Monsters University : Dan Scanlon

Autor(en): Ranze, Michael

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Filmbulletin : Zeitschrift für Film und Kino

Band (Jahr): 55 (2013)

Heft 331

PDF erstellt am: 28.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-864128

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http://www.e-periodica.ch 3 FILMBULLETIN 4.13 NEU IM KINO

MONSTERS UNIVERSITY LES INVISIBLES Dan Scanion Sébastien Lifshitz

Als monster inc. vor mehr als elf Gruppenbildung und Aussenseitertum. Die unvergleichliche und lebenskluge Jahren in die Kinos kam, war man zunächst Regisseur Dan Scanion und seine Koautoren Juliette Gréco singt in les invisibles das ein wenig irritiert. Ein Animationsfilm, in Robert L. Baird und Daniel Gerson beziehen sich Chanson «Le monsieur et le jeune homme» dem es um Angst geht, um das Erschrecken zunächst auf Bekanntes und Gesehenes, um von Guy Béart. Man lauscht Worten wie «Un von Kindern? Um Monster, die in einer dann ihre beiden Charaktere in eine Serie monsieur aimait un jeune homme. Surtout, Parallelwelt leben und den Schreckensschrei fast schon hysterisch-fantastischer ne nous affolons pas: Regardons autour de der Kleinen als Energiequelle nutzen? Doch Situationen zu werfen. Die Handlung kommt in nous comme chaque amour va son propre nach den ersten Bedenken erlag man rasch Gang, als bei den Schreckspielen das beste pas.» Das passt zum Grundtenor des Werks. dem eigentlichen Clou: Diese Monster waren Monsterteam der Uni gekürt werden soll. Zu Wobei ergänzend anzufügen bleibt, dass im mit ihren Eigenheiten und Fehlern nicht dumm nur, dass die Dekanin Hardscrabble, bewegenden und intelligenten Film von nur sehr menschlich, auch die Idee, die gesprochen von Helen Mirren, Mike von Sébastien Lifshitz neben gewissen Männern klassischen Mythen des Horrorkinos ins Gegenteil vornherein keine Erfolgsaussichten einräumen selbstverständlich auch gewisse Frauen zu verkehren und die reale Welt der will. Er und Sulley müssen sich, verstärkt gemeint sind. Alle sind sie einiges über siebzig, Menschen im Jenseits zu verorten, durch das man durch andere Aussenseiter, zusammenraufen wurden also in der Zeitspanne zwischen den nur durch eine Tür Eintritt erhält, war und auf ihre Stärken besinnen, wollen sie Weltkriegen des zwanzigsten Jahrhunderts bestechend. Natürlich könnte man solch ein überhaupt eine Chance haben. geboren, stammen aus unterschiedlichen Erfolgsrezept noch einmal neu auflegen und Im Folgenden geht es also um Werte sozialen Schichten in Urbanen oder ländlichen fortsetzen. Doch die Macher bei haben wie Zusammenhalt, Selbstvertrauen, Regionen Frankreichs. Und alle waren sie sich etwas anderes einfallen lassen und Intelligenz und Erfindungsreichtum. Wie schon jung, als das Thema der gleichgeschlechtlichen erzählen einfach die Vorgeschichte - nach dem in anderen Pixar-Filmen, von toy story Liebe absolut tabuisiert und die Scham Motto «Bange machen will gelernt sein». bis cars, verleihen die Autoren ihren und Angst vor gesellschaftlicher oder klerikaler Und so gibt es ein Wiedersehen mit dem Figuren menschliche Werte, mit denen allein Ächtung gross war. Das zu wagen, was einäugigen Mike, der aussieht wie ein grünes Ei sie sich behaupten können. So laden sie wie wir als Coming-out benennen, war dannzu- auf zwei Beinen, und dem bunten Bären Sul- selbstverständlich zur Identifikation ein. mal absolut undenkbar. ley. Wie schon vor elf Jahren werden sie im monsters university folgt der Philosophie Homosexuelle und Lesben waren allzu Original wieder von Billy Chrystal und John von Pixar-Gründer John Lasseter: Die lange dazu verbannt, ihre Neigungen im Goodman gesprochen. Witzig-vorlaut der Geschichte geht immer vor, nicht das Verborgenen, unter sich auszuleben. Und somit eine und warmherzig-gemütlich der andere technisch Machbare. So präsentiert Dan Scanion quasi "unsichtbar" zu bleiben. Was das an - zu den Stärken der Pixar-Filme zählt, dass überlebensgrosse Charaktere, über die und Demütigungen, Missverständnissen, die Macher schon im Vorfeld die Sprecher für mit denen man herzlich lachen kann. Der Selbstzweifeln bedeutete, erzählen spannende den Charakter im Hinterkopf haben und ihn besondere Clou: Der Campus ermöglicht, Persönlichkeiten. Sie reden von ihrer Jugend dann auf sie zuschneiden. Als Mike und Sul- neben dem Wiedersehen mit alten Bekannten, und Pubertät, ganz offen, direkt, oft mit ley sich auf der Monsters University kennenlernen, eine Vielzahl neuer, phantasievoll erdachter gewitzter Selbstironie. Dass das jederzeit können sie sich zunächst gar nicht und liebevoll animierter Figuren, die vom unaufgeregt, fast heiter und von aller aufgesetzten leiden. Zu unterschiedlich sind sie, nicht Ideenreichtum der Autoren zeugen. Von Peinlichkeit befreit wirkt, ist das grosse nur äusserlich: Mike, der fleissige, Hardscrabble über Art (der aussieht wie ein Verdienst des 1968 geborenen Lifshitz, der wortgewandte, begeisterte Bücherwurm, der die Viadukt mit zwei Händen) bis zu den mit les invisibles erstmals seit über zehn Geschichte des Schreckens und seine arroganten Mitgliedern der Roh Omega Roh - sie Jahren wieder einen Dokumentarfilm theoretischen Grundlagen auch im Schlaf rün- alle sind von einer Detailfreudigkeit und realisierte. Er weiss, wie man lebenserfahrene terrattern könnte. Und Sulley, der Faulpelz, optischen Brillanz, die durch die wahnwitzigen Gesprächspartner befragt, abholt, zum Reden der sich lieber auf seine riesige Gestalt und und dynamischen Wettbewerbe, in denen sie animiert. Mit dem Resultat, dass nie der sein furchterregendes Gebrüll verlässt und gewinnen wollen, noch verstärkt werden. Eindruck von ideologisch bemühtem sich ansonsten der geselligen Seite des Michael Ranze Thesenjournalismus und schon gar nicht von effekt- Studentenlebens widmet. Zahlreiche Teeniekomödien, hascherischem Voyeurismus aufkommt. aber auch Horrorfilme haben sich R: Dan Scanion; B: Robert L. Baird, Daniel Gerson, D. Scan- Die höchst unterschiedlichen Ion; M: Randy Newman. St (R): Billy Crystal (Mike), John dem realen Schrecken des Campus gewidmet: Statements spiegeln persönliche, intime Goodman (Sulley), Helen Mirren (Hardscrabble), Charley gar Verlassen des Elternhauses, neue Day (Art). P: Pixar Animation Studios, Walt Disney Erfahrungen, die dennoch viel über den Umgebung, Anpassungs- und Leistungsdruck, Pictures. USA 2013.103 Min. CH-V: Walt Disney Company radikalen Wandel der soziokulturellen und po-