC-Prä- Straßen,erstrampeltedaheimauf dem Er- renund Bewegungsdrang. Die Unterschie- jeder Körper und jeder Geistsoindividu- per gegenüber.Auf dereinen Seite forme Der Münchner Farisal-Sultan hat die sident Bachmit größtmöglicher gometer, und wenn er mal nachdraußen de resultiertendaraus, in welchem Verhält- ell ist. Es stehtnirgendwogeschrieben, so man ihnindie Richtung, in dieman ihnha- Ironman-WM 2005 gewonnen.Erist 40 Milde begegnetwurde. Undweil ging, dann fuhr er rund um sein Haus auf nis sichdie drei Typen im einzelnen Athle- oder so kannstdudas machen. Wirsind ben wolle. „Man kann einen Körper dar- Jahrealt und aktuell Trainer vonPatrick ein Wackelpudding namens Wada einer markiertenStrecke vongenau einer tenmischten. „Zumindestein paar Pro- keine Roboter,die man technischimmer auf hin optimieren, dasserimHoch- Lange, dem Titelverteidiger auf Hawaii. den Anti-Doping-Kampf zur Far- Meile, er fuhr sie 112 Mal. 112 Meilen, das zent Typeins istjeder,sonsthat er keine weiter optimieren kann, wir sind Men- sprung Leistung innerhalb von0,2 Sekun- SeineaktiveKarrierehat al-Sultan 2015 ce macht.„Sei Teil einestranspa- sind 180 Kilometer,das istdie Ironman- Chance“, sagt Kienle. schen, deren Limits verschieden sind. Es den erbringt.Und man kann ihn darauf beendet. Im Rückblick sagt auch er,dass renten, fairen und sauberen Sport- Raddistanz. Jan Frodeno, Olympiasieger und zwei- istimHochleistungssportextrem span- hin optimieren, dasserimLangstreckent- das Erschöpfungsgefühl eine große Bedeu- umfelds“, heißt es in der Erklä- Die Geschichte vonSandersist ofter- maliger Hawaii-Champion, der an diesem nend, seinemeigenen Limit entgegenzuar- riathlon Leistung über acht Stunden und tung für die Athleten im Langstreckentri- rung. So, als gingeesumden Gro- zählt worden. In der Highschool ein Lauf- Samstag wegeneiner Verletzung fehlt, beiten, zu sehen, wie weit du es hinaus- mehr erbringt.Das istenormfaszinie- athlon habe. „Sagen zu können: Ichhabe ßen Hohn-und-Spott-Preis. talent.Ander Uniein paar Partys zu viel. kann Kienles Typisierung