POPULARMUSIK IM KONTEXT vermittelt die Geschichte der Popularmusik unter fächerverbindenden Aspekten. Die Materialsammlung enthält Quellenmaterial zu 50 exemp- larischen Songs aus acht Jahrzehnten populärer Musik sowie jeweils zu einem gesellschaftlich relevanten Thema, zu Stilen, Interpreten oder zur IM KONTEXT Rezeption. Hinzu kommen fokussierende Texte aus der Sekundärliteratur, komplette Leadsheets für ein aktives Musizieren sowie 70 historische Fotos und 70 Reproduktionen von Kunstwerken. Im Zusammenspiel der Songs, Hits und ihre Zeit von den Comedian Harmonists Materialien entsteht ein Gesamtbild, in dem die Songs, ihre Interpreten, politisches und gesellschaftliches Zeitgeschehen sowie parallele bis zum Hip-Hop Strömungen in der bildenden Kunst bzw. Literatur in aktive Beziehung zueinander treten. Materialien für den fächerverbindenden POPULARMUSIK Unterricht Songs, Hits und ihre Zeit

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Inhaltsverzeichnis

1930 Heitere Lieder vor düsterer Kulisse Comedian Harmonists: Wochenend und Sonnenschein ...... 6 1939 Carnaval in Rio Francisco Alves: Aquarela do Brasil ...... 10 1939 Ein Lied in Zeiten des Krieges Lale Andersen: Lili Marleen ...... 14

1942 Tränen der Rührung Bing Crosby: White Christmas ...... 17 1944 Bigbands in den Hitparaden Frank Sinatra: Saturday Night ...... 20 1945 Leben im Chanson Edith Piaf: La vie en rose ...... 23 1947 Der Traum vom Süden Rudi Schuricke: Capri-Fischer ...... 26

1955 Black and proud Ray Charles: This Little Girl of Mine ...... 30 1955 Idole des Rock ’n’ Roll Elvis Presley: Tutti Frutti ...... 33 1955 Der Klang der Karibik Harry Belafonte: Banana Boat Song ...... 36 1956 Ein amerikanischer Traum Elvis Presley: Love Me Tender ...... 40 1957 Frühe Rock-Rebellen Chuck Berry: School Days ...... 43 1957 Historia del Tango Anibal Troilo: Quejas de Bandoneón ...... 46 1958 Von Cowboys, Outlaws und Hobos Johnny Cash: This Town is Not for Me ...... 48

1962 Und alles ist Blues Booker T. & The MG’s: Green Onions ...... 51 1963 Die Beatles in Hamburg The Beatles: I Wanna Hold Your Hand ...... 54 1965 Künstler des Montmartre Charles Aznavour: La Bohème ...... 57 1966 Bad Boys The Rolling Stones: Paint it Black ...... 62 00_Umbr_PopMiK_Inh.qxd 21.07.2011 3:34 Seite 4

Inhaltsverzeichnis

1967 Eine musikalische Collage The Beatles: Being for the Benefit of Mr. Kite ...... 66 1967 Make love, not war Scott McKenzie: San Francisco ...... 69 1968 Von blauen Augen und goldenen Stimmbändern Frank Sinatra: ...... 74 1969 Mississippi-Nostalgie Creedence Clearwater Revival: Proud Mary ...... 78 1969 Ein Gitarrensolo der Wut Jimi Hendrix: Star-Spangled Banner ...... 81

1970 Die Beatles auf Sinnsuche The Beatles: Across the Universe ...... 84 1970 The Voice of America Bob Dylan: Minstrel Boy ...... 88 1973 Homosexualität im Wandel der Zeit Elton John: Daniel ...... 92 1973 Unerhörte Klangwelten Pink Floyd: On the Run ...... 96 1975 Botschaften im Schlager Udo Jürgens: Griechischer Wein ...... 98 1978 Maschinen-Musik Kraftwerk: Die Roboter ...... 102 1979 Salsa aus New York Rubén Blades: Juan Pachanga ...... 104 1979 Reggae, Rum und Rastafaris Bob Marley: Africa Unite Kate Yanai: Bacardi Feeling ...... 108

1980 Satanische Geschichten AC/DC: Hells Bells ...... 114 1982 Der Körper als Kunst-Werk Michael Jackson: Beat It ...... 117 1982 Musik gegen Pogrome BAP: Kristallnaach ...... 120 1984 Rollenspiele eines Popstars Madonna: Material Girl ...... 124 1986 Visionen vom ewigen Leben Queen: Who Wants to Live Forever ...... 128 1988 Landmine has taken my legs Metallica: One ...... 132 00_Umbr_PopMiK_Inh.qxd 21.07.2011 3:34 Seite 5

Inhaltsverzeichnis

1989 Aus dem Ghetto in die Charts Niggaz With Attitudes: Gangsta, Gangsta ...... 135 1989 Der erste Kuss am Newa-Fluss Udo Lindenberg: Nathalie aus Leningrad ...... 138

1995 Zitat contra Plagiat Oasis: Don’t Look Back in Anger ...... 142 1995 Früchte des Zorns Bruce Springsteen: The Ghost of Tom Joad ...... 146 1996 Heile Welt in der Musik Marianne & Michael: Germany is schee ...... 150 1998 Techno – Traumwelt – Trance DJ Kai Tracid: Dance for Eternity ...... 154 1998 Welcome to Hip-Hop-Culture Absolute Beginner: Hammerhart ...... 156 1998 Aus der Sicht eines Verzweifelten Falco: Out of the Dark ...... 159 1999 Es war sehr kalt in dieser Nacht Die Toten Hosen: Containerlied ...... 162

2001 Kulturkritik am eigenen Land Die Prinzen: Deutschland ...... 164 2002 Renaissance des Mittelalters Schandmaul: Walpurgisnacht ...... 168 2003 Castingshows und Kunstprodukte Dieter Bohlen: We Have a Dream ...... 172 2005 Crossover der Kulturen Robbie Williams: Tripping ...... 174

Kleines Stil-Lexikon der Popularmusik ...... 178 Quellenverzeichnis ...... 181 Verzeichnis der Begleitmedien ...... 184 Personen- und Sachverzeichnis ...... 186 Verzeichnis der Songs nach Titeln und Textanfängen ...... 192

Symbole: Kursiv Zitate zum Werk oder zum Umfeld des Werkes » Primärquellen (Dokumente oder Aussagen der Interpreten oder Quellen aus ihrer Zeit) » Sekundärquellen (Materialien oder Dokumente aus der Sekundärliteratur) Literarische Dokumente 30er_Umbr_PopMiK.qxd 21.07.2011 3:35 Seite 6

1930 Heitere Lieder vor düsterer Kulisse Comedian Harmonists: Wochenend und Sonnenschein

Deutschland im März konzertiert es nun im europäi- schen Ausland und in den USA. 1935 Als Folge eines Berufsverbotes für die jüdischen Mitglieder löst sich die Gruppe auf. Die »Arier« bil- den mit anderen Sängern das Meistersextett (bis 1941), und auch die drei jüdischen Comedian Har- monists stellen eine neue Gruppe zusammen, die bis 1955 allerdings nur mit geringerem Erfolg vor allem in Amerika auftritt. Seit Die Aufnahmen der Comedian Harmonists werden 1975 neu gepresst. Filme und Bücher erinnern an die Gruppe und Vokalensembles singen ihre Lieder nach. Der unverwechselbare Klang, Charme und Witz des Originals bleiben unerreicht.

Die Weimarer Republik in der Krise

Nachdem in den 1920er-Jahren zunächst eine gewisse Sta- Die Comedian Harmonists im Jahr 1932 in der Berliner Philharmonie bilisierung erreicht worden war, stürzt die Weimarer Repu- blik am Ende des Jahrzehnts in eine tiefe wirtschaftliche und politische Krise. Nach dem New Yorker Bankenkrach am Welt und Zeit 25. Oktober 1929, dem »Schwarzen Freitag«, brechen auch in Deutschland Unternehmen zusammen, die Arbeitslosen- 1927 Mit einer Annonce im »Berliner Lokalanzeiger« zahl steigt von einer Million im Jahr 1929 auf über sechs sucht der Sänger Harry Frommermann Kollegen, mit Millionen im Jahr 1932. In der Hauptstadt Berlin beträgt die denen er eine Gesangsgruppe nach dem Vorbild der Arbeitslosenquote 31 %, in manchen Teilen des Reiches amerikanischen Revellers gründen will. liegt sie noch höher. Radikale Parteien von links und rechts 1930 Die Comedian Harmonists haben ihren unverwech- stellen die Mehrheit der Reichstagsabgeordneten. selbaren Klang gefunden. Sie treten in Revuen und Filmen auf, erhalten Plattenverträge und singen im Rundfunk, der in diesen Jahren an Bedeutung ge- winnt. 1932 Die Comedian Harmonists sind auf dem Gipfel ihres Erfolges. Zu Beginn des Jahres treten sie in der Ber- liner Philharmonie auf, die sonst der klassischen Musik vorbehalten ist. Der Tourneeplan umfasst in- zwischen 150 Konzerte im Jahr, auch im Ausland werden sie gefeiert. 1933 Am 30. Januar ernennt Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Kanzler einer »Regierung der nationalen Erneuerung«. Die »arische« Kulturpolitik der Natio- nalsozialisten führt zu großen Einschränkungen der künstlerischen Arbeit und zu immer gehässigeren Angriffen gegen die Comedian Harmonists, zu de- nen auch drei jüdische Sänger gehören. Der Fotograf Walter Ballhause hielt das Elend der Massen fest, 1934 Das Sextett wird für Bühnenauftritte und Rundfunk- hier die Schlange der Arbeitslosen vor dem Arbeitsamt in Hanno- aufnahmen gesperrt. Nach dem letzten Auftritt in ver (um 1930).

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Heitere Lieder vor düsterer Kulisse 1930

Das Ende der Comedian Harmonists Im September 1933 wird die »Reichskulturkammer« als eine Körperschaft öffentlichen Rechtes gegründet; ihr ers- Eigentlich begann das schon Ende 1932, also Wochen be- ter Präsident ist der Reichspropagandaminister Joseph »vor Hitler an die Macht kam. Bestimmte Organisationen, Goebbels. Die Kammer besteht aus sieben Abteilungen: zum Beispiel Rundfunkanstalten, engagierten uns nicht Reichsfilm-, Reichsmusik-, Reichstheater-, Reichspresse-, mehr. So machten wir eine Tour durch Württemberg, hatten Reichsschrifttumskammer, Reichskammer der bildenden einen Tag frei und boten uns an, wie in den Jahren vorher, Künste und Reichsrundfunkkammer. Nun darf in Deutsch- im dortigen Sender zu singen. Natürlich wurde nicht offen land niemand mehr einen künstlerischen Beruf ausüben, gesagt, weshalb wir kein Engagement bekamen. Es hieß der nicht Mitglied der Reichskulturkammer ist. Robert Bi- nur: »Leider sind wir nicht in der Lage, Sie zu verpflichten, berti, Gründungsmitglied der Comedian Harmonists, stellt weil es bei uns bereits eine Gruppe Ihres Genres gibt, die wir einen Antrag auf Aufnahme. Der Bescheid, den er erhält, ist bedauerlicherweise ebenso wenig beschäftigen können.« ein Dokument nationalsozialistischer Kulturpolitik. (Robert Biberti, Bass der Comedian Harmonists«)

Seit dem März 1934 dürfen die Comedian Harmonists in Deutschland nicht mehr auftreten. Auf der »Bremen« reisen sie in die USA. Nach der Rückkehr in die Heimat ist das Ende der Gruppe unvermeidbar.

Roman Cycowski (Bariton) war einer der drei jüdi- schen Sänger der Comedian Harmonists. Nach der Trennung der Gruppe ging er in die USA und arbei- tete dort als Kantor jüdischer Gemeinden in Kalifor- nien. Er starb 1998 im Alter von 97 Jahren. Als Ein- ziger hat er das Wiederaufleben des Interesses an den Comedian Harmonists erlebt.

Ich muss zugeben, dass wir anfangs auch ein »wenig mit den Wölfen zu heulen versuchten. So hatten wir zum Beispiel in Finsterwalde ein Konzert im Freien, ich glaube für 6000 Menschen. Als wir auftraten, ha- ben in der ersten Reihe nur SA-Leute gestanden, und da ha- ben wir mit Heil Hitler gegrüßt, die ganze Gruppe, ein- schließlich uns drei Juden. Und hinter uns hing ein großes Bild von Hitler. Die ganze Zeit, während wir sangen, hing es hinter uns.«

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1930 Heitere Lieder vor düsterer Kulisse Kleine Männer und Stützen der Gesellschaft

Ein Jahr vor der Machtergreifung durch die Nationalsozia- listen erschien Hans Falladas Roman »Kleiner Mann, was nun?«.1 Der »kleine Mann« des Romans, Herr Pinneberg, bewirbt sich beim Personalchef eines großen Kleidungshau- ses um eine Verkäuferstelle.

Hans Fallada: Kleiner Mann, was nun? (1932) Es ist ein Riesenzimmer,die eine Wand fast nur Fenster.Und an die- sem Fenster steht ein Mammutschreibtisch, auf dem nichts ist wie ein Telefon. Und ein gelber Mammutbleistift. Kein Stück Papier. Nichts. Auf der einen Seite des Schreibtisches ein Sessel: leer. Auf der anderen Seite ein Rohrstühlchen – darauf, das muss Herr Leh- mann sein, ein gelber, langer Mann mit einem Gesicht voll Quer- falten, einem schwarzen Bärtchen und einer kränklichen Glatze. Sehr dunkle, runde, stechende Augen. Pinneberg bleibt vor dem Schreibtisch stehen. Seelisch hat er ge- wissermaßen die Hand an der Hosennaht, und den Kopf hat er ganz an den eingezogenen Schultern, um nicht zu groß zu erschei- nen. Denn Herr Lehmann sitzt ja nur pro forma auf einem Rohr- stühlchen, eigentlich müsste er, den Abstand richtig zu kennzeich- nen, auf der obersten Sprosse einer Stehleiter sitzen.

George Grosz: Stützen der Gesellschaft (1926)

»Guten Morgen«, sagt Herr Pinneberg sanft und höflich und macht eine Verbeugung. Herr Lehmann sagt nichts, er fasst den Mammutbleistift, stellt ihn senkrecht. Pinneberg wartet. »Sie wünschen?«, fragt Herr Lehmann sehr kratzig. Pinneberg ist direkt vor den Magen geschlagen, Tiefschlag. »Ich … ich dachte … Herr Jachmann …« Dann ist es wieder alle, die Luft gänzlich weg. Herr Lehmann besieht sich das. »Herr Jachmann geht mich gar nichts an. Was Sie wollen, will ich wissen.« »Ich bitte«, sagt Pinneberg, und spricht ganz langsam, dass ihn die Luft nicht im Stich lässt, »um die Stellung eines Verkäufers.« Herr Lehmann legt den Bleistift lang hin: »Wir stellen niemand ein«, sagt er entschieden. Und wartet. Herr Lehmann ist ein sehr geduldiger Mensch. Er wartet immer noch. Und schließlich sagt er und stellt den Bleistift wieder aufrecht: »Und was ist noch?« »Vielleicht später – ?«, stammelt Herr Pinneberg. »Bei so ’ner Konjunktur?«, sagt Herr Lehmann wegwerfend. Stille.

Otto Dix: Die Sieben Todsünden (1933) 1 In der Verfilmung des Romans (1933) traten auch die Comedian Har- monists auf. Die Szenen, in denen sie zu sehen sind, schnitten die Na- zis später aus dem Film heraus. 8 POPULARMUSIK IM KONTEXT 30er_Umbr_PopMiK.qxd 21.07.2011 3:36 Seite 9

Heitere Lieder vor düsterer Kulisse 1930 Wochenend und Sonnenschein Text: Charles Amberg Musik: Milton Ager © EMI = 132 q A A A A ### 4 j œ. œ j œ œn & 4 j œ. œ œ œ œ œ œ. œ j J Woœ - chen-œ endœ und Son - nen-schein und dann mit dir im Wald alœ - lein,œ wei - ter Ü-ber uns die Ler - che zieht, sie singt ge-nau wie wir ein Lied. Al - le

7 7 7 1. 7 5 E E AD AE # # j & # œ œ œ j œ œ# œ œ œ œ ˙ Ó . brauch ich nichts zumœ. Glückœ - lichœ# - sein:œn Wo - chenJ - end und Son - nen - schein! Vö - gel stim - men fröh - lich ein: Wo - chen - end und Son - nen -

2. A C G 7 C B 7 EB7 EE7 9 # # # # # j j j & # ˙ Œ œ œ j œ ˙. œ œ œ œ œ ˙Œ. schein! Kein Au - to,œ keiœ# - neœ# Chaus - see und nie - mandœn in uns - rer Näh’!

14 A A A A ### j œ. œ j œ œn & j œ. œ œ œ œ œ œ. œ j J Tiefœ imœ Waldœ nur ich und du, der Herr - gott drückt ein Au - geœ zu,œ denn er

7 7 7 18 E E AD A Fine # # j n n & # œ œ œ j œ œ# œ œ œ œ ˙. Œ n schenkt uns ja zumœ. Glückœ - lich-sein:œ# œn Wo - chenJ - end und Son - nen - schein!

Am G F E 22 2 n n & n „ ˙ ˙ ˙ Ó „Nur sechs˙ Ta - ge˙ sind der˙ Arœ - beit.œ

7 28 Am E Am Am G Œ & œ œ œ. œ ˙. ˙ ˙ ˙ ˙ Undœ amœ siebœ - ten Tag sollst du ruhn!“ Sprach der Herr - gott,

7 7 7 D.C. al Fine 32 B E EBEE # # & ˙ ˙# œ# Ó œ# œ# œ œ œ ˙Œ. # doch wir ha - benœ auchœ am sieb - ten Tag zu tun:

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1939 Carnaval in Rio Francisco Alves: Aquarela do Brasil

Welt und Zeit

1917 erscheint erstmals ein »Samba Carnavalesco« auf Schallplatte und wird beim Karneval in Rio ein gro- ßer Erfolg. Der relative junge Musikstil kombiniert verschiedene Rhythmen und Tänze, wie sie im Ar- menviertel der Cidade Nova von Rio de Janeiro üb- lich sind. 1928 Die erste Samba-Schule Brasiliens wird gegründet. Die neuen Massenmedien Radio, Schallplatte und Film tragen stark zur Verbreitung des Samba bei. 1930 Die Industrialisierung Brasiliens schreitet fort, die sozialen Gegensätze verschärfen sich. Die reiche Musikfolklore des Landes wird zunehmend kom- merzialisiert. 1959 Samba wird in Europa zum Turniertanz, 1963 in das Welttanzprogramm aufgenommen. 1984 In Rio de Janeiro wird das Sambódromo gebaut. Emiliano di Cavalcanti: Carnaval II (1965)

Samba exaltação Von der Praça Onze ins Bürgerhaus Um 1930 wird in Brasilien eine neue Art von Liedern popu- lär. Man entdeckt Samba und Karneval als Instrumente der Bela Epoca Politik. Im »Samba exaltação« werden die Schönheit und »Bela Epoca« nennen die Brasilianer den Zeitraum von der Reichtum Brasiliens gepriesen – oft verbunden mit ei- 1870 bis 1920, in dem sich der Übergang von der Monar- nem Appell an den Patriotismus. Autoren dieser Lieder sind chie zur Republik abspielt. Der Sklavenhandel wird abge- meist Musiker aus dem Bürgertum, die nun die Popularmu- schafft – und damit steht Brasilien vor dem Problem der In- sikszene erobern. Zu den wichtigsten dieser Komponisten tegration seiner ehemaligen Sklaven in die Gesellschaft. gehört Ary Barroso. Sein »Aquarela do Brasil« ist bis heute Viele von ihnen strömen vom Land in die großen Städte, eines der bekanntesten brasilianischen Lieder: ihre Bräuche, ihre Tänze und ihre Musik bringen sie mit. Der Zustrom afrobrasilianischer Kultur in Rio de Janeiro und Ah, diese Palme, die uns Kokosnüsse schenkt, an der ich seinen Vororten ist so stark, dass die Praça Onze (wörtlich: meine Hängematte aufhänge in klaren Mondnächten. Platz Elf, ein Bezirk in Rio) um das Jahr 1915 zu einem Brasilien, Brasilien! Oh, diese murmelnden Quellen, an »Afrika im Kleinen« wird. Dort und in der »Cidade Nova«, denen ich meinen Durst lösche, und wo der Mond seine einem Viertel der Armen und besitzlosen Schwarzen, ist die Vorstellung gibt. Oh, dieses dunkelhäutige, schöne Bra- Vielfalt der Rhythmen und Tänze und damit auch die musi- silien ist mein brasilianisches Brasilien, Land des Samba kalische Entwicklung am größten, und es ensteht der und des Pandeiro2: Brasilien! Brasilien! Für mich …, für Samba Carnavalesco. mich … Die Bezeichnung »Samba« ist nicht neu. Hunderte afrobra- silianischer Tänze firmieren darunter1. Mit dem städtischen Samba Brasiliens, wie wir ihn heute kennen, haben diese Tänze allerdings kaum zu tun.

1 Schon um 1838 tanzte man in Argentinien die Zamba (im Gegensatz zum brasilianischen Samba mit weiblichem Artikel). e 2 Pandeiro: eine dem Tamburin ähnliche Rahmentrommel 10 POPULARMUSIK IM KONTEXT 30er_Umbr_PopMiK.qxd 21.07.2011 3:36 Seite 11

Carnaval in Rio 1939

Flügeln des Zuges. Stefan Zweig: Ein Tropengewitter des Sommers 70 000 Zuschauer ver- (1936) folgen die Parade im Der Karneval von Rio ist, man weiß es, ein Unikum an Sambódromo und Mil- heiterem und leidenschaftlichem Überschwang in unse- lionen vor Fernseh- rer seit Jahren reichlich verdüsterten Welt. Monate zuvor schirmen. Eine Karne- wird gespart und geübt, denn jeder Karneval bringt neue valsindustrie hat sich Lieder und Tänze. Und da der Karneval ein demokrati- herausgebildet; das sches Fest hier ist, ein Lustausbruch, eine Tempera- Fest ist zum weltwei- mentsmanifestation des ganzen Volkes, hört man diese ten Tourismusgeschäft Lieder überall vorausgeübt, damit jeder einstimmen geworden. könne. Wenn dann der Kalender endlich die Verstattung gibt, schließen für drei Tage alle Geschäfte, und es ist, als Tickets für Reiche sei die Stadt von einer riesigen Tarantel gestochen. Jeder soziale Unterschied ist aufgehoben, man findet Men- Nur die 16 Samba- schen erschöpft auf der Straße liegend, ohne dass sie ei- »schulen der ersten Liga nen Tropfen Alkohol getrunken, sie haben sich nur krank dürfen durch diesen getanzt und gelärmt. Einmal sich Ausschreien, Austan- Hexenkessel ziehen zen, das Leise, das Zurückhaltende orgiastisch loswer- und ihre Show vorfüh- den zu dürfen – es ist wie eines jener Tropengewitter des ren. Sie liegen dabei in Rios Sambatänzerinnen sind weltbekannt. Für Sommers. ständigem Wettbe- die Beurteilung einer Escola sind aber die kunstvollen Choreografien (unten) wichtiger. werb: Die beiden schwächsten Teams Carnaval steigen ab in die zweite Liga und müssen im nächsten Jahr um den Aufstieg kämpfen. […] Im Sambódromo zeigt sich nicht nur, welche die Besten sind: Hier werden Rassen- und Show im Hexenkessel Klassenschranken der brasilianischen Gesellschaft wieder Ursprünglich kam der Karneval in Form des portugiesischen hochgezogen, denn im Publikum bleiben die sozialen Ge- »Entrudo« nach Brasilien, eines Faschingstreibens, bei dem gensätze erhalten. Die erste und zweite Liga der Samba- sich die Teilnehmer gegenseitig mit schmutzigem Wasser, schulen tritt nur vor Touristen und betuchten Brasilianern Mehlklößen und Dreck bewarfen. Seit der Mitte des auf; alle an- 19. Jahrhunderts wurde der Entrudo durch Maskenbälle deren müs- verdrängt, das Geschehen verlagerte sich in die aristokrati- sen warten schen und bürgerlichen Salons. Die armen Leute in Rio, die und aufs sich keine Eintrittskarte für teure Maskenbälle leisten konn- nächste ten, bildeten nun Gruppen, die zu afrikanisch beeinflussten Jahr hof- Rhythmen in den Straßen tanzten.An diese Tradition knüpft fen – und der heute in aller Welt bekannte Carnaval von Rio de werden sich Janeiro an. Seit 1953 findet am Karnevalssonntag und am auch dann Rosenmontag die spektakuläre Parade der besten Escolas kein Ticket de Samba statt. Diese Sambaschulen ähneln Vereinen; sie kaufen kön- stammen aus Stadtteilen der kleinen Leute und aus den Fa- nen. velas (Slums). Seit den 80er-Jahren ist das Sambódromo, ein (Arne« Bir- riesiger, 700 Meter langer Tribünenplatz, Schauplatz der kenstock Veranstaltung. Das ganze Jahr über bereiten sich die Esco- und Edu- las vor, um dann unter einem gemeinsamen Thema an dem ardo Blu- Wettbewerb teilzunehmen. Dabei gibt es in jeder Escola he- menstock, rausgehobene Akteure, die im Mittelpunkt stehen: Solotän- Musiker zerinnen, Sänger und die virtuosen Perkussionisten der und Publi- »Bateria de Samba«. Die Masse der bis zu 6000 Mitglieder zisten, einer Escola tanzt – in einheitlichen Kostümen – auf den 2002)

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1939 Carnaval in Rio Aquarela do Brasil Text u. Musik: Ary Barroso © Peermusic

Rubato = 100 q A D6 Dm6 # & # C Ó Bra˙ - sil,w w meuœ Braœ - sil˙ braœ - siœ - lei˙ - ro,˙ w

6 7 D ## Ó Ó & œ œ œ meuœ muœ - la˙ - toœ in - zoœ - nei˙ - ro,˙ w vouœ canœ - tarœ - te nos meus

9 ( ) 9 B 7 b 5 B 7( ) B Em7 A 7 Em7 13 # b ## j j j j & w w ‰ œ œ ˙ œ. œ œ j ‰ œ œ ˙ ver - sos. Ô Bra - sil, sam - ba queœ dá,œ bam - bo-leio,

7 7 7 7 7 18 A Em A Em A ## j j j j j j j j j & œ. œ œ j ‰ œ œ ˙ œ. œ œ j ‰ œ œ ˙ œ. œ œ œ que faz ginœ - gá.œ Ô Bra-sil, do meu œa - mor,œ ter - ra de Nos - so Senœ - hor,

7 7 7 7 7 7 23 Dmaj Em A Dmaj Em A # & # w ˙ w ˙ Ó Bra˙ - wsil! ˙ Bra˙ - sil! Prá˙ wmim. ˙ C 7 7 31 Dmaj Em # & # . Œ œ œ j j Ô,w w a - bre a corœ - œti - naœ doœ œ pasœ - saœ œ - do,˙. w

7 7 7 37 A Em A # & # Œ œ œ j j Œ œ œ ti - ra a mãeœ preœ - taœ doœ œ serœ -œ ra -œ do˙. w bo - ta o reiœ

Dmaj7 Em7 A 7 Dmaj7 D 7 D 7 C 7 42 b ## j j Ó ∑ & œ œ œ œ œ œ œ ˙. ˙ ˙ con - go no con - ga - do, Bra˙ - sil!w ˙ Bra˙ - sil!

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Carnaval in Rio 1939

D 7 7 7 49 B Am/B B B Am/B # j # ˙ ˙ w Œ œ œ j œ w w & Dei - xa can - tar deœ# noœn - voœ oœn troœ - vaœ# - dor

7 7 55 B B Am/B # j & # Œ œ œ œ# œn j œ w w a me - ren - có - riaœ luzœn œ daœ# lua,

7 6 6 6 59 B Em Em b Em Em b # j & # Œ œ œ œ# œn j œ w w w w to - da a can - ção doœ œn meu œ œ# a - mor. E 6 7 7 65 Gm C F#m # & # ˙ ˙ w Œ œ œ œ œ j j Que - ro ver a „sá do - na“œ caœ œ - minœ -œ han˙ - do,˙ w 7 7 6 71 Bm E G /A # & # Œ œ. j j j ‰ peœ - losœ saœ - lões arœ -œ rasœ -œ tan˙ - ˙do, w œo. seuœ vesœ - 7 7 7 7 7 76 A Dmaj Em A Dmaj ## j j j & œ. œ œ œ œ ˙ ˙ ˙ w ti - do ren - da - do, Bra˙ - sil!w ˙ Bra˙ - sil!

7 7 7 7 7 82 Em A Dmaj (Em A ) # & # ˙ w w ∑ ∑ Prá˙ mim,w ˙ prá˙ mim.

ç = wie Soße e vor i = wie in ewig n vor h = wie n in Champagner x = sch wie in Fisch z im Wort = stimmhaftes s wie in Rose z am Wortende = sch

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1939 Ein Lied in Zeiten des Krieges

Lili Marleen (Fassung der BBC im Zweiten Welt- Lale Andersen: Lili Marleen krieg) 1. Ich muss heut an dich schreiben, mir ist das Herz so schwer, Welt und Zeit ich muss zu Hause bleiben und lieb dich doch so sehr. 1915 Der Hamburger Schriftsteller Du sagst, du tust nur deine Pflicht, Hans Leip (1893–1983) schreibt doch trösten kann mich das ja nicht, kurz vor seinem Abmarsch an die ich wart an der Laterne. Front ein wehmütiges Liebeslied: Deine Lili Marleen. »Lili Marleen«. 1938 Norbert Schultze (1911–2002) 3. Vielleicht fällst du in Russland, vertont das Gedicht. Im folgenden vielleicht in Afrika, Jahr nimmt es die Chansonsänge- doch irgendwo, da fällst du, rin Lale Andersen (1905–1972) so will’s dein Führer ja. auf. Und wenn wir doch uns wiedersehn, 1941 Nach dem deutschen Überfall ka- so möge die Laterne stehn pituliert Jugoslawien. Der deut- in einem andern Deutschland. sche Soldatensender Belgrad Deine Lili Marleen. bringt das Lied, das sehr rasch un- gewöhnlich beliebt wird, jeden 4. Der Führer ist ein Schinder, Abend. Bald überspringt »Lili das sehn wir hier genau, Marleen« die Linien und wird für zu Waisen macht er Kinder, die Soldaten aller Armeen zu einer zur Witwe jede Frau. Brücke zwischen Front und Hei- Und wer an allem schuld ist, mat. den will ich an der Laterne sehn. 1943 Nach der Niederlage der 6.Armee Hängt ihn an die Laterne! Lili unter der Laterne in Stalingrad verbietet Reichspro- Deine Lili Marleen. auf einem Notenheft pagandaminister Joseph Goeb- von 1950 bels die Ausstrahlung des Liedes, das er für »wehrkraftzersetzend« hält. Das Verbot lässt sich aber wegen der außerordentlichen Be- liebtheit von »Lili Marleen« nicht durchsetzen. Lale Andersen darf wegen ihrer Kontakte zu Juden mo- natelang nicht auftreten.

Ein Lied geht um die Welt

Von »Lili Marleen« entstanden im Laufe der Jahrzehnte un- zählige Versionen, zu deren berühmtesten die Aufnahme von Marlene Dietrich gehört. Der deutsche Filmstar arbei- tete seit 1930 hauptsächlich in Amerika. Nach der Macht- ergreifung Hitlers wandte sie sich von Nazi-Deutschland ab und wurde 1939 Staatsbürgerin der USA. Ab 1944 beglei- tete sie die amerikanische Armee auf dem Vormarsch durch Frankreich und Deutschland. Bei ihren Auftritten vor den Marlene Dietrich im Jahr 1944 bei einem Besuch in einem ameri- Soldaten sang sie eine eigene englische Fassung des Liedes. kanischen Kriegs-Lazarett In den letzten Kriegsjahren wurde die Melodie in England mit einem wiederum neuen Text unterlegt und von der BBC1 1 BBC: British Broadcasting Corporation, ähnlich den öffentlich-rechtli- chen Anstalten in Deutschland. Im 2. Weltkrieg waren die heimlich ge- im Rahmen des deutschsprachigen Programms der Gegen- hörten Sendungen des »Feindsenders« BBC für viele Deutsche eine propaganda über den Ärmelkanal gesendet. wichtige Informationsquelle.

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Ein Lied in Zeiten des Krieges 1939 Lieblingslieder

Radio Belgrad sendet »Lili Marleen« Werner Hoffmeister war Mitglied der Armee, die als »Deut- sches Afrikakorps« unter Führung Erwin Rommels nach lan- gen Kämpfen in einer Panzerschlacht bei El Alamein den bri- tischen Truppen unter Feldmarschall Montgomery unterlag. 1981 erinnert er sich an eine Nacht in der nordafrikanischen Wüste. Die Fronten lagen sich sehr dicht gegenüber. Abends »konnte man dann aus der Stellung mal langsam raus, um sich zu strecken, und dann trat unser Wehrmachtsempfän- Britische Soldaten nehmen vor El Alamein die Besatzung eines ger, das Verbindungsstück zur Heimat, in Aktion. Und Höhe- deutschen Panzers gefangen. punkt war gegen Abend um 22 Uhr die Sendung vom Sen- der Belgrad. Lale Andersen begleitet von einem Orchester Lieder eines jüdischen Kindes der Luftwaffe: »Vor der Kaserne, vor dem großen Tor …«. Und wenn wir dann abends in der Runde saßen, lautlos alle In seinem ersten Roman schildert der amerikanische Autor lauschend, dann ertönte plötzlich auf der anderen Seite, Louis Begley, der 1933 in Polen geboren wurde, die etwa 80 Meter entfernt, irgendwie ein Geräusch und eine Geschichte eines behüteten jüdischen Jungen, dessen Stimme war zu hören: »Comrades, louder please!« Es waren Schicksal durch den Einmarsch der Deutschen in Polen jäh die Engländer, und dieses Lied hatte sich längst auch bei ih- verändert wird.Als die Juden der Stadt in Ghettos und Kon- nen durchgesetzt. Auf diese Weise hatten wir Abend für zentrationslager verschleppt werden, retten ihn seine Tante Abend eine echte Kampfpause, denn in dieser Zeit fiel kein Tanja und deren deutscher Freund Reinhard, der dabei – als Schuss, und auch gleich danach blieb es noch ruhig.« Mitglied einer Armee-Abteilung – sein Leben riskiert.

Louis Begley: Lügen in Zeiten des Krieges (1991)

Die Tür zwischen dem Zimmer von Tanja und Reinhard und Heimat ziehen. Er hat meiner Stube stand einen Spaltbreit offen, so dass ich et- viel mitgemacht, aber was Licht hatte und außerdem die letzten Nachrichten des er verliert nicht den Tages mithören konnte, die vom Wehrmachtssender aus- Mut: Denn es gibt gestrahlt wurden. Eine zuversichtliche Frauenstimme auch Zunder und meldete neue günstige Entwicklungen auf allen Kriegs- Dreck, das alles geht schauplätzen: Überall waren die Deutschen auf dem Vor- wieder weg. Dann marsch, von Afrika bis zur Ostfront; rühmend wurde er- kam der Refrain, oder wähnt, dass die deutschen Soldaten standhaft in der Kälte wie es im Lied heißt, und dem Schnee der weiten russischen Steppe ausharr- die Parole, die beim ten.Wie jeden Abend um 11 Uhr wurde »Lili Marleen« ge- Schützen wie beim spielt, dann wünschte uns die Nachrichtensprecherin eine Leutnant bekannt ist: gute Nacht.Wir waren in Lwów2. Ich mochte die Lieder im Es geht alles vorüber, Radio. Sie handelten von Soldaten und den Mädchen, die es geht alles vorbei. warteten oder sie zu Hause willkommen hießen. Mein Doch zwei, die sich lie- Lieblingslied, das wir fast so oft wie »Lili Marleen« hör- ben, die bleiben sich ten, handelte von einem Posten in einsamer Nacht, der an treu. Hanne und sein Glück denkt; bald wird er wieder in die Der Sendebereich des Soldatensen- ders Belgrad in einer Darstellung aus 2 Lwów: bis 1918 als »Lemberg« Hauptstadt des österreichischen Gali- dem Jahr 1942 ziens, dann bis 1939 polnisch, heute als »Lwiw« ukrainisch

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1939 Ein Lied in Zeiten des Krieges Lili Marleen Text. u. Musik: Norbert Schultze, Hans Leip © Apollo

= 108 q C Dm G G 4 &4 . œ œ œ. œ. œ ˙ œœœ 1. Vorœ derœ Ka-ser - ne,œ vor demœ gro - ßen Tor, standœ. ei-neœ œ. La-terœ - ne und

4 GCF C j & œ. œ œ. œ ‰ j œ œ. œ œ œ œ œ œ. œ steht sie noch da - vor.œ Soœ woll’n wir uns da wie - der - sehn, bei

7 G C G j & œ œ. œ œ ‰ j œ. j œ der Laœ - ter - ne woll’nœ wirœ steh’n, wieœ einst Liœ -œ li Mar -

10 C G C ˙ j & Œ œ œ. œ œ Ó leen, wie einst Li - li Marœ - leen.˙

2. Unsrer beiden Schatten sah’n wie einer aus, 4. Deine Schritte kennt sie, deinen schönen Gang. Dass wir so lieb uns hatten, das sah man gleich daraus. Alle Abend brennt sie, doch mich vergaß sie lang. Und alle Leute soll’n es seh’n, Und sollte mir ein Leid gescheh’n, Wenn wir bei der Laterne steh’n, Wer wird bei der Laterne steh’n, Wie einst, Lili Marleen. Mit Dir, Lili Marleen?

3. Schon rief der Posten: Sie bliesen Zapfenstreich, 5. Aus dem stillen Raume, aus der Erde Grund, Es kann drei Tage kosten! Kamerad, ich komm ja Hebt mich wie im Traume dein verliebter Mund. gleich. Wenn sich die späten Nebel dreh’n, Da sagten wir Aufwiederseh’n. Werd ich bei der Laterne steh’n, Wie gerne würd ich mit dir geh’n, Wie einst, Lili Marleen. Mit dir, Lili Marleen!

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Tränen der Rührung 1942 Bing Crosby: White Christmas

Welt und Zeit He is American Music

1941 Wenige Tage, nachdem die japanische Luftwaffe die Die Lebensgeschichte Irving Ber- amerikanische Pazifik-Flotte in Pearl Harbor ange- lins, des Komponisten von »White griffen hat, erklärt Hitler-Deutschland Amerika den Christmas«, ist eine typisch »ame- Krieg. rikanische«. Als Israel (nach ande- 1942 In dem Film »Holiday Inn« spielt Bing Crosby einen ren Quellen: Isidor) Beilin wurde er Crooner (»Schnulzensänger«), der sich aus New 1888, vermutlich in Weißrussland, York ins ländliche Connecticut zurückgezogen hat geboren. Die Familie wanderte und dort ein Hotel betreibt. In dieser heilen, schnee- 1893 nach Amerika aus, wo der Va- sicheren Umgebung, in einem Kaminzimmer mit ter, ein jüdischer Kantor, bald starb. Ohrensesseln, singt Crosby den Song »White Christ- Berlin musste zum Erhalt der Fami- mas«. lie beitragen, verkaufte Zeitungen Diese Briefmarke zu 1944 »White Christmas« trifft das heimwehkranke Ge- und verdiente als Straßensänger, Ehren Irving Berlins er- müt der amerikanischen Soldaten in Übersee. Der später als singender Kellner in Chi- schien im Jahr 2002. Song wird zum größten Plattenerfolg der folgenden natown Geld. Eine geregelte musi- 50 Jahre. Dieser Rekord wird erst von Elton Johns – kalische Ausbildung erfuhr Berlin nicht. 1911 hatte der mu- ebenfalls gefühlsbeladenem – Abschiedslied für die sikalische Autodidakt seinen ersten großen Erfolg: britische Prinzessin Diana übertroffen. »Alexanders Ragtime Band«. In den vielen folgenden Jahr- 1975 Als nach Amerikas Niederlage im Vietnamkrieg die zehnten – Berlin starb 1989 im Alter von 101 Jahren – ent- letzten Soldaten aus dem bereits von den Vietcong1 standen weit mehr als 1200 Songs und viele Werke für das eroberten Saigon mit dem Hubschrauber fliehen Revue- und Musicaltheater (darunter »Annie Get Your müssen, wird als Schlüsselwort für die Evakuierung Gun«). Daneben gründete Berlin einen Verlag zur Veröffent- eine Wetternachricht gesendet: »Temperatur in Sai- lichung seiner eigenen Werke, und er leitete jahrelang ein gon: 105 Grad Fahrenheit, steigend«. Danach er- Theater. Seine außerordentliche Bedeutung in der amerika- klingt Bing Crosbys »White Christmas«. nischen Musikgeschichte fasste , selbst ein überaus erfolgreicher Komponist, so zusammen: Irving Berlin has no place in »American music – he is American music. Das populärste« Werk dieser ameri- kanischen Musik ist bis heute Ber- lins Lied über die weiße Weihnacht.

1 Vietcong: die »Nationale Front für die Befreiung Südvietnams«, die die ame- rikanischen Truppen in einem von bei- den Seiten grausam geführten Gueril- Weihnachten: Projektionsfläche für viele Sehnsüchte und ein Inbegriff von heiler Welt. lakrieg besiegte

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1942 Tränen der Rührung White Kitschmas

Die Tränen der Rührung »Kitschmenschen« nannte man schon im 19. Jahrhundert Menschen mit ablehnender Haltung gegenüber aller schwer verständlichen Kunst. »Kitschmenschen« halten Kunst oft für wichtig, glauben aber, dass sie nur wohlgefäl- lige Eindrücke vermitteln soll. Es geht ihnen nicht um künst- lerische Kriterien und echte Gefühle, sondern um Ersatz für Auch Werbung bedient sich Klischees der heilen Welt (1949) authentische Regungen. Der tschechische Schriftsteller Mi- lan Kundera beschreibt sowohl in einem Essay wie auch in Der Zusammenstoß mit der Wirklichkeit seinem berühmtesten Roman das Wesen des Kitsches. Erich Kästner: Weihnachtslied, Milan Kundera: Der Vorhang (Essay, 2005) chemisch gereinigt (1928) Das Wort Kitsch wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Morgen, Kinder, wird’s nichts geben! München geboren und bezeichnet den sirupartigen Ab- Nur wer hat, kriegt noch geschenkt. fall des großen 19. Jahrhunderts. Aber vielleicht kam Mutter schenkte euch das Leben, Hermann Broch, der das Verhältnis von Romantik zu das genügt, wenn man’s bedenkt. Kitsch in umgekehrten Proportionen sah, der Wahrheit Einmal kommt auch eure Zeit. näher: Seines Erachtens war der vorherrschende Stil des Morgen ist’s noch nicht so weit. 19. Jahrhunderts (in Deutschland und in Zentraleuropa) der Kitsch, von dem sich, Ausnahmeerscheinungen Doch ihr dürft nicht traurig werden. gleich, einige große romantische Werke abhoben. Wer Reiche haben Armut gern. die hundertjährige Tyrannei des Kitsches (die Tyrannei Gänsebraten macht Beschwerden. der Operntenöre) kennengelernt hat, spürt eine ganz be- Puppen sind nicht mehr modern. sondere Gereiztheit gegen den über das Reale geworfe- Morgen kommt der Weihnachtsmann. nen rosa Schleier, gegen das unzüchtige Zurschaustellen Allerdings nur nebenan. des ständig ergriffenen Herzens. Lauf ein bisschen durch die Straßen! Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit Dort gibt’s Weihnachtsfest genug. des Seins (1984) Christentum, vom Turm geblasen, macht die kleinsten Kinder klug. Im Reich des Kitsches herrscht die Diktatur des Herzens. Kopf gut schütteln vor Gebrauch! Das durch den Kitsch hervorgerufene Gefühl muss aller- Ohne Christbaum geht es auch. dings so beschaffen sein, dass die Massen es teilen kön- nen. Deshalb kann Kitsch nicht auf einer ungewöhnli- Tannengrün mit Osrambirnen – chen Situation beruhen, sondern nur auf Urbildern, die Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz! einem ins Gedächtnis geprägt sind: die undankbare Reißt die Bretter von den Stirnen, Tochter, der verratene Vater, auf dem Rasen rennende Denn im Ofen fehlt’s an Holz. Kinder, die verlassene Heimat, die Erinnerung an die Stille Nacht und heil’ge Nacht – erste Liebe. Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht! Der Kitsch ruft zwei nebeneinander fließende Tränen der Rührung hervor. Die erste besagt: Wie schön sind doch Morgen Kinder, wird’s nichts geben! auf dem Rasen rennende Kinder! Die zweite besagt:Wie Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld! schön ist es doch, gemeinsam mit der ganzen Mensch- Morgen, Kinder, lernt fürs Leben! heit beim Anblick von auf dem Rasen rennenden Kindern Gott ist nicht allein dran schuld. gerührt zu sein. Erst diese zweite Träne macht den Kitsch Gottes Güte reicht so weit … zum Kitsch. Ach du liebe Weihnachtszeit.

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Tränen der Rührung 1942 White Christmas Text u. Musik: Irving Berlin © Chappell

Slowly with expression = 96 q 6 6 7 7 7 C F /C C B/C C Dm F# G F 4 &4 œ w œ# ˙. ˙ œ œ I’mw dream - ingœ ofœ# œ a white Christ - mas, just like the

7 7 6 7 7 7 7 6 FG C Cmaj C Dm G C Cmaj C & œ œ œ œ w ˙ ˙ œ ones I used to know. Whereœ theœ tree˙ - tops˙ glisœ - ten and

6 6 7 7 7 11 F Fm C F/G C/G D Dm /G G & ˙ œ œ chil˙ - dren˙ lisœ - ten to hearw sleigh bellsœ inœ theœ snow.w w

6 6 7 7 7 7 17 C F /C C B/C C Dm F# G F FG & ˙. ˙ œ œ œ œ œ œ I´mw dreamœ - ingœ ofœ# œ a whitew Christ-mas,œ# with ev - ´ry Christ - mas card I

7 6 7 7 7 7 23 C Cmaj C Dm G C Cmaj C F Fm & w ˙ ˙ œ w ˙ write. Mayœ yourœ days˙ be˙ merœ - ry and bright. Andœ mayœ

1. 2. CC Dm7 G 7 C Cmaj7 Dm7 G 7 C Dm7 C 29 # Œ . Œ & ˙ ˙ œ. j . . . all your Christ - masœ - esœ beœ white.w ˙ white.w ˙

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1944 Bigbands in den Hitparaden Frank Sinatra: Saturday Night

Welt und Zeit Die Bigband-Ära

1915 Francis Albert Sinatra wird als Sohn italienischer El- Jazz wird populär tern in Hoboken (New Jersey) geboren. 30er- Die amerikanische Wirtschaft erholt sich langsam Das goldene Zeital- Jahre von der Depression nach der Weltwirtschaftskrise. »ter der Bigbands be- In den großen Tanzsälen und bei Radio-Shows sucht gann in den späten man beim Swing der Bigbands Ablenkung von den 30er-Jahren, als auch Si- Alltagssorgen. natra erstmals von sich 1939 Frank Sinatra wird Sänger bei Tommy Dorsey, der reden machte. Bigbands eine der bedeutendsten und beliebtesten Bigbands dominierten die Hitpara- der Swing-Ära leitet. den, und wenn sie spiel- 1941 Deutschland erklärt den USA den Krieg. Japanische ten, sorgten sie für eine Flugzeuge zerstören beim Überfall auf Pearl Harbor unglaubliche Stimmung. einen Teil der amerikanischen Pazifikflotte. Eine Zeitlang waren sie 1943 Sinatra löst sich von Dorsey. Auftritte in Clubs und tatsächlich Popmusik. Tanzpalästen und Radioshows machen ihn schnell Die Bandleader und ihre zum Megastar. In Hollywood beginnt er eine Film- Sänger waren der Inbe- karriere. In der Musikzeitschrift Metronom kann griff von Eleganz und man lesen: »Sinatra ist das neue Idol – der Mann, Stil – in einer Zeit, die der sich innerhalb weniger Monate zum gefragtes- nach den harten Jahren der Eine wesentliche Rolle bei der ten Star in New Yorks heißesten Nachtclubs gemau- Depression nun von Cool- Verbreitung von Musik in der Bigband-Ära spielten Musik- sert hat.« ness und Intellektualität ge- automaten wie diese Wurlit- 1950 Sinatras Stern sinkt. Dafür sind viele Faktoren ver- prägt war. […] Die Bigbands zer-Musikbox von 1946. antwortlich. Der Swing der Bigbands wird von waren in erster Linie Tanzor- neuen Formen der Popmusik abgelöst. Sinatras pri- chester. […] Ihre große Zeit hatten sie etwa von 1935 bis vate Skandale und 1950. Mitte der 30er-Jahre bestanden die Bigbands meist seine angeblichen aus drei Trompetern, drei Posaunisten, vier Saxophonisten Beziehungen zur und einer vierköpfigen Rhythmusgruppe. Zehn Jahre später Mafia sorgen für hatte sich die typische Band auf vier Trompeter, vier Posau- schlechte Presse. Im nisten und fünf Saxophone erweitert. In den Tanzsälen, neuen Medium Clubs, Hotels und Theatern waren diese Ensembles vermut- Fernsehen kann er lich eine Offenbarung. […] Für die Sänger war es sicher ein nicht Fuß fassen. herrliches Gefühl, ganz vorn zu stehen, wenn eine Bigband Und vor allem sind für die musikalische Begleitung sorgte. Zwar waren auch die seine Fans, die Bandleader meist sehr bekannt, aber die Sänger waren oft »Bobby-Soxers«, er- noch berühmter. Die Bedeutung der Bigbands lag aber nicht wachsen geworden. nur darin, dass sie eine Plattform für viele Sänger boten. Sie überbrückten auch die Kluft zwischen »heißem Jazz« und einem »seriöseren« Stil. […] Die Bigbands holten den Jazz aus verrufenen Tanzsälen und Bordellen in die Dinner-Clubs, Nachtclubs und sogar in die Konzertsäle.« (Richard Havers, Musikpublizist, 2004)

Vor dem Paramount Theatre: Warten auf den Ansturm der Fans

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Bigbands in den Hitparaden 1944

xers« genannt, verfielen in Massenhysterie.Allerdings wur- den sie vielleicht nicht ganz spontan zu »Sinatratics«, wie ein Biograf Sinatras erläutert. Der 40-jährige George B. Evans war ein erfahrener PR- »Berater, der ein Büro am Broadway besaß und Duke Elling- ton und Glenn Miller zu seinen Klienten zählte. George fasste einen einfachen Plan. Er heuerte ein paar Mädchen an, denen er beibrachte, was später als »Sinatra-Ohnmacht« bezeichnet wurde. Gleichzeitig ermunterte er Frank, das Mi- krophon als Gegenstand einzusetzen, an dem er sich einer- seits festhielt, den er andererseits aber liebkoste und be- rührte. Sex-Appeal war zwar schon seit einiger Zeit Gegenstand von Franks Bühnenshow, rückte in den Folge- jahren aber immer mehr ins Zentrum. Alles, was geschah, war sorgfältig choreographiert, bis hin zu den Momenten, Jean Dubuffet: Grand Jazz Band (1944) in denen die Mädchen im Publikum reagierten. An bestimm- ten Stellen eines Songs rief ein Mädchen eine zweideutige Markenzeichen Swing Antwort Richtung Bühne. Es dauerte nicht lange, und die Begeisterung steckte immer mehr Zuschauerinnen an – um Ich ertrug es einfach nicht, meine Musik so weit zu ver- plangemäß in Hysterie umzuschlagen. Evans verteilte außer- »einfachen, dass sie von einem Massenpublikum verstanden dem Freikarten an Schülerinnen, die Weihnachtsferien hat- wurde, das sowieso nichts von meiner Arbeit begriff. Aber ten. […] Er erfand Geschichten über Franks Kindheit, machte schließlich muss man doch auf das Niveau der Zuhörerschaft ihn ein wenig jünger, veranstaltete bei Radiosendern Wett- sehen, damit es einen versteht und die Treue hält. Man be- bewerbe an so genannten Frank-Sinatra-Tagen, fügte kommt von seinem Agenten, seinem Manager, seinem Wer- Franks Einkommen eine 0 hinzu und erzählte von Franks befachmann und seinem Fanclub zu hören, dass man Kom- glücklichem Familienleben. […] Er tat genau das, was ein gu- promisse machen muss. […] Musik ist eine Sache, und ter PR-Mann tun sollte: Er schuf eine Story. Es dauerte nicht Geschäft eine andere. Wenn man Musik zu einer Ware lange, und die Presse führte die Arbeit für ihn fort. »5000 macht und an die Massen verkauft, verliert man etwas sehr Mädchen kämpfen um einen Blick auf Frankie« lautete eine Kostbares. Natürlich gewinnt man dabei auch, nämlich Geld. Schlagzeile. (Richard Havers, 2004) Aber dafür braucht man ein Markenzeichen. »Swing« « wurde ganz einfach zu so einem Markenzeichen, das man Man sollte den dem Massenprodukt Unterhaltungsmusik aufklebte. »Bobby-Soxers in die- (Artie Shaw, Bandleader und Klarinettist der Swing-Ära)« sen hektischen Kriegs- tagen die kleinen Si- Frank mag den Orchesterstil Tommy Dorseys, mit dem er natra-Ohnmachten »sozusagen aufgewachsen ist. […]. Meiner Meinung nach hat gönnen. Wir sollten diese Zeit seinen Geschmack entscheidend geprägt. Er ist ein mehr Vertrauen in Mann der Swing-Ära: Tommy Dorsey, Benny Goodman, diese jungen Men- Count Basie, Duke Ellington. schen haben und (Lou« Levy, Pianist in Swing-Bands) Gott dafür danken, dass sie einen Frank Sinatra verehren und Bobby-Soxers nicht einen Hitler.« (Aus einem Leser- Sinatra-Fans 1944 mit ihrer Grund- In den 40er-Jahren kam es bei Konzerten Sinatras zu Phä- brief an die »New ausstattung: Bobbysocks und Sattel- schuhe nomenen, wie sie später auch von den Auftritten Elvis Pres- York Times« vom leys oder der Beatles bekannt wurden. Den Höhepunkt bil- 16. November 1944) dete eine Show mit der Benny-Goodman-Bigband im Oktober 1944 in New Yorks Paramount Theatre. Tausende junger Mädchen, nach ihren modischen Socken »Bobby-So-

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1944 Bigbands in den Hitparaden Saturday Night Text: ; Musik: Jule Styne © Barton Music

= 160 q CG7 CG7 C Gm & C œ. œ œ. œ œ. œ œ. œ w Sa - tur-dayœ œ Night isœ theœ lone - œli - estœ night inœ theœ week.

7 7 7 4 A Dm Bb Dm Bb j & œ œb . œ œ ’Cause that’s the nightœ. thatœ myœ sweetœ œ. - ieœ andœ Iœ œ. usedœ toœ danceœ œ. cheekœ toœ cheek.œ

7 Dm Fm G 7 CE7 Am j & w œ œ œ œ œ œ œ j œ I don’t mind Sun - day night atœ allœ ˙ œ. ’causeœ that’sœ. the 7 11 Am D# dim Em F# dim G Em j œ œ œ j . œ œ. œ œ œ. œ œ &night friends come toœ# œ call. ˙ And Mon - dayœ to Fri - dayœ go fast

9 9 7 7 7 7 7 14 Am D G Dm Em Dm G CG & ˙ œ j œ œ j j œ. œ œ. œ J andœ anœ - oth - er weekœ isœ past,œ ˙. butœ Sa - tur-dayœ œ Night isœ theœ lone -

7 7 7 18 CG C Gm A Dm Bb j & œ. œ œ. œ w œ œb . œ œ - - œli - estœ night inœ theœ week. I sing the songœ. thatœ œ I sangœ œ. forœ theœ mem-œ

7 7 7 22 Dm Bb Dm Fm G CE & œ. œ œ. œ w œ œ œ œ j j - - ’riesœ œ I u - sual-lyœ œ seek. Un - til I hearœ youœ atœ theœ door,œ

7 7 7 26 Am Am A E Am Fm CA j œ œ w & . . œ œ œ œ J œ. œ œ œ œ. œ œ œ ˙ œ un-tilœ œ you’re in my arms once more. Sa - tur-day Night is the lone-

7 7 7 7 30 Dm G 1. C Dm CG+ 2. C Dm CCBb dim . & œ. œ œ œ. ŒÓ . j ‰Œ - - li-estœ night inœ theœ œ week. w œ w ˙ œ

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Leben im Chanson 1945 Edith Piaf: La vie en rose

Welt und Zeit der Besetzung Frankreichs singt Piaf auch vor den Soldaten des Feindes. Aber sie unterstützt auch un- 1915 Edith Giovanna Gassion ter hohem Risiko Verfolgte des Naziregimes. kommt in Paris als Kind 1945 In den Jahren des Zweiten Weltkrieges schreibt zweier Schausteller auf Edith Piaf den Text zu einem Chanson, das später die Welt. Sie wächst in der um die Welt gehen wird: »La vie en rose«. Seit 1945 Normandie in einem Bor- singt sie es bei ihren Auftritten, 1946 entsteht eine dell auf. Mit 15 kehrt sie erste Tonaufnahme. nach Paris zurück, um dort 1960 Nach dem Krieg wechseln Erfolg, Zusammenbrüche, als Straßen- und Cafésän- Entziehungskuren und Rückfälle. Aber auch schwer gerin zu arbeiten. krank steht Piaf immer wieder auf der Bühne. 1935 Edith Piafs Talent wird 1963 Edith Piaf stirbt im Alter von 47 Jahren. Auf dem Pa- entdeckt und sie erhält riser Friedhof Père-Lachaise wird sie unter der An- ihren Künstlernamen teilnahme von 40.000 Menschen beigesetzt. (»Piaf« frz. für »Spatz«). In den folgenden Jahren Chanson und Literatur führt sie ein bewegtes Le- ben: sensationelle Er- Unter den Brücken der Seine Edith Piaf in ihren späten folge, viele Geliebte, Ab- Lebensjahren hängigkeit von Alkohol Die Vielseitigkeit des französischen Chansons mag da- und Drogen, Bekannt- »raus abgelesen werden, dass es eine Parallelentwicklung zur schaft mit den Großen ihrer Zeit. Literatur und ihren Strömungen gibt, wie sie bei uns viel- 1940 In wenigen Wochen unterliegt die französische Ar- leicht undenkbar ist. Die Parallelität zeigt sich z. B. im Rea- mee dem Überfall durch das Deutsche Reich. Nach lismus von Trenet1 und Piaf. Sie finden ihre Sujets an den Hallen2 und unter den Brücken der Seine, wo die Clochards nächtigen, bei den »gommeuses«3, die in der Nähe der Place Pigalle promenieren, ebenso wie am Eiffelturm oder neben der Staffelei eines Malers auf der Place du Tertre. (Dietrich« Schulz-Koehn, 1969)

1 Charles Trenet (1913–2001): französischer Sänger, Kompo- nist, Dichter und Maler 2 Les Halles de Paris: Pariser Markthallen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (Abriss im Jahr 1972) 3 »Gommeuse«: frz. für Straßen- Edouard Leon Cortes: Place du Tertre (ca. 1912). Der Platz liegt nur wenig oberhalb des Ver- mädchen gnügungsviertels Montmartre, wo die junge Edith Piaf als Sängerin und Kellnerin arbeitete.

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1945 Leben im Chanson

Jean Cocteau und Edith Piaf Non! Je ne regrette rien Enge Verbindungen zwischen der französischen Literatur und dem Chanson zeigen sich auch in den persönlichen Be- Edith Piafs berühmtestes ziehungen zwischen Sängerinnen und Literaten. Edith Piaf Chanson nimmt auf ihre Le- war mit dem Schriftsteller, Maler und Filmregisseur Jean bensweise Bezug. Vom Tod Cocteau befreundet, der einen Nachruf auf die Chansonette schon gezeichnet sang sie es schrieb, ehe er noch am selben Tag, am 23. Oktober 1963, 1962 von der Plattform des starb. In einem Einakter, den Cocteau ausdrücklich für Edith Eiffelturmes mit einer Piaf schrieb, geht es um die schwierige Beziehung zwischen Stimme, die der versammel- einem Mann und einer Frau. Eine von Piaf gespielte Chan- ten Menschenmenge Schauer sonette lebt mit Emile zusammen, einem überaus attrakti- über den Rücken jagte. Jean ven Gigolo. Emile ist spät heimgekommen, er zieht sich Cocteau sagte einmal: pfeifend aus, wobei er zwischen Bad und Zimmer hin- und »Sie singt jedes Mal so, als hergeht.Auf die Worte seiner Lebensgefährtin zeigt er keine ob sie ihre Seele ein allerletztes Jean Cocteaus Zeichnung Reaktion: Mal zum Weinen bringt.« zu »Le bel indifférent«

Jean Cocteau: Der schöne Gleichgültige (1940) Non! Rien de rien … Non! Je ne regrette rien Wo warst du? (Stille) Sehr schön. Du willst nicht antwor- Ni le bien qu’on m’a fait ten, wie gewöhnlich. Dann antworte eben nicht. Ich Ni le mal tout ça m’est bien égal! werde dich nicht ausfragen und nachbohren, ich nicht. Ich bin keine von den Frauen, die Verhöre anstellen und Non! Rien de rien … euch auf den Fersen sind, bis sie herauskriegen, was sie Non! Je ne regrette rien … wissen wollen. Du hast nichts zu befürchten. C’est payé, balayé, oublié Ich frage dich, wo du warst, du lehnst es ab zu antwor- Je me fous du passé! ten. Der Grund ist wohl klar. Aber in Zukunft nehm ich mir auch meine Freiheiten heraus. Während Monsieur Avec mes souvenirs spazieren geht, geh ich, wohin es mir passt. Und gebe J’ai allumé le feu keine Rechenschaft darüber ab. Das könnte dir so gefal- Mes chagrins, mes plaisirs len. Besten Dank. Monsieur tut, was ihm beliebt, und Je n’ai plus besoin d’eux! Madame soll hinter dreifach verschlossener Tür im Hotel bleiben. … Ich habe begriffen. Ich verstand es nicht … Balayés les amours ich habe begriffen. Guten Abend, meine Damen und Her- Et tous leurs trémolos ren. Ich war blöde genug, mich mit den Chansons in der Balayés pour toujours verräucherten Bude kaputt zu machen. … Ich komme Je repars à zéro … wie ein artiges kleines Mädchen nach Hause, um auf Monsieur zu warten … und Monsieur kommt nicht. Non! Rien de rien … Monsieur kann seelenruhig sein. Monsieur weiß ja, Ma- Non! Je ne regrette rien … dame ist im Hotel … sie schläft.Von morgen an gehe ich Ni le bien, qu’on m’a fait auf die Angebote der Knaben ein, die mir Blumen und Ni le mal, tout ça m’est bien égal! Briefe schicken. Champagner, Jazz und alles. Dann kann Monsieur sehen, wie lustig es ist, zu warten. Dauernd zu Non! Rien de rien … warten. Non! Je ne regrette rien … Car ma vie, car mes joies Aujourd’hui, ça commence avec toi!

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Leben im Chanson 1945 La vie en rose Text: Edith Piaf, Musik: Louiguy © Marbot

= 84 7 q Bb G Cm F+ bb 4 Ó ‰j & 4 œœ œ œ œ œ œ œ œ œ œ 1. Des yeux quiœ fontœ baisœ - serœ lesœ miens, un rire qui seœ perdœn surœ sa bouche, voi - là le 2. Des nuits d’a - mour à plus fi - nir, un grand bon - heur qui prend sa place, des en-nuis,

B Fm/A G 7 G F 7 4 b b b+ b & b œ œ œ œ œ œ ˙œ œ porœ - trait,œ sansœ reœ - touche, de l’hom - me au - quel j’apœ - parœ - tiens. des cha - grins s’ef - fa - cent heu - reux, heu - reux à en mou - rir.

Refrain B B B Cm7 F 7 6 b b b bb œ. j œ j j & œ œ œ œ œ. œ œ œ œ œ. œ œ œ ˙ ˙ Quand il me prend dans ses bras, il me par - leœ tout bas, je vois laœ vieœ en ro - se,

Cm F 7 Cm7 F 7 B 6 G 7/BF 7/C F 7 10 b bb œ. œ œ j j & J œ œ œ œ. œ œ œ œ œ. œ œ œ ˙ ˙ il me dit des mots d’am-our, des mots de tousœ les jours, et ça m’œn fait quel-queœ cho - se,

7 14 Bb Bb Bb /D Eb bb œb . j œ j j œ w & œ œ œ œ œ. œ œ œ œ œ. œ œ il est en - tré dans mon cœur, un - e part deœ bon - heur, dont je con-naisœ œ la cause.

E 6 E m6 B /D B C 7 C7 + F7 sus4 F 7 18 b b b b U U b œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œœ œ œ & b J œ J œ J œ ˙ J œ J œ œ C’est lui pourJ moi, moi pourJ lui, dans laJ vie, il me I’aJ dit, l’a juJ - ré pour la vi - e.

B B Cm F Cm F7 B 22 b b b b j j U & b œ. œ œ œ œ œ. œ œ œ œ œ œ œ ˙. Œ Et dès que je I’aœ - per - çois a - lors jeœ sensœ en moi mon cœur qui bat.

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1947 Der Traum vom Süden Rudi Schuricke: Capri-Fischer

Welt und Zeit Das Sehnsuchtsland der Deutschen

1943 Gerhard Winkler und Ralph Maria Siegel schreiben Nicht erst in den Jahren des Wirtschaftswunders lockt es die den Schlager »Capri-Fischer«. Lieder mit italieni- Deutschen nach Italien. Zweimal zieht z. B. Albrecht Dürer schem Flair sollen im nationalsozialistischen schon um 1500 auf der alten Handelsstraße über den Bren- Deutschland die Lücke schließen, die das Verbot ner-Pass. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts englischsprachiger Musik machen sich dann Schriftsteller und bildende hinterlassen hat. Der Schlager Künstler auf den Weg nach Süden. Vor allem wird mit Rudi Schuricke auf- wollen sie das Erbe der antiken Kultur studie- genommen, aber nach dem ren. Aber sie begeistern sich auch für die Sturz von Diktator Mussolini Schönheit des Landes und für seine Natur. und dem Frontwechsel Italiens Nicht zuletzt bewegt das scheinbar unge- im Oktober 1943 nicht mehr zwungene Leben manche Nordländer, für im- veröffentlicht. mer in Italien zu bleiben. Es entstehen kleine Nach Das »Wirtschaftswunder« Kolonien deutscher Künstler. Maler finden in 1950 schürt die Reiselust der Deut- Landschaften und Bauwerken zwischen Rom schen. Die Motorisierung macht und Sizilien Themen für ihre Bilder. Und auch rasche Fortschritte. 1953 hat der viele Schriftsteller zieht es in das sonnige Automobilbestand die Vorkriegs- Land im Süden. Goethe reist für fast zwei zahlen erreicht, bis 1961 wird er Jahre nach Italien. Das Lied der Mignon aus sich verachtfachen. Bis 1956 rei- seinem Bildungsroman »Wilhelm Meister« sen vier Millionen Deutsche zum wird, obwohl es eigentlich in einem ande- Urlaub nach Italien, um die aus ren Zusammenhang steht, zum Sinnbild der den Schlagern bekannte Traum- Notenblatt mit der Traumkulisse der deutschen Italiensehnsucht: »Kennst du landschaft zu erleben. Dies stei- Deutschen das Land, wo die Zitronen blühn?«. gert wiederum die Beliebtheit der Italienschlager über Sonne, Capri und Chiantiwein. Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) Der Portier mit der kurfürstlichen Nase, welcher viele Kenntnisse von der Weltgeschichte hatte, sagte oft zu mir: »Wertgeschätzter Herr Einnehmer! Italien ist ein schönes Land, da sorgt der liebe Gott für alles, da kann man sich im Sonnenschein auf den Rücken legen, so wachsen einem die Rosinen ins Maul, und wenn einen die Tarantel beißt, so tanzt man mit ungemeiner Gelen- kigkeit, wenn man auch sonst nicht tanzen gelernt hat!« Nein, nach Italien, nach Italien! rief ich voller Vergnügen aus und rannte, ohne an die verschiedenen Wege zu den- ken, auf der Straße fort, die mir eben vor die Füße kam.

Joseph Rebell: Küste von Capri bei Sonnenuntergang (1817)

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Der Traum vom Süden 1947

Im Käfer nach Italien noch nicht abzusehen. Nach 1950 wird der »Käfer« gera- dezu zum Symbol des Wirtschaftswunders. Seine explodie- renden Verkaufszahlen illustrieren den unerwarteten An- Das deutsche Wirtschaftswunder stieg des Bruttosozialproduktes in der Zeit zwischen der Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges steht Deutschland Währungsreform im Jahr 1948 und den späten 60er-Jahren. unter der Kontrolle der Siegermächte. Die großen Bevölke- Im Mai 1949 läuft der 50 000. Käfer vom Band, 1955 ist es rungsverluste, das Fehlen der Kriegsgefangenen als Arbeits- bereits eine Million. Der Käfer wird zum meistverkauften kräfte und die Flüchtlingswelle aus dem Osten führen in Auto der Welt. Ständige Weiterentwicklungen – 1954 wird den zerbombten Städten zu oft katastrophalen Lebensbe- die Motorleistung von 25 auf 30 PS erhöht – und steigende dingungen. Hohe Reparationsforderungen und die von den Preise begleiten die Einkommensverbesserungen in dieser Siegermächten erzwungene Demontage besonders in der Zeit der Vollbeschäftigung. Nicht zuletzt bringt der Käfer Schwerindustrie hemmen zunächst die Wirtschaft im geteil- den Deutschen den Wochenendausflug und sogar Italien ten Deutschland. In den Folgejahren beflügelt aber der all- näher, das Traumziel aller Urlauber. gemeine industriell-technische Fortschritt den Aufschwung. 1 Die Finanzmittel des Marshall-Plans stützen diese Entwick- Unter südlichen Sternen lung. 1948 schließen sich die drei westlichen Besatzungs- zonen zusammen; Westdeutschland wird in das europäi- Dass die Autos gut gewartet waren, wurde immer wich- sche Wirtschaftssystem eingegliedert. Innere Reformen »tiger, denn auch wenn es nicht unbedingt ein Vergnügen (Währung, Wirtschaftssystem) verleihen zusätzliche Im- war, mit einem 30-PS-Käfer Alpenpässe zu überwinden, pulse. 1950 wird das wirtschaftliche Vorkriegsniveau be- nahm die Zahl derer, die sich und ihrem fahrbaren Untersatz reits überschritten, es herrschen Vollbeschäftigung und Ar- diese Strapazen zumuteten und im Sommer nach Italien auf- beitskräftemangel. Die deutsche Bevölkerung erlebt ein brachen, doch von Jahr zu Jahr zu. Denen, die zu Hause blie- Wirtschaftswunder. ben und nicht an den dichtgedrängten Strandkörben an der Zum Symbol dieses Aufschwunges wird der »Käfer«. 1931 Adria »Volare« und »O sole mio« singen konnten, blieb hatte Ferdinand Porsche mit der Konzeption eines Fahrzeu- nichts anderes übrig, als sich mit den heimischen Schlagern ges begonnen, das für alle bezahlbar sein sollte. Der über- zu begnügen. Die Schlager brachten all die Träume zum wältigende Erfolg des Vorhabens war zu diesem Zeitpunkt Klingen, die wir uns nicht erfüllen konnten. Da war von exo- tischen Gestaden die Rede, von den Entbehrungen des rauen Seemannslebens, von Küssen unter südlichen Sternen und von Gitarren, die leise durch die Nacht klangen. (Jürgen Brater, Fachbuchautor,« 2005)

Robert Gernhardt: Deutscher im Ausland (1987) Ach nein, ich bin keiner von denen, die kreischend Das breite Gesäß in den Korbsessel donnern, Mit lauten Organ »Bringse birra« verlangen. Und dann damit prahlen, wie hart doch die Mark sei.

Ach ja, ich bin einer von jenen, die leidend Verkniffenen Arsches am Prosecco-Kelch nippen, Stets in der Furcht, es könnte jemand denken: Der da! Gehört nicht auch der da zu denen?

Käfer auf dem Weg zu Italiens Sonnenküste

1 Marshall-Plan: Auf die Initiative des US-Außenministers George Mar- shall startete 1949 ein Hilfs- und Wiederaufbauprogramm für das zer- störte Westeuropa.

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1947 Der Traum vom Süden Capri-Fischer Text: Ralph Maria Siegel; Musik: Gerhard Winkler © Europaton

= 120 e A A A ### 2 & 4 œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ ˙ Wennœ bei Ca - pri die ro - te Son - ne im Meer ver - sinkt

7 4 A A A# E /B ### & œ œ œ œ œ œ œ ˙ undœ vomœ Him-mel die bleiœ - cheœ Si - chel des Monœ - desœ blinkt,

7 7 8 E Bm E Bm # # & # œ œ œ œ œ œ œ œ œ zieh’nœ dieœ Fi-scher mit ih - renœ Boo - ten aufs Meer hinœ - aus,˙

7 12 Bm E E+ A fi ### & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ undœ sieœ le - gen im wei - ten Bo - gen die Net - ze aus.˙

16 A A A A # # & # œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ ˙ œ Nurœ dieœ Ster-ne, sie zei - gen ih - nen am Fir - ma - ment

A A 7 A D 20 + ### œ & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ ˙ ihœ - ren Weg mit den Bil - dern, die je - der Fi - scher kennt.

24 D D Dm A # # . . & # œœœ œ œ œ œ œ œ œ œ Und von Boot zu Boot das al - te Lied er - klingt,˙

7 7 28 A E E A # # j & # j ‰ œ ˙ œ ‰ œ ˙ œ hörœ von fern, wieœ es singt:

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Der Traum vom Süden 1947

A E 7 E 7 32fi # ## j ‰ œ œ œ & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ J Bel - la, bel - la, bel - la Ma - rie, bleib mir treu, ich komm zu -

A A E 7 E 7 35 fifi ### & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ rück mor-genœ früh!œ œ Bel - la, bel - la, bel - la Ma - rie, ver - giss mich

7 7 39 A A G G # # j n n & # ˙ œ ‰ œ n ˙ œ œ œ nie! Siehœ denœ# Lichœ - ter - schein drau-ßenœn œ auf dem

7 7 43 C C E E & œ œ. œ# œ œ. œ# œ Meer˙ œœru - heœ# - losœ und klein – was kannœ das sein, was irrtœ dort

Am Am Bm7 5 Bm7 5 Am 47 b b œ ˙n œ œn & œ œn œ ˙ spät nachts um - her?œ œœWeißt du,œ# wasœ da fährt? Wasœ dieœ# Flutœ durch - quert?

1. x D.C. al 2. x D.C. al fi - fi 7 7 fifi - fifi 52 Am E E A A # # & œ œ œ. œ# œ œ. œ# œ ˙ œ # Unœ - geœ# - zählœ - te Fi - scher, deœ - ren Lied von fernœ man hört.

Coda A AE7 A AErit. 7 A A fifi57 # # & # ˙ œ œ ˙ œ œ ˙ œ nie! Belœ - laœ Ma - rie, verœ - gissœ mich nie!

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1955 Black and proud Ray Charles: This Little Girl of Mine

2004 Im Juni stirbt Ray Charles. Im Herbst kommt mit »Ray« die Verfilmung seines Lebens in die Kinos, an der er noch selbst mitgewirkt hat.

Soul’s Makeup

Fusion Soul I don’t think you could tag a certain year as the date that »soul music appeared, because it didn’t happen that way. It evolved over a period of time. Even today, you could ask five different people what it was and how it got started and get five different answers. […] Originally, soul music had a strong element of the church, of spiritual music. It had a gos- Ankündigung des pel music feeling, and then it incorporated the sound of »Genius of Soul« blues music. That’s soul’s makeup: the fusion of gospel and für die triumphale Deutschlandtour- blues, all mixed up together. It’s the crossover of those forms nee 1968 of music that makes soul unique.« (Ray Charles)

Welt und Zeit Gospel 1936 Der siebenjährige Raymond Charles Robinson erblin- Um 1930 bildete sich in den afroamerikanischen Gemeinden det am Grauen Star. Er selbst führt die Erblindung auf der US-amerikanischen Südstaaten eine eigene Art der Kir- ein traumatisches Erlebnis zurück: Er musste zusehen, chenmusik heraus, der Gospelsong. Der Begriff »Gospel« lei- wie sein jüngerer Bruder in einem Waschtrog ertrank. tet sich von Godspell (Gottesbotschaft) ab, einer englischen 40er- Der Begriff Rhythm & Blues ersetzt die als diskrimi- Bezeichnung für »Evangelium«. Gospelsongs entstanden ur- Jahre nierend empfundene Bezeichnung »Race Music«. sprünglich aus spontanen Zurufen der Gemeindemitglieder Beide kennzeichnen eine Popmusik afroamerikani- während der Auslegung des Evangeliums durch den Prediger. scher Musiker für ein afroamerikanisches Publikum, Dieses Prinzip des »Call die später zur Wurzel anderer Spielweisen wird. Wäh- and Response« erinnert rend die weiße Unterhaltungsmusik von Bigbands an die Worksongs der geprägt wird, begnügt sich der R & B mit einer redu- Sklavenzeit. Grundlage zierten Besetzung (Rhythmusgruppe, Saxophon- der Gospels waren oft die Satz). Spirituals, die im 18. und 1955 Mit »This Little Girl of Mine« nimmt Ray Charles ei- 19. Jahrhundert aus der nen Song auf, der zusammen mit anderen Liedern Umformung englischer dieser Zeit stilprägend wirkt. Er basiert auf dem Kirchenhymnen entstan- Gospelsong »This Little Light of Mine«. den und als einzige Musik Rosa Parks, eine Aktivistin der schwarzen Bürger- den Sklaven offiziell er- rechtsbewegung, wird in Alabama festgenommen, laubt waren. Die Beglei- weil sie sich weigert, ihren Platz für einen weißen tung der Lieder am Klavier Mitfahrenden zu räumen. oder an der Orgel ergänzt 1959 Ray Charles’ Aufnahme von »Georgia on My Mind« die Gemeinde durch rhyth- wird zu einem großen Erfolg. Der Song wird 1979 misches Klatschen und zur offiziellen Hymne des US-Bundesstaates Geor- Tamburinschläge. Oft mün- gia erklärt. den sie in einen ekstati- schen Tanz der Gläubigen.

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Black and proud 1955 I’m black and proud

Spoken Soul Claude Brown (1937–2002) war einer der wich- tigsten afroamerikanischen Schriftsteller.Die Spra- che der Schwarzen nannte er »spoken soul«. Ihre besondere Eignung für die Musik beschrieb er so: The language of soul […] possesses a pro- »nounced lyrical quality which is frequently incom- patible to any music other than that ceaseless and relentlessly driving rhythm that flows from poi- gnantly spent ideas.« Und über das Wesen des Soul sagte er: Soul ist Unverschämtheit, Mann. Soul ist Arro- »ganz, Soul ist, wenn man die Straße hinuntergeht in einer Weise, die ausdrückt, hier komm ich! […] Soul bedeutet ehrlich zu sich selbst sein, zu dem, was du bist. Und nun pass auf: Soul ist der uneinge- Montgomery, Alabama schränkte, nein, dieser extrem uneingeschränkte Ausdruck des Selbst, der praktisch allen Lebensäußerungen der Ne- Am 1. Dezember 1955 fuhr Rosa Parks in Montgomery,Ala- ger1 innewohnt. Das ist Soul. Und da ist Stolz drin, Mann! bama, von der Arbeit nach Hause. Sie setzte sich in den Teil « des Busses, der für Weiße reserviert war. Als sie sich wei- Nationalism in Pop gerte, ihren Platz für weiße Mitreisende freizumachen, wurde sie verhaftet, erkennungsdienstlich behandelt und Ende der fünfziger Jahre kam ein obskurer Begriff auf: später zu einer Geldstrafe verurteilt. Dies löste eine uner- »»Soul«. Er diente als Signet für eine Geisteshaltung und ei- wartete Reaktion aus. Das Women’s Political Council rief nen seelischen Zustand, der unbeschrieben blieb. Soul hatte zum Boykott der Buslinien auf. Martin Luther King unter- man, oder man hatte es nicht. Basta. […] Man hat es von Ge- stützte den Boykott und markierte damit den Beginn seiner burt, erjagen kann man es nicht und kaufen schon gar nicht: Laufbahn vom bis dahin kaum bekannten Prediger einer Ersatz für mangelnden sozialen Status bei den Minderprivi- Baptistenkirche in Montgomery zum wichtigsten Führer der legierten. […] In diesem Sinne meinte auch der Schauspieler Bürgerrechtsbewegung. Die farbige Bevölkerung folgte dem Godfrey Cambridge, »Soul« sei die Sprache der Subkultur, Aufruf zum Boy- die man nicht erlernen könne, weil niemand einem kott geschlossen; »schwarze Stunden« geben könne. die Verkehrsbe- Soul Music reflektiert Anerkennungsstreben und Anpassung triebe von Mont- ebenso sehr wie Selbstbewusstsein und revolutionären Elan gomery mussten der farbigen Amerikaner: Say it loud, I’m black and proud! immer größere […] Mitte der sechziger Jahre – als sich beispielsweise die Ra- Verluste hinneh- diostation WOL in Washington, DC als Soul Radio bezeich- men. Nach 382 nete und Rassenunruhen immer mehr zunahmen – hatte der Tagen,im Dezem- Terminus »Soul« einen eminent politischen Gehalt. Arnold ber 1956, wurde Shaw sagte: »Soul is black nationalism in pop«. In Neger- durch ein Urteil ghettos wurde das Identifikationssymbol »Soul brother« des Obersten Ge- von schwarzen Ladenbesitzern als Schild benutzt, um sich richtshofes der vor Zerstörung und Plünderung zu schützen. USA die Rassen- (Wolfgang Sandner, Musikredakteur,« 1997) trennung in Montgomerys 1 Claude Brown verwendet hier das Wort »Neger« als Ausdruck der be- Bussen aufgeho- Rosa Parks am 1. Dezember 1955 bei der wussten Abgrenzung von anderen Bevölkerungsgruppen. ben. Abnahme ihrer Fingerabdrücke

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1955 Black and proud This Little Girl of Mine Text u. Musik: Ray Charles © Intersong

= 176 q Verse F F 7 F 7 4 & b 4 œœœ œ œ œ ˙ Ó œœœ# œ œ œn œ 1. Doœ youœ knowœ thatœ this lit - tle girl of mine I want you peo - ple to know.

7 7 7 4 F Bb Bb F j j & b ˙ Œ œ œ œ œb œ œ œ œ Œ œœ œ œ œ œ œb Thisœ lit - tleœ girl of mi - ne I take herœ ev’r - y - where I 7 8 F F F/A j & b ‰ j œœœ œ ‰ œ œœœ œ ‰ j go.œ œ œ Oneœ dayœ œ I looked at my suit, my suit was new, œI B 7 B 7 F C 7 11 b Chorus j j & b œ œ œ œb œ œ œœ œ ŒÓ œ ŒÓ lookedœ at myœ shoes, and they where too. Andœ that’sœ whyœ I, I,

7 15 F Bb F Dm Gm Bb/C F & b œ ŒÓ œŒÓ œ œ œ j œ I, I, oh œ. œI love thatœ litœ - tleœ girlœœ ofœ mine. ˙

2. Oh do you know that this tittle girl of mine 4. Do you know that this little girl of mine Makes me happy when I’m sad. Knows how to dress so neat. This little girl of mine This little girl of mine Loves me, even when I’m bad. Stops the traffic on the street. She knows how to love me right down to her teeth, When the fellas start whistling, well I don’t mind, If she does any wrong, you know she keeps it from me. I can’t blame them, ’cause she is fine.

(Bridge)

3. Do you know that this little girl of mine Called me last night about eight. This little girl of mine Told me that we had a date. She said that she’s meet me at a quarter to nine, Believe it or not, but she was right on time

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Idole des Rock ‘n’ Roll 1955 Elvis Presley: Tutti Frutti

Welt und Zeit

1950 Das »Sun Studio« in Memphis, Tennessee, wird ge- gründet. Der Betreiber, Sohn eines Plantagenbesit- zers, erhielt seine musikalische Ausbildung von schwarzen Arbeitern seines Vaters. In dieser Platten- firma macht Elvis Presley im Jahr 1953 seine ersten Tonaufnahmen. 1954 zeigt Elvis zum ersten Mal auf einer Bühne in Mem- phis den Hüftschwung, der zu seinem Markenzei- chen wird. Und ich sang eine schnelle Nummer, eine meiner» ersten Platten, und alle schrien, und ich wusste nicht, warum sie schrien … Und ich kam hin- ter die Bühne, und mein Manager sagte, sie schrien, weil ich gewackelt hätte … Also ging ich wieder hi- naus für eine Zugabe. Und ich – ich hab irgendwie ein bisschen mehr gemacht. Und je mehr ich machte, desto wilder wurden sie. 1955 Elvis Presley schließt mit« dem Label RCA einen Ver- trag. Mit Hits wie »Heartbreak Hotel« und »Tutti Frutti« erobert er den Plattenmarkt; im selben Jahr erfolgt ein erster Fernsehauftritt.

Das Original Elvis Presleys Hüftschwung trug ihm den Beinamen »The Pelvis« »Tutti Frutti«, einer der (»Das Becken«) ein. großen Erfolge der Rock- Geschichte, stammt von wählte er eine Zeile aus »Tutti Frutti«: »AWopBopaLooBop- Richard Penniman. Wie in ALopBamBoom«. Einen Bühnenauftritt des exzentrischen vielen Fällen, so hat mit Little Richard beschreibt er so: Elvis Presley auch hier ein weißer Sänger das Origi- Er sah herrlich aus, trug einen ausgebeulten Anzug mit nal eines Afroamerika- »Elefantenhosen, die unten über siebzig Zentimeter breit ners übernommen. Und waren, und kämmte sich seine Haare zu einer monströsen wie fast immer wurde im Tolle. Er hatte einen kleinen Zahnbürsten-Schnurrbart und Laufe der Zeit die Origi- ein rundes, absolut ekstatisches Gesicht. nalversion vergessen. Er spielte Klavier und stand x-beinig vor dem Instrument. Er 1955, als Elvis Presley hämmerte mit beiden Händen auf die Tasten, als wenn er »Tutti Frutti« sang, war das ganze Ding in Stücke hauen wollte. Wenn er sich auf den Richard Penniman, der Höhepunkt steigerte, dann hob er ein Bein auf die Tasten sich auf der Bühne »Little und schlug mit der Hacke, und seine Hosenbeine versperr- Richard« nannte, einer ten die Sicht. Er kreischte und kreischte und kreischte. Seine der erfolgreichsten afro- Stimme war freakish, unermüdlich, hysterisch und absolut Little Richard auf der Bühne (1957) amerikanischen Rockmu- nicht unterzukriegen. Nie war sein Gesang leiser als das siker. Der britisch-ameri- Brüllen eines wütenden Stieres. Jede Phrase garnierte er mit kanische Autor Nik Cohn hat im Jahr 1969 eine der besten Wimmern, Schnarren oder Sirenentönen. Seine Vitalität und Darstellungen der frühen Rockmusik verfasst. Als Titel sein Drive waren grenzenlos.«

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1955 Idole des Rock ‘n’ Roll

Jetzt ist Erdbeben rannte in die Küche, schnappte Töpfe und Kochlöffel, trommelte die letzte Minute von »Tutti Frutti« mit, und da- Das universale Idol mit war die für mich damals aktuelle Mit dem Rock ’n’ Roll in der Mitte der Berufsentscheidung zwischen Seefah- »fünfziger Jahre begann die moderne Pop- rer und Trommler gefallen. Elvis Pres- musik. […] Neu war an ihr Aggressivität, ley hat mich angezündet, und ich Sexualität und der rücksichtslose Lärm, und dachte: Jetzt ist Erdbeben. das meiste davon kam vom Beat. Dieser (Udo Lindenberg, Rockmusiker,« war nämlich stärker und lauter als je zuvor, in einem Interview mit dem STERN, weil er elektrisch verstärkt wurde. Das we- 1977) sentliche Element der Popmusik waren die elektrisch verstärkten Gitarren. Sie gab es Alles, was im Jazz leicht und ge- natürlich schon länger. […] Aber nie zuvor »löst, geistvoll und ausdrucksreich ist, hatten sie die Basis einer ganzen Musikrich- wird beim Rock ’n’ Roll eindringlich tung gebildet. Grob, kraftvoll und unend- Elvis auf Vinyl und laut, vulgär und banal. Der Swing1 lich laut tauchten sie auf wie musikalische beispielsweise, der dem Jazz seine in- Monstren des Raumzeitalters, und mit einem Schlag wisch- tensive Spannung gibt, wird im Rock ’n’ Roll zu einem primi- ten sie all die unverbindliche Höflichkeit fort, die ihnen vo- tiven Stampfen. Die ausdrucksvolle Tonbildung der Jazzblä- rangegangen war. ser wird im Rock ’n’ Roll zum unnuancierten Röhren – vor Damit es wirklich losgehen konnte, brauchte der Rock ein allem des Tenorsaxophons. universales Idol, ein Symbol, einen Sammelpunkt. Jeman- (Joachim-Ernst Berendt,« Experte für Jazzmusik, 1993) den, der sehr jung war, den man nicht zu teilen brauchte – Exklusiveigentum der Teenager. Jemanden, der die ganze Bewegung zusammenfasste, ihre Grenzen bestimmte und Vinyl verändert die Welt die Richtung. […] Elvis ist Anfang und Ende der Popmusik. Er ist das große Original, neben dem alle anderen verblas- Seit 1888 gibt es Tonaufzeichnungen, die musikalische Pro- sen. Sein großer Beitrag war, dass er klarmachte, ein wie duktionen der Welt und der Nachwelt zugänglich machen. wichtiger ökonomischer Faktor die Teenager sein konnten. Emil Berliner stellt in Philadelphia seinen Tonträger vor,eine Vor Elvis war der Rock nur eine vage Geste der Revolution wachsbeschichtete Zinkscheibe. Zunächst muss jede gewesen. Mit Elvis aber wurde er mit einem Schlag unab- Scheibe einzeln hergestellt werden. Aber schon im nächs- hängig und stabil, und dann brachte er seinen eigenen Stil ten Jahrzehnt findet man Wege zur Vervielfältigung von hervor, in Kleidung, Sprache und Sex. […] Das war der ent- Matrizen, und man entwickelt praktikable Abspielgeräte. scheidende Durchbruch der Teenager, und Elvis löste ihn Die Schellackplatte beherrscht nun für Jahrzehnte den Ton- aus. (Nik Cohn, Rockjournalist, 1969) trägermarkt, bis Peter Carl Goldmark im Jahr 1948 die erste « Vinyl-Schallplatte herstellt. Die kostengünstige und unemp- Reaktionen findliche Single verdrängt nun die zerbrechliche Schellack- platte. Damit beginnt die Geschichte der Verkaufserfolge, Schon in seinem »Geburtsjahr« 1955 erreichte der Rock ’n’ der Charts, und es beginnt der weltweite Siegeszug der Roll die ganze westliche Welt. Auch in Deutschland gab es Popmusik. bald einheimische Rockstars. Peter Kraus z. B. nahm bay- risch gefärbte Versionen von Rocksongs auf. Die Reaktionen auf die neue Musik fielen allerdings sehr unterschiedlich aus: Damals, ich war elf, schoss aus dem Radio Elvis Presley »mit »Tutti Frutti«, und die ersten Takte verbannten meine bisherigen Lieblingslieder »Ave Maria«, »Was hat der Hans mit der Grete getan«, »Der lachende Vagabund« und sogar »Marina« schlagartig aus meinem Frischlingsherz. Worum es 1 Swing: engl. für »Schwingen«, »Schwung«; Bezeichnung für die rhyth- mische Energie im Jazz, Folge des andauernden Konfliktes zwischen ging, verstand ich nicht, aber diesen Schluckaufgesang und dem Metrum im Grundrhythmus und dem Abweichen vom Metrum die elektrisierende Musik rockten mich durch, und ich (Off-beat) im Melodierhythmus

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Idole des Rock ‘n’ Roll 1955 Tutti Frutti Text u. Musik: Richard Penniman, Dorothy LaBostrie, Joe Lubin © EMI Bright Rock ’n’ Roll Tempo = 108 Intro h G G # C . j j œb . & Wopœ - bopœ œ a - loomœ - opœ œ a - lopœ bamœ - boom!œ Tut -œ ti

Chorus 3 G G G G # . œb Œ‰. ŒŒœb . œ# œn Œ‰. ŒŒœb . & Frut-tiœ auœ rutœ -œ ti Tut -œ ti Frut-ti auœ rutœ -œ ti Tut -œ ti

7 7 7 C C G G # œ œb Œ‰. ŒŒœb . œ# œn Œ‰. ŒŒ . & Frut - ti auœ rutœ -œ ti Tut -œ ti Frut-ti auœ rutœ -œ ti Tutœ -œ ti

7 7 11 D D G G Fine # j j & œb œ Œ‰œ. œ œ ŒŒ‰. r œ œ. œ œ j œ œ œ Frut-ti au rut-ti. œA- wop - bopœ a-loom - opœ a - lop bam-boom!

Verse (14 ) G G G # j j & œ œ œ ˙Œœ ˙œ œ Œ‰œ œ œ œ œ 1. I got a gal, named Sue, she knows just what toœ do. 2. I got a gal, named Dai - sy, she al - most drives me cra - 3. = 2. (al Fine) 7 7 18 G C C # j & ˙ ‰ œœœ ˙ ~~~~ Œ œ ˙œ œ Œ‰œ JI got a gal, named Sue, she zy. I got a gal, named Dai - sy, she

21 G G G 7 # & œ œ œ œ ˙ Œ ‰jœ œ. œœ œ. ‰j knows just what toœ do. Sheœ rocks to theœ east,J sheœ al - most drives me cra - zy. She knows how to love me

7 7 7 24 G G G # j . Œ œ œb œ œœ. œ œb œ œ. . & rollsœ toœ theœ west,œ ‰ J she’s the galœ œ I J love the best.œ œ Tut - œti yes, – in - deed. Oh boy, you don’t know what she’s doin’ to me. Tut - ti

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1955 Der Klang der Karibik Harry Belafonte: Banana Boat Song

Welt und Zeit son Mandela im Kampf gegen die Apartheid1 und wurde Botschafter von UNICEF,dem Kinderhilfswerk der Vereinten 1494 Christoph Nationen. Kolumbus entdeckt Battle against oppresive forces während seiner zwei- I was born in Harlem, USA., and I was born in a place go- ten Fahrt »verned by racial laws which were demeaning and oppres- nach Westen sive. In the earliest of my years, my mother, out of a sense of Jamaika. Die Ka- safety for her children, took us to Jamaica (where she was ribikinsel wird 1509 born) and there, under the rule of Britain, I worked on plan- spanische Kolonie. Eine »Hand« Bananen, gemalt tations owned by absentee British. So, in my childhood and Die indianische Ur- auf einen Ölfassdeckel in Jamaika in my growing, I had a great sense of what racism was about. bevölkerung stirbt And very early on life, thanks to my mother’s feistiness, I ac- wegen der harten Arbeitsbedingungen und wegen cepted that my role in life was to do battle against these op- eingeschleppter Krankheiten rasch aus. Schon im pressive forces. (Harry Belafonte in einem Interview frühen 16. Jahrhundert werden afrikanische Skla- « mit dem Word-Magazin, Toronto, 2004) ven auf die Insel gebracht. 1670 Jamaika wird englisch. Die Insel wird zu einem Zen- trum des Sklavenhandels. 1838 wird die Sklaverei auf Jamaika abgeschafft. Die be- freiten Sklaven bearbeiten unter elenden Umstän- den das Innere der Insel; die Plantagen der engli- schen Großgrundbesitzer in Küstennähe geraten wegen des Mangels an Arbeitern in äußerste wirt- schaftliche Bedrängnis. 1962 Jamaika wird unabhängig.

Ein Jamaikaner aus New York

Zwei Karrieren Harry Belafonte wurde 1927 als Sohn eines Schiffskochs aus Martinique und einer Arbeiterin aus Jamaika in New York City geboren. Nachdem sein Vater die Familie verlas- sen hatte, lebte er mit seiner Mutter fünf Jahre lang auf Ja- maika, kehrte dann aber nach New York zurück. Nach dem Harry Belafonte und Martin Luther King Kriegsdienst bei der amerikanischen Marine begann Bela- fonte eine Laufbahn als Schauspieler. Seine Rolle in dem Film »Carmen Jones« machte ihn zum Star. Mit dem »Calypso«, das 1955 erschien, begann er eine zweite Kar- riere als Musiker. Harry Belafonte wurde für lange Zeit zum Inbegriff jamaikanischer Musik. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler und Sänger war Belafonte immer politisch ak- tiv. Er war mit Martin Luther King befreundet und spielte in 1 Apartheid: System der Rassentrennung in der Republik Südafrika, das der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung eine Rolle, un- erst 1994 mit der Wahl Nelson Mandelas zum Präsidenten beendet terstützte den späteren südafrikanischen Präsidenten Nel- wurde

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Der Klang der Karibik 1955

Königin Banane Standard Fruit und Jamaica Producers

Vor etwa 100 Jahren löste auf Jamaika Königin Banane »König Zucker als Hauptdevisenbringer ab. Kaum jedoch war mit dem Bananenboom eine solide Schicht von etwas besser verdienenden Bauern entstanden, zerstörte eine Virus- krankheit die Bananenpflanzen. Obwohl der Multi »Stan- Einzelhändler 40 % dard Fruit« daraufhin aus Jamaika abzog, um in Mittel- und Südamerika sowie auf den Philippinen zu investieren, kam der Bananensektor auf der Insel rasch wieder auf die Beine. Großhändler/Importeur 20 % Die Früchte von »Jamaica Producers«, einer Organisation, zu der sich Tausende von Kleinbauern mit einem Besitz von zwei bis zehn Morgen Ackerland zusammengeschlossen Verschiffung/Transport 15 % hatten, fanden aufgrund der besseren Qualität beträchtli- chen Absatz auf den Märkten der westlichen Welt, vor allem in Großbritannien. Verpackung 15 % In der Mitte der 90er-Jahre aber begann der berühmte Ba- nanenkrieg. In den USA wird zwar keine einzige Banane für den Export angebaut, aber zwei ihrer großen Konzerne Pflanzer/Pflücker 10 % kontrollieren den Handel und sind im Zweifelsfall wichtiger als Zehntausende kleiner Bananenpflanzer. Die Bananenfar- Die Anteile der am Vermarktungsprozess Beteiligten am Preis mer in Grenada, Tobago, St. Vincent, St. Lucia und Jamaika einer Banane gehen derweil vor die Hunde. Wenn die Bananen auf den großen Plantagen Jamaikas ein- mal nicht die vorgeschriebene Form und Größe haben, dür- Finger, Foot und Bunches fen die Arbeiter nach Feierabend jeweils ein Büschel mit Die Banane gehört zu den ältesten Kulturpflanzen. Ur- nach Hause nehmen. Sie verfüttern diese an ihre Schweine, sprünglich stammt sie aus Asien; heute wird sie in vielen schmecken sie doch nur nach Wasser sowie Sprüh- und Dün- tropischen und subtropischen Ländern angebaut. Grün und gemittel. Die anderen, nicht für die Massenproduktion kul- hart, in unreifem Zustand, wird sie das ganze Jahr über ge- tivierten Früchte aber […] schmecken fantastisch. erntet. Die Reifung erfolgt während des Transportes und in (Peter-Paul Zahl, Schriftsteller,« 2002) der Lagerzeit im Verbraucherland. Das Beladen der Schiffe muss wegen der Hafengebühren möglichst rasch stattfin- den. Belafontes Song schildert einen solchen Ladevorgang aus dem Blickwinkel der elend bezahlten, schwer belade- nen Träger. Der Tallyman, der Staumeister, zählt die Bana- nen. Dabei verwendet er das Vokabular der Bananenbau- ern. Eine Banane ist ein »finger«2, 15 bis 20 finger bilden eine »hand« oder (in Belafontes Song) einen »foot«; ein »bunch« schließlich besteht aus etwa 200 Bananen und wiegt bis zu 40 Kilogramm. Eine Gefahr für die Träger, die oft nachts arbeiten, stellen große und außerordentlich gif- tige Spinnen dar,die sich in den Bunches aufhalten können.

2 Vermutlich vom arabischen Wort »banan« für »Finger« Gloria Escoffery: Arbeiter in der Bananenplantage (1957)

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1955 Der Klang der Karibik Banana Boat Song Text u. Musik: Irving Burgie, William Attaway © Global

Freely = 120 A Intro q ( D ) ( D ) ( D ) ( A 7 ) ( D ) # . j & # 4 œ œ œ Œ œ œ œ Œ j j œ œ Day, oh, day, oh.œ œ Day-lightœ œ comeœœan’œ meœ wan’œ goœ home.œ œ

( D ) ( D ) 3 3 5 3 3 ## œ œ œ œ & ŒŒœ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ Day, Mis - sah day, Mis - sah day, Mis - sah day, Mis - sah day, Mis - sah

( D ) ( D ) (A 7 ) ( D ) 7 3 ## j j & œ œ œ œ œœœ œ œ œ œ œ. day, œ oh!˙ Day - light come an’ me wan’ go home.

( 9 ) B D D # j # . œ œ œ œ j œ œœœ œ & 1. Workœ œ all nightœ on a drinkœ a’ rum.J 2. A‰ beau - ti - ful bunch of ripe ba - na - na.‰ Œ

7 12 D A D D j ## j œœœ œ œ œ œ & œ œ œœœ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ DayJ - light comeJ an’ me wan’ go home. Stack ba - na - na till the Day - light come an’ me wan’ go home. Hide the dead - ly 7 15 D D A D j ## j œœœ œ j œœœ œ œ & œ œ J œ œ œœœ œ œ œ œ ˙ mor - ning come. DayJ - light Jcome an’ me wan’ go home. black ta - ran - t’la.‰ Œ Day - light come an’ me wan’ go home. C 7 18 D A D # j # œ œ œ j œœœ œ œ & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œœœ œ œ (1.+2.) Come Mis-sah Tal - ly - man, tal - ly me ba - na - na.œ Day-lightJ comeJ an’ me 7 7 21 A D D A # # œ œ œ œ œ œ œ & œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ wan’ go home. Come Mis- sah Tal - ly - man, tal - ly me ba - na - na.œ

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Der Klang der Karibik 1955

24 D A 7 D D D # j j # j œœœ œ œ ‰ & œ œ œœœ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ DayJ - light comeJ an’ me wan’ go home. Heave six foot, sev - en foot,

7 27 D D A D D # œ j j j & # œ œ Œ œ œ œœœ œ œ œ œ œ œ ‰ œ œ œ œ œ œ œ œ J œ œ œ eight foot bunch! DayJ - light come an’ me wan’ go home. Heave six foot, sev-en foot, 7 31 D D A D # j # œ Œ j œœœ œ œ ‰ . & œ œ œ œ œœœ œ œ œ œ œ . eight foot bunch! DayJ - light comeJ an’ me wan’ go home. E 7 34 ( D ) ( D ) D A D # œ œ j j & # ŒŒœ œ œ œ œ œ œœœ œ œ œ œ œ œ œ 3 ˙ œ œ œœœ œ œ œ œ œ œ œ Day, Mis-sa day, oh, day-lightJ J come an’ me wan’ go home.

( D ) ( D ) 3 3 38 3 3 # œ œ & # ŒŒœ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ Day, Mis - sah day, Mis - sah day, Mis - sah day, Mis - sah day, Misœ - sah ( D ) D A 7 D 40 3 # j j & # œ œ œ œœœ œ œ œ œ ˙ œ œ ˙ œ œ J œ œ ˙ day, oh! DayJ - light come an’ me wan’ go home!

Ablauf Originaleinspielung: A B C D E

Missah = Mister B D E C E stack = stapeln tally = zählen, kontrollieren Ablauf Playback: A B C D heave = heben bunch = Bündel tarant'la = Tarantel B C D E

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1956 Ein amerikanischer Traum Elvis Presley: Love Me Tender

Welt und Zeit Dear Mr. President. 1955 Elvis Presley enga- »First, I would like to introduce myself. I am Elvis Presley and giert mit »Colonel« I admire you and have great respect for your office. I talked Parker einen überaus to Vice President Agnew in Palm Springs three weeks ago geschäftstüchtigen and expressed my concern for our country. The drug culture, Manager. the hippie elements, the SDS1, Black Panther2, etc, do not 1956 Die Dreharbeiten zu consider me as their enemy or as they call it the establish- »Love Me Tender«, ment. I call it American and I love it. Sir, I can and I will be of Presleys erstem Film, any service that I can to help the country out. So I wish not beginnen. to be given a title or an appointed position. I can and I will 1957 Der Rockstar erwirbt do more good if I were made a Federal Agent at Large and in einem Vorort von I will help out by doing it my way through communications Memphis das luxu- with people of all ages. I have done an indepth study of drug riöse Anwesen »Gra- abuse and communist brainwashing techniques and I am celand«. right in the middle of the whole thing where I can and will 1958 Presley leistet (unter do the most good. I was nominated this coming year one of privilegierten Bedin- America’s Ten Most Outstanding Young Men. gungen) seinen P.S. I believe that you, Sir, were one of the Top Ten Outstan- Wehrdienst ab, zum ding Men of America also. Teil im deutschen « Friedberg bei Frank- Elvis Presley bei einem seiner furt. Dies wird von letzten Konzerte im Jahr 1977 manchen als Zeichen des Patriotismus, von anderen als genialer Werbetrick gesehen. Die fol- genden Jahre nach der Rückkehr in die USA werden oft als kommerziell erfolgreich, künstlerisch aller- dings arm beschrieben. Presley widmet sich nun hauptsächlich der Spielfilmproduktion in Holly- wood. 1969 Presley kommt mit seinem Erfolg immer weniger zu- recht. 1977 Elvis Presley wird im Badezimmer seines Anwesens Graceland tot aufgefunden. Der Autopsiebericht nennt als Todesursache »multiple Einnahme von Medikamenten«.

Presley als Drogenfahnder Präsiden Nixon und Elvis Presley treffen sich im Weißen Haus (1970). Die Einnahmen aus den Filmproduktionen erlauben Presley eine fürstliche Hofhaltung. Aber er hat sein Leben nicht mehr im Griff. Fettsucht und Depressionen bestimmen zu- nehmend seine Tage. Auf wie brüchigem Boden er inzwi- 1 »Students for a Democratic Society«, eine linke Studentenorganisa- schen steht, zeigt eine tragikomische Episode aus dem Jahr tion, von der sich radikale Gruppen abgespaltet hatten 2 1966 gegründete, zunächst gewaltfreie Organisation zur Verbesserung 1970. Da schreibt der schwer tablettensüchtige Presley ei- der Lebensverhältnisse der Afroamerikaner, später auch aggressiv- nen Brief an den Präsidenten. revolutionäre Bewegung des »Black Nationalism«

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Ein amerikanischer Traum 1956

Vom Lastwagenfahrer zum Star celand zur Kultstätte der Elvis-Fans. In dieses Anwesen holt er nicht nur seine Eltern, sondern auch einen Großteil sei- ner ärmeren Verwandten, seine Großmutter, zahlreiche Tupelo/Tennessee Tanten, Onkel und Cousins, die er mit unterschiedlichen Wir waren eine Aufgaben wie z. B. Gärtnerarbeiten und Sicherheitsdiensten »religiöse Familie. Wir betraut. sind zusammen von Nach Presleys Tod wird Graceland zur Pilgerstätte. Mit jähr- einer Erweckungsver- lich 700 000 Besuchern ist es nach dem Weißen Haus in Wa- sammlung zur ande- shington das meistbesuchte Gebäude in den USA. ren gezogen, um dort mitzusingen. Schon Wie Idole sterben mit zwei Jahren habe ich Gospelmusik ge- Es gibt Stars, die wie Janis Joplin (»Live fast, love hard, die hört, ich kannte lange young«) in einem antibürgerlichen und exzessiven Leben gar nichts anderes. sehenden Auges einen frühen Tod in Kauf nahmen. Viele Das Geburtshaus in Tupelo/Tennessee Diese Musik war eine Idole früherer Jahre dagegen scheiterten – wie Elvis Pres- Möglichkeit, Proble- ley – an der Unfähigkeit, mit ihrer Rolle als Kultfigur umzu- men zu entfliehen. Wenn gesungen wurde, haben die Pre- gehen. Der 24-jährige Filmschauspieler James Dean raste diger wie wild herumgetobt, sie sind aufs Klavier gesprun- 1955 mit seinem Porsche in den Tod. Marilyn Monroe starb gen und haben alle möglichen Verrenkungen gemacht. 1962 an einer Überdosis an Schlafmitteln. Die Umstände (Elvis Presley, zitiert nach« des Suizids wurden nie restlos aufgeklärt. Über ihre Rolle Pearce Marchbank/Mick Farren, 2000) als Idol äußerte sie sich selbst so: Ich gehöre zu den unsichersten Menschen der Welt. Ich Seine Familie war arm, sein Vater Gelegenheitsarbeiter, »musste wirklich kämpfen. Mir war klar, ich gehöre dem Pu- »und hin und wieder trat er als Gospelsänger auf. Die Pres- blikum und der Welt. Nicht wegen meines Talents oder mei- leys waren fromm und gingen häufig in die First Assembly ner Schönheit, sondern weil ich nie jemandem oder zu et- Church of God. […] Mit dem Umzug nach Memphis, der was gehört hatte. (zitiert nach Neil Grant, 1992) nächstgelegenen größeren Industriestadt, versuchten die « Presleys ihr Los zu verbessern. Trotzdem schaffte der Vater nur eine Teilzeitbeschäftigung, und die Familie musste in ei- nem der heruntergekommenen Häuser im schwarzen Ghetto wohnen. Elvis verdiente sich neben der Schule als Platzanweiser im Kino Geld. Später 41 Dollar in der Woche als Lastwagenfahrer.« (Tony Palmer, 1976)

Graceland, Memphis/Tennessee 1957 erwirbt der 22-jährige Elvis Presley ein großzügiges Herrenhaus mit Park. Bereits zu seinen Lebzeiten wird Gra-

Der Herrensitz Graceland 1939, im Jahr seiner Erbauung

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1956 Ein amerikanischer Traum Love Me Tender Text u. Musik: Vera Matson, Elvis Presley © Carlin/Music Sales

= 88 q G A 7 D 7 G # & 4 œ œ œ ˙ œ w 1. Loveœ me tenœ - der, love meœ sweet, ne - verœ letœ meœ go.

7 7 5 G A D G # & œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ œ w Youœ have made my life com - plete, and I love you so.

7 7 9 GB/F# Em G /D C Cm G # & œ œ œ œ. œ œ ˙ œ œ œ œ w Love me tenJ - der, love me true, all my dreams ful - fill,

6 7 7 7 13 G Dm E A D G # œ œ œ œ œ ˙ & for my dar - lin’, I loveœ you, andœ œ I alœ - waysœ will.w

2. Love me tender, love me long; take me to your heart. 3. Love me tender, love me dear; tell me you are mine. For it’s there that I belong, and we’ll never part. I’ll be yours through all the years till the end of time. Love me tender, love me true … Love me tender, love me true …

Aura Lea (Traditional) Text: William Whiteman Fosdick

1. When the blackbird in the spring 3. Aura Lee! The bird may flee On the willow tree The willows golden hair Sat and rocked, I heard him sing, Swing through winter fitfully Singing Aura Lea. On the stormy air. Aura Lee, Aura Lea, Yet if thy blue eyes I see Maid of golden hair, Gloom will soon depart Sunshine came along with thee For to me, sweet Aura Lea And swallows in the air. Is sunshine through the heart.

2. In thy blush the rose was born, 4. When the mistletoe was green Music when you spake, Midst the winter’s snows Through thine azure eye the morn Sunshine in thy face was seen Sparkling seemed to break. Kissing lips of rose. Aura Lea, Aura Lea, Aura Lea, Aura Lea Birds of crimson wing Take my golden ring Never song have sung to me Love and light return with thee As in that sweet spring. And swallows with the spring.

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Frühe Rock-Rebellen 1957 Chuck Berry: School Days

Welt und Zeit gendlichen eine komplette Abnabelung von den kulturellen Werten des Abendlandes. Sie orientierten sich nunmehr an 1926 wird Charles denen ihrer afro-amerikanischen Mitbürger. Deren Musik Berry in wurde aus dem Ghettodasein herausgeholt und fand überall St. Louis/Mis- immer mehr Anklang. Gleichzeitig entwickelte sich eine au- souri geboren. tonome schwarze Plattenindustrie. In diesem Moment Er wächst in drängten die amerikanischen Jugendlichen auf den Popular- einem afro- musikmarkt. Das veränderte Konsumverhalten war zunächst amerikanisch eine Konsequenz der so genannten Wohlstandsgesellschaft. geprägten Nun konnte sich nahezu jeder Jugendliche seinen eigenen Viertel auf. Plattenspieler und sein eigenes Radio leisten. Es zeigte sich, Seine Haut- dass die Ausdrucksbedürfnisse der Jugendlichen völlig ande- farbe wird ihm rer Natur waren als diejenigen der Erwachsenen. Hatte sich Die Sumner High School in in den südli- die amerikanische Plattenproduktion der letzten Jahre da- St. Louis chen Bundes- rauf spezialisiert, in sentimentalen nostalgischen Schnulzen staaten der die emotionalen Defizite des harten industrialisierten Ar- USA immer wieder Probleme bereiten. In seinen beitslebens zu kompensieren, ging es den Jugendlichen um Memoiren hält er später fest: If you’re white, das Erleben eines erotisch durchdrungenen Körpergefühls. you’re all right. If you’re yellow, »you’re fair fellow. If Hier entdeckten sie im Rock ’n’ Roll das adäquate Ausdrucks- you’re red, you’re low bred. If you’re brown, don’t mittel. Der Konflikt, dem sich die Jugendlichen ausgesetzt come around, and if you’re black, just stay back. sahen, bestand darin, dass gerade in einer Zeit, wo sie ihre 1939 Berry wird Schüler der Sumner High School. « eigene Körperlichkeit Der Text des Songs »School Days« bezieht sich zu entdecken began- auf Erinnerungen an diese Zeit. nen, in der Schule er- 1944 begeht Berry mit zwei Freunden mehrere be- höhte intellektuelle An- waffnete Überfälle und erhält dafür die erste forderungen an sie von drei Gefängnisstrafen seines Lebens. gestellt wurden. Immer 1955 Der weiße Discjockey Alan Freed verbreitet den mehr Schüler mussten ersten von Berry veröffentlichten Song in sei- immer länger die Schul- ner unter weißen wie farbigen Jugendlichen bank drücken. Auch beliebten Radioshow »Moondogs«. dies war eine logische Im selben Jahr kommt der Film »Blackboard Konsequenz der Wohl- Jungle« (»Die Saat der Gewalt«) in die Kinos. standsgesellschaft. Die 1963 Die Beatles covern zu Beginn ihrer Karriere Rockkultur ist dem ge- Chuck Berrys Hit »Roll over Beethoven«. John genüber schulfeindlich Lennon sagt später: If you try to give Rock und steht für Körper- ’n’ Roll another name,» you might call it »Chuck lichkeit, Sexualität und Berry«. Befreiung von zivilisato- « rischen »Verklemmun- Rock-Rebellen gen«: Soon as three o’clock rolls around You finally lay your burden Der Hintergrund down. Beginnen wir mit der Analyse der soziologischen (Reinhard« Flender und »Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft Hermann Rauhe, nach dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem Europa in Chuck Berry beim »Duckwalk«, seinem Musikwissenschaftler, Schutt und Asche lag, vollzogen die amerikanischen Ju- Markenzeichen 1987)

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1957 Frühe Rock-Rebellen

Die Saat der Gewalt Lehrer durch herumlungernde Schülergruppen über den Pausenhof seiner künftigen Arbeitsstätte geht, Geradezu symbolisch für die und symbolisiert die nonkonformistische Haltung Rebellion der Jugendlichen der Jugendlichen. Bei Vorführungen des Filmes gegen die Erwachsenenwelt kommt es weltweit zu Krawallen. im Amerika der 50er-Jahre steht der Film »Blackboard Romanvorlage und Film enthalten eine charakte- Jungle«. Das Sozialdrama hat ristische Szene: Der Englischlehrer Edwards den Aufstand der Jugendlichen möchte seinen Schülern näher kommen. Des- an einer Schule in den Slums von halb spielt er ihnen Aufnahmen aus seiner New York zum Inhalt. Zum ersten Sammlung großer Jazzmusiker vor. Die Schüler Mal in der Filmgeschichte wird können mit der Musik ihres Lehrers überhaupt Rock ’n’ Roll als Soundtrack einge- nichts anfangen und reagieren in unerwarte- setzt. Der Song »Rock around the ter Weise. Clock« von Bill Haley wird durch diesen Film weltbekannt. Er erklingt am Beginn des Filmes, als ein neuer Filmplakat von 1955

Evan Hunter: Blackboard Jungle (1954)

»Los doch«, schrie Alexander. »Was, zum Teufel, verste- und zersplitterte in tausend schwarze Stücke. Ein anderer cken Sie in dem Kasten da? Lass uns doch ma’ gucken, stand jetzt am Plattenkasten, und Edwards raste durch die was er da versteckt«, rief er der Klasse zu. Vallera sprang Klasse, versuchte, ihn aufzuhalten. Ein Junge in der ersten auf und ging zu dem Plattenkasten. Reihe stellte ihm ein Bein, und Edwards fiel aufs Gesicht, »Rühren Sie ja die Platten nicht an!«, brüllte Edwards. Er wobei seine Brille zerbrach. rannte zu dem Kasten und stellte sich mit ausgebreiteten »Sophisticated Lady!« Armen davor wie ein Polizist. »Rühren Sie sie ja nicht »Nein, die nicht!«, rief Edwards. »Bitte, das ist meine …« an!«, brüllte er. »Die Platten suche ich aus! Lassen Sie die Und dann das Krachen, und dann schrie einer »Harlem Finger davon!« Nocturne« und Krach, und dann »Sing, Sing, Sing«, und »Mensch, geh mir aus’m Weg«, schrie Vallera. Er schubste Edwards zerrte blindlings an den Rücken der Jungen, als Edwards zur Seite. Der taumelte weg und flog rückwärts die Platte an die Decke knallte und in schwarzen Splittern gegen die Tafel. »Lassen Sie die Finger von dem Kasten!«, auf sie herabregnete. kreischte er, aber Vallera hielt schon eine Platte in Händen Und dann schnappte sich einer den Kasten und rief: »Ach- und schrie: »Clap Hands, here comes Charlie!1« tung, jetzt geht’s los«, und er hielt ihn mit beiden Händen, »Legen Sie die Platte –«, fing Edwards an. »Wollt ihr die holte von unterhalb der Knie Schwung, hielt ihn ganz fest, hören?«, brüllte Vallera. wie ein Basketballspieler den Ball bei einem Freiwurf. Er »Nein!«, schrie die Klasse unisono, sie standen jetzt auf, schwenkte die Arme ausgestreckt und steif nach oben. bereit, den Spaß mitzumachen. Edwards stürzte von der Der Kasten flog ihm aus den Händen, segelte aufwärts an Tafel weg auf Vallera zu, aber die Platte hatte schon Val- die Decke, schwebte wie eine rechteckige Rakete auf dem leras Hand verlassen und wirbelte in einem Schwindel er- höchsten Punkt seiner Bahn und fiel dann mit der Öffnung regenden schwarzen Bogen durch die Luft. nach unten herunter, die Platten purzelten aus ihren »Cherokee!«, schrie Vallera. »Wollt ihr diesen Scheißdreck Schlitzen, fielen wie schwarzer Regen, krachten auf den hören?« Fußboden und zersplitterten, dass die Fetzen flogen, und »Nein!«, blökte die Klasse. »Wirf sie weg.« auch der Kasten schlug mit dumpfen Knall zu Boden. Edwards kroch auf allen vieren und krabbelte zu der zer- »Ihr Hunde!«, schrie Edwards. »Ihr gemeinen Hunde!« brochenen Platte. Eine weitere Platte krachte an die Wand

1 Bei diesem und den anderen genannten Titeln handelt es sich um be- rühmte Aufnahmen des Jazz.

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Frühe Rock-Rebellen 1957 School Days Text u. Musik: Chuck Berry © Arc Music

= 126 q ( D ) 3 3 D 3 ## 4 Œ œ œ œ j ŒÓ & 4 3 œ œ œ œ œn œ œ# œ# 1. Up in the morn - in’ and out to school. 2. Ring ring goes the bell,

D D D 3 3 3 3 3 3 3 3 3 # & # Œj j ŒÓ Œ j œ œ œ œ œ œ œ œ Theœ teach-œ œer isœ teachœ - œin’ theœ Goldœn - enœ Rule,œ A-œn mer - i-can his -t’ry and prac-ti - calœ# the cook in the lunch-room is ready to sell. You’re luck - y if you can find a G G D 6 3 3 3 3 3 # j & # œ ŒÓ Œ œ œ œ œ œb j œ œ jŒÓ math, you’re stud - yin’ ’em hard, ’n’œ hop - in’ toœ pass.œn œ# seat, you’re for - tu - nate if you’ve time to eat. D A 9 3 3 3 3 # # Œ j œn œ œ œ œ œ œ œ ŒÓ & Workœn - in’ your fin - gers right down toœ theœ# bone, ‰ Back in the class - room o-pen your books, 11 A 3 3 3 3 D # & # ( ) œn ŒÓ . œ‰ andœ theœ œguy œ beœ - hindœ youœ won’tœ leave youœ œ a - lone.œ Coda Gee, but the teach - er don’t know how mean she looks. D D D 13 3 3 3 3 3 3 # & # Œ œ œn œ j œ ŒÓ Œj j j Hail, hail, rock ’n’œ roll.œ# œ Deœ - livœ - erœ meœ fromœ theœ daysœ ofœ D D G G D 16 3 3 3 3 3 ## ŒÓ Œ j ŒÓ Œ j ŒÓ & j œ œ œ œ œ j œ œ œ œ œ œ œ old.œ œ Long live Rock ’n’ Roll, theœn beat of the drums, loud and bold. D A A D D 21 3 3 3 3 # & # Œ œ œ œ j œ ŒÓ Œj ŒÓ ∑ Rock, rock, rock ’n’œ roll, theœ feel-in’œ œ isœ there,œ bodœ -œ y andœ soul.œ 3. Soon as three o’clock rolls around, 4. Drop the coin right into the slot, You finally lay your burden down. You gotta hear somethin’ that’s really hot. Close up your books, get out of your seat, With the one you love, you’re makin’ romance, Down the halls and into the street. All day long you been wantin’ to dance. Up to the corner and ‘round the bend, Feeling the music from head to toe, Right to the juke joint, you go in. ’Round and ‘round and ‘round you go.

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1957 Historia del Tango Anibal Troilo: Quejas de Bandoneón

Welt und Zeit 1920 In England wird der Tanz-»Sport« eingeführt. Der Tango gehört von Anfang an zum Kanon der Stan- Um In großen Mas- dardtänze und nicht der Lateinamerikanischen 1880 sen kommen Ein- Tänze. Juan de Dios Filiberto komponiert mit »Que- wanderer vor al- jas de Bandoneón« einen seiner klassischen Tangos. lem aus Italien 1960 Astor Piazzolla gründet sein »Quintetto Nuevo del und Spanien in Tango«. Der Bandoneonist und Komponist hat vor- die südamerika- her in New York und in Paris gelebt. Schon in dieser nischen Länder Zeit experimentierte er, fügte dem Tango neue Far- am Rio de la ben hinzu, nahm Einflüsse aus der Ernsten Musik Plata. Etwa die und aus dem Jazz auf. Bis heute wird in Argentinien Hälfte der An- über den Tango Nuevo erbittert gestritten, Traditio- kommenden nalisten halten ihn für einen geschmacklosen Irr- bleibt in Buenos weg. Aires. Hier ent- steht der Tango. Fernando Guibert: Tangotänzer Die Wiege des Tango 1907 Der Tango er- (1971) obert Europa Tanos und Gallegos am Rio de la Plata und wird zum Modetanz. In vielen Städten konzer- tieren Tangoorchester und -sänger, vor allem in Paris Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bilden Spanier werden sie begeistert gefeiert. In Nizza findet ein aus Galicien und Italiener, abschätzig »Gallegos« und »Ta- erstes Tango-Turnier statt. Aus der authentischen nos« genannt, die größten der Einwanderergruppen, die in Großstadtfolklore wird ein Modetanz der Schickeria. den vermeintlich reichen Ländern an beiden Ufern des Rio de la Plata, in Argentinien und in Uruguay, ihr Glück suchen. Die Hälfte der Immigranten bleibt in den großen Hafenstäd- ten, vor allem in Buenos Aires. Ähnlich wie in New York sie- deln die Einwanderer auch hier oft in ethnisch relativ ge- schlossenen Stadtvierteln (»barrios«). Aber Land und Stadt können die Massen der Immigranten nicht bewältigen; statt des erhofften Glückes finden viele ein elendes Leben am Rande der Gesellschaft, ein Leben ohne Arbeit, ohne Aussicht und ohne Ansehen. Die Barrios der Einwanderer, zum Beispiel die »Boca« an der Mündung des Riachuelo in den Rio de la Plata, ähneln oft einem Slum. Mit dem Elend wächst in diesen »arrabales« (Vororten) die Kriminalität und Spielhöllen sowie Bordelle blühen auf. Hier, so vermu- ten viele, stand die Wiege des Tangos. Wie Buenos Aires er- hebt allerdings auch Montevideo am anderen Ufer des Rio de la Plata den Anspruch, seine Geburtsstätte zu sein. In der argentinischen Literatur spielt der Tango eine wich- tige Rolle. Auch der größte Dichter des Landes, Jorge Luis Borges (1899–1986), befasste sich immer wieder mit den Musikern, dem Publikum und der Geschichte des Tanzes.

Benito Quinquela Martín: Lastenaufzüge im Sonnenlicht (1945)

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Historia del Tango 1957

Jorge Luis Borges: Historia del Tango (1930)

Es gibt eine Geschichte über das Schicksal des Tangos, die im Film in regelmäßigen Abständen erzählt wird. Nach dieser sentimentalen Version entstand der Tango in den Vorstädten; in den Wohnvierteln der Armen, in aller Regel in der Boca del Riachuelo, wegen der fotogenen Qualitäten dieses Viertels. […] Überaus genaue Histori- ker haben den Anfang des Tangos in verschiedener Weise geschildert. Es fällt mir leicht, jeder ihrer Folgerungen zu- zustimmen, und übrigens auch jeder anderen. In einem zentralen Punkt aber stimmen alle Informanten überein: Der Tango stammt aus den Lupanares, den Bordellen. Und auch im Zeitpunkt dieses Beginnes, den niemand lange vor 1880 oder lange nach 1890 sieht.

Jorge Luis Borges: El Tango (Auszug) Hugo Sbernini: Arrabalero (1971) Diese Sturmböe, der Tango, diese Teufelei Ruft die vergangenen Jahre hervor; allem für den Instrumentalisten fatale Folgen: Um eine Ton- Der Mensch, aus Staub und Zeit gemacht, leiter, also eine Folge von acht Tönen auf dem Bandoneón Ist vergänglicher als die leichte Melodie, zu beherrschen, muss er vier verschiedene Tastenfolgen stu- dieren, nämlich rechts ziehen, rechts drücken, links ziehen Die nur Zeit ist. Der Tango schafft Verwirrung. und links drücken. Das Bandoneón hat dem Akkordeon ge- Unwirkliche Vergangenheit wird eigenartig wahr, genüber aber einen entscheidenden Vorteil: Während beim Die unmögliche Erinnerung, gestorben zu sein Akkordeon die meisten Töne der linken Seite zu fertigen Im Kampf, an einer Vorstadtecke. Akkorden zusammengekoppelt sind, kann und muss der Bandoneonist mit der linken Hand Einzeltöne erzeugen und Heinrich Band aus Krefeld hat so viel mehr Freiheiten in seinem Spiel. (Arne Birkenstock, Eduardo« Blumenstock, Zunächst wurden die Tänze, aus denen sich später der Musiker und Publizisten, 2002) Tango herausbildete, vor allem auf Geigen, Flöten und Gi- tarren musiziert. Bei Auftritten in Lokalen ersetzte das Kla- Tangotexte vier die Gitarre. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam das Instrument an den Rio de la Plata, das heute den unver- Enrique Santos Discepolos Beschreibung des Tangos – »ein wechselbaren Klang eines Tangoorchesters prägt. 1846 trauriger Gedanke, den man tanzen kann« – ist zum Allge- hatte in Krefeld der Musiklehrer Heinrich Band aus der meingut geworden. Ganz zutreffend ist sie indes nicht. In deutschen Konzertina eine kompliziert zu spielende und far- den Texten der Tangos, die neben der Musik und dem Tanz benreiche Knopfharmonika mit 144 Tönen entwickelt und eine gleich wichtige Rolle einnehmen, ist nicht von allge- nach sich benannt: das Bandoneón. Etwa seit 1920 hat das meiner Tristesse die Rede, sondern es geht meist um sehr Tangoorchester, das »orquesta típica«, seine Standardbe- konkrete Anlässe und Ereignisse. setzung entwickelt: zwei Bandoneóns, zwei Geigen, Klavier und Kontrabass, dazu eine Sängerin oder ein Sänger. Pascal Contursi und Samuel Castriota: Mi noche Mit nahezu fünf Oktaven erreicht dieser kleine Kasten triste (1916) »fast den Umfang eines herkömmlichen Klavieres. Das Ban- doneón ist, im Unterschiede zu den meisten Akkordeons, Weib, du bist verduftet in der Blüte meiner Jahre. Hast ein diatonisches, das heißt ein wechseltöniges Instrument. meine Seele verwundet und Dornen im Herzen hinterlas- Während man dieselbe Taste gedrückt hält, entsteht ein sen, hast gewusst, dass ich dich liebe, dass du meine Ton, wenn man den Balg auseinanderzieht, und ein völlig Freude warst und mein heißer Traum. Für mich gibt’s kei- anderer, wenn man ihn zusammendrückt. Diese Diatonie ist nen Trost mehr. Ich kipp mir einen hinter die Binde, um nicht nur für den Musiktheoretiker interessant, sie hat vor deine Liebe zu vergessen.

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1958 Von Cowboys, Outlaws und Hobos Johnny Cash: This Town is Not for Me

Spielarten des Country

Country Music ist ein sehr weit gefasster Stilbegriff.Von den etwa 20 Varianten spielen vier eine übergeordnete Rolle.

Bluegrass bezeichnet häufig sentimentale Lieder, die – von Fiddle, Mandoline,Westerngitarre und Bass begleitet – im mehrstimmigen Satzgesang vorgetragen werden. Cajun heißt die Musik der französischen Siedler, die sich nach dem französisch-britischen Krieg im späten 18. Jahr- hundert in Louisiana niederließen. Die oft auf französische Volksweisen zurückgehenden Melodien werden noch heute mit lauter Stimme in »Cajun-French« gesungen und u. a. Country-Musiker in North Carolina, um mit einer diatonischen Ziehharmonika (Cajun-Accordion) 1860 begleitet. Hillbillies (»Hinterwäldler«) nannte man abschätzig die Welt und Zeit Bewohner der Berg- und Waldgebiete im Südosten der USA. 1925 bediente sich ein Plattenproduzent des Begriffes, um 1846 Nach einer verheerenden Hungerkatastrophe ma- die Musik seiner Künstler zu charakterisieren. Seither ist chen sich etwa eine Million Iren auf den Weg in die »Hillbilly« ein Synonym für Country Music. USA. Ihre Musik wird neben vielen anderen Einflüs- Rockabilly gehört als Mischung aus Rhythm & Blues und sen zu einer wichtigen Wurzel der Country Music. Country Music zu den Wurzeln des Rock ’n’ Roll. 1869 Mit der Vollendung der ersten Ost-West-Eisenbahn- verbindung ist der Weg für die Erschließung des rie- sigen Landes offen. Nun werden auch die weiten Gebiete des Westens und des Südens besiedelt, die Thomas Hart Benton (1889–1975) malte »The Sources of Country zur Heimat der Country Music werden. Music« als Wandbild für die »Country Music Hall of Fame« in 1925 Die erste der bis heute allwöchentlich übertragenen Nashville, Tennessee. Sendungen mit Country Mu- sic wird in Nashville, Tennes- see, ausgestrahlt. 1927 Die Carter Family schließt ei- nen Plattenvertrag ab. Die Musik dieser Familie beein- flusst Interpreten der unter- schiedlichsten Ausprägun- gen der Country Music. Johnny Cash heiratet später ein Mitglied der Familie. Um Nashville wird zur Haupt- 1950 stadt der Country Music. Hier sitzen die großen Plattenfir- men, hier ist der wichtigste Konzertsaal, die »Gran Ole Opry«, und hier steht auch die »Country Music Hall of Fame«.

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Von Cowboys, Outlaws und Hobos 1958 Die Helden der Country-Songs

Country-Songs erzählen oft von Gruppen am Rande der Ge- sellschaft, von Cowboys, Outlaws und von Hobos. So nannte man die Wanderarbeiter, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert und in den Zeiten der Depression um 1930 (oft als blinde Passagiere in den Frachtzügen oder auf den Dä- chern der Waggons) von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle zogen. Der amerikanische Literatur-Nobelpreisträger John Stein- beck (1902–1968) erzählt in seinem Roman »Von Mäusen und Menschen« von zwei sehr verschiedenen Mitgliedern dieser Subkultur der Heimatlosen. Der kleine, kluge George fühlt sich für den bärenstarken, aber geistig zurückgeblie- benen Lennie verantwortlich.

John Steinbeck: Von Mäusen und Menschen (1937) Zwei Hobos in den 1930er-Jahren

George starrte trübsinnig ins Wasser. Seine Augenränder Lieder der Cowboys waren von der grellen Sonne gerötet. Ärgerlich sagte er: »Wir hätten geradeso gut direkt bis hin zur Farm fahren Der Zug mit den Viehherden war der Augenblick, der können, wenn der verdammte Busfahrer Bescheid ge- »den Cowboy am meisten in Anspruch nahm. Für eine Herde wusst hätte.Wusste nich, was er redete. ›Ja, ’n Stückchen mit ungefähr 2000 Stück Vieh wurde ein Dutzend Männer auf der Landstraße‹, sagte er. ›Ja, ’n kleines Stück.‹ Gott mit unterschiedlichen Aufgaben eingesetzt. Die Erfahrens- verdamm mich, fast vier Meilen, so viel is es. Wollte nich ten zogen an der Spitze, an den Seiten waren die so genann- am Farmtor halten, das war’s. Zu verflixt faul, um zu stop- ten Stütz- und Flügelreiter, die vor- und zurückritten, um pen. Wundert mich, dass er die Gnade hatte, überhaupt aufzupassen, dass kein Tier aus der Herde ausscherte. Am in Soledad zu halten. Schmeißt uns raus, sagt: ›Ja, ’n Ende befanden sich die weniger routinierten Cowboys, die Stückchen auf der Straße‹. Wetten, dass es mehr als vier ihre ersten Erfahrungen sammelten. […] Vor allem mussten Meilen is. Verdammt heißer Tag heute.« sie die Unannehmlichkeit über sich ergehen lassen, den auf- Lennie sah schüchtern zu ihm hinüber. »George?« gewirbelten Staub einzuatmen. Nach den ersten Tagen, an »Ja, was willste?« denen sich die Tiere an den Marsch gewöhnten, reichten »Wohin gehen wir, George?« nachts zwei Männer für die Bewachung der gesamten Herde Der Kleine zog mit einem Ruck seine Hutkrempe hinun- aus. Da auch das kleinste Geräusch die Rinder scheu werden ter und schaute finster zu Lennie. »Haste das schon wie- lassen konnte, versuchten die Cowboys, sie durch Singen zu der vergessen, was? Jesus Christus, du bist ein elender beruhigen. Auf diese Weise entstand ein reiches Liedgut, Bastard!« das wir heute zur Country »Ich hab’s vergessen«, sagte Lennie sanft. »Hab versucht, Music zählen. es nich zu vergessen. So wahr mir Gott helfe, George.« (Viviana« Zarbo, »Schon recht, schon recht. Werd’s dir noch mal sagen. Historikerin, 1994) Hab ja nix zu tun.Also pass auf.Wir gehen auf einer Farm arbeiten, ähnlich wie der, von der wir kommen oben im Norden.« »Oben im Norden?« »In Weed.« »O ja doch. Ich besinn mich. In Weed.« »Die Farm, zu der wir gehen, is da unten, etwa eine Viertel- meile von hier. Müssen uns dem Chef vorstellen. Jetz gib acht. Ich werd ihm unsre Arbeitsbücher geben, aber du wirst einfach kein Mucks sagen. Musst einfach dastehen und ’s Maul nich aufmachen.Wenn er rauskriegt, was für ’n Sidney H. Riesenberg: The verrückter Bastard du bist, dann kriegen wir keine Arbeit.« American Cowboy (ca. 1910)

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1958 Von Cowboys, Outlaws und Hobos This Town is Not for Me Text u. Melodie: Johnny Cash © BUG Music Moderately = 92 C h C Am Am Em F & C Ó œ œ œ Ó Ó Œ 1. This˙ townœ ain’t for me,w ˙ œI 2. This town don’t need me now, I’ll

7 7 7 7 6 F G Dm G C CE & Ó Ó œ œ œ won’tœ beœ stayœ - in’œ ’round.w ˙ This˙ town is hard andœ soon be out - ward bound. This town don’t want me 7 7 11 Am Am C F G C F

& w ˙ Œ jœœ. œ cold, I’mœ not˙ hapœ - pyœ inœ thisœ town.w here, and God, I don’t want this town.

16 CGAm Am Em C G CG

( ) ( ) & Œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ w ˙. œ ˙ Œ I’ll pick up my heart and I’ll go, Œ To - mor - row who’ll re - mem - ber I came. To - 6 7 21 Am Am Em Am # G

( ) & œ œ œ œ ˙ œ œ w Œ Where to I don’t care or know. w mor - row who’ll re - mem - ber my name. 7 25 C C Am Am C & Œ ˙ œ œ Œ Don’tœ matœ - terœ where I’ll be found,w ˙ asœ Don’t care which road I’ll go down, as

7 29 1. F G C F C & j . ŒÓ . long˙ asœ œ I leaveœ œœœthisœ town.w œ

7 33 2. F G C F C & . j . ŒÓ . long˙ asœ œI leaveœ œœœthis œ town.w œ I’ve got to leave this town.

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Und alles ist Blues 1962 Booker T. & The MG’s: Green Onions

Vom Country-Blues zu den Blues Brothers

Im Delta des Mississippi Das Delta des Mississippi gilt seit jeher als Geburtsstätte des Blues. Die »rural music« des Country-Blues spiegelt nach diesem Erklärungsmodell die soziale Lage der Schwar- zen wider. In den Texten werden Themen aufgegriffen, die dem Blues bis heute erhalten geblieben sind. Über die wah- ren Wurzeln des Blues allerdings streiten die Fachleute. In the absence of recorded evidence, we can’t even trace »the blues back to slavery, much less Africa – especially not if we insist on a Delta birthplace for the blues […]. What can be traced to African sources is the field holler, […] »a long, loud musical shout, rising and falling and breaking into fal- setto«. […] Whether in Senegal or in the Delta, a holler Carl would be answered by a shout from a worker elsewhere in Lohse: the field; it therefore stands to reason that these shouts and Jazz- sänger hollers evolved into the collective work song – with its chan- (1919/21) ted, rhymed couplets – and that the work songs evolved into the blues. […] Many of the first performers to be marketed Welt und Zeit as »blues« singers were, to their own way of thinking, no such thing. By their own reckoning, they were »songsters«. 1865 Am Ende des amerikanischen Bürgerkriegs wird In addition to blues they sang folk ballads, work songs, die Sklaverei offiziell abgeschafft. Die soziale Lage hymns, ragtime numbers, […] and their own versions of the der Afroamerikaner ändert sich damit aber kaum. popular tunes of the day. Except for the blues – and fre- Um 1900 entsteht der Country-Blues. quently including the blues – this repertoire was more or less 1912 In den Folgejahren ziehen immer mehr Afroame- identical to that of that period’s rural white performers. rikaner in den Norden der USA, um Arbeit in der (Francis «Da- Rüstungs- und in der aufblühenden Auto- vis, Musik- mobilindustrie zu finden. Zwischenstation journalist, für viele ist Memphis in Tennessee, das sich 1995) heute gerne als »Home of the Blues« be- zeichnet. 1929 Der »Schwarze Freitag« markiert den Hö- hepunkt der weltweiten Wirtschaftskrise, die auch die Industriestädte des Nordens er- fasst. Die sozialen und kulturellen Verände- rungen schlagen sich auch im Blues nieder. 1962 veröffentlichen Booker T. & The MG’s ihren größten Hit, »Green Onions«. 1980 Der Kultfilm »Blues Brothers« sorgt für einen neuerlichen Blues-Boom. 1998 Die Blues Brothers Band spielt den Sound- track zum Film »Blues Brothers 2000« ein. »Green Onions« wird dabei im Original in »One-String-Sam«, ein fahrender Sänger aus den frühen Jahren den Soundtrack integriert. des Blues

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1962 Und alles ist Blues

Schmelztiegel Chicago schen Blues Platz, der schon in den Clubs des schwarzen Vier- tels in Mode gekommen war. […] An dieser Stelle kommt In den Industriestädten des amerikanischen Nordens, v. a. Sam Phillips ins Spiel. […] Er nimmt hervorragende Blues- in Chicago, entstand in den Clubs eine härtere, elektrisch leute in Scharen auf […], ohne kommerziell so erfolgreich zu verstärkte Spielart des Blues, die man später allgemein sein, wie er es sich erhofft hatte. Der Markt für die Platten Rhythm & Blues nannte. von Schwarzen war für ein anspruchsvolles kleines Label wie Sun einfach zu begrenzt. Darum fing Phillips an, nach einem

Chicago Um 1928 erst entwickelte Weißen zu suchen, der in dem expressiven, sinnlichen Stil »sich ein eigener Chicagoer der Schwarzen singen konnte, und fand 1954 Elvis Presley. Bluesstil. […] Dieser Stil rich- […]

tete sich an ein städtisches Von Mitte der sechziger Jahre an beobachten wir ein dop-

M i

s schwarzes Publikum, das nach peltes Phänomen. Die jungen Schwarzen scheinen sich vom

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s s mehr Schliff verlangte und un- Blues ab- und massiv dem Südstaatensoul von Otis Redding, ip p i terhalten werden wollte, ohne Aretha Franklin, Booker T. & The MG’s zuzuwenden, und Memphis das Heimweh nach dem Leben wieder wird Memphis zum zentralen Ort dieser neuen im Süden völlig zu verleugnen. schwarzen Musik. Wie das Umfeld und die Tradition dieser ehem. Das Aufblühen dieses Chicago Stadt nun einmal waren, besaß der Memphis Sound, der da- Südstaaten Blues vor 1945 war jedoch vor mals aufkam, unüberhörbare und wesentliche Wurzeln im Mississippi-Delta allem das Werk des weißen Blues. […] Andererseits war Memphis nicht nur ein Schmelz- Produzenten Lester Melrose. tiegel für die Entwicklung einer neuen schwarzen Musik, es […] Dieser Geschäftsmann hat war auch ein wichtiges Zentrum des Blues Revival, das eine Migrationsbewegung der an der Umwandlung – man- große Zahl von weißen Fans und Musikern in die Baumwoll- schwarzen Bevölkerung und che sagen Verwässerung – des stadt zog. (Gérard Herzhaft, 1997) des Blues ländlichen Südstaatenblues « zum urbanen, stark vom Jazz geprägten Blues sehr aktiv mitgewirkt. […] Chicago war in jener Zeit ein Schmelztiegel, der von Kreativität nur so über- floss, und das Jahrzehnt von 1947 bis 1957 kann man zwei- fellos als das »Goldene Zeitalter des Blues« bezeichnen. Eine Unmenge ausgezeichneter Musiker verdiente sich die ersten Sporen auf dem Flohmarkt an der Maxwell Street oder in den Clubs der South Side. (Gérard« Herzhaft, Musikjournalist, 1997)

Memphis-Sound Memphis, das sich heute gerne als »Home of the Blues« be- zeichnet, war seit jeher ein Treffpunkt von Bluesmusikern. Viele nutzten die Stadt als Zwischenstation auf dem Weg in den Norden. Die in Memphis begonnene Vermischung von verschiedensten vom Blues ausgehenden Stilen und damit auch von schwarzer und weißer Bluestradition spiegelt u. a. der Film »Blues Brothers« (1980) wider. Der »Memphis-Sound« wurde wesentlich von der Band Booker T. & The MG’s (MG = »Memphis Group«) geprägt, die als Studiomusiker in zahlreichen Aufnahmen bekannter Bluesgrößen mitgewirkt hat. Eine Jug-Band aus Memphis

Nach 1945 änderte sich die Bluesszene in Memphis » 1 Eine String Band in Memphis bestand v. a. aus Saiteninstrumenten. 1 grundlegend […]. Die Jug Bands und die String Bands wur- Wurden diese mit einem Trompetenersatz aus geblasenen leeren Fla- den seltener auf der Beale Street und machten dem elektri- schen (»Jug«) ergänzt, so entstand eine Jug-Band.

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Und alles ist Blues 1962 Wenn du den Blues hast

Wortbedeutungen Der Gebrauch des Wortes »Blues« für eine besondere »Stimmung oder ein Gefühl ist sehr alt. Er geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im 19. Jahrhundert war der Aus- druck in den Vereinigten Staaten allgemein verbreitet, ob- wohl man sich nicht ganz einig darüber war, was es eigent- lich bedeutete, »blue« zu sein. 1824 war ein »Anfall des Blues« gleichbedeutend mit »seelischer Depression«. In den 1850er-Jahren meinte man damit Langeweile, in den 1880ern Unglücklichsein: »Komm zu mir, wenn du den Blues hast.« Das Wort tauchte gelegentlich auch in Liedertexten auf, jedoch nur als Slangausdruck ohne jede Beziehung zu einem musikalischen Stil. Im Jahr 1910 hörte man das Wort »Blues« bereits überall, und es war zu erwarten, dass die Musik, die man später den Blues nennen sollte, immer po- pulärer würde.« (Samuel B. Charters, Musikhistoriker, 1959) Der Gitarrist Chris Rea zeigt in seinem Gemälde die Club-Atmo- sphäre und das Großstadtumfeld des Chicago-Blues der 1930er- Jahre. Misere und Selbstmitleid Der Blues ist heute beinahe so aktuell wie in den 1930er- Jahren. Immer wieder entstehen neue Stilrichtungen. Ein ty- Ihr wisst, es gibt trotz allem nur einen Blues. Das ist der pisches Sujet der Liedtexte ist die Darstellung persönlichen »gewöhnliche Zwölftakter. Ihn nimmst du als Grundlage und Leids. Allerdings wollen manche Kenner eine Wandel fest- baust dann darauf auf. Du schreibst einfach neue Verse, im- stellen: vom Ausdruck einer tief empfundenen Verzweiflung provisierst anders, und schon hast du einen neuen Blues. zur standardisierten Klage über negative Lebenserfahrun- (T-Bone Walker)« gen. Well, my bad luck is falling, falling down like rain. Bad Ich glaube, das erste, woran ich mich erinnern kann, ist, »luck is falling, falling down like rain. »wie meine Mutter abends alleine in der Stube sitzt und Blues No matter what I do, seems like my luck won’t never change. singt. Ich weiß die Worte nicht mehr, die zu diesem Blues ge- I felt kinda lucky, my luck was running slow. The last hand I hörten, aber sie könnte euch jetzt auf der Stelle Sachen vor- caught four aces and the police broke down the door. I said, singen, die ihr noch nie vorher gehört habt. Und alles ist Lord, Lord, what can a poor boy do? Well, ain’t it bad when Blues. Ich hörte ihr immer zu, wenn sie nachts sang, und you can’t make no money? Seems like all the bad breaks will dann wusste ich, dass auch in mir der Blues war. Jeder da un- come to you. ten sang Blues. Und das ist auch heute noch so. Wenn ihr ir- Well now, I asked my woman for some dinner, she looked at gendwo hinkommt und da ist eine Gruppe von Negern, me like a fool. She said, »I’m playing checkers, Daddy, and I dann werdet ihr hören wie sie einen wundervollen Blues think it’s your turn to move«. I said, oh, Lord, what can a nach dem andern singen. Und keiner wird darunter sein, poor boy do? Yes, it’s bad when you can’t make no money den ihr vorher schon einmal gehört habt. and your woman turns her back on you. (T-Bone Walker, Bluesmusiker und« Songschreiber) (B. B. King, Bluesgitarrist« und Sänger, Songtext zu »Bad Luck«) Jeder meiner Blues fußt auf einem alten Negersong, auf »einem Volkslied, das ich als Kind von meiner Mammy gelernt habe. Auf einem alten Song, der zu den Erinnerungen an meine Kindheit und zu meiner Rasse gehören. (W. C. Handy, Blueskomponist)«

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1963 Die Beatles in Hamburg The Beatles: I Wanna Hold Your Hand

Wohlstandsbauch am Nierentisch

Bürgerliche Normalität und gesell- schaftlicher Wandel Nach den Hungerjahren der Nach- kriegszeit hat in Deutschland das Wirtschaftswunder die Teller gefüllt. Die beleibte Figur (nicht nur des Wirtschaftsministers) wird Zeichen des Erfolges. Mitte der 50er-Jahre ist auch der Grundbedarf an Kleidung gedeckt. Wichtig werden nun Wohnungsausstattung (Nierentische und Gummibäume) und Haushalts- geräte (Kühlschränke, Waschma- schinen, bald auch Fernseh- Ludwig Erhard, hier in einer geräte und die Hausbar). Karikatur von 1959, war von Die Beatles (hier George Harrison, John Lennon und Paul McCart- Damit sollen gesellschaftli- 1949 bis 1966 erst Wirtschafts- ney) in Hamburg, 1960 minister, dann Bundeskanzler. cher Aufstieg und bürgerli- Mit seiner wohlbeleibten Figur che Normalität dokumen- verbindet sich die Vorstellung Welt und Zeit tiert werden. Der Käufer wird vom aus Ruinen auferstande- zum umworbenen Kunden nen Deutschland. 1960 Die Silver Beatles kommen als unbekannte Band für wertvolle und teuere Wa- nach Hamburg, wo sie auf der »Großen Freiheit«1 ren, der Konsum wird zum Motor der Volkswirtschaft. Das auftreten und dabei neben dem Rock ’n’ Roll einen amerikanische »Einkaufserlebnis« setzt sich auch in wilden Lebensstil pflegen. Sie sind überrascht, das Deutschland durch: Supermärkte und moderne Warenhäu- Land, das den Krieg verloren hat, nicht durch Müll ser prägen bald das Stadtbild und verdrängen allmählich und von Bomben verursachte Baulücken entstellt die kleinen Läden. vorzufinden. So präsentiert sich ihre Heimatstadt Neben diesem außerordentlichen wirtschaftlichen Erfolg Liverpool 1960 noch vielerorts. In Hamburg dage- sind die frühen 1960er-Jahre auch vom Wandel und Um- gen treffen sie auf moderne Bank- und Geschäfts- bruch in sozialen Bereichen geprägt. Die gesellschaftliche häuser und saubere, breite Straßen. Wirklichkeit und die öffentliche Moral klaffen auf manchen 1962 kehren die Beatles, auf der Schwelle zum internatio- Feldern weit auseinander. Das führt zu Brüchen zwischen nalen Durchbruch, nach Hamburg zurück. Sie treten den Generationen, die nun offener ausgetragen werden als nun im bekannten »Star-Club« auf. früher. So wollen viele der Älteren von den Belastungen der 1963 nehmen sie zwei ihrer ersten Hits auch in deutscher Vergangenheit nichts hören; die von der Jugend geforderte Sprache auf: »She Loves You« als »Sie liebt dich« Aufarbeitung der Naziverbrechen wird höchst zögerlich be- und »I Wanna Hold Your Hand« als »Komm, gib mir trieben. Ähnliche Konflikte entstehen z. B. in Bezug auf deine Hand«. manche Straftatbestände, an denen ein bürgerlicher Verhal- 1966 geben die Beatles auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes tenskodex festzuhalten versucht, z. B. bei der Gesetzgebung zwei ihrer letzen Konzerte in Hamburg. Dabei wer- zur Homosexualität (§ 157 StGB), beim »Kuppelei-Paragra- den 117 Randalierer festgenommen. fen« (§ 180) oder bei den Abtreibungsgesetzen § 218. Hier setzen Entwicklungen ein, die in den Umbrüchen des Jah- 1 »Große Freiheit«: eine Seitenstraße der Reeperbahn im Vergnügungs- res 1968 kulminieren werden. viertel St. Pauli

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Die Beatles in Hamburg 1963

Wohnen in der deutschen Stadt sich in den ausgehenden 50er-Jahren nach dem wirtschaftli- chen Aufschwung in Deutschland herausgebildet hatten. Ei- In seinen Romanen setzt sich der Schriftsteller Martin Walser ner seiner Hauptfiguren, Hans Beumann, will sich in einer u.a.kritisch mit dem Selbstbild und der Moral auseinander,die neuen Stadt hocharbeiten und sucht ein möbliertes Zimmer.

Martin Walser: Ehen in Philippsburg (1957) Er fand ein Zimmer in der Oststadt, in einer kurzen, stump- Frau Färber wagte die schlimmen Beziehungen ihrer fen Querstraße, die nur auf einer Seite bebaut war. Frau Nachbarn kaum auszuflüstern, so dass Hans Beumann ein Färber, seine Hausfrau, war stolz auf den düsteren bestürztes Gesicht machen musste, ohne etwas verstan- Schlauch, in den sie ihn führte, weil alles so sauber war, den zu haben. Frau Färber war sofort mit Erklärungen zur wenn auch dunkel und fahl. Ihr Mann – sie zeigte auf sein Hand. Im hinteren Teil der Baracke wohne er seit neues- Bild, das in einem Aluminiumrahmen auf der Kommode tem mit seiner Geliebten, und diese wage es jetzt auch stand, und Beumann sah in den eckigen Zügen dieses ma- schon, am hellen Tag die Fenster aufzumachen, weil sie geren Gesichtes, dass sein Vermieter ein Mann mit fal- sich eine neue Couch und zwei Sessel angeschafft hätten. schen Zähnen war,ein Magenkranker mit einer runden Ni- In der anderen Baracke, in der stattlicheren, produzierten ckelbrille vor den tiefliegenden Augen, mit spärlichem zwei Studenten, ein Chemie- und ein Musikstudent, in ih- Stehhaar, ein Mann, der zum Jähzorn neigte und sehr flei- rer Freizeit Fensterkitt. Die Baumstämme aber, die Ze- ßig war, ein Fanatiker seines kleinen Fortkommens, aber mentröhren, Ziegelstapel, dreibeinigen Silos und Großla- ohne jede Kraft zum Widerstand gegen das Unvorherge- gerschuppen, die den größten Teil der anderen Seite sehene, da würde er wahrscheinlich immer gleich auf- bedeckten, gehörten einer mächtigen Baumaterialien- brausen, gereizt bis zur letzten Zelle – ihr Mann gehe je- handlung, deswegen könne man sich auch nicht gegen den Morgen um halb fünf ins Werk, er sei Vorarbeiter in den Lärm und Staub wehren, den die Verladearbeiten die- einer Edelmetallfabrik; dass ihr Mann mit Edelmetall zu ser Firma oft bis tief in die Nacht hinein machten. Ihrem tun habe, sagte Frau Färber mit besonderem Stolz. Er Mann, der um fünf Uhr heimkomme, sei dann der ganze komme gegen fünf Uhr nachmittags heim. So müsse man Feierabend verdorben. Ja, und sie selbst müsse jetzt bald sich eben zur Decke strecken, ehrlich, ganz ehrlich, nicht gehen, um vier Uhr fange sie im Polizeigebäude mit Put- wie die Sporers, bei denen heute wieder die Polizei gewe- zen an und erst um elf Uhr nachts sei sie zurück. sen sei.

Die Halbstarken Besonders John spielte auf Plakat des Star-Clubs mit An- »der Bühne den wilden Mann, kündigung der Beatles, 1962 Gegen Ende der 50er-Jahre beginnen Jugendliche, sich ge- tobte, sich krümmend und ver- gen das von der Elterngeneration aufgebaute kleine Glück renkend, Rock-Interpreten mit seiner strengen gesellschaftlichen und sozialen Ord- oder Krüppel imitierend, an nung aufzulehnen. Damit folgen sie amerikanischen Vor- die er sich in seinem benebel- bildern, die sie in Filmen (Marlon Brando, James Dean) und ten Zustand noch erinnern als wilde Rock ’n’ Roll-Stars (Chuck Berry, Bill Haley) ken- konnte, herum. Da das Publi- nen lernen. Die ältere Generation findet bald einen ab- kum kein Wort von dem ver- schätzigen Begriff für die rebellischen Jugendlichen: »Halb- stand, was sie sagten, fühlte starke«. sich John zu Beschimpfun- In Jugendtreffs und Clubs werden neues Outfit und neuer gen wie »Sieg Heil« oder Lebensstil kultiviert und vorgeführt. Manchmal arten solche »Fucking Nazis« provoziert, Treffen in wüste Tumulte und Schlägereien aus. Der Rock ’n’ worauf das Publikum mit Roll und das Verhalten seiner Interpreten wirken dabei als Lachen und Beifallklat- »Vorbild«. Typisch sind z. B. die abendlichen Auftritte der schen antwortete. Beatles in den Clubs nahe der Hamburger Reeperbahn: (Philipp Norman,« Beatles-Biograf, 1982)

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Personen- und Sachverzeichnis

Sachverzeichnis Crooner 17 Cueing 156 Auf den angegebenen Seiten findet sich der Begriff z. T. wörtlich, z. T. dem Sinn nach. Depression 20, 49 De Stijl 103 Acid 154 Detroit 154, 156 afroamerikanische Musik 30 f., 33, 43, 51, 89, 108, 135 f. Dominikanische Republik 104, 159 Aids 92, 128 f., 135 Dreieckshandel 110 Akkordeon 47 f. Drittes Reich 6, 14, 23 Alabama 30 f. Drogen 23, 40, 63, 69 ff., 81, 84, 96, 128, 132, 135 f., Arbeitslosigkeit 6, 98, 162 155, 159 ff. Argentinien 10, 46, 125 Ashram 84 Elektronische Musik 154 Elektro-Pop 102 Backward-Masking 115 Erster Weltkrieg 59, 133, 139 Bandoneón 46 f. Expressionismus 8 Battle (DJ-ing) 156 Bauhaus 103 Field Holler 51 Beat 34, 154 f. Flower-Power 69 Bela Epoca 10 Folk 64, 88 ff. Belgrad 14 f. Frankreich 14, 23 ff., 57, 93, 143 Belle Epoque 59 Berlin 6, 92, 121, 138, 154, 164 Gamelan 175 Bigband 20, 30 Georgia 30 Bluegrass 48 Gesamtkunstwerk 97 Blues 30, 51 ff. Ghetto 15, 31, 41, 43, 135 f. Bohème 57 ff. Ghettoblaster 137 Boygroup 174 Gospel 30, 41 Brasilien 10 ff. Graffiti 109, 137, 156 ff. Breakdance 137, 156 Broadway 20 Hamburg 54 f. Buenos Aires 46, 125 Hard-Rock 114, 132 Bühnenshow 21, 97, 128 Harvard 69 f. Bürgerkrieg, amerikanischer 51 Havanna 104 Bürgerrechtler 30 f., 36, 82, 135 Heavy Metal 114, 132 ff. Hillbillies 48 Cajun 48, 64 Hip-Hop 156 f. Call and Response 30 Hippies 69 f. Calypso 36 Hitparade 20, 150 Capri 26 Hollywood 20, 40 Castingshows 172 Homosexualität 54, 92 ff., 128 Chanson 14, 23 f., 57 ff. House 154 f. Chicago 52, 154 Christopher-Street-Day 92 Idol 33 f., 41, 55, 63, 124, 159 Collage 67 Impressionismus 23, 57 ff. Compilation 156 Indische Musik 84, 174 Connecticut 17 Italien 26 ff., 46, 98 f. Country Blues 51 Country Music 48, 64 Jamaika 36, 108 ff. Coverversion 33, 43 Jazz 20, 34, 46, 52 Cowboys 49 Jug Band 52

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Personen- und Sachverzeichnis

Jugendkultur 21, 34, 43 f., 55, 69, 154 Pandeiro 10 Jugoslawien 14 Papst 92 Paris 23, 46, 57 ff., 157 Kalifornien 7, 69, 114, 132, 146 Pearl Harbor 17, 20 Kambodscha 134 Plagiat 142 ff., 172 Karibik 36 f., 104, 110 Plantage 36 f., 110 Karneval 10 f., 169 Plattenindustrie 43, 48, 75, 89, 156 Kitsch 17 ff., 150 Plattenlabel 33, 48, 52, 62, 104, 146 Klangverfremdung 81, 96, 102 f. Pogrom 120 Konstruktivismus 103 Polen 15 Konzeptalbum 66 f., 84, 97, 146 ff. politische Musik 10, 14, 31, 81 f., 120 f., 110, 133 Körperkult 118, 124 Polka 152 f. Kristallnacht 120 ff., 164 Pop-Art 66, 69 f. Kuba 88, 104 f., 110 Propaganda 14, 74, 121 Protestsong 81, 88 ff., 120, 132 f. Las Vegas 75 Psychedelic Rock 96 ff. lateinamerikanische Musik 10 ff., 35 f., 46 f., 104 Puerto Rico 104 f. Leningrad 138 ff. Punchline 156 Liverpool 54 Punk 162 London 66, 96, 128 Los Angeles 69, 135, 156 Rap 135, 156 Louisiana 48 Rassendiskriminierung 71, 81 Love-Parade 154 Rassentrennung 31, 36 Rassismus 36, 75, 121, 124, 164 Mafia 20, 75, 135 Rastafari 108 Mandala 85 Rave 154 Mantra 84 Reggae 108 ff., 174 Massenhysterie 20 Remix 156 Master of Ceremony 156 Rhythm & Blues 30, 48, 52, 108 Mauerfall 164 Rio de Janeiro 10 f. Memphis, Tennessee 33, 40, 51 f., 82 Roboter 102 Migration 10, 46, 48, 52, 104, 146 ff. Rock ‘n’ Roll 33 f., 43, 48, 55, 64, 88, 142 Minenkrieg 133 Rockabilly 48 Minnesota 88 Rockmusik 33, 40, 43, 54, 62, 64, 66, 69, 81, 88, 96, Minstrel 89 128, 136, 138, 142, 146, 158 f., 168, 174 Mississippi 51, 78 ff. Rum 110 Mittelalter 62, 89, 102, 143, 168 Rundfunk 6, 14, 31, 43 Monterey 69 Montmartre 23, 58 f. Saigon 17 Musical 17, 124 f. Salon 11 Musikautomat 20 Salsa 104 ff. Musikmarkt 43, 75 Samba 10 ff. San Francisco 63, 69 ff., 84, 114 Nashville 48, 89 Satanismus 114 f. Nationalismus 31, 40 Schallplatte 10, 34 Nationalsozialismus 6 ff., 14, 26, 92, 120 Schellackplatte 34 New York 17, 36, 44, 46, 92, 104, 135, 156 f. Schlager 26 f., 98, 150 ff., 162 Nobelpreis 49, 85, 109, 146 Schwarzer Freitag 6 Scratchen 156 Oklahoma 147 Show-Business 74 Sklaven 10, 30, 36, 51, 108

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Personen- und Sachverzeichnis

Slums 11, 44, 46, 109 Personenverzeichnis Soul 30 ff., 52 Sowjetunion 138 f. Absolute Beginner 156, 158 Sozialdarwinismus 121 AC/DC 114 f. Spiritual 30 Adams, Douglas 85 St. Louis 43 Aldridge, Alan 66 Stalingrad 14 Alves, Francisco 10 Subkultur 30, 49 Andersen, Lale 14 f. Surrealismus 96 Asimov, Isaac 102 Swing 20, 34, 174 Atkins, Juan 154 Aznavour, Charles 57, 60 Tango 46 ff. Tanz 10 f., 20, 30, 46, 117, 124, 154, 172 Baldung Grien, Hans 169 Techno 154 f. Ballhause, Walter 6 Tennessee 33, 40 f., 48, 89 Band, Heinrich 47 Tonstudio 33, 52, 69, 89, 103 f., 115 BAP 120 Trance 154 f. Barroso, Ary 10, 12 Trinidad 109 Basie, Count 21 Batista, Fulgencio 105 Unsterblichkeit 128, 160 Beatles, The 21, 43, 54 ff., 62 f., 66 f., 84 ff., 142 Urheberrecht 143 Begley, Louis 15 Belafonte, Harry 36 f. Vatikan 92, 124 Belyi, Andrej 139 Video 117, 124, 132 Benedikt XVI. (Papst) 92 Vietnamkrieg 17, 81 f., 88,135, 146, 157 Benton, Thomas Hart 48 Volkslied 53, 89, 98, 143 Berlin, Irving 17, 19 Volksmusik 150 f. Berliner, Emil 34 Berry, Chuck 43, 45, 55 Walpurgisnacht 114, 155, 168 ff. Beuys, Joseph 157 Wanderarbeiter 49 Blades, Rubén 104, 106 f. Weimarer Republik 6, 164 Blake, Sir Peter 67 Weltwirtschaftskrise 20, 51 Block, Alexander 139 Wirtschaftswunder 26 f., 54, 98 Blomaert, Cornelius 171 Wohlstandsgesellschaft 43 Bohle, Vera 133 Woodstock 81 Bohlen, Dieter 172 f. Worksong 30, 51 Böll, Heinrich 120, 139 Bono Vox 74 Zürich 157 Booker T. & The MG’s 51 f. Zweiter Weltkrieg 14 ff., 17, 20, 23, 26 f., 43, 121, 138, Borges, Jorge Luis 46 f. 156 Bosch, Hieronymus 120, 160 Bowie, David 94 Brando, Marlon 55 Braques, George 67 Breton, André 96 Brown, Claude 31 Bruant, Aristide 59 Bukowski, Charles 71 Burgkmair, Hans 171 Burroughs, William S. 71

Cage, John 96

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Personen- und Sachverzeichnis

Campino 162 Fried, Erich 157 Câpek, Karel 102 Frisch, Max 99 Cash, Johnny 48, 50 Castriota, Samuel 47 Gallagher, Liam 142 Castro, Fidel 88, 104 f. Gallagher, Noel 142, 144 Cavalcanti, Emiliano di 10 Garvey, Marcus 108 f. Charles, Ray 30 ff. Gernhardt, Robert 27 Christie, Cebert 109 Ginsberg, Allen 71 Clapton, Eric 94 Glinka, Michail I. 139 Cobain, Kurt 142, 159 Goebbels, Joseph 7, 14 Cocteau, Jean 24 Goethe, Johann Wolfgang von 26, 115, 155, 169 Cohn, Nik 33 f. Gogh, Vincent van 59 Comedian Harmonists 6 ff. Gogol, Nikolai W. 139 Contursi, Pascal 47 Goodman, Benny 21 Cortès, Edouard Leon 23 Gorbatschow, Michail 138 Cream 66 Götz, Karl 143 Creedence Clearwater Revival (CCR) 78 Grateful Dead, The 69 f. Crosby, Bing 17 Grosz, George 8 Crosby, Stills & Nash 63 Gründgens, Gustav 115 Crowley, Aleister 114 Grünewald, Matthias 125 Cruz, Celia 104 Guevara, Ernesto »Che« 105 Guibert, Fernando 46 Darwin, Charles 120 f. Guru Dev 84 Dean, James 41, 55, 159 Debussy, Claude 175 Haley, Bill 44, 55 Diana, Prinzessin 17 Handy, W. C. 53 Dietrich, Marlene 14 Harrison, George 54, 84, 94, 174 Dios Filiberto, Juan de 46 Heine, Heinrich 129 Dix, Otto 8 Hell’s Angels 63 DJ Kai Tracid 154 Hendrix, Jimi 66, 69, 81, 159 DJ KRS-One 156 Hertz Katz, Wolf 121 Doesburg, Theo van 103 Hesse, Hermann 85 Dorsey, Tommy 20 f., 76 Hetfield, James 134 Dostojewski, Fjodor M. 139 Hitler,Adolf 6 f., 14, 138, 164 Dubuffet, Jean 21 Hoffmann, E. T.A. 168 Duchamp, Marcel 143 Honecker, Erich 138 Dürer,Albrecht 26 Hoyer, Otto 121 Dylan, Bob 88 ff. Hunter, Evan 44 Hütter, Ralf 103 Eco, Umberto 168, 172 Eichendorff, Joseph von 26 Ice Cube 136 f. Ellington, Duke 21 Indiana, Robert 69 Erhard, Ludwig 54 Izebo, Ras 108 Ernst, Max 67 Jackson, Michael 117 ff. Falco 159, 161 Jackson Five 117 Fallada, Hans 8 Jagger, Mick 63 ff., 81, 94, 161 Farian, Frank 172 John, Elton 17, 92, 94 f. Fogerty, John C. 80 Johns, Jasper 71 Foster, Stephen Collins 89 Johnson, Brian 116 Franklin, Aretha 52 Joplin, Janis 41, 69, 81, 159

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Personen- und Sachverzeichnis

Joyce, James 114 Mondrian, Piet 103 Jürgens, Udo 98, 100 Monroe, Marilyn 41, 124 Moog, Robert 96 Kästner, Erich 17 Moreau, Gustave 118 Kempowski, Walter 138 Munch, Edvard 125 Kennedy, John F. 75, 82, 88, 117 Murger, Henri 57 f. Kerouac, Jack 71 Mussolini, Benito 26 Key, Francis Scott 81 ff. Mussorgski, Modest P. 139 Kienzl, Wilhelm 143 King, B. B. 53 Naegeli, Harald 156 King, Martin Luther 31, 36, 82, 135 Naipaul, Vidiadhar Aurajprasad 109 Kleist, Heinrich von 151 Nietzsche, Friedrich 165 Kotzebue, Alexander von 139 Niggaz With Attitudes (N. W. A.) 135 f. Kraftwerk 102 f., 154 Nixon, Richard 40 Kraus, Peter 34 Nostradamus 168 Krumbiegel, Sebastian 164 Kundera, Milan 18 Oasis 142 Kunze, Michael 98, 100 Orlan 118 Künzel, Tobias 164 Pacheco, Johnny 104, 106 Leary, Timothy 69 f. Parks, Rosa 30 f. Led Zeppelin 115, 159 Perón, Eva 124 f. Lennon, John 54 ff., 66 ff., 84, 86, 142, 159 Peter der Große 139 Levy, Lou 21 Phillips, Sam 52 Lichtenstein, Roy 71 Piaf, Edith 23 ff., 57 Lindenberg, Udo 34, 138, 140 Piazolla, Astor 46 Lindner, Richard 69, 71 Picasso, Pablo 59, 67 Liotard, Jean-Etienne 175 Pilcher, Rosamunde 150 f. Little Richard 33, 35 Pink Floyd 66, 96 f. Lohse, Carl 51 Pinochet, Augusto 104 Luther, Martin 143 Platon 160 Porsche, Ferdinand 27 Madonna 124 f. Powers, Richard 82 Magritte, René 96 Presley, Elvis 21, 33 f., 40 ff., 52, 117 Maharishi Mahesh, Yogi 84 Prinzen, Die 164 f. Malewitsch, Kasimir 103 Puccini, Giacomo 57 f. Mamas & The Papas, The 69 Puente, Tito 104 Mandela, Nelson 36 Puschkin, Alexander S. 139 Marianne & Michael 150 Puzo, Mario 74 Marley, Bob 108, 110 f. Marshall, George 27 Queen 128 Martin, Dean 75, 174 Quinquela Martín, Benito 46 May, Brian 128, 130 McCartney, Paul 54, 56, 68, 70, 86, 142 Raffaelo Santi (Raffael) 114 McKenzie, Scott 69 Rauschenberg, Robert 71 Melrose, Lester 52 Rea, Chris 53 Mercier, Pascal 129 Reagan, Ronald 146 Mercury, Freddie 94, 128 f. Rebell, Joseph 26 Metallica 132 Redding, Otis 52, 159 Miller, Glenn 21 Reichardt, Ferdinand 79 Modern Talking 172 Richards, Keith 62 ff.

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Personen- und Sachverzeichnis

Riesenberg, Sidney H. 49 Troilo, Anibal 46 Rimski-Korsakow, Nikolai A. 139 Tschaikowski, Peter I. 139 Rolling Stones, The 62 ff., 66 Tucker, Gil 108 Twain, Mark 78 f. Santiago, Esmeralda 105 Santos Discepolos, Enrique 47 U2 74 Sbernini, Hugo 47 Ulrich, Lars 134 Schandmaul 168 Utrillo, Maurice 58 f. Schneider, Florian 103 Shakespeare, William 94 Vinci, Leonardo da 143, 174 Shaw, Arnold 31 Shaw, Artie 21 Wagner, Richard 97, 129 Siegel, Ralph Maria 26, 28 f. Wallraff, Günther 99 Simon & Garfunkel 69 Walser, Martin 55 Sinatra, Frank 20 f., 64, 74 ff., 174 Warhol, Andy 71, 117 Sinatra, Nancy 74 f. Webber,Andrew Lloyd 124 f. Sokrates 154, 160 Weigel, Johann Christoph 171 Sousa, John Philip 67 Who, The 66, 69 Springsteen, Bruce 146, 148 Wilde, Oscar 93 Starr, Ringo 142 Williams, Robbie 174, 176 Steinbeck, John 49, 146 f. Winkler, Gerhard 26, 28 f. Sugarhill Gang 156 Wise, Yah 108 Wolfe, Tom 136 Take That 174 Wonder, Stevie 142 Taupin, Bernie 94 T-Bone Walker 53 Yanai, Kate 110, 112 Tolkien, John Ronald Reuel 168 Young, Angus 116 Toten Hosen, Die 162 Young, Malcolm 116 Toulouse-Lautrec, Henri 57, 59 Trenet, Charles 23 Zweig, Stefan 11

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Verzeichnis der Songs nach Titeln und Textanfängen

Across the Universe ...... 84 La Bohème ...... 57 Africa Unite ...... 108 La vie en rose ...... 23 And now the end is near ...... 74 Left a good job in the city ...... 78 Aquarela do Brasil ...... 10 Lili Marleen ...... 14 Bacardi Feeling ...... 112 Love Me Tender ...... 40 Bairische Polka ...... 153 Man walkin’ ‘long the railroad tracks ...... 146 Banana Boat Song ...... 36 Material Girl ...... 124 Beat It ...... 117 Minstrel Boy ...... 88 Being for the Benefit of Mr. Kite ...... 66 My Way ...... 74 Blowin’ in the Wind ...... 88 Nathalie aus Leningrad ...... 138 Brasil, meu Brasil ...... 10 Nie vergess ich Leningrad ...... 138 Capri-Fischer ...... 26 Oh say, can you see ...... 83 Come on over have some fun ...... 112 Oh yeah, I’ll tell you something ...... 54 Containerlied ...... 162 On the Run ...... 96 Dance for Eternity ...... 154 One ...... 132 Daniel is trav’ling tonight ...... 92 Out of the Dark ...... 159 Daniel ...... 92 Paint it Black ...... 62 Day, oh, Day, oh ...... 36 Proud Mary ...... 78 Der Mond scheint voll und klar ...... 168 Quejas de Bandoneón ...... 46 Des yeux qui font baiser les miens ...... 23 Samiotissa ...... 101 Deutsch, deutsch ...... 164 San Francisco ...... 69 Deutschland ...... 164 Saturday Night ...... 20 Die Roboter ...... 102 School Days ...... 43 Dies ist ‘ne Geschichte ...... 162 Slip inside the eye of your mind ...... 142 Do you know that this little girl ...... 32 Some boys kiss me ...... 124 Don’t Look Back in Anger ...... 142 Son las cinco ‘e la mañana ...... 104 Es war schon dunkel ...... 98 Star-Spangled Banner ...... 81 Et kütt vüür, dat ich mein ...... 120 Summer Dreaming ...... 112 First they ignore you ...... 174 The Ghost of Tom Joad ...... 146 For the benefit of Mister Kite ...... 66 There’s no time for us ...... 128 Gangsta, Gangsta ...... 135 They told him, »Don’t you ever …« ...... 117 Germany is schee ...... 150 This Little Girl of Mine ...... 30 Green Onions ...... 51 This Town is Not for Me ...... 48 Griechischer Wein ...... 98 Tripping ...... 174 Hammerhart ...... 156 Tutti Frutti ...... 33 Hells Bells ...... 114 Up in the mornin’ and out to school ...... 43 How many roads ...... 88 Vor der Kaserne ...... 14 I can’t remember anything ...... 132 Walpurgisnacht ...... 168 I see a red door ...... 62 We believe the dreams come true ...... 172 I Wanna Hold Your Hand ...... 54 We Have a Dream ...... 172 I’m a rollin’ thunder pourin’ rain ...... 114 Wenn bei Capri die rote Sonne ...... 26 I’m dreaming of a white Christmas ...... 17 White Christmas ...... 17 Ich krieg von dir niemals genug ...... 159 Who Wants to Live Forever ...... 128 If you’re going to San Francisco ...... 69 Who’s gonna throw ...... 88 Ihr seid Zeuge ...... 156 Wir fliegen um die Welt ...... 150 Je vous parle d’un temps ...... 57 Wochenend und Sonnenschein ...... 6 Juan Pachanga ...... 104 Wopbop aloomop alop bamboom! ...... 33 Kristallnaach ...... 120 Words are flying out ...... 84

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