Kultur

Street. In den Interviews zum Filmstart achtete Foster sorgsam darauf, keine politische Präferenz zu äußern und zu betonen, dass die im Film gezeigten Auswüchse der Finanzbranche sowohl von links wie von rechts kritisiert werden. So ziemlich jede Fährte, die der Zuschauer auf - nimmt, führt ins Leere. „Money Monster“ ist ein Film, Alle drehen durch der Roland Barthes gefallen hätte, ein Ausdruck der Lust, Filme zu machen, die sich auf den Zuschauer überträgt. Filmkritik , Er erzählt vom Versuch seiner Protagonisten, die Balance zu halten in einer von Gewalt und Hysterie gekennzeich - und eine tickende Bombe: neten Gegenwart. Jodie Fosters „Money Monster“ Die Medien überhöhen die banalsten Aktionen und verpassen zugleich die großen Lügen, der Frust darüber Kinostart: 26. Mai macht aus dem Publikum einen rasenden Mob, der endlich Blut sehen will. Es werden jede Menge Knarren, Sonder - oney Monster“ ist der beste der von einsatzkräfte, Aufrüstung gezeigt, und wir erleben die fre - inszenierten Kinofilme. Jeder ihrer drei vorigen netische Kommentierung des Geschehens weltweit – aber MVersuche, „Das Wunderkind Tate“, „Familienfest nichts davon befördert die Lösung der Situation. Was im und andere Schwierigkeiten“ und „Der Biber“, litt daran, amerikanischen Fernsehen geschieht, so die spöttische Be - dass das Konzept des Werks sich zwischen Film und Zu - obachtung des Films, wird weltweit als Realität anerkannt, schauer schob, als hätte man jemanden neben sich sitzen, dabei sind die Akteure des Fernsehprogramms ziemlich der flüsternd prüft, ob man nun auch jeden Dreh- und weit weg vom echten Leben und arg damit beschäftigt, Angelpunkt entdeckt und verstanden hat. die Illusion so herzustellen, dass die Leute gern zuschauen. Jodie Foster, berühmt geworden als Schauspielerin, ge - In Zeiten des Aufstiegs von Trump, der gewissermaßen rät jeder Film, den sie als Regisseurin dreht, zur Standort - aus dem Fernsehen ausgebrochen ist und nun die Wirk - bestimmung, und manchmal merkt man es den Werken lichkeit bedroht, wirkt „Money Monster“ wie eine Refle - xion über das Gewaltpotenzial unserer hochtourigen Ge - genwart, in der sich Medien und Finanzbranche so völlig dem Geschwindigkeitsrausch hingegeben haben. Der Zu - schauer hat mit widerstrebenden Gefühlen zu kämpfen. Clooney spielt ein Ekel, das einem aber bald leidtut. Der durchgedrehte Kriminelle, ein ruinierter Anleger, der den Finanzmoderator als Geisel nimmt, wirkt nach einer Weile wie der einzig vernünftige Mensch in diesem Film, seine Waffe wie das Instrument zur Wahrheitsfindung – man wird für Sekunden zum Revolutionär. Julia Roberts geht mit Clooney eine ideale Beziehung ein, wenn auch nicht im romantischen Sinne. Da wartet kein Traualtar. Wir verfolgen, wie sich ihre Intimität entwickelt, obwohl sie nie auch nur in der Nähe voneinander sind – die Kom - munikation über einen Knopf im Moderatorenohr, und ein Mikrofon sublimiert alle Erotik.

S Der Film verhandelt Fragen, die sich in unserer Gegen - E R U

T wart häufig stellen: Was tun, wenn links und rechts, wenn C I P

Y oben und unten alle durchdrehen? Wenn die einen ihre fi - N O

S nanzielle Power entfesseln, die anderen aber Sprengstoff - Darsteller Clooney, Regisseurin Foster: Heiter im Wahn der Welt gürtel auspacken? Hilft uns ein Scharfschütze, die eigene Aufrüstung, die revolutionäre Ablehnung der Institutionen eben an, wie kompliziert es zugehen kann in einer Bran - oder doch eher der Appell an das gute Herz der globalen che, die ebenso ein Geschäft ist wie eine Kunst, die orga - Community all derer, die das Internet nutzen? nisiert ist wie die hysterische Synthese aus der Jodie Foster schildert unsere Zeit als heillos verkorkst und dem Hof von Versailles. und voller Gefahr. Entschleunigung ist keine Option, eben - Foster vermied es stets, sich zu weit vom Mainstream so wenig nutzt es, auf die Ankunft eines Prinzen zu hoffen, zu entfernen, hat allerdings auch darauf geachtet, interes - der alle zur Vernunft bringt. Im Wahn der Welt empfiehlt sant zu bleiben und sich einen gewissen Arthouse-Charme der Film, dem Gang der Dinge mit Heiterkeit zu folgen zu bewahren. Es ist vertrackt: Wenn sie nicht ihr Leben und sich einstweilen an das eigene Handwerk zu halten. lang Filmfeste in kommunalen Kinos eröffnen wollte, Die Protagonisten des Films retten sich durch ihre Arbeit. musste dann und wann schon ein echter Kassenerfolg da - Sie lassen sich auch durch Schüsse, Drohungen und Bom - bei sein – andererseits kann sie ihren wählerischen Fans ben den Tag nicht verderben und denken nach halbwegs auch nicht mit der x-ten Comicverfilmung kommen. überstandenem Weltuntergang daran, was sie denn mor - Ihr Film zeigt, dass nun ein neuer Abschnitt begonnen gen Schönes anstellen könnten. Nils Minkmar hat. „Money Monster“ ist ein Werk der Freiheit. Foster nimmt George Clooney, Julia Roberts und eine tickende Video: Bombe – aber daraus wird kein Liebesfilm und keine Ausschnitte aus „Money Monster“ Actionkomödie. Das Sujet ist die reine Zeitkritik, aber spiegel.de/sp212016film „Money Monster“ ist kein Agitpropfilm gegen die Wall oder in der App DER SPIEGEL

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