Darstellendes Spiel 4 2008

Theater Verband Tirol Verlagspostamt 6020 P.b.b. Bureau de poste 6020 Innsbruck Autriche de poste percue envoi a Taxe reduite Zl.-Nr:GZ 02Z030004 M Seid auf der Hut, der Tyroler Wastel kommt. Ausgedacht hat sich den Urtyp des braven Tirolers Wolfgang Mozarts Librettist Emanuel Schikaneder. Selbiger war oft in Tirol und hat (1796) ein Singspiel geschrieben, aus dem das Lied “Die Tiroler sind lustig” stammt. Im Spiel taucht ein jodelnden Tiroler namens Jodel auf, der Vögeln das Singen beibringt, aber dazu übergegangen ist, sie wie- der der Freiheit zu überge- ben, damit Natur Natur bleibt, und nur mehr der Gesang künstlicher Vögel vermarktet werden soll. Die Geschichte handelt im Übrigen vom Schröckhof, wo Bascht seinen Bruder Wastel aus Wien zu Besuch hat. Beide stehen sie unter der Fuchtel der alten Schröckin, eine Art Königin der Nacht, die sich weigert, den Hof in die Hände der Kinder zu legen. Es fehlt nicht an Liebesgesschichten und Dorftratscherei und fröhlichem Tanz - vor dem düsteren Hintergrund der Napoleonkriege

Der Tyroler Wastel 2 Der Tyroler Wastel 4 Grußwort 5 In Sterzing war´s 6-7 Dietmar Schönherr 8-11 Was wäre er ohne Bart Theater mit Händen und Füßen 11 Speckbacher in Rattenberg S. 29 12-13 Vom Vermächtnis der Tyrolitbühne 14-15 Der Brandner Kaspar neu 16-17 King Kongs Töchter - Schwaz Der Teufel von 18 Wann, wo, was - Terminseite S. 35 19 Der zerbrochene Krug - Niederndorf 20-21 Himmelblau - Hans Salcher 22-23 Theater frei und vogelfrei Brandner Kaspar in Ischgl 24-25 Nikolausspiel in Hart S. 14-15 26-27 Musicals: The Puncher - Vorzimmer 28 Arsenik und Spitzenkragele - Rum Dietmar Schönherr erzählt 29 Theater mit Händen und S. 6-7 Füßen 30-33 Das Theaterjahr wie ´s bisher war 34 Weihnachts-Kindertheater 35 Himmlische Freud contra “Quartett” von Heiner Müller teuflische Lust S. 22-23 36 Forumtheater in Assling 37 Hamlet - ein Held? 38 Zuletzt aufgelesen 38 Nachbarn 39 Kufstein feiert Die nackte Wahrheit aus der Zeit 39 Wozu Grenzen der Freiheitskriege S. 8-11

Titelseite: “Krach im Hause Gott” von Felix Mitterer in Volders, Foto e.s. Darstellendes SPIEL in Tirol: Nr.4 /2008; Die Zeitschrift erscheint 4x im Jahr; herausgegeben vom Theater Verband Tirol; Obmann Werner Kugler; Bildvorlagen ohne Copyright - Hinweise werden als kostenlos abdruckbar behandelt. Signierte Beiträge sind nicht zum Nachdruck frei und entsprechen nicht unbedingt übereinstimmenden Meinungen im Vorstand des Verbandes. Büro: A-6020 Innsbruck, Klostergasse 6, Kulturgasthaus Bierstindl; Verwaltung: Dagmar Konrad; Koordination: Priska Terán; Redaktion: Dr. Ekkehard Schönwiese + Team bestehend aus Priska Terán, Mag. Hermann Freudenschuß, Mag. Armin Staffler; Verlagspostamt A-6020 Innsbruck; Tel.: 0512/583186; Fax+4; e-mail: Verwaltung: dagmar@theaterver- King Kongs Töchter, Schwaz bandtirol.at; Fachbereichs-Koordination: [email protected]; Dramaturgie: S. 16-17 [email protected]; Internet: www.theaterverbandtirol.at P.b.b. Bureau de poste ercue envoi a Taxe reduite; Zl.-Nr:GZ 02Z030004 M

Wir wünschen allen ein frohes besinnliches Weihnachtsfest, viel Glück, Kraft und Gesundheit im neuen Jahr. Danke von Herzen für die gute Zusammenarbeit und Ihr Vertrauen in uns!

Dies wünscht das Team vom Sekretariat des Theater Verbandes Tirol dem Präsidium, Vorstand, sowie allen Mitgliedern! Das Büro des Theater Verbandes Tirol ist in der Zeit vom 22. Dezember 08 bis einschließlich 06. Jänner 09 geschlossen! Wir sind ab 07. Jänner 09 wieder für Sie da! Auch King Kongs Tochter (S.16/17) wünscht Schöne Weihnachten 3 Grußwort

Das Theater- und Musikwesen in Tirol im Allgemeinen und Volkstheater im Besonderen sind mir seit meiner Kindheit ebenso vertraut wie das dar- stellende Spiel in der Pädagogik. Gerne übernahm ich im Sommer 2008 als Landesrätin für Kultur und Bildung die Verantwortung zur Förderung ge- rade in diesen Bereichen. Mit großem Interesse verfolge ich seit Jahren die Entwicklungen und Ver- wandlungen der inhaltlich immer brei- teren Spiellandschaft, in der die kultu- relle Einheit von ganz Tirol seit Jahrhunderten ungebrochen zum Ausdruck kommt. Der organisatorische Zusammen- schluss der einst getrennten Ver- bände für Schul- und Jugendspiel einerseits und Volkstheater anderer- seits war zuletzt ein sichtbares Zeichen für einen inneren Wandel, der Kulturarbeit zunehmend als sozialen und regionalen Integrationsprozess begreift. Wir haben das Gedenkjahr 2009 unter das Motto "Geschichte trifft Zukunft" gestellt, um den Gesichtskreis der Er- innerung an das Jahr 1809 um die Di- mensionen der Bedeutungen über die Festkultur und Rückblicke hinaus zu erweitern. Wir können stolz auf ein Theater- wesen sein, das sich schon seit langer Zeit die Überwindung alter Konflikt- muster und die kritische Ausein- andersetzung mit Symbolfiguren auf seine Fahnen geschrieben hat. Das differenzierte Programm zum Ge- denkjahr zeigt sich im Theaterbereich von erstaunlicher Vielfalt. Der Bogen von traditionellen Stücken über Andreas Hofer und seine Mit- streiter bis hin zum kritischen Durch- leuchten von Begriffen wie Helden, Heimat und Mythen ist hoch gespannt. Vor allem stehen sich hier nicht Haltungen gegenüber - vielmehr ergänzen die Positionen einander wie in einem Kaleidoskop und runden ein differenziertes Gesamtbild ab. Theater ist immer dem Augenblick, dem Gegenwärtigen verpflichtet. Sei- ne Präsenz ist jene Bodenhaftung, die einen ungetrübten Blick zurück und nach vor erlaubt. In diesem Sinn bin ich schon sehr gespannt auf die vielen Initiativen, die fast durchgehend aus der Basis ent- standen sind, und freue mich auf ein abwechslungsreiches Programm.

Landesrätin Mag. Dr. Beate Palfrader 4 In Sterzing war ´s

Am 5. November trafen sich auf Ein- Dir” war nicht mehr die Rede, um so ladung von Univ.-Prof. Dr. Andreas mehr aber vom Motto “Geschichte trifft Khol im ehrwürdigen Saal der Zukunft”. Gemeinde Sterzing die Obmänner der Als sich dann die Obmänner der Tiroler Traditionsvereine aus Nord und Traditionsverbände vorstellten, war zu Süd, um zu beraten, wie der Umzug erfahren, wie viele da hinter ihnen ste- zum Gedenkjahr 1809-2009 in hen und wie sehr sie bedacht seien, Innsbruck zu gestalten sei. Jugend zu motivieren. Und ich dachte Zunächst stelte Bürgermeister Dr. Karl mir, ja, das sind Männer, die zu reden Friedrich Messner den geschichts- gewohnt sind und deren Stimmen trächtigen Raum der Zusammenkunft Gewicht haben. Sie versicherten je- vor. In dem von Zerstörungen ver- denfalls, dass sich der geplante Um- schonten altehrwürdigen Bau habe zug aus ihren Reihen gut und gerne einst auch einmal Andreas Hofer be- rekrutieren lasse und die Organisa- raten. tion, die es braucht, um 25.000 Ein Vorfall bei Sterzing machte An- Männer (und Marketenderinnen) dreas Hofer zur Integrationsfigur des durch Innsbruck marschieren zu las- Tiroler Widerstandes. Mutige Frauen sen, mit militärischem Know-how zogen an einer französischen Stellung unterstützt, kein Problem sei. einen Heuwagen vorbei, in dem sich In Sachen Umzug war man sich Scharfschützen vesteckten. Was an schnell einig, tauschte Adressen aus, dem Vorfall zur Legende erweitert und ging sozusagen gleich ans Werk worden ist, mag dahingestellt sein, ob und zum Buffet. es ein Einfall Andreas Hofers war, mag Interessant an der Runde war das man bezweifeln. Unzweifelhaft aber Betonen der Offenheit gegenüber all ist, dass seit dem Vorfall, der jenem dem, was über die von Tradition vor- aus der Antike mit dem trojanischen geprägte Art hinaus, sich an 1809 zu Pferd gleicht, Andreas Hofer zur erinnern, 2009 stattfinden wird. Integrationsfigur des Widerstandes Dr. Beate Palfrader stellte die Bro- geworden ist. schüre über 100 Kulturprojekte vor, Ohne sich darauf zu beziehen, die von der Tiroler Landesregierung begann Prof. Khol seine Rede mit der besonders unterstützt werden, und Erklärung “Kultur ist weiblich.” Irgend- Marjan Cesutti (Südtiroler Kultur- wie schien es angebracht, dass Institut) verwies auf die Kontinuität der Verknüpfung von Anliegen der Projekte weit über das Jahr 2009 Obmänner, die die Traditionsverbände (zurück und nach vor) hinaus. vertraten, und der beiden vorsitzen- Das gute Klima des Treffens war den Landesrätinnen Dr. Sabina wesentlich von Prof. Khol bestimmt, Kaslatter-Mur und Mag. Dr. Beate der ganz Persönliches vorbrachte. Als Palfrader, die die Landesregierungen gebürtiger Sterzinger verwies er u.a. vertraten, herzustellen wäre. auf einen Sterzinger Autor, der die Re- Die Verknüpfung gelang. Die Landes- zeption der Gestalt Andreas Hofers rätinnen beschworen den Geist der wesentlich mitgeprägt hat, an Karl Do- Vielseitigkeit der Programme, die sich manik. Für ein ausgewogenes Bild 200 Jahre nach 1809 nicht als Festkul- sind seine 1809-Stücke ebenso wich- tur, sondern als Kultur des Nachden- tig wie die Dramen von Schönherr und kens verstehen lassen. Von “Tirol ist in Kranewitter. e.s.

Marjan Cesutti, Sabina Kaslatter Mur, Andreas Khol, Beate Palfrader

5 Dietmar Schönherr

Dietmar Schönherr und dahinter Ernesto Cardinal; Lesung im Treibhaus

Für seine außerordentlichen Verdien- die überall in der Diaspora Theater Schönherr über Schönherrs ste und in Anerkennung seiner Le- spielen - wenn wir die zusammenho- "Weibsteufel" bensleistung auf kulturellem und so- len würden und die würden einmal Ja, gut, das is ein Stück - also durch zialem Gebiet erhielt der 1926 in zusammen in ihrer Muttersprache, diese Drei-Personen-Konstellation - Innsbruck geborene Schauspieler, also im Tiroler Dialekt, Theater spie- das kann ich mir gut vorstellen, dass Regisseur, Autor und Mitbegründer len. Und daraus sind dann diese das heute noch die Leute interessiert. der Tiroler Volksschauspiele das Ver- Tiroler Volksschauspiele entstanden. "Glaube und Heimat" ist die Vertrei- dienstkreuz des Landes Tirol. Aus Zuerst in Hall in der Burg Hasegg. Und bung der Protestanten aus dem einem Gespräch mit Ruth Deutsch- dann sind wir nach gegangen, Zillertal, nicht. Also das ist einmal die mann für das “Virtuelle Haus der weil die Haller uns dreinreden wollten Grundgeschichte. Und ich habe das Geschichte Tirols”: (lacht) in unser Programm. Hab gsagt: dann sehr aktualisiert und habe denen "Na, des geht net, des Programm ein "P" auf den Rücken malen lassen, Von der Exlbühne zu den machen wir." Es ging um a Stück von Protestant. Das war das "P" der Polen Volksschauspielen Felix Mitterer, "Stigma". Und dann sind - im Krieg hat man die Polen gebrand- Ich hab dann immer die Hörspiele auf- wir nach Telfs gegangen. Und da markt, damit man sie also als genommen von der Exlbühne. Das gibt´s das ja heute noch. Untermenschen anschauen sollte und weiß natürlich heut auch wieder keiner Und heute krieg ich ein - ein so, nicht. Also ich habe immer ver- mehr. Die Exlbühne war eine berühm- Ehrenkreuz vom Tiroler Landeshaupt- sucht, eben die Dinge sehr aktuell zu te Dialektbühne, in ganz Europa be- mann verliehen. Und des hat sicher- machen oder - oder für den heutigen kannt. Eduard Köck und Ludwig Auer, lich mit diesen Tiroler Volksschau- Zuschauer interessant zu machen. das waren also gigantische Schau- spielen auch zu tun. Und da hatte ich auch einen hochinter- spieler. Und die haben dann eines essanten Mitspieler, das war der Lois Tages zu mir gsagt: "Du, Schönherr, Tiroler Volksschauspiele - wie war Weinberger. Lois Weinberger ist inzwi- Du gehörsch - hasch so an tirole- das damals? schen ein weltberühmter Bildhauer ge- rischen, wichtigen Namen, wie der Ja, es war so. Also. Und die Ruth worden. Und der hatte vorher einen Karl Schönherr, du musch jetzt bei uns Drexel hat eine wichtige Rolle gespielt Film gedreht, "Raffl", und den habe ich amal Theater spielen." Und das war und der Hansl Brenner vor allen gesehn. Und da hab ich ihn gefragt, ob dann mein erstes Theaterengagement Dingen - Gott hab ihn selig. Das war er nicht da in dem Stück mitspielen bei der Exlbühne. ein ganz großer Schauspieler. Den würde. Das hat er dann getan. Und so hab ich halt sehr viele Erin- hab ich schon kannt als Regisseur am nerungen an dieses Land, an meine Radio, wenn Kinderrollen zu besetzen Mama, ich bin für den Film entdeckt Wurzeln hier. waren, dann hat’s immer geheißen - worden Ich hab dann später mit´m Kurt also Hansi Brenner hieß er damals, Naja, und dann wurde ich sozusagen Weinzierl diese Tiroler Volksschau- oder Hansl Brenner. Und den kannte entdeckt für den Film, ja. Ich war spiele begründet. Wir haben uns in ich schon, wie er - ich glaube, wie er Jungvolkführer. Das waren die, die die Zürich getroffen in einem Lokal. Und sechs Jahr alt war. Da hat der mich Pimpfe - also die 10- bis 14-Jährigen - da haben wir gesagt, es wär doch begleitet durch viele Jahre und dann unter sich hatten. Ja. Also nicht HJ, schön, wenn die Tiroler Schauspieler, eben bis nach Telfs. Ja. - - - So. sondern die - die davor. 6 scheußlichen Haus, was ich da ge- baut hab." Also insofern hab ich Glück gehabt. (lacht)

Ich hatte Glück mit meiner Abschiedsrolle Also ich hatte das Glück, dass ich für das ZDF den Sigmund Freud spielen konnte. Und es war eigentlich so eine - eine wunderbare Abschiedsrolle. Aber jetzt habe ich mir gedacht, jetzt probiere ich es doch noch einmal, viel- leicht macht es mir Spaß. Es hat mir keinen Spaß gemacht. Ich werde keine Filme mehr drehn, werd auch nicht Theater spielen, weil da muss 130 Jahre Bieler Verlag - man monatelang von zu Haus weg wo Sie Altbewährtes aber auch sein. Das will ich nicht, will bei meiner Brandaktuelles finden wie z.B. Frau sein und bei meinem Hund Tarzan. (lacht) Und das Filmen macht mir gar keinen Spaß mehr. So. Ja. - Hans Naderer Und wie war das mit dem König Lear, den du da in Innsbruck vor ein paar Bruder Klaus Jahren gespielt hast? In Wien hat man Der große Optimist davon erzählt, wie toll es gewesen Eine Frau mit sein soll. (R.D.) Grundsätzen Ja, das war - also gestern war der (Bea Toni Bichler) Und ich musste die Pimpfe zu Wo- Rohrmoser auch in der Lesung. Und chenschauaufnahmen aufs Born- der is ja der Schauspieldirektor hier an Emil Stürmer städter Feld - das is so ein Truppen- dem Tiroler Landestheater. Und den übungsplatz - führen. Und da kam ein kannte ich natürlich - oder wir kannten Der irre Theodor Regisseur der UFA - das war der Al- uns von den Tiroler Volksschauspie- Gangsterjagd am fred Weidenmann - und der hat mich len. Und der hat mich also kontaktiert Moserhof da gesehen und hat gesagt: "I mach und hat gsagt: "Du, ich möcht so gern jetz grad einen Film, wo so Buben in den Lear machen, also als Antritts- Herztropfen deinem Alter mitspielen. Hättest du vorstellung, Millenniumspremiere. Ich Lust?" I hab gsagt: "Na. I hab über- möchte es aber nur machen, wenn du Ridi Walfried haupt ka Lust. I hab mi freiwillig den Lear spielst." Und das habe ich gemeldet und ich will nichts mit Film mir dann also gründlich überlegt und Besuch in der zu tun haben.", und so. Nachher hat dann habe ich gesagt: "Ja, das mach Laurenzinacht er gsagt: "Naja, aber deine Adresse ich." Und es ist ja eine unglaublich Die hölzerne Jungfrau (lacht) könntst du mir ja schon geben." schwierige Figur. - "Jaja, meine Adresse kansch schon Also ich glaube, dass es sehr wenige Die Jungfern vom haben." Und dann bin ich nach Haus - vielleicht Theaterwissenschaftler Bründlhof zu meiner Mutter - mein Vater war (lacht) - gibt, die hinter den Wahnsinn damals schon an der Front. Und dann des Lear, hinter das Geheimnis sei- hab ich ich gesagt: "Du, Mama, i bin nes Wahnsinns gekommen sind. Das Monika Wörgötter - ganz neu!! heut fürn Film entdeckt worden." Und ist halt ein Wahnsinniger und das ist Brems dich ein vor dann haben wir gelacht. Und 14 Tage natürlich hochinteressant, so etwas zu scharfen Kurven später kam dann die Einladung zu spielen. Der Nächste bitte Probeaufnahmen. Aber es ist sehr schwer, da einen Zu- gang zu finden, eine tolle Figur. Wahr- Nummer 2034 Unterschied zwischen Architektur scheinlich für einen älteren Schau- und Schauspielerei spieler das - das Größte, was man EVA BIELER VERLAG Jaja, und so bin ich halt in diesen halt überhaupt spielen kann. Beruf hineingeschlittert, sozusagen. Und das habe ich auch gestern vormals Ingeborg Bieler Verlag, Besser als Architektur, weil die Werke erzählt (lacht). Da kam dann einer aus gegr. 1876 eines Schauspielers, die verschwin- Ried im Oberinntal, bei der Premiere, A-1100 Wien, Klederinger Str. den mit der Zeit. So "fade out", nennt ging also durch - zwischen den Sitzen man das. Während die Werke von im Mittelgang kam er daher mit einem 62/17 Architekten, die stehen dann jahre- Schild, da stand drauf: "Ried grüßt Mo-Do 09-16 Uhr, Fr 09-12 Uhr lang herum. (lacht) Ich habe ein paar seinen König Lear." Und wer da nicht Telefon +43/1/258 99 55 Freunde gehabt, die Architekten wa- weint, hat keine Tränen. (lacht) ren. Einer hat gsagt: "Es is furchtbar. Und so schließt sich der Kreis irgend- Fax +43/1/258 99 55 15 Ich fahre immer vorbei an diesem wie, ne. (c) Oe. Zeitzeugenarchiv Mobil +43/699 19 24 91 47 www.bieler.at 7 [email protected] Was wär er ohne Bart?

Geschichte im Spiel - Lust oder im doppelten Sinn aufgehoben, im Spiel zu einer losen Szenenfolge Pflicht? Gedächtnis aufbewahrt und von dem zusammenstellen. Karl Domaniks befreit, was es so schwer am Boden Trilogie wurde einst von Anton Dörrer Zu den fünfzehn Theaterprojekten, die gefesselt hatte. Und was ist so schwer lebhaft gegen die Stücke von in der Broschüre des Landes (Kultur- an der Geschichte? Die Bodenschwe- Kranewitter und Schönherr verteidigt, projekt zum Gedenkjahr 1809-2009 re, die Last, die wir uns beim Rekon- die beim traditionelleren Publikum gar bzw. www.1809-2009.eu) aufgelistet struieren von Vergangenheit aufbür- nicht so gut angekommen sind, wie sind, kommen jede Woche neue Mel- den, anstatt sie als Kapital für die gemeinhin angenommen wurde. dungen über geplante Theaterproduk- Zukunft weiterzutragen. Auf der Bühne Domanik hatte sehr gute Einfälle, etwa tionen herein, die sich 2009 mit der werden keine Kränze niedergelegt , es in seinem Nachspiel, in dem er die Bedeutung des Jahres 1809 auseinan- stehen auch keine Heroen auf Po- Betrachtung des Heroendenkmals zur dersetzen wollen, auch wenn sich an- desten, sondern Spieler, die sich mit Diskussion stellt. Der kleine Franzl, dere wiederum sagen. “Um Gottes ihnen identifizieren und sie damit von Sohn des Thalerwirtes, fragt seinen Willen, 1809! Das hängt uns doch den Podesten herunterholen. Sie wer- Vater, warum bei dem Standbild Hofer schon jetzt beim Hals heraus. Sollen den dadurch wieder etwas mehr das, kein Gewehr umhängen hat. Zumin- sie doch ihr Museum bauen und durch was sie einmal waren: Menschen. dest die Idee eines solchen Spiels mit die Stadt marschieren. Wir sind keine naiven Fragen und Eltern, die Antwor- Ochsen, um uns da vor irgend einen Neue Pläne ten gegen Klischees geben könnten, Karren spannen zu lassen, und wir in würden dazu beitragen, Ratlosigkei- Zügel gespannt werden.” Es gibt da Peter Landstorfer hat sich mit den ten bei unvermeidbaren Erinnerungs- schon einige widerständige Bemerkun- Theaterleuten aus der Wildschönau feiern zu beseitigen. gen, in denen mindestens so viel kurzgeschlossen. Der Bayerische Au- Tiroler Mentalität steckt wie hinter dem tor und Inhaber des Gutes Nederling Feiern wird es geben Gleichschritt zu den ausgegebenen in München, wo der BR seine Auf- Parolen. zeichnungen von Volksstücken macht, 1809, so erzählen ältere Menschen, Die Lust an der Auseinandersetzung hat seine Wurzeln in der Wildschönau war früher in der Schule natürlich ein mit der Geschichte mit Mitteln des dar- und für hier schon einmal recht erfolg- großes Thema. Da wurde eher der stellenden Spieles ist ungefragt und reich ein Auswandererstück geschrie- Bundespräsident als der Hofer von der unaufgefordert groß. Um Interesse zu ben. Wie er jetzt zum Thema 1809 Wand herunter geholt. Man möchte wecken, bräuchte es kein Anlassjahr. Stellung nimmt, ist noch nicht klar, aber nicht meinen, in welchen Zusammen- Das ist zum Teil sogar hinderlich, denn dass er darüber schreibt, scheint fix zu hängen 1809 wieder auftaucht. In da ist nicht so sehr die Freiheit in der sein. Ladis gibt es seit zwei Jahren im Auseinandersetzung gefragt, sondern Zu vermuten war längst, dass sich Winter eine Gästeshow - nein keinen das Abdecken von Erwartungen und auch das Volkstheater mit Tiroler Abend - mit Szenen zu den vier das Nachkommen von eingemahnter einem Stück von Karl Schönherr am Pflichterfüllung. Zyklus des Erinnerungsjahres beteiligt. Es wird wohl “Der Judas von Tirol” wer- Im Spiel wird Geschichte “aufgeho- den. ben”, das heißt: sie wird leicht Aus Nikolsdorf in Osttirol kam in den letzten Tagen eine Anfrage. Ein altes Worüber wir im Bilde sind, verliert Stück soll es sein. Vielleicht fruchtet da seine Schwere. Ich denke, es sind das der Hinweis von Andreas Khol auf Karl doch zwei verschiedene Welten, einer- Domanik. Er hat für 1909 eine Trilogie seits die schweren Schritte von Tau- “mit einem Vor- und einem Nachspiele” senden bei einem Traditionsumzug, geschrieben. Man bräuchte diesen andererseits das darstellende Spiel, Gesamtbilderbogen zum Jahr 1809 ja das die Bedeutung des Gewesenen für nicht ganz spielen, sondern könnte heute auf die Bühne hebt, es wird spie- Szenen daraus nehmen und Übergän- lerisch, und das heißt, leicht. Es wird ge mit Erzählungen im Kontrast zum 8 Wilhelm Köhler Verlag

D-80805 München, Ungererstr. 35

Jahreszeiten, Musik und Projektio- Mode geworden; sie besagt, Hofer nen. Und da geht es jetzt darum, und die Seinen hätten ja doch nur dem Tel.: 0049/89/3615026 etwas über die Pontlatzer Brücke ein- Wiedererstarken eines rückwärtsge- zubauen. Mein Rat war: “Geht doch zu wandten Systems gedient. Hofer sei FAX:0049/89/3615196 den Prutzern, die könnten eine Szene willensschwach gewesen und ein hal- aus ihrem Spiel vom nächsten Som- ber Trinker. Ich höre dabei immer nur mer vorweg probieren. Oder stellt Hofer, Hofer, Hofer und sehe Hunde www.wilhelm-koehler-verlag.de Szenen im Sinn von lebenden Bildern an ein Denkmal pinkeln, die dann win- hin. Und jemand könnte diese Bilder seln, wenn man sie vom Denkmal [email protected] erklären, so wie das einst bei Umzugs- wegzieht und in den Wald führt, wo spielen gemacht wurde. Und als Kon- genügend Bäume stehen. trast dazu könnten die Schauspiele Verlag und Vertrieb Kauns den Pfarrer Maas mit einer Fa- Ein Beispiel für den theatralischen stenpredigt auftreten lassen. Der Pfar- Zugang zum Mythos: Beim Barte dramatischer Werke. rer aus Fließ soll ja recht leidenschaft- des Andreas lich gegen so manche Unsitten gepre- digt haben, und zwar nicht nur gegen Lohnt es sich über den langen Bart Wir bieten Ihnen die größte die Franzosen, sondern gegen die des Andreas Hofer nachzudenken? Verwahrlosung der Sitten allgemein.” Immerhin, man nannte ihn "Barbone", Auswahl an altbekannten und den Bartträger. Bei den Römern war Vom bitterbösen Heruntermachen Bartlosigkeit ein Zeichen von Kultur. stets neuen bayerischen und der leisen Ironie Nur Barbaren trugen Bärte. Auf der Dialektstücken: anderen Seite stand bei den teutoni- Zweifellos werden noch viele Anfragen schen Barbaren der Bart stets hoch im kommen. Wir sind beim Theater Ver- Kurs. Er galt und gilt immer noch als band gut vorbereitet. Der Sturm kann Zeichen von Kraft, Männlichkeit und Sepp Faltermeier, losgehen und es braucht dabei nicht Deutschtum. Ulla Kling, immer nur tierisch ernst zuzugehen. Wie die Sage zu berichten weiß, lebt Im Gegenteil, liebevolle Ironie ist mei- Friedrich Barbarossa im Untersberg. Peter Landstorfer, nes Erachtens viel eher angebracht Obwohl der Kaiser schon seit Jahr- als das bitterböse und bilderstürmeri- hunderten tot ist, wächst sein Bart Anton Maly, sche Anrennen gegen Klischees, dem immer noch. Wenn er sich einst drei Max Neal, jede vertiefende Auseinandersetzung Mal um den Tisch herum geschlungen fehlt. Dieses Heruntermachen ist ja hat, wird es zur Wiederauferstehung Walter G. Pfaus, Wie sich die Bilder gleichen - Julius Pohl, und wie nicht; links: Delacroix “Die Freiheit, die das Volk anführt” zeigt Franz Schaurer, Profil und Brust. Ihr folgen die Maximilian Vitus, Kämpfer auf die Barrikade. rechts: Nicht minder schwungvoll ist Ridi Walfried u.v.m. die junge Frau, in der Vorstellung eines Bildes aus Tirol, entstanden 1905. Hinter ihr stehen nicht Männer, suche auch unter: sondern Berge. Sie ist fesch und züchtig und es raucht aus der www.theatertexte.de und Mündung des Gewehrs. Die “Frei- heit” soll Hauptmann Giuseppina www.theaterverbandtirol.at Negrelli darstellen

9 des Deutschen Reiches kommen. Willen den Bart zu scheren und sich "Walschen" blitzen zu lassen. Auch Hofers Bart wächst immer noch. über die Berge zu machen, lehnte 1848 bedeutete überhaupt eine Trend- Kraft, Männlichkeit, Führertum und die Andreas Hofer, der Bärtige, entrüstet wende. Letzte alte Zöpfe fielen und Idee des deutschen Reiches, das sind ab. neue Bärte wuchsen. Sie wurden zu vier wesentliche Bestandteile des Was ist er ohne Bart? Wer ist er ohne Zeichen neuer so genannter Libera- Mythos rund um Andreas Hofer und Bart? Was für eine Identitätskrise lität. Gute Bürger, Professoren und seinen Bart. Dazu kommt auch noch bedeutete allen treu Gesinnten ein Beamte gaben sich ein würdiges die Ehrwürdigkeit, die ein langer Bart Hofer ohne Bart? Erscheinungsbild, das dem Vater Ho- vermittelt, die den "Vater Hofer" eben- Für die Franzosen war die Bezeich- fer glich. so zum Mann des Vertrauens macht, nung "Barbone" keineswegs abwer- Und als der Trend sogar von seiner wie der Kaiser in den Augen seiner tend, im Gegenteil, Respekt einflö- Majestät vorgelebt wurde, folgte ihm Untertanen absolutes Vertrauen ßend. das Männervolk freiwillig und das genossen hat, die ihn so anhimmeln Was wäre das für ein Hofer, der sich Soldatenvolk laut Befehl. wie Kinder ihre Eltern. kahlgesichtig über die Schneefelder Erst beim Ersten Weltkrieg wurde wie- Man weiß, die Sache hat ein Ablauf- auf und davon gemacht hätte, ohne der gestutzt. Bärte passen nicht in datum, in der Lebensgeschichte und die Haare im Gesicht, die ihn als den Gasmasken. in der Geschichte. Eines Tages ist der erscheinen lassen, den die Welt inzwi- Der Bart ist ab. Was heißt das? Für ein Bart ab und der eigene wächst. schen kannte? paar hundert Erler Passionsspieler Ein Bart kann verstellen, ein abge- Wie ketzerisch ist es, den Bart des bedeutet es das Ende, das Ende einer schnittener Bart auch. Die Empfeh- Freiheitshelden zum Thema zu Passionsspielzeit. Die Beschneidun- lung von Getreuen, sich um Himmels machen? Entrüstung war die Folge, gen bzw. gänzlichen Entfernungen der als Max Weiler auf seinem Gemälde sekundären Geschlechtsmerkmale im Das Bild der Katharina Zeisler, der für den Innsbrucker Hauptbahnhof Gesicht bedeuten Trauer, Abschied Darstellerin der Giuseppina Negrelli Andreas Hofer ohne Bart darstellte. von der alle sechs Jahre stattfinden- in “TirolerFreiheit!”, war die Vorlage Die Provokation ist fast so schlimm den religiösen Übung inszenierter für eine Gedenkmüze zum Jahr wie ein Jesus ohne Lendentuch. Das Laiengottesdienste, in die sich am 2009, den die Münze prägt. mit den Haaren ist überhaupt eine Ende die Freude der Wiederentdek- haarige Sache! Zu einem Zopf gebun- kung wahrer Gesichter mischt. den erkennen Fortschrittsgeister den Erst wachsen die Bärte, nicht immer Vertreter eines verzopften Systems, zur Freude von Geliebten zur Stop- während am Vollbart allezeit das Volk pelartigkeit, dann schon mit weniger in Treue seinem Kaiser nachhängt, Entfremdung des Berührens über die und zwar mit aufgezwirbeltem Flaumigkeit bis zur Erotik der Bartehr- Schnauzer und pausbackigem Kinn- würdigkeit. bart. Und so ist dieser Bart des Anderl Die Darsteller wachsen so langsam denn auch in Lobeshymnen besungen wie ihre Bärte in ihre Rollen hinein - worden. Eine soll uns als Beispiel hier nur die Römer dürfen sich weiterhin nicht erspart bleiben. Sie stammt aus rasieren - bis sie schließlich Bart rau- dem Freiheitsjahr 1848. Als nach schend und Bart raufend als Hohe Ausrufung der Pressefreiheit so man- Räte aufbrausen dürfen, um das Trei- ches Freiheitslied mittels Drucker- ben eines neuen als Freiheitshelden schwärze das Licht der Öffentlichkeit missverstandenen Galiläers zu verur- erblickte, was zuvor ohne viel teilen. Schaden hätte der Zensur anheim fal- Dann ist also für die nächsten sechs len können, wurde Hofers Bart so Jahre der Bart wieder ab. So war es gelobpreist: auch in Erl im Oktober, und das Bild der Beschneidung ging durch die "Sandwirthsbart, Presse. o welche Ehre, Ich erinnere mich noch sehr gut an wird dir bei uns angethan. den alten Judas von Erl, an den Viele Häupter, leichte, schwere tragen "Mühlner" (Johann Schweighofer), sei- dich und weder Schere, nes Zeichens der Kassier und Judas- weder Messer rührt dich an. Selbst darsteller des Passionsspielvereines die Frauen, fein und zart, Erl, wie der seinen Spitzbart trug. Als lieben diesen Sandwirthsbart. Erzspitzbubenverräter kam für ihn ein Wie der Same in der Erde, sich ent- echter voller Andreas-Hofer-Bart nicht wickelt frühlingsgrün, in Frage. Den durften die Bösewichter so entsproßten, auf das Werde im Hohen Rat auch nur aus dem unsrer Freiheit, Sandwirthsbärte Grunde haben, weil eben dieser Bart Jetzo vieler Männer Kinn, borstig, ein Zeichen der Würde, der Macht und roth, oft grauer Art, der Kraft ist, auch wenn die Würde blond und schwarz, wie den Zuschauern stets als angemaßt Sandwirthsbart.” vermittelt wurde. Also, um auf den Rotbart des bösen Judas zurückzu- Und nach fünf weiteren bärtigen kommen, der da so schimmernd im Strophen fordert der Dichter seine Le- Rampenlicht leuchten durfte. Der ser zum Schwur beim Barte des glänzte beim "Judas von Erl" auch pri- Andreas auf, die Stutzen gegen die vat. Der Raiffeisenangestellte spitzte 10 seinen Rotbart - rot weiß rot, er war schon im gesetzten Alter - stets mit Daumen und Zeigefingern über den Speckbacher in Geniestreich der Finanzierung des "Apostelsilos" von Erl, dessen gähren- de Mahd heute den Wagnerkult füttert. Am meisten nachdenklich stimmt mich Rattenberg bei solchen bärtigen Geschichten der Rotbart Judas. Irgendeine Ge- schmacklosigkeit hat dem kollektiven Gedächtnis Tirols nachhaltig eingere- det, dass der Kapuzinerpater Haspinger den selben Feuerbart tra- gen soll wie der Erznationalist Judas. Wie das wohl zu deuten ist! In einem zu Innsbruck 1884 gedruck- ten Sammelband war es möglich, neben Hymnen auf den Tiroler Freiheitshelden auch Töne anzuschla- gen, die den Mythos zwar zu zerstören scheinen, aber wie jedes Herunterho- Die Schlossbergspiele Rattenberg ha- Die Vorbereitungen für Felix Mitterers len vom Podest der Verehrung keinen ben Felix Mitterers “Speckbacher” Uraufführung „Speckbacher“ am Rat- Abbruch tut: unter das Motto: “Patriotismus heißt tenberger Schlossberg im Sommer kritisch auf die Heimat schauen“ 2009 laufen bereits: Obfrau Claudia Andreas Hofer war ein Held, das ist gestellt und berichten: Lugger, Autor Felix Mitterer, Regis- bekannt, doch mir ist er als Pantoffel- seur Pepi Pittl und Werner Klikova bei held bekannt. Frau Anna stets das Felix Mitterer schreibt zum Gedenk- der Erstbesprechung des Stücks. Foto Szepter schwang im häuslichen jahr 2009 das Stück „Speckbacher“ für BU (Grießenböck) Revier. Also rief sie eilig nach dem die Schlossbergspiele Rattenberg. In Barbier. Denn hässlich schienen ihr seiner Uraufführung zeigt er den Mann Hofer, der Freiheitskämpfer mit dem die Haare im Gesicht. Darum küsst sie an Andreas Hofers Seite. Rauschebart und Lederhosen, Has- ihn auch nicht. Nun aber war er end- Im Gedenkjahr 2009 kommt dem pinger, der hitzköpfige Pfarrer an Ho- lich neu geboren, mit Haaren hin und Volkshelden und Freiheitskämpfer An- fers Seite und Speckbacher, der … – her geschoren, das Kinn so zart wie dreas Hofer tirolweit große Aufmerk- ja was weiß man eigentlich über ihn? ein Popo, jetzt war seine Anna endlich samkeit zu. In der Geschichte, wie Was sich hinter dem dritten Mann im froh. Doch spottend riefen seine auch in der Erinnerung an den Tiroler Bunde um die Freiheit Tirols verbirgt, Freunde: Du bist doch ein Mann der Freiheitskampf 1809, gehören die zeigt Felix Mitterer in seiner Urauffüh- Tat. Zu Haus da hat das Weib das Namen Hofer, Haspinger und Speck- rung „Speckbacher“ im kommenden Wort und du bist immer stad? Da ließ bacher unweigerlich zusammen. Jahr bei den Rattenberger Schloss- er wieder wachsen seinen Bart, lud bergspielen. das Gewehr mit der Patrone. Da Tobias Moretti und Pepi Pittl in “Die „Über den Speckbacher ist nicht viel staunten die Franzosen selbst und Freiheit des Adlers”. Das Buch hat bekannt“, erzählt Autor Felix Mitterer, nannten ihn Barbone. Felix Mitterer geschrieben. der bereits in den 90er Jahren mit umfangreichen Recherchen über den Freiheitskampf für sein TV-Drehbuch zum Hoferfilm begann. Mit dem Stück “Speckbacher” werden die Nordtiroler Geschehnisse des Freiheitskampfes beleuchtet. Josef Speckbacher leitete das Kampfgeschehen im Tiroler Unterland nahe Wörgl. Er war auch nachweislich öfters in Rattenberg, wo er zusammen mit Andreas Hofer bei der Fronleich- namsprozession teilnahm. Wie üblich, findet Mitterer auch hier einen anderen Zugang zu Tirols Vergangenheit: „Patriotismus heißt für mich, kritisch auf die Heimat schauen“, so Mitterer, der auch in diesem Stück die Tiroler Geschichte differenziert betrachten wird. „Ich möchte einen möglichst spannen- den Geschichtsunterricht machen“, erzählt Mitterer, der mit Regisseur Pepi Pittl den Fakten getreu ein Stück Tiroler Freiheitskampf auf Rattenbergs Schlossberg bringen wird.

11 Herbert Wernard wurde am 13.12.1939 in Schwaz geboren und wuchs hier auf. Als langjähriger Mitarbeiter der Tyrolitwerke kam er zur “Werksbühne Tyrolit”, die in jeder Hinsicht unter den Volksbühnen Tirols ein Sonderfall war. Erstens deklarierte sie sich als Arbeiterbühne einer Regionalstadt und grenzte sich dabei klar gegen die Muster “ländlicher Lustspiele” ab, ohne sich der Unterhaltung mit bäuerlichen Stoffen zu verweigern, zweitens bestand durch die leitenden Kräfte Gottfried Singer und Herbert Wernard ein direkter Kontakt zur Welt der Exlbühe, deren Tradition die Bühne im Spielstil und in der Auswahl der Stücke hochhielt. Wernard war einer der Wortführer der Verwandlung des Volksschauspiels zum zeikritischen Regionaltheater.

Vom Vermächtnis der Tyrolitbühne Herbert Wernard und Adi Geisler gestorben

Herbert Wernard begegnete ich 1987 Volksschauspiel im Grunde nie Inter- bei der Gründung der Zillertaler Volks- esse gehabt. Es ist halt einige Jahre in schauspiele. Kombination mit Telfs möglich ge- Im Bezirk Schwaz herrschte Auf- und wesen. Die Gründer hatten auch in Umbruchsstimmung. Längst wollten den Medien damals ein gewichtiges die Bühnen nicht mehr in das Klischee Wort mit reden können. Das ist aber des “Dodl- und Gästeunterhaltungs- alles lange vorbei.” Nicht vorbei war theaters” gesteckt werden, am aller- es aber für Volksschauspielleute der wenigsten durch Medien, die sich die- Basis. Dem Volkskulturtauwetter unter ses Klischees am liebsten bedienten Landesrat Astl war es zu verdanken, und mit ihren Zeigefingern lieber auf dass die Volksschauspieldemonstra- andere zeigten, als sich selbst auf die tion bei den ersten Innsbrucker Som- Brust zu klopfen und mea culpa zu sa- merspielen nachhaltig wirken konnte. gen. Einige Spieler hatten sich zum Das war 1989. Die Tyrolitbühne zog Mitmachen bei einem Film über das im Schulterschluss von Herbert Wer- pervertierte Zillertal einspannen las- nard und Gottfried Singer mit Karl sen. Als sie bemerkten, dass die Ten- Schönhers “Sonnwendtag” in die Inns- denz gegen sie selbst gerichtet war, brucker Fennerkaserne ein. ging das Fass über. Herbert Wernard Sie ließen sich nicht durch die wurde zu einem der Wortführer. “Einmaligkeit” des Unternehmens ent- Herbert Wernard zählte zu den Pio- mutigen - das professionelle Volks- nieren einer neuen Ära, in der sich das schauspiel wurde nach Telfs zurück- Volksschauspiel nicht mehr nur zu den geschickt und im Übrigen in Inns- von der Politik ausgerufenen Erinne- bruck durch Tanz aus aller Welt rungsjahren vergattern ließ, sondern ersetzt. das Hinterfragen von Landesge- In den Regionen Tirols dagegen blüh- schichte und da vor allem der Zeit- te die Freilichtlandschaft auf und die geschichte zum Anliegen erklärte. gespielten Stoffe unterschieden sich Ein Jahr nach “Verlorene Heimat” immer deutlicher von Sommerevents. stand Wernard in “Wahlkampf in Mast- Und da tauchte auch immer wieder leiten” auf der Bühne. Der ORF war Herbert Wernard in einschlägigen noch einmal dazu zu bewegen, Volks- Rollen auf, sei es in “Kein schöner schauspel dieser Art aufzuzeichnen, Land”, “Stigma” (Schwaz), “Kinder des dann trennten sich die Wege. Peter Teufels”, “Kein Platz für Idioten” oder Mertz, der ORF-Dramaturg, der sich in den zeitgeschichtlichen Volks- 1980 in der Sache Volksschauspiel schauspielen von Stefan Hellbert stark gemacht hatte und wenige Jahre (“Kreuzwechsel” etc.). später das Feld wieder der Klamau- Der Tod eines Mannes wie Wernard ist kerei Marke Löwinger (“Mei bin i a ein Schnitt. Er gibt uns den Auftrag in Depp”) überlassen musste, gesteht die Hand, Entwicklungen festzuhalten heute: “Meine Vorgesetzten haben am und als abgerundet sehen zu lernen,

12 die nicht näher beachtet werden, weil Obmann und lenkte als solcher die tens aufgewachsen. 1962 heiratete er sie eben gegenwärtig sind und Me- Geschicke der Bühne und als Be- seine Gitti, mit der er 42 Jahre glück- dien die Aufgabe der Dokumentation zirksobmann gestaltete er auch über- lich verheiratet war. Dieser Ehe ent- und der kritischen Begleitung kaum regional das Leben der Bühnen im sprangen 4 Kinder. Nach dem frühen wahrnehmen, jedenfalls nicht, was die Land mit. Tod seiner Frau widmete er sich dem Welt des außerberuflichen Spiels und Für seine Verdienste wurde er mit dem Theater, als Darsteller fiel er beson- Theaters betrifft. Das hat sich aller- Ehrenzeichen der Stadt Schwaz und ders seit den Freilichtspielen der dings seit der Exlbühne, auf die sich vom Land Tirol mit dem Verdienstzei- Werksbühne Tyrolit in St. Martin auf. die Tyrolitbühne immer wieder berufen chen und vom Theater Verband mit Er bleibt als Mensch und in seinen hat, am meisten geändert: die öffentli- der Silbernen Ehrenmedaille ausge- Rollen als warmherziger Vater, gütiger che Aufmerksamkeit. e.s. zeichnet. Bei der WB Tyrolit war Her- Großvater und mit seiner Heiterkeit in bert in allen Bereichen tätig, vom Erinnerung. Er war ein Darsteller, der Darsteller über Bühnenbauer bis zum auf seine Mitspieler einging und so Herbert Wernard war seit dem Jahre Spielleiter. manche langatmige Textpassage 1977 Mitglied der Werksbühne. In den Adi Geisler wurde am 19.11.1940 am durch eigene heitere Worte zu ergän- 32 Bestandsjahren war er 20 Jahre geboren und ist in Wat- zen wusste. Der Brandner Kaspar neu Patriarchenkritik

Seit Oktober 2008 ist die Geschichte Vom großen “memento mori” ist der vom Kaspar, vom bauernschlauen schön-schaurige Schein übrig geblie- Brandner, der den Tod überlistet ben, von Betroffenheit über unsere (ursprünglich in den Münchner Sterblichkeit und von Endzeitbewusst- Fliegenden Blättern als Erzählung von sein ist hier kaum etwas zu spüren. Franz von Kobell geschrieben) in einer Bei so manchen Dorfbühnen, die sich Neuverfilmung (von Josef Vilsmaier) immer wieder dem Stoff stellten, setz- im Kino. te man auf die Dämonie des Stoffes. Sie kratzt ein wenig an dem zum Starkult erstarrten Stoff, gerade weil Der “Witz” des Boandlkramer kommt Mehrere Bühnenfassungen hatten im die Bilder so schön und über die Gren- nur jenseits von Klamauk zum Laufe der Jahrzehnte mehr oder min- zen des Kitsches hinaus Augenzwin- Ausdruck; Aufführung aus Kematen der großen Erfolg und retteten die kern zulassen. Sehr viel mehr nicht, Idee des Mysterienspieles (zusammen denn wer rüttelt schon gerne am nur scheinbare Allmacht des Todes. mit “Jedermann”) in unser Jahrhun- Mythenbaum mit überreifen Früchten? Diesen Hintergrund sucht man im Film dert. Anton Hamik schuf eine steiri- Man nimmt´s komödiantisch, Dorf- so vergeblich wie im Adabeispektakel sche Version, Josef Maria Lutz und depp Tod ist zum Totlachen. des “Jedermann” mit der schönen dann vor allem Kurt Wilhelm eine Die Botschaft des vom Mysterienspiel Brust der Buhlschaft, die Jedermann bayerische. Auf diesem Umweg feier- kommenden Stoffes bezieht sich auf das Herz krampfen lässt, vom te lange an Münchens Residenzthe- das durch die frohe Botschaft des Publikum aber als schöne Literatur ater barocke Volksreligiösität fröhliche Glaubens befreiende Lachen über die genossen werden darf. Urständ.

14 Die in dem Stoff verherrlichten patriar- die im Beobachten des Geschehens Hand zu haben. Der Bürgermeister chalischen Muster standen bisher auf der Erde kein Pflichtbewusstsein (Heinrich Zangerl) schwingt große nicht kritisch zur Debatte. Diesen mehr zeigen. Von allerhöchster Stelle Reden, der Industriebaron (Günther Akzent brachten vor ein paar Jahren im Himmel fordert sie Assistenz und Roller) will durch eine Betriebsansie- die Schlossbergspiele Rattenberg und bekommt als Hardlinerin die himmli- dlung das Dorf beglücken und darf nun - verstärkt - die Theatergruppe sche Postbotin "Curieria" zugewiesen. dafür altherrschaftlich das Privileg der Ischgl ein. Die Fachfrau zur Reform des himmli- Jagd genießen. Nur, der Schuss geht Am 16. November hatte der "Brandner schen Post- und Verwaltungswesens daneben. Er kann sich zwar eine Braut Kaspar" in Ischgl Premiere. Das hei- legt sich mit Petrus an, der sich mit aus dem Dorf angeln (Rosl: Brigitte ter-besinnliche Mysterienspiel der aller Entschiedenheit gegen die Mangold) und sie dem Brandner weltlichen Art in der Tiroler Fassung Digitalisierung seiner Akten wehrt und abspenstig machen, aber das Glück (von Ekkehard Schönwiese) bot dem klar macht, wo die Grenzen des himm- dauert nur kurz. erprobten Spielleiter Paul Zangerl die lischen Fortschrittes liegen. Ein Opfer des Todes ist auch der alte Möglichkeit, die unterschiedlichen Er stellt sich gegen die Rationalisie- Kass (Klaus Ganahl), der die Todin Spielerbegabungen gezielt einzuset- rungsabsichten, welche Engel zur Ar- zum Tanz auffordert, und da haben wir zen. Der urige, pfiffige Brandner beitslosigkeit verdonnern. Lieber schließlich auch noch die Hauptfigur Kaspar (Paul Kathrein) hat es mit der nimmt er die Mängel der alten um- des Stückes, den Brandner Kaspar Überlistung des Todes besonders ständlichen Ordnung in Kauf als sich (Heinrich Zangerl), der nach dem Tod schwer, denn der Tod ist eine Todin. auf ein neues System einzulassen, bei seiner Frau (die Selige Mariali, darge- Boanerkromerin Margret Cimarolli dem Engel arbeitslos werden. "Wie stellt von Anneliese Schuler, sehnt spielte die Rolle mit leidenschaftlicher lange werden sie uns da noch zuju- sich im Himmel nach der Ankunft des Hingabe und fegte alle Vorstellungen beln und Halleluja singen?" Gatten) zwischen Depression und von der Männlichkeit der Figur des Einzig der Engel am Wegstuhl der Zeit Lebensfreude hin und her schwankt. Todes von der Bühne. In der Welt des (Myriam Mugg) entzieht sich dem So weit zu den Figuren. Bleibt zu Vorhimmels residiert der gutmütige Tagesstreit rund um himmlische Re- erwähnen, dass die breite Bühne des Patriarch Petrus (hervorragend im formen. Silvrettasaales genügend Platz für den Selbstverständnis der Machtfülle: Auch auf der Erde müssen Patri- stimmungsvollen Aufbau einer Simul- Walter Salner) inmitten weiblicher archen um ihre Rollen der selbstver- tandekoration bot und Daniel Mark Gestalten, die im Patriarchenhimmel ständlichen Machtfülle besorgt sein. sich als Musikant auszeichnete. Selbst irgendwie schon das Szepter in die Da glauben zwei Burschen, Sepp und geschriebene Gstanzeln zwischen- Hand genommen haben. Die Hias (Christian Zangerl und Günter durch rundeten einen durch und durch Erzengelin (Daniela Stenico) sorgt mit Roller), dass ihnen die hübsche gelungenen Theaterabend ab. ihrem Flammenschwert für Disziplin Tochter des Brandner gehöre. Sie Es war, gerade noch vor dem Ansturm und Ordnung, welche ihr vom allzu aber (professionell: Sissi Wolf) will frei der Gäste in Ischgl, ein Seelenbad für verständigen und gnädigen Petrus zu sein, was den beiden nicht in den Kopf die Gemeinschaft des Ortes. Am 7. nachlässig vertreten vorkommen. Mit geht. Allen Dreien wird die Bezie- und 14. Dezember gibt es die näch- Strenge rügt sie die beiden Turmengel hungskiste zum Verhängnis. sten Gelegenheiten, Volksschauspiel (Nikola Aloys und Anneliese Schule), Noch glauben Patriarchen, alles in der im besten Sinn kennen zu lernen. e.s. 15 Theresia Walser

King Kongs Töchter im Schwazer Lendbräu Theresia Walser schreibt zwar über die soziale Realität eines Altenheimes, aber ist nicht dem sozialrealistischen Mitgefühltheater verpflichtet. Angriffslustig stellt sie die Absurdität von Altenbetreuung auf den Prüfstand komödiantischen Theaters. - Theresia Walser wurde 1998 von "Theater heute" zur Nachwuchsautorin des Jahres gekürt. Das Theater im Lendbräu in Schwaz mit Markus Plattner als Regisseur greift das heiße Eisen an und lässt die Haut brennen.... Kellertheater auf städtischem Niveau.

16 Das Stück Da gibt es noch einmal eine Peripetie, spielt in einem Altenheim. Eine kleine, eine Umkehr der Dinge. vergessene Gesellschaft lebt dem En- Vergeblich suchen wir bei Theresia de entgegen. Einer schwingt sich ly- Walser Einen oder Eine, die sich risch zur Reflexion über Zeitlichkeit gegen die Endgültigkeit ihrer Rollen- auf, ein Zweiter konzentriert sich müh- zuschreibung zur Wehr setzen, bei der sam auf den täglichen Kuchen mit sie aufgeputzt in den Tod gehen. Sie Schlagsahne. Bei einem Dritten ist spielen keine Rolle mehr. Sie haben motorisch dagegen noch alles in Ord- ausgespielt. Die Botschaft ist noch bit- nung. Sein Lebenskreis wird aber terer als in dem grandiosen Volksstück doch enger. So wie bei ihm schrump- "Holzers Peepshow" von Markus fen die Worte auch bei den alten Da- Köbeli. Da sitzt der an den Rollstuhl men allmählich dahin bis zu Endlos- gefesselte Alte. Man lässt ihn allein. Er schleifen. Eine träumt sich jung und ist der letzte Überlebende der Fami- hat die Hoffnung noch nicht aufgege- lienidylle. ben, als Frau entdeckt zu werden, die Bei Walser gibt es keine Familie mehr, andere bleibt mit der Jugend über nur mehr die Zwangsgemeinschaft, Briefe im Kontakt. Es ist auf der Bühne die Menschen beseitigt und bereit ist, zu komisch, als dass dabei Mitleid auf- den ersten Schritt zu tun, um kommen könnte. Aber wir erfahren Humanität über Bord zu werfen. über die Realität des allmählichen Ab- bauens in den letzten Lebensphasen Die Rolle des Seniorentheaters vielleicht mehr als über ein realisti- Stücke wie "King Kongs Töchter" sches Abbild solcher Lebensendspiele machen auch Nachdenken über Sinn und Ansätze von Seniorentheater. Der Hintergrund Recht unterschiedlich beschäftigt sich King Kongs Töchter sind drei Pfle- die Theaterwelt mit "SeniorInnen". gerinnen, die versuchen, mit der Ab- Der Theater Verband Tirol bemüht sich surdität ihres Berufes in einer Welt, die mit der Fachbereichsleiterin Linda das Alter verdrängt, irgendwie über die Quehenberger-Dobbs und der Fach- Runden zu kommen. bereichskoordinatorin Priska Terán Sinnsuche findet auch hier auf dem über Schulungen, "Seniorentheater" Wege der Selbstinszenierung und der anzukurbeln. Die "Silberfadentage" Flucht in das Spiel statt, welches sie boten einen Einstieg in diese Welt mit ihren willigen Klienten treiben. und schärften zum Sommerbeginn Sie verkürzen das Leiden am Leben, 2008 den Blick über die Grenzen. indem sie ihre Todeskandidaten in den Ein Vorbild heißt Südtirol, wo die An- süßen Schlaf großer Lebensträume sprechpartnerin und Verantwortliche schicken. Der Tod ist ein Termin. Er Maria Thaler Neuwirth hauptamtlich kommt zu Geburtstagen. Zum Lachen für diesen Bereich angestellt ist und ist das alles nicht, aber es ist Theater, seit 1997 u.a. in Zusammenarbeit mit das ein Fass mit Überdruck aufmacht. dem Amt für Senioren und Sozial- sprengel für Nachhaltigkeit der sozial- Die Bühne als Ventil kulturellen Basisarbeit sorgt. Das Ventil ist die Bühne. Auf der Oft genug wird unselig zwischen Suche nach dem, wie Volkstheater mit Kultur und Sozialem unterschieden. dem Thema umgeht, erinnere ich In Schwaz lebt ein Theaterfanatiker, zunächst an die komischen Alten. Sie der sich in der arbeitsteiligen Sozial- wissen, dass sie "unnütze Esser" sind, kulturwelt mit seiner Energie an allen Schläge ertragen müssen. "´s Nullerl" möglichen Wänden schon den Kopf weiß davon Lieder zu singen, ist aber blutig geschlagen hat. Er hat die alles andere als ein gebrochener Konsequenzen gezogen und ist umge- Mann. Sie gelten als alte Deppen. stiegen, in die Sozialarbeit, allerdings Ihre Reaktion: Ich spiele den Jungen nicht ohne Folgewirkungen auf seine das vor, was sie von mir halten, um primäre Leidenschaft. Mit “King ihnen einen Spiegel vorzuhalten. Kongs Töchter” machte er sich, er, Entweder werden sie böse, wie eben Markus Plattner, Luft. der Typ der "bösen Alten" oder der "giftigen Tratschen" wie in unzähligen Das ist die eine Geschichte - Volksstücken oder sie versöhnen sich die andere ist die des "Tiroler mit dem, was sie im Leben falsch Kleinbühnenkonzeptes". "King Kongs gemacht haben, wie etwa im "alten Töchter" braucht keine Dekoration, ist Much". Die Paradealten sind aber der eine mobile Produktion. Warum sollte "verkaufte Großvater" und der alte dieses Stück nur in Schwaz laufen? Grutz in "Erde". Allen diesen Figuren Innsbruck hat seiner "freien Szene" gemeinsam ist: Sie wehren sich und mit Landesmitteln ein Festival ge- nehmen auf komödiantische oder tra- schenkt. Das ist gut gemeint und ist gische Art vor ihren Endspielen es gut für ein paar Privilegierte. Das Land noch einmal mit den Jungen auf. hat aber wenig davon. e.s. 17 WANN WO WAS WAS WO WANN

Schnupper- bzw. Wo: in den malerischen Gemäuern Termine des Theater Auswahlwochenende: des Schlosses Rechtenthal 24. + 25. Jänner 2009 Tramin (Südtirol) Verbandes Tirol Für dieses Wochendende bekommen Wann: 02. August (Abend) die TeilnehmerInnen bereits im bis 07. August (16 Uhr) Theater mit der Generation 55+ Vorfeld Termine zugewiesen. Leitung: Lorenz Wenda und Lehrgangstermine Tanja Reinalter Die Seminare richten sich an: 27. Feber - 01. März 2009 * alle theaterinteressierten Personen 24. - 26. April 2009 Termine schon jetzt vormerken! mit und ohne Vorerfahrung, die in 03. - 05. Juli 2009 der Seniorenarbeit tätig sind und Generalversammlung des TVT Theatermethoden in ihrer Arbeit Wo: Kulturgasthaus Bierstindl 28. März 2009 am Grillhof / Vill einsetzen möchten Anmeldeschluss: Bildungstage Frühjahr * an Theaterbegeisterte, die eine 20. Dezember 2008 17 .- 19. April 2009 Theatergruppe mit älteren Menschen aufbauen möchten Figurenbaukurs mit Latex 17. - 19. Juli 2009 in Innsbruck 15. - 17. Mai 2009 Festivals Improvisation als Impulsgeber zur Inhalt: Erinnerungsarbeit Grundlegende Verarbeitungs- techniken des Werkstoffes Latex: ANIMA - Internationales 26. - 28. Juni 2009 - Formen von Modellen Figurentheaterfestival in Wien Playback Theater - Erzähltheater - Anfertigung von Einzelstücken "Kommunikation - Vielfalt - Terminänderungen vorbehalten! - Vervielfältigungstechniken Gegensätze" Unter diesem Motto findet das SpielleiterInnen Basisausbildung Leitung: Gerti Tröbinger (OÖ) Internationale Figurentheaterfestival Dieser 9-teilige Lehrgang soll alle des Österreichischen Bundes- Zielgruppe: verbandes Theater statt. Grundlagen, die für die Arbeit des FigurenbauerInnen, WerklehrerInnen, Spielleiters / der Spielleiterin wichtig Bühnen- und MaskenbildnerInnen, sind, vermitteln. Die Module können Im Mittelpunkt des internationalen Menschen mit und ohne Erfahrung Theatertreffens steht die kommunika- auch einzeln besucht werden. im Puppenbau. Anmeldungen für Modul III noch mög- tive Begegnung. Nicht nur zwischen lich. Wo: Kulturgasthaus Bierstindl interessiertem Publikum und vielfälti- Anmeldeschluss: gen Formen von Figurentheater, son- Modul III 17. Juni 2009 dern auch unvermittelt im öffentlichen Wege zur Inszenierung Raum, wo Interkulturalität eine alltägli- Clownworkshop che Gegebenheit darstellt. 19. - 21. Juni 2009 Darüber hinaus soll das Festival den Projektmanagement - für alle interessierten Menschen KünstlerInnen selbst als Raum für Leitungskompetenz mit Vorerfahrung! Begegnungen und Austausch dienen 18. - 20. September 2009 und zu einem Experimentierfeld Aktuelle Theaterformen - Methoden An diesem Wochenende vertiefen wir werden. 07. - 09. November 2009 unsere bereits erworbenen Qualitätskriterien - Feedbackkultur - Grundlagen und legen einen Termin: 22. - 26.September 2009 Medienarbeit Schwerpunkt auf Paarauftritte. Bewerbungen bis 31. März 2009 21. + 22. Februar 2009 Basics of Musical Leitung: Lorenz Wenda 4. Kindertheaterfestival „Kinder spielen für Kinder“ Dieser 3-teilige Basislehrgang richtet Wo: Seminarraum des TVT im Kindertheatergruppen im Alter von 6 - sich an alle musical-interessierten Bierstindl Eingang auf der Rückseite. 12 Jahren sind herzlich eingeladen Menschen ab 18 Jahren. ihre Produktionen zu zeigen. Egal ob Am Programm steht die Erarbeitung Urlaub und Clown es sich um Schulgruppen oder um von Auszügen aus verschiedenen Fünf Tage Clown-Intensivtraining mit eine freie Kindertheatergruppe han- Musicals im Ensemble. Die Urlaubsfeeling bieten wir allen inte- delt, ob Eigenproduktion oder fertiges TeilnehmerInnen sollten leichte ressierten Leuten mit und ohne Stück, wir freuen uns schon jetzt über Vorkenntnisse in mindestens zwei Erfahrung. zahlreiche Bewerbungen. Fächern - Tanz / Gesang / Schauspiel Für die Kinder ist dies eine tolle - mitbringen. Möglichkeit und ein besonderes Alle Details bezüglich Inhalte, Ereignis, ihr Stück auf einer "richtigen Leitung: Ursula Lysser Preise und Anmeldung Bühne" zu zeigen und auch andere (Schauspiel, Tanz, Regie) finden Sie unter Aufführungen mitzuerleben. Bettina Schmid www.theaterverbandtirol.at (Chorus, Gesang) [email protected] Termin: 17. + 18. Juni 2009 Tel. 0512 583186-33 Bewerbungen bis 30. April 2009

18 Der zerbrochene Krug Niederndorf

Man schaut gern über die Grenze. und von sprachlicher Bravour lebt, Und ´s Theata Niederndorf liegt an das ist die Tücke des Objekts und die der Grenze. Es hat sich vor allem Herausforderung, der sich die durch die Umsicht von Reinhard Niederndorfer gestellt haben. Exenberger einen Namen gemacht. Er nimmt seine Funkion als Obmann Der Dorfrichter Adam (mit Norbert des Bezirkes Kufstein im Theater Reinstadler bestens besetzt) wird Verband Tirol und in diesem mit vom Gerichtsrat Walter aus der Stadt Modellaufführungen wahr. Er insze- inspiziert. niert, spielt gewichtige Rollen und übt Exenberger spielt den Herrn aus der sich - zunehmend - im Adaptieren Stadt der Hochsprache angenähert, von Spieltexten. lässt allein dadurch die soziale Differenz spüren. Dorfrichter Adam Für Überraschungen ist immer ge- hat keine Chance, ist Opfer vom sorgt. Die Spielplanpalette der letzten ersten Augenblick an. Jahre - gespielt wird immer im Spät- Seine Bemühungen, die Würde sei- herbst - reicht von der “Wilden Frau” nes Amtes als Richter mit einer (Felix Mitterer) bis zum Winterfrei- gewählten Sprache zu unterstrei- lichtkrippenspiel, aber so richtig zu chen, gibt er schnell auf, wird zum all Hause ist das Ensemble beim fre- zu leicht durchschaubaren Jämmer- chen Lustspiel, etwa bei Peter ling und Kriecher. Landstorfer - der in Niederndorf Das spielt Reinstadler hervorragend Stammgast ist - oder Karl Wittlinger. und das macht auch wesentlich den Wie auch immer, die Stücke kommen Reiz des Abends aus. “narrisch guat” an und “man” orien- Seine Versuche, Haltung zu bewah- tiert sich gerne an denen, die einen ren, scheitern kläglich. Manchmal “Riecher” für Zugkräftiges haben, um hab ich mir gewünscht die Rolle wäre sich was abzuschauen, also trifft man täuschender angelegt und zeigte den in Niederndorf Spielleiter aus dem Dorfrichter in seinem Gefälle, von ganzen Land. einem, dem ich Autorität am Anfang Er greift beim “Zerbrochenen Krug” gerne zugestehe, bis hin zur unwei- nicht auf eine der zahlreichen “Lai- gerlichen Entlarvung. e.s. enspielfassungen” zurück, die zum guten Teil recht fragwürdige Ver- volkstümlichungen des Stoffes sind oder die Geschichte “zum Schulge- brauch” verniedlichen, sondern ori- entiert sich am Original. “Der zerbrochene Krug” von Kleist ist eine programmatische Hinwendung der Theaterliteratur auf Stoffe aus dem Volk. Dass das Stück aber auch Literatur bleibt und sich lediglich stofflich dem Volkstheater anpasst

Himmelblau Hans Salcher

Eine Moritat. Der alte Briefträger ist gestorben. Er kannte das Dorf, er wusste alles. Wehe dem, der es sich mit ihm verscherzt hatte. Der hatte kein gutes Leben. So wie der Weggeher, dem von Kindheit an übel mitgespielt worden ist und der alles Übel auf sich bezieht und darunter leidet. Er will ent- kommen. Aber es gibt keinen Weggang aus dem Dorf außer der Flucht in die Vorstellung von der Verwandlung des Dorfes in eine goldene Stadt. In den Augen jener Dörfler, die man an ihren Orden erkennt, ist dieses Schwärmen gefährlich, denn es erweckt Hoffnungen, die sich nicht einlösen lassen. Heimlich aber ist der Weggeher der Schwarm vor allem von Frauen, die ihn vor der bösen Welt beschützen wollen. Wer sich aus dem Nebel der Enge in die Klarheit unter blauem Himmel hinausträumt, lebt nicht nur gefährlich, sondern wird auch zur Gefahr. Wer weiß, wer den Briefträger umgebracht hat. Und nun ist auch noch eine Frau verschwunden und man kann den Weggeher schon wieder ein neues Grab schaufeln sehen! Über Hans Salcher: www.Hanssalcher.at Zur Bühne: www.theater- werkstatt-doelsach.com Uraufführung: 7. März - Weitere Vorstellungen: 14., 15., 20., 21., 22., 27., 28., 29. im Kulturhaus Aus dem Programm: “Rozznjagd” (projekt 07) von Peter Turrini, “Die Kurve” von Tankred Dorst (Theater präsent), “Die Geschichte von den Pandabären” von Matéi Visniec, “Hautnah” von Theater frei Patrick Marber (Staatstheater), “Bandscheiben-vorfall” von Ingrid Lausund (Kellertheater) und vogelfrei “Quartett” von Heiner Müller (diemonopol) Was trifft mich, was nicht zutrifft, was abtriftet... und was mich betroffen macht

Großstadt Schnupperkurs den darf (so wie Georg Büchners Medien.” Volker König und vor allem “Dantons Tod”, das im Tiroler die Vollblutschauspielerin (und Ener- Ein wenig Großstadt schnuppern ließ Erinnerungsjahr nicht mehr am giebesen) Tamara Stern glänzen bra- “diemonopol” im Rahmen des Festi- Spielpan des Landestheaters steht). vourös im Rollenwechselspiel der vals “Theater trifft” mit “Quartett” von “Quartett” ist ein Endzeitstück, hat Geschlechter, frei nach “Gefährliche Heiner Müller. Hochsaison in aller Welt, und das Liebschaften”. Eigentlich hätte das Stück durchaus in passt so wie die kulturelle Faust aufs “diemonopol” ist Mitglied des Theater das Erinnerungsjahr 2009 gepasst, Auge der Wirtschaft mitten in der glo- Verbandes Tirol und da geht es um nicht nur weil da der Autor seinen 80. balen Krise wirtschaftsliberaler Besitz- außerberufliches Theater von Men- Geburtstag feiert, sondern weil das gier. schen aus dem Land und für das Land Stück von jener Dekadenz handelt, Jeane Moreau und Sami Frey touren jenseits von Profiinstitutionen. die Europa in den Sog der französi- damit durch Frankreich. In China wird Das Festival “Theater trifft” wiederum schen Revolution und in die Napoleo- es aufgeführt. Es war ein Hit am The- versteht sich als Werkschau der “frei- nischen Kriege zog. ater am Schiffbauerdamm in Berlin, en Szene” in Innsbruck. Aus Inns- Ein Nachdenkstück über Moral und fand zuletzt im Wiener Schauspiel- bruck? Für Innsbruck? Alles für das die tödlichen Folgen der Lust an der haus und bei den Salzburger Fest- Volk und was durch das Volk? Gier. “Quartett” entstand 1980, handelt spielen (2007) Beachtung und ver- vom moralischen Zerfall feudaler dient diese auch im “diemonopol”, in Uraufführung "Verliebt in Ischgl, Gesellschaftsstrukturen, was durch- der “Werkstätte als Experimentier- eine Telebordela". aus auch einmal als Vorspiel zum raum für Theater, Tanz, Architektur, Tiroler Heldenzeitalter gedacht wer- Literatur, bildende Kunst und neue Ein Stück bzw. Unstück von Clemens Aufderklamm. Das Stück ist nach der Masche “Hau den Lukas” gestrickt, nicht unbedingt etwas für Klemmer, sondern für die, die sich über sie lustig machen, ein Stück über ein Ischgl- Klischee, es könnte auch in Teneriffa spielen, im Haltlosparadies, abge- schottet gegenüber den Stränden in der Nähe, dort, wo Schwarze ums Überleben paddeln. In “Verliebt in Ischgl” scheint es keine Gegenwelt zu geben. Aber lebt Theater nicht gerade von Gegenwelten, Gegensätzen? Die junge Ukrainerin Natascha ist in einem Geheimbordell in Ischgl gelan- det, zusammen mit Neurona und Lolita. Als Hans, der Bürgermeister und Betreiber des geheimen Clubs bei "seinen" Mädels auftaucht, verliebt sie sich in ihn. “Nataschas Liebe unter- mauert ihre These der unbedingten Determiniertheit des menschlichen Willens. Allen ist klar, dass Natascha nur gerettet werden könnte, wenn Hans ihre Liebe ehrlich erwidern würde”, heißt es im Prospekt. Dem Tamara Stern in “Quartett” Autor ist zu empfeheln, sich Volks- schauspiel in Ischgl anzusehen. e.s. 22 “Norway.today” von trifft" fast vergeblich, obwohl es sie auch aufs Land geschaut wird, zum Igor Bauersima (im natürlich gibt. Wo? Beim freien Spiel Beispiel hätte dem “Theater trifft” “King Bierstindl), “Verliebt in auf Straßen und Plätzen, in sozialen Kongs Töchter” aus Schwaz sehr gut Ischgl” von Clemens und politischen Bereichen (in Tirol getan, um klar zu machen, in welcher Aufderklamm stark: spectACT) oder der Impro- Form Theater im Geist der Zeit (!) (Westbahntheater), visation (Die Impropheten, Szenario), betroffen machen kann. “stiefwittchen.homesto- den Kursen des TVT für Theater- Oder: Hat es Imst nicht so wie Inns- ry” von Christine Frei begeisterte und und und. bruck verdient, Heiner Müllers Groß- (coop.fem.art), “Jason Gegen diese Welt der “freien stadt-Quartett zu sehen? Crane und die Leiche Theaterarbeit” grenzt sich “Theater “Theater trifft” präsentiert die freie am Buffet” von Martin trifft” ab, nicht einmal das Programm- Szene in smarter ART als Großstadt- Kolozs (Gastrotheater), heft erwähnt sie, außer im Vorwort von import. Es warb mit einem Kopf- “Im Schatten des Landesrätin Mag. Dr. Beate Palfrader. schuss. Mich erinnert das an Wilhelm Lichts” von Sylvia Das Festival darf durchaus als gelun- Tell, der sein Ziel verfehlt. Tschörner gen bezeichnet werden, nur schmückt Zumindest hätte in der Broschüre auf es sich mit fremden Federn und über- das nicht miteinbezogene Alternativ- läßt wie eh und je die Freien dem vo- angebot aus der freien Szene hinge- gelfreien Raum. wiesen werden können und es hätte “Nur eine Zeit ohne Geist braucht Zeit- sich zu dem bekennen können, was es geist. Das Theater sollte sich ihm wi- sonst noch ausklammert, nämlich die Von der “freien”, der “bezahlt frei- dersetzen” (Dem Geist? Der Zeit? gesamte Diskussion rund um das en”, der “importiert freien” und der Dem Zeitgeist?), meint Eröffnungs- Tiroler Kleinbühnenkonzept für Tirol, “vogelfreien” Theaterszene rednerin Erika Pluhar, was ja schon als dessen Schmalspurvariante das fast ein Freudscher Versprecher ist. Festival "Theater trifft" entstanden ist, Von der Fragwürdigkeit der Abgren- Einerseits warnt sie vor Anbiederung kulturpolitisch gesehen, hoch löblich, zung der "freien Theaterszene", deren und Abgehobenheit, andererseits ent- in der Vermarktung und Umsetzung Selbstverständnis von Professionalität zieht sie sich mit einer hübschen allerdings ein Kopfschuss. die Abgrenzung gegenüber Laien zu Formulierung der Verantwortung, sich Fazit: Es ist nicht alles professionell, brauchen glaubt. dem Zeitgeist zu stellen. was sich als professionell bezeichnet, Die Abgrenzung der sich als professio- und: Die "freie Szene" wird auch dann Wenn die "freie Szene" diese Abgren- nell deklarierenden Produktionen ge- auf Amateure angewiesen sein, wenn zung braucht, kommt mir das dilettan- genüber "Laien" empfinde ich persön- sie mit Subventionen bedacht wird. tisch vor. Aber auch die Zweiteilung in lich als überheblich und ebenso kurz- Denn diese reichen gerade einmal die Profi- und in die Amateurschiene sichtig wie das rigorose Ausklammern dazu aus, alle ein/zwei Jahre mit riecht nach Abhängigkeit von der all dessen, was den Blick über die einem Festival ein auf Innsbrucks Zweiteilung des darstellenden Spiels Stadtgrenzen hinaus betrifft. Kulturstätten zugeschneidertes Le- in die, die Kunst können, und jene, die Von einem Festival, das Landesmittel benszeichen von sich zu geben. - Gut, es mit mehr oder minderem Geschick in Anspruch nimmt, erwarte ich, dass darauf kann man stolz sein. e.s. nachmachen. Die freie Theaterszene ist nur dort vi- tal, wo eben genau diese und andere Grenzen fluktuierend bleiben. Josef Holzknecht in “Der and´re Ein zur Einrichtung gewordenes Kel- Hofer”, interaktives Spiel lertheater mit seinem publikums- (Einbeziehung der Zuschauer) freundlichen Programm gehört zur im ungewöhnlichen Ambiente "freien Szene", wenn es sich mit die- des Lagerstollens im Bergisel ser SichersteIlung jene experimentel- mit recht aktuellen Inhalten. Es len Freiheiten nimmt, die das eigentli- fand beim Festival der “freien che Anliegen der freien Theaterarbeit Szene” (mit Absage an den sind. Nicht zur freien Szene gehören Zeitgeist) ebensowenig Platz Kultureinrichtungen, die als Subver- wie das Gasthaustheater teiler von Subventionsmitteln auftreten “Geierwally”, die Uraufführung und sich selbst dabei zur freien Szene des Figurenspiels “Der Riese gehörend verstehen. Haymon” und ein bemerkens- Nicht zur freien Szene gehören Unter- wertes Erzählspiel von Barbara nehmen von Theaterprofis, die Lai- Weber, einer sperrigen Tiroler enkräfte zur Durchführung ihrer Pro- Theatermacherin, deren duktionen benützen, sich aber gleich- Schicksal vielleicht am augen- zeitig gegen Laien abgrenzen. fälligsten klar macht, wo die Beim Bedenken dieser Umstände ist selbsternannte “freie Szene” die "freie Theaterszene Innsbruck" nur endet und die vogelfreie halb so groß, wie sie sich neuerdings Theaterszene beginnt. Das groß darstellt, zumal von jener "freien heisst: Heisse Eisen werden Theaterarbeit", die freies Arbeiten in- fallen gelassen, haltlich wörtlich nimmt, also jenseits Unangepasstes wird von Guckkastenmentalität und The- verdrängt, etablierte aterbetriebsamkeit nicht die Rede ist. Provokation wird zum Genuss Man sucht es beim Festival "Theater angeboten.

23 Adam und Eva - Nikolaus - Hart Man “hängt” nicht am Alten, sondern wehrt sich nur durch Beharrung gegen den Mangel an Verständnis.

Das Nikolausspiel aus Gerlos gehört Meistens gibt es auch einen “Präkur- sind Rekonstruktionen barocker Spiele zur Gruppe von Stubenspielen, die in sor”, einen Spielmanager, komische aus der Zeit der Romantik. der Vorweihnachtszeit an mehreren Szenen und eine sogenannte “Rössl- Der Tiroler Volkskundler Anton Dörrer Orten des Zillertals üblich waren. Sie szene”. vermutete, dass die Niederschrift der unterscheiden sich nur in Details von Die zentrale Szene vom “Jüngling mit Variante aus Hart aus der Feder des jenen aus Schwaz, , Vomp, dem Tod” wird gelegentlich “Jeder- Josef Schmalz stammt. Der war Alpbach oder Reith bei Brixlegg, den mannszene” genannt, was insofern Köhler im Thierseetal (1792/3 Fü- Traditionsspielen, die als übliche nicht ganz den Kern trifft, als es hier gen/Zillertal – 1845 Brixlegg/Tirol) von Bühnenvorstellungen, also nicht inter- nicht um den reichen Mann geht, der Beruf und ein eifriger Bühnenschrift- aktiv (Zuschauer miteinbeziehend), vom Teufel verführt vom Tod geholt steller zu einer Zeit, in der Ritterspiele also auf Bühnen vor Zuschauern, die wird, sondern um den Menschen noch ernst genommen wurden. zu dem Spiel kommen, ablaufen. Im schlechthin, also um Adam, dessen Schmalz erhielt für seine meist ge- Stubenspiel ist das ja umgekehrt. Da Schuld nicht die Raffgier, sondern die reimten Stücke den Beinamen “Bau- ist der Wohnraum die Bühne und die Wissbegierde ist. ernshakespeare”. Spielgruppe kommt zu den Zuschau- Nikolausspiele sind “Paradeisspiele”. Gerade weil diese Spiele lange verbo- ern. Das sind Spiele vom Paradies, die ten waren, hing das Volk an ihnen, Nikolausspiele reihen scheinbar nicht nicht nur die Vertreibung aus ihm zum teils aus Trotz, teils als Reaktion auf direkt zusammenhängende Szenen Gegenstand haben, sondern sich die Trennung zwischen Bildungs- und aneinander, die in die vorweihnachtli- grundsätzlich mit dem Thema Schuld Volkstheater, als begonnen wurde, che Zeit hineinpassen. Zu ihnen zäh- auseinandersetzen. Im 16. und 17. dem Volksschauspiel lediglich den len vor allem der “Jedermanntopos”, Jahrhundert spannten Paradeisspiele Wert des Exotischen und hübsch die Geschichte vom reichen Jüngling, den Bogen von der Schöpfung bis zum Naiven beizumessen. den der Tod überrascht, der Streit der Jüngsten Gericht. Sie sind der Pro- Schon in der Zeit des Vormärz, also Engel untereinander und mit Teufeln totyp des barocken Welttheaters, ein um 1820, machten sich Gebildete über um die Seele des Menschen, Einkehr- Werbemittel für die katholische Re- das Treiben der spielenden Dörfler szenen, Auftritte, die Berufe vorstellen form. Es ist kein Wunder, dass sich so lustig. Adolf Pichler zitierte (um 1850) (Standesszenen), und vor allem auch manche Szene aus dem “großen den Dechanten von Fügen aus dem die Szene vom “Guten Hirten”. Der Unterinntaler Paradeisspiel” (um1600) Jahr 1816, wonach sich ganze Kara- Besuch des Hl. Nikolaus ist am Ende in den späteren Nikolausspielen wie- wanen von Gebildeten (und solchen, lediglich so etwas wie ein Nachspiel. der fand. die sich einbildeten aufgeklärt zu sein) Die größte Verbreitung hatte die aus der Stadt in die Dörfer hinaus auf- Im Bild: Seelenwaage im Himmel - Bühnenspielform der Nikolausspiele in machten, “um sich das sonderbare aus: “Der verliebte Adam oder die der zweiten Hälfte im 19. Jahrhun- Vergügen von Bauernspielen” zu gön- Abschaffung des Jüngsten Gerichts”, dert. Sie entwickelten sich schon im nen und zwar nicht zur Erbauung, son- ein neues Mysterienspiel unter 18. Jahrhundert und wurden durch die dern um sich über “das pöbelhafte und Verwendung von Motiven aus dem Spielverbote der “Aufklärung” in der lächerliche dieser Vorstellungen lustig Unterinntaler Paradeisspiel, zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu machen.” Bierstindl, 1993 unterdückt. Was wir heute als “Traditi- Hier schien der Geistliche immerhin Foto R. Larl onsspiele” kennen (Reith, Alpbach...), Verständnis für die Spieler zu haben.

24 Es gibt allerdings Zeugnisse genug, die bestätigen, dass auch Geistliche vehement gegen die “Antropomorphi- sierung”, also die Vermenschlichung Auf den Punkt gebracht: In bzw. Herabwürdigung heiliger Stoffe der Praxis der durch die Bühne wetterten. Wie verteidigte “das Volk” seine Spiel- Nikolausspielgeschichte kultur gegen das auf- und abgeklärte geht es unter der Lächeln von oben herab? Es erklärte, Oberfläche und jenseits der dass seine Spiele uralt seien und des- halb mehr gelten als es das herabwür- Textgeschichte sozial um digende Urteil von “Gebildeten” be- einen zentralen Konflikt im werte. Säkularisierungsprozess. Das ist ein Beispel aus der Geschichte eines Tiroler Kulturkampfes, der nur Die Geschichte der wenigen Insidern bekannt ist und Nikolausspiele ist sozialge- Anlass geben sollte, auch die schichtlich ein Kapitel, Ereignisse der Tiroler Landesverteidi- ger in den Napoleonkriegen unter das zum Umdenken im einen neuen Gesichtspunkt zu stellen. Bewerten von Volkskulur Hier sei nur insofern darauf hingewie- herausfordert. sen, als es zu erklären gilt, wie das “Hängen an der Tradition” im Volks- schauspiel zu verstehen ist. Man “hängt” nicht am Alten, sondern wehrt sich gegen den Mangel an Verständ- nis. Eine solche Umkehr der Sicht auf das Verhältnis zwischen zynischer Stadt- und “rückständiger” Landkultur, zwi- schen Hoch- und Volkskultur, bedeu- tet, den Verlust der Interaktion zwi- schen Gebildeten und weniger Gebil- deten als soziales Drama zu deuten. Aber zurück zum Nikolaus! Der Münchner Volkskundler Hans Schuhladen hat eine fundierte wissen- schaftliche Arbeit über diesen Spiel- typus der süddeutschen Volksschau- spiellandschaft geschrieben. Der neue Spieltext aus Hart (Text vom Schreiber dieser Zeilen) enstand vor zehn Jah- ren. Die volksbarocke Weltanschauung geht von einer strengen Hierarchie und starren Ordnungen aus. Ordnung ist in der volksbarocken Vorstellungs- welt prinzipiell gut und ihr in Frage- stellen prinzipiell böse. Die „Barmherzigkeit“ wird als personi- fizierte Figur neu verstanden. Sie ist nicht mehr nur Gnadenfürbitterin, son- dern Anwältin im Dienst dynamischer Veränderungen von Ordnungen. Das „Nikolausspiel“ ist damit seiner alten Funktion der lebendigen theolo- gischen Auseinandersetzung mit an- schaulich-volkstümlichen Mitteln ver- pflichtet.

Bild rechts: Nikolausspiel aus Hart, 1998, Paradiesszene; der Tod hält dem Menschenpaar einen Apfel hin. Eva greift danach, und in dem Moment verwandelt sich die Frucht in einen Totenkopf. Das Motiv der Fruchtdrehung ist dem Erler Paradeisspiel entnommen. 25 Mit frischen Eindrücken kommt sie dann jeweils zurück - inspiriert zu Neuem. Sie leitet Musicallehrgänge an der Musikschule der Region Telfs, widmet Musi sich in den letzten Jahren zunehmend der Regie und Entwicklung eigener Schmid) ist alles andere als eine Theaterproduktionen, Schauspiele, Hilfskonstruktion, um bekannte Musi- Choreographie mit eingeschlossen. calnummern miteinander zu verbin- “Es muss einfach Spaß machen”, den, sondern eine Stückidee, die Ursula Lysser meint sie, “und da ist es nicht gut mit sogar ohne Musik einen Abend tragen fertigen Texten zu kommen, bzw. es könnte. muss wenigstens so erscheinen, als “Das hab ich schon 2006 bei meinem Ursula Lysser, in Wien geboren, in entstünde alles auf der Bühne aus der Nonnenmusical ´Hois der Teifl´ so der Schweiz aufgewachsen, zu Hause Improvisation, aus dem Nachspielen gehalten”, meint Ursula, die es bei auf Bühnen zwischen Los Angeles bis von dem, was man beobachtet hat. Ich Fortgeschrittenen auch ganz anders Berlin, von New York bis Wien. Sie habe ein Musical für die Musikschule hält. singt und tanzt in Mailand und Zürich in Telfs geschrieben. Präsentiert Sie studierte nicht nur das Tänzeri- (“Cats”), Wien (“Chicago”) und kommt haben es die Absolventinnen des sche beim “Ritter Rüdiger” für eines schönen Tages, vor sechs ersten Musicallehrganges im No-vem- “Bluatschink” ein, sondern choreogra- Jahren, nach Tirol und ist nun wohn- ber, in vier Vorstellungen.” fierte auch für die Marc Hess - haft in Axams. Company “Jesus Christ Superstar” in “Wie geht das”, fragte ich? Und sie Das Vorzimmer der Innsbrucker Eishalle und im antwortet kurz und bündig. “Es sind Es heißt “Das Vorzimmer” und handelt Kongress “Let´s swing”. die roten Nasen”. Ach ja, Lysser ver- von 5 Sekretärinnen. Sie arbeiten alle Im übrigen ist sie auch öfters in Film steht sich auch auf Clownerie, im gleichen Raum, haben den glei- und Fernsehen und als Moderatorin Improtheater und Theatersport. Bei chen Status, den gleichen Chef und auf Messen und Galas zu sehen und den “roten Nasen” in Wien lernt sie stehen unter dem Kommando der glei- lässt die Gelegenheit nicht aus, zwi- ihren Mann kennen und über ihn Tirol. chen Personalchefin. Doch so sehr die schendurch auch einmal ein Kinder- Da lebt sie nun mit Mann und Kind und Büromöbel sich ähnlich sehen, die 5 stück für die “Innsbrucker Pradler Rit- bringt ein Stück weite Welt ins Land, Damen sind eben grundverschieden, terspiele” zu inszenieren und ihr Eh- mit Workshops in Telfs in Sachen angefangen vom Alter, über Ge- renamt als Zuständige für die Sparte Musical, Jazzdance und Schauspiel. schmack bis hin zur Lebensphiloso- Musical beim TVT auszufüllen. e.s. Sesshaft hat sie sich in Axams ge- phie. Plötzlich heißt es, der Posten der macht. “Im Mittelgebirge sehen die Personalchefin werde neu besetzt. Da Für alle musicalbegeisterten Men- Berge nicht so bedrohlich aus wie von hört das Miteinander auf und es schen ab 18 Jahren bietet der Theater herunten im Inntal. beginnt der Kampf um den Job mit Verband Tirol ab Jänner 2009 einen Natürlich zieht es mich immer wieder allen Mitteln, und dazu gehören natür- dreiteiligen Basislehrgang an. Um ein hinaus. Jedes Jahr einmal tröstet mich lich “stutenbissige Lieder”. effektives Arbeiten zu ermöglichen, der wunderschöne Blick vom Roß- Umsonst. Am Ende erfahren wir, der findet vor Beginn des Lehrgangs ein kogel über die Hohe Munde bis zur Posten wird gestrichen. Nun heißt es Auswahlwochenende statt. Nordkette nicht über das Verlangen wieder Solidarität für “bussiness as Mitzubringen sind neben der Freude nach Großstädten hinweg. Ich lasse usual” zu üben. am Musical leichte Vorkenntnisse in kein Jahr vergehen, um mir zehn Tage Die Geschichte (unter der künstleri- zwei der folgenden drei Fächer: lang die neuesten 10 Musicalproduk- schen Leitung von Ursula Lysser und Tanz - Gesang - Schauspiel tionen in New York anzusehen.” der musikalischen Leitung von Bettina Details: www.theaterverbandtirol.at

"Das Vorzimmer" Musikschule Telfs Foto: Michael Wedermannn FFoto:

Das Vorzimmer 26 icals The Puncher Idee und Buch von “The Puncher - Wie lange brauchst Du, bis Du wieder stehst” stammen von Bernhard James Lang, die Musik schrieb Gerd Lorün- ser und die Produktionsleitung hat Barbara Ditterich übernommen. Sie singt seit 1990 beim Gemischten Chor Allerheiligen (GCA) im Alt und bildet sich in der Landesmusikschule Völs seit einigen Jahren unter Thomas Mächtlinger und Lucia Müller weiter. Sie ist Obfrau des Pfarrgemeinderats in der Pfarre Völs und Lehrerin an der HAK in Innsbruck und arbeitet auch an der Pädagogischen Hochschule Tirol. Das spektakuläre Unternehmen kam Ende Oktober in der Parrkirche Völs zur Uraufführung. Nach einigen Vorstellungen wird es weiter zur Tour- nee angeboten. The Puncher Abgesehen vom Spaß, den die Dar- steller am Sich-Ausleben-Können haben, ist das Spiel nur durch eine rie- - Wie lange brauchst Du, bis Du wieder stehst? sige Kraftanstrengung (Tanz, Schau- spiel, Gesang, Orchester) der Verant- heißt, dass erwachsene Darsteller und Das Erarbeiten des Musiktheaters mit wortlichen möglich geworden. Wohl Jugendliche in den Proben gemein- den Jugendlichen soll selbst bereits in aufbereitet wurde aber auch der Hin- sam an Themen wie Persönlichkeits- einer Weise geschehen, dass ethisch tergrund, die Begründung des päd- entwicklung und Beziehung arbeiten wichtige Punkte des Zusammenle- agogischen Werts. Auch wenn es sich werden. Diese beschränken sich na- bens in der Gemeinschaft und die hier- im Spiel von selbst erfüllt, sei sie hier turgemäß nicht ausschließlich auf den für geeigneten Modi intensiv themati- zur Nachbereitung angeführt. Jugendlichen, sondern betreffen den siert werden sollen. Menschen schlechthin, egal ob alt Kampfsport: oder jung im gemeinschaftlichen Zu- Psychologisches Musiktheater: „The Puncher“ ist deshalb in Form sammenleben. Somit soll dieses The- „The Puncher – Wie lange brauchst eines Boxkampfes angelegt und ater nicht ausschließlich die Jugend Du, bist Du wieder stehst?“ soll einen anstelle von Szenen in „Runden“ ansprechen. subtil geführten Kampf zwischen angedacht, um die Assoziation zu die- Tradition und „Moderne“ thematisie- sem Kampfsport zu wecken. Pädagogische Zielsetzung: ren, dem 10-mal „Du sollst!“ (in Form In Zeiten der verstärkten Wahrneh- der Zehn Gebote) und der Direktive Zum Inhalt: mung von Jugendkriminalität und des „Tu, was Du willst!“ Da sich dieser Eine Gruppe von Heranwachsenden daraus resultierenden Bedarfs an Kampf meist unter der Oberfläche bewegt sich auf ihrer Suche nach Prävention und Schutz soll dieses psy- abspielt, wird dieses Stück auch Selbstfindung und -verwirklichung auf chologische Musiktheater unter ande- „Psychologisches Musiktheater“ ge- einem schmalen Grat - dem zwischen rem dazu beitragen, die Eigenverant- nannt - die Aussage findet sich zwi- der eigenen Freiheit und der wortung der Jugendlichen zu stärken. schen den Zeilen. Erkennbar wird die- Abhängigkeit von den Regeln der Dabei soll das Hauptaugenmerk weni- ser Konflikt sowohl auf der Ebene der Gesellschaft. Pete und seine Kum- ger auf einer moralischen Unterwei- Jugendlichen wie auch auf der der panen sind wie tausende andere sung liegen, sondern vielmehr auf Erwachsenen. Erstere versuchen, im Heranwachsende erst nach langem dem pragmatischen Aspekt, dass rein Rahmen ihres Erwachsenwerdens Ringen bereit, ihre Verantwortung in egoistisches Handeln im Sinne der ihre Rolle in der Gesellschaft zu finden der Gesellschaft wahrzunehmen. Sie unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung und dabei, unterstützt durch mancher- testen ihre Grenzen aus, vor allem nur kurzfristig dienlich sein kann, auf lei fragwürdige Maxime einer vielfach aber die der anderen und gehen bei lange Sicht jedoch Einsamkeit und hedonistisch denkenden Gesellschaft, ihrer Suche nach der eigenen Leid produziert. Gerade der/die Ju- mit dieser wiederum konkurrieren und Befriedigung teilweise äußerst brutal gendliche auf der Suche nach seiner zusammenzustoßen. Die Erwach- vor. Bis sie, von den Konsequenzen /ihrer Stellung in der Gesellschaft ist senen selbst nehmen diese Maximen ihrer Handlungen eingeholt, erkennen gezwungen, Selbsteinschränkung zu (wie ein „Erlebe oder verwirkliche dich müssen, dass Leben irgendwie anders erlernen, ebenso die Fähigkeit, Leid selbst!“) häufig als hoffnungsvollen geht, als sie es sich vorgestellt haben. zu ertragen und auszuhalten, um be- Rettungsanker aus trostlosem Alltag Von den zu besetzenden 13 Rollen ist ziehungs- und gesellschaftsfähig agie- und schwer zu ertragenden Normen allerdings nur ein Teil jugendlich, das ren zu können. und als Selbstverwirklichung wahr.

27 großen Spaß an der absurden Clownerie. So hat es die Bearbeitung wohl auch gedacht. Höchst köstlich darf Andreas Hofer als Lachfigur auf- treten, Frankenstein zog alle Register des Klischees, ebenso sein Begleiter, der Schönheitschirurg, der offenbar kein Blut mehr sehen will, aber unter Frankensteins Knute seinem Ruf als Skalpellheld wie ein geprügelter Hund nachkommt. Köstlich. Auch die fröhli- chen Mörderschwestern sind zum Totlachen unbedarft. Alles wunderbar. Aber? Ja, aber. Die Verfilmung von Kesselrings 1939 geschriebenem Stück erfolgte zur Zeit als der Kessel von Stalingrad zur mör- derischen Falle wurde und millionen- fach ohne Skrupel mit Giftgas Völker- mord betrieben wurde. Kesselring hat 1939 wohl von KZs nichts gewusst. Meine Frage: Wo ist die Grenze? Bei dem ganzen Grusellustspiel rinnt mir nicht ein Mal der Schauer des Abgrunds den Rücken herunter. Nicht ein Mal ist nackte Mordlust in den Arsenik und Augen der lächelnden Mörderinnen zu sehen. Freilich, das ist eher eine Frage nach der Verantwortlichkeit bei den Bear- Spitzenkragele in Rum beitern denn eine Sache an die Adres- se der Spieler, die das Ganze als Vor brechend vollem Saal ging in Rum Sie haben einen Bruder, der wie Krimi-Lustspiel mit Musik genommen bei Innsbruck unter der Regie von Frankenstein aussieht und auch im haben. Eine Groteske wäre dagegen Doris Plörer “Arsen und Spitzenhäub- Mörderhandwerk geübt ist. etwas bizarr Überzeichnetes, dessen chen” in die Endrunde. “Arsenik und Vor einigen Jahren spielten die Ru- böse Normalität im Kontrast zur “Über- Spitzenkragele” nennt sich die Tiroler mer ein ähnlich schwarzhumoriges spielung” unter die Haut ginge. e.s. Version der Kriminalgroteske von Stück, “Der Elefant im Porzellanladen” Joseph Kesselring, die in der Adaption (C.B. Gilford). Nur, da bringen sich von Veronika Eberle und Lorenz Gut- Damen im Konkurrenzkampf um die Aus der Probenarbeit mann als Minimonstershow mit Musik Gunst eines schönen Mannes gegen- “Arsen und Spitzenhäubchen” spukte (von Stepan Costa) für die Telfer seitig um. Auch da hatte Doris Plörer schon lange in unseren Köpfen herum. Volksschauspiele tirolisiert worden ist. die Regie über, es war eine hervorra- Es wurde sogar vor Jahren mit den Zwei nette ältere Damen befördern gende Theaterarbeit, handwerklich Proben begonnen, musste aus berufli- nette alleinstehende Herrn mittels Gift auch diesmal. Das hochmotivierte chen Gründen beendet werden. ins Jenseits, gänzlich ohne Skrupel. Ensemble spielte und sang und hatte Jahre zogen ins Land und nach äußerst schwierigen Stücken, die mit großem Erfolg und viel professioneller Anerkennung über die Bühne gingen - warum nicht ein Singspiel? Wer will schon singen? Außer denen, die bereits bei einem Chor mitsingen - kei- ner. Nach der Generalprobe haben alle gemeint, so streng war ich noch nie und so früh geschliffen ist noch nie geworden. Ja, wenn sie alle so gut vorbereitet waren, so viel eigene Ideen eingebracht haben, dann konnte ich natürlich mehr fordern, nur so kann man schauspielerisch wachsen. Das größte Kompliment für mich war: Man hatte den Eindruck, ein jeder spielt eine Hauptrolle, so haben auch die "kleinen" Rollen ihre Szenen voll ausgefüllt. Das Stück ist auch nicht abgefallen, die Spannung haben alle durchgehalten. Doris Plörer

28 Aufgeblasen und abgedreht: Theater mit Händen Ballonfiguren modellieren lernen Die Kunst des Ballonmodellierens wird oft als zusätzliche Dienstleistung bei Kinderfesten angeboten. Weil sie und Füßen auch Bestandteil vieler Zauberdarbie- tungen ist, widmen wir vom Magi- schen Zirkel Tirol unsere nächste Fortbildungsveranstaltung diesem Thema. Ballons sind aber nicht nur für Zauberkünstler eine beliebte bzw. nützliche Technik, sondern auch für Clowns, Schauspieler, Puppenspieler, Geschichtenerzähler usw. Wir laden auch alle TVT-Mitglieder herzlich zur Teilnahme an unserem Ballonzauberabend am 16. 01. 2009 ein. Das Treffen beginnt bereits um 17 Uhr mit einem kleinen Buffet, ersten Zaubereien und Gelegenheit zum Kennenlernen. Um 18 Uhr fängt das eigentliche Seminar an, anschließend bleibt ebenfalls noch Zeit zum Reden, Essen und Zaubern. In der Nummer 3/2008 widmete sich kanten war. Als Höhepunkt für Als Gaststar und Top-Referentin “Spiel” den unterschiedlichsten For- Liebhaber des traditionellen Figuren- haben wir Sabina Kellner eingeladen, men des Figurentheaters. Es galt den theaters konnte das Theater Plauen- eine ausgebildete Dipl.-Ing. für Abschluss der Fortbildungsreihe “Fi- Zwickau “Das Puppenspiel vom gurentheater und Puppenspiel” zu fei- Doktor Faust” anbieten. ern. Inzwischen gibt es von einem Aus Südtirol war das Figurentheater neuen Highlight zu berichten, von den “Namlos” aus dem Pustertal für die 9. Internationalen Figurentheaterta- ganz kleinen Zuschauer zu Gast, de- gen in Innsbruck, die vom 17. bis zum ren Leiter die Osttiroler Figurenthea- 19. Oktober 2008 das Kulturgasthaus tergruppe der Theaterwerkstatt Döl- Bierstindl in ein Puppenhaus verwan- sach zum fingerfertigen Umgang ver- delten. anlasste... Einen nachhaltigen Eindruck hat Das war allerdings beim beim Festival dabei Anne Klinges Fußtheater ebenso wenig zu sehen wie das “Hausfrauenreport und andere Dra- Neueste aus der Werkstatt von TUPI- men” hinterlassen. LAK. Ingrid Alber-Pahle und Tochter Gut besucht von den Kleinen war der präsentierten im Rahmen der “wilden Workshop, der sich mit dem Basteln Wochen” im Bierstindl die Geschichte und der Technik des Schattenspiels vom Riesen Haymon in offener Raumplanung und Raumordnung, die beschäftigte, dessen Krönung die Spielweise, bei der Puppen und vor 10 Jahren über die Jonglage zur Vorstellung der “Bremer Stadtmusi- Menschentheater gemischt ist. e.s. Ballonmodellierkunst kam. Sie ge- wann den 1. Platz für die beste Multiballon-Skulptur auf dem interna- tionalen Treffen der Ballonmodellier- künstler "MillenniumJam 2004" in Belgien. Auftritte und Workshops in aller Welt folgten. Wer sich im Vorfeld noch eingehender über Sabina infor- mieren möchte, findet mehr auf ihrer Homepage: "www.twistart.at"

Das nötige Material ist vorhanden, kann aber auch gern mitgebracht werden. Vorkenntnisse sind willkom- men, aber nicht Voraussetzung. Ter- min: Freitag, 16. Jänner 2009, 17 - 20 Uhr Veranstaltungsort: Leosaal Innsbruck, Anichstraße 36, Stöcklgebäude Unkostenbeitrag: 35,- € (Buffet inbe- griffen) Kontakt: Magischer Zirkel Tirol, Franz Kaslatter, 0699/ 11188585, [email protected] 29 Das war das Jahr. Aus der Sicht des Novembers im Das außerberuflichen Spiel und Theater Tirols.

Im November ist der Terminplan der Theaterjahr 280 Bühnen in Nord- und Osttirol - so ist auf der Internetseite des Theater Verbandes Tirol nachzulesen - am dichtesten. Da gibt es mehr Vorstel- wie´s lungen als im Dezember, obwohl an allen Ecken und Enden Kinder vor- weihnachtlich mit Märchen und Nikolaus gefüttert werden. Es gibt bisher war mehr Theater als in der sommerlichen Freilichtlandschaft, in der Täler, Städte und Regionen um den Lorbeerkranz der bedeutendsten und und im erfolgreichsten Volksschauspiele des Landes buhlen. Vom Winter wollen wir erst gar nicht reden. Sport und Theater sind Welten, die weiter voneinander November entfernt sind, als sie gewöhnlich gese- hen werden. In beiden geht es um Spiele. Beide sind gerne am Ball, machen sich von Publikum abhängig ist und paaren das Vergnügen gesehen zu werden mit der Lust an Selbstdarstellung und Selbsterpro- bung. Diejenigen, die sportelnder Weise im Winter nach Tirol kommen oder hier leben, nützen das Geld, das sie aus- geben und nützen es aus, denn Sport ist teuer, vor allem das Pistenvergnü- gen. Nach der letzten Abfahrt geht es allenfalls ab zu Events in Apres- Skistadeln und nicht in Gemeindesäle zum Dorftheater. Theater ist zu anstrengend für strapazierte Muskeln und ausgepowerte Lungen und wer in Saison geht oder Saison hat, dem taugt diese Entspannung, die das Theater anbietet, nicht. Theater ist kein Mittel gegen das verleugnete Ruhebedürfnis. Kurzum, Theater hat außerhalb der touristischen Saisonen Saison. Längst hat sich die Situation der Zeit des Massentourismus umgekehrt. Gespielt wird nicht für Gäste. Diese werden zwar gerne gesehen und mitgenom- men und es gibt auch einige Orte, wo dezidiert dieser Zuschauerschicht zuliebe die Klischees von Bergbauern- idylle und guten alten Zeiten bestätigt werden, nur ist diese Welt - gerne medial und nostalgisch von Medien als die Volkstheaterwelt künstlich am Leben gehalten - nicht die Realität des außerberuflichen Bühnenspiels in Tirol. In ihm werden Beziehungskisten ausgetobt, Verirrungen und Verwir- rungen der Lächerlichkeit preisgege- ben. Soziale und regionale Integration wird zum Programm erhoben und der Vielfalt scheinen keine Grenzen gesetzt. e.s.

30 “Daniel” - eine Uraufführung in größten Erfolge bisher: "Jekyll & Besetzungscouch Haiming und seine Kirchdorf: Hyde" sowie "Jesus von Texas". Filme im Oberland bereits ein Begriff. “Frohes Fest” bestätigt die Redewen- Blunt - “Schau mal - ich sage doch nur, Ausgespochen konsequent geht dung "dümmer als die Polizei erlaubt", dass fünfzig nicht mehr das ist, was es Monika Stenier (Wörgötter) ihren Weg was auch für Polizisten gilt. Die mal war. Fünfzig ist jetzt mittleres als Dramatikerin, im Lustspiel mit Ordnungshüter Gobbel und Blunt ha- Alter. Fünfzig - ist jetzt das, was vor einer lockeren Hand (“Keine Angst vor ben die schwierige Aufgabe, am zehn Jahren vierzig war" - wird von scharfen Kurven”) und im ernsten Heiligabend einem älteren Ehepaar Stefan Perwög dargestellt. Er ist seit Fach mit sozialem Engagement. Von mitteilen zu müssen, dass dessen Beginn der Besetzungscouch auch als der zweiten Art ist “Daniel - Briefe an Tochter bei einem Verkehrsunfall ums Obmann-Stellvertreter mit von der seine Mutter”. Leben gekommen ist. Partie. Daniels leibliche Mutter Evelyn ist tod- Als sie sich zu dem schweren Gang krank. Doch bevor sie sterben muss, entschieden haben, setzen sie eine “Sei im Pool mein Krokodil” möchte sie ihren Sohn, den sie vor 25 Kette von Katastrophen in Gang. Aus Bernd Spehling schrieb dieses Strand- Jahren zur Adoption freigab, wenigs- guten Absichten entwickeln sich und Sandstück rund um die Lust am tens noch einmal sehen. Zur gleichen schreckliche Missverständnisse. Kost- Pool, in dem sich Wasernixen räkeln Zeit versucht Daniel, seine leiblichen proben gefällig? und Machoaugen an Rundun-gen Eltern ausfindig zu machen, da er in Gobbel: "Ich weiß nicht, warum sie`s begeilen. Es wird tief in die Mot-tenkis- Kürze heiraten will. nicht wissen, aber ich weiß, dass ich`s te gegriffen, es hagelt Macho-sprüche Seine Adoptiveltern fühlen sich ihnen gesagt habe!" Der Darsteller der und anschließende Macho-entlarvun- gekränkt und wollen nicht, dass Daniel Figur, das Silzer Multitalent Emanuel gen und das alles an der Grenze der seine wahren Eltern findet. Kurz vor Bachnetzer, ist durch seine Hauptrol- Absurdität. Manches überschritt auch Evelyns Tod kann sie ihren geliebten len in Imst (Humiste), Silz und bei der die Grenze der Geschmacklosigkeit, Sohn aber doch noch einmal sehen. Zum Nachdenken die Abschiedsge- danken von Daniel: “...Mama, wir durf- ten uns nicht lange sehen, und doch kommt es mir vor, als würde ich dich genau kennen. Uns war ein Leben, getrennt voneinander, bestimmt. Aber jetzt hat unser Schicksal es noch gut mit uns gemeint und uns zusammen geführt”.

Haiming: “Frohes Fest” auf der Besetzungscouch

Eine schwarze Komödie von Anthony Neilson aus dem Jahr 2002 hatte am 14. November Premiere. Regie führte Peter Schaber, der für Überraschun- gen immer gut ist. Peter Schaber hat seine ersten Schritte als Regisseur bei der Heimatbühne in Haiming absolviert und ist seit der Gründung ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Vereins. Neben Inszenierungen auf anderen Bühnen (z.B. Theatergruppe Ober- hofen etc.) ist er vor allem mit der Besetzungscouch beschäftigt. Seine Mit zwei unterschiedlichen Aufführungen von Karl Schönherrs “Frau Suitner” in der jüngsten Zeit, mit einer in Imst (unten: Humiste) und einer in Kufstein (oben: Tiroler Volkstheater) zählt die Meistertragödie von Karl Schönherr zu den beliebtesten Stücken auf Tirols Volksbühnen in den letzten Jahren. Die letzten Inszenierungen auf Freilichtbühnen gab es zuletzt bei den Schlossbergspielen Rattenberg in der Inszenierung von Pepi Pittl und bei den Geierwally-Freilichtspielen in der Regie von Markus Plattner zu sehen. 31 wenn das Derbe nicht gleichzeitig auch von der Lust am Bloßstellen abgefedert wäre. Kurzum, man macht Urlaub. Eine graue Maus, die im Leben gelernt hat, dem Gatten die Füße zu küssen, kommt, ein Schatten ihrer selbst, an den Strand, unschlüs- sig, unsicher, ein Hascherl. Der Gatte dagegen telefoniert mit seiner Geliebten. Die Gattin müsste es hör- ren, aber ist es gewöhnt, wegzuhören. Plakativer kann das Gemälde einer Ehe auf dem Holzweg nicht hingerotzt sein. Nun, und dann entwickelt sich aus der Verzagten ein Mäuschen, aus dem Mäuschen ein Schlängel-chen, und aus dem Schlängelchen ein höchst attraktives Krokodil. Und als sie der Ehemann zu beehren anfängt, Am 20. Dezember hat im BIM (Bühne Leben keinen ‘Platz’ für behinderte fängt sie an schnappig zu werden. Imst Mitte), der Kellerbühne von Mitmenschen haben. Seither hat sich Abgesehen davon, dass die Witze hin Humiste, die sich zum Kulturzentrum viel Positives getan. und wieder doch deutlich unter der für Theater und Kleinkunst in der Woran es aber mangelt und was sich Gürtellinie sind und der Effekt des Region Imst herausmausert, für unser Leben und die Zukunft der Lachens im Textbuch nicht vorgese- “Butterbrot” von Gabriel Barylli Gesellschaft erahnen lässt: Wir wer- hen ist, darf das Experiment im Pool, Premiere. Gernot Jäger führt Regie. den noch weniger Zeit für Menschen das von den Schauspielen Kauns Der Dreimännerhaushalt besteht aus aufbringen, die einen schwierigeren auch in Fiss zu sehen war, als gelun- Bernd Sonderegger, Hannes Tollinger Startvorteil haben. Damit sind nicht nur gen betrachtet werden. Das Aha- und Karlheinz Gigele Behinderte gemeint. Auch andere, die Erlebnis für mich bestand darin zu nicht so jung, schön, erfolgreich … merken, dass das Publikum bei Spä- : Von denen, die Idioten spie- sind, bleiben in der heutigen Zeit oft ßen, die über die Stränge hauen, nicht len und jenen, die sie für Idioten mehr oder weniger auf der Strecke.” mit Schenkelklopfen reagierte und bei halten. Und was heißt das? Adi Knoflach hat feineren Späßen (die es auch gab) seine ursprüngliche Absicht “Kein hellauf frei heraus lachte. Stücke von Zuerst wollte Adi Knoflach lediglich Platz für Idioten” lediglich zu adaptie- Bernd Spehling sind im plaususverlag “Kein Platz für Idiooten” von Felix ren (das geht ja nur bis zu einer gewis- erhältlich, der Leseexemplare (zum Mitterer spielen und war sich erstens sen Grenze, ohne Autorenrechte zu Anlesen 50% des Textes) per Inter- der Signalwirklung des Stückes verletzen) fallen gelassen und zum net zuschickt. Über den Autor erfährt bewusst, aber auch, dass sich die selben Stoff ein neues Stück geschrie- man aber auch alles auf www.thea- Probleme der Integration heute inzwi- ben. terkomödien.de e.s. schen anders darstellen als vor dreißig In den dreißig Jahren ihres Bestehens Jahren, als das Stück entstand. Das Beispiel eines Klamaukstückes hat sich die Dorfbühne vor allem Mitterer selbst hat dem Umstand der Volksschauspiele Kauns lehrt durch ihre ambitionierten Produktio- Rechnung getragen, als er vor ein nicht nur: Du sollst nicht mit nackten nen profiliert, vor zehn Jahren gab es paar Jahren seinen Erstling für die Fingern auf angezogene Menschen “Munde” von Mitterer als Freilichtauf- Schlossbergspiele Rattenberg adap- zeigen, sondern ist auch ein gutes führung zu sehen (gegenwärtig am tierte. Adi Knoflach meinte dazu in der Beispiel dafür, dass deftige Stücke Spielplan in Birgitz), gut in Erinnerung Homepage der Patscher Bühne: “Felix moralisch sein können. - “Sei im sind auch “Die Stumme” und die Mitterer war es, der uns vor drei Jahr- Pool mein Krokodil”, Schauspiele “Thurnbacherin”. In den letzten Jahren zehnten deutlich zeigte, dass wir in Kauns in Fiss. Regie: Josef Falkeis allerdings lag der Schwerpunkt beim unserer Gesellschaft und in unserem Boulevard.

Mils: Und alles auf Krankenschein

Während in der Realität das Gesund- heitswesen am Plafond seiner Mög- ichkeiten in der Spannung von hohen Erwartungen und technischem Fort- schritt einerseits und dem Finanzier- baren angelangt ist, sind die Umstän- de zum (Lach)Reizthema auf Bühnen geworden. Die turbulente Komödie von Ray Cooney hatte am 15. November in Mils Premiere. “Zum Besuch dieser witzig-spritzigen Verwechslungskomödie besorgen Sie sich einen Krankenschein zur Nach- behandlung von Lachkrämpfen und Lachfalten!”

32 Westliches Mittelgebirge - Axams- wurde eine gelungene Inszenierung Birgitz mit idealtypisch besetzten Rollen. Allen voran Ilse, Birgit und Janin, die Im westlichen Mittelgebirge südlich eine Anti-Männer-WG gegründet von Innsbruck hat das Theater im haben und keinesfalls Männer über Herbst immer Hochsaison und in den ihre Schwelle lassen wollen. Liebe, übrigen Jahreszeiten meistens. Das sagt Ilse, sei doch nur eine biochemi- Stubenspiel “Der Andre Hofer”, mit sche Reaktion und Männer ganz und dem die Sendersbühne auf gar überflüssig! Das hält aber weder Tournee (über 20 Aufführungen) ging, Kurt noch Manfred ab, ständig in die wird im Frühjahr wieder aufgenom- Wohnung zu platzen. Als dann noch der Theatergruppe Heiterwang sehen men. Janins Exfreund Felix die Wohnung Sie wie Anna und Paul ihrem pubertä- Aus Axams ist zu melden, dass das stürmt, kann ihn Tante Thea nur noch ren Sohn die Welt erklären und ihn mit Lustspiel “Hochzeitstag mit Hindernis- mit einem raffinierten Plan hinauslo- Hilfe von Onkel Norbert auf die Schule sen” in den fünf geplanten Aufführun- cken. Schließlich sorgen noch die und das Leben vorbereiten. Familie gen guten Anklang gefunden hat und Hausmeisterin Frau Ratschenbichler Schell erwartet wichtigen Besuch. Für dass das Volkstheater mit seinem ei- und Herr Wirrmaier, der sich entweder Dr. Hengst und seine Gattin wird groß genen Haus und seiner Schönherrtra- in der Telefonnummer oder im aufgetischt. Warum wohl? Und dition den Anlass 1809-2009 nicht Stockwerk irrt, für einen abgerunde- schließlich sind wir noch bei Mathilda vorübergehen lassen will. “Judas von ten, vergnüglichen Theaterabend. eingeladen, die ein Geburtstagsfest Tirol” ist in engster Wahl. In Lang- mit vielen Überraschungen feiert.” kampfen ist das Stück übrigens im "Die Alchimisten" März am Spielplan. Ritterspiele:”Cyrano in Buffalo” Bis Ende November war auf der Dorf- Rotkappl und La Cape Belle ist eine bühne Birgitz “Munde” von Felix Mitte- Theaterproduktion der Gruppe “Die Nach den großen Erfolgen der Inns- rer zu sehen. Nähere Informationen Alchimisten”. “Szenario Tirol” infor- brucker Ritterspiele, für die im Kultur- zur Geschichte hat die bilderreiche miert (www.szenario-tirol.org): The- gasthaus Bierstindl der “schurkische Homepage: http://dorfbuehne.com aterwerkstatt für Menschen mit und Kuno” längst nur mehr eines von drei parat. ohne Behinderung in der Regie von Standbeinen ist, mit Märchen (alle Vor- Nicola Frantzu und Wolfgang Klingler stellungen von “Hotzenplotz” im De- : Alles nur Chemie spielen: Das Rotkappl und ihre recht zember waren im November schon eitle Schwester La Cape Belle sind ausverkauft) und Boulevardkomödien Die Volksbühne Oberperfuss brachte beim Kuchenbacken, als unverhofft darf man auf Ken Ludwigs “Cyrano in im November das Stück "Liebe? Alles Mutti in die Küche stürmt und von Buffalo” gespannt sein, der ab 9. Janu- nur Chemie!" von Elfriede Wipplinger Großmutters gar schwerer Krankheit ar am Programm steht. zur Aufführung. Nach dem großen berichtet – seit Tagen keine Obsttorte, Der 1950 geborene amerikanische Erfolg zum 25jährigen Jubiläum mit kein Alkohol – das kann es nicht sein. Autor Ken Ludwig ist dem Publikum der Farce "Arsen und Spitzenhäub- Da heißt es für die beiden jungen seit "Othello darf nicht platzen" bes- chen" gönnte sich die Spielleiterin Damen hinaus in den dunklen Wald tens bekannt. Sein Hit "Cyrano in Johanna Rubatscher eine wohlver- zur Oma. Aber Vorsicht! Immer der Buffalo" kam im Jahr 2000 im Theater diente Pause und ermunterte Thomas krummen Nase nach, Augen zu und in der Josefstadt zur österreichischen Kuen, sich einmal selbst mit der durch – ansonsten drohen Begegnun- Erstaufführung. Angkündigt wurde sie Regiearbeit auseinanderzusetzen. gen mit gefährlichen Gestalten dort so: “Eine herrliche ‘Theater-auf- Kuen, der seit einigen Jahren bereits dem-Theater’-Komödie über Extra- in den unterschiedlichsten Rollen Die Termine: Di, 15.01. - 20 Uhr im vaganzen und Größenwahn von Pro- überzeugt hatte, setzte mit dem aus- Theater Szenario in Hall und Mo, vinzschauspielern, über die Neurosen, gewählten Stück neue Akzente. Es 21.01.2008, 15.30 Uhr, Olympiaworld Intrigen und Techtelmechtel der Möch- Innsbruck, im Rahmen der Special tegernstars hinter den Kulissen. Das Olympics Österreich. Schauspieler-Ehepaar Charlotte und George Hay hat schon bessere Zeiten Heiterwang: Einakter erlebt. Statt wie früher am Broadway zu spielen, tingeln die beiden nun mit Im letzten Jahr gab es hier 13 Episo- Noel Cowards ‘Intimitäten’ und den, die mit einer Conference verbun- Rostands Degenstück ‘Cyrano de den waren. Das Modell fand allgemei- Bergerac’ durch die amerikanische nen Beifall. Man hat es variiert und es Provinz. An einem schicksalsschwan- in diesem Jahr mit drei Einaktern aus geren Tag im Jahre 1955 gastiert die dem Deutschen Theaterverlag ver- Theatertruppe in Buffalo. Das Unheil sucht. Nach sechs Vorstellungen lässt nimmt seinen dramatischen Lauf. Die sich sagen, den Jüngeren gefällts, wahnwitzig anmutende, chaotische, manch älterer Besucher liebt einen aber rührende Alltagsgeschichte einer durchgehenden Handlungsfaden über Theaterfamilie, bestehend aus lie- den ganzen Abend. In der Ankün- benswerten, aber hoffnungslos unver- digung auf www.theatergruppe-heiter- besserlichen Egoisten.” wang.at heißt es: “Wer von uns möch- Vorgesehen sind 16 Aufführungen im te nicht gerne hie und da bei anderen Januar und Februar; Nähere Infor- zum Fenster hineinschauen, um zu mationen: www.innsbrucker-ritterspie- beobachten, was dort geschieht? Bei le.info

33 “Hans im Glück”, Leobühne “Der Ziegenpeter auf der Zauberalm”, “Shakespeare” der Künstlerkinder Kolpingbühne Hall “Froschkönig” aus Steinach “Dornröschen”, “Hoztenplotz” im Bierstindl “Die Heilige Nacht”, Kulissenschieber “Bremer Stadtmusikanten” , Kufstein Schwaz “Riese Haymon” im Bierstindl “Der böse Wolf und die sieben “Der gestieflte Kater” in Wattens Geißlein”, Kematen “Der Zauberer von Oz” VT Brixlegg

Kinder, Kinder, Kinder

34 intim begegnet zu sein. Die Jungfrau korrigiert diese Aussage leicht, indem sie zu Protokoll gibt, dass der Um- stand ihrer Unberührtheit ihrem Wider- stand zu verdanken sei und der Zim- mermann sich Intimität schon vor dem gesetzlich geschützten Datum der Hochzeitsnacht gewünscht hätte. Himmlische Freud Mitterers Stück "Krach im Hause Gott" ist sperriger als der Vaterschaftspro- zess von Kishon, was hauptsächlich daran liegt, dass der Prozess auf der contra höllische Lust Erde Emotionen wie Eifersucht, ver- drängte Lust, Liebe, Hass und hölli- sche Verachtung zulässt, während im Teufel Anton Schatz Himmel über den Nebeln der Leiden- schaften gewöhnlich nur geistige Aus- und Volders sind Nach- Anfang war das Wort"), aber bei ihr einandersetzungen stattfinden. bargemeinden. Beide spielten sie kurz war es das Leben. Nicht ganz so glo- Mitterer behilft sich über diesen Man- vor Weihnachten Stücke, die mit mehr bal, dafür aber mit weniger ideologi- gel hinweg und lässt "das Weib" in vie- oder minder Augenzwinkern volksba- schem Nachdruck nimmt es Kishon lerlei sinnlicher Erdengestalt auftreten. rocke Mysterienbildchen von Himmel im Vaterschaftsprozess. Bereits im 18. Jahrhundert gab es in und Hölle komödiantisch übermalen. Da wird dem alten Herrn Gott nachge- Tirol aufklärerische Mysterienspiele! Ephraim Kishon führt uns den "Vater- sagt, sich das Recht der ersten Nacht Noch ist eine ernsthaft-komödianti- schaftsprozess des Zimmermanns bei der Jungfrau Maria genommen zu sche Form der Auseinandersetzung Joseph" aus dem Jahre Null vor, ab- haben, wobei mildernde Begleit- mit dem Stoff aus heutiger Sicht über wechslungsreich und gekonnt ins- umstände des Tatbestandes vorliegen die Klischees hinaus, die wir von zeniert von Karl Schatz im Lobkowitz- und der patriarchalisch-absolutistische barocken Prozessvorstellunen zwi- gebäude des Salzlagers Hall u.a. mit Übergriff sich auf das gute alte Recht schen Himmel und Hölle kennen, nicht Mathäus Moschen als Herr Gott, berufen kann. geschrieben worden. Anton Schatz als Teufel und Caroline Überdies ist es dem Herrn Gott gelun- Die Erinnerung an die barocke Spiel- Knapp als Maria, allesamt von der gen, bei besagtem Zeugungsakt die tradition und das, was an Weltan- Bühne Hall-Schönegg (www.theatek- Jungfernschaft Mariens zu erhalten. schauung dahinter steht, ist dem kol- stuecke.info/Theaternetz/buehenhall- Auch ist selbige Frauensperson zum lektiven kulturellen Gedächtnis im 19. schoenegg). Zeitpunkt der Befruchtung mit geisti- Jh. abhanden gekommen. Der Rest ist "Krach im Hause Gott" ist nicht minder gem Beistand noch nicht mit dem ... Klischee und Klischeekritik. e.s. ein Prozess. Während bei Kishon Zimmermann Josef liiert. Dieser ist "Herr Gott" auf der Anklagebank sitzt, zwar in der Zwischenzeit mit Maria Mathäus Moschen als Herr Gott, lässt Mitterer Gott zu Gericht über den verlobt, kann aber glaubhaft anführen, Caroline Knapp als Maria und Andrea Menschen sitzen und Jesus zwecks selbige Jungfrau bis Dato noch nicht Nagiller als Verteidigerin; Hall tpz Erlösung des Menschen leiden. Die Zeit des Prozesses ist nicht das Jahr Null, sondern die Endzeit heute. Sa- tan hält den Prozess für sinnlos, denn der Mensch sei ohnedies dabei, sich selbst auszulöschen, man braucht nicht zu Gericht über ihn sitzen. Widerwillig muss er (prächtig gespielt von Franz Sieberer) allerdings auf höchstes Geheiß die Verteidigung übernehmen. Nichts desto weniger ist auch hier Gott angeklagt. In seinem biblischen Alter hat er ganz darauf vergessen, dass Maria nicht nur die Mutter seines Sohnes ist, sondern irgendwann ein- mal ja auch seine Partnerin gewesen sein dürfte. Da aber der Mensch ins- gesamt eine Fehlschöpfung war, hat es der alte bärtige Herr im Himmel nötig zu verdrängen, dass auch die Himmelsmutter einen Anspruch auf Beteiligung an der Macht hat, ja und es ist sogar die Frage, ob ihr Anspruch nicht überhaupt der ältere ist, denn er schöpft zwar fleißig, aber sie trägt in sich Leben aus. Sein Schöpfungsakt war von Beginn an nur verbal ("Am

35 n Über Freundschaft & Menschen ohne Freunde Forumtheater in Assling

Elf junge Menschen aus der Gemein- Thema entsprechend ernsthaft zu und Unausgesprochenes und Worte, die de Assling haben sich von 19. - 21. 09. gleichzeitig gab es Momente, bei verletzen. Die letzte Szene nahm für ein Theaterprojekt der besonderen denen man manchmal sogar Tränen einem fast den Atem, wenn die gären- Art getroffen. "act it! - Forumtheater" lachen musste. Die Bilder und Szenen de, unterschwellige Aggression offen ist ein Angebot von kontakt+co Sucht- stellten Fragen und in Improvisationen zu Tage trat. Im zweiten Durchlauf - prävention Jugendrotkreuz und bietet wurden Antworten gesucht. Etwa: Wie das Stück begann nach einer gemein- die Möglichkeit, sich alltägliche Situa- fühlt es sich an, zwischen zwei oder samen Übung und einer Erklärung der tionen einmal genauer, in Form eines mehr Entscheidungen eine treffen zu Spielregeln von vorne - ist das Forum theatralen Dialogs, anschauen zu kön- müssen? Oder: Was macht Angst mit (das Publikum) an der Reihe. Durch nen. mir? Wie ist es, manipuliert zu sein, ein "Stopp!" konnte die Szene ange- Organisiert wurde das Projekt von der oder selber Manipulator zu sein? Wo halten werden und es wurde möglich, Leiterin des Jugendforums Assling steckt Aggression und wo sitzt das in eine Rolle zu schlüpfen und der Edith Lanser. Referent war der Thea- Vertrauen? Geschichte einen anderen Verlauf zu terpädagoge Armin Staffler. Am dritten Tag dann die große Auf- geben. Es brauchte Mut, um einen "Forumtheater" ist in Assling kein regung: Die Jugendlichen haben aus ersten und auch weitere Einstiege zu Fremdwort, gab es doch vor dreiein- sich heraus Material gesammelt und wagen. Aber die Thematik ging unter halb Jahren schon einmal ein höchst ein Stück entworfen, das aus fünf kur- die Haut und niemand konnte nur pas- erfolgreiches "act it!" und somit fiel den zen Szenen bestand und unter der siv da sitzen, ohne sich dabei seine Jugendlichen die Entscheidung mitzu- Regie von Armin Staffler Form an- Gedanken zu machen. machen leicht. In entspannter At- nahm. Es dauerte ca. 15 Minuten. Alle Viele Zuschauer wollten letztendlich mosphäre ging es am ersten Abend elf Mitwirkenden spielten eine Rolle in ihre Ideen auch auf der Bühne sichtbar darum, das gemeinsame Thema zu ihrem Stück, das sie "Stuhlrausch" machen. So entstanden viele neue konkretisieren. Die Jugendlichen ent- betitelten, sie spielten im gesamten Varianten, in denen die Figuren im schlossen sich über "Freundschaft, Projekt immer die Hauptrolle. Stück Verantwortung übernehmen, Beziehungen und Dazugehörigkeit" Die Inszenierung war aber erst die Respekt aufbringen, aufeinander nachzudenken, nachzuspüren, aus halbe Arbeit! Der spannende Moment zugehen, andere Worte wählen und so ihrem eigenen Erfahrungsschatz Situ- kam, als das Publikum am Sonntag die Situation im Vorfeld entschärften. ationen hervorzuholen und auf die um 19.00 Uhr den Saal des Kultur- Einer von den jüngsten Zuschauern Bühne zu bringen. Wissen Sie, was heims füllte. Zahlreiche junge und älte- getraute sich auch und zeigte, wie die ein "MoF" ist? Ein "Mensch ohne re Asslinger waren gekommen, nicht bedrohliche Schlussszene enden Freunde". Wie kommt es dazu, dass nur um zuzuschauen, sondern um mit- könnte, wenn es einen guten Freund jemand von einer Clique ausgegrenzt zuwirken, unter ihnen Bürgermeister gibt, der im richtigen Moment da ist! wird? Hat so jemand dann überhaupt Bernhard Schneider. Armin Staffler Nicht enden wollender Applaus zeugte keine Freunde? Welche Einflüsse erklärte kurz die Entstehung der von Begeisterung. Die jüngeren spielen dabei eine Rolle? Szene, dass sie nicht die wahre Asslinger, die diesmal im Publikum Am zweiten Tag ging es mit Übungen Geschichte eines Spielers, sondern waren, fragten nach, ob sie in einem, rund um das Thema weiter, der ganze die ehrlichen Fragen der ganzen zwei Jahren, wenn es "act it!" hoffent- Körper war auf der Suche nach Gruppe zeigt, und die Besonderheiten lich wieder geben wird, dabei sein kön- Ausdrucksformen, nach Bildern für des Forumtheaters. Dann wurde das nen. Eine besondere Form der Beziehungen und eigenen Haltungen. Stück einmal in der Originalversion Anerkennung. Theater ist in erster Linie intensive gezeigt. Das Projekt wurde ermöglicht durch Körperarbeit. So kommen wahre, Kurz zum Inhalt: Eine Beziehung wird die großzügige finanzielle Unterstüt- authentische Gefühle auf. Ganz viel per Handy beendet, oder auch nicht. zung der Gemeinde Assling, des Lan- entwickelte sich durch Spiele, es heißt Es geht um fehlende Kommunikation, des Tirol, Abt. Kultur, des Theater schließlich Theater-Spielen, die das sorglosen Umgang mit den Gefühlen Verbandes Tirol und von kontakt+co Material lieferten, das für das Stück anderer, mangelnde Unterstützung, Suchtprävention Jugendrotkreuz. gebraucht wurde. Dabei ging es dem wahre und falsche Freunde, um Silva Lamprecht Text vorgezeichnete Geschehen aus der Perspektive der Figuren betrach- tet. Das gibt den SpielerInnen die Möglichkeit, sich selbst im sozialen Gefüge des Stücks einzufinden. Bei der Präsentation der Szenen im Plenum wird das Verhalten der han- delnden Person immer auch aus der Perspektive nicht beteiligter Figuren und BeobachterInnen szenisch reflek- tiert. Dadurch ist immer die ganze Gruppe gefordert und am Interpretati- onsprozess beteiligt. Die szenische Interpretation, in den 1980er Jahren von Ingo Scheller ent- wickelt und erprobt, sollte ursprünglich SchülerInnen einen erfahrungs- und handlungsbezogenen Zugang zu lite- Hamlet - Ein Held? rarischen Texten eröffnen, indem ihre spezifischen Leseweisen Ernst ge- nommen wurden. Diese Methodik eig- Szenisches Interpretieren mit Ingo Scheller net sich besonders für den Umgang Die Veranstaltungen der ARGE ten wir einen bestimmten Gang, eine mit Dramentexten, die ja für die "Darstellendes Spiel" (PH - Tirol) ste- Haltung, Mimik und Gestik für die von Aufführung bestimmt sind und daher hen in diesem Schuljahr unter dem uns gewählte Figur aus dem Stück. erst wirklich verstanden werden kön- Motto "Held/-in Tirol" und werden vom Wir verfassten Rollenbiographien, nen, wenn sie in Szene gesetzt und Theater Verband Tirol mitgetragen und stellten uns Rolleninterviews und auf die Bühne gebracht werden. Sie ist organisiert. spielten Szenen, wobei wir uns strikt aber genauso hilfreich für das Ver- Für das erste Fortbildungsseminar an den von Shakespeare vorgegebe- ständnis und die Deutung von anderen konnte Ingo Scheller, ein Spezialist für nen Text halten mussten. Er wurde in Textsorten. Der Text ist das Spiel- Szenisches Spiel, Szenische Inter- der Vorbereitung auf die Präsentation material für die Einfühlung, die Iden- pretation und SpielleiterInnen-Ausbil- mehrmals laut in verteilten Rollen tifikation, das Handeln in vorgestellten dung, gewonnen werden. Der frühere gelesen. Rollen und Szenen und damit für das Hochschullehrer an der Universität Diese und zahlreiche andere Übungen Ausprobieren von und Nachdenken Oldenburg ist Autor von einschlägiger halfen uns bei der Einfühlung in über fremde und eigene Haltungen Fachliteratur. Aus seiner Feder stam- Figuren und Szenen, und regten uns und Verhaltensmöglichkeiten. Im men z.B. das "Handbuch szenisches an, eigene Vorstellungen zum Text Verlauf der szenischen Interpretation Lernen", "Szenische Interpretation von und zu den "HeldInnen" des Stücks zu werden daher auch vorgefertigte Dramentexten" oder "Szenische Inter- entwickeln sowie Anknüpfungspunkte Rollenbilder, wie das vom idealen pretation". für persönliche Erfahrungen und Helden, hinterfragt, zerlegt und mit Obwohl seit ein paar Jahren im Haltungen zu finden. den im Spiel gewonnen Erfahrungen Ruhestand, hat er sich von seinem Wir übernahmen die Rollen der und Erkenntnissen ergänzt, abgeän- Garten im äußersten Norden von Figuren im Stück, fühlten uns in diese dert und neu definiert. Deutschland weg begeben, um im ein, und zeigten in den Rollen han- Und damit sind wir wieder bei einem Haus der Begegnung in Innsbruck mit delnd unsere Sichtweise von den im der Projektziele von "Held/-in Tirol", einer Gruppe von 19 LehrerInnen bzw. Text entworfenen Figuren. nämlich es Jugendlichen mit Hilfe dra- TheaterpädagogInnen zwei Tage lang Als SpielerInnen hatten wir dabei die mapädagogischer Methoden zu das von ihm entwickelte Konzept der Gelegenheit, uns auf persönliche ermöglichen, persönliche Antworten szenischen Interpretation an Sha- Weise dem Fremden - z.B. uns frem- auf Fragen, wie "Wer ist ein Held?" kespeares "Hamlet" auszuprobieren. den Verhaltensweisen und Eigen- "Wodurch wird jemand zum Helden?" Was empfindet Hamlet, nachdem sein schaften - zu nähern, indem wir über- zu finden. Vater ihm als Geist erschienen ist, wel- legten, wie sich unsere Figur in der Im Seminar mit Ingo Scheller haben che Gedanken gehen Claudio wäh- Szene verhält, welche Ziele sie ver- wir die szenische Interpretation als rend seiner ersten Regierungserklä- folgt, welche Motive dahinter stehen lebendige, intensive, kreative Recher- rung durch den Kopf, auf wessen Seite und welche Gefühle sie dabei bewe- chemethode erlebt. Diese Art der Spu- steht Gertrude, was wünscht sich gen. Dabei konnten wir sowohl etwas rensuche macht Lust auf Forschen, Ophelia, wenn sie ihr Bruder Laertes über dieses Fremde, Andere als auch Analysieren, Reflektieren. vor einer Beziehung mit Hamlet warnt, über uns selbst entdecken. Irmgard Bibermann wie sieht Polonius die Entwicklungen Mit den im Raum befindlichen Objek- am Hof von Dänemark, wie geht es ten und Materialien bauten wir den Bernardo und Marcellus beim Wache- Handlungsort für unsere Szenen und PS: Außerdem wurde am ersten schieben, wie beurteilen Güldenstern kamen innerhalb kürzester Zeit mitten Nachmittag das Projekt "Held/-in Tirol" und Rosenkranz die Geschehnisse in der Familientragödie am Hof in von den InitiatorInnen Irmi Bibermann am Hof, was halten die Totengräber Helsingör an, in einer Atmosphäre von und Hermann Freudenschuß den von den Ereignissen rund um die fürst- Rachegedanken, Zweifeln, Schuld- KollegInnen vorgestellt. Anschließend liche Familie? All diesen Fragen waren gefühlen, Verunsicherung, Misstrauen, hatte die Seminargruppe die Ge- wir während des Seminars auf der Machtgier, Ängsten, Intrigen und legenheit, die von Irmi und Hermann Spur und Ingo Scheller leitete uns Lüge. entworfenen dramapädagogischen Schritt für Schritt auf einem sehr inter- Einfühlung, Spiel und Reflexion sind Unterrichtseinheiten "Helden wie wir" essanten, spannenden Weg hin zu die drei Säulen der szenischen und "Andreas Hofer - Denk mal, persönlichen Antworten. So entwickel- Interpretation. Anfangs wird das im Mensch" praktisch zu erproben.

37 Nachbarn Zuletzt aufgelesen

Wörgl: dächtnis geblieben ist. Er kann erst ”Der Mann ohne Vergangenheit” gehen, wenn noch einmal das Leben von Aki Kaurismäki an ihm vorübergezogen ist. Auf der Suche nach Arbeit wird ein Mann ausgeraubt und zusammenge- Kirchbichl: schlagen und verliert als Folge des- Ende November abgespielt - immer sen sein Gedächtnis. Auf seinem Weg ausverkauft - hat die Volksbühne zurück ins Leben verliebt er sich in Kirchbichl “Und alles wegen Gaby” eine Heilsarmistin, findet die Liebe von Günter Philp. Näheres: www.vb- und entdeckt Werte, derer er sich kirch-bichl. com nicht zu schämen braucht. Mehr über diese bemerkswerte Produktion auf: Fügen: ”Elefant im Porzellanladen” www.gsbw.net Beim Kulturverein Fügen geht es mör- derisch zu. In einem Boardinghouse Die Geierwally-Freilichtspiele für alleinstehende Damen stehen alle Lechtal Elbigenalp laden ein unheimlich auf einen 40-jährigen, gut- Die besinnliche Zeit des Jahres naht. aussehenden Junggesellen (Haupt- Wir wollen Ihnen zu diesem Fest ein kommisar beim Morddezernat), der im ganz besonderes Geschenk für Haus gegenüber wohnt und den die Aufsteiger des Jahres in Bayern Familie und Freunde ans Herz legen. Damen täglich durch ein Fernglas Beschenken Sie Ihre Liebsten mit beobachten. Seit Jahren informiert sich Günter einer Eintrittskarte der Geierwally Gemeinsam überlegen sie, wie sie ihn Schweiger aus Schwaig (Niederbayer Freilichtbühne für das Stück „Die zu sich ins Haus locken könnten, ganz bei Neustadt) über das, was sich in Lawine“. Mit ein wenig Glück sind Sie einfach! - man braucht eine Leiche. Tirol am Theater der Dörfer tut. Und der Gewinner von 2 Eintrittskarten, Und so muss eine aus der Runde da kann es schon vorkommen, dass welche wir unter den ersten 50 Be- nach der anderen daran glauben. zu Aufführungen plötzlich ein stellungen verlosen. Informationen Schwarm von schweren Motorrädern und Karten unter www.geierwally.lech- angebrummt kommt, denn die Thea- tal.at oder beim Tourismusverband terer aus Schwaig sind Motorradfans Lechtal unter 0043/5634/5315 DW 12 und Günter Schweiger hat ein Motor- bei Frau Andrea Weger. radhaus in Schwaig. Schon mehrere Stubenspiele hat er sich aus Tirol Stefan Hellberts neuestes Stück: geholt und nun will er einen Impuls “Der Haspinger” nach Tirol zurückschicken. Mit gro- Ein noch nicht uraufgeführtes ßem Erfolg spielten die Schwoagara Theaterstück ist nicht öffentlich, also Ganghofers Geschichten vom "Jäger kann noch nicht viel von “Der vom Fall". In der Presse wurde das Haspinger, für Gott Kaiser und Unterfangen besonders gelobt: “Die Vaterland” verraten werden. So viel Geschichte des Jägers vom Fall ist aber darf gesagt werden, dass es bei Der sichtlich gut gelaunte Obmann hinlänglich bekannt, hat aber - in einer dem Stück aus der Feder von Stefan ders TVT lud aus Anlass seines leider allzu oft gänzlich verkitschten Hellbert um ein Auftragswerk der 60ers und des 60ers von Hermann und melodramatischen Lesart - Gemeinde Gsies (Geburtsort von Freudenschuß den Vorstand in sein scheinbar an Aktualität verloren. Doch Haspinger) im Gsiesertal Südtirol Gartenhaus. Bei der Gelegenheit Regisseur Günter Schweiger gelingt (Pustertal) handelt und dass es um spielten Dagmar Konrad (Sekretariat es, das Schicksal der Modei und des ein Erinnerungsspiel geht. Die Augen des TVT) und Priska Terán Forstgehilfen Friedl ohne jegliche sen- des Rotbart sind trübe geworden und (Spartenkoordinatorin des TVT) timentale Überfrachtung wirklich filtern auch das, was dem im Totenbett mächtig auf und zeigten, was sie im anrührend in Szene zu setzen....” liegende Kapuziner 1858 im Ge- Clownkurs alles gelernt haben.

38 Nach intensiver Auseinandersetzung mit Berthold Brechts "7 Todsünden der Kleinbürger" wurden Recherchen WoZu Grenzen in der Geschichte und in den Seelen der Menschen betrieben. Fazit, es kam zu einem Stück, in welchem die Todsünden genauer unter die Lupe genommen und von mehreren "TOP 7 - Charts to Hell" Perspektiven durchleuchtet werden. Modernes Theater in 12 Bildern Eine alte Thematik in absolut neuer Gewandung. Eine Inszenierung, in der der/die ZuschauerIn den Sünden Dramaturgie: Lukas M. Coser, David Pfister selbst ins Auge blicken muss. Regie: Lukas M. Coser, David Pfister Erzählt wird die Geschichte eines Altersempfehlung ab 16 jungen Mädchens, Anna, welche von der Gesellschaft losgeschickt wird, in Beginn jeweils 20 Uhr15 die großen Städte der Erde, um Geld Eintritt: € 8/6,50 für ein neues Kaufhaus zu beschaf- fen. Und wo dieses Mädchen zu Brechts Zeiten den Verlockungen noch widerstehen konnte, stellt sich Termine: in der heutigen Zeit erst die Frage, Premiere: 10.01.2009 wo denn überhaupt die Grenzen die- ser Sünden liegen. 11./17./24./25.01.2009 und 01.02.2009 Kartenreservierung unter 0650/7021083 oder events@wozu- grenzen.at Studio des Kulturgasthauses Bierstindl, Klostergasse 6, Innsbruck

Glückwünsche des Theater Verban- des Tirol überbrachte Verbands- Kufstein 100 Jahre obmann Werner Kugler persönlich. Weiters gab es Ausschnitte aus zuletzt Ein würdiger Rahmen, ein niveauvoller das Ehrenzeichen für Kunst und Kultur aufgeführten Produktionen und die Abend, ein voll gefüllter Saal, eine der Stadt Kufstein. Die zweite Überra- "Gedanken eines Schauspielers", vor- Theaterabordnung aus Augsburg und schung? Das Tiroler Volkstheater Kuf- getragen von Herbert Sommer, sowie dazu viele Ehrengäste, Freunde und stein wird auf Vorschlag der Gemein- Grußworte der Augsburger Partner- Gönner. Das Volkstheater Kufstein deführung künftig den Namen "Stadt- bühne TIF. ließ es bei der 100-jährigen Geburts- theater Kufstein" tragen. Sketche und musikalische Auszüge tagsgala richtiggehend "krachen". Musikalisch, kulturell, farbig und kuli- von "claribasso" aus dem Programm Es ist schon eine schöne und großarti- narisch anschließend der gesamte "Servus Wien" mit Gunther Hölbl und ge Sache, wenn man sich ein vierstün- Programmablauf. Die Kufsteiner "Büh- einigen Liedern der "Herren Wunder- diges Geburtstags-Programm seiner nenflöhe" begrüßten die Anwesenden lich". Für den restlichen Abend bzw. eigenen 100-jährigen Vereinsge- und Harald Rella mit Zieharmonika- Morgen wurden die Gäste von schichte aus dem eigenen Bereich spieler Alois Pfurtscheller präsentierte Gerhard Rupprechter und Lois heraus selber inszenieren kann. Nicht im Saal und auf der Bühne das "Lied Pfurtscheller musikalisch unterhalten. programmieren konnte man jedoch die des Jubilars". Geburtstagsüberraschungen des Über die Vereinsgeschichte gab es Kufsteins Bürgermeister Herbert Kufsteiner Bürgermeisters Herbert eine Film- und Foto-Power-Point- Marschitz stellte sich bei Obfrau Marschitz. Als erstes übergab er an Präsentation, zusammengestellt von Hildegard Reitberger gleich mit Ver-einsobfrau Hildegard Reitberger Klaus Reitberger. Die Grüße und Geburtstagsgeschenken ein.

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