Deutscher Protokoll Nr. 47 17. Wahlperiode (Zeugenvernehmung: Öffentlich) 2. Untersuchungsausschuss 17. Januar 2013

Stenografisches Protokoll - Endgültige Fassung* -

der 47. Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses am Freitag, dem 14. Dezember 2012, 12 Uhr Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Berlin

Vorsitz: , MdB

Tagesordnung

Seiten

Vernehmung von Zeugen: 1 - 49

- Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble

*Hinweis: Die Korrekturen und Ergänzungen des Zeugen Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (Anlage) sind in das Protokoll eingearbeitet. 2. Untersuchungsausschuss II [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

2. Untersuchungsausschuss III [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

2. Untersuchungsausschuss IV [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

2. Untersuchungsausschuss V [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

2. Untersuchungsausschuss VI [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

2. Untersuchungsausschuss 1 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Nach § 22 Abs. 2 des Untersuchungsaus- (Beginn: 12.07 Uhr) schussgesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwor- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich er- tung Sie selbst oder Angehörige im Sinne öffne die 47. Sitzung des laufenden Untersu- von § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung der chungsausschusses. Die Sitzung findet statt Gefahr aussetzen würde, einer Untersu- in Form einer öffentlichen Beweisaufnahme chung nach einem gesetzlich geordneten durch Anhörung des Zeugen Dr. Wolfgang Verfahren, insbesondere wegen einer Straf- Schäuble. tat oder einer Ordnungswidrigkeit, aber auch Ich rufe den einzigen Punkt der Tages- einem dienstlichen Ordnungsverfahren aus- ordnung auf: gesetzt zu werden. Vernehmung von Zeugen: Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen - Bundesminister des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge- Dr. Wolfgang Schäuble schäftsgeheimnissen nur in einer nichtöffent- lichen oder eingestuften Sitzung möglich Vernehmung des Zeugen sein, bitte ich Sie um einen Hinweis, damit Dr. Wolfgang Schäuble der Ausschuss dann gegebenenfalls einen entsprechenden Beschluss fassen kann. Herr Minister, ich darf Sie herzlich begrü- Haben Sie zu dem bisher von mir Vorge- ßen hier im Ausschuss. Ich darf Sie zunächst tragenen Fragen, Herr Minister? darauf aufmerksam machen, dass seitens (Der Zeuge schüttelt den Kopf) des Bundestages eine Tonbandaufzeichnung der Sitzung angefertigt wird, die allerdings Nach diesen aus formalen Gründen not- ausschließlich den Zweck hat, die Erstellung wendigen Vorbemerkungen darf ich Sie bit- des Protokolls zu erleichtern. Das heißt, ten, sich dem Ausschuss mit vollständigem wenn das Protokoll gefertigt worden ist, dann Namen, Alters-, Berufsangabe vorzustellen. wird die Aufzeichnung gelöscht. Ich gehe davon aus, dass die für die Ladung Das Protokoll Ihrer heutigen Anhörung als verwendete Anschrift nach wie vor aktuell ist. Zeuge wird Ihnen nach Fertigstellung über- mittelt. Sie bzw. Ihre Mitarbeiter haben dann Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von Vorsitzender! Meine Damen und Herren! zwei Wochen Ergänzungs- oder Änderungs- Mein Name ist Wolfgang Schäuble. Ich bin bedarf geltend zu machen. 70 Jahre alt. Ich bin von Beruf Rechtsanwalt. Ich stelle fest, dass Herr Dr. Schäuble Zurzeit bin ich Bundestagsabgeordneter und ordnungsgemäß geladen worden ist. Die Bundesfinanzminister. Die ladungsfähige Ladung hat Herr Schäuble am 10. Dezember Anschrift hat sich nicht verändert. 2012 erhalten. Eine Aussagegenehmigung, ausgestellt von der Bundesregierung, liegt Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr uns vor. Diese datiert vom 29. November Dr. Schäuble, Sie haben nach § 24 Abs. 4 2012. des Untersuchungsausschussgesetzes Ge- Herr Minister Schäuble, vor Ihrer Aussage legenheit, sich vor der Befragung im Zu- habe ich Sie zunächst formal zu belehren. sammenhang zum Gegenstand der Verneh- Sie sind als Zeuge geladen worden. Sie sind mung zu äußern. Ich habe Sie vorhin gefragt, verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ihre Aus- ob Sie davon Gebrauch machen möchten. sagen müssen richtig und vollständig sein. Das haben Sie bejaht. Entsprechend erteile Sie dürfen nichts weglassen, was zur Sache ich Ihnen hiermit das Wort. gehört, und nichts hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Vielen Ich habe Sie auf etwaige strafrechtliche Dank, Herr Vorsitzender. - Meine Damen und Folgen eines Verstoßes gegen die Wahr- Herren, ich bin in der letzten Legislaturperio- heitspflicht hinzuweisen. Derjenige nämlich, de, das heißt von November wohl 2005 bis der vor einem Untersuchungsausschuss des zum Ende der Legislaturperiode wohl im Deutschen Bundestages uneidlich falsch Oktober 2009, Bundesinnenminister gewe- aussagt, kann gemäß § 153 des Strafge- sen. setzbuches mit Freiheitsstrafe von drei Mo- Mein Verständnis von der Ordnung des naten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe Grundgesetzes ist, dass die Polizei grund- bestraft werden. sätzlich Ländersache ist, die besonderen

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 2 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Aufgaben der Bundespolizei beiseitegelas- Hanning, der Chef des Bundeskriminalamts, sen, dass das Bundeskriminalamt eine er- Herr Ziercke, und der damalige Abteilungs- gänzende subsidiäre Aufgabe hat, die im leiter Krause. Wenn ich die Medien richtig Bundeskriminalamtgesetz definiert ist, dass verfolgt habe, haben Sie Herrn Hanning und die verantwortlichen Behörden des Bundes Herrn Ziercke als Zeugen gehört vor diesem und der Länder grundsätzlich auf Zusam- Untersuchungsausschuss. Herr Krause ist, menarbeit angelegt sind. Mein Verständnis wie wir wissen, leider verstorben. ist darüber hinaus, dass die Führung eines Ich kann mich daran erinnern, dass vor Ministeriums die politische Verantwortung der Innenministerkonferenz in Garmisch die bedeutet, die Verantwortung für die notwen- Frage an mich herangetragen worden ist, ob digen Personalentscheidungen, dass man wir uns an einer Ausweitung der Belohnung1, sich aber möglichst nicht als Leiter eines die, glaube ich, von der bayerischen Polizei- Ministeriums in die einzelnen Entscheidun- behörde oder vom bayerischen Innenministe- gen der dafür zuständigen Behörden und rium ausgesetzt worden ist, um den Fahn- Instanzen einmischen soll. In diesem Sinne dungsdruck zu erhöhen - - ob sich der Bund habe ich mich nie als oberster Polizist der an dieser erhöhten Summe - ich habe inzwi- Bundesrepublik Deutschland verstanden, schen gelesen, es waren wohl 300 000 Euro auch nicht in den Jahren, in denen ich Bun- gewesen - beteiligen würde. Ich habe dem desinnenminister gewesen bin. zugestimmt, dem Vorschlag, der mir unter- Deswegen bin ich mit diesen schreck- breitet worden ist, dass wir das tun, weil mir lichen Morden amtlich nur sehr marginal be- auch gesagt worden ist, das würde vor allen fasst gewesen. Natürlich habe ich sie auch in Dingen auch bedeuten, dass wir damit auch den Jahren zuvor - - Die meisten dieser die Zusammenarbeit zwischen den zuständi- schrecklichen Morde sind ja in den Jahren gen Behörden der Länder und des Bundes vor meiner zweiten Amtszeit als Bundes- weiter positiv beeinflussen könnten. innenminister geschehen. Die zwei letzten Darüber hinaus sind mir Klagen über Morde waren wohl im Frühjahr 2006 gewe- mangelnde Zusammenarbeit jedenfalls nicht sen. Aber die Ermittlungen wurden, wie Sie erinnerlich - - dass sie mir vorgetragen wor- ja besser wissen als ich, durch die zuständi- den wären. Ich habe natürlich in den Medien gen Kriminalpolizeien der betroffenen Länder gelegentlich verfolgt, was die Fragen und die geführt. Untersuchungen des Untersuchungsaus- Ich kann mich nur erinnern, dass im Vor- schusses gewesen sind und will deswegen feld der Innenministerkonferenz, der Innen- sagen: Ich kann mich nicht daran erinnern, ministerkonferenz der Länder, bei der der dass die Frage an mich herangetragen wor- Bundesinnenminister - darauf haben die den wäre, ob ich anordnen sollte, dass das Länderinnenminister immer Wert gelegt - als Bundeskriminalamt nach, ich glaube, § 4 Gast, allerdings regelmäßig anwesend ist - - Abs. 2 Satz 2 des Bundeskriminalamtgeset- bei der Innenministerkonferenz im Jahre zes gegen die Länder anordnen solle, die 2006, wenn ich mich recht erinnere, im Mai, Ermittlungen an sich zu ziehen. Ich hätte jedenfalls in Garmisch-Partenkirchen ist sie einen solchen Vorschlag, der mir nicht ge- wohl gewesen, da bin ich mit der Frage be- macht worden ist, wenn er mir gemacht wor- fasst gewesen. Nach meiner Erinnerung bin den wäre, abgelehnt. Der ist mir aber nicht ich davon unterrichtet worden, dass sich - ich gemacht worden. Aber ich hätte ihn abge- glaube, das ist der Arbeitskreis II der Innen- lehnt. Also, ich würde auch heute der Mei- ministerkonferenz; das sind die Abteilungs- nung sein, dass das nicht meinem Verständ- leiter der Polizei - - der Innenministerien der nis von Zusammenarbeit und von sachdien- Länder und des Bundes - - am Rande dieser licher Polizeiarbeit entsprechen würde. Ich Innenministerkonferenz - sie haben da re- kann mich aber nicht erinnern, dass mir ein gelmäßig getagt - mit Fragen der Abstim- solcher Vorschlag gemacht worden ist. Ich mung bei den polizeilichen Ermittlungen auch kann mich nicht erinnern, dass mir Be- vor dem Hintergrund der Tatsache, dass schwerden über mangelnde Zusammenarbeit zwei weitere dieser Morde vor kurzem ge- vorgetragen worden sind. schehen waren, befasst haben. Mir ist be- Ich habe dann in den Medien auch ver- richtet worden, dass die Abstimmungen gut folgt, dass der Untersuchungsausschuss sich verlaufen. mit der Frage beschäftigt hat: Wir haben Meine wesentlichen Gesprächspartner in wohl im Jahre 2006 im Bundesamt für Ver- diesen Fragen waren Herr Staatssekretär fassungsschutz, das nicht eigentlich mit den

1 Korrektur des Zeugen (siehe Anlage)

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 3 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

polizeilichen Ermittlungen zur Aufklärung Zusammenarbeit zu bringen. Wir haben im dieser Mordtaten befasst gewesen ist, eine Zuge dieser Arbeiten eine Abteilung beim neue Abteilung zur Bekämpfung islamisti- Bundesamt für Verfassungsschutz zur Beob- schen Terrorismus eingeführt, weil wir da- achtung des islamistischen Terrorismus ein- mals die Bedrohungslage durch den islamis- gerichtet. Angesichts der Vorgaben, auch tischen Terrorismus als eine besonders durch die Haushaltsentscheidungen, war mit starke Bedrohung der Sicherheit empfunden der Einrichtung einer neuen Abteilung, die im haben, im Übrigen auch im Vorfeld der Fuß- Übrigen in Berlin eingerichtet worden ist, ballweltmeisterschaft 2006, die ja im Jahr richtigerweise auch in enger räumlicher Zu- 2006 stattgefunden hat. sammenarbeit mit dem Terrorabwehrzen- Die Verantwortlichen, insbesondere die- trum - - war es notwendig, andere Abteilun- jenigen, die schon wie ich ein bisschen län- gen - - durch Zusammenlegen eine Abteilung gere Erfahrungen haben und sich an 1972 einzusparen sozusagen oder durch zwei erinnern - - denen war natürlich vor der Fuß- andere Abteilungen zusammenzulegen. ballweltmeisterschaft sehr in Erinnerung, Ich habe im Nachhinein, weil ich gesehen dass wir eigentlich 1972, die Bundesrepublik habe, dass das eine Rolle spielt - ich ver- Deutschland, die damals Verantwortlichen, mute, dass der Ausschuss dazu mich befra- geplant hatten, mit den Olympischen Spie- gen will nach meiner Erinnerung -, noch ein- len - es ist ja in den letzten Monaten in den mal gesehen: Wir hatten eine Abwägung zu Medien viel daran erinnert worden - ein Bild treffen, welche Abteilungen wir zusammen- von unserem Land auch der Weltöffentlich- legen. Wir haben uns, wie ausführlich dem keit zu vermitteln, wie wir glauben, dass es Ausschuss vorgetragen worden ist, für die nach einer schrecklichen Vergangenheit Zusammenlegung der Abteilungen für Links- heute geworden ist. Es ist auch lange gut und Rechtsextremismus entschieden. Damit gelungen. Allerdings ist es dann durch dieses war nicht eine Minderbewertung, geringere fürchterliche Attentat in München zerstört Gefährdungseinschätzung oder Ähnliches worden, jedenfalls nicht das Bild von verbunden. Die Alternative war gewesen, Deutschland, aber die heiteren Spiele. Des- eine andere Abteilung mit der Abteilung wegen haben wir alles darangesetzt, die Ausländerextremismus zusammenzulegen. Fußballweltmeisterschaft 2006 nicht nur zu Und in der Abwägung der Vor- und Nach- einer heiteren, fröhlichen Fußballweltmeis- teile, die mir vorgetragen worden sind, hat terschaft, sondern auch zu - - und die Si- mir der Vorschlag eingeleuchtet, Links- und cherheit dabei zu gewährleisten, was ange- Rechtsextremismusabteilung zusammenzu- sichts der verschiedenen Spielorte und vor legen. allen Dingen auch angesichts der neuen Ich halte auch im Nachhinein die Ent- Dimension für die Sicherheitslage durch scheidung für richtig. Aber natürlich kann Public Viewing eine Riesenaufgabe gewesen man über solche Entscheidungen immer ist. unterschiedlicher Meinung sein. Ich habe sie Wir haben uns damals ja mit der islamisti- jedenfalls so, wie sie mir vorgetragen worden schen Bedrohung durch den islamistischen ist, gebilligt. Daran erinnere ich mich. Das ist Terrorismus intensiv beschäftigen müssen. das, was ich aus meiner Erinnerung zu Ihrem Sie erinnern sich daran, dass wir im Vorfeld Untersuchungsauftrag beitragen kann. der Fußballweltmeisterschaft die Kofferbom- Vielen Dank. bengeschichte hatten. Ich habe mich in den letzten Wochen daran erinnert, wo jetzt auf Vorsitzender Sebastian Edathy: Vielen dem Bonner Bahnhof offenbar wieder ein Dank, Herr Dr. Schäuble. - Ich will vorab ähnlicher Sachverhalt gewesen ist. Und wir bekannt geben, dass wir kurz vor 13 Uhr hier haben ja dann im Laufe des Jahres auch mit unterbrechen müssen, da für Viertel nach der Sauerland-Gruppe noch hinreichend eins eine namentliche Abstimmung im Ple- gesehen, dass die Bedrohung eine reale num des Deutschen Bundestages vorgese- gewesen ist. hen ist zum Thema „Unterstützungsleistun- Wir hatten das Gemeinsame Terrorab- gen der Bundeswehr für die Republik Türkei“. wehrzentrum in Berlin eingerichtet, um die Wir werden also dann in dieser Zeit entspre- Sicherheitsbehörden aller Beteiligten, alle chend pausieren müssen. Behörden von Bund und Ländern, Polizei, Herr Dr. Schäuble, wir beginnen mit der auch Verfassungsschutzbehörden, alle in Befragung. Mir ist mit Blick auf Ihr heutiges einem Zentrum zu einer starken informellen Erscheinen in Erinnerung gekommen, dass

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 4 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

wir beide beteiligt gewesen sind am 30. März Ich kann in dem, was Sie vorgetragen ha- 2001 - haben dann meine Recherchen erge- ben, nichts erkennen, was mich in irgend- ben - am Bestreiten einer Debatte im Plenum einer Weise belasten würde. Aber wenn Sie des Deutschen Bundestages über das mich fragen - ich weiß zwar nicht, ob Sie so Thema Rechtsextremismus. In dieser De- sehr an meinen Meinungen interessiert sind; batte haben Sie ausweislich des Protokolls ich dachte, ich sei Zeuge -, so will ich Ihnen unter anderem ausgeführt mit Blick auf gerne sagen: Ich habe diese sogenannten Rechtsextremismus - ich zitiere -: Ceska-Morde, die ab 2001 - - Ich vermute fast, dass sie nach unserer, nach dieser - - Vielleicht sollten wir weniger be- achten und mehr verachten. … das Datum dieser Debatte - - Ich weiß es nicht - - Deutschland ist ein offenes, aus- länderfreundliches und tolerantes Land. Wir sollten unter allen Um- Vorsitzender Sebastian Edathy: 2000 ständen verhindern, dass durch war der erste Mord. eine einseitige Berichterstattung bei der großen Mehrheit unserer Bevöl- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: War der kerung ein falscher Eindruck von erste Mord; weiß ich auch nicht. Aber ich bin der Wirklichkeit unseres Landes er- damals nicht Innenminister gewesen, son- zeugt wird. … dern Mitglied des Deutschen Bundestages, Ich sagte vorhin schon, dass Ver- ich glaube, Vorsitzender der CDU/CSU - - achtung wichtiger ist als ein Über- nein, da bin ich nicht mehr - - oder? Doch! maß an öffentlicher Aufmerksam- Bis Anfang - - Nein, Anfang 2000 bin ich als keit. Junge Menschen neigen manchmal dazu zu provozieren. Sie Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfrak- wollen Aufmerksamkeit erregen, tion und als Vorsitzender der CDU Deutsch- was ihnen auf diese Weise leicht lands zurückgetreten, so. gelingt. Also, jedenfalls habe ich die Morde in den Medien verfolgt und kann mich erinnern, Sehen Sie, Herr Dr. Schäuble, wir fragen dass die allgemeine Einschätzung gewesen uns hier in diesem Ausschuss seit Monaten, ist, auch der Polizeibehörden, wenn ich das warum man, obwohl es durchaus Anzeichen richtig in Erinnerung habe, dass es sich gegeben hat für einen in den 90er-Jahren nicht - - dass der Hintergrund nicht ein - - der deutlich militanter gewordenen Rechtsextre- irgendwie mit organisiertem Rechtsextre- mismus, nicht die Sensibilität hatte, bei die- mismus zu tun hatte. In der Tat gehöre ich ser ganzen Mordserie 2000 bis 2006, den auch zu denen - aber wenn ich die Medien sogenannten Ceska-Morden, auf den Ge- richtig verfolgt habe, ist das den allermeisten danken zu kommen: Vielleicht könnte das so gegangen -, die bei der Entdeckung, dass Tatmotiv etwas mit Rassismus, mit Frem- es sich bei dieser Mordserie über Jahre hin- denfeindlichkeit zu tun haben. Glauben Sie, weg um eine rechtsextremistische, terroristi- Herr Minister, sich selber eingeschlossen, sche oder wie immer zu nennende Bande dass man, was das Thema Rechtsextremis- gehandelt hat, die serienmäßig diese Morde mus betrifft, mindestens in der Vergangen- begangen hat - - war ein großes Erschre- heit, vielleicht beachtet, aber möglicherweise cken. zu wenig beachtet hat, was es dort an Ent- Und natürlich die Frage, die sich der wicklungen gab? Untersuchungsausschuss stellt - aber ich bin nicht Mitglied des Untersuchungsausschus- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr ses, sondern Zeuge -: Wieso haben wir das Vorsitzender, ich habe die Bundestags- alle nicht so eingeschätzt? Oder wieso haben debatte 2001 nicht in Erinnerung. Aber ich es die zuständigen Polizeibehörden nicht so habe zur Kenntnis genommen, dass der eingeschätzt? Aber Sie fragen mich über Bundestagspräsident gestern daran erinnert Mutmaßungen oder Meinungen. Ich wollte hat - ich bin in Brüssel gewesen -, dass ich Ihnen mit meinem Erinnerungsvermögen seit 40 Jahren Mitglied des Deutschen Bun- möglichst helfen, Ihrem Untersuchungsauf- destages bin. Ich bitte also um Nachsicht, trag zu helfen, weil dazu haben Sie mich wenn ich nicht alle Debatten, an denen ich vorgeladen. aktiv oder passiv teilgenommen habe, exakt in Erinnerung habe. Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr Dr. Schäuble, die Frage war auch durchaus

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 5 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

ein Stück weit allgemeiner gefasst gewesen. zu entscheiden hatten wir es im Ministerium. Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Zeit, Ihrer Ich bin den fachlichen Ratschlägen - - und zweiten Amtszeit als Bundesinnenminister habe dies geprüft, habe das sicherlich ange- von 2005 bis 2009 dem Phänomenbereich hört. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich jetzt Rechtsextremismus hinreichend viel Beach- mit Herrn Fromm darüber gesprochen habe. tung geschenkt haben? Es ist wahrscheinlich, aber ich habe keine direkte Erinnerung daran. Aber letzten Endes Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Im bin ich dem Votum meines Hauses und ins- Rahmen meines Amtsverständnisses, wie ich besondere des Staatssekretärs gefolgt, und es beschrieben habe: ja. wenn man das - - Wenn Sie da anderer Mei- nung sind, gehört das zum demokratischen Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr Spektrum, nur nicht zu der Aussage, zu der Minister, diese Zusammenlegung der Abtei- ich, zur Wahrheit verpflichtet, als Zeuge mehr lung für Links- und Rechtsextremismus 2006, beitragen kann. die nach Aktenlage gegen den ausdrück- lichen Rat des Präsidenten des Bundes- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ihr da- amtes für Verfassungsschutz, Herrn Fromm, maliger beamteter Staatssekretär Herr erfolgt ist: Wie ist die einzuordnen? Sie ha- Dr. Hanning - ich bitte die Kolleginnen und ben in Ihren einleitenden Bemerkungen fast Kollegen, mir zu widersprechen, wenn sie es den Eindruck erweckt, das wäre eigentlich anders in Erinnerung haben - aber hat hier zwangsläufig der Fall gewesen, man hätte vor genau 14 Tagen dargelegt, dass die Zu- irgendwas zusammenlegen müssen. Ich sammenführung der Abteilung für Links- und frage mich: Warum eigentlich? Wenn wir das Rechtsextremismus zu einer gemeinsamen mit dem Gedanken der wehrhaften Demo- Abteilung im Bundesamt für Verfassungs- kratie ernst nehmen und wir stellen fest: „Ja, schutz insbesondere einen Grund hatte: Per- es gibt da eine gewachsene Herausforde- sonal einzusparen. Können Sie das bestäti- rung durch islamistischen Terrorismus“ - ich gen? denke, das ist ja völlig unstrittig -, dann ist es doch keineswegs zwangsweise ein folgerich- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe tiger Schluss, zu sagen: Da müssen wir an- es so nicht in Erinnerung, sondern ich habe deren Herausforderungen durch Extremis- in Erinnerung, dass wir eine zusätzliche Ab- mus weniger Beachtung schenken, sparen teilung geschaffen haben, nämlich die Ter- da Personal ein und bauen es bei der Be- rorabwehr-Zen- - die Rechts- - aus dem obachtung islamistischer Strukturen und Or- islamistischen Terrorismus, und dass wir, um ganisationen mit ein. die Zahl der Abteilungen nicht zu erhöhen, weil wir in der Tat natürlich nach den Vorga- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr ben des Haushalts Begrenzungen hatten der Vorsitzender, ich wollte nicht gesagt haben, Möglichkeiten - - ich - - dass und dann - - dass wir andere Gefahren geringer einge- Und wenn Sie innerhalb von einem gesteck- schätzt haben. Wir haben die Gefahr des ten Rahmen Prioritäten setzen wollen, müs- islamistischen Terrorismus im Vorfeld der sen Sie irgendwo schauen, wie Sie das so Fußballweltmeisterschaft so eingeschätzt, machen. Ich habe die Zusammenlegung von dass wir die Einrichtung einer eigenen Ab- zwei Abteilungen nicht als so - - nicht so in teilung, und zwar nicht in Köln, sondern hier Erinnerung, dass damit verbunden war, dass in Berlin, im Zusammenhang mit dem Ge- wir jetzt Links- oder Rechtsextremismus als meinsamen Abwehrzentrum gegen Terroris- weniger gefährlich oder weniger zu beob- mus für notwendig gehalten haben. Deswe- achten ansehen sollen. gen haben wir die Entscheidung getroffen. Ich habe im Übrigen, Herr Vorsitzender, Dass man über jede dieser Entscheidungen die Erinnerung, dass die Debatten über die zum Zeitpunkt der Entscheidung wie später Notwendigkeit des Verfassungsschutzes und unterschiedlicher Meinung sein kann, das ist die Arbeitsmöglichkeiten und die haushalte- klar. Das will ich nicht bestreiten. Aber ich rischen Rahmenbedingungen für den Verfas- habe die Entscheidung, die mir so vorgetra- sungsschutz in Deutschland auch schon gen worden ist, so für richtig gehalten. anders gelaufen sind, als sie zu der Zeit lau- Es kann schon sein, dass meine Erinne- fen, aber das ist eine Erinnerung, an die ich rung - - Das schließt nicht aus, dass der Herr mich habe - - Ich will nicht - - Ich habe nicht Fromm anderer Meinung gewesen ist. Aber die Absicht, eine politische Debatte mit Ihnen

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 6 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

als Zeuge vor einem Untersuchungsaus- nicht die Absicht, eine politische Debatte hier schuss zu führen, weil das ist nicht meine zu führen. Aufgabe hier. Die machen wir bei anderer Gelegenheit, nicht im Untersuchungsaus- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich will schuss. Ich - - Sie haben mich zur Wahrheit nur kurz zur Ergänzung aus dem vorläufigen verpflichtet. Protokoll der Vernehmung von Herrn Han- ning - wie gesagt, die war vor zwei Wochen, Vorsitzender Sebastian Edathy: Richtig. am 22.11.2012 - zitieren. Das ist die Seite 17. Da sagt Herr Hanning wörtlich - Zitat -: Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sie ha- Ich würde Sie mal einladen, bei ben mich auf die strafrechtlichen Konse- einem Gespräch mit Haushältern quenzen hingewiesen. Die sind mir wohl dabei zu sein … Da weht natürlich bekannt - ich bin Mitglied in Untersuchungs- ein etwas anderer Wind. Da wird ausschüssen auch schon gewesen -, und gesagt: Wir müssen hier eine Kür- deswegen nehme ich meine Rolle als Zeuge zung erbringen. Im Sicherheits- ernst, aber auch in den Begrenzungen. bereich ist schon lange nicht mehr gekürzt worden. Bitte sorgt mal da- Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr für, dass Ihr Effizienzsteigerungen erreicht. Dr. Schäuble, das ist sicherlich alles richtig. Gleichwohl standen Sie schon damals als War das damals die Situation, dass Sie Bundesinnenminister in politischer Verant- als Bundesinnenminister möglicherweise wortung und haben natürlich auch politische eine fachlich nicht wirklich gute Entscheidung Entscheidungen gefällt. Die Zusammen- getroffen haben aufgrund der Erfordernis, legung der Abteilungen Links- und Rechts- Mittel einzusparen, um einer als relevant extremismus war eine politische Entschei- betrachteten Bedrohung durch islamistischen dung. Natürlich ist es selbstverständlich, Terrorismus verstärkt begegnen zu können? dass man hier in diesem Untersuchungsaus- schuss hinterfragen kann, was die Motivation Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich war. Die Folge der Zusammenlegung war habe - - Meine Erinnerung geht dahin, Herr jedenfalls nach den Stellenplänen des Bun- Vorsitzender, dass wir einen gegebenen desamtes für Verfassungsschutz, dass Rahmen im Bundeshaushalt für das Bundes- 20 Prozent der Beschäftigten, die bis zu die- amt für Verfassungsschutz hatten, und dass ser Reform zuständig waren für die Be- wir in diesem Rahmen versucht haben, die obachtung von rechtsextremistischen Struk- Aufgaben des Bundesamtes für Verfas- turen, anderen Aufgaben zugeordnet worden sungsschutz möglichst effizient wahrzuneh- sind. Und die Abteilung Islamismus und isla- men als Teil des gesamten Sicherheitsver- mischer Terrorismus, die ist ja nicht damals bundes von Bund und Ländern und der Be- erst gegründet worden, die gab es zu diesem hörden, von Verfassungsschutz und der Poli- Zeitpunkt, als die Entscheidung der Zusam- zeibehörden, dass wir also - - dass es nicht menlegung der Abteilungen links und rechts darum ging, irgendwelche Aufgaben weniger getroffen worden ist, schon. Aber der Hinter- ernsthaft wahrzunehmen oder Bedrohungen grund war - nach dem Schriftverkehr, unter und so etwas. anderem seitens des damaligen Präsidenten Es war im Übrigen nicht meine Aufgabe, des Bundesamtes für Verfassungsschutz -, mein Verständnis, die Qualität von Bedro- diese Abteilung Islamismus personell auf- hungen in erster Linie zu beurteilen, sondern wachsen zu lassen durch eine Fusion der ich - - wir haben die Entscheidung getroffen, Abteilungen für Links- und Rechtsextremis- dass wir im Vorfeld der Fußballweltmeister- mus. Da kann man ja wohl die Frage stellen, schaft, auch im Vorfeld der Fußballwelt- ob das eine richtige und sinnvolle Entschei- meisterschaft die besondere Gefahrenlage, dung gewesen ist. Sie würden aber auch wie sie gesehen wurde damals aus dem is- heute sagen, die Entscheidung war richtig? lamistischen Terrorismus - - wobei wir uns ein Stück weit durch die laufenden Beob- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sie fra- achtungsverfahren und Ermittlungen - sowohl gen mich nach meiner Erinnerung. Ich kann bei den Kofferbomben als auch in der mich erinnern, dass ich so entschieden habe, Sauerland-Gruppe, das hat sich ja eine mir das so vorgetragen worden ist. Ich habe ganze Zeitlang hingezogen - dadurch auch bestätigt haben, neben vielen anderen Mel-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 7 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

dungslagen etc. Und deswegen haben wir gen - ja die Anregung gekommen vom Bun- die Entscheidung - kann ich mich erinnern - deskriminalamt, als man festgestellt hat: so getroffen. mittlerweile Mordserie, fünf Bundesländer Im Übrigen noch einmal: Ich habe mich betroffen, sechs Polizeibehörden, fünf sehr auf die fachliche Beurteilung der Zu- Staatsanwaltschaften, weitgehend dezentrale ständigen gestützt. Und ich halte auch Ermittlungsführung, die Ermittlungen haben heute - wenn - das haben Sie mich nicht keine heißen Spuren ergeben - - und das gefragt - - Aber ich halte auch heute meine BKA wollte eigentlich über das Bundes- Entscheidung, Herrn Dr. Hanning zu bitten, innenministerium erreichen, dass das BKA das Amt des Staatssekretärs im Bundes- die federführende Zuständigkeit bekommt - - innenministerium zu übernehmen, für eine verwiesen worden ist dort auf die einschlägi- gute Entscheidung. Ich habe ihm vertraut, gen gesetzlichen Bestimmungen. Sie selber vertraue ihm auch heute, schätze ihn hoch, haben gesagt: Ja, es gibt diese gesetzlichen kann aber zu seinen Aussagen vor einem Bestimmungen. Es wäre möglich gewesen, Untersuchungsausschuss im Einzelnen nicht dass das Bundesinnenministerium anordnet: Stellung nehmen. Da müssten Sie ihn - wäre Die Federführung wird vom Bund übernom- eine Anregung - erneut als Zeugen laden, men durch das Bundeskriminalamt; aber Sie wenn Sie ihn zu seinen Aussagen befragen hätten das - wenn ich das richtig verstanden wollen. Ich kann besser zu meiner Erinne- habe - prinzipiell nicht für opportun gehalten. rung etwas sagen. Da stelle ich mir natürlich die Frage als Par- lamentarier, die wir nun hier alle sind - Sie ja Vorsitzender Sebastian Edathy: Meine auch, Herr Dr. Schäuble -, wozu wir eigent- Frage war ja auch nicht, ob sich Herr Han- lich Gesetze haben, wenn die zuständigen ning bei seinen Aussagen an seine eigene Minister gar nicht bereit sind, die Gesetze an- Erinnerung gehalten hat, sondern ob sich zuwenden. das mit Ihrer Erinnerung deckt. Aber - - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Mit mei- Vorsitzender, es wird ja ein Protokoll geführt. ner Erinnerung deckt sich das nicht im Ein- Ich glaube nicht, dass ich das gesagt habe, zelnen. Im Übrigen würde ich natürlich, - was Sie jetzt mir vorhalten; mit allem Res- pekt. Ich habe darauf verwiesen, dass ich Vorsitzender Sebastian Edathy: Dann mich nicht erinnern - - dass mir vorgetragen ist die Frage ja beantwortet. worden sei, dass ich, wenn ich mich recht erinnere - - Aber vielleicht kann mir jemand Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - da ich den Wortlaut des Bundeskriminalamtsgeset- zurzeit Bundesfinanzminister bin, wie ich zu zes vorhalten. Ich habe ihn nicht mitgebracht, Beginn der Vernehmung gesagt habe, nie- und ich habe mich in den letzten Tagen nicht mals solche Formulierungen über die Mit- intensiv mit dem Bundeskriminalamtsgesetz, glieder des Haushaltsausschusses des sondern mehr mit der europäischen - - Bitte? Deutschen Bundestages gebrauchen. Das ist (Dr. Eva Högl (SPD): Wir haben es nun eine Frage der Klugheit. da! - Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir können Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich will aushelfen!) dieses Thema „Zusammenlegung der Abtei- - Können wir prüfen, können wir prüfen mal, lungen Links- und Rechtsextremismus beim ob es der § 4 Abs. 2 - - Bundesamt für Verfassungsschutz 2006“ jetzt verlassen und noch mal kurz zurück- Vorsitzender Sebastian Edathy: Der ist kommen auf einen Punkt, den Sie selber es, ja. auch angesprochen hatten: Innenminister- konferenz 2006 im Mai in Garmisch-Parten- (Dr. Eva Högl (SPD): Der ist es, ja!) kirchen, wo der Bundesinnenminister tradi- tionell ja zu Gast ist in der Runde. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Vielen Mich hat eine Sache stutzig gemacht, Dank. Sehen Sie, mein - - Danke, Frau Kol- Herr Dr. Schäuble - vielleicht können Sie uns legin. Mein Gedächtnis ist trotz vorrücken- das noch ein bisschen näher ausführen -: Es dem Alter noch nicht völlig außer Kraft ge- ist damals - das wissen wir aus den Unterla- setzt. Also gut.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 8 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Ich habe - - Wenn ich mich nicht sehr irre, Vorsitzender Sebastian Edathy: - näm- habe ich gesagt, ich kann mich nicht erin- lich das Bundeskriminalamtsgesetz, und da nern, dass mir vorgetragen worden sei der gibt es eben diesen § 4 Abs. 2 Satz 2: Vorschlag oder auch des Bundeskriminal- Das Bundeskriminalamt nimmt da- amts - - Mein Gesprächspartner beim Bun- rüber hinaus die polizeilichen Auf- deskriminalamt war, wenn ich mich recht gaben auf dem Gebiet der Straf- erinnere, der Präsident Ziercke. Wenn ich verfolgung wahr, wenn nicht mich irre, haben Sie den Präsidenten Ziercke als Zeugen vernommen im Untersu- - und da heißt es in Satz 2 - chungsausschuss. Sie werden selber wissen, der Bundesminister des Innern es ob Herr Ziercke gesagt hat, er habe dem nach Unterrichtung der obersten Bundesinnenminister einen Vorschlag ge- Landesbehörde aus schwerwiegen- macht, der Bundesinnenminister möge - - Es den Gründen anordnet … gibt ja verschiedene Formen, wie das Bun- deskriminalamt ein Verfahren übernehmen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Richtig. kann. Der Fall des § 4 Abs. 2 Satz 2 ist der Fall, dass das Bundeskriminalamt auch ohne Vorsitzender Sebastian Edathy: Und da ein Einvernehmen mit den Ländern den Fall haben Sie gesagt, Sie sind mit dieser Frage an sich ziehen kann. Und ich habe gesagt: gar nicht konfrontiert worden. Wären Sie Es ist mir ein solcher Vorschlag nicht vorge- konfrontiert worden, hätten Sie die Anord- tragen worden. Aber ich würde ihn auch an- nung nicht getroffen. Daraufhin habe ich die gesichts der Tatsache, dass die Ermittlungen Frage gestellt - und die ist ja wohl völlig legi- von den Ländern geführt worden sind in der tim, Herr Minister, mit Verlaub -, wozu wir damaligen Situation, auch aus heutiger Sicht eine solche gesetzliche Vorschrift haben im nicht - - würde ich ihm auch nicht zustimmen, Bundeskriminalamtsgesetz, wenn ein Bun- sondern ich würde den Vorschlag - - würde desinnenminister von vornherein ausschließt, es dabei belassen, so, wie entschieden wor- davon Gebrauch zu machen. Das hat nicht den ist. Wobei ich die Entscheidung gar mit Nichtbeachtung zu tun. nicht - - mich erinnern kann, dass ich die Entscheidung getroffen hätte, weil sie mir gar Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr nicht vorgetragen worden ist. Ich musste sie Vorsitzender, noch einmal: Ich habe ja nicht auch nicht getroffen haben. Daraus nun ab- gesagt, ich schließe es von vornherein aus, zuleiten - Herr Vorsitzender, mit allem Res- sondern ich habe gesagt, ich bin - - die Frage pekt -, ich würde Gesetze als Bundesminister ist nicht an mich herangetragen worden. nicht beachten, ist so, dass ich Sie bitten Aber nachdem ich in den Medien verfolgt würde, diesen Vorhalt zurückzunehmen. habe, welche Fragen Sie in diesem Aus- schuss erörtern, habe ich mir natürlich die Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr Frage gestellt: Wäre sie an mich herange- Dr. Schäuble, ich habe nicht davon gespro- tragen worden, was würde ich für - - welche chen, dass Sie die Gesetze nicht beachten, Entscheidung hätte ich denn getroffen? Denn sondern ich habe davon gesprochen, dass wenn Sie den Paragrafen gerade richtig bei mir folgender Eindruck entstanden ist, vorge- - wenn ich Sie gerade richtig verstan- den Sie eben durch Ihre jüngsten Ausfüh- den habe, wie Sie § 4 Abs. 2 Satz 2 des rungen auch bestätigt haben. Sie haben hier BKA-Gesetzes zitieren, dann heißt er ja in diesem Ausschuss berichtet, die Frage, ob nicht, dass, wenn das vorgeschlagen wird, Sie die federführende Ermittlung anordnen dass der Bundesinnenminister dann keine sollten, sei an Sie nicht herangetragen wor- Entscheidung zu treffen hat, und wenn er den mit Blick auf die Ceska-Morde. Dann eine Entscheidung zu treffen hat, muss er haben Sie aber gesagt, wenn diese Anre- Argumente wägen. Und wenn ich es richtig in gung an Sie herangetragen worden wäre, Erinnerung habe aus den Medienberichten, hätten Sie es trotzdem nicht gemacht. Dann hat eines der beteiligten Bundesländer - ich habe ich darauf hingewiesen, dass wir ein glaube, es war der Freistaat Bayern - zwei Gesetz haben, - Jahre zuvor die Übernahme der Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt, was nach Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Richtig. Paragraf - - nach dem Bundeskriminalamts- gesetz - - Ich bin gerne bereit - - Nur falls - -

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 9 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja. erinnern, dass eben am Rande der oder bei Anlass der Innenministerkonferenz in Gar- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nur, misch-Partenkirchen im Mai 2006 ich infor- falls Sie an meiner Antwort interessiert miert worden bin aus dem zuständigen Ar- sind - - beitskreis, dass die Fragen der Zusammen- arbeit befriedigend geregelt seien und dass Vorsitzender Sebastian Edathy: Natür- im Rahmen dieser Zusammenarbeit sich der lich bin ich das. Bund auch an der erhöhten Auslobung betei- ligen solle, ist der Rest eine Diskussion über Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Na, Beurteilungen, die man so oder so anstellen dann warte ich, bis Sie wieder zuhören. kann, für die ich aber als Zeuge aus meiner Erinnerung, meiner sorgfältigen Erinnerung Vorsitzender Sebastian Edathy: Leb- dann auch weiter nichts beitragen kann. haft. Ja, ich bin vom Kollegen Wolff abge- lenkt worden. Es tut mir leid. Vorsitzender Sebastian Edathy: Staats- sekretär a. D. Dr. Hanning hat hier am Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, 22.11.2012 laut dem vorläufigen Protokoll deswegen habe ich unterbrochen. wörtlich Folgendes ausgeführt - ich zitiere auf Seite 11 -: Vorsitzender Sebastian Edathy: Das ist Und dann war ein weiterer Vorgang, Ihr Koalitionspartner. aber damit im Zusammenhang ste- hend, ich glaube, eine Intervention (Dr. Eva Högl (SPD): Richtig!) des BKA im Bundesministerium des Innern, die also geltend gemacht Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr haben: Hier gibt es Defizite bei den Vorsitzender, ich bin Zeuge vor einem Unter- Ermittlungen, und es gibt sehr gute suchungsausschuss und nicht in einer Koali- Gründe dafür, dass hier besser ko- tionsverhandlung und nicht in einer politi- ordiniert werden muss, und die schen Debatte im Deutschen Bundestag. beste Lösung wäre eigentlich, dem BKA die Federführung zu übertra- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja. gen. Fahren Sie fort, Herr Schäuble. Das bezog sich auf diese damals als Ceska- Mordserie bezeichnete Abfolge von Strafta- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wenn - - ten. - Diese Intervention des BKA hat Sie Ich habe - - Ich begründe jetzt, warum ich nicht erreicht. Habe ich Sie da richtig ver- heute der Ansicht - - die Ansicht geäußert standen? habe, wenn ich - - wenn mir eine solche Frage vorgetragen worden wäre, würde ich Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann aus heutiger Sicht angesichts der Tatsache, mich nicht erinnern, dass sie mich erreicht dass im Jahre 2004 eine Anregung - wenn hätte. ich das richtig in den Medien verfolgt habe - des ermittlungsführenden Freistaates Bayern Vorsitzender Sebastian Edathy: Sie ha- vom Bundeskriminalamt abgelehnt worden ben einleitend ausgeführt, Sie hätten sich als ist, und wenn ich im Übrigen - - Weil ich im Bundesinnenminister nicht als, ich glaube, Übrigen der Auffassung bin, dass der ge- Sie haben gesagt: oberster Polizist der Re- meinsamen Verantwortung von Bund und publik betrachtet, Sie hätten die Auffassung Ländern für die Sicherheit unseres Landes vertreten, Ermittlungen seien Ländersache. und der Bürgerinnen und Bürger und der Haben Sie denn in Ihrer Zeit als Bundes- Menschen, die in unserem Lande leben, am innenminister jemals von der Möglichkeit, die besten durch eine vertrauensvolle Zusam- im Bundeskriminalamtsgesetz niedergelegt menarbeit Rechnung getragen wird, hätte ich ist, Gebrauch gemacht, zentrale Ermittlungen immer darauf hingewirkt, dass wir solche anzuordnen? Fragen im Zusammenwirken entscheiden. Da ich mich aber daran erinnere, dass mir Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nach gar keine Probleme in der Zusammenarbeit § 4 Abs. 2 Satz 2 des BKA-Gesetzes? vorgetragen worden sind, sondern vielmehr auch im Zusammenhang ich mich meine zu Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 10 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Kann ich geschlagen worden ist -, dass wir uns - - mich nicht erinnern. Aber ich kann auch gerne die ganze Vorlage jetzt noch einmal lesen, um sie zur Kenntnis Vorsitzender Sebastian Edathy: Bezüg- zu nehmen; denn ich habe die Akten nicht lich der Innenministerkonferenz in Garmisch- gelesen jetzt in den letzten Monaten oder so. Partenkirchen gab es eine Ministervorlage, Das Motiv, an das ich mich erinnere, war, Betreff „Mordserie CESKA“. Das finden wir in dass wir damit auch unseren Beitrag zur den Akten im Bestand BMI-4/0030, Zusammenarbeit - - Ich sehe ja hier, es sind Blatt 86 ff., datiert vom 3. Mai 2006. Die IMK ja mehrere Bundesländer betroffen gewesen. war dann am 4. und 5. Mai, das heißt, am Die letzten Morde waren nach meiner Erinne- Tag und am Tag darauf. Können Sie sich - - rung - - also, die Morde im Frühjahr 2006 Vielleicht kann man dem Herrn Dr. Schäuble sind, glaube ich, in Bayern - das mal eben kurz geben. Einen kleinen Augenblick, bitte. Vorsitzender Sebastian Edathy: Dort- mund und Kassel war das. (Dem Zeugen werden Unterlagen vorgelegt) Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Vielen - begangen worden. Bayern war deswegen Dank. auch federführend innerhalb - - mit den ande- ren Ländern. Aber ich sehe ja hier Hessen, Unterrichtung und Entscheidung Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nord- über das weitere Vorgehen im Hin- rhein-Westfalen, etc. Und dann habe ich dem blick auf eine von Staatsminister Vorschlag - so ist es mir auch vorgeschlagen Beckstein angekündigte Initiative am Rande der IMK am 4./5. Mai … worden - - dass wir uns entsprechend an mit dem Ziel, die Belohnung zu er- dieser Initiative, die Belohnung zu erhöhen, höhen. um den Fahndungsdruck zu erhöhen, beteiligen würden. Ja. Ich meine, das hätte ich einleitend gesagt. Vorsitzender Sebastian Edathy: Na, ich Vorsitzender Sebastian Edathy: Kön- stelle nur fest, Herr Dr. Schäuble, dass es nen Sie sich erinnern, das gesehen zu ha- mich ein bisschen wundert. Also, wir haben ben, diese drei Seiten? - Interessant finde ich folgenden Sachverhalt: 2000 bis April 2006: bei dem Papier, dass nur am Rande über neun Morde an Kleinunternehmern mit einem das Thema Organisation der Ermittlungen sogenannten Migrationshintergrund, alle mit gesprochen wird und im Mittelpunkt die derselben Waffe begangen, in fünf Bundes- Frage steht, wie sich das Bundesinnen- ländern. Neun Morde, fünf Bundesländer. ministerium verhalten sollte mit Blick auf die Das BKA stellt fest - das war beteiligt an der von Bayern angestrebte Erhöhung der Be- Führung der Ermittlungen -: Das macht mit lohnung für das Auffinden der Täter. dieser weitgehend dezentralen Organisation keinen Sinn mehr. Das ist nicht zielführend, Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das dass sechs Polizeibehörden, fünf Staats- war - - ist meine Erinnerung, Herr Vorsitzen- anwaltschaften die Ermittlungen führen. Das der, dass mir diese Frage zur Entscheidung BKA wendet sich an das Bundesinnenminis- vorgetragen oder vorgelegt worden ist. Ich terium mit der Bitte, über Sie zu erwirken - im kann mich nicht exakt - - ob ich diese Vor- Rahmen der IMK in Garmisch-Partenkirchen lage gesehen habe oder nicht. Ich weiß nicht, im Mai 2006 -, doch zu erreichen, dass das ob sie abgezeichnet ist von mir, aber vermut- BKA die zentrale Federführung für die Er- lich haben wir zumindest darüber gespro- mittlungen bekommt. Dann berichten Sie hier chen. Herr Hanning hat sie jedenfalls, wie ich in diesem Ausschuss, dass Sie mit dem hier sehe, abgezeichnet, und es kann sein, ganzen Sachverhalt nur befasst waren be- dass er sie mündlich mir vorgetragen hat. Es züglich des Aspektes der Erhöhung der kann sein, dass sie mir vorgelegen ist. Ich ausgesetzten Belohnung, aber nicht bezüg- bitte, das nachzusehen. Aber ich erinnere lich des Hauptaspektes, nämlich der Kritik mich daran, dass wir schriftlich oder münd- des BKA an der Organisation der Ermitt- lich darüber gesprochen - - also damit be- lungsführung. - War das so? Also, Sie kön- fasst waren, daran zu beteiligen, und dass nen sich erinnern, was die Erhöhung der das Motiv gewesen ist - so, wie mir das vor- Belohnung betrifft, da waren Sie befasst.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 11 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Was den Wunsch des BKA betrifft, die fe- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja, gut, derführenden Ermittlungen zu bekommen, da dann - - waren Sie nicht befasst? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - mit Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr dem Vorhalt, ich hätte hier in die Akten rein- Vorsitzender, ich kann dieser Vorlage nicht geschaut. entnehmen, dass hier da vorgeschlagen sei, die Ermittlungen auf den Bund, auf das BKA Vorsitzender Sebastian Edathy: Ist in zu übertragen. Ich versuche jetzt, auf der Ordnung, Herr Minister, dann - - einen Seite Ihnen zuzuhören, andererseits die Vorlage zu lesen, habe sie also nur über- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Außer- flogen. halb der Sitzung lese ich es nicht.

Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja, das Vorsitzender Sebastian Edathy: Gut, ist richtig. Also, das ist ja das Erstaunliche okay. - Einen Augenblick, Herr Binninger. eigentlich bei der Geschichte. Dann stellen wir fest: Wir unterbrechen gleich. Der Minister muss nicht lesen wäh- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, rend der Unterbrechung, und wir setzen dann wenn ich es nicht aus den Vorlagen - - fort mit der Möglichkeit zur Lektüre. (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS ( (CDU/CSU): Er 90/DIE GRÜNEN): Herr Vorsitzen- muss ja abstimmen.) der, wir können dem Zeugen doch Gelegenheit geben, das mal zu Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr lesen!) Binninger hat sich gemeldet. Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja, selbstverständlich, Herr Wieland. (CDU/CSU): Sie dürfen es auch gerne auf meine Zeit schon Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE anrechnen. Bevor wir uns hier jetzt in eine GRÜNEN): Mich würde wirklich interessie- Debatte verheddern, die man eigentlich auf- ren, ob seine Paraphe zum Beispiel drauf ist. klären kann, wenn man das Dokument kennt, Hier oben steht: und wir kennen die Dokumente - - Deshalb wollte ich auch fairerweise, Herr Zeuge, da- Liegt Herrn Minister als Fax vor! rauf hinweisen: Es stimmt natürlich, was Handschriftlich. Kann ja richtig sein, kann ja Ihnen der Vorsitzende vorgehalten hat: dass falsch sein. Ich finde es gut, dass er sagt: Er in diesem Schreiben, das Sie schon in ir- ist nicht so vorbereitet, dass er nun alle Fra- gendeiner Form erreicht hat, egal jetzt, ob gen, alle Antworten schon mal durchgespielt mündlich oder per Fax, ein kurzer Absatz auf hat. Deswegen denke ich, er sollte die drei Seite 3 die bisherige Organisation der Er- Seiten sich jetzt mal ansehen können. mittlungen beschreibt; das ist Seite 2, Ent- schuldigung. Die wird da beschrieben auch Vorsitzender Sebastian Edathy: Ja, das mit den ganzen Schwächen, die ja offenkun- ist ja auch völlig in Ordnung. - Gut. Wie ist dig waren. Das war die Organisation der denn der Planungsstand, was die nament- Ermittlungen vor der IMK. Auf Seite 3 liche Abstimmung betrifft, übrigens? - schreibt das BKA aber auch, dass man eben 13.12 Uhr. Wir müssen da ja auch erst noch auf dem Weg sei, eine neue Organisations- mal hinkommen. Dann würde ich vorschla- form zu finden. Also, insofern kann man dann gen, wenn Sie einverstanden sind, dass wir beides gegenüberstellen. jetzt unterbrechen, Herr Dr. Schäuble viel- leicht so freundlich ist, auch die Zeit zu nut- Vorsitzender Sebastian Edathy: Wir be- zen, sich das Papier anzuschauen, und wir schäftigen uns nach der Unterbrechung mit nach der namentlichen Abstimmung - - der Textexegese. Ich unterbreche für die Abstimmung. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich lese das nur in der Sitzung. Ich lese das nur in der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wann Sitzung. Sonst kommen Sie mir – geht es denn weiter? Wann geht es denn weiter?

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 12 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Vorsitzender Sebastian Edathy: Also, Verfahrensvorschlag direkt nach der namentlichen Abstimmung BMI sollte sich an einer Erhöhung treffen wir uns hier wieder. der Belohnung mit einem Beitrag von 30.000 € beteiligen: Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sorry, - Dadurch würde es BMI leichter Sie müssen mir schon eine Uhrzeit sagen. fallen, bei künftigen Ermittlungen in Dafür bin ich nun Zeuge. Sachen „CESKA“ die Rolle des BKA zu stärken. Nach Telefonaten Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr zwischen BMI und IM-BY Dr. Schäuble, das ist - - Bayern - auf AL-Ebene sowie P-BKA Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nicht, dass Sie mich noch zwangsweise vorladen - Präsident BKA, das ist Herr Ziercke - lassen. Ich weiß doch, was Sie - - zeichnet sich die Einrichtung einer gemeinsamen „Steuerungsgruppe“ Vorsitzender Sebastian Edathy: - nicht unter Federführung BY und Beteili- Ihre erste namentliche Abstimmung, unsere gung der anderen betroffenen Län- auch nicht. Die ist für 13.12 Uhr vorgesehen. der sowie des BKA ab. Usw. - Daraus folgt, Herr Vorsitzender, exakt Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber es das, was ich einleitend gesagt habe. ist meine erste Unterbrechung für eine na- Ich habe am Rande der Innenminister- mentliche Abstimmung als Zeuge in einem konferenz erfahren, dass die Zusammen- Bundesuntersuchungsausschuss. arbeit - da gab es Erörterungsbedarf - - dass man sich auf Arbeitsebene verständigt hat - Vorsitzender Sebastian Edathy: Wir das wird wohl der AK II gewesen sein -, die treffen uns hier um 13.45 Uhr. Zusammenarbeit zu verbessern, und dass (Unterbrechung von wir als Teil dieser Zusammenarbeit - - ich 12.55 bis 13.48 Uhr) auch zugestimmt habe, die Belohnung - - uns an der Erhöhung der Belohnungssumme2 Vorsitzender Sebastian Edathy: Vor der oder Auslobungssumme zu beteiligen. Unterbrechung der Sitzung hatten wir den Sachstand, dass dem Zeugen Gelegenheit Vorsitzender Sebastian Edathy: Wir fin- gegeben werden sollte, die dreiseitige Mi- den in den Akten, datierend vom 2. Mai nistervorlage, die für ihn am 3. Mai 2006 2006, also einen Tag vor der Ministervorlage, erstellt worden ist, zu sichten. ein Schreiben des Präsidenten des Bundes- (Stephan Stracke (CDU/CSU): Er kriminalamtes. Das ist MAT A BMI-4/30, Blatt liest gerade!) 90 ff. Das ist unterzeichnet von Herrn Falk, also dem Vizepräsidenten damals des Bun- - Dann warten wir das eben ab. deskriminalamtes, ein Schreiben an den (Der Zeuge liest in den ihm zuvor Unterabteilungsleiter Förster im Bundes- vorgelegten Unterlagen) innenministerium, und in diesem Schreiben, das also nur einen Tag vor der Ministervor- Herr Dr. Schäuble, wenn Sie dieses Pa- lage gefertigt worden ist, heißt es - ich zi- pier sehen, können Sie sich daran entsinnen, tiere -: dass Sie das im Mai 2006 so vorgelegt be- kommen haben? Das … Nebeneinander von Zustän- digkeiten und Aufgabenwahrneh- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe mungen verschiedener Polizei- dienststellen und Staatsanwalt- ja in meinen einleitenden Ausführungen schaften in Verbindung mit fehlen- schon gesagt: Ich erinnere mich an den Vor- den Ermittlungserfolgen … spricht gang, und vermutlich habe ich das Papier, unter kriminalistischen Gesichts- die Vorlage auch gesehen, ja. Und ich würde punkten ganz überwiegend für eine jetzt gerne doch aus der Stellungnahme auf einheitliche zentrale Ermittlungsfüh- der Seite 3 zeigen - Stellungnahme -: rung durch das BKA … Das ist Ihnen aber so nicht vorgetragen worden?

2 Korrektur des Zeugen (siehe Anlage)

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 13 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: An die- mal - suboptimal verlaufen zu sein scheint. ses Schreiben kann ich mich nicht erinnern, Hat das bei Ihnen zu Nachfragen geführt? aber wenn ich richtig zugehört habe, war es ein Schreiben des Vizepräsidenten des BKA Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr an den Unterabteilungsleiter Förster. An den Vorsitzender, ich glaube, ich muss lauter Unterabteilungsleiter Förster kann ich mich sprechen. Ich habe Ihnen in Ihrer vorherigen erinnern, aber Schreiben, die an ihn gerichtet Frage auf der Seite 3 - - Das ist ja - - Ich waren, sind üblicherweise nicht dem Minister muss jetzt doch die ganze Vorlage für die vorgelegt worden. Die werden nämlich üb- anderen vorlesen. Das eine ist Zweck der licherweise an den Minister gerichtet. Vorlage: I. Zweck der Vorlage Vorsitzender Sebastian Edathy: In dem Schreiben, das allerdings an den Minister Unterrichtung und Entscheidung über das weitere Vorgehen im Hin- gerichtet worden ist, das Sie ja jetzt auch blick auf eine von Staatsminister vorliegen haben, vom 3. Mai 2006, heißt es Beckstein angekündigte Initiative auf Seite 2 - - am Rande der IMK am 4./5. Mai 2006 mit dem Ziel, die Belohnung Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das ist zu erhöhen. kein Schreiben, Herr Vorsitzender, wenn ich Dann kommt II.: Sachverhaltschilderung. Sie berichtigen darf. Das ist eine Vorlage des Darunter erstens die Taten, zweitens die Referats P I 1. bisherige Organisation - daraus haben Sie eben zitiert -, drittens Erhöhung der Beloh- Vorsitzender Sebastian Edathy: Okay. nung und Behandlung des Themas auf der Also, in der schriftlichen Vorlage, Herr IMK, und dann kommt die Stellungnahme in Zeuge, die für Sie am 3. Mai 2006 gefertigt III., und aus der habe ich vorgetragen. Das worden ist, heißt es auf Seite 2 unter der wiederhole ich jetzt. BMI: Überschrift „Bisherige Organisation der Er- mittlungen“ - ich zitiere auszugsweise -: Verfahrensvorschlag BMI sollte sich an einer Erhöhung Eine länderübergreifende Konzen- der Belohnung mit einem Beitrag tration der Ermittlungen auf eine von 30.000 € beteiligen: - unterstrichen - - Doppelpunkt, Spiegelstrich: Staatsanwaltschaft und eine - Dadurch würde es BMI leichter - unterstrichen - fallen, bei künftigen Ermittlungen in Sachen „CESKA“ die Rolle des Polizeibehörde hat bisher nicht BKA zu stärken. Nach Telefonaten stattgefunden. Das BKA ist der zwischen BMI und IM-BY auf AL- Auffassung, dass das bisherige Ebene sowie P-BKA zeichnet sich Vorgehen der zuständigen Straf- die Einrichtung einer gemeinsamen verfolgungsbehörden in den be- „Steuerungsgruppe“ unter Feder- troffenen Ländern weder ein ein- führung BY und Beteiligung der an- heitliches Ermittlungs- bzw. Fahn- deren betroffenen Länder sowie des dungskonzept noch eine einheit- BKA ab. liche Öffentlichkeitsarbeit erkennen lässt. Außerdem könnten mangels Daraus ergibt sich, dass ich mich keines- Absprachen der Länder untereinan- wegs nur mit der Belohnung beschäftigt der und mit dem BKA verdeckte habe, sondern dass in der Vorlage auch taktische Ermittlungsmaßnahmen stand: Das Problem der mangelnden Zu- im In- und Ausland nicht zentral ge- sammenarbeit ist gelöst worden. - Wie ich plant und durchgeführt werden. einleitend gesagt habe, dass ich unterrichtet Das heißt, in der Vorlage ist ja nicht nur wurde, dass am - - bei Gelegenheit der In- die Rede - auch wenn das in weiten Teilen nenministerkonferenz vermutlich im AL II - der Fall ist - von dem Vorschlag Bayerns, die das war Arbeitskreis II; das war nämlich die Belohnung für Hinweise auf die Täter zu er- Abteilungsleiterebene, wenn ich recht erin- höhen. Es ist auch durchaus die Rede da- nere, zwischen Bund und Ländern - - dass von, dass aus Sicht des BKA die bisherige auch die Zusammenarbeit verbessert wurde. Organisation der Ermittlungen - ich sage Deswegen bitte ich, mir nicht zu unterstellen,

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 14 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

ich hätte gesagt, ich hätte mich nur mit dem waren auf der Zugspitze oben. Da sind die Geld beschäftigt, sondern ich bin unterrichtet Minister unter sich. worden, dass jetzt die Zusammenarbeit bes- Daneben gibt es aber auch - - Vorbereitet ser klappt. werden die Innenministerkonferenzen nach meiner Erinnerung durch den - jedenfalls, Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr was die Polizeiangelegenheiten anbetrifft; es Zeuge, ich habe Ihnen gar nichts unterstellt. gibt ja auch andere Themen, die die Innen- Ich stelle ja nur Fragen. Das ist auch die minister beschäftigen - Arbeitskreis II. Das Aufgabe von Mitgliedern in einem Untersu- sind die Abteilungsleiter. Beim BMI war das chungsausschuss, wie Ihnen möglicherweise nach meiner Erinnerung der verstorbene geläufig sein wird. Abteilungsleiter Krause. Der hat das langjäh- Die Frage, die ich jetzt habe, ist, dass rig gemacht. Er war ein sehr tüchtiger Abtei- aufgrund dieses Vermerkes Sie keinen weite- lungsleiter. Und der bayerische Abteilungs- ren Nachfragebedarf gesehen haben, - leiter war wohl meines Erachtens auch bei der Organisation in Bayern - - Ich bin nicht Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. ganz sicher, aber ich meine mich zu erin- nern, dass er auch Landespolizeipräsident Vorsitzender Sebastian Edathy: - weder gewesen. Jedenfalls hieß er, glaube ich, gegenüber Herrn Hanning noch gegenüber Kindler. Auch ein nach meiner Erinnerung Herrn Ziercke als BKA-Präsidenten. Das tüchtiger Mann. Dann gibt es die anderen; haben Sie so zur Kenntnis genommen? aber ich weiß die nicht mehr alle. Ich habe auch schon mal gebeten den Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Vertreter der Bundesregierung, der hier an- dem Verfahrensvorschlag, den ich eben vor- wesend ist, ob man mir nicht mal einen Or- getragen habe, zugestimmt. ganisationsplan des BMI von Anfang 2006 bringen kann, weil ich auch überlege. Ich Vorsitzender Sebastian Edathy: Ist das glaube, für den Verfassungsschutz war der das übliche Verfahren, dass Sie sozusa- zuständige Abteilungsleiter Herr Steig. Ich gen - - Sie werden doch wahrscheinlich eine habe es nicht so genau mehr, aber - - Also, Reihe von Vorlagen bekommen für eine In- jedenfalls Krause war die für das BKA zu- nenministerkonferenz. Ist das immer so, dass ständige Abteilung. Sie den Verfahrensvorschlägen eins zu eins Da gibt es also auch den Arbeitskreis II. folgen, ohne sich da mal vertieft weiterge- Aber die machen dann die Dinge - oder auch hend informieren zu lassen? die Staatssekretäre zum Teil - auf verschie- denen Ebenen. So ist das bei diesen Konfe- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr renzen. In der Ministerrunde werden viele Vorsitzender, ich habe einleitend gesagt, Vorlagen behandelt, und die werden natür- dass ich meine, mich zu erinnern, dass ich lich - - Sobald sie Erörterungsbedarf haben, mit Herrn Hanning darüber gesprochen habe. diskutiert man sie insbesondere mit dem Aber ich fand es dann im Ergebnis so richtig. Staatssekretär oder auch mit dem Abtei- So ist jedenfalls meine Erinnerung. lungsleiter. Ich habe auch viel mit Herrn Für die Innenministerkonferenz gibt es Ziercke gesprochen. viele Vorlagen, und mit denen beschäftigt An den Vizepräsidenten, den Sie eben man sich. Dieses war - - Innenministerkonfe- erwähnt haben, erinnere ich mich an weniger renz muss man sich vorstellen: Auf der einen Begegnungen; aber sicherlich hat er gele- Seite ist das eine Konferenz der Innenminis- gentlich in Vertretung des Präsidenten auch ter der Länder, wo der Bundesinnenminister an Erörterungen, die der Bundesinnenminis- dabei ist. Dabei sind dann auch die leitenden ter mit dem BKA gehabt hat, teilgenommen. Beamten anwesend. Deswegen sind die Veranstaltungen hinreichend umfangreich. Vorsitzender Sebastian Edathy: Inte- Manchmal vom Umfang her erinnert es mich ressant ist, dass Herr Dr. Hanning offenkun- an manche Gremien auch in Brüssel. Und dig dieser dreiseitigen Ministervorlage mehr dann gibt es den Kamin. Da sind - - Da muss Brisanz zugewiesen hat, als Sie das tun. gar kein Kaminfeuer brennen. Ich bin nicht Herr Dr. Hanning hat nach dem vorläufigen ganz sicher, ob nicht in Garmisch sogar ein Protokoll seiner Vernehmung vom Feuer gebrannt hat im Kamin. Ich glaube, wir 22.11.2012, befragt von der Kollegin Dr. Högl - - Also, Frau Högl sagt: Es gab eine

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 15 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

umfangreiche Leitungsvorlage. Nur in zwei erinnern, dass Herr Ziercke jemals zu mir Sätzen sei es um die Übernahme der Er- gesagt habe, er schlage vor, dass das BKA, mittlungsführung gegangen. Daraufhin sagt dass der Bundesinnenminister das BKA nach Dr. Hanning oder sagte er hier vor zwei Wo- § 4 Abs. 2 Satz 2 beauftragen möge. Ich chen: kann mich daran nicht - - Ich kann mich nicht erinnern, dass eine solche an mich gerichtet Ja, Frau Abgeordnete, aber die Sätze hatten es ja schon in sich. worden sei. Sie haben ein Schreiben von Herrn Falk … an Herrn Förster zitiert, wenn ich aufmerk- - Die hatten es in sich, die Sätze. sam zugehört habe. Das ist mir nicht vorge- Die sind schon gravierend. Und legen. Das wäre ja auch ganz merkwürdig, wenn der Minister mit solchen Sät- zen konfrontiert wird, dann muss wenn es mir vorgelegen hätte. Daraus ist man was machen. geworden, dass am Rande der Innenminis- terkonferenz auf Abteilungsleiterebene vor- Verstehen Sie diese Aussage von Herrn handene Schwierigkeiten in der Koordination Hanning, bezogen auf diese dreiseitige Vor- der Ermittlungen besprochen worden sind lage, wo Sie sagen: „Das war plausibel, da und ein Vorschlag, ein einvernehmlicher Vor- ist eine Empfehlung gemacht worden, da gab schlag - das habe ich eben vorgelesen; ich es keinen Nachfragebedarf“? Und Herr Han- will es nicht noch mal vorlesen -, erarbeitet ning sagt: „gravierend“; „die Sätze hatten es worden ist, den ich zur Kenntnis genommen in sich“. habe, befriedigt zur Kenntnis genommen habe. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann die Äußerung, die Sie jetzt von Herrn Han- mit dem Vorhalt nichts anfangen. Aber ich ning zitieren, sich auf diese Vorlage bezieht. habe an der Vernehmung von Herrn Hanning Aber ich habe ihn nicht vernommen. nicht teilgenommen. Vorsitzender Sebastian Edathy: Das ist Vorsitzender Sebastian Edathy: Des- sicherlich richtig. - Würden Sie denn im wegen zitiere ich ja aus dem vorläufigen Nachhinein sagen, dass es sachlich vertret- Protokoll. bar war, sechs Jahre nach dem ersten Mord und nach sechs Jahren erfolgreichen dezen- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dann tralen Ermittlungen im Kern die Organisation müsste ich es im Zusammenhang lesen. Ich der Ermittlungen so weiterzulaufen, wie sie schätze Herrn Hanning so, dass ich mir gar sechs Jahre lang ergebnisfrei gewesen ist? nicht vorstellen kann, dass er nicht etwas sagt, was ich, wenn ich es lese, nicht sofort Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wir sind nachvollziehen kann. Aber ich kann es - - So ja - - Wissen Sie, im Nachhinein - - Das sind aus dem Zusammenhang kann ich es nicht. Mutmaßungen über Jakob. Das ist aber ein Buch von Uwe Johnson. Der hat in den 60er- Vorsitzender Sebastian Edathy: Aber Jahren eine große Rolle in der deutschen Sie können sich nicht erinnern, dass Sie so- Literatur gespielt. zusagen im Vorfeld der Innenministerkonfe- Wenn Sie mich nach meinem Urteil fra- renz in Garmisch-Partenkirchen mit Herrn gen, glaube ich, dass, wenn ich die Bericht- Hanning noch mal explizit gesprochen haben erstattung - - Soweit ich die Berichterstattung über den Wunsch der BKA-Führung, also der über diesen Ausschuss gelegentlich zur Leitungsebene, dass Sie sich dafür einsetzen Kenntnis genommen habe, haben Sie doch mögen gegenüber den fünf Ländern, in de- auch den damaligen bayerischen Innen- nen die neun Morde passiert sind, dass das minister Beckstein als Zeugen gehört. Ich BKA die Federführung der Ermittlungen be- meine, irgendwo gelesen zu haben, dass es kommt? im Jahre einige Zeit vorher - nicht in der Zeit, als ich Innenminister gewesen bin - eine Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Anregung oder einen Wunsch Bayerns ge- schon gesagt, Herr Vorsitzender, dass ich geben habe, das BKA möge die Ermittlungen mich nicht daran erinnern kann, dass an übernehmen, was das BKA damals abge- mich der Wunsch des BKA herangetragen lehnt hat. worden sei. Sie haben ein Schreiben des Vizepräsidenten zitiert. Ich kann mich nicht

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 16 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Vorsitzender Sebastian Edathy: 2004. Vorsitzender Sebastian Edathy: Also, Das ist korrekt, ja. wenn das Bundeskriminalamt dem zuständi- gen Bundesinnenminister einen fachlichen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Vielen Rat erteilt, dann hängt die Frage, ob man Dank. - Wenn Sie mal das nehmen, und dem nachkommt, insbesondere davon ab, ob wenn Sie mir dann - - Ich habe irgendwann die Länder dem zustimmen. Habe ich das mal bei einer Gelegenheit Herrn Beckstein richtig verstanden? getroffen, jetzt in den letzten Monaten - ich glaube, es war längere Zeit, ehe er als Zeuge Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. vor Ihrem Ausschuss ausgesagt hat -, und irgendwie haben wir darüber gesprochen, so Vorsitzender Sebastian Edathy: Sie auch nach dem Motto: Hättest du dir vorstel- sagten ja vorhin, Sie hätten es anordnen len können, dass das eine organisierte neo- können, aber gegen den Willen der Länder nazistische Mörderbande ist? - Wir sind ja von diesem Weg Abstand genommen. alle völlig entsetzt gewesen, und wir haben alle andere Vorstellungen gehabt, ohne jetzt Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich die Arbeit der Polizei machen zu wollen - was würde vermuten, dass es nicht die beste ich einleitend gesagt habe. Lösung wäre. Die bessere Lösung erscheint Und bei der Gelegenheit haben wir dann mir auch heute, dass sich Bund und Länder, wohl auch darüber geredet, dass wir im Vor- BKA und Landespolizeibehörden, auf ein feld der Fußballweltmeisterschaft - - Und gemeinsames Vorgehen einigen. Genau dann habe ich mich daran erinnert: Das war dieses steht in der Vorlage, die Sie mir lie- die Innenministerkonferenz in Garmisch. benswürdigerweise zur Kenntnis gegeben Dann habe ich mich wieder daran erinnert: haben, dass sich „Nach Telefonaten zwi- Da sind wir auch auf die Zugspitze gefahren, schen BMI und IM-BY auf AL-Ebene“ - das um da oben in einem Lokal zu tagen. Ich wären also Herr Krause und Herr Kindler - glaube, ich bin auch ein bisschen verspätet „sowie P-BKA“ - das wäre Herr Ziercke - „die erst zu der Innenministerkonferenz gekom- Einrichtung einer gemeinsamen ‚Steue- men oder zu dem Kamin der Minister, zu rungsgruppe‘ unter Federführung BY und dem Kamingespräch. Beteiligung der anderen betroffenen Länder Und dann war es ja auch so, dass inzwi- sowie des BKA“ abzeichnet. Vorlage vom schen eigentlich die Ermittlungsarbeiten der 3. Mai, also einen Tag vor der IMK: Es Polizeibehörden der Länder weit voran- zeichnet sich ab, dieses Ergebnis, und das geschritten waren. Und deswegen waren ist die einvernehmliche Zusammenarbeit. P- diese Erörterungen doch - - sind doch ein- BKA ist Präsident Ziercke. Und da habe ich vernehmlich dann in dem Arbeitskreis II so dann gedacht: So ist es gut, und diese Wer- gewesen, dass man gesagt hat: Soweit es tung habe ich auch heute noch. Schwierigkeiten gibt - das ist ja unbestreitbar; das steht ja da auch; Sie haben es ja auch Vorsitzender Sebastian Edathy: Gut. - vorgetragen, dass es in den bisherigen Er- Nun ist natürlich heute festzuhalten, dass örterungen nicht - - dass die verbesserungs- dann auch die fünf Jahre nach der IMK in bedürftig sind, und dafür hat man ein einver- Garmisch-Partenkirchen genau diese Form nehmliches Verfahren gefunden. der Organisation der Ermittlungsarbeit eben Und ich bin auch heute der Meinung, nicht zum Auffinden der Täter geführt hatte. dass der beste Weg ist, dass die für die Si- Wir kommen zur Befragung durch die cherheit, für die Ermittlungen zuständigen Fraktionen. Im Rahmen der ersten Berliner Behörden des Bundes und der Länder mög- Stunde hat das Fragerecht zunächst die lichst vertrauensvoll zusammenarbeiten und CDU/CSU-Fraktion. Das Wort hat der Kol- sich nicht in erster Linie in Zuständigkeits- lege Clemens Binninger. streitigkeiten erschöpfen; denn das können sie auch mit einer gewissen Intensität ma- Clemens Binninger (CDU/CSU): Herr chen, aber das hilft dann nicht dem Verfah- Dr. Schäuble, vielen Dank. - Ich will auch ren. Also, insofern würde ich zur Frage aus diesen Zuständigkeitsstreit jetzt nicht über heutiger Sicht sagen - - Ich glaube, dass das, Gebühr noch mal auswalzen, weil wir ihn was in Garmisch-Partenkirchen das Ergebnis auch schon häufig hier hatten. Für uns ist es war, das richtige Ergebnis gewesen ist. aber schon ein roter Faden, der sich nahezu

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 17 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

durch alle Zeugenvernehmungen, auch Ak- solche Konflikte ziehen sich letztendlich tenstudium zieht, dass das, was Sie als durch bis ins Jahr 2011. Idealfall beschreiben, dass Bund und Länder Deshalb glaube ich eben nicht, dass die vertrauensvoll zusammenarbeiten, in der entscheidende Frage ist: Übernimmt das Praxis halt nicht funktioniert hat. Die haben - BKA, dann wird alles gut. - In dem Fall wären ich will es mal etwas salopp formulieren - wir weiter, glaube ich, in die falsche Rich- gestritten bis zum Schluss, bis zum Schluss, tung - - Aber der Satz, wo ich Sie dann bitten BKA und Länderpolizei, trotz dieser gefunde- würde, ob man da nicht eine andere Rege- nen Organisationsformen. Der Vizepräsident lung auch in diesem § 4 bräuchte*: Falk hat es hier als „kriminalfachlich stüm- Eine länderübergreifende Konzen- perhaft“ beschrieben - die Organisationsform, tration der Ermittlungen auf eine nicht die Arbeit -, und deshalb versuchen wir Staatsanwaltschaft ja auch, herauszufinden: Was müsste sich ändern? - wir hatten in dem Verfahren fünf zustän- Der Herr Hanning - das wäre jetzt meine dige, die nebeneinander her Beschlüsse erste Frage an Sie - hat ja selber eingeräumt, gemacht haben, je nachdem, wo der Be- dieser § 4 BKA-Gesetz, nach dem der Bun- schluss zu vollziehen war - desinnenminister theoretisch auch gegen und eine Polizeibehörde hat bisher den Willen der Länder die Ermittlungen an nicht stattgefunden. sich ziehen könnte, der meines Wissens noch nie - oder ich glaube, nur einmal in der Da ist bewusst - - Deshalb ist der Satz si- Geschichte unserer Republik - angewandt cher der klügste, der bei diesem ganzen Hin wurde, sei eine Bestimmung, die in der Theo- und Her da drinsteht, weil er eben nicht sagt: rie funktioniert, aber in der Praxis muss man Es muss zwingend das BKA sein. - Er sagt andere Wege finden. nur: Wir brauchen auf Polizeiseite eine Und in dieser Vorlage, die Sie haben, Stelle, und wir brauchen auf Justizseite eine steht für mich ein richtiger Satz, der auch Stelle. - Der Herr Geier, der die BAO „Bospo- wirklich das Problem so treffend beschreibt, rus“ geleitet hat, hat gesagt: Das kann das wie man es treffender nicht beschreiben BKA sein, muss aber nicht. kann. Deshalb wäre die Frage, ob man nicht Das Problem, das nur entsteht: Wenn Sie andere gesetzliche Bestimmungen bräuchte. einem LKA die Federführung übergeben mit Hier steht nämlich nichts davon drin, wie es Weisungsbefugnis dann auch gegenüber häufig immer gern ein bisschen suggeriert den anderen Beteiligten, wird das wahr- wird: Wenn nur das BKA übernommen hätte, scheinlich an der heutigen Gesetzeslage dann wäre schon alles gut geworden. - Wäre eher scheitern. Und deshalb wäre meine es nicht, wie wir heute wissen. Das BKA Frage, ob Sie nicht auch aufgrund Ihrer lan- wollte von der fremdenfeindlichen Spur ja nie gen Erfahrung sagen: „Den § 4 BKA-Gesetz etwas wissen, auch bis zum Schluss. können wir so nicht lassen, das ist eigentlich ein Papiertiger“? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Von was? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Fragen Sie mich jetzt als Sachverständigen? Clemens Binninger (CDU/CSU): Von der fremden… - - Es ging ja in dieser BAO „Bos- Clemens Binninger (CDU/CSU): Ich porus“ - das war ja diese Steuerungsgruppe, frage Sie als jemand, der als Innenminister diese Organisationsform, die man gewählt einen ungeheuer großen Erfahrungsschatz hat als Kompromiss - um die Frage: Soll man hat, von dem wir ja profitieren müssen, wenn die Ermittlungen der Ceska-Mordserie aus- wir hier irgendwann auch Empfehlungen dehnen auch auf den Ansatz fremdenfeind- aussprechen wollen. Sonst heißt es: Hier licher Einzeltäter oder Kleinstgruppe? Das sitzen Abgeordnete, die von Innenpolitik wollten die Bayern aufgrund eines Profiling- keine Ahnung haben, und sprechen Emp- Gutachtens und auch, weil der Günther fehlungen aus. - Deshalb fragen wir die, die Beckstein schon sehr früh da sensibel war davon Ahnung haben. dafür. Andere Ermittlungsdienststellen - da- runter auch das BKA - haben davon wenig gehalten, auch von der Fallanalyse etc. Und

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund- stelle lautet: MAT A BMI-4/30, Blatt 87.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 18 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich mich herangetragen worden wäre, verneint wollte eigentlich - - Wenn Sie mich jetzt ge- zu haben, dass ich mich nicht daran erin- fragt hätten, hätte ich gesagt: Schauen Sie, nere. Ich meine, dass Sie mich nicht - - Ich ich habe gerade die Ergebnisse der Bundes- kann mich nicht erinnern, dass an mich he- ratssitzung und des Vermittlungsausschus- rangetragen worden sei der Vorschlag: Ent- ses diese Woche erlebt und könnte Ihnen da scheide auf der Grundlage § 4 Abs. 2 Satz 2, aus meiner Erfahrung, wie Sachverständige dass das BKA übernimmt. - Und ich glaube bemerken - - die ich besser unterdrücke. Die auch nach wie vor, vor genau diesem Hinter- Gesetze brauchen alle die Zustimmung des grund, dass so, wie die Lage heute ist, das Bundesrats. Viel Vergnügen! Viel Vergnügen! im Ergebnis in der Sache es nicht die besse- Verstehen Sie - - re Lösung wäre gegenüber dem, was hier dann steht, dass jetzt also eine gemeinsame Clemens Binninger (CDU/CSU): Das Steuerungsgruppe - - und dass man sich hilft uns ja nicht weiter. also auf ein einvernehmliches Vorgehen ver- ständigt hat. Dass das dann nicht so gut Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Natür- funktioniert hätte, Herr Vorsitzender, ist ja lich: Ich kann mir die Sicherheitsarchitektur schrecklicherweise wahr. anders vorstellen. Ich würde mir wünschen, Aber, wissen Sie, ich habe auch noch dass die Zusammenarbeit besser ist, dass eine Erinnerung an diese - das habe ich auch sich die beteiligten Behörden nicht in erster erst in der Zeitung gelesen - Wattestäbchen. Linie mit Zuständigkeitsfragen beschäftigen, Und dass man dann - - Das hat mir später sondern mit einer optimalen Aufgabenerledi- gelegentlich privat - - Das sage ich jetzt nicht gung, natürlich im Rahmen. Der Rechtsstaat als Innenminister, sondern ich bin dann auch hat bestimmte Prinzipien seiner Zuständig- mit einem Landesinnenminister verwandt keit. gewesen. Mein Bruder war längere Jahre - Aber die Realität ist so, wie sie ist, und nicht in der Zeit 2009 - - Ich glaube, dass deswegen ist es allemal so, wie unsere Lage mein Bruder nicht in meiner Amtszeit Lan- heute ist, auch die Rechtslage und die tat- desinnenminister war, sondern erst später. sächliche Verteilung. Und deswegen habe ich, glaube ich - - Einer meiner ersten Sätze Clemens Binninger (CDU/CSU): Rech war die Ordnung unseres Grundgesetzes. war in Ihrer Amtszeit.

Clemens Binninger (CDU/CSU): Ja. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Richtig, ja. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Die können Sie - - Und eines der tragenden Prin- Clemens Binninger (CDU/CSU): Heri- zipien unseres Grundgesetzes ist der koope- bert Rech. rative Föderalismus, nämlich dass man - - der Grundsatz bundesfreundlichen Verhal- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber er tens, der übrigens ein gegenseitiger ist: der hat mir - - Gelegentlich haben wir über die Bund gegenüber den Ländern und die Län- Erfahrungen - - Denn der erste Mord war ja der gegenüber dem Bund. Das wird gele- an der Polizistin, oder einer der Morde war gentlich vergessen oder nicht so richtig ge- die Polizeibeamtin in Heilbronn, und da war sehen. Aber das ist ein anderes Thema oder ja dann die Spur mit dem Täterprofil, weil auch ein weites Feld. diese verunreinigten Wattestäbchen für die Vor diesem Hintergrund könnte ich mir in DNA-Analysen, und wie man da - - Soll ich der Tat vorstellen, dass man Verbesserun- jetzt als Nichtpolizeibeamter - ich glaube, Sie gen, bessere Effizienz erreichen könnte mit sind sogar, Herr Kollege Binninger, wenn ich Regelungen, die bessere Zusammenarbeit das richtig weiß, Polizeibeamter beruflich - ermöglichen. Aber wenn Sie das in den Zu- sagen: „Wieso hat die Polizei nicht die Idee ständigkeitsstreit hineinführen, haben Sie gehabt, dass die Wattestäbchen verunreinigt keine Chance. Dann werden Sie das Ge- sein könnten, sondern ist immer dem Phan- genteil erreichen. tom eines weiblichen oder halbweiblichen Deswegen meine ich, die Frage des Vor- oder weiß der Kuckuck was Täters nachge- sitzenden, ob ich jemals einen Fall von § 4 laufen?“? Soll ich darüber sagen, die Polizei Abs. 2 Satz 2 des BKA-Gesetzes zu ent- hat alles falsch gemacht? Bringt auch nichts. scheiden hatte, weil die Entscheidung an

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 19 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Clemens Binninger (CDU/CSU): Aber oder vielleicht sogar gewünscht, das BKA lassen Sie uns - - Sie sagen ja selber, wenn sollte jetzt den Fall an sich ziehen. An der Sie es heute noch mal zu entscheiden hätten Spitze BKA wurde das schon anders gese- im konkreten Fall Ceska-Mordserie - § 4 hen und auch dann so entschieden, wie wir Abs. 2 Satz 2, also an sich ziehen, wenn es es jetzt gehört haben. sein muss, auch gegen den Willen der Län- Was mich auch etwas hat zweifeln las- der -, wenn man es Ihnen vorgelegt hätte - sen, ist, dass der gleiche Referatsleiter, der damals hat man es Ihnen gar nicht vorge- 2006 noch seinen Vizepräsident in Gang legt -, Sie hätten trotzdem Nein gesagt. gesetzt hat nach dem Motto „Wir brauchen diesen Fall bei uns“, ein Jahr später - ich Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich ver- reiche es nachher nach, aber es ist ja be- mute - deswegen habe ich gerade gezuckt, kannt - seinem BKA-Präsidenten, als der auf Herr Abgeordneter Binninger -, ich meine, dem Weg war zu einem Gespräch mit den mich nicht zu erinnern, dass es mir vorgelegt Bayern, unter anderem aufschreibt im Hin- worden ist. Deswegen kann ich auch nicht blick auf diesen Fall: sagen, ich würde es heute genauso machen. Sofern seitens des BayStMI eine Denn dann, wenn es genauso wäre wie da- personelle Unterstützung oder gar mals, würde es mir heute auch nicht vorge- Übernahme des Verfahrens erbeten legt werden. Aber ich kann nachvollziehen, wird, sollte dem ablehnend entge- dass es mir gar nicht vorgelegt worden ist, gengetreten werden.* der Entscheidungsvorschlag, sondern dass Haben Sie von diesem Sinneswandel je- man sich einvernehmlich auf eine Steue- mals erfahren, dass man es so ein Jahr da- rungsgruppe der beteiligten Länder unter vor noch am liebsten gehabt hätte, der Mi- Beteiligung des BKA verständigt hat. nister muss hier jetzt in die Bütt, koste es, was es wolle, und man ein Jahr später sagt: Clemens Binninger (CDU/CSU): Weil „Finger weg von dem Fall, egal, wie sehr die die Regelung so, wie sie im Gesetz ist, Bayern darum bitten“? eigentlich nicht ohne politischen Streit zu lösen ist und deshalb ungeeignet doch. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr Kollege Binninger, Sie sprechen offenbar von Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, weil einem Referatsleiter im BKA. in einem solchen Fall, wenn die beteiligten Behörden - und Sie brauchen die Länder- Clemens Binninger (CDU/CSU): Ja. polizei ja in jedem Fall - miteinander streiten, Aber da hätte ja der Präsident Ihnen mal wird das nicht das optimale Ergebnis sein. schildern können nach dem Motto „Nur der Und die Erfahrung dieser schrecklichen Sachstand“, was denn aus dieser Organisa- Morde muss uns alle ja dazu bringen, das tionsform geworden ist. Wäre ja denkbar, Ziel muss ja sein, zu erreichen, dass die Po- dass Ziercke Ihnen irgendwann mal berichtet lizeibehörden der Länder und des Bundes und sagt: „Also, jetzt wären die wieder bereit, optimale Arbeit leisten können. Dafür müs- aber jetzt wollen wir nicht mehr“, oder so. sen wir den Rahmen schaffen, und nicht War das nicht? dafür, dass sie sich optimal streiten. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr Clemens Binninger (CDU/CSU): Ich will Ziercke hat mir - ich weiß nicht, ob Ziercke den Punkt abschließen und dann zu etwas unmittelbar oder über Krause und Hanning - anderem kommen, aber doch den einen 2006 doch gesagt, es zeichnet sich die Ein- Punkt Ihnen auch noch fairerweise quasi richtung einer gemeinsamen Steuerungs- vorhalten. gruppe unter Federführung Bayerns und 2004 hätten die Länder gerne gehabt, Beteiligung der betroffenen Länder und des dass das BKA übernimmt. Damals war die BKA ab. Ziercke hat mir nie gesagt: Es wäre Antwort des BKA - jetzt verkürzt -: Schwer- besser, Sie würden anordnen, dass das BKA punkt ist in Bayern; die Ermittlungen sollten das an sich zieht. auch in Bayern bleiben. - 2006 wollten zumindest ein Referatsleiter, ein Vizepräsi- dent des BKA und ein Unterabteilungsleiter in Ihrem Ministerium - - Die drei, glaube ich, wären durchaus bereit gewesen, zu sagen - - * Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund- stelle lautet MAT A BKA-2/27.O13, Blatt 211.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 20 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Von dem Vorgang 2004 habe ich jetzt ir- Richtung über Österreich und Sie nach Ba- gendwann gelegentlich mal von Herrn den-Württemberg damals kam? Beckstein gehört, der gesagt hat: 2004 oder irgendwann wollten wir, dass das BKA über- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe nimmt. Da haben sie es nicht gemacht. Und jedenfalls damals keinen Zusammenhang mit später - - Ich weiß nicht, was das soll. Und diesen Morden, - dass das jetzt ein Jahr später - was Sie sa- gen - wieder anders war, das weiß ich nicht. Clemens Binninger (CDU/CSU): Das hat Ich kenne den Referatsleiter nicht und habe niemand. dazu keine Erinnerung und deswegen auch kein Kommentar. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - mit dieser Ceska-Serie gesehen. Aber es ist in Clemens Binninger (CDU/CSU): Okay. - der Tat - ich habe das irgendwo wahrschein- Also, ich will jetzt noch im Zusammenhang lich mal erzählt - so gewesen, dass - ich weiß mit der Mordserie einen Punkt ansprechen, den Zeitpunkt nicht - mich meine damalige den Sie selber gerade in anderem Zusam- österreichische Kollegin anrief - ich war im menhang angeführt haben, und dann auch Auto unterwegs; es war abends -, etwas zu dem Thema, wie sich denn die Be- (Dr. Eva Högl (SPD):Sie waren kämpfung des Rechtsextremismus insge- immer im Auto unterwegs?) samt in Ihrer Zeit dargestellt hat. Weil ich schon auch aus den Akten ja sehe, dass jetzt Sie hätten - - Ich glaube, das war meine jet- die konkrete Fallbefassung eben sich auf zige Kollegin, die damals auch Innenministe- diesen einen Punkt reduziert hat. rin war, Frau Fekter. Zehnter Mord von insgesamt 26 Verbre- chen, die dieses Trio wahrscheinlich began- Clemens Binninger (CDU/CSU): Sie gen hat, alle mit Schusswaffen und Spreng- machen immer das Gleiche, oder ist das stoffen. Zehn Morde, zwei Sprengstoff- Zufall? anschläge, vierzehn Banküberfälle, alle mit Waffen oder Sprengstoffen; und auch bei Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein, es den Banküberfällen gab es ja Verletzte durch war - - abgegebene Schüsse. Der zehnte Mord war Clemens Binninger (CDU/CSU): Das der in Heilbronn im Jahr 2007, wo niemand - war nicht ernst gemeint. zumindest jetzt im Bereich der Ermittler - einen Zusammenhang gesehen hat zu der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Zu- Ceska-Mordserie, weil zwei andere Waffen nächst einmal war in Österreich Frau Pro- verwandt wurden. Also das, was die anderen kop3 Innenministerin. Die ist leider - ich kann neun Fälle verbunden hat, war bei diesem das Jahr nicht mehr sicher sagen, aber je- zehnten Fall gerade nicht da. Man hat nach denfalls um die Weihnachtszeit - überra- ausländischen Mitbürgern jetzt Repräsen- schend verstorben. Und dann wurde irgend- tanten des Staates im Blick gehabt. Da hätte wann Frau Fekter Innenministerin in Öster- man vielleicht drauf kommen können. Man reich, war Kollegin als Innenministerin, und hatte aber auch dort die OK-These. dann wurde sie einige - - Als ich Finanz- Und dann hat man dort zwei Jahre lang in minister wurde, war ein anderer österreichi- Richtung Phantomspur ermittelt, und ich scher Finanzminister; aber der musste ir- meine mich zu erinnern - das wäre jetzt die gendwann aus Gesundheitsgründen sein Frage -, dass Sie es waren, der, von der Amt niederlegen. Dann wurde Maria Fekter österreichischen Kollegin angesprochen, den Innenministerin, und neben mir war im Kreise Baden-Württembergern den Hinweis gab: der Finanzminister der heutige luxemburgi- „Ihr müsst das noch mal überprüfen. Die sche Finanzminister auch einmal Innen- Österreicher sagen: ‚Bei uns sind die Stäb- minister gewesen. Das tut nicht unbedingt chen irgendwie verunreinigt, und wir haben zur Sache des Untersuchungsausschusses, sie von der gleichen Firma und haben das Herr Vorsitzender. Ich bitte um Nachsicht. gleiche Problem‘“, und Sie dann oder Ihr Aber da er mich nun anruft, sage ich: Haus mit dem baden-württembergischen Frau Fekter hat mich irgendwann mal - ich Innenminister gesprochen hat. Trifft das denn glaube, es war, ja, es war Frau Fekter - an- zu, dass dieses Aufhalten der falschen gerufen an einem Abend, um mir zu sagen,

3 Korrektur des Zeugen (siehe Anlage)

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 21 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

wir hätten doch auch, unsere Polizeien, das gendwelche alten Rechnungen, Rauschgift, Problem mit dieser DNA-Phantomspur oder Wettschulden - hielt sich ja wahnsinnig lange so und sie hätten jetzt in einem Fall rausbe- beim BKA. Heute wissen wir, es war ein kommen, dass die Stäbchen, die Wattestäb- Fehler. In Heilbronn wurde jeder, der nur chen, mit denen man diese DNA-Proben irgendwann mal den Zweifel geäußert hat: nimmt, verunreinigt seien. Daraufhin habe ich „Seid ihr sicher, dass es so ein Täterprofil natürlich sofort - - Erstens habe ich wahr- überhaupt gibt?“, mit: „Doch, wir haben scheinlich so was Ähnliches wie ogottogott DNA“, weggewischt. Das scheint mir auch gesagt und dann meinem Lagezentrum - das ein Punkt zu sein, dass wir von dieser frühen Lagezentrum des Innenministeriums, es ist Vorfestlegung, in welche Richtung es geht, nicht meines; aber die Baden-Württemberger nicht mehr runtergehen, egal, was andere haben es so an sich, „mein“ zu sagen in dem sagen. Wir haben ja unser Ziel. Zusammenhang - gesagt, sie mögen mir Sehen Sie da nicht auch - es ist eher eine doch den baden-württembergischen Innen- Mentalitätsfrage vielleicht; das kann man ja minister auftreiben, wo immer er sich befin- gesetzlich nicht vorgeben, aber trotzdem - det. Und sie haben dann den Kollegen Rech einen Veränderungsbedarf, dass wir ergeb- aus irgendeiner Veranstaltung rausgeholt, nisoffener ermitteln, dass wir bei Straftaten, und ich habe ihm diese Information weiter- wo ausländische Mitbürger Opfer sind und es gegeben, weil für die Ermittlungsarbeit in keinen Täterhinweis gibt, zwingend auch die dem Mord an der Polizeibeamtin in Heil- fremdenfeindliche Tathypothese gleichwertig bronn, wo ich überhaupt keinen Zusammen- aufnehmen müssen und - in England gibt es hang mit anderen Mord- oder mit Tatserien dafür eine gesetzliche Regelung - dass, gesehen habe - - Aber da habe ich vermutet, wenn es eben nicht passiert, man es auch da ist die Polizei in Baden-Württemberg zu- gesetzlich regelt? ständig. Deswegen habe ich ihm die Infor- mationen gleich weitergeleitet. Mehr war ich Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich fühle aber damit nicht befasst. mich nicht kompetent, aus heutiger Sicht ein Sie hat halt den Kollegen Bundesinnen- Urteil, ein vertretbares Urteil über die fach- minister angerufen, weil sie gedacht hat, liche Qualität der geleisteten Polizeiarbeit erstens ist es ihr Partner, und zweitens ge- abzugeben. Ich glaube, das würde jedenfalls genüber dem Ausland hat ja der Bund eine meinem Verständnis von Polizeiarbeit auch gewisse Vertretungsfunktion für den Ge- nicht gerecht werden. Ich bin jetzt seit drei samtstaat und auch für die Länder dann in- Jahren Bundesfinanzminister. Man wertet die soweit. Nicht, dass jetzt die Länder kommen Äußerungen eines Bundesfinanzministers, und sagen, ich hätte mich in Länderbefug- auch wenn er sie nur als seine Meinung ab- nisse eingemischt. Ich habe das nur weiter- gibt, möglicherweise mehr, als wenn ein gegeben. Nicht-Bundesminister so was abgibt. Deswe- gen halte ich mich zurück. Clemens Binninger (CDU/CSU): Ich Ich habe ein hohes Vertrauen in die habe das jetzt etwas ausführlich aufgerufen Fachlichkeit unserer Polizei des Bundes und aus einem ganz bestimmten Grund: Neben der Länder. Und, wissen Sie, ich lese gele- dem Thema Kompetenzstreit, neben dem gentlich Kriminalromane und schaue gele- schlechten oder schleppenden Informations- gentlich im Fernsehen auch solche Filme an. austausch zwischen Polizei auf Bund- und Den Fehler, dass man, wenn man eine DNA- Länderebene oder zwischen Polizei und Analyse hat, sich sicher glaubt, dass über Nachrichtendiensten oder unterhalb von das Täterprofil - - Das kann man sich doch - - Nachrichtendiensten - das sind offenkundige Also, da würde ich jetzt nicht so schnell ur- Defizite, die wir jetzt ja zutage gefördert ha- teilen, dass das alles - - Oder ich würde je- ben - ist ein Punkt - und er war eben in Heil- denfalls nicht sicher sein, dass mir ein sol- bronn auch der Fall, obwohl mit anderer Ur- cher Fehler nicht auch passieren würde. sache -, dass sich Ermittlungsbehörden of- fensichtlich sehr früh auf eine Richtung fest- Clemens Binninger (CDU/CSU): Ja. legen, dann mit hohem Aufwand weiter- ermitteln und sich kaum noch abbringen las- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Es gibt sen. ja - - Die OK-These - es muss organisierte Kriminalität sein, eventuell Schutzgeld, ir-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 22 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Clemens Binninger (CDU/CSU): Aber schehen - das wäre der optimale Fall gewe- die Frage von mir bezog sich jetzt eher auf sen - oder jedenfalls eher aufgeklärt worden. die Fremdenfeindlichkeit. Es zog sich über einen Zeitraum von 14 Jah- ren. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Im Deswegen möchte ich Sie noch mal fra- Neuen Testament gibt es Hinweise darauf: gen: Nach dem 4. November, als wir erfah- Man soll vorsichtig sein mit dem Urteil über ren haben, dass der NSU, wie sie sich selbst andere. Deswegen: Bitte, wollen Sie nicht nannten, die „Zwickauer Terrorzelle“, dass von mir eine Beurteilung über die Qualität der die verantwortlich waren für diese Straftaten, Polizeiarbeit. Ich glaube, dass die Polizeien haben Sie sich da mal gefragt - - des Bundes und der Länder grundsätzlich gute Arbeit leisten. Hier sind sicherlich orga- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Welches nisatorisch Fehler gemacht worden, und wir Jahr meinen Sie jetzt? 4. November? alle sind dem Untersuchungsausschuss und dem Parlament dankbar, wenn sie bessere Dr. Eva Högl (SPD): 2011, als das raus- Lösungen für die Zukunft finden, damit sol- kam jetzt, November 2011. che schlimmen Dinge in Zukunft besser un- terbunden werden können. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das war 4. November? Clemens Binninger (CDU/CSU): Okay. Die Zeit ist vorbei. Das heißt, ich werde das Dr. Eva Högl (SPD): Genau. 4. Novem- Thema Rechtsextremismus nachher noch ber sind die beiden - - mal anrufen. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Vorsitzender Sebastian Edathy: Das Datum hat für mich eine bestimmte Bedeu- Fragerecht wechselt zur SPD-Fraktion. Das tung. Das hat aber nichts mit dem Untersu- Wort hat die Kollegin Dr. Högl. chungsausschuss zu tun.

Dr. Eva Högl (SPD): Herr Dr. Schäuble, Dr. Eva Högl (SPD): Nein, das ist gut. guten Tag! Aber für uns hat es eine Bedeutung. Da ha- ben sich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Guten in dem Wohnmobil erschossen nach dem Tag! Banküberfall. Sie standen kurz vor der Ent- deckung. Und in den weiteren Tagen sind ja Dr. Eva Högl (SPD): Wir sitzen hier zu- die Zusammenhänge rausgekommen, dann sammen, um Fehler aufzuarbeiten. Ich will auch der Zusammenhang zu dem Mord an das einfach hier auch noch mal so deutlich Michèle Kiesewetter. zu Beginn sagen: Es sind zehn Menschen Ich möchte Sie gerne mal fragen - Sie wa- ermordet worden, fünfzehn Banküberfälle ren ja über einen langen Zeitraum Innen- begangen worden, zwei Sprengstoff- minister während dieser bundesweiten anschläge. Und natürlich sind wir heute alle Mordserie -, ob Sie sich dann unmittelbar mal schlauer. Wir wissen jetzt, wer es war. Das gefragt haben, welche Fehler Sie damals Strafverfahren beginnt ja jetzt. Aber unsere vielleicht als Bundesinnenminister gemacht Aufgabe ist es, mit dem Blick von damals haben. draufzuschauen und zu gucken: An welcher Stelle lagen Informationen vor? Wer hätte Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nach was wissen können oder wissen müssen dem Bekanntwerden am 4. November? sogar? Wenn zehn Menschen ermordet werden Dr. Eva Högl (SPD): Ja, genau. und die anderen Straftaten begangen wer- den, Herr Dr. Schäuble, dann müssen Fehler Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Zu- gemacht worden sein bei unseren Ermitt- nächst einmal ist man fassungslos. Die lungsbehörden, bei der Polizei, beim Verfas- Morde waren ja schon begangen, aber dass sungsschutz und in der Justiz. Es geht nicht man sieht, dass es Neonazis waren mit anders. Sonst wären die Morde und Spreng- einer - - und dass die in einem solchen Maße stoffanschläge und Banküberfälle nicht ge- zu einer solchen Serie von schlimmsten Ver-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 23 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

brechen dann - - und dass sie das über schen, für die Angehörigen gewesen sein, Jahre hinweg - - und dass wir alle - egal, wenn sie dann noch damit leben mussten, welche Verantwortung - nicht in der Lage dass die Polizei die Täter im familiären Um- waren - - da ist nur Entsetzen. Und dann feld oder so gesucht hat? Was ist diesen frägt man natürlich: Was ist da? Wieso? Wie Familien zugemutet worden? und was? Und dann denkt man natürlich Wenn ich mich recht erinnere, hat die auch darüber nach - klar - und überlegt: Was Bundeskanzlerin sich auch im Namen der hätte man anders machen können? Und Bundesrepublik Deutschland bei den Fami- dann - - Ja, gut, deswegen habe ich das - - lien entschuldigt, und ich habe das für hoch angemessen und notwendig empfunden. Das Dr. Eva Högl (SPD): Haben Sie da über ist alles auch wahr. Ja, klar. Und ich kann mir bestimmte Punkte nachgedacht, wo Sie nicht vorstellen, dass es irgendjemandem Zweifel hatten im Nachhinein, ob das zu Ihrer anders geht. Deswegen bin ich auch - als Amtszeit alles richtig gelaufen ist? Abgeordneter darf ich das sagen - dankbar, dass wir einen Untersuchungsausschuss Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ach, haben, und ich hoffe sehr, dass Sie Erkennt- wissen Sie, mein Verständnis vom Men- nisse haben, die dann auch gemeinsam schen - ganz einfach vom Menschen, ganz vielleicht - unabhängig von Parteipoliti- allgemein - ist so, dass Menschen immer schem - die notwendigen Mehrheiten finden, Fehler machen. Da denke ich so. Deswegen: um umgesetzt zu werden. Mit der Frage, da kann ich nur sagen - - Dr. Eva Högl (SPD): Ja. Dr. Eva Högl (SPD): Nein, aber meine Frage ist: Haben Sie es in Bezug gesetzt, Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das ist Herr Dr. Schäuble, zu Ihrer damaligen Tätig- im Bund-Länder-Verhältnis gar nicht so ein- keit als Bundesinnenminister? fach.

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Dr. Eva Högl (SPD): Ja, aber ich habe darüber nachgedacht, habe dann aber fest- Sie explizit ja nach Ihren Fehlern gefragt, gestellt, die meisten Morde waren früher. weil Sie damals als Bundesinnenminister Aber das hat damit gar nichts zu tun, weil auch zuständig waren. Unabhängig von die- mein Verständnis, dass nach der Ordnung sem Verständnis, dass Sie nicht der oberste unseres Grundgesetzes für die Aufklärung Polizist Deutschlands sind, waren Sie ja doch von Straftaten die Länderpolizeien, die Poli- als Bundesinnenminister für die Sicherheit zeien der Länder - - weil Polizeiangelegen- aller Bürgerinnen und Bürger zuständig und heiten nach unserem Grundgesetz im We- damit natürlich auch für die Sicherheit der sentlichen Ländersache ist. Aber das heißt Personen, die dann Opfer geworden sind. nicht, dass ich nicht denke - - Ich habe mich natürlich geirrt, weil ich nicht geglaubt hätte, Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: In die- dass diese Rechtsextremen auch noch Mör- sem Sinne war es dann auch ein Versagen derbanden sind. Das war ja etwas, wo wir von allen. alle erschrocken sind, zusätzlich zu der Tra- gik. Dann hat man sich natürlich auch mit der Dr. Eva Högl (SPD): Ja, genau. Das sehe Frage beschäftigt. Ich habe an der Veran- ich nämlich auch so. staltung, die im Schauspielhaus dann - ich Im letzten Jahr jetzt, während wir auch glaube - der Bundespräsident - unsere Arbeit hier im Untersuchungsaus- schuss machen, haben Sie da mal mit der Dr. Eva Högl (SPD): Ja, im Februar in Bundeskanzlerin darüber gesprochen oder diesem Jahr. mit anderen Kabinettsmitgliedern, wie sich das Bundeskabinett beteiligt an der Auf- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - veran- arbeitung des NSU-Terrors? Die Bundes- staltet oder angeordnet hat, dass sie durch- kanzlerin hat ja eine sehr deutliche Zusage geführt worden ist - - Da ging es mir so, wie gemacht - wie haben Sie die denn verstan- es der Bundeskanzlerin auch ging. Ich bin da den? -, alles Mögliche zu tun, damit sich das auch gewesen, und ich habe dann auch ge- nie wiederholen kann. dacht: Mein Gott, was muss das für die Men-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 24 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, ich Bundesinnenminister Kenntnis erlangt von glaube, das hat sie doch gemacht bei ihrer der Mordserie oder bzw. schon davor? Der Rede im - - erste Mord war ja im September 2000. Wie ist Ihnen das - - Ist Ihnen das zugetragen Dr. Eva Högl (SPD): Ja, aber auch noch worden? Haben Sie das gelesen? im Folgenden danach. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sicher in Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Bei an- der Zeitung irgendwo, aber in welcher, weiß derer Gelegenheit. - Ja, das habe ich sehr ich nicht mehr. Ich bin Bundesinnenminister begrüßt, dass sie das gesagt hat. Das muss im November 2005 geworden, vorher war ich jetzt halt konkretisiert werden durch gesetz- Bundestagsabgeordneter. geberische Entscheidungen, aber natürlich auch im Rahmen der Regierungsverantwor- Dr. Eva Högl (SPD): Da lief ja die Mord- tung. Dafür ist dann federführend der Bun- serie schon, als Sie Bundesinnenminister desinnenminister zuständig. geworden sind.

Dr. Eva Högl (SPD): Aber darf ich Sie Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Da wa- vielleicht auch mal fragen: Sehen Sie hier ren - - Ihre Aussage als Zeuge auch als einen guten und richtigen Beitrag, uns bei der Aufklärung Dr. Eva Högl (SPD): Sind Sie dann damit zu helfen und bei der entsprechenden Inter- befasst worden? pretation der Aussagen der Kanzlerin, hier alles zu tun, damit wir die Hintergründe auf- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein, klären? nicht in dem Sinne. Dann war - - Ich bin so befasst worden, wie ich es einleitend schon Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Na ja, vorgetragen habe. Man wird da, wenn Sie die Wahrheitspflicht, an die der Vorsitzende Bundesinnenminister werden - - Also, bei mir mich ja pflichtgemäß erinnert hat, die ist völ- ist es nicht so gewesen, als ich Bundes- lig unabhängig von der Erklärung der Bun- innenminister wurde, dass mich irgendje- deskanzlerin. Ich bin hier als Zeuge geladen. mand über alle laufenden Kriminalfälle unter- Ich bin hier Zeuge, und dazu muss ich aus richtet hätte. Dafür war ich gar nicht zustän- meiner Erinnerung nach bestem Wissen und dig. Gewissen die Wahrheit und die volle Wahr- heit und nichts anderes als die Wahrheit sa- Dr. Eva Högl (SPD): Nein, nein, Herr gen. Das tue ich auch. Sie fragen mich aber Dr. Schäuble, es geht auch nicht um alle mehr nach Meinungen. Die sind auch, - laufenden Kriminalfälle, sondern es geht um eine bundesweite Mordserie, und da stelle Dr. Eva Högl (SPD): Wir kommen jetzt ich die Frage, ob Sie damit befasst wurden, noch mal zu ein paar Fragen. ob Sie sich dafür interessiert haben, ob Sie nachgefragt haben, beispielsweise, wie der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - meine Stand ist. Meinungen - - Ja, sie allgemein - - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich Dr. Eva Högl (SPD): Genau habe, Frau Abgeordnete, schon auf die Frage des Vorsitzenden gesagt: Ich bin damit Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Meine befasst gewesen. Ich meine, das einzige Meinungen sind für mich auch interessant. Mal, dass ich damit als Innenminister befasst Ob sie für andere interessant sind, weiß ich worden bin amtlich, war im Vorfeld der IMK in nicht. Garmisch-Partenkirchen.

Dr. Eva Högl (SPD): Nein, ich finde es Dr. Eva Högl (SPD): Ansonsten haben schon sehr wichtig, wer welchen Beitrag Sie weiter nichts mal nachgefragt oder ver- auch leistet, um hier aufzuarbeiten. Deswe- anlasst oder so? Immerhin waren Sie als gen habe ich das gefragt. Bundesinnenminister zuständig sowohl für Ich würde Sie gerne fragen, Herr das Bundeskriminalamt, das auch beteiligt Dr. Schäuble: Wie haben Sie damals als war an den Ermittlungen, und für das Bun-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 25 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

desamt für Verfassungsschutz, was selbst- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau verständlich auch beteiligt war. Abgeordnete, Sie wollen mich jetzt als Zeu- gen befragen. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das ist mir neu, dass das Bundesamt für Verfas- Dr. Eva Högl (SPD): Ja, mache ich auch. sungsschutz bei der Aufklärung von Straf- taten eine polizeiliche Aufgabe hat. Ich Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dann dachte, wir hätten ein Trennungsgebot zwi- tun Sie aber eine Menge von Meinungen schen - - vertreten, die ich nicht teile. Ich will hier - - Aber Sie - - Dr. Eva Högl (SPD): Nein, aber bei der Erörterung eines möglichen politischen Hin- Dr. Eva Högl (SPD): Sie können mit Ja tergrunds. Es gab Beteiligungen von Lan- oder Nein antworten. Ist das, Herr desämtern für Verfassungsschutz usw. Also, Dr. Schäuble, ein außergewöhnlicher Vor- da wollen wir jetzt nicht in die Details gehen. gang für einen Bundesminister des Innern, Meine Frage ist: Haben Sie da irgendwas wenn das eigene Amt, das eigene, das Bun- veranlasst? Haben Sie sich interessiert? deskriminalamt, Sie dringend ersucht, die Haben Sie mal nachgefragt? Wir wissen von Ermittlungen zentral zu übernehmen, also Ihrem Kollegen Herrn Beckstein, der zwar dass die Ermittlungen zentral geführt wer- nur Landesinnenminister war, dass er sich den? sehr ausführlich interessiert hat für die Er- mittlungsarbeit. Das war meine Frage. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ein Vor- gang, den ich nicht zur Kenntnis bekommen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber, habe, ist für mich weder ein außerordent- Frau Kollegin, der Kollege Beckstein war licher noch ein ordentlicher Vorgang. Es ist nicht nur Landesinnenminister, sondern er für mich kein Vorgang, weil ich keine Kennt- war der zuständige Landesinnenminister, nis davon hatte. und ich war der unzuständige Bundesinnen- minister. Dr. Eva Högl (SPD): Dass Sie mit der Frage befasst waren, das wissen wir. Sie Dr. Eva Högl (SPD): Sie sind zuständig haben eben selbst gesagt, Sie haben mit für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bür- Herrn Dr. Hanning darüber gesprochen, wie ger in unserem Land, und natürlich sind Sie dieses Problem geregelt worden ist, und die nicht der oberste Polizist als Bundesinnen- Leitungsvorlage haben Sie auch zur Kenntnis minister. Das weiß ich sehr gut. Ich weiß genommen. Also, dass Sie damit nicht be- auch, wie ein Ministerium funktioniert; ich fasst waren, da haben Sie hier eben was habe da auch viele Jahre Erfahrung. Aber anderes gesagt. Sie haben gesagt, Sie ha- eine bundesweite Mordserie - deswegen ben mit Herrn Dr. Hanning darüber gespro- sitzen wir hier auch zusammen - hat schon chen. eine besondere Bedeutung. Ich möchte noch mal zu sprechen kom- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau men auf das, was meine beiden Kollegen Kollegin, Frau Abgeordnete, ich lese Ihnen schon angesprochen haben: Übernahme gerne noch mal die Vorlage vor. BKA. Herr Dr. Schäuble, geben Sie mir Recht, dass die Frage, ob das Bundeskrimi- Dr. Eva Högl (SPD): Nein, wir kennen die nalamt die Ermittlungen übernimmt in einer ja alle. bundesweiten Mordserie - neun Menschen waren ermordet worden, sechs Jahre war Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja gut, erfolglos ermittelt worden -, dass das ein dann müssen Sie sie auch nicht anders in- außergewöhnlicher Vorgang ist auch für terpretieren und mir etwas unterstellen - - einen Bundesinnenminister, dass Sie das nicht jeden Tag auf den Schreibtisch be- Dr. Eva Högl (SPD): Mich interessiert ja: kommen? Was haben Sie mit Herrn Dr. Hanning be- sprochen damals.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 26 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Steuerungsgruppe unter Beteiligung des habe ich Ihnen gesagt. BKA getroffen ist und dass ich zur weiteren Stärkung dieser Zusammenarbeit und der Dr. Eva Högl (SPD): Nein, das haben Sie Beteiligung des BKA zustimme dem Vor- uns noch nicht gesagt. Sie haben gesagt, schlag, dass sich der Bund an der Erhöhung dass Sie - der ausgelobten Summe beteiligt.

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dann Dr. Eva Högl (SPD): Und Sie haben das lese ich es Ihnen wieder vor. nicht so angewiesen, dass das versucht wird, unterhalb der Ebene der Innenminister und Dr. Eva Högl (SPD): - mit ihm gespro- vor der Innenministerkonferenz in Garmisch- chen haben. Partenkirchen zu regeln zwischen Bund und Ländern auf einer unteren Ebene, auf der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau Ebene der Abteilungsleiter? Abgeordnete, ich glaube, es ist ein bisschen eine vergebliche Liebesmühe, mir das Wort Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Jetzt im Mund herumdrehen zu wollen und dann habe ich Ihre Frage nicht richtig verstanden. daraus irgendetwas abzuleiten. Dr. Eva Högl (SPD): Haben Sie das ent- Dr. Eva Högl (SPD): Will ich gar nicht. schieden, dass das besser wäre, dass es Will ich gar nicht. unterhalb der Ebene der Minister geregelt wird, sondern dass es noch vor der Innen- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dann ist ministerkonferenz geregelt wird auf der doch schön. Ebene der Abteilungsleiter?

Dr. Eva Högl (SPD): Nein, ich habe Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau Sie - - Abgeordnete, da Sie auf Ihre langjährige Erfahrung in Ministerien verwiesen haben, Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Also, will ich daran erinnern, dass mir der Vorsit- was möchten Sie jetzt von mir wissen? zende vorgehalten hat ein Schreiben des Vizepräsidenten des BKA an den Unterab- Dr. Eva Högl (SPD): Sie haben mit Herrn teilungsleiter in der zuständigen Abteilung Dr. Hanning darüber gesprochen, über die- des BMI, ein gewisser Herr Falk - so heißt sen Vorgang? der Vizepräsident, der damalige des BKA -, an den Herrn Förster, damals Unterabtei- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja. Das lungsleiter, den ich kenne und schätze. Und habe ich gesagt. aus diesem Schreiben und in der Bearbei- tung dieses Schreibens des Unterabtei- Dr. Eva Högl (SPD): Dann sagen Sie lungsleiters ist über den Abteilungsleiter doch bitte noch mal, was Sie mit Herrn dann im Rahmen der Arbeiten des AK II - - Dr. Hanning besprochen haben. Der tagt nämlich immer im Rahmen der In- nenministerkonferenz, ehe die Minister ta- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr gen. Der Arbeitskreis II bereitet die Sitzungen Dr. Hanning hat mir nach meiner Erinnerung der Minister vor und unterrichtet darüber. das vorgetragen, was sich aus der Leitungs- Das habe ich also nicht angeordnet, was der vorlage ergibt. Arbeitskreis II zu arbeiten hat. Ihre Erfahrungen im Ministerium werden Dr. Eva Högl (SPD): Und was haben Sie sicherlich sich mit den meinen insoweit de- dann Herrn Dr. Hanning daraufhin gesagt? cken, dass nicht die Minister die Arbeit der Abteilungsleiter vorbereiten, sondern die Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dass ich Abteilungsleiter die Arbeit der Minister vorbe- damit einverstanden bin, dass wir erstens - - reiten. Und da haben Sie mich gefragt, ob ich entschieden hätte, dass die Abteilungsleiter dass ich mit Befriedigung zur Kenntnis das so machen. Es ist umgekehrt gewesen. nehme, dass jetzt im Arbeitskreis II eine bes- sere Zusammenarbeit zwischen den Polizei- behörden der beteiligten Länder in meiner

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 27 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Dr. Eva Högl (SPD): Ja. Und meine Er- den hat zwischen dem Bundesinnenministe- fahrung sagt auf jeden Fall, dass wichtige rium und dem VPF - so steht es in der Akte; politische Fragen dem Minister vorgetragen VPF ist eine gute Frage, wer das ist -, bei der werden und der Minister dann eine Entschei- über die Übernahme des Verfahrens durch dung trifft. Und es ist unstreitig, dass die das BKA gesprochen wurde. Das ergibt Frage, ob das Bundeskriminalamt in einer sich - für das Protokoll - aus MAT A BKA- bundesweiten Mordserie nach sechs Jahren 2/19.O5. Wurden Sie im Vorfeld dieser Sit- erfolglosen Ermittlungen mit zehn ermorde- zung über die ND-Lage zu diesem Thema ten Menschen - - wenn das an den Bun- auch unterrichtet? desminister des Innern herangetragen wird, eine wichtige politische Frage ist, wo der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. Bundesminister des Innern eine Entschei- dung trifft, und die kann auch sein, es auf Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Ist es unterer Ebene, wenn Streit droht, zu regeln. grundsätzlich so, dass der Bundesinnen- Also, insofern decken sich unsere Erfahrun- minister über ND-Lagen informiert wird und gen nicht ganz; denn das weiß ich schon, über die Meinungen dort und über die Er- dass wichtige politische Fragen auf die poli- gebnisse dort? tische Ebene gehören. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nicht im Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber wir Einzelnen, sondern der Staatssekretär, der diskutieren ja nicht über unsere Erfahrungen, an der ND-Lage üblicherweise teilgenommen Herr Vorsitzender, sondern über den Sach- hat - ich vermute, dass es der Staatssekretär verhalt, wie er sich in der Erinnerung des war -, verantwortet selbst, worüber er den Zeugen abgespielt hat, ergänzt durch die Minister unterrichtet und worüber nicht. Ich Unterlagen, durch die Akten, die dem Aus- habe aber niemals Anlass gehabt, in meinem schuss vorliegen, aus denen Sie mir vorge- Vertrauen gegenüber Herrn Hanning irgend- halten haben, und danach ist es eben so eine Einschränkung zu machen. gewesen, dass es dem Bundesinnenminister so vorgetragen worden ist. Ich weiß nicht, ob Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Also, Herr Förster - - wo Herr Förster sich heute das heißt auch, Sie haben nicht die Tages- befindet, ob er noch - - ob er dienstlich ist. ordnung oder auch die Punkte - Sonst würde ich Ihnen raten - - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. Vorsitzender Sebastian Edathy: Er war schon Zeuge. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): - auf den ND-Lagen selber nicht mitgekriegt? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Er war schon Zeuge. Dann wird er ja dazu ausge- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. sagt haben. Mir hat Herr Förster das nicht Niemals. vorgetragen. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Auch Vorsitzender Sebastian Edathy: Das von dem Ergebnis haben Sie dann auch Fragerecht wechselt zur FDP-Fraktion. Das nichts dort mitbekommen? Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Herr Schäuble, 2006 ist die Ceska-Mordserie Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Sie mehrfach Thema in den Nachrichtendienst- sagten eingangs - anderes Thema -, Sie lichen Lagen im Bundeskanzleramt gewesen, hätten sich sehr intensiv, gerade wenn es um und dort wurde über die Ceska-Morde be- die Sicherheitslage ging, mit Herrn Präsident richtet, mehrfach im März, zweimal im April, Ziercke, Staatssekretär Hanning und Abtei- zweimal im Mai und dreimal im Juli. - Müssen lungsleiter Krause vor allem ausgetauscht. Sie nicht wissen, steht bei uns in den Akten. Interessant war für mich - - Also, das sagten In der Sitzung vom 25. April 2006 wurde Sie eingangs im Statement. in einer Besprechung diskutiert, die am 20. April, also fünf Tage vorher, stattgefun-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 28 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich ner Verantwortung wahrnehmen. Aber den sagte, das waren meine Hauptgesprächs- Hintergrund hatte man nicht. partner. Also ging es um normale kriminalpolizei- liche Ermittlungsarbeit. Mit der hat der Ver- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Ge- fassungsschutz nichts zu tun. Deswegen nau, Hauptgesprächspartner. waren für diese Fragen meine Gesprächs- partner der Abteilungsleiter Krause und der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Präsident des Bundeskriminalamts Ziercke, nicht - - Die Aussage war eigentlich, zu be- und Herr Hanning war für den Gesamt- nennen, wer meine Gesprächspartner waren, bereich Sicherheit als Staatssekretär verant- nicht über die Intensität - - wortlich. Deswegen: Daher ergeben sich die drei Gesprächspartner. Für Fragen des Ver- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Ja, fassungsschutzes waren Herr Staatssekretär klar. Es ging mir nicht um den Fall konkret, - Hanning, der Abteilungsleiter Steig und na- türlich Herr Präsident Fromm meine Ge- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Okay. sprächspartner. Aber das ist eine andere Veranstaltung. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): - son- dern mich wundert nur, dass Herr Fromm Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Ja, nicht dabei war. Also, für mich ist es so, dass das ist - - Insofern haben wir da eine Paralle- ich sage: Wenn Sie als Innenminister Herrn lität zu 2004, als damals auch zunächst ein- Ziercke, den Abteilungsleiter, den Staats- mal der Bundesinnenminister Schily und sein sekretär, aber den Präsidenten des Verfas- Kollege Behrens nach dem Anschlag in der sungsschutzes nicht als engen Ansprech- Keupstraße auch offensichtlich den Verfas- partner an der Stelle sehen, hat mich nur sungsschutz nicht befragt haben und sogar überrascht. Ist das so? zu der Einschätzung kamen, dass hier an der Stelle überhaupt kein fremdenfeindlicher Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, nein, Hintergrund zu sehen war. Das war ein Tag das sind - - Herr Kollege Wolff, wir haben ein danach. Da müssen Sie gar nichts zu sagen. Trennungsgebot, oder wir hatten zu meiner Die Parallelität, die ich daran interessant Zeit eines. Ich habe es ernst genommen. Ich finde, ist - das ist institutionalisiert offensicht- glaube aber, dass im Bundestag es auch - - lich -, dass man bei Mordserien, wo sogar Herr Hanning sagte: „Aufgrund der Tatsache, Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Da dass man die gleiche Waffe verwendet, ist habe ich keine Einwände. eigentlich die organisierte Kriminalität sogar eher unwahrscheinlich, weil die ja gerade auf Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Und Verdeckung und nicht auf Serienzuordnung deswegen war ja auch der Verfassungs- geachtet hat“, grundsätzlich nicht auf die schutz in einer anderen Abteilung des BMI. Idee kam, zunächst einmal auf die Kompe- Abteilungsleiter war Herr Steig, wenn ich tenzen des Verfassungsschutzes zurückzu- mich recht erinnere. Hier ging es ja nicht um greifen. Das mag sein, wenn man in Rich- einen - - Hier ging es um Straftaten, von de- tung BKA-Einschätzung - hatten Sie ja auch nen wir nicht wussten, dass sie einen terro- gesagt - eher in Richtung OK gegangen ist. ristischen Hintergrund oder gar einen rechts- Trotzdem ist die Frage, ob man das institu- extremen terroristischen Hintergrund hatten. tionell nicht verbessern könnte, dass man Sonst wäre natürlich eine völlig andere, auch zumindest mal die Expertise des BfV dort mit von der Gesetzeslage her Folgerung gewe- berücksichtigt. Mir ist es nur aufgefallen. Da sen. Dann hätte der Generalbundesanwalt brauchen Sie jetzt gar nichts dazu sagen. die Ermittlungen an sich - - wäre wahrschein- (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS lich kraft Gesetzes für die Ermittlungen zu- 90/DIE GRÜNEN): Warum machen ständig gewesen und hätte damit natürlich Sie einen Vorhalt, wenn der Zeuge das Bundeskriminalamt mit der Durchführung nichts sagen soll?) der Ermittlungen beauftragt. Das ist aber Mich interessiert - - Oder Sie können eine Entscheidung, die die Staatsanwalt- gerne etwas dazu sagen. schaft und der Generalbundesanwalt in eige-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 29 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

(Wolfgang Wieland (BÜNDNIS da Verhandlungen zur Beibehaltung beider 90/DIE GRÜNEN): Ich bin Experte Abteilungen gegenüber dem BMF bzw. auch für Vorhalte!) gegenüber den Haushältern der Großen Koalition von Ihnen angestoßen worden? Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Das sagt der Richtige. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Es ist nicht so gewesen. Ich glaube auch, Herr Vorsitzender Sebastian Edathy: Also, Kollege Wolff, es führt in die Irre, Ihre Unter- Herr Dr. Schäuble, es ist eigentlich hier un- suchungen, wenn Sie glauben würden, es sei strittig, dass in der Regel natürlich die Zeu- hier eine politische Präferenz je nach der gen sich äußern dürfen. Deswegen sind sie parteipolitischen Zusammensetzung der je- ja auch hier. weiligen Bundesregierung gewesen. Ich bin zweimal Innenminister gewesen in zwei un- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Ja, terschiedlichen Koalitionen. Ich kann in der Sie dürfen sich selbstverständlich äußern, Wahrnehmung der Verantwortung für die Herr Minister. Sicherheit unserer Bürger mit allen Fehlern, die wir machen, mit allen Schwächen, die wir Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein, ich alle haben - - Aber dass es da Präferenzen meine, Herr Vorsitzender, ich könnte sogar gibt, dass man aus politischen Gründen Ge- einen Schritt weitergehen: Ich muss nicht fahren der einen oder anderen mehr be- unbedingt hier sein, wenn Sie gar nicht wol- kämpft, das habe ich nie erlebt, und das len, wenn Sie gar kein Interesse haben. würde ich auch für meine Vorgänger und für meine Nachfolger insgesamt für ausge- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Na, schlossen ansehen. Das halte ich für völlig so war es nicht gemeint. Das wissen Sie. Ich undenkbar. wollte nur sichergehen, dass Sie nur als Nein, der Punkt war: Wir waren konfron- Zeuge gefragt werden, nicht nur als Sach- tiert, oder wir haben es so gesehen aufgrund verständiger, und insofern war das nur eine fachlicher Beratungen und Beurteilungen - so Feststellung meinerseits. wie sich eben politische Meinungsbildungen und Entscheidungen ergeben -, dass wir mit Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber ich einer verstärkten Bedrohungslage aus dem bin auch dankbar, dass ich Ihre Erörterungen Gesamtfeld des islamistischen Terrorismus mir anhören darf. konfrontiert wurden, zusätzlich - was ja die Bedrohungslage auch verschärft nach der Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Einschätzung aller fachlichen Behörde - im Danke schön. Das freut mich außerordent- Vorfeld und im Umfeld in der Vorbereitung lich. - Ich habe eine letzte Frage, weil Herr auf die Fußballweltmeisterschaft. Ich meine, Hanning auch sagte, dass er vor allem die wir haben ja auch - - Wir wissen doch im finanziellen Gründe für die Zusammenlegung Nachhinein aus den Kofferbombenanschlä- zwischen links- und rechtsextremistischer gen, aus den gescheiterten, dass ja da auch Abteilung im BfV gesehen hatte, auch auf der Zusammenhang durchaus gesehen Widerstand von Herrn Fromm; die Kollegen wurde, nämlich dieses Instrument der großen gingen drauf ein. Da würde mich mal interes- Öffentlichkeit. So war ja die Wahrnehmung sieren, weil er sagte, wir würden ja die Haus- der Bedrohungslage, dass man möglichst hälter kennen, wie weit denn hier konkret viel Öffentlichkeit - - Und deswegen haben innerhalb der Großen Koalition - auch ge- wir uns entschieden, erstens das Gemein- genüber dem damaligen Finanzminister und same Terrorabwehrzentrum einzurichten, auch gegenüber den damaligen Haushältern was sich ja bewährt hat, wenn ich es richtig der Großen Koalition - die besondere Be- verfolgt habe. Ich verfolge es nicht mit aller deutung und die Gewichtigkeit des Rechts- Intensität zurzeit, weil ich in der Wahrneh- extremismus auch vom BMI auch gegenüber mung meiner derzeitigen Aufgaben nicht zu dem BMF damals gesehen worden ist, und viel Zeit für andere wichtige, genauso wich- wie man hier gesagt hat, vielleicht hätte es tige Aufgabenbereiche aufbringen kann. Es Sinn gemacht, wenn man schon die beson- ist doch jetzt auch die Absicht, auch im Be- dere Herausforderung internationaler Isla- reich des rechtsextremistischen Terrors eine mismus sieht, dass man dann zumindest stärkere Bündelung auch in der Zusammen- Rechtsextremismus nicht benachteiligt. Sind arbeit der verschiedenen Behörden, Poli-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 30 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

zeien und Verfassungsschutzbehörden von Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Die Zu- Bund und Ländern, zu erreichen, also den sammenarbeit in der Großen Koalition war Grundgedanken des Gemeinsamen Terror- von gegenseitiger Loyalität geprägt; aber das abwehrzentrums auch auf die Bekämpfung ist in allen Koalitionsregierungen, an denen des Rechtsextremismus zu übertragen. Da- ich teilgenommen habe, immer so der Fall. mit auch Debatten, die wir in früheren Jahren Die Freundschaft ist mehr oder weniger aus- und Jahrzehnten über die Intensität des geprägt. Aber das ist was anderes. Trennungsgebots - - Es gab ja sogar mal die These, die ich verfassungsrechtlich für falsch Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich halte, es gebe ein verfassungsrechtlich ver- kann mich übrigens erinnern, dass der da- ankertes Trennungsgebot. malige Vorsitzende des Innenausschusses diese Zusammenlegung öffentlich kritisiert Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Kön- hat. nen wir gerne streiten. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber kann ich mich auch erinnern, aber das gehört da - - Jedenfalls wird es ja heute doch auch zum normalen politisch-parlamentarischen ein Stück weit im Zuge von neuen Erfahrun- Prozess. gen - wir machen ja immer „Trial and Error“ - ein Stück weit anders gesehen. Deswegen Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich will haben wir gesagt, wir müssen dafür eine nur ganz kurz, vielleicht weil das den Sach- eigene Abteilung beim Bundesamt für Ver- verhalt auch ein bisschen erhellen kann, fassungsschutz einrichten, und mindestens zitieren aus der Vernehmung von Heinz so wichtig dabei war: Diese Abteilung muss Fromm, der hier am 5. Juli 2012 als Zeuge von Köln nach Berlin. Sie können sich - - Ich zu Gast war. Der hat - - könnte vermuten - ich bin nicht ganz sicher, (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS aber ich habe so eine generelle Erinnerung 90/DIE GRÜNEN): Aber nicht mitten daran -, dass die Bereitschaft im Bundesamt in der Berliner Runde!) für Verfassungsschutz, Arbeitseinheiten nach Berlin zu verlegen, nicht außergewöhnlich - Na ja, ich kann auch eine Zwischenfrage hoch entwickelt war, und deswegen könnte stellen. Das ist ja zulässig. Das geht auch es auch sein, dass auch das ein nicht ganz ganz schnell, Herr Wieland. unwichtiger Punkt war, und im Zuge dessen, (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS weil wir die Zahl der Abteilungen nicht erhö- 90/DIE GRÜNEN): Dann müssen hen wollten, weil wir nun in der Tat durch - - Sie fragen, ob Sie die stellen Ich beklage mich darüber nicht, und ich habe dürfen!) nie gesagt, dass der Deutsche Bundestag im Darf ich eine Zwischenfrage stellen, Frau Allgemeinen, der Haushaltsausschuss im Wawzyniak? Sind Sie so freundlich? Besonderen nicht die notwendigen Mittel - sachliche Mittel und personelle Mittel - zur (DIE LINKE): Ja. Wahrnehmung der Sicherheitsbelange zur Verfügung gestellt haben. Im Zuge dessen Vorsitzender Sebastian Edathy: Okay. - hat man sich bemüht, durch Konzentration in Also, Herr Fromm hat hier am 5. Juli die Zu- anderen Bereichen aus den vorhandenen sammenlegung der Abteilung Links- und Kapazitäten des Bundesamtes für Verfas- Rechtsextremismus wie folgt kommentiert. sungsschutz das Bestmögliche zu machen. Im Übrigen ist die Gewinnung von qualifi- Die Schlagkraft, wenn ich Ihren Be- zierten Kräften für den Verfassungsschutz griff aufgreifen darf, die sank natür- auch eine Kapazitätsbegrenzung gewesen. lich. Das war auch Absicht, nicht die So war der Punkt gewesen. Schlagkraft zu senken, sondern die Personalzahl zu reduzieren auch durch Zusammenschieben von Or- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Letzte ganisationseinheiten, und zum an- Frage nur: Sind Sie damals von den Koali- deren das Signal, das damit ver- tionsabgeordneten für die Entscheidung kriti- bunden war, dass die Bekämpfung siert worden? des Rechtsextremismus von ihrer Bedeutung her sank. Das war ein klares Signal, was natürlich nicht

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 31 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

nur außerhalb des BfV … registriert waren da für Reaktionen? Das war ja dann worden ist, sondern auch bei den medial bekannt. eigenen Mitarbeitern. Können Sie sich erinnern, dass Herr Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau Fromm Ihnen diese Bedenken so vorgetra- Kollegin, nachdem Sie mir jetzt unterstellt gen hat gegen die Zusammenlegung? haben, ich könne mich genau erinnern, wann mich die damalige österreichische Innen- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann ministerin im Auto angerufen hat, und ich nicht wirklich unterscheiden, was ich in den überhaupt gesagt habe, ich weiß nicht mal, Zeitungen gelesen habe und was ich erin- welches Jahr das war, muss ich jetzt sagen: nere. Das ist immer, wenn man sich bemüht, Ich kann mich nicht genau erinnern, ob der präzise auszusagen, woran man sich erin- Untersuchungsauftrag Ihres Ausschusses, zu nert, eine schwierige Frage. Aber ich weiß dem Sie mich als Zeuge geladen haben, sich jetzt inzwischen schon - denn das ist ja auch darauf bezieht, was wir im Kabinett nach in den Medien gestanden -, dass Herr dem November 2011 beraten haben. Fromm sich in diese Richtung geäußert hat. Das mag so sein. Ich weiß auch, dass die Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Na gut. Debatte, Einheiten des Verfassungsschutzes von Köln nach Berlin zu verlegen, nicht nur Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich weiß auf Zustimmung gestoßen ist. Das habe ich auch nicht, ob sich meine Aussagegenehmi- eben auf die Frage des Kollegen Wolff schon gung darauf erstreckt. Deswegen kann und versucht zu sagen. Aber so präzise habe ich will ich Ihre Frage nicht beantworten. es nicht in Erinnerung. Ich bin auch nicht ganz sicher, Herr Vorsitzender, ob alle frühe- Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Gut, die ren Vorsitzenden des Innenausschusses in Frage klärt sich ja auf, und die Fragen stellen der Beurteilung der Notwendigkeiten und der immer noch wir. Arbeiten und der Unterstützung des Verfas- Sie waren ja Innenminister in dem Zeit- sungsschutzes immer dieselbe Intensität raum, wo drei Morde stattgefunden haben, zugrunde gelegt haben, die ich heute im die dem NSU zugerechnet wurden, und als Untersuchungsausschuss verspüre. Aber Innenminister tragen Sie Verantwortung für auch das würde ich nicht vorwerfen, weil wir das BKA, für das Bundesamt für Verfas- alle durch Erfahrungen klüger werden. sungsschutz. In Ihre Zeit fallen die Morde an Mehmet Kubasik am 4. April in Dortmund, an Vorsitzender Sebastian Edathy: Also, Halit Yozgat am 6. April und an Michèle Kie- für mich kann ich das jedenfalls bestätigen, sewetter am 25. April. Im gleichen Zeitraum dass meine Intensität, was die Bearbeitung heißt es in den Jahresberichten des Bundes- des Themas betrifft, sich im Laufe der Jahre amtes für Verfassungsschutz unter der Ru- nicht geändert hat. brik Rechtsterrorismus zum Beispiel für das Das Fragerecht hat die Linksfraktion. Frau Jahr 2007: Wawzyniak, bitte. Rechtsterroristische Strukturen wa- ren auch 2007 in Deutschland nicht Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Herr feststellbar, ebenso wenig wie eine Schäuble, nachdem Sie sich so gut erinnern Theoriediskussion, die zu einer können, wann Sie im Auto angerufen worden systematischen Gewaltanwendung sind und was Sie gesagt haben, würde aufgefordert hätte. mich - Das steht nahezu identisch auch in den Jah- resberichten 2005, 2006, 2007 und 2008. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wann, Mich würde interessieren, wie Sie mit weiß ich überhaupt nicht, Frau Kollegin. dem Wissen von heute zu diesen Sätzen stehen, und auch in dem Wissen von 2006 Halina Wawzyniak (DIE LINKE): - inte- oder 2007, zahlreiche Waffenfunde, unzäh- ressieren: Nachdem bekannt geworden ist, lige Gewalttaten. Können Sie mir erklären, dass die Bankräuber aus Eisenach Neonazis wie es zu dieser Fehleinschätzung im Bun- waren mit einer beispiellosen Mord- und desamt für Verfassungsschutz gekommen Sprengstoffserie, als danach das Kabinett ist, für das Sie ja auch zuständig waren? das erste Mal zusammengetreten ist, was

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 32 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sie ha- nicht bewusst waren, Sie finden, dass diese ben dazu doch den damaligen Präsidenten Zusammenlegung angemessen und richtig des Bundesamtes für Verfassungsschutz war. gehört, und da Sie seinen Einwendungen gegen die Zusammenlegung der zwei Abtei- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sie kön- lungen im Bundesamt für Verfassungsschutz nen den Hintergrund gestalten in Ihren Fra- so großes Gewicht beilegen, werden Sie gen, wie Sie wollen. Ich habe die Entschei- doch auch seiner Erklärung, warum die Ver- dung für die Neuorganisation, die begrenzte fassungsschutzberichte so formuliert worden Neuorganisation im Rahmen des Bundes- sind, wie Sie es jetzt vorgetragen haben, amtes für Verfassungsschutz getroffen. Ich entsprechend folgen. Ich würde daraus habe begründet, warum wir sie getroffen schließen, dass wir uns alle geirrt haben, und haben, und ich habe dem nichts hinzuzu- würde das darauf beziehen, was ich auf die fügen. Bemerkung der Frau Abgeordneten Högl schon gesagt habe: Wir irren uns, und wenn Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Gut, wir nicht mehr bereit sind, einzusehen, dass dann frage ich noch mal was anderes. Ist wir uns geirrt haben, dann ist das auch über den Mord an der Polizistin Kiesewetter falsch. Aber wenn wir glauben, wir könnten am 25. April in Ihrer Amtszeit als Innen- unsere Verantwortung anders wahrnehmen minister je mit Ihnen gesprochen worden? als in dem durch die Institutionen unserer Verfassung vorgegebenen Rahmen und den Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Amtlich Begrenzungen, ist das auch schlecht. Des- nicht. wegen hätten Sie vielleicht die Frage besser Herrn Präsident a. D. Fromm vorgelegt. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Gut, (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS dann frage ich Sie trotzdem mal weiter. Im 90/DIE GRÜNEN): Haben wir!) stern am 30.11.2011 war zu lesen, dass im Umfeld dieses Mordes Mitarbeiter amerikani- Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Na ja, scher Sicherheitsbehörden vor Ort gewesen nun gibt es ja möglicherweise, unabhängig sein sollen. Ist Ihnen davon was bekannt? davon, dass wir es gemacht haben, unab- hängig von der Frage, dass die einen Be- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Es war amten sind und die anderen politisch Ver- ein Mordfall in Heilbronn, und für die Ermitt- antwortliche - - Aber ich will mal an der Stelle lung eines Mordfalls in Heilbronn ist nach noch mal nachsetzen. Mitarbeiter haben sich meiner flüchtigen Kenntnis der Strafprozess- die Mühe gemacht, die in dem Verfassungs- ordnung die örtlich zuständige Staatsanwalt- schutzbericht oder beim Bundesamt für Ver- schaft zuständig. Einen neonazistischen oder fassungsschutz in den Jahresberichten re- sonstigen terroristischen Hintergrund hatten gistrierten Körperverletzungsdelikte im Zeit- die zuständigen Polizeibehörden damals raum von 1990 - da waren Sie das erste Mal nicht, und deswegen mag ich als Zeitungs- Innenminister - und dem Jahr 2009, als Ihre leser davon Kenntnis gehabt haben. Amtlich zweite Amtszeit endete, zusammenzuzählen. war ich damit nicht befasst. Wir reden hier nur von den offiziell regis- trierten Körperverletzungsdelikten. Das sind Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Gut. - genau 13 301 Körperverletzungsdelikte mit Ich habe noch eine Frage. In Ihrer Amtszeit - rechtem und rassistischem Hintergrund zum das ist hier mehrfach angesprochen worden - Jahresende 2009. Das heißt, in einem Zeit- gab es immer wieder massive Konflikte zwi- raum von rund 20 Jahren haben Neonazis so schen BKA und Verfassungsschutz. Wir fin- viele Menschen verletzt, wie beispielsweise den das in den Akten zum Beispiel unter in der Kleinstadt Bad Segeberg in Schleswig- MAT A BMI-3/24 auf der Seite 230 ff. Da gab Holstein leben. es zum Beispiel eine Auseinandersetzung Jetzt interessiert mich, Herr Schäuble - zwischen dem BKA, dem Bundesamt für Sie haben vorhin noch mal über die Zusam- Verfassungsschutz und dem Generalbun- menlegung der Abteilungen gesprochen -, ob desanwalt aus dem Jahr 2006 zu der Frage, vor diesem Hintergrund und vor dem Hinter- inwieweit der Generalbundesanwalt das Er- grund dieser Zahlen, die Ihnen möglicher- mittlungsverfahren gegen weiterhin aktive weise damals nicht bewusst waren, bis eben Strukturen von „Blood & Honour“ nach dem

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 33 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Verbot im Jahr 2000 übernehmen würde. Ist Verfassungsschutz gegeben, ob der Gene- Ihnen darüber je berichtet worden? ralbundesanwalt bestimmte Ermittlungen führe oder nicht, und darauf habe ich auf- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das grund so meines Verständnisses gesagt, Sie kann ich - - Ich erinnere mich nicht, dass ich können davon ausgehen, dass der Bundes- darüber unterrichtet worden sei. innenminister sich in Entscheidungen des Generalbundesanwaltes nicht eingemischt Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Also, hat, weil ihm dies nicht zusteht. zum Hintergrund noch mal. Auch bei diesen Geschichten ging es immer um die Frage, Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Und ich inwieweit es doch bewaffnete Strukturen im habe Sie gefragt - Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus gibt, was wir ja gesehen haben, was vom Bun- Vorsitzender Sebastian Edathy: Frau desamt für Verfassungsschutz verneint wor- Wawzyniak. den ist. Kann ich daraus schließen, dass das Thema, ob es bewaffnete rechtsterroristische Halina Wawzyniak (DIE LINKE): - letzte Strukturen gab, in Ihrer Zeit als Innenminister Frage -, ob der Hintergrund dieser Auseinan- nie ernsthaft diskutiert worden ist? dersetzung - mir ging es gar nicht darum, ob Sie sich einmischen - Ihnen je in Ihrer Amts- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein, zeit mitgeteilt worden ist. das können Sie daraus überhaupt nicht schließen. Aber Sie können da aus meiner Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Darauf Antwort schließen, dass sich der Bundes- habe ich geantwortet: Ich kann mich nicht innenminister nicht in Entscheidungen des daran erinnern. Generalbundesanwalts eingemischt hat. Vorsitzender Sebastian Edathy: Damit Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Das ist die Fragezeit der Linksfraktion für diese habe ich Sie ja nicht gefragt. Ich habe Sie Runde beendet. Das Fragerecht wechselt zur gefragt, ob das jemals, - Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Das Frage- recht hat konkret der Kollege Wieland. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Doch, Sie haben - - Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Dr. Schäuble, nett, dass Sie Halina Wawzyniak (DIE LINKE): - ob das sich so mir zuwenden. Das ist ja wie früher jemals - - im Innenausschuss. - Ein Fernsehsender - - Sie können auch erst mal die Verpflegungs- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ent- frage - - schuldigung, verzeihen Sie, ich habe Sie so verstanden. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich mir einen Halina Wawzyniak (DIE LINKE): - in Ihrer Kaffee einschenke? Tätigkeit - - Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Vorsitzender Sebastian Edathy: Es re- GRÜNEN): Nein, gerne. Geht alles von mei- det am besten immer nur eine Person. ner Zeit ab, aber so viel Nächstenliebe in der Adventszeit muss sein. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Ein Fernsehsender hatte angefragt, ob er Sie so verstanden, dass Sie danach gefragt Ihre Zeugeneinvernahme hier live aufneh- hätten, nach Auseinandersetzungen. So men darf. Das war ja bei Ihrem Vorgänger habe ich Ihr Zitat aus Akten, die ich nicht im Visa-Ausschuss ein echter kenne - - Deswegen: Vielleicht habe ich es Quotenbringer. Dennoch sollen Sie Nein falsch verstanden, Frau Abgeordnete. Dann gesagt haben. Warum? bitte ich um Nachsicht. Ich hatte Sie so ver- standen, es habe Auseinandersetzungen mit Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Weil mir dem GBA, also mit dem Generalbundes- gesagt worden ist, das sei generell Praxis in anwalt, mit dem Bundeskriminalamt und dem dem Ausschuss, das nicht zu machen, und

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 34 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

ich halte es generell für richtig, dass es so Eindruck - einmischen, in meiner bekannt Praxis ist - als Abgeordneter, sage ich dazu freundlichen Art einen Ratschlag gebe, sie jetzt -, weil ich finde die Regel, die wir ja im mögen das besser nicht tun. Gerichtsverfassungsgesetz haben, die ana- Und weil ich noch ein zweites Prinzip log für Untersuchungsausschüsse Anwen- habe, nämlich mich gegenüber meinen Vor- dung finden sollte, hat ihren guten Sinn. Und gängern und Nachfolgern im Amt immer um deswegen habe ich gedacht, ich weiche nicht größtmögliche Rücksichtnahme zu bemühen, von der üblichen Praxis ab. Ich fürchte übri- mische ich mich in die prioritäre Zuständig- gens, so ein richtiger Quotenbringer wäre ich keit des Bundesinnenministers nicht ein, heute gar nicht gewesen. indem ich jetzt hierzu meine Meinung als Abgeordneter bekannt gäbe. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Die würden Sie aber erleben, wenn es im GRÜNEN): Ja, nehmen Sie es mir nun nicht Bundestag zu einer Abstimmung käme, an übel, und bleiben wir gelassen, aber ich der ich teilnehmen muss. Aber meine Mei- würde Ihre Aussage hier wirklich auch eher nung als Mitglied des Kabinetts, nach der Sie unter der Überschrift „Mein Name ist mich gefragt haben, sage ich Ihnen dann, Schäuble, getan habe ich eigentlich nichts, wenn der Bundesinnenminister als Federfüh- was den Untersuchungsgegenstand angeht“ render eine Entscheidung des Kabinetts her- zusammenfassen. Oder ist das zu bösartig beigeführt hat. als Zusammenfassung? Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich GRÜNEN): Möglicherweise braucht er etwas glaube, Herr Abgeordneter, ich kann mir Beratung. Jedenfalls soll der bayerische Mi- nicht vorstellen, dass Sie eine bösartige Zu- nisterpräsident ihn zum Oberbedenkenträger sammenfassung machen wollen. ernannt haben. Aber ich komme jetzt zu einer konkreten Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Frage zu der Zeit nach Garmisch. Da habe GRÜNEN): Gut, dann sind wir uns einig. ich hier gelesen in den Akten MAT A BMI- Eine Frage habe ich aber noch als inso- 4/0030, Blatt 116 bis 119; da schreibt ein fern sachverständigen Zeugen aus aktuellem Ministerialdirigent aus Ihrem Ministerium - Anlass, aber auch, weil es unser Untersu- Zitat -: chungsgegenstand ist. Heute hat der Bun- Überraschend für mich, dass BKA desrat einen NPD-Verbotsantrag beschlos- sich jetzt doch mit 50 000 Euro be- sen. Sie waren immer - ich kann mich gut teiligt. Meines Wissens hatte Min daran erinnern - im Innenausschuss ein das bei der IMK noch abgelehnt. Gegner eines erneuten Anlaufs mit dem Ist das Wissen richtig, was der damals zu wörtlichen Satz: „Ich begehe nicht die Fehler Papier gebracht hat im Juni 2006? Haben meines Vorgängers.“ Frage: Haben die be- Sie erst mal Nein gesagt? kannt gewordenen Umstände um den „Na- tionalsozialistischen Untergrund“, um die personellen Verstrickungen von NPD-Mit- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr gliedern zu Unterstützern, um die Tätigkeit Abgeordneter Wieland, ich muss noch mal der drei, als sie noch legal waren im NPD- aus dem Aktenvorgang, den Sie mir liebens- Zusammenhang, dazu geführt, dass Sie Ihre würdigerweise vorgelegt haben, vom 3. Mai Meinung geändert haben? Denn es soll ja zitieren. Da heißt es: demnächst auch bei Ihnen auf dem Kabi- Verfahrensvorschlag nettstisch liegen, diese Frage. BMI sollte sich an einer Erhöhung der Belohnung mit einem Beitrag Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr von 30 000 Euro beteiligen: Kollege Wieland, bitte verstehen Sie es, se- Es ist dann noch eine Fußnote: hen Sie es mir nach, wenn ich auf diese Frage meine persönliche Meinung jetzt nicht BKA verfügt über entsprechende Ihnen zur Kenntnis gebe, und zwar deswe- Haushaltsmittel gen, weil ich ein strenger Verfechter des hinzugefügt. Ressortprinzips bin und weil ich gelegentlich Wenn Sie mir jetzt sagen, es sei jemand Kollegen, wenn sie sich in die Zuständigkeit überrascht gewesen, dass das BKA später des Bundesfinanzministers - nach meinem

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 35 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

mit 50 000 sich beteiligt habe, sage ich Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Ihnen: Ich wusste gar nicht, dass das BKA GRÜNEN): Haben Sie danach noch mal mit 50 000 - - Jedenfalls war es mir nicht in Erin- Herrn Beckstein telefoniert, nach Garmisch- nerung. Ich habe in Erinnerung die 30 000. Partenkirchen? Und wenn ein Unterabteilungsleiter über- rascht gewesen sein sollte, hoffe ich, dass er Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe nicht weitere Schäden von dieser Überra- öfters in meinem Leben mit Günther schung davongetragen hat. Beckstein telefoniert. Aber ich war - -

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das habe ich jetzt akustisch nicht GRÜNEN): Am 19.05.2006? verstanden. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich weiß ich nicht. hoffe, wenn ein Unterabteilungsleiter - ich weiß nicht, welcher; Sie haben den Namen Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE nicht genannt - GRÜNEN): Ging es da um Geld?

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das GRÜNEN): Nein. weiß ich nicht. Ist doch klar: Ich kann doch nicht wissen, mit wem ich am 19.05.2006 Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - über- worüber telefoniert habe. Ich bitte Sie! rascht gewesen sein sollte, dann drücke ich jetzt die Hoffnung aus, dass er keine weiter- Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE gehenden Schäden durch diese Überra- GRÜNEN): Ja, ich habe zunächst gefragt, ob schung davongetragen hat. Sie es wissen, -

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich weiß GRÜNEN): Das schrieb ein Ministerialrat es nicht. Teichmann aus dem Grundsatzreferat der Polizeiabteilung an den Abteilungsleiter Poli- Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE zeiabteilung. GRÜNEN): - ohne jeden Vorwurf, -

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Jetzt ist Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich sage es ein Ministerialrat. es ja auch. Ich sage ja wahrheitsgemäß: Ich weiß es nicht. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - ja -, weil es ja möglich ist, dass Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nicht ein dann Herr Beckstein in einem nachgescho- Ministerialdirigent? benen Telefonat Ihre Bereitschaft zu 50 000 geweckt hat. Könnte ich mir vorstellen. Aber Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE ich war es ja nicht, der telefoniert hat. Des- GRÜNEN): Nein. wegen frage ich Sie.

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aha. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann Also, war es - - mich nicht an ein solches Telefongespräch erinnern; ich erinnere es schlicht nicht. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber die Frage ist doch eine Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr ganz andere: Haben Sie erst mal Nein ge- Wieland, denken Sie an die Zeit. sagt in Garmisch-Partenkirchen? Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe GRÜNEN): Ich weiß, dass Sie es tun. zu 30 000 Ja gesagt. 50 000 waren mir nicht (Heiterkeit) vorgeschlagen.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 36 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Von daher können wir jetzt gerne hier ab- zes - des Rechtsextremismus irgendwie ge- schließen. schwächt hat. Und in der Tat haben wir, wo immer wir genügend Erkenntnisse hatten, um Vorsitzender Sebastian Edathy: Gut. - rechtsstaatlich einwandfrei zu Verbotsmaß- Dann kommen wir zu einer zweiten Runde. nahmen zu greifen, diese Verbotsmaßnah- Das Fragerecht hat dann entsprechend wie- men ergriffen. der die Unionsfraktion. Herr Binninger macht Wir wollten aber natürlich diesen Extre- weiter. men nie die Freude machen, dass wir Ver- botsmaßnahmen verhängen, die vor Gericht Clemens Binninger (CDU/CSU): Herr keinen Bestand haben. Deswegen haben die Dr. Schäuble, lassen Sie uns mal, weil auch Behörden sorgfältig gearbeitet, und das hat das unser Untersuchungsauftrag ist - - Wir auch zu erfolgreichen Maßnahmen geführt. befassen uns ja nicht nur mit der schreck- lichen Mordserie und den anderen Straftaten, Clemens Binninger (CDU/CSU): Sie sondern wir beleuchten ja auch insgesamt: hatten bei einem Gespräch mit der damali- Wie war die Bekämpfung des Rechtsextre- gen Generalbundesanwältin Harms, wo es mismus im Untersuchungszeitraum in auch um Rechtsextremismus in Deutschland Deutschland? Was gab es für besondere ging, eine Vorbereitung bekommen, wo auch Ereignisse? ein Satz drinsteht, von dem ich glaube, dass Weil Kollege Wieland gerade das NPD- er - ähnlich wie dieses frühe Festlegen auf Verbot angesprochen hat, fiel mir in den Ak- eine Ermittlungsrichtung - uns viel zu lange ten auf, dass zu Ihrer Zeit - und damit durch Jahre den Blick verstellt hat auf die Möglich- Sie ja verfügt -, 2008 und auch kurz danach, keit, dass es Terrorzellen gibt, nämlich immer insgesamt drei rechtsextremistische Vereine, wieder der Satz - den finden wir an vielen Vereinigungen von Ihnen verboten wurden: Stellen in den Akten -: Wenn es Rechtsterro- „Collegium Humanum“, „Heimattreue Deut- rismus in Deutschland gab oder gibt oder in sche Jugend“ und der „Verein der Holocaust- der Vergangenheit, in der jüngeren Vergan- leugner“, nachdem es lange Jahre kein Ver- genheit, dann waren es immer Einzelfälle. Es bot mehr gab. waren immer Einzeltäter. Die letzten Verbote waren „Blood & Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Honour“, 2000, und danach war wirklich viele wir - zumindest bis 2011 - in Bereichen des Jahre nichts. Ich frage deshalb: Also, ganz Linksextremismus, des islamistischen Terro- so schlecht kann die Fusion der beiden Ab- rismus eigentlich fast nie oder ganz selten teilungen zu einer Abteilung „Deutscher Ex- nur vom Einzeltäter ausgehen, sondern im- tremismus“ ja nicht gewesen sein, wenn Sie mer sofort Zellen und Netzwerke auch als dann danach genügend Stoff haben, um drei Arbeitshypothese verwenden, und bei rechtsextremistische Vereinigungen zu ver- Rechtsextremismus und -terrorismus oder bieten, oder wie kam - auch die Häufung versuchter Anschlag Wiese - es gab ja schon dann - das zustande, wenn Sie sich daran einige Fälle - immer sagen: „Das ist zwar ein noch erinnern? Neonazi oder ein Rechtsextremist; aber es ist der Einzeltäter“? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich bin Das zieht sich auch durch über viele auch heute nicht der Meinung, Herr Kollege Jahre. Selbst wenn man Fälle hat: Es wird Binninger, dass die Zusammenlegung der nie die Möglichkeit eines Netzwerkes oder beiden Abteilungen schlecht war. von größeren Strukturen oder auch von klei- neren Zellen gesehen. Können Sie sich er- Clemens Binninger (CDU/CSU): Ich klären, wie man immer zu dieser Einschät- wäre jetzt anderer Meinung. Aber im kon- zung kam, die natürlich von den Sicherheits- kreten Fall muss man den Beweis schuldig behörden kommt und die die Politik im bleiben. Zweifel ja dann auch übernimmt, weil sie es gar nicht besser wissen kann? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Meine Meinung ist nicht, dass es schlecht war. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das war Meine Meinung ist auch nicht, dass es die ja mein einleitender Satz, dass ich mich nicht Beobachtung, die präventive Beobachtung - als oberster Polizist verstanden habe. Ich bin das ist die Aufgabe des Verfassungsschut- nicht klüger als die fachlichen Behörden. Das gilt auch heute. Ich bin nicht klüger als die

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 37 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zollverwaltung in Zollfragen, und ich bin nicht zuordnen zu können. Und man hatte kein klüger in Sicherheitsfragen als die dafür Zu- Bekennerschreiben; also konnte es auch ständigen. Die Minister, die glauben, sie kein Rechtsterrorismus sein. Aber trotzdem seien klüger, bei denen bin ich der Meinung muss man solche eingeschliffenen, tradierten aufgrund meiner begrenzten Erfahrung, dass Verhaltensweisen ja irgendwie aufbrechen, die eher nicht das allerbeste Verständnis weil wir sonst Organisationen reformieren haben. können, wie wir wollen, letztendlich arbeiten Aber ich habe natürlich eine Erklärung, die Menschen da drin. warum man beim Linksextremismus an Or- ganisierte gedacht hat - das ist die Erfahrung Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Na ja - - schon der 70er-Jahre; das hieß Baader- Meinhof - und dass man beim islamistischen Clemens Binninger (CDU/CSU): Ein Mi- Terrorismus - das heißt al-Qaida - natürlich nister kann es zwar nicht besser wissen als an organisierte Strukturen gedacht hat. der Experte, aber der Minister muss ja - - Und offenbar haben sie beim Rechtsterro- Jetzt spreche ich nicht Sie konkret an, son- rismus jedenfalls solche Strukturen nicht dern das gilt ja für alle. Wenn wir die Behör- gesehen gehabt - ob fehlerhaft oder nicht, ist den machen lassen, was sie wollen - ich eine zweite Frage. Daraus kann man sich habe auch großes Vertrauen, weil ich selber dann vorstellen, dass solche Vorfestlegun- lange genug dort gearbeitet habe - - aber gen dann auch kommen. Wenn man dann so kann es trotzdem nicht gehen. Also, ein ein Pech hat wie bei den DNA-Analysen, Stück weit Korrektur muss ja möglich sein. dann kommen auch Dinge zustande, wo man hinterher sagt: Mein Gott, wie kann nur? - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Aber da bin ich dann eben wieder einer, wo wollte ich auch nicht gesagt haben; das ha- ich sage: Na ja, so ist das. Es passieren im- ben Sie mir auch nicht unterstellt. Man darf mer wieder Fehlurteile, immer wieder Fehl- sich nicht für klüger halten, sondern man urteile. muss da - - Aber sein eigenes Urteil, das Wenn ich mal einen allgemeinen Rat ge- kann man nicht abnehmen. ben darf: Ich habe im Urlaub das Buch von Nun ist Terrorismus, Herr Kollege Binnin- Kahneman über Fehlurteile durch die ver- ger, ja etwas, was wir bisher jedenfalls defi- schiedenen Arten von kognitiven Urteilsfin- nitionsgemäß - - Ich versuche ja, im Laufe dungen genauer anschaut. Der hat sich al- meines Lebens immer wieder auch zu Er- lerdings dann mit Finanzmärkten und ihren kenntnissen zu kommen. Terrorismus ist ja Fehlurteilen beschäftigt. Aber man könnte die eigentlich ein Instrument, das ist in der Ge- Erfahrungen auch darauf anlegen. Das ist schichte lange genutzt worden, vielfältig, und aber mehr ein - - als sachverständiger die Wissenschaften beschäftigen sich ja da- Zeuge, nicht als Zeuge. mit intensiv. Eigentlich gehört zum Terroris- mus schon die Vermittlung von irgendeiner Clemens Binninger (CDU/CSU): Es Botschaft - das konkretisiert sich dann im sind - - Wir müssen uns solche Dinge auch Bekennerschreiben - oder dass irgendwas fragen, weil wir sonst zu allgemein bleiben damit bezweckt wird. mit Empfehlungen. Deshalb gehen wir ja Deswegen kann ich nachvollziehen, dass dann den Dingen auf den Grund und brau- die zuständigen Behörden gedacht haben, chen ja auch Einschätzungen. Aber es ist das ist irgendwas anderes; sonst wäre es ja eben - - Neben der frühen Festlegung auf so. Heute sind wir wieder ein bisschen klü- eine bestimmte Ermittlungsrichtung, neben ger, obwohl wir ja auch - - Ich meine, das der falschen Bewertung: „Rechtsextremis- Strafverfahren gegen die Frau, die mit ver- mus, das sind immer nur Einzeltäter; also, da strickt ist, aber nicht - - droht uns keine längerfristige Gefahr, son- dern immer eher unberechenbar“, gab es Clemens Binninger (CDU/CSU): eine dritte: das Warten auf das Bekenner- Zschäpe. schreiben. Das ist auch ein Phänomen, das wir fest- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - - ist ja gestellt haben, dass man immer - und da noch, glaube ich - - wiederum wahrscheinlich auch geprägt von den Zeiten des Linksterrorismus - auf das Bekennerschreiben gewartet hat, um dann

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 38 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Clemens Binninger (CDU/CSU): Wird im Dr. Eva Högl (SPD): Mich interessiert die April wahrscheinlich eröffnet. Frage - das war ja der kritische Punkt -: Wer- den die Ermittlungen ausreichend gut ge- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wird führt? Das war ja die Frage, die im Raum erst eröffnet. Da laufen ja noch die Ermittlun- stand. Dann hat man sich entschieden. Wir gen. Also, müssen wir auch da abwarten und haben gemeinsam herausgearbeitet, wer können dem Gericht nicht vorgreifen. wann wo wie das entschieden hat. Dann hat Aber sicherlich haben wir eine Reihe von man sich entschieden, diese Steuerungs- Erkenntnissen nach dem 4. November - ha- gruppe zu machen und die BAO aufzubauen. ben Sie gesagt -, 4. November 2011, wo wir Dann ist ja die Frage, ob Sie sich weiter- Dinge erfahren haben, die wir vorher so nicht hin dafür interessiert haben, ob die Ermitt- geglaubt und nicht für möglich gehalten ha- lungen dann auch gut und erfolgreich unter ben oder nicht erwartet haben, ja, klar. Beteiligung des BKA geführt werden. Das war ja eine wichtige Frage, die im Raum Clemens Binninger (CDU/CSU): Ich stand. Das BKA hatte vorgetragen, dass die habe keine Fragen mehr. Ermittlungen nicht gut geführt werden, kein einheitliches Ermittlungskonzept, kein ein- Vorsitzender Sebastian Edathy: Die heitliches Fahndungskonzept, keine einheit- SPD-Fraktion hat das Fragerecht. Frau liche Öffentlichkeitsarbeit; darüber haben wir Dr. Högl. ja schon gesprochen. Mich interessiert eben, ob Sie dann mal nachgefragt haben, inwie- Dr. Eva Högl (SPD): Herzlichen Dank, weit das jetzt gut entschieden wurde. Herr Vorsitzender. - Herr Dr. Schäuble, ich setze noch mal ganz kurz in Garmisch-Par- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ob ich tenkirchen an und möchte Sie fragen: Die jetzt nachgefragt habe oder ob es mir ohne Entscheidung ist dann so gefallen. Wir haben Nachfragen gesagt wurde, das kann ich jetzt schon darüber gesprochen. Es wurde die Ihnen nicht beantworten. Aber jedenfalls ist Steuerungsgruppe eingerichtet, die BAO mir nicht erinnerlich, dass ich noch einmal „Bosporus“. Es wurde eben keine zentrale Klagen über mangelnde Zusammenarbeit Ermittlungsführung durch das Bundeskrimi- gehört hätte. nalamt ermöglicht. Das ist anders entschie- den worden. Dr. Eva Högl (SPD): Aber Sie haben sich Jetzt interessiert mich, ob Sie sich da- auch dafür interessiert, wie die Ermittlungs- nach, nach Garmisch-Partenkirchen, dafür arbeit fortläuft? interessiert haben, ob das eine gute Ent- scheidung war und wie das weitergegangen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Man hat ist. als Innenminister ein allgemeines, generelles Interesse an einem guten Fortgang der Ar- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich bin beiten in allen Bereichen, für die man Ver- unterrichtet worden, man habe auf der Ebene antwortung trägt. der Abteilungsleiter ein Einvernehmen erzielt. Ich habe das begrüßt. Damit war auch das Dr. Eva Högl (SPD): Ist Ihnen damals zur BKA einverstanden. Wenn ich unsere Sit- Kenntnis gekommen - die Ermittlungen sind zung richtig verfolgt habe, ist vorher auch ja letztlich erfolglos geführt worden -, dass da mal irgendwann erwähnt worden, dass ir- auch neue Ermittlungsansätze dann in der gendwann später das BKA es wieder abge- Diskussion waren? Es kam ja dann tatsäch- lehnt habe. lich auch der neue Ermittlungsansatz „Rechtsextremismus“ auf - Sie haben mehr- Dr. Eva Högl (SPD): Mich interessiert ein fach hier über die Fußballweltmeisterschaft anderer Gesichtspunkt. gesprochen -, die Frage natürlich: Können das rechtsextreme Täter gewesen sein? - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Also Hat Sie das mal erreicht? muss das BKA sich doch hinreichend invol- viert gesehen haben. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich kon-

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 39 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

krete Fragen von einzelnen Ermittlungsan- pazität für den Verfassungsschutz versuchen sätzen befasst hätten. müssen, Effizienz zu steigern, indem wir zwei Abteilungen zusammenlegen, wenn wir eine Dr. Eva Högl (SPD): Und Sie selbst ha- neue in Berlin bilden. ben sich weiterhin auch keine Gedanken Dann war die Abwägung: Welche Abtei- gemacht? Also, es war ja der Ermittlungsan- lungen legt man zusammen? Da sind dann satz „organisierte Kriminalität“ im Raum; der Argumente für beide Seiten vorgetragen war ja nachweislich falsch. worden, und ich bin dem Votum meines Hauses, des Abteilungsleiters und Bericht Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe des Staatssekretärs, gefolgt und würde auch ein generelles Vertrauen in die Fachlichkeit heute in der Rückschau nicht erkennen, wa- der Polizeibehörden der Länder und des rum die Entscheidung nicht richtig gewesen Bundes. Ich habe vor allen Dingen ein festes sein soll, zumal sie auch nicht dazu geführt Misstrauen darin, dass ich es besser könnte, hat, dass der Rechtsextremismus nicht wei- als die es machen. ter durch den Verfassungsschutz sorgfältig beobachtet wurde. Dr. Eva Högl (SPD): Darüber haben wir Wir haben ja die Beobachtung des schon gesprochen, über die Frage „oberster Rechtsextremismus - wie aus den Bemer- Polizist oder Verantwortung an welcher kungen oder aus den Fragen des Kollegen Stelle“. - Ich möchte noch mal ganz kurz mit Binninger sichtbar erinnert worden ist - nicht zwei Fragen auf den Gesichtspunkt „Zu- eingestellt, sondern intensiv und erfolgreicher sammenlegung der Abteilungen im Bundes- als in den Jahren zuvor fortgesetzt. Aber amt für Verfassungsschutz“ zu sprechen darüber hinaus, also diese weitergehen- kommen; jetzt nicht noch mal die ganzen den - - Terroristen, mit dem einheitlichen Details, sondern einen anderen Aspekt. Extremismusbegriff in Deutschland, das Wir haben das in den Unterlagen, in Vor- würde mich ein bisschen - - dem würde ich lagen, die in Ihrem Haus auch gefertigt wur- nicht zu viel Gewicht beigemessen haben. den, dass es auch Gedanke war - also jetzt nicht nur Sparmaßnahmen und Zusammen- Dr. Eva Högl (SPD): Wir haben es eben legung formal -, sondern dass auch der Ge- in den Unterlagen gefunden, dass das in danke war, mit einem ganzheitlichen Ansatz Ihrem Haus so vorgetragen wurde und dass die Bekämpfung des deutschen Extremis- das ein Gesichtspunkt ist. Da mir das nicht mus - - dass man damit, mit der Zusammen- einleuchtete, was ich darunter verstehen legung der Abteilung, deutschen Extremis- kann, unter einem ganzheitlichen Ansatz mus generell wirksamer bekämpfen könne. „deutscher Extremismus“, weil wir uns, Können Sie sich an diese Diskussion in glaube ich, im Klaren sind, dass Links- und Ihrem Haus erinnern, und können Sie uns Rechtsextremismus - - dazu vielleicht ein bisschen was sagen? Was war mit diesem ganzheitlichen Ansatz ge- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Da kann meint? Wie muss ich das verstehen, wenn ich Ihnen leider nicht allzu viel an Ihrem man deutschen Extremismus ganzheitlich mangelnden - - Verständnis - - kann ich bekämpfen will? Ihnen auch nicht helfen. Das würde ich eher teilen. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Da muss ich ehrlich sagen, Frau Abgeordnete: Dr. Eva Högl (SPD): Gut. - Dann darf ich Ich meine, mich zu erinnern, ich erinnere Sie noch mal fragen: Sie kannten aber die mich ziemlich, dass wir eine prioritäre Gefah- explizit andere Auffassung des Präsidenten rensituation, Bedrohungslage aus dem isla- des Bundesamts für Verfassungsschutz, mistischen Terrorismus gesehen haben. Herrn Fromm, der sich explizit gegen die Zusammenlegung Links- und Rechtsextre- Dr. Eva Högl (SPD): Genau, nach dem mismus im BfV gewandt hat? 11. September; das ist klar. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Muss meine, mich zu erinnern, dass Herr Fromm ich nicht noch mal wiederholen. Dann war für die Zusammenlegung mit dem internationa- mich klar, dass wir bei einer begrenzten Ka- len Extremismus - Ausländerfeindlichkeit - vorgezogen - -

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 40 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Dr. Eva Högl (SPD): Genau, Ausländer- dass die Systeme funktionieren, wenn man extremismus. auf neue Erfahrungen - - auch einmal ge- troffene Entscheidungen, die man aus der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - - damaligen Sicht nicht für falsch halten muss, Ausländerextremismus - so war es - vorge- dann später wieder anders trifft. zogen hat. Aber auch da bin ich mir nicht sicher, ob ich es erst jetzt erfahren habe oder Dr. Eva Högl (SPD): Und es drückt halt ob ich mich nun wirklich daran erinnere. auch eine politische Prioritätensetzung aus. Aber ich - - Ja, in der Abwägung - - Ich Darüber sind wir uns, glaube ich, auch klar. sage noch einmal: Ich meine, mich auch zu Das ist so. Das geht einher mit einer eigen- erinnern, dass die Begeisterung, diese Ab- ständigen Abteilung. Das ist unabhängig von teilung nach Berlin zu verlegen, eine be- dem Personal oder so. Das war dann auf grenzte war, und trotzdem habe ich es für jeden Fall die erste Reaktion. richtig - - Deswegen bin ich im Zweifel dem Herr Dr. Schäuble, ich möchte Sie noch fachlichen Votum des Innenministeriums etwas anderes fragen, und zwar: Wir stellen gefolgt, und das würde ich auch heute wieder ja fest, dass die Ermittlungen in all den Jah- so halten, auch in der Rückschau meiner ren - Herr Kollege Binninger hat das auch Erfahrungen. Damit will ich niemandem zu schon gesagt - immer in die falsche Richtung nahe treten, aber mein Vertrauen für Herrn liefen, und selbst neu aufkommende An- Hanning noch einmal zum Ausdruck bringen. sätze, die Ermittlungen in die Richtung Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit Dr. Eva Högl (SPD): Herr Dr. Schäuble, zu lenken, sind immer wieder beiseite gelegt Herr Friedrich, der jetzige Bundesinnen- worden, an den Rand gedrängt worden, minister hat als Erstes, nachdem bekannt systematisch klein gehalten worden, obwohl wurde, dass der NSU verantwortlich war für seit dem ersten Mord Ihr damaliger Kollege die schrecklichen Verbrechen, die Abteilun- Beckstein aus Bayern den richtigen Riecher gen wieder getrennt und wieder eine eigen- hatte, dass es sich um ein fremdenfeind- ständige Abteilung „Rechtsextremismus“ im liches Motiv gehandelt haben könnte. BfV eingerichtet. Halten Sie das für einen Wenn Sie heute draufschauen auf das - Fehler? ich habe ja vorhin schon gesagt, es müssen Fehler gemacht worden - - Wenn es andere Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. Opfer gewesen wären, die Mordopfer, oder wenn es klar gewesen wäre, dass es isla- Dr. Eva Högl (SPD): Weil Sie ja sagen - - mistischer Terror gewesen wäre, dem neun Sie sagen auch heute, es war damals eine Menschen oder zehn sogar - mit Michèle richtige Entscheidung. Kiesewetter - zum Opfer gefallen sind, glau- ben Sie, dass es eine andere Aufmerksam- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: keit, ein anderes Interesse an allen Stellen Schauen Sie, Frau Kollegin: Erstens einmal gegeben hätte, eine andere Sensibilität? habe ich auf die Fragen von Herrn Kollegen Wieland schon gesagt, ich habe einen gro- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich ßen Respekt und eine Verantwortung ge- möchte es eigentlich nicht glauben. genüber Vorgängern und Nachfolgern. Dr. Eva Högl (SPD): Weil es fällt auf, Dr. Eva Högl (SPD): Ja, das ist richtig. dass es ein Desinteresse gab, eine Ver- harmlosung, eine Vernachlässigung. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Zwei- tens. Ich würde vermutlich nach den Erfah- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wollen rungen oder dem Schock vom 04.11.2011 Sie das wirklich - - Schauen Sie, Sie haben auch nicht sagen: Alles, was wir vorher ge- jetzt gerade den - jedenfalls für die Morde in macht haben, darf auf keinen Fall geändert Bayern - politisch zuständigen bayerischen werden. - Sonst wären wir ja nicht in der Innenminister erwähnt und gesagt, der hat Lage, auf neue Erfahrungen und auf die Ein- ausdrücklich gesagt - das haben Sie gerade sicht, dass wir Dinge nicht so gesehen ha- gesagt -, - ben, wie wir sie heute sehen, zu reagieren. Deswegen ist es doch eher ein Zeichen, Dr. Eva Högl (SPD): Ja.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 41 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: - er ich gut - in unser aller Namen zum Ausdruck habe einen anderen Hintergrund für möglich gebracht. Deswegen sind wir davon alle be- gehalten. troffen. Ich jedenfalls fühle mich betroffen. Ich fühle mich nicht verantwortlich in einem Dr. Eva Högl (SPD): Und trotzdem ist in besonderen Sinne. Aber ich sage, ich bin die Richtung nicht ermittelt worden. auch Teil dieser Gesellschaft, länger als an- dere, weil ich schon ein bisschen älter bin, (Clemens Binninger (CDU/CSU): Ein bisschen schon!) und weil man sich auch engagieren muss. Ich mag nicht glauben, dass wir in der - Ein bisschen, ja. Betroffenheit unterscheiden, was für - - wer Opfer sind. Aber wenn daran auch nur ein Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, aber Kern wahr - - Ich kann verstehen, dass es die Frau Högl, ich meine, zuständig bleibt wei- Betroffenen so empfunden haben. Ja, klar. terhin die bayerische Polizei. Und der zu- Aber wir haben ja - - Es gibt immer solch ständige Minister hat nun ausgerechnet - ganz fürchterliche Fälle. Aber hier ist ja was ich auch finde; das spricht ja für die nun - - Aber dies hat die Gesellschaft - - Klugheit von Günther Beckstein - das damals Ich möchte aber doch darauf hinweisen: schon gesagt. Jetzt schließen Sie aber da- Ich meine, mich zu erinnern, dass in irgend- raus, die Polizei habe das nicht gemacht. einer Amtszeit eines Innenministers - das Das glaube ich gar nicht, sondern die sind war am Anfang auch nicht so unumstritten, aus anderen Gründen dann wieder vielleicht wie es dann geworden ist - - dass ich gesagt in diese fehlerhafte Entwicklung - - Sie haben habe: Wir müssen mal unser Verhältnis als ja jetzt eine Frage an unsere Gesellschaft Gesellschaft insgesamt zu den Menschen gestellt. muslimischen Glaubens in unserem Lande versuchen ein bisschen anders zu entwi- Dr. Eva Högl (SPD): Die stellen wir uns ckeln, als wir es bisher hatten. Das hieß hier alle, fraktionsübergreifend: Woran hat es dann „Islamkonferenz“. Und wenn Sie mich gelegen? als Zeuge, zur Wahrheit verpflichtet, fragen würden, wie der Innenminister heißt, würde Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja. ich sagen: Ich meine, der hieß Schäuble. Deswegen war meine Antwort - weil ich sie mir auch stelle -, und ich sage: Ich möchte Dr. Eva Högl (SPD): Ja, das wissen wir das nicht glauben. Ich möchte es - - Aber Sie auch. Ich sage es trotzdem noch mal, dass verstehen, wie ich formuliere? wirklich das Desinteresse auffällt - - (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS Dr. Eva Högl (SPD): Ja. Haben Sie eine 90/DIE GRÜNEN): Wir haben es Erklärung dafür, warum - positiv kommentiert!)

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. - Wir haben es positiv kommentiert, alle Fraktionen. Wir haben uns auch beteiligt und Dr. Eva Högl (SPD): - so ein flächen- so. Aber es fällt auf das Desinteresse an deckendes Desinteresse, so ein - - flächen- dieser Mordserie. Es fällt auf, dass immer in deckend; wir haben das an allen Tatorten, die falsche Richtung ermittelt wurde. Ich dass systematisch das nicht gesehen wurde. habe mir dann - - Das ist eine Frage, die wir Haben Sie dafür eine Erklärung? uns hier alle stellen: Wäre es genauso gewe- sen, wenn klar gewesen wäre, es ist islamis- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Tja - - tischer Terror, oder wenn die Opfer andere Aber ich meine, die beste Erklärung ist, dass gewesen wären? Das ist eine Frage, der wir es sich jedenfalls nicht mehr wiederholen hier nachgehen, wie das sein konnte, dass kann. Jede Gesellschaft, auch unsere, also das so konsequent in die falsche Richtung auch Sie und ich, lernen aus Erfahrungen; ging und auch so systematisch nicht wahr- wenigstens das. Wenn wir dazu nicht in der genommen wurde auf der politischen Ebene. Lage wären, dann wäre es noch trauriger. Es Vielen Dank. Ich habe keine weiteren ist traurig genug. Fragen. Das hat ja auch die Bundeskanzlerin im Schauspielhaus hinreichend deutlich - finde Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Darf ich trotzdem einen Kommentar dazu abgeben?

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 42 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Vorsitzender Sebastian Edathy: Selbst- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Keine verständlich, Herr Zeuge. Bitte. weiteren Fragen.

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Weil wir Vorsitzender Sebastian Edathy: Wie hier am Kern dessen sind, was auch dazu sieht es aus bei der Linksfraktion? - Frau geführt hat, dass der Deutsche Bundestag, Vizepräsidentin Pau. der ja nicht bei jedem Mordfall einen Unter- suchungsausschuss einsetzt, hier einen (DIE LINKE): Herr Schäuble, Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, um ich habe noch drei Fragen. Meine Kollegin genau dieser Frage vertieft - als eine An- Wawzyniak hat Sie vorhin schon nach einem strengung unserer Gesellschaft insgesamt - Konflikt zwischen Bundesamt für Verfas- nachzugehen. Deswegen ist das auch wich- sungsschutz und BKA im Zusammenhang tig und notwendig. Das halte ich - - Deswe- mit dem „Blood & Honour“-Verbot und weite- gen habe ich auf Ihre Frage gesagt: „Ich ren Ermittlungen gefragt. Da hatten Sie keine möchte es nicht glauben“, was in Wahrheit Erinnerung. Ich möchte es ein bisschen all- natürlich heißt: Wir müssen wahrscheinlich gemeiner fragen, weil uns bei allen bisheri- zugeben, dass irgendwas davon wahr ist. gen Vernehmungen immer wieder ein Kon- Das ist ja auch unser aller Betroffenheit. flikt zwischen entweder Bundesamt für Ver- Ich würde im Übrigen dazu raten, daraus fassungsschutz und BKA oder Landesämtern möglichst wenig für politische Kontroversen für Verfassungsschutz und Landeskriminal- abzuleiten. Die Gemeinsamkeit der Demo- ämtern bewegt hat; nämlich jedes Mal, wenn kraten kann sich auch darin zeigen, dass es darum ging, im Zusammenhang mit den man gemeinsam sagt: Ja, wir haben uns alle Mordermittlungen gegebenenfalls Quellen- geirrt, und wir sind alle bereit, das einzu- informationen der Landesämter oder des sehen und zuzugeben und zu ändern. - Ich Bundesamtes beizuziehen oder gar mit Mit- glaube, das hat übrigens auch Herr arbeitern von Verfassungsschutzbehörden Beckstein vor diesem Ausschuss gesagt. oder V-Leuten zu sprechen, wurde entschie- den: Quellenschutz und Schutz der Erkennt- Vorsitzender Sebastian Edathy: Frau nis oder Aufdeckung der inneren Strukturen Högl noch mal. der Verfassungsschutzbehörden gehen vor Mordermittlungen. Im Zweifelsfall, zum Bei- Dr. Eva Högl (SPD): Die fraktionsüber- spiel im Bundesland Hessen, wurde damals greifende Zusammenarbeit hier in dem Aus- dann entschieden, dass ein hauptamtlicher schuss zeigt das ja auch. Beim Thema Mitarbeiter des Landesamtes, aber vor allen „rechtsextremer Terror“ ist auch kein Platz für Dingen die von ihm geführten Quellen eben Parteienstreit; so sehen wir das ja auch. nicht durch die Polizei gehört werden konn- Ich will nur noch mal sagen, dass die ten. Sind Ihnen solche Konflikte zwischen Frage, ob die Opfer es in eine bestimmte Bundesamt für Verfassungsschutz und BKA Richtung gelenkt haben, auch Ihr früherer in Ihrer Amtszeit mal vorgetragen worden, ob Staatssekretär Herr Dr. Hanning hier aufge- in Form von Thesenpapieren aus diesen worfen hat. Er hat nämlich hier die bemer- Behörden oder in Form von konkreten Fällen, kenswerte Äußerung gemacht: Wenn die und, wenn ja, wie haben Sie an dieser Stelle Opfer zehn deutsche Polizeibeamte gewesen dann entschieden? wären, hätten wir hier keinen Untersu- chungsausschuss. - Das hat uns sehr er- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe staunt. Ich will Ihnen das nur noch mal mit- keine Erinnerung, dass ich einen konkreten geben. Fall zum Zwecke einer konkreten Entschei- Also, die Frage: „Sind die Opfer auch dung vorgetragen bekommen hätte. Ich kann ausschlaggebend für eine bestimmte Wahr- mich nicht erinnern, dass das so gewesen nehmung an einer bestimmten Stelle?“, hat ist. Das Thema als solches ist mir ein be- uns hier immer bewegt im Untersuchungs- kanntes und vertrautes, weil es ein generel- ausschuss. les ist. Dazu kommt im Übrigen: Ich meine, Vielen Dank. Nachrichtendienste haben immer die Not- wendigkeit des Quellenschutzes, weil sie Vorsitzender Sebastian Edathy: Das sonst Schwierigkeiten haben, Quellen zu Fragerecht hätte jetzt die FDP-Fraktion. bekommen; das ist ein Element der Tätigkeit. Und auf der anderen Seite gibt es dabei

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 43 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

auch Grenzen. Wir wissen das - ich meine, Empfehlungen abzugeben, nicht nur zu dem mich zu erinnern - aus den Erfahrungen der unmittelbaren Geschehen, welches wir hier Baader-Meinhof-Prozesse, dass eben durch aufarbeiten, sondern natürlich für die Zu- die Anforderungen unseres Strafprozess- kunft, damit so etwas nie wieder geschieht. rechts so viele Möglichkeiten der Information Sie haben selbst eben die Islamkonferenz als künftiger Täter gegeben worden sind, dass Reaktion auf die Entwicklungen damals ge- die Sicherheitsbehörden ja auch der Auffas- nannt. Nun hat der Vorsitzende der Türki- sung waren, dass das einer der Gründe ist, schen Gemeinde in Deutschland, Kenan warum es jetzt so schwer gewesen ist, bei Kolat, auf dem Integrationsgipfel im Februar der späteren, der sogenannten zweiten Ge- dieses Jahres der Bundeskanzlerin und dem neration - oder was immer das gewesen ist -, derzeitigen Bundesinnenminister vorge- noch Aufklärungserfolge zu haben. Wir wis- schlagen, aus diesen Geschehnissen zu sen, dass wir heute noch nicht alle diese lernen und eine Rassismus- oder - besser - Taten aufklären konnten. Da ich selber in Antirassismuskonferenz einzuberufen und meiner ersten Amtszeit als Innenminister Vertreter aus allen gesellschaftlichen Berei- unmittelbar mit zumindest zwei solcher An- chen in Kenntnis dieser Vorgänge, auch in schläge, nämlich einmal auf denjenigen, Kenntnis der Fehler, die hier geschehen sind nach dem mein derzeitiges Ministerium be- in den Ermittlungsverfahren, ins Gespräch nannt ist, auf Detlev Karsten Rohwedder, darüber zu bringen: Was müssen eigentlich und zum anderen auch auf Herrhausen, be- präventiv tun? - Würden Sie eine solche schäftigt gewesen bin - ein paar Tage nach Maßnahme so aus Ihren Erfahrungen - Sie dem Fall der Berliner Mauer, wenn ich das haben damals die Islamkonferenz einberu- richtig erinnere, ist das gewesen -, habe ich fen - für zielführend halten, um beispiels- eine Erinnerung an diese Debatten. weise über Schlussfolgerungen zu reden zur Sensibilisierung in der Ausbildung von Poli- Petra Pau (DIE LINKE): Wir haben es zistinnen und Polizisten, Juristen, Lehrern? - hier genau mit einem ganz anderen Phäno- Ich denke, auch uns Politikern könnte es men zu tun, nämlich dass oftmals sich die nicht schaden, hier sensibler an vielen Stel- Polizeien der Länder oder eben in dem Fall len vorzugehen. auch das BKA beschwerten, dass sie die Strafverfolgung nicht effektiv durchführen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Es gilt konnten, weil beispielsweise aus den Ämtern ein bisschen, was ich auf die Frage des Kol- für Verfassungsschutz die Strukturen von legen Wieland gesagt habe. Aber ich bin Rechtsextremen entweder via V-Leute oder zuversichtlich, dass die Bundesregierung auf anderen Wegen zum Beispiel vor Durch- genauso wie der Deutsche Bundestag die suchungsmaßnahmen gewarnt wurden oder notwendigen und richtigen Konsequenzen Kenntnis darüber erlangten, dass sie Gegen- ziehen wird. stand von G-10-Maßnahmen waren und dass sie bitte schön nicht ihre privaten Handys Petra Pau (DIE LINKE): Gut. - Wenn ich benutzen, sondern im Zweifelsfall eher das darf, hätte ich eine letzte Frage. Die fällt noch von der Behörde zur Verfügung gestellte mal in Ihre Amtszeit. Richtig ist: Keiner in der Handy. Das ist das große Problem, mit dem Gesellschaft hat erkannt, dass das eine ras- wir uns hier an der Stelle auseinandersetzen. sistisch motivierte, rechtsextrem motivierte Deswegen wollte ich nur wissen, ob das Mordserie ist. Aber es gab durchaus auch in auch an die Spitze des Hauses in Ihrer unserer Gesellschaft Menschen, die sich die Amtszeit irgendwann mal gedrungen ist, Frage gestellt haben: Hat das etwas mit dass es solche Dinge gab. Rechtsextremismus oder Rassismus zu Aber Sie wissen, wie die Spielregeln hier tun? - Und ich gestehe: Wir haben uns diese sind: Ich habe wenig Fragezeit, und damit Frage zum Beispiel als Fraktion Die Linke in haben wir dann auch wenig Antwortzeit. der 16. Wahlperiode auch gestellt. Ich Deswegen würde ich gern zu meiner zweiten möchte Ihnen gern - vielleicht kann das je- Frage kommen. Sie haben vorhin ja auch auf mand dem Herrn Minister auch bringen - die Fragen der Kollegin Högl noch mal deut- abschließend eine Kleine Anfrage, die wir in lich gemacht, dass wir alle angehalten sind, der 16. Wahlperiode gestellt haben, vorhal- aus den Erfahrungen, die wir gemacht ha- ten und vor allen Dingen die Antworten, die ben, zu lernen. Das sehe ich ganz genauso. in Verantwortung Ihres Hauses dann gege- Und der Ausschuss hat ja die Aufgabe, auch ben wurden.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 44 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

(Dem Zeugen werden Unterlagen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Frau vorgelegt) Kollegin Pau, die Antwort, dass die Bundes- Wir haben in der Kleinen Anfrage „Unge- regierung zu Ermittlungsverfahren der Lan- klärte Mordfälle unter Gewerbetreibenden desjustizverwaltungen nicht Stellung nimmt, türkischer bzw. griechischer Herkunft … vom halte ich für angemessen, auch heute; das ist … April 2007“ in der Drucksache 17/7867 - die Ordnung unseres Grundgesetzes. wir finden sie übrigens auch in MAT A BMI-5/0073, Seite 9 - gefragt: Petra Pau (DIE LINKE): Und nach der Meinung der Bundesregierung, was aus der 1. Wie beurteilt die Bundesregie- Tatsache folgt oder ob sie sich dazu Fragen rung die bisherige Arbeit der zu- stellt, dass hier Opfer mit ausländischen ständigen Ermittlungsbehörden, Wurzeln nur betroffen sind, muss man dann um die oben genannten Fälle aufzuklären? an dieser Stelle nicht antworten? Antwort der Bundesregierung auf Frage 1: Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Dazu Wegen der ungeklärten Mordfälle müssen im Rahmen unserer Verfassung die an Gewerbetreibenden türkischer dafür Zuständigen antworten. Und wenn die bzw. griechischer Herkunft führen Bundesregierung amtlich zu Fragen Stellung Staatsanwaltschaften in Bayern, nehmen würde, für die die Länder zuständig Hamburg, Mecklenburg-Vorpom- sind, würde sie sich nicht an die Regeln un- mern, Hessen und Nordrhein- seres Grundgesetzes halten. Westfalen Ermittlungsverfahren. Zu Ermittlungsverfahren der Landes- justizverwaltungen nimmt die Bun- Petra Pau (DIE LINKE): Gut. Danke. desregierung nicht Stellung. Vorsitzender Sebastian Edathy: So. Zitat Ende. - Wir kommen dann weiter zu Das Fragerecht wechselt zur Fraktion Bünd- Frage 2: nis 90/Die Grünen. Herr Ströbele. Was wurde bislang ... unternom- men, um die Mordserie aufzuklären, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ und welche Behörden auf Bundes- DIE GRÜNEN): Danke. - Herr Minister und Landesebene waren bzw. sind Schäuble, ich will zunächst mal was zu Ihrer an den Ermittlungsarbeiten in wel- Ehrenrettung tun. Das erwarten Sie wahr- cher Form beteiligt? scheinlich gar nicht von mir; aber ich will es ... Über welche Kenntnisse verfügt trotzdem machen. Mir liegt ein Schreiben des die Bundesregierung hinsichtlich Bundesinnenministeriums, eine Presseerklä- bestehender Tatmotive? rung vom 10.05.2006 vor, also Sommer Dann Frage 4: 2006, in dem der Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble damals erklärt: Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der oder die Mit 15.914 Straftaten Täter gezielt türkische oder türkisch - laut Kriminalstatistik 2005 - aussehende Opfer auswählen, und was folgt hieraus? bildet der Bereich der politisch mo- tivierten Kriminalität - rechts - auch Frage 5: im vergangenen Jahr wieder den Erfolgte eine Kooperation zwischen Hauptanteil am politisch motivierten deutschen und türkischen Ermitt- Kriminalitätsaufkommen … lungsbehörden, ... wenn ja, seit Und dann werden die Schlussfolgerungen welchem Zeitpunkt …? gezogen: Usw. Ich will jetzt nicht alle Unterfragen Die Zahlen zeigen, dass die Sicher- hier zitieren; die Zeit läuft. Wir haben es heitsbehörden auch dieses Krimi- Ihnen ja auch vorgestellt. Die Antwort, kurz nalitätsfeld ernst nehmen und ihrem zusammengefasst: Man verweist im Prinzip Ermittlungsauftrag konsequent auf die Antwort in Frage 1. - Aus heutiger nachkommen. Sicht: Halten Sie diese Antwort nach wie vor Usw. Also, so eine halbseitige Erklärung. für angemessen?

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 45 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Erinnern Sie sich daran - ich meine, Sie Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja. haben natürlich viele Presseerklärungen und Pressekonferenzen gegeben -, dass Sie sei- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ nerzeit - Ihr Ministerium und Sie persönlich - DIE GRÜNEN): Im selben Jahr, im Februar auf diese besondere Gefahr hingewiesen 2006, hat Ihr Kollege, der ja schon mehrfach haben? erwähnt worden ist, Günther Beckstein, der Innenminister von Bayern, seinerzeit sogar Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich erin- eine richtige Kampagne losgetreten: „Wölfe nere mich daran, dass wir regelmäßig über im Schafspelz“. Insbesondere sollte sie sich die politisch motivierte Kriminalität und über an Jugendliche wenden. Das war eine bun- Extremismus berichtet haben. Das ist ja ver- desweite Aktion gegen Rechtsextremismus. mutlich nicht der Verfassungsschutzbericht, Das hat er gemacht als Vorsitzender der sondern - - Innenministerkonferenz. Erinnern Sie sich daran noch? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Nein, nein. Da geht es - - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich weiß jedenfalls, dass - - Bundesinnenminister Schäuble - das ist die Überschrift - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ zur Entwicklung der politisch moti- DIE GRÜNEN): Da sind auch Einzelheiten. vierten Kriminalität … Da gibt es extra einen Film und Ähnliches, was da gemacht worden war. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das war wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Herr Vorstellung der Kriminalstatistik. Kollege Ströbele, ich erinnere mich nicht im Einzelnen daran. Aber ich weiß, dass der Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ Kollege Beckstein wie alle Innenminister - DIE GRÜNEN): Ja, Kriminalstatistik, „Kri- aber er war sicherlich ein herausragender minalität … 2005“. Innenminister - die Gefahr ernst genommen hat. Er ist ja auch in anderem Zusammen- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Wir ha- hang schon daraus - - ist das ja schon auch ben regelmäßig solche Berichte gegeben. positiv erwähnt worden, dass er auch wieder Dabei haben wir die immer so bewertet, wie und wieder gesagt hat: Vielleicht ist es auch die Zahlen sind. Und die Zahlen sind ja nicht eine fremdenfeindliche Motivation bei diesen so gewesen, dass man sagen kann: Es gibt Morden; ermittelt auch in diese Richtung. keine rechtsextremistisch motivierte Krimina- Im Übrigen habe ich heute in einem Ma- lität. - Das haben wir immer dargestellt. Des- gazin einer großen Zeitung gesehen, dass er wegen sagte ich ja: Keine Bundesregierung doch mit der Vorsitzenden einer der im Bun- hat nach meiner Kenntnis - jedenfalls in den destag vertretenen Parteien eng befreundet 40 Jahren, in denen ich Mitglied des Hohen ist. Vielleicht hat er auch daraus besondere Hauses bin - jemals die Gefahren aus der Anregungen bekommen. einen oder anderen politischen Richtung (Wolfgang Wieland (BÜNDNIS oder nur wegen unterschiedlicher Motivation 90/DIE GRÜNEN): Aber er sagt in unterschätzt oder nicht, sondern sie haben dem Interview, er ist immer anderer sie alle immer ernst genommen. Ob sie dabei Meinung, und sie auch!) immer richtig gehandelt haben, das unterliegt dem politischen Meinungsstreit. Aber die Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr Unterstellung, dass irgendeine Bundesregie- Ströbele fährt bitte fort, falls er noch Fragen rung aus Gründen politischer Präferenz Kri- hat. minalität in der einen oder anderen Richtung nicht ernst genommen habe, die teile ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ nicht. DIE GRÜNEN): Jetzt die nächste Frage.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich DIE GRÜNEN): Also, 15 000 in einem Jahr hoffe, ich habe Sie damit nicht verletzt. Nur ist ja auch eine ganze Menge. kein Neid, nur kein Neid.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 46 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ haben ja zuletzt hier betont, dass Sie sich DIE GRÜNEN): Herr Dr. Schäuble, jetzt selbst auch sehr betroffen gefühlt haben, als komme ich aber überhaupt erst zu dem Sie nun das gesehen haben. Nun waren Sie Punkt, zu dem ich kommen wollte. Sie haben ja nicht irgendjemand in Deutschland in die- ja vorhin schon gesagt, dass Sie sich mit ser Zeit, als diese Morde passierten, und Herrn Beckstein auch unterhalten haben, insbesondere 2006, als man dann zum ers- häufiger, und auch - sagen wir mal - im Zu- ten Mal übrigens auch auf eine rechtsext- sammenhang mit dieser Konferenz, die dann reme Spur in Bayern gekommen ist; das ist in Garmisch gewesen ist, die ja hier schon Ihnen alles schon vorgehalten worden. Als mehrfach erwähnt ist. Das will ich gar nicht Sie jetzt das realisiert haben dann im letzten vertiefen, sondern: Wenn Sie sich mit Herrn Jahr, im November vergangenen Jahres, Beckstein damals unterhalten haben, 2006, haben Sie da nicht sich als der verantwort- im Frühjahr/Sommer 2006 - Sie haben ja liche Minister für die beiden wichtigsten Bun- auch offensichtlich über diese Ceska-Mord- dessicherheitsbehörden, nämlich das Bun- serie geredet, im Zusammenhang mit Beloh- deskriminalamt und das Bundesamt für Ver- nung und Ähnlichem -, erinnern Sie sich da- fassungsschutz, besonders in der politischen ran, dass Herr Beckstein Ihnen damals er- Verantwortung gesehen und gesagt: „Ich zählt hat, dass er eine besondere Motivation wusste ja, es gibt auch rechte Gewalt und noch daraus hat, dass er das erste Mord- Wölfe im Schafspelz, und es ist immer wie- opfer dieser Serie kannte - das hat er uns der davor gewarnt worden, dass das auch in hier auch als Zeuge bekundet, dass das ir- schwere Gewalttaten umschlagen kann. Was gendwie in der Nähe seines Wohnorts lag -, habe ich denn damals besser machen kön- also dass das noch mal für ihn so eine per- nen?“? sönliche Betroffenheit brachte? Ich kann mir vorstellen, dass er so was vielleicht Ihnen Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe damals auch erzählt hat. die - -

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ mir es auch vorstellen; aber ich erinnere es DIE GRÜNEN): Das ist ja noch ein Unter- nicht. schied, ob ein anderer in Deutschland sich diese Frage stellt, als wenn der damals poli- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ tisch verantwortliche Innenminister sich diese DIE GRÜNEN): Bitte? - Können sich nicht Frage stellt. erinnern? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann die Frage schon beantwortet, auf eine Frage mir es auch vorstellen; aber ich kann mich der Kollegin Högl, und verweise darauf; denn nicht daran erinnern. ich kann sie Ihnen nicht anders beantworten, als ich sie Frau Högl beantwortet habe. Not- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ falls können Sie es aus Gründen der Zeit- DIE GRÜNEN): Ja, Sie können sich nicht ersparnis im Protokoll nachlesen. erinnern. - Jetzt kommt eigentlich meine Frage, auf die ich die ganze Zeit hinaus will. Vorsitzender Sebastian Edathy: Das Fragerecht der Grünen ist damit für diese Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich Runde erschöpft. - Ich darf fragen, ob es dachte schon - - Bedarf für eine weitere Runde gibt. Unions- fraktion? Vorsitzender Sebastian Edathy: Noch (Clemens Binninger (CDU/CSU): eine Minute, Herr Ströbele. Nein!)

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ - Das ist nicht der Fall. SPD-Fraktion. Frau DIE GRÜNEN): Sie haben ja mehrfach hier Dr. Högl, haben Sie noch Fragen? betont, dass Sie, als Sie das erfahren haben, (Dr. Eva Högl (SPD): Nein!) die rechtsextremen Zusammenhänge, dann auch an die Angehörigen gedacht haben - - Dann würde ich zwei Minuten der Zeit der was muss das für die gewesen sein -, und SPD-Fraktion in Anspruch nehmen wollen, Herr Dr. Schäuble.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 47 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Geht Vorsitzender Sebastian Edathy: Das ist das? richtig. Aber er hat sich bezogen unter ande- rem auf Anschläge mit einem rechtsextre- Vorsitzender Sebastian Edathy: Das mistischen Hintergrund aus den 80er-Jahren. geht; das ist zulässig. Ich bin ja hier Ab- geordneter, und ich bin - - Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Hat er behauptet, er hätte das mir gesagt? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich frage ja nur. Nicht dass Sie in der SPD Schwierig- Vorsitzender Sebastian Edathy: Nein, keiten kriegen! Herr Dr. Schäuble, es ist nur Folgendes - -

Vorsitzender Sebastian Edathy: Nein. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich kann nicht Gedanken lesen. Ich kann in meiner Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Das Amtszeit von 2005 bis 2009 nicht wissen, wäre ja nicht das erste Mal, Herr Vorsitzen- was Herr Fromm am 30.11.2011 im Innen- der. ausschuss sagen wird. Das übersteigt meine Fähigkeiten. Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich bin ja kein politischer Eunuch, nur weil ich diesen Vorsitzender Sebastian Edathy: Das Ausschuss leite. Wissen von Herrn Fromm, das er am 30.11. Mir ist vorhin aufgefallen, dass auch Sie im Innenausschuss kundgetan hat, war auch gesagt haben: Ja, nun hätte man dann im sein Wissen, das er schon vorher gehabt hat. November 2011 gewusst, es gibt da Rechts- extremisten, die hinter diesen ganzen Mor- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber er den stecken. - Ich würde von Ihnen gerne hat es mir nicht gesagt. wissen wollen, ob Ihnen folgende Aussage dem Inhalt nach als damaliger Bundes- Vorsitzender Sebastian Edathy: Wie innenminister bekannt war, die Herr Fromm kann denn so was sein? am 30.11.2011 im Innenausschuss dort aus- gesprochen hat. Herr Fromm hat nach die- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Da sem Protokoll - das ist Seite 19; wie gesagt, müssen Sie ihn fragen. Sie haben ihn doch 30.11.2011 - im Innenausschuss Folgendes vernommen. gesagt: Bekennerschreiben seien nicht Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr notwendig für politischen Terroris- Dr. Schäuble, Sie sind Bundesinnenminister. mus. Es habe schon im 19. Jahr- hundert den Begriff „Propaganda Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Gewe- der Tat" gegeben. Bei der RAF sen. seien Bekennerschreiben zwar die Regel gewesen, doch bei rechtem Vorsitzender Sebastian Edathy: In Ihrer Terror seien sie eher selten vorge- Verantwortung werden Verfassungsschutz- kommen. So habe es bei allen rechten Anschlägen in den 80er berichte veröffentlicht, in denen es heißt: Jahren keine Selbstbezichtigung keine Hinweise auf rechtsterroristische Akti- gegeben. vitäten in Deutschland. Und Ihr damaliger Präsident des Bundesamtes für Verfas- Herr Dr. Schäuble, dieses Wissen aus sungsschutz sagt, es sei gerade ein Zeichen dem Bundesamt für Verfassungsschutz, war für Rechtsterrorismus, dass man in der Regel das auch Ihr Wissen, als Sie von 2005 bis keine Bekennerschreiben findet. 2009 zum zweiten Mal Innenminister der Bundesrepublik Deutschland waren? Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber die Verfassungsschutzberichte hat der Bundes- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Nein. innenminister immer zusammen mit dem Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, Präsidenten des Bundesamts für Verfas- hat er das am 30.11.2011 im Innenaus- sungsschutz vor der Bundespressekonferenz schuss gesagt. vorgestellt. Da war Herr Fromm dabei; so hieß der. Sie sagen mir jetzt, er habe am

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 48 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

30.11.2011 im Bundestagsinnenausschuss Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ etwas gesagt. Ich kann mich nicht erinnern, DIE GRÜNEN): Herr Dr. Schäuble, im An- dass er mir das früher gesagt hat. Und wenn schluss an das, was Sie gerade gefragt wor- er mir das nicht gesagt hat: Die Fähigkeit, den sind: Sie waren ja vorher schon mal In- Gedanken zu lesen, zumal künftige Gedan- nenminister; das ist erörtert worden. Anfang ken, hatte ich nicht. der 90er-Jahre gab es ja auch schreckliche Anschläge, Brandanschläge überwiegend, Vorsitzender Sebastian Edathy: Wenn von Rechtsextremisten, rassistische Brand- Sie diese Fähigkeit nicht hatten, hatten Sie anschläge mit erheblichen Opfern an Men- denn dann - - schenleben. Sie erinnern sich sicher: Ros- tock, vor allem dann Mölln, Solingen. Das hat Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE ja damals die Bundesrepublik auch erheblich GRÜNEN): Herr Vorsitzender, vielleicht soll- umgetrieben, und völlig zu Recht. Man hat ten wir fairerweise auch sagen, dass Herr auch gesagt: Das darf nie wieder vorkom- Fromm eingeleitet hat mit: „Wir hätten es men. Hat es Ihrer Erinnerung nach damals besser wissen müssen angesichts der deut- denn Bekennerschreiben gegeben? schen Vergangenheit“, also sich selber korri- giert hat mit dieser Aussage im Innenaus- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ehrlich schuss. Ich war dabei, ich kann mich genau gesagt, ich habe - - Nein, ich kann mich nicht erinnern. an ein Bekennerschreiben von damals erin- nern. Aber ich sehe jetzt nicht ganz den Zu- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, wo- sammenhang mit der Äußerung von Herrn her soll ich das wissen? Woher sollte ich Fromm in einer Sitzung des Innenausschus- wissen, dass er sich zwei Jahre später, nach ses am 30.11.2011. Mit allem Respekt, meiner Amtszeit korrigieren wird? meine erste Amtszeit als Bundesinnen- minister - wenn Sie das, Herr Abgeordneter, Vorsitzender Sebastian Edathy: Das interessiert - war von April 89 bis November Wissen von Herrn - - 91. Sie war ein bisschen dadurch geprägt, dass im November 89 hier in der Nähe ein Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE kleines Bauwerk ein bisschen eingestürzt GRÜNEN): Nein, ich will ja nur sagen: Herr wurde, und daraus ergaben sich dann ge- Fromm selber hat sich korrigiert. wisse Folgewirkungen, die dazu geführt ha- ben, dass die Bundesrepublik Deutschland Vorsitzender Sebastian Edathy: Herr am 3. Oktober 1990 ihre volle Souveränität Wieland, ich bitte um Verständnis, dass - - erlangt hat. Neun Tage später hat sich in Ich erteile Ihnen gern das Wort. Aber sozu- meinem Leben eine gewisse Veränderung sagen selbst Wortergreifung, das machen wir zugezogen, die die kommenden Monate ein hier bitte nicht. So. wenig mich vorrangig beschäftigt hat. Ich Ich will nur sagen, dass es natürlich sehr musste mich nämlich an ein Leben im Roll- unwahrscheinlich ist, dass diese Erkenntnis, stuhl gewöhnen. Insofern war meine Zeit als dass es in den 80er-Jahren bei rechtsterro- erster Innenminister - weil Sie darauf abhe- ristischen Anschlägen keine Bekenner- ben - eine, an die ich sehr spezifische Erin- schreiben gegeben hat, dass dieses Wissen nerungen habe, aber nicht so ganz konkrete, bei Herrn Fromm erst nach dem 04.11.2011 an einzelne Aktenvorgänge. - Das betrifft entstanden ist. Deswegen war meine Frage - auch nicht den Untersuchungsauftrag. aber das haben Sie ja verneint -, ob Ihnen das so bekannt war. Damit ist die Frage ja Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ beantwortet. DIE GRÜNEN): Gut. Das respektiere ich ja So. Darf ich fragen, ob es bei der FDP- auch. Aber die Anschläge Rostock, Mölln, Fraktion noch Fragen gibt? - Das ist nicht der Solingen - Fall. Bei der Linksfraktion? - Auch nicht der Fall. - Aber Herr Ströbele hat noch Fragen, Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Sind mir präzise, nehme ich an. - bekannt.

(Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ 90/DIE GRÜNEN): Wie immer!) DIE GRÜNEN): - die waren 82, 83. Bitte.

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST 2. Untersuchungsausschuss 49 [47. Sitzung am 14.12.2012 - Zeugenvernehmung: Öffentlich] - Endgültig

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe Herr Fromm selber habe in der zitierten auch mal in Solingen gesprochen. Äußerung am 30.11. gesagt, in Abweichung seiner früheren Meinung vertrete er jetzt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS diese Erkenntnis. Und ich habe darauf ge- 90/DIE GRÜNEN): Bitte? sagt: Ich erinnere mich fest: Wenn ich Ver- fassungsschutzberichte als Innenminister Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ich habe vorgestellt habe, war immer der Präsident auch mal in Solingen gesprochen. des Bundesamtes für Verfassungsschutz dabei. - Deswegen weiß ich jetzt nicht, was Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ Sie jetzt aus den schrecklichen Anschlägen DIE GRÜNEN): 92, 93 - Entschuldigung. in Mölln und in Solingen und in Rostock ab- leiten wollen. Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja. Ich bin auch später mal in Solingen gewesen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ und habe als Fraktionsvorsitzender, denke DIE GRÜNEN): Dass das typisch ist, dass da ich, dort eine Rede gehalten und dergleichen gar keine Bekennerschreiben dabei sind. mehr, weil mich das sehr betroffen gemacht hat. Mich hat jeder Ansatz von Ausländer- Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, klar, feindlichkeit und von Gewalttaten gegen und entsetzliche Anschläge sind es auch. Ausländer immer in einer besonders starken Aber damit sind die Mordanschläge im NSU- Weise beschäftigt. Ich habe immer gesagt: Fall immer noch nicht - - weder geklärt noch Es ist eine Schande für unser Land. Und ich erklärt, geschweige denn entschuldigt. Das habe alles in meiner Kraft Stehende ver- ist ja alles furchtbar. sucht, dazu beizutragen, dass das in unse- rem Land nicht Platz greift. Wir haben inner- Vorsitzender Sebastian Edathy: Ich halb des politischen Spektrums unserer De- stelle fest, dass weitere Wortmeldungen mir mokratie unterschiedliche Meinungen ge- nicht vorliegen. habt - und haben sie -, welches der richtige Herr Dr. Schäuble, ich darf mich herzlich Weg ist. Aber in dem Anliegen, dieses zu bedanken, dass Sie uns heute als Zeuge zur bekämpfen und diesem keinerlei Raum zu Verfügung gestanden haben. Wie gesagt, geben, haben wir uns - werden wir uns ge- nach Erstellung des vorläufigen Protokolls genseitig sagen - nie vom anderen übertref- bekommen Sie dieses übermittelt mit der fen lassen wollen. Möglichkeit, innerhalb einer Frist von zwei Wochen Änderungen und Korrekturwünsche Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ geltend zu machen. DIE GRÜNEN): Nur, bei all diesen Anschlä- Die Unterlagen werden vom Sekretariat gen gab es keine Bekennerschreiben, weil wieder entgegengenommen. man von den Tätern her offenbar der Mei- Ich wünsche allen Kolleginnen und Kolle- nung war - in einem dieser Prozesse, die gen und den Gästen noch eine angenehme dann nachher stattgefunden haben, habe ich Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und selber als Nebenklägervertreter mitgewirkt; einen guten Start ins Jahr 2013. Die nächste so wurde das dort auch gesagt -, dass die Sitzung des Untersuchungsausschusses Tat tatsächlich genügend Propaganda ist, findet statt am 17. Januar 2013. dass man das nicht - - und auch die Rich- Ich schließe die Sitzung. tung, um was es geht bei einem Anschlag (Schluss: 16.13 Uhr) gegen ein Flüchtlingsheim.

Zeuge Dr. Wolfgang Schäuble: Aber, Herr Kollege Ströbele, Sie sind ja zusammen mit Ihrem Kollegen Wieland beständig zu meiner Ehrenrettung, wie Sie es gesagt ha- ben - - Ich weiß zwar nicht, wo der Bedarf besteht, aber immerhin ist das ganz liebens- würdig. Deswegen will ich Sie doch daran erinnern, dass Ihr Kollege Wieland eben auf die Fragen des Vorsitzenden gesagt hat,

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST