Leogang/Hütten Chroniken LISELOTTE HUBER LUDWIG PÜRSTL JOSEF LAHNSTEINER

3 CHRONIKEN LEOGANG/HÜTTEN

Danke!

Dank gilt allen Mitwirkenden bei der Neuauflage der drei für Leogang so wichtigen Chroniken. Den Nachkommen der Chronisten sei herzlich gedankt für die Zustimmung zur Neuauflage. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 4 3 Chroniken Leogang/Hütten LISELOTTE HUBER LUDWIG PÜRSTL JOSEF LAHNSTEINER DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN

Seite 6 © Sophie Kirchner PROF. HERMANN MAYRHOFER Obmann und Kustos des Leoganger Bergbau- und Gotikmuseum Damit es nicht verloren geht!

Pioniere der Ortschroniken waren in Leogang zum einen Kanonikus Josef Lahnsteiner, der für alle Pinzgauer Gemeinden umfassende Chroniken erstellt hat.

Ebenso eine Leoganger Chronik erschien von Ludwig Pürstl, Volksschuldirektor in Hütten.

Liselotte Huber hat in jahrzentelanger Verbundenheit zu ihrem Urlaubsort Hütten und dem Hüttwirt im Rahmen ihres Studiums eine Arbeit über Leogang-Hütten verfasst hat.

Damit diese Arbeiten nicht der Vergessenheit anheimfallen, hat sich der Leoganger Bergbaumuseumsverein entschlossen, diese drei Chroniken neu aufzulegen. So sollen die Schriften auch für zu- künftige Generationen unter folgendem Motto bewahrt werden:

„Wer nicht weiß wo er herkommt, der weiß auch nicht wo er steht und wo er hingeht.“

Wir befinden uns in einer sehr schnelllebigen Zeit. Viele Rufe nach Entschleunigung, Regionalisierung und der Zuwendung zum engeren Lebensraum, sprich unserer Heimat, werden lauter.

Mögen Euch diese drei Chroniken viel Freude bereiten. Leogang, Advent im Jahr des Herrn 2019

Seite 7 Inhalt Die Geschichte des Dorfes Hütten LISELOTTE HUBER

13 Lebenslauf Liselotte Huber 15 Geomorphologische und human- geographische Beschreibung 25 Siedlungsgeschichte des Pinzgaues, Saalfeldens und Leogangs 32 Der Bergbau im Leogangertal 40 Die Schmelzhütte von 1587 bis 1833 78 Das Dorf Hütten 113 Chroniken der ältesten Häuser Hüttens

119 Quellen- und Literaturnachweis

3 CHRONIKEN LEOGANG/HÜTTEN

Seite 8 Leoganger Leogang Heimatkunde AUSZUG aus der Chronik Mitterpinzgau LUDWIG PÜRSTL KANONIKUS JOSEF LAHNSTEINER

127 Lebenslauf Ludwig Pürstl 214 Die Gemeinde 128 Vorwort 216 Der Natur- und Alpenfreund 129 Das geographische Bild 216 Das Wetter 132 Leoganger Steinberge 217 Geologie 133 Das geologische Bild 219 Löcher im Steinberg 142 Das wirtschaftliche Bild 220 Erdbeben 143 Alter und Name 220 Unser Bergbau 145 Unsere Heimat erzählt 221 Geschichte des Leoganger Bergbaues von ihrer Jugendzeit 224 Niedergang des Bergbaues 147 Der Loigamer Bauernstand 224 Verhüttung der Erze in Hütten 153 Bauernwerk und Bauernbrauch 226 Unsere Mineralien im Jahreslauf 227 Aus der ältesten geschichtlichen Zeit 157 Von der Gemeinde 228 Die große Auswanderung 161 Vom kirchlichen Leben 231 Kriegszeiten 167 Das Schulwesen 231 Kirche 169 Der Bergbau in Leogang 233 Die Leonhardikette 173 Das Dorf Hütten 233 Die Kirche im Innern 177 Die Bayrischen Saalforste 235 Kapellen 179 Der Einzug der Technik 235 Der Pfarrhof 183 Das Bad Leogang 235 Die Seelsorger 184 Schicksals- und Katastrophenjahre 238 Die Schule 188 Die gute Alte Zeit 239 Um des Leibes Gesundheit 190 Der Wehrturm in Grießen 239 Sport 191 Altehrwürdige Häuser 240 Höhere Bildung erwarben sich 201 Was Häuser-, Orts- und 240 Bauerntum Flurnamen sagen 242 Die Wälder 202 Vereinsleben 242 Die bayerischen Saalforste 203 Soziale Einrichtungen 242 Jagd – Da gibt es Bären! und Gesundheitspflege 244 Kleine Gewerbe gab es 206 Leoganger Zeittafel 244 Alte Möbel 245 Verkehr 209 Quellennachweis 245 Die Post 245 Die Eisenbahn 245 Fremdenverkehr 246 Der Pass Grießen 246 Der Grießensee 247 Brände der letzten Zeit 247 Des Wassers Wüten 249 Sagen 253 Leoganger Bräuche 254 Untaten

255 Literatur

Seite 9 DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN LISELOTTE HUBER Die Geschichte des Dorfes Hütten Von der Schmelzhütte zur Fremdenverkehrsgemeinde

1967 DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 12 Seite 13 LISELOTTE HUBER

LISELOTTE HUBER Lebenslauf

Liselotte Huber geb. Girardi ist 1931 in Südtirol geboren und als 1939 infolge des Mussolini-Hitler-Paktes alle deutschsprachigen Bewohner Südtirols sich entscheiden mussten, ob sie die Deutsche Staatsbürger- schaft annehmen oder die italienische behalten wollten, sind sie nach Hallein in Österreich emigriert. Bei Verbleib in Südtirol hätte ihnen eine Deportation nach Süditalien gedroht.

Der Neubeginn in Österreich war sehr schwierig aber Liselotte konn- te dann in die Lehrerausbildung machen und heiratete 1958 Peter Huber, der 1948 Lehrer in Hütten war und beim Hüttwirt gewohnt hat. Daraus ist eine enge Bindung zu Hütten entstanden und in den Folgejahren wurde wiederholt beim Hüttwirt Urlaub gemacht.

Zusammen mit ihrem Mann hat sie in der Gehörlosenschule in Lehen unterrichtet. 1979 hat sie auf der Universität in Salzburg ein Senioren- studium für Geschichte begonnen und als wissenschaftliche Arbeit die Geschichte des Dorfes Hütten gewählt. Diese Chronik fand jedoch nicht die entsprechende Anerkennung gestrenger Professoren und so hat sie diese Chronik dann in Zusammenarbeit mit dem Bergbau- museum Leogang privat veröffentlicht und mehrere Jahre im Museum zum Verkauf angeboten.

Liselotte Huber hat 2 Kinder und lebte bis zu Ihrem Tod im August 2019 im Seniorenheim am Schlossberg in Parsch. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 14

ABKÜRZUNGEN

AL = Anlait Libellen AUR = Allgemeine Urkunden Reihe DÖAV = Deutsch-Österreichscher Alpen Verein EB = Erzbischof EZ = Einlagezahl fl. = Gulden GB = Grundbuch Gend.Chr. = Gendarmerie Chronik GSLKD = Gesellschaft für Salzburger Landeskunde HHST = Haus-Hof- und Staatsarchiv HK = Hofkammer KEB = Kaiserin-Elisabeth-Bahn KG = Katastral Gemeinde k.k. = kaiserlich-königlich Kr. = Krone kr. = Kreuzer MGSLKD = Mitteilungen der GSLKD NSV = Nationalsozialistische Volkswohlfahrt ÖSTAT = Österreichisches Rechenzentrum OSB = Orden der Benediktiner SLA = Salzburger Landes Archiv STADAS = Statistisches Datenauskunftssystem Salzburg SUB = Salzburger Urkunden Buch UIG = Urbar Inner Gebirg US = Urbar WSTR = Weihsteuer Raittung Seite 15 LISELOTTE HUBER

1 ÖSTAT, Salzburg GEOMORPHOLOGISCHE UND HUMAN- 14.03.1994 2 Seefeldner, Erich: GEOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Salzburg und seine Landschaften. Eine geographische Lan- Der Pinzgau gebiet bis zur Enge von und deskunde. Verlag „Das Berglandbuch“, Salz- nördlich von auch noch das burg – Stuttgart 1961. Salzburg ist ein Alpenland und somit ein obere Saalachgebiet, das in den Kalkalpen 2. Ergänzungsband zu den MGSLK S. 171 Gebirgsland. Einer seiner Gebirgsgaue ist durch die Enge des Steinpasses und des der Pinzgau. Passes Strub begrenzt wird. Das breite Salzachlängstal und die gegen Norden Der Pinzgau ist der größte der fünf zum Becken von Saalfelden sich weitende Gaue Salzburgs. Er liegt im Südwesten Mittelpinzgauer Senke bilden die Kern- des Landes und seine Fläche beträgt landschaften dieses Gaues. Gegen das 264.133,63 ha, die Einwohnerzahl war Salzach- und Saalachtal öffnen sich die im Jahre 1991 77.277. 1 Täler der Tauern und der Schieferalpen.

Ein Teil seiner Grenzen bildet die Staats- Durch die Gewaltigkeit der vergletscher- grenze - im Norden und Nordwesten gegen ten Hohen Tauern, die im Volksmund auch Bayern und damit gegen Deutschland - und „Keesberge“ genannt werden, und durch die im Südwesten grenzt der Pinzgau seit der bizarren Formen der Kalkhochalpen, die in Trennung Südtirols von Nordtirol im Jahre der Wildheit und Öde der Loferer und Leo- 1918 mit wenigen Kilometern an Italien. ganger Steinberge, sowie des Steinernen Meeres besonders zum Ausdruck kommen, Durch die Gebirgigkeit des Landes er- nimmt der Pinzgau eine bevorzugte Stel- gibt es sich, dass seine geographischen lung unter den Gauen Salzburgs ein, und Grenzen im Allgemeinen (ausgenommen wurde wegen seiner Naturschönheiten die Talengen, durch die die Hauptflüsse und der Möglichkeiten, die er Bergsteigern Salzach und Saalach den Gau verlassen) und Wintersportlern bietet, zum bevor- von Wasserscheiden gebildet werden. zugten Fremdenverkehrsgebiet des Landes, wodurch in weiten Teilen der ursprüngliche Die geomorphologische Gliederung des Charakter des Gaues leider verloren ging. Pinzgaues ist geprägt durch die Gebirgs- züge und die Längstäler der Flüsse Zwischen den vergletscherten „Keesber- Salzach und Saalach. gen“ und den öden „Steinbergen“ ziehen sich die sanften Formen der Grauwacken- Im Süden zieht sich in west-östlicher oder Schieferzone, die „Grasberge“, die für Richtung der gewaltige Gebirgszug der diese Arbeit von besonderer Bedeutung Hohen Tauern, aus Urgesteinen, Gneis, sind, da sie die Grundlage für den die Ent- Kristallinen und Schiefern mit den höchs- stehung des Dorfes Hütten bedingenden ten Erhebungen des Landes Salzburg, Bergbau bilden. Diese hauptsächlich aus dem Sonnblick, der Großglockner- und der Phylliten und Schiefer aufgebauten Berge Großvenedigergruppe. Diese Erhebungen sind der chemischen und mechanischen erreichen Höhen über 3000 m. Verwitterung leicht zugänglich und ent- wickeln daher mächtige Schutthalden, die Der Pinzgau umfasst das obere Salzach- in Zusammenhang mit der diesen Gestei- DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 16

nen eigenen Wasserundurchlässigkeit bei Kulturland im Tal und Almgebiet in der 2 Seefeldner, Erich: Salzburg und seine 3 starkem Gewitterregen immer wieder zu Höhe aufweisen. Landschaften. Eine Hochwasser und Vermurungen führten, 2 geographische Landes- kunde. Verlag „Das wie wir der Geschichte der an den Ge- Die in den Schieferbergen eingeschalteten Berglandbuch“, Salzburg – Stuttgart 1961. 2. birgsbächen dieses Gebietes liegenden Kalk- und Dolomitzüge, die erzführend sind, Ergänzungsband zu den Orte entnehmen können. Seit der Ver- schärfere Formen ausbilden und größere MGSLK S. 171 3 Seefeldner: bauung der Wildbäche ist diese in frühe- Höhen erreichen, wie z.B. das Spielberg- Salzburg S. 177 ren Zeiten immer wiederkehrende Gefahr horn mit 2.044 m, weisen wegen ihrer Was- 4 ebenda S. 96 5 Seefeldner: größtenteils gebannt, aber um den Preis des serdurchlässigkeit diese Merkmale nicht Salzburg S. 96 Verlustes herrlicher Fluss- und Aulandschaf- auf. Da die Grenzen des Pinzgaues fast ten und der von ihnen abhängigen Biotope. durchwegs im Alm- oder Ödland, also im Bereich der Anökumene liegen, konnte sich Der Pinzgau hier ein geschlossener Siedlungsraum ent- wickeln. Wir finden anthropogeographisch zwei große Einheiten: das Salzachlängs- tal mit dem breiten vielfach versumpften Oberpinzgau im Westen und dem wesent- lich schmäleren Unterpinzgau im Osten, sowie der Quersenke des Mitterpinzgaues.4 Dieser Teil des Pinzgaues wird im nächsten Abschnitt genauer zu behandeln sein.

SZ Salzach, SA Saalach Z Zell am See, S Saalfelden, T Taxenbach Seinen geographischen Gegebenheiten entsprechend ist oder besser gesagt war Andererseits erzeugt die Wasserundurch- der Pinzgau ein Gebiet, in dem die Mehr- lässigkeit des Gesteins eine besonders zahl der Bevölkerung in der Landwirtschaft saftige Grasdecke, die für die intensive tätig war. Gemäß seiner Gebirgigkeit ist der Almwirtschaft genutzt wird und diese wie- Anteil der landwirtschaftlich nutzbaren derum führte dazu, dass durch Rodungen Fläche zwar gering, doch betrug er nach zur Schaffung neuer Almgebiete die Seefeldner in den Fünfzigerjahren dieses Waldgrenze immer weiter nach unten Jahrhunderts noch 45,5 Prozent, wovon verschoben wurde. der größte Teil der Viehzucht diente. 5 Ihrer Eignung nach bilden die Schieferberge In den Tallagen und Senken tragen die- das bevorzugte Weide- und Almgebiet. se Schichten allerdings zur Entstehung von Sumpfgebieten bei, daher wurde Getreideanbau (alte Sorten) finden wir die Waldgrenze auch von unten her zur nur mehr vereinzelt in den Talsohlen, doch Schaffung neuen Weide- und Feldlandes wird die landwirtschaftlich genutzte Flä- immer mehr zurückgedrängt. Nicht zuletzt che durch die starke Bautätigkeit sowohl hat der in früheren Zeiten große Verbrauch im privaten Bereich als auch auf dem an Holz für Haus- und Bergwerksbauten Fremdenverkehrssektor durch Errichtung dazu geführt, dass die ehemals vollständig großer Hotelkomplexe und der dazugehö- bewaldeten Schieferberge häufig nur noch rigen Freizeitanlagen und Wohnsiedlungen einen schmalen Waldstreifen zwischen immer mehr verkleinert und nicht zuletzt Seite 17 LISELOTTE HUBER

6 ÖSTAT 14. 3. 1994 geht auch der Ausbau des Straßennetzes kehrsgemeinden geworden. Die Aufgabe 7 Seefeldner: Salzburg S. 64 zu Lasten der Grünflächen. Außer einigen der restlichen Bauern besteht nicht mehr 8 ÖSTAT 14. 3. 1994 wenigen Futtermaisfeldern findet man nur darin die Versorgung der Bevölkerung 9 Seefeldner: Salzburg S. 64 heute im Leoganger und Saalfeldener der Umgebung und in den nahegelegenen 10 ÖSTAT 14. 3. 1994 11 Seefeldner: Becken keine Anbauflächen mehr. Städten zu gewährleisten, sondern eine Salzburg S. 65 weitere wichtige Aufgabe, die von den Im Jahre 1992 wurden nur noch 8 Pro- Bauern für die Heimatgemeinde geleistet zent der Gesamtfläche landwirtschaftlich wird, besteht darin, die noch vorhandene genutzt 6 und damit verbunden ist natur- Landschaft zu pflegen. gemäß die Abnahme der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Bevölkerung. Der Mitterpinzgau

Bei einem Bevölkerungszuwachs, auf die Der nördlich des Salzachlängstales und Gesamtfläche des Pinzgaues gerechnet, von östlich des Pass Thurn gelegene Teil 21 Bewohnern im Jahre 1951 7 auf 29,25 im des Pinzgaues ist der Mitterpinzgau. Er Jahre 1992 8 und einer Steigerung der Ein- umfasst das Gebiet der Schieferalpen, wohnerzahl auf der besiedelten Fläche von durchbrochen von der Zeller Furche, das 147 im Jahre 1951 9 auf 207 im Jahre 1992 10 Saalachlängs- und -quertal bis zum Stein- verringerte sich der Bauernstand kontinuier- pass, mit dem Leogangbach und dem lich und zwar waren es 1880 noch 3/5, 1910 Urslaubach als wichtigste Nebenflüsse, 2/5, 1934 1/3 der Bevölkerung, die landwirt- das Saalfeldner Becken, die zum Massiv schaftlich tätig waren, so sank der Anteil von der Kalkhochalpen gehörenden Gebirgs- 1934 bis 1951 um 11,3 Prozent, während die züge des Steinernen Meeres, der Leogan- Zahl der in der Industrie Tätigen bis zu die- ger Steinberge und der Loferer Steinberge, sem Jahre auf 34,8 Prozent anwuchs. 11 sowie das Unkener Heutal mit dem - bach und dem Oberlauf der Saalach bis zu In den vergangenen vierzig Jahren haben ihrem Austritt am Steinpass. sich die Berufsstrukturen der Bevölke- rung noch weiter von der Landwirtschaft Der Hauptort des Mitterpinzgaues ist weg entwickelt, wie an dem Beispiel der Saalfelden. Er liegt am Unterlauf der Gemeinde Leogang gezeigt werden wird, Urslau, knapp oberhalb der Einmündung doch ist eine ähnliche Entwicklung in allen von Leogangbach und Urslau in die Saal- Teilen des Pinzgaues zu bemerken, denn ach und bildet mit dem ihn umgebenden durch die zunehmende Mobilität der Ge- Becken das Kernland des Gaues. sellschaft gibt es keine abgeschlossenen Gebirgstäler und keine Orte mehr, wo sich Von den drei Abschnitten, in die die Pinz- „Fuchs und Hase Gute Nacht sagen“ und gauer Grasberge durch die beiden Quer- der Pinzgau wurde von einem land- und senken des Passes Thurn und der Zeller forstwirtschaftlich genutzten Gebirgsgau Furche geteilt werden, rechnet man zwei zu einem Fremdenverkehrsgebiet, das auf zum Mitterpinzgau und zwar die zwischen diesem Sektor die Grenzen seiner Leis- dem Pass Thurn und Zell am See west- tungsfähigkeit nahezu erreicht hat. östlich streichenden Glemmtaler Alpen Die Gemeinden des Pinzgaues sind von und die östlich von Zell am See bäuerlichen Gemeinden zu Fremdenver- gelegene Hund­steingruppe. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 18

Durch die oberste Saalach, die weit gegen Die Salzach durchfloss das Gebiet des 12 Seefeldner: Salzburg 13 Lahnsteiner, Josef: Westen zurückgegriffen hat, kommt es in Zeller Sees und die Glemmer Ache gehörte Mitterpinzgau, Hollers- den Glemmtaler Alpen zu einer Gabelung in zu ihrem Einzugsgebiet, während die Leo- bach: Slbvlg. 1962 S. 132 14 Pfeiffenberger, Hans G.: zwei parallel von West nach Ost verlaufen- ganger Ache und die Urslau die einzigen Das Tal der Wisente, Aus 12 15 der Frühgeschichte des de Hauptkämme. Der südliche der beiden Quellflüsse der Saalach bildeten. Pinzgaues, Verlag der Kämme beginnt mit dem Gaisstein im Wes- Salzburger Druck- erei 1970 S. 199 ten, dann folgt eine Hochflur, über die der Nach der letzten Eiszeit, vor 10.000 Jahren, 15 Pfeiffenberger, Hans G.: „Pinzgauer Spaziergang“ führt und endet im war der südliche Teil der Mitterpinzgauer Das Tal der Wisente, Aus der Frühgeschichte des Osten bei Zell am See mit der Schmittenhö- Senke sowie ein Teil des Salzachtales von Pinzgaues, Verlag der Salzburger Druckerei he, die eine Höhe von 1965 m erreicht. einem größeren Zeller See, in den Salzach, 1970 S. 19 Glemmbach und Urslau mündeten, erfüllt. 16 Seefeldner: Salzburg S. 222 Dieses durch die geschlossene Eisdecke in Nach dem Abfließen des Sees und durch 17 Lahnsteiner: der Eiszeit sanft geformte Bergland mit nur Ablagerung von Schwemmkegeln der Flüsse Mitterpinzgau S. 119 18 ÖSTAT 15. 4. 1994 wenigen Gipfeln bildet die Wasserscheide wandte sich der Glemmbach anlässlich 19 Lahnsteiner: Mitterpinzgau S. 118 zwischen Salzach und Saalach. eines Hochwassers nach Norden und 20 ÖSTAT 15. 4. 1994 wurde zum Oberlauf der Saalach. Der nördlich des Glemmtales verlaufende Gebirgszug beginnt im Westen mit dem Die Anordnung der Flüsse und das heutige tirolerischen Wildseeloder und führt über geomorphologische Bild der Mitterpinz- das Spielberghorn, das Leogangtal vom gauer Senke ist somit erst das Werk der Süden begrenzend, bis zum Biberg bei Postglaziale. 16 Saalfelden, der ein besiedlungsgeschicht- lich interessantes Gebiet darstellt. Am Der Markt Saalfelden liegt 744 m hoch und Biberg wurden nämlich Funde aus der die Gemeinde umfasst ein Gebiet von Bronzezeit gemacht, und zwar eine Bron- 11.867,27 ha, die Einwohnerzahl weist eine zenadel aus der Zeit um 1500 v. C., sowie Steigerung von 913 im Jahre 1800 auf eine Bronzenadel und ein Bronzemesser 1.746 im Jahre 1990, 17 das ist in hundert aus der Zeit um 1000 v. Chr. 13 Außerdem Jahren eine Zunahme um 91 Prozent. nimmt Prof. Dr. Hell den Biberg als Haupt- In diesem Jahrhundert nahmen die Bewoh- siedlungsplatz der Kelten im Pinzgau an. 14 ner des Marktes sogar um 622 Prozent auf 12.604 zu. 18 Die Anzahl der Häuser Die östlich der Zeller Furche gelegene betrug 1830: 138, 1900: 160, 1955: 500 19 Hundsteingruppe ist für diese Arbeit von und 1992: 2680. 20 keiner Relevanz und wird daher auch nicht näher behandelt. Der Mitterpinzgau

In hydrogeographischer Hinsicht dürfte die Gewässerlandschaft des Mitterpinzgaues noch im letzten Interglazial (Riß-Würm vor 180.000 - 120.000 Jahren) ganz anders ausgesehen haben. Den Forschungen nach war damals eine Wasserscheide bei Mais- SZ Salzach hofen, die das zentralalpine Flussgebiet SA Saalach vom Einzugsgebiet der Saalach trennte. Z Zell am See S Saalfelden L Leogang Seite 19 LISELOTTE HUBER

21 Dürlinger, Josef: Von Das Leogangtal Das Leogangtal Pinzgau. Salzburg: Slbvlg. 1866 S. 234f. 22 Unser Leogang, Eines der beiden im Saalfeldener Becken Dez. 1988 S. 6 in die Saalach mündenden Seitentäler ist das Leogangtal. Da es seit der Erbau- ung der ehemaligen Erzherzogin-Gisela- Bahn, nunmehr Westbahn, in den sieb- ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Bahnverbindung zwischen Tirol und dem übrigen Österreich herstellt, ist es anthropo­geographisch von größerer Be- Das Mauthaus des Österreichischen deutung als das sich vom Osten gegen Passes Hochfilzen war dort, wo sich Saalfelden öffnende Urslautal. heute die Bäckerei Kogler befindet und ab 1765 war das Österreichische Grenz- Das Leogangtal beginnt im Westen beim zollamt der Pass Reisch - heute Pass Grießen (963 m), der die Grenze zwi- Gasthaus Reisch in Hochfilzen. schen Tirol und Salzburg bildet und zur Zeit der Selbstständigkeit Salzburgs von Bedeu- Nach der Vereinigung mit Österreich im Jah- tung war. So schreibt Dürlinger: re 1816 verlor der Pass seine Bedeutung und „Der Confinpaß Grießen, 2 St. von Leo- verfiel. 1858 wurden Steine für den Kirchen- gang an der tir. Gränze war gerade so ein bau in Hochfilzen entnommen und anläss- Thurm, wie am Steinbach, den auch EB. lich des Baues der Giselabahn 1873 wurde Paris herstellte. Rechts vom Thurm stieg der Wehrturm gänzlich abgetragen und das eine lange Mauer den Berg hinan; links Material zum Bahnbau verwendet. 22 sperrte den Durchgang der Grießensee. Nun wird der Paß bald verschwunden Heute ist der See mit einem breiten Schilf- sein. - Der Grießensee ist vielleicht jener gürtel umgeben, doch wurde vor weni- See in der Werung im Pinzgew, den EB. gen Jahren vom Fremdenverkehrsverein Eberhard III a. 1424 den Gebrüdern Han- Leogang an der Stelle, wo aller Wahr- sen und Merten den Ramseidern und scheinlichkeit nach die Grenzbefestigung iren 6 recht elichen Sunen mit dem zu gestanden ist, ein hölzerner Turm aufge- Leibgeding verlieh, daß die Fürsterzbi- stellt, der an dieses historische Bauwerk schöfe, wenn sie nach Pinzgau kommen, erinnern und als Vogelbeobachtungspunkt darin wohl sollten fischen können ec.“21 dienen soll. Leider wurde bisher noch keine Tafel oder dergleichen angebracht, die den Die Wehranlage bestand aus einem gemau- Wanderer über den historischen Hinter- erten Turm, dessen Tor das Wappen des Er- grund dieses Ortes aufklärt. bauers, EB Paris Lodron schmückte und der direkt an dem damals das Tal noch fast ganz Eine ganz lustige Begebenheit erzählt uns ausfüllenden Grießener See stand. Auf der Lahnsteiner von diesem Pass, nämlich dem See abgewandten Seite zog sich eine dass 1714 bei einer unvorhergesehenen Wehrmauer den Hang hinauf Der Wehrturm Inspektion ein großes Loch in der Mauer war gleichzeitig salzburgisches Mauthaus, entdeckt wurde, durch die der Wächter in dem ab 1656 Umgeld kassiert wurde. Gabriel Möltl und der Musketier Ruepp DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN

Grießenpassbefestigung 1763Quelle: Landesarchiv Salzburg Grießenpassbefestigung 1860Quelle: Bergbaumuseum Leogang

Grießensee Quelle: Alois Schwaiger Eisrutsche Birnbach 1893 Quelle: Deutsches Museum München Seite 21 LISELOTTE HUBER

23 Lahnsteiner: Wibmer gegen Schmiergeld so manches Die aus dem Grießensee in westlicher Mitterpinzgau S. 231 24 Vögel 2.: Zeitschrift für Stück Vieh durchgehen ließen. Sie wurden Richtung fließende Grießener Ache, auch Natur und Umwelt- ihres Postens enthoben. 23 als Seebach bezeichnet, 26 vereinigt sich schutz, Jhg. 12, März/ April 1980 S. 19 kurz vor dem Dorf Hütten mit der Schwarz- 25 Pürstl, Ludwig: Der Wehrturm zu Grießen, Wegen seiner einmaligen Pflanzen- und leo Ache zur . Mehrere Bä- in: Pinzgauer Zeitung Vogelwelt (in den Jahren 1977 – 1978 wur- che fließen dieser Ache von Nord und Süd 2. Jhg. Nr. 10 S. 67 26 Pürstl, Ludwig: Leo- den bei nur wenigen Kontrollgängen über noch zu, bis sie den 7 km vor Saalfelden ganger Heimatkunde. 80 verschiedene Arten gezählt) 24 wurde liegenden Hauptort des Tales, Leogang, (Masch.) 1953 S. 86 f. der Grießensee unter Naturschutz gestellt erreicht und etwas westlich von Saalfelden und bietet jetzt den vielen Wanderern ein in die Saalach mündet. idyllisches Ausflugsziel. Auch wurde ein breiter Rad- und Wanderweg, der von Leo- Eine besondere Eigenart verleiht dem Tal gang bis Hochfilzen führt, angelegt, sehr seine Lage zwischen den sanften Hügeln zur Freude der immer mehr werdenden der Schieferberge, die nur in dem 2044 m Radfahrer, weniger zur Freude der be- hohen Spielberghorn eine schärfere Aus- schaulich Wandernden. formung erfahren haben und den ma- jestätischen, kahlen, hoch aufragenden Noch vor der Jahrhundertwende gewan- Kalkstöcken der Leoganger Steinberge, die nen hier die Münchener Eiswerke einen mit dem Birnhorn eine Höhe von 2634 m Teil ihres Eisbedarfes für die Stadt Mün- erreichen. An ihrem Sockel befinden sich chen; ebenso am Südhang der Leoganger schuttreiche Gräben und dazwischen mit Steinberge, im Birnbachloch. Von dort wur- Fichten und Lärchen bewachsene Riedeln, de das Eis auf einer Eisrutsche zur Halte- auf denen sich oberhalb der Waldgrenze stelle Leogang-Steinberge transportiert. zahlreiche Almen befinden, die leider im Diese Eisproduktion stelltefür die Gemein- Laufe der letzten Jahre kaum mehr be- de bis zur Herstellung des Kunsteises eine wirtschaftet werden, d. h. es werden in der schöne Einnahmequelle dar. Die damalige Mehrzahl Jungvieh und Mutterkühe aufge- Marktgemeinde Zell am See erzielte aus trieben, aber es gibt keine Almleute mehr, diesem Verkauf im Winter 1883/84 einen denn jede Alm ist durch einen in den Berg Gewinn von 22.000 fl.25 geschnittenen Güterweg ganz leicht mit dem Auto oder dem Traktor zu erreichen Die Gemeinde Leogang, die in den letzten und daher stellt die „Bewirtschaftung“ der Jahren viel getan hat, um der Bevölkerung Alm vom Tal aus keine Schwierigkeit dar. und den Gästen die Geschichte dieses schönen Tales näher zu bringen, hat beim Es wäre auch heute, durch die soziale Um- Birnbachloch eine Beschreibung anbringen strukturierung der Bevölkerung, gar nicht lassen, die auf diese historischen Gegeben- mehr möglich Leute zu finden, die als Sen- heiten hinweist. Sogar ein Teil der damals nerin oder Senner den ganzen Sommer auf benutzten Eisrutsche wurde nachgebaut, die Alm gingen. Die letzten der Almleute um die Tätigkeit zu veranschaulichen und waren noch die Austragsbauern. Seit- eine Zeichnung der Eisgewinnung, die auch dem diese Generation ausgestorben ist, im Bergbau-Museum Hütten zu sehen ist, sind die Almhütten teilweise verödet und vervollständigt dieses sehr gelungene Vor- der Bergwanderer kann sich nur mehr auf haben des Fremdenverkehrsvereines. wenigen Almen an Milch und Butterbrot DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 22

laben, wie es noch vor Jahren möglich war. Landwirtschaft und bis zum Jahre 1970, 27 Die Ehre Erbhof. Hrgb.: Alfons Dworsky Und wo der letzte Bergbaubetrieb, die Öster- Hartmut Schider. Salz- Das gleiche gilt auch für die auf der süd- reichisch-Amerikanische Magnesit AG, die burg und Wien: Resi- denz Verlag 1980 S. 89 lichen Seite des Tales, der Schattseite, Arbeit einstellte, der Bergbau, und dieser 28 Höck, Leonhard: Gesellschafts- und gelegen Almen der Schieferberge, nur wieder vorzugsweise im Schwarzleotal, je- Wirtschaftskundliche dass diese teilweise als Jausenstationen nem Seitental, das unmittelbar neben dem Betrachtung von Leo- gang: Hausarbeit aus dem Fremdenverkehr zugänglich gemacht Dorfe Hütten in das Leoganger Tal mündet. Erdkunde. (Masch.) S. 74 wurden, denn diese Grasberge sind mit 29 STADAS 15. 4. 1994 ihren geringen Höhen und sanften Formen Dass sich in Hinblick auf die Zusammen- ein ideales Wandergebiet. Außerdem gibt setzung der Berufe in dieser Region in den es seit den siebziger Jahren einen Sessel- letzten vierzig Jahren einiges geändert hat, lift, der sowohl Skifahrer als auch Wanderer wird sicher nach allem, was wir bisher über ganz bequem fast auf die Spitze des 1870 m die allgemeine Entwicklung im Pinzgau hohen Asitzkopfes bringt. gehört haben, nicht verwundern. Auch hier haben wir einen starken Rückgang der Im Jahre 1992 wurde er von einer moder- Landwirtschaft zu vermerken; es gibt wohl nen Gondelbahn abgelöst, die mehr Schutz kaum mehr einen Vollerwerbsbauern, denn gegen Witterungseinflüsse, besonders -ge zumindest werden auf allen Höfen, vor gen die Kälte im Winter, bietet. Jausensta- allem im Winter, Pensionsgäste aufgenom- tionen und Gondelbahn sind aber in erster men. Diese Entwicklung hat den positiven Hinsicht im Winter rentabel. Überhaupt ist Effekt, dass in Westösterreich, in Tirol auf dieser, der südlichen Seite des inneren und Salzburg und daher auch im Pinzgau, Tales, die Verbauung durch Fremdenbe- durch diese Möglichkeit des Zuerwerbs, herbergungsbetriebe stärker als auf der die Abwanderung aus ländlichen Gemein- Nordseite, wo die unmittelbar nördlich der den hintan gehalten wird. 27 in den sechziger Jahren neu trassierten, wesentlich verbreiterten und das Dorf Ein Vergleich der unselbstständig Berufs- umgehenden Straße und des Bahnkörpers, tätigen in der Gemeinde Leogang der Jahre steil ansteigenden Vorberge der Leogan- 1951 und 1993 zeigt die Veränderung der ger Steinberge keinen Raum lassen. Mehr sozialen Strukturen. Im Jahre 1951 waren gegen Osten, Leogang zu, verbreitert sich von 696 Personen 75 in der Land- und das Tal allmählich zu einem Talboden und Forstwirtschaft, 327 in der Industrie und bietet reichlich Platz für Siedlungen. Einige im Bergbau, 147 im Handel und Verkehr, 97 Kilometer östlich von Leogang mündet das im öffentlichen Dienst, 49 im Haushalt und Tal in das breite Saalfeldener Becken. Noch zwei in freien Berufen tätig.28 vor ganz wenigen Jahren gab es hier wo- gende Kornfelder. Inzwischen ist der ganze 1993 verteilen sich die 684 (die Zahl ist fruchtbare Talboden mit Ausnahme von annähernd gleich geblieben) Beschäftig- vereinzelten Futtermaisfeldern nur noch ten wie folgt: Land- und Forstwirtschaft 4, Weideland und Siedlungsgebiet. Gewerbe, Industrie und Energieversorgung 81, Bergbau null, Bauwesen 49, Handel Nach seinen natürlichen Gegebenheiten und Verkehr 146, Geldwesen 18, öffentli- waren die Haupterwerbszweige der Be- cher Dienst 128 und Beherbergungs- und wohner des Tales die Forstwirtschaft, die Gastgewerbe 293. 29 Es fällt auf, dass im Seite 23 LISELOTTE HUBER

30 Fremdenverkehrsver- Jahre 1951 die Sparte Gastgewerbe noch 25.756 Sommerübernachtungen oder 18,5 band Leogang 1994 31 ÖSTAT 23. 2. 1994 vollkommen fehlt, auch das Bauwesen Prozent mehr in zwanzig Jahren, hingegen 32 ebenda nicht angeführt ist, in der Industrie und im stieg die Winterübernachtungszahl von 33 ebenda 34 ebenda Bergbau, sowie in der Land- und Forst- 50.945 Übernachtungen im Jahre 1973 35 Pürstl: Leogang S. 86 f. wirtschaft aber noch wesentlich mehr auf 228.442 im Winter 1993, das sind beschäftigt waren. 177.497 Übernachtungen mehr oder eine Steigerung um 348 Prozent! 34 Leogang, der Hauptort des Tales, liegt ca. fünf Kilometer östlich von Hütten, ist Sitz Aus dieser Statistik ist schon zu ersehen, der Gemeinde, der Gendarmerie und der dass der ehemals idyllische Ort am Fuße Pfarre für das Tal. Zur Gemeinde Leogang der Leoganger Steinberge sich gewaltig gehören von West nach Ost folgende ausgebreitet hat. Die starke Bautätigkeit, Ortsteile: Berg, Grießen, Hütten, Schwarz- die seit einigen Jahren anhält, basiert auf leo, Rain, Sonnberg, Pirzbichl, Sonnrain, dem großen Bedarf an Fremdenbetten in Hirnreit, Sinning, Otting, Ecking, Leogang, der Wintersaison, während die Zahl der Madreit, Rosental und Ullach. 30 Das Ge- früher überwiegenden Sommergäste oder meindegebiet umfaßt 9.023.88 ha, wovon Sommerfrischler stark abgenommen hat. 1.983,71 ha Dauersiedlungsraum und 25,2 Schade dabei ist nur, dass die alte Subs- ha Baufläche sind. Zur landwirtschaftlichen tanz des Ortskernes auch gelitten hat. Nutzung stehen 1.712,71 ha zur Verfügung. Neue und zweckmäßige Bauten wurden Der Rest ist Gartenland, Wald, Alpengebiet, aufgeführt, altes wertvolles Baugut wurde Gewässer-, Straßen- und Bahngrund. 31 dabei zerstört. So wurde zum Beispiel im Jahre 1965 der schöne, alte Pfarrhof und Am Volkszählungsstichtag 1981 betrug die das ehemalige Oberhaus des Kirchen- Wohnbevölkerung 2.725 Personen und am wirtshauses, abgerissen und durch ein Stichtag 1991 3.034, das ist ein Zuwachs modernes Gebäude ersetzt. in zehn Jahren um 309 Personen oder um 11,3 Prozent. 32 Ein Ereignis, das noch vor kurzer Zeit die Gemüter und die Medien erregt hat, von dem Die Fremdenunterkunftsstatistik der letzten jetzt aber niemand mehr spricht, war die De- zwanzig Jahre zeigt uns folgendes Quelle: molierung des unter Denkmalschutz gestan- Im Jahre 1973 gab es im Gemeindegebiet denen „Bäckenwirtshauses“ der Familie Frick. Leogang (Stichtag ist immer der 31.08.) 284 Fremdenunterkunftsbetriebe mit 2.099 Es war eine Rarität, denn es beherbergte Betten. 1993 waren es 312 Betriebe, das ist einen sechsfachen Gewerbebetrieb und ein Plus von 28 mit einer Bettenanzahl von zwar: Gastwirtschaft, Fleischhauerei, 3.858, 33 also plus 1.759, das heißt, dass es Bäckerei, Mühle, Sägewerk und Schmiede. in der Gemeinde 824 gemeldete Fremden- Dazu kam noch der landwirtschaftliche betten mehr gibt als Bewohner. Betrieb. Diese Vielfalt der Betriebe entstand aus der Notwendigkeit und dem Anwach- Die Übernachtungsziffer stieg im sel- sen der gewerblichen Tätigkeiten und nicht ben Zeitraum in der Sommersaison von aus Planung. Die erste urkundliche Nen- 139.291 Übernachtungen im Jahre 1973 nung ist aus dem Jahre 1562 und betrifft auf 165.047 im Jahre 1993, das sind eine „Dietmühle“. 35 Noch bis zuletzt waren DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 24 die großen Mühlräder, besonders im Winter, den neuen Ansprüchen angepasst, nur im eine Sehenswürdigkeit, doch ist dieses alte ehemaligen Samerstall und dem altehrwürdi- Objekt der Spitzhacke, nein, dem Bagger gen Kirchenwirtshaus hat Leogang noch ein zum Opfer gefallen und das, obwohl das Prachtexemplar an bäuerlicher Architektur. Denkmalamt versicherte, dass der Abbruch niemals erlaubt werden würde. Der Samerstall diente ehemals den Fuhr- leuten - „Samern“ - zum Unterstellen ihrer Auch das alte Schulhaus wurde erweitert und Pferde und zur Nächtigung.

Demolierung Gasthaus Frick Quelle: Bergbaumuseum

Samerstall und Kirchenwirt Quelle: Leonhard Höck Seite 25 LISELOTTE HUBER

36 Lahnsteiner: SIEDLUNGSGESCHICHTE DES PINZGAUES, Mitterpinzgau S. 132 37 ebenda S. 137 SAALFELDENS UND LEOGANGS 38 ebenda S. 134 39 Martin, Dr. Franz: Kleine Landesgeschichte von Frühgeschichte und erste Besiedlung Salzburg. Salzburger Druckerei und Verlag 1949 S. 7 Schon in der Jungsteinzeit (ca. 4000 – nehmen, dass es sich auch um ein bedeu- 40 Zöllner, Erich: Geschich- te Österreichs. Wien: 1800 v. C.) könnten hier Menschen gelebt tendes Kulturzentrum gehandelt haben Verlag für Geschichte haben, denn an der Friedhofsmauer von könnte. Wahrscheinlich war die Stadt auf und Politik 1984 S. 24 41 Lahnsteiner: Saalfelden wurde 1891 eine Axt aus grü- dem Biberg die Hauptstadt des keltischen Mitterpinzgau S. 134 41 42 Martin: Landes- nem Serpentinstein gefunden, die aus der Stammes der Ambisontier, die einen der geschichte S. 7 Zeit um 1800 v. C. stammt. 36 Die Besied- beiden keltischen Stämme darstellen, die 43 Lahnsteiner: Mitterpinzgau S. 135 lung in der Bronzezeit (1800 – 1000 v. C.) Salzburg besiedelten: nämlich im Salz- 44 Pfeiffenberger: belegen die bereits oben erwähnten Funde burger Becken und im Vorland die Alaunen Tal S. 246 45 ebenda an Bronzegegenständen am Biberg. Außer- und an der oberen Salzach die Ambison- 46 Martin: Landes- 42 geschichte S. 8 dem fand Dr. Martin Hell im Jahre 1949 tier. Ambisontier bedeutet Anwohner am 47 Görlich, Ernst Joseph: im Kuhloch, das ist eine Höhle am Fuße Isontius (Salzach). 43 Dieser Name kommt Grundzüge der Ge- schichte der Habs- des Steinernen Meeres, 200 m über dem nur einmal in den Notitiae Arnonis für die burgermonarchie und Österreichs. Darmstadt: Talboden, eine Wohnstelle der Bronzezeit. Zeit Theodos nach 700 vor, und zwar galt Wissenschaftliche Buch- Es waren dort Tierknochen, Holzkohle und Igonta für den pinzgauischen Oberlauf der gesellschaft 1980 S. 15 48 Martin: Landes- Tonscherben. Diese Höhle dürfte übrigens Salzach, während der Mittel- und Unterlauf geschichte S. 8 auch im Mittelalter um das Jahr 1000 be- als Ivarus bezeichnet wurde. 44 Doch diese 49 Lahnsteiner: Mitterpinz- gau S. 135 und Zöllner: wohnt gewesen sein, denn in nur 50 cm einmalige Nennung gab Anlass, durch Geschichte S. 25 50 Kleidel, Walter: Ös- Tiefe fanden sich verschiedene Gefäß- Änderung in Isonta (mit venetischem terreich: Daten zur bruchstücke. 37 Außerdem wurden bei der -is-Stamm), einen Zusammenhang mit Geschichte und Kultur. Wien 1978. S. 13 Taxaukapelle an der Straße nach Maria den keltischen Ambisontiern, von denen Alm drei Bronzearmreifen, die aus einem sich auch der Name des Pinzgaues ablei- Brandgrab der Urnenfelderzeit 1100 – 900 tet, herzustellen,45 und die auch mit dem v. C. stammen, ausgegraben. 38 im 8. Jh. vorkommenden Cella in Bisontio (Zell am See) in Zusammenhang stehen Im letzten Jahrhundert vor Christus kommt dürften.46 Die Ambisontier waren ein Teil es zur Gründung des keltischen König- des Stammes der Taurisker, von denen der reiches Norikum, das vom Inn bis zum Name unserer Hohen und Niederen Tauern Wienerwald und von der Donau bis zu den abgeleitet wird; die waren wiederum einer Karawanken reichte.39 In dieser Zeit waren der beiden Hauptstämme der Kelten, die die Kelten zu Stadtsiedlungen übergegan- Österreich besiedelten. 47 gen, den sogenannten keltischen Oppida, die sie auf schützenden Höhen anlegten Ob nun die Taurisker im Jahre 14 v. Chr. 48 und mit Mauerzügen befestigten. 40 Ein oder 15 v. C. nach „hartnäckigem Kampf“ 49 solches Oppidum war auch auf dem Biberg oder 16 v. Chr. 50 auf friedliche Weise be- bei Saalfelden, von dem noch Trocken- siegt wurden, jedenfalls waren es die mauern erhalten waren. Da man auch eine Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius spätkeltische Hirschfigur und Silbermün- und Drusus (Tiberius wurde im Jahre 4 n. zen der westnorischen Könige Adnamatus C. von Augustus adoptiert und zu seinem und Atta sicherstellen konnte, ist anzu- Nachfolger erklärt, sein Bruder Drusus war DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 26

schon im Jahr 9 v. C. gestorben), 51 die sie Bis zur Völkerwanderung (Mitte des 5. Jh.) 51 Graubner, R. u. M.: Daten der Weltgeschichte. unterwarfen, denn auf einer Siegessäule dürfte eine ziemlich ruhige Periode gewe- München: Vehling-Ver- des Augustus in La Tourbie bei Cannes aus sen sein und auch dann scheint der Pinz- lag 1987 S. 37 f.52 Martin: Landes- dem Jahre 3 n. C. wird der Stamm der Am- gau „in seiner Abgeschiedenheit die große geschichte S. 8 53 52 Zöllner: Geschichte S. 25 bisontier unter den Besiegten angeführt. Bewegung lange wenig empfunden zu haben 54 Graubner: Daten S. 44 ....“ 57 Durch die große Völkerverschiebung 55 Martin: Landes- geschichte S. 8 Am wahrscheinlichsten ist, dass die Ambi- wurden aber die Organisationsformen zer- 56 Lahnsteiner: sontier die Einzigen in Norikum waren, die stört, das Land war nicht verödet, nur zog Mitterpinzgau S. 136 57 Dürlinger: Pinzgau S. 35 sich gegen die Eroberung durch die Römer sich die kelteromanische Bevölkerung in die 58 Görlich: Geschichte S. 18 59 Martin: Landes- zur Wehr setzten, denn das gesamte Kö- Berge zurück und daher waren vor allem in geschichte S. 12 nigreich Norikum stand schon seit langem den Alpentälern zur Zeit der Einwanderung 60 Dürlinger: Pinzgau S. 35 61 Zöllner: Geschichte S. 39 53 unter Einfluss Roms. der Bajuwaren noch beachtliche Bevölke- 62 Martin: Landes- rungsreste anzutreffen.58 Durch die Orts- geschichte S. 11 63 Kleidel: Daten S. 11 f. Zur Zeit der römischen Herrschaft gehörte namensforschung kann man feststellen, in 64 Kleidel: Daten S. 11 f. 65 Görlich: Geschichte S. 20 das Gebiet zur Provinz Noricum und nach welchen Gebieten die romanischen Be- 66 Zöllner: Geschichte S. 39 f. der Teilung unter Kaiser Diokletian (284 – wohner es vorzogen in die Zinspflichtigkeit 305 n. C.) 54 kam Salzburg zu Ufernoricum der Baiernherzoge überzugehen und nicht oder Noricum ripense. 55 Auf dem Biberg das Land zu verlassen, obwohl sie ohne Zu- war damals eine Festung mit Ringmauer, die sammenhalt mit dem Mutterland bald der wahrscheinlich schon zur Zeit der Marko- Germanisierung verfielen.59 mannenkriege um 175 n. C. erbaut wurde. 56

Die Bajuwaren, die bayerische Periode von 538 bis 1228 60

Die Herkunft der Bayern, oder besser letzte Version ist auch eine der beiden in der Bajuwaren, ist umstritten.61 Martin neuerer Zeit aufgestellten Hypothesen, beschreibt sie als Stamm der suevisch- wonach diese Volksgruppe entweder aus hermonischen Völkergruppe, auch als verschiedenen germanischen Volkssplit- Baiwari oder Bagoarii bezeichnet, die tern, die aus Pannonien kamen und mit der herrschenden Meinung nach mit den nichtgermanischen (sarmantischen und Markomannen identisch seien und zuletzt hunnischen) Gruppen zusammenwuch- in Böhmen ansässig waren. 62 In Böh- sen, entstand (dafür spräche das in der men (Boiohaenum) haben um 60 v. C. die Überlieferung übernommene ostgermani- keltischen Boier das Land verlassen und sche Sagengut) oder ob aus Böhmen kom- wurden in Noricum ansässig. Nach 9 v. C. mende Germanen sich mit Einwanderern besetzten die Markomannen das verlasse- aus dem Osten und mit der verbliebenen ne böhmische Gebiet. 63 Die Markomannen Altbevölkerung vermischten und es zur dringen zwischen 169 und 171 n. C. bis Bildung eines Neustammes kam. Die letzte Verona vor. 64 Ob die Bajuwaren Abkömm- Hypothese stützt sich auf germanische linge dieses Volksstammes sind oder ein Funde in Böhmen (Reihengräber), die in ostgermanisches Volk, dem Splitter ande- ähnlicher Form auch in Österreich bei Linz rer Wanderstämme beigemischt waren, 65 gefunden wurden. 66 ist nicht einwandfrei zu beantworten. Die Seite 27 LISELOTTE HUBER

67 Pfeiffenberger: Tal S. 215 Sind die Bayern der letzte germanische der Besiedlung voraus. 72 68 Pfeiffenberger: Tal S. 215 69 ebenda Stamm, der uns historisch entgegentritt Auf diese Weise sind auch Neusiedlungen 70 Martin: Landes- oder sind sie der „erste deutsche Stamm“? 67 der Bayern erkennbar. geschichte S. 11 71 ebenda Pfeiffenberger meint, dass man von der Die Siedlungsform war der Einzelhof, der 72 Pfeiffenberger: Tal S. 215 73 Zöllner: Geschichte S. 40 f. Theorie, wonach es eine „Einwanderung dann durch Erbteilung zu Weilern und Dör- 74 Die Ehre Erbhof S. 133 der Bayern“ gegeben habe, abgekommen fern wurde. 73 Dieser Einhof, den wir auch im 75 Die Ehre Erbhof S. 133 76 Zöllner: Geschichte S. 40 f. sei und sich die Meinung durchgesetzt Flach- und Tennengau finden, hat sich bis 77 Rencontre Lexicon. habe, dass die Bayern an Ort und Stelle in unser Jahrhundert erhalten, wenngleich Edition Rencontre, Bd. 6, Lausanne S. 284 aus einer Reihe von Splittergruppen „ent- aus den ehemals aus Holz gebauten Höfen, 78 Martin: Landes- 68 geschichte S. 16 standen“ seien. Als mögliche Urstämme Steinhäuser mit Holzaufbauten wurden und 79 Pürstl: Leogang S. 29 der Bayern könne man annehmen: ski- ab der Mitte des 20. Jahrhunderts durch rische Volksangehörige, die mit Odoaker Um- und Anbauten die Form verändert wur- gegen Westen kamen (Scheyern-Orte de. Dennoch besteht mehr als die Hälfte des Bayerns), romanische Restbevölkerung, Gesamtbaubestandes der Bauernhöfe im Alemannen und verschiedene germani- Pinzgau, wie auch im Pongau und Tennen- sche Stämme, die (dann doch, eig. Anm.) gau, aus der Zeit vor 1850.74 Die Landesbau- aus Böhmen kamen, denn der Name käme ordnung aus dem Jahre 1795 trug dazu bei, doch am ehesten von Bojerheim oder dass alle Neubauten mit möglichst wenig dem Bojergebiet um den Neusiedlersee. 69 Holz aufgeführt wurden, um den Raubbau Diese Theorie würde aber bedeuten, dass an den Wäldern einzudämmen. 75 die zuletzt zugewanderten Stämme na- mensgebend waren, was zu der Annahme Im 6. Jh. standen die Bajuwaren in Abhän- führt, dass sie entweder zahlenmäßig die gigkeit des austrasischen Frankenreiches, stärksten oder kulturell überlegen waren wahrscheinlich schon unter König Theude- und somit haben wir wieder eine Zu- bert I. (530 – 548). Es wurden ihnen aber ihre wanderung der „Baiwari, Bagoarii, Baianoi, Stammesherzoge belassen, die dem burgun- Bajuwaren, Baiern oder Bayern“! dischen Geschlecht der Agilolfinger ange- hörten.76 Die Agilolfinger mussten ihr Land Wie auch immer, sie kamen über den Do- verlassen, nachdem Burgund zwischen 532 nauraum in unser Gebiet und besiedelten und 534 von den Franken erobert worden zunächst das Salzburger Flachland und war. 77 Zur Entschädigung bekamen sie das zogen über Reichenhall in das Pinzgauer Bajuwarengebiet. Sie blieben bis zum Jahre Becken, wo sie, nachdem sie die frucht- 788, dem Sturze Tassilos III. durch Karl den baren Landstriche bevorzugten, im Saal- Großen an der Spitze des Bayernreiches. 78 feldener Gerstboden 70 und wahrscheinlich im Leoganger Becken bis zum Ort Leogang Die Alpentäler und damit auch das Leo- ansässig wurden. gangtal wurden um diese Zeit noch nicht besiedelt, erst langsam setzte die Ro- Es handelte sich um Inbesitznahme herren- dungstätigkeit ein und dass es sich um losen Landes, aber auch um gemeinsame eine solche handelte, bezeugen wieder Siedlung mit der Urbevölkerung. 71 Auf- die Orts- beziehungsweise Hofnamen. schluss darüber gibt uns die Ortsnamens- Um 930 aber dürfte die Besiedlung zu- forschung, denn romanische oder vorro- mindest im Leoganger Raume schon ein- manische Namen setzen eine Kontinuität gesetzt haben. 79 Aus dieser Zeit stammt DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 28

auch die erste Urkunde, in der der Name bildet. Es ist sich nicht zu verwundern, 80 Lahnsteiner: Mitterpinzgau S. 299 Leogang – allerdings auf das Gewässer wenn mancher, der das erste Mahl diese 81 Hübner, L.: Beschrei- bezogen – erscheint. 80 Gegend bereiset, für sein Leben zittert. bung des Erzstiftes und Reichsfürstenthums Wie schwierig und unzugänglich die Land- Im Winter und zu Anfange des Frühlings Salzburg in Hinsicht auf Topographie und Statis- schaft der Alpentäler war, dürfte uns klar ist die Bereisung dieser Hohlwege auch tik. Salzburg: Sbvlg. 1796 werden, wenn wir eine Schilderung aus wirklich nicht ohne Gefahr; indem nicht S. 617 f. 82 Dürlinger: Pinzgau S. 39 f. dem Jahre 1796 lesen, also 1000 Jahre selten ungeheure Schneemassen (La- nachdem die Bayern diese Gegend betre- vinen) durch den geringsten Peitschen- ten haben. Die Reise nach Saalfelden wird knall oder ein entstandenes Windchen folgendermaßen beschrieben: in Bewegung gesetzt, herabstürzen und von Felsentrümmern begleitet Mann und „ … Die Reise von durch den so- Vieh begraben. Man sieht hin und wie- genannten Hohlweg ist wirklich schau- der auf der Strasse mehrere sogenannte erlich. Die Fläche, welche zwischen Martersäulen, als traurige Denkmäler 2 Reihen von ungeheuer hohen und solcher Unglücksfälle ...“ 81 steilen Gebirgen sich dahin zieht, ist nirgends über 3000 Fuß breit; ist aber Im 7. Jh. finden wir den Pinzgau in einer dennoch ganz angebauet, und mit bayerischen Gauverfassung, in der 26 einigen ansehnlichen Bauerngütern Gaue angeführt werden, als eigenen Gau, besetzt. Die Landstrasse geht dicht an der seinen eigenen Grafen hatte. Lange dem Fußgestelle der fürchterlich hohen Zeit war diese Grafschaft nicht geteilt und Felsen vorbey, und hat an vielen Stellen es hatten sie die Grafen des Salzburg- und nicht mehr Breite, als daß ein Wagen Chiemgaues inne. Im 11. und 12. Jh. tre- kümmerlich Raum hat. In einer der ge- ten eine Reihe von „Pinzgowern“ auf. Sie ringsten Breiten dieses Thales sieht man dürften aber nur Ministerialen, keinesfalls alles mit losgerissenen Felsentrümmen Herren über den Pinzgau, gewesen sein. 82 überschüttet, die manchmal gegen 3000 Kubikfuß körperlichen Inhalt haben. Jedenfalls erscheinen bereits im 10. Jh. Abgestorbene, zerknickte Tannen ragen im Pinzgau zwei Grafschaften, später unter dem ungeheuren Schutte hervor; drei und vier. Am Ende der bayerischen hier und da sprossen junge Fichten da- Periode, das ist bevor der ganze Pinzgau zwischen auf. Zu oberst an den Wänden 1228 zum Erzstift Salzburg kam, waren es erblickt man halb losgerissene Stein- wieder zwei und zwar die Geschlechter massen, welche mit jedem Augenblicke der Grafen von Plain und die von Beilstein. herabzustürzen drohen; alles ist öde und Die Grafen von Plain kamen aus Kärnten grauenvoll; überall starrt das Auge die und traten unter dem Namen von „Plain“ fürchterlichsten Gruppen der Zerstörung nur von 1120 - 1260 auf, benannt nach an; überall erblickt es die traurigen Rui- der Burg bei Reichenhall (diese Burg soll nen verstümmelter Gebirge. Eine Art fey- schon 901, allerdings als Schloss, ebenso erlichen Schauders ergreift Einen in der wie Guethrat, Glaneck und Staufeneck Nähe der schrecklich hohen Felsenwand zum Schutz gegen die Einfälle der Ungarn am Diesbache, dort nämlich, wo dieser gebaut worden sein). Im Jahre 985, nach Bach über ungeheure Vorsprünge und der Schlacht am Lechfelde, erhielten die Klüfte eine der prächtigsten Katarakten Ritter von Kaiser Otto III. die Erlaubnis ihre Seite 29 LISELOTTE HUBER

83 Pillwein, Benedikt: Das Villen und Schlösser zu befestigen und so Bd. 2, Anhang S. 25, 74“, nur für das Zeller Herzogthum Salzburg oder der Salzburger entstanden die Burgen. Um 1100 began- Gebiet. Später erst wurde er für das Saal- Kreis, Linz 1839 S. 13 nen die Edlen und Grafen die Namen ihrer feldner Becken verwendet und in der Folge 84 Martin: Landes- geschichte S. 22 Burgen zu führen und seit dieser Periode auf das ganze Saalachgebiet ausgedehnt. 88 85 Dürlinger: Pinzgau S. 39 83 86 Lahnsteiner: kennt man die Grafen von Plain. Sie Auch bei Pillwein scheinen in seinem Buch Mitterpinzgau S. 138 hatten zunächst den größten Teil des pinz- über das Herzogthum Salzburg aus dem 87 Dürlinger: Pinzgau S. 39 88 Schijernig, Dr. Wilhelm: gauischen Haupttales inne und ein Graf Jahre 1839 nur die beiden Begriffe Ober- Der Pinzgau, Leipzig: von Plain war es auch, der in der Nacht und Unterpinzgau auf. Verlag von S. Hirzl 1897 S. 66 vom 04. zum 05.04.1167 die Stadt Salzburg 89 Pillwein: Herzogthum S. 501 im Auftrag Kaiser Friedrich Barbarossas in „Das Pinzgau gehörte bis 1228 zu 90 Martin: Landes- Brand steckte, weil Erzbischof Konrad II. Bayern. Es wurde in der Folge der geschichte S. 13 91 Salzburg Chronik, Bearb. (1164 – 1168), ein Bruder des Babenber- Zeiten in zwey Grafschaften oder von Pert Peternell, gers Heinrich II. Jasomirgott, sich weigerte Komitate abgetheilt. Das untere Pinz- Salzburg/Stuttgart: Das Bergland Buch den kaiserlichen Papst anzuerkennen. 84 gau besassen die Grafen von Playn 1960 S. 21 92 Pillwein: Herzogthum S. 9 vom Passe Steinbach bis zur Walcher 93 Martin: Landes- Die Grafen von Beilstein stammen von den ­Einöde; das obere die Grafen von Mit- geschichte S. 14 f. 94 ebenda Grafen vom Salzach- und Chiemgau ab. tersill von der Walcher-Einöde bis Ihre Hauptburg war Karlstein bei Reichen- zum Ursprunge der Salzache.“ 89 hall. Ein Friedrich Tengling habe sich zuerst nach seiner österreichischen Burg „Beil- Bereits vor der Einwanderung der Baju- stein“ genannt und zwar im Jahre 1088. Der waren gab es in Salzburg, d. h. in Juvavo letzte dieses Namens kommt 1208 vor. 85 christliches Leben, wie wir durch Eugip- pius erfahren, denn um 470 besuchte der Das Gebiet um Saalfelden gehörte zu dem hl. Severin die Stadt und fand dort eine Teil des Pinzgaues, der unter die Herrschaft Kirche mit drei Priestern vor. 90 Dieselbe der Grafen von Plain fiel, die auch nach Quelle berichtet vom Zurückziehen der der Übernahme durch das Erzstift dort als römischen Bevölkerung aus Ufernorikum Lehensleute des Erzbischofes bis zum Aus- unter Odoaker (488). Von da an besteht sterben des Geschlechts mit den Grafen eine Lücke in den Quellen bis zum Er- Otto und Konrad im Jahre 1260 verblieben.86 scheinen des hl. Rupert. 91

Wann genau es zur Teilung des Pinzgaues Rupert (Hrodpert, Ruodbert), davor Bi- kam, weiß man nicht, 87 aber Anfang des schof von Worms und aus dem königlichen 13. Jh. war schon der Begriff Ober- und Geschlechte der Merowinger 92 bekam 696 Unterpinzgau gebräuchlich. Die Teilung war von Herzog Theodo die Stadt Juvavum, die dem Lauf der Salzach nach, somit waren Salzpurch, achtzig zinspflichtige Höfe im zunächst das Gebiet südlich der Salzach Salzburggau, zwanzig Salzöfen in Reichen- der Unterpinzgau und das Gebiet nördlich hall und verschiedene Güter im Traun- und der Salzach der Oberpinzgau. Der Be- Attergau geschenkt.93 Er erbaute St. Peter, griff Mitterpinzgau ist eine Erfindung des machte es zu seinem Bischofssitz und be- neunzehnten Jahrhunderts. Im Jahre 1797 gründete damit das Bistum Salzburg, das verwendet ihn Kleinsorg in seinem Buch bereits unter Bischof Arno am 20.04.798 „Abriss der Geographie zum Gebrauch in und zum Erzbistum wurde und schon ansehn- außer der Schulen. 3. Auflage, Salzburg 1797, lichen Grundbesitz inne hatte.94 DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 30

95 Dürlinger: Pinzgau S. 49 96 Pfeiffenberger: Tal S. 260 1228 gelangte EB Eberhart II. (1200- Die Originalurkunde befindet sich im 97 ebenda S. 243 1246) durch einen Gütertausch mit Her- sanktpetrischen Archive und ist datiert 98 SUB, ges. und bearb. von Willibald Hauthaler und zog Ludwig von Bayern in den Besitz des wie folgt: „geben ze Ulme 18.08.1228“. 95 Franz Martin, Bd. II. 790- 1199. Salzburg: Sbvlg. Pinzgaues. König Heinrich VII. bestätigte der GSLK 1916 S. 133 die „geschlossene Handlung und Tausch“ Seit diesem Tage ist der Pinzgau Teil des 99 Unser Pinzgau, Beilage zum Pinzgauer Heimat- und gestattete„beede Comitatus in Pinzgau Erzbistums, Kurfürstentums, Herzogtums blatt I. Jhg. Nr. 15 S. 20 dem Erzbischof und seinen Nachfolgern jure und nunmehr des Bundeslandes Salzburg. 100 Pfeiffenberger: Tal S. 246 Regalium ewig zu besitzen.“

Ursprung von Orts-, Gewässer- und Hofnamen

Der Name des Pinzgaues in seiner alten seines Herrn Odalbert und dessen Vogtes Form ist vordeutschen Ursprungs. Er er- Reginberht ein solches Eigen, welches ihm scheint in den Notitia Arnonis für die Zeit der vornehme Mann und Graf Dietmar im Tassilos (748 – 788) als „in pago Pinuzga- Gebiete von Salaveldun am Bächlein ve ... loca Bisoncio (et Salafelda)“, in den LIUGANGA ... übergeben hatte, ...“ dem Breves Notitiae als Bisoncio,„... quod nunc Hl. Petrus und dem hl. Rodbertus zum Pinzco dicitur.“ Das ursprünglich auf Zell ewigen Besitze gibt. Datiert:„Salzpurch am See (cella) bezogene Bisoncio ist spä- 12. Octobris 930.“ 98 ter (seit 925) der lateinisierte Name des Gaues. Wahrscheinlich ist der Name sogar Der Name des Ortes und des Tales leitet vorrömisch und weist auf nasses Gewächs sich daher vom Gewässer ab und es gab um den Zeller See hin. Die Bajuwaren fan- nicht, wie meistens erklärt, der Ort dem den also diesen Namen vor und formten Bach und dem Tal den Namen, der dann ihn dann um in „Pinuzgave“, wobei „binuz“ über Levganc, Lungach, Lewgang, Leugang zu ahd. Binse wieder auf den gleichen Ur- Leubang wechselt. Erst ab 06.01.1535 ist der sprung hinweist. Ansonsten herrschen die Name Leogang gebräuchlich. Dennoch hat romanischen Namen im Norden Salzburgs sich in der Mundart die Bezeichnung „LOI- vor, 96 im Saalfeldner Raum finden wir GAM“ erhalten, ebenso wie der Schwarz- nur „Marzon“ vom lateinischen Vornamen leobach (schwarzes Wasser, da dieser Marcianus . 97 Wildbach aus der Schieferzone kommt) im Volksmund „d‘SCHWOAZLOI“ heißt. 99 Ganz anders verhält es sich bei den Gewässernamen, die vielfach noch auf Der Name der Saalach erscheint in den keltische Bezeichnungen zurückgehen, Notitia Arnonis als Sala, dann als Saale wie Leogang oder „Liuganga“, was soviel und im Oberlauf als Saalbach, also na- wie Wasserlauf bedeutet, von liu oder leo mensgebend für den Ort; erst seit dem = Wasser und gang für Lauf. Dieser Name 17. Jh. erscheint daneben auch Saalach. 100 erscheint urkundlich das erste Mal im Jahre 930 und zwar bei einer Abmachung Bajuwarischen Ursprungs sind alle Na- zwischen Erzbischof Odalbert und seinem men auf -heim und -ham, die jedoch erst Dienstmann Jakob, der gemeinsam mit seit dem 10. Jh. aufscheinen. Bereits im seinem Vater Ruodgozzo „ ... in die Hände 8. Jh. sind jedoch im Saalfeldener Becken Seite 31 LISELOTTE HUBER

101 ebenda S. 233 Namen auf -dorf und -ing belegt. 101 Der dieser Gebiete musste beim Anwachsen 102 Zöllner: Geschichte S. 41 103 Seefeldner: Salzburg S. 48 erste Teil dieser Ortsnamen geht meist auf der Bevölkerung Raum durch Rodung einen Personennamen zurück, besonders geschaffen werden, dies geschah bei den ältesten Formen. 102 besonders vom 11. bis zum 13. Jh.. Im 12. Jh. kam es zur Anlage der Schwai- Als Beispiele im Saalfeldner und Leo- gen, das waren 800 - 1100 m hoch gele- ganger Raum seien angeführt: Harham, gene Höfe zur Viehzucht, die den Bauern Kraham, Kirchham, Euring, Lenzing, Pa- gegen Naturalabgaben (meistens 300 bing, Biebing, Hasling, Schmiding, Kolling, kleine Käse pro Jahr und Herde) „gelie- Deuting, Ruhgassing, Letting, Gerling, hen“ wurden. Derartige Schwaighöfe gab Stocking, Gaiding, Pfaffing, Schützing, es an sonnseitigen Hanglagen der Neben- Taxing, Atzing, Ecking, Tödling, Loibering, täler, auch bei Saalfelden und Leogang. Otting und Sinning. Ein Großteil dieser Um 1200 war dann das Ende der Schwai- Namen lässt sich von Eigennamen her- gen und im 13. und 14. Jh. finden wir die leiten, wie Otting von Otto, Lenzing von Anlage der Novalien oder Neureuten, die Lorenz, Gerling von Gerhard, Ecking von mehr an Schattseiten angelegt wurden. Eckehard, oder von Berufen wie Schmi- An Stelle der Schwaigen entstanden Ein- ding oder Pfaffing, auch das Vorhanden- zelhöfe. An diese Tätigkeit erinnern auch sein einer Kirche wurde in die Namens- noch viele Orts- und Hofbezeichnungen. bildung aufgenommen wie bei Kirchham. Wir finden Namen mit -reit, -roid, -brand, -schwand, -seng, -öd, -mais, -lehen, Eine weitere besiedlungstechnische -gut, -egg. 103 Als Beispiel seien genannt: Tätigkeit trug zur Namensbildung in Schwaiger, Schwaigmühl, Reiter, Hirnreit, unseren Gebirgsgauen bei. Durch die fast Madreit, Madreiter, Lehenbrand, vollständige Bewaldung der engen Täler Brandstatt etc.. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 32

DER BERGBAU IM LEOGANGERTAL 104 Seefeldner: Salzburg S. 171 105 Höck: Leogang S. 27 Geologischer Überblick

Da es aus dem Jahre 1989 eine Disserta- in mehr oder weniger dünne Platten spalt- tion von Herrn Christian Leopold Lengauer bar sind. Der Gebirgsdruck hat die Kris- gibt, die sich eingehendst mit der Geologie tallschüppchen des Gesteins senkrecht und Mineralogie dieses Gebietes beschäf- zur Druckrichtung untereinander parallel tigt, soll hier nur in wenigen Sätzen darauf gestellt. Phyllite sind zu den kristallinen eingegangen werden. Schiefern gehörige Urschiefer; sie sind durch Druck und Hitze in größerer Erdtiefe Wie bereits oben erwähnt liegt das Leo- aus Eruptions- oder Absatzgesteinen ent- gangtal zwischen den Kalkhochalpen im standen, hauptsächlich aus Quarz, Glimmer Norden und den Schieferalpen im Süden. und Chlorit. Je nach Menge und Farbe der Für den Bergbau in Leogang maßgeb- enthaltenen Quarzkörner, Glimmerplättchen lich sind die erzführenden Schichten und Talkglimmer ist das Gestein bald violett, der Schieferalpen und insbesondere die grau, rosarot oder grünlichgrau. Daneben Erzvorkommen im Schwarzleotal, einem gibt es noch die Grauwacke, einen dunkel- Quertal der Schieferalpen, das unmittelbar grauen, groben Sandstein. Diese Grauwacke westlich des Dorfes Hütten in das Leogan- ist besonders häufig im Schwarzleo- und gertal mündet. Schwarzbachtal anzutreffen und gibt der ganzen Zone ihren Namen. 105 Die eigent- Die Schieferalpen bestehen vorwiegend lichen erzführenden Schichten aber sind die aus zwei, durchwegs dem Paläozoikum eingelagerten paläozoischen Kalke und Do- angehörigen Gesteinsserien und zwar den lomite, denn durch ihre poröse Beschaffen- Wildschönauer Schiefern oder Pinzgauer heit konnten die aus dem Erdinneren auf- Phylliten und dem Innsbrucker Quarzphyllit. steigenden flüssigen Erze in sie eindringen, Die Pinzgauer Phyllite bilden den Großteil lagerten sich aber an den undurchlässigen, der Gruppe und sind graue, meist kalkfreie aufgeschobenen Grauwacken­ schichten ab. Tonschiefer. 104 Schiefer sind Gesteine, die Daher sind die meisten Erzvorkommen an

Die Geologie des Bergbaugebiets von Leogang Seite 33 LISELOTTE HUBER

106 Lahnsteiner: der Berührungszone zwischen Dolomiten, lich sind es Kupferkies, Fahlerz, Bleiglanz Mitterpinzgau S. 293 106 107 Höck: Leogang S. 140 bzw. Kalken und Grauwacken zu finden, und Kobalterze. In dieser Zone sind auch 108 Dürlinger: Pinzgau S. 15 aber auch im Schiefer, wo er von Kalkteil- die schon in historischer Zeit gegrabenen, 109 Gruber: Bergbau- geschichte S. 141f. chen durchsetzt ist und die Lösungen ein- oder doch begonnenen Stollen, die aller- 110 HHST Archiv: Allgemeine Urkunden Reihe (AUR) dringen konnten, gibt es Erze. Hauptsäch- dings heute zum Großteil verbrochen sind. 1425 – 1556 111 Gruber: Bergbau- geschichte S. 15 112 Pichler, Georg Abdon: Salzburg’s Landes Die Geschichte des Bergbaues im Schwarzleotal Geschichte, Salzburg: Oberer’sche Buchhand- lung 1865 S. 264f. Aus prähistorischer Zeit gibt es kei- findet sich eine Urkunde aus dem Jahre ne Anhaltspunkte über einen Bergbau 1425, die eine Aufforderung Herzog im Schwarzleogebiet, allerdings wurde Friedrichs von Österreich an Erzbischof wahrscheinlich schon in der Bronzezeit Eberhard IV. (1427 – 1429) von Salzburg im Ullachtal und Schwarzbachtal, also in beinhaltet, er möge Blei an die „Helliger“ der Nachbarschaft, Kupfer abgebaut und zu Aussee liefern: so ist die Spekulation zulässig, dass man „Dem Hochwüdigen unser besunderliebn auch in diesem Tale nach dem begehrten Freunde an Eberharden Erzbischoven ze Erz sucht. 107 Salzburg und legaten des Stuls ze Rome ... Geben zu der Newstat als man singt Ungefähr im 8. Jahrhundert drangen Sla- Oculi in der Vasten anno diuzeviresimo- wen in unser Gebiet und von ihnen sagt quinto. Fridreich von gots gnaden Herzog Koch ­ Sternfeld: ze Österreich“ 110 „ … sie wuschen Gold in , gewan- nen Schwefel und Kupfer am Kolm in Allerdings dürfte zu dieser Zeit auch schon Rauris und Seigurn, am Weichselbach Silber, wenn auch nur in geringen Men- und in der Pockeney in Fusch, in , gen und als Nebenprodukt der Blei- und Stubach, Velberthal, in Schwarzleo in Kupfergewinnung, abgebaut worden sein, Leogang, am Klucken in , an denn seit 1425 beteiligten sich Schladmin- der Stummel (ob ) und Stil- ger Silbergewerken am Leoganger Bergbau, lup ob Krimmel.“ (Beitr. I, 194) 108 wohl hauptsächlich um Zuschläge für ihren Silberbergbau zu gewinnen, denn Kupfer- Im Spätmittelalter gab es eine Depression erze wurden dazu verwendet um einen im Abbau von Edelmetallen, doch wurde besseren „Fluss“ zu bekommen und Blei- der Abbau an Nichtedelmetallen kontinu- erze um das in der Schmelze freiwerdende ierlich betrieben, denn der Bedarf an Kup- Gold und Silber zu binden. 111 fer, Eisen und Blei sank gar nicht oder nur wenig. Obwohl in den Salzburger Quellen 1434 erhielten zwei Friesacher Bürger, das spezifische Abbauprodukt nicht aus- nämlich Niclas Stockhammer und Hans drücklich genannt ist, dürfte es sich in Schmelzer von Erzbischof Johann II. den 1292 erwähnten Gebieten, darunter (1429 – 1441) die Erlaubnis in der „Lew- auch Leogang, um Kupfer und Blei gehan- ganc und am Hanger in Tumerspach alte delt haben. 109 verlegene Paue“ abgabenfrei auf sechs Jahre zu bearbeiten. 112 1443 erhielt dieser Im Haus-, Hof- und Staatsarchiv be- Hans Schmelzer von Kremnitz in Leogang DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 34

zusätzlich das Bergrecht auf Silber ver- Am linken Talgehänge in 1150 m Höhe 113 Gruber: Bergbau- geschichte S. 15 liehen und das bedurfte, auch in kleinsten befindet sich der seit mehr als hundert 114 Pichler, Georg Abdon: Mengen abgebaut, abgabenrechtlich einer Jahren verbrochene Quecksilberbergbau Salzburg’s Landes Geschichte, Salzburg: besonderen Regelung. 113 Pichler schreibt Vogelhalte mit dem Johannes- und Tho- Oberer’sche Buchhand- lung 1865 S. 264f. darüber: masstollen und schließlich in 1200 – 1350 115 Salzburg Chronik S. 56f. „In demselben Jahre verlieh EB Sig- m Höhe im Bereich der Waldgrenze der 116 Günther: Schauberg- werk S. 214 116 mund auch dem Banns Schmelzer von Bergbau Nöckelberg. 117 HHST Archiv AUR Krenmitz für sich und seinen dreijähri- 1425-1556 118 Günther: Schauberg- gen Sohn auf Lebenszeit einen Bergbau Aus dem Jahre 1542 gibt es eine Urkunde werk S. 15 119 ebenda in Leogang bei Saalfelden; Schmelzer „Hannsens Zeltlachers Werksverwesers Im mußte sich jedoch auch verbindlich Leuganng bestallung.“ 117 machen das Pfund reinen Silbers für 4 Pfund und 4 Schilling Pfenning an die Unter diesem Verweser entstand eine fürstliche Kammer abzugeben.“ 114 Gesellschaft für den Kupfer- und Bleiberg- bau. Ihr gehörten der EB von Salzburg Ernst Als Erzbischof Leonhard von Keutschach von Bayern (1540 – 1554), Niclas Riebei- (1495 – 1519) im Jahre 1500 Salzburg seine sen, Christoph Perner und die Erben Hans völlig verlorengegangene Selbstständig- Thenns, des ehemaligen Münzmeisters EB keit im Münzwesen wieder zurückgab und Leonhards an. Die Verhüttung erfolgte in seinem Münzmeister Anweisungen für die der Schmelze Leogang, 118 dabei handelte Prägung der Pfennig, Groschen, Mark und es sich um den Ort Leogang, wo bereits ein Gulden wie folgt, gab: Hüttwerk bestand, denn erst 1585 kauften „Wir Leonhart von Gottes Genaden Erz- bayerische Gewerken, die in Schwarzleo bischof zu Salzburg … unnseren ge- tätig waren, im jetzigen Hütten eine Huf- trewen Hannsen Thennen zu unnserm schmiede, die im Pernerschen Besitz Münzmeister zu Salzburg aufgenom- war und erst 1594 von einer Privatperson men und ime zu münzen erlaubt und veranlait wurde. Sie errichteten 1587 ein bevolchen...Zum Andern, das er münze Schmelzwerk, wobei sie den Erzbischof ain große silberne weisse münz, nem- Georg von Kuenberg (1586 – 1587) ersuch- blich groschen, …“, ten Holzkohle herstellen zu dürfen und zu war sicher unter dem für die „Rübentaler“ diesem Zwecke den „Schattseitwald“ und eingeschmolzenen Silber auch solches aus das „Horn zu Grießen“ bzw. den „Wald im dem Bergbau Schwarzleo. 115 Winkl am Winklberg“ zur Herstellung eines „Puchers, einer Schmelzhütte und Kohl- Nachweislich wurden im 14. und 15. Jahr- barm“ zur Nutzung bewilligt bekamen. 119 hundert ca. acht bis zehn noch namentlich erhaltene Stollen angelegt. An der Tal- Ein interessanter Zufall ist, dass gerade sohle in 1020 m Höhe der Erasmus- und während der Beschäftigung mit dieser Ar- Johannesstollen und etwas höher gelegen beit im Zuge der Arbeiten für das Kraftwerk der Herren-, Christoph- und Maria Heim- Kreuzbergmaut bei Pfarrwerfen, ein ande- suchungsstollen, sowie der Daniel- und res Unternehmen dieses Christoph Perners, Barbarastollen. Die letzten beiden Stollen der uns in Leogang und in der „Pernerschen wurden in den vergangenen Jahren als Wirths Handlung“ in Hütten unterkommt, Schaubergwerk begehbar gemacht. ausgegraben und der Öffentlichkeit wieder Seite 35 LISELOTTE HUBER in Erinnerung gerufen wurde. Man hoffte dennoch ging er zwei Jahre nach Inbetrieb- dort einen Schmelzofen zu finden. Dieser nahme des Hüttenwerks in Pfarrwerfen wohlhabende Gewerke, an den auch die 1565 in Konkurs (Salzburger Nachrichten Halleiner Perner Insel erinnert, besaß auch vom 30.09.1994). Bergwerke am Limberg und Klucken und

Das Bergwerk und die Schmelzhütte

Die Lage der Bergbaue im Schwarzleotal DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 36

Diesen Zeitpunkt kann man also als Ent- reiche geteilt: dem Salinenholz, dem Kohl- 120 Neuhardt, Johannes: Leogang, in: Christliche stehungsjahr des Dorfes Hütten bezeich- und Bergholz und den Heimhölzern und Kunststätten Öster- nen, denn mit dem Schmelzwerk verlagerte Hofsachen. Dabei berief sich der Kardinal reichs, Nr. 112, Salzburg: Verlag St. Peter 1976 S. 3 sich auch die mit dem Bergwerk in Zu- auf das Forstregal, das ihm der Kaiser be- 121 Gruber: Bergbau- geschichte S. 23 sammenhang stehende Tätigkeit aus dem stätigt hatte und nur wer mit Brief und Sie- 122 ebenda S. 28 engen, düsteren Schwarzleotal mehr in das gel den Besitz eines Waldes nachweisen 123 Dopsch, Heinz und Hans Spatzenegger: breitere Leogangtal und zog sicher auch die konnte, durfte diesen auch behalten, alle Geschichte Salzburgs, Knappen an, denn dort entstand ein Pro- anderen Wälder gehörten ihm als Herrn Bd. II/1, Salzburg: Anton Pustet 1988 S. 85f. vianthaus und ein Wirtshaus, oder wie man und Landesfürsten. Dieses Staatsmonopol 124 ebenda S. 88 125 Günther: Schauberg- damals sagte eine „Laden Wirthsstath“. wirkt in den Bundesforsten in Salzburg werk S. 16 Diese Entwicklung von der Schmelzhütte bis in die Gegenwart nach und rief damals zum Dorf bildet ein interessantes Beispiel bei den Bergleuten und Gewerken große mittelalterlicher Wirtschaftsgeschichte.120 Empörung hervor. 123

Die schriftlichen Unterlagen, die für die Die 1532 erlassene neue Bergwerksord- ältesten Häuser der Hütte, beziehungs- nung wirkte trotz mehrerer Novellierungen weise des heutigen Dorfes gefunden auch noch nach dem Ende des Erzstiftes werden konnten, reichen in die Zeit um und wurde erst 1854 durch das Allgemeine 1600 zurück. Berggesetz für die Österreichische Mo- narchie abgelöst. Das Gesetz regelt die Der Salzburger Bergbau entwickelte sich Rechte und Pflichten der landesfürstlichen im 16. Jh. dahin, dass ab 1540 nur noch Beamten, die Arbeitszeit, Freizeit, Feierta- große Gewerken aufscheinen, denn seit ge und Abgaben der Bergleute, die Rechte den Bauernkriegen 1525 und 1526 waren und Pflichten der Gewerken und Hutleute, diese begünstigt, da nur sie die Holzrech- sowie die Versorgung der Bergwerke mit te zum Schlägern des für den Bergbau Holz und Lebensmitteln.124 so wichtigen Holzes bekamen,121 denn Erzbischof Kardinal Matthäus Lang von Diese neue Waldordnung und Bergwerks- Wellenburg (1519 – 1540) hatte 1524 eine ordnung hatte zur Folge, dass wir auch in neue umfassende Waldordnung und 1532 Leogang ab 1591 große Gewerken, und zwar eine neue Salzburger Bergwerksordnung die berühmten Rosenberger, als Betreiber erlassen. 122 des Bergbaues finden, da ihnen die Be- schaffung des notwendigen Holzes leichter Diese Waldordnung war eine der ersten möglich war. Obwohl sie zunächst über den in ihrer Art in Mitteleuropa und hatte zum schlechten Ertrag klagten, nahm der Berg- Ziel die notwendigen Holzmengen für die bau in Schwarzleo zu dieser Zeit wieder Saline in Hallein und für den Bergbau zu einen Aufschwung, denn im Erasmusstollen sichern, sowie den Bauern das nötige Bau- wurde 1593 qualitativ hochwertiges Silber und Brennholz zur Verfügung zu stellen, gewonnen, so dass daraus die berühmten dabei aber die vom Abholzen bedrohten Salzburger Silbertaler geprägt wurden. Nach Wälder zu schützen. Der Kardinal ließ dem Tode des 1676 genannten Gewerken durch den erzbischöflichen Waldmeister Hans Grundtner ging der Bergbau ganz in Georg Stöckl eine Bestandsaufnahme die Hände der Rosenberger über. 125 machen und die Wälder wurden in drei Be- Seite 37 LISELOTTE HUBER

126 Zauner, Dr. Judas Anders war die Entwicklung in der Hütte, wo nur catholischer Religion …“ 126 Thaddäus: Chronik von Salzburg, 10. Bd. 9. Theil, die Rosenberger durch ihre Creditoren 1640 und weiter heißt es: Salzburg: in Commission um die Bewilligung zum Verkauf der Liegen- „ … nicht allein an den Orten, wo vor Al- der Mayrischen Buch- handlung 1821 S. 514f. schaften einkamen, die sie auch unter be- ters das Schmelzwerk, wovon die allbe- 127 Günther: Schauberg- werk S. 16f. stimmten Voraussetzungen bekamen. reits theils verhandelt, oder was seihe 128 Gruber: Bergbau- noch erhandeln werden, die erforder- geschichte S. 63 Das Dokument liegt unter Hofkammer lichen Taggebäu, jedoch mit vorherge- Caprun 1640 E: hender Vorzeigung unsers Bergrichters Meldung vom 11.08.1640 - 01.09. er- aufsetzen, dergleichen Aufsetzung zu halten - Begutachtung einiger Rosen- thun und Aufschläg zu machen, auch bergischer Besitzungen im Auftrag der auf Jemands andern Gründen … “. Creditoren und „was für ein ferliehne Urbardienst auf iedweders Stückh Zu 1717 übernahm der Gewerke Johann Syl- schlagen seyn mechte.“ vester Prugger von Pruggheim das Berg- werk und die Baulichkeiten der Schmelz- Es werden die einzelnen Gebäude genau hütte. Er wird uns dann bei der Geschichte beschrieben, sie werden uns später bei der des Dorfes noch mehrmals beschäftigen. genauen Betrachtung Hüttens interessie- Von seinen Erben kaufte Erzbischof Sieg- ren. Den Abschluss des Dokumentes bildet mund Christoph Graf von Schrattenbach die „Anlaithsbewilligung“ für die Creditoren (1753 – 1771) das Berg- und Hüttenwerk am 18.09.1640. Sie müssen aber alles für im Jahre 1761, erlaubte ihm aber weiterhin Bergwerkszwecke zur Verfügung stellen. seine Erze aus Pillersee in dem Schmelz- werk zu verhütten. 1691 erteilt Erzbischof Johann Ernst Graf Thun (1687 – 1709) sechs Familien auf de- Anstelle des alten Kirchleins ließ der Erz- ren Ansuchen das Erbrecht auf den Berg- bischof eine, heute noch bestehende, bau in Leogang, und zwar Knappenkapelle erbauen, die mit einem „ … unsere Getreuen, Wilhelm Kobald ec. originellen Bergbaualtar versehen ist, von Virgilius Hölzl Bürger und Handelsmann dem später die Rede sein wird. allhier, Johann Lechner und Benedikt Rieder, beyde Bürger zu Saalfelden, Seit dieser Zeit sind das Bergwerk und dann Christian Schläfer, und Johann die Hütte in Besitz des Landesherrn, das Stöckls seel. Erben ... ihnen auch Hauptaugenmerk wurde der Kobaltproduk- hierauf das Erbrecht ertheilt werden tion zur Blaufarbenerzeugung zugewandt möchte, wir aber zur Aufnahme und und Leogang war, wegen seines Reichtums Beförderung der lieben Bergwerke den an Nickel- und Kobalterzen, in ganz Europa landesfürstl. väterlichen Eifer und Vor- berühmt. 127 sorge in Zeit unserer Regierung tragen, als thun wir vorbemelten Supplicanten Noch 1785 errichtete man an der Vogelhal- in Kraft dies die gebethene Erbrechts- te ein großes Pochwerk für die Blaufarben- Verleihung hiemit dahin gnädigst er- erzeugung, doch kam es bald durch das theilen, daß dieselben, deren Erben und Aufkommen der Chemie zum Rückgang der Nachkommen ohne Unterschied des Erträge für Kobalt. 128 männ- oder weibl. Geschlechts, jedoch DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 38

Im Jahre 1795 taucht zum ersten Male ein teren Gebiet des Dorfes durch im Berg- 129 Jäger, Vilat: Berg und Hütte Schwarzleo, Inspektions-Kommissär namens Kaspar bau Tätige gebaut. Der Kern des Ortes, die in: MGSLK Bd. 82/83, Schroll auf, der zunächst seine ganze Auf- eigentliche Hütte, tangiert das allerdings 1942/43 S. 5 130 Jäger: Berg und Hütte merksamkeit dem Bergbau widmet und nicht, dennoch soll der Vollständigkeit Schwarzleo S. 9ff. 131 Günther: Schauberg- erst nach drei Jahren gibt es auch Verhal- halber darüber berichtet werden. werk S. 21 tensmaßregeln für die Hütte, sowie Ratio- 132 ebenda S. 24 133 ebenda S. 28 nalisierungsmaßnahmen in Bezug auf 1855 konstituierte sich die Leoganger Ni- das Personal. 129 ckel-Kobalt-Gewerkschaft am Nöckelberg, die nach schleppendem Fortgang durch Unter königlich-bayerischer Regierung den Beitritt des finanzkräftigen Metall- (1810 – 1816) übernimmt im Jahre 1812 warenfabrikanten Ing. Karl Krupp in den Mielichhofer das Amt als Inspektions-Kom- Jahren 1871 – 1880 sogar wieder eine missär und versucht im Laufe seiner Amts- Blütezeit erlebte und 1872 – 1877 auch zeit den Betrieb trotz widriger Umstände den Erasmusstollen im Schwarzleo mit aufrecht zu erhalten, doch geht die Produk- 12 Mann belegte. Doch mit der Entdeckung tion zurück und die Ausgaben für Instand- der billigen neukaledonischen Erze verfiel haltung und Reparaturen sind groß. 1817 der Nickelpreis 1885 und im selben Jahre treten durch eine rasche Schneeschmelze musste der Erasmusstollen und drei Jahre und das Anschwellen der Schwarzleoba- später der gesamte Bergbau stillgelegt ches Schäden am Sägewerk im Schwarz- werden. 1906 löste sich die Nickel-Kobalt- leotal auf und bei einer Inspektion des Gewerkschaft auf.131 Betriebes kommt Mielichhofer zu der Erkenntnis, dass eine Weiterführung in der Im ersten Weltkrieg versuchte man nochmals bisher praktizierten Weise zur Liquidierung am Nöckelberg den Abbau wiederzubeleben, des Werkes führen müsse. Durch Reduzie- aber durch die Kriegsereignisse musste der rung des Werkspersonals und effektivere Betrieb 1919 eingestellt werden. 132 Arbeit gelang es ihm noch einmal eine Hebung des Betriebes zu erreichen, doch Noch einmal sollte das uralte Bergbau- war der Niedergang nicht aufzuhalten und gebiet seiner traditionellen Bestimmung im Jahre 1831 musste der Bergbau gänzlich zugeführt werden und zwar als Anfang der eingestellt werden, nachdem schon sechs zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts bei Jahre zuvor die Hütte schließen musste. Kartierungsarbeiten am Spielberg in der Nähe der Inschlagalm Magnesit entdeckt Am 24.12.1833 wurde das Hütteninventar wurde. Bereits 1923 sicherte sich der versteigert. 130 Damit zog sich das Ärar vom Saalfeldener Unternehmer Josef Weil- Bergbau Schwarzleo-Leogang zurück und guny mit einem Compagnon die Abbau- ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich die rechte, betrieb selbst aber erst seit 1938 „Hütte“ zum „Dorf Hütten“. mit seinem Teilhaber Walter Chmel aus Aachen das Bergwerk. 133 Vorher hatten Obwohl kein direkter Zusammenhang es tschechische Gewerken in kleinerem zwischen der späteren Wiederaufnahme Umfang abgebaut. 1951 übernahm die des Bergbaues in Schwarzleo und auf dem Österreichisch-Amerikanische-Magnesit Spielberg und dem Dorf Hütten besteht, so Gesellschaft den Betrieb bis zu seiner Ein- wurden doch viele Häuser auf dem wei- stellung wegen Erschöpfung der Gruben Seite 39 LISELOTTE HUBER

134 Gruber: Bergbau- im Jahre 1970. 134 Seither lebt der Bergbau der Inbetriebnahme eines Schauberg- geschichte S. 75f. nur noch als Tradition im Leogangertale. werks in Schwarzleo 1989 und der Eröffnung des Bergbaumuseums in In den letzten Jahren wurde die Anzie- Hütten 1992 sehr viel für die touristische hungskraft des historischen Bergbaues Attraktivität dieses Gebietes getan. für den Fremdenverkehr entdeckt und mit

Bergbaumuseum Leogang DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 40

135 Günther: Schauberg- werk S. 24 DIE SCHMELZHÜTTE VON 1587 BIS 1833 136 Widmann, Hans: Ge- schichte Salzburgs, 3. Bd. (von 1519 bis 1805), Gotha: Fr. Andreas Pert- hes A. G. 1914 S. 32 137 Dopsch: Geschichte II/1 S. 50f

Schmelzhütte für SilberBild: Hausbuch Wolfegg (1480)

Mit dem Kauf einer Hufschmiede im Jahre keine nennenswerten Siedlungen, denn 1585 durch bayerische Gewerken und der 1526 durchzogen es die Bundestruppen darauffolgenden Errichtung einer Schmelz- und erreichten ohne Kampf Saalfelden. 136 hütte im Jahre 1587 kann man das erste Mal von Hütten, das heißt von der Hütten, den Dies geschah am 25.06.1526 und zwar Hüten oder der Hiten sprechen. nach einem Plan Michael Grubers, einem Gewerken aus Bramberg und ehemaligem Dass das Bergwerk im Schwarzleotal schon Bergwerksverweser am Jufen bei Kitz- lange vorher bestand, wurde bereits er- bühel, der 1525 noch Anführer der Auf- wähnt, doch wurden die abgebauten Erze ständischen war und dem es in dieser zu entlegeneren Schmelzhütten, wie z.B. Position durch eine Kriegslist gelang den Lend oder gebracht. Auch in steirischen Landeshauptmann Sigmund Leogang bestand seit 1542 eine Hütte.135 von Dietrichstein in Schladming gefangen zu nehmen und die Stadt zu erobern. Es Zur Zeit der Bauernkriege 1525 und 1526, war der größte militärische Sieg, den die an denen wahrscheinlich auch Berg­ Aufständischen errangen. 137 knappen aus dem Schwarzleotal beteiligt waren, da ja eine nahe Verbindung zum Sil- Diese seine „Heldentat“ hatte jedoch böse berbergbau in Schladming bestand, gab es Folgen, denn sie brachte dem Erzstift eine im Leogangtal außer dem Ort Leogang noch gewaltige Geldforderung von seiten Erz- Seite 41 LISELOTTE HUBER

137 Dopsch: Geschichte II/1 herzog Ferdinands von Österreich, dem Das Leogangtal war schmal, düster S. 50f 138 ebenda nachmaligen Kaiser Ferdinand I. (1556 – und öde. Ende des 18. Jh. wird es so 139 ebenda S. 55 1564), weil Schladming österreichisches beschrieben: 140 ebenda S. 65 141 ebenda S. 71 Territorium war. Das steirische Ennstal „Das Seitenthal LEOGANG zieht sich 142 Lahnsteiner: Mitterpinzgau S. 304f. wurde Anfang Oktober 1525 furchtbar vom Markte Saalfelden nordwestlich hi- 143 ebenda S. 309 verwüstet und die vordem blühende Berg- nab, ist zwar schmahl, aber beyderseits 144 Hübner: Erzstift S. 613 werksstadt Schladming auf Befehl des mit schönen Tannenwaldungen an den Erzherzogs vollkommen zerstört. 138 Bergabhängen, welche größten Theils vertragsmäßig an Bayern, und dessen Michael Gruber hatte nach dem Waffen- Saline zu Reichenhall überlassen sind, stillstand vom 31.08.1525 öffentliche und wohin das gefällte Holz auf der Abbitte geleistet und die Fahne der Auf- Ache getriftert wird, auch mit frucht- ständischen zu Füßen Kardinal Langs baren Viehweiden versehen. (Dieses niedergelegt. 139 Thal gränzet im Hintergrunde an Tyrol, an dessen Gränze sich ein erzstiftlicher 1526 war Gruber nach einem Totschlag in Paß, Grießen genannt und unweit davon Tirol auf Salzburger Gebiet geflüchtet und der k. k. Paß Hochfilze befindet. Der die- in die Dienste des Kardinals getreten, 140 ses Thal durchströmende Wildbach wird und nun führte er seine Landsknechte über die schwarze Leo genannt).“ 144 Fieberbrunn in den Rücken der Aufstän- dischen, die eine Verteidigungsstellung Diese Beschreibung trifft nicht zu, denn der südlich von Lofer aufgebaut hatten 141. vom Pass Grießen in Richtung Leogang flie- ßende Bach ist der Grießenbach, der sich Es ist wohl anzunehmen, dass Gruber, unweit des Dorfes Hütten mit der „Schwar- durch seine ehemalige Tätigkeit in Kitzbü- zen Leo“ zur Leoganger Ache vereinigt. hel, in der Grenzgegend zwischen Tirol und Salzburg, gut Bescheid wusste und daher 1585 kauften, wie oben erwähnt, die bay- diesen „Schleichweg“ nehmen konnte. erischen Gewerken Alexander Schöttl und Matthias Röchseisen, die in der Schwarz- Die einzige Siedlung im Tale war der Ort leo tätig waren, eine Hufschmiede in „Hüt- Leogang. Er bestand aus der Kirche und ten“! und ersuchten den EB um die Bewilli- dem Kirchenwirtshaus, denn in der Bau- gung ein Schmelzwerk errichten zu dürfen, ernkriegszeit gab es in Leogang noch nicht sie baten gleichzeitig um das notwendige einmal einen Vikar. Erst im Jahre 1534 stif- Holz zur Holzkohlenherstellung. Die Be- tete der Bischof von Chiemsee, Berthold zeichnung Hütten gab es damals allerdings Pürstinger, eine ständige Pfarrstation, ein noch nicht, denn in den Urkunden aus je- Vikariat, nachdem er 1513 die Kirche nach ner Zeit wird nur von Leogang gesprochen, einem Umbau persönlich neu geweiht hat- beziehungsweise, wenn vom Bergwerk die te. 142 Bis zu diesem Zeitpunkt war Leogang Rede ist, von der Schwarzen Leogang. Der eine Filiale von Saalfelden und um Gottes- Name Hütten ist erst späteren Datums, dienst zu halten und zu beerdigen, kam ein als die Schmelzhütte schon in Betrieb war, Priester zu Fuß oder zu Pferd. Man nannte da tauchen Nennungen auf wie: „bei den ihn deshalb den „Freithofreiter“. 143 Hütten (Hiten) in der Leogang“ oder „bey den Schmelzhütten“. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 42

Seit wann die von den Gewerken gekaufte im Keller notwendig war, eine Art Feuer- Schmiede besteht, lässt sich nicht genau stelle entdeckten und ein altes Messer sagen, doch dürfte sie, mit Ausnahme des fanden, dem aber keine besondere Bedeu- Hüttwirts, oder gemeisam mit ihm, das tung beimaßen und auch keine Erklärung älteste erwähnte Objekt sein. Gemeinsam dafür hatten. Auf Grund meiner Nachfor- deshalb, weil mir die jetzigen Besitzer des schungen im Archiv fand ich nachfolgend „Hüttwirtes“, Herr und Frau Mayer, erzähl- zitierte Urkunde, die den Schluss zulässt, ten, dass sie vor Jahren bei einer der vielen dass Wirt und Schmiede sich in einem Ge- Umbauten, als eine ziemlich tiefe Grabung bäude befanden.

Hüttentechnik Bild: Hausbuch Wolfegg (1480)

Bergschmiede Bild: Schwazer Bergbuch 1556 Seite 43 LISELOTTE HUBER

145 Gruber: Bergbau- Hofkammer Lichtenberg 1593 – 1595 hütte, Kohlbarm und zur Herstellung von geschichte S. 53 146 ebenda S. 60 Beschreibung und Relation der neuen Holzkohle 1587 bekamen (HK Caprun 1587 Urbar-Diensthalter im Gericht: 1594 H: H), können wir von diesem Zeitpunkt an die „Michel Auer Schmidt zu der Leogang Entstehung der zur Schmelzhütte gehören- hat in der Fernerischen Wirts Hand- den Gebäude annehmen. lung sein Schmidten, Hauß, Gärtl und Einfäng, käuflich an sich gebracht. Alle Gebäude, die sich auf engem Raum Dann solche Schmidten anfangs zu zu beiden Seiten der Ache gruppierten den perchwerchs erpaut worden. Aber und das eigentliche Hütten bilden, waren biß daher niemales khain dienst darauf zum Bergwerk gehörig und Werksge- gewest. Derenwegen hat er Er. Hochfstl. bäude, also keine Wohnhäuser. Die Berg- Gn. Comissär gehorsambstlich gebeten, knappen wohnten meist in mehr oder Iem auf solch sein aigenthumb ain Ur- weniger weit entfernten Behausungen, bar dienst zulegen, damit er desto mehr die zum Großteil auf den Bergen lagen. Je bey seiner gerechtigkeit gehand habt nach Entfernung zwischen Arbeitsstätte werde. Demnach ist Iem doch auch nur und Wohnstätte gab es unterschiedliche auf Er. Hchfstl. Gn. genedigstes … auf Arbeitszeiten und -bedingungen. sein behaußung, Schmidten, Garten, und Infang jährliches zu Er. Hchjstl. Gn. Im Allgemeinen betrug die Arbeitszeit, Urbar zu Schrift und Dienst abermals nach der Bergwerksordnung von 1532, auferladen worden.“ 44 Stunden. Im Poch-, Wasch- und Schmelzwerk war die Arbeitszeit allerdings In diesem Jahr wurde die Schmiede der gleitend, je nach den Anforderungen des Grundherrschaft des Erzbischofs einverleibt Arbeitsprozesses, daher kam es hier auch und damit hofurbar und von diesem Zeit- leichter zu Arbeitszeitverlängerungen, da punkt an kann man die Besitzer und Betrei- die Schichten nicht so genau festgelegt ber der Hufschmiede namentlich anführen. werden konnten. 146

Auch im Schwarzleotal und in Leogang gab Normalerweise lebten die Knappen wäh- es Schmieden. Hufschmieden waren von rend der Woche in einfachen Unterkünften nicht geringer Bedeutung, wurden doch nahe ihrer Arbeitsstätte und gingen nur zu die Erze mit Pferdegespannen befördert den Wochenenden oder Feiertagen (deren und zwar im Winter mit Schlitten und es in Salzburg ziemlich viele gab, wenn im Sommer mit Karren. Im flachen Ge- auch nicht so viele wie in Kärnten) nach lände verwendete man im Sommer auch Hause. Im 17. und 18. Jh. bezahlte man in „Schlaiffen“, Behältnisse ohne Räder.145 Salzburg immerhin für über 30 arbeitsfreie Wochentage vollen Lohn. Außerdem gab es sicher schon seit frühen Zeiten einen Frachtverkehr über den Pass Ungünstig fallende Kombinationen von Grießen. Da die oben erwähnten Gewerken Sonn- und Feiertagen konnten einge- vom Erzbischof die Bewilligung für den Wald arbeitet werden, denn die meisten Berg- im Winkl am Winklberg und weitere 600 leute benutzten diese freien Tage um in Stämme zum Pucher (Pochwerk), Schmelz- der Landwirtschaft tätig zu sein. Später DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN

Pochwerk Bilder: Hausbuch Wolfegg (1480)

Lageplan der Bauern nächst der Schmelzhütte

Stampfwerk

Doppelgebläse Seite 45 LISELOTTE HUBER

147 Gruber: Bergbau- wurden sie sogar dazu angehalten sich in 1608 und sie soll hier für andere stehen: geschichte S. 60f. 148 Salzburger Landsarchiv die agrarische Struktur einzugliedern, um „Auf Absterben Petern Scherner Aerzt- (SLA), U(rbar) Inner Ge- ihren Lebensunterhalt zu sichern. 147 knapens in der Leogang khomen an der birg 1400-1500, fol. XIII. Nr. 221, 222, 223, 231 ersten Stat seine Eheleiblichen ge- Auch im Raume Hütten und Schwarzleo, lassen sex Khindter Namens Christian, sowie im angrenzenden Berg und Grießen Peter, Salome, Magdalena, Anna und finden wir schon im 16. Jh. eine Reihe von Regina an das Häußl, samt Khrautgärtl, Höfen, die den unterschiedlichsten Grund- Zwischen das Krüth und Pranntstath herrschaften zugehörten: St. Peter, St. fürhaubten gelegen an das Urbar und Zeno, Kloster Nonnberg, aber auch hofur- Heranlaiten daselbst.“ bare Güter gab es, d. h. dass der Landes- herr gleichzeitig Grundherr war. Bereits 1591 übernehmen die Rosenber- gerschen Gewerken das Bergwerk und die In den Urbarien Inner Gebirg aus den Hütte auf Erbrecht. Sie errichteten nach Jahren 1400 – 1500 wird unter „Nova- und nach alle für die Schmelzhütte er- lia” des Jahres 1490 das Salchenmoos, forderlichen Gebäude. Eines der ältesten Lehenprandt und noch ein Item in der dürfte das Verweshaus, später Verwal- „Schwartzleugn“ angegeben. 148 tungsgebäude und jetzt Bergbaumuseum sein, es trägt die Jahreszahl 1593. Damals allerdings ohne Namensangabe der Urbarträger. In denselben Urbarien Da kein Haus mehr in seiner ursprüng- 1496 – 1497 Officium Saluelden – in der lichen Form erhalten ist (am wahrschein- Leugang scheint Tobias Förstl am Rast- lichsten noch das Verweshaus, jetzt podm und Andreas de prantstat auf, von Museum, doch war es anfangs ein Holz- dieser Zeit an finden wir für Rastboden, haus, dürfte aber 1691 beim Bau des neuen Brandstatt, Lehenbrand und Salchenmoos Verweshauses im Erdgeschoß gemauert fortlaufend Eintragungen, die hier aber worden sein und wird im Dehio Salzburg weiter nicht interessieren, da sie nicht als „Stark verändert“ beschrieben), kann zum „Ortsgebiet“ Hütten gehören, sondern man aus der Bausubstanz wenig Schlüs- zu Schwarzleo, Berg, Grießen oder Sonn- se ziehen. Das seiner Form nach heute berg und nur insofern mit der Schmelz- noch interessanteste Gebäude ist das hütte zu tun haben, als anzunehmen ist, „Thurnhaus“ auch Turmhaus, aber in den dass die Bergknappen und die Arbeiter der Urkunden zunächst immer Provianthäusl Schmelzhütte auf diesen Lehen beheima- genannte Haus. Erstmalig taucht der tet waren und nach ihrer Arbeitswoche Name „Thurnhaus“ 1760 im Inventarium dorthin gingen. Die Berufe der einzelnen Prugger von Pruggheims beim Verkauf der Urbarsträger ließen sich auf Grund der Ak- Schmelzhütte an Erzbischof Siegmund von tenlage nicht eruieren, da in den wenigsten Schrattenbach auf. Auch im Grundbuch Fällen oder besser gesagt so gut wie nie Saalfelden wird dieser Name verwendet. darüber Aufzeichnungen bestehen. Ludwig Pürstl schreibt in seiner 1953 verfassten Leoganger Heimatkunde vom Eine Aufzeichnung mit Namens- und Be- „Turmhaus“. Wurde der Name der Einfach- rufsangabe fand sich in den Anlait Libellen heit halber im Volksmund so ausgespro- Saalfelden 1600 – 1617 unter Nr. 28 anno chen? Pürstl findet keine Erklärung, denn DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN

Bilder links v.o.n.u.: Haspe Durchschlag Münzenschlagen Schmelzwerk Bilder: Schwazer Bergbuch

Bergwerk Bild: Hausbuch Wolfegg (1480) Seite 47 LISELOTTE HUBER

149 Pürstl. Heimatkunde von einem Turm kann keine Rede sein, Böhmen ausgehend ganz Mitteleuropa S. 62 150 Pittioni, Richard: Das wenn das Haus auch vielleicht im Vergleich überzog und nach seinem Ende das Reich Bergbau-Altarbild in zu den anderen Holzhäusern hoch und verwüstet zurückließ. der Anna-Kapelle zu Hütten bei Leogang, – relativ früh – gemauert war.149 Im Fran- Salzburg, in: Studien zur Industrie-Archäo- ziscäischen Kataster vom 30. July 1830 Obwohl die Salzburger Fürsterzbischöfe logie VI., Wien: Verlag heißt es „Thierhaus“. Wolf Dietrich (1587 – 1612) und Markus der Österreichischen Akademie der Wissen- Sittikus (1612 – 1619) alle Aufforderungen – schaften 1978 Das Hüttwirtshaus oder die ehemalige besonders von Seiten des Bayernherzogs –, 151 Dopsch: Geschichte II./1 S. 200 Wirts Handlung könnte das älteste Ge- der katholischen Liga beizutreten, erfolg- 152 Gruber: Bergbau- geschichte S. 24 mäuer aufweisen, denn nach mündlichen reich abwehren konnten und ihr Nachfolger 153 Dopsch: Geschichte II./1 Aussagen der Besitzer schätzte Prof. Paris Graf Lodron (1619 – 1653) mit viel S. 202 Richard Pittioni anlässlich eines Besuches diplomatischem Geschick dieselbe Politik im August 1976 das Alter der Fundamente verfolgte, musste sich dieser 1620 doch auf 400 bis 500 Jahre. damit abfinden, dass seine Kreistributionen direkt in die Bundeskasse der Liga flossen. Prof. Pittioni war damals in Hütten um Diese betrugen für 1619 und 1620 zusam- Unterlagen für eine Abhandlung in der men immerhin 150.000 Gulden. 151 Reihe: „Studien zur Industrie-Archäologie VI.“, die sich mit der zum Hüttwirt gehöri- Wenn man bedenkt, dass bereits im 16. Jh. gen Anna-Kapelle – einer Knappenkapelle eine starke Teuerung eingesetzt hatte und – befasst, zu sammeln. Die Photographien die Inflationsrate pro Jahr durchschnittlich für dieses Büchlein machte der Schwager ein Prozent betrug, 152 die Einnahmen des der Besitzer des Gasthofes, Univ. Prof. Erzstiftes aus dem Salzhandel und dem Dr. Walter Siegl. 150 Bergbau rückläufig waren, so kann man verstehen, dass diese Kontributionen das So müssen wir uns vorstellen, dass zur Zeit Erzstift an die Grenzen seiner finanziellen der Übernahme durch die Rosenberger Belastbarkeit brachten. 153 die Hufschmiede (nicht zu verwechseln mit der erst später entstandenen Pucher- Paris Lodron versuchte zwar immer wie- schmiede) mit der Wirts Handlung, sowie der gegen die hohen Zahlungen an das noch ein oder zwei kleine Holzhäuser die Reich zu protestieren, konnte sich ihnen Hütte ausmachten. aber nicht entziehen und musste dem Reich neben Reitern und Fußvolk auch In den folgenden fünfzig Jahren wurden Bargeld zur Verfügung stellen. Es gelang alle für das Schmelzwerk notwendigen aber das Erzbistum während des Krie- Bauten aufgeführt, das können wir aus ges trotz mehrmaliger höchster Gefahr dem Ansuchen der Rosenbergischen von direkten Kriegseinwirkungen frei zu Creditoren um Anlaitsbewilligung bei der halten, dennoch mussten des öfteren die Hofkammer Caprun im Jahre 1640 ent- Grenzen befestigt und die Leute zu den nehmen, zu welchem Zeitpunkt die Rosen- Waffen gerufen werden. In diesen Kriegs- bergischen Gewerken die Hütte aufgaben. jahren entstand auch die Befestigungs- anlage am Pass Grießen, von der weiter Inzwischen aber war der Dreißigjährige oben die Rede war. Krieg (1618 – 1648) ausgebrochen, der von DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 48

Besonders bedrohlich war die Lage, als die Generalsteuereinnehmer. Obwohl auch der 154 Dopsch: Geschichte II./1 S. 203f. Schweden, die 1630 bei Pommern Reichs- Landesfürst, das Bistum Chiemsee, der Dom- 155 Dopsch: Geschichte II./1 gebiet betreten hatten, sich 1631 nach propst, die Klöster St. Peter und Nonnberg, S. 211ff. Süddeutschland aufmachten. Paris Lodron sowie das Domkapitel und der Ritterstand verstärkte seine Truppen und zwar wurden einen Teil zu leisten hatten, so war doch die die Landschaften und die erzstiftliche- Jä Belastung der Untertanen am drückendsten. gerschaft eingezogen. Wer weiß, ob nicht manch ein braver Leoganger oder Hüttener Allein für den Fleischaufschlag wurde in dem Ruf seines Herren folgen musste. den Jahren 1624 – 1637 durch die Steuer- einnehmer ein Betrag von 154.253 Gulden Die Schweden jedenfalls kamen nicht so eingehoben. Daneben stiegen die Preise weit, aber der bayerische Kurfürst brachte, und das Geld verlor an Wert. Die Folge war ungeachtet seiner ständigen Hacklereien eine Lebensmittelknappheit, sowie eine mit dem Erzstift, seinen Schatz und sein -Ar Verarmung und Verelendung der Bevölke- chiv, sowie seine Gemahlin, das Gnadenbild rung. Die Not war so groß, dass die Men- von Altötting und sich selbst in Sicherheit, schen Heu, Stroh und Spreu verwenden indem er mit unzähligen anderen Flüchtlin- mussten um ihren Hunger zu stillen. gen aus Bayern, Franken und Schwaben die Residenzstadt Salzburg zum Asyl wählte. In erster Linie davon betroffen war die bäuerliche Bevölkerung. Nicht nur finan- Alle Aufregung war letzten Endes – Gott sei zielle Forderungen gab es, es musste auch Dank – überflüssig, denn Gustaf Adolf von militärischer Dienst geleistet werden und Schweden „welcher ... ain sonderbares Aug zwar bis zum 60. Lebensjahr. Diese Lasten auff dise Stat und Päss gehabt“ zog wieder und die rücksichtslose Eintreibung der ab, aber leider nicht umsonst (das Erzstift Steuern durch die Gerichtsschreiber und durfte wieder zahlen).154 Gerichtsdiener führten zu immer größerer Unzufriedenheit und Unruhe und damit Bereits 1620 hatte der Erzbischof die zum Ausbruch einer Bauernrevolte, die Landstände, die seit 1592 nicht mehr ein- ihren Anfang am 19.05.1645 in Fügen im berufen worden waren, zu einem Landtag Zillertal in der Form nahm, dass die auf- zusammengerufen, um die katastrophale gebrachten Bauern in die Gerichtsstube finanzielle Lage darzulegen und gewaltige eindrangen und die Beamten misshan- Steuererhöhungen, sowie die Übernahme delten und verjagten. Auch in , aller Kosten für Befestigungen, Bewaff- Saalfelden, Taxenbach, Radstadt, Moos- nung und Sold durch die Landstände zu ham, Werfen und Windisch-Matrei kam fordern. Erst nach langwierigen Beratun- es zum Aufruhr. Erzbischof Paris Lodron gen wurden seine Forderungen in Form ging gegen die Aufrührer militärisch vor eines Landtagsrezesses angenommen. und die Bauern waren rasch in die Knie Dabei kam es auch zur Bewilligung eines gezwungen. Am 11. Juni unterwarf sich Fleischaufschlages und des Ungeldes – eine Abordnung in Mittersill. Es gab für die eines Aufschlages auf Bier und Met. Rädelsführer Haft und Zwangsarbeit, aber die Bauern hatten den Vorteil errungen Durch diese Steuern flossen zwischen 1620 bis 1647 nicht mehr zur Musterung und zu und 1650 5,357.705 Gulden in die Säckel der Übungen eingezogen zu werden. 155 Seite 49 LISELOTTE HUBER

156 Gruber: Bergbau- Den Bergleuten ging es vielleicht ein wenig So kamen die Häuser der Schmelzhütte in geschichte S. 82 157 Günther: Schauberg- besser, doch kann man sich ein Bild von andere Hände, während das Bergwerk in werk S. 16 den Größenordnungen der Belastungen Rosenbergischem Besitz blieb und nach machen, wenn man die Höhe der Preise dem Tode des Gewerken Hans Grundtner mit den Verdiensten vergleicht. Im Jah- 1676 ganz in ihre Hände überging. 157 re 1560 – 1570, also noch vor der großen Steuererhöhung aber schon nach den Die anno 1640 durch die Creditoren ver- Bauernkriegen, die die Kassen des Erz- kauften Gebäude sind in den Akten der stiftes geleert hatten, verdiente etwa ein Hofkammer Caprun aufgelistet und zeigen, Hutmann, der in der heutigen Zeit einem dass inzwischen die Anzahl der Gebäude Steiger gleichzusetzen wäre, wöchentlich beträchtlich angewachsen ist. 80 Kreuzer und ein Hilfsarbeiter zwischen 45 und 51 Kreuzer. Ein Pfund Schmalz kos- HK Caprun 1640 E: tete im begünstigten Pfennhandel (Real- Meldung vom 11.08.1640 – 01.09. er- lohn für die Bergarbeiter) 5,5 Kreuzer, ein halten - Begutachtung einiger Rosen- Pfund Rindfleisch 1,7 Kreuzer, ein Laib Brot bergischen Besitzungen im Auftrag der 3 Kreuzer, ein Pfund Unschlitt, den man zur Creditoren und „was für ein ferliehne Beleuchtung verwendete, 4,7 Kreuzer und Urbardienst auf iedweders Stückh Zu ein „Vierterl“ Wein gar 10 Kreuzer. Bis 1760 schlagen seyn mechte.“ stiegen dann die Löhne um ca 60 Prozent, Darunter: In der Leogang: die Preise waren aber um 120 bis 200 Pro- „Huetman Heißl sambt dem Arztkasten, zent geklettert. 156 so zu einem Gärtl außerlassen, Laden huetenstat, Schmitenstath und Gärtl, Man kann sich vorstellen, dass beim dama- Gsöllnstubn, Schaiderstubn und lnfang, ligen Kinderreichtum mit diesen Verdiens- Pucherheißl und Gärtl. Huthäußl oder ten eine Familie schwer zu erhalten war Arztkasten ennhalb der Achen, 2 Ab- und man braucht sich nicht zu wundern, sonderliche lnfang darbei ieden, wie- dass von den Arbeitern ein guter Teil nicht derumb ain Clains lnfangl ob dies Heißl. in der finanziellen Lage war zu heiraten. Lestens das Provianthaus bei der alten Hüten und ain Gärtl darbei.“ Wir können also mit Fug und Recht an- nehmen, dass auch im entlegenen Leo- Die Creditoren bekommen die Bewilligung gangtal die Menschen direkt und indirekt am 18.09.1640, müssen aber alles für Berg- unter den Kriegseinflüssen zu leiden werkszwecke zur Verfügung stellen. hatten. Durch die ungeheure Steuerlast, die die Untertanen des Erzstiftes zu tragen Einige dieser angeführten Häuser befinden hatten, wird es verständlich, dass auch so sich in Schwarzleo beim Bergwerk, z. B. große Gewerken wie die Rosenberger in das Pucherhäusl, andere sind Bestandteil finanzielle Schwierigkeiten gerieten, ihren der Schmelzhütte. Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten und gezwungen waren von ihrem Jedenfalls sind 1640 urkundlich nach- Besitz an ihre Creditoren, vertreten durch gewiesen: „Provianthaus und Gärtl“ Georg Grederer aus Zell und Christian Rue- (Thurnhaus), „Huetman Heißl mit Ärzt- der, zu verkaufen. (HK Caprun 1640 E) kasten, Gsöllenstubn, Schaiderstubn und DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 50

Schmitstath“ (Museum, Jägerhäusl und heutigen Tag, sie stellen einen wichtigen 158 Günther: Schauberg- werk S. 60 Pucherschmied) und „Huthäußl oder (auch Anhaltspunkt für die Chronologie des 159 Egg, Erich: Der Schwa- und) Ärztkasten ennhalb der Achen“ (Bä- Ortes dar. zer Bergbau, Innsbruck o. J. S. 175 ckerhaus), die zur Schmelzhütte zu zäh- 160 Günther: Schauberg- werk S. 44 len sind. Da die Lagebezeichnungen sehr Die Namen der Objekte ergeben sich zu- 161 Egg: Schwazer Bergbau unklar sind und vom jeweiligen Schreiber meist aus ihrer Funktion oder aus der S. 181 und von der Genauigkeit seiner Angaben Tätigkeit ihres Inhabers. So ist z.B. das abhängen, ist oft nur auf Grund der Namen Pucherhäusl das Haus, in dem der Pocher der Urbarträger zu eruieren, um welches (Pucher), ein Arbeiter des Pochwerkes Grundstück es sich handelt. wohnte. Das Pochwerk ist eine Anlage zum Zerkleinern der Erze. Der Huetman oder Es waren zu diesem Zeitpunkt demnach Hutmann war Aufsichtsführender 158 und schon alle, auch heute noch den Kern ein Ärzt(Erz)kasten war das Erzmagazin. des Dorfes bildenden Häuser vorhanden, Der Infang oder Frenger war eine Umzäu- allerdings großteils als Holzhäuser in nung für die Haltung von Haustieren. 159 Die Blockbauweise, höchstens mit Schmitstath, in diesem Falle die Arbeits- gemauerten Grundmauern. stätte des Pocherschmiedes, der für die Herstellung und Instandhaltung der Pocher, Daneben bestand noch die Wirts Handlung 8 Pfund schwere Hämmer, die mit einer mit Schmiede und ein kleines Kirchlein. Hand geschwungen werden konnten, 160 zuständig war und die Schaiderstubn war Im Bauparzellenprotokoll des Franzis­ der Ort, an dem vom Schaider oder Schei- cäischen Katasters aus dem Jahre 1830, der das Hauwerk (Gestein, das aus dem als der Betrieb der Schmelzhütte bereits Berg gehauen und in die Hütte transpor- eingestellt war und die Häuser verkauft tiert wurde) zerschlagen und somit das Erz werden sollten, wurden alle zum ersten vom tauben Gestein getrennt wurde. 161 Mal mit Hausnummern versehen und ihre Grundherrschaften erfasst. Diese Haus- Nachdem den Rosenbergischen Credito- nummern haben die Gebäude bis zum ren „in underthenigster Supplieren ob-

Angenommener Plan der Hütte um 1640

1 Thallacker, 2 Forsthofer, 3 Huethäuszl und Ärztkasten, 4 Burgsteiner, 5 Wöhrer, 6 Kasersbach, 7 Kristernhäusl 8 Hinterrainer, 9 Ladenwirthsstat und Schmittenstat 10 Huetmanheiszl u. Gsöllnstubn u. Schaidstubn, 11 Provianthaus Seite 51 LISELOTTE HUBER beschriebener Itemen gnädigst verliechen verfügte, dass „auf sein absterben komen worden“ (Pfleg Caprun - Salveldner Gericht dessen negst Hinterbliebene befreundete 1640 Nr. 12) gehen die ersten sechs Iteme Katharina Schwaigerin allein ans Urbar“ durch Kauf an Michael Hörnreiter in der (AL Saalfelden 1650 Nr. 45). Schwarzleogang (1641 Nr. 17) und die rest- lichen an Georg Ertl (1641 Nr. 18). Bei dieser Gelegenheit scheint auch zum ersten Mal die Bezeichnung „Provianthaus“ Georg Ertl war „Schmit in der Leogang“ und auf, denn bis dahin war immer die Rede hatte die Hufschmiede 1625 gemeinsam von „Heißl und Gärtl beyn Hiten“. mit seiner Ehefrau Ursula Moßhamerin durch Kauf von Georgen Höfarter erworben Grueber war aus Zell am See, denn bei der (Al Saalfelden 1625 Nr. 18). Die Schmiede Übernahme durch Katharina Schwaigerin war schon durch viele Hände gegangen, ist eine Anmerkung: „Negste verenderung doch sollen hier nicht die Namen der meist ist in Kaprunerischen Anleith libell Ao 1646 jährlich und öfter wechselnden Urbarsträ- im Saalfeldner Gericht in Nr. 15 stündig ger aufgezählt werden. Diese Chroniken und würt das Provianthaus sambt einen der einzelnen Häuser sind im Anhang an- Gärtl in der Leogang genannt.“ geführt, soweit sie nachvollziehbar waren. Die befreundete Katharina dürfte aber Es waren beileibe keine großartigen Be- nicht viel Freude mit dieser Erbschaft sitzungen, sondern “heißl mit gärtl oder gehabt haben, denn noch im selben Jahr krauthgärtl“, auch Söllhäusl oder Sölde geht das Provianthäusl weiter an Apolo- genannt, die da neu veranlaitet wurden, nia Millinger (AL 1650 Nr. 46), die Besit- das heißt, dass ein neuer Urbarträger den zer wechseln rasch und viel, bis es 1679 schuldigen Zins an den Grundherren oder in wieder in die Hände eines Georg Ertl, Sohn diesem Fall an die Gewerken zu zahlen hat- oder Enkel des Schmiedes, kommt (Urbar te. Aufgezeichnet wurden die Neueinfüh- Inner Gebirg 1666 – 1685, Vogteidienste). rungen und die meist jährlichen Zahlungen Mag sein, dass die große Anzahl von Besit- im Anlait Libell. Vielfach gingen die Urbar- zern mit der Zahlungsfähigkeit der Knap- rechte wie bei tatsächlichem Besitz an die pen zu tun hatte, denn immerhin war das Ehegatten und ehelichen Kinder über. Provianthaus der Ort, wo die Bergknappen und Hüttenarbeiter sich mit allem zum Größer waren die Einhöfe, die bäuerliche Leben Notwendigen versorgten. Vielleicht Betriebe darstellten, sicherlich auch die musste der jeweilige Inhaber wegen der Heimstätte vieler Bergarbeiter waren. Zum „vielen Außenstände“, wie man es heute Ortsgebiet von Hütten zählten: der Thalla- nennen würde, das Urbar aufgeben. ckenhof, der Forsthof, der Burgsteiner, der Wöhrer und der Hinterrainer. Diese rasche Abfolge von Besitzern geht weiter, bis auch dieses Haus mit den ande- Auch Übertragungen an andere Leute ren Hüttwerksgebäuden in die Hände der nach dem Willen des Vorbesitzers gab es, wohlhabenden Gewerken Prugger kam. wie im Falle des von Georg Ertl erworbe- nen Provianthäusls, welches er 1646 an Interessant ist, dass das ehemalige Provi- Andre Grueber weiterverkaufte und dieser anthaus später der „Hüttkrämer“ war und bis DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 52

Bilder v.o.n.u.: Riss Hammerschmiede Bilder: Schwazer Bergbuch

Bergmannssölde Seite 53 LISELOTTE HUBER in die siebziger Jahre unseres Jahrhunderts abenderliche lnfang dabey, indrumben ein einen Krämerladen beherbergte. kleines lnfangl des Heiß! 4 Item“

Das Häusl und Ärztkasten enthalb der 1690 geht das Häusl an Veith Perner und Achen hatte keine so rasche Abfolge von Katherina Hütterin, (AL 1690 Nr. 15) die Besitzern zu verzeichnen. Wahrscheinlich zunächst als letzte Privatpersonen auf- war der jeweilige Besitzer auch Angestellter scheinen, denn 1703 kauft es die amtliche der Hütte, denn an der Ache befand sich Gewerkschaft Leogang (AL 1703 Nr. 31). das Wasserrad, welches für das Gebläse des Stichofens, eines wesentlichen Be- Ob dieser Veith Perner in irgend einer Art standteiles der Schmelzhütte, notwendig mit der erwähnten Pemerischen Wirts war. So ist anzunehmen, dass der Schmel- Handlung zu tun hatte, konnte ich nicht he- zer dieses Häusl bewohnte, besonders, da rausfinden, da manche Aktenkette plötzlich sich bis Mitte vorigen Jahrhunderts der abreißt, sei es, dass das eine oder andere Name Schmelzerhäusl erhalten hatte. Auch Buch fehlt oder keine Eintragung über vor- die Reste eines Schmelzofens wurden ge- angegangene Besitzer gemacht wurden. funden, der dazugehörige Ärzt(Erz)kasten enthielt die zu schmelzenden Erze. Der gewichtigste, an der Größe des Areals gemessen, und wohl auch ansehnlichste 1640 hatte es der Schmied Georg Ertl aus Teil der Hüttengebäude ist der Komplex: dem Rosenbergischen Besitz erworben und Huetmanhäusl und Ärtzkasten mit Gsölln- 1643 an Peter Straß, einen Zeller Bürger stubn, Schaidstubn und Schmitstath, weitergegeben (AL Kaprun 1643). welcher von Hörnreiter, der es von den Rosenbergern übernommen hatte, 1652 Sein Nachfolger Georg Rieder, der es an Ruepprecht Piebmpacher und Regina seit 1651 gemeinsam mit seiner Ehefrau Freidlingerin, die mehrere Besitzungen in Barbara Prandstätterin innehatte (AL 1651 Leogang hatten und aller Wahrscheinlich- Nr. 33) vererbte seine Hälfte nach seinem keit sehr wohlhabend waren, weiterver- Tode 1665 seiner Ehefrau, die es bis 1690 kauft wird (AL 1652 Nr 34). zur Gänze besaß. (AL 1665 Nr. 52) Ob die Witwe Rieder auch die Arbeit ihres Mannes Die Familie Piebmpacher (Piempacher, übernommen hatte, von dem wir anneh- Piembacher, Pirnpacher ecc.) war eine an- men, dass er in der Hütte beschäftigt war, gesehene und weitverzweigte Familie im oder ob ein anderer Schmelzer im Hau- Saalfeldener Raum und weil sie annähernd se wohnte, kann leider nicht festgestellt 200 Jahre in Hütten ansässig war, nachdem werden, denn in den Büchern scheinen sie schon seit längerer Zeit die Tafern und nur die veranlaiteten Personen, jedoch Maierhof (jetzt Kirchenwirt), sowie die Bä- ohne Berufsbezeichnung auf, sodass man ckerei (jetzt Bäckerwirt), bei St. Leonhardt auf Mutmaßungen angewiesen ist. Jeden- innehatte, ist es ganz interessant diese falls war so etwas wie eine kleine Land- Familie näher anzuschauen. Sie gelangte wirtschaft dabei, denn die Beschreibung später auch in den Besitz der Wirths Hand- des Hauses anlässlich des Kaufes durch lung und der Schmiede in Hütten, die in Georg Rieder lautet wie folgt: „Heißl und den Urbarien als „die Schmiten, Hauß und Ärztkasten enthalb der Achen, dan zween drei Gärtl“ aufscheinen. Das Wirtshaus ist DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 54

übrigens das einzige Haus, das auch heute hört hatte. Wäre es nicht möglich, dass bei noch den alten Namen, nämlich Gast- den vielfaltigen Schreibweisen der Namen, hof „Hüttwirt“ trägt, während alle anderen die einem in den Urkunden unterkommen, Gewerbe, wie Hüttkramer, Hüttschmied und Barbara Grießerin und Salome Geißlerin Hüttwagner der Vergangenheit angehören. verwandt, oder gar Schwestern waren und die Piebmpachers durch diese Verwandt- Durch Verehelichungen und Verschwäge- schaft zu dem Besitz kamen, insbesondere rung mit der in Lofer als Bräu ansässigen da die älteste Tochter der Regina Freidlin- und ebenso begüterten und weitver- gerin auch den Namen Salome trägt. zweigten Familie Poschacher, sowie den Schwarzenböcks (Schwarzenbäck), blieb Jedenfalls kauften die Piebmpachers 1652 der Kirchenwirt und der Bäckerwirt in das Huetmanhäusl und Ärztkasten in Leogang, sowie der Hüttwirt in Hütten über Hütten. Außerdem besaßen sie noch eine zwei Jahrhunderte im Besitz der Nach- Gmachmill und diverse andere Objekte, kommen dieser Familie. die anlässlich der Erbschaft nach dem Tode der Freidlingerin genau aufgezählt Auch zwischen den Poschachers und den werden. Es hat den Anschein, als wäre es im 18. Jahrhundert in Hütten auftretenden die Ehefrau gewesen, die der wohlhaben- Prugger von Pruggheim dürften verwandt- deren Familie entstammte, denn bei einer schaftliche Beziehungen bestanden ha- ganzen Reihe von Itemen ist sie allein im ben. So heißt es in den Saalfeldener Anlait Urbar gestanden. Sie stirbt am 15.10.1657 Libellen von 1782 unter Nr. 10: „Ein Tag- und hinterläßt 12 Kinder, welche die – von werk Lands und eingeschlagene Ehblöß ihr allein innegehabten – Urbarsrechte und im bemelten Paumwald (zu Grießen) an vom gemeinsamen Besitz der Eheleute die den Wörth liegend Johann Jakob Brucker Hälfte erben. von Bruckheim verkauft an seinen Vetter Sebastian Poschacher.“ Die Abhandlung erfolgte erst im Jahre 1658 unter Nr. 44 der Anlait Libellen Saalfelden Doch bleiben wir zunächst bei den und zeigt den umfangreichen Besitz des Piebmpachers. Ruepprecht Piebmpachers Ehepaares Piebmpacher-Freidlingerin: (im Leoganger Trauungsbuch Biembacher) „Wirts Tafern in der Leogang - Rup- Vater Johann stammte aus Urslau und war precht Piebmpacher und Regina Freid- verheiratet mit Elisabeth Stöhrlin. Er starb lingerin - die Hälfte der Regina Freidlin- am 08.08.1663 in Leogang im Alter von 80 gerin kommt an ihre Kinder: Christian, Jahren als Witwer, sechs Jahre nach seiner Johannes, Hanns Georg, Hanns Jakob, Schwiegertochter Regina Freidlingerin Hanns Ruepprecht, Adam, Hanns oder Freilingerin, Tochter des Balthasar Christoph, Bärtlme, Salome, Euphrosi- Freidlinger und der Barbara Grießerin. Sie na, Regina und Rosina. wurde am 12.06.1632 in St. Leonhardt mit Tietmil, Schmitten und Saag zunächst Rueppert Piebmpacher von Vikar Nar- bei St. Leonhardt. Dann ein Haltern holtz getraut und beide übernahmen die Walcherögg oder Khirnprantlehen; Wirths Tafern bei St. Leonhardt (Urbar Huetmacherheißl sambt dem Arzt- Inner Gebirg 1606 – 1644, fol. 75), die einer kasten, so zu einem Gärtl ausgelassen. Salome Pühlerin, geborene Geißlerin ge- Ladenhitenstat, die Schmidten, die Seite 55 LISELOTTE HUBER

Gsöllstubn, die Schaitenstubn und ein weitervererbt, denn in den Trauungsbü- Infang 3 Iteme. Die Hälfte der Regina chern ist vermerkt: Jakob Piebmpacher Freidlingerin erben die Kinder.“ (pistor), Sohn des Rupert Piebmpacher ge- traut am 09.05.1719 mit Maria Puchnerin, Außerdem besaß Regina seit 1638 noch Tochter des Leonhart Pucher aus Grießen das “Mößner Lehen, darin aber ötliche und der Regina Koidlin. Stuck, so zur Tafern gehören und die Wen- zelwiese, sowie eine Alm -Ahorn Waldt Aus dieser Bäckerei, die nach und nach genannt … (Weihsteuer Raittung Liechten- mit anderen Gewerben verbunden wurde, berg Nr. 26 1654, Nr. 327, 328, 329). Diese entwickelte sich das in seiner Art ein- von ihr innegehabten Urbarsgerechtigkei- malige „Bäckenwirtshaus“ in Leogang mit ten erben ihre Kinder zur Gänze. seinen sieben Gewerbebetrieben, von dem schon weiter oben im Zusammenhang mit Der verwitwete Rupprecht heiratet dann der Vernichtung wertvollen Kulturgutes zu nochmals, und zwar am 29.10.1658 (ge- Gunsten von Neubauten und des Frem- nau 14 Tage nach Ablauf des Trauerjah- denverkehrs die Rede war. res) Barbara, Witwe des Matthias Wurmb, gewester hochfürstl. Salzb. Zöhrgarner (?). Der Bruder des Schmiedes Adam Piebmp- Rupprecht Piebmpacher hatte ja 12 Kin- acher in Hütten, Johann Jakob, heiratete der, für die gesorgt werden musste. am 11.04.1666 Maria Käpplerin, Tochter des Johann Häßler aus Glemb und der Barbara Von den Söhnen aus erster Ehe heiratet Gschwendtnerin und am 19.05.1677 als Wit- Adam am 22.11.1676 Anna Lechnerin, Toch- wer in zweiter Ehe Sabine Häußl aus Zell. ter des Joannis Lechner und der Martha Prandsteterin. Er kauft 1682 die Schmiede Dieser Johann Jakob hat 1658 gemeinsam und Wirths Handlung in Hütten (AL Saal- mit seinen Geschwistern unter anderem felden 1682 Nr. 8), die 1679 Hanns Wört- auch die Hälfte des Huetmanheißls (später ter von Georg Ertl, seit 1650 Besitzer des Forsthaus, heute Museum) in Hütten ge- Grießödgutes, gekauft hatte (AL Saalfelden erbt, und da in den nächsten Jahren drei 1679 Nr. 8). Er stirbt 1690 als Witwer im seiner Brüder sterben, bekommt er 1665 Alter von 53 Jahren. von seinem Vater und den restlichen Ge- schwistern die ganze Erbschaft der Mutter, Bereits 1686 hatte er die Schmiede an während sich der Vater seine Hälfte behält, Georg Mayerhofer und dessen Ehefrau Ca- da er noch Kinder zu versorgen hat (AL tharina Hörlin weitergegeben (AL Saalfel- Saalfelden 1665 Nr. 44, 45, 46). den 1686 Nr. 13), die ein Jahr später auch das Grießödgut von Georg Ertl erwerben. Nach dem Tode des Vaters 1667 erben Aber es blieb alles in der Verwandtschaft, seine neun Kinder, aber die Geschwister denn Catharina Hörlin, Tochter des Ja- verzichten zu Gunsten Johann Jakobs, kob Hörl und der Barbara Härttin war die der somit Alleinbesitzer der Gebäude der Schwester der Magdalena Hörlin, die am Schmelzhütte wird. Im selben Jahr über- 19.02.1691 Rupert Piebmpacher, Bäcker in nimmt er die Wirths Tafern bei St. Leon- Leogang und Sohn des Bruders von Adam, hardt (AL Saalfelden 1667 Nr. 37, 38) und geheiratet hatte. Auch die Bäckerei wurde die Bewilligung für „Pier und Prandtwein“ DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 56

von seinem Vater (Weihsteuer Raittung Regensburg am Reichstag, der ab 1663 der 162 Zauner: Chronik S. 513ff. 163 Dopsch: Geschichte II/1 1669 Nr. 366 – 371). „immerwährende“ genannt wurde, machte S. 221ff. dem Namen des Erzstiftes Salzburg alle Warum er schon im darauffolgenden Jahr Ehre, doch wurde er mit keinem Pfen- 1668 den Gebäudekomplex in Hütten an nig entlohnt und die Kosten von 180.000 Niclas Schmidt weiterverkaufte (AL Saal- Gulden mussten wieder einmal von der felden 1668 Nr.24) ist nicht ersichtlich. Landschaft getragen werden. Niclas Schmidt war der Sohn des Hanns Schmidt, der das Pucherhäusl und Gärtl Auch erkannte er die Gefahr des Vor- bey den Hüten besaß (Weihsteuer Rait- dringens der Osmanen und konnte den tung 1654 Nr. 573). Reichstag zur Bewilligung einer Türkenhilfe überreden und im Gegensatz zu so man- Es war eine Zeit des guten Bergwerksertra- chem anderen Reichsfürsten fühlte er sich ges, obwohl die politische Lage im angren- verpflichtet dem Hause Habsburg und da- zenden Österreich nach dem Westfälischen mit dem Kaiser und Reich zu helfen. Schon Frieden von 1648 nicht gerade rosig war. im Jahre 1663 warb er Soldaten, ließ die Kaiser Ferdinand III. (1637 – 1657) verfolgte Grenzen gegen Österreich besetzen und wie sein Vorgänger die Politik der Gegen- lieferte Leopold I. Munition. Er sandte dem reformation und daneben drohte aus dem Kaiser 600 Soldaten, die bei der Schlacht Südosten die immanente Türkengefahr, die von Mogersdorf 1664 unter Montecuccoli das Haus Habsburg und damit das Reich in mitkämpften. Durch diese neuerlichen ständige Kriege verwickelte und dem Nach- Kosten mussten aber die Steuern in Salz- folger Ferdinands, Leopold I. (1658 – 1705) burg um ein Drittel angehoben werden. den Beinamen „Türkenpoldl“ bescherte. Mit dem Sieg über die Türken bei der Belage- Es gab wohl unter Erzbischof Guidobald rung Wiens 1683 war der Bann gebrochen, für das Land Salzburg eine Reihe von Ver- der Mythos der Unbesiegbarkeit der Heere ordnungen, so auch gegen den Kryptopro- des Sultans widerlegt und die Eroberung testantismus, doch blieben sie, vielleicht des Balkans und damit das „Heldenzeit- bedingt durch die geringe Anwesenheit alter“ Österreichs begann. des Landesfürsten, im Erzstift ohne -be sondere Wirksamkeit .162 In Salzburg hatten es die Nachfolger der überragenden Persönlichkeit eines Pa- Neben den steigenden Steuerlasten waren ris Lodron schwer. Guidobald Graf Thun es auch Naturkatastrophen, die die Bevöl- (1654 – 1668) hatte zunächst seine liebe kerung, auch des Pinzgaues bedrückten. Not mit dem Domkapitel, überließ aber Es gab in diesen Jahren mehrmals Pes- sehr bald das Erzstift seinem Stadthalter tepedemien (1636, 1650, 1671) und 1647 und dessen Mitarbeitern und fungierte am eine große Überschwemmung, sowie 1670 Reichstag von Regensburg als Vertreter ein ausgebreitetes Erdbeben. 163 Leopolds I. im Range eines kaiserlichen Prinzipalkommissars, was bedeutete, dass Wenn man in der Schulchronik liest, dass er seit dem Jahre 1662 kaum noch in Salz- noch im 19. und 20. Jahrhundert bei Hoch- burg war. Der Dienst für den Kaiser brachte wasser alle Brücken über die Leoganger ihm die Kardinalswürde und seine Arbeit in Ache weggerissen und damit die Bevöl- Seite 57 LISELOTTE HUBER

164 Pürstl: Leogang S. 74 kerung jenseits der Ache vom Dorf abge- serhaus selbiger Orte aufrichten, und schnitten wurde, so kann man sich vorstel- darin das würthschaftliche Gewerb, len, welche Auswirkungen die Fluten im 17. ohne allen Ausnahm, auf deren gediente Jh. für die Hütte und das Bergwerk hatten; Knappen, Arbeiter und andere, mit denen denn die Schmieden und Wasserräder für man in Bergwerkssachen zu handeln hat, das Gebläse der Stichöfen lagen naturge- gegen Reichung des Umgelds zu treiben, mäß ganz nahe am Bach. Aber auch in die hingegen aber, und außer dem sollen sie Gruben drang Wasser ein und die Kosten sich von andern Hochzeiten, Todten- für die Instandsetzung verschlangen eine zehrungen, Kindstaufen, Freyschießen, ganze Menge Geld. Freytänzen und dergleichen, enthalten.“

1690 ersuchte der Saalfeldner Bürger und Die Gewerken erhielten noch eine ganze Gewerke Johann Stöckhl um Wiederauf- Reihe von Vergünstigungen, wie Bezug nahme und Fortführung des Bergbaues in von Handelswaren „außer Lands, jedoch Schwarzleo und übernahm den Gebäude- ohne einigen Betrug, Vorteil und eigenen komplex Huetmanhäußl, Gsöllnstubn ecc. Nutzen“, und Holz aus den Waldungen, die (AL Saalfelden 1690 Nr. 24). ausdrücklich für die Berg- und Schmelz- werke der Orte vorbehalten waren. Er muss bald darauf gestorben sein, denn neben den fünf Gewerken, die 1691 von Interessant an diesem Verleihbrief ist, dass Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun unter Punkt acht, der die Aufnahme von den Bergbau zu Erbrecht verliehen beka- neuen Teilhabern behandelt, den Gewerken men, finden wir auch Johann Stöckhls seel. freie Hand gelassen wird mit dem Einver- Erben. Sie bekamen das Erbrecht solange ständnis des jeweiligen Landesherren auch ihre Geschlechter katholisch blieben, das Ausländer aufzunehmen, sofern sie katho- heißt ein Übertritt zu irgendeiner anderen lisch sind. Im Falle eines Verkaufes müsse Religion, zur “Luderisch oder Calvinisch der Anteil immer zunächst dem Landesher- Sect, dem Jüdisch- oder auch Unglauben“ ren angeboten werden, dann einem ande- hätte zur Folge gehabt, dass ren Gewerken oder der „Communität“ um „alßdann sein bej berürtem Per- einen billigen Preis. Wenn aber ckhwerch habende Anthaill ohne ainige „einem Ausländer, der sonst kein Mit- refusion oder Bezahlung dem Lands- gewerk ist, ein oder mehrere Bergthailer fürsten ipso facto haimvgefahlen und erkauft wurden, daß ein Inländer, ob er sogar die Khinder, welche Cathollisch schon kein Mitgewerk ist, jedesmahl verbleiben wohlen, hiervon gänzlich den Einstand gegen einen dergleichen ausgeschlossen sein sollten.“ Ausländer haben soll.“ 164 Die Verleihungsurkunde Johann Ernsts für das Bergwerk in Leogang umfasst neun Diese Bergwerksverleihung datiert vom Punkte, wovon der oben angeführte Artikel 21.07.1691 und beinhaltet schon eine Aus- als letzter steht. ländergrundverkehrs-Verordnung, die auch bei den Berwerksgebäuden Hütten zum Unter: Tragen kam, als mehrere Objekte in den „Fünftens geschieht die gnädigste Ver- nächsten Jahren von der amtlichen Ge- willigung, daß die Gewerker ein Verwe- werkschaft Leogang gekauft wurden. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 58

Neben dem in der Verleihungsurkunde be- stand nämlich neben dem Verweserhaus, 165 Lahnsteiner: Mitterpinzgau S. 295 165 willigten neuen Veweserhaus stammt aus in unmittelbarer Nähe der Schmiede. 166 Günther: Schauberg- dem ausgehenden 18. Jahrhundert auch werk S. 24 das benachbarte „Jagahäusl“. Es ist heute Den Verkäufer des Grundes, Wolf Eder vom noch ein (im Erdgeschoß allerdings ange- Forsthof, musste allerdings die Gewerk- worfener und verputzter) Holzbau und laut schaft für „Rauchschäden“ an den Feld- Aussage des Besitzers trägt der Firstbalken früchten entschädigen. 166 die Jahreszahl 1689. Außerdem wurde bei Umbauten ein Kalender aus dem Jahre 1708 schließlich erwarb die Gewerkschaft 1692 gefunden. auch noch „Zwey Grundtstückl, Krautgärtl Johann Stöckhls seel. Erben waren drei und Grund bey dem Schmölzwerch liegent, Kinder, deren Vormünder an ihrer statt so ein Ausbruch aus einem Häußl, drey Gärtl 1693 die Liegenschaft im Hüttwerk und Schmitten“ (Weihsteuer Raittung 1709, der amtlichen Gewerkschaft Leogang Nr. 520) vom Schmied Georg Mayrhofer. übergeben (AL Saalfelden 1693 Nr. 45 und 46). Der Name des Schmiedes bringt uns wieder zur Familie Piebmpacher zurück, Diese amtliche Gewerkschaft kauft 1703 deren Verbundenheit mit Hütten durch den auch das Häusl mit Ärztkasten enthalb Verkauf der sechs Iteme des Huetman- der Achen, bei dem sich ein Schmelzofen häusls im Jahre 1668 noch nicht zu Ende befunden hat, wegen „großer Reparierung“ ist, denn der Sohn Georg Mayerhofers, um 260 fl. (AL Saalfelden 1703 Nr. 31) Joseph, holte sich seine Frau Maria aus ebenso wie: dem Geschlechte der Piebmpachers. Sie „Ein Orth Grunds mit Hernach Zehent hatte bereits 1718 das Grießödgut von den aus Wolfen Eders zu Forsthof Hof Ur- Schwiegereltern Mayerhofer gekauft und bars Inschlag bey dem Wasser der übernimmt mit ihrem Mann 1721 dessen Leo, verkaufen Wolf Eder oder Mathias Vaters Schmiede (AL Saalfelden 1721 Nr. 2). Millinger an N. u. N. der amtlichen Ge- werkschaft Leogang.“ (AL Saalfelden Im selben Jahr tritt Joseph Mayerhofer 1703 Nr. 51). auch das Erbe auf dem Hinterrainerhof an. Doch kamen er und Maria Mayerho- Auf diesem „Orth Grunds“ wurde ein fer in finanzielle Schwierigkeiten (waren „nothwendiger Röstofen“ aufgesetzt. Er die Steuern für einen so großen Besitz befand sich jenseits, das heißt südlich während des Österreichischen Erbfol- der Ache, neben dem Schmelzerhaus, das gekrieges zu hoch?) und mussten 1743 auch 1702 neu errichtet wurde, gemein- den Hof Hinterrain, und auf Drängen der sam mit einem Kohlbarm (Holzkohle), dem „gestantene(n) Pargen Hans Kreidehue- Gebläse für die Stichöfen, den zum Antrieb ber et cons.“ 1744 auch die Schmiede notwendigen Wasserrädern und anderen ihrem Sohn Georg übergeben (AL Saal- kleinen zur Schmelzhütte gehörenden Hüt- felden 1744 Nr. 16). Den Hinterrainerhof ten. Der Schmied Georg Mayerhofer war verkauft dieser bereits zwei Jahre später, sehr zufrieden mit diesem Neubau, sah er während das Grießödgut noch bis 1763 in doch für sein Haus die Brandgefahr durch den Händen Maria Mayerhofers, geborene Funkenflug gebannt. Der alte Röstofen Piebmpacher, bleibt. Seite 59 LISELOTTE HUBER

167 Pittioni: Bergbau- Die Piebmpachers waren inzwischen zu schen Gewerchen überlassen.“ Altarbild S. 235 einer wohlhabenden und angesehenen Familie geworden und werden in den Pfarr- Erst fünf Jahre zuvor, nämlich am matriken auch mit dem Attribut „Nobilis et 11.12.1708 waren die Prugger von Kai- proprius Dominesic“ versehen, ihre Ver- ser Joseph I. in den Adelsstand erhoben bindungen reichten auch in das angrenzen- worden und zwar bewilligte er dem Carl de Tirol. So heiratete am 01.10.1715 Franz Prugger Bleihandelsgewerken in Pillersee Piebmpacher Maria Agathe Margarethe in der fürstlichen Grafschaft Tirol, und Seidlin, Witwe des Joseph Seidl, Mercator seinen Erben die Führung des Prädikats in Kitzbühel, dabei fungierten als Zeugen „von Prugghaimb“. Franz und Johann Prugger - fratres germ- anis in Pruggheim in Celle, die zwei Jahre Diese Adelung erfolgte auf Grund der Ab- vorher, also 1713, die vierzehn wie folgt be- schrift einer Urkunde aus dem Jahre 1655, schriebenen Iteme in Hütten gekauft hatten: derzufolge Abraham Prugger, landesfürst- Den Grund für den Röstofen 1 Item, das Hu- licher Berg- und Schmelzwerksfaktor zu etmanhäusl und die dazugehörigen Gebäu- Schwaz und seine Erben in den Adelsstand de 7 Iteme, ein Krauthgärtl beim Schmölzo- erhoben wurden. Außerdem wurde das fen 1 Item, das Provianthäusl 1 Item und das seinen Vorfahren von Erzherzog Ferdinand Häusl und Ärztkasten 4 Iteme. 1568 verliehene Wappen verbessert. Dem Adelungsakt aus dem Jahre 1708 liegt eine Der Kauf ist eingetragen in den Anlait genaue Beschreibung des Wappens bei. 167 Libellen Saalfelden unter 1713 Nr. 24 und lautet folgendermaßen: Der Grund, warum diese Adelung so „Ain ambtliche Gewerchschaft des genau behandelt wurde, liegt darin, dass Thalles Leogang haben vorbeschriebe- dieses Wappen bei der Datierung des ne 14 Iteme im Besytz gehabt, anirzo Altarbildes der Knappenkapelle in Hütten aber dem denen aligen Herrn Prugger- eine Rolle spielt.

Die Gewerken Prugger von Pruggheim bis zur Erwerbung durch Erzbischof Sigismund Graf Schrattenbach im Jahre 1760

An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert Der Erzbischof dachte aber gar nicht regierte im Erzstift Salzburg Johann Ernst daran, sich an diese neue Kapitulation zu Graf Thun (1687 – 1709). Die ersten Jahre halten, am allerwenigsten an jene Artikel, seiner Regierung waren gekennzeichnet die die Dotationen und die Gerichtsbar- durch den Kampf gegen das Domkapitel, keit des Domkapitels betrafen, sondern welches mit seiner 1687 unterzeichneten kehrte immer mehr die Macht des Lan- und besiegelten Wahlkapitulation die desherren heraus. erzbischöfliche Macht auf ein Minimum reduzieren wollte. Johann Ernst verwei- Da es auch in anderen Bistümern des gerte jedoch die Erfüllung einiger Artikel, Reiches zur selben Zeit wegen des Kapitu- worauf 1688 eine von ihm redigierte Neu- lationswesens zu Streitereien kam und die fassung unterzeichnet wurde. von der Kurie schon mehrfach erlassenen DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 60

generellen und speziellen Verbote der Ka- fast notwendig, da die über Jahrhunder- 168 Dopsch: Geschichte II/1 S. 221 pitulationen nichts fruchteten, setzte 1695 te bestehenden Besitzansprüche und Papst lnnozenz XII. durch die Konstitution nie aufgegebenen Hoffnungen Bayerns Ecclesiae catholicae einen Schlusspunkt, auf den Erwerb Salzburgs und den Auf- indem er die Wahlkapitulationen sub poe- stieg zum Königreich (eine Hoffnung, die na nullitatis verbot. sich ein Jahrhundert später mit Hilfe des Dauerfeindes der Habsburger, Frankreich, Dennoch dauerten die Streitereien zwi- erfüllte und Bayern zum Königreich von schen Erzbischof und Domkapitel in Napoleons Gnaden und kurzzeitigen Herrn Salzburg noch bis zum Jahre 1702. Das über Salzburg werden ließ) das Erzstift in Domkapitel wandte sich sogar an Kaiser die Arme des Traditionsrivalen der Wittels- Leopold I., doch dieser hatte schon 1698 bacher drängte. die Partei des Papstes ergriffen und ver- suchte die Streitparteien zu einer fried- Dennoch war Johann Ernst auf die Beto- lichen Beilegung zu bewegen. Letztlich nung der Unabhängigkeit Salzburgs sehr siegte aber der Landesherr, denn 1702 bedacht, was auch in dem oben zitierten verwarf die Kurie den Standpunkt des Verleihungsbrief des Bergwerks in Leogang Domkapitels endgültig. von 1691 zum Ausdruck kommt.

Damit waren der Erzbischof und mit Die Gebäude der Schmelzhütte wurden ge- ihm der unbedingte Absolutismus mäß der erbischöflichen Auflage zunächst Sieger geblieben. von der amtlichen Gewerkschaft Leogang 1703 erworben, ehe sie 1713 in den Be- Inzwischen war der spanische Erbfolge- sitz der „Ausländer“ Prugger kamen, deren krieg (1701 – 1714), ausgelöst durch den Spur nach Kitzbühel führt, die allerdings kinderlosen Tod des letzten spanischen auch Verbindungen nach Trient aufweisen. Habsburgers, ausgebrochen. Außerdem waren bzw. wurden die Prug- gers mit den Poschachers, einer Loferer Nun beanspruchten sowohl Österreich als Wirtsfamilie, die später auch in Hütten das auch Frankreich auf Grund von gerecht- Wirtshaus kaufte und über diese auch mit fertigten oder vermeintlichen Erbansprü- den Piebmpachers verschwägert. chen den spanischen Thron. Nachdem Frankreich 1702 der Reichskrieg erklärt 1713 übernehmen also die Pruggerschen worden war und Bayern sich in der Hoff- Brüder Franz Antoni, Carl Joseph, Ferdi- nung auf Machtvergrößerung Frankreich nand Ulrich und Johann Sylvester die 14 angeschlossen hatte, waren nunmehr beschriebenen Iteme der Schmelzhütte, beide Nachbarn Salzburgs, Österreich und das heißt, sie kaufen sie von der amtli- Bayern, in diese Auseinandersetzungen chen Gewerkschaft Leogang (AL 1713 Nr. involviert und das Erzstift musste sich -ab 24). Da als Gewerke im Bergbau Schwarz- sichern, indem Truppen aufgestellt und die leo nur Johann Sylvester auftrat – unter Landfahne aufgeboten wurde. 168 dem die Stollen wieder große Förderleis- tungen erbrachten und gute Gewinne ab- Diese Zeit machte eine immer stärke- warfen –, zogen sich die anderen Brüder re Annäherung Salzburgs an Österreich bald auch aus dem Hüttenbesitz zurück Seite 61 LISELOTTE HUBER

169 Jäger: Schwarzleo S. 2f. und übergaben 1720 je ein Viertel der im zweiten, bzw. dem dritten Erbfolgekrieg 170 Dopsch: Geschichte II/1 S. 23 ihnen gehörenden drei Viertel der Liegen- dieses Jahrhunderts, dem Österreichischen, 171 Dürlinger: Pinzgau S. 119 schaften ihrem Bruder Johann Sylvester, wurde der Pass Grießen mit einem Kom- 172 Dopsch: Geschichte II/1 S. 231 dem Herrn Dominico Mezhi aus Trient mando versehen (HK Lichtenberg 1742 E). und Frau Rosina Elisabetha Ruedorferin, geborene Pruggerin, Witwe in Kitzbühel Hingegen hatte man in diesen Jahrzehnten (eine Schwester der Gebrüder Prugger), besonders in und mit der Knappenschaft die nunmehr als Leoganger Gewerkschaft andere Sorgen. Es waren die Zeiten selbst auftreten. Mithin hatte Johann Sylvester für wohlhabende Gewerken, wie es die mit der Hälfte der Anteile die Mehrheit der Prugger waren, nicht immer angenehm. Hütte (AL Saalfelden 1720 Nr. 9). Neben den mannigfachen Steuerbelastun- gen war es der neue Glauben, der auch im Die Erträge des Bergwerkes stiegen und Leogangertal Fuß gefasst hatte, und wenn ein dritter Schmelzofen wurde angelegt, es auch bisher ohne härteres Durchgreifen die Gebäude, sowohl Werkstätten als auch gegen den Kryptoprotestantismus abge- Häuser gut ausgerüstet und mit allem gangen war, so hatte es doch in anderen notwendigen Material, Werkzeugen und Bergwerksgebieten schon im 17. Jahrhun- Vorräten versehen. Das kann man dem In- dert unliebsame Ereignisse und Auswei- ventar beim Verkauf der Schmelzhütte an sungen von protestantischen Knappen den Erzbischof entnehmen. gegeben und zwar in der Regierungszeit Erzbischof Max Gandolfs. Im Jahre 1730 z.B. wurden 62.876 Zentner Erz gefördert und dafür eine Frone von Schon die Vorgänger Erzbischof Max Gan- 3.318 fl. bezahlt. Genauere Berichte an das dolfs von Kuenburg (1668 – 1687) hatten Verwesamt datieren aber erst nach dem sich in ihren Wahlkapitulationen unter Verkauf durch die Pruggersche Gewerk- Artikel 1 verpflichtet der Erhaltung der schaft 1761.169 katholischen Religion besonderes Augen- merk zu schenken; doch Papier war gedul- Der Spanische Erbfolgekrieg war inzwi- dig und es geschah außer dem Verbot des schen, wenn auch für Habsburg nicht mit „Auslaufens“ in fremde Länder 1563 und dem gewünschten Erfolg, zu Ende gegan- der strengen Überwachung wegen des gen. Jedoch dürfte dieses Weltgeschehen Besitzes lutherischer Bücher nicht allzu – auch wenn man diesen Krieg als den viel. 171 Ganz anders Max Gandolf. Unter ersten Weltkrieg der Neuzeit bezeichnen seiner Regierung kam es nicht nur zu könnte 170 – im Leogangertal nicht viel Be- einer Unmenge von Hexenprozessen und deutung gehabt haben, wenn man in die- Hinrichtungen sondern auch zur ersten ser vormedialen Zeit (bis zur ersten Pinz- größeren Vertreibung von Protestanten. 172 gauer Zeitung dauerte es immerhin noch über 150 Jahre) überhaupt davon Kenntnis Neben 621 Bewohnern des Defereggen- bekommen hatte. tales, die im Winter 1684/85 die Heimat verlassen mussten, da sie allen Missionie- Der Wachtposten am Pass Grießen war rungsversuchen der vom Erzbischof ent- jedenfalls besetzt, wenn auch nicht immer sandten Kapuziner widerstanden, waren es zur Zufriedenheit der Bevölkerung und erst auch Bergknappen, und zwar vom Dürrn- DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 62

berg, die sofort ohne Erlaubnis ihre Güter Pinzgau, dass „ … gar wenig Kindlein zur 173 Florey, Gerhard: Pro- testanten im Lun- verkaufen zu dürfen, ausgewiesen wurden. Empfahung des hl. Tauffs gebracht werden gau und Pinzgau. Im So mussten nach und nach sechzig bis ...“ und zieht daraus den Schluss: „Unsre Defreggental und am Halleiner Dürrnberg, in: siebzig Knappen und ihre Frauen abwan- Unterthanen laßen ire neugebornen Khin- Ausstellungskatalog zur Salzburger Landesaus- dern. Es wurde mit extremer Härte vorge- der entweder von andern Pfarrern tauffen stellung 1981 S. 80ff. gangen, nicht immer von den Pflegern, aber oder es tauffts Einer dem Andern.“ Er be- 174 Dürlinger: Pinzgau S. 142 175 Florey: Protestanten von Seiten des Erzbischofes, denn die un- fiehlt daher die Kinder binnen dreier Tage S. 78f. glücklichen Leute mussten alle Kinder unter nach der Geburt zu taufen. 174 176 Dürlinger: Pinzgau S. 119 15 Jahren zurücklassen, damit sie bei gut katholischen Pflegeeltern erzogen würden, Die Pinzgauer zogen aus diesen Ereig- sogar Geschwister wurden getrennt. nissen ihre Lehren. Nicht etwa, dass sie sich dem alten Glauben wieder zugewandt Alle Bitten und Eingaben an den Erzbi- hätten, sondern sie verstanden es durch schof um Milderung halfen nichts, auch Besuch der sonntäglichen Messe und die Verwahrung des Corpus Evangelico- der Teilnahme an Prozessionen sich als rum, der Vertretung der evangelischen Anhänger des rechten Glaubens zu prä- Reichsstände in Regensburg, der die sentieren und es gelang ihnen sogar die Einhaltung der Bestimmungen des West- Missionare zu täuschen, so dass diese fälischen Friedens, wonach den Emigran- nach Salzburg berichteten die Pinzgauer ten eine Frist von drei Jahren eingeräumt seien “ein gut katholisches, wenn auch werden müsse und sie die Kindern mit- etwas rüdes Volk“. 175 nehmen dürften, forderte, fruchtete nichts. Erst nach vielen Jahren durften die Eltern Auch den Berichten der Generalvisitatoren ihre, ihnen inzwischen teilweise fremd seit 1555 kann man entnehmen, dass das gewordenen Kinder, holen. 173 Luthertum im Pinzgau bis zum Ende des 17. Jahrhunderts immer abnehmend gewe- Diese Ereignisse werden vielfach als sen zu sein scheint und interessant dabei Vorspiel zu den tragischen Ereignissen, ist die Bemerkung, „ … daß die Bergknappen die sich ca 50 Jahre später im Erzbistum viel Schuld am Übel hatten.“ Salzburg abspielten und die auch den Pinzgau, ganz besonders das Pflegege- Der Bergrichter von Zell verzeichnet 1615 richt Saalfelden und die Leoganger aus der Knappschaft „ … 11 gefährliche Zech betrafen, angesehen. Lutheraner …“ 176

Im Pinzgau waren schon sehr bald evan- Der Nachfolger Max Gandolfs, Johann gelische Bewegungen zu bemerken, weil Ernst hatte, wie oben erwähnt, andere sich mehr Priester als anderswo dieser Sorgen und Franz Anton Graf von Harrach Lehre angeschlossen hatten und sich öf- (1709 – 1727) war ein ruhiger, vielleicht aus fentlich dazu bekannten. Die Folge waren Bequemlichkeit allen ernsten und anstren- schon im 16. Jahrhundert Hausdurchsu- genden Auseinandersetzungen aus dem chungen und Ausweisungen. Wege gehender, Landesfürst. Die Finan- zen waren geordnet und es war möglich So schreibt bereits 1553 EB Ernst von glänzende Feste und großzügige Almosen Bayern (1540 – 1554) an seine Pfarrer im zu geben. So soll auch die Bevölkerung bei Seite 63 LISELOTTE HUBER

177 Dopsch: Geschichte II/1 seinem Tode geweint und den guten Har- Am Sonntag, dem 12.08.1731 kam es in der S. 256 177 178 Lahnsteiner: rachzeiten nachgetrauert haben. Leoganger Kirche zu einer Auflehnung und Mitterpinzgau S. 301 am 15. August (Maria Himmelfahrt) erzähl- Die ruhigen Zeiten für die Protestanten, te der ledige Bergknappe Adam Hasenauer oder besser gesagt Kryptoprotestanten, auf dem Rainerfeld des Bartlmä Hayer sollten ein jähes Ende nehmen, denn der (Hoier), wo die protestantisch Gesinnten als Übergangsbischof gedachte Landes- zusammengekommen waren, was der fürst Leopold Anton Eleutherius Freiherr Vikar in der Kirche über die Mutter Gottes von Firmian regierte siebzehn Jahre von gesagt habe und sie widerlegten es ge- 1727 bis 1744. Da die Domherren sich auf meinsam und lasen aus protestantischen keinen Kandidaten einigen konnten, wähl- Büchern und wiesen die katholische te man den vermeintlich schwerkranken Lehre zurück. Firmian und dieser nahm im Gegensatz zu seinen Vorgängern die Erhaltung des Im Laufe des Sommers verschärfte sich katholischen Glaubens auf seinem Terri- die Lage immer mehr, die Evangelischen torium sehr ernst und es kam zu der – von wurden immer übermütiger und drohten ihm zunächst sicherlich nicht gewoll- sogar den Katholischen, sie sollten sich ten – großen Emigration. Nachdem sich jetzt noch bekehren, denn „zu Martini wird durch die vergebliche Missionierung der, kein Herr mehr leben“. gegen die Salzburger Tradition von Leopold Anton 1728 aus Bayern ins Land geholten „Auch in Saalfelden“ schreibt Judas Thad- Jesuiten (er selbst war in Rom Schüler däus Zauner „sind im August viele Bauern der Jesuiten gewesen), nichts änderte unter Anführung eines gewissen Hoiers in und sich die Lage durch die Hoffnung der das Haus des Dechants von Saalfelden, Lutheraner auf die Hilfe des Corpus Evan- Grafen von Gaisruck, mit großem Lärm ge- gelorum, sowie die falsche Einschätzung kommen. Als sie vor dem Dechant standen, ihrer Rechte, immer mehr zuspitzte, kam nahm Hoier das Wort und erklärte, dass es schließlich am 31.10.1731 zur Abfassung die Bewohner der ganzen Gegend von des Emigrationspatentes. Saalfelden und Leogang dem Augsburgi- schen Glaubensbekenntnisse zugethan Es würde den Rahmen dieser Arbeit spren- wären. Sie entsagen sohin dem catho- gen, wollte man die ganzen innen- und lischen Catechismus und allen Bruder- außenpolitischen Vorspiele, die berechtig- schaften; sie achten weder Messe noch ten oder nur inszenierten Befürchtungen Ablässe und glauben an kein Fegefeuer.“ 178 des Landesfürsten vor einer Rebellion, hier anführen, dazu gibt es eine ganze Reihe Es kam darauf zu harten Wortwechseln von einschlägiger Literatur. und sogar zu Tätlichkeiten, wobei der eine der Hoierbrüder den anderen abhielt einen Zunächst waren es die Pongauer Pfleg- „Gesalbten des Herrn“ anzurühren. gerichte, die den Anlass zur Sorge gaben, doch auch im Pinzgau wagten es nun die Der Dechant sagte bei einer Predigt „er Protestanten offen aufzutreten und sich sey nun nicht mehr ihr Hirt und sie nicht zum „rechten Glauben“, wie sie es formu- mehr seine Schafe“, was die evangelisch lierten, zu bekennen. Gesinnten sehr erzürnte, „sie verachteten DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 64

die catholischen Priester, waren aber sehr Nach der Erlassung des Emigrationspaten- 179 Zauner: Chronik. 10. Bd. S. 145 aufgebracht, wenn man sie von den Sacra- tes mussten binnen acht Tagen alle Besitz- 180 Pichler: Landes- menten oder Ceremonien ausschloss.“ 179 losen auswandern, die Besitzenden hatten geschichte S. 541f. 181 Dopsch: Geschichte II/1 nur drei Monate Zeit, eine der Bestimmun- S. 272 Im September desselben Jahres gingen gen des Westfälischen Friedens, die jedem zwei Dekrete an den Pfleger von Saalfelden, Auswanderungswilligen drei Jahre zum die Rädelsführer zu verhaften. Während der Verkauf ihres Hab und Gutes zusichern, wi- Abendstunden des 28. September wurde dersprechende Härte, die ohne allen Zweifel das zweite Dekret von einem Boten des zu Kritik Anlass gibt und vielleicht als Aus- Erzbischofes überbracht und es wurden mit druck der Angst und Unsicherheit Leopold Hilfe von Soldaten 33 Hauptaufwiegler in Antons gewertet werden könnte. Bis zu das Pflegschloss zur Haft gebracht. einem bestimmten Alter sollten die Kinder bei katholischen Pflegeeltern zurückgelas- Kaum hatte man von der Verhaftung -er sen werden. In diesem Punkte steckte die fahren, so beriet man, was zu tun sei um Salzburger Regierung nach dem Einspruch die 33 gewaltsam zu befreien und soll des „Corpus Evangelicorum“ zurück. 181 man „gegen den Erzbischof allgemein die Waffen zu ergreifen im Sinn gehabt haben.“ Auch aus Leogang musste eine ganze Man wollte auch die vier über die Salzach Reihe von Anhängern des Luthertums führenden Brücken abtragen und drei- auswandern, und zwar waren es am ßig Bauern hätten mit derjenigen bei St. 15.01.1732 etwa 43 Knechte von 18 bis Johann im Pongau den Anfang gemacht, 50 Jahren und am 2. Mai und 23. Juni wenn sie nicht das wachsame Militär dar- zogen die Besitzenden ab. an gehindert hätte. Dass es trotz der oben erwähnten Rück- Da es mit den Brücken nicht ging, be- nahme der Bestimmung in Bezug auf die schloss man in Leogang sich Saalfeldens Mitnahme der Kinder immer wieder zu zu bemächtigen. Die Wagrainer wiederum Härten kam, zeigt folgender von Lahn- drohten, nicht nach Hause gehen zu wol- steiner beschriebene Fall: len, ehe die 33 Anführer frei seien. 180 „Simon Lederer, Tödlingbauer, mußte 1732 Ganz anders hört sich die Vorgeschichte auswandern, weil er das katholische zur Protestantenausweisung an, wenn man Glaubensbekenntnis verweigerte. Da aber das im Jahre 1939 veröffentlichte Buch seine Frau bettlägerig war, wurde ihm ein von Hermann Gollub zu Rate ziehen möch- dreijähriger Aufschub gewährt. Als seine te, denn er kann sich nicht genugtun die Frau gestorben war, wurde er abgescho- Hinterlist des Erzbischofes und die Schlau- ben. Nun legte er den katholischen Glau- heit seines Kanzlers zu betonen und wie ben vollends ab. Seine 4 Kinder im Alter friedliebend und demütig die „Glaubens- von 7 bis 14 Jahren blieben zurück und märtyrer“ gewesen seien. So muss man wurden von seiner Schwester Magdalena eben jede nicht dokumentarisch fundierte betreut, die den Haushalt führte. 1736 kam Geschichtsschreibung aus ihrer Zeit heraus er von Augsburg zurück, wollte sein Lehen, sehen und dementsprechend mit Vorsicht das schon vorher mit 1800 fl. ganz über- genießen und von allen Seiten beleuchten. schuldet war, verkaufen und die Kinder Seite 65 LISELOTTE HUBER

182 Lahnsteiner: mit sich nehmen. Aber alle Kinder wehrten Da im Hüttwerk nur Knappen angestellt Mitterpinzgau S. 303f. 183 ebenda S. 302ff. sich aufs äußerste, mit dem Vater zu gehen waren, deren Namen nicht bekannt sind, 184 Dürlinger: und protestantisch zu werden.“182 kann man schwer nachvollziehen, wer von Pinzgau S. 124 185 Günther: Schauberg- ihnen von der Auswanderung betroffen werk S. 14 Es ist in diesem Falle wahrscheinlich, war. Namentlich bekannt sind nur Ruep dass der Mann ohne Ehefrau und in miss- Eder und Anna Pfeffer vom Forsthof und lichen finanziellen Verhältnissen aus Peter Rieder und Anna Hayer vom Thalla- freien Stücken seine Kinder zurückließ, ckenhof. Beide Höfe gehören zum jetzigen dennoch empfindet man noch heute, ob- Ortsgebiet von Hütten. Ruep Eder nahm wohl sovieles Dramatisches in unserer Zeit ein Kind, einen Knecht und ein Ross mit. Er geschehen ist, noch immer geschieht und hatte für seinen Hof 200 fl. bekommen und wahrscheinlich immer geschehen wird, die ging nach Pillupönen in Ostpreußen. Tragödie dieser armen Menschen nach. Peter Rieder vom Thallackenhof nahm sein Es waren dreiunddreißig Bauern, die mit Weib, ein Kind, acht Dienstboten, ein Ross Weib und Kindern, sowie teilweise mit und 105 fl. mit auf die Reise in die unge- Gesinde und Vieh abzogen, darunter auch wisse Zukunft nach Kaimlau. Barthlmä Hoiers oder Hayers Eheweib, Magdalena Riedelsberger, mit fünf Kindern Die Anzahl der angesessenen Auswan- und zwei Dienstboten. Ihr Mann war schon derer aus diesem Gebiet war nicht sehr früher nach Wilhelmsberg in Ostpreußen groß, so dürfte sich die Emigration auf die ausgewandert. 183 wirtschaftliche Situation nicht allzusehr ausgewirkt haben. Dürlinger meint dazu: Barthlmä war einer der beiden Hoierbrüder, „Der große Verlust an Menschen und Geld die als Anführer der Leoganger Protes- war anfangs freilich empfindlich; bald aber tanten fungierten und auch von Zauner in beides ersetzt; Geld war nicht lange nach seiner Chronik erwähnt werden. der Emigration in dem Maße vorhanden, dass die bisher beständigen 5 Procente von Ein Nachkomme der Gebrüder Hoier hat ausgeliehenen Kapitalien auf 4, später noch 1992 anlässlich der Eröffnung des Berg- tiefer fielen.“ 184 baumuseums in Hütten, das auch eine Hoyerstube beherbergt, ein sehr schö- Im Bereich des Bergbaues dürfte die Situa- nes, versöhnliches Gebet verfasst. Er hat tion anders gewesen sein, denn sicherlich sich außerdem um die Einrichtung die- war es eine ganz stattliche Zahl an Knap- ser Stube sehr verdient gemacht und im pen und Hüttenarbeitern, die das Land Sommer 1994 waren Nachkommen der verlassen hatten und der Bergbau erlitt ausgewanderten Leoganger Protestanten dadurch starke Einbußen. Im Jahre 1744 aus den neuen deutschen Bundeslän- z. B. lieferten die Stollen im Schwarzleotal dern kommend, in Hütten zu einer Be- nur 1.488 Zentner Erze. 185 sprechung mit den Gemeindevertretern zusammengetroffen. Angeblich wollen sie Dennoch, der Staat brauchte, wie immer, demnächst in dem Ort, den ihre Vorfahren Geld und so wurde 1735 von den Land- vor mehr als 260 Jahren verlassen haben, ständen eine Fenstersteuer in Vorschlag ein Treffen veranstalten. gebracht und zwar für ein Fenster in der DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 66

Stadt 12, auf dem Lande 6 und für ein Stall- beschlossene Sache war, mit Böhmen, 186 Salzburg Chronik S. 144 187 Dopsch: Geschichte II/1 oder anderes Fenster 3 Kreuzer, aber diese Oberösterreich, Tirol und den Vorlanden der S. 272 Steuer lehnte der Landesfürst ab. Man Löwenanteil an Bayern gefallen. Damit war blieb bei der Herdsteuer und der Geträn- das Erzstift wieder einmal zwischen die kesteuer. 1742 wurde eine Kopfsteuer für Fronten geraten und es versuchte sich aufs jene, die sonst keine Steuer zahlen Neue durch eine Neutralitätspolitik aus dem mussten, eingeführt. 186 Konflikt herauszuhalten, was nicht immer gelang. Der Erzbischof ließ die Pässe stärker Im Jahre 1740, in dem Johann Sylvester besetzen und befestigen, doch war es un- Prugger, der Gewerke und Besitzer des möglich, das flache Land zu schützen, daher Bergwerks und der Hütte Schwarzleo wurde es auch des öfteren von bayerischen, starb, bestieg in Österreich Maria Theresia aber auch von österreichischen Truppen den Thron. Und trotz der vielen Opfer und bedroht und besetzt. Besonders die Stadt Zugeständnisse, die ihr Vater Karl VI. an die hatte an diesen Kriegseinwirkungen schwer Reichsfürsten und europäischen Monar- zu tragen. Es kam zu Verwüstungen und chen gemacht hatte, um die Anerkennung Plünderungen und damit verbundenem der Pragmatischen Sanktion zu erreichen wirtschaftlichen Rückschritt und finan- und damit die Nachfolge seiner Tochter, ziellen Schwierigkeiten, die sich auf alle dem ersten weiblichen Herrscher in Öster- Untertanen, auch die im Gebirge, die vom reich, zu sichern, begann um die Erbschaft direkten Kontakt mit dem Kriegsgeschehen ein Kampf der europäischen Mächte. Wie- verschont geblieben waren, in Form von der einmal schien ein gewaltiger Happen, Steuern und Abgaben auswirkten. 187 nämlich die Österreichischen Erblande, Böhmen, Mähren und Ungarn, leicht zu ha- Auf das Bergwerk Schwarzleo dürften ben zu sein. Jeder der Landesfürsten, die diese Ereignisse zunächst noch keine über die junge Habsburgerin herfielen und Auswirkungen gehabt haben, die Erträge die noch einige Jahre zuvor Versprechen waren noch gut. Nach dem Tode Sylvester abgegeben und Verzichtsurkunden unter- Pruggers und seiner Frau Maria Elisabeth schrieben hatten (alles nicht ohne dafür Landschnaiterin im Jahre 1740 erbten einen Vorteil zu erlangen), entdeckte plötz- es mit allen 14 Liegenschaften der Hütte lich irgendwelche verwandtschaftlichen die acht Kinder Johann Jakob Thaddäus, Beziehungen zu den Habsburgern, die ihm Carl Joseph Thaddäus, Antonj Benedict, „gesetzlichen“ Anspruch auf diese Länder Johann Cajetan, Thaddäus Franciscus bescheinigte. So entbrannte der „Österrei- Thimotäus, Maria Lucia, Maria Elisabetha chische Erbfolgekrieg“ 1741 – 1748. Rosina und Maria Barbara Margaretha (AL Saalfelden 1740 Nr. 29 – 33), nachdem ihr In diesem durch Friedrich II. von Preußen Vater noch zu Lebzeiten von Dominicus ausgelösten Krieg, war Bayern mit von der Menshi und Rosina Rudorferin je ein Viertel Partie und zwar, wie nicht anders zu er- käuflich erworben hatte und somit Allein- warten, auf seiten der Feinde Österreichs, inhaber war. Mit Genehmigung 1745 Nr. wie schon so oft vorher und auch nachher 95 – 99 erhielten die Erben die Erlaubnis als Verbündeter Frankreichs. Immerhin nur noch alle zwölf Jahre veranlaiten zu wäre nach der Aufteilung der habsburgi- müssen. 1748 übernimmt der älteste der schen Gebiete, die für die Angreifer bereits Geschwister, Johann Jabob Thaddäus, den Seite 67 LISELOTTE HUBER

188 Jäger: Schwarzleo S. 3 inzwischen auf 17 Iteme angewachsenen Hoheitsrechte). 189 Dürlinger: Pinzgau S. 15ff. Besitz zur Gänze (AL Saalfelden 1748 Nr. 59 – 71) und erwirbt acht Jahre später noch Dennoch kaufte am 13.03.1761 (Kaufver- die Schmitten, Haus und drei Gärtl (Urbare trag datiert vom 28.07.1760) Erzbischof Saalfelden 1310 folio 765), womit der ganze Siegmund von Schrattenbach, der ein eif- Hüttwerkskomplex in seinen Händen war. riger Förderer des Salzburger Bergwesens war, das Bergwerk Schwarzleo und die Doch nach einigen Jahren machten sich Hütte um 16.000 Gulden von Johann Jakob auch hier die Folgen der Emigration und Prugger von Pruggheim. 188 der dauernden Kriege bemerkbar. Das Bergwerk war nicht mehr ergiebig genug Es war dies nicht das erste, eher das letzte und zwölf Jahre nach der Übernahme Bergwerk, das vom Erzstift erworben durch Johann Jakob verkaufte er es mit- wurde, denn bereits im Jahre 1618 zog EB samt der Hütte an das Erzstift, das finan- Markus Sittikus einige Anteile ausgewan- ziell nicht in der besten Lage war. derter Gewerken am Bergwerk Rauris an sich und 1633 kaufte EB Paris Graf Lodron Nun war der Erbfolgekrieg seit einigen von „augspurgischen“ Gewerken die Berg- Jahren beendet, doch in seiner Folge und Hüttenwerke Brennthal-Mühlbach. war der siebenjährige Krieg 1756 – 1763 zwischen Preußen und Österreich aus- 1654 hatte EB Guidobald Graf von Thun gebrochen und auch das Erzstift musste von Johann Jakob Jud die Berg- und seinen Beitrag an Geldern an Maria The- Hüttenwerke Dienten um 15.000 Gulden resia abliefern. Daneben gab es wieder erworben und 1655 war auch das „hohe einmal Schwierigkeiten mit dem Nach- Goldbergwerk am Tauem“ zur f. e. Kammer barn Bayern (es ging wieder, wie könnte gekommen. 189 es anders sein, um das Salz und um die

Johann Jakob Prugger von Pruggheim 1798 Quelle: Urban Norbert DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 68

Vom Ankauf durch das Erzstift 1760 bis zur Auflösung der 190 Dopsch: Geschichte II/1 S. 306ff. Schmelzhütte im Jahre 1825 und ihrer Versteigerung 1833 191 Dopsch: Geschichte II/1 S. 314f. Erzbischof Siegmund Christoph Graf Schrat- verhindert und erst Jahre später wurde der tenbach regierte das Erzstift von 1753 – Durchbruch durch den Mönchsberg in Form 1771. Er war der vorletzte regierende Erzbi- eines Tunnels vollendet. 1766 wurde dieses schof. Unter seinem Nachfolger Hieronymus „St. Siegmunds-Tor“, nach dem Namenspa- Graf Colloredo ereilte das Erzstift Salzburg tron des Landesfürsten benannt, eröffnet. das Schicksal aller geistlichen Fürstentümer Die Statue dieses Heiligen ziert das Portal im Reich, es wurde säkularisiert. des Tunnels auf der Riedenburger Seite. Damals schon fand dieser Name keinen Erzbischof Siegmund stammte aus der Eingang in den Sprachgebrauch der Be- Steiermark, war also wie die meisten der völkerung, 191 sondern wurde dieser Durch- Salzburger Erzbischöfe der Neuzeit ein gang, wie auch noch üblich, als „Neutor“, Österreicher. Er neigte dazu alles religiös zu bezeichnet. Auch die vom Tunnel stadtaus- motivieren und erhielt daher das Attribut, wärts führende Straße heißt Neutorstraße. „der fromme Erzbischof“. Natürlich wurde seine allseits bekannte Frömmigkeit auch Der auf der Stadtseite dem Neutor vor- weidlich von Heuchlern ausgenützt, den- gelagerte Platz war sehr wohl Generatio- noch sind ihr auch eine ganze Reihe von nen von Salzburgern als Siegmundsplatz Kirchenbauten zu verdanken, so auch eine vertraut. Unserer Generation blieb es neue Knappenkapelle in Hütten. Auch die vorbehalten, gerade im Mozartjahr 1991 Mariensäule auf dem Domplatz in Salzburg den Namen jenes Landesfürsten, der auch wurde während der Regierungszeit Erz- im Leben Mozarts von Bedeutung war, zu bischof Siegmunds aufgestellt und 1771 streichen und den Platz ohne Befragung eingeweiht, sie verdeutlicht die Marienver- der Bewohner dieser Stadt in „Herbert von ehrung des Fürsten. Seine Liebe zu Kindern Karajan Platz“ umzubenennen. Obwohl in führte zur Gründung zweier Waisenhäuser Österreich sogar Mitgliedern der Dynastie, in Salzburg. Seine Sittengesetze jedoch, die die unser Land immerhin 640 Jahre lang aus dieser seiner frommen Einstellung re- regiert hat, das Tragen von Adelsprädika- sultierten und schon zu seiner Zeit als rück- ten verboten ist, bekam dieser Platz einen schrittlich empfunden wurden, trafen bei adeligen Namen. Gehört Salzburg am Ende der Bevölkerung auf wenig Verständnis. 190 doch noch nicht so ganz zu Österreich und ist es ... unmittelbar, oder sind solche Von großer, bis in unsere Tage wirkender Handlungsweisen bei uns deshalb mög- Bedeutung aber war sein Entschluss trotz lich, weil Karajan, nach Aussage seiner finanziell angespannter Lage im Siebenjäh- Witwe, obwohl in Salzburg geboren, ein rigen Krieg, die Mittel für das bereits mehr Ausländer war? Warum aber dann die als achtzig Jahre zuvor begonnene Vorha- Umbenennung des Platzes? ben, den Mönchsberg zu durchschneiden, im Jahre 1759 zur Verfügung zu stellen. 1756, drei Jahre nach dem Regierungs- Dieser Plan wurde, aus heutiger Sicht Gott antritt Siegmunds von Schrattenbach, sei Dank, durch den Einspruch der Land- wurde in Salzburg Wolfgang Amadeus schaft als Eigentümerin des Mönchsberges Mozart geboren, von dessen Genie noch Seite 69 LISELOTTE HUBER

192 Ritschl, Karl Heinz: Salz- heute die Stadt zehrt und dessen Namen bung neuer Steuern. Auf Anregung seines burg, Anmut und Macht. Wien – Hamburg: Paul sie viele ihrer Besucher zu verdanken hat. Domdekans Graf Zeil geschah dies in Form Zsolnay 1970 Das Verdienst dieses Erzbischofes, der einer Bier- und Weinakzise, eine außeror- 193 Dopsch: Geschichte II/1 S. 313f. Arbeitgeber von Vater Mozart war, ist, dass dentliche Getränkesteuer, die den Neben- 194 Günther: Schauberg- werk S. 17 er zum Unterschied von seinem Nachfolger effekt der Steigerung der heimischen Bier- tolerierte, dass der Vater mit dem hochbe- produktion mit sich brachte, da das Bier gabten Kinde sehr häufig auf Auslandsrei- geringer besteuert war, als der importierte sen war und so, nach Ansicht des Vaters, Wein. Daneben wurde noch zeitweilig eine dem jungen Genie alle Möglichkeiten für Häuser- und Kopfsteuer ausgeschrieben die Zukunft eröffnete. Ob es für die -Ge und ab 1754 war das Postregal nicht mehr sundheit und die Entwicklung Mozarts von verpachtet worden. Dennoch konnten die Vorteil war, ist eine andere Frage. Schrat- Schulden nicht amortisiert werden.193 tenbach ernannte Wolfgang Mozart mit 10 Jahren zum Konzertmeister und gab ihm Ob diese Steuern mit dem Verkauf des 600 Gulden für seine Reise nach Italien. Bergwerkes und der Hütte in Leogang, die Ein schöneres Denkmal konnte sich der unter den Pruggerschen Gewerken einen Fürst nicht setzen. 192 Aufschwung genommen hatten, in Zu- sammenhang stehen oder ob es familiäre Mit dem Tode des Erzbischofes 1771 war oder erbrechtliche Gründe waren, ist nicht diese Freiheit vorbei, Mozart hatte mit dem zu belegen. Immerhin wären finanzielle nachfolgenden Landesherren Graf Collore- Ursachen denkbar, denn die Gewerken do viele Schwierigkeiten, die dazu führten, behielten ihre Bergwerke am Pillersee in dass er Salzburg verließ und nach Wien Tirol und erhielten die Erlaubnis, die dort zog, wo er auch starb. gewonnenen Bleierze weiterhin in Hütten verarbeiten zu dürfen. 194 Trotz der prekä- Erzbischof Siegmund hat dem jungen Mo- ren finanziellen Lage brachte die Hofkam- zart immerhin fünfzehn Jahre freie Entfal- mer die 16.000 Gulden zum Ankauf des tung mit seinem Vater ohne Dienstzwang gesamten Bestandes auf und so wurde der ermöglicht, wäre es da zuviel verlangt ei- Kaufvertrag für das Bergwerk Schwarz- nen Platz nach ihm benannt zu belassen? leo und die Hütte Leogang mit 28.07.1760 Und spricht es nicht von wenig Zartgefühl datiert. Das „Geheime Archiv XXIX Nr.42 ihn gerade im Jahre des zweihundertsten 1/2“ beinhaltet das Inventarium und die Todestages Mozarts umzubenennen? Erz- genaue Auflistung aller vorhandenen bischof Siegmund pflegte überhaupt mit Objekte und Gegenstände. Da es ein sehr dem Gelde sorglos umzugehen. Aus dieser umfangreiches Dokument ist, soll es hier schlampigen Handhabung der Finanzen nur auszugsweise angeführt werden, teils resultierte seine Großzügigkeit in Gelddin- um der interessanten, teils um der kurio- gen, denn die Lage des Erzstiftes war alles sen Dinge willen. andere als rosig und zwang den Fürsten, zur Tilgung der übernommenen Schul- Außerdem gibt uns dieses Inventarium den, sowie zur Abdeckung der Unkosten einen guten Einblick in die Lebensverhält- des Salzburger Kontigents an Truppen für nisse der damaligen Zeit, da die Gegen- den Siebenjährigen Krieg und anderen stände des täglichen Gebrauchs und die Belastungen, bereits 1757 zur Ausschrei- Werkzeuge, die in den Gebäuden der Hütte DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 70 vorhanden waren, angeführt werden. Die 2 gemauerten Rösthütten, samt „1760 Hauptinventarium. Bey den ge- vier Laim und 2 Holzhütten. Die Zimmer werkschaftlich- Pruggerischen Silber Stuben samt der Hütten; Das Probier- und Kupfer Bergwerks Handel in der gaden; Ein Achtzeit Grund hinter der Leogang, so von 9. bis 10. Juny in Ge- Schmelzhütten, so ein Ausbruch aus genwarth des Hochfürstl.- Salzburgi- dem Rainer Gutt; Ein Häusl 3 Gärten, schen Bergauptmanns und des Ge- und Landschmitten, bey der Hütten; werkherrns Johann Jakob Prugger von Das Verweserhaus samt ein Würzgärtl; Pruggheim, dann des Berg- und Hütten- Das Schmelzer Häusl, samt ein Grund- verwalters allda Ferdinand Härls, auch stückl, bey 2 ½ Tag Bau; Das Thurn der Hochfürstl. Bergwerks Practicanten Häusl, samt Treid Kästen, dann ein an der Lend Johann Georgen Auers, und Garten und Stallung. Johann Martin Härls, verricht worden. Alles zusammen 7.185 fl. Vorrath an mehrley gebrauchten Arbeit Es folgt die genaue Aufstellung, u. a.: Zeug in der Rösthütten (Hämmer, Hauer, Vorrath an Erzt- auch anderen ge- Pickel, Schaufel, …) schmelzten Zeugen am Berg ... bey der Vorrath bey der Land und Berg Schmit- Schmelzhütten ten (Blasbalg, Ambos, Hämmer) Vorrath an Pfennwert-Handels Waaren Vorrath bey der Zimmer Stuben und Hüt- (Korn, Weizen) ten (Hobel, Hammer, Schnitzer, Saagen) Vorrath an Zeug-Handels Waaren (Ker- Vorrath beym Handels Kohlwerk Nihil zen, Schmier, Unschlitt, Pulver, Nägel) Vorrath an Holzwaaren beyder Zimmer- Vorrath an Hauß Fahrnussen hütten, beyder Berg Saag. in der Leogang: Vorrath an Kohl und Brennholz Nihil Im Verweserhaus in der Schreibstuben: Vorrath an Kohl und Praschen Große Tafel die Siben Zufluchten; Kruzi- Vorrath an verbliebenen Schulden Nihil fix; Neue Tafel Maria Hilf, mit schwarz Vorrath an Caßa Vorstand Nihil gebaister Ram; deto den Verlohrenen Sohn; dto mit vergoldeten Rämeln; Alle Vorräte in den einzelnen Gebäuden Einer Schlag Uhr samt den Wecker; und Lagerräumen werden genau angege- lange Schreib Tafel; Rothes Täferl mit ben. fol. 28: 1 Schubladen; Roth Lederner Sessel; Vorrath an Häußern und Werkgaden, auch Zinnernes Weihbrunn Krügel; Weiß Grundstückel und Gärten in der Leogang. Erdenes deto; Zinnernes Salz Vässl; Lainstul; Grüner Vorhang, Schreib In der Schwarzen Leogang ... Kasten, Gewanth Kasten ecc. Bey dem Hüttwerk Die Schmelzhütten, worinnen 3 In Praager Stübel: Schmelzofen, ein Kupfer Gruben, 4 Bar Bethstatt darauf 1 Stro- und 1 Fleyern Hölzern Blas Bälg, 8 Flosserne Aug Sak, 1 dto Polster, 1 Bar Leylack und 1 Schawatten (?), ein Seiger Ofen mit 8 Golther; 1 Weißer Tisch aus Garten Holz; Eisernen Blatten, samt Kohl Barm und 2 Lainstürl, 1 Weißes Brod Kästel mit bedürftigen Erzt-Kasten, Gstub-Pocher, Schloß und Band; 3 Bilder mit schwarz auch Treibhütten. gebaisten Ramen. Seite 71 LISELOTTE HUBER

Oben in der Kammer: Vorrath in der alten Aschenstuben 1 Grosse Truhen mit 4 Kästen; 1 dop- pelter Gewanth Kasten mit Schloß und Jedes einzelne Objekt mit den darinnen Band, darinnen 3 Zwilchen Tisch Tü- befindlichen Gegenständen wird sorgfaltig cher, 3 Grädliche Hand Tücher, 3 Tisch beschrieben, ebenso wie der gesamte Salfeder, wobey 2 ziemlich schlecht, Bestand „beym Berg-Bau und Berg-Hauß 2 lange Stürl, 1 Bar neue Leinwercher in der Schwarzen Leogang“ sowie „beym Leylacher; 1 zwilchenes und 1 grädli- Poch- und Waschwerk“. ches Tisch Tuch; 2 Kupferne deto. Auf Seite 60 erfolgt dann der Abschluss: In der dunklen Kamer: Summa Summarum aller Vorbeschri- 2 Bethstatt ohne Beth-Zeug benen Vorräth, so in Gold betreffen …18.844 Gulden 49 In der Wohnstuben: Kaufvertrag vom 28. July 1760 um 16.000 Tisch, Vorbank, alt grüner Kasten ecc. Salzburger Gulden von Johann Jakob Prugger von Prugheim (von meinem Vater In Speiß Gewölb (Fleischstock, Mehl weyland Johann Sylvester erblich ange- Trucherl, Schüsseln, Fässer ecc.) fallenes Berg- und Hüttenwerch)“

In Milch Gewölb (Milch Stöz, Bachtrog, Endgültig ging das Werk dann am 13.März Kraut Stözel ecc.) 1761, an welchem Tage die 16.000 Gulden bezahlt wurden, in den Besitz des Erzstiftes In der Kuchel (Kästel, Brathspiß, Drey- und somit in den des Landes Salzburg über fuss, Bratständerl, Wasser Hafern ecc.) und verblieb bis zu seiner Auflassung und Versteigerung im Jahre 1825 bzw. 1833. In Keller (Brandwein Vässl, Brandwein Gläser, Hölzerne Bierpütschen ecc.) Mit dem Besitzerwechsel trat auch ein neu- er Aufschwung im Bergbau und besonders In S. V. Stall (Wägel mit allen Zugehör, 2 im Hüttenbetrieb ein, denn es wurden auch Mist Gappeln, Garten Hindl, Erze vom Bergbau Limberg und Klucken bei Waschpotting ecc. Zell am See verhüttet, da diese Bergbaue auch in den Händen des Erzstiftes waren. In Schmitt Hauß (Im Vorhaus, In der Kuchel, oben in der Stuben-Kammer, In Seit der Übernahme liegt uns eine Reihe der Knecht-Kammer) von Berichten des Verwesamtes an die Hof- kammer vor, so wurden im Jahre 1761 von In Thurn Häußl (In der Wohnstuben, In der Hütte 54,16 Zentner Kupfer im Werte der Kammer, In der Kuchl) von 1899,09 Gulden an die Haupthand- lung in Salzburg geliefert und 1762 waren Vorrath in Treid-Kasten und Speiß La- es 141,35 Zentner Kupfer und 31,26 Zentner den (Eisen, Nägel, Latern, Zeller Mezen, Kobalt, wobei Kobalt zur Herstellung von Salfeldener Mezen, Vorhangschlösser, Blaufarben besonders geschätzt war. u. a. Metallenes Glöggel zur Bettstund Leuthen) DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 72

1766 waren es bereits 218,77 Zentner Gar- Auf dem Altarblatt sind neben der Imma- 195 Jäger: Schwarzleo S. 3 196 Dürlinger: kupfer und 24,42 Zentner Schwarzkupfer, kulata als Mittelfigur noch weitere sechs Pinzgau S. 237 die sich aus den in Hütten verschmolzenen Heilige dargestellt, die mit den nach ihnen 197 Martin, Franz: Die Denk- male des politischen Erzen ergaben. 195 benannten Stollen in Schwarzleo in Bezie- Bezirkes Zell am See, in: Österreichische Kunst- hung:stehen: rechts die heilige Barbara, topographie XXV (1934), In seinen letzten Lebensjahren ließ Erz- die Schutzpratronin der Bergleute, und S. 115 198 Pittioni: Bergbau-Altar bischof Siegmund in der Hütte eine neue links neben der Immakulata eine weib- S. 234 Knappenkapelle anstelle des alten Kirch- liche Heiligenfigur, über die in der Literatur 199 ebenda S. 230 200 Dehio-Handbuch: Die leins bauen, da sie aber nicht vollendet der Kunstgeschichte Uneinigkeit herrscht. Kunstdenkmäler Öster- reichs: Salzburg Stadt und nicht ausgestattet war, konnten keine Während Prof. Pittioni sie einwandfrei als und Land, Wien: Verlag Messen gelesen werden. 196 Erst im Jahre heilige Anna mit dem Buche bezeichnet Anton Schroll und Co. 1986 S. 175 1896 wurde die Messlizenz erteilt. 197 und dabei darauf hinweist, dass die von Franz Martin in der Öst. Kunsttopogr. XXV Der später eingebaute Bergaltar stellt eine (1934) 115 angegebene Identifikation als hl. Seltenheit dar, denn so weit bekannt, gibt Margareta falsch sei, 199 wird sie im Dehio es nur drei Altäre dieser Art und zwar den Salzburg und bei Josef Lahnsteiner als hei- Bergaltar von Annaberg im Erzgebirge aus lige Katharina beschrieben, 200 doch dürf- dem Jahre 1521, den Wolfgangaltar in der ten wirklich beide Annahmen falsch sein, Begräbniskapelle zu Buchholz in Mittel- denn es sind weder das Rad der heiligen deutschland aus dem Jahre 1510 und den Katharina, noch der Drachen der heiligen 1514 entstandenen Flügelaltar aus der Margareta auf dem Bild zu finden. Kirche von Flitschl bei Tarvis. 198

St. Anna-Kapelle in Hütten Bild: Norbert Urban Seite 73 LISELOTTE HUBER

201 Pittioni: In der unteren Bildhälfte sind der heilige fürsten Salzburgs, Erzbischof Hieronymus Bergbaualtar S 236 202 Pürstl: Sebastian, der heilige Nepomuk, der heilige Graf Colloredo (1771 – 1803), arbeiteten das Heimatkunde S. 49 Daniel und der heilige Florian dargestellt, Bergwerk und die Hütte noch ertragreich, 203 Gruber: Bergbau- geschichte S. 18 der ein brennendes Haus löscht, das zu ei- obwohl im Jahre 1793 über die Sprödigkeit 204 Jäger: Schwarzleo S. 5 205 Hübner: Erzstift S. 614 ner Bergbaulandschaft gehört, deren Häu- des Leoganger Kupfers geklagt wurde. ser als Häuser der Schmelzhütte identifi- zierbar sind. Dieses Bild wurde also bereits Daraufhin tauchte ein Inspektions-Kom- für das erste Kirchiein der Schmelzhütte missär, Bergrat Caspar Melchior Balthasar in Auftrag gegeben. Wer der Auftraggeber Schroll, auf. Er kümmerte sich zunächst um war, sagt uns das Wappen, das am unteren das Bergwerk, später auch um die Hütte Rand dargestellt ist. Es ist das Wappen der und konnte durch verschiedene Rationali- Familie Prugger von Pruggheim. 201 sierungen eine Verbesserung erreichen, 204 sodass im Jahre 1797 gegen 80 Leute im Im Rundbogen der Apsis befindet sich als gesamten Bergbetrieb beschäftigt waren Relief das Wappen des Erbauers, Erzbischof und im Durchschnitt jährlich zwischen Siegmund von Schrattenbach, auf einem 250 und 300 Zentner, der Zentner für 54 anderen Bogen die Inschrift „Erbaut 1770“. fl., nach Salzburg in die Haupthandlung geschickt wurden. Die Hütte war auf vier Die Kapelle gehört zum Gasthof Hüttwirt. Sie Stichöfen und einen Garherd zur Kupfer- wurde im Jahre 1899, 1954 und zuletzt 1983 gewinnung angewachsen. 205 renoviert und von Erzbischof Dr. Karl Berg neu geweiht. Sie ist der hl. Anna geweiht. Ein Genau in diesem Jahr wurde beim Frieden Bild dieser Heiligen mit der kleinen Maria von Campo Formido das Schicksal des und dem hl. Joachim stand früher auf dem Erzstiftes zunächst durch einen Geheim- Tabernakel, wurde aber bei der letzten Re- artikel, sechs Jahre später endgültig infol- novierung an der Südwand platziert. ge des Reichsdeputationshauptschlusses von Regensburg vom 25. Februar 1803, be- Im Glockenturm befindet sich derzeit nur siegelt. Es geriet für die nächsten dreizehn noch eine Glocke, da auch diese Kapelle, Jahre in den Strudel der Wirren, die ganz wie die Kirche in Leogang ihre Glocken bis Europa durch die Napoleonischen Krie- auf diese eine in den beiden Weltkriegen ge erfasst hatten, und musste in diesen für das Vaterland opferte. Als Leogang Jahren fünfmal einen Regierungswechsel 1949 neue Glocken erhielt, ging die akzeptieren. Graf Colloredo hatte bereits Hüttkapelle leer aus. 202 im Jahre 1800 das Land verlassen und nun lösten sich die Franzosen, Österreicher Nach dem Ankauf des Bergwerks und der und Bayern in der Verwaltung und Regie- Hütte durch den Erzbischof nahm der Betrieb rung Salzburgs ab, wobei keiner das Land kurzzeitig wieder einen Aufschwung, so dass und die Stadt verließ ohne Geld und Gut im Jahre 1765 am Nöckelberg auf Anregung mitzunehmen, solange noch etwas mitzu- des Berghauptmannes Lürzer von Zehental nehmen war. Die vielen unterschiedlichen eine Knappenstube errichtet wurde. 203 Besatzungen und Durchzüge der Truppen hatten schließlich das Land, vornehmlich Auch unter dem Nachfolger Erzbischof Sieg- die Stadt, den Flach- und den Tennengau, munds, dem letzten geistlichen Landes- vollkommen ausgelaugt. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 74

Obwohl im Gebirge die Situation etwas 1810 - 1816 zu einer gewissen Beruhigung, 206 Dürlinger: Pinzgau S. 70 207 Dopsch: Geschichte II/2 besser war, hatten die Befreiungskriege obwohl die Bayern mit ihren Verwaltung- S. 588ff. der Jahre 1809 und 1810 gegen Franzosen reformen und den vielen bayerischen 208 ebenda S. 595ff. 209 Dopsch: Geschichte II/2 und Bayern, während denen besonders im Beamten, die ins Land kamen, auch nicht S. 517ff. Pongau, aber auch auf den Pinzgauer Päs- gerade die Herzen der Salzburger gewin- sen Gefechte stattfanden, doch negative nen konnten. 208 Auswirkungen auf die Bevölkerung. Auch hier verspürte man die Lebensmittelver- Wenn auch der Widerstand nicht so kämp- knappung und die Teuerung empfindlich. ferisch war wie in Tirol (man hatte sich mit der Zeit an den ständigen Wechsel ge- Noch vor wenigen Jahren, in der Zeit von wöhnt und eine gewisse Gleichgültigkeit 1740 – 1790 sprach man von einem „golde- hatte Platz gegriffen), so wurde es doch mit nen Zeitalter“ für das Erzstift, wenigstens Erleichterung aufgenommen, als endlich für die Pinzgauer Bauern. am 14.04.1816 die Unterschriften unter den „Ihren damaligen Wohlstand zu ermes- Münchner Vertrag gesetzt wurden und Salz- sen, denke man nur an die Ausstattun- burg endgültig zu Österreich kam, das heißt, gen ‚weichender Kinder‘ von größern das was von diesem Land, das auf eine über Bauernhäusern. Nicht nur erhielten tausendjährige Selbständigkeit zurück- die Töchter schwere Tausende zum blicken konnte, übrigblieb, denn durch den Heirathsgut; sondern es wurden auch Münchner Vertrag ging unter anderem der den nachgebornen Söhnen manchmal Rupertiwinkel an Bayern verloren. Anwesen gekauft von kaum geringerem Werth als das heimathliche Gut, wäh- Dieser Verlust der Landgerichte Waging, rend dem Nachfolger des Vaters auf die- Tittmoning und Laufen, soweit sie am lin- sem nur Brauchs halber einige Schulden ken Ufer von Salzach und Saalach lagen, dictirt wurden. Keine Periode der fe. Re- bedeutete, dass diese beiden Flüsse, die gierung, obgleich der ‚Krumstab‘ unserm gut tausend Jahre ihren Lauf durch salz- Gau in der Regel immer wohlthuend war, burgisches Gebiet genommen hatten, zum läßt sich mit dieser vergleichen.“ Teil für immer zur Westgrenze Österreichs wurden. Den Preis für die Beseitigung der Die „alles über und unter kehrenden fran- Jahrhunderte währenden Rivalität zwi- zösischen Kriege“ 206 machten dem allen schen Habsburg und Wittelsbach hatte ein Ende. zweifelsfrei das Erzstift zu bezahlen, nicht nur mit Landabtretungen, sondern Zunächst erhielt Salzburg nochmals seine auch durch den Verlust wertvoller Kultur- Selbständigkeit, als es nämlich von 1803- güter und Archivarien, die buchstäblich 1805 unter Erzherzog Ferdinand von Tos- in letzter Minute noch nach München cana zum Kurfürstentum wurde. Doch war wanderten. Politisch war Salzburg zur die Zeit zu kurz um auch nur ansatzweise Bedeutungslosigkeit herabgesunken, eine Ordnung der Verwaltung und Finan- wenngleich es nominell ein Herzogtum zen zu ermöglichen. 207 Nach einem kurzen war, so hatte es doch nur ein Kreisamt, Zwischenspiel unter Österreich von 1806 – das der Landesregierung von Ober- 1809 und unter französischer Verwaltung österreich unterstellt war. 209 von 1809 – 1810 kam es erst unter Bayern Seite 75 LISELOTTE HUBER

Dieser Kreis mit einem Kreishauptmann Obwohl Kronprinz Ludwig „im blindem an der Spitze umfasste nur das heutige Eifer alle Botschaftstüren einlief um sein Land Salzburg. Das Ziller- und Brixental, Recht zu behaupten“, wurde nach langem sowie Windisch-Matrei kamen zu Tirol Hin und Her am 14.04.1816 der Münchner und das Inn- und Hausruckviertel fielen Vertrag unterzeichnet, und das ehemalige an Oberösterreich. Dabei bedeutete diese Erzstift Salzburg kam ohne Tittmoning, Lösung wenigstens noch das Weiterbeste- Waging, Teisendorf und Laufen an Öster- hen Salzburgs, nachdem anfangs schon reich. Beinahe wäre es noch zu kriegeri- die totale Zerstückelung gedroht hatte, da schen Aueinandersetzungen zwischen den der bayrische Kronprinz Ludwig seinen beiden jahrhundertealten Rivalen um den Sitz in Salzburg um keinen Preis aufgeben ewigen Zankapfel Salzburg gekommen. wollte, hatte er doch erst im Jahre 1813 von seinem Vater, König Max, den Unters- Aus diesem Münchner Vertrag resultiert berg samt Fürstenbrunner Marmorstein- auch die, allerdings erst 1829 abgeschlos- brüchen, sowie das grundherrschaftliche sene, Salinenkonvention, wonach Öster- Obereigentum über 134 Großgmainer reich das Salzbergwerk am Dürnberg bis Grundholden geschenkt bekommen. Kein zu 1500 m auf bayerisches Gebiet vor- Wunder also, dass er versuchte durch den treiben darf. Als Ausgleich dafür erhielt bayerischen Vertreter beim Wiener Kon- Bayern etwa zwei Drittel der bisher ge- gress, Feldmarschall Fürst Wrede, wenigs- nutzten Saalforste als steuer- und ab- tens die Stadt Salzburg, sowie Hallein und gabenfreies Grundeigentum „für ewige Berchtesgaden zu retten. Sogar Fürst Met- Zeiten“. Ein Großteil der Wälder im Leo- ternich wäre, um die Freundschaft Bayerns gangertal untersteht daher noch heute der als Gegengewicht zu Preußen zu sichern, bayerischen Forstverwaltung, doch wurde mit einem Plan einverstanden gewesen, am 25.05.1957 ein neuerlicher Vertrag nach dem nur der Pongau und der Lungau, zwischen Bayern und Österreich ab- sowie Teile des Pinzgaues an Österreich geschlossen der die Nutzung der Wälder gefallen wären. Nach diesem Plan wäre Zell durch den bayerischen Staat auf weitere am See Grenzstadt gegen Bayern gewesen. 99 Jahre vorsieht und vom damaligen Ös- Der restliche Mitterpinzgau, also das Saal- terreichischen Außenminister Leopold Figl feldener Becken, das Leogangtal und das und dem damaligen Ministerpräsidenten Loferer Becken wären an Bayern gefallen. von Bayern Wilhelm Hoegner unterzeich- net ist. Im Übrigen ist der Vertrag aus dem Nach der Unterbrechung des Wiener Jahre 1829 der älteste in Europa noch Kongresses durch die 100tägige Rückkehr gültige Staatsvertrag. Napoleons bestand Kaiser Franz erneut auf der Erwerbung ganz Salzburgs bis zur Am 22.04.1816 unterzeichnete Kaiser Grenze an Saalach und Salzach. Er ging Franz I. von Österreich das Besitzergrei- sogar soweit, seinen Staatskanzler, des- fungspatent und am 1. Mai fand die feier- sen deutsche Ambitionen er nicht teilte, liche Übergabe statt. Damit wurde Salz- in einem demütigenden Schreiben Mitte burg ein Teil der Habsburgermonarchie Oktober 1815 vor die Wahl zu stellen, Salz- und konnte auf eine geordnete Zeit hoffen, burg für Österreich zu sichern oder seinen obwohl aus dem, vordem an Kunst- und Abschied zu nehmen. Kulturschätzen reichen Land, ein aus- DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 76

geplündertes geworden war. Noch zwei tion von Linz aus im Jahre 1860 erhielt das 210 Dopsch: Geschichte II/2 S. 669 Monate zuvor hatte die völlige Auslöschung Kronland Salzburg durch das Februarpatent 211 Dopsch: Geschichte II/2 Salzburgs gedroht, als am 5. Februar 1816 1861 seine Landesautonomie. 211 S. 674 in einem kaiserlichen Handschreiben die Aufteilung des Landes zwischen Oberös- In der Hütte Leogang merkte man wahr- terreich, Tirol und der Steiermark empfoh- scheinlich von all diesen Dingen nicht len worden war; am 12. März sprach sich allzu viel. Der Berg- und Hüttenbetrieb eine Sitzung der vereinigten Hofkanzlei ging ohnehin schlecht und neigte sich dezidiert gegen diesen Vorschlag aus und seinem Aus entgegen. die Entscheidung fiel durch kaiserlichen Beschluß vom 24.03.1816 wonach „das Aus den Händen des Erzstiftes gingen die Herzogthum Salzburg der Regierung zu Betriebe in den Besitz des Landes, das Linz“ untergeordnet wurde. heißt des jeweiligen Landesherren, über. Ob dieser in Salzburg, München oder Wien saß, Das Land blieb von 1816 bis 1850 der 5. war in den Augen der Hüttenarbeiter und Kreis der Provinz „Oberösterreich und Salz- Bauern ziemlich gleich. Weit weg war für burg“, obwohl bereits beim ersten Aufent- sie jede dieser Städte. Und der Landesherr? halt Kaiser Franz’I. in Salzburg am 07.06.1816 Das war früher der Erzbischof, dann eben eine Landesdeputation an ihn herantrat der Großherzog, der König, Napoleon oder und um eine eigene Landesregierung, einen zuletzt der Kaiser. Wer weiß, ob die Kunde Bischof, die Residenz eines kaiserlichen von den schnellen Regierungswechseln Prinzen und die Entsumpfung des Pinzgau- überhaupt bis in die Gebirgstäler drang. er Moores, sowie die Wiedererrichtung der Landschaft und der Universität bat. In der bayerischen Zeit erreichte der Ins- pektionskommissär Matthias Mielichhofer, Einzig die Fragen des Bistums und der 1812 dieses Amt von Caspar Sehroll des Domkapitels wurden zur Zufrieden- übernommen hatte, durch Rationalisie- heit gelöst und zwar 1823 beziehungs- rungsmaßnahmen eine kurze Blüte der weise 1825. 210 Berg- und Hüttenbetriebe, indem er den Personalstand bis zum Jahre 1819 auf 30 Das Versprechen der Errichtung der Salz- Mann reduzierte, wobei in den Gruben 21 burger Landschaft und damit die Herstel- bis 23 Mann und in der Hütte 7 bis 9 Mann lung der Autonomie des Landes Salzburg beschäftigt waren, dennoch sank die Be- wurde aber von Kaiser Franz, der 1835 legschaft wegen Absatzschwierigkeiten als starb, nicht mehr eingelöst, obwohl es Auswirkung der Napoleonischen Kriege bis nicht an Petitionen von Seiten Salzburgs, zum Jahre 1823 auf 18 Mann in der Grube die allerdings in der Linzer Landesregie- und 5 Mann in der Hütte herab. rung harte Gegner fanden, mangelte. Noch im Jahre 1816 mit 48 Mann Be- Erst in der Folge der 1848er Revolution legschaft versuchte Mielichhofer durch gelang es auch diese Bemühungen durch- Ermahnung der Hutleute, auf den Arbeits- zusetzen und am 01.01.1850 nahm die neue fleiß der Knappen zu achten und die Erze Landesbehörde ihre Tätigkeit auf. Nach und Schliche genau auf ihren Gehalt an einer kurzfristigen neuerlichen Administra- Blei und Silber oder Kupfer und Silber zu Seite 77 LISELOTTE HUBER

212 Jäger: Schwarzleo S. 7ff. untersuchen, den Bergbau effizienter zu ten aufopferungsvoll bis zur letzten Minute

gestalten, doch waren die Ausgaben für wahrnahm, wurde der Betrieb in der Hütte Reparaturen an Werk- und Wohngebäu- am 20.06.1825 eingestellt und sie verfiel den so groß (der Wind hatte den Kamin am der Liquidierung, blieb aber Eigentum des Bleischmelzofen umgeworfen, das Gerinne Staates, d. h. des k. k. Aerars. des Schwarzleobaches musste reguliert werden, das große Wasserrad am Poch- Das Bergwerk arbeitete zunächst noch werk bedurfte der Ausbesserung, das Ge- weiter, doch bedingt durch die ungünsti- wölbe der Werkskapelle war brüchig und gen geologischen Gegebenheiten (weiche, das Gerinne des Waschwerkes defekt), wasserundurchlässige Phyllite), kam es dass Mielichhofer bald einsah, dass der immer wieder zu Schäden und nach einem Betrieb nicht mehr zu halten war. Wassereinbruch stellte man im Jahre 1828 auch den Betrieb im Tiefbau des Bergbaues Am 18.03.1818 forderte die k. k. Hofkammer Schwarzleo ein, nachdem bereits 1775 die in Wien dass: Baue Vogelhalte und 1812 der Bau Nöckel- „diejenigen Werksbetriebe, welche berg aufgelassen worden waren. keine erfreuliche Aussichten für die Zukunft geben, schon jetzt zu entledi- 1831 wurde der Bergbau gänzlich eingestellt. gen gesucht werden sollen, wozu auch das Silber-, Blei- und Kupferbergwerk Das Hüttenwerk wurde vom k. k. Bergver- in Leogang gehört“. walter Leopold Kregl und dessen Ad- latus Amtsschreiber Matthäus Ebner am Es wurde eine Liste der arbeitsfähigen 20.06.1825 mit Aktiva von 2.911,22 fl. (zum Bergarbeiter angefordert. Mielichhofer größten Teil auf dem Papier) und Passiva versuchte es nochmals mit Einschrän- von 1.962,32 fl., übernommen. kungsmaßnahmen, er schloss einen drei- jährigen Vertrag mit den Fuhrleuten, die Am 24.12.1833 fand die Versteigerung den Transport der Erze bewerkstelligten, der Inventarialgegenstände der Hütte zu einem Fixpreis ab (denn anders als in statt. Die Betriebsmaterialien wurden von Dienten, wo werkseigene Fuhrwerke ein- mehreren Hüttenämtern, besonders von gesetzt waren, mussten in Leogang die Mühlbach und Pillersee, um den Preis Fuhrleute bezahlt werden) und achtete von 516 fl. 45 1/4 kr. erstanden. Metalle, darauf, dass die Arbeiter rationell einge- Wagen, Werkzeuge etc. wurden auf dem setzt wurden. Seine Maßnahmen zeitigten Lizitationsweg an verschiedene Ämter der zunächst auch geringe Erfolge, doch in Umgebung und an Private abgegeben. Der einem Bericht aus dem Jahre 1821 finden Erlös hieraus betrug 303 fl. 21 kr. wir eine Bemerkung über „ein allfalsiges Die Protokolle sind vom k. k. Berg- und Aufhören des hiesigen Werksbetriebes“. Hüttenamt Lend gezeichnet.212

In den nächsten zwei Jahren konnte der Betrieb einfach nicht mehr rentabel ge- führt werden und obwohl Mielichhofer bis zuletzt mit vollem Einsatz um den Erhalt des Bergwerkes kämpfte und seine Pflich- DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 78

DAS DORF HÜTTEN

Ökonomische und soziale Voraussetzungen für den kontinuierlichen Übergang von derSchmelzhütte zum Dorf

Das Dorf Hütten um 1920 Quelle: Wirthmiller

Der Bergbau war jener Wirtschaftszweig, Überganges der Gebäude aus den Hän- der in der Jahrhunderte währenden Zeit den des Aerars in private. Außerdem war der Unabhängigkeit des Erzstiftes des- die Anlage in ihren Ausmaßen bescheiden sen Reichtum ausmachte. Salzburg war und von mehreren Bauernhöfen umgeben. reich an kleinen Erzlagerstätten. Nach der Somit war eine kontunuierliche Wohn- endgültigen Angliederung an Österreich bevölkerung, die von der Landwirtschaft im Jahre 1816, als das Land politisch zur lebte, vorhanden. Bedeutungslosigkeit abgesunken, zwar nominell ein Herzogtum, verwaltungsmä- Das Schicksal, das andere Salzburger ßig aber ein Kreis des Herzogtums Oberös- Bergwerke in den fünfziger und sechziger terreich geworden war, begann das Aus für Jahren ereilte, nämlich der Verfall zu Berg- die meisten Salzburger Bergwerke. werksruinen, blieb Hütten dadurch erspart.

Österreich war nach zwei verlorenen Krie- Zum Beispiel wurde das noch wenige gen hoffnungslos verschuldet und finan- Jahre zuvor modernisierte Flachauer Werk ziell nicht in der Lage, diese wenig ertrag- nach seiner Schließung 1866 zum Indust- reichen Betriebe weiter zu halten. riefriedhof und Dienten erging es ähnlich. 1864 wurde dort der Hochofen ausgebla- Für den Hüttenbetrieb im Leogangtal war sen und fünfzehn Jahre später waren es sicherlich ein Vorteil, dass die Lager- „mindestens ein Drittel der Häuser des stätten in Schwarzleo ab der Jahrhundert- ganzen Dorfes Ruinen, die Wasser- wende sukzessive an Bedeutung verloren leitungen zerbrochen und verfallen, und die Liquidierung voraussehbar und versandet und ohne Wasser ..., die bereits in den zwanziger Jahren vollzogen Ruine eines Hochofens ragte aus einem war. Es bot sich so die Gelegenheit eines Steinhaufen hervor und die ausge- Seite 79 LISELOTTE HUBER

213 Dopsch: Geschichte II/2 dehnten Werksgebäude waren teils nur Forsthof, Burgstein und Wöhrer. Alle vier S. 940 214 ebenda mehr als Mauertrümmer vorhanden, Höfe, die die Hausnummern Hütten 1, 2, 4 215 Hübner: Erzstift S. 605 teils in Heustadel verwandelt. Im Ort und 5 tragen, existieren auch heute noch, war es still und ruhig, es war ein Bild doch sind aus den Holzhäusern in Block- des Verfalles, ein trauriger Anblick.“ 213 bauweise stattliche Anwesen mit Zu- und Anbauten geworden. Ähnlich erging es den Kupferabbaugebieten in Hüttau, in St. Johann-Bürgstein und im Jenseits der Ache lagen die Häuser der Großarltal. Selbst das Walz- und Hammer- Schmelzhütte, auf einem Gebiet, das von werk Ebenau, welches 1870 gemeinsam mit der Ache bis zum Fuße der bewaldeten dem Berg-, Hütten- und Hammerwerk Wer- Vorberge der Leoganger Steinberge reichte. fen von der Salzburg-Tiroler Montanwerks- Auf dem von den Schmelzhüttengebäuden Gesellschaft erworben wurde, entging nicht ansteigenden Gelände liegt der fünfte zu dem Schicksal der Stillegung und sofort“ist Hütten gehörende Hof, das Rainergut, in der Gemeinde Ebenau eine grenzenlose ehemals Hinterreiner. Verarmung eingetreten.“ 214 Durch die Anordnung der Gebäude der Um die vollkommen anders verlaufene Schmelzhütte auf engem Raum, sowie das Entwicklung Hüttens zu veranschaulichen Vorhandensein einer Kapelle, eines Wirts- und den kontinuierlichen Übergang vom hauses, mehrerer Handwerker und einer Schmelzwerk zur Dorfgemeinschaft zu Schule, die noch unter der Bergwerksaera demonstrieren, ist es notwendig sich die ihren Anfang nahm, waren alle Vorausset- Geschichte und Besitzabfolge der einzel- zungen für den Übergang in eine dörfliche nen Häuser anzusehen. Gemeinschaft gegeben.

Von der Ausdehnung her gesehen bildet Die Schule war notwendig geworden, da einen wesentlichen Teil des heutigen bereits um die Jahrhundertwende eine Ortsgebietes Hütten die ehemalige Rotte größere Anzahl Kinder der Bergwerksan- Forsthof. Sie war eine der acht Rotten der gehörigen einen Unterricht besucht haben Hinterleoganger Zeche im Pflegegericht dürfte. Es musste eine Lösung gefunden Lichtenberg. Diese Rotten werden, denn: „begreifen in sich 385 Viertellehen, „Das Schulgebäude befand sich im worunter aber die sogenannten RUH- Dorfe Leogang.in der Nähe der Kirche. GASSINGER mit ihren 4 ½ Viertelle- Nun ist aber diese von der Mündung hen, und die DIENTNER mit 10 kleinen des Schwarzleobaches in den Grieße- Bauernlehen und 13 solchen Zulehen nerbach fünf Kilometer entfernt. Dazu nicht enthalten sind, weil erstere den kommt noch, daß nicht wenige der Galgen zu bauen und zu unterhalten Schulkinder ihr Heimathaus unweit haben, und letztere eine eigene gemei- der Werksgebäude im Schwarzleo- ne Anlage führen, die sie auf die Berg- tale hatten. Ein solcher Tag für Tag zu gräser austheilen“ 215 unternehmender ein bis zwei Stun- den dauernder Marsch zur und von Auf der Rotte Forsthof gab es schon um der Schule ist für ein Kind schon in das Jahr 1600 vier Lehenshöfe: Thallacken, den Sommermonaten eine gewaltige DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 80

Leistung. Unter solchen Umständen Zur Zeit der Unterbringung der Schule 216 Jäger: Schwarzleo S. 14f. 217 Pürstl: Heimatkunde erklärte sich die Werksleitung bereit, in im Christernhäusl wurde der Unterricht S. 93 der Nähe der Mündung des Schwarz- wahrscheinlich im Wohnraum des Hauses leobaches in den Grießenbach in der erteilt, doch wurde der Platz für die stei- Ortschaft Hütten für die 40 bis 50 gende Schülerzahl bald zu eng und als am Kinder, welche die Schule regelmäßig 29.08.1847 das Häuschen anlässlich eines zu besuchen hatten, eine Nebenschule Hochwassers des Hinterrettenbaches zu errichten. Die Kosten der Errichtung bis zum ersten Stock verschüttet wurde, dieser Schule wurden auf 34 fl. be- beschloss die Gemeinde den Bau eines rechnet. 24 fl. wollte die Werksleitung eigenen Schulgebäudes im „Ortszentrum“ springen lassen, die noch fehlenden von Hütten. 10 fl. sollte die Bruderlade decken.“ Bei dieser Hochwasserkatastrophe wurde Die Bruderlade war eine soziale Einrich- auch die Fahrstraße von annähernd fünf tung für wohltätige Zwecke. Sie rekrutierte Meter hohen Geröllmassen bedeckt und sich aus Widmungen der hochfürstlichen ein Holzstall des Rainerbauern sowie das Kammer und aus Beiträgen des Berg- und Grießödgut, welches ein ansehnliches, Hüttenpersonals. Bei der Liquidierung des östlich des Baches gelegenes und seit Bergwerkes betrug das Vermögen der Bru- 1769 im Besitz der Familie Eder, Rainer- derlade Schwarzleo 10.625 fl..216 bauer, befindliches Gut gewesen war, zer- stört. Das Haus wurde nicht mehr aufge- Die Schule wurde 1819 im Christern- oder baut, die Felder dem Rainergut einverleibt. Kristernhäusl eingerichtet. Es trägt die Damit ging die Geschichte eines Hauses, Hausnummer Hütten 7 und wird in den US die man bis 1528 zurückverfolgen kann (in 1310, fol. 878 so beschrieben: jenem Jahre scheint Ägid Oed als Lehens- „Ein Häusl das Häuslhäusl genannt in träger auf) zu Ende. 217 der Leogang innerhalb der Schmelz- hütte ... auf der landesfürstl. Berg in Das Christernhäusl blieb aber trotz der Leogang, welch alles mit hochlöbl. k. k. Hochwasserkatastrophe weiterhin bewohnt Hofkammer Entschließung dto Wien und steht noch heute, doch bildet der ehe- am 22.12.1821 eine jährl. Stift von 18 RK malige erste Stock jetzt das Erdgeschoß. ewige Zehendbefreiung und Abrechnung des 5 p. o. Landomniums bey Verän- 1829 erbte es die Witwe Ursula Häusl, die es derungsfällen zu Erbrecht verliehen am 14.03.1837 an ihre Tochter Margarethe, worden ist. Kristian Häusl Bergknap- verehelichte Kogler, weitergab. Schon im pe in Leogang durch Verleihung vom Jahr darauf starb sie und das Haus ging am 22.12.1821.“ 19.04.1849 an die Kinder Johann, Ursula, Maria, Bartlmä, Georg, Leonhard und Josef Bereits in den UIG der Jahre 1498-1566 Kogler über. Seit 13.06.1853 war Johann scheint unter Salvelden 1564 Nr. 275 von Kogler Alleinbesitzer und nach seinem Tode „aim Einfängl bey der Erztwiß 24pf Wolf- seine Witwe Anna seit 22.10.1866. Sie ver- gang Häusl“ als Urbarsträger auf und später kaufte es am 24.03.1869 an Andreas Stein- begegnen uns die Häusl auch als Lehens- bacher, von dem es 1876 Blasius Gumpold träger des Forsthofes und als Bergknappen. und von ihm 1883 Rupert Hörl erwarb. Seite 81 LISELOTTE HUBER

218 ebenda S. 55 Am 10.09.1888 ging das nach wie vor als Für den Bau des ebenerdigen Schulhauses 219 Hübner: Erzstift S. 615 Christernhäusl bezeichnete Haus in den wurde der ehemalige Schlackenlagerplatz Besitz des Josef Riedelsperger über, dessen neben dem Verweserhaus bestimmt 3. Der Familie es noch heute und zwar in der vier- Schlackenlagerplatz diente zu Zeiten, da ten Generation, besitzt (US 1310 fol. 878). die Schmelzhütte noch in Betrieb war, der Ablagerung der Schlacken, die zur Schmel- Für den Bau des ebenerdigen Schulhauses zung verwendet wurden. wurde der ehemalige Schlackenlagerplatz neben dem Verweserhaus bestimmt.218 Unter dem damals errichteten Schul- Der Schlackenlagerplatz diente zu Zeiten, gebäude befinden sich noch heute Reste da die Schmelzhütte noch in Betrieb war, eines Schmelz- oder Röstofens. der Ablagerung der Schlacken, die zur Schmelzung verwendet wurden. Da das Forsthaus, zu dessen Parzelle der Schlackenlagerplatz gehörte, ursprünglich „Das Bleyerz wird, ehe es zur Schmelzung die Nummer 10 hatte und dieser Platz nun kommt 2 auch 3 mahl geröstet, dann mit abgetrennt wurde, änderte man die Haus- Kupferrast-Schlacken beschickt, und nummer des Forsthauses auf 10a und die durch den Ofen gejaget. Die Schlacken Schule wurde mit 10b nummeriert. Erst am hiervon halten Eisen in sich, welches die 14.02.1881 erfolgte die Grundbuchseintra- Ausbringung des Bleyes befördert, und gung zu Gunsten der Gemeinde Leogang durch das Rösten von dem Schwefel ge- (GB Saalfelden, KG Sonnberg, EZ 75). reiniget wird.“ 219 Das Forsthaus war das ehemalige Ver- Unter dem damals errichteten Schul- weserhaus, das nach der Auflassung der gebäude befinden sich noch heute Reste Schmelzhütte zunächst im Besitz des eines Schmelz- oder Röstofens. Aerars blieb und bis in die siebziger Jah- re unseres Jahrhunderts dem jeweiligen Am 10.09.1888 ging das nach wie vor als Förster als Wohnhaus diente, mit einer Christernhäusl bezeichnete Haus in den kurzen Unterbrechung von 1835 bis 1867, Besitz des Josef Riedelsperger über, dessen denn am 30.04.1835 erwarb es Mathias Familie es noch heute und zwar in der vier- Brandstätter am Tödlinggut in Gerst- ten Generation, besitzt (US 1310 fol. 878). boden durch Kauf. Dieser Kauf wurde DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 82

allerdings erst am 14.12.1836 intabuliert. schaft von 190 Mann einen „Schleppenden 220 Pillwein: Herzogthum S. 326f. 221 Am 22.07.1839 übernahm es dessen Sohn Abbau” betrieb. Dennoch erwähnt ihn 221 Günther: Schauberg- Johann Brandstätter (US 1312 fol. 1295, Dürlinger als positives Beispiel, wenn er werk S. 20f. 222 Dürlinger: Pinzgau S. 17 1297, 1298) und erst am 18.06.1867 wurde schreibt: „Wenn sich nicht Privatindustrie 223 Dürlinger: Pinzgau S. 17 es vom Landesgericht Salzburg dem k. k. des Bergbaues annimmt, wie die Nickel- Aerar zugeschrieben (GB Saalfelden, Kg und Kobaltgesellschaft in Leogang, wird er Sonnberg, EZ 412). in unserm Gau bald zu Ende sein.“ 222

Wieso im Franciszeischem Kataster bei der In den dreißiger Jahren des vorigen Jahr- Abtrennung der Parzelle für den Schulbau hunders war Hütten sogar größer als Leo- im Jahre 1856 als Besitzer das a. h. Aerar gang, welches nur 12 Häuser mit 14 Wohn- aufscheint, konnte ich nicht feststellen. parteien und 85 Einwohnern hatte. Vielleicht war der private Besitzer gestor- ben und das Haus wieder in öffentlichen Durch den Franciszeischen Kataster, der Besitz übergegangen. Eine Grundbuchein- wenige Jahre nach der Liquidierung der tragung fehlt jedoch. Schmelzhütte angelegt wurde, existiert zum ersten Male eine Vermessungsurkun- 1839 war Hütten ein Dorf: de und ein Plan der Katastralgemeinden „ … mit 13 Häusern, 20 Wohnparteyen Salzburgs und somit auch der KG Sonn- 96 Einwohnern. 3 Stunden von Saal- berg, zu der das Ortsgebiet von Hütten felden, 2715‘ ober der Meeresfläche. zählt. Ihm vorausgegangen war der Hiero- Das Staatsärar hatte hier einen Theil nymus Kataster, der 1779 in Anlehnung an der Schmelzwerke von Kupfer und Bley, das Österreichische Vorbild erstellt wurde seit 1832 eingezogen. Der Bau ge- und als Vorläufer der heutigen Grundbü- schah 1 Stunde davon im Graben des cher gelten kann. Er führt allerdings nur die Schwarzleobaches am Limberg und Namen der Gläubiger, die Höhe der Ver- Klucken (Klücker) mit Pech und Wasch- pflichtung und das Datum an223 und bietet hütten. Die jährliche Einbuße zeigte für das Hüttener Gebiet wenig Aufschluss. von 1783 bis 1802 den Betrag von 2548 fl., von 1809 bis 1815 jenen von 6915 Der Franciszeische Kataster hingegen be- fl. Erzbischof Sigismund kaufte dieses inhaltet einen Plan und stellt so den ersten Bergwerk 1760 von Jakob Prugger von Anhaltspunkt für die Lage und Größe der Pruggheim in Pillersee um 16.000 fl.. In Parzellen und Häuser dieses Gebietes dar. diesem Thale am Nöckl wird auf Rech- Mehrmals scheinen auch die Besitzer der nung einer Wiener-Gewerkschaft auf Liegenschaften auf. Kobolderze gebaut.“ 220 Es sind die oben erwähnten dreizehn Häu- Dieser letzte Satz bezieht sich auf die 1842 ser, die in chronologischer Reihenfolge die von Sebastian Ruedorfer, bürgerlicher ältesten Häuser des Ortes darstellen. Das Lebzelter und Michael Gracco aus Kitzbü- erste hier angeführte Dokument diente der hel übernommenen Kobaltbaue am Nö- Erfassung der Steuerpflichtigen: ckelberg, die 1855 zur Konstituierung der “Leoganger Nickel-KobaltGewerkschaft”­ führten, welche mit einer kleinen Beleg- Seite 83 LISELOTTE HUBER

Steuergemeinde Pfarrey Leogang 2. May 1829: Hütten Grundherrschaft Besitzer Gut 1 Höglwörth Joseph Schmuck Thallacken 2 Höglwörth Georg Häusl Forsthof 3 ohne das a. h. Aerar Weberhäusl 4 Nonnberg Riedelsperger Burgsteiner 5 Hofurbar Thomas Bachler Wöhrergut 6 ohne k. k. Cameral Kasersbach 7 Hofurbar Kristian Häusl Kristernhäusl 8 St. Zeno Rupert Ede Hinterrainer 9 Hofurbar Schwarzenbäck Hüttwirt 10 ohne das a. h. Aerar Verweshaus 11 ohne das a. h. Aerar Thierhäusl 12 St. Zeno Georg Piberger Jägerhäusl 13 ohne das a. h. Aerar Schmidhäusl

Da dieses Dokument anno 1829, das heißt meinde Sonnberg, Land ob der Enns, zwar nach der Auflassung, aber vor der Salzburgerkreis, Pflegegericht Saalfelden. Versteigerung des Hüttenbetriebes ab- Die Gemeinde Sonnberg gränzt an die Ge- gefasst ist, finden wir noch fünf Häuser meinden Schwarzleo, Pirzbichl, Leogang, im Besitz des allerhöchsten Aerars, bezie- Ecking, Oberweisbach und Griessen.“ hungsweise des k. k. Cameral Urbars. Im Jahr darauf wurde ein Grundparzellen- Das zweite Schriftstück, ebenfalls aus protokoll erstellt und somit zum ersten dem Jahre 1829, vom 29. und 31. August Male eine genaue Vemessung der Parzel- befasst sich mit der Grenzziehung der len, ihre Nummerierung und die Erfassung Katastralgemeinde: der Besitzer durchgeführt. „Vorläufige Gränzbeschreibung der Ge-

Grundparzellen Protocoll 1830, Bauparzellen Protocoll (Quadr. Klft.) Hütten Name Herrschaft Wohn- und Wirtsch. Geb. 5 Wöhrer Thomas Hofurbar (189) 4 Burgstein Nonnberg (293) 2 Häusl „Forsthof“ Höglwörth (187) 1 Thalaken“ Höglwörth (148) 10 k.k. Verweshaus ohne (461) 13 k. k. Schmid Häusl ohne (58) 11 k. k. Thierhäusl ohne (104) 12 Jägerhäusl St. Zeno (38) 9 Hüttwirt Hofurbar (749) 7 Kristernhäusl Hofurbar (60) 8 Hinterrain St. Zeno (502) 3 Aerar Weberhäusl ohne 6 Kasersbach Aerar ohne DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 84

Als Besitzer von Hausnummer 3, 6, 10, 11 Gemeinde Sonnberg. und 13 wird hier noch die Cameral Herr- Franciszeischer Kataster WC XV 22 ah schaft Saalfelden angegeben, obwohl zB vom 30. July 1830. Zeugen auf der Skiz- das Haus Nr. 3, das Weberhäusl, bereits ze eingezeichneten Judication: 1800 zu Erbrecht verliehen worden war. Es • Johann Madreiter war das ehemalige Schmelzerhäusl und • Rupert Mair steht in den US 1310, fol. 876 9/12: • Georg Häusl „Ein Einfang in der Leogang zu i/a • Joseph Schmuck Tagbau zu 134 Klafter welcher gemäß • Christian Matreiter hohen Kammerat Befehls vom 29.Au- • Johann Narholz k. k. Ferster gust 1800 gegen Aufschlag z. infl. Non- • Rupert Eder tal Stift zu Erbrecht verliehen worden Andreas Hochfitzer Röstermeister dem Im Folgenden sind wieder die Besitzer der 20.09.1800, 1 Item.“ Häuser in Hütten angeführt, doch fehlen die beiden oben beschriebenen Häuser (Nr. Das gleiche gilt für das Haus Nr. 6, Kasers- 3 und Nr. 6). Der Cameral Herrschaft Saal- bach, Steinhäusl. US 1310, fol. 843 felden gehörig sind weiterhin das Schmied „Ein Häusl und Gärtl am Hinterlehen, Häusl, das Thierhäusl und das Verweshaus. insgemein Kasersbachhäusl in Hüt- Die im Franciszeischen Kataster angege- ten genannt, so ein Ausbruch aus dem benen Hausnummern stimmen noch heu- untern Forsthoflehen zu Thalacken in te. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges der Schwarzen Leo. 1. May 1826 Thomas hat sich die Zahl der Häuser nur um fünf Wöhrer per Kaufintab. 20.12.1827“ bis sechs vermehrt.

Die Häuser Nr. 10 und 11 kamen erst 1835 Die Nachkommen Rupert Eders, Hinter- bzw. 1836 in private Hand. Vom Verwes­ reiner (oder Hinterrainer), besitzen noch oder Forsthaus war schon weiter oben die heute den Hof, der seit dem Jahre 1979 Rede, das Haus Nr. 11, hier als Thierhaus „Erbhof“ ist. Zu diesem Hof gehörten bezeichnet, früher das Provianthäusl, damals noch das weiter oben erwähnte kaufte am 20.04.1835 die „Bergknappen- Grießöd, Salchenmoos und Lehen, die bei- sehewirthin“ Maria Rainer, geborene Kant- den letzten im Schwarzleograben gelegen. ner (US 1312, fol. l288) und das Haus Nr. 13, Aus diesen Höfen zusammen ergibt sich das Schmidhäusl oder Pucherschmied, der ausgedehnte Grundbesitz. blieb zunächst beim Aerar und wurde erst 1864 als neuer Grundbuchskörper eröff- Das größte Areal besaß der Wirt. Doch net, nachdem es am 10.12.1860 Mathias waren die Parzellen nicht zusammenhän- Niederseer durch Kauf erworben hatte (US gend, denn neben der Kapelle, der auf der 1327, fol. 325). anderen Straßenseite liegenden Schmiede und dem Stadel, bildeten die zerstreut Der erste existierende Plan des Dorfes liegenden Wiesen und Felder die Grund- Hütten stammt aus dem Jahre 1830 und lage der dazugehörigen Landwirtschaft. gibt uns die Möglichkeit des Vergleiches Ein wesentlicher Teil davon ging nach dem mit der heutigen Anordnung der Häuser. Ersten Weltkrieg verloren, als die Witwe Der Plan bildet Blatt VII der Kataster Anna Lainer den Hüttwirt verkaufte, aber Seite 85 LISELOTTE HUBER

224 Pürstl: Heimatkunde das ebenfalls in ihrem Besitz befindliche dig und beschlossen war, musste die für S. 63 Steinhäuslanwesen (ca. 1 km westlich den Bau bestimmte Parzelle von den an- von Hütten) und den Großteil der Grün- deren getrennt, neu vermessen und alles de behielt, 224 nachdem bereits 1906 die in den Kataster eingetragen werden. Das Schmiede, die bis dahin eine gemeinsame geschah durch den Änderungsplan vom Parzelle mit dem Wirt bildete, (US 1310, fol. 09.12.1856. 765) abgetrennt worden war (GB Saalfel- „Gemeinde Area 2001 Joch 244 Klafter. den 24.10.1906). Demolierung eines Theiles der Baupar- zelle 10 und Neubau des Schulhauses.“ Als der Schulhausbau für Hütten notwen-

Bau Klafter Gattung Besitzer 9 76 Bauarea Tschulnik Nr. 13 10a 129 Försterhaus k. k. Montan Arear Nr. 10 10b 57 Schulhaus Sonnberg Schule 137a 151 Egarten Hutter Sebastian Nr. 1 137b 96 Egarten Hutter Sebastian Nr.1 37c 91 Egarten Höck Josef Nr. 12 137d 34 Kleiner Garten Sonnberg Schule 137e 45 Kleiner Garten Hammerschmidt Agat Nr. 9 137f 20 Bach außer Kultur Gemeinde Sonnberg 696

Bei dieser Nummerierung mit 10a und 10b darauf befindlichen Lehen waren im Besitz blieb es bis zum Jahre 1874. Dann wurden von Stift Höglwörth (Thallacken, Hütten 1 anlässlich des Bahnbaues und der Errich- und Forsthof, Hütten 2), Graf Firmian (Hin- tung des Wärterhauses Hütten (WH 114), die terried, Rain 13), Stift Nonnberg (Burgstein, seit dem Franziszeischen Kataster dazuge- Hütten 4) und Hofurbar (Wöhrer, Hütten 5). kommenen Häuser in fortlaufender Reihen- folge nummeriert. Das Schulhaus bekam Veranlaitet wurde diese hochfürstliche die Nummer Hütten 14 (und führt diese bis Frey durch einen von der Nachbarschaft heute), ist allerdings inzwischen in privatem gestellten Urbarsträger. Die erste schrift- Besitz, dazu kamen noch die Nummern 15 liche Erwähnung in den AL Saalfelden ist (Zimmermannshäusl), 16 (Wärterhaus, nach- unter 1646 Nr. 33: mals Haltestelle Hütten) und 17 (Schmiede). „Noüal Hindter Leoganger Zöch Wolf Altenberger am Purgstain, Hannß Das Gebiet Forsthof – der Name rührt Edter zu Forsthof, Wolf Riedt zu Riedt wahrscheinlich von dem damals noch voll- und Hannß Rieder zu Thallackhen ständig bewaldeten Landschaftsteil her – wögen einfach und Unterhagung einer hatte flächenmäßig den größten Anteil an Hochfürstlichen Frey bey den Wassern Hütten. Es nahm das ganze Areal südlich die Leo genannt, so negst anvorbe- der Leoganger Ache, vom Schwarzleobach melter Underthanen gründt anstost, bis zum angrenzenden Ortsteil Rain ein Vermög ausgeförttigten Cammerbüchli- und war eine „Hochfürstliche Frey“. Die ches datiert den 26. Sept. 1646. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 86

Ein hochf. Frey bey dem Wasser die Voiten Altenbergers alda Ehewürthin Leo genannt – Wolf Altenperger, Hannß durch Heurath brieft desgleich Eder zu Forsthof, Wolf Riedt zu Riedt u. (US 1310, fol. 726). Hannß Rieder zu Thallacken – Cam. Bef. 26.09.1646 – zum Lehenträger bestählt.“ Der Vater Wolf Altenberger war auch der (WSTR Lichtenberg 1654 Nr. 353) erste Lehensträger für die Nachbarschaft: Ein verwill. Einf. u. Unterhagung d. Der Hinterriederhof (Riedt), damals zur hochf. Frey bey dem Wasser der Leo Nachbarschaft gehörend, liegt jenseits gehört der anliegenden Nachbarschaft, des Grenzbaches, nicht mehr im heutigen welche ao 1646 Waljen Altenperger Gemeindeteil Hütten, sondern in Rain. zum Lehenträger gestölt (WSTR Lich- tenberg 1688 Nr. 446). Auf dem Lehen zu Riedt hat „Hanns Rie- der ein ganzes Viertellehen innegehabt 1686 haben Matthias Millinger und Ger- und Hanns Wenzel ein halbes Viertelle- traud Altenpergerin (die Tochter Wolf hen“ (UIG 1562). Altenpergers) „ein Dritt Thail des Guetts Wörth sambt 213 Zehnt erhalten“ (AL 1632 hat es Wolf Rieder (auch Riedt) „wex- Saalfelden 1688). lesweise an sich gebracht“ (WSTR Lichten- berg Nr. 26 1654 Nr. 351). Matthias Millinger folgte auch als Lehens- träger für die Nachbarschaft nach (WSTR Auf dem Wöhrergut oder Gut Wördt oder Lichtenberg 1727 Nr. 505). Wöhrl (diese Schreibweisen scheinen in den Urkunden auf) sind 1601 – 1604 1720 übernimmt Hanns Millinger das Christian Wörd und Leonhard Wörd (UIG Wöhrergut (US 1310, fol. 726, ao. 1720 Nr. 1598 – 1605). 49) und 1761 bekommt es Veit Brandstät- ter, ebenfalls durch Übergabe (US 1310 fol. 1633 bekommen Wolf Altenberger und 726, 1761 Nr. 52), der es 1789 seinem Sohn Maria Wenzlin per Übergab ein „Dritent- Andrä vererbt (US 1310, fol. 726, 1789 Nr. hayll des Guethes Wördt am Purgstain“ 4). Ob zwischen den Millingers und Brand- (WSTR Lichtenberg 1654 Nr. 352). stätters ein verwandtschaftliches Verhält- nis bestand, scheint nicht auf, doch ist es Sie haben am „Ultimo Januari 1633“ ge- anzunehmen, da der Hof durch Übergabe heiratet und ihr Sohn Wolfgang Altenberger und nicht durch Kauf erworben wurde. vom Purgstain heiratet am 22. Nov. 1660 Magdalena Gumpingerin, Tochter des Chris- Der Burgsteiner ist im Jahre 1776 als eige- tian Gumpinger und der Martha. Als Zeugen ner Hof unter den freieigenen Itemen, dem fungieren Rupert Eder vom Forsthof und Josef Hörl und Peter Hörl zugehörig, einge- Georg Ertl, „Schmidt beim hiten“ (Leogang, tragen (freieigen 1327, fol. 351, Nr. 113 und Trauungsbuch Tomus I., 1617 – 1697). 134); am 18.02.1779 scheint Thomas Hörl auf, der seinem Schwiegersohn Joseph 1662 kommt auch die Schwieger- Hafer übergibt (AL Saalfelden 1779 Nr. 10). tochter ins Urbar: 2. May 1662 Magdalena Gumppingerin Das Gut dürfte in diesen Jahren in Stift Seite 87 LISELOTTE HUBER

225 Pürstl: Heimatkunde Nonnbergischen Besitz übergegangen sein, nymus Kataster, Lichtenberg II. 781-1880, S. 95 denn die nächste Eintragung ist aus dem fol. 833). Stift Nonnberg’schen Grundbuch. Dieser freiwillige Übergang in den Schutz eines Lehensträger für die gesamte Nachbar- Klosters, war damals nicht unüblich, die schaft ist seit 1743 Peter Braitfuß, der ehemals Freieigenen blieben dann auf dem Hinterried besitzt und diese Lehens- abgetretenen Besitz als Grundholden. 225 trägerschaft mit dem Thallackenhof am 24.03.1778 seinem Sohn, auch Peter 30.07.1794: „Johann Schützinger ein Gut genannt, vererbt (Hieronymus Kataster, am Purgstein durch Verzicht und mütter- Lichtenberg II. 781-1880, fol. 823 Nr. 2130). liche Übergabe.“ (US 1334, fol. 33) Am 30.11.1795 stirbt Peter Braitfuß und Auf dem Forsthof war anno 1646 Hanns nach seinem Tode wird die gemeinsame Eder Lehnsträger und in dieser Familie Verbriefung des Gebietes aufgehoben. Es war das Gut auch noch Anfang des wird für jedes Anwesen der Ansatz erteilt. 18. Jahrhunderts, denn Diese umfangreichen Beurkundungen „Wolfen Eder zu Forsthof ist bewilligt betreffen alle bisher genannten Bauern. worden aus dessen Hof Urbars Inschlag Ab diesem Zeitpunkt kann man auch ganz N und N der Gewerckschaft in der Leo- konkret die Besitzer der einzelnen Höfe gang zu einem nothwendigen Röstofen nachweisen. ein Orths Grund zu geben.“ (AL Saalfel- den 1703 Nr.61) Erbschaftsabhandlung nach dem Tode Peter Braitfuß: Da 1765 Philipp Häusl mit seiner Frau den AL Saalfelden 1798 Nr. 36 – 40 Forsthof per Übergabe bekommt, ist anzu- Sterbtag Peter Braitfuß 30.11.1795, nehmen, dass ihn sein Vater vorher inne- gewesener Bauer am gräffl. firm. Guet hatte. Er geht 1784 durch Verzicht seiner Hinterried, der am 24.03.1778 zum Ur- Frau auf ihn allein über und wird 1799 barträger des Item gewählt worden ist seinem Sohn Georg vererbt, der mit 15 gestorben und ihm sind seine übrigen 3 fl. veranlaitet wird (Hieronymus Kataster Mittheilhaber, auch seine 6 Kinder auf Lichtenberg II. 781-1880. fol. 832). das Urbar gefolgt. 36 – Eine Verwilligte Einfang und Un- Der Thallackenhof oder Dalake oder jetzt terhagung der Hochfürstl. Frey bey den Tarlackhof genannt, wurde 1646 verliehen Wassern der Leo so itzo 4 Infänge und an Hannß Rieder. Es geht aus den Urkun- der Nachberschaft gehörig, 1 Item den nicht hervor, ob ein Zusammenhang 37 - Ein Einfang bey dem Wasser der Leo mit Wolf Riedt (der auch Wolf Rieder ge- und dem Höglwörth. Gute Forsthof, der schrieben wird) vom Gut Riedt besteht. dem 26. 7bris 1646 verliehen- 1798 beau- Der nächste feststellbare Besitzer ist anno genscheint und Idealisch aufgenohmen, 1757 Joseph Brunner mit seiner Ehefrau dann durch hohen Cameral Befehl dtto 6. durch Übergabe. Von ihm kauft das Gut am Nov. d. J. die eigene Verbriefung, 1 Item. 09.04.1779 Rupert Hartl, der es 1784 seiner Durch Tod Peter Braitfuß Urbartrage- Frau Anna Härtlin vererbt. Acht Jahre spä- rey v. 24.03.1778 aufgehoben. Ansatz ter ist es im Besitz von Peter Mayr (Hiero- ertheilt Philip Häußl DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 88

38 - Ein Einfang bey dem Wasser der Leo bis in die Zwischenkriegszeit das einzige 226 Gendarmeriechronik Leogang und dem höglwörthschen Gute Thallaken Verkehrsmittel. 26.Sept.1646 verliehen- 1798 beaugen- scheint und Idealisch aufgenohmen, Aus dem Jahre 1910 existiert eine Ka- dann durch hohen Cameral Befehl dtto 6. sernvorschrift Punkt 43 des k. k. Landes Nov. d. J. eigen zugebrieft Peter Mayr Gendarmeriekommendos Nr. 11 über die 39 - Ein Einfang bey dem Wasser der genaue Entfernung der umliegenden Pos- Leo und dem gräffl. firm. Gute Hinterried ten und Bahnhöfe in Kilometern und die 26.09.1646 verliehen- 1798 beaugen- dafür zu berechnenden Vorspanngebühren scheint und Idealisch aufgenomnmen, mit einem oder mit zwei Pferden. 226 dann durch hohen Cameral Befehl dtto 6. Nov. d. J. eigene Zubriefung. 1 Item, 6 Die nachmalige Hüttschmiede und der Kinder: Rupert, Peter, Joseph, Johann, Hüttwirt waren gemeinsam als Grund- Thomas und Anna. buchskörper „Ain Häusl, 3 Gärtl und 40 - Ein Einfang bey dem Wasser der Schmitten bey den Hitten zu Griessen“ in Leo und dem Hofurbaren Wöhrergut, den Anlaiten und gingen als dem Bergwerk welche 26.09.1646 verliehen durch zugehörig von den Pruggerschen Gewer- hohen Cameral Befehl dtto 6. Nov. d. J. ken 1760 in den Besitz des Erzstiftes über. eigene Zubriefung Andrä Brandstätter Erst in den Urbarien Saalfelden gibt es Diese ausführliche Darstellung der Be- getrennte Eintragungen. Die erste Eintra- sitzabfolge auf den bäuerlichen Anwesen gung für den Hüttwirt im US 1310 fol. 877 rund um die Schmelzhütte soll darlegen, 17/12 lautet: dass über Jahrhunderte eine Kontinuität „Aus dem damaligen Berggericht Leo- in den landwirtschaftlichen Strukturen gang Urbarium. Die Handelswirthsge- dieses Gebietes bestand, die auch durch rechtigkeit bey den Schmelzhütten in die Protestantenvertreibung in den 30er Leogang kraft des am 3ten Nov. 1769 Jahren des 18. Jahrhunderts keine Ein- von einer in Bergwerksangelegenhei- buße erlitten hat und damit eine solide ten verordnet hohen Comißion an das Grundlage für die Weiterentwicklung, auch Hochfürstliche Salzburg. Berggericht nach der Auflassung des Hüttenbetriebes, Verwesamt Leogang ausgefolgten der in diese bäuerliche Struktur hinein- Dekrets in jener Behausung, die an gewachsen war, darstellt. Anstelle der dem neben der Strasse der Schmiedte Arbeitsmöglichkeiten, die sich bis dahin im gegenüber befindlichen Freyorte zu Montanbereich geboten hatten, traten nun errichten bewilligten Behausung gegen Dienste, die eine dörfliche Gemeinschaft den zu exerzieren gnädigst erlaubt erforderte, insbesonders handwerkliche. worden, daß das Wirthschaftsgewerbe Beispiele dafür sind „Schmelzerhäusl“, das ohne alle Ausnahme auf die bey dem zum „Weberhäusl“ und das „Provianthäusl“, Hochfürstl. Bergwerks Handel befindli- das zum „Hüttkrämer“ wurde. chen bedienten Knappen, Arbeiter und andere. mit denen man in Bergwerks- Nach wie vor von Bedeutung waren der sachen zu handeln hat, gegen Reichung Wirt und die Schmiede, denn Pferde waren des Umgeldes getrieben werden könne; besonders in diesem langgezogenen Tal da hingegen aber und ausserdem von Seite 89 LISELOTTE HUBER

227 Die Angaben über den anderen Hochzeiten, Todtenzehrungen, wirt in Leogang, den sein Vater Georg 1755 Kirchenwirt beziehen sich auf Pürstl S. 86: Kindstaufen, Freyschiessen, Freytänzen durch die Ehe mit der Witwe des Franz die über die Familie und dergleichen sich zu enthalten ist.“ Josef Pirnbacher erworben hatte (Leogang, Poschacher – soweit keine Quellen angege- Trauungsbuch Tomus ll., 1697 – 1776). ben – auf den von ihren Nachkommen erstellten Diese Eintragung wurde am 11.06.1801 an- Stammbaum. lässlich der Übernahme des Hüttwirtshau- Nach dem Tode Sebastian Poschachers ses durch Joseph Poschacher von seinem übernahm sein ältester Sohn Johann die Vater Sebastian gemacht. Am gleichen Besitzungen in Lofer und in Leogang. Sein Tage wurde die Wirtschaftsgerechtigkeit zweiter Sohn Joseph wurde Hüttwirt und festgehalten: übergab diesen am 17.08.1830 an seine Nachtrag zu den neuen Büchern des Nichte Agathe, verheiratet mit Mathias hochf. Pflege- und Landgerichtes Schwarzenbäck (auch Schwarzbäck oder Liechtenberg II. fol. 2011 Schwarzenböck), Schmied in der Hütten (US Wirtschaftsguerechtigkeit samt Wein- 1310 fol. 877 17/12). Am selben Tag über- schank bey den Schmelzhütten: nahm Agathe auch den Kirchenwirt in Leo- 11.06.1801 Joseph Poschacher.“ gang und fünf Jahre später mit ihrem Gatten (Hieronymus Kataster fol. 1900-2046) die Schmiede in Hütten, die bis dahin im Besitz des Erzstiftes war (US 1310 fol. 735). Die Poschacher sind ähnlich wie die Piebmpacher eine weit verzweigte Familie, Nicht nur das Geschick des Hüttwirtes die lange Zeit über wesentlichen Besitz in sondern auch das des Bäckerwirtes hängt Lofer, Leogang und Hütten verfügten. Die eng mit dem Kirchenwirt zusammen. Zu- zahlreichen Nachkommen dieser Familie erst in den Händen der Piebmpacher, geht leben noch heute über das Österreichische er auf die Poschacher über und durch Staatsgebiet und das angrenzende Bayern Verschwägerung gelangt er in Besitz der verstreut. Sie sind vielfach im k. k. Staats- Familie Frick, deren Eigentum er noch dienst tätig gewesen und eine Linie wurde heute ist 227 und unter der der Abbruch des sogar von Kaiser Franz Joseph in den Jahrhunderte alten, unter Denkmalschutz Adelsstand erhoben. Mehrere von ihnen stehenden Gebäudes im Jahre 1991/92 dienten in der Österreichischen Armee und vollzogen wurde. erreichten hohe Chargen, so zum Beispiel Generalmajor Ferdinand Poschacher von Mit dem Ende der Dreißigerjahre des 19. Poschach, der in der Schlacht von Kö- Jahrhunderts sind alle dreizehn, damals niggrätz an 03.07.1866 bei Chlum fiel. Er das Dorf Hütten ausmachenden Häuser war der Enkel des Sebastian Poschacher, der ehemaligen Schmelzhütte in privaten Bierbrauerssohn aus Lofer, der mit Maria Händen und der später wieder aufgenom- Agathe Pienbacher oder Piebmpacher, mene Bergbau im Schwarzleotal hat nur Tochter des Kirchenwirts in Leogang, Franz noch insoweit mit der Entwicklung des Dor- Josef Pirnbacher, verheiratet war und 1766 fes zu tun, als durch diesen Magnesitabbau Hüttwirt wurde (AL Saalfelden 13.06.1766, auf der Inschlagalm zwischen 1930 und Nr. 62). Dieser Sebastian Poschacher be- 1970 Arbeitsplätze geschaffen wurden und saß nach dem Tode seines Vaters Georg viele der Beschäftigten im Hüttener Gebiet im Jahre 1776 auch die Bierbrauerei und Einfamilienhäuser erbauten und damit zur ein Wirtshaus in Lofer, so wie den Kirchen- Erweiterung des Dorfes beitrugen. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 90

Das Dorf bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Die kleine Dorfgemeinschaft an der Leo- mit durch die schlechte Verkehrslage ganger Ache, mit den umliegenden Bauern- bedingter Verspätung in die abgelegenen höfen, umgeben von Feldern und dichten Täler und hatten damit an Aktualität ver- Wäldern, gekrönt von den mächtigen Stein- loren. Erst durch die im Laufe des vorigen massiven der Leoganger Steinberge verleb- Jahrhunderts aufkommenden Zeitungen te in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg und vor allem durch die Anbindung an und dem Untergang der Monarchie eine das Österreichische Bahnnetz, war ein ruhige, bescheidene, ich möchte fast sagen, besserer Informationsfluss gegeben, doch für heutige Begriffe, eine idyllische Zeit. blieben die Auswirkungen der politischen Abläufe auf das tägliche Leben, bis zum Eine Gehstunde von Leogang, der Ge- Anschluss an Hitlerdeutschland im Jahre meinde und Pfarre entfernt, drangen wohl 1938, im Vergleich zum flachen Lande die Ereignisse, die sich in der Welt, die für oder zu den Städten, gering. die Bewohner des Pinzgaues im wesent- lichen Österreich und das angrenzende Das Zeitungswesen im Pinzgau begann Bayern umfasste, abspielten, zunächst etwa 1870 mit den Kronlandnachrichten im

Hauptbahnhof 1860 Quelle: Salzburg Synchronik S. 211

Französ. Kaiser Napolen III. und Gattin Eugenie am 18.08.1867 am Salzbuger Hauptbahnhof Quelle: Salzburg Synchronik S. 176 Seite 91 LISELOTTE HUBER

228 Hölzl, Ferdinand: „ Salzburger Gebirgsboten“, der eigentlich in das unglückliche mexikanische Aben- Altpinzgauer Zei- tungsg’schichten: 100 ein Pongauer Blatt war, aber fallweise Be- teuer gehetzt hatte. Die Vorbereitungen, Jahre Presse im Pinz- richte über den Pinzgau brachte. Die erste um die Österreichische Armee kriegsfähig gau, Salzburg: Druck- haus Nonntal 1985, S. 6 echte Pinzgauer Zeitung war der „Pinzgauer zu machen, hätten auch viel zu viel Zeit in 229 Zöllner: Geschichte S. 455 Bote“ mit Erscheinungsbeginn 01.01.1896 Anspruch genommen. 230 Conte-Corti, Egon Cä- in Zell am See. Bis Ende 1983 waren es un- sar, Hans Sokol: Kaiser Franz Joseph, 3. Auflage gefähr elf verschiedene Presseerzeugnisse, Den Ausschlag für den Beschluss neu- 1972, Graz-Wien-Köln: die den Namen „Pinzgau“ trugen. 228 tral zu bleiben aber gab die Erkenntnis, Verlag Styria 1960, S. 215ff dass Russland nie gegen Preußen auf- Ein weitaus wichtigeres Ereignis für das treten würde und im Falle eines Eintrittes Leoganger Tal, wodurch es eine reale Österreich­Ungarns in den Krieg dieses Öffnung nach außen erfuhr, war der Bau „Eingreifen der Donaumonarchie durch die der Salzburg­Tiroler-Bahn, inoffiziell Gise- Besetzung Galiziens paralysieren“ würde. 230 labahn genannt. Sie war eine Fortführung der 1858 erbauten Kaiserin-Elisabeth­ Mit diesem Treffen versuchte Napoleon Westbahn, die zunächst von Wien bis Linz Österreich bei einer künftigen Auseinan- geführt und 1860 bis Salzburg verlängert dersetzung mit Preußen (1870/71) auf sei- wurde, mit einer 1861 fertiggestellten Ab- ne Seite zu ziehen oder zu neutralisieren zweigung von Wels nach Passau. 229 (Salzburg SynChronik S. 176).

Politische Umwälzungen in Europa waren Nach dem Ende des Deutsch-Französi- dafür verantwortlich, dass bereits in den schen Krieges waren die Gefühle Preußen siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegenüber zwar auf österreichischer Seite ein für das riesige Kaiserreich Österreich so nicht freundlicher geworden, man war unwichtiges Gebirgstal wie das Leogangtal aber froh nicht direkt in die Auseinander- verkehrsstrategische Bedeutung erlangte. setzung involviert gewesen zu sein, be- sonders da die Freunde Österreichs von Im Westen Europas braute sich ein Ge- 1866, Bayern und Sachsen, an der Seite witter zusammen. Napoleon III. spürte die Preußens gekämpft hatten. Unzufriedenheit seiner Untertanen und glaubte durch einen, natürlich erfolgrei- Eine kleine, lustige Episode am Rande soll chen, Feldzug gegen Preußen seinen Thron zeigen, wie Österreich einen zwischen festigen zu können. Er hoffte auf Hilfe von Bayern und Preußen Frieden stiftenden Seiten Österreichs. Beitrag noch zwei Jahre nach Ende des Krieges leisten konnte, als bei einem Aus- In Wien waren die Meinungen über einen speiser in der Salzburger Getreidegasse Kriegseintritt gegen Preußen sehr ge- am 09.03.1873 zwischen einem Bayern teilt. Einerseits lockte die Gelegenheit und einem Preußen über die Frage, wer Revanche für Königgrätz zu nehmen, zum Siege über Frankreich mehr beigetra- andererseits wollte man nicht den Ein- gen hätte, ein derartiger Streit entstand, druck erwecken auf der Seite Frankreichs dass sich das Handgemenge der „ … beiden Preußen zu überfallen und außerdem hatte deutschen Brüder“ teilweise unter dem man nicht vergessen, dass es Napoleon Tische fortsetzte. Ein zufällig vorbeikom- III. gewesen war, der Erzherzog Maximilian mender Jäger der Salzburger Garnison DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 92

konnte die beiden … Kämpfer mit dem Zunächst war die Trassierung der neuen 231 Salzburger Chronik S. 233f 231 Bajonette trennen“. Bahnstrecke über Lofer-Pass Strub ins 232 Conte-Corti, Egon Auge gefasst worden (der als Bahnhofsge- Cäsar: Elisabeth: Die seltsame Frau, Wien- Nachdem der Sieg Preußens über Frankreich bäude erbaute „Gasthof Auvogel“ in Weiß- Graz-Köln: Verlag Styria 1934, S. 213 sicher war und es sich abzeichnete, dass bach bei Lofer ist noch der letzte Zeuge 233 Hamann, Brigitte: Eli- Österreich im Kriegsgeschehen keine Rolle dieses Planes), die dann zu Gunsten des sabeth, Kaiserin wider Willen, Wien-München: mehr spielen würde, reiste Kaiserin Elisa- Leogangtales fallen gelassen wurde. Amalthea Verlag 1982, beth im Herbst 1870 mit ihren Kindern über S. 297 234 Die österreichischen Salzburg, Kufstein und Innsbruck, wo sie Durch den Zuzug ausländischer, haupt- Eisenbahnen im Jubi- 232 läumsjahr 1987, Hrg. begeistert empfangen wurde, nach Meran. sächlich italienischer Bahnbauarbei- Dipl.-Ing. Ludger Ken- In Wien empfand man es als Provokation, ter befürchtete man eine Zunahme der ning, Nordhorn: Verlag Kenning 1987 S. 45f dass die Kaiserin mit ihren beiden Töchtern kriminellen Handlungen. Auf Grund 235 Pürstl: Heimatkunde Gisela und Valerie wieder den ganzen Winter dieser Überlegungen wurde in Leogang S. 68 236 Österreichische (von Oktober 1870 bis März 1871) abwesend ein Gendarmerieposten eingerichtet, der Eisenbahnen S. 45 war. Der Kaiser musste nach Meran fahren, zunächst sein Quartier im ehemaligen wenn er seine Familie sehen wollte. Nur ein- Verweserhaus in Hütten 10 aufschlug und mal im März 1871, unterbrach die Kaiserin dort vom 01.09.1873 bis zum 01.04.1875 ihren Aufenthalt, als sie anlässlich des Todes blieb, worauf er nach Leogang über- ihrer Schwägerin in Wien weilte. 233 siedelte (Gend. Chr. Leogang).

Jedesmal führte diese Reise über bayeri- Pürstl behauptet, dass „das Arbeiterheer sches, beziehungsweise deutsches Gebiet, in Raufexzessen und Eigentumsdelikten denn Westösterreich war bis dahin nur den Beamten viel zu schaffen machte“. über Rosenheim an das übrige Österreichi- Angeblich wurde das Gut Untered von sche Bahnnetz angeschlossen. Bereits im einem ungarischen Arbeiter nach einem Sommer 1870 Streit mit dem Bauern angezündet. 236 „ … wurde dem Kaiserpaar auf seiner So schrecklich dürften aber die Vergehen Rückreise von Tirol nach Wien beim nicht gewesen sein, denn in der Gendar- Passieren des bayrischen Staats- meriechronik finden sich während der gebietes angesichts der drohenden ganzen Zeit des Bahnbaues keinerlei Krigsgefahr dermaßen unwohl, daß es Vermerke, sehr wohl aber anlässlich des verstärkt auf den Bau einer inneröster- Baues des zweiten Gleises, als im Juli 1914 reichischen Verbindung zwischen Tirol die teilweise Mobilisierung angeordnet und Salzburg drängte“. 234 wurde und nicht nur die „Einrückungspflichtigen der Bahnbau- So wurde 1871 zunächst die Strecke Salz- arbeiter, sondern auch viele andere ... burg-Hallein von Baron Karl von Schwarz mit dem Personenzug Nr. 24 um 10 Uhr erbaut und im Jahr darauf erhielt die 13 vormittags in ihre Heimat abgereist KEB die Konzession der „Salzburg-Tiroler sind (Gend. Chr. Leogang 27.07.1914) Bahn”. 1875 wurde die eingleisige Stre- cke Salzburg-Wörgl eröffnet. Der Bau des Dabei war noch anlässlich der vom 7. zweiten Gleises bereitete stellenweise bis 15.04.1914 in Leogang abgehaltenen große Probleme. Die Elektrifizierung er- Mission am 12. April für die beim Ausbau folgte erst 1928 und 1930. 235 der zweigleisigen Bahnstrecke im Raume Seite 93 LISELOTTE HUBER

237 Gendarmerie Chronik Leogang und Hütten beschäftigten italieni- Dieses Bad Leogang war seit dem 14. Leogang 238 Bergbaumuseum Hütten schen Arbeiter eine Predigt in ihrer Mutter- Jahrhundert bekannt und wurde 1559 von sprache abgehalten worden (Schulchronik Erzbischof Michael Graf von Khuenburg be- Hütten 1914). sucht, wodurch es sicherlich an Bedeutung gewann. Dieses Ereignis wurde auf einer Niemand dachte daran, dass wenige Mo- Gedenktafel festgehalten, die zunächst nate später dieselben Leute fluchtartig das einer Entrümpelung zum Opfer gefallen war, Tal verlassen würden. Vielleicht bot sich aber wieder entdeckt wurde und jetzt im ihnen aber auch nur mit dem Ausbruch des Bergbau Museum Hütten zu sehen ist. Krieges eine gute Gelegenheit dies zu tun, denn aller Wahrscheinlichkeit nach haben Das Bad brachte Erleichterung bei Rheuma sich die „Fremdarbeiter“ schon vor die- und Nervenleiden und bot Möglichkeit zu sem Zeitpunkt nicht gar so wohl in diesem einer Kaltwasserkur nach Pfarrer Kneipp. abgeschlossenen Gebirgstal gefühlt; be- Es wurde noch 1937, als es von Baron schreibt doch Postenkommandant Anton Seyffertitz übernommen wurde, als Bad Kreilinger am 01.10.1903 die Talbewohner geführt. Seine Tochter Maria richtete eine als allem Neuen abhold und Skischule ein, nachdem 1952 ein Skilift „ … Fremde werden nicht gerne ge- zum Gut Schrattenegg, welches seit 1852 sehen. Eingewanderte und solche besitzmäßig zum Bad gehört, erbaut wor- Personen, die sich das Heimalsrecht den war. 1956 beherbergte das Bad nach ersessen haben, werden noch nach dem Aufstand in Ungarn Flüchtlinge und Jahrzehnten als Fremde und nicht zur 1958 wurde es geschlossen. Frau Edith Gemeinde gehörig betrachtet“ (Gend. Rohracher, erwarb es 1960 und richtete Chr. l. Okt. 1903). zunächst ein Gasthaus und später ein Jugenderholungsheim ein. Derzeit steht Nachdem am 01.10.1875 der Verkehr auf das Badgebäude leer. der neuerbauten Staatsbahnstrecke Salz- burg-Innsbruck eröffnet war,237 blieb die In der Zwischenkriegszeit kamen Gäste Bahn zunächst für die Bewohner des Tales aus ganz Europa nach Leogang zur Kur und ein Fremdkörper. Bis in das zwanzigste nach dem Zweiten Weltkrieg sogar solche Jahrhundert gab es keine Einheimischen aus Übersee. Es waren ganz prominen- beim Bahnpersonal. te Kurgäste, die das Bad besuchten, wie Eugen Roth, Karl von Frisch, Prinz Luitpold Außerdem verläuft die Bahntrasse, bedingt von Bayern und Bundespräsident Heuß. 238 durch die Topographie des Tales, am Fuße der Vorberge der Leoganger Steinberge, Außer dieser Bahnstation gab es oberhalb während die Siedlungen sich am Talboden des Dorfes Hütten ein Wärterhaus, WH 114, an der Ache befinden. Da zunächst auch aus dem sich in der Folge die Haltestelle nur eine Bahnstation ungefähr in der Mitte Hütten entwickelte, die die Hausnummer des Tales errichtet wurde, war diese weit Hütten 16 bekam, da das Zimmermannhaus vom Orte entfernt. Es war die noch heute die Nummer Hütten 15 erhalten hatte. Bei existierende Station „Bad Leogang“, die diesem handelt es sich um das Areal des bis nach dem Ersten Weltkrieg die einzige zum ehemals Pruggerschen und Erzstifti- Station im Gemeindegebiet Leogang war. schen Besitz gehörigen „Heißl und Artzkas- DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 94 ten enthalb der Achen, dan zween abson- Arbeitslehrerin an der Volksschule Hütten derliche lnfang dabey, indrumben ein kleines angestellt (Schulchronik Hütten 1878). lnfängl des Heißl“, aus dem sich das Weber- Seit dem 24.10.1891 ist das Haus im Be- haus Nr. 3 und eben dieses Zimmermann- sitz der Familie Höck, aus der im Laufe der häusl (jetzt Jodlhaus) entwickelt haben. Jahre viele Pädagogen hervorgingen, die auch in Leogang und Saalfelden erfolg- Es war 1836 in den Privatbesitz der ehe- reich tätig waren, so Direktor Leonhard maligen Urbarsträger Alois Riedelsperger Höck, dessen Hausarbeit aus Erdkunde vom Steinhäusl und Joseph Schmuck, wichtige Informationen über das Erzterer vom Thallackengut übergegangen. Leoganger Gebiet lieferte. 1847 kaufte Joseph Schmuck dem Rie- delsperger dessen Hälfte ab und vererbte 1919, als in Leogang und in Hütten die es 1868 seinem Sohn Rupert. Zehn Jahre schwarzen Blattern grassierten, fielen später folgte diesem dessen Sohn gleichen die Eheleute Josef und Elise Höck vom Namens, welcher 1889 starb und einen Jodlhaus dieser Krankheit zum Opfer minderjährigen Sohn, auch Rupert ge- (Schulchronik Hütten 1919). nannt, hinterließ, dessen Vormundschaft die Mutter, Maria Schmuck, übernahm. Der Seit vielen Jahrzehnten befindet sich in Thallackenhof und das jetzige Jodlhaus diesem Haus nunmehr eine Tabak Trafik, da waren in den gleichen Händen, bis 1891 der Vater der heutigen Besitzerin Kriegsin- Maria Schmuck das Jodlhaus dem Zim- valide aus dem Ersten Weltkrieg war. mermeister Johann Höck (US 1310, fol. 803) und 1892 das Thallackengut Anton Das Jahr 1878, in dem Frau Höck ihre Tätig- Weißbacher verkaufte, der seit 1888 auch keit als Handarbeitslehrerin antrat, ist auch das Hüttwirtshaus besaß und mit beiden der Beginn der mir vorliegenden Schulchro- Objekten 1893 in Konkurs ging (GB Saalfel- nik von Hütten. Ob eine frühere existiert den, KG Sonnberg, EZ 43 und 69). hat, konnte ich nicht ermitteln, doch ist es anzunehmen, da Pürstl, selbst Leiter in Die Gattin des Zimmermeisters Höck, Hütten von 1948 bis 1954, sich mit früheren Anna, wurde mit 20.04.1878 als Näh- und Daten auf eine Schulchronik beruft.

Jodl (Hausnr. 15) Quelle: Liselotte Huber Seite 95 LISELOTTE HUBER

239 Pürstl: Heimatkunde Die vorliegende Schulchronik Hütten wurde serin. Gab es eine Order von vorgesetzter S. 55 240 Zöllner: Geschichte von Schulleiter Johann Gasteiger angelegt Stelle? Auch in der Leoganger Schulchronik S. 458 und die erste Eintragung betrifft die Schul- sucht man vergeblich nach einer Bemer- 241 Pürstl: Heimatkunde S. 55 visitation durch den k. k. Bezirks-Schul- kung über diese Ereignisse. inspektor Hanns Wörnhart im Feber 1878. Bereits einen Monat später musste der 1884 am 12. Jänner erkrankten die bei- Unterricht unterbrochen werden. den Kinder des Schulleiters an Diphterie und 1886 kam es zum ersten Male wegen In Folge des großen Schneefalles konnte neuerlichen Ausbruchs dieser Krankheit sämtliche Schuljugend durch fünf Tage zu einer Schulschließung vom 14. Jänner nicht in die Schule kommen. bis 26. Juli. In dieser Zeit wurde im Schul- Ununterbrochen spielte ein Sturm- haus ein neues Wohnzimmer eingerichtet wind im Vereine mit den niederfallen- und eine größere Abwassergrube gegra- den Schneeflocken eine ellementarisch ben, wodurch ein weiterer Abort angelegt ohrenzerreißende Musick, dieses nicht werden konnte. Dennoch war es nicht einladende Conzert zürnte noch den das letzte Mal, dass in der Schule Hütten glücklichen Zimmerbewohnern durch Be- Diphterie auftrat. raubung des Tageslichtes, mit Verhüllung einer weißen undurchsichtigen Decke der Pürstl schreibt, dass bereits 1881 die Fenster. Östlich vor dem daigen Schulge- Gemeinde auf die sanitären Missstände bäude ward der Schnee zwei Meter und im Hüttschulhaus aufmerksam gemacht nördlich bedeudend tiefer. den 23. März worden sei und zwar anlässlich der Auf- 1878 (Schulchronik Hütten 1878) stockung des Hauses durch einen Holzauf- bau, in dem ein Schulzimmer untergebracht Diese Darstellung der Wettersituation lässt wurde und der durch seine Feuchtigkeit auf einen romantischen Menschen schlie- zum Ausbruch dieser Krankheit geführt ha- ßen, obwohl seine weiteren Eintragungen ben soll. Von den beiden erkrankten Kindem sehr nüchtern und nur auf das Allernot- des Lehrers Stützl starb sogar eines. 239 wendigste beschränkt sind, teilweise sogar nur in Form einer Bleistiftnotiz. -Grö Schulleiter Gasteiger wurde 1880 von Karl ßeren Platz nehmen die Ereignisse ein, die Niedermaier abgelöst, der die Chronik äu- das Kaiserhaus betrafen, so zum Beispiel ßerst dürftig führte. Seine letzte mit Blei- die Schulfeier anlässlich der Vermählung stift und einigem unterschwelligen Unmut Kronprinz Rudolfs mit Stephanie von Bel- gekritzelte Bemerkung betrifft den Orts- gien am 10.05.1881, derer auch mit einem schulrat, der auf Grund des Reichsvolks- feierlichen Gottesdienst in der Pfarrkirche schulgesetzes vom 14.05.1869 240 auch in Leogang am darauffolgenden Sonntag ge- Hütten seit 1873 241 bestand und auf drei dacht wurde, doch „konnten ihn wegen des Jahre gewählt wurde. heftigen Schneefalles(!) nur wenige Kinder besuchen.“ (Schulchronik Hütten 1881). Den Vorsitz hatte immer der jeweilige Schulleiter, es gab daneben noch einen Keinerlei Erwähnung finden hingegen Ortsschulinspektor und drei weitere Mit- tragische Begebenheiten, wie der Tod des glieder, die mit wohlhabenderen Bauern, Kronprinzen oder die Ermordung der Kai- dem Krämer oder dem Wirt besetzt wurden. DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 96

Nun hatte der Ortsschulinspektor die mehrmals den Unterricht ausfallen lassen Aufgabe, sich ein Bild über die Schul- musste, versuchte, durch eine Versetzung leistungen der Kinder zu machen und da nach Seeham, seine Gesundheit in einem in Hütten anscheinend für die Schule ein milderen Klima zu stabilisieren. Er war sehr großes Verständnis seitens der Be- immerhin erst dreißig Jahre alt. völkerung vorhanden war, kamen die drei Ortsschulratsmitglieder am 25.11.1887 oder Das Schuljahr 1897/98 war das letzte 1888 in die Schule, um ihrer Pflicht Genü- Schuljahr, das am 30. April endete und am ge zu tun und veranlassten den Leiter zu 1. Mai begann. Bis dahin waren die gro- folgender skurillen Notiz: ßen Ferien während des Schuljahres. Sie Am 25. XI. kamen die drei Ortsschul- begannen am 1. August. Nach der neuen rathsmitglieder angeblich über Auftrag Ferienordnung sollte das Schuljahr vom des H. Inspektors und ließ Ortsschulins- 1. September bis 15. Juli dauern. Der Schul- pektor Hörl die obere Abthailung das ist leiter weist ausdrücklich auf die Schul- 3. Schuljahr lesen. Vom Rechnen konnte freundlichkeit des Ortsschulrates hin, der er selbstverständlich Nichts vornehmen diesen Antrag einstimmig annahm. Der da er es nicht verstand. 1. September als Schulbeginn war für die Landbevölkerung nicht sehr angenehm, da Im darauffolgenden Jahr wurde der wenig die Kinder für die Feldarbeit und Ernte ge- engagierte Schulmann von August Luegin- braucht wurden. Im Schulsprengel Hütten, ger, einem jungen Mann aus Anif, abgelöst. der über die Dorfgrenzen hinausging und Er war zwanzig Jahre alt und übernahm bis zur Grenze nach Tirol reichte, waren sein Amt mit Begeisterung. Im darauffol- viele Bauernkinder zuständig. Es wurde genden Jahr heiratete er in Salzburg und bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Leo- fast Jahr für Jahr kam ein kleiner oder eine gangertal noch bis zur Waldgrenze hinauf kleine Lueginger zur Welt. Der Platz muss Getreide angebaut und im Saalfeldener in dem Schulhaus sehr eng gewesen sein Becken waren die Flächen, die heute zur und auch das Geld sehr knapp. So seufzte Verbauung durch Industrie, Großmärkte der geplagte Vater als sein vierter Bub und Siedlungen dienen, noch riesige Ge- geboren wurde: treidefelder. Die jetzt nur noch spärlich „Ach es wäre sehr zu wünschen, vorhandene landwirtschaftliche Fläche daß ein Mädel oder Jung‘ wird als Weide genutzt. mit sich brächte als Anhängsel auch Gehaltsverbesserung.“ 1898 war das fünfzigjährige Regierungs- jubiläum Kaiser Franz Josefs. Dieses Schulleiter Lueginger war auch nie mehr so Ereignis wurde in der Schulchronik Hütten recht gesund, nachdem er kurz nach der nicht erwähnt. Ein Grund dafür mag die Ablegung seiner Lehrbefähigungs-Prüfung am 01.12.1898 erfolgte Versetzung Schul- in Salzburg, an Thyphus erkrankte und fast leiter Luegingers nach Seeham sein und zwei Monate dienstunfähig war, während die durch Nikolaus Schneeberger, der den Unterricht aushilfsweise ein Lehrer die Schule bis 01.03.1899 interimsmäßig aus Leogang übernahm. So war es ver- leitete, lässig, fast nachlässig gehandhabte ständlich, dass er, nachdem er im Schul- Führung der Chronik. Aus Anlass dieses jahr 1897/98 wegen seines Halsleidens Jubiläums wurde die Linde im Garten des Seite 97 LISELOTTE HUBER

242 Pürstl: Heimatkunde Hüttwirtshauses gepflanzt und zwar von Man spürt das Bedauern Feichtners über S. 81 Soldaten, die eine Flasche mit Widmung das Schicksal dieses unglücklichen letzen zwischen den Wurzeln vergruben. 242 Die Habsburgers auf dem Kaiserthron und das Linde spendet noch heute Schatten im Mitleid mit der Witwe und den acht Kindern. Gastgarten, trägt eine Erinnerungstafel und wird von den Besitzern des Hüttwirtes, Im zweiten Kriegsjahr wurde mit Erlass Herrn und Frau Mayer, liebevoll gepflegt. vom 24.02.1915 Zl. l52/Präs. Zell am See Oberlehrer Feichtner zum Vertrauensmann Mit 01.03.1899 übernimmt die Leitung der und Zählungskommissär für die Vorrats- Schule Hütten eine Lehrerpersönlichkeit, aufnahme an Mehl und Getreide in der die bis zum Jahre 1923 wesentlich am Gemeinde Leogang bestellt. Dorfleben beteiligt war.Georg Feichtner war Unterlehrer in Leogang, er war sechs- Es mussten die Vorräte jedes Haushaltes undzwanzig Jahre alt, als er nach Hütten aufgenommen und dann ausgerechnet kam und er verließ es als Mann von fünfzig werden, wie lange die Familie damit aus- Jahren. Seine Aufzeichnungen lassen ihn zukommen und ab welchem Zeitpunkt sie als energischen, strebsamen und seinen wieder Anspruch auf eine Bezugserlaub- Beruf als Berufung auffassenden Menschen nis hatte. Pro Person und Woche wurden erkennen. Jedes Schuljahr begann er mit 1400g Mehl als Anspruch gerechnet. kunstvoll verzierten und bemalten Jahres- zahlen, die die Freude erkennen lassen, mit Diese Bestellung zum Schulleiter und die der er nach den Ferien seinen Unterricht Ernennung zum Wahlleiter des Wahl- wieder aufnahm. Er weist sich auch als sprengels Hütten bei der ersten Wahl zur großer Patriot und Verehrer des Kaiserhau- konstituierenden Nationalversammlung am ses aus, der seinen Kriegsdienst absolvierte 16.02.1919 und bei allen folgenden Wah- und 1918 als Leutnant zurückkehrte. len, lässt erkennen, dass Georg Feichtner eine geachtete Persönlichkeit, nicht nur in Kurz nach seinem Dienstantritt ereig- Hütten, sondern im ganzen Tale und auch nete sich infolge eines Hochwassers am bei den Bezirksbehörden in Zell am See war. 12.09.1899 auf der Bahnstrecke nahe Hatte man ihn doch im Jahre 1909, als der Hütten ein schweres Unglück, dem ein Be- Schulleiter von Leogang erkrankte, dorthin rufsschullehrer aus Judenburg mit seiner geholt um den Neubau der Schule als inte- Frau zum Opfer fiel. An der Beerdigung in rimsmäßiger Schulleiter zu beaufsichtigen Saalfelden nahmen Lehrer und Schüler teil. (Schulchronik Hütten und Leogang 1909).

Große Anteilnahme zeigte sich auch Unter seiner Amtszeit wurde auch die durch einen unterrichtsfreien Tag und Schule Hütten innen umgebaut (was er eine Feier anlässlich der Enthüllung des mit dem Vermerk: „Ein vivat, crescat und Kaiserin-Elisabeth-Denkmals in Salzburg floreat der Schule Hütten!“ quittierte), ein am 12.07.1901. neues Dach aufgeführt, eine Wasserlei- tung vom Burgstein ins Dorf errichtet, (die Breiten Raum nimmt in der Chronik das wesentlich zur Verbesserung des schon Attentat von Sarajewo und der Tod des öfters vom Sprengelarzt beanstandeten letzten Österreichischen Kaisers Karl I. ein. Trinkwassers der Schule beitrug) und ein DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 98

Grund für einen Schulgarten hinter dem wie die Wahl ihrer Nachfolger. Pietätvoll Schulhaus angekauft. wird jede Aufzeichnung über einen Todes- fall mit „R.I.P.“ abgeschlossen. Feichtner führte die Schulchronik vorbild- lich und vermerkte alle wichtigen Ereignisse: Im Herbst 1910 bekam Oberlehrer Feicht- die Themen der jährlichen Bezikslehrerkon- ner vom Bezirksschulrat Zell am See einen ferenzen in Zell am See, die Inspektionen, absolvierten Lehramtskandidaten, Josef die jedes dritte Jahr erfolgte Wahl des Orts- Ainberger, der viele Jahre in Hütten und schulrates und jeden Lehrer-und Kateche- Leogang sehr erfolgreich tätig sein sollte, als tenwechsel; auch die Firmungen durch den Lehrer zugewiesen, welcher sich als junger, Salzburger Erzbischof in Leogang und die strebsamer Mann sofort zu dem am 4. und Christbaumfeiern mit Bescherung für be- 5. Dezember in Zell am See abgehaltenen dürftige Kinder wurden aufs Genaueste mit Skikurs meldete. Dieses Engagement ende- dem Ablauf der Feier und der Aufzählung te wenig erfreulich, wie aus der Eintragung der gesungenen Lieder beschrieben. des Oberlehrers zu entnehmen ist: „Total erschöpft und mit einem Bron- Aber auch Dinge, die nicht in direktem chial- und Rachenkartharr behaftet Bezug zur Schule standen, fanden Be- kam er zurück, so daß er am 10.12. den achtung, wie die Tode Papst Pius X. Unterricht auf 4 Wochen einstellen am 20.08.1914 und Benedikts XV. am mußte.“ (Schulchronik Hütten 1910/11) 22.01.1922, die mit einem Rückblick auf das Leben und einer Würdigung der Ver- Knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkrie- dienste der Verstorbenen in der Schul- ges, nämlich am 22.03.1914 erhielt Hütten chronik festgehalten wurden, genau so einen Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr

Kaiserin Elisabeth-Denkmal beim Hotel de l‘Europe Quelle: Salzburg Chronik S. 207

Kaiser Karl I. und Gemahlin Zita Quelle: Salzburg Synchronik S. 218 Seite 99 LISELOTTE HUBER

Leogang und Oberlehrer Feichtner wurde noch eine seiner Töchter in Leogang. Sie zum Löschzugführer gewählt. Aber auch war über neunzig Jahre alt geworden. dieses Unternehmen begann mit Schwie- rigkeiten. Der neuernannte Löschzugführer Um die Jahrhundertwende war das Dorf sah sich zu folgendem Bericht veranlasst: Hütten im Wesentlichen schon so, wie „Leider sollte der neuen Löschmann- ich es in den fünfziger Jahren unseres schaft nicht viel Zeit zur Entwicklung Jahrhunderts kennenlernte. Ganz wenige beschieden sein, denn schon 12 Stun- Häuser waren dazugekommen, so z.B. das den drauf, d. i. am 23. März 4 Uhr Früh, Feuerwehrhaus, die 1906 neben der Stra- brannte das Bauerngut zum Lechner, ße mit der Nummer 17 versehene Schmie- Schwarzleo Nr. 10 des Anton Hirsch- de (GB Saalfelden, KG Sonnberg, EZ 87), bichler gänzlich nieder und rückte die die bis dahin eine gemeinsame Parzelle neue Mannschaft mit ihrer Spritze zum mit dem Hüttwirt bildete und ein oder zwei 1. male aus. Nebengebäude konnten Häuser, die aber schon vom „Ortskern“ gerettet werden, auch das Vieh und entfernter waren. In einem dieser Häuser einzelne Einrichtungsstücke.“ (Schul- hatte sich neben dem traditionellen Hütt- chronik Hütten, 1913/14) krämer in den fünfziger Jahren eine wei- tere Lebensmittelhandlung, betrieben von Alle Kinder Feichtners sind in Hütten ge- Frau Grete Dum, etabliert. boren; sein erster Sohn Georg wenige Tage nach Beginn seiner Tätigkeit in dieser Schu- Der Hüttkrämer befand sich im ehemaligen le, er starb jedoch nach wenigen Wochen. Provianthaus, jetzt Thurnhaus und wur- de zunächst von der Familie Dschulnigg, 1923 wurde Feichtner als Leiter an die die sporadisch mehrere Häuser in Hütten Volksschule Leogang versetzt, die er noch innehatte, betrieben. 1958 kaufte das Haus zehn Jahre zur vollsten Zufriedenheit sei- Rupert Schmuck vom Forsthof. Die Krä- ner Vorgesetzten innehatte. Er starb dort merei wurde zu dieser Zeit von Frau Kilian, 1943 im Alter von siebzig Jahren und ist deren Mann ein Lebensmittelgeschäft in noch heute den Leogangern und Hüttenern Leogang besaß, geführt. Es war ein kleiner in guter Erinnerung. Bis vor kurzem lebte Laden, zu dem man von der Straße eini-

Thurnhaus © Susanne Bayer DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 100 ge Stufen hinuntersteigen musste. Auf 1909 kaufte Rudolf Scheiber das Weber- engstem Raum gab es hier alles, was man haus Nr.3 und ließ sich als Bäcker nieder. eben so brauchte. Wenn wir auf Urlaub in Seit der Zeit ist dieses Haus das Bäcker- Hütten waren, konnten wir uns dort unsere haus und wird noch heute in dritter Gene- Toiletteartikel, Naschereien und Hand- ration von der Familie Scheiber als Bäcke- arbeitsutensilien kaufen. Zu jeder Zeit war rei geführt, (GB Saalflden, KG Sonnberg, EZ es erlaubt bei Frau Kilian ans Küchenfens- 67) das letzte Gewerbe am Platze. Gebe ter zu klopfen und immer war der Einkauf Gott es bleibt noch lange erhalten, ebenso mit einem kleinen Plausch über Dinge, die wie die Tabak Trafik der Familie Friedle. sich inzwischen ereignet hatten, verbun- den. Ende der siebziger Jahre eröffnete Ganz objektiv gesehen könnte heute nie- die Familie Kilian ein Selbstbedienungs- mand mehr von diesen Handwerken leben geschäft in dem unweit des Thurnhauses und es gibt in Hütten kaum ein Haus, das errichteten Neubau, aber auch dieses nicht vom Fremdenverkehr durch Privat- wurde wie schon zuvor das Geschäft der zimmervermietung, die besonders in den Frau Dum bald geschlossen und damit Wintermonaten rentabel ist, profitiert und ist die mehrere hundert Jahre währende somit einen Nebenverdienst hat. Tradition des Hüttkrämers zu Ende gegan- gen und den modernen Großmärkten, die Während der Manöver, die im August 1907 im Zeitalter der Vollmotorisierung leicht zwischen Hochfilzen und Leogang, auf erreichbar sind, zum Opfer gefallen, genau dem Gelände längs des Bahnkörpers vom wie die anderen längst aus dem Dorfbild k. u. k. Infanterie Regiment Nr. l4, welches verschwundenen Handwerker. am 7. August bei einer eineinhalb stündi- gen Rast in Hütten„flotte Märsche“ spielte, Ehemals gab es einen Zimmermann, einen abgehalten wurden (Schulchronik Hütten Weber, einen Sattler, einen Schmied, ei- 1906/07), und für die Bevölkerung ein sel- nen Schuster, einen Schneider und sogar tenes Ereignis waren, ahnte niemand, dass einen Elektriker in dem kleinen, damals in wenigen Jahren bitterer Ernst daraus noch autarken Dörflein.

Hüttbäck Quelle: Liselotte Huber Seite 101 LISELOTTE HUBER werden sollte. Sieben Jahre später war der Die weibliche Bevölkerung und insbe- Erste Weltkrieg ausgebrochen und forderte sondere die Schuljugend handarbeitete von der Zivilbevölkerung große Opfer. Die für die Männer im Felde und sammel- direkte Bedrohung des Zweiten Weltkrie- te Wollsachen, Metall, Kautschuk und ges durch Luftangriffe war nicht gegeben, Früchteblätter. Der Bestand an Messing-, aber auch die kleinste Gemeinde musste Kupfer- und Zinkgegenständen wurde ihre Väter und Söhne ziehen lassen, von aufgenommen und der Behörde gemeldet denen viele nicht mehr zurückkamen. (Gend. Chr. 30.04.1915) und im August 1915 stellte man in Leogang neben der Das Attentat auf den Thronfolger Erzher- Pfarrkirche ein Holzkreuz auf, das gegen zog Franz Ferdinand und seine Gemahlin eine Spende mit Nägeln beschlagen wer- Fürstin Hohenberg am 28.06.1914 kam für den konnte - der Erlös dieser Aktion dien- die Bevölkerung wie aus heiterem Himmel, te der Errichtung eines Kriegerdenkmales kurz darauf folgte das Ultimatum und am und der Unterstützung der Kriegswitwen 28. Juli die Kriegserklärung Österreich-Un- und -waisen (Gend. Chr. Aug. 1915). garns an Serbien, der binnen siebzehn Tagen zehn weitere folgten. In diesen ersten Kriegsjahren gab es noch eine Reihe von Erfolgsmeldungen von den Bereits 1915 waren 25.000 Lehrer beim Kriegsschauplätzen, die mit Beleuchtung Wehrdienst, allein aus dem Lande Salzburg und Beflaggung des Ortes gefeiert wurden, 120, nur noch ein Drittel der männlichen ebenso wie man die 100-jährige Zuge- Lehrkräfte war zu Hause; in der Gemeinde hörigkeit des Herzogtums Salzburgs zur Leogang gab es bereits vierzig Gefallene Habsburgermonarchie „in schlichter, aber von dreihundert bei der Mobilisierung Ein- inniger Weise der Zeit entsprechend“ wür- gerückten (Schulchronik Hütten 1915/16). digte (Schulchronik Hütten 1915/16).

Zum Landsturm wurden alle, auch die älte- Nach dem unglücklichen Ende des Krie- ren Jahrgänge eingezogen, so zum Beispiel ges und der Proklamation der Republik 1914 die 41-Jährigen. Nicht jeder folgte Deutsch-Österreich kam die große Infla- freudig dem Ruf seines Kaisers; so hatte tion mit Preissteigerungen bis zu 300 Pro- sich auf dem Wege nach Leogang der Land- zent. Das Badhaus Leogang ging 1920/21 sturmmann Anton Dürnberger dem Befehl gemeinsam mit dem Schratteneckgut um des Landsturmzugsführers Leopold Mitter- 6 Millionen Kronen in andere Hände über. mayer widersetzt und wurde von diesem Wieviel war diese Summe zur damaligen erschossen. Mittermayer wurde in die Lan- Zeit, verglichen mit anderen Währungen? deswehrdienstgerichtsexpositur Innsbruck Als Beispiel diene der Ankauf des Hütt- eingeliefert (Gend. Chr. 07.09.1914). wirtshauses im selben Jahr durch einen Pustertaler um 500 italienische Lire, das Bereits 1915 begann die Mehlrationierung bedeutete umgerechnet 1 Million Kronen und die Gendarmerie war beauftragt die (Schulchronik Hütten 1920 – 21). Einhaltung der Vorschriften in den Fa- milien zu überwachen, ebenso wie das Bei der Umstellung der Währung auf Mark Verbot des freien Aufstellens von Brot in am 01.09.1923 mußte man für 1 Mark Gasthäusern (Gend. Chr. 11.02.1915). 102 österreichische Kronen, aber nur DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 102

0,000065! Schweizer Rappen bezahlen Dieses wurde erst während des Zweiten (Schulchronik Hütten 1923/24). Schon am Weltkrieges im Sommer 1942, als die Schule 01.01.1925 wurde die Mark vom Österrei- Einquartierung von Gebirgsjägern hatte, chischen Schilling, der mit Ausnahme der eingeleitet (Schulchronik Leogang 1942/43). Jahre von 1938-1945, bis heute Zahlungs- mittel unseres Landes ist und hoffentlich Zwei Söhne Direktor Albert Steidls beklei- noch lange bleibt, abgelöst. Die Umwechs- deten in späteren Jahren hohe öffentliche lung auf Kronenbasis war 1:10.000, das Funktionen: Dr. Albert Steidl war Bürger- heißt, dass man für einen Schilling 10.000 meister von Leogang, Finanzlandesrat von Kronen bezahlen musste, beziehungswei- Salzburg und Nationalratsabgeordneter, se für 100 Kronen einen Groschen bekam und Hofrat Dr. Josef Steidl fungierte als (Schulchronik Hütten 1920 – 1925). Landesschulinspektor für Volks- und Hauptschulen im Lande Salzburg. Das 1924 im Ortsgebiet Rain errichtet Elektrizitätswerk beleuchtete den Ort Leo- Die Familie Steidl bewohnte auch nach gang zum ersten Male am Silvesterabend dem Abgang Direktor Albert Steidls von desselben Jahres und 1929/30 wurde mit der Schule Hütten weiterhin die Leiter- diesem Strom auch das Schulhaus Hütten wohnung im Schulhaus und die Witwe erhellt, um die Durchführung von abend- Notburga Steidl erwarb das Haus 1957 lichen, landwirtschaftlichen Fortbildungs- nach der Verlegung der Volksschule in den kursen zu ermöglichen. Diese Kurse, die Neubau jenseits der Ache neben dem von der Landjugend gerne besucht wur- Jodlhaus. 1961 ging das alte Schulhaus den, hielt Schuldirektor Albert Steidl, der in die Hände Dr. Albert Steidls über (GB seit dem Schuljahre 1928/29 die Volks- Saalfelden, KG Sonnberg, EZ 75). schule Hütten leitete. Bis zu seiner Über- stellung an die Hauptschule Saalfelden im Die Jahre zwischen den beiden Kriegen Jahre 1941 war er an dieser Schule tätig brachten zunächst durch die Wiederauf- und starb 1943 in Franking (OÖ, damals nahme des Bergbaues auf der Inschlag- Oberdonau) (Schulchronik Hütten 1943). alm eine Zunahme an Arbeitsplätzen. Das Die Volksschule Leogang hingegen musste Magnesit wurde zwischen 1919 und 1923 noch lange auf elektrisches Licht warten. durch Zufall entdeckt und der Abbaube-

Hüttschule Quelle: Liselotte Huber Seite 103 LISELOTTE HUBER

243 Günther: Schauberg- trieb im Tagbau begonnen. 1937 erbaute In der Schulchronik werden die Ereignis- werk S. 28 man die 5,5 km lange Seilbahn vom Stein- se der Jahre bis 1938 ohne Kommentar bruch zum Bahnhof Leogang. Bedingt wiedergegeben. 1928 wurde die Salzburger durch den Rohstoffmangel während des Landeshymne und 1930 die von Ottokar Zweiten Weltkrieges konnte der Bergbau Kernstock neu textierte Haydnmelodie intensiviert und konnten 15 Einheimische der ehemaligen Kaiserhymne (die mit dem und bis zu 36 russische Kriegsgefangene 1841 von Hoffmann von Fallersteben ge- beschäftigt werden. 243 dichteten „Lied der Deutschen“ als Text, von den Nationalsozialisten zu ihren Pro- Auch bei der Eisenbahn, die mit der Halte- pagandazwecken missbraucht und nach stelle Leogang-Steinberge im Rosental 1930 dem Zusammenbruch des Dritten Reiches und der Haltestelle Berg-Grießen 1933, zwar von der Bundesrepublik Deutschland zwei weitere Stationen bekommen hatte, bis heute weiter verwendet, von Öster- fanden immer mehr Leoganger und Hütte- reich aber durch eine neue Bundeshymne ner als Bahnbedienstete Anstellungen. ersetzt wurde) als Volkshymne eingeführt und bei allen Schulfeiern gesungen (Schul- Die Haltestelle Grießen wurde auf langes chronik Leogang 1928 bzw. 1930). Betreiben von Pfarrer Gaßner endlich er- richtet. Sie sollte den Grießener Kindern 1932 ernannte der Gemeinderat von Leo- den Schulweg erleichtern, doch brachte gang den ältesten Sohn des letzten Kai- die Erfüllung dieses Ansuchens nicht den sers, Otto von Habsburg, mit zwölf gegen gewünschten Erfolg, denn die Kinder hatten eine Stimme (Gend. Chr. 17.04.1932) und keine Aussteigemöglichkeit in der Nähe der 1934 Bundeskanzler Dollfuß zu Ehren- Schule. So blieb die Expositur Grießen, die bürgern. 1935 erfolgte die Benennung des 1931 zunächst als Winterschule vom 1. De- Schulplatzes nach dem 1934 ermordeten zember bis 30. April in der Kuchlkammer des Bundeskanzler Dollfuß, anlässlich der Tödlingwirtes errichtet worden war, trotz Aufstellung von Dollfuß- und Kaiser Karl heftigen Bedenkens von Seiten des Schul- Gedenksäulen, sowie der Errichtung eines leiters Albert Steidl auf Bitten der Eltern Musikpavillons (Schulchronik Leogang weiterhin bestehen. Sie wurde im Schul- 1934/35). Bereits nach drei Jahren hieß jahr 1934/35 vom Landesschulrat sogar zur er Adolf Hitler Platz. Ganzjahresschule erweitert, aber wegen Raummangels zum Martlbauer in Grießen All dies konnte nicht verhindern, dass verlegt. Mit Beginn des Schuljahres 1939/40 auch in diesem Tale die Umtriebe des wurde sie geschlossen, da auf Ansuchen Nationalsozialismus‘ sich durch Unruhen, des Kreisschulrates Zell am See an Schul- besonders unter den Arbeitern bemerkbar tagen am Wächterhaus 114 (nachmalige machten, was dazu führte, dass die Gen- Haltestelle Hütten) morgens ein Zug in Rich- darmerie am 25.07.1933 mit Gummiknüp- tung Saalfelden und nachmittags ein Zug peln ausgestattet wurde. Am 12.02.1934 in Richtung Wörgl anhielt und den Schul- sah man sich gezwungen nach einem kindem außerdem durch Errichtung einer Waffenfund im Finsterbachhochwald, Schulküche “mit tatkräftiger Unterstützung das Standrecht zu verhängen der NSV“ ein warmes Mittagessen geboten (Gend. Chr. 1933 und 1934). werden konnte (Schulchronik Hütten 1939). DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 104

Im selben Jahr gab es im Oktober in aus dem sogenannten Altreich für Saalfelden eine Kundgebung mit Minister 1-2 Wochen zur Erholung nach Leogang Emil Fey, die unter der Devise „Das Vater- (Schulchronik Leogang 1938). land über alles und Pflichterfüllung bis zum Äußersten“ stand und an der auch Der Sommerfremdenverkehr, der in der die Hüttener Schuljugend in der Organi- Gemeinde Leogang (allerdings nicht in sation der Jungvaterlandjugend teilnahm Hütten) gerade im Aufbau begriffen war, (Schulchronik Hütten 1934/35), ebenso kam durch den Beginn des Zweiten Welt- am Aufmarsch des Heimatschutzes am kriegs am 01.09.1939 ganz zum Erliegen. 28.10.1935, zu dem Vizekanzler Starhem- Von direkten Kriegseinwirkungen blieb berg nach Zell am See gekommen war das Tal allerdings verschont, mit Ausnah- (Schulchronik Hütten 1935). me einer Bombe, die auf freies Feld fiel, ohne Schaden anzurichten (Gend. Chr. Der Anschluss an Hitlerdeutschland am 22.11.1944). Es gab häufig Fliegeralarme 13.03.1938 ging laut Gendarmeriechronik und im letzten Kriegsjahr rege Flugtätigkeit ganz ruhig vor sich und bei der Abstim- amerikanischer Bomber in nord-südlicher mung gab es von 1099 Wahlberechtigten Richtung. 1945 mussten noch alle 16- bis nur, oder immerhin, 6 Neinstimmen und 60-jährigen männlichen „Volksgenossen“ eine ungültige Stimme. zum „Volkssturm“ – im Volksmund V3 genannt – einrücken. Welche Aussagekraft über den Willen der Bevölkerung solche Wahlen haben, kann Auch die Frauen und Mädchen wurden nur jemand beurteilen, der ein solches ra- zum Kriegseinsatz verwendet. Ab 1939 gab dikal-diktatorisches Regime – ob Faschis- es in Leogang im Rosental ein Lager für mus oder Nationalsozialismus – selbst 50 Arbeitsmaiden, die bei Bauern zur miterlebt hat. Es war die Angst, welche die Dienstleistung eingeteilt waren. meisten Leute das „JA“ ankreuzen ließ, genauso wie dieselben Hände dann sieben Desgleichen mussten die weiblichen Lehr- Jahre lang aus Angst sich zum „Deutschen kräfte in den Sommerferien Ernteeinsatz Gruß“ erhoben (obgleich auf dem Dorf das leisten. Die beiden weiblichen Lehrkräfte „Grüß Gott“ nicht so ausgerottet werden der Schule Hütten arbeiteten in den Jahren konnte wie in der Stadt) und diese sieben 1942 und 1943 beim Burgsteinbauern in Jahre waren es auch, die durch die per- Hütten, im darauffolgenden Jahr mussten manent vorhandene Angst um das eigene sie nach Kroatien, um dort für drei Wochen und das Leben der Familie für eine ganze deutsche Sprachkurse abzuhalten (Schul- Generation von Österreichern das Wort chronik Hütten 1942 bis 1944). „deutsch“ zu einem vorsichtig gebrauchten Wort machte. 1943 kamen 30 Mütter mit 70 Kindern aus Gelsenkirchen zur Erholung nach Leogang; Gleich nach dem Anschluss wurde das ab 1944 konnten aufgrund des Reichs- schöne Leogangtal von der K. d. F. (Kraft leistungsgesetzes laut Erlass des Reichs- durch Freude, eine Organisation der Na- statthalters in Salzburg vom 09.11.1944 tionalsozialisten) entdeckt und es kamen Schulhäuser für die Wehrmacht oder zur im Sommer 1938 dreimal ca. 100 Personen Unterbringung von Flüchtlingen beschlag- Seite 105 LISELOTTE HUBER nahmt werden, wobei darauf zu achten rote Fahne herunter und verbrannten sie. war, dass alle „Einrichtungsstücke, sowie Ein Generalstabsoberst des im Gasthaus alle Lehr- und Lernmittel entfernt und tro- Stöckl in Leogang einquartierten General- cken und unter Verschluss aufzubewahren stabes der ehemaligen deutschen Wehr- sind“; außerdem sollte dafür gesorgt wer- macht stellte Poll zur Rede und im Zuge den, dass der Unterricht in anderen Räu- der Auseinandersetzung wurde dieser von men „so viel als möglich” aufrecht erhalten dem Oberst durch mehrere Bauchschüsse wird (Beilage zur Schulchronik Hütten). aus einer Pistole getötet (Gend. Chr. 1945).

Durch diese Einquartierungen kam es aber In Leogang hatten sich außer dem oben er- immer wieder zu Schulausfällen und am wähnten Generalstab unter General Thill- 06.05.1945 musste aus diesem Grunde der mann auch der Arbeitsstab des Gauleiters Schulbetrieb in Hütten für dieses Schul- von Salzburg und eine ganze Reihe von jahr ganz eingestellt werden (Schulchronik Personen, die vor den sowjetischen Truppen Hütten 1945). aus „Niederdonau“ (NÖ) geflohen waren, eingefunden (Schulchronik Leogang 1945). Der Einmarsch der Amerikanischen Trup- pen erfolgte am 08.05.1945 und wurde von Die Amerikaner rückten mit 50 bis 60 der Bevölkerung mit Erleichterung über das Mann ein und ließen zunächst die Orts- Ende des schrecklichen Krieges und der gruppenleiter und Bürgermeister vorüber- NS-Diktatur aufgenommen. Noch kurz vor gehend festnehmen und dem CIC in Zell Kriegsende, am 21.03.1945, wurden zwei aus am See überstellen. einem Salzburger Lager geflohene französi- sche Kriegsgefangene von dem deutschen Auch die Schulleiter und Lehrkräfte wur- Unteroffizier Josef Oellinger in Rain erschos- den ihres Amtes enthoben und mussten sen und Leutnant Friedrich Schuhmann aus einen Fragebogen, die nationalsozialisti- Wuppertal beging am 7. Mai, kurz vor dem schen Betätigungen in den vergangenen Einmarsch der amerikanischen Truppen, in sieben Jahre betreffend, ausfüllen (Schul- Sonnberg Selbstmord durch einen Kopf- chronik Leogang und Hütten 1945), wur- schuss. (Gend. Chr. 1945) Beide so sinnlosen den aber zum größten Teil sofort oder im Tragödien ereigneten sich in unmittelbarer nächsten Schuljahr wieder in den Schul- Nähe des Ortsgebietes von Hütten. dienst eingestellt.

Die Gemeinde Leogang hatte von 465 In einem Arbeitslager im Gemeindegebiet Männern, die zum Wehrdienst eingezogen Leogang wurden 170 deutsche Kriegsge- worden waren 90 Gefallene, 27 Vermiss- fangene festgehalten und zur Holzarbeit te, 75 zum Teil schwer Verwundete und 3 herangezogen. Die ersten amerikanischen Gefangene zu beklagen. Der Krieg war erst Truppen, die einer Kampfeinheit angehör- wenige Tage zu Ende, da ereignete sich ten und als Sieger anspruchsvoll auftraten, auf dem Schrattenegg ein bedauerlicher verließen am 6. Juli wieder die Gemeinde Zwischenfall. Am 14.05.1945 rissen Ange- und wurden von 120 Mann Besatzung, die hörige einer deutschen Wehrmachtsein- zum Teil im Schulhaus Leogang einquartiert heit unter Führung des reichsdeutschen waren und sich der Bevölkerung gegenüber Oberleutnants Poll die gehisste rot-weiß- sehr gut verhielten, abgelöst. Nur wenige DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 106

Wochen dauerte diese Belegung, denn ab reisen durften, überwacht. Diese Kontrollen 1. August verblieben nur noch 8 Mann, die sollten noch einige Jahre andauern. bereits am 28.11.1946 den Ort verließen (Gend. Chr. 1946). Viel schneller als im städtischen und stadtnahen Bereich normalisierte sich Zu Beginn des ersten Nachkriegsschuljah- das Leben wieder. Vor allen Dingen war die res trat wieder ein Gottesdienst an Stelle Versorgung mit Lebensmittel im ländlichen der Eröffnungsfeier der vergangenen sieben Bereich auch in den Jahren des Krieges Jahre und die ersten Friedensweihnachten eine gute, während in der Stadt die Men- brachten den Schulkindem ein schönes schen ausgehungert waren und noch wei- Fest mit gutem Essen und einer Bescherung ter hungern mussten. In den Landgemein- durch die amerikanischen Besatzungssol- den gab es auch keine Wiederaufbauarbeit daten (Schulchronik Leogang 1945). zu leisten, wenngleich die letzten Jahre nicht nur Stagnation, sondern Rückschritt Die Demarkationslinie zwischen amerika- bedeutet hatten. Dennoch konnte schnel- nischer und französischer Besatzungszone, ler als in den verwüsteten, mit Flüchtlingen die längs des Passes Grießen verlief, wurde überfüllten und ausgehungerten Städten durch Kontrolle der Zugspassagiere, die nur an die Vorkriegszeiten angeschlossen und mit einem viersprachigen Identitätsausweis die Grundlage für die enorme Entwicklung von einer Besatzungszone in die andere der kommenden Jahre gelegt werden.

Überblick über die Innovationen der letzten fünfzig Jahre, die zur Entstehung der Fremdenverkehrs- und Skiregion Leogangtal führten, mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungen im Dorf Hütten

Die Jahre seit dem Ende des Zweiten Welt- einzige Möglichkeit, das Dorf zu erreichen. krieges haben das Leogangtal und mit ihm das Dorf Hütten in solchem Maße verändert, Nunmehr führt die breite Hochkönig Bun- wie es die fast vierhundert Jahre seit der desstraße von Saalfelden über Leogang Entstehung der Schmelzhütte nicht taten. und den Pass Grießen in das angrenzende Tirol. Das Tal bildet ein fast geschlossenes Das Tal war in den fünfziger Jahren noch Siedlungsgebiet, es ist kanalisiert und die verhältnismäßig schlecht erschlossen. höher gelegenen Bauernhöfe sind durch- Eine schmale Schotterstraße, die dem Lauf wegs auf Güterwegen erreichbar. Getreide der Ache in vielen Kurven folgte, bergauf wurde kaum mehr angebaut, erlebte in den und bergab führte und den damals fast letzten zehn Jahren eine Wiederbelebung. ausschließlich kommerziellen Verkehr Das Grünland wird für Rinderhaltung als noch aufnehmen konnte, war neben der Milchwirtschaft oder Mutterkuhhaltung -ge Bundesbahn, die nur mit den wenigen nutzt. Die ehemals fast ausschließlich auf Personenzügen an der aus dem WH 114 am dem agrarischen Sektor tätige Bevölkerung 14.05.1950 entstandenen Haltestelle Hüt- ist zum überwiegenden Teil in Gewerbe- ten anhielt (Schulchronik Hütten 1950), die betrieben, im öffentlichen Dienst und im LISELOTTE HUBER

Fremdenverkehr beschäftigt. ersten Stock einen Saal, in dem eine Reihe Durch seine geographischen Gegeben- von Schulveranstaltungen, wie die Preis- heiten bot das Tal ideale Vorbedingungen verteilung nach dem jährlichen Dorfschi- für Sommerfrische im traditionellen Sinn tag oder Abschiedsfeiern für scheidende und so hatte in Leogang der Sommerfrem- Schulleiter und Katecheten, neben Tanz- denverkehr kurz nach dem Krieg wieder veranstaltungen abgehalten wurden. Es eingesetzt, besonders das Bad Leogang war auch üblich, dass die Bauern von den wurde von vielen Erholung Suchenden be- umliegenden Höfen am Sonntagvormittag sucht. 1949 konnten 2453 Übernachtun- zu ihrem Frühschoppen kamen und am gen durch 280 Gäste verzeichnet werden, Nachmittag am Stammtisch neben dem -ge von denen 228 Österreicher waren (Schul- mütlichen Kachelofen Karten spielten. chronik Leogang 1949). In der Folge wurde 1954 der Fremdenverkehrsverein Leogang In der Hüttwirtskapelle wurde der Annen- gegründet (Schulchronik Leogang 1954), tag am 26. Juli als Patrozinium, zu dem die der sich zum Ziel setzte Einrichtungen zu Senner und Sennerinnen von den bewirt- schaffen, die dem Sommergast Möglich- schafteten Almen ins Tal kamen (versteht keiten zur angenehmen Gestaltung seines sich zu Fuß, denn die Zeit der Güterwege Aufenthaltes bieten sollten. war noch nicht angebrochen) und der Barbaratag am 4. Dezember, als Schutz- In Hütten gab es zu dieser Zeit noch ganz patronin der Bergleute, gefeiert. wenig Besucher. Das einzige Gasthaus bot kaum Fremdenzimmer, von Privatzimmer- Es war ein richtig liebes, kleines Dörflein vermietung oder Ferien am Bauernhof war mit Schule, Gasthaus, Krämerei, Bäckerei, noch keine Rede. Försterhaus und Schmiede, in der noch am offenen Feuer und am Amboss gearbeitet Dafür gab es beim Hüttwirt noch eine Ke- wurde. Die herrlichste Freizeitunterhal- gelbahn, eine gemütliche Gaststube und im tung war es dabei zuzuschauen, wenn der

Hüttwirt 1930 mit Kegelbahn Hüttwirt Otto Eder 1980 Quelle: Leonhard Gruber Quelle: Anna Gruber DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 108 rußige Schmied Otto Eder schmiedeeiser- Die Zunahme der Privatautos und der damit ne Gitter und Vorhangstangen aus dem sich vervielfachende Verkehr machte einen glühenden Eisen hämmerte. Ausbau der Straße unumgänglich, der in dem teilweise sehr engen Tal abschnitts- Oben am Waldesrand fuhr der Zug und weise große Schwierigkeiten bereitete. jenseits der Gleise führten schmale Pfade auf Almen, von den bizarren Formen der 1959 begann der Bau des 4 km langen Leoganger Steinberge überragt. Viele, lei- Teilstückes zwischen Grießen und Hoch- der auch unerfahrene, Bergsteiger wurden filzen und erst mehr als zehn Jahre später und werden immer wieder angelockt diese war das letzte, schwierigste Stück zwi- Berge zu bezwingen, die fast jedes Jahr schen Hütten und Grießen vollendet. Menschenopfer fordern. Die neue Straße erforderte gewaltige Erdbewegungen, eine Reihe von Brücken- Durch die Entwicklung der Almwirtschaft bauten, Wasserregulierungen und groß- (ÖPUL, Almförderung) sind die Almen räumige Verlegungen der alten Trasse. teilweise wieder bewirtschaftet, das dort Die Umfahrung Hütten bedeutet eine weidende Vieh besteht teils aus Jungvieh wichtige Entlastung für das Dorf, leider und Mutterkühen; die Milchkühe werden brachte es der rapide ansteigende Auto- mit aggregat/strombetriebenen Melk- verkehr mit sich, dass ab 1975 fast jedes maschinen morgens und abends von den Jahr ein Schulkind im Straßenverkehr Bauern, die mit dem PKW die Almen auf zu Schaden, wenn nicht zu Tode, kam. Güterwegen in kürzester Zeit erreichen können, versorgt. Der Wanderer muss Eine wesentliche Anregung für den Frem- sich nicht mehr mit einem Butterbrot denverkehr bedeutete auch die 1967 und einer Schale Milch begnügen son- erfolgte Eröffnung desSchwimmbades in dern kann bei einer stärkenden Almjause Leogang und insbesondere der Freizeitan- mit Speck, Brot, Butter und teils selbst- lage Sonnrain im darauffolgenden Jahr, die gebackenem Brot mit entsprechendem mit Liegewiesen, Minigolf, Sportanlagen Getränk (auch Milch) den beruhigenden und weitläufigen Spielflächen den Urlau- Ausblick auf die Bergwelt genießen. bern vielerlei Unterhaltung bietet.

Freizeitanlage Sonnrain 1968 Quelle: Schulchronik Leogang Seite 109 LISELOTTE HUBER

Ein Opfer des nicht immer nur positi ve Im selben Jahre wie die Schulaufl ösung Resultate zeiti genden Fortschritt glaubens erfolgte auch die Schließung des Berg- wurde die 1957 mit so viel Euphorie einge- baues Inschlagalm, und mit dem zwei weihte neue Schule Hütt en. Am 25.04.1970 Jahre später erbauten Sessellift auf den in sti mmte der Gemeinderat mit Vertretern unmitt elbarer Nähe des Dorfes Hütt en be- des Elternvereines zur Überraschung des fi ndlichen 1900m hohen Asitz erfolgte die Schulleiters mit 14:13 für die Aufl assung totale Umstrukturierung des Gebietes von der Volksschule Hütt en, um den Kindern einem durch Bergbau und Landwirtschaft „die bestmögliche Ausbildung“ zu bieten geprägten Gebiet in eine zunächst voll (Schulchronik Leogang 1970). Damit fi el eine auf den Winter konzentrierte Fremden- Einrichtung, die mehr als 150 Jahre bestan- verkehrsregion. Die Erwerbstäti gkeit der den hatt e, der modernen Zeit zum Opfer und Bevölkerung verlegte sich fast völlig auf die annähernd hundert Schüler des Schul- diesen zukunft strächti gen Wirtschaft s- sprengels Hütt en wurden von nun an mit zweig. Die Investi ti on von 25 Millionen in einem Schulbus nach Leogang gefahren. den Bau dieses Sessellift es amorti sierte sich in wenigen Jahren. Der Lift war in der Jedes Jahr bedurft e es in der Schulleitung Lage 4000 Gäste pro Stunde auf den Berg Leogang einer neuen Planung und Ein- zu transporti eren und die damit verbunde- teilung der Unterrichtsstunden, um den ne Geburt der Schiregion Leogangtal wur- Unterrichtsbeginn und das -ende mit den de mit der Verleihung des Wappen an die Busbetreibern abzusti mmen. Das erst Gemeinde Leogang im Jahre 1972 belohnt dreizehn Jahre alte, dem Land gehörende (Schulchronik Leogang 1972). Schulgebäude in Hütt en musste noch zehn Jahre einer neuen Besti mmung harren.

1. Sessellift 1972 Quelle: Leonhard Gruber

Wappen 1992 Quelle: Leonhard Gruber DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 110

Die explosionsartige Zunahme an ein- die Hauptsaison vom Sommer auf den schlägigen Betrieben und die damit ver- Winter und die Herkunft der Gäste vom bundene Errichtung von verschiedensten Inland auf das Ausland verlagert haben, Freizeitanlagen für den Winter, wie Loipen, braucht nicht erst erwähnt zu werden. Es beleuchtete Nachtrodelbahn, Bars und sind Schneehungrige in der Mehrzahl aus Hallenbad, sowie in letzter Zeit, seitdem England, Holland und Deutschland, aber wieder mehr Augenmerk dem über Jahre auch aus Frankreich und zunehmend aus stark zurückgegangenen Sommerreisever- Italien, die nach Leogang und Hütten kom- kehr geschenkt wird, von Möglichkeiten für men. Da den Gästen aus aller Welt die lan- Tennis, Übungsgolf, Fischen, Reiten und gen Wartezeiten bei den Liftanlagen und Windsurfen, veränderte das Aussehen des die Fahrt auf den Berg bei Kälte und Wind Tales vollkommen, leider nicht immer zu nicht mehr zuzumuten war, beschloss die seinem Vorteil. Andererseits kam durch Gemeinde 1991 den Bau einer modernen den Fremdenverkehr der Wohlstand in Gondelbahn, die pro Gondel acht Perso- das Tal und die Auflassung des Bergwer- nen in nur zwölf Minuten auf den Berg kes hatte dadurch auf dem Arbeitsmarkt befördert, eine Stundenkapazität von keinerlei Folgen. 2400 Fahrgästen aufweist und im Winter 1993/94 in Betrieb genommen wurde. Man kann ruhigen Gewissens behaupten, dass annähernd jedes der inzwischen 43 Wie stark frequentiert die Region ist, wird Häuser Hüttens Fremdenzimmer anzu- deutlich, wenn man bedenkt, dass der re- bieten hat und trotz der inzwischen ent- lativ kleine Gemeindeteil Hütten nunmehr standenen Hotels der gehobenen und der über fünf Hotels und Gasthöfe, alle in der Luxusklasse, ist es angebracht während gehobenen Klasse, zwei Pensionen, zwei des Winterurlaubes schon die Zimmer Bauernhöfe mit zwölf Privatzimnmern und für das nächste Jahr zu buchen. Ab Mitte vier Ferienwohnungen, sowie eine ganze des Sommers besteht so gut wie keine Reihe von Privathäusern mit Fremden- Chance mehr für die Winterferienzeit ein zimmern verfügt. Insgesamt werden 159 Zimmer zu ergattern. Zimmer und 9 Wohnungen mit insgesamt 400 Betten, die in den Wintermonaten voll Das in der Regel von Dezember bis April ausgelastet sind, angeboten. schneesichere Gebiet hat sich, gewarnt durch die letzten schneearmen Winter, Die Sommergäste jedoch blieben mehr dem Zug der Zeit angeschlossen und eine, und mehr aus, wodurch die Gemeinde sich wie es heißt, die Natur nicht belasten- veranlasst sah, durch Investitionen für de, Beschneiungsanlage für den Winter Einrichtungen den Sommerurlaub im Leo- 1994/95 gebaut. Dass dafür im Schwarz- gangertal wieder attraktiver zu machen. leotal eine Staustufe angelegt werden musste und der schöne Wildbach und die 1980 wurde das seit zehn Jahren leer ste- ihn umgebende Landschaft dadurch noch hende Schulhaus in Hütten einer neuen mehr als bisher beeinträchtigt wird, muss Bestimmung übergeben – es wurde vom wohl in Kauf genommen werden. Land als Lehrer-Erholungsheim adap- tiert. Kochgelegenheiten und Zimmer mit Dass sich in den letzten zwanzig Jahren unterschiedlicher Bettenanzahl wurden Seite 111 LISELOTTE HUBER errichtet, doch die Belegung war sehr unter ein bisschen abenteuerlichen, aber mangelhaft und die Erhaltung rentierte immer sehr romantischen Achenweges, sich nicht. So entschloss sich die Ge- dazu einlädt das Tal bequemer und schnel- meinde Leogang zehn Jahre später das ler als zu Fuß von Leogang bis Hochfilzen Gebäude zu erwerben, es um- und auszu- zu erkunden, queren ganze Gruppen bei bauen und für junge Leoganger Familien Hütten die Ache, verweilen kurz bei der Wohnraum zu schaffen. kleinen Kapelle und machen im schattigen Gastgarten Rast. Dem allgemeinen Trend der achtziger Jahre, dem Dorf wieder seinen ländlichen Cha- Hütten – ein altes Bergbaudorf. Die Be- rakter zu geben und alles, was landschafts- sinnung auf diese Tradition, die nie ganz fremd ist zu entfernen, folgend, beschloss verloren gegangen war, denn immer gab es auch Leogang die Dorferneuerung, aller- eine Bergknappenkapelle, die bei Festen dings erst im Jahre 1989, nachdem 1988 die in ihren schmucken Uniformen aufspielte Anlegung eines Radweges beantragt wor- und die am 29.06.1975 ihr 85-jähriges Be- den war (Schulchronik Leogang 1988/89). stehen feierte (Gend. Chr. 1975), führte zur Entstehung des Schaubergwerkes. Auch der 1986 zum „Geschützten Land- schaftsteil“ erklärte Grießener See (Gend. Die alten Stollen im „Graben“, wie das Chr. 1986) sollte mit diesem Radweg, ohne Schwarzleotal allgemein genannt wird, vom Straßenverkehr behindert zu werden, hatten schon seit Jahren Neugierige an- erreichbar sein. gezogen, die trotz Verbotes in die Stollen eindrangen um Mineralien zu suchen. In Hütten hatte man schon früher begon- nen, das Dorf zu verschönern. Gleichzeitig 1964 verunglückte ein Rentner aus Lo- mit der Renovierung der über 200 Jahre fer im Danielstollen tödlich (Gend. Chr. alten Bergbaukapelle, deren Einweihung 29.07.1964) und in den Jahren 1975 und am 02.02.1983 stattfand (Schulchronik 1987 gab es wieder schwerverletzte Leogang 1983), wurde der bis dahin ge- illegale Mineraliensammler. schotterte Vorplatz gepflastert und vor dem Thurnhaus, das von seinen neuen Die Revitalisierung der noch nicht ganz Besitzern renoviert und zu Ferienwohnun- verbrochenen Daniel- und Babarastollen gen umgebaut worden war, entstand über und die Umgestaltung in ein sehr se- dem Lauf des zugeschütteten ehemaligen henswertes Schaubergwerk, welches am Schmiedbaches ein hölzerner Dorfbrunnen 05.08.1989 eröffnet wurde (Gend. Chr. und ein Platz mit Sitzbänken, auf dem eine 1989), setzte diesen gefährlichen dort aufgestellte Schautafel dem inter- Abenteuern ein Ende. essierten Wanderer die Geschichte und Besonderheit der Hüttkapelle und seines Sehr großen Anteil an der Verwirklichung wertvollen Altarbildes zur Kenntnis bringt. dieses Unternehmens, Salzburgs ältesten Silber-, Quecksilber-, Blei-, Kupfer-, Ko- Seitdem der asphaltierte und die Unregel- balt- und Nickelbergbau wieder zu Ehren mäßigkeiten des Geländes ausgleichende kommen zu lassen, hat die der Geschichte Radweg anstelle des alten, schmalen, mit- des Tales sehr aufgeschlossen gegenüber DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 112

stehende Gemeindeverwaltung Leogang in den zwanzig Jahren zwischen 1961 und 244 Stat. Amt Salzburg 1994 245 ÖSTAT 15. 4 1994 unter Bürgermeister Matthias Scheiber 1981, nämlich 338 Häuser und in den 246 STADAS 15. 4. 1994 und der unermüdliche Einsatz des Ge- letzten zehn Jahren sogar 184. 244 meindeamtsleiters Hermann Mayrhofer. Unter der wissenschaftlichen Leitung von • Von Februar 1973 bis August 1993 stieg Dr. Wilhelm Günther, Dr. Christian Lengauer die Zahl der Fremdenverkehrbetriebe von und Universitätsprofessor Dr. Werner Paar 279 auf 312 und die Bettenanzahl wuchs entstand unter persönlicher Mithilfe vieler von 1.916 auf 3.858, das bedeutet eine Einheimischer, sei es durch finanzielle Verdoppelung. Zuwendungen oder durch eigenhändige Arbeit, als Ergänzung zum Bergwerk, das • Bei den Nächtigungen ergibt sich in der Bergbaumuseum im ehemaligen Verwes- Wintersaison eine Steigerung von 240 haus der Schmelzhütte, Hütten Nr. 10. Prozent in zehn und von 348 Prozent in den zwanzig Jahren zwischen 1973 und Mit viel Einfühlungsvermögen wurde das 1993, das ist in Zahlen ausgedrückt: von noch in seiner ursprünglichen Bausubstanz 50.945 Nächtigungen im Winter 1973 auf erhaltene Gebäude renoviert und zu einem 228.442 im Winter des Jahres 1993. gern besuchten Museum umgestaltet. Seit seiner Eröffnung am 28.06.1992 wird in dem • Ganz anders in den Sommersaisonen: kleinen Dorf Hütten im Sommer und im Win- die 126.520 Nächtigungen von 1983 ter die Gelegenheit geboten, sich kulturell gegenüber dem Jahre 1973 mit 139.291 zu betätigen. So mancher Besucher bekam Nächtigungen bedeuten einen Rückgang dadurch einen Anstoß sich näher mit der von 9 Prozent, wogegen bis 1993 ein An- Geschichte, nicht nur Leogangs, sondern des stieg von 18 Prozent auf 165.047 Nächti- ganzen Landes Salzburg zu befassen. gungen zu verzeichnen ist. 245

Zur Abrundung dieses Überblickes noch • Auch die Verteilung der Arbeitnehmer einige Daten des Gemeindegebietes Leo- auf die verschiedenen Berufsgruppen gang vom Statistischen Amt der Salzbur- ist geprägt von der Fremdenregion und ger Landesregierung über die Zunahme der ihren Anforderungen. Wohngebäude, die Entwicklung der Anzahl der Fremdenverkehrsbetriebe, die Berufs- • Von 684 Beschäftigten arbeiten fast die gruppenstruktur und eine Gegenüberstel- Hälfte, nämlich 293 in Beherbergungs- lung der Zu- oder Abnahme der Nächti- betrieben, 128 im öffentlichen Dienst, 81 gungen in der Winter- und Sommersaison: im Verkehrs- und Nachrichtenwesen, 79 • Die Wohnbevölkerung Leogangs beträgt in der Industrie und im verarbeitenden 3.017 Personen bei 881 Wohngebäuden Gewerbe, 49 im Bauwesen, 30 im Han- mit 893 Wohnungen. del, 18 im Geld- und Kreditwesen und nur noch vier in der Land- und Forstwirt- • Von den 881 Gebäuden bestanden vor dem schaft. Zwei sind auf dem Wasser- und Ersten Weltkrieg 189, in den Jahren bis Energiesektor tätig und niemand mehr zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden im Bergbau, 246 womit der Übergang vom 58 errichtet und zwischen 1945 und 1960 Bergbaugebiet zur Fremdenverkehrsre- waren es 112. Ein gewaltiger Zuwachs war gion deutlichst veranschaulicht wird. Seite 113 LISELOTTE HUBER

CHRONIKEN DER ÄLTESTEN HÄUSER HÜTTENS

Hütten Nr. 1, THALLAKEN, jetzt TARLAKHOF Hütten Nr. 2, FORSTHOF „Ein Einfang bey den Wassern Leo“ „Ein Einfang bey den Wassern Leo“ Anlait Libellen des Pfleggerichtes Lich- Anlait Libellen des Pfleggerichtes Lichten- tenberg und Urbar Saalfelden 1310, fol. berg und Urbar Saalfelden 1310, fol. 876 5/12 876 6/12 - Thalakengut: 1646 26.09. Hannß EDER zu Forsthof 1646 26.09. Hanns RIEDER Georg BRAIDFUSZ zu Thalacken 1760 Georg und Augustin 1757 Joseph BRUNNER BRAIDFUSZ, Söhne Georg BRAIDFUSZ 1760 Georg BRAIDFUSZ zur Gänze 1760 Georg und Augustin 1765 Philipp HÄUSL et uxor BRAIDFUSZ, Söhne 1783 seine Frau allein 1760 Georg BRAIDFUSZ zur 1798 06.11. Philip HÄUSZL Gänze, Peter BRAITFUSZ 1799 03.10. Filip Georg HÄUSZL 1778 24.03. Peter BRAITFUSZ, Sohn 1834 16.11. Georg HÄUSL 1779 Rupert HARTL GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 46 1784 Anna HÄRTLIN 1871 02.11. Andrä HÄUSL 1798 06.11. Peter MAYR 1882 08.03. Barbara HÄUSL 1800 Peter SCHMUCK durch Kauf 1896 19.07. Gertraud HÄUSL 1826 20.03. Joseph SCHMUCK 1898 04.01. Johann DSCHULNIGG GB Saalfelden KG Sonnberg EZ 43 vormundschftl. 1868 10.12. Rupert SCHMUCK 1907 06.02. Rupert SCHMUCK 1889 02.01. MariaSCHMUCK 1949 14.03. Rupert SCHMUCK, Sohn für mj. Rupert 1980 09.10. Rupert SCHMUCK, Sohn 1892 18.02. Anton WEISZBACHER durch Kauf Hütten Nr.3, BÄCKERHAUS, 1893 17.11. Konkurs vorm. SCHMELZER- oder WEBERHÄUSL 1894 11.06. Versteigerung „Häusl und Ärztkasten enthalb der Achen“ 1895 05.01. Georg LANZINGER Anlait Libellen des Pfleggerichtes 1908 07.02. Maria LANZINGER Lichtenberg 1911 27.03. Maria BACHER Bis 1640 im Besitz der Rosenbergischen geb. Lanzinger Gewerken, von deren Creditoren verkauft 1912 27.02. Johann BACHER, 1640 Georg ERTL Ehemann zur Hälfte 1643 Peter STRASZ 1922 20.07. Johann BACHER zur Gänze 1651 Georg RIEDER und 1935 31.03. Johann BACHER, Sohn Barbara BRANDSTÄTTERIN 1954 21.08. Klara BACHER 1665 Barbara BRANDSTÄTTERIN für mj. Johann, Josef, zur Gänze Georg und Herbert. 1690 Veith PERNER und 1974 17.09. Josef und Georg BACHER Katharina HÜTTERIN 1703 die AMTL. GEWERKSCHAFT LEOGANG 1713 die PRUGGERSCHEN GEWERKEN DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 114

1720 Johann Sylvester PRUGGER, 1948 07.10. Anna HÖRL geb. Schwabl Domenicus MENSHI, 1957 20.08. Rupert SCHMUCK Rosina Elisabet RUHDORFERIN 1986 02.10. Rupert SCHMUCK 1740 Johann Sylvester PRUGGER zur Gänze Hütten Nr. 5, WÖHRERGUT 1745 seine acht Kinder „das Gut Wöhrl oder Wördt“ 1748 - Johann Jakob Thaddäus PRUGGER Weihsteuer Raittung 1654 Nr. 352 allein 1601 Christian und Leonhard WÖRD 1760 Ankauf durch das ERZSTIFT 1604 Christian und Leonhard WÖRD Urbar Saalfelden 1310, fol.876 9/12 und 1289 1633 Wolf ALTENBERGER und 1800 20.09. Andreas HOCHFILZER, Margarethe WENZLIN Röstmeister Urbar Saalfelden 1310, fol.726 1842 18.05. dessen drei Kinder, 1720 Hanns MILLINGER Gertraud HOCHFILZER, 1761 Veith BRANDSTÄTTER Schwester 1789 Andrä BRANDSTÄTTER 1857 16.12. Gertraud HOCHFILZER, 1805 17.07. Joseph REITER durch Kauf Tochter 1819 01.08. Thomas BACHER 1860 11.02. Josef BREITFUSZ et uxor durch Kauf GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 67 1838 16.02. Joseph BACHER, Sohn 1874 03.12. Rupert BREITFUSZ GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 55 1883 14.01. Peter BREITFUSZ 1880 07.02. Anna BACHER 1888 20.07. Jakob RESCH 1903 16.05. Johann GRUBER, 1891 25.04. Christian RESCH 1908 unter Kuratel 1894 23.07. Jakob RESCH 1913 18.04. Johann ZEHENTNER 1896 09.06. Mathias GRIESZNER 1937 03.03. Leonhard ZEHENTNER 1909 10.01. Anton FERSTERER 1971 09.10. Josef ZEHENTNER 1909 30.01. Rudolf SCHEIBER, Bäcker 1954 29.07. Rudolf SCHEIBER, Bäcker Hütten Nr. 6, KASERSBACH, STEINHÄUSL 1970 14.12. Helmut SCHEIBER Bäcker „Ein Häusl und Gartl am Hinterlehen, insge- mein Kasersbachhäusl in Hütten genannt, Hütten Nr. 4, BURGSTEINER so ein Ausbruch aus dem untern Forsthofle- „am purgstain“ hen Thalacken in der Schwarzen Leo.“ Urbar Saalfelden 1334, fol.33 Urbar Saalfelden 1310, fol. 843 1633 Wolf ALTERHERGER 1827 20.12. Thomas WÖHRER 1646 Wolf ALTENBERGER durch Kauf 1794 30.07. Johann SCHÜTZINGER 1842 23.04. Rosine WÖHRER, Tochter von seiner Mutter GB Saalfelden, KG Schwarzleo EZ 43 1800 08.05. Peter MAYR 1876 16.03. Mathias RIEDELSBERGER 1815 07.05. Rupert RIEDELSPERGER 1904 26.07. Mathias WARTBICHLER 1860 05.07. Josef und Maria HÖRL auf Leibrentenvertrag 1863 12.11. Josef HÖRL zur Gänze 1931 01.04. Mathias WARTBICHLER GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 48 1976 15.11. Josef WARTBICHLER 1893 19.01. Josef HÖRL jun. 1932 23.02. Josef HÖRL Seite 115 LISELOTTE HUBER

Hütten Nr. 7, CHRISTERNHÄUSL 1594 Michael AUER hat die Schmiede in „Ein Häusl das Häuslhäusl genannt in der der Fernerschen Wirths Handlung Leogang innerhalb der Schmelzhütte“ Anlait Libellen des Pfleggerichtes Lichtenberg Urbar Saalfelden 1310, fol. 878 Die Parzelle war immer im Besitz der Ge- Zu Erbrecht verliehen erstmals werken, zunächst der Pernerschen, dann 1821 22.12. Kristian HÄUSL, Bergknappe der Rosenbergischen, deren Creditoren sie 1829 01.11. Ursula HÄUSL, 1641 Michael HÖRNREITER verkauften Witwe des Kristian 1652 Ruppert PIEBMPACHER und 1837 14.03. Margarethe KOGLER, Regina FREIDLINGERIN geb. Häusl 1658 die zwölf Kinder erben den 1849 19.04. die sieben Kinder Kogler mütterlichen Teil 1853 13.06. Johann KOGLER allein 1667 Hans Jakob PIEBMPACHER 1866 22.10. Anna KOGLER 1708 die AMTLICHE GEWERKSCHAFT 1869 09.05. Andreas STEINBACHER DES TALES LEGGANG durch Kauf 1713 die PRUGGERSCHEN GEWERKEN GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 49 1720 PRUGGERSCHEN BRÜDER, ihre 1876 10.05. Blasius GUMPOLD Schwester und Dominico Menshi 1883 21.04. Rupert HÖRL 1740 Johann Sylvester PRUGGER 1888 10.09. Josef RIEDELSPERGER 1745 die acht Kinder 1918 30.12. Alois RIEDELSPERGER 1748 Johann Jakob PRUGGER 1963 10.05. Siegmund RIEDELSPERGER 1760 Hans HIRSCHBACHER 1971 22.10. Sigmund RIEDELSPERGER 1763 Johann Georg POSCHACHER 1766 Sebastian POSCHACHER Hütten Nr. 8, HINTERRAINERGUT Urbar Saalfelden 1310 fol. 877 17/12 Urbar Saalfelden 1310 fol. 733/734 „Aus dem damaligen Bergericht Leo- 1746 Bastian HOISZL gang Urbarium: Die Handlwirthsge- 1762 Christian HOISZL rechtigkeit bey den Schmelzhütten in 1767 die Mutter des Christian Leogang kraft des am 3ten Nov. 1769 1776 Hanns HÄUSL von einer in Bergwerksangelegenhei- 1779 Georg EDER durch Kauf ten verordnet hohen Comißion an das 1788 01.04. Andreas EDER Hochfürstl. Salzburg. Berggericht und 1830 07.04. Rupert EDER Verwesamt Leogang ausgefert. Dekrets 1854 09.11. Rupert EDER, Sohn in jener Behausung, die an dem neben GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 68 der Straße der Schmiedte gegenüber 1903 31.03. Rupert EDER befindlichen Freyorte zu errichten 1934 26.03. Rupert EDER bewilligten Behausung gegen den zu 1973 02.03. Rupert EDER exerzieren gnädigst erlaubt worden, daß das Wirthschaftsgewerbe ohne alle Hütten Nr. 9, GASTHOF HÜTTWIRT und Ausnahme auf die bey dem Hochfürstl. Hütten Nr. 17, SCHMIEDE Bergwerks Handel befindlichen be- „die Schmidten, Hauß, Infang und drey dienten Knappen, Arbeiter und andere, unterschiedliche Gärtl bey der Hüdten in mit denen man in Bergwerkssachen der Leogang“ zu handeln hat, gegen Reichung des Hofkammer Lichtenberg 1593-1595 H Umgeldes getrieben werden könne; DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 116

da hingegen aber und ausserdem von Magdalena SALZMANIN anderen Hochzeiten, Todtenzehrungen, Witwe Magd. SALZMANIN und Kindstaufen, Freyschiessen, Freytänzen Kinder Alexander und Thomas und dergleichen sich zu enthalten ist.“ Magd. SALZMANIN und Ehemann 1801 11.06. Joseph POSCHACHER Matheus HOCHWIMBNER 1830 17.08. Mathias SCHWARZENBÄK 1621 Math. HOCHWIMBNER, und Agathe geb. Poschacher Alexander und Thomas HOLZNER 1846 30.01. Agathe SCHWARZENBÄK 1622 Georg HÖFARTER 1853 26.01. Sebastian SCHWARZENBÄCK 1625 Georg ERTL und Ursula GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 69 MOSZHAMERIN 1856 Jakob TSCHULNIK 1679 Georg ERTL und Stiefsohn 1886 19.05. Maria SCHWARZENBÄCK Hanns JUDT 1888 12.05. Anton WEISZBACHER Georg ERTL allein 1889 12.05. Wirtschaftsgerechtigkeit Hans WÖTTER samt Weinschank verliehen 1682 Adam PIEBMPACHER 1893 11.11. Konkurs 1686 Georg MAYRHOFER und 1894 28.05. Versteigerung Catherina HÖRLIN 1894 24.11. Friedrich OISTERNIGG 1721 Joseph MAYRHOFER und 1896 07.02. Mathias GRIESZNER Maria PIEBMPACHERIN 1904 12.12. Holzhütte, Stall und Kapelle Urbar Saalfelden 1310 fol. 765 grundbücherl. zugeschrieben 1744 Georg MAYRHOFER 1911 12.07. Stefan FOIDL 1756 Johann Jakob PRUGGER 1912 27.04. Josef WALLNER 1760 das ERZSTIFT SALZBURG 1913 26.07. Florian und Anna LAINER 1835 Mathias SCWARZENBÄCK 1919 26.05. Jakob MAYR 1837 09.01. Andree HINTERSEER und 1919 09.10. Sebastian und Braut Maria ZEFALNER Maria BRUNNER 1840 10.10. Jakob TSCHULNIGG 1920 28.02. Ulrich und 1873 18.12. Johann DSCHULNIGG Mathilde SCHUSTER GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 87 1921 18.04. Josef RAINER 1881 31.03. Johann DSCHULNIGG 1922 02.06. Josef RADER 1905 30.10. Johann DSCHULNIGG jun. 1924 20.01. Johann HAGLEITNER 1906 24.10. Auf Bergbauparzelle Nr. 9 – 1934 27.04. Gabriel und Anna STÖCKL Schmiede – wird das Haus 1961 25.10. Maria MAYER geb. Stöckl Nr. 17 in Hütten angemerkt. 1979 06.09. Wemer und Maria MAYER 1931 21.02. Johann und Die bei diesem Komplex befindliche Johanna HAGLEITNER Schmiede wurde getrennt veranlaitet: 1936 30.01. Otto EDER Anlait Libellen des Pflegegerichtes Lichtenberg Hütten Nr. 10, BERGBAUMUSEUM, ehem. 1594 Michael AUER, Rupert AUER Verweshaus, dann Forsthaus 1600 Rupert AUER „Das Huetman Häußl samt dem Arztkasten, von seinem Vater Rupert so zu einem Gärtl ausgelast gewest, mehr 1607 Wolfgang AUER, Bruder die Laden-Hüttstatt, Schmidstatt, Gsölln 1617 Hanz HOLZNER und Stubn, Gschaid-Stubn und ain lnfang.“ Seite 117 LISELOTTE HUBER

Anlait Libellen des Pfleggerichtes 1641 Michael HÖRNREITER Lichtenberg 1652 Ruppert PIEBMPACHER und Auch dieser Komplex gehörte den Gewerken Regina FREIDLINGERIN und hat daher eine ähnliche Besitzabfolge 1658 die zwölf Kinder erben die mütter- wie das Hüttwirtshaus und die Schmiede. liche Hälfte, Balthasar MÖSZNER 1641 Michael HÖRNREITER und Sabina HÄRTLIN 1652 Ruppert PIEBMPACHER und 1660 die Kinder Peter, Ruepp und Regina FREIDLINGERIN Ena die väterl. Hälfte 1658 die zwölf Kinder erben den 1664 die Kinder Alleinbesitzer mütterlichen Teil Hanns LECHNER und 1667 Hans Jacob PIEBMPACHER Christina HÖRLIN 1668 Niclas SCHMIDT 1665 Peter SCHMUCK und 1690 Johann STÖCKHL, Gewerke Catherina ZÖCHLINGERIN 1693 die drei Kinder Johann Stöckhls 1679 Georg ERTL 1713 die PRUGGERSCHEN GEWERKEN 1713 die PRUGGERSCHEN GEWERKEN 1720 Joh. Sylv. PRUGGER, Dom. Menshi 1720 Joh. Sylv. PRUGGER, Dom. Menshi und die Schwester Pruggers und die Schwester Pruggers 1721 Joh. Sylv. PRUGGER allein 1721 Johann Sylvester PRUGGER 1740 seine acht Kinder 1748 Johann Jacob Thaddäus PRUGGER 1748 Johann Jacob Thaddäus PRUGGER 1760 das ERZSTIFT SALZBURG 1760 das ERZSTIFT SALZBURG Urbar Saalfelden 1312 fol. 1288 Urbar Saalfelden 1312 fol. 1295, 1297, 1298 1836 10.12. Maria RAINER, geb. Kantner, 1836 14.12. Mathias BRANDSTÄTTER Bergknappensehewirthin 1839 22.07. Johann BRANDSTÄTTER 1848 06.04. deren vier Kinder GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 1, 1851 28.10. Agathe DSCHULNIGG, seit 1987 EZ 412 Schneidermeistersgattin 1867 18.06. das k. k. AERAR 1872 22.10. Jakob DSCHULNIGG 1929 21.03. ÖSTERR. BUNDESSCHATZ 1874 25.02. Johann DSCHULNIGG 1941 18.10. die DEUTSCHE REICHS- GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 71 FORSTVERWALTUNG 1905 30.10. Johann DCHULNIGG jun. 1947 09.10. die ÖSTERREICHSCHEN 1958 30.07. Rupert SCHMUCK STAATSFORSTE 1976 01.04. Josef und Anna DANZL 1986 17.11. BUNDESGEBÄUDE- Hütten Nr. 12, JÄGERHÄUSL VERWALTUNG II wurde erst nach der Auflassung der 1989 01.08. GEMEINDE LEOGANG Schmelzhütte aus dem Komplex für Bergbaumuseum Hütten 10 herausgenommen Franzisceischer Kataster Hütten Nr. 11, THURNHAUS 1830 Georg PÖBERGER (PROVIANTHAUS, THIERHAUS) ? Josef HUTT „Ein Häußl und Gärtl bey dem Hüttwerk 1856 Josef HECK in Leogang, es Huetmann oder Proviant- GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 73 häusl genannt“ 1861 26.04. Peter BACHER Anlait Libellen Saalfelden 1888 24.08. Maria BACHER Die Rosenbergischen Creditoren verkaufen es 18.09. Maria RESCH DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 118

1891 04.11. Johann BREITFUSZ Hütten Nr. 15, JODLHAUS oder 1896 24.07. Johann und ZIMMERMANNSHÄUSL Anna MOSZHAMMER dieses Haus wurde erst bei der Auflassung 1897 02.03. Anna MOSZHAMMER der Schmelzhütte aus dem Komplex 1906 10.01. GEMEINDE LEOGANG Hütten Nr. 3 gelöst 1912 11.06. Josef MÜLLAUER Urbar Saalfelden 1310 fol. 803 1927 10.03. Franz BAYER 1835 30.04. Alois RIEDELSPERGER 1965 15.12. Walter BAYER und Joseph SCHMUCK 1847 24.03. Joseph SCHMUCK allein Hütten Nr. 13, PUCHERSCHMIED 1868 10.12. Rupert SCHMUCK auch dieses Haus wurde aus dem Komplex GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 45 Hütten 10 herausgenommen 1878 10.12. Rupert SCHMUCK Franzisceischer Kataster 1889 02.01. Maria SCHMUCK 1830 das a. h. AERAR für mj. Rupert 1856 Jakob TSCHULNIK 1891 24.10. Johann HÖCK Urbar Saalfelden 1327 fol. 325 1898 29.03. Josef HÖCK 1860 10.12. Mathias NIEDERSEER 1921 30.12. Josef HÖCK 1870 21.07. Ursula NIEDERSEER 1971 16.04. Rupert und Anna FRIEDLE 1872 30.11. Jakob ABERGER 1879 01.12. Johann DSCHULNIGG GB Saalfelden, KG Sonnberg EZ 74 1880 28.09. Josef MADREITER 1908 26.09. Josef MADREITER jun. 1948 09.02. Leonhard MADREITER 1980 18.11. Josef und Edelgard MADREITER Seite 119 LISELOTTE HUBER

QUELLEN- UND LITERATURNACHWEIS

Quellennachweis

BEZIRKSGERICHT SAALFELDEN Grundbuch, Katastralgemeinde Sonnberg

GEMEINDEAMT LEOGANG Plan der KG Sonnberg EZ der Gebäude in Hütten

GENDARMERIECHRONIK LEOGANG 1873 – 1994 HAUS- HOF- und STAATSARCHIV WIEN Allgemeine Urkunden Reihe 1425 – 1556

KONSISTORIAL ARCHIV SALZBURG Taufbücher Leogang 1616 – 1840 Trauungsbücher Leogang 1617 – 1841 Sterbebücher Leogang 1617 – 1840

SALZBURGER LANDESARCHIV Anlait Libellen Caprun 1634-1648 Anlait Libellen Saalfelden 1564-1810 Berghauptmannschaftliche Akten der k. k. Bergwesens Registratur Salzburg, Rubrik XI, Leogang 1586-1739 (Verzeichnis Nr. IX) Findbücher der Hofkammer Lichtenberg Findbücher des Pflegegerichts Lichtenberg Franciszeischer Kataster, Katastralgemeinde Sonnberg 1829/1830/1856 Geheimes Archiv des Erzstiftes Salzburg XXIX/39, EB Hieronymus 1776, XXIX/42 1/2 EB Siegmund 1760 Hieronymus Kataster Lichtenberg I. fol. 1 - 780 II. fol. 781 - 1880 III. fol. 1900 - 2046 Hofkammer Caprun 1640 E Hofkammer Lichtenberg 1556-1557 und 1593-1595 Lehensbuch des EB Pilgrim II. von Puchheim 1356-1396 Notelbuch Caprun Nr. 29 Urbarien Saalfelden 1310, 1312, 1326, 1327, 1332, 1334, 1336, 1360 Urbar Inner Gebirg 1400-1825 Weihsteuer Raittung Liechtenberg 1654, 1669, 1688, 1709, 1727

SCHULCHRONIK HÜTTEN 1878-1957 SCHULCHRONIK LEOGANG 1887-1989 STAMMBAUM der Familie Posebacher DIE GESCHICHTE DES DORFES HÜTTEN Seite 120

Literaturverzeichnis

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1953 LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 126

Austritt sjahrgang 1950 mit Lehrerin Theresia Schwaiger und Schulleiter Ludwig Pürstl Quelle: Schulchronik Hütten Seite 127 LUDWIG PÜRSTL

LUDWIG PÜRSTL Lebenslauf Ludwig Pürstl leitete die Volksschule Hütten in den Jahren 1948 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1954.

Die Volksschule war 2-klassig und hatte durchschnittlich 70 Kinder. Pürstl unterrichtete neben seiner Leitertätigkeit die 4. bis 8. Schulstufe. Nach Aussage eines ehemaligen Schülers (Rupert Eder, Hinterrain) war er ein guter Lehrer und hat viel Geschichtliches und Ortskundliches in seinen Unterricht eingebaut.

Die vorliegende Chronik hat eine sehr gründliche Forschungtätigkeit voraus gesetzt, die er neben seiner beruflichen Tätigkeit in Leogang durchgeführt hat. Sie ist ein wertvoller Beitrag zur Ortsgeschichte von Hütten und zur Bergbaugeschichte.

In seinem Vorwort gibt er interessante Anregungen für einen „Heimat- pfleger“ und für ein zu schaffendes Heimatmuseum. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 128

LUDWIG PÜRSTL Vorwort Mit der Anlage der vom Bezirksschulrate Zell am See angeregten Heimatmappe wurde die Sammlung heimatkundlichen Unterrichts- stoffes aktuell, die nunmehr für diesen Zweck im Allgemeinen als abgeschlossen gelten kann.

Um das Ergebnis auch anderen Interessenten zugänglich zu machen, vor allem aber der Gemeindeverwaltung als Hüterin heimatlichen Gutes zu widmen, habe ich mich entschlossen, das bisherige Sammlungser- gebnis in Form einer „Leoganger Heimatkunde“ zusammenzufassen und in wenigen Exemplaren aufzulegen.

Im Allgemeinen dürften die meisten Urkunden und Werke, soweit sie auf die allgemeine Ortsgeschichte Bezug haben, erfasst worden sein, was aber nicht heißt, dass nicht noch viel Interessantes aus den Archiven gehoben werden könnte. Möge aber dieser bescheidene Anfang Ansporn zur Fortsetzung sein sowie die Liebe zur Heimat wecken und vertiefen!

Dabei kann ich mir einige Anregungen nicht versagen: Mit der Erfassung der Begebenheiten der Vergangenheit ist es noch nicht getan; es müssen auch die Ereignisse und der Verlauf des gesellschaftlichen Lebens der Gegenwart festgehalten werden, wofür die Gemeindeverwaltung eine dafür geeignete und interessierte Person als „Heimatpfleger“ gewinnen sollte. Wenn sich dieser mit den anderen Chronisten in der Gemeinde (Pfarramt, Schulen, Gendarmerieposten, Vereine) in ständiger Verbin- dung hält, so wird eine lückenlose Erfassung aller historisch wertvollen Fälle gewährleistet sein.

Ferner möchte ich noch die fotographische bzw. zeichnerische Festhal- tung von abzutragenden Baulichkeiten, von Katastrophen, Festlichkei- ten, von hervorragenden originellen Personen u. a. m. empfehlen, was vor allem in den Wirkungskreis des Heimatpflegers fallen würde. Schließlich sollten vor allem beide Schulen und Heimatfreunde mit der Sammlung musealer Objekte beginnen, damit auch ein Dorf- oder Heimatmuseum von der kulturellen Vergangenheit Zeugnis erhalten könnte.

Hütten, im Advent 1953 Ludwig Pürstl Direktor der Hüttschule Seite 129 LUDWIG PÜRSTL

DAS GEOGRAPHISCHE BILD

Die Gemeinde Leogang deckt sich mit dem Der Hauptfluss des Tales, die Leoganger Ache, gleichnamigen Tal, welches sich in 15 km Ge- trägt ihren Namen erst ab der Einmündung samtlänge von der Bahnschleife im Osten bis des Schwarzleobaches nächst Hütten. Der zur Tiroler Landesgrenze im Westen erstreckt. kleinere Hauptarm ist der Abfluss des Grie- Die Seehöhe an der Ostgrenze beträgt 735 m, ßensees und wird als Seebach bezeichnet. an der Westgrenze 968 m, somit ergibt sich ein Höhenunterschied von 233 m und eine Am linken Ufer münden von West nach Ost: Steigung von 1,5 %. der Grießen- oder Grießelbach, der Weißbach, Den Nordabhang des Tales bilden die Leogan- der Hinter- und Vorderrettenbach, ger Steinberge mit ihren schroffen Hörnern. der Badhaus- der Schattbach, Ihnen vorgelagert sind von Ost nach West: der Birnbach und der Brandnerberg, der Weißbach am Taleingang. der Birnberg und der Sonnberg Die Gemeinde Leogang grenzt im Norden vom Marchend übers Grießner Hochbrett bis zum Die südliche Talwand bilden die sanften Leh- Hundshörndl an die Gemeinde St. Martin bei nen der Schattberge, an die sich in nordöst- Lofer; von dort bis zum Mitterhorn an die licher Richtung die Spielberggruppe mit dem Gemeinde Weißbach. Im Osten vom Mitterhorn erzreichen Nöckelberg anschließt. Das Leo- zum Pattenkopf, Brandnerberg, dem Weißbach ganger Tal ist kein ausgesprochenes Sacktal, entlang bis zur Einmündung in die Leogan- denn es findet auf dem Pass Grießen seinen ger Ache und dieser in westlicher Richtung Übergang zum Fieberbrunnertal. Auf dem entlang bis zum Grieß, von dort nach dem Grießenpass liegt auch der im Stadium des Miesbach zum Miesberg, Riederberg, Weikers- Zuwachsens befindliche Grießensee. bachkogl, Weikersbachköpfl zum Purchen an die Gemeinde Saalfelden am Steinernen Meer. Hinter dem Dorf Hütten öffnet sich das einzige Im Süden vom Purchen bis zum Schattberg an Seitental, das Schwarzleotal, welches von den die Gemeinde Viehofen und von hier über den westlichen Schattbergen und der Spielberg- Wildkarkogl bis zum Spielbergtörl an die gruppe gebildet wird und bis zum Spielbergtörl Gemeinde Saalbach. Im Westen vom Spiel- zurückreicht. Ferner sind von West bis Ost noch bergtörl über das Spielberghorn und die einige Gräben zu nennen: Grießnerhöhe bis nahe an die Hochwand an der Embach- oder Finstersbachgraben, die Gemeinde Fieberbrunn. Von dort über den der Maisbichlgraben, Paß Grießen, Willekhöhe, Jungfrau und der Schwarzgraben, Grießner Hochbrett zum Marchend an Tirol. der Wimgraben mit dem Saugraben und der Miesbachgraben, die von den gleichnami- gen Bächen durchzogen werden. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 130

Das Gesamtflächenausmaß von 9034 ha 31 a verteilt sich auf: Acker 601 ha 73 a 79 m² = 6,67 % Wiesen 691 ha 99 a 2 m² = 7,65 % Weiden 992 ha 80 a 77 m² = 10,98 % Wald 4.084 ha 56 a 3 m² = 45,21 % Alpen 1.978 ha 20 a 74 m² = 21,90 % Gärten 8 ha 95 a 14 m² = 0,10 % verb. Fläche 13 ha 96 a 22 m² = 0,16 % unproduktiv 662 ha 3 a 45 m² = 7,32 %

Am Wald haben Anteil: a) die Österreichischen Bundesforste mit 1.600 ha b) die Bayerischen Saalforste mit 2.195 ha c) Privatbesitz mit 289,56 ha

Fiskalisch ist die Gemeinde in sechs Steuer- oder Katastralgemeinden eingeteilt: Ecking, Sonnberg, Grießen, Schwarzleo, Pirzbichl, Leogang

Politisch zerfällt sie in die Ortschaften: Ecking, Otting, Sinning, Ullach, Rosental, Sonnberg, Hütten, Berg, Grießen, Schwarzleo, Rain, Pirzbichl, Leogang-Dorf, Madreit, Hirnreit

Die Bevölkerung gehört dem bajuvarischen Volksstamm an. Hierüber geben die Volkszählungs- ergebnisse näheren Aufschluß:

Jahr männl. % weibl. % gesamt 1934 1.875 1939 936 49 961 51 1.897 1951 1.012 47 1.110 53 2.122

Aufschlüsselung nach dem Alter: bis 14 Jahre 605 28,5 % bis 18 Jahre 121 5,7 % bis 65 Jahre 1.225 57,7 % über 65 Jahre 160 7,5 % unbekannt 11 0,6 %

Familienstand: ledig 1.221 57,7 % verheiratet 767 36,0 % verwitwet/geschieden 134 6,3 % Seite 131 LUDWIG PÜRSTL

Religionsbekenntnis: röm. kath. 2.090 98,49 % evangelisch 21 0,99 % israelitisch keine sonstige Rel. 1 0,05 % keine Rel. 10 0,47 % Umgangssprache: deutsch 2.119 99,85 % sonstige/unbekannt 3 0,15 %

Wirtschaftliche Zugehörigkeit Wirtschaftszweig Berufstätige Wohnbevölkerung Anzahl % 1951 % 1934 % Land- u. Forstwirt. 520 24,50 778 36,6 1.043 55,5 Industrie/Gewerbe 287 13,52 627 29,6 242 12,9 Handel/Verkehr 104 4,95 275 12,9 244 13,0 Freie Berufe 0 0,00 36 1,7 18 0,9 Öffentl. Dienst 58 2,75 41 1,9 35 1,9 Häusl. Dienst 0 0,00 20 0,9 9 0,5 Selbst. Berufe 0 0,00 345 16,2 288 15,3

Den Verkehr vermitteln: a) die Giselabahn, die im Gemeindegebiet vier Anhaltepunkte hat: die Station Leogang sowie die Haltestellen Leogang-Steinberge, Hütten und Berg-Grießen b) die Landesstraße von Saalfelden bis zum Gasthaus Frick, deren Fortsetzung bis zur Tiroler Landesgrenze eine c) Gemeindestraße ist

Die Nachbargemeinden und Saalbach sind außerdem durch Fußwege über die Steigen, Asitz und Wildenkarkogel unmittelbar erreichbar.

Der Wildstand ist im Verhältnis zum Flächenausmaß und Waldgröße überschaubar und wird auf 100 Gemsen, 50 Rehe und 100 Hirsche geschätzt. Außerdem gibt es Hasen, Auer- und Schildhähne sowie Raubwild.

Das Klima ist infolge der offenen Nordwestecke etwas ungünstig beeinflusst, die Temperaturen- je doch sind gegenüber Saalfelden minimal und maximal günstiger. Die ombrometrischen Statistiken weisen in Hütten nach dem zehnjährigen Durchschnitt folgende Werte auf: Temperatur: maximal 24,4 ° minimal 16,3 ° Mittlerer Schneepegelstand: 940 mm Wassermäßiger Niederschlag: 1.450 mm

Die Ombrometerstation Hütten dürfte um die 40 Jahre bestehen. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 132

Leoganger Steinberge

Die Leoganger Steinberge, des Tales Wahr- Einem folgenden Kapitel vorgreifend, wird eini- zeichen, nach H. Cranz als „Der Leoganger ges aus der Entwicklungs- und Erschließungs- Steinberg“ zu bezeichnen, in Touristenkreisen geschichte gleich hier festgehalten. auch „Pinzgauer Dolomiten“ und tirolerisch „Marchand“, d. h. Grenzende, genannt, erstre- Die Steinberge sahen am Anfang der Eiszeit so cken sich von den westlichen Ausläufern, dem aus, wie sich der mittlere Dachstein heute noch Heueck und Hundshörndl, in 16 km Länge bis zeigt, also nicht so gezackt und zerklüftet wie zum östlichen Ende, dem Lärchkopf, und haben jetzt. Das Lärchenhörndl ragte als Torsäule über etwa 25 km² Flächenausmaß. Diese werden den Gletscher hinaus. Zwischen den Zweig- durch den Schiedergraben mit dem Ramern- kämmen zogen vier mächtige Gletscher zu Tal, sattel, fälschlich Römersattel genannt, von den die genannten Gruben ausschürfend. Nach Leoganger Steinbergen getrennt. Der Sattel soll Ampferer und Hahn war die tiefe Furche des seinen Namen von der anrainenden Ramer- Römersattels in ihrer Uranlage bereits zur Zeit nalm (Ramernwald) haben. Rams heißt näm- der Einschiebung der großen Schuttmassen lich Schutt; daher auch Schüttgraben. Während vorhanden. Bemerkenswert ist hier weiter der der talbildende Hauptkamm nach Süden steil Umstand, dass die hier durchstreichende Zone abfällt und zwischen tiefgefurchten Gräben der Raibler Schichten nicht mit den tiefsten zackenförmig abstuft, führen nach Norden fünf Satteleinschnitten zusammenfällt. Zweigkämme, zwischen denen die Große und die Kleine Saugrube, das Ebersbergkar und die Im Jahre 1825 errichteten Mappierungsgehilfen Hoch- und Niedergrub liegen. auf dem Gipfel des Birnhorns ein Triongulie-

Leoganger Steinberge

1 Baubenkopf, 2 Wildzacken, 3 Schaflzacken, 4 Hochtölzer Seite 133 LUDWIG PÜRSTL rungssignal. Als erster Bergsteiger bestieg der wurden 346 Besucher gezählt. Früher Salzburger Professor Karl Thurwieser in Be- gehörten die Steinberge zum Gebiet der gleitung des Wegmachers Stachelsberger 1831 Sektion Prag, welche sie an die gebildete das Birnhorn. (Nach Koch-Sternefeld wäre die Sektion Passau abtrat. richtige schreibweise „Pyrnhorn“, und zwar nach dem keltischen „Pyr“, was „hohes Gebirge“ heißt. Das Rothorn, dem Matterhorn ähnlich, be- Siehe auch Pyrnpaß). stiegen als erste 1871 Hermann Fünkh, Josef Möschl und Prof. Richter, welche zuerst mit Am 2. September erfolgt der Aufstieg von dem Führer Koderbacher das Birnhorn be- Diesbach zur Niedergrubalm, wo sie nächtig- stiegen und das Große Rothorn überquerten. ten. Am nächsten Tag stiegen sie zur Hoch- Die Dreizinthörner, das Große Marchendhorn, grub und erreichten über die Kuchelnieder um das Grießner Hochbrett, das Thierkarhorn, die 12 Uhr 50 den Gipfel. Drei Jahre darauf, am Hundshörndl und das Mitterhorn erkletterte in 17.09.1834, führte Thurwieser den späteren den achtziger Jahren der Salzburger Professor Fürsterzbischof von Salzburg, Fürst Friedrich Purtscheller. Mit der Erstbesteigung des 4. und von Schwarzenberg, auf das Birnhorn. Im Jah- 5. Sauhorns durch die Brüder Hilzensauer mit re 1861 bestieg es der Werksverwalter Michael dem Hüttenwirt A. Mayrhofer im Jahre 1893 Hofer von Leogang von Süden aus. Dieser ließ und der Begehung des Vorderen und Hinteren auch einen Steig zur Mittagsscharte anlegen, Schoßhorns war die Erschließung der Leogan- welcher die Grundlage für den späteren Weg ger Steinberge im Allgemeinen abgeschlossen. zur am 23.07.1892 eröffneten Passauer Hütte Mit der Erschließung ist auch der Name des (2020 m) bildete. Die Kosten für den Bau die- Führers Oberlader, vulgo Priesterecker, für ser Hütte betrugen 6.150 Mark. Bis Ende 1895 immer verbunden.

DAS GEOLOGISCHE BILD

Dafür steht uns im Wesentlichen eine wissen- formationen der Alpen, nämlich zwischen schaftliche Arbeit von M. V. Lipold im Jahrbuch der Formation des bunten Sandsteins (den 1854 der geologischen Reichsanstalt zu Verfü- Werfner-Schichten) und zwischen der gung, deren Gründlichkeit das Alter wettmacht, Grauwackenzone. weiters die Ausführungen von Cranz im Jahr- buch des DÖAV. Jg. 1907 über die Steinberge, Die Werfner-Schichten bestehen bekanntlich wogegen die neuesten Forschungsergebnisse aus braunroten und blutroten Tonschiefern, aus von Prof. Dr. Theodor Ohnesorge, infolge seiner Quarzsandsteinen, je nach Menge oder Mangel Abneigung gegen Vielschreiberei, recht spärlich des roten tonigen Zements, rot, rötlich bis weiß, sind. Jedenfalls stellt das Tal eine Fundgrube ferner aus blaugrauen sandigen Schiefern mit der Geologie dar. weißen Glimmerblättchen und schlussendlich aus graugrünen dichten Kiesel- oder Quarz- Beginnen wir mit Lipold: schiefern. Seltener findet man buntgefärbte, „In geologischer Hinsicht erscheint das rot- und gelbpunktierte und auch mehr unter- Leogangtal als ein ausgezeichnetes Spal- geordnet sind gelbbraune und schmutziggelbe tental, und dasselbe bildet größtenteils Varietäten des quarzigen Tonschiefers, doch die Grenzscheide zwischen zwei Gebirgs- sind es hauptsächlich diese letztere nebst den LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 134 blaugrauen Schiefern, in welchen die charakte- – 1 ½ Fuß Mächtigkeit. Sie haben in der Regel ein ristischen Petrofakten des bunten Sandsteins, massives Aussehen, sind aber nach verschiede- Myacites, Posydonomia Olarae usw. vorgefun- nen Richtungen derart zerklüftet, dass sie beim den werden. Alle diese Schiefer- und Sand- Zerschlagen in lauter parallelepipedische Stücke steinvarietäten treten in der Regel ausgezeich- von 2 – 3 Zoll Dicke zerfallen. net geschichtet auf, und die Mächtigkeit der Schichten wechselt zwischen ½ und 1 ½ Fuß. Diese Sandsteinmasse wird noch weiter ab- Bald ist die eine, bald die andere der Gesteins- wärts im Graben wieder feinkörniger, aber dann arten der Werfner-Schichten vorherrschend, auch schiefriger und deutlicher geschichtet. nur sind im Salzburgischen in den östlichen Endlich sind es gelblich und grünlich quarzi- Teilen bei Werfen, Abtenau usw. die Schieferar- ge Schiefer mit weißen Glimmerblättchen, die ten, in den westlichen im Urslau- und Leogang- noch geschichtet zu oberst im Graben an- tale die Sandsteine mehr entwickelt. Ebenso stehend gefunden werden, und über welchen mannigfaltig findet man ihre Wechsellagerung. bereits dunkelgefärbte Dolomite auftreten. Das Streichen der geschichteten Schiefer und Ein Beispiel ihres Auftretens will ich aus dem Sandsteine schwankt zwischen Ost und Süd- Gerwald- oder Rainergraben anführen, der sich ost nach West und Nordwest. Dagegen ist die von Hütten im Leogangtale nach Norden zum Fallrichtung, das Verflächen, ein sehr verschie- Birnhorn hinaufzieht: denes. Die Sandsteinschiefer zu unterst im Gra- ben stehen zuerst saiger aufrecht, lassen aber Zu unterst in diesem Graben stehen rötliche bald in der Tiefe des Grabens ein Einfallen nach und grünliche Sandsteinschiefer in Schichten Norden wahrnehmen, indessen sie in der Höhe von ½ und 1 Fuß mit sehr feinkörniger Struktur desselben ein Fallen nach Süden besitzen, das an, dass sie im Bruch splitterig erscheinen. Sie offenbar von einer Umkippung der Schichten nehmen weiter, abwärts in 1- bis 2-zöllige Lagen herrührt. Die bunten Sandsteinschiefer zeigen von roten Tonschiefer zwischen einzelne Schich- weiter aufwärts durchschnittlich ein steiles ten zu und erlangen noch höher im Graben die nördliches Verflächen, jedoch auch bedeuten- buntesten Farben: rot, gelb, grün, grau, weiß, de Schichtenstörungen, Biegungen und Ver- gefleckt und punktiert. Auf diese Sandstein- drückungen. Hierbei bemerkt man, dass die schiefer mit einer Mächtigkeit von 250 bis 300 einzelnen Schichten förmlich abgebrochen und Fuß folgt nach oben hin eine minder mächtige zerknickt sind, dass sie daher in ihre gegen- Partie braun- und blutroten Tonschiefers, der wärtige abnorme Lage in bereits erhärtetem stellenweise durch die Verwandlung des färben- festen Zustand gelangt sind. Bei den eigent- den Eisenoxyds in Eisenoxydul grün gefärbt ist. lichen Sandsteinen lässt sich eine bestimmte Auch diese Tonschiefer sind geschichtet, erlan- Fallrichtung nicht erkennen, dagegen fallen die gen aber kaum eine Mächtigkeit von ½ Fuß. Über obersten quarzigen Schiefer deutlich 30 – 40 denselben treten sodann eigentliche Sandsteine Grad nach Norden unter die Dolomite ein. mit erkenntlichen Körnern von weißem Quarz in rotem tonigen Zement auf, daher ist ihre Färbung An dieser Stelle gegen das Birnhorn aufwärts – rötlich. Die Quarzkörner werden in manchen wie überall im Leogangtale – werden nämlich Lagen bis zu ½ Zoll groß und der Sandstein da- die Werfner-Schichten zunächst von dunklen, durch konglomeratartig. Diese Sandsteine sind größtenteils geschichteten Dolomiten, die die mehrere 100 Fuß mächtig entwickelt und zeigen Guttensteiner-Schichten repräsentieren und an nur wenigen Stellen deutliche Schichten von 1 vielfach in Rauchwacke umgewandelt sind, mit Seite 135 LUDWIG PÜRSTL gleichmäßigem nördlichen Verflächen, diese Stücke von teils grauem und bräunlich dunklem, sodann von weißen, ungeschichteten Dolo- teils lichtgrauem und rötlich kristallinischem, miten der Triasformation, und diese endlich teils weiß spätigem Dolomit, eingebacken in ein von petrefakten-leeren lichtgrauen splittrigen sparsam verteiltes braun- und blutrotes toniges Kalksteinen dem Muschelkalk entsprechend, in Zement, setzen diese Breccie zusammen, die 2 – 4 Fuß mächtige Bänke geschichtet und sehr dadurch ein buntscheckiges Aussehen erhält. flach nach Norden einfallend, überlagert. Die Mitunter erreichen die Dolomitstücke die Größe obersten Schichten am Birnhorn lassen Spuren von einigen Zoll. Das rote Zement scheint den von Korallen und Isocardien wahrnehmen und roten Tonschiefern der Werfner-Schichten ent- dürften bereits dem Lias angehören. nommen zu sein, von welchen sich auch einzel- ne größere Stücke in der Breccie vorfinden. Das Während die Werfnerschichten, die am Aus- Zement wird manchmal grünlich und tritt bis- gange des Leogangtales, bis zu Dorf Leogang weilen ganz zurück, sodass die einzelnen ver- nur am nördlichen Talgehänge, und am linken schieden gefärbten, größeren Stücke nur durch Ufer des Leogangbaches anstehen, bilden eine sehr feinkörnige Dolomitmasse verbunden die südlichen Talgehänge Schiefer der Grau- werden. Je mehr toniges Zement vorhanden ist, wackenformation. Erst nächst dem Dorfe desto brüchiger wird das Gestein, derart, dass Leogang treten die Werfner-Schichten auch die Dolomitstücke selbst einzeln aus dem Ze- ans rechte Bachufer über, und den Leogang- ment gelöst werden können, im Gegenteil wird (Grießner) Bach durchschneiden dieselben bei geringer Menge oder dem Mangel des toni- zwischen dem Dorf Leogang und Oed unter gen Zements die Breccie so fest und zäh, und dem Grießensee in der Art quer durch, dass die Dolomitstücke werden so innig miteinander in dem Becken des Grießner Sees, westlich verwachsen, dass ein Bruch viel leichter in die- vom Grießner Graben, die Werfner-Schichten sem Stück selbst als in dem Zement erfolgt. bereits nunmehr an dem südlichen Talgehänge gegen das Spielhorn anstehen, während an Diese Dolomitbreccie, die am nördlichen dem nördlichen Talgehänge die Dolomite und Talgehänge wie überhaupt weiter östlich im Rauchwacke der Guttensteiner-Schichten bis Salzburgerischen nicht auftritt, erscheint an in die Talsohle herabreichen. dem südlichen Rande der Werfner-Schich- ten in einem ununterbrochenen Zuge von der An dem südlichen Talgehänge, am rechten Grießner Alpe an der Tiroler Grenze bis unter- Bachufer, zeigen die Werfner-Schichten ein ver- halb von Hütten, wo sie mit dem Burgsteinpal- schiedenes Verflächen, während das Streichen fen ihre größte Mächtigkeit von 200 bis 300 jenem am linken Ufer des Baches entspricht. So Fuß erlangt, während letztere an der Grießner fallen die Werfner-Schichten beim Dorf Leogang Alpe nur 50 bis 100 Fuß beträgt. Sie bildet die 30 Grad nach Süd und Südwest, am Ausgang Grenze zwischen den Gesteinen der oben be- des Schwarzleotales bei Hütten 60 – 70 Grad schriebenen Werfner-Schichten und jenen der nach Nordost, weiter westlich im Rotbachgra- Grauwackenformation, welche zunächst süd- ben durchschnittlich steil nach Süden, endlich lich auftreten. Ich vermute in dieser Dolomit- stehen im Spielberg-graben die Schichten teils breccie einen Repräsentanten des Verrucano saiger, teils sind sie sehr verdrückt und durch- in der Schweiz und der italienischen Alpen. Ihr einander geworfen. Die Werfner-Schichten Verhältnis zu den Werfner- und den Grauwa- stehen hier mit einer eigentümlichen Breccie ckenschichten wird aus den später folgenden in Verbindung. Erbsen- bis Zollgroße, eckige Durchschnitten ersichtlich. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 136

Ich gehe nun zur Beschreibung der Grauwa- Graphit schmierigen und schlüpfrigen Grund- ckenschichten über, muss aber im Voraus be- masse nur selten Lager und Linsen von weißem merken, dass ich die Entwicklung der Gründe, Quarz führt. Fehlt der Quarz, so ist er ausge- welche mich veranlassen, die nachfolgenden zeichnet dünn- und geradschiefrig, bei Vor- Gesteinsschichten der Grauwackenzone beizu- handensein des Quarzes aber unregelmäßig zählen, einem besonderen Aufsatze vorbehalte. schiefrig und in Handstücken wie im Großen Die Grauwackenformation setzt im Leogangtale wellenförmig gebogen, gewunden und knotig. teils eigentümliche Dolomitkalke zusammen. Sehr zarte weiße Glimmerblättchen finden sich Unter den Schichten findet man mehrere we- sparsam auf den Schieferungsflächen vor. sentlich verschiedene Arten. Die eine derselben besteht aus weißen, größtenteils aber rosa- Eine letzte Gruppe der Grauwackenschiefer im roten Quarzkörnern, die, in der Regel nach der Leogangtale bilden Tonschiefer mit homogener Schieferungsrichtung linsenartig gestreckt, Masse von vorwaltend dunkler Färbung. Sie durch Lagen von grauem und grünlichem sind sehr dünn-schiefrig, an den Scherungs- Talkglimmer geschieden werden, sodass das flächen stark glänzend, ohne talkig oder gra- Gestein eine ausgezeichnete schiefrige Struk- phitisch zu sein, wohl auch sehr fein gestreift, tur erhält. An den Schieferflächen nimmt man im Bruche dagegen erdig. Ihre Farbe besitzt in einzelne Blättchen von weißem Glimmer wahr. der Regel eine Neigung ins Violette und ist bald Die Quarzkörner erreichen die Größe von einem reinviolett, bald schmutzig graugrün, bald dun- Zoll, sind meistens nur 1 – 2 Linien groß, aber kel bleigrau. Die grauen Varietäten herrschen zwischen den Talklagen bisweilen dicht inein- vor, führen mitunter Schwefelkies und lassen ander geschoben, derart, dass sie in manchen sich blättern oder wie Dachschiefer spalten. Varietäten Quarzlagen bilden, in welchen die einzelnen Körner oder Linsen nicht mehr unter- Die kalkführenden Gesteine der Grauwacken- schieden werden können. Je nach der Menge formation im Leogangtale zeichnen sich durch des Quarzes und des Talkglimmers und je nach ihr kristallinisches und spätiges, selbst zu- der Färbung derselben ist das Gestein bald ckerartiges Gefüge und durch ihren Gehalt an lichtviolettgrau, bald graurosenrot meliert, bald kohlensaurer Bittererde und an kohlensaurem grünlich-grau, immer aber fühlt es sich talkig Eisenoxydul aus. Analysen, die mit einigen die- und schlüpfrig an. Für diese Gesteinsart dürfte ser Gesteine vorgenommen wurden, ergaben die Benennung „schiefrige Grauwacke“ nicht zwischen 34 und 74 % kohlensaure Magnesia unpassend sein. Mit ihr tritt auch ein violettro- und zwischen 3 und 18 % kohlensaures Eisen- ter toniger, aber ebenfalls talkig anzufühlender oxydul. Sie sind durchaus dolomitisch, teils Schiefer auf, in welchem die ihn bindenden Be- reine, teils eisenspathaltige Dolomite, und in standteile nicht erkennbar sind. Ebenso ist von letzterer Beziehung den Ankeriten (der Rot- der schiefrigen Grauwacke kaum eine zweite wand) am nächsten. Ihre Farbe ist teils licht- Schieferart trennbar, die besonders am Nöckel- grau, teils blaugrau, teils lichtbraun, und die berg zutage tritt, und die aus 1 – 2 Linien dicken Gesteine erhalten durch Verwitterung an der Lagen von dichtem, grauem und graugrünem Außenfläche eine mehr oder minder rostbraune Quarz, zwischen welchen kaum bemerkba- oder braungelbe Rinde. re Lagen von grünlichem Talkglimmer liegen, besteht. Selbstständiger aber tritt ein grau- Über das geologische Auftreten der eben schwarzer Grauwackenschiefer auf, der in einer beschriebenen Gesteinsarten oder Grauwa- schwarzen tonigen, durch beigemengten ckenformation zueinander und zu den Werf- Seite 137 LUDWIG PÜRSTL ner-Schichten werden einige Durchschnitte zen Grauwackenschiefer, die ebenfalls ein das beste Bild geben. Geht man vom Grießner steiles, südliches Einfallen unter die Dolomite See nach dem Spielberggraben aufwärts in des Sonnkogels beobachten lassen. Auf diesen südlicher Richtung zu Grießner Alpe und über Dolomiten, die am Bergrücken des Sonnkogels den hohen Spielberg in das Schwarzleotal, so beobachtet auftreten, liegen im Schwarzleotale erhält man den Durchschnitt. Vom Ausgange die violettegrauen Grauwackenschiefer. des Grabens bis zur Grießner Alpe stehen an Den kompliziertesten, aber auch belehrends- den Gehängen die Werfner-Schichten an, an- ten Durchschnitt noch mehr gegen Osten gibt fänglich saiger stehend, dann aber ohne eine das Schwarzleotal selbst. Am Ausgange dieses konstante Fallrichtung unter- und übereinan- Tales stehen vorerst mit einem steilen nörd- dergeworfen. Schon im Graben stößt man auf lichen Verflächen Werfner-Schichten an. Sie Blöcke der roten Dolomitbreccie, die aber erst legen sich auf die darauffolgende Dolomitbrec- an der Grießner Alpe anstehend gefunden wird, cie an, die hier am mächtigsten entwickelt ist. wo sie einerseits die roten Werfener-Schichten Weiter abwärts sieht man unter dieser Dolo- begrenzt, andererseits sich aber südlich an die mitbreccie am Bache eine kleine Partie schief- Dolomitfelsen des hohen Spielbergs anlehnt. riger Grauwacke und nächst dieser schwarzen In der halben Höhe des Grabens treten ferner Grauwackenschiefer hervorragen, die aber von kuppenförmig schwarze Grauwackenschie- eisenspätigem Dolomit im Süden derart be- fer zu Tage, ringsum an den Gehängen und deckt werden, dass Letzterer weiter aufwärts höher aufwärts von den vielfach zerrütteten am Berggehänge unmittelbar mit der Dolomit- Gesteinen der Werfner-Schichten bedeckt. breccie zusammenstößt. Auf diese kaum einige Der darauffolgende eisenspatige Dolomit des Klafter mächtige Einlagerung von Dolomit folgt hohen Spielbergs zeigt an der nördlichen Seite weiter aufwärts um Tale in südlicher Richtung keine Schichtung, sondern nur Zerklüftungen neuerdings schiefrige Grauwacke, sodann eine und zackige Formen. Dagegen ist derselbe an größere Partie Dolomit, welche endlich – wie in der Südseite deutlich geschichtet, und die den beiden ersten Durchschnitten – von vio- Schichten, 1 – 2 Fuß mächtig, streichen Stun- lettgrauen Grauwackenschiefern bedeckt wird, de 19 – von Ost in West – und fallen mit 60 bis die teils saiger aufgerichtet sind, teils bei einem 70 Grad nach Süden ein. Sie werden an dieser Streichen nach Stunde 20 (W. 15 ° in N.) mit 70 südlichen Seite im Schwarzleotale von violett- bis 75 Grad nach Südsüdwest verflächen. grauen Grauwackenschiefern überlagert, die bei demselben Streichen ebenfalls ein steiles, Zieht man die Durchschnitte in Betrachtung und südliches Einfallen besitzen. hält sie mit dem Durchschnitte zusammen, so ersieht man daraus, welche gewaltigen Störun- Ein zweiter Durchschnitt ist vom Grießbach- gen die Werfner-Schichten durch die Hebung tale nach dem mehr östlich befindlichen der Grauwackengebilde erlitten haben. Dass Rotbachgraben und über den Sonnkogel in aber Letztere bereits vor der Ablagerung der das Schwarzleotal. In diesem Graben folgen Werfner-Schichten Störungen erlitten haben nach aufwärts auf die Werfner-Schichten, die, und gehoben wurden, folgt nicht aus der ab- obschon vielfach gestört, in ihrer Schichtung weichenden Lagerung, in der sie sich gegen die dennoch im Allgemeinen bei einem ostwest- Werfner-Schichten befinden, sondern vor- lichen Streichen ein steiles Verflächen nach zugsweise aus dem Umstande, dass die Werf- Süden zeigen, zunächst die Dolomitbreccie, ner-Schichten südlich vom Leogangtale und und dann in größerer Mächtigkeit die schwar- dem Spielberghorn nirgends mehr auftreten. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 138

Dass die Aufeinanderfolge der Gesteinsarten begleitet die Dolomite an der nördlichen Seite der Grauwackenformation, wie sie die Durch- derselben, verschwindet aber weiter östlich vom schnitte zeigen, nicht ihrem Alter entsprechend Schwarzleotale ebenso wie die schiefrige Grau- seien, und dass das durchschnittliche Einfallen wacke. Die größte Verbreitung haben die violett- derselben nur durch eine Umkippung oder Über- grauen, teilweise grünlichen Grauwackenschie- stürzung der Schichten erklärt werden könne, fer, die vom Saalachtale bis zum Dorf Leogang folgt wohl schon aus dem ebenfalls südlichen das ganze südliche Gehänge des Leogangtales Verflächen der Werfner-Schichten im Rotbach- einnehmen, und auch das Schwarzleotal südlich graben, welche doch sicherlich jünger sind als von dem Dolomitzuge bilden. Der eisenspäti- die schwarzen Schiefer und Dolomite, unter ge Dolomit endlich setzt sie Kuppe des hohen denen sie zu liegen scheinen. Mich bewegen Spielberges zusammen, zieht in einem breiten aber andere, später zu erörternde Gründe zu der Rücken ostwärts bis zum Sonnkogel und teilt Annahme, dass die normale Reihenfolge der Ge- sich dort in zwei Zweige, wovon denen einer steinsarten im Leogangtale nach ihrem Alter von in östlicher Richtung ins Schwarzleotal läuft. unten nach oben folgende sei: Der erste Zweig teilt sich ober der Ahlbergalpe 1. violettgraue Grauwackenschiefer wieder in zwei Äste, die sich ins Schwarzleotal 2. eisenspätige Dolomite herabziehen, aber sich ebenso wie der zwei- 3. schwarze Grauwackenschiefer te Hauptzweig, am östlichen Gehänge des 4. schiefrige Grauwacke Schwarzleotales und noch weiter östlich unter 5. Dolomitbreccie die Grauwackenschiefer verlieren, sodass sie in 6. Werfner-Schichten den östlichen Gräben nicht mehr zu Tage kom- men. Die noch folgenden Ausführungen betref- Am zweifelhaftesten erscheint hierbei das Alter fen den Bergbau und werden dort verwendet. der Formation der Dolomitbreccie. Ihr inniger Zusammenhang mit den Werfner-Schichten Aus den Zentralalpen stammende Granit- und würde die Annahme rechtfertigen, dass sie Gneisblöcke, die man im Bereich der Steinber- diesen selbst angehöre. Dass sie aber ihre Ent- ge antrifft, verraten, wie hoch das Eis damals stehung erst der Epoche verdankt, in welcher hier emporragte. Schlosser hat zentralalpi- die Werfner-Schichten gehoben wurden, dass ne Geschiebe in den Leoganger Steinbergen sie somit eine Reibungsbreccie sei, dafür spricht noch über 1.700 m angetroffen; im Grießelbach ihre Zusammensetzung aus Dolomitstücken, die lassen sie sich bis 1.600 m verfolgen. Allgemein größtenteils den Dolomiten des hohen Spiel- kommen sie nur in tieferen Gehängen vor. bergs ähnlich sind, mit dem roten Zement, den, wie oben bemerkt, die Werfner-Schichten ge- „Der Aufbau der Steinberge ist überaus ein- liefert haben können. Auch der Umstand darf fach“, schreibt Cranz. Der auf der Südseite bis bei dieser Frage nicht unberücksichtigt bleiben, 1.000 m reichende Sockel besteht aus Bunt- dass die Breccie im Leogangtale nur dort er- sandstein der Werfner-Schichten, dann der scheint, wo auch die Dolomite zu Tage kommen. bröckelige, schlecht geschichtete Hauptdolo- Was die Verbreitung der Gesteinsarten der mit, überlagert von steilabbrechendem, grau Grauwackenformation im Leogangtale anbe- und rötlich gefärbtem Plattenkalk, darüber langt, so fand ich die schiefrige Grauwacke nur eine mächtige Decke aus teils grobbankigem, am unteren Ende des Schwarzleotales und am teils feinplattigem, dünn geschichtetem Dach- westliche Gehänge desselben bis zum Nö- steinkalk. Der enthaltene rote Ton quillt bei ckelberg. Der schwarze Grauwackenschiefer nassem Wetter auf und rinnt über die Fels- Seite 139 LUDWIG PÜRSTL wände ab (Rothorn, Rothörndl). Er wird von Grauwacken-schiefer, welche beide in dem den Zimmerleuten als Rötel verwendet. Auch Dolomit unregelmäßige Einlagerungen oder der Vorder- und Hinterrettenbach tragen ihren Putzen bilden, und in diesen selbst über- Namen davon. Eine auffallende Erscheinung gehen. Man findet dieselben auch über ist die rund 5 km lange Sattelzone des Pass Tag nächst dem Berghause anstehend. Die Grießen, zu der im Leoganger-, sowie Fieber- Schiefer sind leicht zerstörbar und auflöslich, brunner-Tal Terrassen emporziehen. Nur wenig daher kommen auch Nester von aufgelös- durch Gletscherschurf erniedrigt, stellt der Sat- tem, schwarzem, graphitischem, wie auch tel eine Restform dar, die darüber Aufschluss von einem fetten, weißen Tone in der oberen gibt, dass das Gefälle der durch ihn verbunde- Etage der Grube zum Vorschein. nen Tälern einst viel geringer war als heute. Das einbrechende Erz ist spröde, im Bruch uneben, metallglänzend, lichtgrau ins Silber- Da den Jahrbüchern der geologischen Bundes- weiße geneigt, und läuft bunt an. Weder das anstalt von Dr. Ohnesorge für Leogang nichts spezifische Gewicht noch die Härte lassen Wesentliches zu entnehmen ist, wird der sich mit voller Bestimmtheit angeben, da in leergelassene Raum durch Ausführungen von den zur Bestimmung vorliegenden Hand- M. V. Lipold ausgefüllt. stücken das Erz mit der Gangart so fein „Aus der geologischen Aufnahme der Tal- und innig gemengt vorkommt, dass ein nur gegend und aus den Daten, die die Gruben- einigermaßen als reines Erz annehmbares führung (Grubenbefahrung) lieferte, geht Stückchen nicht zu erhalten ist. Ebenso we- hervor, dass die erzführende Lagerstätte nig habe ich Kristalle von dem Erze gesehen, in den alten Bauen im Schwarzleotal dem welche eine kristallographische Bestimmung südlichen Hauptzweige des eisenspätigen zuließen. Eine vorläufige qualitative chemi- Dolomites angehört, der sich vom Sonnkogel sche Analyse des Erzes zeigt, dass dasselbe in ostsüdöstlicher Richtung ins Schwarzleotal außer Nickel und Schwefel noch Arsenik, herabzieht. Ob aber die Erzführung gang- und Antimon, Eisen und Kobalt enthielt. Es dürfte lagerartig sei, lässt sich nicht erheben. Nach dasselbe dem „Nickelantimonkies“ oder „Nik- der Analogie mit ähnlichen Vorkommen würde kelspießglanzerz“ entsprechen. Eine genaue aber das Letztere der Fall sein, wenn nicht die qualitative Analyse des Erzes und der Speise erzführenden Schieferarten bloß große Linsen wird im Laboratorium der k. k. geologischen in dem Ankeritkalke bilden. Jedenfalls darf Reichsanstalt vorbereitet. Der Nickelgehalt nicht übersehen werden, dass das Streichen des Erzes wurde bei einer früheren Analyse und Verflächen der Erzlagerstätten vollkom- mit 12 – 15 % bestimmt. men entspricht, welche man an den eisen- Dieses Nickelerz tritt, wie schon bemerkt, spätigen oder Ankerit-Dolomiten des hohen in einem innigen körnigen Gemenge mit der Spielbergs unter Tags beobachten kann. Gangart auf und bildet teilweise in dersel- Der eisenspätige Dolomit ist das Gebirgsge- ben vielfältig geformte Verzweigungen und stein, welches die Erzlagerstätten enthalten. Schnüre. Die Gangart ist weißer und licht- Bei der Befahrung der in diesem Gestein in grauer Quarz, jedoch findet man gleiche Erz- der oberen Etage bisher eröffneten Gruben- schnüre auch im blaugrauen dolomitischen strecken, stößt man aber außer auf diesen Ankerit, und dieser zeigt sich häufig auch Dolomit auch auf Partien von grünlichgrau- in Blättern im Gemenge mit Quarz und Erz. er, talkiger, schiefriger Grauwacke, sowie Diese erzführende Gangart bildet nun in dem auf Partien von schwarzem graphitischem Gebirgsgestein Schnüre und Linsen, deren LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 140

Dicke 1 – 2 Zoll beträgt, und die sich mehrere vor. Der Nickelin findet sich selten in dün- Klafter weit verfolgen lassen, ohne aber eine nen Schnüren mit dem oben angeführten bestimmte noch weniger eine gerade Rich- Nickelerz vor. Die Kobaltblüte erscheint als tung beizubehalten. Größtenteils werden sie ein nierenförmiger Beschlag in den Spalten immer schmäler und verlaufen endlich in die und leeren Räumen des durch Zersetzung schiefrige Grauwacke. entstandenen schwarzen graphitischen Seltener sind größere Putzen und Nester Tones. Kupferkies ist ebenfalls in geringen vorhanden, in welchen das bezeichnete Erz- Mengen dem gewöhnlichen Nickelerz ein- gemenge ringsum von dem Gebirgsgestein gesprengt. Schwefelkies endlich findet man eingeschlossen war, in welches es kleine immer nur in sehr kleinen Hexaedern, teils in Schnüre aussendete. Das Erzvorkommen ist den Quarzdrusen des Nickelerzes, teils als daher ein sehr unregelmäßiges, und es lässt Anflug auf den Spalten des nächst angren- sich über die Mächtigkeit, das Streichen und zenden Gebirgssteines.“ Verflächen der Lagerstätte umso weniger Berühmt ist der ehemalige Quecksilberberg- jetzt schon ein zuverlässiger Ausspruch tun, bau auf der Vogelhalt und in den benach- als dieselbe bei ihrem bisherig geringen Auf- barten Gruben von Schwarzleo. Der Berg- schluss keine genügenden Anhaltspunkte bau Schwarzleo, welcher ein Alter von fast an die Hand geben. Man hat allerdings an tausend Jahren haben soll und seinerzeit einer Stelle in der oberen Etage die Erzla- die schönsten und seltsamsten Mineralien gerstätten, jenes Gebirgsgestein nämlich, in lieferte, befindet sich im silurischen Kalk, in welchem noch Erze einbrechend gefunden welchem Fahlerze, Bleiglanz, Kobalt- und werden, durchfahren, und ist auf schwarzen Nickelerze einbrechen. In früherer Zeit soll Grauwackenschiefer gestoßen, woraus man sich namentlich ein Gipsstock, der in der schließen könnte, dass dieser Letztere auch Grube (Barbarbastollen) angefahren wurde, das Hangende der Erzlagerstätte bildet, so als erzreich erwiesen haben. Der ankeriti- wie er unzweifelhaft im Liegenden dersel- sche Kalkstein, in welchem die Erze eine ben auftritt. In der Grube lässt sich nur an den Gebirgsschichten konform gelagerte zwei Stellen – am schwarzen Grauwacken- Linse bildend, eingesprengt sind, ist schief- schiefer und am dolomitischen Ankeritkalk rig, dunkelgrau und quarzreich. Er ruht auf – mit Verlässlichkeit ein Streichen zwischen schwarzem Silurschiefer, die Schichten fal- Stunde 3 und 4 (N. 40° in O.) und ein südöst- len steil nach Nord. Im Bergbau Nöckelberg liches Verflächen, welches man über Tag an am linken Gehänge des Schwarzleotales den eisenspätigen Dolomiten und Grauwa- finden sich in einem eisenreichen Dolomit, ckenschiefern beobachten kann, die nächst der auf Silurschiefer ruht, unregelmäßige der Grube anstehend gefunden wurden. Ausscheidungen, teils bis einen Dezimeter Am wahrscheinlichsten ist die Erzlager- mächtige Schnüre und Linsen, teils Putzen, stätte nur ein liegender Stock im nördlichen Kobaltblüten, Kupferkies und Eisenkies be- Hauptzuge des eisenspätigen Dolomits, der stehen.“ (Fugger Eberh.) sich vom Sonnkogel über den Nöckelberg nach Osten in das Schwarzleotal hinab- Der Burgstein(palfen), vermutlich eine auf- zieht. Außer den oben beschriebenen Ni- geschobene Dolomitbreccie, birgt mehrere ckelerzen kommen in der Nöckelberggrube Höhlen, wie das Plateau, eine vorgeschicht- noch Nickelin (Rotnickelkies, Kupfernickel), liche Siedlungsstätte, wie das Tragen einer Kobaltblüte, Kupferkies und Schwefelkies Burg vermuten ließen. Bei der am 10.05.1953 Seite 141 LUDWIG PÜRSTL vom Landesverein für Höhlenkunde und Prof. nener Nickelspeise, die wegen ihres hohen Dr. Martin Hell vorgenommenen Begehung fand Eisengehaltes schwer zu verwerten sind. Diese man keine Ansätze, die die Annahmen recht- Schwierigkeit war auch die Ursache, warum fertigen könnten. Die Höhlen und das Plateau sich die dortige Gewerkschaft an die k .k. GRA. wurden fotografiert. Prof. Hell fand auch im Na- um wissenschaftlichen Beistand gewandt hat. men keinen Beweis für eine gestandene Burg und glaubt, dass dieser nur der naheliegenden Auf nassem Wege lässt sich im Großen durch Gestalt des Felsens gegolten habe. sukzessive Anwendungen von Salzsäure, Chlorkalk und Kalk eine Scheidung erzielen. Lo- Die Materialseilbahn des Magnesitberges ist kalverhältnisse, sowie die Preise der Salzsäure 6,5 km lang und überwindet einen Höhen- müssen entscheiden, ob eine solche Schei- unterschied von rund 460 m. Der Rauminhalt dung in Nöckelberg mit Vorteil anzuwenden ist. eines Wagens beträgt 0,25 m³, das Ladege- Hätte Österreich billiges Kochsalz, so hätte es wicht 350 kg, die Laufzeit hin und zurück 60 auch billiges Nickel, und die Verbindung einer Minuten. Die 76 Wagen laufen täglich viermal. Sodafabrik mit Nickelgewinnung würde nicht (Nach Peter Brandstätter) lange auf sich warten lassen.“ Wenngleich diese Schwierigkeit längst überwunden ist, so nimmt Dr. Ragsky in der Sitzung der k. k. GRA: vom sie dennoch Anspruch auf Aufnahme in die- 18.4.1854: „ Das Nickel ist bereits ein Jahrhun- se Arbeit, da sie mit der Entwicklung unseres dert in Europa bekannt, hat aber lange Zeit keine Bergbaues aufs Engste verknüpft ist. Anwendung gefunden, obwohl es die Chinesen bereits verwendeten. Baron Gersdorff hat sich Da mir diese Abhandlungen im Kapitel durch Einführung dieses Metalles ins praktische „Der Bergbau in Leogang“ entgangen sind, Leben einen großen Dienst erwiesen.“ sollen sie an dieser Stelle nachträglich niedergelegt werden. In neuester Zeit werden große Mengen von Ni- ckel zu Pakfong (Chinasilber) verarbeitet. Nickel- Der Vollständigkeit halber seien hier noch erze, welche man noch vor nicht allzu langer Zeit Mineralien, die im Schwarzleokomplex vor- als wertlos wegwarf, werden selbst aus Ungarn kommen, aufgezählt: Ankerit, Anhydrit, Antimo- bis nach England geführt und in Birmingham auf nit, Apatit, Arsenikblüte, Arsenkies, Aragonit, Nickel verwertet. Auripigment, Baryt, Bleiglanz, Brauneisenerz, Cerusit, Cölestin, Dolomit, Fahlerz, Flußspat, Im Nöckelberg im Leogangtale im Salzburgeri- Graphit, Jamesonit, Kalkspat, Lazulit, Malachit, schen kommen reiche Nickelerze vor, welche Markasit, Pharmakolit, Pyrit, Pyragisit, Realgar, bei einem Gehalt von 26 % Nickel, 10 % Eisen, Sideritz, Strontianit, Wismut, Witherit außerdem Schwefel und Arsenik enthalten. Arsenik und Schwefel lassen sich durch Rös- Als Kupfererze kommen vor: Azurit, ten größtenteils entfernen, die Trennung von Covellin, Kupferglanz, Kupferkies, Kupfer- Eisen und Nickel ist aber auf trockenem Wege schwärz, Malachit. Aus Azurit und Fehlerz bisher eine ungelöste, aber wichtige Aufgabe. wurde Silber, aus Amalgam und Zinnober Es liegen am Nöckelberge 70 Zentner gewon- Quecksilber gewonnen. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 142

DAS WIRTSCHAFTLICHE BILD

Dieses hat sich im Laufe des letzten Viertel- rer und ein Kooperator den Seelsorgedienst, 2 jahrhunderts und ganz besonders im letzten Volksschulen, eine landwirtschaftliche Berufs- Jahrzehnt bedeutend verändert. Hatte Leo- schule und eine Außenstelle der Volkshoch- gang vor 20 Jahren noch eine überwiegend schule die Volksbildung. Ein Gemeindeamt, ein landwirtschaftliche Bevölkerung, so steht ihr Postamt, ein bayerisches Forstamt, eine öster- nach dem Volkszählungsergebnis von 1951 reichische Försterei und ein Gendarmeriepos- von 778 Personen eine nichtlandwirtschaft- ten sind für die Verwaltung eingesetzt. liche per 1344 Personen gegenüber, was in Prozenten hinfälliger ausgedrückt rund Ein wohl selten vorkommender gemischter 37 zu 63 ergibt. Dagegen ist die Anzahl der Betrieb liegt in der Hand der Familie Frick Angehörigen in Gewerbe und Industrie in und besteht in einer Gastwirtschaft (ehe- derselben Zeit sprunghaft von 242 auf 627 maliger Taverne), einer Fleischhauerei, einer Personen angestiegen, was einem 259 %igen Bäckerei, einer Mühle, einer Schmiede, einem Anstieg entspricht. Sägewerk und einer Landwirtschaft.

Da dem Bauernstand, dem hauptsächlichen Die Besiedelung reicht über 1.200 m, wo noch Träger des Talgeschehens, ein eigenes Kapitel alle üblichen Getreidearten gedeihen und gewidmet wird, werden hier die übrigen Berufs- Obst- und Bienenzucht in bescheidenem Maße zweige in den Vordergrund gerückt. betrieben werden. Der Reiz der landwirtschaft- Nach den Österreichischen Bundesbahnen lichen Lage, die hochalpinen Möglichkeiten weist dermalen das Werk Leogang der ö.-a. Ma- in den Steinbergen sowie die leichten und gnesit-AG Radenthein mit 40 Mann die stärks- lohnenden Tagestouren in den Schattbergen, te Belegschaft auf. Außer dem Hartl’schen ferner das Schiterrain mit der idealen Asitzab- Großsägewerk unterhält noch das Schotter- fahrt nach Hütten, ziehen im Sommer und im werk Gaisbichler in Hochfilzen eine Betriebs- Winter ständig durchziehende Fremde ins Tal. stätte am Grießelbach. In den ersten Nach- Das Meldeamt verzeichnete 1951 um 350 und kriegsjahren existierte auch eine Parkettfabrik. Materialseilbahn Inschlagalm 1954 Quelle: Bergbaumuseum Zehn Gasthäuser, das Asitz-Unterkunftshaus und die Passauerhütte sind nach dem Zweiten Weltkrieg einer Brandlegung zum Opfer gefal- len. Ferner sorgen 8 Handlungen, zwei Bäcke- reien, eine Fleischhauerei, 2 Tischlereien, 1 maschinelle Zimmerei, eine weitere Zimme- rei, 1 Maurermeister, 2 Schmieden, 2 Wagne- reien, 2 Schuhmacher, 1 Schneiderei, 1 Sattler und Tapezierer, 1 Weber, 2 Binder, 1 Friseur, 1 Mühle und 2 Sägewerke für den wirtschaft- lichen Bedarf.

Ein Arzt, eine Hebamme und ein Gemeindespi- tal betreuen den Gesundheitsdienst, ein Pfar- Seite 143 LUDWIG PÜRSTL

1952 um 450 ständige Sommergäste. Mit der 30.11.1900 gegründete „Wasserbaugenossen- Durchführung der Hochdruckleitung wird die schaft Leogang“, die am 27.02.1921 ins Leben erste und vordringlichste Voraussetzung zur gerufene „Zuchtgenossenschaft für das Pinz- Hebung des Fremdenverkehrs geschaffen, aber gauer Rind in Leogang“, die auf das Jahr 1901 auch eine längst fällige sanitäre Einrichtung für zurückgehende „Pferdezuchtgenossenschaft die bodenständige Bevölkerung, die die Bautä- Nr.1 in Saalfelden“, welcher außer Leogang die tigkeit noch weiter fördern wird. Möge sie dem Züchter von , Lofer, Saalbach und Initiator, Bürgermeister Leonhard Tribuser, recht Saalfelden angehören. Im Jahre 1909 wurde der bald gelingen! Möge auch die Bevölkerung, be- „Pferdeversicherungsverein Leogang“ gegrün- sonders die junge, nur das von den Fremden det. Auch ein „Obstbauverein Leogang“ und annehmen, was sie von vornherein hierlassen der „Bienenzuchtverein Leogang“ tragen zur wollen, nicht aber den städtischen Anstrich an Hebung der Wirtschaft bei. Kleidung, Kosmetik und anderem Firlefanz! Die nach dem 1. Weltkrieg einsetzende Geld- Eine Dorfbank, die im Jahre 1895 gegründete entwertung, welche die angesehene Krone auf Raiffeisenkasse, bildet eine segenreiche Ein- ein Zehntausendstel entwertete, machte eine richtung für die Wirtschaft. Sie gibt nicht nur schadendeckende Brandversicherung unmög- Gelegenheit zum Sparen, sondern vergibt auch lich, weshalb man auch hier auf der Basis der an ihre Mitglieder tragbare Kredite und vermit- Gegenseitigkeit im Jahre 1923 die „Natural- telt ihnen in der Warenabteilung preisgünstige brandschadenshilfe“ aufstellte. Auch der Feuer- Einkäufe. Zahlmeister Hauptlehrer Franz Sales wehr sei an dieser Stelle schon gedacht. Auch Steiner, blickt auf eine dreißigjährige Tätigkeit ein Verschönerungs- und Verkehrsverein ist für in dieser Eigenschaft zurück, wofür ihm 1953 die Hebung des Fremdenverkehrs eingesetzt, die gebührende Anerkennung zuteil wurde. wie auch die Tätigkeit des vor einigen Jahren ge- gründeten Schiklubs der dasselbe Ziel verfolgt. Hierher gehören auch noch andere gemeinnüt- Von den übrigen Vereinen wird in einem zige Vereine bzw. Genossenschaften, so die am eigenen Abschnitt geschrieben.

ALTER UND NAME

Leogang gehört nicht nur zu den tausendjähri- Für die Besiedelung in der Bronzezeit (2000 gen Gemeinden, es ist noch viel älter, denn das – 1000 v. Chr.) tritt eine am Biberg, der sich gesellschaftliche Alter reicht sogar in die Stein- übrigens als wichtigster Siedlungspunkt des zeit zurück. Wenn wir uns auch auf eigene Ge- Saalachtales erweist, gefundene Bronzenadel schichtsquellen darüber nicht stützen können, so als Zeuge auf. Das Melcherloch im Kaltenberg- darf man doch zweifellos annehmen, dass Leo- graben ist in dieser Zeit bewohnt und Bron- gang am Zeitgeschehen der Steinzeitmenschen zenadeln aus Ramseiden, Pabing und Saalfel- im Saalfeldner Becken einen gewissen Anteil den-Markt, sowie vereinzelte Scherben vom hatte, weshalb die diesbezüglichen Geschichts- Kühberg deuten auf Siedlungen hin. quellen auch hier Aufnahme finden sollen. Der Kupferbergbau im Glemmtal geht in dieser Aus der Jungsteinzeit (4000 – 2000 v. Chr.) Zeit auf, und der Kupferhandel zieht durch die wird eine Lochaxt aus Serpentin aufbewahrt. Hohlwege und wohl auch über den Grießen- LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 144 pass nach Tirol. Aus der Hallstattzeit, Ältere liter possidedum in proprietatem. Eisenzeit (1000 – 500 v.Chr.) haben wir eine Isti sunt testes istius conplacitationis: Bronzenadel vom Biberg. In der Latenezeit, Reginperth comes, Engilperth comes, Cha- Jüngere Eisenzeit (500 – 0 v.Chr.) ist der Biberg dalhoh comes, Ruodperth, Rafelt, Vuillihelm, stark besiedelt, welcher im letzten Jahrhun- Graman, Heidvolch, Ruodlant, Unolfperth, dert v. Chr. befestigt wird und den Vorort, die Auo, Selpker, Ludolf, Englivuan, Arahart, Ot- Gauburg des Keltenstammes der Ambisontier perth, Aschrab, Rifuni, Adalrih, Uualtaperth. bildet. In der Römerzeit (0 – 477 n. Chr.) trägt Anno 930 Octobris 12. der Biberg wieder eine Befestigung. Aus dieser Zeit stammt auch eine in Leogang gefundene ABMACHUNG ZWISCHEN römische Münze, die das Bildnis von Kaiser ERZBISCHOF ODALBERT UND Probus (276 – 282 n. Chr.) trägt, deren Fundort SEINEM DIENSTMANN JAKOB jedoch unbekannt ist. Es hat nun dem ehrwürdigen Erzbischof Odalbert nach Rat seiner treuen Kleri- Setzte die Besiedelung des Saalfeldner Be- ker und Laien gefallen, mit einigen seiner ckens durch die Bajuvaren bereits im 6. und 7. Dienstleute, nämlich Ruodgozzo und dessen Jahrhundert ein, so mag sie auch unser Tal bald Sohn Jakob, eine gewisse Übereinkunft zu darauf erfasst haben, da in der nachfolgenden treffen. Jakob übergibt mit seinem Vater Ru- Urkunde, dem Taufschein der Heimat, ein An- odgozzo in die Hände seines Herrn Odalbert wesen am Bächlein LIUGANGA genannt wird: und dessen Vogtes Reginberth ein solches COMPLACITATIO INTER ODALBERTUM AR- Eigentum, welches ihm der vornehme Mann CHIEPISCOPUM ET JACOPUM und Graf Dietmar im Gebiete von Salavel- MINISTERIALEM SUUM dun am Bächlein „Liuganga“ bestehend aus Placuit igitur veherabili archiepiscopa Odal- einem Haus mit einem Hof und Ländereien berto, consilio fadelium suorum clericorum mit allen rechtlichen Zugehörungen und soilicet et filio eius Jacobo,quandam con- der hl. Rodbertus für ewig besitzen sollen. placitationen facere. Tradidit naque Jacob Dagegen übergibt Odalbert zugleich mit sei- cum Patre suo Ruodgozzo in manus domini nem Vogte Reginberth eben diesem Jakob sui Odalberto et advocati sui Reginberthi mit seinem Vater Ruodgozzo ins Eigentum, talem proprietatem, qualem sibi Dietmar, was immer dieser Jakob als Lehen in Sala- nobilis vir et comes, in Salavedun tradidit veldun besaß, und unter der Bedingung und juxte rivolum Liuganga oasam cum curte et in der Weise, dass es Jakob selbst und seine territoriis seu omnibus juste ad huno locum Frau Engilrat und sein Sohn Ruodgozzo ihr pertinentibus ad sanctum Petrum sanctum- Leben lang besitzen sollen, oder wenn sie que Rodpertum in proprietatem perpetuam noch einen anderen Sohn oder eine Tochter possidendum. Econtra vero Odalbertus mit längerem Leben hätten, sie diese Ört- archiepiscopus uno advocato suo Regin- lichkeit bis zu ihrem Lebensende besitzen bertho eidem Jacobo et patre suo Ruodgoz- sollen, hernach aber in ewigen Besitz und zo tradidit in probrietatem, quiequid ipse Eigentum des hl. Petrus und des hl. Rodber- Jacobo et uxer illius et filius eins Ruodgoz tus übergeben sollen.“ usque in finem vita, hec loca usque in finem vite sue possideant, aut si alium filium vite Zeugen: Graf Reginperth, Graf Engilperth, sue possigeant, postea vero ad sanctum Graf Chadalhoh, Ruodperth, Rafelt, Petrum santumque Rodbertum perpetua- Vuillihelm, Graman, Heidvolch, Ruodlant, Seite 145 LUDWIG PÜRSTL

Unolfperth, Auo, Selpker, Ludolf, Englivuan, 1281 Levganch und Laeganch Arahart, Otperth, Aschrab, Rifuni, Adalrih, 1323 Leuganch Uualtaperth.12.10. Anno 930 1476 Lewgang 1532 Leubang und In späteren Urkunden scheint der Name Leo- 1535 erstmalig Leogang. gang in folgenden Schreibweisen auf: Anno 1248 Leugange Im Volksmund wird der Ort heute noch Loigam 1250 Levgange oder Loigang genannt.

UNSERE HEIMAT ERZÄHLT VON IHRER JUGENDZEIT

„Auch ich war einmal jung, aber das ist unend- Nord- und Ostwinden mehr geschützt war, lich lange her. Mein Alter steht nirgends einge- hörte es in meinen Jungfernjahren tausende tragen, und niemand kann es auch nur annä- Jahre nicht zu schneien auf. Hörte nicht mehr hernd angeben. auf, bis mein ganzer Körper in Eis und Schnee erstarrt war und auch mein Kopf Jahr und Tag Soweit ich mich erinnere, war auch ich in eine Schneehaube aufhatte. Ich kann mich meiner Jugend kleiner, rundlich und paus- freilich nicht mehr recht erinnern, wie lange backig. Die lange Lebenszeit setzte mir aber dieser harte Winter gedauert hat, schätze aber ganz gehörig zu. Nicht allein die Zeit machte 30.000 Jahre. War schon das nicht fein, so war mich alt, vielmehr noch veränderte das durch- die operative Entfernung des Eises noch viel gemachte Leid mein Äußeres. Ungezählte schmerzhafter, denn Primar Lassing kannte Jahrtausende stand ich schon als östlicher kein Erbarmen. Schaut mich nur an, wie er Ausläufer der Kitzbühler Alpen da. Mein Haupt, meinen Kopf zerschnitten und zerschunden das Spielberghorn, war noch rund wie ein rich- hat! Das scharfe Eiswasser und die losgelösten tiger Kinderkopf. Von Grießen bis über Hirnreit schneidigen Steine schürften, kratzten, bohr- hinaus lag meine Brust sanft geneigt. Meine ten, schnitten und hobelten jahrhundertelang rechte Lende, die Schattberge, hatte auch -da an meinem zerfleischten Körper herum, sodass mals völlig die gleiche Form, nur die Adern, die ich nach dieser Operation kaum mehr zu er- Gräben, waren noch nicht so tief und breit. Den kennen war. Abgemagert bis auf die Knochen, Grießensee gab es damals noch nicht und der kein Stämmchen Haar mehr auf der zerfetzten Pass lag etwas höher. Die Ache und die Bäche Haut, so lag ich zum Herzerbarmen da. Das Eis flossen auch nach derselben Richtung wie allein hätte dies gar nicht zustande gebracht, heute. Nur ein bisschen einseitig war ich, was wenn nicht ein Teil des Saalach- und Salzach- ein Geburtsfehler war, denn meine linke Lende gletschers über mich nach Tirol abgeflossen bildete nur die Vorberge, also den Brandner- wäre, wobei er mitgeführte Granit- und Gneis- berg, den Birnberg und den Sonnberg. blöcke an den Steinbergen und Schattbergen abgesetzt hatte. Viel, viel später, als ich so in meinen Flegeljah- ren stand, stellte mir der Schöpfer die Stein- So arg mich dieser Chirurg auch zugerichtet berge und das Steinerne Meer vor die Nase hatte, ich konnte ihm doch nicht böse sein, und verdeckte mir damit die Aussicht nach denn er hatte mich doch aus den Klauen des Osten und Norden. Trotzdem ich nun vor den ewigen Winters, der Eiszeit, befreit, und seine LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 146

Assistenten, der Wind und die Vögel, haben der Borkenkäfer rückten nach. In und auf der durch Samen und Staub meinen wunden Kör- Erde regte und streckte es sich, in den Lüf- per nach und nach geheilt. Damit kam wieder ten kreuchte und fleuchte es, und so konnte Leben und Wachstum in mich, und ich konnte ich rufen: „Nun Mensch, komm’ auch du und wieder Lebewesen aufnehmen und ernäh- nimm mich in Besitz, den dir zugedachten ren. Auch hat er mir ein Spieglein geschenkt, Heimatboden; der Tisch ist gedeckt!“ Und er den Grießensee, worin ich mich betrachten kam. Wenn auch vorerst in das Vorland, dann kann, und ich muss sagen, ich war mit meiner in die Haupttäler wie Saalfelden, von wo er Gestaltsveränderung bald zufrieden. Ich bin auch in der Folge zu mir vordrang.“ zwar eine ernste Frau geworden, habe mir aber doch den fürsorglichen Blick der Mutter bewahrt. Die zahllosen Runzeln und Narben stünden mir gut, höre ich heute noch die Menschen sagen.

Bis der Weltsommer wiederkam, ließ ich meine nährende Brust zum heutigen Lehenbrand, Burgstein, Hinterried, Embach, Stocking, Pirzbichl und Hirnreit einerseits und bis Berg, Hinterrain, Brent und Alpach andererseits sin- ken, während sie mir in der Mitte ganz einfiel. Nur zwischen Hinterried und Brent fand meine Lebensader, die Ache, Widerstand, und es be- durfte langer Zeit, bis ihr der Durchbruch völlig gelungen war. Das zurückgestaute Wasser bildete ein Ried (Sumpf), das dem anrainen- den Hofe den Namen gab, aber auch „Weyer“ davon kommt.

Als erste Frühlingsboten kamen die Braun- moose und setzten sich an den Wassermul- den fest, während sich die Felsenmoose an die nackten Steine hefteten, was ihnen die schon vorhandenen Flechten erleichterten. Aus den alljährlich abgestorbenen Pflanzen- resten bildete sich eine dünne Erdkruste, auf welcher bereits Gräser und Blumen existieren konnten. Gämse, Steinbock, Murmeltier, Al- penhase und das Schneehuhn gingen höher, sodass auch die Sträucher und im weiteren Verlaufe Bäume Halt und Nahrung fanden, deren Begleiter das Eichhörnchen, die Ha- selmaus, der Buntspecht und verschiedene Singvögel waren. Aber auch Bären, Wölfe und Seite 147 LUDWIG PÜRSTL

DER LOIGAMER BAUERNSTAND

Als Träger der kulturellen Talstruktur schaut der von den vorderen Gliedern stark abheben, und Bauernstand auf eine über tausend Jahre alte vielleicht sogar deren Unmut erregen; denn wir Geschichte und Arbeit im Dienste des Volkes haben uns, wenn auch ungewollt, vom wah- zurück. Über 30 Generationen lösten einander ren Bauerntum zu weit entfernt. Wir müssen ab. Würde man, eine Geschlechtsgeneration uns ihm trotz des Brandmales der Zeit wieder zu zehn Personen gerechnet, die Höfezahl nähern. Uns ist die ehrenvolle Aufgabe gestellt, bzw. Familien mit 200 annehmen, so würden trotz aller Modernisierung das ererbte Vätergut sie in Viererreihen angetreten, ausgerechnet hochzuhalten und weiterzugeben, auf dass die Straßenlänge des Tales einnehmen. Ein ein zufriedener, bodenverbundener und freier achtungsgebietender Bauernaufmarsch, eine Bauernstand die Väterflure durchschreite. Das farbenprächtige Heerschau mit wechselnden Landvolk hat die Aufgabe, das verwässerte Typen und Trachten, den Stempel schicksalhaf- Städterblut wieder aufzufrischen, was es aber ter Zeiten tragende Geschlechter. Wir, die hinter nimmer tun könnte, wenn das Kulturgut der Ah- dem Taferl „Technisiertes Zeitalter“ an letzter nen abhanden käme. Stelle marschierten, würden uns allerdings

Die landwirtschaftlichen Betriebe der Gemeinde Leogang schlüsseln sich nach der Volkszählung von 1951 wie folgt auf: 37 Zwergbetriebe, d.s. von 0,5 bis 2 ha 21,5 % 14 Kleinbäuerliche Betriebe 2,01 bis 5 ha 8,1 % 48 Mittelbäuerliche Betriebe 5,01 bis 20 ha 28,0 % 62 Großbäuerliche Betriebe 20,01 bis 100 ha 36,0 % 11 Großbetriebe 100,01 und darüber 6,4 %

Als Betrieb wird eine unter einheitlicher Bewirt- 37 Enten, 605 Schweine, 44 Gänse, 245 Ziegen, schaftung stehende land- und forstwirtschaft- 7 Truthühner, 1.105 Schafe, 424 Bienenvölker lich genutzte Fläche angesehen. Zwergbetriebe sind vielfach nur kleine Äcker, Wiesen, Weide- Wir wissen, dass im Jahre 930 die und Waldflächen im Besitz der nicht bäuerlichen Besiedlung unseres Tales bereits eingesetzt Bevölkerung. Zu den Großbetrieben zählen daher hatte, und wollen uns nun einen Siedlungs- die Staatswälder, fünf Agrargemeinschaften und vorgang vergegenwärtigen. fünf Betriebe im Besitz von Bauern. Man schrieb im Jahr 952: Drei Männer bahnen Erbhöfe sind daher zwei: Kleintödling im Besitz sich der Sonnseite entlang gegen die Talmitte der Familie Herzog und Reit im Besitz der Fa- ihren Weg. Ab und zu bleiben sie stehen und milie Riedlsperger. Die Gesamtheit der Bauern besehen sich das Gelände. Es ist bereits am einer Gemeinde bildet die Ortsbauernschaft, späten Vormittag, als sie oberhalb der Mündung deren Obmann derzeit der Obergrundbauer des Vorderrettenbaches ankommen. Da sagte Leonhard Schwabl ist. einer der beiden Jungmänner: „Vater, da gefällt es mir, Der Gesamtviehbestand der Gemeinde betrug im da möchte ich mein Glück versuchen.“ Jahre 1952: 44 Pferde, 2.847 Hühner, 1.720 Rinder, „Recht hast! Dein guter Blick gefällt mir, LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 148

denn es sind alle Voraussetzungen für eine Über den Grund und Boden verfügte der vom lohnende Reut vorhanden.“ Bayern-Herzog eingesetzte „Grundherr‘“, auch Nachdem sie sich gestärkt hatten, trugen sie Lehnherr, die Grundherrschaft. Der Siedler war Reisig zusammen und entzündeten es an der „Lehensmann“ oder Grundholde. Dieser einem Baum, worauf sie den Rückweg antraten. musste sich bei dem Grundherrn die Erlaubnis Nach Salavelda zurückgekommen, hob sich der zur Rodung eines Grundes einholen. Während- Waldbrand vom nächtlichen Himmel ab. dessen kam der Maier (Moar) und setzte die Grenzen (March) der Reut fest, indem er an Als Vollmond war, nahm ein Trupp Männer mehreren Stellen das „March“, das Gutszeichen und Burschen denselben Weg. Jeder trug des Hofes, ersichtlich anbringen ließ. Diese eine Last auf dem Rücken und zwei Rüden Marche bestehen heute noch beim Holz, aber bellten hinter einigen Ziegen her. Bei ihrer auch in anderer Form bei den Schafen. Es be- Ankunft am Vorderrettenbach war der Brand steht beispielsweise beim Holz in drei Kerben. nach einem längeren Regen völlig erloschen. Dort und da glimmte und rauchte es noch, Der junge Bauer ging nachher zum Grundherrn und darum mussten diese Brandherde vor und legte ihm auf sein Schwert den Treueid ab. allem unschädlich gemacht werden. Andere Sonach führte ihn der Moar zum Urbaramt, wo fällten einige Bäume und Stangen, woraus der Urbarpropst seines Amtes waltete. Die- sie für die erste Zeit eine Rindensölde als ser trug die neue Reit ins Urbachbuch (heute Unterkunft herstellten. Auch eine Feuerstelle Grundbuch) ein, wie auch alle daran gebunde- musste hergestellt und Wasser herbeigelei- nen Rechte und Pflichten. Die ersten zehn Jah- tet werden, was vorderhand nur durch ein re war der Lehensmann abgabenfrei, nachher Rinnsal geschah. Am anderen Morgen setzte zehentpflichtig, d. h. er musste den zehnten Teil deutsche Arbeit, ernst und ehrlich, ein. Die des Ertrages dem Gutsherrn (Grundherrn) ab- einen rodeten und reuterten den Brandplatz, geben. Dafür genoss er den Schutz desselben, trugen Steine auf Haufen zusammen, zo- der aber später vielfach ins Gegenteil überging. gen den primitiven Pflug und vertrauten der So kamen im Laufe der Jahrhunderte noch viele neuen Heimatscholle den ersten Samen an. andere Abgaben an die Grundherrschaft, Kirche Andere schlugen das Bauholz und zimmerten u. dgl., sodass er vor lauter Abgaben in fremde die Behausung, einen der heutigen Almhütte Säcke für den eigenen kein Geld mehr hatte. gleichenden Bau. Als nächtlichen Schutz für Dazu musste der Grundholde oft mehrere Tage die Haustiere flochten sie einen hohen Zaun in der Woche auf dem Grund des Grundherrn in Vierecksform, den Pferch. Eines Daches umsonst arbeiten, sodass ihm für die eigene bedurfte es noch nicht, da inzwischen Spät- Scholle zu wenig Zeit blieb. Der Lehensmann herbst geworden war und sie an den Rückweg hatte das Gut nur geliehen, quasi auf Pacht, denken und einen notdürftigen Fahrweg noch woher der Name Lehen kommt. herstellen mussten. Die Siedlung wurde Reut genannt, aus dem später „Reit“ wurde. Es gab drei Arten von Lehensgütern: a) zu Leibgeding, d. i. auf Lebenszeit Während auf den elterlichen Höfen des b) zu Erbrecht jungen Siedlerpaares an dessen Ausstattung c) das Freistift, gearbeitet wurde, wollen wir von den d. i. auf jederzeitigen Widerruf. Siedlungsformalitäten hören. Seite 149 LUDWIG PÜRSTL

Man unterschied „hofurbar“, denen der Landes- es zum Unterschied von einem anderen Weber fürst zugleich Grundherr war, und „fremdherr- auf diesen Namen bezeichnet. lich“, welche einen anderen Grundherrn hatten. Alle Lehen einer Grundherrschaft bildeten den Auch die Kirchen Saalfelden und Krimml hatten „Lehensverband“. Grundbesitz. Der Lehensmann musste beim Besitzantritt dem Grundherren die Anleit„ “, In der Gemeinde Leogang teilten sich die heute Übernahms-. bzw. Übertragungsgebühr, Lehen, soweit sie erfasst werden konnten, in zahlen, die gewöhnlich 5 % des Gutswertes folgende Grundherrschaften: betrug. Für die Ausfertigung der bezüglichen Stift St. Peter: Wimbach, Vorderrain, Lehen, Urkunde, „Brief“ genannt, war separat eine Taxe Jodlgut, Trenkergütl, Untermadreit, Tallacken, zu entrichten. Darum heißt die grundbücher- Schrattenegg, Marxen, Eckinggut, Irracheckgut, liche Besitzübernahme heute noch „Briefen“. Forsthofgut, Bubmoosgut und Grundnergut Gab es in der Person des Grundherrn einen Kloster Nonnberg: Tödlinghauser oder Wechsel, so trat der „Herrenfall“ ein, bei dem Schmalngut, Reichtödling und Burgstein meistens die halbe Anleit zu leisten war. Umge- Salzburger Domkapitel: Hörl bzw. Nößlergut, kehrt sollte der Grundholde auf den Schutz des Vorder- und Hinterau Grundherrn rechnen können, konnte das Gut Baron von Lasser: Sappenmaisgut mit Zustimmung des Lehensherrn verkaufen, Graf Firmian: Hinterried und Rambichl vergrößern und verkleinern, doch musste jeder Freiherr von Lürzer: Voglergut und Saaleckgut Fall im Urbaramt verhandelt werden. Zennonische Grundherrschaften: Hinterrain (St. Zeno) Einstweilen hat der Winter seine Herrschaft Kollegianisch-marianisch-lodronische dem Lassing abgetreten, und wir sehen den Grundherrschaften: Brandstatt ersten Reuterbauern mit Bäuerin, Knechten, Kloster Höglwörth: Oberhof, Lehen, Ed Mägden, Vieh und Fahrnissen im „ Hoamatl“ Kuenburg-Hieburg: Hinterrain aufziehen. Die stete Ausdehnung der Reut, der Georg Weigl, Saalfelden: Ed Familienzuwachs und die zwangsläufige Ver- Bistum Chiemsee: Krallergurt, Schattbach, mehrung des Viehbestandes machte wieder- Mauthoflehen, Schallergut,Maisbichl, Prielgut holt einen Umbau des Hofes notwendig, der (?) wahrscheinlich aus der Kirche, Wimmergut, wie anfangs auch später von den Hausleuten Tischlergut, Embach, Riedlgut und Gunzengut selbst bewerkstelligt wurde, bis sich aus den Hofurbare Güter: Wirtstaferne, Permannseck, praktischen Werksleuten die Handwerker bil- Neumaisgut, Pafuß, Anderl, Obergrund, Pfindl, deten. Solange es ging, wurden die Tiere in den Aberg, Oberhof, Obermadreit, Funeck, Ham- Pferch gedrängt, woran noch heute der Aus- mersbichl, Dickgütl, Palen, Stocking, Krüneck, druck „zusammengepfercht“ erinnert. Aus dem Oberrastboden, Lehenbrand, Otting, Stre- Pferch wurde zunächst der Scherm mit Dach, ckau oder Nößlergut, Sommerau, Veiten oder der dem Vieh Schirm bieten sollte. Mit der An- Schmaln, Wenzel, Schmölern (Alm), Unterrast- bringung des Simses am Haus und dem Auf- boden, Wöhrer und Pucherhäusl setzen der Bruggen war die Entwicklung des heimischen Bauernhauses abgeschlossen. Es gab auch ganz wenige sogenannte freieige- Zum Unterschied von der ersten Reut mussten ne Güter, Aigen, welche auch hier einen Vertre- die folgenden eine unterschiedliche ter im „Aignerweber“ haben. Da es der Weber Bezeichnung erhalten, als da: Hirnreit, Tribuser aus Kärnten erwarb, hat man Mahdreit, Gunzenreit LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 150

Auch in Leogang gab es einen Moarhof, der dienst im Magerkäse bestand. Später gab es aber noch nicht ermittelt werden konnte (beim auf Schwaigen außer dem Käsedienst noch Moarfeld und Moarhöfl oberhalb des Dorfes). Abgaben von Vieh, Loden, Heu, Schmalz, Butter Der Moar ist in den Führern der beiden Eis- u. dgl., aber auch in Getreide- und Geldzinsen, schützenpartien erhalten und der Maier lebt in letztere wohl nur im Vorlande. Mitunter war den verschiedenen Familiennamen fort. auch der Käsedienst geteilt: zur Hälfte in Geld (1 Käse = 8 Pfen.) und zur Die Weidewirtschaft hat schon frühzeitig eine Hälfte in Schmalz (1 Käse = 0,5 Pfd. Schmalz). maßgebliche Rolle gespielt, nannten doch Fiel der Grund weg, so hörte auch der Käse- schon die Alten die Alm den Kopf des Hofes. Sie dienst wieder auf. erstreckte sich vom Hof zur Aaste, zur Grund- oder Niederalm, zur Hochalm und zum Kar. Die normale Schwaige dürfte etwas mehr als eine Viertelhube sein. Eine Hube entspricht 114 Käse. Am Lendner Sonnberg gibt es beispiels- Die Schwaigen weise eine „Ganzhub“ und nebenan ein „Halb- hub“. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert werden Da es auch in Leogang ein „Viehhaus“, also alle Pinzgauer Güter in Viertelhub (quadrans) eine Schwaige gab, soll auch von dieser einiges eingeteilt. Vier Vierteläcker bildeten einen Hof, festgehalten werden: Diese im Lande Salzburg zwei eine Hube. Häufig wurden die 300 Käse von im 12. Jahrhundert aufgetretenen Viehhöfe Vierteläckern gezinst. Zweifellos stellte die Hube oder Schwaigen sind im gesteigerten Bedarf anfänglich ein bestimmtes Flächenmaß dar. an Nahrungsmitteln der Milchwirtschaft und Viehzucht begründet, der wiederum auf die Die Blütezeit der Schwaigen dürfte im Gro- Gründung des Handwerkerstandes, der Märkte ßen und Ganzen im 15.Jahrhundert ab- und Städte zurückzuführen ist. Sie befanden gelaufen sein, was auf die Veränderung der sich in rund 800 bis 2.000 m Höhe, sodass also Geschmacksrichtung von Käse auf Schmalz nur mehr der Anbau von Gerste und Hafer in zurückzuführen ist. Was davon noch zurück- Frage kam. Vorerst lag das Schwergewicht auf geblieben ist, ist der zahlreich auftretende Erzeugung von Käse, weshalb auch anfänglich Familienname Schwaiger mit den mehrfachen der Grundherrschaft ausschließlich Käse abzu- Zusammensetzungen, die Guts- und Orts- geben war. Die Anlage von solchen Schwaigen namen wie Schwaigler, Schwaighof, Viehhof, wurde von der Grundherrschaft dadurch ge- Viehhofen, Viehhaus, Viehhausen. Im Lied „Der fördert, dass diese zur Errichtung der Schwaige Schwoagarin ihr Herload“ wird dieser seiner- nicht nur die Viehherde stiftete, sondern auch zeit so in Ehren gestandene landwirtschaftli- zur Erhaltung des eingestellten Viehes so lange che Fachzweig heute noch besungen. verpflichtet war, als sie den Käsedienst ge- Von der Schwaige in Leogang sind nießen wollte. Eine ganze Schwaige (12 Kühe) zwei Urkunden erhalten; die eine hatte durchschnittlich 300 Käse, eine halbe (6 vom Herbst 1248 lautet: Kühe) 150 Käse abzugeben. Das Durchschnitts- „Graf Konrad und seine Söhne Otto und gewicht dieses „Dienstkäses“ betrug ½ bis 1 kg. Konrad von Hardegg und von Plaien (Plain) Wesentlich größere Formate waren selten und geben dem Domkapitel zur Verfügung der als Ablöse für kleinere bestimmt. Da öfters auch ihm von Otto ohne Ursache und Schuld die Herstellung aus „guter“ Milch betont wird, zugefügten Schäden den Hof Heining bei ist anzunehmen, dass der normale Schwaigen- Laufen und eine Schwaige im Gebirge in der Seite 151 LUDWIG PÜRSTL

Pfarre Saalfelden im Orte der Au in der Leo- Hinterrainwiese ein selbstständiges Anwesen, gang (veccariam intra montana in parrochie Großed genannt. Das Gut “Neuhaus“ am Weiß- Salvelden … in 1000 qui dicitur auf der Owe in bach musste dem Bahnbau weichen. dem Leugange), die 200 Käse liefert.“

Die andere vom 01.05.1250: Das Leben im Bauernhaus „Graf Konrad von Plaien gibt seine Zu- stimmung, dass sein Bruder Graf Otto als … war noch bis vor 50 Jahren streng patriar- Entschädigung für seine dem Domkapitel chalisch. Männer und Frauen hielten an der in Saaldorf angefügten Schäden demsel- Tracht fest, wussten sie doch, dass das Sip- ben den Hof in Heining bei Laufen und die pen- und Standeszugehörigkeitsgefühl damit Schwaige genannt Awe (Au) in dem gefestigt wird. Leider konnte die Mode aus- Levgange schenkt.“ gerechnet beim starken Geschlecht die erste Bresche schlagen, bis ihr in unseren Tagen auch die Frau unterlag. Waren noch vor nicht Die Zulehen zu langer Zeit bei festtäglichen Opfergängen städtische Hüte eine Seltenheit, so konnten Waren sie in der mehrjahrhundertjährigen Be- zu Weihnachten 1953 nur mehr zwei Pinzgau- siedelungszeit noch durchwegs mittlere An- erhüte gezählt werden. Loden, Rass, Zwilch wesen, wie sie vorhin beschrieben wurden, so und Leinen wurden im Bauernhaus erzeugt. verschob sich später das Größenverhältnis. Wie wenig man noch vor 70 Jahren dafür Kriege, serienhafte Unglücksfälle durch Seuchen beim Kaufmann ausgab, ersehen wir am Jah- bei Menschen und Tieren, Hochwasserkatastro- resbedarf des damals einzigen Bramberger phen, der große Abgabendruck, die Emigration Krämers, der bei der Dult einkaufte und den und wohl auch schlechte Wirtschaftsführung gesamten Stoff in einer größeren Kiste unter- führten zu Grundabtrennungen und Lehens- brachte. In Leogang, einer ungefähr gleich- verkauf, dagegen Tüchtigkeit, Glück und wohl großen Gemeinde, dürfte es nicht anders auch Rücksichtslosigkeit zur Besitzvergröße- gewesen sein. Frauen und Mädchen reichten rung. Dadurch trat die Zulehenwirtschaft auf, die Röcke (Kittel) zu Anfang des Jahrhun- die besonders im 18. und 19. Jahrhundert krasse derts fast zu den Schenkeln. Unterhosen oder Formen annahm. Heinzen, das zum Martlbau- gar warme Unterwäsche gab es bei beiden ern gehörte und seit 1952 wieder selbstständig Geschlechtern nicht. Von den Holzflößern auf und neu aufgebaut wurde. Micheln zu Wolfgang, der Salzach wird erzählt, dass sie bis in die Grubern zum Tödlingwirt, Krüneck, Rotwand, Achtzigerjahre ihre Lederhosen ohne Unter- Oberhof, Aberg, Voglern, Halseben, Untered hosen auch im Winter trugen. Wenn auch dies und Lehen sind die bisher erfassten und be- alles nicht mehr einführungswert wäre, so ist stehenden Zulehen im Hintertal. Dazu kommen die städtische Kleidung im Allgemeinen doch noch jene vom Vordertal: Bach=Pafuß, Voglsam, abzulehnen. Freilich spielt der Anschaffungs- Irracheck und Funeck und wohl noch andere. preis einer kompletten Tracht eine wesentli- Den anderen zwei „Brand“ nach muss es auch che Rolle. Ich bin aber doch der Überzeugung, ein Niederbrand gegeben haben. Andere wurden dass die Modesucht ein größeres Hindernis zerstückelt und die nicht innegehaltenen Bau- bildet, da diese bestimmt nicht weniger Geld lichkeiten demoliert, deren Namen noch nicht kostet, von Dauerhaftigkeitsvergleich gar festgestellt werden konnten. So war die heutige nicht gesprochen. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 152

Knecht und Dirn Los der Dienstboten in der Zeit der Leibeigen- schaft oft recht hart, aber es ging dem hörigen … hießen bei uns Dienstboten, im benachbar- Bauern nicht besser, was sich mit der Aufhe- ten Tirol sinnvoller Ehehalten genannt, waren bung der Leibeigenschaft durch Kaiser Josef II. die Stützen des Bauernhofes und wurden dar- mit einem Schlag besserte. um auch als Bestandteil der Bauernfamilie be- trachtet, was seit etwa 50 Jahren immer mehr Als es noch keinen Dienstbotenmangel gab, und mehr außer Acht gelassen und nun zum hatten die größten Bauern im Pinzgau bis zu Verhängnis wurde. Vor 20 Jahren sagte mir ein 24 Dienstboten, sodass sie auf zwei Tischen Großbauer, er halte die Dienstboten zur Arbeit, die Mahlzeit einnehmen mussten. Vom Vögerl was sie die übrige Zeit tun, kümmere ihn nicht. und anderen sagte man, dass die Kochpfanne Desgleichen kann auch der Dienstbote sagen, so groß war, dass an Sonn- und Feiertagen der er arbeite dem Lohn entsprechend, im Übrigen Bauknecht die Frühmesse früher verließ, um gehe ihn das Wohl und Wehe seines Bauern das Koch mit einem Bergstecken umzurüh- nichts an. Um uns nicht noch weiter vom ren. Bei uns hatte z.B. der Hinterrainer sieben Zweck dieser Schrift zu entfernen, gehen wir Knechte und vier Mägde. wieder zur Vergangenheit zurück. Bei den größeren Bauern gab es folgende Bauer und Bäuerin hielten, falls Bedarf vorhan- Dienstbezeichnungen: Bauknecht, den war, schon zeitlich Ausschau nach einem Werfer, Stadler, Aufschlager, Zoaner, Pürscher, tüchtigen Knecht und nach einer verlässlichen Schopper, Rossinger, Schickbub, Kühbub, Dirn. Waren sie gefunden, so wurde der neue Überling (Schinagl), Schosser, Schwendter, Dienstbote „verhascht“, d. h. durch einen Geld- Geißer, Karer, Schafler betrag, die „Har“, zum Worthalten verpflichtet. Zur Zeit der Taidinge (Gerichtsversammlungen) Bei den Mägden: Baudirn, Garber, Pürscherin, wurden die Dienstboten bei diesem Anlasse Kuchlin, Melcherin, Kuchldirn, Kindsdirn angeworben, „verdingt“, und der Dienstbote hat sich dabei dies und jenes „bedungen“. Er bekam Die Kuchldirn oder die Pürscherin hatten das am Lichtmesstag nach dem Mittagessen seinen Holzgeschirr, Melksechter, Stötz oder Weitlin- Jahreslohn, dazu noch die bedungene Gewan- ge und den Rührkübel zu waschen, was dung. Am folgenden Tag, dem „Schlenggeltag“, mit einem Reispel rhythmisch geschah. auch Blasntag genannt, verließ der Dienstbote Dem Bauknecht fiel die Gesamtaufsicht bei den Hof und stand am darauffolgenden in den der Arbeit, dann das Dengeln, Vormähen u. dgl. neuen Hof ein, wo ihm der Bauer Branntwein zu. Die Baudirn, hatte u. a. die Schweine zu als Willkommensgruß reichte. Der Erstere ist versorgen, weshalb ihr beim Schlachten der Schlenggel-, der Letztere der Einstehtag. eines solchen das Schwanzerl zustand. Es war keine Seltenheit, dass Dienstboten auf einem Hof blieben, und in ihren alten Tagen das Um den Alpsegen woben sich viele Sagen, Gnadenbrot erhielten, welches in diesem Falle da in früheren Zeiten die Alpen in die Höhe nicht allzu hart war, da der Dienstbote ja sonst der heutigen Eisregion hineinreichten, heißt nicht so lange geblieben wäre. Gar viele Dienst- es noch, dass Ahaswer, der Ewige Jude oder boten ließen sich ihren Lohn gar nicht oder nur Umgehende Schuster, bei seiner dreimaligen zum Teil auszahlen, da es fast keine Gelegen- Überquerung der Alpen, diese immer anders heit zum Geldverbrauch gab. Freilich war das vorfand, und zwar das erste Mal Weingärten, Seite 153 LUDWIG PÜRSTL das zweite Mal Wald und das letzte Mal ewigen zahlreichen Familien und Herden kleinen Schnee, was natürlich mit dem kurzen Zeitraum arabischen Scheichs gleichen. Der Vögerl in nicht vereinbar ist. Der beleidigte Almgeist vom Walchen, welcher zwölf Lehen besaß, trieb Archenkopf stieß über die darunterliegende vom Pferde bis zur Ziege 800 Stück auf die Alm den Fluch aus: Alpen. Trauner war noch reicher und der alte „Grünalm, behr ab von Wasser und von Gras, Jud übertraf beide. Bauern, welche mit 50 von Wasser noch viel baß!“ Kühen zu Alpen fuhren, wurden gegen 100 gezählt. Der Wallecker in der Glemm füttert Der berühmte Pädagoge und Schulreformator während des Winters 110 Kühe. Die Ferlei- Vierthaler schreibt in seinen „WANDERUNGEN“: ten besaßen die Bauern Trauner und Jud.“ Es gibt Bauern im Pinzgau, welche an

BAUERNWERK UND BAUERNBRAUCH IM JAHRESLAUF

Beide sind auch im Loigamer Bauernhof da- wurde das Holz für das Holzgeschirr immer am heim und ergänzen einander nach den Dich- Viktorientag (23.12.) geschlagen, weil es da am terworten: „Tages arbeite, abends Gäste, saure saftärmsten ist. Wochen, frühe Feste.“ Vielgestaltig ist die Arbeit auf dem Bauernhof seit der erste Axtschlag im Als noch Mistställe waren, brauchte es oft meh- Tale ertönte, abwechslungsreich und tiefsinnig rere Tage, bis man zum Boden kam. Damit die sind seine Bräuche. Futterkrippen (Bärme) mit dem Anwachsen des Mistes nicht nieder wurden, wurde ihnen unter- Das Bauernjahr beginnt eigentlich zu Lichtmess, gelegt. Die Mägde fesselten den Winter über da wie bereits beschrieben, an diesem Tage die Spinnrad und Haspel in die Stube. Die abend- Auszahlung des Jahreslohnes und der Dienst- liche Beleuchtung bildete ein an einem eigenen platzwechsel erfolgt. Die Knechte sind vom Ständer befestigtes langes Spannbündel, das ersten Schlittweg an bis zum Vinzenzi (22.01.), Öltegel, seit 50 Jahren die Petroleumlampe, falls dem Patron der Holzknechte, mit der Holzbrin- sich nicht schon die Glühbirne Platz verschaffte. gung beschäftigt. Der Rossinger steht schon In diese Zeit fallen auch die nachbarlichen Be- um 2 Uhr auf, denn zwischen 4 und 5 Uhr wird suche (Hoagascht) und der Einheuger. eingespannt. Dort und da ist auch das Berg- heu zu Tal zu bringen. Anschließend wird das „Gertraudimaus beißt den Faden ab“ (17.03.) Brennholz abgeschnitten; früher mit der Zug-, heißt, das Spinnen hört auf und die Außen- heute mit der Kreissäge. Dann wird es gekloben arbeit beginnt. Die Mägde schlichten das ge- und gekletzt, d. h. brennfertig zerkleinert. Das machte Brennholz sorgfältig an die Haus- und Zaunholz, Stecken und Girschten sind auch zu Stallwände, denn das Umfallen eines Holz- richten, was meistens der Bauknecht tut. Für staffels wollten sie doch des Geredes wegen die noch wenigen Schindeldächer sind noch die vermeiden. Als man noch keinen Dienstboten- Schindeln zu machen. Etwas Rundholz kommt mangel kannte und die Zeit keine Rolle spielte, zum Lohnschnitt zur Säge, das Werkholz für Wa- schlichteten sie Erlen- und Buchenholzschei- gen, Schlitten, Rechenzähne, Sensenwarbe und tel so kunstgerecht ins weiche Holz, dass die Hachelstiele (Höbe, von haben = halten) unters Initialen der Bauersleute gebildet wurden. Der Stallvordach zum Trocknen. In früheren Zeiten Bauknecht machte einen neuen Gatter (Tor) LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 154 und die Knechte besserten die Dächer aus. In- die nächste Kornkammer kaum näher als heu- zwischen ist es überall vollends aper geworden, te Amerika. Nachher trifft das Bergmahd oder sodass die Feldarbeit aufgenommen werden die Bergweil, worunter man die Heuernte auf konnte: Zäunen, Eggen, Ackern, Düngen und der Alm versteht. Steinen. Vor Georgi (23.04.) sollte gejätet sein, denn an diesem Tage sollte sich eine Krähe in Zeitweilig holt der Bauer mit dem Alpwagerl der jungen Saat verstecken können, was bei den „Sam“, die Butter, von der Alm. Lassige, d. h. uns wohl selten oder vor langer Zeit der Fall weniger arbeitsreiche Tage, werden durch Holz- gewesen sein dürfte. schlägerung ausgefüllt. Mittlerweile ist auch das Lassgetreide (Sommergetreide) schnittreif ge- Vor etwa 70 Jahren kamen sogar Jäterinnen worden und die Zeit zum Grummet gekommen. aus Kärnten; viel hat man davon gehalten. Um Das Wintergetreide ist auch bereits angebaut, diese Zeit waren auch die Weber auf der Stör. sodass die schwerste Arbeit getan ist. Deren viele kamen aus dem Pustertal oder aus Kärnten, um dem Bedarf gerecht zu werden. Vor dem Schutzengelsonntag ist es zum Der Kinderreim „Weber, bum-bum, hat d’Hosn Schaflstöbern, Schafesuchen, weil sie am weit unt’, die Kraxn weit obn, is übern Tauern Samstag oder Sonntag zur Schör (Teilung) zu ausgflogn’“ erinnert heute noch daran. Gar Tal gebracht werden müssen, worüber es fol- mancher von ihnen ist nicht mehr zurück und genden Kinderreim gab: hat sich eine Pinzgauer Gemeinde als Wahl- Lamm: „Muatta, wann gehnma heimat ausgesucht; so bei uns, wie bereits denn hoam?“ geschrieben, der Kärntner Tribuser, dessen Ad- Schaf: „Bartholmä!“ optivsohn der gegenwärtige Bürgermeister ist. Lamm: „Was kriagn ma denn zfressn?“ Schaf: „A Hie und a Hai!“ Schon lange lugen der Bauer und der Melcher Lamm: „Muatta, nit a bißl Groamatl a?“ nach der Alm, oder so diese nicht sichtbar ist, nach einer Stelle, deren aperer Zustand Von der Obstreife lautete der Spruch: besagt, dass es nun Zeit zum Almfahren ist. Laurenzi (10.08.) tuats salzen, Im Mai legt die Bäuerin das neue Linnen zum Bartlmä (24.08.) schmalzen und Bleichen auf den Anger. Augustin (28.08.) kosten.

Darüber ist es Sommer geworden, der den Damit ist der Herbst ins Land gezogen und mit Bauersleuten Sense, Rechen und Sichel in die ihm die Obst, Kartoffel-, Hackfrucht- und Ge- Hand gibt. Abends erklingt dann der Dengel- müseernte. Während das junge Volk beim Bre- hammer und morgens das rhythmische Wet- cheln kudert und allerlei Schabernack treibt, zen der Sensen, welches nunmehr vom Surren trifft man die Bäuerin in der Brennhütte beim der Mähmaschine und des Traktors zurück- Schnapsbrennen an. gedrängt wird. Nach der Vor- und Egartmahd fällt der Schnitt des Wintergetreides an. Wie Der Bauer ist das Jahr hindurch wiederholt mit sehr die Alten diese Gottesgabe zu schätzen dem Mühlfaschtl (Getreideladung) zur Mühle wussten, zeigte die Überdeckung des Ernte- gefahren, sodass der Troadkasten völlig leer ist. wagens mit Leintüchern und das Sammeln der Bald wird es zum Dreschen, früher Bengeln. Weil losen Ähren auf dem Acker, das Ehaklauben, Letzteres der jüngeren Generation schon nicht auf dass ja kein Körnlein verkomme, war doch mehr bekannt ist, soll davon kurz die Rede sein. Seite 155 LUDWIG PÜRSTL

Das Troadbengeln vollzog sich noch wie heute schon geschrieben, den traditionellenDienst - das Flachsbengeln, auf der Bruggen. In dieser botenwechsel. In diese Zeit fällt auch der heute ist in der vorderen Mitte die Tenne, links und noch übliche Einheuger, das ist ein Hausball, rechts sind die Garbenspeicher und die beiden eine auf die lassigere Zeit verschobene An- Tenn(z)kammerl. Die Garben wurden aufgelöst erkennung für die Mühen des Sommers. Dort und in zwei Doppelreihen so nebeneinander- und da waren auch die zeitweilig verbotenen gelegt, dass die Ähren gegenseitig zu liegen Winkeltänze (Branntweinhoamgaschte) üblich. kamen. Man unterschied nach der vorhande- Die Ostern haben neben den kirchlichen nen Bengleranzahl ein Zweier-, Vierer-, Sech- Bräuchen die Spottnamen für die unent- ser- und Achterbengeln. Beim Sechserbengeln wegten Langschläfer zu vergeben: Palmesel, nahmen je drei Mann auf den Garben gegensei- Weihenpfinztagdlaggl (Dlaggl = Ersatz für die tig Aufstellung, und ließen, vor- und rückwärts- verstummten Ministrantenglocken), Karfrei- schreitend, die Bengel auf die Garben fallen. tagratsch (Ratsch = Kirchenglockenersatz), Nach einer gewissen Tourenanzahl wurden die Feuerhund, Tauflappin, Osterfahnl, Osterstier Garben gewendet und auf der anderen Seite und Osterploar; ferners Stinkend-Oar (Ei) und gebengelt. Waren sie endlich blindgebengelt, so Antlassgaarn (Gaarn = Karren), auf dem der wurde das Stroh mittels einer kleineren Holz- Heiland herzumgezogen wurde). gabel, der Schüttgabel, geschüttelt, und mit einem ebenfalls hölzernen Spieß, dem Stecher, Der 1. Mai wurde als Phillippitag gefeiert, an dem zu Schabe (ca. dreifache Garbengröße) ge- das Aufstellen des Maibaumes und sein Stehlen bunden. Diese wurden mit einem hölzernen, üblich war bzw. heute noch ist. Die Almfahr- schwertähnlichen Gerät, dem Schmierer, übers ten klingen durch das Tal und locken alle Leute Knie verhaut, „geschmiert“, womit etwa noch vor die Häuser. Bald ist auch der Antlass- oder anhaftende Körner vom Stroh fielen. Sodann Prangertag (Fronleichnam) da, der Freudentag wurde die Schabe auf die Schabbühne ge- der Kinder; denn ein schönes Gwandl, Met und schubst, die Körner in eines der Tennzkammerl Würstl waren Raritäten (Met = Honigwein). geschüttet, wozu eine Holzschaufel benutzt wurde. Um dem Bengeln den erleichternden Um Jakobi tritt in der Erntearbeit eine leichtere Rhythmus zu geben, wurden mitunter Bengel- Zeit ein, die zum Almbesuch benutzt wird. Der reime gesungen, wie dies auch beim Piloten- etwas aufschneiderische Reim „An Jaggastag schlagen geschieht. z’Alm, is a kloans, a kloans Melcherl ’n Rührkübl gfalln“ ist ein Lob auf den reichlichen Almsegen. Mit dem Bengeln ist das Bauernjahr abgelau- fen, und der brauchtumsreiche Weihnachts- Dazu zwei andere Reime: festkreis bildet gleichsam den Übergang zum „Da Joggei taucht n’ Fotz ei’n, neuen, welches wir nun von der Brauchtums- s’Baschtel legt sie ganz drei’n.“ seite erleben wollen. „Joggei kocht, Lenzei trinkt, Baschtel sauft, Hoisei (21.09. Matthäus) is a Narr, Eine Bauernhochzeit eröffnete in der Regel den macht alles gar.“ fröhlichen Reigen im Neuen Jahr. Der Fasching Damit vergeht auch den Alpigern die Freude stand im Zeichen des Perchtenlaufes, des an den Alm- und Jagaliedern und stimmen Perchtentanzes und des Perchtentresterers. bald das wehmütigere „Auf da Alm is koa Eine gabenheischende Abart bildeten die soge- Bleib’n, bald tuats regna, bald schneib’n“ an. nannten Brotperchten. Lichtmess brachte, wie LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 156

Die geschmückten Rinder, der Stier mit dem der Vesper ist es zum Rauchen, was noch am großen Almtalschlüssel, bimmeln und baumeln Silvesterabend und am Dreikönigvorabend zu Tal. Das Schmücken der Rinder geht auf die wiederholt wird, daher die Rauchabende ge- Zeit zurück, als man noch an Hexen und Alm- nannt werden. Nach dem Abendmahl, das aus geister glaubte, vor denen das Vieh dadurch Wuchteln besteht, werden die traditionellen unsichtbar gemacht werden sollte. drei Rosenkränze mit den diversen Kraxenträ- gern („Vater unser“ auf bestimmte Meinungen) Der Hütertanz bricht die „geschlossene Zeit“ ab, gebetet, worauf seit etwa 50 Jahren auch im an der noch vor nicht zu langer Zeit, und nicht Pinzgau das Christkind kommt. Im Ofen glimmt zum Schaden der Jugend, strenge gehalten der Mettenstock, ein für diesen Zweck schon wurde. – Im Spätherbst hinwieder ist mit dem beim Holzrichten ausgewählter Buchen- oder Brecheln mancher Brauch verbunden, und wer anderer Hartholzklotz. Im Jahre 1798 war im an der Brechelstube vorbeizugehen hat, tut Pinzgau noch das Speisen der Elemente üblich. gut, zum bösen Spiel eine gute Miene zu ma- Der Hausvater schöpfte auf vier Teller Bachl- chen, wie einen tieferen Griff in die Tasche. Das koch und stellte sie auf das Hausdach, um die Alpererfahren zu Martini, eine Nachahmung der Gunst der Elemente zu gewinnen, während die Wilden Jagd, gehört bereits der Vergangenheit Hausmutter Mehl an die Obstbäume streute, an. – Georgi, Phillippi, Micheli und Martini waren womit sie zur Fruchtbarkeit veranlasst werden Zahl- und Abrechnungstage. sollten. Ist es Zeit zum Mettenbesuch gewor- den, wurde früher die Puchel angezündet. Von Mit Eintritt der langen Abende wurden die Spinn- allen Seiten streben ungezählte Lichter der Kir- räder vom Dachboden geholt, und die Hausbe- che zu, falls nicht eine helle Nacht ist, von der wohner und Nachbarbesuche verkürzten sich es hieß: „Lichte Mette, dunkle Heustadel; dunk- bei spärlichem Licht durch Geister- und Räuber- le Mette, lichte Heustadel.“ Der Mittelpunkt der geschichten, wie anderem Kurzweil die weni- nächtlichen Andacht war die Weihnachtskrip- gen Abendstunden; die Kinder bekamen aber pe, weshalb auch in jedem Haus eine solche am schon nach dem Essen den energischen Befehl: Thomastag aufgestellt wurde. In den Feiertagen „Auf über d’Loata!“ Ließ sich ein Erwachsener schloackt das Dirndl ihrem Buam den Zelten- zu einem unangebrachten oder zweideutigen schoaz, wie überhaupt das Anschneiden des Gespräch hinreißen, so wurde er, falls noch ein Zeltens ein Beweis der besonderen Gunst war. Jugendlicher zugegen war, mit dem bekannten Ein lebensfroher Bub äußerte seine Freude und „Schindeln auf dem Dach!“ aufmerksam gemacht. seinen Stolz mit folgendem Vierzeiler: Auch ein nicht mehr geübter guter Brauch. „s’Zeltn a’schneidn is allweil mei’ Freud, weils sunst a no was geit, In den Weihnachtsfestkreis fallen der Nikolaus- aba an hoirign Jahr, tag, heute schon mehr zum Teufelstag miss- brauchat i a Schlidl schiergar.“ braucht; dann das Anklöckeln, das Lesseln und das Bleigießen am Thomasabend, ein heidni- Mit dem Sternesingen wechselt das alte Bau- scher Wintersonnenwendbrauch. ernjahr in das neue über. Am Heiligen Abend, dem Bachltag, vom Gott Unser Bauernhof hat drei Typen: Bachus, werden am Vormittag die Messer ge- • den ganz hölzernen, meistens am Berg schliffen, d. h. die Bachlschneid gemacht. Zu • das Erdgeschoß gemauert Mittag kommt das Bachlkoch, ein mit heißem • der 1. Stock gezimmert und ganz gemauert Honig übergossenes Koch, auf den Tisch. Nach Seite 157 LUDWIG PÜRSTL

Sind im Pinzgau im allgemeinen Haus und Stall Aber noch eines: unsere Vorfahren waren getrennt, so lehnt sich der Loigamer Bauern- große Blumenfreunde, wobei der Rosmarin, hof durch das gemeinsame Dach dem Tiroler die Nelken und die Pelargonie die beliebtesten Bauernhof an. Bedauerlich ist es, dass bei Topfblumen darstellten. Die Manderleut trugen Neubauten auf den ursprünglichen Baustil zu ihr Sträußl davon auf dem Hut, die Frauen und wenig Rücksicht genommen wird, wodurch das Mädchen am Busen und das alte Mutterl am Landschaftsbild eine beträchtliche Einbuße er- Ohr. Ich will zwar diesem überlebten Brauch leidet. Möchten doch bei den Bauverhandlun- kein Wort sprechen, wohl dem Blumenschmuck gen der Bauherr und der Baumeister in diesem am Haus. Gar mancher Fehler und Mangel am Sinne beeinflusst werden! Haus wird damit versteckt.

VON DER GEMEINDE

Das Wort Gemeinde kommt vom altdeutschen wurden gegen eine sofort zu ermittelnde„billige „Almende“, worunter man den Gemeinschafts- Entschädigung“ abgelöst. besitz einer abgegrenzten Gegend verstand. Leogang gehörte viele Jahrhunderte zur Markt- Die Willensgelder (für besondere Befugnisse und genossenschaft oder Großgemeinde Saalfel- Bewilligungen) und Vogtdienste (für gericht- den. Das Dorf selbst hat sich im Gegensatz zum lichen Schutz) entfielen bedingungslos, wäh- Tal langsam entwickelt. Zählte man anno 1549 rend unveränderliche Giebigkeiten an Kirchen, im Tal bereits 200 Häuser mit 1.300 Seelen, Seelsorger und Schulen in die Grundentlastung so führt der Pfleger von Saalfelden, Lürzer nicht einbezogen wurden. Letztere sind, wenn von Zehendal anno 1802 neben der Kirche ein hier überhaupt solche bestanden, schon früher Vikariatshaus, ein gemauertes Bäckerhaus an; eingegangen, während das Ablösungserkennt- Dürlinger konnte anno 1860 ein weiteres Haus nis vom 19.12.1932, in welchem die Ablösung von (Krämer?) buchen. Giebigkeiten an das Pfarramt geregelt wurde, den letzten Akt der Grundentlastung bildete. Hier Eine freie politische Gemeinde im heutigen kam die Hafersammlung aus der Zeit, als noch Sinne gibt es erst seit dem Jahre 1849. Durch ein Priester von Saalfelden zu Ross nach Leo- das vom jungen Reichsrate der Monarchie gang kam, um über das Wochenende der Seel- beschlossene Gesetz vom 05.03.1862 wurden sorge zu walten. Diese Ablösung bestand in einer die grundsätzlichen Bestimmungen des Ge- von der Gemeinde durch 25 Jahre zu entrich- meindewesens geregelt, und auf Grund derer tenden Barentschädigung an das Steueramt, die am 02.03.1864 vom Salzburger Landtag eine aber 1938 vom Dritten Reich annuliert wurde. Gemeindeordnung für das Herzogtum Salzburg aufgestellt, welche im Rahmen des Bundesver- Was man früher unter freie Gemeinden ver- fassungsgesetzes vom Jahre 1927 den heuti- stand, waren die Markt- und Stadtgemeinden. gen Zeiterfordernissen angepasst wurde. Die übrigen Landesteile bildeten die Bezirks- gemeinden, deren Haupt die Pflegschaft war. Mit der anno 1848 eingeführten Reichsver- Diese teilten sich wieder in Kreuztrachten, die fassung nahm auch die Grundentlastung ihren den Seelsorgebezirk umfassten, und diese zer- Anfang, d. h. die aus der Zeit der Grundherr- fielen wieder in Rotten, welche Bezeichnung schaften stammenden Lasten und Abgaben noch in der Stundgebetsordnung erhalten ist. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 158

Der Pfleger nahm die Stellung eines heutigen Den viel drückenderen Vorsteherstuhl der Kriegs- Bezirkshauptmannes und Bezirksrichters in jahre 1914 bis 1918 hatte Kaufmann Hypolith einer Person ein. Hutter inne, der 1919 auch der erste Bürgermeis- ter wurde. Mit der Würde ist aber auch die Bürde Die Stadt- und Marktgemeinden hatten be- gestiegen. Die Dreißigerjahre mit der katastro- sondere Vorrechte, Privilegien, die ihnen vom phalen Arbeitslosigkeit stellten hohe Anforderun- Landesherrn vermöge ihrer Lage oder wirt- gen an die Gemeinden. Auf den letzten Bürger- schaftlichen Stellung oder aus einem anderen meister der Ersten Republik, dem Stockingbauer Grund bzw. Gunstbezeugung verliehen wurden, Friedrich Herbst, folgten im Zuge des Anschlus- und die im Allgemeinen dahin lauteten: ses an das Deutsche Reich Josef Riedlsperger, „ … daß Niemant auf dem Gän Wein schenken, Kraller, dann Kaufmann Simon Empl, erst in Gewandschneiden, Kaufmannschaft oder an- Hütten, dann im Dorf sein Gewerbe ausübend. dere Gewerbe betreiben; sondern solches Alle nur den Burgern in den Märkten und Städten Viele Jahre stand dem Gemeindevorsteher zustehen, in diesen auch zur Ablösung gewis- bzw. Bürgermeister der jeweilige Oberlehrer als se Märkte zu halten frei sein sollte.“ nebenberuflicherGemeindesekretär zur Seite. Nach diesen bekleidete diese Stelle der Finanz- Unser Leonhardimarkt hat das Recht mit Kund- beamte i.R. Josef Mühlberger. Im Jahre 1920 wur- machung der k. k. Landesregierung in Salzburg de Matthias Schwaiger aus Alm als hauptberufli- vom 5.11.1892 erhalten. Für die Besorgung der cher Sekretär angestellt. Obersekretär Schwaiger Angelegenheiten eines Dorfes war der Dorf- war lange Zeit auch Kapellmeister und ist heute meister aufgestellt, welcher noch zu Anfang des noch Chorregent. Durch die ständige Zunahme jetzigen Jahrhunderts dort und da als Aufseher der Agenden im übertragenen Wirkungskreis über Brücken, Brunnen und Wege fungierte. Die standen ihm vorerst Praktikanten zur Seite. Wäh- Aufgaben und Obliegenheiten des eigenen Wir- rend des Zweiten Weltkrieges und in den ersten kungskreises im heutigen Sinne besorgte mehr Nachkriegsjahren waren drei bis vier Hilfskräfte schlecht als recht der Grundherr, weshalb dieser angestellt. Heute sind noch Sekretär Josef Her- in einzelnen Gemeinden noch längere Zeit eine zog und der Diener Josef Filzer zugeteilt. Virilstimme innehatte. Die Gemeindekanzlei war viele Jahre beim Bis zum Jahre 1919 führte das Oberhaupt einer Bäckerwirt untergebracht. Erst unter Bürger- Land- oder Ortsgemeinde die Amtsbezeichnung meister Josef Neumayr, Hörlbauer, wurde das „Gemeindevorsteher“. Der nicht allzu drücken- alte Schulhaus zum Gemeindehaus umgebaut de Sorgenstuhl des Gemeindevorstehers ist u. und am 15.10.1948 seiner neuen Bestimmung a. zu Groß- und Kleintödling, beim Ederbau- feierlich übergeben. er, Hartlbauer, Gotthardbauer, Stockingbauer, Hüttschmied, Wachterwirt, am standfestesten Die Gemeindewahl von 1949 stellte den We- jedoch beim Krämer gestanden. Wer der erste bermeister und Aignerbauer Leonhard Tribuser Gemeindevorsteher war, konnte nicht ermittelt an die Spitze der Gemeinde. In seine Amtszeit werden, doch waren eine der ersten der Tödling fällt bis heute die Straßenverlegung zu Brent, Hans und der Tödling Hias. Ob auch der erste 1950, die Schneeräumung auf den Gemeinde- Vorsteher mit dem Segen der Kirche in sein Amt straßen und der Bau eines Gemeindehauses eingeführt wurde, ist ebenfalls unbekannt. an Stelle des Totengräberhäusls, 1952. Seite 159 LUDWIG PÜRSTL

Zugang zum Gemeindeamt ober der Frick-Schmiede bis 1948 Quelle: Alois Schwaiger

Das Gemeindeamt ab 1948, renoviert 1988 Quelle: Gemeinde Leogang

Postämter

Oder Poststationen, wie man sie früher nann- (Expeditorin). So war es auch hier. Die Post- te, gab es bis vor fast einem Jahrhundert kanzlei befand sich im 1. Stock des Krämer- nur in Märkten und verkehrsreichen Orten. hauses. Dem Postmeister oblag auch die Da durch unser Tal kein Stellwagenverkehr An- und Abbeförderung der Post mittels eingerichtet war, musste die wenige Post für Fuhrwerkes, erst von Saalfelden, dann von die Ämter, Schulen und Geschäftsleute von der Station Leogang. Nachdem Hutter die Saalfelden geholt werden, was der Krämer als Postmeisterei nach 28-jähriger Tätigkeit Posthalte besorgte. Die Post war in der Krä- zurückgelegt hatte, wurden die Expedientin- merstube auf einem Tisch ausgebreitet und nen direkt von der Postverwaltung angestellt. wurde von den Interessenten abgeholt. Aller Die Postkanzlei kam vorerst zum Neuwirt Wahrscheinlichkeit nach wurde durch den (Madreiter) und 1904 in das von der Post- Bahnbau veranlasst, zu dieser Zeit das Post- meisterin Poschacher erbaute jetzige Fisch- amt Leogang zu errichten. Als Postmeister bacherhaus. Nach der Frau Poschacher war u. wurde der schon öfters genannte Kaufmann a. auch Frl. Käthe Hochleitner, die jetzige Frau Hutter bestellt. Damals wurde dieses Amt des Gemeindearztes Dr.Thalmann, welcher einem vertrauenswürdigen Geschäftsmanne, übrigens über 30 Jahre als geschätzter Arzt in der Regel einem Wirt, übertragen, mitunter tätig ist. Im Jahre 1907 wurde der tägliche als Erbpostamt. Er bezog dafür sein Gehalt Landespostzustellungsdienst eingeführt; und trug die Verantwortung. Da ihm aber sein wenigstens meldet dies die Hüttschulchro- Geschäft die persönliche Ausübung des Am- nik für Hütten, und es ist nicht anzunehmen, tes nicht zuließ, hielt er sich eine Expedientin dass das innere Tal eine solche Bevorziehung LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 160 genossen hätte. Aber ausgerechnet dem Blasmusikkapelle Jahrhundert des Forstschrittes und der Zivilisation (?) war es vorbehalten, nach Leogang erfreut sich seit dem Jahre 1889 50 Jahren wieder zur wöchentlich drei- einer Blasmusikkapelle, die vom damaligen maligen Postzustellung zurückzugreifen, Unterlehrer Peter Höll gegründet wurde. Sie zu welchem Schritt sich die Postverwaltung beging 1949 unter Kapellmeister Schwaiger ihr bereits schon 1951 vorübergehend bemüßigt sechzigjähriges Bestandsjubiläum. Im Jahre sah und sich gegen alle Vorstellungen und 1952 wurde sie mit neun Instrumenten ausge- Proteste immun erwies. stattet, die am 10. August in einer eindrucks- vollen Feier übergeben wurden. Im ersten Weltkrieg wurde für die hier statio- nierten Etablierungstruppen eine Feldtelefonli- nie erbaut, die nach dem Kriege von der Post- Gendarmerie verwaltung übernommen, ausgebaut und dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Seit Anlässlich des Bahnbaues wurde im Jahre 1873 dieser Zeit hat auch Hütten eine öffentliche in Hütten (Forsthaus) ein Gendarmerieposten Fernsprechstelle und seit 1951 auch eine Dau- aufgestellt, der nach der Bahnöffnung nach erverbindung. Hoffentlich wird auch bald eine Leogang verlegt wurde, und dort nach mehre- eigene Telefonzelle bewilligt. Im Laufe der Jahre ren Zwischenubikationen (alter Ausdruck für wurde der Postverkehr immer umfangreicher, militärische Unterkunft) von 1904 bis 1953 sodass dermalen bei normalem Zustelldienst im Poschacherhaus und nunmehr im zweiten vier Briefträger eingestellt waren. Seit 1951 hat Gemeindehaus untergebracht ist. das Postamt Leogang in der Person des Hein- rich Kühnelt einen Postmeister.

Das Postamt 1906 Die Blasmusikkapelle 1948 Quelle: Kaspar Fischbacher Quelle: Katholische Frauenschaft Seite 161 LUDWIG PÜRSTL

Die Feuerwehr 2001 110-Jahr-Jubiläum Quelle: Gemeindeamt

Feuerwehr Feuertaufe erhalten hatte. Die erste fahrbare Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte Spritze wurde bereits 1912 im Forsthaus ein- die meisten Feuerwehrgründungen, so auch in gestellt. Im weiteren Ausbau der beiden Weh- Leogang im Jahre 1891, mit welcher die Einstel- ren erhielt die Feuerwehr Leogang im Jahre lung von neuzeitlichen Löschgeräten, so einer 1928, die in Hütten 1936 eine Motorspritze. Saugspritze, Schubleiter, Hakenleitern u. dgl. Im Jahre 1951 beging die Feuerwehr Leogang verbunden war. das Fest ihres sechzigjährigen Bestands, aus welchem Anlass sie eine neue Motorspritze als Bei der großen Ausdehnung der Gemeinde Jubiläumsgabe in Empfang nehmen konnte. machte ein rascher Einsatz die Gründung einer Während der Zugehörigkeit zum Reiche wurde Freiwilligen Feuerwehr in Hütten notwendig, die Feuerwehr der Polizei unterstellt. die am 22.03.1914 gegründet wurde, und am Seit 1945 ist die Feuerwehr Hütten der 23. März um 4 Uhr früh im Brand zu Lehen die Dorffeuerwehr als Löschzug eingegliedert.

VOM KIRCHLICHEN LEBEN

Auch in dieser Hinsicht war Leogang Jahr- 20. Juni (jul. Kal. am 12.) der St. Ägidiuskirche hunderte lang mit der Mutterpfarre Saalfelden in Lunganch einen Ablass erteilte. Durch 200 verbunden. Da um das Jahr 1000 ein Graf Diet- Jahre kam übers Wochenende ein Priester aus mar von Salaveldung dem Erzbischof Hartwik Saalfelden, um den sonntäglichen Gottesdienst (991 – 1023) „seine Khürcher in Salaveldung zu halten, Sakramente zu spenden und Kran- schenkte“, kann wohl angenommen werden, kenbesuche zu machen, wozu ihm ein Pferd dass unsere ersten Siedler bereits Christen zur Verfügung stand, zu dessen Unterhalt eine waren, und dennoch ist es bei der Ausdehnung Hafersammlung eingeführt wurde. des Tales zu verwundern, dass erst anno 1323 in Leogang ein Filialkirchlein zu Ehren der Hei- Aus einer Urkunde vom 18.06.1509 (Salzburg) ligen Ägidius und Leonhard geweiht wurde, aus wissen wir, dass bei dem anno 1490 angeding- welchem Anlasse Erzbischof Friedrich III. am ten Kirchenbau zwischen den Zechpröbsten LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 162

Jakob Müllauer und Matthäus Mülinger einer- zum Teil zu diesem Zwecke abgegeben werden seits und dem Stadtmaurer Johann Sleicher in musste. Bis zum Jahr 1550 war die Filialkirche Reichenhall wegen angeblicher Nachlässigkei- Leogang eine Kuratie der Pfarrkirche Saalfelden, ten ein Streit entstanden ist, der durch Hans der Kurat meistens im Rang eines Kooperators. Pramer, Dr. decr. Generalvikar, dahin entschie- In diesem Jahre wurde die Kuratie zum Vikariat den wurde, dass Sleicher diesen schlech- erhoben. Von anno 1698 an hatte der Vikar einen ten und schwachen Bau auf eigene Kosten ständigen Hilfspriester. Da das Prielhaus von ordentlich herstelle oder sich vergleiche. Es der Kirche zu weit entfernt war, übersiedelten dürfte aber dennoch nicht in Ordnung gekom- die beiden Seelsorger, wahrscheinlich zur Zeit men sein, da in der Urkunde vom 05.10.1511 des Kirchenbaues, ins Oberhaus, dem Wirtszu- in gleicher Sache geschrieben wird. Bischof haus und Getreidespeicher, zunächst zur Miete. Berthold von Chiemsee, dem die Kirche in Im Jahre 1751 wurde das Haus von der Kirche Leogang einverleibt wurde, setzte mit Schrei- angekauft und zum Vikariatshaus umgebaut, ben vom 08.08.1514 (Salzburg) das Kirchweih- deren Kosten per 1.395 Gulden aus der Verlas- fest fest und verlieh Ablass. senschaft des ehemaligen Vikars und späteren Frühmessers in Saalfelden Jakob Stainperger, Das Jahr 1534 brachte den Leogangern end- bezahlt wurden. lich einen eigenen Seelsorger, der zuerst in einem „Hawß an den Freythoff“ wohnte und Um 1740 fand man nämlich die Kirche „so eng, dann in das für ihn gekaufte Prielgut übersie- schlupfwinkelig und finster“, dass nach länge- delte, „damit er allda sunderlich der Seelsorg rem Hin und Her ein Umbau beschlossen wurde. wartin sul“. Die Loigamer Kreuztracht brauchte Da man, wie schon gesagt, sich über die Ausfüh- nur noch an den wenigen Pfarrtagen zur Mut- rung lange Zeit nicht einigen konnte, übergaben terkirche nach Saalfelden gehen. ihn der Dechant und der Pfleger von Saalfelden, wie die Kirchenpröbste von hier, dem Meister Der Seelsorgebezirk wird anno 1549 also Jakob Singer in Schwaz, der ihn auch anno 1745 beschrieben: größtenteils ausführte. Die Gemeinde leiste- „In des Leuganger Priesters Seelsorg gehört te Hand- und Fuhrschichten, wahrscheinlich die ganz Leugang, was hinter St. Lienharts auch Baumaterial, dagegen wurden die übrigen Khürchen ligt, und heraus piß zu den Gas- Kosten per 6.922 Gulden auf pinzgauerische pern aufm Grieß; desgleichen aufm Gerst- Kirchenfonde aufgeteilt. Die Malerei der neuen boden piß an den Weißpach.“ Kirche übernahm ebenfalls ein Schwazer, na- mens Mayr, und da sie seine Erstlingsarbeit war, Aus dem Jahre 1549 ist nämlich noch eine soll sie nicht recht gelungen sein. Seine zuneh- „Khürchenordnung bei St. Lienhard in der mende Geschicklichkeit machte sich aber in den Leugang“ erhalten, die wie ein Entwurf eines Kirchen zu Saalfelden und Alben immer ansehn- Vikariatsstiftsbriefes aussieht und vielleicht licher bemerkbar. eine Abschrift vom Original ist, sodass die Kuratie bald nach 1534 begonnen haben kann. Die Altäre dürften nach Dr. Höfer und Als Stifter erscheint darin der hochedle Bi- Dr. Wegner kaum vor 1770 aufgestellt worden schof Berthold von Chiemsee auf. sein. Adolf F. von Steinhauser bezeichnet in Um 1500 gab es noch sogenannte „Khürchen- „Über Kirchen und Kirchenbau in Salzburg“ kühe“, das waren zur Erhaltung des ewigen die Pfarrkirche Leogang als modern mit Lichtes gestiftete Kühe, deren Butterertrag gotischen Bestandteilen. Seite 163 LUDWIG PÜRSTL

Die erste Glocke, 800 Pfd. schwer, erklang 1482 verleitet zur Annahme, dass die frühere, wenn zum ersten Mal, die alle Stürme überdauerte. Ihr eine da war, bereits überspielt gekauft wurde. folgten anno 1752, also in den neuen Turm, zwei Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es sich kleinere, und anno 1859, gleichsam als Gratula- tatsächlich um die erste Orgel handelt, da die tion zur Pfarrerhebung, eine 2.498 Pfd. schwere. Schule erst 1741 erwähnt wird. Letztere drei wurden Opfer des Ersten Weltkrie- ges. Am 31.05.1921 wurde die in Salzburg ge- Im Jahre 1793 wird folgender Seelenstand weihte, große Glocke empfangen und aufgezo- ausgewiesen: gen. Dieser folgten am 08.09.1924 zwei kleinere. Priester Erw. Kinder gesamt Da auch diese letzteren drei dem Zweiten Welt- Leogang 2 1.171 239 1.410 krieg zum Opfer fielen, wurden deren Nach- Saalfelden 6 2.855 547 3.402 folgerinnen am 16.10.1949 von Weihbischof Dr. Johannes Filzer geweiht. Auch die Hüttkapelle Der Vikariatsstiftsbrief vom Jahre 1549 weist legte in beiden Weltkriegen ihre Glocken zum dem Seelsorger die Naturalsammlung, Stolge- Teil auf den Altar des Vaterlandes, ist aber bei fälle, Leibpfennige und sogar einige Dominica- den letzten Glockenbeschaffungen leer ausge- lien, Zehnte etc. zu. Laut Passion von 1858 und gangen, sodass sie dermalen nur eine hat. Pfründeinventar von 1862 beträgt das reine Pfründeeinkommen um 690 Gulden. Fast gleichzeitig mit den Glocken kamen die Orgeln auf. In welchem Jahre hier die erste auf- An Stiftungen bestanden anno 1866: gestellt wurde, wusste scheinbar auch Dür- – die Fronleichnamsbruderschaft, die nach der linger nicht zu sagen. Nach Lürzer v. Zehendal Reformation im Zuge der kirchlichen Erneue- verschönerte 1802 eine ganz neue Orgel die rung anno 1739 eingeführt wurde. Emporkirche. Die Betonung „eine ganz neue“ – Vor 100 Jahre ging die Kreuztracht noch nach

Grundriss des Kirchenbaus 1745 Quelle: Kunsttopographie

Kirche und altes Hutterhaus 1925 Quelle: Kunsttopographie LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 164

altem Brauche am Fronleichnamstage zur – Anno 1764 wurde das Bild „Maria vom guten Mutterkirche nach Saalfelden. Rat“ auf den Hochaltar gestellt. – Vom Fronleichnamstag bis zum – Außerdem besitzt die Kirche eine schö- Rupertitag wurden an den Donnerstagen be- ne Statue der Unbefleckten von Pichler in stellte Wetterämter gehalten. Kufstein, die anno 1857 von den Jungfrauen – Das 40-stündige Gebet zu Ostern ist eine bestritten wurde. Stiftung von Wohltätern vom Jahre 1821. – Wie die meisten Leonhardikirchen um- – Die Goldenen Samstage mit Amt und Predigt schließt auch diese eine Eisenkette, von der wurden anno 1766 ebenfalls von Wohltätern die Sage erzählt, dass die Frauen des Tales gestiftet. anlässlich des Krieges das Gelübde mach- – Erzbischof Leonhard bestätigte am ten, eine Eisenkette um die Kirche schmie- 10.08.1506 mit Zustimmung seines Freundes den zu lassen, wenn ihre Männer wieder heil Bischof Ludwig von Chiemsee als Kirchherrn vom Kriege zurückkommen. Da alle Männer von Saalfelden die von den Zechpröpsten bis auf einen, dessen Frau sich nicht daran mit dem Gut Empach in Leugang und einem beteiligte, heimkamen, soll deren Glied feh- Grund bei Oberhaus auf dem Berg gemachte len. Der genaue Zeitpunkt der Anbringung Stiftung einer Sonn- und Feiertagsmesse und ist nicht bekannt, wird aber zwischen 1726 verlieh Ablass. Die genannten Zechpröpste und 1791 angegeben. Nachdem aber in diese der St. Johannespfarrkirche Salvelden unter- Zeit nur der öst.-bayr. Erfolgskrieg fällt, an worfenen St. Lienhartskirche in der Lewgang dem das Erzstift auf der kaiserlichen Seite stifteten am 31.07. 506 eine ewige Messe. stehend, weniger mit Truppen als mit finan- zieller Hilfe beteiligt war, die sich nebenbei – Neben anderen kleineren Stiftungen gab es bemerkt, sogar in einer Fenstersteuer aus- noch 107 gestiftete Jahrtage. wirkte, aber auch die Kette schätzungsweise - Ein Friedhof scheint bereits vor dem Vikaria- über tausend Glieder haben dürfte, ent- te bestanden zu haben, der sich aber mit der behrt diese Sage jeglicher realer Grundlage; Zeit als zu klein erwies, anno 1889 aufgelas- glaubwürdiger ist dagegen, dass die Kette sen und an die heute Stelle verlegt wurde. anlässlich des anno 1745 erfolgten Kirchen- Besondere Grabmäler gab es weder im alten, hauses als äußeres Zeichen einer Leonhard- noch gibt es solche in der Kirche. kirche angebracht wurde, wird doch der

Annakapelle 2001 Quelle: Norbert Urban Seite 165 LUDWIG PÜRSTL

Heilige selbst auch mit Kette und Schloss Barth Hoyer mit erhobenen Fäusten auf den abgebildet, welch letzteres auch über dem Dechant zuging.“ Haupteingang angebracht ist. Die Sagen von Am 19. August berichtete Dechant Gaisruck den Ketten der Leonhardikirchen sind übri- nach Salzburg: gens recht verschieden. So kommt bei der „ … daß Wolf Millinger, Hans und Barth Hoyer St. Leonhardikirche bei Brixen jedes 7. Jahr mit täglicher Vermehrung der Schwärmer ein neues Glied an die Kette. Wenn die Kette offene Predigten und Versammlungen dreimal um die Kirche reicht, ist der Welt- halten“, und am 20. August: „ … am gestrigen untergang nahe. Sonntag haben die Schwärmer nicht nur in Leogang, sondern leider auch eine halbe Erzbischof Sigismund III. ließ kurz vor seinem Stunde zum Markt Predigt und Zusammen- Tode anno 1770 in Hütten eine Annakapelle er- kunft gehabt;“ am 28. August: „ … die Luthe- bauen, die aber erst nach 1867 die Messlizenz rischen wollen alle Katholiken bis auf die erhalten hat. Über dem Altar befindet sich das Kinder unter 7 Jahren erschlagen.“ Wappen des Erbauers. Die Kapelle ist dem Hüttwirt einverleibt. Durch das Emigrationsedikt vom 31.10.1731, verlautbart am 11. November, wurde die Landes- Infolge der Bergwerksbelegschaft wurde Leo- verweisung der Unbekehrbaren angeordnet, und gang mehr als die übrigen Gemeinden im Mittel- zwar mit der Bestimmung, dass die Besitzlosen pinzgau in den Wirbel der Reformation gezogen. innerhalb von 8 Tagen, dagegen die Besitzer in Die Haupträdelsführer waren die Brüder Hans spätestens drei Monaten das Land zu verlassen und Barth Hoyer vom Mühlraingut, wodurch hätten, wovon auf das Pflegschaftsgericht Saal- Leogang in den Verruf des ärgsten Ketzerherdes felden im ganzen 646 Personen entfielen. der Pflegschaft Saalfelden gekommen ist. Vierthaler schreibt im 2. Teil, 3. Wanderung: Wie viele Leoganger davon betroffen waren, ist „Der Protestantismus fand vorzüglich unter unbekannt; nach der Lage der Dinge jedenfalls den Bergmännern Anhänger. Am 12.08.1721 ein hoher Prozentsatz. Das Mühlraingut dürfte erklärten sich zu Saalfelden um 5 Uhr bei Mülling gewesen sein und unter dessen Be- abends auf einmal mehr als 400 Menschen sitz gekommen sein, da sich für diesen herren- für die Augsburger Konfession. Die meisten losen Besitz niemand interessiert haben dürfte. waren aus dem Tale Leogang, dem Hauptsitz Die meisten Auswanderer kam in das durch die der Bergmänner im Unterpinzgau. In einem Pest entvölkerte Litauen, andere zogen nach Keller des Marktes hatten sie vorher ihren Schwaben, Elsass und sogar nach Nordamerika. Glaubensbund beschworen.“ Dafür kamen vorzugsweise katholische Schwa- Dürlinger schreibt darüber: ben nach Salzburg, um die verlassenen Höfe zu „Am 12.08.1731 erschien eine Schar Bauern übernehmen oder als Knappen Anstellung zu unter Führung des Hansen und Barth Hoyer finden. Allem Anschein nach dürften die „Frick“ von Leogang im Dechantshof von Saalfel- zu diesen Einwanderern gehört haben. den, ihre und vieler anderer Abtrünnigkeit zu erklären, wobei es zwischen ihnen und Brachte die Auswanderung dem Lande auch dem Dechant Grafen Gaisruck nicht nur zu eine fühlbare Einbuße an Menschen und Geld, einem argen Wortwechsel kam, sondern so wurde diese durch die Zuwanderung und auch zu einer täglichen Bedrohung, indem die allgemeine wirtschaftliche Besserung gar LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 166 bald nicht mehr empfunden. Mit der anno 1858 Salvelden, gibt bekannt, dass Adelgar, Wolf- erfolgten Pfarrerhebung kann die Entwicklung gang und Albrecht die Hundt, das Gut Vogel- des kirchlichen Lebens als abgeschlossen be- sang in der Swarzlewgang dem Jakob Aperger trachtet werden. gegen 4 Pfd. Pfenning zur rechtem Dienst verlassen habe. Den dahier tätig gewesenen 40 Vikaren • 01.11.1476: Christein, Christian Hellen sel. folgten als Pfarrer: gesessen in der Leugang auf dem obern Mair- 1858 Vinzenz Lasser v. Zollheim, hof, ehel. Tochter und Veichten Chollinger letzter Vikar gesessen zu Strub im Kaprun, ehel. Hausfrau, 1872 Peter Straubingert verkauft dem Gotteshause St. Lienhard und 1878 Peter Gruber St. Gilgen in der Lewgang 64 Pfennig Geld, 1893 Johann Bapt. Reiter freies Eigen, gelegen auf 2 Gütern genannt 1907 Peter Gaßner, f.e. geistl. Rat, Jubelpriester Vogelsang und auf dem Gries. 1939 Martin Neumayer, f.e.geistl. Rat, • 11.11.1476: Michl Steinpeck, gesessen zu Har- Hörlbauernsohn dahier heim, verkauft dem hl. Lienhart und seinem Gotteshaus in der Lewgang seine Gült auf Leoganger Priestersöhne unserer Zeit: dem halben Gut an dem vordern Vogelsang, – Missionär Leonhard Schwabl alles gelegen in der Lewgang, und freies Eigen. – Professor Anton Brandstätter • Hans Vischer, Hans Prechtel, beide Bgr. zu – Pfarrer Leonhard Müllauer Salvelden Niclas Prantel von Ryed. – Kooperator Johann Hutter • 11.10.1477: Margredt des Helln von St. Lien- – Prim. Josef Hutter hard aud der Lewgang sel. Tochter verkauft – Pfarrer Matthias Riedlsperger, Wörgl, Gold. dem hl. Lienhart und seinem Gotteshaus 64 Priesterjubiläum Pfennig jährlich und ewige Gült auf dem Gut – E. b. geistl. Rat Martin Neumayer, Pfarrer an dem Gries und auf dem vordern Vogel- – Pfarrer Josef Mauracher, Stuhlfelden sang, beide in der Lewgang und freies Eigen. – Stadtpfarrer Riedlsperger, anlässlich des • 10.12.1480: Andreas de Bellays, Priester an Gold. Priesterjubiläums zum Ehrendomherrn der Kathedralkirche Ferrara und der Edle ernannt, ist am 12.10.1953 gestorben. Cesar Bonleus , beide Bürger von Ferrara, als Kommissäre Im Jahre 1952 wurde die Pfarrkirche außen • P. Sixtus IV. und des Johanniterordens renoviert, was über S 50.000,– kostete. Da die und Spendensammler für Rhodos, bevoll- vorher erfolgte Erneuerung des Daches auch mächtigt, Spendern gegen die Türken einen bedeutende Opfer erforderte, wird die eben- vollkommenen Ablass zu verleihen, erlau- falls notwendige Innenrenovierung wohl auf ben Christian und seiner Frau Christina einige Jahre zurückgestellt werden müssen. von Gumershousen, dass ihnen ihr selbst gewählter Beichtvater in der Todesstunde Zum Schluss seien noch einige Urkunden, die einen Jubelablass, wie wenn sie persönlich auf Kirche, Seelsorge und Anwesen hinweisen, in Rom wären, erteile. angeführt: • 23.10.1498: Hanns Empacher verkauft • 02.10.1452: Brixen: Kardinal Nikolaus, Bischof mit Zustimmung des gnädigen Herrn von von Brixen, verleiht für die Filialkirche St.Egyd Chiemsee der Kirche St. Leonhart in Leo- und Leonhard Ablass. gang 1 Pfund ewige Gült auf seinem Gut • 24.05.1474: Hans Heilberger, Landrichter zu Empach in der Lewgang. Seite 167 LUDWIG PÜRSTL

• 16.11.1500: Genannte Kardinäle verleihen auf • 06.01.1535: Christof Diether, Pfarrer zu Bitte der Laien Konrad v. Wynbach und Mat- Teisendorf, dzt. Obercuster der Priesterbru- heus Mylinger der Kapelle St. Leonhard im Tal derschaft St. Johann zu Saalfelden, gelobt Leugang Ablass. die Wiederlosung der von der Kirche in der • 25.11.1532: Gorian Gugk, Maler und Bür- Leogang an die Priesterbruderschaft ver- ger zu Laufen, quittiert Thoman, Pfarrer kauften Güter Lehen am Gries und eine halbe und Hellinger zu Reichenhall, über 15 Pfd. Herrengütl von 1 Pfd. Pfennig aufm Empach Pfennig, „wegen der Tafel halben, die ich (Christian Prantner) innerhalb von 16 Jahren. gemacht hab in das wirdig gotzhaus sand (Salzburger Archivberichte von Dr. FranzMartin) Lienhard in der Leugang.“

DAS SCHULWESEN

In Leogang hat sich das Schulwesen gegen- richtet worden, doch waren diese von den über anderen Gemeinden im Pinzgau spät, und Gemeinden abhängig, die aber gegen die wie Dürlinger sagt, „langsam genug“ entwickelt, Einführung derselben waren.“ (Prof. Karl denn erst 1740 wird eine Pfarrschule in Leogang Wagner, sen.) erwähnt. Daran mag auch die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingesetzte Schul- Wie in den übrigen Orten war auch in Leogang reform, bestehend in der Einführung des Ge- der jeweilige Mesner und Organist neben- samtunterrichtes mit Schultafel, Schulbänken beruflich Lehrer (Schullehrer, Schulmeister). und Pult mitschuldig gewesen sein. Dürlinger Seine Wohnstube war bis zur Einführung der verweist auf den von Saalfelden ausgegangenen neuen Lehrart auch zugleich Schulstube. Die Boykott der Schulerneuerung, der auf die um- Kinder saßen um den Stubentisch, und wenn liegenden Gemeinden ein schlechtes Beispiel recht viele waren auch auf den Wandbänken. ausübte. Wohl waren nach dem Berichte des f. e. Die Dauer des Schulbesuches bestimmten die Instruktors, des Kuraten Stefler, vom 07.03.1785 Eltern, welcher kaum länger als 3 bis 4 Jahre „die Schulmeister von Leogang, Weißbach dauerte. Das Schuljahr erstreckte sich von Aller- und zu Lofer auf die neue Lehrart abge- heiligen bis Ostern. Der Lehrer unterrichtete bis

Schulhaus-Neubau im Dorf 1909 Quelle: Thomas Stöckl LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 168 um 1790 jedes Kind einzeln. Zu dieser Zeit kam Hause schon wiederholt diese Krankheit der Gesamtunterricht, geteilt nach Abteilungen, auftrat, unterliegt es keinem Zweifel, dass auf. Ein eigenes Schulzimmer (Schulstube), die bei den sonstigen, sanitären Überständen, große Schultafel und sechs- bis achtsitzige von denen die Gemeindevorstehung bereits Bänke, sowie das Lehrerpult, waren die äußeren mit h. ä. Erlasse vom 18.12.1885. Zl.10473 Kennzeichen der neuen Unterrichtsmetho- verständigt worden ist, der dieser Krank- de, die allerdings viel Staub aufwirbelte. War heit zugrundliegende Ansteckungsstoff tiefe der Lehrer bisher hauptberuflich Organist und Wurzel gefasst hat, und einer gründlichen Mesner und nebenberuflich Lehrer, so war er Abhilfe dringend bedarf …“ nunmehr hauptberuflich Lehrer (Schulmeister) und nebenberuflich Organist und Mesner. Mit Im Folgenden wird die Schließung der Schule und der Bildung der freien Gemeinden übernahm er die Delogierung der Lehrerfamilie nach Ablauf der auch die Stelle eines Gemeindeschreibers. Krankheit angeordnet, wobei auch die spätere Desinfizierung vorgesehen ist. Um 1800 dürfte bereits eine größere Anzahl Kinder aus dem inneren Tal die Dorfschule be- Mit Erlass des Bezirksschulrates von Zell am sucht haben, sodass für die um Jahre 1819 im See vom 28.10.1873, Zl. 96, wurde für die Christernhäusl eröffneteHüttschule der nötige Hüttschule ein eigener Ortsschulrat bewilligt, Grundstock vorhanden war. Die im Jahre 1848 dem die jeweiligen Besitzer von Embach und auf 40 Kinder anwachsende Klasse hatte in der Reit als Mitglieder bzw. Vorsitzende am kleinen Stube nicht mehr Platz, und da auch der längsten angehörten. Hinterrettenbach am 29.08.1847 das Christ- ernhäusl eingeschüttet hatte, wurde auf dem Das Messnerhaus, bis 1859 Eigentum der ehemaligen Schlackenlagerplatz des Hüttwerkes Kirche, ging in diesem Jahr in den Besitz der ein ebenerdiges Schulhaus erbaut. Obwohl die Gemeinde über und erfüllte von da an schlecht Gemeinde behördlicherseits wiederholt auf die und recht seine unvorhergesehene Bestim- unhaltbaren sanitären Missstände im Schulhaus mung als Schulhaus. In diesem Jahr zählte die aufmerksam gemacht wurde, konnten sich die Dorfschule um 90 Wochentags- und um 60 Gemeindeväter bei der 1881 notwendig gewor- Sonntagsschüler. Die Sonntagsschule besuch- denen Lehrzimmererweiterung dennoch nicht ten die Jugendlichen vom 14. bis 16. Lebens- zu einem Neubau entschließen. Man setzte ein jahr. Sie war also der Vorläufer der späteren Stockwerk aus Holz darauf, in dem die größere, Fortbildungsschule. Mit der Einführung der vordere Hälfte wohl als Schulzimmer entsprach, gesetzlichen Schulpflicht im Jahre 1869 ging womit aber dem noch größeren Übel, der Feuch- an beiden Schulen die Schülerzahl sprunghaft tigkeit, nicht abgeholfen wurde, und zudem man in die Höhe, womit die Dorfschule anno 1878 die Ungeschicklichkeit beging, den Schulraum zweiklassig und in Leogang und Hütten ein in den 1. Stock zu verlegen. In diesem Jahrzehnt Umbau notwendig wurde. war das Schulhaus diphtherieverseucht, wor- über aus dem Erlass des Bezirkshauptmannes Wahrscheinlich hat man in der Zwischenzeit vom 02.02.1889 folgendes entnommen wird: den geteilten Unterricht eingeführt. Im Jah- „Indem in jüngster Zeit im Schulhaus zu re 1894 wurde die Sprengelgrenze der beiden Hütten zwei Kinder des Lehrers Stützl neu- Schulen neu festgesetzt, und zwar so, dass die erdings an Diphtherie erkrankt sind, von Häuser 1 – 6 der Ortschaft Sonnberg und 9 – 16 denen eines gestorben ist und in diesem der Ortschaft Rain zum Schulsprengel Hütten Seite 169 LUDWIG PÜRSTL kamen, da die Kinder dieser Häuser bereits die beim Tödlingwirt eine Expositurklasse eröffnet, Hüttschule besuchten. Nunmehr verläuft die die 1934 zum Martlbauern kam und 1939 wieder Sprengelgrenze östlich von Alpach, Folnbaum geschlossen wurde. und Embach. Im Jahr 1900 wurde die Dorfschule dreiklassig, 1904 die Hüttschule zweiklassig, Durch das Ansteigen der Schülerzahlen einer- womit man sich wieder mit Umbauten in den seits und die Senkung der Klassenschlüssel- Schulhäusern behalf. Im Jahre 1908 wurde zahl andererseits, wurde die Dorfschule 1947 unter Vorsteher Peter Leitner (Wachterwirt) der fünfklassig und 1950 sechs­klassig. Die neuen Schulhausbau im Dorf beschlossen, zu dessen Klassen waren in der Oberlehrerwohnung Durchführung Oblehrer Widauer just das zeit- und im Musikzimmer des Gemeindehauses lich segnete. Feichtner machte also von Hütten untergebracht. Bis zum Winter 1953 war sie aus in Leogang Dienst. Nach der Übergabe des wieder fünfklassig, wobei zwei Klassen Wech- neuen Schulhauses im Jahre 1909 übernahm selunterricht hatten. Im Winter 1953 bezog Feichtner wieder die Hüttschule, Oblehrer eine Klasse das im Gemeindehaus adaptierte Puschej die Dorfschule. Schulzimmer, zu dem noch ein zweites im 1. Stock kam, sodass die Schule wieder Da im neuen Schulhaus in kluger Voraussicht sechsklassig geführt werden konnte. eine Reserveklasse eingebaut wurde, wäre der Eröffnung einer 4. Klasse im Jahr 1914 nichts Mit der Dorfschule ist auch seit Jahren eine mehr im Wege gestanden, wenn sie nicht der ländliche Fortbildungsschule, jetzt landwirt- ausgebrochene Krieg auf 1915 verschoben hätte. schaftliche Berufsschule genannt, verbunden. Über das Ansuchen der Eltern in Grießen, die Unter Oblehrer Albert Steidl bestand eine mit den nächsten Häusern von Berg 16 Kinder solche auch in Hütten. zur Schulde schickten, wurde am 08.12.1931

DER BERGBAU IN LEOGANG

Dieser liegt im Gebiet der Grauwackenzone, die Linie am Nöckelberg zu suchen sind. Der Metall- sich von Schwaz in schwankender Breite zum gehalt dieser Erze ist den vielen Analysen nach Semmering erstreckt. Dieser Schiefergebirgs- verhältnismäßig hoch, jedoch nach der Fund- zug birgt zahlreiche, zum Teil recht bedeuten- stelle verschieden. Im Durchschnitt 1,7 % Kupfer de Erzlagerstätten, so auch in Leogang. Das und 0,8 % Kobalt. Die mittlere Seehöhe im Revier Leoganger Bergbaugebiet ist äußerst reich an des Nöckelberges ist 1.400 m, die größte Bautiefe verschiedenen Mineralien, wenn auch das eine im Schwarzleorevier erreicht 1.000 – 60 = 940 m; oder andere Erz nicht immer in abbauwürdiger die unverritzte Tiefe ist also mindestens 400 m. Menge vorhanden ist. Abgebaut wurden Kupfer-, Die 800 m breite Terrainzone von den Nöckel- Silber-, Nickel-, Quecksilber- und Kobalterze, berggruben bis zum Schwarzleobach ist über- die fast ausschließlich im Schwarzleokomplex haupt nicht erschlossen. Der Bergwerksbetrieb ausgebeutet wurden. Daneben gibt es noch eine wurde auf beiden Seiten des Schwarzleotales in Menge anderer Mineralien, die als willkommene drei Grubenkomplexen betrieben: Nebenprodukte gewonnen und aufbereitet wur- 1. auf der Südseite der den. Die für dieses Gebiet wichtigsten Erze sind „Schwarzleobergbau“ jedoch die Nickel- und Kobalterze, die in erster 2. auf der Nordwestseite der LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 170

„Vogelhaldenbergbau“ und 3. weiter am Berg hinauf nach Norden, der viel- Die Bergarbeiter waren zum Großteil einheimi- leicht bedeutendste und am längsten betrie- sche Bauernsöhne, die sich am Nöckelberg und bene „Nöckelbergbau“. zwischen dem Voglergut und dem Voglerangerl ihre Berghütten bauten. Während am Nöckel- Gegenwärtig wird am Nöckelberg Magnesit berg 40 Mann arbeiteten, waren im Schwarzleo- abgebaut, und zwar mit rund 40 Mann und und Vogelhaldenrevier 70 bis 80 in drei Schich- einer Tagesausbeute von 5 – 6 Waggons, die ten beschäftigt. Ihre Entlohnung betrug pro nach Radenthein zur Verhüttung gehen. Dieser Schichte 6 Kreuzer für Förderer und 12 Kreuzer Betrieb wurde 1937 von Weilguny, Saalfelden, für Häuer. Die leitenden Ingenieure kamen aus begonnen und mittels einer Seilbahn mit der Tirol und Salzburg. Station Leogang verbunden. Nach seinem 1951 erfolgten Tode übernahm die österreichisch- Nachdem durch Pendel- und Stangenprobe das amerikanische Magnesit-AG den Betrieb, die ihn Erz gefunden worden war, erfolgte der Schritt zur zu erweitern gedachte. Anlage des Stollens. Außer dem Erasmusstollen im Schwarzleorevier und dem Ottenthalerstollen Nach Dürlinger, der sich wieder auf Hübner im Nöckelrevier ist kein Stollen gebolzt. beruft, reichen nachweisbare Berichte ins 15. Jahrhundert zurück. Koch-Sternfeld führt in den Neben diesen gab es noch folgende Stollen: slavischen Betrieben des 8. Jahrhunderts auch Nöckelbergbau: Schwarzleo an. Neuschurf-, Sebastian-, Michael-, Unterbau-, Schmied-, Antoni-, Mariahilf-, Thomas- und Als die nachweislich ältesten Bergwerke sind die Augustinerstollen, sowie die Brandstattötz- und von Gunzenreit und Permooseck anzusehen, in Rastbodenschurfstollen denen hauptsächlich Kupfer abgebaut wurde. Ihre kurze Blütezeit hatten sie im 12. Jahrhundert, Vogelhalde: wurden aber schon im 13. und 14. Jahrhundert Thomas- und Johannesstollen aufgelassen und sind heute völlig unbekannt und vergessen. Wann der Bergbau im Schwarzleotal Schwarzleo: und am Nöckelberg begonnen hat, ist nicht zu Barbara-, Johannes- und Erasmusstollen erfahren. Allem Anschein nach waren sie im 14. Jahrhundert bereits aufgenommen, denn nach Die meisten Stollen sind heute verfallen und Zauners Chronik gab Erzbischof Johann II. anno nicht mehr zugänglich; nur einige sind noch 1434 die Werke in Leogang und Thumersbach relativ gut erhalten, doch ist ihr Betreten ohne einem Hansen Schmelzer und Veiten Stockhamer Kenntnis der Grubenkarten nicht ratsam, um in Bestand. Dafür sprechen auch die alten Karten ein Verirren zu vermeiden. im Jahre 1671 von P. Seer und 1734 von A. Stein- Auf eigenen Wegen wurden dann die Gesteine lechner und A. Hartl, nach denen der Bergbau im Winter mittels Schlitten zu den Schmelz- in diesen Grubenrevieren bereits eine ansehn- öfen gebracht. Solche waren beim Tischler liche Ausdehnung hatte. Dafür spricht aber auch Höll, in Hütten zwischen Jodl und Bäcker und die Art, wie die Stollen vorgetrieben wurden, z. beim Pucher. Zum Schmelzen wurde Holzkoh- B. beim Danielstollen, dem vermutlich ältesten, le verwendet, die beim Bäckerwirt und beim in Schnattelarbeit, d. h. mit Schlägel und Eisen, heutigen Hartl gebrannt wurde. ohne jede Sprengung, ja nicht einmal Zimmerung. Seite 171 LUDWIG PÜRSTL

Die verhütteten Erze wurden dann – ebenfalls des k. u. k. Kriegsministeriums der Deutschen im Winter – von den Bauern nach Brixlegg in Kriegsrohstoffabteilung in 100 Waggons ca. Tirol geführt, wo sie weiter verarbeitet wurden. 1.000 t Erzkalk mit einer enthaltenen Metall- Auch am Nordhang des Nöckelberges ist nach menge von 25 t Nickelkobalt und 25 t Kupfer zu Erz geschürft worden, wie zwei Stollen in der liefern. Im Jahre 1918 wurde der Betrieb still- Nähe der Hartlalm bezeugen. gelegt. Das Berghaus am Nöckelberg wurde zu einem Viehstall, und wo früher das Erz zu Tage Im Jahr 1691 verlieh Erzbischof Ernst das gebracht wurde, ist nun schon Wald, und es Berg- und Hüttwerk den Bürgern Wilhelm Ko- wird nicht mehr lange dauern, so werden nur bald und Virgil Hölzl in Salzburg und den Saal- mehr gut Informierte die Eingänge der Stollen feldnern Johann Lechner und Benedikt Rieder finden. (Soweit größtenteils nach Steidl) zu Erbrecht, „solange die Geschlechter katho- lisch bleiben“. Erzbischof Sigmund III. löste es Dr. Schjerning gibt in den Heften „Forschungen anno 1760 von Johann Prugger von Pruggheim zur deutschen Landes- und Volkskunde, Band um 16.000 Gulden ein, worauf auch das Kup- 10, Heft 3 – Die Pinzgauer (1897)“ nachstehen- fererz von Limberg und Klucken dahier ge- de Förderungsaufstellung: schmolzen wurde. Anschließend soll das Werk einer Wiener Kobaltgesellschaft gehört haben. In Hütten wurden aus dem Bergwerk Schwarz- Die Blütezeit des Leoganger Bergwerkes soll im leo und zum Teil auch aus Erzen vom Limberg 16., 17. und 18. Jahrhundert gelegen sein. Nach und Klucken erzeugt: Fugger soll Leogang insbesonders am Ende 1784: 320 q Kupfer; beschäftigt 98 Mann; jähr- des 18. Jahrhunderts wegen seines Kobalt- lich werden für 14.000 – 16.000 fl Erze reichtums in ganz Europa bekannt gewesen ausgebracht sein. Nach und nach kamen die einzelnen 1794: im zehnjährigen Durchschnitte: Bergbaue zum Erliegen. Während die Stollen in 272 q Kupfer, 46 q Blei, der Vogelhalt nicht mehr in Betrieb genommen 26 q Silberglätte, 25 Mk. Silber wurden, nahm ihn eine Kobaltgesellschaft, 1796: 250 – 300 q Kupfer mit lies Privatgesellschaft, im Schwarzleo- und 80 – 90 Mann; das Blei wird Nöckelbergrevier wieder auf. Beide wurden in Lend verhüttet. von der „Leoganger Nickel- und Kobaltgesell- 1802: 250 q Kupfer und 224 q Blei mit 90 Mann. schaft“ übernommen, die die beiden Reviere Um 1780 wurde noch ein jährlicher Nutzen zwar gemeinschaftlich verwaltete, aber sepa- von 4.700 fl erzielt, aber 1783 – 1802 rat abschloss. Der halbe Anteil soll der Metall- betrug die jährliche Einbuße 2.500 fl; warenfabrik Krupp-Berndorf, die andere Hälfte 1808 belief sie sich auf 1.330 fl. und im N. Tschurtschenthaler in Bozen gehört haben. Jahresdurchschnitte von 1809 – 1815 Der Betrieb wurde immer schwächer und hörte war sie 7.000 fl. wert. Anno 1886 wurden 1884 ganz auf. Die Baulichkeiten in Hütten als Nebenprodukte 93 q Quecksilbererze wurden angeblich von der Fa. Krupp an Private gewonnen. Im Jahre 1896 wurde der Bau veräußert. Pucher kaufte die Gemeinde, wäh- auf Brauneisenstein mit 33 % Eisen durch rend die Berghäuser dem Verfalle preisgegeben die Gewerkschaft Pillersee wieder aufge- wurden. Den Bergbau erwarb später die Berg- nommen; die Grube wurde vorläufig mit 30 baufirma F.G. Petzold in Zell am See und die Knappen belegt. Kupfergewerkschaft Viehhofen. Petzold war 1917 nochmals in der Lage, mit Zustimmung LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 172

Das Nickel- und Kobaltbergwerk Nöckelberg, Die Blütezeit des Werkes fällt in die Siebziger- das auch 1794 schon betrieben wurde, lieferte: jahre, wo der Nickelpreis fast das Dreifache 1810: steht das Werk erreichte. Die gewonnene Nickelspeise ging 1839: es wird wieder gebaut damals ausschließlich nach Deutschland und 1852: 8.000 q Scheide- und Pocherze; wurde zur Prägung der deutschen Nickelmün- die daraus gewonnene Speise zen verwendet. In den Achtzigerjahren sank enthielt 25 % Nickel. der Preis und damit die Produktion als Folge 1854: nur 10 Knappen waren beschäftigt des Druckes der amerikanischen Konkurrenz. 1855: 2.400 q Erze; 50 q Rohspeise Seit dieser Zeit sind keine Erze mehr verhüttet, mit 30 % Nickel und seit einigen Jahren der Betrieb völlig ein- 1869: 2.960 q Erze; 283 q Nickelspeise gestellt worden. 1871: 710 q schmelzwürdige Erze; 96 q Speise mit 29 % Nickel und Aus Lürzer von Zehendal entnehmen wir: 14 % Kobalt; ferner 2.000 q „Die Wohnung des Verwesbeamten ist eine ärmere Erze, mit 20 Mann halbgemauerte, der Schmelzhütte angebau- 1872: 1.156 q Scheideerze, 105 q Speise mit 28 % te, finstere Hütte. Sie umgaben eine Kapelle, Nickel und 15 % Kobalt; ferner Pochgän- ein gemauertes Gasthaus, vier andere höl- ge; 48 Mann. zerne Häuschen und jenseits der Ache eine 1871/1880: 1.068 mq Speise mit Rosthütte. Bergrichter von Leogang war um 33 % Nickel und Kobalt; ferner 1850 der Pfleger von Saalfelden, hf. Titular- 442 mq Kupferrohlech mit 23 % Kupfer; rat Andre Lottersperger. In Leogang war das im Durchschnitt 35 Arbeiter Berggericht der Pfleger von Saalfelden, dann 1877: gegen 2.000 q Erz das Verwesamt: Johann Klanner und ein 1878: 1.200 q Gegenschreiber.“ 1887: waren nur 2 Arbeiter beschäftigt

Hütten im Jahr 1942 Quelle: Bergbaumuseum Leogang Seite 173 LUDWIG PÜRSTL

DAS DORF HÜTTEN

Da ein Hüttwerksbetrieb anfänglich aus einer hütten rundum gestanden sein. Der größere Schmelzhütte mit diversen anderen Hütten -be Teil des Dorfes liegt aber am linken Achenufer. stand, ist der Name Hütte oder Hütten auf das Das auffälligste und früher das vornehmste ganze Gelände übergegangen, hier auch auf Haus ist das Forsthaus, welches anno 1593 als das sich herum gebildete Dorf. Man darf daher Verwaltungsgebäude erbaut wurde. Es be- sein Alter dem des Hüttwerkes gleichstellen. steht daher mit der Beschreibung von Lürzer Der Schmelzofen stand knapp östlich vom eine Unklarheit. Das Haus ist zweifellos beim Jodlhaus, und der Standort ist noch heute am Verkauf der Hüttwerk-Liegenschaften vom erhöhten Gelände zu erkennen. Staat als Forsthaus erworben worden. Es wirft sich nun die Frage auf, wo der Förster vorher Das Jodlhaus dürfte vielleicht jene unschein- wohnte, da kein Hausname, ausgenommen bare Hütte sein, von der vorher geschrieben Forsthaus, darauf hinweist. Vielleicht ist erst wurde. Jodl ist wohl die Koseform von Jodok, im Zuge der Salinenkonvention auch ein öster- sodass ein Besitzer selbst so geheißen haben reichischer Förster eingesetzt worden. Da der dürfte bzw. eine Übertragung vom Jodlbauern Forsthof zum Stift St. Peter gehört hat, dürfte darstellt. Vorher hieß es Tischlerhäusl, musste dieses für die umfangreiche Waldung einen also einem Tischler gehört haben. Dermalen Forstbeamten erfordert haben. steht damit auch eine Tabaktrafik in Verbin- dung, da der Besitzer Josef Höck ein Invalide Das interessanteste Haus ist indessen das aus dem Ersten Weltkrieg ist. Thurnhaus oder der Hüttkrämer. Die südliche, zweistöckige Hälfte ist ein massiver Mauer- Auf der anderen Seite liegt das Bäckerhaus, bau mit teilweise steinernen Fensterstöcken. früher Schmelzerhäusl genannt, und war also Die nördliche Hälfte mit ungleichen, kleinernen des Schmelzers Behausung. Zur Zeit des Hütt- Fenstern ist dagegen nur im Erdgeschoß ge- werksbetriebes mögen wohl andere Werk mauert und der einstöckige Oberbau gezimmert

Hütten im Jahr 1904 Kirchgang in Hütten Quelle: Anna Griessner Quelle: Anna Gruber LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 174 und verworfen. Die Nordweststrecke wurde Die Hüttschmiede, sicher ein sehr altes Ge- scheinbar aus verkehrstechnischen Gründen werbe, bestand bis 1937 aus der ebenerdigen in einer späteren Zeit abgestumpft. Allem An- Schmiede. Sie wurde Anfang der Achtzigerjahre schein nach wurde die nördliche Hälfte später auf die heutigen Ausmaße umgebaut. Mit dem dazu gebaut. Wahrscheinlich trug schon die Verkaufe an den Halbbruder, Otto Eders Vater, ältere Hälfte die Bezeichnung Turnhaus, aber 1931, zog sich der alte Schmied in die Einsam- warum? Nur seiner Höhe wegen, oder war es keit zurück, ohne jedoch den Kontakt zum ein Wachturm, wogegen aber die tiefe Lage Weltgeschehen zu verlieren. Otto modernisierte spricht. Am ehesten könnte es vor dem Bau des die Schmiede, setzte 1937 ein Stockwerk auf, Verwaltungshauses als Rohspeisenspeicher ge- baute 1940 das Wirtschaftsgebäude und er- dient haben, der, wie man sagt, im Erdgeschoß warb 1952 den vorderen Wöhrerrain. des Verwaltungshauses gewesen sein soll. Da auch der First über das Alter des jüngeren Teiles Hüttwirt gehörte vorerst zum Berg- und Hütt- keinen Anhaltspunkt gibt, kann man nur vermu- werkskomplex. In den letzten hundert Jahren ten, dass dieser vielleicht in der Blütezeit des wechselte es den Besitzer des Öfteren. Ein Betriebes entstanden sein könnte. solcher hat auch kurze Zeit im heutigen Neben- zimmer eine Krämerei betrieben. Als die Witwe Ebenso im Dunkeln liegt die Geschäftsgrün- Anna Lainer nach dem Ersten Weltkrieg ver- dung des Hüttkrämers, doch dürfte wohl schon kaufte, behielt sie sich das Steinhäuslanwesen das Hüttwerk dazu den Anstoß gegeben haben. zurück, womit dem Gasthaus der größte Teil der Jedenfalls gehört es schon geraume Zeit der Landwirtschaft entzogen wurde. Die gegenwär- ehemaligen Hüttschmiedfamilie Dschulnigg. tige Besitzerfamilie, Gabriel und Anna Stöckl, Der Stall und die Landwirtschaft sind allenfalls erwarben das Gasthaus anno 1934, und steck- auch erst mit dem Zubau oder Abverkauf dazu- ten bereits eine beachtliche Summe in das gekommen. Gegenwärtig hat der Wiener Alois verwahrloste Haus. Kilian die Handlung in Pacht inne. Das seit 1927 der Familie Bayer gehörige Jagerhäusl hat seinerzeit wohl einem Jäger

Thurnhaus Hüttschmied um 1938 Quelle: Liselotte Huber Quelle: Anna Gruber Seite 175 LUDWIG PÜRSTL gehört oder stand ihm als Dienstwohnung zu. gebaut. Vorher stand an dessen Stelle ein Stadl. Der in den Ruhestand getretene Bahnwärter Der Ansitz Wartbichler wurde vom Blockwär- Johann Bayer und dessen Frau, beide gebür- terehepaar Johann und Elisabeth Wartbich- tige Böhmerwälder, ließen das Haus nach der ler 1948 vollendet. Die Zimmermannsfamilie Erwerbung Instand setzen. Mit dem Jagerhäusl Severin und Adelhaid Waltl baute sich nebenan dürfte wohl auch Jagerbichl in Verbindung zu 1946 ein Eigenheim. Beim Sattlerhäusl, früher bringen sein, also das Häusl, das vor dem Bühel Schusterhäusl, dürfte das Alter mit der First- des Jägers steht. Die gegenwärtige Besitzerin zahl – 1703 – übereinstimmen. Die Besitzer- Theresia Grießner und deren Angehörige, das familie Aberger sitzt schon längere Zeit darauf. Bahnwärterehepaar Oberndorfer, stellten 1952 Der damalige Besitzer, Johann Aberger, verlor den Rohbau des neuen Hauses her, da das alte im Ersten Weltkrieg ein Bein. Letztere drei Häu- zu klein und nicht ausbaufähig ist. ser gehören auch zur Ortschaft Hütten.

Beim Pucherschmied, richtigPocherschmied ; Tarlacken, auch Talacken, könnte den Namen war der Schmied, der die Pochhämmer zur Zer- wohl von einem urbar gemachten Freigelacke kleinerung des Erzes in Stand zu halten hatte. haben. Fraglicher ist die Herkunft des Bestim- Nunmehr steht es in dritter Generation der mungswortes, da es mit Tao und nicht mit Ta = Familie Madreiter. Im Vorderhofhäusl, 1947/48 Tor und nicht mit Taj = Tak ausgesprochen wird. erbaut, wurde 1953 von der Besitzerin, Gretl Wie bereits geschrieben, gehörte der Forst- Dum, eine Gemischtwarenhandlung eröffnet. hof zum Kloster St. Peter in Salzburg, welches Der Name Hüttwagner verrät die frühere An- auch andere Waldungen gehabt haben dürfte, wesenheit eines Wagners. Das vormalige Haus die entweder diesem Hof zugeschrieben waren, ist einer Brandlegung zum Opfer gefallen, worauf oder deren Forstmann dieser Hof zustand, der jetzige Besitzer die Brandstatt kaufte und doch lässt sich ohne Einsicht in die Stiftsarchi- den Neubau aufführte. valien keine eindeutige Auslegung aufstellen.

Das Wofenhäusl trägt den Namen des Besitzers Burgstein leitet seinen Namen vom gleich- von Hüttwagner, Wolfgang Riedlsperger, und namigen Felsen ab. Der Archäologe Prof. Dr. wurde von dessen Söhnen Josef und Silvester Martin Hell vermutete in demselben eine vor-

Hüttwirt mit Annakapelle und neu gesetzter Linde um 1900 Quelle: Bergbaumuseum LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 176 geschichtliche Siedlung, fand aber in seiner gen Rainerwiese stand bis vor 100 Jahren im Verein mit dem Höhlenkundeverein durch- ein Bauernhof, der, wie unter Katastrophen geführten Begehung (Mai 1953) keine Anhalts- beschrieben, 1847 und 1852 vom Bach ver- punkte hiefür. Ebenso verhält es sich auch wüstet wurde. Der damit zugrundegerichtete beim Namen selbst. Es sind weder am und auf Bauer Johann Rainer hat die hoflosen Grün- dem Felsen Anhaltspunkte für eine gestande- de dem Hinterrainer verkauft, sodaß etwas ne Burg zu finden, noch liegt in den Archiven später das Hinterraingut auch als „Großedt“ etwas vor. aufscheint, dieser Name aber zweifelsohne mit dem zerstörten Hof identisch ist. Auch ein Wöhrer kann vom Familiennamen eines ehe- Kassianhäusl gehörte zu dieser Zeit zu Hin- maligen Besitzers kommen, oder auch vom terrain. Mündlichen Angaben nach, wurde auf Wehr der Ache abgeleitet werden. Merkwürdig dem oberhalb der Bahn befindlichen Teil der ist, daß das jenseits des Schwarzleobaches Rainerwiese, jetzt Wald, noch vor dem Bahn- gelegene Kasersbach nicht zur Ortschaft bau Getreide angebaut. Schwarzleo geschlagen wurde. Kaser heißt Alm, also am Almbach gelegen. An dieser Stelle sei noch Wasserrechtliches vom Dorf Hütten festgehalten, das der Schul- Christernhäusl ist das Häusl des Christian, chronik Hütten entnommen ist. das, wie schon geschrieben, anno 1847 und wohl auch 1852 vom Hinterrettenbach ein- Obwohl der Dorfbrunnen sicher so alt wie das geschüttete wurde. Der jetzige Besitzer, Dorf ist, ist dessen Wasserrecht scheinbar Alois Riedlsperger, ließ den ersten Stock er- doch umstritten. Die Quellen wechselten an- neuern. Seine Söhne Alois und Franz bauten scheinend nach ihrer Ergiebigkeit. Vor fast sich 1948/50 das davorstehende Haus, 50 Jahren glaubte man, eine endgültige welches noch die Bezeichnung Christern- Lösung gefunden zu haben. häuslneubau trägt. Direktor Feichtner, dessen Objektivität außer Hinterrain zum Unterschied von Vorderrain, Zweifel steht, schreibt: gehörte zur Zennonischen Grundherrschaft. „Während der Ferien 1907 wurde von der Etwa 30 m von der Südostecke der heuti- Gemeindevorstehung Leogang im Verein

Hinterrain 2012 Quelle: Alois Schwaiger Seite 177 LUDWIG PÜRSTL

mit der k.k. Forst- und Domänenverwaltung Forstärar erworben worden sei. Saalfelden von Burgstein herab ein neuer Im Winter 1951/52 wurde die Ache am linken Brunnen geführt, und dazu eine Zement- Ufer vom Hüttwirt bis zum Hüttkrämerstall und brunnenstube errichtet. Nachdem das am rechten Ufer bis zur Brücke verbaut und die frühere Trinkwasser schon zu mehrfachen Brücke neu hergestellt. Im Sommer 1953 wurde Klagen seitens der Schulleitung geführt mit dem Bau einer neuen Feuerwehrzeugstätte hatte, ist dieses Unternehmen, zu welchem begonnen, welche der Löschzug Hütten in Ge- besonders Hr. Forstmeister Drebeziner von meinschaftsarbeit und mit Unterstützung der Saalfelden beigetragen hat, eine wahre Gemeinde ausführte, deren Hauptlast jedoch Wohltat für die Schule.“ vom Brandmeister Sigmund Riedlsperger getragen wurde. Nachzutragen ist noch der Laut Unterlagen im Schulleitungsarchiv sind 1951/52 durchgeführte Umbau des Jodlhauses. die Wasseranteile folgend aufgeteilt: Zur Ortsbeleuchtung wurde im Jänner 1952 Schule 2 Zehntel an der oberen Schulhausecke eine Freilampe Das k.k. Forstärar 2 Zehntel angebracht. Gleichzeitig erhielt auch der Weg Hüttwirt 2 Zehntel zur Haltestellte Leogang-Steinberge zwei Frei- Hüttkrämer 2 Zehntel lampen. Nachdem auf dem Asitz lange Zeit der Jagerhäusl 1 Zehntel Schafler Branntwein ausschenkte, wurde im Pucherschmied 1 Zehntel Jahre 1929 die Asitzhütte erbaut, welche mehr- mals durch Zu- und Aufbau vergrößert wurde. Demgegenüber beruft sich die Bundesforst- Asitz heißt der Sitz, das Lager der Mutterschafe, verwaltung auf ein gleichaltriges Schreiben, die im Pinzgau bekanntlich „A“ genannt wer- nach dem die Quelle zu Burgstein vom den. Dasselbe trifft auch bei Aberg zu.

DIE BAYRISCHEN SAALFORSTE

Rund die Hälfte unserer Waldungen ist bayeri- Unken, sodass „sämtliche bei Bayern verblei- scher Staatsbesitz. Aber nicht nur in Leogang, bende Saalforste“, wie sie in der Salinenkon- sondern auch in Weißbach, St. Martin und vention genannt werden, nahezu 20.000 ha

Bayrisches Forstamt in Leogang-Rosental Quelle: Liselotte Huber LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 178 einnehmen, wovon auf Leogang 2.195 ha, das Das nicht als Servitutsholz eingeschlagene sind 10,48 %, treffen. Holz wurde zuerst von der Schwarzleobrücke ab getriftet, später per Achse verfrachtet. Das Schon zur Zeit als der sogenannte Rupertiwin- bei den bayerischen Forstämtern angestellte kel noch zu Salzburg gehörte, wurde aus diesen Personal bayerischer Staatszugehörigkeit ist Waldungen das für die Salinen in Reichenhall, exterritorial, d. h. es unterliegt nicht den öster- Traunstein und Berchtesgaden benötigte Holz reichischen Gesetzen. entnommen. Andererseits wurden die Stollen des Salzbergwerkes am Dürnstein über die Ferner sieht es eine Einräumung der Steuer- spätere Landesgrenze vorgetrieben. Da nun freiheit in jenen Waldungen vor, welche künftig Salzburg anno 1810 mit Berchtesgaden zu Bay- urbar gemacht oder auch als Wald an Unter- ern, und anno 1816 wieder zu Österreich kam, tanen überlassen werden sollten. In einem der Rupertiwinkel jedoch bei Bayern verblieb; eigenen Verzeichnis werden auch diejenigen kamen dadurch besitz- und betriebsrecht- Saalforstgebiete aufgezählt, welche der baye- liche Schwierigkeiten heraus. Salzburg bzw. rischen Regierung nur widerruflich auf solange Österreich hätte seine Stollen unter der neuen überlassen werden sollen, bis sie Österreich für Landes- bzw. Reichsgrenze schließen, Bayern die Salinen Halleins oder für andere entstehen- dagegen auf das benötigte Salinenholz aus de oder vorhandene Hüttwerke selbst benötigt. den Saalforsten verzichten müssen. So kam es zwischen der k. k. österreichischen und der kgl. Auch für die Geistlichkeit und Schulen dieser bayrischen Regierung zu einer staatsvertragli- Gemeinden ist eine Triftholzabgabe vorgese- chen Vereinbarung, die am 18.03.1829 unter der hen, die seit Jahren in Geld abgegolten wird, Bezeichnung „Salinenkovention“ abgeschlossen und rund S 12 beträgt. wurde. Die in vier starken Bänden niedergeleg- ten Artikel regeln bis ins Kleinste alle Fragen Hermann Einseler aus München schreibt da- aufs Sorgsamste, aus denen nur die für uns rüber in der Zeitschritt des D.Ö.A.V:, Jg. 1926, wichtigsten und interessantesten auszugsweise Bd.57, dass die Saalforste im Vollzug des Rie- entnommen werden. der Vertrages von Österreich dafür überlassen Bayern bekommt als Gegenleistung für den wurden, dass Bayern die Benützung der Straße Salzbergbau am Dürnstein die in einem Ver- über Reichenhall-Mellek als Nachschubstra- zeichnis aufgezählten Teile aus den Saal- ße für die österreichische Armee gestatte. Mag forsten, die fortan nicht mehr „Sämtliche sein, dass im Vertrag von Ried, 8.Oktober 1813, Saalforste“ sondern „Sämtliche bei Bayern ein derartiger Passus enthalten ist. Da aber von verbleibende Saalforste“ zu bezeichnen 1813 bis 1816 zwischen Österreich und Bayern sind. Bayern verpflichtet sich, die auf den wegen Salzburg hitzige diplomatische Verhand- bayrischen Saalforsten lastenden Holz-, lungen stattfanden, die im Jänner 1816 sogar zu Streu- und Weidebezugsrechte mit dem Vor- einem Kriege auszuarten drohten, kann es sich behalte zu übernehmen, dass der Holzbezug vielleicht um eine Zwischenlösung gehandelt nicht mengen-, sondern bedarfsmäßig ab- haben. Eine Zeitlang schien es, als sollte das zugelten sei, weder verkauft, noch zu einem Land durch eine Grenzlinie, die vom Roßbrand anderen Zwecke Verwendung finden dürfe. bei Radstadt mitten durch den Zeller See verlief, So kommt es, dass hiesige Liegenschaften in zwei Teile zerschnitten werden und dadurch auch im bayerischen Wald eingeforstet sind. von der Landkarte ganz verschwinden. Seite 179 LUDWIG PÜRSTL

Jedenfalls kann die diesbezügliche Stelle aus ständig gengend, da man niemals etwas Einselers Aufsatz wiedergegeben werden: von Ausschreitungen hörte. Reichenhall „Diese Straße war im österreichisch- wurde meistens gegen die Mittagsstun- italienischen Feldzuge von 1848/49 einer de von den freundnachbarlichen Trup- der bedeutendsten Verbindungswege pen passiert, sodaß ein Übernachten auf zwischen Innsbruck und Wien und Tausen- bayrischem Gebiete vermieden wurde. Es de von österreichischen Soldaten zogen waren bunte Bilder, welche die Durchzüge auf ihr dahin. Zur Aufrechterhaltung der der damals so siegesgewissen Krieger aller Ordnung über diese österreichischen Regi- Art gewährten. Jetzt, seit dem Bestehen menter war bayrischerseits eine Kompanie der Giselabahn und der anderen Verkehrs- des Jägerbataillons von Burghausen auf mittel wird wohl nicht mehr leicht eine die alte Feste Reichenhall abgestellt, voll- derartige Invasion vorkommen.“

DER EINZUG DER TECHNIK

Als Bahnbrecher der Technik kann in Leogang Eigentumsdelikten, Raufexzessen u. dgl. viel die Bahn bezeichnet werden, da erst sie alle zu schaffen. So wurde auch, wie bereits an anderen größeren und kleineren technischen anderer Stelle berichtet, Untered von einem Errungenschaften ins Tal brachte. Im Jahre 1870 ungarischen Arbeiter nach einem Streit mit wurde unter der Oberleitung des geadelten dem Bauern angezündet, der den Brand vom Baron Schwarz der Bahnbau Salzburg-Wörgl Waldesrand in aller Ruhe beobachtete. Die begonnen, welche Strecke nach dem Namen schwierige Trassenführung machte natürlich der kaiserlichen Prinzessin Gisela „Giselabahn“ eine längere Baudauer notwendig. Man befass- benannt wurde. te sich auch mit dem Plan, die Bahn längs der Schattseite zu bauen. Am 30.07.1875 war die Der Bahnbau brachte natürlich ein ungewohn- feierliche Probefahrt, womit die Bahn eröffnet tes Bild in das Tal. Ein vielsprachiges Arbeiter- und dem Verkehr übergeben wurde. Der ein- heer machte den Bewohnern und noch mehr zige Anhaltepunkt, die Station Leogang, wurde dem aufgestellten Gendarmerieposten in ungefähr in die Mitte des Tales gesetzt.

Hauptbahnhof von Leogang 1920 Quelle: Gertraud Weißbacher LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 180

Die Einheimischen zeigten lange Zeit wenig gung des Gemeindegebietes, so konnte dies nun Interesse für den Bahndienst, was wohl noch in mit der Hälfte an Energie und Zeit geschehen. der Verwurzelung mit der Väterscholle, im fremd- Aber auch die Haltestellen sind dadurch erst ländischen Arbeiterpersonal und in der Bezah- möglich geworden, die der Bahnverwaltung al- lung zu suchen sein wird. Das Oberbaupersonal lerdings abgerungen werden mussten. Als erste bestand viele Jahre größtenteils aus Krainern wurde die Haltestelle Leogang-Steinberge (Kranern) und Trientinern, von denen sich einzel- ne ständig niedergelassen haben (Kafka de Mas). 1928 eröffnet. Die Haltestelle Berg-Grießen Wer zum Fahrdienst wollte, musste zuerst eine verdankt ihre im Jahre 1933 erfolgte Errichtung gewisse Zeit beim Oberbau arbeiten, die Gele- dem 1949 verstorbenen Pfarrer Ernst Peter genheit der Vorbereitung gab. Erst zu Anfang des Gaßner. Damit hätten die Schulkinder von Grie- jetzigen Jahrhunderts ist die Scheu und Abnei- ßen wohl eine Zusteige- aber keine Aussteige- gung zum Bahndienst gewichen, sodass Leogang möglichkeit gehabt. Um ein Übersehen gleich heute eine ganz ansehnliche Zahl an einheimi- hier nachzuholen, wurde dieser Mangel durch schen Bundesbahnangestellten zählt. Eröffnung einer Expositurschule beim Tödling- wirt behoben. Bei der Eröffnung am 08.12.1931 Strategische Belange und der stetig zunehmen- waren mit den anrainenden Häusern von Berg de Fremden- und Transitverkehr machten den 16 Kinder. Die Interessenten hatten für die not- Bau eines zweiten Gleises notwendig, mit dem wendigen Adaptierungen und für die Schulein- 1912 begonnen wurde. Am 19.05.1913 begann richtung selbst aufzukommen, wofür sie rund S der Bau auf der Strecke Leogang-Hochfilzen, 2.000,– ausgaben. Da sich aber die Schulbehör- nachdem am 1. Mai die Betriebsausweiche „Hüt- de mit dem Schullokal als Dauerzustand nicht ten“ dem Verkehr bereits übergeben wurde. Im einverstanden erklärte, wurde durch ein anderes Zuge dieses Baues wurde 1914 das neue Sta- beim Martlbauern entsprochen, so zwar, dass tionsgebäude errichtet und das alte zu einem die bisherige Beschränkung auf das Winterhalb- Personalhaus umgebaut. Im Jahre 1927 wurde jahr aufgehoben und ganzjährig geführt wurde. die Elektrifizierung der Giselabahn beendigt, die Mit 30.04.1939 wurde sie zunächst wieder auf sich ganz besonders bei uns vorteilhaft aus- das Sommerhalbjahr eingestellt, jedoch nicht wirkte. Brauchte vorher ein Güterzug mit vier mehr eröffnet. Im Jahre 1940 ist es dem Oberleh- Dampflokomotiven eine Stunde zur Zurückle- rer Steidl im Wege des Schulamtes beim Landes-

Haltestelle und Wächterhaus Hütten 1912 Quelle: Walter Bayer Seite 181 LUDWIG PÜRSTL rate in Zell am See gelungen, dass vorerst nur dem ihr deren Vorläuferinnen den Weg geebnet im Winter die beiden Schülerzüge beim WH 114 hatten. Wenn sich auch nachstehende Aus- anhielten. Nach einer neuerlichen Eingabe vom führungen nicht direkt auf Leogang beziehen, 16.02.1942 hielten diese Züge auch im Sommer so dürfte der eine oder andere Leser doch ein bedarfsmäßig an. Diese ersten Schritte führten Interesse dafür haben. nach dem Krieg zu weiteren Anhaltungen, so- dass 1948 drei bzw. vier Züge nach beiden Rich- Nach einem früheren Gewährsmann kam in tungen, aber auch nur im Bedarfsfalle anhielten. Saalbach die Dreschmaschine 1875 auf. Wie Vom Oktober 1948 bis Mai 1950 stand die Schul- ein alter Mann sagte, war sie vollständig aus leitung Hütten in ununterbrochenem schriftli- Holz und an die drei Meter hoch. Lürzer weiß chen Verkehr mit der Bahnverwaltung, NR Josef dann zu berichten, dass im Schloss Lichten- Voithofer und mit dem Landeshauptmanne, um berg bereits 1802 eine Maschine zum Getrei- eine fixe Haltestelle zu bekommen, welcher dann dedreschen stand, die mit Wasser angetrieben auch mit der kommissionellen Verhandlung vom wurde. Auch von einem holzsparenden Koch- 05.06.1950 vom Erfolg gekrönt war. Mit 01.01.1951 herd schreibt er nebenbei. Vierthaler schreibt wurde dann auch ein eigener Fahrpreistarif im 2. Teil seiner 3. Wanderung: gültig, sodass der Fahrpreis nicht mehr von Leo- „Wir besahen in St. Georgen die beweg- gang bzw. Berg-Grießen zu bezahlen war. Zu den liche Dreschtenne des Walcherbauern, das notwendigen Herstellungskosten der Haltestelle künstliche Werk seiner geschickten Söhne. leistete die Gemeinde Leogang einen einmaligen Es war eine Scheibentenne, welche zugleich Beitrag von S 4.000,–. Da der hölzerne Dienst- eine Worfelmühle, wodurch die ausgedro- raum in Berg-Grießen erneuerungsbedürftig schenen Körner von der Spreu gereinigt wurde, errichtete man 1951 an das Personalhaus werden, und eine hölzerne Wanduhr in Be- einen Zubau, in welchem Dienstraum, Warte- wegung setzte. Diese letztere gibt dem dabei raum und Klosetts untergebracht sind. Somit stehenden Mann die Zeit an, in welcher das hat die Gemeinde Leogang die Rarität, innerhalb ausgedroschene Getreide umgewandt und ihrer Gemarkung vier Anhaltepunkte zu haben. gewechselt werden muß. – Bei dem Bauern Mit der Bahn kam auch die erste maschinelle Joseph Keil am Stadlergut zu Dorf hatten wir Helferin der Landwirtschaft, die fabriksmäßig kurz vorher eine nicht minder einfache und hergestellte Dreschmaschine, ins Tal, nach- nützliche Wagentenne gesehen.“

Dreschmaschine vom Traktor betrieben beim Großtödling-Bauer Quelle: Leonhard Höck LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 182

Nach dieser Ablenkung wieder zurückkommend, Der schon genannte Sparherd konnte sich aber ist dazu zu sagen, dass die ersten Dreschmaschi- um die Jahrhundertwende richtig durchsetzen. nen hierzulande fast durchwegs auf Handbetrieb Die Milchzentrifuge, zwar eine Erfindung des 19. eingestellt waren. Da an beiden Antriebskurbeln Jahrhunderts, ist erst Anfang des 20. Jahrhun- je drei Mann treiben mussten, wurden gegen- derts Gemeingut unserer Talbauern geworden. seitig Knechte herangezogen. Die anstrengende Auch der Vollgatter löste von den Achtzigerjah- Bewegung wurde mit einer besseren Kost aus- ren an den Einblattgatter der Lohnschnittsäge geglichen, wobei der Eierschmarren öfter auf ab! Ist doch erst durch die Bahn unser Holzreich- den Tisch kam. Dort und da, beispielsweise zu tum zu seinem Wert gekommen. Dass sich auch Ed, wurde die Dreschmaschine mittels Göpel die Kaffeemühle vor rund 70 Jahren das Heimat- betrieben. Die stetige Verbesserung und ihre Um- recht im Tal erworben hat, sei nebenbei bemerkt. stellung auf Eisenkonstruktionen verschaffte ihr Wir Alten wissen noch, wie sich unsere Väter die immer mehr Eingang in die Bauernhöfe. Pfeife mit dem stinkenden Schwefelhölzchen Älter als die erste Dreschmaschine dürfte die anzündeten, indem sie deren zwei an der Hose Gsottmaschine sein, die in ihrer ersten Gestalt strichen. Das Motorrad konnte sich trotz der noch kein Schwungrad, sondern ein Hebelmes- argen Verlästerung durch die Landbevölkerung ser hatte. Die am Schwungrad mit Messern ver- doch noch vor dem Auto durchsetzen. Um 1930 sehene Häckselmaschine verschaffte sich erst hat sich auch das Radio irgendwo eingenistet. um die Jahrhundertwende allgemein Eingang, Im Vergleich zu anderen Pinzgauer Gemeinden musste jedoch mit der Dreschmaschine noch wurde hier die Elektrizität spät in den Dienst ein Vierteljahrhundert auf jene geheimnisvolle gestellt, denn erst 1924 wurde das E-Werk in der Kraft warten, die sie in Bewegung setzte. Alpachau auf genossenschaftlicher Grundlage Vor gut 60 Jahren kam der Mann der Postexpe- erbaut, nach 20 Jahren von der SAFE übernom- dientin Poschacher auf einem Hochrad ange- men, um 1944 das Vordertal, 1948 das Hintertal fahren, was nicht wenig Gaudium und Aufsehen bis zum Christernhäusl angeschlossen. Der erregt haben mag. Zu Ende der Neunziger Jahre Maurer- und Kuglerbauer haben seit längerer brachte der Kaufmann Hutter ein Niederrad Zeit eigene Kraftwerke, an welche auch Nach- (Normalrad) ins Tal, welches noch einige Zeit kei- barobjekte angeschlossen sind. nen Freilauf hatte. Ging es über einen Bühel, so setzte der Fahrer beide Füße auf die Sporen, die Den Göpel löste zur Zeit des 1. Weltkrieges zu- an der Gabel des Vorderrades angebracht waren. nächst der Benzinmotor, diesen erst nach dem 2. Hutters Beispiel machte Schule, sodass dieses Weltkrieg der Elektromotor ab, wofür das Elektro- neuzeitliche Volksverkehrsmittel das Tal sturm- geschäft Ing. Karl Seilinger, Hüttkrämer, nächste haft eroberte, das allerdings noch einige Zeit nur Gelegenheit bot. Die Wende- oder Umkehrma- den Männern vorbehalten war. Schade, dass uns schine könnte bereits ihren fünfzigjährigen Ein- die erste Radfahrerin des Tales nicht bekannt ist! stehtag begehen, die Mähmaschine mit Pferde- Das Jahr 1904 ließ unser Tal den ersten Teufels- antrieb dagegen etwa ihren zwanzigjährigen. wagen, das Automobil, schauen, das von Saal- Im 2. Weltkrieg hat sich der Handmäher mit felden kommend den alten Weg über Berg auch Benzinmotor populär gemacht. Völlig gleichzei- wirklich nehmen konnte. Bis sich das taleigene tig machten sich auch die Bauern und industri- Auto Eingang verschaffte (Dr. Talmann, Hartl), ellen Betriebe den Traktor dienstbar; verbesserte sind wohl an die 30 Jahre vergangen. Indessen Anbau- und Erntegeräte traten vielseitig auf. hat die Nähmaschine von allen, die Dreschma- Der Wendepflug schaut ebenfalls auf eine nahe- schinen ausgenommen, das Rennen gewonnen. zu fünfzigjährige Verwendung zurück. Seite 183 LUDWIG PÜRSTL

Die erste Seilbahn baute 1937 der verstorbene Im Jahre 1934 wurde die Bahnhofzufahrtsstra- Betriebsinhaber des Magnesitbergbaues, und ße, 1936 die Straße von der Weißbachbrücke gleichzeitig mit dieser auch eine Starkstrom- zu Tödling durch den Freiwilligen Arbeitsdienst leitung zum Bergwerk. Die entlang der Mate- gebaut. Leogang hat seit dem Jahre 1931 eine rialseilbahn führende Werkstelefonlinie wurde öffentliche Brückenwaage, die mit Erlass des 1952 erneuert. Die beiden Rastbodenbauern Bundesministeriums für Handel und Verkehr bauten 1948, der Lehenbrandner 1949 eine kommissioniert und bewilligt wurde. Seilbahn, der 1951 die des Reiterbauern folgte. Der motorisierte Schneepflug wurde 1941 bis Die ersten Schi kamen im Jahre 1908 ins Tal, zum Bäckerwirt eingesetzt. Mit der Straßen- die der Jagdpächter, Baron Vendinger, für seine umlegung zu Brent, 1950, auch bis Hütten, ist Jäger, darunter Georg Schwabl vom Neuhäusl, er aber in den beiden folgenden Wintern um brachte. Neujahr eingestellt worden.

DAS BAD LEOGANG

Das Bad Leogang wird bereits anno 1559 ge- beträgt 8 – 9°. Das Wasser enthält außer Eisen- nannt, war aber sicher schon längere Zeit in und Kalklösungen keine mineralischen Stoffe. Es Betrieb und bekannt. Sein Ruf ging aber erst in wurde bei Rekonvaleszenz, Nervenschwäche, diesem Jahr über die Talgrenzen hinaus, da es Bleichsucht, Skrophulose (Hauttuberkulose) nämlich der damalige Fürsterzbischof Michael und Gicht mit Erfolg benutzt. Seit 1937 ist es im von Khuenberg gebrauchte. Im Jahre 1897 zählte Besitz der Familie Baron Seyffertitz. Bade- und es 50 bis 60 Badegäste. Die Quelltemperatur Gastgewerbebetrieb ruhen seit längerer Zeit.

Zusammensetzung: 15,66 % Fe 2002 29,00 % Al 203

Badhaus 1930 Quelle: Bergbaumuseum LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 184

SCHICKSALS- UND KATASTROPHENJAHRE

Darüber wird von Leogang selbst allerdings wenig berichtet und doch wieder genug, wovon Wasserkatastrophen einen bedeutenden Raum einnehmen. Wir müssen daher in den Pinzgauer Zeitspiegel sehen, um darin aus dem schmerz- haft verzogenen Gesicht auch die Geschicke der engeren Heimat lesen zu können.

Wenn der Pinzgauer Heimatforscher Dürlinger in seinem Buche „Der Pinzgau“ von Erdbeben, Heuschreckenplagen, Pest u. dgl. berichtet, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen , dass auch Leogang mehr oder weniger davon betroffen war. Hören wir, was er darüber in zeitlicher Glockenablieferung 1941 Quelle: Thomas Stöckl Folge zu berichten weiß:

784 im März große Kälten, dann schwere 1474 Abermals Heuschreckenplage prenhaiße Tröpflein vom Himmel 1489 Außerordentliche Naturereignisse: Hagel- 801 Großes Erdpidem in den nordischen wetter, Pest, Heuschrecken, Teuerung Bergen 1495 Großes Erdbeben im Gebirge 856 Erdbiden und Pestillen 1501 Große Überschwemmung 907 Feurige Fackeln und durcheinander- 1515/1526 Bauernkriege, die auch Leogang als laufende Sterne am Himmel Knappengemeinde zu spüren bekam 991 fliegende Würmlein, so hoch über den 1553, 1554 und 1591 abermals Pest Boden, dass man sie fast mit der Hand 1591 dazu große Überschwemmung erreichte, 2 bis 3 Meilen ausgebreitet, 1606 Ein Komet mit langem Besen; nachher dass die Sonn wohl nit leuchten mocht, der große Krieg im Peheimerland (30 jäh- darauf Pestillenz riger Krieg in Böhmen) / Befestigung 1117 das Erdreich bewegt und so erbidmet, des Grießenpasses dergleichen nie ein Mensch gehört 1625 Ausgebreitete Pest „In den pinzgaueri- 1145 Hungersnot schen Krichten (Gerichten) Fendl (Fähn- 1195 Heuschrecken und Seuche lein = Truppeneinheit) zu 300 Mann 1270 Heißen und Hungersnot aufgestellt und durch 1 Leidtnant, 1 Feld- 1320 Heftige Pest webel und 2 Korporale abkriecht.“ 1340 Verheerende Heuschreckenplage 1636 Besondern im Pinzgau Pest 1349 Heftige Pest 1647 Große Teuerung 1393 Sehr böse Pest 1650 Wieder Pest 1400 Ein Komet mit langem Schweif 1647 Große Überschwemmung dann Teuerung und Sterben 1670 Ausgebreitetes Erdbeben 1444 Harter Winter, Dürre und Teuerung 1671 Wieder Pest 1454 Ausgebrechende Pest 1683 Türkengefahr. Schrecken und ungeheure 1465 Wieder Pest Kriegskosten blieben auch dem Salz- Seite 185 LUDWIG PÜRSTL

burger Kirchenstaat nicht erspart. Heute und französischen Armee und der Blutzoll erinnert noch dort und da das vom Erz- der eigenen Landesverteidiger zeigen den bischof Wolf Dietrich eingeführte Elfuhr- Leidensweg der damaligen Bevölkerung. läuten, dass er bereits 1589 mit der An- 1816 Missernte, der ein strenger Winter folgte. ordnung verfügt, „ … dass in allen Kirchen Die Schneemassen waren so hoch, dass täglich um die Mittagszeit eine Glocke beispielsweise die wenigen Häuser im geläutet werde und dann jedermann, wo Hintertal durch Schneetunnels verbun- er sich auch immer befinde, niederknie den waren; also mag es in Grießen und und um Waffenglück gegen die Türken Hütten nicht sauber ausgesehen haben. beten soll; wer dies nicht tue, dem mag Zu Georgi schaute im Gebirge noch kein der Gerichtsdiener den Hut nehmen.“ Zaun aus dem Schnee. Teuerung und Not 1693 Wieder Heuschreckenplage und waren die Folge. Der Viehstand erhielt 1711 wieder Pest große Lücken und der Weizenpreis stieg 1734 Marktbrand in Saalfelden und pro Metzen auf 18 fl. 1811 abermals, zu dessen Wiederaufbau wohl Demgegenüber die Ernte von 1817 über- auch die Leoganger herangezogen wor- aus gesegnet, sodass die Teuerung in den sein dürften eine missliche Wohlfeilheit umschlug, 1741 – 1748 Bayerisch-österreichischer Erb- die umso verderblicher war, als sie ein folgekrieg, der auch dem Erzstift sehr Jahrzehnt andauerte. Die Viehpreise empfindlich wurde, was sich besonders sanken, dass die Bauern die Köpfe be- in namhaften Steuern, sogar Herd- und denklich sinken ließen und manches Fenstersteuer, Umgeld u. dgl. auswirkte stattliche Anwesen verfiel. 1749 Nochmals Heuschreckenplag und große 1830 Von nun an besserte sich die Lage der Überschwemmung, besonders im Saa- Bauern, und die Viehpreise erreichten lachtale, daher wohl auch in Leogang. mit der Zeit eine früher kaum dagewese- 1797 Pinzgauer Schützen gegen die Franzosen ne Höhe. an die Landespässe gestellt; die Leogan- 1847 am 29. August und ger auf dem Hirschbühel 1852 am 29. August gingen über den Gerwald- 1800 Die Schwarzen Blattern im Gau, an denen oder Rainergraben schwere Wolkenbrü- in Leogang 40 gestorben sind che nieder, sodass ungeheure Mengen an 1804 Über Grießen und Leogang ein äußerst Gebirgsschutt, Steinen und Gehölz der heftiges Hagelwetter niedergegangen, Talsohle zugeführt wurden und furchtba- dessen Schaden mit 64.000 fl geschätzt re Verheerungen angerichtet haben. wurde, den man erst ermessen kann, Die Gesteine der Werfner-Schichten und wenn man den damaligen Wert eines die Dolomite, beide leicht zerstörbar und mittleren Bauerngutes per 2.142 fl in Schutt und Gries zerfallend, lieferten gegenüberstellt das Material, das sich vielleicht durch 1803 – 1816 Mehrmaliger Wechsel des Landes- Jahrhunderte im Graben ansammelte herrn/Befreiungskriege/ Kriegskontri- und denselben ausfüllte, bis es an den butionen, die in die Millionen gingen und beiden Augusttagen vollständig in das jedes mal gleichsam über Nacht aus den Haupttal hinausgeschwemmt wurde, Taschen der Bewohner gezogen wer- denn der Graben erscheint derzeit wie den mussten. Freiheitsbeschränkungen, ausgefegt von Schutt. Truppenaushebungen zur bayerischen LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 186

Von der Menge des Schuttes, unter den Siebzigerjahren, wovon noch lange welchem sich Felsblöcke von 2 – 3 Fuß Zeit Blatternnarbige Zeugnis ablegten. Die Durchmesser befinden, und von der zwei letzten Fälle waren 1919 beim Jodl Gewalt, mit welcher derselbe aus dem in Hütten, woran die beiden Eltern des Graben geschwemmt wurde, geben die jetzigen Besitzers starben. Umstände Zeugnis, dass die Fahrstraße, welche von Hütten nach Hochfilzen in Am 12., 13. und 14.09. Tirol am linken Ufer des Grießenbaches 1899 fiel starker Schnee und darauf Regen, (Seebaches) am Ausgange des Grabens wie dies seit vielen Jahren nicht mehr vorbeiführt, über 15 Fuß (4,8 m) hoch mit der Fall war, schreibt Dir. Feichtner in Schotter bedeckt und erhöht wurde, dass der Schulchronik. die hölzernen Stallungen des Bauern Rupert Eder, welche vollständig demoliert Das Dorf Hütten kam damit in größte Gefahr, doch und weggeschwemmt wurden, und dass erstreckten sich schließlich die Schäden nur auf das gemauerte Wohngebäude desselben die Fluren, Wege, Brücken und Waldungen. Bauern, obschon es von dem Graben 20 – 25 Klafter entfernt liegt, bis zum ersten Von Grießen und Leogang waren fast alle Stockwerk verschüttet und mit Schotter Brücken weggerissen. Zwischen den Wächter- ausgefüllt ist. häusern 115 und 166 wurde der Bahnkörper unterwaschen, sodass der um 21 Uhr fällige Leider ging bei diesen Überschwem- Personenzug entgleiste, wobei ein Bürger- mungen, da sie höchst unerwartet und schullehrer und dessen Frau ums Leben ka- plötzlich mit der größten Gewalt eintra- men. Beide wurden, zur Ehre Leogangs, unter fen, auch ein Menschenleben verloren. Es großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem war eine Magd, die beim Martlbauern im hiesigen Friedhof bestattet. Schneiden war und vom Gewitter über- rascht wurde. (Nach M. V. Lipold, Jahr- Ende April 1912 lag auf den Bergen noch außer- buch der k.k. Geolog. R.A:, 5. Jg., 1854). ordentlich viel Schnee. Am 8. Mai trat plötzlich Südwind und starker Regen ein, welcher in Die Feldzüge der Nacht zum 9. Mai, durch ein Hochgewitter 1849, 1859 und 1866 haben natürlich auch mit wolkenbruchartigem Regen verstärkt, eine Leoganger an die Waffen gerufen und von Hochwasserkatastrophe stärksten Ausmaßes ihnen Opfer an Gesundheit und Blut, aber zur Folge hatte. Kasersbach und das Graben- auch von der Heimat Materielles gefordert. häusl waren äußerst gefährdet, das Lehen- und Wie in allen Schulen werden auch die Leo- Wöhrerfeld tief eingerissen, die Verwerkungen ganger Schulkinder in der Unterrichtszeit und Brücken fortgetragen, Grund und Boden fleißig Scharpin gerupft haben, d. h. alte weitestgehend vermurt, das ganze Bild bie- Lein- und Tischtücher in Fäden zerrupft, tend, und der Weg in den Schwarzleograben da es Watte als Verbandsstoff noch nicht bis auf wenige hundert Meter vernichtet. Die gegeben hat. Kinder konnten drei Tage nicht zur Schule kom- men. Da die Bahn in und St. Johann Wenn auch die Pest nicht mehr auftrat, i. T. unterbrochen war, wurde der Personenver- so konnten die Blattern noch nicht zum kehr zwischen Saalfelden und Fieberbrunn 14 Erlöschen gebracht werden, so auch in Tage aufrechterhalten. Seite 187 LUDWIG PÜRSTL

Am 30.06.1921 ging um 17 Uhr über Grießen und kein erwünschter Ersatz für den erst aufgetre- Berg und längs des Birnhorns ein so heftiges tenen Fremdenverkehr war. Hagelwetter nieder, welches besonders den Herbstroggen und Weizen fast vollständig ver- Das Jahr 1916 brachte nicht nur Lebensmittel- nichtete. Die Schlossen fielen bis zur Hühnerei- karten, Flüchtlinge, zahlreiche Rucksackhams- größe. Niemand kann sich eines solchen Unwet- terer, sondern auch die Abnahme der Glocken. ters entsinnen. In den folgenden Jahren wurde die Kriegs- müdigkeit ständig größer. Beim Zusammen- Was Brandunglücke anbelangt, ist Leogang seit bruch kam es noch auf dem Bahnhof zwischen Menschengedenken verhältnismäßig gut ab- zurückkehrenden Kaiserjägern und den abfah- gekommen, denn von einer Brandkatastrophe renden Ungarn zu einer Schießerei, die glück- selbst wurde es nie heimgesucht. Soweit unse- licherweise ohne ärgere Folgen blieb. re alte Generation zurückdenkt, sind folgende Brände zu verzeichnen: Die folgenden 20 Jahre waren mehr oder weni- • Beim Untered ger mit politischen Spannungen ausgefüllt, die • Michlbauer in Grießen auch in Leogang ihre Wellen schlugen, und 1938 • Hinterau durch den Anschluss an das Deutsche Reich zur • Mitterbrand zweiten Katastrophe, zum noch größeren Völ- • Wenzel kermorden, dem Zweiten Weltkrieg, übergingen. • die Hartlsäge • Lehen und Zu diesem Krieg rückten 512 Männer und Ju- • 1950 Obergrund gendliche ein. Gefallen sind 101, vermisst 21. Die Anzahl der Verwundeten, der Gefangenen und Die ärgste Katastrophe unserer Zeit bildeten die der Ausgezeichneten konnte noch nicht ermit- beiden Weltkriege. Den Anlass als bekannt über- telt werden. Der andauernde Verlauf des Krieges gehend eilten mit Verlautbarung der allgemeinen brachte nicht nur Schmalhans als Küchen- und Mobilisierung am 01.08.1914 auch die Leoganger Schirrmeister obenauf, sondern gestaltete auch Reservisten, Ersatzreservisten und Landstürmer das übrige Leben für den größten Teil der Bevöl- bis zu 42 Jahren zu ihren Truppenkörpern. In der kerung immer schwieriger. Flüchtlinge aus dem ersten Mobilmachungswoche rollten Tag und Reiche suchten wie überall auch hier Schutz vor Nacht die geschmückten, beschriebenen und den Bomben. Fremdarbeiter und gegen Ende des mit Kreidezeichnungen versehene Personen- Krieges eine Unzahl von Flüchtlingen aus den und Güterwagenzüge in beiden Richtungen angrenzenden und besetzten Staaten über- durch das Tal. Wer hätte damals gedacht, dass völkerten das Tal, sodass man wohl von einer dieser enthusiastischen Begeisterung so viel Völkergemeinde sprechen konnte. Der „Kuckuck“ Leid und ein solches Ende folgen würde! ängstigte auch hier die ohnedies gepeinigten Be- Im Laufe des vierjährigen Ringens sind rund wohner. Amerikanische Flieger entledigten sich 360 Leoganger zu den Waffen gerufen worden. beim Rückflug über Grießen und Schwarzleo ihrer Davon sind 54 gefallen bzw. vermisst, eine Un- restlichen Bombenlast, doch ohne nennenswer- zahl verwundet, viele ausgezeichnet und eine ten Schaden anzurichten, deren Trichter auch kleinere Anzahl gefangen genommen worden. heute noch an diese schwere Zeit erinnern. Im In den Jahren 1916/1918 lagen vorzugsweise März 1945 wurde bei der Haltestelle Leogang- steirische und ungarische Truppen auf Retab- Steinberge ein Personenzug von zwei Tieffliegern lierung im Tal, was natürlich für die Bevölkerung angegriffen, wobei ein auf der Lok befindlicher LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 188

Beamter durch die Bordwaffen getötet und einer Wagenpark war völlig zerbombt. Die erste Woche der beiden Lokführer verletzt wurde. durfte überhaupt niemand die Gemeindegrenze überschreiten und nachher noch lange Zeit nur Die letzten Kriegswochen schienen aber für mit Ausweis. Der Bahn- und Postverkehr war für das Tal am schicksalhaftesten zu werden, da die zivile Bevölkerung mehrere Wochen gänz- zurückflutende, zum Teil noch kampfeslustige lich lahmgelegt, ja sogar das Postporto musste Truppen, mit dem aufgebotenen Volkssturm mangels Briefmarken bar entrichtet werden. vereint, den bereits anrückenden Amerikanern Was diese Zeit an die Gemeindeverwaltungen bewaffneten Widerstand leisten wollten. Beim an Arbeit und Widerwärtigkeiten herangetragen Steinhäusl wurde der Wald geschlagen und mit hat, weiß nur der Eingeweihte zu würdigen. Fast den Bäumen die Straße verlegt! Oberhalb der das ganze Lehrerpersonal wurde von der Be- Bahn wurden MG-Nester und entlang der Straße satzungsmacht außer Dienst gestellt und erst Löcher für die Panzerfaustschützen angelegt. im Laufe der nächsten fünf Jahre mit wenigen Zum Glück siegte letzten Endes die Vernunft und Ausnahmen wieder eingestellt. Hier befand sich schon rollten die US-Panzer durch das Tal. Ein auch ein Arbeitslager für ehemalige National- Teil der nachfolgenden Truppen wurde im Dorf sozialisten, die zu Holzschlägerungen u. dgl. ein- abgesetzt und bezog beim Kirchenwirt, im Gast- gesetzt wurden. Freilich muss man auch gerecht haus Madreiter und in Privathäusern Quartier, sein, denn die USA haben uns wieder auf die was im Feindesland natürlich nicht schmerz- Beine geholfen, sodass wir uns nach und nach los abging. In Grießen war die amerikanische, in wieder selbst erhalten konnten. Hochfilzen die französische Zugskontrolle, die auch nicht ohne Schikanen verlief. In der Station Kann Dürlinger nur von einem goldenen Zeit- Leogang wurden die Reisenden mit Ungeziefer- alter berichten, so hebt die jetzige ältere pulver versorgt. Die Personenzüge hatten kein Generation die Jahre von 1871 bis 1914 als die ganzes Fenster mehr und der Maschinen- und „Gute alte Zeit“.

DIE GUTE ALTE ZEIT

Sie fällt in die Regierungszeit des Friedenskai- nur erhielten die Töchter schwere Tausende sers Franz Josef I. Doch hören wir zuvor noch, Heiratsgut, sondern es wurden auch den was Dürlinger vom pinzgauerischen goldenen nachgeborenen Söhnen manchmal Anwe- Zeitalter niederschrieb: sen gekauft, von kaum geringerem Wert als „Endlich, vom Ende der lutherischen Un- das heimatliche Gut, während dem Nach- ruhen bis zum Beginn der napoleonischen folger des Vaters auf diesem nur brauch- Kriege, also etwa von 1740 bis 1790, das shalber einige Schulden diktiert wurden. entspricht der Regierungszeit Maria There- Keine frühere Periode der f. e. Regierung, sias und Josef II., folgte des salzburgischen obgleich der Krummstab unserem Gau in Erzstiftes goldenes Zeitalter, wenigstens für der Regel immer wohltuend war, lässt sich die Pinzgauer Bauern. Um ihren damaligen mit dieser vergleichen.“ Wohlstand ermessen zu können, denke man nur an die Ausstattungen weichender Zum Vergleich mit unserem Lebensstandard soll Kinder von größeren Bauernhöfen. Nicht eine Übergangsschätzung aus jener herangezo- gen werden: Seite 189 LUDWIG PÜRSTL

„Ein mittleres Bauerngut des Friedens geschaffen werden, die auch in 2.142 Gulden (fl) und 20 fl Leytkauf.“ Leogang ihren Niederschlag zeitigten: • der Bahnbau Unter dem Titel „Lebende Vahrnis“ scheinen fol- • soziale Einrichtungen gende Viehschätzungswerte auf: • das Spital Anzahl Wert (Gulden) • die Dienstbotenkrankenkasse 1 Braun, vierjährige Volln 70 fl • die Raiffeisenkasse 1 Schwarz, zweijährig deto 50 fl • die Feuerwehr 3 tragende Stuethen 90 fl • das Dorfschulhaus u.a. 3 Galte deto 75 fl 1 2jähriges Filchin 20 fl Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot waren un- 1 so alter dädliger Vohin 15 fl bekannt. Freilich stand auf dem Wunschzettel 5 jährige Rößl 75 fl des werktätigen Volkes noch manche Notwen- 51 Kühe 343 fl digkeit, was aber auf einmal ohne finanzielle Er- 1 Khue Stier 12 fl schütterung nicht möglich war, und so auch dort 8 zweijährige Khalbel a per 5 fl = 40 fl und da noch die nötige soziale Einsicht fehlte, 2 Spinner 10 fl aber der Friede hätte auch diese Mängel leichter 20 jährige Rindl a per 3 fl 30 kr. = 66 fl beseitigt als der Krieg mit seinen Folgen. 15 Spenkhälber 30 fl 19 Gaiß a per 1 fl 20 kr. = 22 fl Das Jahr 1892 brachte die Kronenwährung, die 50 Schoof a per 30 kr. = 15 fl zwar schmerzlos in das wirtschaftliche Leben 5 zwayjährige Schwein 10 fl eintrat, doch ihren Vorläufer, den geachteten 9 jährige deto 9 fl Gulden, erst nach etwa zehn Jahren richtig ab- lösen konnte. Da müsste ein Gerichtsdiener von heute im Tag 5 Schafe verdienen; de fakto etwa 2 Lämmer. Der Was Strebsamkeit und Sparsinn vor 1914 erntete, Vollständigkeit halber muss noch ergänzt wer- das entwertete die Inflation von 1918 bis 1924 den, dass die Viehschätzung nicht vom mittleren in einem nie dagewesenem Ausmaße; wie uns Bauerngut, sondern von einem Oberpinzgauer einige Zahlen zeigen sollen: Großbauern stammt. Ware Kronen 1914 1920 1921 Die Österreich von Italien und Preußen auf- 1 Paar Schuhe 15,– 1.500,– 3.000,– gezwungenen Kriege von anno 1859 und 1866 1 guter Anzug 50,– 8.000,– 12.000,– kosteten dem Staat auch nach damaligen 1 Briefporto 0,10 0,80 4,– Verhältnissen enorm viel Geld, sodass die 1 Fahrt Leogang-Saalfelden 0,60 8,– Staatsschulden im Jahre 1871 zum Staats- 1 kg Fett 260,– 450,– bankrott führten, der alles Papiergeld über 1 kg Zucker 0,24 96,– 182,– Nacht vollständig wertlos machte. Da die 1 kg Mehl frei 0,18 70,– 120,– neue Währung, der Gulden, auf eine solide 1 kg Fleisch 2,– 80,– 160,– Grundlage gestellt wurde, und mit Ausnahme 1 kg Äpfel 0,12 10,– 50,– der Okkupation von Bosnien fast ein halbes 1 l Milch 0,20 2,– 12,– Jahrhundert Friede herrschte, ist alsbald 1 ½ l Bier 0,20 7,– 20,– Wohlstand eingetreten und konnten Werke 1 Packtl Tabak 0,08 3,– 15,– LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 190

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen wir just noch, dank der USA-Hilfe, an einer solchen Katastrophe knapp vorbei, obwohl schon die Umwechslung von Schilling auf Mark1 : 3 und von Mark auf Schilling, wie die 1947 erfolgte „Abschöpfung des Geldüberhanges“ die Sparer neuerlich schröpfte.

Kirchenwirts Stall, Samerstall und Gasthaus 1965 Quelle: Leonhard Höck

DER WEHRTURM IN GRIESSEN

EB Paris Lodron ließ zur Zeit des Dreißigjäh- in der Werung im Pintzgew“, schreibt Dür- rigen Krieges auch den Pass Grießen befesti- linger, „den EB Eberhard III. anno 1424 den gen, was in einem Torbogen mit aufgebautem Brüden Hansen und Marten Ramseidern und Blockhaus und einer zum nördlichen Berg- iren 6 recht elichen Sunen mit dem Leibgeding hang ziehenden Mauer bestanden haben soll, verlieh, dass die Erzbischöfe, wenn sie nach während die südliche Passbreite durch den Pinzgau kommen, darin wohl sollten fischen See keinen Durchzug gestattete. können …“ „Die Ramseiden, deren Thurn noch anno Der Grießensee, seinerzeit die Passbreite völlig 1730 bewohnt war“, schreibt Dürlinger weiter, ausfüllend und länger, „ist vielleicht jener See „dürften von jener Miltrud stammen, die anno 888 im Saalveldgau, Ort Ramsidin, 7 königliche Huben erhielt. Das Geschlecht ist anno 1579 ausgestorben.“

Vor der Jahrhundertwende gewannen die Münchner Eiswerke im Grießensee einen Teil des Eisbedarfes der Stadt München, was sicher bis zur Herstellung des Kunsteises auch etwas abgeworfen hat, da die damalige Marktgemein- de Zell am See im Winter 1883/84 aus dem Eisverkaufe gar 22.000 fl eingenommen hatte.

Auch Hütten hatte mit der Linde ein Denkmal

Diese wurde nämlich im Jahre 1898, anläßlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums Kai- ser Franz Josef I., von seinen „Alten Dienern“ (Soldaten) gepflanzt, und in einer Flasche eine diesbezügliche Widmung mit Unterschriften (Reiter- und Vorderauvater) mitversenkt. Kaiserlinde 1992 Quelle: Bergbaumuseum Seite 191 LUDWIG PÜRSTL

ALTEHRWÜRDIGE HÄUSER

Auf einer sehr burghügelmäßigen Anhöhe in Ruodbrecht Mayers peunten, helt Leogang steht noch ein Haus „Saaleck“, wel- 2 tagwerch mad. ches vielleicht der Stammsitz der Herren von Saaleck war. Die ersten Nachrichten von ihnen Item ain Harland, Raint an Sepp Puechlers setzen sie auf das Lamprechtsschloss bei gründ und an irr der Kharilin felder, Weißbach, wo anno 1180 Geroh und Perhold helt ½ tagwerch mad. Summa von Sallekke vorkommen. (Dürlinger) tagwerchagrund sein 12.

Das Gasthaus Kirchenwirt Holtz und Pluembbsuech in der Neszlleit- hen, am Reschenprant, an der Sumeraw, in Es ist das auffälligste und auch das geschicht- der Puechleithen, und am Reichenmaisz, lich interessanteste Haus im Tal, besonders Zween im Schwärzpach und Wimpach. Von wenn man den Schleier der Vergangenheit diesem Viertl Lehen dient sy 2 Gulden, 1 vollends heben könnte. Schillng, 14 Pfennig, Schmalz 5 Pfund.

Besitzrechtlich war das Kirchenwirtsgut, ein Umb das berirte Viertl Lehen und hernach hofurbares Lehen, also der Landesherr sein folgende Stückh oder gueter hat bemelte Grundherr. Aus dem Urbar 6, fo.138 und dem Salome Kharlin von ires erstern hauswirds Urbar 7, fo.122, ist zu entnehmen, dass die Tafern Michaelen Nesslinger seligen gelassener bei St. Leonhard in der Leogang mit den anderen Khinder Gerhaben, nach Verscheinung 10 Gütern bis zum Jahre 1350 zurückreicht. Da die jar auf 4 jar Loszung, undter Caspar Pani- erste Kirche anno 1323 genannt wird, dürfte das chers Insigl, ainen Khaufbrief. effektive Alter wohl etwas höher sein. Jäger Habern von allen iren gründen, 2 mezen. Im Urbar 1167, fol. 50-52, wird der Besitz des Dem Briester in der Leogang auch 2 mezen Kirchenwirtsgutes folgend umschrieben: habern. Item vorgedachte Salome Kharlin hat „Anno 1562 hat Salome Kharlin, Wirtin in ain Diethmüll im obbenannten Müllfeld gele- der Leogang, ain gantz Viertl Lehen genant gen, ist ain ledigs stuck und dient jerlich davon der Mayrhof sambt der Tafern bey Sant 22 Pfenning. Leonhard in bemelter Leogang gelegen, dorin gehören nachvolgende stuckh. Erst- Item mehr ain ledigs stuckh so ain summe- lich 3 felder die ligen gat nebeneinander retz, genannt Reuthelehen, im Wimbach genant Schmidfeld und Hochfeld und gelegen, raint an das fraybürg, und an den Chrützfeld (Kreuzfeld), halten alle 5 tag- Wimpach, helt 4 Khüe und 1 Stiergras. Davon werch pau, sambt ainer halten und Etz dient sy jerlich 2 S 2 Pf. Mer ain ledigs stuckh genant Schönthal, halten 3 junge Khelber das Griespeundl genant, raint an Ruod- Etz und zu zwayen Heygrosse, Rainen an brechten Mayrs gründt, und an die frey, helt den Wimpasz und an Sepp Püchlersd gründ. ½ tagwerch mad, dient jerlich davon 12 Pf. Mer das Müllfeld, raint an die Landtstrasz, und an Hansen Grundtners grund, helt Item mer hat sy ein gantz Viertl Lehen, 1 ½ tagwerchpau, und 3 tag mad. Mer ain genant der Khrynnegkh, daraus ain Etz- peundten, Raint an die Landtstrasz, und an mad, so Christian Pauern Erben zu Pfäffing, LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 192

jetzo innhaben, gebrochen worden, helt 14 terleoganger Zöch“, fol. 685 des Salzburger Lan- Rindergräser, sagt gleichwol, wie auf eine desarchives, Urbar 1310, folgend beschrieben: Zeit ain Beuelch an Wilhelm Stöckhlstainer, gewesenen Urbarrichter zu Saalfelden, auf- „Ain Würthstafern bey St. Leonhart in der gegangen, des Inhalts, das Er mit gedachtem Leogang sambt ainem Mayrhof, dan das Christian Pauern dahin handlen soll, damit Hoch Craiz Mayr- und Milchfeld, item die Ers umb die bezallung wieder zum Guet her- ganz Peunten bey 23 Tagbau hltend, in- gebe, ist aber nit beschehn. gleichen ain Moswisen an die Madreiter und Pichler Guetter rainend sambt ainem In das nachberürte Viertl Lehen Khrynegkh Mosfleck im Hochfeld, mehr 2 etzen, die gehören nachvolgende stukh: Reitlehen genannt, und das Mayrhöfl auf ain Erstlich ain Anger, raint an die schwarzt Kuehgras..„ Salome Pühlerin hat als Besitz- Leogang, gegen der Strassen, und an das nachfolgerin wieder Liegenschaften veräu- Haus, helt 4 tagwerch mad. Item ain feld ßert, worüber in fol. 685 ½ nachstehender undter und ober desz Haus, raint an ge- Rechtsakt enthalten ist: „Das Mösenlehen dachte Christian Pauern Erben Gmad, oder bei St.Leonhart sambt dem Mösnerfeldt Ausbruch, und an ir Pletzhalltl helt 3 tag- und ainer Wisen, der Grund genannt, hierin- werch pau. Mer das Pletzhalltl, raint an das nen dermalen 3 Tagbau zugricht seyndt, so benent feld, und an Leonharden Rieders zu vermög Anlait (Übertragungsgebühr) anno Utenhofen, helt 2 Khüegräser. Mer ain khlai- 1638 von der hievor stehenden Würthsta- nes haltl Khelberetz genant, bey der pads- fern herdan gegeben worden. tubn gelegen. Raint an bemeltes Hausfeld, und an vorbemeltem Ausbruch helt 5 Khel- Die Zugehörigkeit eines Mayrhofes, Mayr- beretz. Item ain mad, raint an den ausbruch höfls und Mayrfeldes verleiten zur Annah- und an den Khrympach, helt 4 Tagwerch me, dass das altehrwürdige Haus auch die mad. Mer ain mad, raint an ir halten und an Funktion eines Maiers (Ortsbauernobmann) benanten Khrmpach, helt 4 tagwerch mad. getragen hatte, und schon aus diesem Grunde eine ausschlaggebende Rolle in Item ain Masz, raint auch an ir halten, und der Leoganger Kreuztracht eingenommen an die frey, gegen der Schwarzleogang, helt haben mag. 14 Rindergräsen, sambt ainem Khäser.. Zu diesem Viertllehen hat sy ire Holtz und Im Akte der ehemaligen k. k. Landesregierung Pluemsbsuech am Khrympach, dient jer- Salzburg vom 06.12.1889, Zl. 9375/I ist aus An- lich 8 Pfenning. Item mer hat sy zway ledige lass der Radizierungszuerkennung folgendes Farmau, rainen an des Niclasen Grundtners Gutachten enthalten: gründt, und an die landstrassen, halten „Das dermal im Besitze des Gabriel Kröll beede 4 tagwerch pau. Summa der tagwerch befindliche, auf dem hause Nr.3 in Leogang grunds in diesem Viertl Lehen und ledigen in Betrieb stehende Wirtsgewerbe ist im stukhen 20 ½. Dient von diesen 2 Farmauern altsalzburgischen landschaftlichen Steuer- jerlich 20 Pf. Hat ainen Khaufbrief wie vor.“ kataster des Pflegegerichtes Liechtenberg- Saalfelden, fol. 1522 als „Die Würthstafern in Anläßlich der Besitzübertragung im Jahre 1601 der Leogang samt Weinschank“ im Protokolle an Bärtlme Pünler wird die Landwirtschaft beim III bei den Realgewerben, vorgetragen. Da Kirchenwirt im alten Hofurbar Saalfelden „Hin- diese Gerechtsame auch im alten Grund- Seite 193 LUDWIG PÜRSTL

buches fol. 685 und 685 ½ durch die Be- Aber auch das Wirtschaftsgebäude weist in zeichnung „Würthstafern bei St. Lienhart in seiner hausähnlichen Bauart auf eine andere der Leogang“ ausgezeigt und der Bestand Zweckbestimmung hin, und war bis vor nicht schon seit 1606, ebenso wie die Identität zu langer Zeit mit dem Haus durch einen Gang des Objektes durch Auszug aus dem kur- zur sogenannten „Buamahöh“ verbunden. fürstlichen Gewerbekataster (pag. 333, In dieser dürfte man wohl den Freitanzplatz rub. 5 und 6) erwiesen ist, so sind die erblickt haben. Bedingungen des § 7 und des 2. Absatz der o.ö. Regierungsverordnung vom 25.11.1825, Ein solcher war der Überlieferung nach auch Zl. 25699, erfüllt und wäre daher die ra- beim Waschhaus neben der Brücke. Im Hoch- dizierte Eigenschaft dieser Gerechtsame stift Salzburg durften nämlich Tänze nur im ohne Bedenken anzuerkennen.“ Freien abgehalten werden. Da die Stallung im obersten Trakt des Gebäudes liegt und sich Auf Grund dieses Gutachtens erhielt dann im Haupttrakt neben dem Pferdestall der so- dieses Gewerbe den radizierten Charakter am genannte „Samerstall“ befindet, könnte auch 06.12.1889 von der seinerzeitigen Landesregie- hier ein Anhaltspunkt liegen, der weitere Wege rung zuerkannt. weisen würde. Unter „Samer“ versteht man Da die weltläufigen Baulichkeiten sowohl in Frächter, die mittels Tragpferden Güter am gewerblicher als auch in landwirtschaftlicher Saumpfad des Tales beförderten, der wegen Hinsicht schon vordem weit über den Be- des versumpften Talbodens etwas höher lag. darf hinausreichen mussten, so muss wohl Wie dem auch sei, war diese Verkehrsart ein- ein anderer Zweck für die Größe bestimmend mal frequent, und da das hölzerne (Gebäude) gewesen sein, speziell wenn es vom ohnehin Stockwerk weder als Heulage noch als Getrei- geringen Straßenverkehr abseitsstehend, als despeicher Verwendung finden konnte, dürften frequentes Einkehrgasthaus kaum in Frage darin die Kammern für die Samleut gelegen kommen konnte, es sei denn darunter der spä- gewesen sein. Auch scheint der rückwärtige ter erwähnte „Samverkehr“ zu verstehen. Teil des Hauses selbst jüngeren Datums zu sein und dürfte seine Entstehung wohl mit der Bei dem Umstande, dass der Pfarrhof bis zum Blütezeit des Hauses in Beziehung zu bringen Jahre 1751 als „Oberhaus“ zum Kirchenwirt sein, die möglicherweise in der Piebmpacher- gehört hatte und als Getreidespeicher diente, schen Ära gelegen war. liegt der Schluss nahe, den Speicher zur La- gerung des Zehentgetreides vor uns zu haben, Mag also der archivalische Einblick in diesen denn zum Eigenbedarf hätte sicher nur ein Teil der Hausgeschichte versagt sein, so legt Raum des Hauses genügt. doch die ganze bauliche Anlage dafür Zeugnis ab, dass das Kirchenwirtsgut eine überragende Überdies sollen der Überlieferung nach in der Stellung in der Talgeschichte eingenommen nebenan gelegen gewesenen Tenne 16 Mann hat. Zu denken gibt allerdings, dass bei einem durch längere Zeit gebengelt (handgedro- so einträglichen Betrieb, wie ihn beispielsweise schen) haben, was bei den größten Bauern in die Zehenteinhebung bot, die längste Regie- der Regel nur mit 8 Mann üblich war, sodass rungszeit eines einzigen Geschlechtes nur es sich hier tatsächlich um Zehentgarben knappe hundert Jahre angedauert hat. gehandelt haben dürfte. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 194

Als erster nachweislicher Besitzer scheint anno Frandlhof in St. Ulrich a.P. Im Jahre 1915 über- 1562 eine Salome Kharlin auf, welche von den nimmt sein Sohn Georg, der jetzige Besitzer, Gerhaben (Vormunde) der Kinder ihres ersten das väterliche Erbe. Mannes, namens Nesslinger, den Anteil dersel- ben kaufte. Dieser folgte 1601 der schon ge- Bäckerwirt nannte Bärtlme Pühler und seine Frau Barbara. Im Jahre 1606 übernimmt den Besitz Salome war bis vor rund 100 Jahren erfolgten Grundent- Pühlerin geb. Geislerin. Von dieser geht er an lastung hofurbar. Dieses Anwesen nimmt vor allem die Piebmpacher (Pirnbacher) über, die ihn, wie wegen seines sechsfachen Getriebebetriebes: schon geschrieben, knappe hundert Jahre • Gastwirtschaft behaupteten und zwar • Fleischhauerei • anno 1646 Rupprecht • Bäckerei • anno 1667 Jakob • Mühle • anno 1702 Franz • Sägewerk • anno 1747 Josef Franz durch Kauf • Schmiede und dessen Tod, eine Ausnahmestellung ein, wozu noch ein land- • anno 1754 seine Töchter. wirtschaftlicher Betrieb kommt, weshalb sich auch das Interesse zunächst auf diese lenkt. Ein Jahr darauf, anno 1755, gelangte Georg Po- schacher durch Heirat der Tochter Anna in das Das gegenwärtige Haus ist nicht aus der Pla- Urbar. Im folgten seine Nachkommen und zwar nung eines Baumeisters, sondern sukzessive • anno 1766 Sebastian, entstanden. Wo das Stammhaus, die „Diet- • am 11.06.1801 Johann und mühle“, stand, bleibt wohl ein Geheimnis der • am 24.02.1826 Georg, von dem Vergangenheit, doch dürfte man in der Annah- • das Anwesen me, den Rest desselben im östlichen Teil des • am 17.08.1830 durch Gantkauf an Hauses zu sehen, nicht fehlgehen. Matthias und Agatha Schwarzenbäck, auch „Diet“ heißt im Althochdeutsch „Volk“, und wür- Schwarzbäck, über de sonach im übertragenem Sinne als Mühle geht, von denen wie der Allgemeinheit aufzufassen sein, doch dürfte von den Poschachern die Auslegung nach dem Mittelhochdeutschen, noch Zinngeschirr nach dem diet „hiutel“ heißt und den 4. Teil ei- vorhanden ist. nes Metzens bezeichnet, zutreffender sein, da • man hierin wohl das Mautquantum und damit Aber auch diese konnten den Besitz nicht hal- die ältere Benennung für Mautmühle vor ten und mussten ihn am 22.01.1870 im Gant- uns haben dürften. wege an Johann Wohlfartstätter abtreten. Am 11.03.1878 erwirbt das Kirchenwirtsgut Das urkundliche Alter der Mühle reicht bis zum Gabriel Kröll durch Kauf. Von diesem geht es Jahre 1562 zurück, doch dürfte ihr effektives angeblich nach einem kurzen Zwischenbesitz Alter sicher höher sein, wie dies schon aus im Kaufswege an Ulrich Stöckl, Schwiegersohn dem Namen zu erkennen ist. Im Urbar 167, fol. des Gabriel Kröll, gewesenen Irrachbauern und 50 – 52, wird nämlich der Besitz der damaligen Unterwirt in Saalbach über. Die Stöckl, es wa- Kirchenwirtin Salome Kharlin u.a. folgend um- ren ihrer drei Brüder in Leogang, stammen vom schrieben: „Item vorgedachte Salome Kharlin Seite 195 LUDWIG PÜRSTL hat ain Diethmüll im obgenannten Müllfeld Säge und Schmiede – im Sinne des § 1 und gelegen, ist ain ledigs Stukh und dient jerlich des 2. Absatzes der o. ö. Regierungsverord- davon 22 Pfenning.“ nung vom 25.11.1825, Zl.25699, die radizierte Eigenschaft, der Bier- und Branntweinschank- Über das Mühlfeld steht: gerechtsame dagegen, welche im Grundbu- „Mer das Müllfeld, raint an die Landstrassen, che nicht, wohl aber im Steuerkataster und und an Hannsen Grundtners grund, helt 1 ½ Peräquitationsprotokoll eingetragen ist, und tagwerchpau und 3 Tag mad.“ mit den übrigen Realitäten von Besitzer zu Besitzer mit obrigkeitlicher Bestätigung über- Bedarfsmäßig und der bereits vorhandenen tragen worden ist, die verkäufliche Eigenschaft Wasserkraft nach, mag sich bald darauf viel- zuzuerkennen. leicht ein naher Verwandter als Schmied be- tätigt und damit den Anlass zum ersten Anbau Das Bestimmungswort „Maut“ besagt, dass bzw. zum Grundstock des Hauses gegeben der Müller einen behördlich festgesetzten Teil haben. Dagegen hat die Verwertung des Maut- des Mahlproduktes, die Maut, als Entlohnung mehlers zur Bäckerei Veranlassung gegeben, für sich in Anspruch nehmen konnte. Dagegen womit abermals ein Zubau notwendig, und war für das Schneiden des Bauernholzes eine damit dem Haus der zweite Name „Bach- Barentlohnung üblich, wovon sich die Bezeich- haus“ zugelegt wurde. Der zur Talsohle verlegte nung „Lohnschnittsäge“ ableitet, die sich wie in Verkehr führte hinwieder zum Met. Bier- und anderen Orten, auch hier als Einblattgatter bis Branntweinschank, mit dem eine neuerliche zur Jahrhundertwende behauptet, und infolge Hauserweiterung verbunden gewesen sein der Transportmöglichkeit durch die Bahn und musste. Damit wurde auch in der Folge aus dem aufgenommenen Vollgatter mit Kreissäge dem Bachhaus das Bäckerwirtshaus. Der zu einem rationellen Sägewerk entwickelt hat. westliche Teil, in dem die 1909 aufgemachte Die Geschicke des Hauses sind mit jenen des Fleischhauerei untergebracht ist, war bis vor Kirchenwirtshauses die Jahrhunderte her- nicht zu langer Zeit noch ein Schuppen. auf eng verknüpft; denn nach Salome Kharlin ist von anno 1606 bis 1644 Salome Pühlerin, Im altsalzburgischen Steuerkataster des Kirchenwirtin und des Rupprechten Piebmp- Pfleggerichtes Liechtenberg-Saalfelden ist auf achers Hausfrau, Besitzerin des Bäckerwirts- fol.1523 nachstehender Akt über diese Gewer- anwesens. Aus ihrer Regierungszeit ist auf fol. be enthalten: 787 folgender Vermerk enthalten: „Ein Mauthmühl mit 4 Gängen,1 Gerstenstampf „Ain Holzwachs nechst des Gerwaldes oder und Saag, dann eine Schmiede, Bier- und ain Edtmaiswald, so vermög hochfürstlichen Branntweinschank, auch Bäckereigerech- Hof-kammerwaldmeisterey Verleichbrief vom tigkeit in der Leogang, sovb im Protokoll bei 26.09.1611 zu der Schmiedt, Saag, Müll- und den radizierten Gewerben vorgetragen und Bäckenstatt verlichen worden.“ im Peräquitationsprotokolle sub. 2070 eine Veranlaitung vom Jahre 1730 angemerkt. Da Dieses Item enthält die Grundparzellen 678 dieses Gewerbe (mit Ausnahme des Bier- und a/a, 678 a/b und 491 der KG Pirzbichl. Branntweinschankes) auch im alten Grund- buche aufgezeigt erscheinen, findet die k. k. Nach Salomes Tod folgte ihr Witwer Rup- Landesregierung denselben – und zwar der precht, und nach diesem, anno 1657, der Sohn Mühle, dem Gerstenstampfe, der Bäckerei, der Jakob Piebmpacher. Aus dieser Zeit ist in LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 196 fol. 813 nachstehender Rechtsakt erhalten: durch Übergabe und 2.390 fl Anschlag in das „Ain Gerechti gkeit, Möth, Pier und Brannt- Urbar. Anno 1761 tritt Witt ib Barbaras Sohn wein zu verleit geben bey dem hofurbarli- und am 29.12.1819 dessen Witt ibin Anna durch chen Pachhaus in der Leogang, so vermög Erbschaft auf. Ihr folgt durch Kauf Josef Po- gnädigen Hofkammerbefelch de dato schacher vom Kirchenwirt, der am 02.09.1831 17.09.1661 verlichen worden.“ Mithin kann das Gut Pafuß kauft . Pafuß d. i. Bachfuß, war das Gastgewerbe im Jahre 1961 den drei- nach Urbar 1310, folg.707, ebenfalls ein hofur- hundertjährigen Bestand begehen. Im Jahre bares Lehen: 1705 tritt sein Sohn Franz Piebmpacher den „Ain dritt el guett genannt Päfuß im Schwarz- Besitz an, nachdem er drei Jahre vorher be- pach. 1 Item.“ reits das Kirchenwirtsgut übernommen hat- Besitzer: te. Aus dieser Zeit ist auf fol. 834 folgender anno 1669 Veit Pfeff er, Akt enthalten: „Ain Orth die Hinterpeunten anno 1713 Jakob Pfeff er genannt, nechst an den Millmuhr gelegen in dann Maria Pfeff er der Leogang, so vor Jahren von dem Wasser anno 1770 Hans Mayr verschitt et und nichts als pures Griesz ware, am 24.10.1803 sein Sohn durch Übergabe, hinnach aber zugericht und vermög Anlaitli- von dem es Josef bell de anno 1743 Nr.69 zu einem anlaitba- Poschacher erwirbt. ren Item annebeten besteht.“ Diesem folgt anno 1860 auf dem Bäckergut sein Dieses Item umfaßt die Grundparzellen 80 – Sohn Johann und dessen Eheweib Emeranti ana 84 Gb. Leogang. geb. Schwarzbäck, ebenfalls vom Kirchenwirt. Nach Johanns anno 1878 erfolgtem Tode über- Anno 1744 gelangt Johann Georg Piebmpacher nimmt die Witwe anno 1879 und nach deren durch Übergabe in den Besitz. Im Jahre 1752 Ableben, anno 1886, die 20jährige Tochter geht das Gut durch Kauf an Hans Salzmann Emeranz. Im Jahre 1888 geht der Besitz durch über. Anno 1755 kommt Barbara Arnoldin Kauf an Johann Poschacher über, der ihn 1907

Bäckerwirt vor Abriss 1991 Quelle: Bezirksarchiv Zell am See Seite 197 LUDWIG PÜRSTL im Erbschaftswegen an seinen Neffen Johann „Gut am Rain“ oder Hinterrain in der Leogang, Frick, Edbauer und Ahnherr der jetzigen näm- nach welchem von dieser von der Losungs- lich der Bäckerwirtstochter Maria Johanna gerechtigkeit von 8 Kuhgräsern 5 verstuckt Poschacher, verheiratet. wurden und daher der neue jährliche Dienst Die Fricks lassen sich in den Pfarrmatriken bis an das Kloster mit 3 fl 8 kr 2 Pfn. festgesetzt 1788 zurückverfolgen, in welchem Jahr dem wurde. Im Übrigen sind vom heutigen Hinter- Franz Frick, Haushalter beim Hüttwirt, Sebasti- raingute selbst wenig archivalische Unterlagen an Frick, nachmaliger Edbauer, geboren wird. Am vorhanden, die neben einigen unbedeutenden 15.04.1931 tritt der jetzige Besitzer Thomas Frick Veränderungen auf der Scheltau, nach Urbar das väterliche Erbe an, nachdem er sich am 1310/III, fol. 846, folgend beschrieben sind: 23.06.1923 mit Julianna Stöckl vom Kirchenwirt „Ain Inschlag nächst des Gutes Rain, das Aufeld verehelicht hatte. Seine Schwester Maria, ver- genannt“, d. s. die heutigen Grundparzellen 194, ehelichte Scheiber, übernimmt 1934 den Edhof. 195 und ein kleiner Teil der Parzelle 203 der KG Sonnberg, wie nach fol. 734: „Ain Inschlag nächst Hinterrain des Gutes Rain an der Frey“ mit denselben Par- zellennummern. Diese Grundstücke dürften besteht aus den vier ehemals selbständigen also als herrenloser Freigrund nach und nach Höfen: Hinterrain, Grießöd, auch Haus am Bach kultiviert und eingefangen worden sein. Dage- genannt, d.i. die heutige Rainerwiese, Oberhof gen kam das Stockermahdl mit kreiskommis- oder Salchenmoos und Lehen. Besitzrechtlich sarischer Bewilligung (zur Zeit der bayerischen hatte das Haupt- oder Stammgut Hinterrain Herrschaft) vom 18.02.1811 vom Gut Hinterrain folgende Grundherren: weg, wofür 54 kr. abgeschrieben wurden. • die gräfliche Herrschaft Kuenbur-Hieburg • den St. Leonhards Altar in Salzburg Das Grießödgut • das Kloster St. Zeno in Berchtesgaden • zum Teil den Herrn Weitmoser, von dem im gehörte zur Zeit der Grundherrschaften dem St. Urbar 1349, fol.171, Kuenburg-Hieburg, nach- Annenaltar im Dom zu Salzburg. Ihm war also stehender Rechtsakt enthalten ist: das Salzburger Domkapitel der Grundherr. Ob „Nota disz Guett dient der mehreren thaill heute außer der heutigen Rainerwiese noch an- Herrn Weitmoser und besteet hierher khaine dere Gründe und welche dazugehört haben, ist Fertigung. Sovil hirher dienstbar, ist nit, wie nicht feststellbar. Der Überlieferung nach wurde fürkomt, dasz Guett selber, sunder ain absun- auf den Hängen oberhalb der Bahn noch vor derlich Stückhl und halbs S. Leonhards Altar in dem Bahnbau Getreide angebaut. Bildet schon Salzburg dienstbar und der andere halbe thaill der Hofname selbst keine imponierende Visiten- dahero gehörig angeschlagen. Anno 1629.“ karte, so sind ihm die Bachkatastrophen vom 29.08.1847 und vom gleichen Tage des Jahres Nach dem gleichen Urbar hieß das Gut ur- 1852 zum Verlust der Eigenständigkeit gewor- sprünglich „Edel“ und bestand aus nur zwei den. An diesen Tagen gingen über den Hinter- Tagbauen. Wenn auch nur in diesem Urbar der rettenbachgraben schwere Wolkenbrüche erbrechtliche Charakter ausdrücklich ange- nieder, die das vielleicht in Jahrhunderten an- führt ist, so dürften auch die späteren Grund- gesammelte Geschiebe mit ungeheurer Wucht holden das Gut zu Erbrecht innegehabt haben. ins Tal schoben, die anrainenden Grießödgrün- Nach dem Urbar 520, St. Zen, fol.3, gehörte ein de vermurten, den hölzernen Stall zum Einsturz Anteil der Scheltaualpe bereits anno 1737 zum brachten und fortschwemmten, das gemauerte LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 198

Haus bis zum 1. Stock mit Schutt anfüllten und ainem Viertl genannte Salchmosz (Moos die Straße nahezu 5 m hoch mit Geröll und bis 1 mit Salchenbestand); raint an Christian fm großen Steinen verlegten. Der etwa 25 – 30 Säppenmaisters guet Lehenprant, und an m von der Südoststrecke entfernt gelegene Hof Hansens Niderseers am Rastpoden halten wurde nicht mehr Instand gesetzt, womit, da (Halt), helt ain tagwerch pau. Item darzue ain die beiden Güter zu dieser Zeit wieder zusam- Halten gleich an den benanten vierdenthayl mengehörten, zu Hinterrain eine Haus- und Salchenmosz rainend, helt 6 Khüegräser. Stallerweiterung vorgenommen werden muss- Sein Holz und pluembsuch Nökhl und in der te, die man zum Teil wohl am südlichen Anbau Schwarzleon dient jerlich davon 1 S 4 Pfn. des Hauses wahrnehmen darf. Vom Umfang der Dem Briester allenthalben ain mes habern. beiden Katastrophen kann man sich am Ter- Dem Pfleger ain mäszl habern.“ rain entlang des Bergweges heute noch einen schwachen Begriff machen. Nach der zweiten Weiters: Katastrophe war das ganze Bachbett wie aus- „Item er Prantstetter hat ain ledigs feld, ge- gefegt. (Nach Lipold) nannt Au, raint an Christian Prantstetter gründt und an sein Augustin Prantstetter Der Oberhofer oder guet am Rain, dem von Sand Zebn (St. Zeno) Salchenmoos dienstiger; helt disz feldt ain undtern ernzeit pau, dient von diesem stuckh jerlich 7 Pfn. hatte bis zum Jahre 1768 das Kloster Höglwörth Hat umb berürten virtentayl, und disz ledigs in Bayern zum Grundherrn. In diesem Jahre stuckh ainen khaufbrief von Niclasen Prants- wurde das Gut vermöge hochfürstlichem Hof- tetter, undter Caspar Panichners insigl.“ kammerbefehl vom 20.09. durch Tausch „hofur- bar“. Die Besitzerreihe geht bis zum Jahre 1646 Unter „ernzeit pau“ versteht man ein Grund- zurück, deren erster ein Hanns Madreiter und stück, welches von Mittag bis zum Untern seine Frau Wandula Pranstätterin waren. Anno (Nachmittagsmahl) geerntet werden kann, also 1675 war ein Hans Eder der jetzige Besitzer, dem von einer Achtzeit (Ahezeit = Atzzeit) zur andern. sein Sohn Ruepp folgte. Von dem ging das Gut anno 1704 an Adam Heisl und seine Frau über. Das Lehengut Nach einer Gertraud Eder, anno 1705, und einer Maria Heislin, anno 1706, folgte durch Todesfall hat seinen Namen von „leihen“, also ein Gut, das und Übergabe Kasian Häusl. Nach dem Ableben von einer Grundherrschaft einem Bauern gelie- seines Sohnes oder Bruders Christian, kamen hen wurde, wie dies übrigens bei allen Gütern, anno 1762 zunächst die Mutter und zwei Ge- ausgenommen die freieigenen, der Fall war. schwister ins Urbar. Anno 1776 tritt Hans Heusl das Erbe an. Dieser war der Stiefvater des Hin- Ob dieses mit dem im Urbar 1310/III, fol.843, terrain-Grießödbauers Georg Eder, womit das genannten „Hinterlehen“ identisch ist, steht Gut durch Übergabe und 890 fl Anschlag anno nicht fest. Darüber steht: 1779 zu Hinterrain kam. „Ein Häusl und Gärtl am Hinterlehen, so ain Im Urbar 167, fol. 65 f, ist bereits aus dem Jahre Ausbruch aus dem Unterforsthof zu Thalla- 1562 zu lesen: cken in der schwarzen Leogang (dem heutigen „Augustin Prantstetter (wohl der Vater des Tallacken), dann ain Hältl auf 2 Kühegräser, um 1600 regierenden Rainerbauers Augus- und ein Mahd untern Oberhof aldort, welche tin Pranstetter) hat ainen Vierden thayl aus beide Intme vorhin Kloster Höglwörthisch, Seite 199 LUDWIG PÜRSTL

nunmehro vermöge hochlöbl. Hofkammer- Zulehen zu Hinterrain. befehls de dato 20.09.1768 herum fol. 40 et 96 (eingetauscht) stehende 2 halbe Oelwisen Das Hauptinteresse wendet sich aber den Ge- hochfürstlich beurbart sind.“ schlechtern zu, die auf Hinterrain und Grießöd gehaust haben, wenn auch außer den Bach- Es handelt sich hier um die Grundparzellen katastrophen von Freud und Leid besonderen Nr. 79, 87, 88 a und 88 b, die aber im Grundbe- Begebenheiten nichts berichtet werden kann. sitzbogen nicht mehr aufscheinen. Nach dem Auf dem Grießödgut scheint als erster nach- Urbar 1322, fol. 56 und 57, St. Peter, vormals weisbarer Besitzer (Lehensmann) von 1528 bis Höglwörth, ist auch das Orth-Grund- oder 1534 ein Gilg (Ägidius) Oeder auf, der seinen Mahd, Mahmos genannt, samt dem dazuge- Geschlechtsnamen wohl vom Hof übernommen hörigen Haltl aus dem Forsthofgut für Lehen haben dürfte, weil er eben der Oeder war, aber ausgebrochen worden. auch kaum der erste dieses Namens.

Im Urbar 1310/III, fol. 846, wird ein Feld das Auf seinen Sohn Christian, der anno 1542 stirbt, Schwikfeld genannt, so mit Zulassung eines kommt seine mj. Tochter Katharina ins Anlait. unterm Dieser wurden zwei Gerhaben (Vormunde) be- dato 13.01.1769 gnädig ausgefertigten Hof- stellt: der Bartlmä Tötling von Grieß und Leon- kammerbefehls aus dem 4. Thail des Gutes hard Permoser von Maishofen. Diese gaben das Lehenprant auf ewiges Anbot zu verstuken Gut dem Veit Oeder auf zehn Jahre in Bestand bewilligt worden.“ (Pacht). Am Erchtag nach Martini anno 1549 verkauften die beiden Gerhaben das Anwesen Dieses Item enthält die Grundparzellen Nr.65 dem Veit Oeder auf zwölf Jahre. Nachher sollte und 66 der KG Schwarzleo und war mit 2/3 die Katharina die Losung (Wahl) haben. Wenn sie Zehent belastet. Schwiken sind bekanntlich aber nicht löst, so soll es danach ein ewiger Kauf einmähdige Berghänge. sein. Anno 1562 ist aber das Gut wieder in die Gewalt der Katharina gekommen. Im Jahre 1768 kauft das Gut Hans Kärntner, der es anno 1785 seinem Sohn Thomas Kantn, also Um 1607 ist ein Augustin Prantstetter Grieß- auch Kantner sagt, dürfte der erste Kärntner ödbauer. Da ihm sein Sohn Hans anno 1630 oder Kantner als Weber aus Kärnten hier an- auf Grießöd folgt, nachdem er das Jahr vorher sässig geworden sein. Im Jahre 1881 geht das Hinterrain durch Übergabe seiner Geschwis- Gut durch Kauf an Barthlmä und Maria Hörl ter übernommen hat, mussten die Prantstet- über. Deren Tochter Maria übernimmt es anno ter bereits auf Hinterrain gewesen sein. Am 1890. Sie heiratet 1891 Franz Hechenberger, 09.09.1636 gehen beide Güter durch Kauf an der zufolge Ehevertrag 1892 in den Mitbesitz Sebastian Straßer über. Am 28.10.1650 erwirbt gelangt, nachdem dies das Jahr vorher nicht beide Liegenschaften Georg Ertl durch Kauf. bewilligt wurde. Von diesen erwirbt es 1909 Dieser verkauft beide Anwesen am 23.09.1687 Anton Hirschbichler, der gegenwärtige Adam- an Georg und Katharina Mayrhofer, geb. Hörlin. bauer. Am 23.03.1914 brannte der angeblich Am 04.01.1718 kauft Grießöd eine Maria Pieben- ansehnliche Hof ab. Hirschbichler verkauft das bacher, wohl eine nahe Verwandte zu den Kir- Gut 1915 dem Hinterrainbauern Rupert Eder. chenwirts Piebmpachern. Dagegen übernimmt Der Hof wurde nur mehr durch ein Häusl und Hinterrain zufolge Übergabe anno 1721 der Sohn einen Kleinstall ersetzt und bildet seither ein Josef Mayrhofer. Ihm folgt am 28.03.1743 Georg LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 200

Mayrhofer. Am 12.05.1745 kauft Ursula Auf- der, eheliche Tochter des Johann Rieder schnaiterin Grießöd. Am 09.03.1756 kauft Paul und Anna, geb. Sevignani, vom Alpachhof Liechtenegger Hinterrain und am 21.02.1757 holt (23.11.1938). auch Grießöd. Das Edgut Sechs Jahre darauf, am 09.05.1763, kauft Hans Scheßwender Hinterrain und am 12.10.1763 besteht aus den ehemals selbstständigen Hö- auch Grießöd. Während Grießöd am 13.11.1769 fen Ober- und Untered. Sicherlich war das Gut durch Kauf an Georg Eder, dem Ahnherrn des ursprünglich ein Hof, der etwa im 12. Jahrhun- jetzigen Geschlechtes, übergeht, übergibt dert nach der üblichen Rodungsart kultiviert Johann Scheßwender am 13.11.1770 Hinter- und später einmal zu Gunsten eines zweiten rain an seinen Sohn Georg. Dieser verkauft am Sohnes geteilt wurde. Der Name kommt von 28.12.1773 an Andrä Eberharter, von dem es am der einschichtigen Lage, wie auch den wa- 10.11.1777 Paul Häselberger erwirbt. ckeren Besitzern ob der ungezählten Bach- katastrophen die Jahrhunderte herauf wirklich Am 29.05.1781 kauft der Grießödbauer Georg öd werden konnte. Das mag wohl auch der Eder auch Hinterrain, womit beide Höfe fortab Grund dafür gewesen sein, warum sich lange der jetzigen Dynastie gehören. Zeit keine Grundherrschaft dafür interessiert hatte, weshalb der Hof vorerst „freieigen“ war. Damit wurden 7 männliche und 4 weibliche Viele Freieigene oder Freisassen begaben sich Dienstboten ständig gehalten. Georg Eder in späterer Zeit freiwillig in den Schutz eines übergibt Hinterrain am 17.10.1797 seinem Sohn Klosters oder eine Kirche, indem sie ihren Hof Andrä und am 13.03.1799 auch Grießöd. Noch diesen abtraten und als Grundholden darauf am gleichen Tage erwirbt Andrä auch den Anteil weiterwirtschafteten. Da um 1700 das Kloster seiner Kinder auf Grießöd. Am 07.04.1830 tritt Höglwörth als Grundherrschaft aufscheint, sein Sohn Rupert I. durch Übergabe als Bauer dürfte dies auch zu Ed der Fall gewesen sein. auf, nachdem er sich am 25.03. mit Gertraud In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ist Riedlsberger, eheliche Tochter des Christian jedoch der Hof „hofurbar“. Riedlsberger, Bauer zu Reit und der Gertraud Grießnerin, verehelicht hatte. Unter diesem Aber auch das Kloster St. Peter scheint als erfolgte die Auflassung des Grießödhofes durch Grundherr auf, doch ist es noch ungeklärt, Bachkatastrophe und die Einverleibung der welches Ed darunter gemeint ist. Gegen Ende Gründe in das Hinterrain. des Feudalismus tritt noch ein Georg Weigl in Saalfelden als Grundherr auf. Sicher sind die Rupert I. folgt anno 1854 Rupert II., der am beiden Güter zeitweilig getrennt gewesen und 03.02.1869 mit Gertraud Foidl, eheliche Toch- ebenso wieder zusammengekommen. Im All- ter des Rupert Foidl, Stockingbauer, und der gemeinen wird jedoch Untered genannt. Die Gertraud, geb. Salzmann, den Bund fürs Leben Besitzer lassen sich nur bis zum Jahre 1732 schloss. Sein Sohn Rupert III. übernimmt am zurückverfolgen, da die bezüglichen Grundbü- 02.04.1903 und schließt am 02.02.1904 mit cher zufolge des freieigenen Charakters nicht Anna Dum, eheliche Tochter des Josef Dum, mehr weiterlaufen. Nach dem Urbar 1354, Paulingbauer und der Anna, geb. Maier, die Ehe. Georg Weigl, fol. 4 und Urbar 1327, fol. 259, Dieser übergibt am 20.05.1934 seinem Sohn freieigen, scheinen zu Untered 2/3 Zehent Rupert IV., der seine Bäuerin Theresia, geb. Rie- mit folgenden Besitzern auf: Seite 201 LUDWIG PÜRSTL

Anno 1732 Hanns Persterer durch Kauf am 09. 11. 1875 einen Teil des ehemals gräflich Am 06.02.1784 der Sohn Matthias durch wolkensteinischen Gutes Grubern in Grießen, Übergabe. welcher heute noch als Gruberfeld bezeich- net wird. Im Jahre 1887 übernimmt sein Sohn Am 02.09.1818 dessen Tochter Maria durch Johann den Hof, der im Jahre 1907 auch das Erbschaft. Diese heiratete am 24.04.1820 Bäckerwirtsanwesen von seinem Onkel Johann Sebastian Frick, welcher als Sohn des Hütt- Poschacher im Erbschaftswege erwirbt. Dieser wirtshaushalters Franz Frick anno 1788 gebo- übergibt den Edhof anno 1934 seiner Tochter ren ist. Damit kommt dieser in den Mitbesitz. Maria, verehelichte Scheiber, welche ihn anno Nach Mariens Tod übernehmen anno 1837 ihre 1939 ihrem seit dem Zweiten Weltkrieg ver- fünf Kinder ihren Besitzanteil. Am 04.02.1839 missten Sohn Matthias abtritt. Während des schließt Frick mit Gertraud Grießner die 2. Ehe. Bahnbaues kam es zwischen dem Edbauer, der Anno 1849 übernimmt der Sohn Sebastian damals Gemeindevorsteher war, und einem bei den Hof, der sich am 20. Februar 1854 mit der ihm wohnenden Ungarkroaten zum Streit, nach Bäckerwirtstochter Maria Johanna Poschacher welchem der Arbeiter in der Unteredhofbruggen verheiratet. In dessen Regierungszeit fällt die Feuer legte. Dadurch übersiedelte die Bauersfa- Durchführung der Grundentlastung, sodass er milie ins Oberedhaus; Untered wurde dagegen wieder der erste freie Besitzer wurde. Er erwirbt in verkleinertem Umfange wieder aufgebaut.

UNSERE HÄUSER-, ORTS- UND FLURNAMEN

ECKING an der Talecke ROSENTAL von einem früher bestandenen JODL Kurzform von Jodod Heckenrosenbestand MARXTEN vom Personennamen Marx PRIEL (PRÜL) ist eine Widmung an eine Kir- OTTING von Otto che. In Tirol heißt heute noch TÖDLING von Personennamen der Pfarrhof Widn ULLACH Ulmenbestand (Uin) SCHACHERN dürfte mit dem Waldkauz in HUDER Hut = Halt Verbindung zu bringen sein, SINNING Dürlinger leitet Seno denn schachern (handeln) wird von „slav“ ab und mundartlich mit reinem „a“ bedeutet Heu ausgesprochen ILGEN / GILGEN Ägidius, wird als UIN ausge- KRÜNECK wohl Grüneck, das vermöge sprochen und daher Kurzform seiner freieren Lage grün wird von Ulrich ABERG wo sich die Mutterschafe, im ÖRGEN Georg Pinzgau auch „Aa“ genannt, HOISEN Matthäus aufhalten, so auch Asitz MAD kleines Mahd PUCHER beim Weißbach und Pucher- AIGENWEBER war ein freieigenes Gut und häusl haben ihre Namen von dürfte erst seit dem Weber den Pochanlagen Tribuser zum Unterschied von KUGLER dürfte vom Namen eines spä- einem zweiten Weber so ge- teren Besitzers, dem Kogler, nannt worden sein angenommen haben LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 202

STOCKING weist auf einen moderbe- HIRNREIT ist wohl von Höhnreit umge- stockten Grund hin schandelt worden KRALLERN ist wohl auf die Rodungsart IN LOIBL finden wir sicher die Grund- mittels Krall zurückzuführen form unseres Ortsnamens, EMBACH wird vom Personennamen also am Loibach, der Bauern Emma abgeleitet oder von Loibacher, kurz Loibl genannt „embai“, drüben, also auf der OFENLEHEN könnte an der Stelle eines anderen Bachseite Brechelofens entanden sein ALPACH richtig Alpbach, kann vielleicht MIESBACH schrieb man früher mit der Badhausbach oder ein Minsbach überworfenes Wildbachl sein SCHRATTENEGG mag mit den Schratten Auffallend sind die vielen Höfenamen, die sich (Zwerge) in Beziehung zu von Taufnamen ableiten: bringen sein Maschtl, Adam, Stoffen, Hoisen, Heinzen, Gott- DIE RIED lagen bei einem stehenden hard, Gunzen, Christernhäusl, Wolfgang, Pauling, Gewässer, einem Erosionsrest, Lettl, Wofenhäusl, Micheln, Otting, Örgen, Wen- Ried genannt. Von dem hinteren zel, Haschtl, Anderl, Ilgen Ried ist der Weiher geblieben MADREIT sind die Güter, die aus einem Andere zeugen wieder von der Rodungsart: Mahd gerodet bzw. kultiviert Brand, Brandstatt, Lehenbrand wurden ELMAU weist auf einen Elmen- oder wie die von Reut: Reit Ulmenbestand hin Madreit, Gunzenreit MESNER dürfte von Mösner, also von einem mösigen Grund kommen

VEREINSLEBEN

Lange Jahre gehörten unsere ehemaligen nenmutter war Barbara Madreiter, „Kaiserlichen“, wie man im Pinzgau die Sol- Fahnenpatin Maria Gruber. daten nannte, dem Militär- und Veteranenver- ein Saalfelden an. Infolge steten Anwachsens Im Jahre 1946 wurde der Verein in Anlehnung der „alten Diener“ wurde im Jahre 1892 auch an die übrigen Kameradschaftsvereine in für Leogang ein eigener Militär- und Vetera- „Kriegerkameradschaft Leogang“ umbenannt. nenverein gegründet, dessen erster Obmann Da die zweite Fahne vermutlich einen auslän- Josef Graf war. Bereits ein Jahr darauf wurde dischen Trophäenliebhaber gefunden haben die Vereinsfahne geweiht. Fahnenmutter war dürfte, musste bei Ausrückungen wieder die Magdalena Madreiter. Nach dem Ersten Welt- erste hervorgeholt werden. Anlässlich der krieg (1922) wurde der Verein im Hinblick auf Sechzigjahrfeier bekam der Verein die dritte die geänderten politischen Verhältnisse auf Fahne, für die als Fahnenmutter Elisabeth Ma- „Heimkehrerverein“ umbenannt. Gleichzeitig dreiter und als Patinnen Julie Frick und Maria erhielt der Verein eine neue Fahne, da die alte Schreder fungierten. schwarzgelbe nicht mehr zeitgemäß war. Fah- Seite 203 LUDWIG PÜRSTL

Soweit die in den beiden Weltkriegen erwor- Leogang des „Kriegsopferverbandes“ erneuert. benen Kriegsauszeichnungen erhoben werden konnten, schmücken die Brust unserer Krieger: Zur Pflege des uralten Pinzgauer Wintersport- 6 Große Silberne Tapferkeitsmedaillen, zweiges, des Eisschießens, wurde im Jahre 1951 1 mit Spange der „Eisschützenverein Leogang“ gegründet. 30 Kleine Silberne Tapferkeitsmedaillen, 10 mit Spange Zur Förderung des in Norwegen eingeführten 320 Bronzerne Tapferkeitsmedaillen Schisportes wurde im Jahr 1946 der „Schiklub 1 Deutsches Kreuz in Gold Leogang“ gegründet. Wie bereits geschrieben, 12 Eiserne Kreuze I. Klasse kann dieser Sportzweig in vier Jahren sein 175 Eiserne Kreuze II. Klasse fünfzigjähriges Heimatrecht feiern. Außerdem eine beachtliche Anzahl Verwunde- ten- und Sturmabzeichen, Ostmedaillen. Der Gebirgstrachtenerhaltungs- und Schuh- plattlerverein „D’Spielberger“ schaut heuer auf Die nach dem ersten Weltkrieg geschaffene eine 25-jährige Tätigkeit zurück. Er hat sich, wie Organisation der Kriegsinvaliden, Witwen und das Bild zeigt, eine heimische Tracht zugelegt. Waisen wurde am 25.10.1946 als Ortsgruppe

SOZIALE EINRICHTUNGEN UND GESUNDHEITSPFLEGE

Die ältere Generation war noch Zeuge des als Lehrer tätig sind. Erst im letzten Viertel des sogenannten Einlegerwesens, d. h. arbeits- vorigen Jahrhunderts ließ sich der erste akade- unfähig gewordene Dienstboten wurden misch gebildete Arzt mit dem Doktorgrad in der von der Gemeindeverwaltung einem Bauern Person des Dr. Pöll nieder. Ihm folgten Dr. Haas, gegen Entgelt in Pflege gegeben oder, was Dr. Kaserer und Med. Rat Dr. Wenzel Talmann. noch schlimmer war, wöchentlich mit dem Verpflegsplatz gewechselt, wie überhaupt die Nachtrag: Wie schon geschrieben, fand die Ache Armenversorgung im Allgemeinen im Argen lag. zwischen Brent und Hinterried einen Wider- Die erste Lücke wurde dem Dienstbotenkran- stand, den sie erst in jahrtausendelanger Arbeit kenkassengesetz der Siebzigerjahre leidlich brechen konnte, wodurch die Klause entstand. geschlossen. Im Zuge dieses Gesetzes wurde Das dadurch zurückgestaute Wasser bildete die im Gemeinde-Prielgut ein Armen- und Kran- Tallacke, deren letzten Rest wir im Rieder Weiher kenhaus, Spital genannt, errichtet, zu dessen vor uns haben. Der aus der Tallacke allmählich Leitung und Betreuung die Halleiner Schwes- gewonnene Kulturboden reichte bis zum Dorf tern berufen wurden. Hütten und bildete das gleichnamige Gut, dessen Hof auf dem oberhalb befindlichen Hangboden Die gesundheitliche Betreuung hatten bis vor gelegen war. Der Hof wurde später geteilt, sodass rund 100 Jahren die „Bader“ inne, von deren es ein Ober- und Untertallacken gab. Wirksamkeit noch das Baderhäusl spricht. Nach diesen kamen die Wundärzte, das waren lehr- Aus welchem Anlasse Obertallacken, ob durch mäßig ausgebildete Ärzte. Als solche übten hier Brand oder eingetretene Baufälligkeit, zum ein Marholz und vor ihm ein Wegmayr die Praxis heutigen Standort verlegt wurde, ist ungeklärt. aus, deren Nachkommen noch dort und da Ebenso die Umbenennung des Untertallacken- LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 204 hofes auf Forsthof. Vermutlich dürfte das Stift exempl getrofft werden. St. Peter, zu dem beide Anwesen gehört haben, Gepott der Gastgeb wegen verdechtiger den Hof einem Stiftsforstorgan als Sitz zuge- leit. Andern gastgeben, wein- pier und wiesen haben. mostschenken sole mit ernst anbevolchen werden, das sie ain ledig oder verheirat Um den Raum auszufüllen seien zum Schluss person, wass immer wegen verdacht der noch einige Punkte der hochfürstlichen Land- leichtfertigkeit und fleischlichen sündt der ordnung wiedergegeben, wie sie anlässlich ordentlichen obrigkeit anmelden. des Taidings (Gerichtstag) alljährlich verlaut- Man sol auch mit vleiß aufsechen, wo bart wurden, so sich „nimand mit unwissen- muessig leit sich im gericht aufholten, mit heit schönigen kundt.“ arbeiten und kainen aufrechten erbarn „Item so gehöret unserm gnädigen herrn zu handel haben, damit sie sich neren und Salzpurch alles wilt, alles vieschweit und im spill ligen und zerren und prassen; daß verspill und sol sich kain person on recht ist argwängig, dieselben soll niemands in unterfangen und solch getir zu erjahen bei solchen val aufhalten, behausen und noch hoher straff. Bei schwerer straff sol sich beherbergen. Das spill sol alzeit verspotten nimand unterstoen bei dürren wetter beim und nit gestat werden, es macht vil bös faul wald feuer zu machen. muesiker und beschechen böse ding und Man sol kain geschlagen holtz über jor ligen zuvor vil got schelten. losen; bleibt es liegen sol es jeder wegfüren Dem erst ausgelertn, ungwandert hand- mögen, der dazue kombt und kain entgelt werkspursch sol nider ze richten nit verstat zalen. Auf den panriesen darf holtz nur so werden; in gleichen sol es auf die erst aus- geschläglt werden, daß vieh und päch kain glernt junge handtwerkspursch in vleißige schaden leiden; obacht haben.“ Est und wiftl sind mit vleiß wegzepürschen. Man sol all gemachten Weg so in Feldern „Hausierer, kraxentrager betreffen. Die sind, offen lossen und nit umbauen. unangesessnen, umbschweifenden hausirer, Wer über Morchstein hinaus paut oder kraxentrager sein wie in anno 1629 publi- mähd, die stein ruckt oder tilgt zallt jedes- cierter ordnung zu sechen ist, abgschafft, mall 65 pfung Pfennig straff.“ mit auftrag, das an mautsteten und die überreiter auf sie guete achtung geben, ire „Winkltafern und verpotne zusammen- kraxen durchsuacht und da sich was un- kuft. Craft hochfürstl. bevelch 13. martin gleichs dorin vorfindt einzogen werden. anno 1561 ist verpoten bei hocher straff, das nimand winkltafern, spillen, drinken Heiraten betreffend. Es gibt die erforung und zusammgäng halte. ursach: das dorbei reiflich zu erkennen, daß das arme dienstge- vil unzucht und leichtfertigkeit getriben, ja sinde, so entweder missig geet oder mit der im werk allerlei unrath, verfirung der unver- harten arbeitt sich selbst allein schwerlich stendigen, unschuldigen jugent, winklhei- zu ernöhren hat, alspald in ihren jungen jorn, raten, jungfrawschwechen, eepruch, rumor da sie kaum ir vogtbarkeit erraichen, sich und ander ubl eingefirt und gelegenheit ge- an anander vereelichen, kinder erwerben, ben wirt; der so sich offfentlich oder haim- geborne petler erzigeln und den undertonen blich solche winkltafern, zusammengong zu toglich auf dem hals ligen, dahero durch halten untersteen wurd, sol mit ernstlichem solche mehrung ohne allen zweifl theue- Seite 205 LUDWIG PÜRSTL

rung mochen und obzwar der hl. eestond nit Vermög der anno 1594 wie auch 1619 leichtlich zu verwöhren, sondern im gebi- ausgegangen vierordnung sol sich nimand renden respekt zu holten, so ist doch chraft untersteen ainichs vie, klein oder groß, auf anno 1629 publicierter ordnung geordnet, fürkauf zu erhandeln, bei hocher straff. won si on vorwissen der obrigkeit ein heirat Die käufer soln von ihrer obrigkeit ein schein getroffen, und der kunftig nahrung vermut- hoben, dorin die anzahl der stuk und dos lich nit vergwisst, daß si im lond nit solln die dieselb allein zum schlögl und haus- duldt werden, im widrigen es drum gstrofft notdurft, nit zum firkauf gbrauchen, werden solln. firzweisen hambt. Die khinder so nit jor als solen die eltern bei Die zuelässigen siter sollen auf den alben inen nit ligen lossen, vermög hochfürstl. be- frei sein, doch mit rechtem alter wie ge- velch anno 1618 ausgangen, ist bei hocher wondlicher prauch ist. All wag und masz straf geboten, dos ainichs khind, so noch sollen jerlich durch den amann beschaut kain jor seines olters erraicht, in der eltern und gefächt werden und was nit grecht oder andern personen pötz nit gelegt werden ist, daz sol man wegk thun. Wo ainer bei darf und die eltern bei inen ligen lassen so- nächtlicher weil ainen nachtdieb an seinen len, wegen gfor und erligung solcher waisel. schadne findt und ihn davon treiben oder fachen wollt und möchte ohn schaden nit Eespruchstraff. Da ein eeperson, mon oder tuen und wo er den dieb entlaibt, ist auch weib, sich mit einer ledigen person unehr straff ledig. Wer den andern sträfflich schilt, teilhaftig macht, sollen bede ein monat bei wo das beschicht in eil, unbedacht, aus zorn wasser und prot in der gefängknuß abpisen oder aus wein, der soll im das wider abpitten und under solchen zeit in die prechl oder fir und stet dem Richter zu strafen. die khürchen mit einer rueden und prin- nenden licht gestölt werden. Verpott des gotteslästern. Nemlich das Zallt ein bauer oder freisass den liedlon nit, in chraft dits offnen mandats mit rechten so der dientspot in ehrn gangen ist, so ist ernst meinend kainer woss würden oder er in schutz zu nehmen und zum zallen zu wesens er sei, sich hinfüro mit ainlicher verhalten und verfallt der straff in gnaden. gotslästerung als sündhaft aussprach von Kainer soll ainem under sein trupfstall noch heilig namen mit vermerken loss, wos er zu in sain haus nachlaufen, welcher aber verspüren hab. Dienstpoten haben sich den ainen under ein trupftsall nachlauft, der ist nachparn gegenüber mit beschaidenheit die handt verfallen, lauft er aber in ain haus und frmbkeit zu benemen; richten sie scha- nach, so ist sein kopf verfallen. Wer ainen den an so müssen sie dafür guet stehen, willigen unbezwungen totschlag thuet, der können sie ni, so haftet der si halt.“ hat das leben verworcht und wo er ergriffen wird, mag man in enthaupten. Wenn auch dieser Auszug mit der unmittel- Wer ein junkfraw mit notzwang umb ier ehr baren Talgeschichte nicht zusammenhängt, da bringt oder sunst ain ehrsambt frawenperson sich das Taiding ja in Saalfelden abwickelte, so notzwangt, dem soll man daz haupt abschla- gibt er doch einen Einblick in das Rechtswe- chen, und ob es ainer ledigen diern beschicht, sen und Rechtsempfinden der damaligen Zeit. ist ess ain mallefitz und habtmannsvall. LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 206

LEOGANGER ZEITTAFEL

4000 Leogang nimmt wohl auch am Leben 1559 Das Bad Leogang bereits gerne v. Chr. der jüngeren Steinzeit und der besucht, EB Michael von Khuenberg nachfolgenden vorgeschichtlichen zum Kurgebrauch hier Zeit im Saalfeldner Becken teil 1600 Schreibweise „Leogang“ bereits üblich 276 – Aus dieser Zeit stammt eine in 282 Leogang gefundene römische Münze 1617 Das von der Kirche angekaufte n. Chr. mit dem Bildnis Kaiser Probus Prielgut vom Vikar bezogen

930 Leogang als „Liuganga“ erstmals 1691 Das Berg- und Hüttwerk an urkundlich genannt Salzburger und Saalfeldener Bürger zu Erbrecht verliehen 1208 „Leugange“ als Ortsname genannt 1698 Ein ständiger Hilfspriester 1248 Eine Schwaige, genannt „Awe“ in dem Levgange 1731 Leoganger lutherischer Ketzerherd im Dekanat, Ausweisung der 1323 Nebenkirche in der Leugange und Lutherischen, katholische Schwaben Ablassverleihung übernehmen verlassene Höfe

1424 „Der See in der Werung im Pintzgew 1739 Aus diesem Grunde wird die den Ramseidern Hansen und Marten die Fronleichnamsbruderschaft und ihren sechs recht elichen Sunen eingeführt zu Leibgeding verliehen“ 1741 Eine Pfarrschule wird erwähnt 1434 EB Johann II. gibt das Bergwerk in der Leugange dem Hansen Schmelzer 1745 Letzter Kirchenbau, die Priester über- und Veiten Stockhamer in Bestand siedeln um diese Zeit ins Oberhaus

1452 Kardinal Nikolaus von Brixen verleiht 1751 Ankauf und Umbau des Oberhauses der Filialkirche Levgange Ablass zum Vikariatshaus

1482 Die erste Glocke 1752 Zwei kleinere Glocken

1506 Stiftung einer Sonn- und Feiertags- 1760 EB Sigismund III. erwirbt das messe, Ablass Berg- und Hüttwerk zurück

1509 Streitschlichtung um 1766 Die Goldenen Samstage von Kirchenbaukosten Wohltätern gestiftet

1514 Kirchweihfest festgesetzt und Ablaß 1770 EB Sigismund erbaut die Hüttkapelle

1534 Leogang bekommt einen eigenen 1800 Vierzig tödliche Blatternfälle Priester Kuratie 1802 Die Kirche von 4 Häusern umgeben, 1550 Die Kuratie wird zum Vikariat eine „ganz“ neue Orgel erhoben, 200 Häuser mit 1.300 Seelen 1804 Verheerendes Hagelwetter – 64.000 fl. Schaden Seite 207 LUDWIG PÜRSTL

1819 Im Christernhäusl eine Schule eröffnet 1875 Feierliche Eröffnung der Giselabahn, Verlegung des Gendarmeriepostens 1821 Das vierzigstündige Gebet von ins Dorf Wohltätern gestiftet 1878 Die Dorfschule ist zweiklassig 1825 Das Birnhorn erstmals bestiegen 1881 Die Hüttschule bekommt durch 1829 Die Salinenkonvention abgeschlos- Anbau eines Stockes ein neues Schul- sen, Bayerisches Forstamt zimmer, Poschacher fährt ein Hochrad

1838 Kobalt-Gesellschaft Leogang gegründet 1889 Gründung der Musikkapelle, Friedhofverlegung 1847 am 29.08.: Hochwasserkatastrophe am Hinter- und vermutlich auch am 1891 Gründung der Dorffeuerwehr, Vorderrettenbach, der gegen Brand Saugspritze statt verworfen wurde, das Gut Groß- edt oder Hof am Bach eingeschüttet 1892 Bewilligung des Leonhardimarktes, Einweihung der Passauer Hütte 1848 In Hütten ein ebenerdiges Schulhaus am 23. Juli

1852 am 29.08.: neuerliche Hochwasser- 1895 Gründung der Raiffeisenkasse katastrophe am Hinter- bzw. Vorderrettenbach 1898 Beim Hüttwirt wird anlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums 1858 Das Vikariat zur Pfarre erhoben Kaiser von Franz Josef I. eine Linde gepflanzt 1859 Das Mesnerhaus wird gemeinde- eigenes Schulhaus, große Glocke; 1899 September: Hochwasserkatastrophe, um diese Zeit erwirbt Krupp-Berndorf Zugsunglück beim Wächterhaus 116, das Berg- und Hüttenwerk das erste Fahrrad

1861 Berwerksverwalter Michael Hofer 1900 Die Dorfschule wird dreiklassig, besteigt das Birnhorn von Leogang Wendemaschine eingesetzt aus und lässt einen Steig zur Mittags- scharte anlegen, der die Grundlage 1904 Hüttschule zweiklassig, erstes zum späteren Weg bildet Auto durchgefahren

1864 Wahl und Konstitution des ersten 1907 Tägliche Postzustellung nach Hütten Gemeindeausschusses 1909 Neubau des Dorfschulhauses 1870 Beginn der Vermessung und Vorarbeiten zum Bahnbau, das 1912 Mai: Hochwasserkatastrophe, Postamt ist bereits in Betrieb Baubeginn des zweiten Gleises

1871 Erstbesteigung des Rothorns und 1913 01.05.: Betriebsausweiche „Hütten“ im Laufe des Jahrzehntes der meisten dem Verkehr übergeben übrigen Hörner 1914 Ein neues Stationsgebäude, Dorf- 1873 Verlagerung des Bahnbaues nach schule vierklassig, Gründung der Leogang, Aufstellung eines Gendar- Feuerwehr Hütten, Mobilisierung, meriepostens in Hütten (Forsthaus), Bahnbewachung Oberschulrat Hütten aufgestellt LEOGANGER HEIMATKUNDE Seite 208

1916 bis Kriegsende Etablierungstruppen 1944 Die SAFE übernimmt das Elektrizitäts- im Tal, Lebensmittelkarten, werk und schließt das vordere 3 Glocken abgenommen Tal an ihr Stromnetz an

1918 Zurückflutende Truppen passieren 1945 Das Tal vom Krieg bedroht, US-Panzer das Tal, Kaiserjäger und Ungarn ge- rücken von Hochfilzen her ein, raten am Bahnhof in ein Scharmützel US-Besatzung im Dorf, Auffanglager der sich absetzenden Wehrmachts- 1919 Gemeindevorsteher Hutter erster teile und Arbeitslager für belastete Bürgermeister, Übernahme und Nationalsozialisten; in Berg-Grießen Ausbau der Militärtelefonlinie durch amerikanische, in Hochfilzen die Bundespost, nochmals zwei französische Passkontrolle bei tödliche Blatternfälle (Jodl in Hütten) mehrjähriger Dauer

1921 Die neue große Glocke nach 1947 Erstmals Leonhardiritt, Dorfschule Guss in Salzburg geweiht fünfklassig, Diamantenes Priester- jubiläum des Pfarrers i.R., 1924 Weihe von zwei kleineren Glocken Geistl. Rat Peter Gassner, gestorben hier, Bau des E-Werks 1948 Umbau und Einweihung des alten 1927 Aufnahme des elektrischen Schulhauses zum Gemeindehaus, Bahnbetriebes Anschluss an das SAFE-Stromnetz bis zum Christernhäusl 1928 Haltestelle „Leogang-Steinberge“ dem Verkehr übergeben, die Dorffeuerwehr 1949 Glockenweihe, Sechzigjahrfeier bekommt eine Motorspritze der Musikkapelle

1931 Schulexpositur in Grießen, 1950 Haltestelle „Hütten“ errichtet, Aufstellung der Brückenwaage Straßenverlegung zu Brent, Dorfschule vorübergehend sechsklassig 1934 Bau der Bahnhofzufahrtsstraße 1951 Sechzigjahrfeier der Dorffeuerwehr 1935 Haltestelle „Berg-Grießen“ eröffnet und neue Motorspritze, Hütten 1936 Straßenbau Weißbach-Grießen, bekommt Dauerverbindung Hütten bekommt Motorspritze 1952 Das Magnesitwerk von der Magnesit- AG. Radenthein übernommen und 1937 Magnesitbergbau und Seilbahn Erweiterungsbau begonnen, neues in Betrieb genommen Gemeindehaus auf der Schmelz 1939 Schulexpositur in Grießen eingestellt 1953 Schilift Schratteneck dem Verkehr 1940 Die Schülerzüge halten beim übergeben, die Gendarmerie über- WH 114 auch im Winter an siedelt ins Gemeindehaus auf der Schmelz, Goldenes Priesterjubiläum 1941 Die Gemeindestraße Saalfelden- des Stadtpfarrers Matthias Riedlsper- Bäckerwirt vom Land übernommen ger in Wörgl, Bauernsohn zu Wenzel - wenige Wochen darauf dessen Beerdi- 1942 Die Schülerzüge halten beim gung bei Wörgl, Aufstellung einer WH 114 bei Bedarf auch im Sommer an Telefon-Sprechzelle in Hütten Seite 209 LUDWIG PÜRSTL

Quellennachweis

Ampferer: „Beiträge zur Morphologie und Tektonik in den Kalkalpen zwischen Inn und Saalach“ Hermann Cranz: „Der Leoganger Steinberg, DÖAV. Jg. 1926“ Del Negro: „Geologie Salzburgs“ Dürlinger: „Der Pinzgau“ Hermann Einseler: Die Leoganger Steinberge, DÖAV. Jg. 1907“ Fugger: „Die Bergbaue des Herzogtums Salzburg“ Gemeindeamt Leogang, Notizen Göcking: Emigrantengeschichte Dr. Karl Graßberger: Die Salzburger Wald- u. Weidebenutzungsrechte Grundbuch Saalfelden Martin Hauthaler: Urkundenbuch Dr. Martin Hell: Schriftliche Mitteilungen Dr. H. Klein: „Über Salzburger Schwaigen“ Landesarchiv Salzburg Lichtenegger: „Die Erschließungsgeschichte der Leoganger Steinberge, DÖAV. JG. 1926“ Lipold M.V.: „Der Nickelbergbau Nöckelberg im Leogangertale“ Lürzer v. Zehendal: „Die Pflegschaft Liechtenberg-Saalfelden“ Dr. Franz Martin: Salzburger Archivberichte Dr. Franz Martin: Salzburger Regenten DDr. Matthias Mayer: Schriftliche Mitteilungen und Übersetzungen Salinenkonvention 1829 Dr. Alber Steidl: „Über Bergbau in der Gemeinde Leogang“ A. v. Steinhauser: „Über Kirchen und Kirchenbau in Salzburg“ Dr. W. Schjerning: „Die Pinzgauer“ Dr. W. Schjerning: „Der Pinzgau“ Vierthaler: „Wanderungen“ Prof. sen. Karl Wagner: „Zur Geschichte der Schulverbesserung in Salzburg unter Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo“ LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 210 KANONIKUS JOSEF LAHNSTEINER Leogang AUSZUG aus der Chronik Mitterpinzgau

1962 LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 212 Seite 213 JOSEF LAHNSTEINER

Kanonikus Josef Lahnsteiner Lebenslauf

Kanonikus Josef Lahnsteiner ist 1882 als Sohn des Försters Ignaz Lahnsteiner und seiner Mutter Juliana in Bramberg geboren und starb 1971 infolge eines Verkehrsunfalles in Bramberg.

Er wurde 1909 Priester, war 1911 Pfarrer in Forstau, ab 1929 Pfarrer in Seeham, wo er 1911 den Bau der Pfarrkirche veranlasste. Auf Grund seiner Verdienste wurde er zum Päpstlichen Gemeinkämmerer ernannt.

Lahnsteiner verfasste die umfangreichen heimatkundlichen Werke „Oberpinzgau“, „Mitterpinzgau“ und „Unterpinzgau“ mit insgesamt 1780 Seiten, um nach seiner Aussage „der Heimat einen Dienst zu erweisen, die Kenntnis der Heimat zu vertiefen und dadurch die Liebe und Wertschätzung derselben zu fördern.“

Diese Werke sind sehr detailliert und tiefgreifend verfasst und bieten dadurch eine wichtige Rolle bei allen heimatkundlichen Arbeiten. Leider hat er keine Quellenangaben für seine Erhebungen gemacht, sodass eine weitere Vertiefung schwierig ist.

Trotz diese Mangels ist höchste Achtung und Anerkennung für diese umfangreiche und interessante Arbeit angebracht. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 214

LEOGANG – DIE GEMEINDE

Name: Leogang, mundartlich: Loigam, Loi ist Führer der Gemeinde wurde von den Besitzern vordeutsch, bedeutet Bach; Leogang gewählt und Gemeindevorsteher genannt. Seit Wasserlauf. 1919 hat er den Titel Bürgermeister. Größe: 9.034 ha, davon sind 600 ha Äcker Unter den Gemeindevorstehern war der Hartl- 992 ha Weiden bauer Thomas Eder in Grießen einer der rührigs- 1978 ha Almen ten. Unter ihm wurde 1907 das Prielgut ange- 4084 ha Wälder kauft und als Spital undAltersheim ausgebaut. 662 ha unproduktiver Boden in den Steinbergen. Die Gemeinde deckt sich 1909 – 1912 war Paul Leitner, Wachterwirt, mit dem Tal Leogang. Vorsteher; er führte den Schul- Grenzen: Grießen – Hochbrett – Hundshörndl – hausbau zu Ende Birnhorn – Mitterhorn – Plattenkopf 1912 – 1922 hat der Kaufmann Hippolyt Brandnerberg – Weißbachl – Leogan- Hutter in der schwierigsten Zeit ger Ache – Miesbach – Miesberg – des Krieges und der Hungersnöte, Riederberg – Weikersbachköpfl – der allgemeinen Verarmung, den Durchenkopf – Asitz – Wildenkarkopf – Vorsitz in der Gemeinde geführt Spielbergtörl – Spielberghorn – Lan- 1922 – 1925 Johann Gaßner, Millingbauer desgrenze – Pass Grießen – Willeck- 1925 – 1931 wieder Paul Leitner höhe – Jungfrau – Hochbrett (nach 1931 – 1934 Johann Madreiter, Embachbauer, Karte der Gemeinde) durch den Bau der Bahnhof- Entf.: Saalfelden 7 km straße bekannt Zell am See 20 km 1935 – 1938 Friedrich Herbst, Stockingbauer Salzburg 120 km 1938 – 1945 Simon Empl, Vorderriedbauer Höhen: Kirche 797 m 1945 – 1946 abermals Friedrich Herbst am Spielberg 2.044 m Steuerruder der Gemeinde Birnhorn 2.634 m 1946 – 1949 der Hörlbauer Josef Neumayer, Häuser: 1800: 200 der wie sein Vorgänger die 1960: 383 schwierigen Notzeiten nach dem (= 113 Bauernhäuser, 270 Privathäuser). Kriege meistern musste. Unter Seit 1944 wurden 129 Häuser ihm wurde das alte Schulhaus neu gebaut. zum Gemeindehaus adaptiert Einw.: 1800: 1380 und wurden darin die Gemeinde- 1850: 1280 kanzleien sowie die Raiffeisen- 1900: 1471 kasse untergebracht 1960: 2200 Seit 1949 ist der Webermeister Leonhard Tribuser an der Spitze der Ge- Führung der Gemeinde: Die Einwohner sind erst meinde. Da sich die Agenden seit 1850 in Gemeinden abgeteilt. Früher wurden der Gemeinde stark vermehrten, sie Kreuztrachten genannt, weil die Vikariate mit wurde in Matthias Schwaiger aus dem Kreuz die Bittgänge machten. Die Vertreter Alm ein Sekretär bestellt, den der Kreuztracht wurden Drittteiler genannt. Der 1960 Josef Herzog ablöste Seite 215 JOSEF LAHNSTEINER

Als Lichtquelle gibt es vier private Elektrower- Die Feuerwehr nahm 1891 ihren Anfang. Durch ke, aber die meisten Häuser und das ganze Dorf sie wurde eine Druckspritze angeschaft, 1928 sind bei der SAFE angeschlossen. kam die erste Motorspritze, heute hat das Dorf zwei schwere Motorspritzen und ein Mann- Eine Wasserleitung wurde 1954 gebaut. schaftsauto. Außerdem sind der Dorffeuerwehr zwei Löschzüge in Hütten und in Grießen an- Die Musikkapelle hat 1889 ihr Gründungsjahr. geschlossen. In Hütten wurde 1954 ein eigenes Lehrer Peter Höll, der 1898 Oberlehrer in Saal- Zeughaus erbaut, das eine Motorspritze erhielt. bach wurde, war ihr Gründer. Ihm folgte sein 1959 bekam die Feuerwehr einen neuen Lösch- Bruder Matthias Höll, der als feiner Musiker ver- wagen mit Motor. Brandmeister Ottingbauer schiedene Auszeichnungen erwarb. Die Kapelle Leonhard Neumaier und Zimmermeister Josef trägt wegen des Bergbaues Knappenuniform, Stöckl bekamen das Goldene Ehrenzeichen; die 1952 von der Magnesitgesellschaft, der Alfons de Mas ist seit 1960 Brandmeister. Gemeinde und Wohltätern zugleich mit neuen Instrumenten gestellt wurde. Seit 1933 ist Ober- Altersheim: 1907 wurde das Prielgut angekauft sekretär Matthias Schwaiger aus der Musikerfa- und als Spital und Altersheim zugerichtet. Seit milie Schwaiger in Alm ihr Kapellmeister. 1938 wird es von Halleiner Schulschwestern be- treut. Es kann 25 bis 30 Pfleglinge aufnehmen. Die Raiffeisenkasse wurde 1894 von Pfarrer Johann Reiter gegründet. Da die Bauern wegen Eine Brückenwaage kam 1931 zur Aufstellung. der damaligen schlechten Wirtschaftslage all- gemein sehr stark verschuldet waren und unter Die altgedienten Soldaten des Kaisers Franz der Zinsenlast schwer zu leiden hatten, war die Josef waren zuerst dem Veteranenverein Gründung eine soziale Großtat und Notwen- Saalfelden eingegliedert. 1892/93 haben sie digkeit, um den Zinsfuß herabzudrücken. Die zwecks gemeinsamer Aufmärsche und gegen- Zinssätze für den Kreditnehmer waren damals seitiger Unterstützung in Notfällen einen 4 ½ bis 6 Prozent. Dieses Institut wurde zuerst eigenen Verein in Leogang gegründet. Er nann- nur ehrenamtlich geführt und sonntags nach te sich 1921 Heimkehrerverein und seit 1946 dem Gottesdienst geöffnet, um Spareinlagen Kriegskameradschaft Leogang. Die Invaliden entgegenzunehmen und Kredite zu gewähren. vom Krieg schlossen sich 1946 im Kriegs- Der Tischlerbauer Wolfgang Deisenberger war opferverband zusammen. der erste Obmann, Volksschuldirektor Franz Steiner durch 30 Jahre ihr Zahlmeister. Seit Die Gendarmerie zog schon 1873 wegen der 1950 entwickelt sich die Raiffeisenkasse über- vielen fremden Arbeiter beim Bahnbau in Hütten all zu einer Dorfbank. Der sozial-humanitäre auf, kam aber 1876 nach Leogang. Sie hat 1960 Charakter ist großenteils verloren gegangen, sie mit dem Rev.-Insp. Josef Zoller zwei Mann. muss die Usancen der anderen Geldinstitute übernehmen. Der Zinsfuß für Kreditnehmer be- Der Markt: Obwohl Leogang nur ein Dorf ist, hat es trägt heute 7 bis 10 Prozent und ist nur durch doch 1892 das Recht zur Abhaltung eines Marktes die günstige wirtschaftliche Lage tragbar. 1960 durch die k. k. Landesregierung Salzburg bekom- wurde an der Hauptstraße ein modern einge- men. Weil am 6. November Kirchenpatrozinium, richtetes Raiffeisenkassenhaus erbaut, in dem also Kirchtag ist, wird der Markt an diesem Tage auch der Verkehrsverein ein Büro aufmachte. gehalten, obwohl er in den Kalendern nirgends verzeichnet wird. Er ist nicht schlecht besucht. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 216

DER NATUR- UND ALPENFREUND

Leogang bietet dem Naturfreund besonders worden war. Es führt aber auch von der Halte- in der Frühlingszeit eine Fülle von Genüssen. stelle Leoganger Steinberge ein schöner Weg Der Spielberg bekleidet sich mit einer derart durch den Ullachgraben und mündet in den mannigfachen Flora, wie man sie anderswo genannten Steig. Die Passauer Hütte bietet selten findet. Aus allen Poren der Erde und der einen sehr willkommenen Stützpunkt im Leo- Felsen quillt Leben, neues Leben, ein Hauch ganger Steinberg. Von der Hütte aus besucht von würzigem Duft umweht den Bergsteiger, man in schöner Kletterei das Fahnenköpfl, ein jede Dolde, die die Sonne aus dem Stängel Weg führt zum Melcherloch, auf den Hoch- hervorlockt, jedes Sternchen, das sich aus zint, 2251 m, mit sehr lohnender Fernsicht dem Blütenkelche entfaltet, atmet stärkenden und weiter westlich auf den Hauptgipfel der Odem. Das Auge wird trunken bei der Fülle der Gruppe, das Birnhorn, 2634 m hoch. Diesen leuchtenden Farben, die die Natur hier aus- Berg bestieg als erster Tourist der Theolo- breitet. Man kann am Spielberg und Steinberg gieprofessor von Salzburg Peter Thurwieser weit über 50 verschiedene Blumen und Blüten am 02.09.1831. 1834 führte Thurwieser den finden, darunter gegen das Mitterhorn hinauf Fürsterzbischof Friedrich Schwarzenberg die seltene Ehrenpreisblume Veronica bona- auf das Birnhorn. rota, das blaue Manderle, den weißen Alpen- mohn, das rote Waldvöglein, die rote Fetthenne Man kann hier unendliche Reihen von Haupt- etc. (Junk, Naturführer, S. 228). gipfeln der Alpen sehen. Die Passauer Hütte ist 1946 von Ausländern ausgeraubt und ange- Vom Birnbachloch am Birnhorn hüpfen zwei zündet worden. Die Sektion hat sie aber 1956 Bäche in anmutigen Kaskaden zwischen unter großen Opfern wieder aufgebaut. 1957 saftigem Grün über den Berg herab. Bei der wurde auf dem Gipfel des Birnhorns nach Gunzenreitalm, 963 m, zweigt der Weg zur einem Berggottesdienst bei der Passauer Hüt- Passauer Hütte ab, der über den Eckersbach- te ein Gipfelkreuz aufgestellt. 1959 wurde in riedel zur Mittagsscharte hinaufführt. Östlich Leogang eine eigene Sektion des österreichi- der Scharte erhebt sich ein wuchtiger, senk- schen Alpenvereines gegründet. Sie hat sich recht abfallender Felsturm, das markante zum Arbeitsgebiet den Kamm Dreizinthörner Fahnenköpfl, 2142 m hoch. DiePassauer – Groß Rothorn ausgewählt, da ja der übrige Hütte, 2051 m, wurde 1891/92 von der Alpen- Teil des Leoganger Steinberges von der Sek- vereinssektion Passau erbaut, nachdem von tion Passau betreut wird, die hier ihre Hütte Bad Leogang aus auf die Mittagsscharte ein besitzt. Auf dem Großen Dreizinthorn wurde Weg durch die hohe Felswand gebahnt auch ein Bergkreuz eingesetzt.

DAS WETTER

Das Tal ist gegen Nordwinde durch den Stein- bringen. Die jährliche Niederschlagsmenge berg geschützt. Durch diese Steilwand wirkt erreicht 1450 mm. die Sonnenbestrahlung im Tale intensiver. Håts Birnhorn an Huat, åft is’s Weida guat; Nur das Loch gegen Hochfilzen lässt die håts Birnhorn an Kronz, is’s Weida a Schwonz häufigen Westwinde herein, die so oft Regen (unbeständig). Seite 217 JOSEF LAHNSTEINER

GEOLOGIE

Der Leoganger Steinberg mit dem Birnhorn Der Badhausgraben, der am Badhaus und an als Oberhaupt steigt mächtig aus dem Tale der der Eisenbahnstation vorbeizieht und gegen- Loigamer Ache empor. Schon von weitem fal- über vom Gut Krall in die Ache mündet, zeigt len die parallelen Schichten auf, die den Gipfel im Bachbett überall Werfener Schiefer. An bilden und aus Dachsteinkalk bestehen. Diese einzelnen Stellen ist der Schiefer vollkommen gestuften Schichten waren einmal Meeres- zu Lehm zersetzt. schlamm, der unzählige Meerestiere, Korallen, Muscheln und Schnecken besonders Kuhtritt- Der Reitergraben mündet bei ca. 810 m in muscheln, die einer Kuhklaue ähnlich sind, die Leoganger Ache. In ihm gibt es rote Werfe- enthielt. In Hunderttausenden von Jahren hat ner Schiefer. Bei 890 m Höhe treten Aragonite sich dieser Schlamm am Meeresboden abge- im Schiefer auf. Das sind weiße, igelartige lagert und in noch größeren Zeiträumen ist er Stachelpolster, nadelartige Kristalle. Weiter zu Stein geworden. Das Interessanteste aber oben sind graugrüne und gelbe Sandsteine, ist, dass dieses Meer südlich von unseren welche reich von Brauneisenstein und Alpen sich ausbreitete und die dort gebilde- Aragonitschnüren durchzogen sind. ten Schichten in einer großen Umwälzung auf In 1040 m Höhe dichter, grüner Schiefer, unserem Erdball durch Schubwirkung über die reich an Drusen, welche Aragonit, Quarz, Zentralalpen geschoben und in der nördlichen Kalkspat und Brauneisenstein führen. Bei Zone der Alpen abgelagert wurden. Wenn man 1070 m beginnen die Drusen von Aragonit durch den Birnbachgraben zu der Passauer und Quarz auch in rotem Schiefer. Hütte aufsteigt, sieht man am Wege rote und violette Schiefer, den sogenannten Werfener Der südliche Gebirgszug des Leoganger Tales Schiefer, der die Unterlage ist, auf der die gro- ist größtenteils aus weichem Tonschiefer ße Verschiebung stattfand. Der ganze Stock aufgebaut. Aus diesem reckt sich das Spiel- des Steinberges besteht aber aus mehreren berghorn am höchsten empor, 2044 m. Es Lagen von Schiefer, Dolomit und Kalk. Sie fal- besteht auf der Ostseite aus Schiefer, auf der len nach Norden ab. Nordwestseite gegen Tirol hin aus Dolomitkalk.

Dachsteinkalkschichten in der Birnhorn-Südwand Quelle: Gemeindeamt LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 218

Wegen der verschiedenen Bodenarten ist hier Es war also das ganze Tal in Eis gepackt und eine mannigfaltige Vegetation anzutreffen. der Steinberg ragte aus der großen Eisfläche empor. Das Birnhorn trug selber auch eine Im Spielberggraben, der in den Grießensee dicke, weiße Kappe. mündet, sind Werfener Schiefer und in 1270 m Höhe ein Konglomerat von 18 bis 20 m Mäch- In den späteren Eiszeiten haben sich in den tigkeit zu finden, das dem buntenVerrucano- Hochkaren selber Gletscher gebildet, nur die Marmor ähnlich ist. Es besteht aus erbsen- Felsgrate und einige Spitzen ragten aus den und nussgroßen, grauen, braunen und weißen Eisflächen empor. Ein großer Gletscher floss Dolomitstücken und Quarzbrocken, hat also durch das Ebersbergkar und die Hochgrueb ein buntscheckiges Aussehen. Dieses Brec- nach Norden ab. Da haben die Großglockner- cie-Gestein kommt auch im Rotbachgraben Eisströme nicht mehr hierher gereicht. Der und im Schwarzleotal, sowie beim Burgstein- Gschnitzgletscher hat am linken Rand des palfen vor, es ist Dolomitbreccie. Ebersbergkares eine lange Moräne abgelagert. (Lichtenecker, Zeitschrift des D.Ö.A.V. 1926, 301.) Von der Tierwelt wissen die alten Leoganger, dass im Spielberg einst der Tatzelwurm haus- Auch südöstlich der Kirche von Leogang sieht te. Auch die giftige Kupferotter hält sich da man einen großen Moränenwall, der sich auf oben ganz vereinzelt auf. der Schattseite in westöstlicher Richtung da- hinzieht und jetzt mehrere Bauernlehen trägt. Einen eigenartigen Anblick muss unsere Ge- gend zur Zeit der großen Vereisung geboten Er stammt aus den letzten, kleineren Eiszei- haben, als die Gletscher des Großglockners ten, wurde aber durch Hochwasser mehrfach und des Venedigers unsere Täler und Gräben abgetragen. Innerhalb des Dorfes ist auf der ausfüllten. Wir finden am Birnhorn bis gegen Bahnseite eine ähnliche Terrasse. 1800 m hinauf Steine aus den Tauern, die die Gletscher hierher getragen haben.

Die Randmoränen sind links und rechts vom Dorf als Erhöhung aus dem Talboden zu sehen Quelle: Gemeindeamt Seite 219 JOSEF LAHNSTEINER

LÖCHER IM STEINBERG

Das Birnloch ist eine Eiskapelle. Vom Birnhorn „Gründst du mi, so schlünd i di!“ weiß die Sage. gehen zahlreiche Lawinen herab, deren Schnee Das Melcherloch ist ein großes Fenster west- in den Sommermonaten nicht vollends ab- lich vom Hochzint, durch das man einen schmilzt, sondern einen kleinen Gletscher bildet. prachtvollen Blick auf die Glocknerberge erhält. Über dem Bach, der da herausrinnt, formt sich Eigenartig ist, dass diese Felsenfenster immer ein Eistor. 1884 erbaute man hier eine Rutsch- Melcher- oder Teufelslöcher genannt werden. bahn und lieferte das Eis zur Bahn. Es wurden täglich an 300 Waggon Eis an die Münchener Der Sage nach hat der Teufel einen übermüti- und andere Eiskeller zur Bierkühlung geliefert; gen Melcher, der sich in der guten Milch badete, denn damals gab es noch keine Kühlanlagen durch diese Löcher hindurchgerissen. und wegen milder Winter gab es auf den Seen kein Eis. In der Höhle sind zuweilen eine Eissäule Vom Birnhorn-Melcherloch erzählt Sepp und ein gefrorener Wasserfall bemerkenswert. Kettenhuemer eine köstliche Episode: „Eine junge Sennerin im Steinberg wollte mit Etwas anderes ist das Birnbachloch. Zu diesem ihrem Hüterbuben einmal das Melcherloch führt ein guter Weg durch den Ullachgraben sehen. Sie stieg auf und betrat die Höhle. hinauf. Es ist eine Felshöhle, aus deren Grund Aber sie erschrak nicht wenig, als sie da einen eine starke, grüne Quelle hervorbricht. Im Innern Mann mit einem fuchsroten Bart erblickte, der des Berges ist ein tiefer See, der immer Wasser ein starkes Stichmesser aus der Lederhose abgibt und nicht ergründbar ist. Als sie Steine hi- zog. Der Bub machte mit dem Finger einen nunterwarfen, kam der dumpfe Ruf aus der Tiefe: Deuter wie beim Halsabschneiden und war

Das Eisfeld des Birnbachgletschers … Quelle: Leonhard Höck

… ist die Quelle des Birnbachs Quelle: Leonhard Höck LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 220

im Nu dahin. Auch der Sennin stand das Herz Das Vogelloch ist am Westabhang des Steinber- voll Schrecken still. Sie beruhigte sich aber, ges im Marchanthorn. Hier ist an einer schwer als der Mann ein Stück Speck auspackte, es zugänglichen Stelle der Horst- und Nistplatz zerschnitt und den falschen Bart, den er zum für vielerlei Vögel. Es ist ein großes Felsentor, Wildern gebraucht hat, vom Gesicht abnahm 20 m hoch, der Boden ist mit einer tiefen, mul- und sich als ganz fescher junger Kerl ent- migen Masse angefüllt, die aus Insektenflügeln, puppte. Er lud sie sogar zum Mitessen ein, Schneckenschalen und verschiedenen Resten begleitete sie dann zur Hütte hinab und ging von Pflanzen und Tieren besteht, eigentlichem bald darauf mit ihr zum Pfarrer. Es war aus Vogelmist. Es dürfte sich um den Waldrapp oder dem vermeintlichen Halsabschneider ein um das Schneehuhn handeln, die viele 1000 Herzbinkerl geworden.“ Jahre diesen Platz besuchten. Die Höhle ist weiter hinein auf 85 m zu verfolgen. ERDBEBEN

Im Herbst 1930 gab es in Leogang eine heftige Talmann in Rosental erhielt einen Sprung, wie Bodenerschütterung, ein Erdbeben, das nach überhaupt die ganze Bewegung in dieser Ge- den Beobachtungen ein tektonisches, ein gend am stärksten verspürt wurde. Die Quelle, Sturzbeben, gewesen sein muss. Es muss im die aus dem Birnbachloch immer rein und Innern des Leoganger Steinberges ein großer klar herausfließt, führte 14 Tage lang trübes, Deckensturz in einer Höhle erfolgt sein, der in schmutziges Wasser. Daher muss im Innern Saalfelden und sogar in Bischofshofen noch des Berges ein See sein, der durch einen Ein- wahrgenommen wurde. Das Haus des Doktors sturz stark verunreinigt wurde.

UNSER BERGBAU

Der Bergbau in Leogang hat sich in manchen lich von Leogang. Durch dieses Tal zieht der Zeiten zu größerer Bedeutung erhoben. Er be- lange Streifen Silurgestein, das aus hellem findet sich imSchwarzleograben, 9 km west- Grauwackenschiefer besteht, auf dem eine

C.T. Compton: Melcherloch, Passauerhütte und Mitterhorn um 1900 Quelle: ÖAV-Museum Innsbruck Seite 221 JOSEF LAHNSTEINER starke Schicht Dolomit (Kalk) und darüber kaum mehr zum Ausgang findet. Am rechten dunkler Schiefer aufliegt. DieErze sind nun in Ufer des Schwarzleobaches sind der Erasmus-, den Berührungszonen zwischen Dolomit und Johannes-, Barbara- und Danielstollen – alle Grauwackenschiefer zu finden. Die aus dem westlich vom Wallersbach; dann eine Anzahl Innern der Erde aufsteigenden Lösungen der kleinerer Gruben: Christophorus-, Maria-Heim- verschiedenen Erze sind nämlich in den porö- suchung- und der Herrenstollen. Sie sind heute sen Dolomit eingedrungen oder haben sich an alle verschüttet, kaum noch kenntlich, nur der dem undurchlässigen Schiefer abgesetzt. Aber Danielstollen ist noch zugänglich. auch im Schiefer finden sich Erze, wo er von Kalkteilchen durchsetzt ist und die Lösungen Hier klopften und schlugen einst viele Hämmer eindringen konnten. Hauptsächlich sind es und Schlegel, Pickel und Meißel und eroberten Kupferkies, Fahlerz, Bleiglanz und Kobalterze. in mühseliger Arbeit kostbarer Erze: Kupfer, Blei, Silber, Quecksilber, später Kobalt, von In diese Erzgänge hat man viele Stollen ge- 1860 an Nickel und Nebenprodukte. schlagen, die im Innern des Berges ein reich ver- zweigtes Labyrinth bilden, aus dem ein Fremder Das waren die ersehnten Schätze.

GESCHICHTE DES LEOGANGER BERGBAUES

Die Überlieferung des Volkes sagt: In Per- die entsprechenden Abgaben zu leisten. mannseck und Gunzenreit waren die ersten (Muchar, Gesch. d. Steierm. 7, 349.) Bergwerke. Diese dürften um 1200 in Betrieb gewesen sein. Im Feld des Gunzenreitbauern 1585 sind die bayrischen Gewerken Alexan- ist eine Mulde, in der kein Gras wächst. Das ist der Schöttl und Matthäus Röchseisen in der ein Platz, wo die Alten die Erzbrocken zerklei- Schwarzleo tätig. Sie habenin Hütten eine nert haben, ein Scheideplatz. Die Bergbaue Hufschmiede gekauft und möchten dortein im Schwarzleograben werden 1425 in alten Schmelzwerk errichten. Sie bitten den EB um Schriften das erste Mal erwähnt, wie der EB den Wald im Winkl am Winklberg und um den Eberhard III. gebeten wird, er möge gestat- Schattseitwald zu Grießen unter dem Horn. Sie ten, dass die Erze nach Schladming geführt wollen einen Teil des Holzes verkohlen. Der EB werden, wo das bedeutendste Silberbergwerk bewilligt ihnen den Wald im Winkl und andere mit Schmelzhütte bestand. 600 Stamm zum Pucher, Schmelzhütte und Kohlbarm. (L.A. Hofkam. Caprun 1587 H.) 1434 wird den Friesacher Bürgern Niclas Stockarawer und Hans Schmelzer gestattet, 1591 sind die berühmten Gewerken Carl Ro- in der Lewganc und am Hanger in Tumerspach senberger und Hans Marquart an den Bauen. alte, verlegene Paue abgabenfrei auf sechs Sie jammern zwar über den schlechten Ertrag, Jahre zu bearbeiten. (St.-Arch. Wien, aber sie haben 1593 den Herrenstollen 320 Kammerbuch 5, 319.) Klafter tief ins Gebirge hineingetrieben, -ha ben elf Lehenschaften (Erzörter) in Betrieb, 60 1434 und 1448 versprechen die Gewerken Knappen im Berg, 7125 Pfund Blei, 2400 Pfund Michael Anlag und Genossen, von den nach Kupfer und einiges Silber gewonnen und 1593 Schladming gelieferten Erzen dem EB Johann einen Reingewinn von 1317 Gulden erzielt. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 222

In Glemm geht die Sage, dass die Leoganger 1702 stehen das Verweshaus, eine neue Knappen ihre Stollen so weit gegen Saalbach Schmelzhütte und ein Röstofen in Hütten. Die- vorgetrieben haben, dass sie die Kirchen­ ser ist aber so nahe bei den anderen Gebäuden, glocken von Saalbach läuten hörten. dass infolge seiner Hitze die benachbarten Dächer des Kohlbarms etc. öfter zu brennen Das Silber war ein erstklassiges Metall. Rosen- angefangen haben. Die Gewerken bauen daher berger hat es an den Pfennigmeister Hans auf dem Grieß jenseits des Baches einen neuen Empacher in Salzburg hinausgeschickt. Dort Röstofen. Der Forsthofer Wolf Eder verlangt wurden die berühmten Salzburger Silbertaler aber, dass bei Auftreten vonRauchschäden geprägt. (L.A. Hofk. Caprun, 1591 L.) an den Feldfrüchten eine Entschädigung ge- geben werde, was die Gewerken zusagen. Der Einen bedeutenden Aufschwung haben die Hüttschmied Georg Mayrhofer begrüßt diesen Werke ab 1680 genommen. Da steigerte sich Neubau des Röstofens, weil dadurch die fort- der Ertrag auf das Fünf- bis Siebenfache. 1681 währende Feuersgefahr verschwinde. 1717 tritt beginnt der Gastwirt Jacob Pirmpacher auf der Sylvester v. Pruggheim als Gewerke in Leogang Kieprandtalm den dortigen Eisenstein abzu- auf, aber 1761 kauft der EB Sigismund Schrat- bauen. (L.A. Hofk. Lichtenberg, 1681 R.) tenbach das ganze Berg- und Hüttenwerk in Leogang von Jacob Prugger v. Pruggheim um 1691 suchen Wilhelm Kobalt, Virgil Hölzl von 16.000 Gulden und 150 Gulden Leykauf an. Salzburg, sowie die Saalfeldner Bürger Hans Lechner, Benedikt Rieder, Christian Schläffer Am Nöcklberg haben Hans Grafinger und fünf und Hans Stöckl beim EB an, in Leogang die Konsorten den Erzabbau begonnen. EB Georg Bergwerke fortsetzen und neue aufmachen zu von Kuenberg bewilligt ihnen das nötige Holz dürfen. Es wird ihnen gestattet, so lange sie ka- und befreit sie von der Fron. (L.A. Hofk. Ca- tholisch bleiben, und es wird ihnen das nötige prun, 1587 H.) Holz für Bergbau und Schmelzwerke angewie- sen. Bei Neuaufschlägen wird ihnen für drei Am Spielberg hat es schon 1504 Bergbau ge- Jahre Abgabenfreiheit (von der Fron) gewährt. geben, in der Voglerhalt ist er auch sehr alt. Sie bauen ein Verweshaus (Verwalterhaus) auf Da wurde neben Kupfer, Blei und Silber auch in Hütten. (L.A. Hofk. Lichtenberg, 1691 M.) Quecksilber, Kobalt und Nickel gewonnen. Es

Nickel-Kobalt-Schmelzofen in Sonnrain um 1900 Quelle: Michael Hofer (1834-1916) Seite 223 JOSEF LAHNSTEINER kommen da Kobaltblüte, Speiskobalt, Rotnickel- Kupfer errechnet, aber die amerikanische erz, Fahlerz, Kupferkies, Malachit und Azurit Konkurrenz zerschlug unseren Bergbau voll- vor. Das Kobalt enthält eine tiefblaue Farbe, die ends. Er hörte 1884 auf. 1915 wurde wegen zum Färben verwendet wurde. Mit dem Nickel des Metallbedarfes zum Kriege der Betrieb konnte man zuerst nichts anfangen. Erst 1820 wieder aufgenommen mit 15 Knappen. Das gelang es, das Nickelmetall hüttmännisch zu Erz wurde nach Deutschland geliefert. 1918 gewinnen und zu verwerten. Aber dann gelangte wurde er ganz eingestellt und seitdem sind der Nickelbergbau zu gutem Ruf und Ansehen, die Stollen und Baue verfallen und verwach- insbesondere als in Deutschland 1870 die Aus- sen. Das Berghaus vom Nöckelberg ist Alm- prägung der Nickelmünzen begann. hütte und jetzt abgerissen worden. Auf den Da kam die Glanzzeit des Nöckelberges. Ende Grubenhalden sind noch wenige Erzreste von 1870 trat der Großindustrielle Karl Krupp auf Kupferkies, Kobaltblüte und dgl. zu finden. und kaufte das Bergwerk Nöckelberg sowie die zwei Schmelzöfen, die Bauerngüter Sa- Gegenüber dem einst stattlichen Vogerlhaus ist legg, Neudegg, Loibl und Priel und beschaffte im Walde ein Jägerhaus am rechten Ufer. Ein dadurch das für Deutschlands Münzwesen Stück schräg aufwärts vom Jägerhaus kommt nötige Nickelmetall. Er erbaute beim Prielgut man zum Danielstollen. Vorher, linker Seite, ist einen Hochofen mit großem Schlot und einer der berühmte Erasmus, heute total verfallen. Schmelzhütte; denn das Nickelmetall war auf Aber aus diesem Stollen wurden die interes- den dreifachen Preis emporgestiegen. 1870 santesten, seltenen Mineralien in hervorra- bis 1890 kam nun das Leoganger Nickelmetall gender Schönheit gewonnen: Zölestin, Covellin, in die Hände von mehr als 60 Millionen Men- Strontianit, Aragonit und viele andere. Sie wan- schen, denn wer hätte in Deutschland nicht derten in die Museen von München, Graz, Wien, auch mit Nickelmünzen zahlen müssen? Aber Salzburg und bilden heute deren Glanzstücke durch die kaledonischen und kanadischen und Stolz. Auch den Christophorusstollen kön- Nickelproduzenten wurde der Nickelpreis wie- nen wir 1944 nicht mehr betreten; er ist nicht der niederkonkurriert und die Nickelgewin- mehr begehbar, enthält aber schöne Aragonite. nung hörte bei uns auf. Professor Fugger hatte am Nöckelberg zwar einen Metallgehalt von Der Danielstollen ist noch zugänglich. Der Mi- 500 Tonnen Nickel – Kobalt und 700 Tonnen neralienkenner Hermann Stockklausner führt

Der Schmelzofen ist links im Bild im Hintergrund zu sehen Quelle: O. Blascke, Prien am Chiemsee / Bergbaumuseum) LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 224 mich hinauf. Aber eine Wasserlacke versperrt ten, dass wir hinein können. An verschiedenen den Eingang. Wir machen mit meinem Eispickel Stellen des weitverzweigten Baues finden wir einen Graben und können so viel Wasser ablei- Erdkobalt, blauen Azurit, grünen Malachit etc.

NIEDERGANG DES BERGBAUES

Das Bergwerk in der Schwarzleo nahm nach ge Bergknappen im Stollen durch böses oder dem Ankauf durch den Landesfürsten 1761 wildes Wetter, das plötzlich einbrach,erstickt einen guten Aufschwung, es wurde ein Reiner- sind. (Sterbematrik Leogang 1804). trag von jährlich 3000 bis 4000 Gulden erzielt, aber von 1783 an geht es abwärts. Die Einbuße Das Jahr 1817 brachte im Mai riesige Wasser- betrug bis 1802 jährlich 2500 fl., später unter mengen im Schwarzleobache infolge Schmel- bayerischer Herrschaft sogar 7000 fl. Im Jahre zens der damaligen außergewöhnlichen 1795 wurde eine Inspektion in der Person des Schneemassen, wodurch vielerlei Schäden an Bergrates Kaspar Melchior Schroll eingeführt, den Kraft- und Hüttenwerken entstanden, die der manche Verbesserungen anregte. Ihm folg- den Ertrag ungünstig beeinflussten. 1825 wur- te 1812 Matthäus Mielichhofer, der den Verfall de das Werk stillgelegt, nur kleinere Erzförde- durch viele Vereinfachungen, Verbesserungen, rungen fanden später noch statt. 1933 wurde Einschränkungen aufzuhalten versuchte, aber das ganze Inventar versteigert und wurden sein Ziel auch nicht erreichte. Aus jener Zeit ist 819 fl. dafür erzielt. bekannt, dass am 31. Jänner 1804 vier ledi-

VERHÜTTUNG DER ERZE IN HÜTTEN

Das erste Schmelzwerk ist 1585 in Hütten an- dicken Brettern gezimmert waren, wurde von gelegt worden. 1800 hatte die Schmelzhütte einem Wasserrad aufgezogen und betätigt. vier Stichöfen und einen kleinen Garherd. Ein Der Wind konnte in einem kontinuierlichen großes Gebläse mit vier Windkästen, die aus Strom zu den Öfen geleitet werden, wo man

Pochgebäude im Hütten 1863 Quelle: Michael Hofer (1834-1916) Seite 225 JOSEF LAHNSTEINER ihn brauchte. Es gab also hier eine Schmelz- An den Bergbau erinnern noch die alten hütte mit Probiergaden, daran angebaut die Namen in Hütten: Hüttwirt, Hüttkrämer, -Hütt Wohnung des Verwesers, jenseits des Baches schmied, Hüttwagner, Hüttbäck oder Schmel- den Röstofen, einen Flammofen zum zerhäusl, Pucherschmied und das Forsthaus, Bleirösten, das Verwaltungshaus, heute das 1593 als Verwaltungshaus erbaut wurde. Forsthaus, das Gasthaus, die Kapelle und Auch Pucher am Berg und Pucherhäusl im vier hölzerne Häuser. Schwarzleograben deuten noch auf ihren ehe- maligen Zweck hin. In Leogang der Platz auf Nach dem Ankauf durch die Hofkammer 1761 der Schmelz, heute Tischlerei Höll und Brent. wurden auch die Erze von Limberg und Klu- cken hierher geliefert und verschmolzen. Die Am Südosthang des Spielberges, am Nöckel- silberhältigen Erze von Leogang wurden we- berg wurde auf der Inschlagalpe ein aus- gen der umständlichen Scheidearbeit gedehntes Magnesitvorkommen entdeckt. nach Lend gebracht. Der Rohmagnesit wird im Terrassen- und

Verladung 1943 durch einen russischen Gefangenen und dem französischen Gefangenen Francois Duclerqu (rechts), der in Leogang begraben ist Quelle: Bergbaumuseum

Verladestation am Bahnhof Leogang Quelle: Bergbaumuseum LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 226

Stollenbau gewonnen und mit Hilfe einer 5,5 Holzwoll-Leichtbauplatten verwendet wird. km langen Seilbahn zum Bahnhof Leogang Dieser leichte und wärmeisolierende Baustoff gebracht. 1937 wurde der Abbau von Weilguny ist als Heraklithplatte weltbekannt. Aus dem begonnen, 1951 hat die österreichisch-ame- besten hochwertigen Magnesit entsteht bei rikanische Magnesit-AG. Radenthein den wesentlich höheren Temperaturen (1600 bis Betrieb übernommen. Der Rohmagnesit wird 1800 Grad C) Sintermagnesit. Dieser wird nach Radenthein in Kärnten gebracht. 80 bis zu Radexsteinen verarbeitet, die in der 90 Arbeiter sind in Leogang daran beschäftigt. Zement- und Metallindustrie zum Auskleiden In den Brennöfen von Radenthein, die den der Hochöfen Verwendung finden. Die Radex- Zementöfen gleichen, gewinnt man bei einer steine besitzen eine sehr hohe Feuerfestig- Temperatur von 700 bis 1200 Grad C kaustisch keit, die von keinem anderen künstlich gebrannten Magnesit, der in den Werken Fern- hergestellten Material erreicht wird. dorf (Kärnten) und Simbach zur Erzeugung von

UNSERE MINERALIEN

Der Mineralienreichtum Leogangs aus seinen Graben nördlich vom Spielberg und auch im Gruben war um 1800 bekannt und berühmt. Ullachgraben sind in den Werfener Schichten Außer den schon Erwähnten gab es lebhaft schneeweiße feinnadelige Aragonite, auch rote Zinnoberkristalle, rosarote Erythrinstücke, im Maurergraben, von Sepp Maier gefunden Kobaltblüte, blaue Lazulithe, schneeweiße, worden. In der Vielfalt von Gunzenreit kamen feinnadelige, langspießige Aragonite, die wie langspießige Aragonite vor. ein Igel aussehen, im ganzen 80 verschiedene Minerale, darunter sehr seltene und herrlich In den Wänden des Birnhorns gibt es schöne Kristalle in hellen Farben. Kein Ort Rötelerde, die bei nassem Wetter aus den im ganzen Lande hat eine derartige Fülle von Klüften der Wände herausrinnt und rote schönen und seltenen Mineralien hervorge- Platten bildet. Sie wird von Zimmerleuten zum bracht wie die Berge von Leogang. Die größte Aufreißen auf Bauholz, von Heilpraktikern bei Ausbeute an seltenen Steinen und blenden- Pferden gegen Abfahrtfüße verwendet, wo den Stufen wurde von 1780 bis 1840 gemacht. sie wie Lehmbrei aufgetragen wird und die Die schönsten Prachtstücke schmückten seit Geschwulst vertreibt. der bayerischen Besetzung die Mineralien- sammlung in München, die aber durch den Literatur Bergbau: Krieg schwer gelitten haben. Wenn Leogang Posepny F., Das Bergrevier von Leogang / noch heute solche Schätze ergraben könnte, Jäger P. Vital, Berg und Hütte Schwarzleo, MSL würde es gut verdienen. 1943 /Moll, Oberdeutsche Beiträge, p. 194 bis 197 /Schroll, Salzburgs Bergbau 1816 / Buch- In der Nähe der Hartlalm zwischen Hütten und drucker, Die Mineralien der Erzlagerstätten Grießen sind zwei Stollen, wo auch einmal von Leogang /Lichtenecker N., Bau und For- geschürft wurde. In den Grießener Wänden menschatz des Loferer und Leoganger Stein- bei den Grießener Almen gibt es Erzausbisse. berges , 1926 / Crantz, Leoganger Steinberge, Im Bett des Spielbaches gab es Erzblöcke, die Zeitschrift DÖAV. 1901 / Pürstl, Der Bergbau in Nickel und Kobalt enthielten. Im Grießener Leogang in: Unser Pinzgau 1958, 153 Seite 227 JOSEF LAHNSTEINER

AUS DER ÄLTESTEN GESCHICHTLICHEN ZEIT

Vorgeschichtliche Funde wurden in Leogang denen Pinzgauer Gütern. In diesem Streit bisher noch nicht gemacht, obwohl ganz be- waren 1272 die Güter Stockern (heute Sto- stimmt Siedlungen der Bronzezeit hier ge- cking) und Rain einbezogen. (SUB IV, 76.) wesen sein müssen. Da die Hauptfestung der Ambisonter in großer Nähe auf dem Biberg Dietmar von Reutz zu Leogang muss 1281 angelegt war, haben sicher auch die Kelten, beweisen, dass ihm der EB den Zehent die Taurisker, in Leogang gewohnt. verliehen habe. (SUB IV, 112/d.)

1885 wurde aus der Römerzeit eine Bronze- Die genannten Parteien haben auch münze des Kaisers Probus (276 bis 282 n. Chr.) wegen des Viehauftriebes auf den Almen in gefunden, die auf die Anwesenheit der Römer der Krinne, Hirzwiesen, Dürreneck, Aufhorn schließen lässt. Differenzen. Sie werden 1284 geregelt. (SUB IV, 120, 15.) Bei Forschungen wird man in Zukunft das Augenmerk auf Schmelz- und Scheideplätze Das Gut auf der Au gehört seit 1248 dem des vorzeitlichen Bergbaues, bei Grabungen Domkapitel in Salzburg. Otto, Graf von Plain, auf Scherben und Relikte früherer Siedler hat ohne Ursache den Besitzungen des Dom- richten müssen; denn das Tal bot durch seine kapitels allerlei Schaden zugefügt. Er muss Bergschätze und Kulturgründe den Menschen eine Gutmachung leisten und gibt dafür die schon früh einen Anreiz zur Besiedlung. Schwaige auf der Au (Owe in dem Leugange), die jährlich 200 Käse liefert, an das Dom- Leogang wird nach Saalfelden in alten kapitel 1248. (Mart. Reg. I, 55.) Urkunden zuerst genannt. Schon 930 übergibt der Bauer Jakob mit seinem Vater Ruodgozz EB Friedrich weilt in Saalfelden. Er stellt da der dem EB Odalbert seinen Besitz am Bach Egydikirche in Lunganch (Leogang) 1323 einen Leogang, den er vom Grafen Diotmar von Ablassbrief aus. (Mart. Reg. III, 368.) Saalfelden erhalten hatte. Er bekommt die Grundstücke in Saalfelden, die er bisher zu Zu der großen Stiftung der sechs Kaplaneien Lehen gehabt hatte, für seine Familie als im Dom bestimmt EB Pilgrim die Güter Eigentum, er wird also freieigener Bauer Porzenbühel (Pirzbühel) und Neßlach, dass in Saalfelden. Es wird sich um das Gut jedes jährlich 2 Pfund Pfennige zahlen soll, Ruhgassing handeln. (SUB I, p. 133.) 1393. (Doppl., Kons. Urk. 169.)

1180 ist Liutolt de Liugange eine landbekann- Vom Walde im Finsterbach ist 1365 die Rede. te Person. Er unterschreibt bei einem Vertrag Der Andre Fröschlein beanspruchte diesen der Aigenbäuerin in Radstadt-Altenmarkt als Wald. Er gehörte aber seit langem dem Zeuge. (SUB I, 633.) Domkapitel Salzburg. 1376 wird er dem Fröschlein aberkannt und dem Domkapitel Otto und Konrad von Goldegg einerseits haben zugesprochen. (Staatsarch. Wien, Salzbg. mit Otto und Albero von Walchen einenlang - Domkap. 1365/76.) jährigen Streit über den Besitz von verschie LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 228

DIE GROSSE AUSWANDERUNG

Die protestantische Bewegung hat in Leogang So berichtet er bei der Einvernahme durch früher und stärker Eingang gefunden als im den Dechant von Saalfelden. Er hat vielleicht übrigen Pinzgau. ganz unbewusst norddeutsches Gedankengut hereingetragen und so dem Protestantismus Der Wirt von Leogang, Michl Carl, hat schon vorgearbeitet. Aber der viel tiefere Grund für 1569 die neue Lehre angenommen und die das Eindringen fremder Ideen war die wirt- Osterbeichte verweigert. 1677 wurden protes- schaftliche Not, in der unser Volk damals tantische Bücher bei den Bauern gefunden. steckte. Das erhellt deutlich aus dem großen Andere sind um 1670 als Holz- oder Bauern- Schuldenstand, der die Bauern drückte. Die knechte ins Reich hinausgezogen, haben dort Not war manchmal haarsträubend. Und als über den Sommer gearbeitet, den Winter aber das Jahr 1731 kam, war bereits eine ansehn- in der Heimat zugebracht. Sie haben dabei liche Reihe von Bauern und Dienstleuten protestantisches Glaubensgut in sich aufge- mehr protestantisch als katholisch, waren im nommen und in die Heimat getragen. Solches Herzen aber dem Luthertum zugetan. Am 5. war beim Wenzelbauernsohn Georg Riedel- August 1731 kamen an die 100 Abgeordnete sperger 1674 der Fall. Dieser, 26 Jahre alt, der Protestanten in Schwarzach zusammen „jetzt bei seinem Bruder Hans Riedelsper- und beschlossen, in Zukunft das Verbergen ger, zum Wenzl sich aufhaltend, ist in der und Heucheln aufzugeben und sich offen als Fremd geweset. Er ist schon fünf Sommer evangelisch zu zeigen. Dabei schworen sie, ins Reich auf Bauernarbeit verreist, win- einander treuen Beistand leisten zu wollen terszeit wieder nach Hause gekommen, und bekräftigten diesen Schwur durch das 1674 habe er zu Pimpbach bei Bomberg Salzlecken. Sie stellten eine Schüssel mit Salz bis auf Sunawendten Holz gehackt, her- auf den Tisch und alle, die sich evangelisch nach sich aber mit Augustin Prandtstödter, bekannten, leckten Salz aus der Schüssel. Pomersuhn von Thumberspach nach Ruel Salzleckertisch in Schwarzach 1731 bey dem Thyringer Waldt begeben und Quelle: Bergbaumuseum biß auf Bartholomei aufgehalten. Voriges Jahr habe er die mehrer Zeit zu Pimbpach gearbeithet und einmohl 7 Meill hinder Erfurth zu Hollerslöben Holz gehackt. Vor drei Jahren seye er mit Bartholome und Christoph Purglehner auß dem Werffner Gericht in Thyringen gefihrt worden. Zu Pi- benpoch habe er für Catholische gearbei- tet, zu Hill und Hollerslöben aber für Lu- therische. Der guete Lohn hat ihn gereizet, in Thyringen zu raisen. In Tyringen seye er woll zu Prödig etlichemale in die Lutheri- sche Khirchen gangen, habe daselbst sein gewohnliches Gebett verricht, weill khain Catholische Kirchen vorhandten gewöst.“ (Dek. Arch. Saalfelden, Emigration). Seite 229 JOSEF LAHNSTEINER

Als nun die vom EB Leopold Firmian ins Ge- Markt Saalfelden zu überrumpeln und in ihre birge geschickte Kommission eintraf, um die Gewalt zu bekommen. Am 22.10.1731 wurden Beschwerden der Evangelischen aufzuneh- von den Pflegern alle Schützen vorgeladen. Sie men, gaben sich 20.000 Personen im Pongau erschienen wirklich, wurden aber vom kaiser- und Pinzgau als lutherisch an. (Florey, Protes- lichen Militär umringt und mussten die Waf- tantismus in Salzburg, S. 30.) fen abliefern. Nachdem nun eine gewaltsame Erhebung nicht mehr zu befürchten war, erließ Am Sonntag, dem 12. August, kam es in Leo- der EB das berühmte Emigrationspatent gang zu einer öffentlichen Auflehnung in der am 31. Oktober. Kirche und im Dechantshof zu Saalfelden. Am Maria Himmelfahrtstag, 15. August, hat der Nach diesem mussten die Besitzlosen, die ledige Bergknapp Adam Hasenauer, der beim nicht katholisch sein wollen, binnen acht Gottesdienst in der Kirche gewesen war, auf Tagen, die Besitzer binnen drei Monaten das dem Rainerfeld des Bartlmä Hayer die protes- Land verlassen. Die Termine wurden aber so- tantisch gesinnten Leoganger zusammenge- fort verlängert. Nun begann der große rufen und hat den 70 Anwesenden berichtet, lutherische Auszug. was der Vikar in der Kirche von der Mutter Aus Leogang sind ausgewandert: Gottes gesagt hatte und die Predigt und hat 15.01.1732: etwa 43 Knechte die Predigt widerlegt. Dann haben Bartl Hayer von 18 – 50 Jahren und sein Bruder Hans aus protestantischen 02.05.1732: sind die Besitzer fortgezogen, Büchern vorgelesen und die katholische einige am 23. Juni, und zwar: Lehre zurückgewiesen. Pernlehen zu Sinning: Hans Hartl, verheiratet mit Gertraud Hörl, nimmt 24 fl. Im Laufe dieses Sommers wurden die Gegen- mit nach Willkischken, Ostpreußen sätze immer schärfer. Die Evangelischen Ullach: Michael Höckh, Müllner und 9 Nicht- hatten das Gefühl, dass sie in der Übermacht besitzer mit Kindern mit 9 fl. Reisegeld, seien, und erlaubten sich Drohungen gegen nach Krausendorf die Katholischen: „Jetzt haben sie noch Zeit, Gunzenreit: Wolf Brandstätter, oo Christina sich zu bekehren, aber nicht mehr lange. Riedelsperger, 3 Kinder, 1 Ross und 24 fl. Zu Martini wird kein Herr mehr leben.“ und 5 Verwandte, nach Pillupönen Feichtengut, Pürzbichl: Jakob Langprandtner Der Dechant berichtete am 19. August 1731 und Elisabeth Praitfueßin, 2 Kinder, 3 ½ fl, nach Salzburg, dass Wolf Millinger, Hans und nach Raudonen. Hat viele Schulden, Bartlmä Hojer Versammlungen halten und so 1737 kauft Hans Langprandtner das Gut die Zahl der „Schwärmer“, wie er sie nannte, um 270 Gulden (Bruder) vermehre. Am 20. August haben sie nicht nur Anderlgut, Pürzbichl: Jakob Pfeffer und in Leogang, sondern ganz in der Nähe des Elisabeth Riedelsperger, 2 Kinder, 1 Ross, Marktes Zusammenkunft und Predigt ge- 160 fl., nach Kögsten-Kussen habt. Die Katholischen wurden durch das Stockern, Pürzbichl: Hans Riedelsperger kühne Auftreten der Protestanten und durch und Magdalena Prandstätter, 6 Kinder, 1 Dirn, ihre Drohungen immer verzagter und riefen 1 Ross, 32 fl., nach Pillupönen um Hilfe. Am 28. September wurden unver- Veiten, Vorderau: Hans Auer und Anna hofft 33 Hauptaufwiegler ausgehoben und Hardtl, 4 Kinder, 1 Ahndl, 1 Ross, 70 fl., verhaftet. InLeogang beschlossen sie, den nach Rastenburg LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 230

Hinterau, Pürzbichl: Jakob Hörl, ledig, Ederhäusl: Margaret Ederin mit 80 fl. 3 Knechte, 35 fl., nach Tilsit Unteredt: Augustin Riedelsperger und Stainriedl, Schwarzbach: Niklas Hörl und Magdalena Puecherin, 3 Söhne, 3 Inwohnerr, Maria Rainer, 20 fl., nach Krausendorf 1 Ross, 83 fl., nach Pillupönen Lederstall, Oberedt: Bartlmä Mattreitter und Martlgut: Veit Hartl, Witwer, 1 Rössl, 26 fl., Magdalena Hörl, 2 Kinder, 43 fl. nach Kischenbannis, Ostpreußen Rain: Magdalena Riedlsberger, Bartlmä Hayers Hinter-Sonnberg: Eva Prandstätter, Bäuerin, Weib, 5 Kinder, 2 Dienstleute; Bartlmä zog 5 Kinder, 11 Dienstboten und Hausleute, schon früher nach Wilhelmsberg, Ostpreußen 1 Ross, 230 fl., nach Krausendorf Pauln in Pürzbichl: Hans Wöhrer und Gertraud Permannsegg: Niklas Riedelsperger, Heigenhauser, 6 Kinder, 1 Stiefmutter, 146 fl., 4 Hausleute, 26 fl., unbekannt wohin nach Kussen. (Wöhrer war wegen großer Kramer: Michael Prandstötter und Magdalena Schulden Ganttirer.) Portenkürchnerin, 3 Hausweiber, 150 fl. Wenzl: Hans Riedelsberger und Catharina Mühle am Schwarzbach: Christian Millingert, Mattreiter, 3 Kinder, 1 Knecht, 1 Ross, 300 fl., Mühlknecht am Scharzbach, 1 Ross, 250 fl., nach Schackeln, Kreis Tollm nach Brakupönen Thallacken: Peter Rieder und Anna Hayer, Pafueß: Magdalena Hörlin, 1 Knecht, 40 fl. 1 Kind, 8 Dienstboten, 1 Ross, 105 fl., Kraller, Forsthof: Hans Pichler und Ursula nach Kaimlau Prandstötter, 6 Kinder, 1 Dirn, 1 Ross, 145 fl., Hinterrain: Andre Franzl und Regina nach Kussen, Ostpreußen Wagenpichler, 2 Kinder, 4 Dienstboten, Tödling: Simon Lederer, Bauer, musste 1732 20 fl., nach Königsberg auswandern, weil er das katholische Glau- Pirzbichl: Hans Rieder und Eva Pfeffer, bensbekenntnis verweigerte. Da aber seine nach Kögsten Frau bettlägerig war, wurde ihm ein dreijähri- Millinger: Wolf und Barbara Schappacher, ger Aufschub gewährt. Als seine Frau gestor- 2 Kinder nach Gumbinnen ben war, wurde er abgeschoben. Nun legte er Hinterreit: Adam Rieder und Elisabeth den katholischen Glauben vollends ab. Seine Praitfueß, 5 Kinder, 4 Austragsleute, 4 Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren blieben 2 Dienstboten, 1 Ross, 660 fl., nach Kaimlau zurück und wurden von seiner Schwester Forsthof: Ruep Eder und Anna Pfeffer, 1 Kind, Magdalena betreut, die den Haushalt führte. 1 Ross, 1 Knecht, 200 fl., nach Pillipönen. 1736 kam er von Augsburg zurück, wollte sein Vorkauffer: Pfindl Christian Schappacher und Lehen, das schon vorher mit 1800 fl. ganz Anna Rieder, 3 Kinder, 5 Dienstboten, überschuldet war, verkaufen und die Kinder Hausweiber, 1 Ross, 200 fl., nach Pillupönen mit sich nehmen. Aber alle Kinder wehrten Jagerhäusl: Hannß Hammerschmidt, sich aufs Äußerste, mit dem Vater zu gehen 1 Hausweib, 4 fl., nach Gumbinnen und protestantisch zu werden. Priell: Hans Püberger und Margaret Veitlehen in Mühlrain: Hans Hayer, das zweite Heigenhauser, 1 Kinder, 7 andere Personen, Mal mit Ursula Herzog verheiratet, 4 Kinder, nimmt mit 90 fl.; 1 Ross, kommen nach kam nach Schakumen und wurde dort Kussen, Ostpreußen Schulmeister. (Gollub 115.) Seite 231 JOSEF LAHNSTEINER

KRIEGSZEITEN

Der Krieg 1914 – 1918 hat hier die gleichen an der Straße Gräben und Löcher ausgeho- Erscheinungen gebracht wie anderswo. In ben, um die eindringenden Feinde beschießen diesen Jahren sind ungefähr 360 Mann aus zu können. Aber zur Verteidigung fand sich Leogang eingerückt und haben den Waffen- niemand ein, weil es vollkommen zwecklos rock angezogen. 54 sind gefallen. gewesen wäre und der Ort nur schwerstens Beim Zusammenbruch 1918 kam es zwischen gelitten hätte. So konnten die Amerikaner ohne abfahrenden Ungarn und unseren Soldaten zu Büchsenschuss das Dorf besetzen. Die meis- einer Schießerei, die aber ohne Todesfall abging. ten Häuser des Dorfes wurden von den Ame- 1939 – 1945 sind sogar 512 Mann zu den rikanern okkupiert. Dann wurden die Gemein- Waffen beordert worden. 101 sind gefallen, den abgesperrt, das Reisen auf das Äußerste 21 vermisst. Einer hat sich das Goldene Ver- eingeschränkt. Bis Hochfilzen kamen die dienstkreuz geholt. Franzosen und besetzten Tirol. An der Grenze wurde der Verkehr vollkommen abgeriegelt, bis Im März 1945 wurde bei der Haltestelle Leo- 20. Juni durfte niemand die Gemeindegrenze ganger Steinberge ein Personenzug von zwei überschreiten. Die Züge boten ein trostloses Tieffliegern mit Bordwaffenbeschossen , Bild, die Waggonfenster waren zerschlagen, wobei ein Mann getötet und der Lokführer die Wägen beschädigt und ruiniert. In Grie- verwundet wurde. Im Frühjahr 1945 wurde der ßen nahmen die Amerikaner, in Hochfilzen die Volkssturm zur Verteidigung der Heimat gegen Franzosen die Kontrolle vor. Es dauerte vier einrückende Feinde aufgerufen. Beim Stein- Jahre, bis die Knappheit an Lebensbedürf- häusl wurden Bäume geschlagen und damit nissen, an Nahrung und Kleidung überwunden die Straße verlegt, auf der Sonnseite war. Dank der großzügigen Hilfe Amerikas ging Maschinengewehrstellungen errichtet und der Wiederaufbau rasch vonstatten.

KIRCHE

Die Kirche war ursprünglich dem hl. Ägydius felden genannt. 1323 verweilt der EB Friedrich geweiht. Dieser Patron deutet auf ein hohes Al- von Leibnitz in Saalfelden. Über Bitten stellt er ter der Kirche. 1323 wird sie als Filiale von Saal- für die Egydikirche in Leogang eine Urkunde aus, dass bei der Freitagsmesse in Leogang ein Ablass von 40 Tagen gewonnen werden kann. (Mart. Reg. III. 368.)

Die gotische Kirche von 1490, Detail eines Votivbildes zur Errettung des Kirchenwirts bei einem Brand im Jahr 1726 Quelle: Bergbaumuseum Leogang LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 232

Es war zuerst eine romanische Kirche. 1506 achteckigen Abschluss, der Turm stand auf der stifteten die Zechpröpste eine Messe in der Südseite zwischen Presbyterium und Haupt- Kirche. 1513 wurde sie von Bischof Berthold schiff und diente als Sakristei. Im Herbst und Pürstinger neuerdings geweiht, weil sie vorher Winter 1741/42 haben nun die Bauern eine durch Umbauten erweitert worden war. Dies- große Menge Bausteine und einen mächtigen mal wurde zum hl. Ägydius auch der hl. Leon- Haufen recht schönen Holzes hergeführt. Die hard als Patron genommen. Baukosten werden aber jetzt auf ca. 16.000 Gulden geschätzt. Sie soll über einen Graben 1532 wird ein gotischer Tafelaltar von Gordian mit Sprengung (Wölbung) eines Bogens erbaut Gugg aus Laufen aufgestellt, worüber die Quit- werden. Die Kommission vom 27.08.1742 fin- tungen noch im Pfarrarchiv liegen. Dieses alte, det, dass das Gewölbe im Presbyterium wegen gotische Kirchlein ist 1740 viel zu klein, schief- vieler Sprünge schon abgetragen ist, dass das winklig und baufällig, daher wollte man eine Mauerwerk da und dort sinkt und keine Repa- neue haben. Der Riemermeister Jakob Mayr in ratur mehr möglich sei. Auch im Schiff beginnt Salzburg hat 1739 ein Legat von 2200 Gulden eine Hauptmauer auszuweichen und daher vermacht, das zum Bau einer neuen Kirche in ist eine Spakatur im Gewölbe eingetreten. Die Leogang verwendet werden soll. Weil das alte Vermessung der Kirche ergab, dass sie für die Gotteshaus viel zu eng und finster ist, im Chor Kommunikantenzahl von 1200 viel zu klein die Seitenmauern immer mehr auseinander- sei. Die neue Kommission, die vom Regens drücken, dass der Vikar fürchtet, es möchte des Priesterhauses Benedikt Hugo Math und einmal einfallen, so ist ein Neubau unumgäng- vom Hofmaurermeister Tobias Kendler ge- lich notwendig. Das Gewölbe hat 1740 solche führt wurde, hält die Überbrückung des Bachls Sprünge, dass man es herabschlagen musste. mit einem Quaderbogen nicht für günstig. Auch im Schiff wurden die Risse immer größer, So liegen mehrere Pläne vor: Vom Saalfeld- die Hauptmauer fing an zu weichen, da die ner Maurermeister Maurer, vom Hof-Maurer- Grundfesten nachgaben. Es ist gedacht, an meister Tobias Kendler, vom Hofbauverwalter den alten Turm einen Neubau der Kirche gegen Johann Kleber, vom Schwazer Maurermeister Osten anzufügen. Der Kostenanschlag des Jakob Singer, und zwar in einigen Varianten. Saalfeldner Maurermeisters Philipp Maurer Der Kostenanschlag Singers geht auf 6900 fl. lautet auf 8500 fl. Die alte Kirche war eine Ausgeführt wurde der Plan Jakob Singers. kleine gotische Kirche, der Chor hatte einen

Pfarrhof, Kirche und Schule im Jahr 1928 Quelle: Alois Eder, Saalfelden Seite 233 JOSEF LAHNSTEINER

Als der Dechant und der Pfleger im Frühjahr bruches der Kirche wurde der Gottesdienst 1745 nach sechsjährigem Hin- und Her- in einem Hause des Wirtes Pirnbacher, heute verhandeln auf eigene Faust den Schwazer Kirchenwirt, gehalten. Im Juni wurde bereits Maurermeister Singer mit dem Baubeginn der Dachstuhl aufgesetzt, im November war beauftragten, damit das schon jahrelang die Kirche fertig und wurde benediziert, 1754 bereitgestellte, große Quantum Bauholz nicht vom EB konsekriert. Um diesen Bau und das zugrunde gehe, erteilte das Konsistorium den Zustandekommen hat sich der Dechant Mar- beiden Herren eine scharfe Rüge mit der Dro- tin Veldinger unbeschreibliche Mühe gegeben hung, dass sie einen etwa durch ihre Voreilig- und größte Verdienste erworben. Der Vikar keit auftretenden Schaden im Grundgraben Ignaz Friedrich Seitlinger hat mehr die Rolle zu ersetzen hätten. Die Pläne der drei Meister des Zuschauers gespielt. Die Kirche hat die liegen im Konsistorial-Archiv. ansehnliche Größe von 32 mal 15 Metern.

Die Arbeit der Maurer ging derartigzügig und Der Turm steht an der Südseite, ist von der schnell vor sich, dass sich die Leute bei der alten Kirche stehengeblieben, hat sehr festes Größe der Kirche und der Mächtigkeit der Mauerwerk, 6 Geschoße, der Helmspitz ist zu Mauern nur wunderten. Während des Ab- klein geraten, Höhe 37 m.

DIE LEONHARDIKETTE

„Mit seiner großen Ketten bei einem Kriege, in dem die Männer ausrü- tut Leanhascht Leut und Vieh erretten.“ cken mussten, das Gelöbnis gemacht, dem hl. Leonghard zu Ehren um die ganze Kirche eine Die Leoganger Kirche ist in ihrem ganzen Kette schmieden zu lassen, wenn ihre Männer Umfang ober den Fenstern mit einer girlan- wieder glücklich heimkehren dürfen. Nur eine denartig aufgehängten Kette umspannt. hat über dieses Vorhaben gespöttelt und nicht Der hl. Leonhard wird wegen seiner Tätigkeit, mitgetan. Tatsächlich sind die Männer wieder weil er sich um die Erlösung Gefangener be- gut heimgekommen bis auf einen, dessen Frau mühte, mit einer Kette abgebildet. Die Kette kein einziges Kettenglied opferte. Es kann sich ist daher sein Ehrungsattribut. nicht um die Franzosenkriege von 1800 han- deln; denn die Kette an der Kirche ist schon auf Die Sage erzählt, die Leoganger Weiber haben einem Kupferstich von 1760 zu sehen.

DIE KIRCHE IM INNERN kleinen Bilder in den Stuckrahmen beinhalten Die Kirche ist einschiffig, barock, hat lange die Lebensgeschichte und Wundertaten des rundbogige Fenster und zwei Emporen-Bal- hl. Leonhard. Die schönen Stuckverzierungen kone, weit vorragende Doppelgesimse an den führte der Sohn des Baumeisters Singer aus, Pilastern. Das Gewölbe hat ein großes Decken- der Stukkateur in Ungarn und zu diesem Bau bild von dem Schwazer Maler Christoph Anton eigens heraufgekommen war. Der Hochaltar hat Mayr, die Krönung Maries mit dem hl. Leon- unter einem Baldachin die Mutter vom guten hard, der auf die Mutter Gottes hinweist. Die Rat als Hauptbild, davor knien die Kirchen- LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 234 patrone St .Ägyd und St. Leonhard. Über den Die Sakristei hat einen Kasten mit Durchgängen stehen zwischen den Säulen die Schnitzarbeit von Veit Häusl in Alm. Heiligen Christoph und Siegmund. Das sind die Namenspatrone des EB Siegmund von Schrat- Das Pflaster besteht aus schönem tenbach, der dem Dechant 150 Dukaten gab, Adneter Marmor. dass er diese Statuen für den Altar besorge. Die Anbetungsengel neben dem Tabernakel und Die Kirche wurde durch glückliche Renovie- dieser sind von 1901. rung 1956 auf ihren alten Glanz gebracht.

Der linke Seitenaltar hat eine etwas ab- Der Turm enthält vier neue Legierungsglocken weichende Form. Statt eines Tabernakels von 1949 und eine alte Glocke. Diese hat 91 ist ein Bild der hl. Familie auf dem Weg nach cm im Durchmesser und die gotische Inschrift: Jerusalem, darüber die hl. Barbara, die Berg- „O rex gloria – veni in pace.“ Der Volksmund werkspatronin. An Wappen sind das Bayerns hat folgenden Spruch für sie: Onamirl hoaß i, (Bayerische Saalforste!), Hieronymus- und Ge- ’s Weda woaß i, ’s Weda vetreib i, a da Loigam werkschaftswappen am Altare angebracht. bleib i“. Das hat sich bis jetzt erfüllt, da die Aus der gotischen Einrichtung der alten Kir- meisten Glocken dem Kriege geopfert wurden, che existieren noch: Eine Madonna mit Kind diese aber bleiben durfte. Sie hat ungewöhn- 1500, der Taufstein und das Hängekruxifix lich feinen Silberklang. über dem Seitenbalkon. Die Uhr ist eine Eisenuhr von 1859 wie die Die barocke Kanzel hat eine schöne Form und Benteleuhren. Die Orgel stammt von Albert vier Evangelistenbüsten, als Bekrönung einen Mauracher 1886, hat 13 klingende Register mit Posaunenengel. Ein prächtiger Schutzengel schönem Klang und mechanische Traktur. hängt ober dem rechten Balkon.

Der Hochaltar gebaut 1747 von Veit Häusl aus Maria Alm Quelle: Bundesdenkmalamt

Die Anna-Kapelle in Hütten Quelle: Bergbau- und Gotikmuseum Leogang Seite 235 JOSEF LAHNSTEINER

KAPELLEN

Das alte SchmelzwerkdörflHütten hat eine Ka- Maria vom guten Rat. Diese Kapelle wurde vom pelle, die der EB Siegmund Schrattenbach 1769 Vikar Georg Grießmayr 1709 errichtet. erbauen ließ, als er das Bergwerk gekauft hatte. Die Kapelle ist der hl. Anna geweiht, deren Bild Die Lourdeskapelle an der Pfarrkirche hatte auf dem Tabernakel steht. Das Hauptbild ist früher schöne Leoganger Kristalle: blaue aber eine Unbefleckte mit mehreren anderen Zölestine und Lazulithe, rote Zinnoberkristalle Heiligen, Barbara, Katharina etc. Ober dem als seltenen Schmuck. Altar ist ein großes Schrattenbachwappen. Die Empore ist barock geschwungen. Es haben Der Friedhof war schon in alter Zeit um die Kirche ca. 60 Leute hier Platz, alle Wochen ist eine herum angelegt worden. Es ist noch ein Grabstein hl. Messe. Die Kapelle wurde 1954 unter vom Wirt Christian Geysler und Jakob Riedl vor- Kooperator Franz Brunauer gut renoviert. handen,1628, dem Domweihejahr. Dieser Fried- hof wurde aufgelassen wegen Beschränktheit In Grießen ist die Martlbauernkapelle, im Dorf des Raumes und 1899 weiter westlich ein neuer die Leonhardikapelle mit acht Bildern aus dem errichtet. Er hat ein altes, schmiedeeisernes und Leben des hl. Leonhard und dem Hauptbild zwei neue ebensolche Grabkreuze. Drei Grab- stätten zeigen Leoganger Mineralien. DER PFARRHOF

Der Vikar wohnte zuerst „im Hawß an dem freilich vieles daran zu verbessern, aber die Freythoff“. Von 1617 an imPrielgut jenseits Gelegenheit, zu einem nahe gelegenen, guten der Leoganger Ache, das 10 Minuten von der Vikarhaus zu kommen, ist doch verlockend. Kirche entfernt ist. Bei Hochwasser wurde die Die Adaptierung kommt auf 770 fl. Brücke über den Bach oft weggerissen, so- So wurde der neue Pfarrhof gekauft und dass der Vikar gar nicht in die Kirche kommen für den Vikar zugerichtet. Der Dechant von konnte. Daher dachte man nach dem Kirchen- Saalfelden, Martin Veldinger hat sich stark bau auch an einen günstigeren Pfarrhof. Der darum bemüht und die finanzielle Frage noch Wirt Josef Franz Piernbacher zeigte sich knapp vor seinem Tod 1750 zu lösen vermocht. bereit, ein Haus ober der Kirche samt Garten (Kons.-Arch. Leogang, Vikarhaus.) und Zubauten um 625 fl. herzugeben. Es ist

DIE SEELSORGER

Solange Leogang eine Filiale von Saalfelden von da an immer ein Priester hier war. Mit den war, ist ein Priester von dort hereingekommen, Vikaren war es bis 1673 ein rechtes Kreuz. Das später zu Pferd geritten, um die Toten einzu- Einkommen war sehr gering, 1673 betrug es segnen und Gottesdienst zu halten. Er hieß der im Jahre 127 Gulden. Daher kamen nur minder Freithofreiter. Der Bischof Berthold Pürstin- ausgebildete hieher, die dem Stande wenig ger von Chiemsee hat 1534 hier eine ständige Ehre machten. Die meisten hatten Kinder und Priesterstation, einVikariat, gestiftet, sodass lebten in sehr ärmlichen Verhältnissen. Viele LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 236 waren stark verschuldet. Dechant Tauscher burg, es möchte ihnen doch wieder ein Pries- von Saalfelden wurde 1626 beauftragt, über ter gesendet werden. Qualitäten, Leben und Wandel seines Klerus zu berichten. Er schreibt nun: „In der Leogang Es meldet sich Andreas Schmelz von Siegs- ist ein alter, erlebter Priester, Casparus Krei- dorf, Pfarre Vachendorf. Aber mit ihm hat der denhuber, von Landshur gebürtig, bei 70 Jahre Dechant ebenfalls bittere Sorgen wegen Trun- alt, so dem Erzstift Salzburg 30 Jahre lang kenheit und anderer Exzesse. Es gab damals gedient und sich mit schlechten conditionibus nur wenig ordentlich ausgebildete Priester. (Einkünften) betragen, auch sonsten außer Leogang musste das als schlecht dotierter des Concubinat, deme er vor Jahren ergeben Posten besonders spüren. Es kamen nur Lü- und etliche Kinder erzeugt, sich ohne Khlag ckenbüßer und arme Schlucker hieher. Darum verhalten … Ich were bittent, ermelten ver- kann man nicht genug danken, dass die Erz- dienten Priester ins Hospital (Priesterspital bischöfe endlich höhere Schulen und Semi- Saalfelden) zu geben und ihm allhie die Un- nare errichteten, in welchen gehörige Priester derhaltung zu überlassen …“ Das Konsistorium herangebildet wurden. Erst die Vikare Lorenz schreibt zurück: „Uns ist dann nit unbewußt, Alt, 1643 – 1646, und Christoph Scherzhauser, das genannter Caspar Kreidenhuber sich 1673 – 1678, werden als tüchtige Seelsorger etlich vil und in die 30 Jar in dem Erzstift an sehr gut qualifiziert und waren ungemein be- Unterschidlichen ortten mit guetter Satisfacti- liebt. Zwischen 1646 und 1673 waren neun on gebrauchen lassen, also wird bewilligt, das Vikare hier – keiner hat lange ausgehalten. er im Spital zue Salvelden seine übrige Tage in Ruche und ohne sorg zu verzöhren habe.“ Seit der Emigration hat sich aber das religiöse Leben stark vertieft und die vorher eingerisse- Kreidenhuber ist aber nicht ins Spital gekom- ne Lauheit überwunden. 1858 wurde Leogang men, sondern vorher noch an seiner contagiö- zur Pfarre erhoben. sen Krankheit (Tuberkulose?) gestorben. Sein Nachfolger Leonhard Zieberlein kam von Dien- Die Liste der Pfarrer ist: ten herüber, wo er mit der Köchin zwei Kinder 1838 Johann Gebhard Mathis gehabt hatte. Das Konsistorium forderte den 1858 Vinzenz Lasser v. Zollheim Dechant auf, Zieberlein mit Keuchen abzustra- 1872 Peter Straubinger von Alm fen und auf ihn gute Obsicht zu haben, dass 1878 Peter Gruber von Bruck er seine Konkubine entlasse. Aber Zieberlein 1893 Johann Reiter von Taxenbach hatte auch sonst wenig priesterlichen Charak- 1907 Peter Gaßner von ter und zeigte schlechte Führung. Die Priester 1939 Martin Neumayer von Leogang, hatten damals noch keine genügende Aus- Ehrenbürger bildung und Erziehung genossen und darum 1960 Johann Löcker gab es so oft Entgleisungen. Zieberlein wurde 1633 aus dem Seelsorgedienst entlassen. Mit Bemerkenswert ist, dass seit 1872 lauter seinem Nachfolger, dem Vikar Boß, ging es Pinzgauer hier Pfarrer wurden. Der Tod des auch nicht gut, er kam aus den Schulden ein- letzten, in geistiger und priesterlicher Hinsicht fach nicht heraus. Nach seinem Abgang hatten sehr hochstehenden Pfarrers Martin Neu- sie in Leogang eine Zeit keinen Seelsorger. mayer, Hörlsohn von Leogang, löste in der Aber 1638 richteten die Zechpröbste eine sehr Gemeinde tiefschmerzliche Betrübnis aus. bewegliche und eindringliche Bitte nach Salz- Seite 237 JOSEF LAHNSTEINER

Außer den vorgeschriebenen wurden viele Primiz 1903: Riedlsperger Matthias, vom Bittgänge gehalten: Am 24. April ging man zur Wenzlbauer, Pfarrer in Wörgl, Georgskapelle nach Saalfelden, um Gesund- Ehrendomherr, wirkte 44 Jahre heit und gutes Gedeihen des Viehes zu er- in Wörgl, starb 1953 bitten. Am 26. Juni, dem Wetterherrentag, auf Primiz 1914: Mauracher Josef, Zimmermanns- den Asitz für die Weidetiere auf den Almen, sohn, Pfarrer in Stuhlfelden, am 15. Juli nach Prielau zum Kaiser Heinrich Geistl. Rat um Bewahrung vor der Engerlingplage, nach Primiz 1918: Neumayer Martin, von Hörl, Kirchental vor Pfingsten, weil der Hagel die Ge- Pfarrer in Leogang, Geistl. Rat treideernte siebenmal in wenigen Jahren ver- Primiz 1941: Hutter Josef, Kaufmannssohn, nichtet hatte. Am Fronleichnamstag hielten sie im Kriege an der Eismeerfront nicht in Leogang Prozession, sondern gingen in Murmansk 1943 gefallen zur Mutterpfarre nach Saalfelden. Primiz 1941: Hutter Johann, Kaufmannssohn, Wehrmacht, Kooperator in Strobl, Im Jahre 1740 hatte das Gewölbe in der Kirche Ris- starb 1949 an Tuberkulose, die se bekommen, die immer größer wurden, sodass eine Kriegsfolge war. Die Doppel- man es über dem Altar herabschlagen musste. primiz der beiden Brüder 1941 war Es hatte im Winter eine derartige Kälte, dass der das Spitzenfest in Leogang. Weil Priester bei der Messe den Wein und das Wasser jede äußerliche Feierlichkeit ver- mit einem Kohlenfeuer erwärmen lassen musste, boten war, hat die Seele des Volkes „um sie vor der eingreiffenten Gefrör zu bewahren.“ umso stärker mitgeschwungen. Es 1650 wird Tobias Narholz als Mesner angestellt. wurden an diesem Tag über 1000 Unter seinen Agenden wurde ihm aufgetragen: Kommunionen ausgeteilt. Zu Vesperzeiten zu respondieren, am Pfinztag abent die Angst zu läuten, alle morgens nach Dem Dienste Gottes widmeten sich: dem Ave-Maria-Läuten den ganzen Summer Germana Gaßner, von Milling, geb. 1877, den Wetterklankh zu verrichten. Englische Fräulein, Chorfrau von Goldenstein Thekla Gaßner, von Milling, geb. 1880, Priester aus Leogang Englische Fräulein, Chorfrau von Goldenstein Primiz 1860: Sandner Johann, Potamiana Schwarzböck, vom Wirt, Vikar in Hüttschlag bis 1889 Barmherzige Schwester Primiz 1864: Zinnagl Georg, Chunialda Schwabl, von Obergrund, geb. 1875, Kanonikus in Seekirchen Barmherzige Schwester Primiz 1869: Schwabl P. Leonhard, Priska Schmuck, vom Forsthof, geb. 1906, Redemptorist, von Obergrund, Barmherzige Schwester Missionär in Amerika Domna Dschulnigg, vom Hüttenkrämer, Primiz 1871: Müllauer Leonhard, von Irach, geb. 1916, Barmherzige Schwester Pfarrer in St. Veit Primiz 1871: Wegmayr Josef, Arztenssohn, Eine Stigmatisierte Pfarrer in Plainfeld bis 1919 Die Sinnlehentochter (sprich: Seanlehen) Anna Primiz 1887: Brandstätter Anton, von Pirnberg, Scheiber, geb. 09.10.1820, war eine sehr from- hochgeschätzter und verdienst- me Haustochter, die viel betete und sich in das voller Sprachenprofessor am Leiden Christi vertiefte. Sie bekam um 1843 die Borromäum, starb 1933 gleichen Wundmale, wie sie unser Herr bei der LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 238

Kreuzigung an den Händen und Füßen erleiden Man hat dann die Anna zu den Barmherzigen musste. Diese Wunden haben alle Freitag zu Schwestern ins Kloster nach Schwarzach ge- bluten angefangen. Ihre Nahrungsaufnahme bracht, um sie zu beobachten und unter ärzt- war trotz des Blutverlustes sehr gering. Sie liche Kontrolle zu stellen. Aber sie ist bald, am bekam nur Brot und Wein und Fleisch in sehr 03.07.1847, in Schwarzach gestorben (Sinnle- kleinem Quantum aus einem Kelche, der im hen Bauersleute 1957.) Sinnlehen heute noch gezeigt wird.

DIE SCHULE

Eine Schule kam erst spät in Aufnahme. 1740 Die Schule hatte 1900 2 Klassen mit 180 Kin- ist von ihr die Rede, 1756 wird der Vikar Seit- dern, 1960 6 Klassen mit 210 Kindern. linger aufgefordert, den Schulbesuch zu heben Das Schulhaus war das Mesnerhaus. 1785 wird und sich darüber mit dem Pfleger zu bespre- es auf Kosten der Kirche neu gebaut. Dieses chen. 1784 wird dem Mesnersohn von Weiß- Haus kaufte die Gemeinde 1859 der Kirche ab. bach, Johann Zehentner, der Schuldienst 1908 wird ein neues Schulhaus gebaut. übertragen; er muss aber den alten Mesner abnähren und seine Tochter heiraten. Er hat In Hütten begann 1819 eine Schule. Der Leh- die Hauptschule in Salzburg mit sehr gutem rersohn Alois Fuchs von Unken war der erste Erfolg absolviert und erweist sich als ungemein Lehrer bis 1828. 1848 baute die Gemeinde ein tüchtiger Lehrer.1794 wird die erste Schul- Schulhaus, das 1881 um einen Stock erhöht, prüfung gehalten und die späteren Prüfungen 1957 unter Bürgermeister Tribuser ganz neu zeigten große Fortschritte im Unterricht. Der und schön errichtet wurde. Vikar Matthäus Häusler hat den Lehrer wirksam unterstützt. Nach dem Tode seiner Frau heira- Die Schule ist zweiklassig mit 64 Kindern. tete er 1804 die Anna Neumayr aus Saalbach, Unter den Lehrkräften sind die ihm die Krämerei und Hauswirtschaft führt 1872 Johann Bletzacher und Handarbeiten verrichtet. Er ist bis 1838 1923 Max Huber tätig. Ihm folgte Georg Zinnagl und von 1849 bis 1884 Anton Sützl 1871 Siegmund Wegmayr. 1928 Albert Steidl 1871 – 1887 Simon Schiechtle 1890 August Lueger 1888 – 1908 Josef Widauer 1943 Adelheid Grünwald 1909 – 1923 Anton Puschej 1899 Georg Feichtner 1923 – 1933 Georg Feichtner 1946 Theresia Schwaiger 1934 _ 1940 Franz Nickerl 1915 Josef Ainberger 1940 – 1945 Franz Steiner 1948 Ludwig Pürstl ab 1946 Johann Macho, Direktor 1918 Georg Feichtner 1955 Max Hilber 1956 Ernst Skala als Oberlehrer zu erwähnen Seite 239 JOSEF LAHNSTEINER

UM DES LEIBES GESUNDHEIT

Um des Leibes Gesundheit sorgten verschiede- Durch die windgeschützte Lage ist es auch ne Ärzte: Martin Loitfelder wirkt 1760. Luftkurort bei 892 m Höhe. Es war schon 1559 Ihm folgt die Familie Narholz: Georg Narholz unter EB Michael von Kuenberg bekannt, wie war Chirurgus und Wundarzt, starb 1781. eine Inschrift dartut. Nach ihm kommt sein Sohn Joseph, Medicinal- chirurg, dann Dr. Anton Narholz, der 1892 starb. 1923 – 1926 betrieb das Badhaus Dr. Talmann, 1895 – 1919 Dr. Otto Wegmayr dann kaufte es 1937-1957 Baron Seyffertitz 1904 Johann Kastlunger. und errichtete eine Fremdenpension. 1960 1906 – 1908 Gemeindearzt Dr. Ed. Pöll ging es in die Hände von Frau Edith Rohracher, 1908 – 1914 Dr. Josef Haas einer Nichte unseres Erzbischofes, über, die 1918 – 1923 Dr. Hans Kaserer das Bad wieder betreibt und eine Fremden- 1923 Dr. Wenzel Talmann pension errichtet. hervorragender Diagnostiker Zum Sprung in die Luft halfen mitdie An epidemischen Krankheiten traten 1800 die geprüften Hebammen Maria Schwaiger 1857 Schwarzen Blattern auf, woran 40 Kinder und – 1903, 46 Jahre, Maria Wenger 1890 – 1926, 5 junge Leute starben; 1883 Diphterie und Maria Unterrainer 1914 – 1949, Keuchhusten mit mit 51 Sterbefällen davon Maria Deisenberger ab 1927. 17 Kinder; an der Grippe starben 1918 7 Personen; 1919 kamen beim Jodl, Holz- Die erste Krankenkasse war die Dienstboten- meister, die Blattern vor, woran Mann und Frau krankenkasse, die freiwillig und ehrenamtlich starben, der Infektionsherd aber durch strenge geführt war. Der Versicherte zahlte monatlich Maßnahmen (keine Teilnahme am Begräbnis 50 Groschen bis 1 Schilling ein und bekam und Verkehrsabsperrungen) auf ein Haus be- trotz der niedrigen Prämie in Krankheitsfällen schränkt wurde. Im Herbst 1924 entstand eine eine namhafte Hilfe. Lungenentzündungsepidemie; 1945 gab es 6 Typhusfälle, weil amerikanische Soldaten 1926 wurde die Landwirtschaftskranken- den Salat verunreinigten. kasse eingeführt, mit der schon eine kleine Altersrente verbunden war. Leogang hat ein Heilbad, dessen Quelle nörd- lich der Bahnstation eine Eisenquelle bei Alu- 1940 kam die Gebietskrankenkasse zur Ein- miniumgehalt mit guter Wirkung gegen Katar- führung, die die Arbeitslosenfürsorge, Alters- rhe, Nervenleiden, Gicht und Rheuma ist. rente und Begräbniskosten übernimmt.

SPORT

In Leogang gibt es besonders tüchtigeEis - wurde Johann Wartbichler Landesmeister. schützen. Johann Frick konnte zweimal den 1946 wurde der Skiklub, 1951 der Eisschützen- Landesmeistertitel erobern; im Weitschießen verein Leogang gegründet. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 240

HÖHERE BILDUNG ERWARBEN SICH

Matthias Kogler, geb. 1817 in Leogang, Dipl. Ing. Sebastian Müllauer, Eisenbahner- Lehrer 1866 in Wiesern sohn, Salzburg 1879 – 1882 in Maishofen Oberlehrer Dipl. Ing. Franz Bayer, Eisenbahnersohn, Franz Hutter, Schuldirektor, Baumeister in Salzburg vom Kaufmann Hutter Arch. Rudolf Scheiber, Bäckermeistersohn, Johann Zehentner, Lehrer, Bichlbauernsohn Architekt Josef Steidl, Dr., Professor in Salzburg, Leonhard Höck, Lehrer, vom Kriegsinvaliden Oberlehrersohn Höck Josef Karl Schmidt, Gend.-Wachtmeistersohn, Maria und Theresia Schwaiger, Lehrerinnen, Professor in USA vom Obersekretär Matthias Schwaiger Antonia Scharler, Lehrerin, Arbeitstochter Der letzte Leoganger Mineralienkenner war Sebastian Unterganschnigg, Lehrer, Hermann Stockklausner. Er hat sich als Bahnvorstandssohn gewöhnlicher Arbeiter ein beachtenswertes Dr. Anton Gruber, Arbeitersohn, Oberreg.-Rat, Wissen in der Mineralogie durch Selbststudium Bezirkshauptmann in Tamsweg angeeignet und viele Berg- und Grubenfahrten Dr. Anton Schmidt, Gendarm.-Wachtmeister- in die Leoganger Fundorte unternommen. sohn, Sprengelarzt in Bruck Die montanistische Hochschule in Leoben Dr. Johann Schwabl, Eisenbahnersohn, und das Naturkundemuseum in Salzburg hat ord. Universitätsprof., Berlin er mit seinen Steinen namhaft bereichert. Dr. Julian Frick, Bäckerwirtssohn, Er starb schon 1949, erst 58 Jahre alt. Arzt in Innsbruck

BAUERNTUM

Die Landwirtschaft ernährt immer noch Wohl aber hebt sich die Rinderzucht beson- den größten Teil der Einwohner. Von den 9000 ders in Hinsicht der Qualität. Durch die Grün- ha Gemeindefläche sind 1300 ha Äcker und dung von Genossenschaften – 1921 wurde die Wiesen, 2900 ha Almen und Weiden, Rinderzuchtgenossenschaft Leogang gegrün- 4000 ha Wald. det – wird höhere Milch-, Fett- und Fleisch- leistung erstrebt und erzielt. Die Milch wird Der Getreidebau war früher sehr wichtig, weil in die Molkerei Maishofen geliefert. Andere das Getreide neben der Milch das allgemeine Genossenschaften gibt es auch: Seit 1901 die Nahrungsmittel war und ist. In den Bauernhäu- Pferdezuchtgenossenschaft Saalfelden, der sern wird nur wenig Fleisch konsumiert, wohl die Leoganger Roßbauern angegliedert sind, Gemüse, nämlich Kraut, Kartoffeln in neuerer seit 1909 eine Pferdeversicherung, seit 1925 Zeit, aber die Hauptnahrung sind Milch- und eine Natural-Brandschadenhilfe, ferner einen Mehlspeisen. Der Getreidebau geht seit 1947 Obst- und Gartenbauverein, der den heimi- stark zurück, weil man die Feldfrüchte billiger schen Obstbau emporbringen will. kauft als selbst erzeugt und weil unser Klima dem Getreidebau nicht günstig ist. Seite 241 JOSEF LAHNSTEINER

Die Landwirtschaft ist weitaus der älteste Bis zum Jahre 1849 gehörten die Lehen nicht Erwerbszweig unseres Tales. ganz und gar den bearbeitenden Besitzern, sondern eigentlich ihrer Grundherrschaft. Die Namen Tödling, Ecking, Otting und Sinning Der Bauer war früher mehr oder weniger ein gehören zu den ältesten deutschen Namen Pächter mit dem Rechte der Erbfolge und der unseres Gaues, sie stammen aus der ersten Besitzveräußerung, zu der er aber die Zustim- Besiedlungszeit des Leoganger Tales durch mung der Grundherrschaft einholen musste. bayerische Bauern. Es sind -ing-Güter, die Aber er musste der Herrschaft alle Jahre den mit einem Personennamen zusammenhän- Zehent, bei Besitzwechsel 5 Prozent Anlait gen. Tödling, früher Detling, vom Dieter, Ecking und noch andere Dienstbarkeiten leisten. von Ekkehard, Otting von Otto, etc. Von diesen Lehen ging die weitere Besiedlung aus, in- In Leogang hatten die meisten Güter die Hof- dem die alten Höfe an Söhne geteilt wurden, kammer (Landesregierung), andere das Stift sodass Weiler entstanden oder durch Neuro- St.Peter, die Klöster Nonnberg, Höglwört, dung bisher unkultivierten Landes neue Höfe St.Zeno bei Reichenhall, dann das Bistum gebildet wurden. Chiemsee, das Domkapitel oder mehrere Adelige zu Grundherrschaften. Erst durch die Es gibt alte Familien in Leogang, die weit zu- Grundablösung im Jahre 1849 wurden die rückreichen. Die Millinger, Prandstetter, Riedls- Bauern vollkommen freie Besitzer ihrer Höfe. perger, Pirnbacher, Pfeffer, Millauer, Eder, Ma- Als Zehent musste bei uns anfangs meistens dreiter, Hörl, Sappenmaisser hängen mit einem Käse geliefert werden. Ein ganzer Hof mit Gutsnamen zusammen und reichen ins 17. und wenigstens 12 Kühen wurde Schwaige genannt 16. Jahrhundert hinaus. Auf dem Wenzlgut ist und hatte 300 Käse im Gewicht von je 1 Pfund die Familie Riedlsperger seit 1674 bis 1937 zu stellen. Die letzten 200 Jahre wurde die gewesen. Der Reiterbauer Adam Herzog ist Leistung in Geld berichtigt. Diese Dienste, die Erbhofbauer, ebenso Familie Herzog zu Klein- doch sehr drückend, aber allgemein üblich wa- tödling. Das Ofenlehen hat 1550 dem Pfarrer ren, sind heute total vergessen. Kein Mensch von Taxenbach Sebastian Widmann gehört. weiß mehr etwas davon oder redet darüber.

Die bäuerliche Arbeit war manchmal gefähr- Zulehen gibt es hier viele: Micheln zu Wolfgang, lich, besonders auf den Bergmahdern geschah Grubern zum Tödlingwirt, Krüneck, Rotwand, manches Unglück und mancher Absturz. Der Oberhof, Aberg, Voglern, Hasleben, Untered, ledige Dienstknecht Anton Graf hat im Jänner Lehen, Voglsang, Irracheck, Funeck, Pafuß sind 1935 beim Streuziehen einen schrecklichen Zulehen oder Almen geworden. Tod gefunden. Er ist von einer Stange, die ihn seitlich durchbohrte, buchstäblich aufge- Heute sind die wirtschaftlichen Aussichten für spießt worden. den Bauernstand auch nicht günstig. Vor 1914 war die Verschuldung des Bauernstandes die Wir haben 1950 170 Bauern in der Gemeinde. Hauptsorge. Diese ist aber mit einem Schlag Der Viehstand beträgt rund: 1120 Pferde, 1700 durch die Inflation 1921/22 behoben worden. Rinder, 700 Schweine, 800 Schafe. Heute ist es die Minderbewertung der bäuer- lichen Erzeugnisse, die den Bauer und seine Kinder von der Scholle vertreibt. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 242

DIE WÄLDER

Die 4000 ha Wald der Gemeinde verteilen sich Die Waldungen südlich vom Dorfe und die des auf die österreichischen Bundesforste mit Schwarzleotales gehören seit alter Zeit dem 1600 ha, die bayerischen Saalforste mit 2200 ha bayrischen Staate. Er brauchte das Holz aus und Privatwälder mit 290 ha in runden Zahlen. dem Saalegebiet zum Salzsieden in Reichenhall.

DIE BAYERISCHEN SAALFORSTE

1525 ist zu Mühldorf zwischen dem Erzbischof (landesfürstliche Waldungen) nichts ver- von Salzburg Matthäus Lang und den bayri- lackt werden. Niemand soll in den Wäldern schen Herzögen Ludwig und Wilhelm über die ein Holz schlagen, sondern wer eine Not- Benützung der Wälder im Saaletal ein Vertrag durft hat, soll sich von den Amtsleuten das geschlossen worden. Darüber kam ein Wald- Nötige auslaken und ausmarchen lassen. buch zur Ausgabe, in dem die Rechte der Was sie aber niedergeschlagen haben, soll Bayern auf salzburgischem Boden und die der man im Walde nicht liegen und verfaulen salzburgischen Untertanen geregelt werden, lassen, sondern muss es wegbringen. Wer weil es früher oft zu Irrungen, Übergriffen und dagegen fehlt, muss vom Stamm 8 Kreuzer Streitigkeiten gekommen war. Der Erzbischof Strafe zahlen. Wer aber aus den bairischen steckte damals wegen des Bauernkrieges in Forsten etwas mitnimmt, der muss pro arger Not und brauchte die militärische Hilfe Stamm, ob groß oder klein, beim bairischen der Bayernherzoge. Darum war er zu großen Forstamt 15 Kreuzer zahlen.“ Zugeständnissen auf ewige Zeiten bereit. So Von der Geigenpruggen bis zur Loigamprug- wirkt sich der unüberlegte Bauernaufstand gen sollen jährlich zwei Beschauen ge- auch heute noch ungünstig aus. In dieser halten werden, dass die Schäden, die vom Waldordnung, Landbot geheißen, sind folgende Holztriften an den Gründen und Werchen Bestimmungen: entstehen, vom Pfleger aufgenommen, und „Zu dem Salzsieden in Reichenhall soll zu für die Schäden Ersatz geleistet werden ewigen Zeiten gegeben werden die Forst- könne. Die beschädigten Werche müssen zins und Stockrecht, wie von altersher. In aber von den Verpflichteten wieder her- den Wäldern, die für Reichenhall gebraucht gestellt werden. Die Anrainer an Wäldern, werden, darf nichts geschwendet, gehackt, die durch das Holzschlagen und –liefern gebrannt oder eingefangen, auch keine Po- Schaden leiden, sollen zu Holzmeistern und schen abgehauen werden. In den Maißen Fürgedingern (Vorarbeitern) genommen dürfen keine Kaser oder Stadel errichtet, in werden. Fürbaß soll mit allem Fleiß dar- die verhackten Holzschläg und Maiß keine aufgesehen werden, dass die Jungwälder Gaiß getrieben werden vor zehn Jahren verschont und nur die ältesten und zeitigs- nach der Verhackung, bis die Wälder in die ten Wälder verhackt werden, auch wenn Höhe gewachsen sind. Den Untertanen soll die Bringungskosten größer sind. Sobald ein aber in den Wäldern ihr Wün und Waidt Wald angegriffen wird, soll er vom untersten des Bluembesuches auf ewige Zeiten bis zum obersten geschlagen werden und ungehindert gewährt werden. Wer Eigen- kein Untermaß entstehen. Die Holzmeister tumswald hat, dem soll aus der Hofsache sollen den Holzknechten nit einen zu ge- Seite 243 JOSEF LAHNSTEINER

ringen Lohn geben, dass sie gute Arbeit tun 9. Reichenspielberg und Ochseneck und die Wälder in Ordnung halten. Die Holz- 10. Kasersbach, dieser Wald soll aber wie die meister sollen die Schäden, die den Unter- Pryndlkendl für das Bergwerk in Schwarz- tanen bei der Holzbringung an den Gründen leo und für die Schmelzhütten verwendet erwachsen, gutzumachen suchen. werden. In Grießen: Den Bayern wurden in der Leogang folgende 1. Der Grießener Wald gegen die Tiroler Grenze Wälder zugesprochen: (der aber für die Landwehr ist) 1. Der Wimpach und Saubach, der erste Bach 2. Der Spielbach auf der Schattseite, wenn man von Saalfel- 3. Das Wurzeck den hineingeht 4. Die Rotkendl 2. Der Schwarzbach und die Klamm 3. Der Meißbach Der bayerische Staat hegt und pflegt aber 4. Der Finsterbach, in der Schwarzleo diese Wälder mustergültig, so daß die Saal- 5. Der Krummpach forste zu den schönsten Waldungen des 6. Der Walchersbach Landes zählen. Es ist auch ausbedungen, 7. Die Pryndlkendl daß als Forstarbeiter hier ansässige Leute 8. Mardeck genommen werden. Es bestehen vor 1900 neun Holzstuben für 40 bis 50 Holzknechte. JAGD – DA GIBT ES BÄREN!

Am 04.06.1575 ging der „Gambsjäger Hanns Auf der Schattseite in Leogang ist 1928 ein Eckinger aus Leogang mit seiner geladenen Wolf eingefallen und hat zwei Schafe gerissen. Schießpüxen in die Gruebalm hinauf, um Gambs zu jagen.“ Auf einmal standen Bären vor Es gibt neun Jagdhütten, derWildstand des ihm, ein Bär, eine Pierin (Bärin) und zwei Wölfe. Gemsen- und Hochwildes ist je 100 Haupt, Er hat die Bärin, so das größte Stuck gewesen, an Rehwild die Hälfte. niedergeschossen, worauf die anderen Tiere flohen.Die vier Pranken der Bärin hat er dem Am Grießensee gibt es 1950 Bisamratten. Sie ha- Pflegsverwalter Caspar Prugpeckh von Saal- ben sogar die Straße unterhöhlt, aber sie schei- felden gebracht, um die Abschussprämie zu nen sich wieder zu verlieren. 1948 wurde ein erhalten. Der Pfleger schickte die Pranken mit Wildschwein in Grießen gesichtet. Es hat sich im einem eigenen Boten zum Hof nach Salzburg Herbst an den Kartoffeläckern gütlich getan, ist mit der Bitte „der EB möge sie gnädigst anneh- aber im Winter an Nahrungsmangel eingegangen. men und verzeeren.“ Das Fischrecht auf der Leoganger Ache war Um 1750 ist das Hochwild (Hirsche und Stuck hochfürstlich und hat der Pfleger von Saalfel- Tiere) aus Pinzgau verschwunden, nur in Leogang den ausgeübt. Er hat es 1658 dem Leoganger gab es noch Hirsche. Sie wechselten von Tirol ein. Gastgeb Riep. Piembacher um anderthalb 1762 wird dem Kammerer und Steuereinnehmer Gulden verpachtet. Auf dem Grießensee war es Raymund v. Rehling der Jagdbezirk von Leogang auch hochfürstlich. Bis 1683 hat es der Vikar mit Farmach überlassen, aber Biber und Otter gepachtet, von da an hatten es die Anrainer- muss er an den Hof nach Salzburg liefern. Bauern am Spielbach. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 244

Die Leoganger Fischwasser besaß zuletzt Frau gab es Differenzen, welche dadurch behoben Susanne Schorn, Saalfelden. Da sie durch das wurden, dass die Magnesitgesellschaft große Industriewerk in Hochfilzen verunreinigt Radenthein das Wasser erwarb. wurden und der Fischbestand Schaden litt,

KLEINE GEWERBE GAB ES A da Loigam geht da Zoig z’samm.

Ein Wirt, Bartlmä Pichler, war schon 1591 in Früher kamen die Tiroler, besonders die Zillerta- Leogang. Er wird vom Gewerken Carl Rosen- ler Hausierer mit ihren Kraxen oft über die Gren- berger bezichtigt, dass er den fremden Metz- ze nach Leogang. Da ist der Gesang entstanden: gern, die ins Land kommen, um Vieh zu kaufen, An Öltrager bin i, Fürschub leiste. Die Gewerken sahen die Vieh- Bring Wuschz’n und Öl; ausfuhr nicht gerne, weil dadurch die Preise Das ist fürs Beißn guet, stiegen. Sie wollten aber billig einkaufen. Beißt’s wo da wöll. (Beißen = jucken, Wuschzn = Heilwurzen.) Leogang hat am 6. November 1591, der zugleich Patroziniums- und Kirchtag ist, ein Marktrecht Eine Hafnerhütte mit Brennofen wird 1710 von bekommen. (L.A. Hofkom. Caprun 1591 L.) Martin Forster gebaut. Ein altes Gasthaus an der Verkehrsstraße 1558 wird dem Hans Porcher aus Steiermark ist das Frickhaus. Es hat das Recht gestattet, zu Grießn am Weißbach einen 7 Gewerbe auszuüben. Lodenstampf mit Wohnung zu errichten, weil Die Kaufgeschäfte haben wie anderswo bei seine Lodentuche den Leuten gut gefallen der Kirche ihren Ursprung. Um 1700 sind drei haben. (L.A. Hofk. Lichtenbg. 1558 D.) Kramladen bei der Kirche, die ihr gehören. Zwei Ein Bäcker ist 1692 hier, für die Knappen; denn haben Tuchschnitt-Gerechtsame, also Textil- die Bauern hatten selber ihre Backöfen. handel. 1718 verkaufen die Zechpröbste einen Mühlen gab es seit der Einwanderung der solchen Kirchladen dem Franz Piembpacher. Bayern. Am Pyrzbühel war eine Mühle mit zwei 1711 hat auch Georg Resch einen Tuchladen Gängen, in Rain hatte Adam Rainer 1592 eine aufgetan. 1757 sind zwei Krämer hier: Thomas mit drei Gängen und einer Säge. Es werden Günzberger und Stephan Persterer. Ein dritter, täglich 6 bis 7 Metzen Getreide gemahlen und ein Italiener, möchte auch einen Laden aufma- jährlich 150 Saghölzer geschnitten. Die Matz- chen, wird aber abgewiesen, weil zwei schwer mühle hat zwei Gänge, im Winter wenig Wasser. zu leben haben. Die Kramladen hatten trotz der Die in Grießen hat auch zwei Gänge, mahlt im strengsten Strafen unter Einbrüchen und Be- Tag bis 4 Metzen, kann Herbst und Winter nicht raubungen schwer zu leiden. 1778 wurden die mahlen, da kein Wasser. Kramladen zweimal ausgeraubt.

ALTE MÖBEL

Alte, schöne, geschnitzte und bemalte Bau- Ottingbauer und im Riederhäusl, beim Albbach­ ernmöbel stehen noch in Wimbach, Milling, bauer ein hoher Kasten und mehrere bei Vorder-Rain, Niedermoser, im Badhaus, beim Fleischhauer Frick. Seite 245 JOSEF LAHNSTEINER

VERKEHR

Der bedeutendere Verkehrsweg von Salzburg wurde daher beim Wirt in Leogang ein größerer nach Tirol ging über Lofer - Waidring. Aber auch Samerstall mit vielen Säulen gebaut. Zu die- der Pass Grießen wurde befahren. Es wurde sem Stall und zum Wirt führte ein großes Tor, besonders Eisen aus Steiermark, Flachau und das bei Nacht versperrt wurde. Es standen Dienten nach Tirol geliefert. Um 1690 wurde die auch einige Mauern zum Schutz gegen nächt- Straße über Hochfilzen bedeutend verbessert. liche Überfälle rings um das Dorf, die restlos Öfter suchte man auch der strengerenKont - verschwunden sind. Der Verkehr und der Berg- rolle und Mautgebühr am Pass Strub auszu- werksbetrieb brachten es zustande, dass zu weichen und wählte den Weg über Leogang. Es manchen Zeiten ein gewisser Wohlstand aufkam.

DIE POST

Die Post ging nicht nach Leogang. Die Briefe die Briefe und Zeitungen in seiner Stube. 1903 und Postsendungen mussten in Saalfelden ge- wurde ein ärarisches Postamt aufgemacht und holt werden, wo sie der Kammerbote deponier- ein Zustelldienst eingerichtet. Telefon wurde te. Nach Eröffnung der Bahn 1875 wurde beim 1918 von der Postverwaltung aus Kriegsbe- Krämer Hippolyt Hutterein nicht-ärarisches ständen übernommen und 1958 automatisiert. Postamt aufgemacht. Hutter war bis 1903 Heute sind ein Postmeister, eine Beamtin und durch 18 Jahre Postmeister und verteilte vier Briefträger tätig; denn die Wege sind weit.

DIE EISENBAHN

Beim Bahnbau 1874 waren viele Arbeiter in durch das Tal 16 km ausmacht. Die Haltestelle der Gemeinde beschäftigt. Die Bahnstation ist Leogang-Steinberge wurde 1925 aufgemacht. wegen des Hanggeländes leider vom Dorf 2 km Die Haltestelle Hütten wurde auf Betreiben des entfernt errichtet worden. Aber es sind noch Oberlehrers Pürstl erreicht. drei Haltestellen: Steinberge, Hütten und Grie- In Leogang sind derzeit 70 Bahnangestellte ßen in der Gemeinde, da die Bahnstrecke und 30 Pensionisten beheimatet.

FREMDENVERKEHR

Der Verschönerungsverein wurde 1954 in einen inszeniert, 1961 wird für den Wintersport ein Verkehrsverein umgebaut, der die Belange großer Skilifterbaut, nachdem schon 1958 des Fremdenverkehrs fördern soll. Es wurde ein kleiner aufgezogen worden war. Die Zahl verschiedenes geschaffen und erreicht: der der Fremdennächtigungen steigt fortwährend. Kirchenwirt hat einen großen schönen Saal ge- 1948 waren es 3000, 1950 7000, 1960 schon baut, in sehr vielen Häusern wurden Herbergen 40.000. Eine Skischule besteht im Dorfe. geschaffen, ein Blumenschmuck-Wettbewerb LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 246

DER PASS GRIESSEN

Am Pass Grießen, der ein Confinpass gegen durchgehen lassen. Sie müssen trotz Abbitte Tirol war, stand ein gemauerter Turm wie beim den Posten aufgeben und verlassen. 1742 wird Steinpass in Unken. der Pass mit Militär besetzt und dem Unter- Den Pass hat EB Paris Lodron im Dreißigjähri- offizier die Eintreibung der Kammergelder gen Kriege durch eine Mauer gegen Tirol ab- aufgetragen. Der bisherige Weinschreiber und sperren lassen, die ein Stück am Berg hinauf- Wachter wird wieder entfernt. ging. Über dem Tore des Hauptbaues war das 1791 hat der Gefreite Peter Mark hier den Wappen des EB Paris Lodron angebracht. Von Salitergesellen Michael Egger von Unken er- dieser Mauer ist heute kein Stein mehr übrig. schossen, als er von Tirol Branntwein herüber- Da waren Soldaten als Zollwächter angestellt. schwärzen wollte. Mark wird darüber gerügt und versetzt. Den Wächtern wird nur mehr eine Bei einer unvermuteten Inspektion des Passes geringe Bewaffnung erlaubt, damit nicht wegen Grießen 1714 zeigte sich, dass in die Sperr- ein paar Viertel Branntwein ein Menschenleben mauer ein großes Loch gebrochen war, sodass gefährdet werde. (L.A. Krimin.-Akt 1791, 4457.) eine Kuh durchschlüpfen konnte. Der Wächter Bei der Einverleibung Salzburgs zu Österreich Gabriel Möltl und der Musketier Ruepp Wibmer (1816) verlor der Pass vollends seine Bedeutung haben da gegen Schmiergeld manches Stück und die Gebäude verfielen seitdem.

DER GRIESSENSEE

Der Grießensee in der Meereshöhe von 960 m dürfen, weil die Überlegung des Rinnsals eine ist bereits stark verlandet. Während der gewaltige Arbeit und namhafte Unkosten ver- Sumpf noch eine Länge von 1600 m hat, ist ursachen würde. Es wurde nun die Vereinba- die Seefläche nur mehr 650 m lang und an rung getroffen, dass Leonhard Puechner und der breitesten Stelle etwa 100 m breit. Peter Grießner den See mit Fischrecht und Seine Tiefe ist ganz gering. Streubezug um 80 fl. und jährlichen Grund- dienst von 1 fl. 30 Kr. kaufen, dadurch können Im Jahre 1680 hat der Spielbach bei einem sie den Spielbach in den Grießensee einleiten Wolkenbruch die Felder der Anrainer stark und brauchen in Zukunft nicht mehr so viele verwüstet, hat seine Furt verlassen und ist in mannshohe Holzverwerchungen in den Bach einem hohen Rinnsal in den Grießensee ein- hineinzubauen, weil sein natürliches Gefälle gebrochen. Er ist ein Wildbach, der zu man- ohnehin dem See zustrebt. chen Zeiten ganz austrocknet, bei Gewittern und Wassergrößen aber gewaltige Schuttriedel Von Fischen können dem See jährlich zwei aus dem Graben herauswälzt. Martin Puech- Zentner Hechte, aber auch Brachsen und ner und sieben Anrainer am Spielbach suchen Haseln entnommen werden. (L.A. Hofkammer 1680 an, den Bach in den See rinnen lassen zu Lichtenberg 1683 R.) Seite 247 JOSEF LAHNSTEINER

BRÄNDE DER LETZTEN ZEIT

1880 brannten Sappenmais in Pürzbichl bauern Josef Gruber in Sining um Mitternacht und Untered in Berg ab. In beiden Fällen war der rote Hahn auf, so dass Haus und Stall mit Brandlegung die Ursache. der Getreideernte, 300 cbm Heu und die Ein- richtung verloren waren. Nur das Vieh wurde 1910 ging das Wagnerhaus in Hütten in Flam- ausgebracht. Der Schaden betrug 50.000 men auf. Der Besitzer Christian Resch wurde Schilling. die Versicherung 2.500 Schilling. mit einem gepackten Koffer angetroffen, so (Salzb. Chronik 1925, 226.) dass er in Verdacht der Brandlegung kam. 1935 ging das Wirtschaftsgebäude des 1914 gab es am Lehengut in Hütten Feuer. Die Örgenbauers in Sining durch Brandlegung Bauersleute und Inwohner wurden frühmor- zugrunde. 1936 ist das Loiblgut, Zulehen des gens vom Brand überrascht und konnten nur Kaufmanns Hippolyt Hutter in Rosental, das nackte Leben retten. Ein Knecht wurde niedergebrannt. 1938 sank das Wenzlgut schwer verletzt. (Salzb. Chronik, 1914, 69.) des Albert Bauer in Asche.

Während der Michlbauer Peter Riedelsberger Am 11.05.1950 kam im Wirtschaftsgebäude im Felde stand, brannte ihm in Grießen am des Obergrundbauern Leonhard Schwabl ein 21.08.1916 sein Haus und Hof nieder. Außer Brand aus, der Haus und Hof bis auf die Erd- dem Vieh wurde nichts gerettet, weil das Feuer geschoßmauern einäscherte. so rasch um sich griff. Am 16.07.1954 brach im Dachgeschoß des 1920 ist die ehemalige Trogersäge, eine der Wohnhauses der Maria Rotmüller in Rosental größten und modernsten des Gaues, dem M. durch Kurzschluss Feuer aus, wodurch das Hartl in Saalfelden gehörig, durch Kurzschluss Haus niederbrannte. Drei Familien wurden abgebrannt. Bretter, Abfallholz, Maschinen, obdachlos. Die Einrichtung konnte zum Teil Schlitten und Fahrzeuge gingen zugrunde. Der gerettet werden. Schaden betrug 3 Millionen Kronen. Auch Hinterau und Mitterbrand wurden von 1925 am 3. Oktober flatterte beimMetzger - Feuersbränden heimgesucht.

DES WASSERS WÜTEN

Von Hochwassern hatte Leogang ungleich 1847 und 1852 sind böse Vermurungssjah- mehr zu leiden als von Bränden. re mit namhaften Flurschäden. Im Gerwald und Rainergraben lagen gewaltige Mengen Ein besonders großer Hagelschlag hat 1756 von Schutt, Gestein und Grus, die sich durch in Leogang einen Schaden von 26.000 Gulden Verwitterung des Dolomitgesteins im Laufe angerichtet. Auch Saalfelden und Alm haben da vieler Jahrzehnte angehäuft hatten. Diese starke Schauerschaden. Die kirchlichen Fonds Schuttmassen wurden am 29. August 1847 lassen die Zinse nach. (Dek.-Arch. Saalfelden.) und wieder am 29.August 1852 in das Leogan- ger Tal hinausgeschwemmt, sodass 5 Meter LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 248 hohe Anschüttungen die Felder zudeckten. Das Unwetter, das am09. und 10.05.1912 Die Bachbette waren nachher wie vom Schutt in Saalbach und Viehhofen so entsetzlich ausgefegt und zeigten die nackten Felswände. Schaden anrichtete, hat auch im Nachbartal Die Stallungen des Rupert Eder wurden weg- von Leogang verheerend gewirkt. gerissen, das gemauerte Haus bis zum ers- ten Stock in Schotter eingepackt. Bei diesem Durch ausgebreitete Vermurungen und tiefe Unwetter ist eine Magd, die beim Martlbauer Ausrisse in den Feldern sah das schöne, grüne im Weizenschnitt war, umgekommen. (Unser Tal aus wie ein Hochkar im Steinberg mit Pinzgau III, S. 182, Oberschulrat Pürstl.) mächtigen Moränen und Schutt und Gestein. Im Schwarzleograben wurde der Fahrweg total Alle bisherigen Wasserschäden übertraf das weggerissen. Überall musste der Verkehr auf Jahr 1899. Am 13.09.1899 stürzten nach an- großen Umwegen durchgeführt werden. haltenden Regenfällen vom Birnhorn riesige Am 06. und 07.09.1920 haben sich die Leogan- Wasserbäche herab, die den Bahndamm weg- ger Ache und ihre Zuflüssse alsWildwasser schwemmten. Als gerade ein Personenzug mit gröbster Sorte gezeigt. Bei der Hartl- und Feriengästen die Stelle passieren wollte, stürz- Trogersäge wurden der Staumur des Werkes ten zwei Lokomotiven, drei Personen- und und die Brücke weggetragen. Große Bret- der Dienstwagen über den Damm hinab. Zwei terstaffel, Blochholz und ein Heustadel des Menschen kamen ums Lebens: Hauptschulleh- Aigner Weber wurden fortgeschwemmt. Am rer Unterweger von Judenburg mit seiner ihm schlimmsten hat der Birnbach im Ullachtal eben angetrauten Frau wurden auf der Hoch- gewütet. Unter schauerlichen Getöse wälzte zeitsreise von den Schuttmassen begraben. sich lawinenartig eine mächtige Plaike herab Nach Ablauf der größten Schlammmassen sah und türmte im Bachbett eine riesige Stein- man den Fuß einer Frau aus dem Geröll ragen. und Schlammmure auf, sodass die Leute aus Es war der Fuß der jungen Frau, die ein so ent- vier Häusern, die in Ufernähe stehen, schleu- setzliches Ende nehmen musste. Die Leiche nigst fliehen mussten.Stachelberg, Stoffen, des Lehrers hat man nicht mehr gefunden. Das Pürsten und Huder wurden am schwersten war in Grießen. Es gab drei schwerverletzte Ei- mitgenommen (Salzbg. Chronik 1920, 208.) senbahner und mehrere Leichtverletzte, unter 1929 hat der Schwarzbach am 29. August welchen auch Pfarrer Wieser von Unken war. Wege und Verbauungen weggerissen und viel Außerdem wurde die Millingmühle, das Mur- Unheil angerichtet. werk des Bäckers, die neue Trogerbrücke, die Fabrik des Karl Krupp und einige Häuser teils Am 12. August 1930 bombardierte ein Gewitter ganz – teils bis zur Unbrauchbarkeit demoliert. den Leoganger Steinberg so, dass der Birn- Von der Martlmühle blieben nur Mauerreste bach und der Eckersbach unter unheimlichem übrig, die Wege und Straßen sind größtenteils Krachen und Getöse viele entwurzelte Bäume verschwunden. Auf den Feldern liegen große und Wurzelstöcke ins fruchtbare Tal herab- Schutthaufen, auf dem Schutt die Trümmer wälzten und große Steine auftrugen. Den Weg und Reste der Heustadel und anderer Gebäu- duldete der Bach nicht an seiner Seite. de sowie Unmengen von geborstenem Holz. 1935 gab es wieder Vermurungen durch den Zwischen Bahnhof und Wimmbrücke sah es am Weißbach, Bruckbach und Hinterrettenbach schlimmsten aus: das ganze Tal bis Hochfilzen bei Hütten. Die zweigleisige Bahnstrecke bot ein Bild gräulichster Verwüstung. (Salzbg. wurde verschüttet. Tagblatt und Chronik 1899, 212-214.) Seite 249 JOSEF LAHNSTEINER

SAGEN

Beim Bichlbauer hat es oftgegeistert. In der schaffenes Leben. Am Barbaratag, dem Festtag Heiligen Nacht hat der Geist mit einer Pech- der Knappen, stellten sie für die Bergmandl, die fackel vom Hochsims, dem oberen Balkon, zur in den Klüften und verlassenen Stollen hausten, Kirche herüber geleuchtet. Diesen Geist haben etwas zum Essen und Trinken auf und hängten sie bannen, vertreiben wollen. Aber kein Geist- ein rupfenes Grubengewand im Stollen auf. Die licher war imstande, ihn zu verscheuchen, weil Bergmandl wiesen dafür die Knappen dort und er jedem seine Fehler vorgehalten hat. Endlich da auf einen erzreichen Gang hin. Viele Jah- kam ein recht frommer Priester, dem er nichts re blieb der Stollen sehr ergiebig, sodass die nachsagen konnte, als dass er als Schulbub Knappen gut verdienten und ihren Lohn in Gold einmal ein Kreuzermesserl gestohlen habe. Der ausbezahlt bekamen. Aber je mehr sie verdien- ist Herr geworden über den Geist. Der Geist kam ten, desto üppiger wurden sie. Sie fingen an, als graubärtliges Mannl in die Stube herein, wo dem Trunk und dem Spiel zu huldigen, ließen der Geistliche betete. Während des Betens ist sich Wein aus dem Süden heraufbringen und das Mannl immer kleiner geworden, so klein, trieben allerlei Luxus. Sogar eine feine Kegel- dass er in einem Spaderl Platz hatte.Da tat ihn bahn bauten sie sich, stellten silberne Kegel der Priester in das Spaderl hinein und trug das auf und spielten mit einer goldenen Kugel. Ja Schachterl auf die Saubachnieder hinein, um ihr Übermut wurde so groß, dass sie die Tiere es dort einzugraben. Während er den Geist an unnötig zu necken und quälen anfingen. Ein einem Haus vorübertrug, haben sie ihn im Hause alter Knapp war wohl unter ihnen, der bei ihren winseln und weinen gehört. Dann war Ruhe vor Ausgelassenheiten nicht mitmachte, sondern dem Geist. immer wieder warnte und abmahnte. Aber sie lachten ihn nur aus. Eines Tages sahen sie auf Der Schneider Thomerl, der 1890 noch lebte, hat der Krinneckalm einen großen Stier grasen. Den Wetter machen können. In ein bestimmtes Feld trieben sie ins Tal hinein, banden ihn an eine hat er einen Hagel hineinpraktizieren können. Säule, zogen ihm bei lebendigem Leibe die Haut Der Pfarrer hat ihn darüber einmal zur Rede ab, obwohl er fürchterlich brüllte und stülpten gestellt und gesagt: „Das musst du mir zeigen, sie ihm über den Kopf. Auf einmal riss sich der wenn du wirklich Wetter machen kannst.“ Dann Stier unter entsetzlichem Gebrüll los und stürm- hat er richtig ein Wetter gemacht, dass der Hagel te hinaus nach Hütten. Dort erbarmten sich die im Pfarrgarten alles zu Kraut zerschlagen hat. Schmelzer und töteten das rasende Tier. Als am Auf das hin haben sie ihn ein zweites Mal ge- nächsten Tag die Knappen wieder in den Berg tauft, weil bei der ersten Taufe etwas Wichtiges einfuhren, hörte der alte Knapp auf einmal ein ausgelassen worden war. Von nun an war es unheimliches Gurgeln und Rauschen, wie von auch mit dem Wetter zu Ende. einem mächtigen Wasserfall. Auf das hin lief er eilend dem Ausgange zu, so schnell ihn die Füße Die Pucherhäuslquelle trugen. Kaum war er heraußen, da ergossen sich Im Schwarzleotal entspringt neben dem Weg wilde Wasser in die Schächte und alle 50 Knap- eine große Quelle. Sie ist durch einen Wasser- pen mussten elend zugrunde gehen, keiner hat einbruch in einem Bergwerk entstanden. Die das Licht des Tages mehr gesehen. Von diesem Gewerken ließen einmal unter der Abergalm Tage an nahm die Ergiebigkeit nach und nach einen neuen Stollen schlagen. Die Knappen ab. Heute erinnert nur die große Quelle noch an waren fleißig am Werk und führten ein recht- das grausige Ereignis. (VL Leonhard Höck.) LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 250

Die Frau Percht vielleicht gibt dir die Frau das Augenlicht wie- In den Rauchnächten der Weihnachtszeit geht der zurück.“ Das tat er. Richtig kam die Percht die Frau Percht von Haus zu Haus. Ganz still abermals daher, die Kinder trippelten herein und schleicht sie um Mitternacht in die Häuser. Sie ein Mädchen rief: „Heute brennen keine Lichter ist gut zu den Menschen und tut ihnen allerhand im Backofen!“ Die Frau sagt: „So zünd sie halt Gutes, wo sie fleißig und ordentlich sind. Am wieder an.“ Das Kind leuchtete nun mit einer Perchtentag, dem Vorabend vor Heiligen Drei Kerze hinein. Als der Bauer wieder aus dem König, hat sie eine Schar kleiner weißgekleide- Ofen kroch, war die Percht längst dahin. Aber er ter Kinder bei sich, das sind die unschuldigen merkte jetzt mit großer Freude, dass er wieder Kinder, die ungetauft gestorben sind. Bei einem sehen konnte wie vorher. (VL Leonh. Höck.) Bauern in Hütten stellte die Bäuerin in dieser Nacht eine Schüssel mit Krapfen auf den Tisch, Die Hinterrieder Dirn um sie und die Kinder zum Essen einzuladen. Ein Handwerksbursch, ein Schuster, kam aus Denn wenn die Percht ins Haus kommt, gibt es Tirol über den Grießenpass nach Hütten. Er ein gutes Jahr. Der Bauer hielt nichts auf die war müde und hungrig und wollte beim Wirt Percht, aber neugierig war er doch, wie sie aus- übernachten. Aber es war alles voll. Er musste schaut und was sie etwa macht. Darum kroch wieder weitergehen. Er versuchte nun beim er an diesem Vorabend in den Backofen hinein, Hinterriederbauern unterzukommen. Als er der in der Stube war und wollte durch die kleine dorthinkam, haben sie gerade Rosenkranz Luke im eisernen Türl herausspähen, ob die gebetet, weil Samstag war. Er ging daher noch Percht wirklich kommt. Die Zeit wurde ihm wohl nicht hinein sondern ums Haus herum und sehr lang im Ofen drin, aber schließlich schlug schaute bei jedem Fenster hinein. In einer die Uhr doch einmal zwölf. Da ging richtig die Tür Kammer sah er aufgehängten Speck und in der auf und ein heller Lichtschein drang in die Stube. Ecke eine Lederrolle. Das Leder hat ihm gar in Eine große schöne Frau mit blondem Haar und die Augen gestochen, weil er ja Schuster war. faltenreichem Gewande trat ein. Sie war von So einen Fleck hätte er gerne mitgenommen. einer Anzahl lieblicher Kinder begleitet. Die Frau Er rollte einen Hackstock heran, stieg hinauf schaute unruhig in der Stube hin und her. Denn und wollte sich zwischen den Fensterspangen die Perchten wollen ja von den Menschen nicht hineinzwängen. Aber er blieb stecken. Da fing belauscht und beobachtet werden. Sie aß aber er zu schelten an: „Teufel! Der Teufel soll die nichts von den Speisen auf dem Tische und Fensterspangen holen!“ Nun hörte er hinter auch die Kinder nicht. Da rief eines der Mägdlein sich ein heiseres Kichern und Lachen. Als er mit haardünner, feiner Stimme: „Mutter, im Ofen schaute, erschrak er. Ein Mann, eine absonder- brinnen zwei Lichtlein!“ – „Lösch sie aus“, befahl liche Gestalt, stand auf einmal da. „Was tust die Frau. Das Kind trippelte zum Ofen hin und du da?“, redete ihn der Schuster an. „Du hast blies beim Guckloch hinein. Dann verschwand mich ja gerufen“, erwiderte der Leibhaftige,„ich die Percht mit ihren Kindern. Als der Bauer aus kann deinen Wunsch schon erfüllen, aber erst, dem Ofen herauskroch, merkte er, dass er nichts wenn sie mit dem Beten fertig sind.“ Der Teufel mehr sehen kann, dass er blind sei. Jetzt war der hatte in diesem Hause noch etwas anderes im gute Geist vom Haus weg und es gab Unglück Sinn. Bei diesem Bauern war eine Dirn, schön und Unreim auf dem Feld und beim Vieh. Der gewachsen, sauber, hatte blonde Zöpfe und Bauer wurde ganz verzagt und kleinmütig. Eine blaue Augen und immer ein fröhliches Gesicht. alte Frau gab ihm den Rat: „Versuch es noch ein- Ihre Freude war das Tanzen, die Burschen mal, kriech am Perchtenabend in den Backofen, rissen sich um das Mädchen, denn sie war die Seite 251 JOSEF LAHNSTEINER schönste im Tal. Sie sagte: „Tanzen tu i halt so räumte, saß das Männlein noch da und schaute viel gern; i wurd a mit’n Teufö tanzen, wenn mit verlangenden Augen auf die vielen frisch- er kam und ums Tanzen fragat.“ Unterdessen gebackenen Brotlaibe, die so köstlich dufteten. hatten sie in der Stube zu beten aufgehört und Endlich fasste er den Mut und bat die Bäuerin daher traten die beiden ein. Der Teufel wollte um ein Stück Brot. Die Frau war aber geizig und sich schnell an das Dirndl heranmachen. Er war gab nicht leicht etwas her. Darum hat sie auch selber als sauberer Bauernbursch gekleidet und diesmal nur ein hartes Scheltwort für das arme wollte sie nun zum Tanz führen. Als der Schus- Männlein. Mit unheimlich grollenden Augen zog ter die junge Dirn sah, gefiel sie ihm sofort. das Mannl ab. Am andern Tag heizte die Nach- Aber sie tat ihm leid, wenn sie in die Hände des barin den Ofen zum Backen. Wieder saß das Schwarzen fallen sollte, denn er hat seinen Be- kleine Mannl da auf einer Torsäule und schaute gleiter wohl erkannt. Und als der Geschwänzte der Bäuerin zu. Als sie eine Reihe Brotlaibe auf die Dirn bei der Hand nehmen wollte, um mit ihr die Bretter gelegt hatte, bat sie der Mann um zur Unterhaltung zu gehen, da riss der Schus- ein Stück Brot, weil er so hungrig sei. Sofort ter das Weihbrunnkrügl von der Wand herab, schnitt die gutmütige Bäuerin ein großes Stück schüttete dem Mädchen das geweihte Wasser von einem Laib ab, gab es ihm und auf seinen über den Kopf und sprach: „Helf dir Gott!“ Auf Dank sagte sie herzlich: „Gesegn’ es Gott!“ Als das hin stieß der Teufel einen saftigen Fluch die Frau sah, wie das Mannl so begierig aß, aus und stieß mit dem linken Fuß an die Wand, obwohl das Brot noch warm war, gab sie ihm dass man hernach deutlich die Spur eines Pfer- noch ein schönes Stück mit dem Wunsche: dehufes ausnehmen konnte. „G’segn’s Gott!“ Alle waren sprachlos vor Schrecken und das Nach einigen Tagen ging diese Frau in den Mädchen war blass wie eine Mehltruhe ge- Holzschlag hinauf, der hoch ober dem Bauern- worden. Vom Schuster verabschiedete sich lehen war und wollte dort Moosbeeren brocken. der Teufel mit dem Ruf: „Du verfluchter Leder- Sie hatte aber das Wegerl verloren und kam im doipp!“ und mit Getöse und Schwefelgestank Herumirren zu einem schmalen tiefen Graben, sprang er zur Tür hinaus. Das Mädchen war von aus dem Rauch aufstieg. Vorsichtig schlich sie dieser Stunde an von ihrer Tanzwut geheilt. Die da hinunter und fand auf dem Boden ein klei- war dem Schuster überaus dankbar, dass er sie nes Häuserl, daneben einen Backofen. Mehrere aus den Klauen des Geschwänzten entrissen kleine Mandl waren mit dem Backen beschäf- hatte. Beide fanden Gefallen aneinander und tigt, die einen trugen dicke Knüttel herbei zum wurden ein glückliches Ehepaar. Einheizen, andere kneteten den Teig, formten (Leonh. Höck.) (Doipp = Dieb) die Laibe schön rund und schossen sie mit der Backschaufel geschickt in den Ofen. Die Bäuerin Die steinernen Brotlaibe interessierte sich für diese Arbeit und schau- Zwei nebeneinander stehende Bergbauern te eine Weile zu. Auf einmal entdeckte sie das hatten einen gemeinsamen Backofen, den sie Männlein, dem sie das Brot gegeben hatte. Zu abwechselnd benützten. Um Holz zu sparen, dem trat sie hin und bat: „Geh, lass mich auch haben sie immer an zwei aufeinanderfolgen- von deinem Brot ein wenig kosten.“ Das Mannl den Tagen gebacken, aber nur viermal im Jahr. sagte: „Gleich, aber jetzt ists noch nicht ausge- Als wieder Backzeit war und die erste Bäuerin backen, musst halt ein bissl warten.“ Das machte die Brotlaibe in den Ofen schoss, schaute ihr ihr nichts. Sie setzte sich abseits ins weiche unvermerkt ein kleines fremdes Männlein zu. Moos und schlief da ein. Als sie wieder erwach- Und wie sie die gebackenen Laibe heraus- te, war das Brot fertig und das Mannl gab ihr LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 252 einen halben Laib. Soviel konnte sie aber nicht wo jetzt die Rinder grasten, stand auf einmal essen, packte daher den Scherz in die Tasche ein kleines Männlein neben ihm, das ihn auf- und ging heim. Als sie das Brot aus der Tasche forderte, mit ihm zu gehen. Er ging tatsächlich nahm, machte sie große Augen, denn aus der mit, zuerst durch eine steile Rinne hinauf, dann Tasche kam ein ganzer Brotlaib heraus. So oft sie mussten sie sich durch einen dichten Latschen- von diesem Brotlaib abschnitt, ergänzte er sich gürtel durchzwängen, bis sie vor einer munteren wieder und nahm nicht ab. Und dieses Brot blieb Quelle standen. Als er da Wasser trinken wollte, immer frisch und g’schmachig, dass alle gern bemerkte er gelbe Körnlein im Sand. Er schaute davon aßen. Jetzt hatte sie immer genug Brot im um und wollte das Männlein fragen, aber es war Hause und brauchte gar nicht mehr zu backen. spurlos verschwunden. Er nahm nunmehr Sand Die geizige Bäuerin erfuhr auch davon und sah aus der Quelle und erkannte, dass Goldkörnlein mit Neid, wie die Nachbarin nimmer zu backen im Sande sind. Damit fülle er einmal seinen Ta- brauchte und doch immer Brot im Haus hatte. bakbeutel und trug ihn heim. Er ging dann noch Sie aber musste wohl oder übel doch backen oft hinauf zu dieser Quelle und holte sich Gold- und tat es mit Unwillen. Als sie wieder einmal sand, sagte aber niemanden ein Wort davon. Nur gebacken hatte und die Brotlaibe aus dem Ofen wunderten sich die Leute, dass er auf einmal herausholte, waren die Laibe ganz hart geworden zahlen und seine Schulden abschütteln kann. und kollerten wie Steine über die Bank herab. Am Ja, sogar ein gutsituierter Bauer wurde er. Er nächsten Tag versuchte sie wieder zu backen, blieb aber trotz des Reichtums lieb und gut und aber es war wieder dasselbe, was aus dem Ofen wohltätig gegen andere Leute. Als er sterbens- herauskam, waren Steine. Nun musste die geizi- krank darniederlag, eröffnete er vor seinen ge Bäuerin selber zu der Nachbarin Brot betteln Leuten sein Geheimnis und sagte ihnen das gehen. Diese gab ihr jedes Mal einen halben Laib. Goldbrünnl an, aber gefunden hat es noch Die steinernen Brotlaibe bewahrte der damalige niemand bis auf den heutigen Tag. Pfarrer in der Kirche auf zum abschreckenden Beispiel für hartherzige Leute. Dort sind sie heu- Die Wilden Frauen vom Rossboden te noch zu sehen. (Leonh. Höck.) Auf dem Haschtl-Rossboden und im Hirnreiter Wald sollen einst Wildfrauen gehaust haben. Die Das Goldbrünnl am Spielberg Sage knüpft sich besonders an zwei seltsam ge- Zuhinterst im Schwarzleotal im Spielbergkar formte Felsstücke. Der eine Stein schaut aus wie floss einst eine Quelle, die Goldsand führte. ein Mädchenkopf; Augen, Mund, Nase, auf dem Ein Bauer in Hütten war in große Not geraten. Haupt eine Krone sind deutlich zu sehen. Am Den ganzen Sommer hat es geregnet und beim anderen Stein kann man den Fußtritt einer gro- schönen Wetter einmal so stark gerieselt, dass ßen Frau eingedrückt sehen. Die Wilden Frauen fast die ganze Ernte zerschlagen wurde und er am Rossboden waren groß und stark und meist Getreide kaufen musste, damit seine Familie zu auch schön. Die goldblonden Haare reichten bis leben habe. Immer wieder musste er Geld auf- auf den Boden herab und ihre Augen waren blau nehmen und Schulden machen, obwohl er flei- wie das Vergissmeinnicht. In hellen Mondnäch- ßig bei der Arbeit war und keinen Kreuzer unnö- ten konnte man sie öfter am Saubach sehen, wie tig ausgab. An einem heißen Sommertage ging sie ihre Hirschkühe tränkten. er betrübten Herzens in seine Alm am Spielberg Zu den Menschen waren sie fast immer gut. hinein, um eine Kuh zu holen und zu verkaufen, Manchmal kamen sie zu den Bauernhäusern denn es waren Steuern und Zinsen fällig. Als herab, besonders zum Haschtlbauer und auf er so voller Sorgen hineinging ins Spielbergkar, Sinnlehen. In der Erntezeit halfen sie bei den Seite 253 JOSEF LAHNSTEINER

Arbeiten öfter kräftig mit, verschwanden aber Dann ging der junge Bauer auch heim und er am Abend ohne Abschied und ohne Lohn. war gesegnet sein Leben lang. Der älteste Sohn des Hirnreitbauern verliebte Die Wilden Frauen hatten auch oft schlechte sich in eine solche Frau und kam oft heimlich Zeiten. Manchmal gerieten sie in arge Not. Dann beim Rossbodenscherm mit ihr zusammen. gingen sie um die Melchzeit zu den Stallmägden Er blieb mitunter die ganze Nacht bei ihr, ohne der Hirnreiter Bauern und baten um Milch, auch dass dabei etwas Unrechtes geschehen wäre. Speise und Trank. Die Sennerinnen füllten ihnen Nach einiger Zeit wollte der Vater übergeben gern eine Schale mit Milch an. Die alte Bäuerin und der Sohn musste auf Wunsch des Vaters wollte es mit den Wildfrauen ja nicht verderben. eine reiche Bauerntochter vom Gerstboden Sie stellte jeden Abend einen irdenen Hafen mit heiraten. Bald nach der Hochzeit besuchte der Milch auf die Hausbank. Nach dem Dunkelwer- junge Bauer wieder seine geliebte Wildfrau den verschwand der Topf. Am Morgen stand er und erzählte ihr, dass er jetzt geheiratet habe, leer auf der Hausbank. Aber die junge Bäuerin aber nicht nach seinem Wunsch, sondern nach hielt nichts auf die Wildfrauen. Sie verbot der dem Wunsche des Vaters. Da sagte die Frau mit Mutter das Milchaufstellen auf der Hausbank. trauriger Stimme: „Wenn das so ist, müssen wir Als dann der Topf leer blieb, hörte man öfter zwei auseinander und du darfst nie mehr zu mir ein wehmütiges Klagen und Jammern aus dem heraufkommen. Ich will aber für dein Haus auch Hirnreiter Wald. Seither hat man nichts mehr ge- weiter noch der gute Geist bleiben. Ich mach sehen oder gehört von den Wilden Frauen. Aber mit meinem Fuß einen Tritt in den Stein. Solan- der Mädchenkopf auf dem Rossboden und der ge ihr den Fußtritt sehen könnt, wird Glück und Fußtritt am Stein sind heute noch zu sehen. (VI. Segen nicht mehr von deinem Hause weichen.“ Leonhard Höck, nach Erzählung Simon Scheiber.)

LEOGANGER BRÄUCHE

Zur Erhaltung der alten Bräuche, der alten so Festtag, der mit einem Hütertanz beendet wird. schönen Trachten, Volkslieder und Volksspiele wurde 1929 der Gebirgstrachtenerhaltungs- Im September und schon Ende August, wenn verein „D’Spielberger“ gegründet. Er bemüht die weißen Milchdiebe (Augentrostblümchen) sich, alte gute Sitten und Bräuche, alte Trachten zu blühen anfangen, lässt auf den Almen die und Lieder im Volke lebendig zu erhalten. Leider Weide nach. Nach Ruperti (24. September) sind diese Bemühungen nur von geringem rüstet man zum Almabtrieb. Wenn sich wäh- Erfolg gekrönt. Obmann des Trachtenvereines rend des Sommers kein Unglück beim Vieh ist Franz Herzog und die bekannte Heimatpfle- und bei den Menschen im Hause ereignet hat, gerin Frau Käthe Talmann ist um die lebendige wird festlicher Abtrieb von der Alm gehalten. Pflege des alten guten Brauchtums besorgt. Die Kühe werden geschmückt, bekommen wie bei der Auffahrt die großen Glocken um den Am Schutzengelsonntag, dem ersten Sonntag im Hals gehängt, der Stier trägt ein geschmücktes September, werden die Schafe auf den Bergen Bäumchen zwischen den Hörnern. gesucht und zusammengetrieben. Am Montag findet am Pürzbühel die„Schaflschoad“, die Am 6. November ist Kirchtag. Da wird zu Eh- Scheidung der Schafe und Zuteilung an die ein- ren des Kirchenpatrons, des hl. Leonhard, am zelnen Besitzer statt. Das ist seit alten Zeiten ein Nachmittag der Leonhardiritt veranstaltet. LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 254

Die Musikkapelle in der Knappenuniform geht In Leogang sah man noch vor nicht langer Zeit voraus. Ihr folgen auf buntgeschmückten viele Leichenbretter an den Stadeln neben dem Pinzgauer Rossen der „heilige Leonhard“, die Kirchweg hängen. Das ist ein Brauch, der die heilige Barbara“, eine Abordnung der Bergknap- Gegend interessant macht. Viele Fremde haben pen, Mitglieder des Trachtenvereines und viele ein gutes Auge gerade für die Eigentümlichkei- Bauernburschen hoch zu Ross. Ein mitreitender ten einer Gemeinde. Im Interesse des Fremden- Priester segnet Felder und Wiesen der Gemein- verkehrs sollte man solche Eigenheiten pflegen de. Vor dem Kriegerdenkmal findet zuletzt die und nicht abkommen lassen. Dieser Brauch Pferdesegnung statt, dass der Herrgott die geht zurück auf die erste Landnahme der Tiere vor Krankheit und Unglück beschütze. Bauern in unserer Gegend. Er verrät auch echte, deutsche Gemütsart, an die verstorbenen Eltern Am 4. Dezember feiern die Bergknappen vom und Angehörigen möglichst lange erinnert zu Magnesitwerk nach alter Tradition den werden und ihrer zu gedenken. Barbaratag, denn die hl. Barbara ist die Schutz- patronin der Bergknappen. In früheren Zeiten Faulen Kindern wird die Drohung gemacht, stellten sie für die Bergmandl, die nach altem dass sie von der Leonhardikette um die Kirche Glauben in den verlassenen Stollen und Berg- ein Glied abbeißen müssen. (Gugitz, Gnaden- klüften hausen, Essen und Trinken auf den Tisch stätten Salzburgs, S. 175.) und hängten in den Stollen ein rupfenes Gru- bengewand, damit die Mandl den Berg beschüt- Beim Trachtenfahren am 8. Februar 1959 auf zen und den Bergsegen nicht verschwinden dem Zeller See trug die Hochzeitsgruppe unter lassen. (Leonhard Höck.) Führung von Frau Dr. Talmann einen Grup- pen- und vier Einzelpreise heim. Die Leoganger An den Donnerstagen im Advent ziehen die halten Gott sei Dank noch viel auf ihre schöne Anklöckler von Haus zu Haus. Pinzgauer Tracht.

UNTATEN

Der Örgen-Wolfenbauer Rupert Millauer zu Beim Krämer Stephan Persterer wurde im Sinning hat sich 1777 an seiner Dirn vergangen, Herbst 1779 von dem Vaganten Andre Wolfs- sodass sie schwanger wurde. Nach Bekannt- egger ein Einbruch verübt. Er ist mit zwei werden der Schwangerschaft hat er sie sofort Bettelbuben ins Haus eingedrungen, hat die nach Waidring entlassen. Dechant und Pfarrer 20-jährige Magd mit Stricken ans Stiegen- müssen sich mit dem Fall befassen. Sie sind für geländer gebunden und sodann den für die Geheimhaltung des Vergehens. Aber der Bauer damalige Zeit sehr hohen Geldbetrag von muss im Pfarrhof in aller Stille seinem Weibe 333 Gulden geraubt. Es wurde in Bayern auf- feierlich abbitten, Besserung versprechen und gegriffen, aber nicht ausgeliefert, sondern in eine geistliche Strafe hinnehmen. (Kons.-Arch. Reichenhall zum Tode verurteilt und am Leog. 1779.) 16. Dezember 1779 dort hingerichtet. Seine Leiche wurde auf ein Rad gebunden und durch die Stadt geschleift zur Abschreckung von Verbrechen. (L.A. Krim.-Akt., Saalfelden 1779.) Literatur Einsele Hermann, Führer durch die Leoganger Steinberge Einsele Hermann, Der Leoganger Steinberg, Zeitschr. DÖAVC 1926 Leidlmair A., Formenentwicklung im Mittelpinzgau, 1956 Martin, Kunsttopographie Saalfelden Pürstl Ludwig, Unser Pinzgau II 22, 23, 1, III 12-15, III 7, 9.

Seite 255 Impressum Verleger: Bergbau- und Gotikmuseum Leogang 2019 5771 Leogang, Hütten 10 Autoren: Liselotte Huber Ludwig Pürstl Josef Lahnsteiner Satz/Layout: Dr. Alois Schwaiger, Leogang und Christian Nindl Grafik Design GmbH Datenerfassung: Doris Frick, Andreas Herzog, Hermann Mayrhofer Korrektur: Johann Herzog, Helga Mayer, Isabella Pfeffer Copyright: © Bergbau- und Gotikmuseum Leogang Druck: Samson Druck St. Margarethen Titelbild: Michael Hofer (1834–1916) Bergbau- und Gotikmuseum 2019 © Bergbau- und Gotikmuseum Leogang Foto: Susanne Bayer Seite 257 JOSEF LAHNSTEINER

Das bayrische Forsthaus 1942 Das bayrische Forsthaus 1950 Quelle: Bergbaumuseum Quelle: Bergbaumuseum

Das Berbaumuseum 2002 Das Berbaumuseum 2002 Quelle: Bergbaumuseum Quelle: Bergbaumuseum LEOGANG – AUSZUG AUS DER CHRONIK MITTERPINZGAU Seite 258