stadt Das offizielle Magazin der Stadt - journal Juni 2017 TOURISMUS STADTFEST INTERVIEW Mit vereinter Kraft Zehn Jahre Sinn und Zweck von in die Zukunft Rapperswil-Jona­ Legislaturzielen

«Die Auftritte bleiben unvergesslich» Stefan Hofer, Präsident der Stadtmusik ­Rapperswil-Jona porträt 2 Juni 2017 Foto : Katharina Wernli Katharina Foto :

Impressum Das «Stadtjournal», das offizielle Magazin der Stadt Rapperswil-Jona, erscheint zwei- bis dreimal jährlich und wird an alle Haushaltungen in Rapperswil-Jona verteilt. Zusätzliche Exemplare sind auf Anfrage bei der Stadtkanzlei erhältlich.

Redaktion Herausgeberin : Hansjörg Goldener (Leitung), Stadtverwaltung Rapperswil-Jona Jacqueline Olivier, Thomas Rüegg, St. Gallerstrasse 40 Laura Verbeke 8645 Jona Design Katja Hösli, MDC GmbH, Teufen AR Druck Bruhin Druck AG, porträt Juni 2017 3

EDITORIAL Der rote Faden

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner kann und was kaum überraschen wird: von Rapperswil-Jona Der Verkehr wird uns beschäftigen – und mit dem Verkehr auch die Siedlungs- Nach vielen Berufsjahren in der Privat- und Raumplanung. wirtschaft, zuerst in einem Industriebe- trieb und danach in einem Anwaltsbüro, Wir spüren das starke Bedürfnis in habe ich im Januar mein Büro im Stadt- dieser Stadt, Mobilität und Siedlungs- haus Rapperswil-Jona bezogen. Es gibt entwicklung Hand in Hand zu planen. wohl kaum einen abwechslungsreicheren Gleichzeitig wissen wir, dass ein rascher Job als jenen des Stadtpräsidenten – Befreiungsschlag nicht möglich ist. Der jeden Tag etwas Neues, vom Bauprojekt Stadttunnel ist eine langfristige Lösung, zur Abfallentsorgung, vom Altersheim auf die wir nicht tatenlos warten kön- zur Kultur etc. Eine besondere Freude ist nen. Wir wollen deshalb das Nebenein- die Zusammenarbeit mit den Mitarbei- ander von Stadt und Verkehr verbessern, tenden der Stadtverwaltung – ich erlebe die Lebensqualität entlang der vielbe- hier viel Sachverstand, Motivation und fahrenen Achsen erhöhen und die Stau- Dynamik. Dass Entscheidungsprozesse zeiten im Rahmen des Möglichen redu- beim Staat trotzdem länger dauern als in zieren. Der Weg dazu ist im Masterplan der Privatwirtschaft, ist der faire Preis umrissen und in Umsetzungskonzepten der Demokratie. Hier entscheidet nicht konkretisiert. Nun muss es uns gelingen, der Chef nach eigenem Gutdünken, diese Ideen und Projekte verständlich sondern umgesetzt wird, was politisch und nachvollziehbar zu vermitteln. mehrheitsfähig ist – und das will immer wieder ausgehandelt werden. Einen Blick auf einige ganz tolle Sei- Martin Stöckling ten unserer Stadt gewährt die aktuelle Dennoch – oder gerade deswegen – ist es Stadtpräsident Ausgabe des «Stadtjournals». Lassen Sie dem Stadtrat ein Anliegen, dass die Po- sich «gluschtig» machen auf das Stadtfest litik in Rapperswil-Jona einem roten Fa- halb Jahre Richtschnur ist. Wir werden vom 19. und 20. August, lassen Sie sich den folgt. Diesen roten Faden haben wir der Öffentlichkeit die wichtigsten inspirieren von den «Voyages entre les definiert im Rahmen der Schwerpunkt- Zielsetzungen in den nächsten Monaten langues» und seien Sie ein bisschen stolz planung, die uns die nächsten dreiein- präsentieren. Was ich schon verraten auf unsere schöne Tourismusregion.

Inhalt

4 Aktuelles aus der Stadt

6 Die neue Tourismusorganisation gibt Gas

10 Grund zum Jubeln: Rapperswil-Jona feiert den zehnten Geburtstag

13 Stadträtin Tanja Zschokke über die Bedeutung von grünen Stadtoasen

14 Die Stadt in Zahlen: Von offiziellen und inoffiziellen Badeplätzen

17 Die Jugendreporter zeigen ihre Lieblingsorte in der Stadt

18 Interview: Warum Legislaturziele für die Führung einer Stadt wichtig sind

22 Zehn Fragen an Hans Bianchi, Leiter der ARA

23 Ein Schlossgut verwalten? Für Felix Hollenstein eine Selbstverständlichkeit

26 Kunstprojekt: Von Bank zu Bank und von Sprache zu Sprache reisen

29 Die Stadtmusik pflegt Tradition und Moderne gleichermassen Juni 32 Flavia Bruggmann, jugendlicher Coach beim Jump-in-Sunday 2017 34 Hausgeschichten: der «alte Sternen» war Gaststätte und Bollwerk

35 Kulturhighlights news aus der stadt 4 Juni 2017

Sport und Alter Zwei neue Fachstellen eingerichtet

In Rapperswil-Jona sind zahlrei- im Alters- und Gesundheitsbereich pertin, Gerontologin und Dozentin che Sportvereine aktiv. Seit Ende initiiert werden. Zur Vernetzung Undine De Cambio wird ihre Arbeit Februar haben sie nun eine direkte und Koordination der städtischen als Fachstellenleiterin Mitte August Anlaufstelle in der Stadtverwaltung: Aufgaben und Stellen sowie zur aufnehmen. Sie wird stadtintern Die Fachstelle Sport und Bewe- Förderung der Zusammenarbeit die erste Ansprechperson im The- gung kümmert sich beispielsweise zwischen städtischen, kantonalen menbereich sein, den Kontakt zur um Fragen der Hallenvergabe, die und privaten Organisationen wurde Stiftung Rajovita sicherstellen und Vernetzung der Vereine unterein- die Fachstelle Alter und Gesundheit die Massnahmen des neuen Alters- ander oder mit der Schule oder um geschaffen. Die erfahrene Pflegeex- leitbilds umsetzen. (red) Bau- und Sanierungsprojekte. Auch die Förderung und die Unterstüt- zung von Sportanlässen sowie die Foto: zvg Foto: zvg Förderung von Sport und Bewegung ausserhalb der Vereine stehen auf dem Programm des Stelleninhabers Thomas Zahner. Der Schneesport- lehrer, diplomierte Sport- und Eventmanager und Sportkoordina- tor war unter anderem stellvertre- tender Leiter eines Seilparks, Leiter der Schweizer Ski- und Snowboard- schule in Elm und engagiert in der Leiter-Aus- und Weiterbildung für Jugend und Sport in den Bereichen Skifahren und Kindersport. Zukunftsorientierte Projekte Undine De Cambio, Fachstelle Alter Thomas Zahner, Fachstelle Sport und sollen in den kommenden Jahren und Gesundheit Bewegung.

Kantonaler Mädchentag Action und Spass für einmal nur für Mädchen

Am Samstag, 20. Mai 2017, findet in Rapperswil-Jona der fünfte kantonale Mädchentag statt. Mädchen der Foto: zvg 6. bis 9. Klasse aus dem ganzen Kanton erwartet an diesem Tag im katholischen Kirchgemeindehaus und im Schulhaus Schachen von 13.30 bis zirka 21.15 Uhr ein buntes Programm mit zahlreichen Workshops: sportliche Angebote wie Yoga, Tanz, Workouts oder Selbstverteidigung, kreative Angebote wie Bleistift- zeichnen, Fotografie, T-Shirt drucken, klassische Themen wie Make-up, Gesichtspflege und Frisuren, aber auch Ausgefalleneres wie Namensbild kreieren, Henna-Tattoos zeichnen oder Marshmallows her- stellen. Am Abend trifft frau sich zum gemeinsamen Abendessen und einem Programm mit tänzerischen und musikalischen Showacts. Parallel dazu gibt es für interessierte Jugendar- beiterinnen am Nachmittag einen Fachinput zum Thema Mädchenarbeit. Ausserdem informieren di- verse Institutionen an Ständen über ihre Arbeit: Ze- pra, Lungenliga, Jugendpolizei, Pro Juventute oder Infoklick. Die Projektleitung liegt in den Händen der städtischen Kinder- und Jugendarbeit. (red)

> www.maedchentagsg.ch Mädchen unter sich am letztjährigen kantonalen Mädchentag. news aus der stadt Juni 2017 5

Pflegezentrum Schachen Zwölf Teams erarbeiten einen Projektvorschlag

sen werden. Aus über 70 Bewerbungen hat die Jury zwölf Teams aus den Be- Bild: zvg reichen Architektur und Landschafts- architektur ausgewählt, die nun bis Mitte Oktober ihre Projektvorschläge erarbeiten werden. Diese müssen jeweils sämtliche Neubauten sowie die Umgebungsgestaltung, die Er- schliessung und die Parkierung umfas- sen. Auch soll das neue Pflegezentrum städtebaulich überzeugen und neben einem ansprechenden Wohnumfeld für die Bewohnerinnen und Bewohner ein durchdachtes Betriebskonzept bieten. Das Pflegezentrum soll 168 Pflegeplätze und 60 Alterswohnungen mit Service bereithalten. Die Jury, die sich aus Vertretern der Stadt, der Ortsgemeinde sowie der Stiftung Rajovita, aus mehreren Architektur- und Landschaftsarchitek- turexperten sowie aus einer Vertretung Im Schachen soll bis 2022 ein neues Pflegezentrum entstehen. Die Heime Meienberg der Anwohnerschaft (mit beratender und Bürgerspital werden im Gegenzug geschlossen. Stimme) zusammensetzt, wird im November über die Projektvorschläge Anfang Jahr haben die Stadt und das geplante Pflegezentrum Schachen befinden. Im Dezember soll das Wett- die Ortsgemeinde Rapperswil-Jona gestartet. Ende März konnte das bewerbsergebnis der Öffentlichkeit gemeinsam den Projektwettbewerb für Präqualifikationsverfahren abgeschlos- präsentiert werden. (red)

Energiespartipp Downcycling – Recycling – Upcycling

Die Schweizer Bevölkerung nennt sich Weltmeisterin im Recyc- ling – Chapeau! Aber wissen wir, was aus den Wertstoffen wird, nachdem wir sie korrekt entsorgt haben? Recycling beschreibt nur einen Teil der Abfallaufbereitung: Produkte behalten durch Wiederverwendung der Wertstoffe ihre Qualität. Beispielweise werden aus gesammelten PET-Fla- schen wieder PET-Flaschen hergestellt und damit Ressour- cen- und Energieverbrauch reduziert. So auch beim Altpapier. Allerdings vermindert sich oft die Qualität des Wertstoffs. Man spricht von Downcycling, wenn aus hochwertigem Schreibpa- pier zum Beispiel Toilettenpapier wird. Die Königsdisziplin ist das Upcycling. Anstatt Dinge wegzuwerfen, können neue ge- schaffen werden. Ein berühmtes Beispiel ist der Lampenschirm aus – wieder aufgefüllten – Campari-Fläschchen. Doch Obacht beim Kauf von Recycling-Produkten! Auf den ersten Blick mag eine Idee toll sein, kann sich aber als ökolo- gisches Eigentor entpuppen: Aus Plastikflaschen hergestellte Outdoor-Funktionskleidung verbraucht Unmengen an Chemi- kalien und fossiler Energie. Im «Stadtjournal» veröffentlicht die Ener- Sammeln wir weiterhin weltmeisterlich und bewahren uns giestadt Rapperswil-Jona jeweils in dieser ebensolche Weitsicht beim Kauf von Recycling-Produkten. Rubrik einen Tipp, wie man im Alltag ganz einfach Energie sparen kann. Quelle: Energieagentur St. Gallen aktuell 6 Juni 2017

Blick aus luftiger Höhe über den Schlosshof Richtung Zürichsee. Vielversprechend dynamisch Seit Anfang Jahr werden die Tourismusregion Zürichsee und ihr Zentrum Rapperswil-Jona aus einer Hand betreut. Die Destination Rapperswil Zürichsee Tourismus will sich gemeinsam mit Tourismus verstärkt national und international positionieren. Zudem sollen auch die lokale und die regionale Präsenz ausgebaut werden.

Text: Walter Aeschimann Entwicklung geschaffen. Das­bedeutete te Synergien in der Vermarktung und Fotos: Rapperswil Zürichsee Tourismus vorerst eine organisatorische Neuaus- verleihe der Destination internationales richtung. Die bisherigen Träger der re- Flair. Die Verbindung erlaubt zudem die Der Seequai mit dem Rosengarten, das gionalen Tourismusförderung, der Ver- effektive Nutzung von Know-how sowie Schloss Rapperswil, das auf einem Fels- kehrsverein Rapperswil-Jona und der innovativen Technologien von Zürich sporn thront, der Fischmarktplatz mit Verein Zürichsee Tourismus, haben An- Tourismus. Dadurch sind regelmässi- Aussicht auf den Zürichsee, zur Lützel- fang Jahr zum Verein Rapperswil Zürich- ge Auftritte in den Hochglanzmagazi- au und zur Glärnischgruppe: Wer am see Tourismus (RZST) fusioniert: «Ein nen «Swiss Magazine» und «The Visitor See entlang spaziert und schliesslich zur Meilenstein in der über 125-jährigen Tou- Zurich Magazine» möglich. Der Web- Tourist-Information kommt, wird sich rismusgeschichte von Rapperswil-Jona.» Auftritt sowie die Integration im Bereich stets bewusst, mit welch wunderschöner Social Media sind weitere Beispiele, wie Lage Rapperswil-Jona gesegnet ist. Natur, Familien und Urbanität die Hebelwirkung gewinnbringend ein- Das markante Schloss, die intakte Die Fusion erlaubt es nun, den Tages- gesetzt werden kann. Bei der Grand Tour Altstadt und der malerische Seestandort und Übernachtungsgästen sowie der of , der Ferienstrasse durch sind jedoch keine Selbstläufer. Dessen ist Bevölkerung ein gebündeltes Angebot die Schweiz, verantwortet Rapperswil- sich Simon Elsener, Präsident und Direk- zu unterbreiten: lokal über die Marke Jona den Abschnitt von Zürich bis zum tor von Rapperswil Zürichsee Tourismus, Rapperswil-Jona, regional über die Mar- Sattel. Die Kooperation mit der Weltstadt wohl bewusst: «Der Platz im Tourismus- ke Zürichsee, national und international ist so eng, dass etwa der Fasnachtsbrauch markt ist umkämpft und die Positionen über die Marke Zürich. Vor einigen Jahren «Eis-zwei-Geissebei» in internationalen müssen immer neu beurteilt werden.» habe man die Ansicht vertreten, dass die Magazinen unter den lustigsten Zürcher Damit Rapperswil-Jona ein attraktiver vorhandenen Mittel von Rapperswil-Jona Traditionen aufgelistet wird. Standort bleibt und sich gemeinsam sowie der Region Zürichsee zu gering sei- «Im Schwerpunkt bauen wir auf mit der ganzen Region weiter entfalten en, um direkt national und international eine Verbindung von Natur, Familien kann, wurde mit der Marketing-Strate- aufzutreten. Die Kooperation mit Zürich und Urbanität», sagt Simon Elsener. Die gie 2020 eine Grundlage für die künftige Tourismus ermögliche nun vorteilhaf- geografische Nähe zur Stadt Zürich und aktuell Juni 2017 7

zum Flughafen sei ein zentraler Erfolgs- Jahren saniert und ausgebaut. Das Cir- In einer weiteren Studie, diesmal ge- faktor. Weitere solche Faktoren seien die cus-Museum im oberen Stock schliesst meinsam mit der Universität St. Gallen Natur, der See, das Wander- und Winter- im Verlauf des Jahres. Die neuen Räume sowie weiteren touristischen Anspruchs- sportgebiet Hoch-Ybrig, die Ausflugsdes- sollen offen für Anlässe und Erlebnisse gruppen der Stadt, untersucht RZST die tinationen Atzmännig, Einsiedeln und werden. Die Terrasse mit Blick auf die Besucherströme an verschiedenen Wo- Amden-Weesen, das Linthgebiet sowie Altstadt und die Kantonsgebiete St. Gal- chentagen und Events. Das sind etwa das Zürcher Oberland. In 60 Minuten len, Schwyz und Zürich soll einen attrak- Markttage, der Christkindlimärt, der sind acht unterschiedliche Skigebiete tiven Zugang erhalten und sich zu einem Ironman 70.3, das Seenachtsfest, Slow- zu erreichen. Die Lage biete zusammen lebendigen Treffpunkt für die Bevölke- up oder das Blues'n'Jazz-Festival. An- mit den Freizeitattraktivitäten Alpa- rung und Touristen entwickeln. hand der Ergebnisse werden die Ange- mare, Schifffahrt und Kinderzoo sowie In der intensiven Planungsphase wird bote für Besucher abgeleitet. Dabei wird der Nähe zur Stadt Zürich einen idealen auch abgeklärt, was in Zeiten von Apps, das neue Visitor-Center eine wichtige Markt für jene Klientel, die etwa im Win- interaktiven Karten und Online-Suchma- Rolle spielen. Es soll als Teil des jewei- ter nicht jeden Tag Ski fahren wolle. Die- schinen ein Tourismusbüro noch bieten ligen Angebotes in den Anlass integriert ses Kundensegment, das eine Abwechs- kann. Touristen buchen Übernachtungen, werden und ganz nah an den Besuchern lung zwischen sportlicher Aktivität, Un- Führungen oder Ausflüge immer weni- sein. Diese werden mit zusätzlichen terhaltung, Shopping und Kultur suche, ger am Tresen. Auch für andere Infor- Angeboten «gluschtig» auf die Region gelte es in Zukunft zu gewinnen. mationen gehen die meisten gleich ins gemacht. Geplant ist schliesslich auch, Internet. In einem nationalen Projekt dass Gäste die Region virtuell erleben Das Visitor-Center nah am Besucher «Tourist Office 3.0» wird gemeinsam mit können. Die Hochschule für Technik Mit der Konzentrierung der Tourismus- über 16 anderen Destinationen und der in Rapperswil (HSR) hat einen Stuhl-Si- Blick aus luftiger Höhe über den Schlosshof Richtung Zürichsee. kompetenz hat auch das Projekt Visitor- Hochschule Luzern an einer zeitgemäs- mulator entwickelt, mit dem sich Flüge, Center neuen Schub erhalten. «Wir pla- sen Definition für das Tourismusbüro Bike- oder Achterbahnfahrten in 3-D si- nen keine Elbphilharmonie wie Ham- gearbeitet. Welchen Mehrwert kann es mulieren lassen. Der Verein RZST ist zur- burg», meint Simon Elsener schmun- künftig den Gästen bieten? Welche Inter- zeit in Diskussion mit der Hochschule, zelnd, aber eine «mutige Architektur mit aktion wird gewünscht? «Erste Ergebnisse um diese digitale Erlebniswelt im neuen urbaner Ausstrahlung» wünsche er sich der Studie zeigen, dass ein Mensch-zu- Center einzurichten. Eine Kostprobe der schon. Das bisherige Gebäude, oft nur als Mensch-Kontakt nach wie vor wichtig ist», erlebbaren Spitzentechnologie ist bereits Ein- und Ausfahrt des Parkhauses wahr- stellt Simon Elsener fest, zweifacher Fa- am Stadtfest vom 19. und 20. August 2017 genommen, wird in den kommenden milienvater und Musiker der Stadtmusik. geplant. 3

Tourismusdirektor Simon Elsener. Die Region hat viele touristische Attraktionen zu bieten. aktuell 8 Juni 2017

Die Partnerschaft mit der Hochschule mehr verlängert. Derzeit stellt die Schloss Immerhin ist in der stadtnahen Indus- wird ohnehin immer wichtiger. Gegen Rapperswil Gastro AG die Durchführung triezone an der Neuen Jonastrasse der- 2000 Studenten und Mitarbeitende sind der Veranstaltungen und das Catering si- zeit ein Hotel mit über 105 Zimmern unterdessen an der HSR eingeschrieben cher. Weil sich eine Wiedereröffnung des im unteren bis mittleren Preissegment und angestellt. Das macht die Hoch- Gesamtbetriebes aufgrund erheblichen geplant. Es wäre seit Langem das erste schule für Kongresse attraktiv, verleiht Sanierungsbedarfs verzögert, wurde die- neue Hotel, das in der Stadt entsteht. eine gewisse Internationalität und zieht ser Vertrag vor Kurzem bis Ende Septem- Eine Konkurrenz zu traditionellen Ho- Freunde und Familienangehörige nach ber 2017 verlängert und für die Arbeiten tels sieht Simon Elsener nur bedingt. Rapperswil-Jona. Davon soll auch der ein Architekturbüro beigezogen. Eher eine «ideale Ergänzung». Das «See- Tourismus profitieren. «Gegen 70 Pro- Der «Hirschen», das älteste Hotel in damm Plaza» in Pfäffikon SZ, die grösste zent der Übernachtungsgäste sind heute Rapperswil-Jona, hat eine unbestimm- Seminar- und Kongressdestination der Businessbesucher», sagt Simon Elsener. te Zukunft. Die Besitzer überlegen sich Region, ist seit vielen Jahren bereits eine «Es wäre schön, wenn wir sie vermehrt eine Umnutzung. Schliesslich ist auch interessante Bereicherung in Stadtnähe. auch in der Stadt einquartieren könn- die Perspektive des ersten Hauses am «Mit einem attraktiven Hotelangebot ten.» Bisher weichen viele auf umliegen- Platze ungewiss. Das ehrwürdige Ho- können wir die Wertschöpfung steigern, de Gemeinden aus, weil nicht genügend tel Schwanen am See ist seit Ende 2016 indem mehr Besucher bei uns verweilen. Möglichkeiten vorhanden sind. Wäh- geschlossen. Laut Auskunft von Linus Zudem verfügt ein neues Hotel über zu- rend in der Stadt Zürich in den kommen- Hofmann, Rechtsvertreter der Besitzer- sätzliche Verkaufskanäle und Kunden- den Jahren rund 2000 neue Hotelbetten familie, «laufen momentan Gespräche, gruppen, welche die Gästezahlen in der entstehen, tut man sich in Rappers- in denen verschiedene Lösungsansätze Region mittelfristig beflügeln werden.» wil-Jona in diesem Bereich eher schwer. diskutiert werden. Die Ausgangslage ist Ein weiteres, zentral gelegenes Fami- Das «Kreuz» in Jona ist seit Ende Jahr aber offen.» Eine allfällige Wiedereröff- lienhotel, auch die Aufwertung der Ju- geschlossen. Der Vertrag mit dem Päch- nung als gehobenes Hotel ist kaum in gendherberge, sei wünschenswert, um ter wurde von den Stadtbehörden nicht diesem Jahr zu erwarten. Kongressteilnehmern, Begleitpersonen, aktuell Juni 2017 9

Familienangehörigen oder Freunden der Studierenden entsprechende Möglichkei- ten anzubieten. Denn die Studierenden Der neue Verein redet mit seien die Kunden von morgen. «Mit guten Der Verein Rapperswil Zürichsee Tourismus (RZST) ist momentan in verschiedenen Ar- Erinnerungen kehren sie immer wieder beitsgruppen aktiv, die sich mit der Stadtentwicklung beschäftigen und deshalb auch für an ihren Studienort zurück», sagt Simon den Tourismus interessant sind. Der eine Workshop befasst sich mit dem Zeughausareal. Elsener. Das Areal, in städtischem Besitz, gilt als Schlüsselprojekt für die Stadtentwicklung von Die ersten Monate des Vereins Rap- Rapperswil-Jona. Die strategisch wichtige Lage an der Neuen Jonastrasse verleiht ihm eine perswil Zürichsee Tourismus sind erfolg- Scharnierfunktion zwischen den beiden Zentren Rapperswil und Jona. Mit einer sinnvol- reich angelaufen. Yasmin Kistler, die bis- len baulichen Entwicklung sollen beide Stadtteile besser verbunden werden. Ein anderer herige Geschäftsführerin von Zürichsee Workshop setzt sich mit einer belebteren Altstadt auseinander. Ein architektonisches Tourismus und des Verkehrsvereins Rap- Projekt mit Leuchtturmcharakter für den Tourismus, wie das Kultur- und Kongresszentrum perswil-Jona, ist neu Leiterin Produktma- in Luzern oder die Elbphilharmonie in Hamburg, fehle in Rapperswil-Jona, scherzt Simon nagement und Tourist-Information. Sie Elsener, Präsident und Direktor von RZST. Das neue Visitor-Center werde bestimmt eine könne sich wieder, sagt sie, «vermehrt und Bereicherung werden und eine attraktive Vernetzung der verschiedenen Angebote fördern, intensiver einzelnen Projekten widmen ist er überzeugt. Das wesentliche Gebäude mit markanter Ausstrahlung und Identifikation und kreativ tätig sein». Der strategische sei jedoch das Schloss Rapperswil. Das Bestreben sei es deshalb, dieses neu zu nutzen und und operative Teil ist mit Simon Elsener zu positionieren. Die Ortsgemeinde und die Stadtbehörden überlegen sich, das Schloss in einer Person vereint. RZST sei «in Fahrt nicht nur als mittelalterliche Kulisse für Seminare oder Hochzeiten anzubieten, sondern für gekommen», sagt der Tourismusdirek- eine erweiterte Besucherschaft erlebbar und zugänglich zu machen. «Die Umnutzung des tor. Es habe sich eine «vielversprechende Schlosses birgt ein riesiges Potenzial für die Tourismusregion», ist Simon Elsener überzeugt. Dynamik entwickelt». So sehr, dass man Es würde auch die Altstadt beleben, wenn mehr Besucher durch das Schloss und zum Visi- aufpassen müsse, nicht überall mit einbe- tor-Center strömen würden. (wa) zogen zu werden. ■ aktuell 10 Juni 2017

Fest und Begegnungsmoment Da darf man sich schon einmal selber auf die Schulter klopfen: Die junge Stadt Rapperswil-Jona feiert dieses Jahr ihren zehnten Geburtstag. Am grossen Stadtfest im August soll natürlich vorwie- gend ausgelassene Stimmung herrschen, vielleicht bietet es für die einen oder anderen aber auch Anlass, sich gemeinsam zu erinnern.

Text: Jacqueline Olivier doch 2003 der Stein durch eine Volksi- Vereinigung, mit der man regelmässig nitiative ins Rollen gebracht. Indem die im Dialog stand, arbeiteten nicht nur Be- Zehn Jahre Vereinigung – diese drei Wor- Bevölkerung zu dieser Initiative Ja sagte, fürworter, sondern auch Gegner mit. Die te reichen, und schon sprudelt es aus erteilte sie den Behörden den Auftrag, Menschen, die der Vereinigung kritisch Thomas Rüegg heraus. «Das war eines ein Vereinigungsprojekt vorzubereiten, gegenüberstanden, ernst zu nehmen, der schönsten und herausforderndsten und bestimmte gleichzeitig gewisse Eck- ihnen zuzuhören, sei den Projektverant- Projekte, die ich je mitgestalten durfte.» daten. Den Initianten ist Thomas Rüegg wortlichen ein grosses Anliegen gewe- Der Schulpräsident ist der letzte ver- heute noch dankbar. «Sie haben die sen. Es waren vor allem die Mitglieder bliebene Stadtrat aus jener Zeit, seine Gunst der Stunde erkannt und genutzt der «Aktion Jona», die sich mit einer Erinnerungen sind noch ausgesprochen und ein Projekt lanciert, dem die Kraft «I love Jona»-Kampagne zur Wehr setz- lebendig. «Nach der ersten Abstimmung der Basis innewohnte.» ten. Um ihnen, aber auch allen anderen war ich sehr enttäuscht», sagt er, «ein Einwohnerinnen und Einwohnern den Zusammengehen der beiden Gemein- Befürworter und Gegner eingebunden Puls zu fühlen, herauszufinden, was sie den schien mir so klar der richtige Weg Die Basis, sprich die Bevölkerung, sei beschäftigte, welche Hoffnungen und zu sein.» 1999 war es, als die erste, vom im daraufhin folgenden Prozess denn Ängste sie im Hinblick auf eine Vereini- Stadtrat Rapperswil und vom Gemeinde- auch immer eingebunden worden, fährt gung hegten, sei man von Quartier zu rat Jona ausgearbeitete Vorlage für eine Thomas Rüegg fort, der gemeinsam mit Quartier gegangen, um an öffentlichen Fusion von Rapperswil und Jona an der dem Rapperswiler Stadtpräsidenten Veranstaltungen über das Vereinigungs- Urne scheiterte. «Die Zeit war wohl ein- Walter Domeisen und dem Joner Ge- projekt zu informieren und sich mit den fach noch nicht reif dafür.» Nur vier Jah- meindepräsidenten Benedikt Würth den Anwesenden auszutauschen. re später war sie es dann offenbar, wurde Lenkungsausschuss bildete. In der IG Hitzige Debatte um das Stadtwappen An solchen Anlässen, erzählt Thomas Rüegg, habe er festgestellt, dass es oft die kleinen, emotionalen Dinge gewesen sei- en, über die sich mancher ereiferte. Als etwa an einem solchen Anlass eine Folie auf dem Hellraumprojektor etwas ver- rutscht und von den beiden in der rech- ten Ecke abgebildeten Gemeindewappen auf der Leinwand nur noch jenes von Rapperswil zu sehen gewesen sei, habe dies einen Sturm der Entrüstung ausge- löst. Entsprechend hitzig wurde etwas später auch die Debatte um das zukünf- tige Stadtwappen geführt. Und doch ist es einem der führenden Köpfe der geg- nerischen Kampagne zu verdanken, dass die Jona auf dem Wappen heute quasi ein Lächeln zeigt und keinen «Lätsch». Aufbruch ermöglichte Grosses Es sind solche Erlebnisse, an die Thomas Rüegg heute besonders gern zurück- denkt. Sie stünden für den konstruk- tiven Geist, der den Prozess bestimmt habe, auch von gegnerischer Seite. «Be- fürworter und Gegner sind sich mit Re- spekt begegnet, keiner hat den anderen Thomas Rüegg, Benedikt Würth und Walter Domeisen freuen sich am 1. Mai 2005 über für seine Meinung beschimpft oder ver- das endgültige Ja zur Vereinigung. (Foto: Archiv) spottet.» Wahrscheinlich war es diese aktuell Juni 2017 11

So in etwa wird sich das Zeughausareal am Stadtfest präsentieren. (Noch nicht definitive Version; Visualisierung: Mediasign)

Haltung, welche die Aufbruchstimmung bliothek in dieses Ressort zu integrieren, nig mehr als eineinhalb Jahre. Aber der ermöglichte, die alsbald zu spüren war. sei ganz klar die richtige Entscheidung Vorbehalt einer definitiven Zustimmung Zehn Teilprojekte wurden angestossen, gewesen, spiele sie doch sowohl für die war nun vom Tisch, was dem Projekt für man habe ja, so Thomas Rüegg, diver- Bildung wie auch für Familien eine wich- diese zweite Phase erst recht Schwung se Themen quasi auf der grünen Wiese tige Rolle. Sie sei im Übrigen ein weiterer verlieh. neu denken können. Dies, ohne die Ge- Meilenstein, den man der Vereinigung schichte ausser Acht zu lassen. Äusserst zu verdanken habe. Neue Jonastrasse als Festmeile innovativ findet er zum Beispiel die Thomas Rüegg kann kaum glauben, dass Stiftung Rajovita, die aus dem Teilpro- Unermüdlicher Einsatz seit der Vereinigung erst zehn Jahre 3 jekt Gesundheit und Alter hervorging Natürlich: Es war auch eine intensive, ar- und weitum zu einem Vorzeigeprojekt beitsreiche Zeit. Beseelt vom Bild dieser geworden sei: ein Grossteil der Altersin- neuen Stadt, die man gemeinsam bauen stitutionen und die Spitex unter einem wollte, habe man das Aufschreiben von Stadtfest zum Dach, die Drehscheibe als zentrale An- Überstunden sehr schnell aufgegeben. laufstelle für Fragen rund um Alter und Stolz ist Thomas Rüegg bis heute auf 10-Jahre-Jubiläum Gesundheit. Ob dies ohne Vereinigung die Handlungsgrundsätze, die gleich zu je zustande gekommen wäre – Thomas Beginn des Vereinigungsprozesses erar- Am Samstag und Sonntag, 19. und 20. Rüegg hat da so seine Zweifel. beitet worden waren und während die- August 2017, feiert die Stadt Rappers- Ganz sicher nicht möglich gewesen sem als Grundlagenpapier dienten. Mehr wil-Jona ihren zehnten Geburtstag mit wäre die Zusammenführung der einsti- als ein Kränzchen windet er sodann einem grossen Stadtfest. Sie sperrt für gen vier Schulgemeinden und ihre Ein- dem Projektleiter Hans Wigger, der mit diesen Anlass die Neue Jonastrasse für gliederung in die Einheitsgemeinde, die grosser Weitsicht und ebensolcher Ge- den Verkehr und gibt sie frei für die Be- ihm als vormaligem Präsidenten der Pri- nauigkeit die Fäden geführt und immer völkerung. Sie soll zum Begegnungsort marschulgemeinde Jona besonders am wieder mit überraschenden Argumenten für alle werden, zur Bühne für Kreative Herzen lag und die er als Vorsitzender für richtungsweisende Entscheide und und zum kulinarischen Treffpunkt für der Projektgruppe Schule verantwortete. da und dort gar für eine ganz neue Sicht Hungrige und Geniesser. Zahlreiche Ein- Und dass man für die neue Behörden- auf die Dinge gesorgt habe. wohnerinnen und Einwohner beteiligen organisation die Bereiche Bildung und Die Korken knallten am 1. Mai 2005: sich am Festprogramm mit musikalischen Familie in einem Ressort vereinigte, In einer erneuten Urnenabstimmung und anderen Darbietungen oder mit Speis lobt er als besonders klugen Schachzug. hiess die Bevölkerung von Rapperswil und Trank. «Das Thema Familie ist in der Regel im und Jona den Vereinigungsvertrag und Die neusten Informationen zum Stadtfest Ressort Gesellschaft angesiedelt, obwohl die Auflösung der Schulgemeinden gut finden sich laufend auf der eigens dazu viele Schnittstellen zur Bildung beste- und gab der Vereinigung damit endgül- eingerichteten Website. hen, denken wir nur an die frühe Förde- tig grünes Licht. Die Arbeit wurde damit rung. Wir können diese Themen nun aus nicht weniger, blieben doch bis zum of- > www.stadtfest2017.ch einer Hand betreuen.» Auch die Stadtbi- fiziellen Start am 1. Januar 2007 nur we- aktuell 12 Juni 2017

verstrichen sind, so eingespielt sei der Alltag in der noch jungen Stadt bereits. Klar, da und dort macht der Schulpräsi- dent noch alte Empfindlichkeiten aus, doch aus der «Aktion Jona» sei eine Gruppe alter Freunde geworden, die sich nach wie vor regelmässig treffen – und zu diesen Treffen auch die Stadtratsmitglie- der einladen. Bevölkerung wirkt mit Rapperswil-Jona hat also allen Grund, den ersten runden Geburtstag gebührend zu feiern. Am zweitägigen Stadtfest vom 19. und 20. August sollen die Einwohnerin- nen und Einwohner ihre Stadt von ihrer heitersten Seite erleben und gleichzei- tig aktiv mit dabei sein. Wer etwas zum Programm beitragen möchte, konnte sich bis Mitte März über die eigens für das Fest eingerichtete Homepage an- melden. Über 120 Anmeldungen sind so eingegangen, rund 60 für musikalische oder andere Darbietungen, weitere 60 für kulinarische Angebote. Unter den In- teressenten sind jedoch auch nicht orts- ansässige Organisationen oder Unter- nehmen, wie Thomas Rüegg als Mitglied des Organisationskomitees weiss. Diese könne man höchstens punktuell bei be- sonderem Bedarf berücksichtigen, denn die Einheimischen hätten ganz klar Vor- rang. «Es soll ein Fest werden von der Be- An der Vereinigungsfeier zeigte das geplante Stadtwappen noch einen « Lätsch» statt völkerung für die Bevölkerung.» eines Lächelns. (Foto: Archiv) Symbolträchtig wird die Festmeile sein: die Neue Jonastrasse, die für diese Tage für den Verkehr gesperrt wird. Als Die Ortsgemeinde lädt in den Wald ein Verbindungsachse zwischen den Zent- ren Rapperswil und Jona sei sie für den Mit einem Schlag von 1000 auf 3000 Mitglieder – das war das Resultat der Vereini- Anlass geradezu prädestiniert, meint gung für die einstige Ortsgemeinde Rapperswil, die ihre Zuständigkeit auf das neue Thomas Rüegg. Denn das Fest solle auch Stadtgebiet ausgedehnt und die Joner Bürger, die zu jenem Zeitpunkt über keine ein Begegnungsmoment sein: Einstige eigene Ortsgemeinde mehr verfügten, aufgenommen hatte. Joner und Rapperswiler sollen hier zu- Laut Ortsverwaltungspräsident Matthias Mächler verlief diese Verschmelzung pro- sammenfinden, gemeinsam Spass haben blemlos. Organisatorisch hingegen war die neue Ortsgemeinde Rapperswil-Jona – und vielleicht auch alte Erinnerungen (OGRJ) durch diesen Zuwachs gefordert. So musste etwa eine Geschäftsstelle mit an eine bewegte Zeit aufleben lassen. ■ einem Geschäftsleiter eingerichtet werden. Und wegen der engeren Zusammen- arbeit mit der Stadt ist die Arbeit intensiver geworden. Im Kulturverbund zum Bei- spiel wird gemeinsame Kulturförderung betrieben, und als erstes grosses Projekt stemmten Stadt und OGRJ zusammen Konzipierung und Umsetzung des Stadtmu- seums. Mit der Neugestaltung des Schlosses ist derzeit ein weiteres gewichtiges Vorhaben im Tun. Auch im Bereich Alter wurde die Partnerschaft verstärkt, beim geplanten Pflegezentrum Schachen etwa arbeitet man Hand in Hand. Die Ortsgemeinde Rapperswil-Jona kann also dieses Jahr ebenfalls jubilieren. Sie tut dies mit dem Waldtag vom 13. Mai in der Grunau, zu dem die ganze Bevöl- kerung eingeladen ist. Als Kontrapunkt zum Stadtfest steht hierbei die Natur im Zentrum. An einem interaktiven Erlebnisparcours erleben die Besucherinnen und Besucher den Zyklus des Waldes vom Pflanzen eines Baumes über die Waldpflege oder die Holzernte bis zur Holzverarbeitung. Der Anlass soll ausserdem Spass für Gross und Klein sowie die Gelegenheit zur ungezwungenen Begegnung bieten – Verpflegung inklusive. (jo)

> www.ogrj.ch > Veranstaltungen > Waldtag die meinung Juni 2017 13

Tanja Zschokke, seit Anfang Jahr Mitglied des Stadtrats, weiss um die Widersprüche im Umgang des Menschen mit der Natur. Und auch um den Wert von Freiräumen und Begrünung im verdichtet bebauten urbanen Raum. Alles im grünen Bereich?

Natur ist en vogue, Grün ist in. Kaum ein Naturräume zwischen den Dörfern und Hochglanzmagazin, das uns nicht die Vor- Städten erhalten. Mit der Verdichtung ver- züge eines noch so kleinen Balkongartens bessert sich auch das Kosten-Nutzen-Ver- in den schönsten Farben vor Augen führt, hältnis für jegliche Infrastruktur. Kürzere kein Reisebericht, der nicht die Pärke der Arbeitswege und leicht zu erreichende beliebten Metropolen als lohnenswerte Naherholungsgebiete beeinflussen das Ziele anpreist, keine Zeitungsbeilage, wel- Wohlbefinden. che nicht das Lob der Wildnis singt. Doch wie halten wir es denn mit der Natur? Der In dichteren Bebauungen werden gleich- alte, knorrige Baum, auf dem wir unse- zeitig der Freiraum und die Begrünung re ersten Kletterversuche wagten, mag immer wichtiger. Die Forschung sucht längst nicht mehr stehen, aber in unserer nach geeigneten Messmethoden, um den Erinnerung ist er fest verwurzelt. Die Vo- Nutzen des inneren Grünraums integral zu gelstimmen können nur die wenigsten von beurteilen. Teilaspekte davon lassen sich uns benennen, dennoch wissen wir alle, bereits erfassen. So trägt die Vegetation im dass sie vom Frühling künden. Jeder von Siedlungsraum nachweislich zur Verbes- uns hat seine eigenen Naturvorstellungen, serung der Luftqualität bei, etwa weil das Bilder aus der Kindheit, Sehnsuchts-, viel- Blattwerk der Bäume Feinstaub binden leicht auch Trugbilder oder Ideale einer kann. Auch wird zunehmend anerkannt, heilen Welt. dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen dem Mass an Begrünung im Die Natur, die uns umgibt, wird seit Siedlungsbereich und dem psychischen Jahrtausenden durch den Menschen Wohlergehen der Anwohner. Nicht zuletzt geformt. In unseren Breiten lassen sich ist der urbane Raum ein eigenständiger kaum ursprüngliche Naturgebiete finden. «Grünraum und Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Was uns umgibt, ist eine Kulturlandschaft Siedlung müssen ein trägt so zur generellen Biodiversität bei. und damit Ausdruck des menschlichen Gestaltungswillens. Es sind handfeste He- ausgewogenes Wir sehen also, dass reine Flächenanga- rausforderungen, mit denen uns die Natur Ganzes bilden.» ben die Qualität des Aussenraums nicht konfrontiert. Dies hat unsere Vorfahren hinreichend erfassen. Vielleicht deshalb oft zu erstaunlichen Leistungen angeregt. vergleichen wir den Stadtraum mit Bei- Bis weit in die hochalpine Welt ist unser Tanja Zschokke spielen aus unserer Erinnerung oder von Lebensraum von menschlicher Nutzung Stadträtin fernen Orten. Der Freiraum muss in jedem gezeichnet, im Guten wie im Schlechten. Fall hohen Ansprüchen und Anforderun- Der Umgang mit der Umwelt erfordert gen an eine gute Lebensqualität genügen. von der Gesellschaft ein hohes Mass an Grünraum und Siedlung müssen ein aus- Kreativität, was nicht selten zu Widersprü- gewogenes Ganzes bilden. So setzt denn chen führt. jeder einzelne Stadtbaum einen Akzent, sei es nun für den Romantiker, der die Blü- Dies müssen wir uns immer auch vor te schätzt, den Flaneur im lichten Schatten Augen halten, wenn wir uns hier und jetzt oder den Realisten, der um die kühlende mit der Entwicklung unseres Lebensrau- Wirkung auf das Stadtklima weiss. mes befassen. Die kontrovers diskutierte innere Verdichtung des Siedlungsraumes Führen wir also den gesellschaftlichen beispielsweise ist ein Gebot der Stunde. Dialog zu einer ganzheitlichen Stadt- und Nur wenn wir die verbleibenden Land- Freiraumentwicklung – mit Respekt, Krea- reserven innerhalb des Siedlungsraumes tivität und Freude. nutzen, können wir zusammenhängen- des Kulturland und ökologisch wertvolle die stadt in zahlen 14 Juni 2017 Wenn der See zum Bade lädt

Steigen die Temperaturen und lacht die Sonne vom blauen Himmel, dann vergnügt sich «tout Rapperswil-Jona» am See. Dabei haben die Badenden die Wahl zwischen städtischen Strandbädern und idyllischen Plätzen ohne Garderoben und Badmeister.

Text: Jacqueline Olivier Fotos: Katharina Wernli

Zugegeben: Die letzten beiden Aprilwochen weckten eher die Vorfreude auf Weihnachten als auf den Sprung ins kühle Nass. Aber keine Angst: Der Sommer wird schon kommen, das grosse Schwitzen ziemlich sicher auch. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Rap- perswil-Jona kann dies jedoch kaum schrecken, sind sie doch in der glücklichen Lage, Abkühlung mehr oder weniger direkt vor der Haustüre zu finden.3 Strand- bäder verlocken an warmen Tagen und Abenden zum «Sünnele» und «Bädele»: das Freibad Lido, das Seebad Stampf und die zirka 100-jährige Seebadi an der Büh- lerallee. Daneben gibt es auch die mehr oder weniger geheimen Orte am Seeufer, wo sich Jung und Alt gerne am und im Wasser tummeln. 5 solche inoffiziellen Ba- deplätze sind der Stadt bekannt. Sie befinden sich an der Bühlerallee (links und rechts von der Seebadi), bei der HSR, beim Campingplatz Lido, im und an der Mündung der Jona in den Obersee. Nun kann man sich natürlich fragen, warum man eine offizielle Badi besuchen soll, wenn es doch auch andernorts schön und der Zugang zum Wasser vor al- Historisch: Die fast hundertjährige «Seebadi» an der Bühlerallee. lem gratis ist. Kostenlos ist der Eintritt allerdings auch in der Seebadi, während ein Einzeleintritt für Perso- nen ab 16 Jahren im Stampf 3.50 Franken und im Lido 4 Franken kostet. Wobei Kinder zwischen 6 und 16 Jahren im Lido nur 3 Franken bezahlen, im Stampf gar nichts. Sonnenanbeter und Wasserratten werden wohl eher ein Saison-Abo zu 50 Franken lösen (dieser Preis ist für beide Bäder gleich). Wer die Abwechslung liebt, kann auch ein Kombi-Abo für 75 Franken erstehen und damit einen Sommer lang sowohl im Lido als auch im Stampf ein- und ausgehen. Krankenpfleger, Techniker, Schlichter Für dieses Geld bekommt man natürlich auch etwas geboten: eine stets gepflegte Anlage und personel- le Betreuung. Dafür sind in jedem der drei Bäder je 3 Personen im Schichtbetrieb tätig – 7 Tage die Wo- che von 7 bis 22.30 Uhr. Die Badangestellten nähmen eine ausserordentlich anspruchsvolle Aufgabe wahr, betont Manfred Schrade, Betriebsleiter Eisanlagen und Freibäder in der Liegenschaftsverwaltung. «Sie müssen deshalb alle 2 Jahre ihre Fähigkeiten neu testen lassen, Bekanntes immer wieder üben und sich körperlich fit halten, um den Badegästen Tag für Tag das Gefühl von Sicherheit zu geben.» Dabei seien die Badmeister vielseitig gefordert: Sie seien zum Beispiel Krankenpfleger, leisteten Erste Hilfe bei Schnittwunden durch Wandermuscheln, verarzteten Das Stampf-Gebiet ist bei Badenden sehr beliebt. Bienenstiche, behandelten Platzwunden, müssten die stadt in zahlen Juni 2017 15

Natürliche Idylle direkt am Wasser. notfalls rasch entscheiden und den Notarzt rufen. Badfachmann angeeignet, für die er 2 Jahre lang je- «Vom Pflästerli bis zum Herzinfarkt – der Badmeister weils im Winter die Schulbank drückte und insgesamt muss wissen, wie er in welchen Situationen zu reagie- 6 Module zu verschiedenen Themen absolvierte. Da- ren hat.» neben sollte ein Badmeister auch über gewisse «soft skills» verfügen. «Disziplin ist ganz wichtig, man Ein oft unterschätzter Beruf muss den Kopf bei der Sache haben und auch nach ei- Das kann Bruno Jehle, leitender Badmeister im See- nem heissen Tag noch imstande sein, Abrechnungen bad Stampf, nur bestätigen. Für ihn wie für alle ande- oder andere administrative Arbeiten zu erledigen.» ren Badangestellten hat die Saison bereits am 1. April Und: «Kommunikativ muss man stark sein, denn es begonnen. Im Hinblick auf die Eröffnung der Bäder, ist nicht immer einfach, wenn an einem sonnigen die jeweils Mitte Mai erfolgt, gibt es viel zu tun. «Zum Wochenende die Badi voll ist, für Ruhe und Ordnung Beispiel müssen sämtliche Garderoben-, Dusch- und zu sorgen, bei Auseinandersetzungen einzuschreiten Toilettenanlagen gereinigt und Schäden behoben und stets darauf zu achten, dass die Leute die Bade- werden, die unter anderem durch den Stillstand des regeln einhalten und sich niemand in Gefahr begibt.» Betriebs im Winter entstehen.» Im Stampf bedeutet dies gleich doppelten Aufwand, weil sich auf dem Spitzenjahr 2015 über 41'000 Quadratmeter grossen Areal auch ein Tatsächlich können zu Spitzenzeiten die Besucher- Campingplatz befindet. Und den Gästen, die die121 zahlen an einem einzigen Tag schon einmal auf vier- Saisonstellplätze für Zelte und 20 bis 25 Tagesstell- stellige Werte klettern. Grundsätzlich steigen sie je- plätze belegen, stehen separate sanitäre Anlagen weils in den zwei Wochen vor den Sommerferien an, zur Verfügung. Diese wie auch jene für die Badegäs- wie Manfred Schrade mit einem Blick in die Statistik te müssen nicht nur vor, sondern auch während der feststellt. Laut dieser wurde der bisherige Besucher- Saison regelmässig gewartet werden. Immer einmal rekord am Sonntag, 5. Juli 2015, erreicht. An diesem wieder gibt es verstopfte WCs zu reinigen, Duschen Tag zählte man 1507 Erwachsene im Stampf und zu entkalken, technische Störungen zu beheben. 830 Erwachsene im Lido. Da Kinder unter 16 Jahren Ausserdem ist der Unterhalt eines solch weitläufi- im Stampf keinen Eintritt zahlen, werden sie nicht gen Geländes natürlich besonders zeitintensiv, wenn erfasst. Das Gleiche gilt für die grossen und kleinen Rasen gemäht, angesät oder gedüngt, Hecken und Besucher in der Seebadi Bühlerallee. Bäume gestutzt werden müssen. Das Jahr 2015 sorgte ohnehin für Traumbesu- Doch Bruno Jehle mag seinen Job, auch wenn cherzahlen. So wurden im Strandbad Stampf 24'699 dieser von Aussenstehenden gerne unterschätzt wer- Erwachsene registriert (2016: 20'331), im Freibad de, wie er erzählt. «Badmeister benötigen ein breites Lido 12'231 Erwachsene und 7391 Kinder (2016: Fachwissen, etwa in Haustechnik, Sicherheit, Hygie- 10'501 respektive 6050). Mit 348 verkauften Abos ne, Betriebswirtschaft, aber auch bezüglich Umgang im Stampf (2016: 321) und 94 Abos im Lido (2016: mit Chemikalien.» Dieses Fachwissen hat er sich in 85) war 2015 auch in dieser Hinsicht Spitzenrei- seiner Ausbildung zum eidgenössisch diplomierten ter. Allerdings ist zu sagen, dass diese Statistik 3 die stadt in zahlen 16 Juni 2017

Das Strandbad Stampf wurde vor ein paar Jahren erneuert. noch nicht lange systematisch geführt wird und für Aufwand für den Unterhalt für das Strandbad Stampf den «Jahrhundertsommer» 2003 keine entsprechen- 226'000 Franken, für das Lido 366'900 Franken den Zahlen vorliegen. und für die Seebadi Bühlerallee 54'400 Franken. Wo Grosser Beliebtheit erfreut sich auch der Cam- dieses Geld hinfliesst, können wir uns jetzt ja unge- pingplatz im Stampf. So wurden etwa letztes Jahr fähr vorstellen. Bleibt eine Frage, die sich wohl viele 699 Ankünfte und 919 Logiernächte registriert. Badi-Besucher und neugierige Menschen früher oder Dabei ging es punkto Nationalität durchaus kunter- später stellen: Was macht eigentlich ein Badmeis- bunt zu. Mit 421 Ankünften und 658 Logiernächten ter im Winter? Bruno Jehle lacht. «Die einen ziehen waren Schweizer Gäste klar in der Mehrzahl, die Überstunden ein und verreisen ins Ausland, andere nächstgrössere Gruppe kam aus Deutschland mit arbeiten in einer anderen Abteilung der Gemeinde, 62 Ankünften und 103 Logiernächten. Am unters- etwa im Werkhof, oder haben sonst irgendwo einen ten Ende der Tabelle befand sich Polen mit exakt Winterjob. Ich arbeite in diversen Hallenbädern.» 1 Ankunft und 1 Logiernacht. Alle anderen Nationen Richtig, das hätten wir ja fast vergessen: In Rappers- lagen irgendwo dazwischen – Belgien, Frankreich, wil-Jona existieren neben den Strand- auch noch Italien, Tschechische Republik oder Litauen, um nur 3 Hallenbäder: im Schachen, im Hanfländer und im einige der europäischen Länder zu nennen, die ver- Lenggis. Doch Bruno Jehle verbringt den Winter vor- treten waren. Weitere Gäste kamen aus den USA, aus wiegend nicht in der Stadt, sondern hat sich über die Südamerika und aus Westasien. Jahre ein ansehnliches Netzwerk aufgebaut, um auch in der kalten Jahreszeit seine langjährige Erfahrung Und im Winter? als Badfachmann einbringen zu können. Wo genau, Ihre Seebäder samt Camping lässt sich die Stadt etwas spielt für uns keine Rolle – Hauptsache, er ist rechtzei- kosten. So betrug im vergangenen Jahr der finanzielle tig zurück, wenn es am und im See wieder losgeht. ■

Richtiges Verhalten ist wichtig

So schön es auch ist: Baden birgt gewisse Risiken, wenn man sich nicht richtig verhält. Zur Verhütung von Badeunfällen hat die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) folgende 6 Baderegeln aufgestellt: – Kinder nur begleitet ans Wasser lassen, kleine Kinder in Griffnähe beaufsichtigen. – Nie alkoholisiert oder unter Drogen ins Wasser; nie mit vollem oder ganz leerem Magen schwimmen. – Nie überhitzt ins Wasser springen. – Nicht in trübe oder unbekannte Gewässer springen. – Luftmatratzen und Schwimmhilfen gehören nicht ins tiefe Wasser, sie bieten keine Sicherheit. – Lange Strecken nie alleine schwimmen. Die Regeln sind als 3-sprachiges Merkblatt (Deutsch, Französisch und Italienisch) sowie in 8 weiteren Sprachen auf der Website der SLRG abrufbar. (jo)

> www.slrg.ch > Prävention > 4 x 6 Regeln > Baderegeln Jugendreporter Juni 2017 17 Wo es schoen ist, zu verweilen Rapperswil-Jona hat auch Jugendlichen viel zu bieten. Die ­Jugendreporter haben Orte fotografiert, an denen sie sich gerne aufhalten, und erklären, warum es ihnen dort ­besonders gut gefällt.

Lavdrim: Ich bin jeden Freitag von 18 bis zirka 22 Uhr im Jugend- zentrum Stampf. Mir gefällt es, dass ich mich dort mit Freunden treffen kann. Ausserdem finden immer wieder Events statt, bei denen ich viel Spass habe. Ein solcher Event ist zum Beispiel der Gaming-Abend. Im Jugendzentrum kann man auch Billard spielen, was ich auch gerne mache.

Katia: Der Ort, an dem ich mich am liebsten aufhalte, ist das Schwimmbad Lido. Mir gefällt besonders, dass ich schnell dort bin, weil ich in der Nähe wohne. Im Lido kann ich mich mit Freundinnen treffen und fühle mich wie in den Ferien. Am liebsten verbringe ich meine Zeit im Schwimmbecken, da Schwimmen mein Hobby ist. Auch findet im Sommer im Lido das Training der Schweizerischen Lebensrettungsgesell- schaft statt, in der ich Mitglied bin, sowie der jährli- che lustige Grillabend.

Hannah: Wenn ich mit Freundinnen abmache, gehe ich am liebsten an den See in Rappi. Nicht nur ist die Sicht, vor allem am Abend, sehr schön und passend für Fo- tos, sondern es gibt auch viele Sitzplätze, die es er- möglichen, sich lange dort zu unterhalten und den Sonnenuntergang zu beobachten. Wenn Bekannte die Stadt besichtigen wollen, ist dies der erste Ort, den ich ihnen zeige.

David: Dieses Waldstück ist in der Nähe des Langmoos. Die- sen Ort mag ich, weil er mich aus irgendeinem Grund beruhigt. Ausserdem ist dort die Luft sehr frisch. interview 18 Juni 2017

Jean-Claude Kleiner berät Gemeinden und Städte bei politischen Prozessen. «Wer aufs Matterhorn will, muss den Weg vorher­ kennen»

Ein Exekutivgremium brauche einen klaren Fahrplan, sagt Jean-Claude Kleiner, der den Stadtrat bei der Erarbeitung seiner Legislaturziele unterstützt hat. Warum ein solches Vierjahresprogramm so wichtig ist, wie man es erarbeitet, worauf zu achten und welche Megatrends dabei zu berücksichtigen sind, erklärt er im Gespräch. interview Juni 2017 19

Interview: Jacqueline Olivier verdoppeln. Das ist eine riesige Herausforderung für Fotos: Hannes Heinzer die Gemeinden. Ein weiteres grosses Thema ist der Wertewandel in unserer Gesellschaft. Die Zahl der Sie beraten den Stadtrat bei der Erarbeitung der Legis- Familien mit Kindern hat in den letzten 30 Jahren laturziele. Warum kann der Stadtrat dies nicht allein? stagniert, während sich die kinderlosen Haushalte Es geht weniger um eine Beratung als vielmehr um verdoppelt haben. Diese Zahlen haben beispielsweise den konzeptionellen Hintergrund. Der Stadtrat muss Konsequenzen für die Baupolitik. Sicher will man als sich innerhalb kurzer Zeit mit den wichtigen Themen Stadt familienfreundlich sein, gleichzeitig muss man der nächsten vier Jahre auseinandersetzen und seine anerkennen, dass heute viele Menschen ihr Leben Ziele definieren. Da kann man nicht einfach drauflos allein oder mit einem Partner gestalten wollen, also diskutieren, sondern muss strukturiert vorgehen. ohne Kinder. Solche Menschen wollen auch anders wohnen. Wie lange darf sich ein Stadtrat denn Zeit lassen, um seine Legislaturziele zu erarbeiten? Neben den Megatrends gibt es städtische Themen, mit Wichtig ist, dass er sich dafür überhaupt Zeit nimmt denen man sich beschäftigen muss. Welche sind das? und sich mit den nächsten vier Jahren beschäftigt, Ein solches Thema ist zum Beispiel die Entwicklung sich überlegt, wie sich die Stadt als Ganzes und wie der Bevölkerung: die Geburtenzahlen, die Schüler- sich die einzelnen Bereiche entwickeln sollen. Das zahlen et cetera. Letztere sind zentral für die Ent- Ergebnis ist ein klarer politischer Fahrplan, in dem wicklung des Schulbereichs. Da sich die Schüler- der Stadtrat für die nächsten vier Jahre Prioritäten zahlen der einzelnen Schulhäuser unterschiedlich setzt und auch entsprechende Massnahmen entwi- entwickeln, muss man sich überlegen, was dies für ckelt. Gleichzeitig sollen in einem solchen Plan auch die einzelnen Schulhäuser bedeutet und wie man die wesentlichen mittel- und längerfristigen Heraus- damit umgehen will. Auch die wichtigen politischen forderungen berücksichtigt werden, damit man sich Themenbereiche haben wir genau analysiert: Wirt- frühzeitig darüber Gedanken machen kann, wie man schaft und Tourismus, Versorgung und Entsorgung, diesen Herausforderungen begegnen will. Verkehr, Gesundheitsversorgung, Bildung, Freizeit, Kultur, öffentlicher Hoch- und Tiefbau, Stadtent- Ist dabei auch Platz für Visionen? wicklung und so weiter. Ein gewisser visionärer Aspekt ist durchaus vorhan- den. Wir haben auch etwas geträumt und uns ausge- malt, wie die schöne Stadt Rapperswil-Jona in 20 oder «Die Vision ist eine Art 30 Jahren aussehen soll, welche Eigenschaften sie dann auszeichnen sollen, und welche Entwicklun- Polarstern, den man immer im gen man vermeiden will. Der Vierjahresplan ist also in einen grösseren zeitlichen Rahmen eingebettet. Blick haben sollte.» Dieser wird aber nicht im Detail ausgearbeitet, denn der Fokus liegt ganz klar auf der aktuellen Legislatur. Das klingt nach einer sehr umfassenden und detaillier- Die Vision wiederum ist eine Art Polarstern, den man ten Analyse. immer im Blick haben sollte. Die Analyse deckte alle Facetten der politischen Be- reiche ab und umfasste die wichtigen Punkte der ein- Und wie geht man nun vor, um ein Legislaturprogramm zelnen Bereiche, ohne sich in Details zu verlieren. Sie zu erarbeiten? vermittelte einen Überblick, wo die Stadt in den ein- Zunächst haben wir uns im Rahmen einer Einfüh- zelnen Bereichen steht, in welche Richtung sich diese rung darüber Gedanken gemacht, was politische Pla- in den nächsten zehn Jahren entwickeln sollen und nung bedeutet, welche Faktoren primär die Entwick- wie sich der Stadtrat darauf vorbereiten kann. Dabei lung der Stadt beeinflussen und welche Tendenzen ist die Bevölkerungsentwicklung ein Faktor, der fast gesellschaftlicher, demografischer, wirtschaftlicher alle Bereiche tangiert. oder finanztechnischer Art es bei der Planung einzu- beziehen gilt. Anschliessend haben die Stadtratsmit- Inwiefern? glieder und die Ressortleiter mithilfe eines Fragebo- Zurzeit hat die Stadt fast 27'000 Einwohner, je nach- gens die verschiedenen Facetten der Stadt analysiert dem, wie sie sich entwickelt, wird sie in zehn Jahren sowie Herausforderungen benannt und mögliche 28'000, 29'000 oder auch 30'000 Einwohner haben. Massnahmen formuliert. Das ist ein enormes Wachstum, auf das man sich vorbereiten muss. Was heisst das für die Politik, die Von welchen Tendenzen sprechen Sie? Verwaltung, den Verkehr, die Bauordnung? Auf diese Es gibt sogenannte Megatrends, mit der sich heute Fragen muss man Antworten finden. Es ist aber die jede Stadt und jede Gemeinde auseinandersetzen klare Haltung des Stadtrats, dass man nicht Wachs- muss. Ein solcher Megatrend ist sicher die demogra- tum um jeden Preis, sondern qualitatives Wachstum fische Entwicklung. In den nächsten 20 Jahren wird will, um die hohen Werte der Stadt nicht zu gefähr- sich die Zahl der über 65-Jährigen in der Schweiz den, sondern zu erhalten. Doch auch hier stellt 3 interview 20 Juni 2017

«Es braucht den Blick nach vorne, sonst setzt man sich dem politischen Wind aus», sagt Jean-Claude Kleiner. sich die Frage, wie man dieses qualitative Wachstum Wie meinen Sie das? erreicht. Wenn sich eine Stadt konsequent alle vier Jahre mit den Legislaturzielen beschäftigt, hat sie einen klaren Wo ist denn der Handlungsbedarf am grössten? Weg vor sich. Dadurch kann sie die Ressourcen gezielt Die Analyse hat ergeben, dass das Wohnungsangebot für das einsetzen, was sie erreichen will. Diesen Weg für Familien eher knapp ist. Wenn man die Schulen zu definieren, hat den Stadtrat etwa drei Tage gekos- aufrechterhalten will, braucht es Schüler, und die tet. Das ist ein bescheidener Einsatz dafür, dass er bekommt man nur, wenn entsprechender Wohn- nun vier Jahre gezielt vorwärtsschreiten kann. Wer raum für Familien vorhanden ist. Beim Thema Wirt- aufs Matterhorn will, muss den Weg auch vorher ken- schaftsstandort haben wir erkannt, dass es für Unter- nen und kann ihn nicht erst unterwegs suchen. Und nehmen, die nach Rapperswil-Jona kommen wollen, wer «on the top» bleiben will – und Rapperswil-Jona an Bauland mangelt; es fehlt Gewerbeland, es fehlt ist in vielen Belangen wie etwa mit einer gesunden ein Gewerbepark. Diese Erkenntnis wird in die neue Finanzpolitik, einer hohen Wohn- und Lebensquali- Raumplanung der Stadt Eingang finden müssen. Be- tät, einer idealen Lage am See und einer wunderschö- sonders gross sind die Herausforderungen bezüglich nen Alstadt «on the top» – trägt Verantwortung, die- dem Verkehr. Hier wird es darum gehen, Szenarien zu ser Qualität Sorge zu tragen. Ohne einen klaren Fahr- entwickeln, um das Verkehrsproblem längerfristig in plan wird es schwierig, wenn es einmal nicht mehr so den Griff zu bekommen – mit oder ohne Tunnel. gut läuft, korrigierend einzugreifen.

Wo steht die Stadt gut da? Ein Fahrplan ist sicher gut, aber ein solches Gremium In vielen Bereichen, vor allem aber ist Rapperswil-Jo- setzt sich aus verschiedenen Persönlichkeiten mit un- na finanzpolitisch hervorragend unterwegs – mit ei- terschiedlichen Ideen, Vorstellungen und Zielen sowie nem Traum-Steuerfuss von 80 Prozent. Auf dieser Ba- aus diversen Parteien zusammen. Wie findet man da sis konnte die Finanzpolitik formuliert werden. Die einen gemeinsamen Nenner? wichtigste Grösse ist dabei die Steuerkraft – also das Oberstes Gebot: Wir sind eine Kollegialbehörde. durchschnittliche Steuereinkommen pro Einwohner. Mehrheitsentscheide müssen von allen getragen Rapperswil-Jona hat eine sehr hohe Steuerkraft. Mit- werden. Man kann den Spiess aber auch umdrehen: hilfe eines gezielten Wohnbaus sollte dafür gesorgt Wenn sich die verschiedenen Persönlichkeiten mit werden, dass diese Steuerkraft erhalten bleibt. ihren unterschiedlichen Erfahrungen, Werten und Parteiprogrammen in einem Gedankenaustausch Auf der Basis dieser umfassenden Analyse hat man konstruktiv einbringen, kommt man zu besseren also Ziele und Massnahmen definiert. Ganz schön viel Lösungen und es fällt leichter, diese gemeinsam zu Arbeit. Lohnt sich das wirklich? tragen und umzusetzen. Das Klima in einem solchen Es gibt den schönen Satz: «Gouverner, c’est prévoir» – Gremium ist deshalb ganz entscheidend. Es braucht regieren heisst vorsorgen. Das heisst: Es braucht den die Überzeugung, dass man nur gemeinsam etwas er- Blick nach vorne, sonst setzt man sich dem politischen reichen kann. Ein Instrument, das eine solche Kultur Wind aus, der einmal in diese und einmal in jene Rich- unterstützt, ist zum Beispiel ein Verhaltenskodex, in tung weht. Ein politischer Fahrplan, wie ihn der Stadt- dem der Rat für sich definiert, wie man miteinander rat nun erarbeitet hat, hilft auch, Effizienz und Wir- umgeht, wer wann mit wem wie kommuniziert und kung zu steigern. so weiter. interview Juni 2017 21

Apropos Kommunikation: Sollen Legislaturziele nach und Bund werden immer mehr. Ist es heute folglich aussen kommuniziert werden? schwieriger, eine Stadt zu führen, als noch vor 20 Auf jeden Fall. Wie detailreich, ist der Entscheid des oder 30 Jahren? Stadtrats, aber die Stossrichtung sollte man der Be- Zweifellos. Eine Gemeinde zu führen, ist ohnehin völkerung unbedingt aufzeigen, etwa in Form der sehr komplex. In einem Unternehmen kann der zehn bis zwölf wichtigsten Ziele. Die Bevölkerung Chef oder die Geschäftsführung etwas entscheiden, will und soll wissen, welcher Weg eingeschlagen und am nächsten Tag macht man sich auf den Weg. wird. Und der Stadtrat signalisiert Stärke, wenn er In einer Stadt muss der Stadtrat sich innerhalb sei- seine Ziele bekannt gibt und in der Halbzeit und am ner Finanzkompetenzen bewegen, das heisst, vie- Ende der Legislatur Rechenschaft darüber ablegt, les muss der Bevölkerung vorgelegt werden. Das ist was erreicht wurde und was nicht. ein anspruchsvoller Prozess. Man muss die Themen aufbereiten, die richtigen «Päckli» schnüren, infor- Das heisst, an den Legislaturzielen wird der Stadtrat mieren, die Bevölkerung für ein Anliegen gewinnen. auch gemessen? Und die zahlreichen Gesetze machen es in der Tat im- Sicher, ich finde aber trotzdem, dass gute Politik of- mer noch schwieriger, weil sie den Handlungsspiel- fen sein muss. Es fällt dem Stadtrat kein Stein aus raum der Gemeinden zusehends einschränken. Die der Krone, wenn er sagen muss, dieses oder jenes neue Raumplanung beispielsweise ist ein massiver Ziel konnte aus bestimmten Gründen nicht erreicht werden. Ein Zeichen der Schwäche wäre es hinge- gen, nicht transparent zu sein oder sich ohne klare «Ein politischer Fahrplan hilft, Ziele von gewissen Strömungen treiben zu lassen. ­Effizienz und Wirkung zu steigern.» Ist es also legitim, gewisse Ziele im Laufe der Legisla- tur anzupassen? Einschnitt für die Führung und Entwicklung einer Meines Erachtens ja. Wichtig ist, dass man auch Gemeinde. Es bedeutet zusätzlichen Aufwand, sich solche Richtungsänderungen nach aussen kom- mit diesen Vorgaben auseinanderzusetzen und zu muniziert. Dann wird die Bevölkerung damit kein überlegen, wie man die eigene Entwicklung inner- Problem haben. Die Bevölkerung hat dann ein Pro- halb dieser eng gesetzten Leitplanken gestalten kann. blem, wenn sie das Gefühl hat, es werde etwas ge- mauschelt oder unter dem Deckel gehalten. Das ist Eine Herausforderung ist es in Zeiten des Internets, ihr gutes politisches Recht. Der Stadtrat ist nicht für von Social Media und Filterblasen auch, mit sachlichen den Stadtrat da, sondern für die Bevölkerung. Dar- Informationen gehört zu werden. Gibt es Strategien, um finde ich Transparenz und eine ehrliche, offene um gegen diese Entwicklung anzukämpfen? Kommunikation ganz zentral. Und auch Offenheit Ja: Sagen, was man macht, und machen, was man für anständig vorgebrachte, substantielle Kritik. sagt. Das schafft Vertrauen und ist der Schlüssel zum Oft ist dann ein zweiter Antrag des Stadtrats nicht Erfolg. Wenn man als Stadt- oder Gemeinderat in der schlechter, sondern besser. Bevölkerung kein Vertrauen geniesst, geht gar nichts. Vertrauen gibt die Chance, anspruchsvolle Probleme Nun hat eine Gemeinde aber nicht immer freie im gegenseitigen Dialog und mit gegenseitigem Res- Hand, im Gegenteil: Die Vorgaben durch Kanton pekt anzupacken. Zum Wohle aller. ■ porträt 22 Juni 2017

10 FRAGEN AN : Hans Bianchi, 57 Jahre, seit 1992 Klärwärter, später Klärmeister und seit 2000 Abteilungsleiter der ARA Rapperswil-Jona.

Was machen Sie als Erstes, wenn Sie sich die Überprüfung der Kommunikation mit anfange – und dann dafür etwas länger an Ihren Arbeitsplatz setzen? den Aussenwerken, Reinigungsarbeiten, bleibe. Oft finde ich früh morgens oder Ich öffne das Fenster, starte den PC und Büroarbeiten, Personalführung. Ich bin gegen Abend die nötige Ruhe für admi- mache einen Rundgang durch die Anlage. auch viel draussen, und unser fünfköp- nistrative Arbeiten. Danach bearbeite ich die E-Mails. figes Team ist wie eine Familie. Was unternehmen Sie an arbeitsfreien Haben Sie ein Foto auf Ihrem Schreibtisch Was schieben Sie gerne auf die lange Tagen? stehen? Bank? Als Verwalter der Schrebergärten der Nein. Eigentlich nichts. Ich lebe nach dem Ortsgemeinde im Dornacker und im Motto: «Was du heute kannst besorgen, Hanfländer bin ich natürlich oft vor Ort Woran erkennt man Ihren Arbeitsplatz? verschiebe nicht auf morgen». und pflege auch mein eigenes Ländli. An Am geordneten Chaos auf dem Schreib- schönen Sommerabenden oder Wochen- tisch. Es gibt doch immer viel Papier, das Wie und wo verbringen Sie Ihre Mittags- enden grillieren wir hier gerne mit Fami- sich da stapelt: Pläne von Umbauprojek- pause? lie und Freunden. Ausserdem gehe ich ten, etwa von Rechenanlagen oder Pum- Meistens zu Hause mit meiner Frau und gerne spazieren in der Natur, und auch pen, Offerten, Arbeitsrapporte, Rech- unseren beiden Büsis. Die Kinder sind Reisen ist eine Leidenschaft von mir. nungen … Natürlich habe ich dafür ein schon seit einer Weile aus dem Haus. Es Ordnersystem. Und vor den Ferien liegt kommt natürlich auch vor, dass ich ge- Was wollten Sie als Kind werden? meistens nichts mehr auf dem Tisch, schäftlich auswärts esse. Matrose. Ich habe davon geträumt, auf dann ist alles abgearbeitet. einem Hochseeschiff die grosse, weite Was machen Sie als Erstes, wenn Sie nach Welt zu erkunden. Heute kompensiere Was ist das Spannendste an Ihrer Arbeit? Hause kommen? ich dies auf andere Art, zum Beispiel wa- Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Mich hinsetzen, runterfahren, Kaffee ren wir in Brasilien, vor zwei Jahren in Sie umfasst mechanische Arbeiten, La- trinken. Die Arbeitstage sind doch oft Australien, unterwegs im Camper, und borarbeiten – Stichwort Wasserproben –, recht lange, da ich am Morgen gerne früh auch Kreuzfahrten eröffnen neue Welten.

Welches wäre heute Ihr Traumberuf? Klärmeister

Hans Bianchi, Abteilungsleiter ARA 1. Stock arbeiten in rapperswil-jona Juni 2017 23 1000 Apfelbäume, 500 Hühner und 1 Schloss

Auf dem weitläufigen und idyllischen Schlossgut Meienberg waren bereits einige berühmte ­Persönlichkeiten zu Gast. Ein Dauergast sozusagen ist Felix Hollenstein, Gutsverwalter und Landwirt auf der Meienbergterrasse.

Text: Laura Verbeke Fotos: Hannes Heinzer

Momentan zeigt der Wecker jeweils 4.40 Uhr an, wenn er Felix Hollenstein aus dem Schlaf holt. Das ist für unsereins im- mer noch höllisch früh, für ihn – im Ver- gleich zu früheren Zeiten – aber fast schon «ein bisschen wie Ausschlafen». Die frü- heren Zeiten, das sind die, als Felix Hol- lenstein noch mitten in der Ausbildung zum Landwirt steckte und das Handwerk von der Pike auf lernte. Doch dazu später mehr. Zuerst werden Kühe gemolken, das Frühstück eingenommen und die Tiere gefüttert – der reguläre Start in einen Ar- beitstag auf dem Meienberg. Ein Ort fürs Leben Seit rund 53 Jahren lebt Felix Hollenstein auf dem Gut. Hier geboren, hier aufge- wachsen – mit einem kurzen Exkurs in die Ostschweiz –, hier geblieben. Sein Vater war sein Vorgänger und insgesamt 35 Jahre dafür zuständig, dass 487 Meter über Meer für Land und Leute gesorgt war. 24 von den 35 Jahren war Hollen- stein senior auch als Gutsverwalter des Schlosses Meienberg tätig. «Ich über- nahm je länger, je mehr seiner Aufgaben, sodass der Übergang praktisch fliessend gelang», sagt Felix Hollenstein. «In mei- ne Rolle und Funktion heute wuchs ich quasi hinein, habe ich doch von klein auf erlebt, wie es hier zu- und hergeht.» Felix Hollenstein ist das jüngste von total sie- ben Geschwistern: War von vornherein klar, dass er eines­ Tages in die Fussstap- fen des Vaters treten würde? «Nein. Wir waren drei Brüder,­ die alle die Landwirt- schaftsschule absolvierten und sich vor- stellen konnten, den Hof weiterzufüh- ren.» Es kam anders: Der eine Bruder ent- schied sich, am Technikum zu studieren, der andere arbeitete eine Zeit lang auf dem Hof mit, ist dann aber Obstbauleh- rer geworden. Darüber diskutiert wurde nicht gross – eine Verpflichtung war die Übernahme der Gutsverwaltung für die drei Söhne nie: «Es hat sich einfach erge- ben, dass ich der letzte bin, der hier – ich sag jetzt mal – hängengeblieben ist.» 3 Felix Hollenstein wurde auf dem Gut geboren und trat in die Fussstapfen seines Vaters. arbeiten in rapperswil-jona 24 Juni 2017

Auf seinem eigenen Hof fehlt es dem Landwirt nie an Arbeit.

Obwohl: In der dritten Klasse lautete Zukunft bringt, werde sich dann noch Denn neben seiner Arbeit als Landwirt der letzte Satz in einem seiner Aufsätze: früh genug zeigen. hat Felix Hollenstein noch die Funktion «Am Schluss hat der Hollenstein Felix des Gutsverwalters des Schlosses Meien- 200 Kühe. Das ist das Ziel.» 200 Kühe – Mehrere «Läden schmeissen» berg inne. Was das heisst? Sicherlich ei- das wäre in etwa der Bestand der Kühe Die Produkte vom Meienberg werden nes: rund um die Uhr erreichbar zu sein. aller Landwirtschaftsbetriebe von Rap- einerseits im hofeigenen «Lädeli», ande- Stephen Zuellig war es, der bis zum perswil-Jona zusammen – sind es zwar rerseits in Läden wie der Chäs-Glogge, Januar dieses Jahres im Schloss Meien- bis heute nicht, es scheint aber wahrlich im Volg Lenggis, in der Bäckerei Räber berg zu Hause war. Der Rapperswiler schon früh der Wunsch dagewesen zu oder in den Metzgereien Brönnimann Unternehmer verstarb kurz vor seinem sein, dem väterlichen Vorbild zu folgen. und Nussbaumer verkauft. Hier re- 100. Geburtstag. Mit ihm stand Felix Hol- Rund 31 Hektaren landwirtschaftliche den wir von 14 Sorten Äpfeln von Nie- lenstein jeden Tag in Kontakt. Manch- Nutzfläche, bestehend aus Wiese, Acker, derstammbäumen, Kirschen, Zwetsch- mal ein bisschen früher, manchmal ein Wald und etlichen Bäumen, werden heu- gen und gelegentlich Honig. Gemüse ist bisschen später. Aber sicher immer um te von nur zwei Männern bewirtschaf- eher Nebensache. Nicht zu vergessen: 6.45 Uhr wurde per Telefon der Tagesab- tet: von Felix Hollenstein und seinem die Eier der 500 Hühner, die Felix Hol- lauf besprochen. «Es gab in den Jahren Angestellten. 16 Jahre lebt Letzterer nun lenstein zweimal wöchentlich auf einer jedoch auch Situationen – Ausnahmefäl- schon mit seiner Frau und den fünf Kin- Tour durch Restaurants und Läden unter le, klar – wo ich mitten in der Nacht den dern auf dem Meienberg. Und auch dort die Leute bringt. Zu seinen Kunden ge- Alarm im Schloss abzustellen hatte. Das steckt gerade ein junger Landwirt in hören aber auch etliche Privathaushalte. hielt auf Trab», erzählt der Gutsverwal- der Ausbildung. Ein potenzieller Nach- Als Privileg empfindet er es, einen ter schmunzelnd. Wenn Stephen Zuellig folger für den Gutsverwalter, der selber Angestellten zu haben, der ihm über- einen Wunsch hatte, dann wurde ihm ohne Familie lebt? «Den jungen Mann all und bei allem behilflich ist. «Jeden dieser erfüllt. Sein Betrieb kam für Felix haben wir jetzt zuerst einmal in die zweiten Sonntag hat auch der Chef ein- Hollenstein an zweiter Stelle. Zeitlebens Westschweiz geschickt», antwortet Felix mal frei. Das ist weiss Gott nicht auf je- war Stephen Zuellig ein grosser Freund Hollenstein lachend. Wegkommen und dem Hof der Fall, das ist mir bewusst.» der Gartenkultur und gestaltete und ent- anderes sehen – das sei wichtig. Was die Frei – und irgendwie doch nicht frei. wickelte den Landschaftspark mit dem arbeiten in rapperswil-jona Juni 2017 25

Schloss Meienberg während Jahren in- tensiv. Für Felix Hollenstein bedeutete das Engagement mitunter auch, dass er in der Welt herumtelefonierte und orga- nisierte, kam es doch hin und wieder vor, dass der «Schlossherr» sich auf Reisen inspirieren liess und das Gesehene vor seiner Haustür wünschte. Seien es rote Kieselsteine für den Innenhof oder die Objekte einer schwedischen Künstlerin aus dem «Quellenhof» in Bad Ragaz. Es wurde (fast) alles möglich gemacht. (Meistens) Verborgene Schönheit Neben Felix Hollenstein und seinem Angestellten sind zwei Gärtner eigens für den Schlosspark zuständig. Für den Gutsverwalter sind es dann aber eben doch auch die kleinen – organisatori- schen – Arbeiten, die erledigt werden müssen und sich häufen: Heizungen reparieren, Wasserhähne flicken, Re- novationen durchführen, Bestellungen machen. Eine Person mit der «Organi- sation des Wohnens» in einem ziem- lich intimen Rahmen zu beauftragen, das braucht Vertrauen. «Stephen Zuellig kannte mich von klein auf. Er wurde älter – ich ebenfalls. Da hat man lange genug Zeit, Vertrauen aufzubauen.» Seit dem Tod des Gutsherrn sind die Arbei- ten und die Verantwortung nicht weni- ger geworden, aber es fällt nun niemand mehr die Entscheidungen. Felix Hollen- stein bleibt also ein gefragter Mann. Und doch gibt es einen Unterschied: Das Tele- fon bleibt morgens um 6.45 Uhr still. Der Öffentlichkeit bleibt die Schön- heit des Schlossparks am Meienberg während eines grossen Teils des Jahres verborgen. Die Tore sind zwar während der Woche geöffnet, verirren tun sich jedoch wenige in den grünen Weiten. Und das sei auch gut so, findet Felix Hol- lenstein. Wäre der Park offiziell täglich geöffnet, bräuchte es ein Vielfaches an Personal, um die Anlage überhaupt in- stand zu halten. Hin und wieder orga- nisiert der Verkehrsverein Rapperswil- Jona oder die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) Führungen durch den Als Drittklässler träumte Felix Hollenstein von 200 eigenen Kühen. Heute sind es 33. Schlosspark. Eine einmalige Gelegen- heit, in ruhiger, grüner Umgebung dem Vogelgezwitscher zu lauschen. Eine Ein- tergeleitet. Schlimm findet er das aber Die wöchentlichen Treffen mit den Her- ladung, die seinerzeit schon der Schrift- nicht. Er sei zwar ein ganz schlechter ren der Joner Wurstkranz-Bruderschaft steller Gottfried Keller, der Dichter Neinsager, schaffe es aber doch je län- nimmt er hingegen noch immer gerne Bayard Taylor sowie der Komponist ger, je mehr, Engagements langsam, und wenn immer möglich wahr. «Da sitzt Franz Liszt nicht ausschlugen. aber sicher abzugeben. Dabei geht es man zusammen, isst Znacht und redet ihm weniger um das Arbeitspensum als über Gott und die Welt und ein bisschen Freizeit? Ab und zu vielmehr darum, die Jungen «ranzulas- Politik. Eine schöne und bereichernde Hundertprozentig abschalten ist für sen». So hat er zum Beispiel seine Präsi- Abwechslung. Auch wenn es nur für ein, Felix Hollenstein selten Thema. Da wird dentschaft im Viehzuchtverein Jona in zwei Stunden ist.» Zu spät sollte es ja auch während der Ferien ein Telefon andere Hände gelegt. 20 Jahre Vorstand auch gar nicht werden – man denke an abgenommen und eine Bestellung wei- seien genug. den Wecker, der um 4.40 Uhr klingelt. ■ aktuell 26 Juni 2017

Bank Nummer 25: Autorinnen und Autoren des Jungen Literaturlabors Zürich geben einem Einzelgänger das Wort. Dem Reichtum der Sprache auf der Spur

Bänke sind zum Sitzen da. Manchmal auch zum Lesen. Nun wurden die Bänke auf Stadtgebiet aber selber zur Lektüre für die Passanten. Für das unkonventionelle temporäre Projekt «Reisen zwischen den Sprachen – Voyages entre les langues» wurden sie mit Texten unterschiedlichster Autoren in diversen Sprachen beschriftet.

Text: Jacqueline Olivier Sie wird sichtbar in kurzen Texten, Sätzen, Satzfragmenten, Fotos: Danielle Rosales Wortspielen in unterschiedlichen Sprachen und Schriften, die einem im Vorübergehen ins Auge fallen, die aber auch einladen, Jeder nutzt sie, Tag für Tag: die Sprache. Wir reden, schwatzen, stehen zu bleiben, zu lesen, zu interpretieren, in Gedanken den erzählen, erklären, lesen, schreiben, notieren, mailen, chatten, Satz, den Text fortzuschreiben. simsen. Wir haben eine Muttersprache, manchmal zusätzlich «Reisen zwischen den Sprachen» heisst das nationale Pro- eine Vatersprache, eine Landessprache, eine Schriftsprache, jekt, das von Vera und Ruedi Baur sowie Karelle Ménine in sechs einen Dialekt; wir lernen Fremdsprachen, spicken unseren All- Schweizer Städten initiiert wurde. Es wird unterstützt von der tag mit Anglizismen, verwenden Lehnwörter aus anderen Spra- Oertli-Stiftung, die dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert chen, oft, ohne uns dessen gewahr zu sein – kurz: Sprache ist für und deren Hauptziel im Brückenschlag zwischen den Sprach- uns eine Selbstverständlichkeit. regionen besteht, wie es auf der Homepage heisst. Umgesetzt Doch nun wird diese auf die Probe gestellt. Bei einem Spa- wird es von Civic City, einem unabhängigen Forschungsinstitut ziergang durch Rapperswil-Jona begegnet man seit Kurzem der und internationalen, multidisziplinären Netzwerk von Stadtpla- Sprache dort, wo man sie sicher nicht erwartet hätte: auf den nern, Designern, Grafikdesignern, Architekten, Landschafts- roten Sitzbänken, die über das ganze Stadtgebiet zu finden sind. designern, Soziologen, Politikwissenschaftern und Künstlern. aktuell Juni 2017 27

Neben Rapperswil-Jona beteiligen sich Biel, Faido, Nyon, Sagli- Puzzle setzte der gebürtige Langenthaler, der selber bilingue ains und Sion an der Aktion, die durch die grafische Installation aufgewachsen ist, diese Ideen zusammen, konkretisierte sie, mehrsprachiger Literatur die unterschiedlichsten Menschen schrieb selber auch Texte, suchte nach den Teilen, die noch mitnehmen will auf diese ungewöhnliche Reise. fehlten, damit ein in sich stimmiges Bild entstehen konnte – immer gemeinsam mit den Menschen, die sich für die Sache Quer durch die Stadt begeistern liessen und engagierten, wie er betont. «Hinter je- In Rapperswil-Jona führt sie also von Bank zu Bank und von der Bank steht jemand, den oder die ich hier kennengelernt Quartier zu Quartier. Dass die Stadt reich sei an solchen roten habe.» Und während die einen Auszüge aus bestehenden Tex- «Bänkli», sei ihm bald aufgefallen, sagt André Vladimir Heiz. ten oder Zitate berühmter Dichter beisteuerten, die ihnen am Der Schriftsteller und Dozent für Semiotik war mit der litera- Herzen liegen, formulierten andere ihre eigenen Gedanken, rischen Leitung des Projekts beauftragt. Die Bänke, findet er, Stichworte oder Texte. Dies alles in den unterschiedlichsten seien für die Umsetzung des Vorhabens ideal. An verschiede- Sprachen, sodass die Bänke als Spiegelbild unserer multikul- nen Orten, in unterschiedlicher Umgebung platziert, bilden turellen Gesellschaft funktionieren. Gleichzeitig lässt sich die 60 nun beschrifteten roten Bänke eine Art roten Faden, diese Gesellschaft auch im Mikrokosmos einer Schulklasse der durch die thematischen Schwerpunkte der Stadt führt: erkennen, in der die Kinder reihum je einen Satz in ihrer je- von der Idylle am See über den Hochschulcampus, den Zoo, weiligen Muttersprache festhielten. das Naturschutzgebiet, die Industriezone, die Sportanlagen, Mitgewirkt haben ausserdem diverse lokale Kulturschaf- das Wohngebiet, die Schule, die Kulturstätte und die Verwal- fende wie der Kunst- und Kulturwissenschafter Peter Röllin, tung bis zur Jugendarbeit. Daniela Colombo als Vertreterin der Literaturtage, oder die Und noch etwas anderes war ihm von Anfang an klar: Es Regisseurin Barbara Schlumpf. Auf der Liste der Autoren ste- sollte sich nicht um ein intellektuelles Projekt handeln, die Tex- hen auch Bruder Adrian Müller aus dem Kapuzinerkloster, te, die schliesslich diese Bänke zieren sollten, dürften nicht von Anna Buchmann vom Polenmuseum, Unternehmer Claudius oben verordnet sein, sondern müssten in Zusammenarbeit mit Röllin oder die Lehrerin Daniela Huwyler. Auch Mitschrei- den Menschen vor Ort entstehen. bende des Jungen Literaturlabors (JULL) in Zürich sind in Rapperswil-Jona aktiv geworden, und selbst Mitarbeiterin- Gemeinsam mit den Menschen nen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben «ihr» Bänkli André Vladimir Heiz, der sich selber gerne als «Reisender kreiert. Es war die Idee von Francisca Moor, Kulturbeauftrag- der Wahrnehmung» bezeichnet, war ab November letzten te der Stadt, einen Inhouse-Wettbewerb zu lancieren. Es galt, Jahres regelmässig in der Stadt unterwegs, suchte die Be- den angefangenen Satz «Ich sitze auf einer Bank und …» zu gegnung mit Einheimischen und Gästen, führte Gespräche, beenden, die besten Vorschläge quer durch alle Abteilungen hörte zu, regte an, liess sich inspirieren. Es entstanden erste sind nun auf der Bank Nummer 60 + 1 im Foyer des Stadthau- Textideen, die wiederum zu den nächsten führten; wie ein ses nachzulesen. 3

Die Mauer auf dem Fischmarktplatz dient als Info-Panel. Hier ist sie noch in Arbeit. aktuell 28 Juni 2017

Ein künstlerisch dargestellter Plan des Parcours ist auf der Mauer beim Hafen zu finden.

Die Texte zu sammeln, war aber lediglich der erste, der geisti- genwart der Sprache.» Diese sei uns nicht einfach gegeben, wie ge Teil der Arbeit. Der zweite war physischer Natur: Die Texte viele Menschen meinten, fährt er fort. «Die Sprache ist uns zur mussten auf die Bänke übertragen werden. Dies übernahmen Verfügung gestellt und sie hat ihre Grenzen. Wenn man sich um vier junge Kalligrafen, die zunächst verschiedene Schriften die Sprache nicht bemüht, greift sie schnell einmal ins Leere.» entwarfen und dann in akribischer Handarbeit die roten Latten beschrifteten. Vor Ort und vor den Augen der Passanten, die Nicht auf ewig nicht schlecht staunten über diese unkonventionelle Betrieb- Was erwartet er selber von der Installation? Vielleicht, antwor- samkeit rund um die sonst so unauffälligen Sitzbänke. tet er, dass der eine oder andere Passant einen Satz aufschnap- Anstrengend sei diese Arbeit für die Kalligrafen gewe- pe, der ihn besonders anspreche. Oder dass jemand plötzlich sen, erzählt André Vladimir Heiz. «So eine Bank ist schliess- Lust verspüre, selber einen Satz zu schreiben. «Ich hoffe, dass lich nicht flach, sondern ein ziemlich widerspenstiges Objekt. die Bänke ein auslösendes Moment sind, ein Vergnügen, eine Manchmal mussten die jungen Leute auf dem Boden knieen, Überraschung. Mehr zu erwarten, wäre arrogant.» Er habe manchmal in gebückter Haltung stehen und Buchstaben für sich Mühe gegeben, dass das, was organisch gewachsen sei, Buchstaben auftragen.» Mindestens vier Stunden waren sie im zu guter Letzt einen Sinn ergebe. Doch liege es schliesslich am Durchschnitt pro Bank beschäftigt. Hinzu kommt die Mauer Betrachter selbst, was er damit anfange. auf dem Fischmarktplatz, die als Einführung dient. An dieser Mindestens sechs Monate bleibt der Bevölkerung und «Informationstafel» arbeiteten die Kalligrafen während zweier den Touristen nun Zeit, sich innerhalb der Stadt zwischen Wochen. Sie gibt Erklärungen zum Projekt und zeigt den Plan den Sprachen zu bewegen und ihre eigenen Schlüsse aus dem des gesamten Parcours, der von hier aus begonnen werden Projekt zu ziehen. Irgendwann im Herbst gehen die Bänke kann und kreisförmig um die Stadt führt. Dabei spielt es kei- dann teilweise selbst auf die Reise, nämlich in den Werkhof, ne Rolle, in welche Richtung man startet, ob Richtung Seequai wo sie während des Winters je nach Bedarf repariert und neu oder Richtung Bahnhof Rapperswil und HSR. gestrichen werden. Natürlich kann man die Bänke auch punktuell ansteuern Ist das nicht schade um die ganze Arbeit? Nein, findet der oder einfach jene zur Kenntnis nehmen, an denen man gerade Dauerreisende, der sich nirgends und überall zu Hause fühlt. vorbeikommt. «Man kann sie auch ignorieren», meint André «Ich bin für das Ephemere, es muss nicht alles Bestand haben. Vladimir Heiz, «aber wenn man einige dieser Bänke gesehen Wir selber sind ja auch Vorübergehende.» ■ hat, wird man merken, dass es sich hier um mehr als bloss um einige Sprüche handelt. Die Bänke erinnern vielmehr an die Ge- > www.civic-city.org vereine Juni 2017 29

Spielfreude und Zusammenhalt zeichnen die Stadtmusik Rapperswil-Jona aus. Bald in neuem Gewand und stets mit Blick nach vorn Nach 30 Jahren hat die alte ausgedient: Die Stadtmusik Rapperswil-Jona tritt demnächst in neuer Uniform auf. Der über 125-jährige Verein will damit auch gegen aussen signalisieren, dass man sich trotz Traditionsbewusstseins der Moderne nicht verschliesst.

Text: Fabienne Würth kann – darum der lange Vorlauf», sagt Präsident Ste- Fotos: Andreas Schwaiger fan Hofer, während er im Bistro der Stadtbibliothek sitzt – direkt neben dem Probelokal des Vereins. Hier Wenn schon, denn schon – das hatte sich die Leitung trifft sich die Stadtmusik jeden Montagabend zur der Stadtmusik Rapperswil-Jona gesagt, als es darum zweistündigen Probe, vor Konzerten in der Regel ging, die 42 Mitglieder in neue Uniformen zu kleiden: noch häufiger. «Der Umtrunk nach den strengen Pro- Während fast zwei Jahren suchte eine Kommission ben darf natürlich nicht fehlen», sagt Stefan Hofer la- nach dem idealen Nachfolger für das prägnante, in chend in seiner humorvollen Art, ehe er nochmals auf Anlehnung an die Stadtfarben rot-weisse Tenue, das die Uniformen zu sprechen kommt: «Bis das Modell an so manchen Konzerten und Wettbewerben der ausgewählt war, alle Musikantinnen und Musikan- Hingucker gewesen ist. ten vermessen waren und die Schneider ihre Arbeit «Die Beschaffung einer neuen Uniform ist kein getan hatten, verging viel Zeit.» Nicht nur das: Auch Projekt, das von heute auf morgen realisiert werden die 100'000 Franken für die Finanzierung durch 3 vereine 30 Juni 2017

Sponsoren sowie Ersatzstoff – um zukünftige Neu- Seit rund zehn Jahren ist er Vereinsmitglied, hat seit mitglieder einzukleiden – mussten sichergestellt sein. zwei Jahren das Präsidium inne und findet neben Geachtet habe man auch darauf, einen regionalen seinem Vollzeit-Job als Treuhänder in der Kunststoff- Schneider für das Projekt zu gewinnen, um einerseits branche regelmässig Zeit, auf seinen Instrumenten – das Gewerbe in der Region zu fördern und anderer- Klarinette und Bassklarinette – zu üben, auch wenn seits im Bedarfsfall Änderungen schnell und unkom- er, wie er verrät, durchaus nicht immer gleich viel pliziert vornehmen lassen zu können. Zeit dafür aufwenden kann. «Buchstäblich am Zerfallen» Für jedes Projekt einen anderen Dirigenten «Die Uniformen, die vor 30 Jahren designt worden Die Stadtmusik Rapperswil-Jona blickt auf eine lan- waren, waren punkto Funktionalität nicht mehr ge Tradition zurück: Es war am Stephanstag im Jahr zeitgemäss», sagt Stefan Hofer weiter, «bei Regen bei- 1880, als zehn Rapperswiler Musikanten den Verein spielsweise wurden sie extrem schwer, ausserdem gründeten, 2005 feierte die Stadtmusik Rapperswil ihr waren einzelne Zierelemente wie etwa der Centuron 125-jähriges Bestehen. 2007, als die vereinigte Stadt – der Leibgurt – buchstäblich am Zerfallen. Auch war Rapperswil-Jona an den Start ging, passte der Verein der Stoff nicht mehr erhältlich, und unter dem vie- seinen Namen an. «Wir konnten natürlich nicht zu- len Engernähen und Auslassen haben die Uniformen rückstehen», meint Stefan Hofer lachend, «immerhin gelitten.» Jedoch: Wie genau die neuen Uniformen kommen auch unsere Mitglieder aus Rappi und Jona.» aussehen werden, dazu schweigt der Präsident eisern Nach wie vor sei man stolz darauf, die Stadt in der Öf- und verrät nur so viel: «Wir sind ein moderner Verein, fentlichkeit repräsentieren zu dürfen. der sich gerne an die alten Traditionen erinnert. Bei Seit der Gründung haben 24 Dirigenten das mu- den neuen Uniformen haben wir uns für ein moder- sikalische Leben des Vereins geprägt. Im Jahr 2015 nes, frisch gestyltes Modell entschieden, weil dieses bewies die Stadtmusik, dass sie bereit ist, neue Wege bei unseren Auftritten am besten wirkt.» zu gehen: Statt mit einem festen Dirigenten arbeitet Aber die Musiker verbindet mehr als nur die ge- der Verein seither mit Projektdirigenten. So wird der meinsame Uniform. «Wir definieren uns vor allem Gala-Abend beispielsweise von Andreas Mattle diri- über unsere Spielfreude und die tolle Zusammenge- giert. Er ist kein Unbekannter: Als Posaunist arbeite- hörigkeit», sagt der Präsident, der lebt, was er sagt: te er schon mit Stephan Eicher oder Sunrise Avenue

Dirigent Andreas Mattle wird am Gala-Abend den Taktstock schwingen. vereine Juni 2017 31

zusammen, ist Mitglied im «21th Century Orchestra», sowie die Big Band des Flughafens Zürich», verrät das weltweit als eines der wenigen Orchester Filmmu- Stefan Hofer und sagt nicht ohne Stolz: «Immer wie- sik aufführen darf. Dirigenten findet die Stadtmusik der treten bei uns auch gestandene Formationen auf, laut Stefan Hofer über Kontakte oder Mundpropagan- allein, weil ihnen die Atmosphäre so gut gefällt. Auf da. Organisatorisch bedeute es zwar einen gewaltigen dem Fischmarktplatz spielt man einfach vor einmali- Zusatzaufwand, laufend neue Dirigenten zu suchen, ger Kulisse.» Der Weg bis zu einem Konzert sei zwar räumt Stefan Hofer ein, «aber wir sind sehr zufrieden: manchmal steinig, aber: «Die Auftritte bleiben un- Die Mitglieder nehmen die Projektdirigenten positiv vergesslich und sind eine grosse Belohnung – nicht auf und wir stehen als Musiker nicht still – mit jedem zuletzt deshalb, weil unsere Musik echt ist und nicht Dirigenten lernen wir Neues dazu.» Der Stillstand sei aus dem Computer oder dem Synthesizer stammt.» früher Thema gewesen und war Triebfeder für die- ses unkonventionelle Vorgehen. «Wenn Proben zur Der schönste Fähnrich der Region Routine werden und das Feuer fehlt, ist niemandem Die kreativen Köpfe im Verein überraschen zudem gedient», sagt der Präsident dazu schlicht. Allerdings immer wieder mit nicht alltäglichen Ideen. So ist sollen die Projektdirigenten kein Dauerzustand sein: zum Beispiel der derzeitige Fahnenträger ein asylsu- Wenn die Zeit reif sei, werde wieder ein fester Diri- chender Kurde. «Wir sehen es als unsere Pflicht, ihm gent die Stadtmusiker und -musikerinnen leiten. «Die zu helfen, und können uns rühmen, den schönsten Bedingungen stehen aber fest. Man muss mit uns ar- Fähnrich in der Region zu haben.» beiten, Projekte in Angriff nehmen und nicht nur die Wie es weitergehen soll? «Es stehen verschiedene Proben abhaken», fasst Stefan Hofer zusammen. Ideen im Raum, um Synergien zu nutzen – spruchreif ist im Moment aber noch nichts.» Der Präsident kann sich jedoch gut vorstellen, dass die Zusammenar- Nachwuchs gesucht beit mit anderen Orchestern aus der Region intensi- Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Dirigenten viert wird. Auch gemeinsame Auftritte sind für ihn ist eine von verschiedenen Massnahmen, um Nach- denkbar. Denn schliesslich soll die neue Uniform wuchs zu finden. Die Stadtmusik zählt mit 42 aktiven gezeigt werden – mindestens 30 weitere Jahre. ■ Mitgliedern zu den mittelgrossen Vereinen in der Region. «Die Jungen rennen uns nicht die Tür ein», formuliert es der Präsident. Und er erklärt weiter: «Früher war klar: Wer in eine neue Gemeinde zieht, schliesst sich einem Verein an. Heute ist das Frei- zeitangebot riesig, allein in Rapperswil-Jona gibt es über 100 Vereine und verschiedenste Möglichkeiten, aktiv zu sein. Mit diesem breiten Angebot müssen wir konkurrenzieren.» Die Projektdirigenten ermög- Gala-Abend mit neuer Uniform lichen es, immer wieder neue musikalische Themen aufzugreifen. Zudem muss man heute nicht mehr Die neue Uniform einweihen? Lange Reden und zwingend Vereinsmitglied werden, sondern kann «Modeschau» abhalten? Das passt nicht zur projektbezogen mitwirken. Gelegenheiten dazu sind Stadtmusik. «Einweihen» klinge viel zu steif, sagt genug vorhanden. Die Stadtmusiker treten regelmäs- Präsident Stefan Hofer. «Wir präsentieren die neue sig öffentlich auf, dieses Jahr etwa am Stadtfest, aber Unifom vielmehr mit einem grossen Fest den zahlrei- auch immer wieder im Circus Knie, an etlichen kirch- chen Gönnern, Sponsoren und Freunden der Stadt- lichen Anlässen oder an Kreismusiktagen. «Auch vor- musik sowie der Öffentlichkeit.» Darum findet am spielen muss man bei uns nicht mehr», winkt Stefan 12. Mai im Eventhouse Rapperswil ein Gala-Abend Hofer ab, «wer ein Instrument beherrscht und Freude statt. Unter dem Motto «Nois(e) Gwand» wird nicht am Musizieren hat, ist herzlich willkommen.» nur das Geheimnis um die neue Uniform gelüftet, Die Hafenkonzerte, die die Stadtmusik seit 15 die Stadtmusik spielt auch mit einem ausgewählten Jahren organisiert, tragen ebenfalls dazu bei, den Programm auf. «Die Stücke, die wir am Gala-Abend Verein bekannter zu machen. Während jeweils spielen, zeigen unser Können: Ob schöne Melodien, dreier Wochen im Juni präsentiert die Stadtmusik fetzige Grooves oder herausfordernde Klassik – die Rapperswil-Jona auf dem Fischmarktplatz verschie- Stückwahl weckt bei Stadtmusikanten Spass und dene Aufführungen von Blasmusikformationen. Ehrgeiz zugleich und wird unsere Zuhörer begeis- Diese stossen weit über die Stadtgrenzen hinaus auf tern», ist Stefan Hofer überzeugt. Über das Pro- positiven Anklang, wenn auch im letzten Jahr wegen gramm soll aber im Voraus ebenso wenig verraten des schlechten Wetters fast drei Viertel aller geplan- werden wie über die neuen Gewänder. Nur so viel: ten Aufführungen abgesagt werden mussten. «In Im Anschluss gibts Barbetrieb bis nach Mitternacht. diesem Jahr präsentieren sich als besondere High- (fw) lights zum Beispiel die Blaskapelle Kristall oder CMVS Brass Band Sektion Zürich, die Live Band SBB > www.stadtmusik.com leben in rapperswil-jona 32 Juni 2017

Besser spielen als gamen Mit Kindern kann sie es gut: Vier Jahre lang hat die 16-jährige Flavia Bruggmann beim Jump-in- Sunday Schüler gecoacht. Nun wird sie als Pfadileiterin eine eigene Gruppe übernehmen und will gar ihr Berufsleben den Kindern widmen.

Text: Joel Bedetti sehr anhänglich werden, wenn man erst ihr Vertrauen gewon- Foto: Katharina Wernli nen habe. Auch mit den anderen Coaches, erzählt sie weiter, habe sie es gut gehabt. «Wir haben viel gelacht.» Dann hält Als Treffpunkt schlägt Flavia Bruggmann den McDonald’s am Flavia Bruggmann inne und legt nachdenklich den Zeigefin- Fischmarktplatz vor. Hinter den Fensterscheiben verputzen ger ans Kinn. «Wobei», sagt sie und grinst, «bei einigen war gleichaltrige Teenager Pommes und Chicken Nuggets. Doch ich nicht ganz sicher, ob sie den Job eher wegen des Geldes auf die Frage, ob man dort drin reden wolle, wirft sie einen machten.» Jeder Junior-Coach kriegt pro Sonntagnachmit- Blick in das Lokal und schüttelt den Kopf. McDonald’s sei nicht tag 40 Franken, Senior-Coaches das Doppelte. «Das ist schon so ihr Ding, sagt sie. Im Café Rosenstädter gegenüber bestellt ziemlich viel Geld», findet Flavia, die pro Woche 10 Franken sie ein Mineralwasser. Flavia Bruggmann, 16-jährig, schwarze Taschengeld erhält. Hose und rotes Karohemd, ist definitiv keiner der Teenager, die nur auf das nächste Vergnügen aus sind. «Ich gehe nicht Begeisterte Pfadfinderin oft in den Ausgang», sagt sie und spielt, wie oft, wenn sie lacht, Im März hat Flavia Bruggmann ihren letzten Jump-in-Sunday mit ihren Händen. «Ich bin gerne draussen in der Natur oder betreut; inzwischen als Senior Coach. Im nächsten Semester koche zu Hause etwas mit meinen Freundinnen.» wird jemand anders ihren Posten übernehmen müssen. Aber Ausserdem hat die Jugendliche in den vergangenen vier nicht, weil sie jetzt jeden Sonntag ausschlafen will. Sondern Jahren auf jeden vierten Sonntagnachmittag verzichtet. Vier weil eine noch grössere Aufgabe auf sie wartet. Nach den Jahre lang war sie Coach am Jump-in-Sunday im Schulhaus Frühlingsferien hat Flavia die alleinige Leitung ihrer Pfad- Südquartier. Schüler der ersten bis sechsten Klasse können findergruppe, die aus 19 Kindern zwischen 10 und 14 Jahren nachmittags in der Turnhalle spielen und werden von Jugend- besteht, übernommen. Jeden Samstag wird sie für die Gruppe lichen wie Flavia Bruggmann beaufsichtigt. Zuvor besuchte ein Programm gestalten müssen, in den Ferien wird sie mit Flavia den Jump-in-Sunday manchmal selber mit einer Freun- ihnen in die Pfadi-Lager gehen. Angst vor der neuen Verant- din, weil ihr älterer Bruder dort Coach war. Als in der ersten wortung, sagt sie entspannt, habe sie keine. «Das wird schon Oberstufenklasse die Projektleiterin in ihrer Klasse nach klappen.» Die Erfahrung als Coach wird ihr dabei sicher nicht neuen Coaches suchte, sagte Flavia deshalb ohne zu zögern schaden. zu. «Es ist eine sinnvolle Sache», erklärt sie. «Ich finde es gut, Vielleicht war der Jump-in-Sunday auch nicht ganz un- wenn die Kinder in die Turnhalle kommen und zusammen schuldig daran, dass sich Flavia Bruggmann dafür entschie- spielen, anstatt zu Hause zu gamen.» den hat, nicht nur die Wochenenden, sondern gleich ihr künf- tiges Berufsleben mit Kindern zu verbringen. Sie will Primar- Wunden behandeln und Streit schlichten lehrerin werden. Als sie vor zwei Jahren überlegen musste, Flavia Bruggmann begann als Junior-Coach. Diese betreuen welche Richtung sie an der Fachmittelschule Wattwil ein- jeweils zu viert die Kinder am Jump-in-Sunday und werden schlagen wollte, war sie noch unsicher. Eigentlich wollte sie selbst von einem Senior-Coach und einem erwachsenen Ta- Ärztin werden oder Pflegefachfrau wie ihre Mutter. «Aber all gesleiter beaufsichtigt. Sonntagmittag kam Flavia jeweils ins das Leid, das man sieht», gibt sie zu bedenken und schüttelt Schulhaus Südquartier und stellte mit den anderen Coaches den Kopf, «ich weiss nicht.» Hängematten oder Rutschbahnen auf, organisierte Völkerball Sie machte Schnupperlehren als Geomatikerin und als oder Sitzball. Überfordert von den Kindern sei sie nie gewesen, Hochbauzeichnerin, weil sie in technischem Zeichnen gut ist. erzählt sie. Aufgeschürfte Knie behandelte sie mit Kältespray «Doch der Umgang mit Menschen fehlte mir», erzählt sie. Also und Pflaster aus dem Medizinkoffer, den sie als Pfadfinderin entschied sich Flavia schliesslich für das pädagogische Profil. bereits bestens kannte. Wenn sich Kinder in die Haare gerie- «Ich mag die Schule», sagt sie und lacht. «Und ich mag Kinder. ten, ging sie dazwischen und sorgte dafür, dass sie sich wieder Wenn man ihnen etwas gibt, geben sie viel zurück.» Das habe versöhnten. «Das kann ich gut», sagt Flavia, die mit zwei älte- sie auch an den Jump-in-Sundays gesehen. «Manchmal war ren Brüdern aufgewachsen ist. den Kindern langweilig, und ich schlug ihnen ein Spiel vor.» Auch Kinder, die zu weinen begannen, weil sie nicht durf- Flavia Bruggmann lächelt. «Und wenn ich ihnen diesen An- ten, was sie wollten, zum Beispiel auf dem Trampolin einen stoss gab, kamen auch sie wieder mit eigenen Ideen. Das war Salto schlagen, brachten Flavia nicht aus der Fassung. «Man schön.» Nach den Sommerferien wird sie dann erstmals vor ei- muss einfach auf die Kinder eingehen», betont sie. Gerade ner richtigen Klasse stehen: Sie wird ihr erstes zweiwöchiges Erst- und Zweitklässler, fügt sie schmunzelnd an, könnten Praktikum absolvieren. ■ leben in rapperswil-jona Juni 2017 33

Steckbrief Flavia Bruggmann Alter: Jahrgang 2000 Lieblingsort in Rapperswil-Jona: Höcklistein, wegen der schönen Aussicht Lieblingsmusik: Charts (derzeit Ed Sheeran) Lieblingsschulfach: Mathe Lieblingsessen: Kartoffelstock33 und Voressen Typische Eigenschaft: hilfsbereit, offen und sehr aktiv Lieblingsinstrument: Saxophon Lieblingsfarbe: Hellgrün hausgeschichten 34 Juni 2017 Gastwirtschaft und Bollwerk

Im Haus Engelplatz 2, auch bekannt als «alter Sternen», kehrten über Jahrhunderte hungrige und durstige Einheimische und Reisende ein. Das Gebäude war aber nicht nur Gaststätte, sondern auch eine Art Schutzschild gegen Angreifer.

Text : Paul Heeb scharten versehen sein. Der Neubau wur- Mit dem Verkauf des Hauses an Leopold Foto: Hannes Heinzer de aber dann nicht Hans Cappeler zurück- Bollag-Dreifuss im Jahre 1858 ging die gegeben, sondern dem Meistbietenden Nutzung als Gasthaus zu Ende. Nach Der «alte Sternen» ist eines der grössten überlassen. Käuferin war Bärbel Ulmann, dem Tod seines Sohnes Abraham, wel- Privathäuser in der ganzen Stadt. Er bil- die das Gebäude für 1400 Gulden erwarb. cher in der Presse als «Chef der altbe- dete und sicherte zusammen mit dem 1630 baute der spätere Eigentümer Peter währten Tuchhandlung dieses Namens» Halsturm, der östlich vorstand und eben- Tschudi einen neuen Dachstuhl. Bei die- bezeichnet wird, gelangte das Grund- falls besonders massiv gebaut war, im ser Gelegenheit liess der Stadtrat eine stück 1903 auf konkursamtliche Ver- Sinne eines Bollwerkes den östlichen Ein- Stiege von der Gaststube in den Halsturm steigerung. Erwerber waren die beiden gang in die Stadt. Im Turm befand sich errichten. Hypothekargläubiger Alfons Curti (der das «üssere Tor». Während Jahrhunder- spätere Ortsverwaltungspräsident) und ten beherbergte das Haus eine Gastwirt- Von Geschossen durchsiebt sein Bruder Franz (der spätere P. Notker schaft, stets unter dem Namen «Sternen». Die Belagerung Rapperswils durch Zür- Curti in Disentis). 1904 erwarb der Im Jahr 1566 brannte das Gebäude cher Truppen im Jahre 1656 ging am «Ster- Schmied Andreas Scheier das Haus, zusammen mit zwei weiteren Häusern nen» nicht spurlos vorüber. Stadtschrei- worauf darin eine Schmiede eingerich- am Engelplatz ab. Der Eigentümer Hans ber Johann Peter Dietrich hält in seinem tet und betrieben wurde, ab 1921 auch Cappeler gelangte an den Stadtrat mit Tagebuch fest, dass schon am ersten Tag eine Holzbearbeitungswerkstätte. In den der Bitte, ihm das Haus abzunehmen, der Belagerung, am 7. Januar 1656, vom 1950er-Jahren eröffnete die Migros im Par- es wieder aufzubauen und ihm dann er- Zwinghof des «Sternen» und vom Hals- terre ihre erste Filiale in Rapperswil. neut zukommen zu lassen. Er habe am turm aus angefangen wurde, «starck uf 1965 kauften die Brüder Stephen Haus 1100 Pfund verloren. 1568 beschloss den Feyndt Feur zu geben». Am 25. Januar und Gilbert Zuellig vom Meienberg das der Rat einhellig, dass man «uf der Hof- habe der Feind mit Mauerbrechern und 116 Grundstück. Sie unterzogen den inzwi- statt zum Sternen ein nüw Behusung zur gezählten Schüssen die «Sternen»-Mauer schen unterhaltsbedürftigen Altbau einer Wirtschaft» bauen lassen wollte. Deren fast durchlöchert und am 26. Januar dem gründlichen Restauration und Moder- Ringmauer sollte ungefähr 7 Schuh dick Gebäude derart zugesetzt, dass die Be- nisierung nach denkmalpflegerischen (2,1 Meter) und mit Zinnen und Schiess- lagerten die Geschütze hätten verlassen Grundsätzen. Sie schufen damit ein Mus- müssen. Am 1. August 1656 beschliesst so- terbeispiel im Bereich Altstadtpflege. Der dann der Rat, die «Sternen»-Mauer gegen «alte Sternen» prägt massgeblich das Bild den Zwinghof wiederaufzubauen, weil sie des Engelplatzes und damit des östlichen vom Feind derart durchschossen worden Stadteingangs. ■ sei, «dass man an 2 Ohrten mit einem Fuo- der Heuw ohnhinderlich dardurch hette fahren können». In der Folge erfuhr die Sternen-Lie- Paul Heebs Häuserchronik genschaft in allen Jahrhunderten Hand- änderungen und Umbauten, wobei in den Paul Heeb, der frühere Grundbuch- Verträgen immer von der Wirtschaft, der verwalter und Präsident des Orts­ Gaststube, oder vom Wirt die Rede ist. verwaltungsrats, hat nach seiner Das «üssere Tor» hatte die glei- Pensionierung im Jahr 2001 in che Bedeutung wie das Brückentor am akribischer Forschungsarbeit eine Fischmarktplatz. Jedes Fuhrwerk, jeder « Chronik über die Eigentumsver- Handelsmann und jeder Pilger, der auf hältnisse der Häuser in der Altstadt » die andere Seeseite strebte, musste sich zusammen­gestellt. Als Quellen durch das Halstor in die Stadt hinein und dienten ihm die Ratsprotokolle seit via Halsgasse, Kluggasse, Hauptplatz und 1540, der helvetische Kataster von Fischmarkt zum Brückentor bewegen. 1801, Handänderungsprotokolle ab Weil das Halstor für den im 19. Jahrhun- 1816 sowie alte Schuldenprotokolle. dert wachsenden Verkehr ein bauliches Im « Stadtjournal » stellt Paul Heeb Hindernis bildete, befahl der Kanton 1829 jeweils eines der von ihm erforschten seinen Abbruch. Die Umrisse des ehe- Häuser vor. Die CD-ROM der gesam- maligen Halsturms sind südwestlich des ten Chronik ist für 45 Franken bei Im alten «Sternen» gingen früher die «Sternen» am Boden der Fahrbahn durch der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona Gäste ein und aus. Pflastersteinreihen noch sichtbar. erhältlich. kulturhighlights Juni 2017 35 Ausstellung Ausstellung Ricordi e Stima Out of the Blue In den Jahrzehnten nach dem «Out of the Blue» – sinn- Zweiten Weltkrieg zogen Tausende gebend übersetzt mit Italienerinnen und Italiener auf der «aus heiterem Himmel» Suche nach Arbeit in die Schweiz. – ist so ambivalent wie Nach wie vor gehören sie zu den die Vorstellungen von grössten Migrations­gruppen im den «Ordnungen» des Land und haben massgeblich zum Firmaments und den wirt­schaftlichen Aufschwung der «Wirklichkeiten» auf Er- Schweiz beigetragen. Sie gestalteten den. Und ebenso mehr- ihre eigene gesellschaftliche Welt deutig thematisieren und veränderten von dort aus sich und bespielen in dieser und die Schweiz. Ausstellung der IG Halle Die Ausstellung im Stadtmuseum stille und bewegte Bilder und Installationen von ist eine Annäherung­ an den Alltag 16 Kunstschaffenden das Oben und Unten, die der Immigranten und Immigran- Empfindung von Helligkeit und Dunkelheit. Das tinnen anhand von Fotografien und Augenmerk gilt nicht den Messwerten, sondern persönlichen Erzählungen. Ein ab- freien und künstlerischen Intentionen zum wechslungsreiches Begleitprogramm breiten und offenen Thema. Vorstellungskraft in bietet weitere Einblicke in diese Welt und Kostproben von Italianità. Unter Gang bringen ist das Ziel. anderem liest die in Rapperswil-­Jona lebende ­Autorin Gemma Capone am Dienstag, 16. Mai, um 19 Uhr aus ihrem Buch «Parlami di te» (Erzähl mir 21. Mai bis 30. Juli 2017 von dir), in dem sie Antworten gibt auf Leserbriefe von Migrantinnen und Ort: Kunstzeughaus Rapperswil-Jona Migranten – ein Anlass vor allem in italienischer Sprache. Vernissage: Sonntag, 21. Mai 2017, 11 Uhr www.ighalle.ch, www.kunstzeughaus.ch Bis 25. Juni 2017 Ort : Stadtmuseum Rapperswil-Jona Finissage: Sonntag, 25. Juni 2017, 11 Uhr, Kulturnacht mit Führung und Aperitivo www.stadtmuseum-rapperswil-jona.ch Das zehnte Mal

Konzert Dai Kimoto & his Swing Kids

Die Kulturnacht findet dieses Jahr zum zehn- ten Mal statt. Am besten reservieren sich Kul- turfreunde das Datum deshalb bereits heute. Zum zehnten Mal gibt es aussergewöhnliche kulturelle Vielfalt und Qualität gebündelt in Die «Swing Kids», das sind 15 Kinder und Jugendliche aus Romanshorn ­einer Nacht zu erleben, an der viele verschiede- unter der Leitung des in Japan geborenen Dai Kimoto. Auf ihren Tourneen ne kulturelle Vereine und Institutionen mitwir- bereisen sie die ganze Welt, seit 2002 legten sie bereits über 350 000 Kilo- ken werden. Es beteiligen sich die Musikschule, meter zurück. 2016 waren sie mit «Swing it Kids» auch im Film zu erleben. das Haus der Musik, das Jump-in Jugendarbeit, Wo sie hinkommt, begeistert die jugendliche Band mit ihren Swing- und die Stadtbibliothek, die Alte Fabrik und das Jazz-Programmen Jung und Alt. Kunstzeughaus. Dai Kimoto kam als 15-Jähriger durch Dixieland-Jazz zur Musik, lernte Trompete spielen und zog bald als Musiker nach Europa. Er ist bedingungs- 23. September 2017, ab 17 Uhr los überzeugt von der Wichtigkeit der Musik und des Musizierens für Ort: diverse Kinder. Die Freude des Publikums entschädigt die Jugendlichen für ihre www.rapperswil-jona.ch wöchentliche Probenarbeit und das regelmässige Konzertieren. Mit 18 Jah- ren übrigens werden die Kids zu Veteranen und müssen die Band verlassen.

Samstag, 6. Mai 2017, 17 Uhr, Ort: Alte Fabrik Vorverkauf: www.ticketinfo.ch, Reservation: [email protected], Tel. 055 225 74 74 Eintritt: 30 Franken, 25 Franken (AHV/IV), 15 Franken (Studenten & Jugendliche), 65 Franken (Familien) www.alte-fabrik.ch kulturhighlights Agenda 36 Juni 2017 Mai 2017 36

Mai 2017 So, 21. 5., 17 Uhr Juni 2017 August 2017 Musik im Schloss, Konzert. Mi, 10.5., 14 und 16 Uhr Grosser Rittersaal Sa, 3.6., 14 Uhr Sa, 5.8., 16 Uhr Kindertheater: Flusspferde. www.artarena.ch Stadtrundgang. La Tavolata. Evangelisches Zentrum Tourist-Information, Rapperswil Altstadt Rapperswil Rapperswil­ So, 21.5., bis So, 30.7. www.vvrj.ch www.vvrj.ch www.kindertheaterimgruen- Ausstellung: Out of the Blue, fels.ch Ausstellung: Roswitha Gobbo. Do, 15.6., 19 Uhr Sa, 19., und So, 20.8. Kunstzeughaus Hafenkonzert: Big Bandits & Stadtfest. Mi, 10. 5., 14.15 Uhr www.kunstzeughaus.ch Juborajo. 10 Jahre Rapperswil-Jona Zauberlaterne. Fischmarktplatz www.stadtfest2017.ch Schlosskino Di, 23.5., 18 Uhr www.musikschule.rapperswil- www.zauberlaterne.org Sight Jogging. jona.ch Tourist-Information, Rapperswil September 2017 Sa, 13. 5., 20 Uhr www.vvrj.ch Do, 22.6., 18 Uhr Young Rock & Pop, Schülerbands Rosengärten-Führung. Fr, 15., und Sa, 16.9., 19 Uhr und Ensembles der MSRJ. Mi, 24.5., 14 Uhr Tourist-Information, Rapperswil Buebechilbi. ZAK Tanznachmittag. www.vvrj.ch Schulhaus Lenggis www.zak-jona.ch Katholisches Kirchgemeindehaus www.buebechilbi.ch Jona Mi, 28.6., 20.30 Uhr Sa, 13.5., 9 Uhr www.krj.ch Trigger Concert Big Band. Sa, 16.9., 14 Uhr Einwohnerwaldtag Ortsgemeinde Alte Fabrik Stadtrundgang. Rapperswil-Jona. Fr, 26.5., 19.30 Uhr www.alte-fabrik.ch Tourist-Information, Rapperswil Grunau Stadttalk Special. www.vvrj.ch www.ogrj.ch Alte Fabrik www.alte-fabrik.ch Juli 2017 Sa, 16.9., 14 Uhr Sa, 13.5., 11, 13 und 15 Uhr Duftnoten in Rapperswil-Jona. Marionetten-Theater: Sa, 27.5., 14 Uhr Di, 4.7., 18 Uhr Tourist-Information, Rapperswil d’Wurzelfrau. Stadtführung. Brunnenführung. www.vvrj.ch Werkhof Grunau Tourist-Information, Rapperswil Tourist-Information, Rapperswil www.rapperswiler­ www.vvrj.ch www.vvrj.ch Mi, 20.9., ab 9 Uhr marionetten.ch Herbstmarkt. Sa, 27.5., 20.30 Uhr Fr, 7.7., 19.30 Uhr Altstadt Rapperswil Mi, 17.5., 19.30 Uhr Bravo-Hits-Party, Saisonschluss Konzert zum Ferienbeginn. www.vvrj.ch Hörzirkel mit Max Aeberli. ZAK Evangelisch-reformierte Haus der Musik www.zak-jona.ch Kirchgemeinde­ Fr, 22., bis So, 24.9., www.promusicante.ch www.ref-rajo.ch jeweils ab 18 Uhr So, 28.5.; Oktoberfest. Do, 18.5., 14 Uhr St. Galler Kantonalschwingfest. Do, 13.7., 18 Uhr Tennishalle Grünfeld Tourismus-Forum Zürichsee. Diners Club Arena, Rapperswil Von Denkmal zu Denkmal. www.oktoberfest-­rapperswil- Kunstzeughaus www.schlussgang.ch Tourist-Information, Rapperswil jona.ch www.tourismusforum-­ www.vvrj.ch zuerichsee.ch Do, 29.5., bis So, 18.6., Sa, 23.9., ab 17 Uhr jeweils 20 Uhr Di, 18.7., 18 Uhr Kulturnacht Rapperswil-Jona. Do, 18.5., 18 Uhr Hafenkonzerte. Rosengärten-Führung. Diverse Orte, Rapperswil Stadtführung: Frauenschicksale. Fischmarktplatz Tourist-Information, Rapperswil www.rapperswil-jona.ch Tourist-Information, Rapperswil www.hafenkonzerte.ch www.vvrj.ch www.vvrj.ch Mi, 31.5., 20.30 Uhr Sa, 22.7., 14 Uhr RJ Info : So, 21.5., 11 Uhr Trigger Concert Big Band. Duftnoten in Rapperswil-Jona. www.kulturpack.ch Internationaler Museumstag. Alte Fabrik Tourist-Information, Rapperswil www.rapperswil-jona.ch/ Stadtmuseum www.alte-fabrik.ch www.vvrj.ch veranstaltungen www.stadtmuseum-­ (Die Liste erhebt keinen rapperswil.ch Anspruch auf Vollständigkeit.)