Gewässerchemische Untersuchungen an und Rhein nach der Hochwasser- katastrophe vom 14./15.07.2021

Sondererhebung der SGD-Nord und des LfU Rheinland-Pfalz

Im Rahmen eines Sondermessprogramms der SGD-Nord konnten Wasserproben im Längsverlauf der Ahr für eine gewässerchemische Untersuchung gewonnen werden. Die erste Beprobung wurde am 02. und 03.08.2021 durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Probenahme vermitteln eine „Momentauf- nahme“ der Gewässerbelastung ca. drei Wochen nach dem Hochwasserereignis. Eine konsolidierte Betrachtung unter Berücksichtung der fortschreitenden Aufräumungs- und Sanierungsarbeiten sowie weiter abnehmenden Wasserständen kann erst nach Vorliegen der Ergebnisse weiterer Untersu- chungen (16./17.08. und 30./31.08.2021) erfolgen.

Darüber hinaus führte das LfU am 10.08.2021 eine erste Beprobung mit dem Mess- und Laborschiff MS Burgund im Rhein im Bereich der Ahrmündung durch.

Die im Vorfeld abgestimmten Probenahmestandorte sind in Abb. 1 dargestellt. An der Ahr konnten aufgrund erschwerter Zugänglichkeit nur 11 der 13 ausgewählten Messstellen angefahren bzw. be- probt werden (wasserchemisch nicht beprobt wurden Ahr unterhalb KA Mayschloss und Ahr gegen- über KA ).

Abbildung 1: Messstellen zur Beprobung der Ahr und des Rheins im Mündungsbereich der Ahr.

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Abflusssituationen an den untersuchten Gewässern

Zur Einordnung der gemessenen Stoffkonzentrationen spielen die Abflussverhältnisse der untersuch- ten Gewässer eine große Rolle. Während der Probenahme an der Ahr am 02./03.08.2021 lagen die Abflüsse im Bereich der langjährigen mittleren Abflüsse für das Sommerhalbjahr (s. Tab. 1). Bei der Probenahme im Rhein mit dem Mess- und Laborschiff MS Burgund am 10.08.2021 lag der Abfluss im Rhein dagegen deutlich oberhalb des MQ im Sommerhalbjahr. Das Verhältnis von Ahr- zu Rheinab- fluss betrug etwa 1 : 1163, so dass die „Ahrfahne“ im Rhein sehr stark verdünnt wurde.

Tabelle 1: Abflussverhältnisse an den untersuchten Gewässern im Vergleich zu dem mittleren Abflüssen im hydrologischen Sommerhalbjahr.

MQ Sommer- Gewässer Pegel 02.08. 03.08.21 10.08.21 halbjahr Ahr Abfluss Pegel Altenahr in m3/s 3,26 3,30 2,52 3,52 Rhein Abfluss Pegel Andernach in m3/s 2790 2880 2930 1830

Untersuchter Parameterumfang und Stoffgruppen

Die Proben wurden auf 194 Parameter untersucht, darunter:

Organischen Spurenstoffe:

 71 Pflanzenschutzmittelwirkstoffe (PSM) und einiger ihrer Abbauprodukte  26 halogenierte Kohlenwasserstoffen  26 Aromate und polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoff (PAK)  7 Komplexbildner  3 Arzneimittelwirkstoffe  12 sonstigen organische Spurenstoffe

Metalle, anorganische Stoffe und Summenparameter:

 28 Metalle und Schwermetalle  11 Nährstoffparameter  3 Summen- bzw. Gruppenparametern  sowie weitere Basisparameter (Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit)

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Ergebnisse:

Um eine leichtere Einordnung der Werte zu ermöglichen, werden die einzelnen Parameter, soweit möglich, den jeweiligen Mittelwerten der Analysen der letzten drei Jahre (Jahrgänge 2018 bis 2020) bzw. den Umweltqualitätsnormen (UQN) und Orientierungswerten der Oberflächengewässerord- nung (OGewV 2016) gegenübergestellt.

Um die Interpretation der Analysewerte zu strukturieren, orientiert sich die Darstellung der Gewäs- serbelastung an den in der Diskusssion stehenden, hochwasserbedingten Gefahren- und Eintrags- quellen. Betrachtet wurden hierbei mögliche Gewässerverunreinigungen durch:

 Abwasser: geschädigte oder zerstörte Kanalisationen und Kläranlagen  Nährstoffe: verstärkte Nitrat- und Phosphatausträge aus der Landwirtschaft (Bodenabtrag) und aus zerstörten Abwasseranlagen  Mineralölrückstände: ausgelaufenen Heizöltanks, Treibstoffe aus zerstörten Tankstellen und ausgelaufenen Benzintanks  Pestizide: zerstörte landwirtsachftlichen Betriebe, Abschwemmungen aus Weinbergen und landwirtschaftlichen Nutzflächen  Schwermetalle: Austräge aus geschädigten metallverarbeitenden Betrieben, Autobatterien  sonstige Schadstoffe mit auffälligen Konzentrationen: Deponien, geschädigte Betriebe oder Haushalte.

Bei den hier aufgeführten Betrachtungen steht die Relevanz für die Umwelt und die aquatischen Le- bensgemeinschaften im Vordergrund (Gewässerqualität und Ökotoxikologie). Humantoxikologische und humanpathologische Gefährdungen durch hygienischen Belastungen können durch das LfU nicht beurteilt werden. Gleichwohl kann die Untersuchung von Fäkalkeimen im Gewässer ein Indika- tor für eine Abwasserbelastung sein.

Gesamtfazit: Die Gewässerbelastungen durch die Folgen der Hochwasserkatastrophe werden vor al- lem im Siedlungsbereich Bad Neuenahr sowie im Einflussbereich der beiden größeren Kläranlagen in Sinzig und am Adenauer Bach bei Dümpelfeld sichtbar. Hier treten auch erhöhte Phosphorkonzentra- tionen auf. Allerdings sind die beobachteten Belastungen weit weniger gravierend, als es die Zerstö- rungen auf den Kläranlagen hätten erwarten lassen. Insbesondere im oberen Bereich der Ahr liegen die abwasserrelevanten Stoffgrößen vielfach wieder in Konzentrationsbereichen wie vor der Kata- strophe. Dabei ist zu bedenken, dass zum Zeitpunkt der Probenahme der Abwasserzustrom auf die Kläranlagen durch zerstörte Kanäle, Wasserleitungen und Wohnhäuser deutlich geringer war (und ist) als ursprünglich. Zum anderen tragen auch getroffene Sofortmaßnahmen, wie der Einsatz von mobilen Kläreinheiten und Toilettenanlagen zu diesem Bild mit bei. Bezüglich der organischen Spurenstoffe finden sich in den o. g. Siedlungsbereichen Hinweise auf Mi- neralöl- und/oder Treibstoffrückstände, deren Verhalten (Abbau) in den Folgeuntersuchungen weiter betrachtet werden muss. Keine Probleme bestehen hinsichtlich des Eintrags von Pflanzschutzmittelwirkstoffen. Ähnliches gilt für Arzneimittelwirkstoffe, wobei aktuell nur drei Subtanzen analysiert werden konnten.1

Bei den darüber hinaus untersuchten organischen Spurenstoffen gibt es erhöhte Belastungen durch vier Stoffe aus der Substanzklasse der Polycyclischen aromatischen Kohlenstoffe (PAK) im Siedlungs- bereich von Bad Neuenahr, die vermutlich aus Abschwemmungen von befestigten Flächen und Ver- kehrswegen resultieren. Hier treten auch erhöhte Bleikonzentrationen auf.

1 Die Palette der zu untersuchenden Arzneimittelwirkstoffe wird in den Folgeuntersuchungen deutlich ausge- weitet.

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Bei der Gesamtschau der Ergebnisse muss bedacht werden, dass extreme Abflüsse und Fließge- schwindigkeiten bei dem Hochwasserereignis aufgetreten sind. Es ist daher anzunehmen, dass dabei viele Schadstoffe bereits mit der ansteigenden Hochwasserwelle bzw. in den ersten Tagen nach der Katastrophe ausgespült oder umgelagert wurden und sich folglich nicht mehr im Gewässersystem befinden. Dennoch wird es wichtig sein, das Sondermessprogramm sanierungsbegleitend fortzufüh- ren, um die weitere Entwicklung zu dokumentieren.

Betrachtung hochwasserbedingter Gefahren- und Eintragsquellen in der Ahr

Einträge kommunaler Abwässer: Ökologische Wirkung: Bei nicht oder nur ungenügend gereinigten kommunalen Abwässern ist in ers- ter Linie der Eintrag von leicht abbaubaren organische Stoffen zu befürchten (hohe TOC- und CSB- Werte), in deren Folge die Sauerstoffgehalte durch Zehrungsprozesse in kritische Bereiche absinken können. Darüber hinaus sind hohe Ammoniumgehalte ein Anzeichen für Abwasserbelastungen und bewirken eine starke Sauerstoffzehrung. Unter bestimmten Bedingungen (v. a. bei hohen pH-Wer- ten) können dabei fischgiftige Konzentrationen an Ammoniak im Gewässer entstehen. Schließlich sind auch erhöhte Konzentrationen von Arzneimittelwirkstoffen ein Hinweis auf kommu- nale Abwässer. Ihre Wirkung auf Gewässerorganismen kann ganz unterschiedlicher Natur sein und ist z. T. nur ungenügend bekannt.

Ergebnisse: In den Einflussbereichen der Kläranlage Adenauerbach (Dümpelfeld) und insbesondere im Stadtgebiet von Bad Neuenahr ist eine organische Belastung an erhöhten TOC- und CSB-Werten erkennbar. Die Sauerstoffversorgung ist aber auch in diesen Abschnitten auf Grund der günstigen Ab- flussverhältnisse unproblematisch (8,8 bzw. 9,4 mg/L O2). Dies gilt auch für die Messungen unterhalb der Kläranlage Sinzig (8,5 mg/L O2). Dort werden erhöhte, aber nicht akut kritische Ammoniumgeh- alte festgestellt. Die Siedlungsgebiete von Sinzig und Bad Neuenahr fallen zudem durch hohe Trü- bungswerte auf, möglicherweise verurschat durch Schlammeinträge. In allen anderen beprobten Be- reiche der Ahr liegen die betrachteten Abwasserindikatoren zum Zeitpunkt der Probenahme auf ei- nem niedrigen Niveau. Von den drei untersuchten Arzneimittelwirkstoffen (Clofibrinsäure, Carbamazepin, Diclofenac) fällt lediglich Diclofenac in einer Probe unterhalb der Kläranlage Sinzig mit einer über den Vergleichwer- ten der Vorjahre liegenden Konzentration auf (0,12 µg/L). Ansonsten findet man den Stoff in deutlich geringeren Konzentrationen nur noch an den Messstellen in Bad Neuenahr und unterhalb der Kläran- lage Adenauer Bach (Dümpelfeld). An allen weiteren Messstellen konnte keiner der drei Arzneimittel- wirkstoffe nachgewiesen werden. Unterhalb der Kläranlage in Sinzig trat noch Carbamazepin in gerin- ger Konzentration auf.

Fazit: Erhöhte Belastungen durch häusliche Abwässer sind im Bereich der beiden großen Kläranlagen in Sinzig mit 115.000 EW und Adenauer Bach (Dümpelfeld) mit 20.000 EW sowie im Siedungsbereich von Bad Neuenahr zu beobachten. Ökologisch kritische Situationen sind dadurch derzeit aber nicht zu erwarten. Vor allem im oberen Abschnitt der Ahr (oberhalb der Kläranlage Adenauer Bach in Düm- pelfeld) treten die Belastungsindikatoren (mit wenigen Ausnahmen) in etwa wieder in der Größen- ordnung der Vergleichswerte aus den Vorjahren auf. Die Sauerstoffversorgung der Ahr ist gut, so dass eine Erholung bzw. Wiederbesiedung geschädigter Biozönosen diesbezüglich derzeit nicht limi- tiert ist.

Nährstoffeinträge

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Ökologische Wirkung: Nitrat und Phosphor gelangen bei der Siedlungsentwässerung (Kläranlagen, Mischwassereinleitungen) sowie aus diffusen Quellen (Abschwemmungen aus landwirtschaftlichen Nutzflächen) in die Gewässer. Hohe Phosphoreinträge bewirken ein starkes Algenwachstum im Ge- wässer (Eutrophierung).

Ergebnisse: Die Nitratkonzentrationen liegen an allen Messstellen im Bereich der Jahresdurch- schnittskonzentrationen der (sehr trockenen) Vergleichsjahre 2018 bis 2020, teilweise sogar deutlich darunter. Dies trifft auch auf die Messstellen mit Kläranlagenbezug und den Siedlungsbereich Bad Neuenahr zu. Anders dagegen die Verhältnisse beim Gesamtphosphor. Hier fällt die Messstellen Bad Neuenahr mit einem Gesamt-P-Wert von 0,4 mg/L auf (Orientierungswert OGewV: ≤ 0,1 mg/L). Er- höhte bis leicht erhöhte Werte finden sich auch im Bereich unterhalb der KA Sinzig (0,29 mg/L) und Adenauer Bach (Dümpelfeld) (0,13 mg/L) sowie bei (0,26 mg/L). An allen anderen Mess- stellen wird der o. g. Orientierungswert sogar eingehalten (!).

Fazit: Hinweise auf erhöhte bis hohe Nährstoffeinträge ergeben sich folglich nur für Phosphor im Be- reich der Siedlungsgebiete bzw. unterhalb der beiden großen Kläranlagen. In Anbetracht der dort entstandenen Schäden sind diese Werte aber zu relativieren.

Mineralölrückstände Ökologische Wirkung: Durch zerstörte Heizöltanks und austretendes Benzin aus abgeschwemmten Fahrzeugen können Mineralölrückstände in die Gewässer gelangt sein. Diese meist leichtflüchtigen Substanzen (z. B. MTBE [Antiklopfmittel]) sind analytisch oft nur schwer zu fassen. Mitunter sind sie durch sichtbare Schlierenbildung und den Geruch besser zu detektieren als über chemische Nach- weise. Mineralölrückstände schädigen auf Grund ihrer toxischer Inhaltsstoffe die Lebensgemein- schaften von aquatischen Ökosystemen.

Ergebnisse: Zur Untersuchung von Mineralölrückständen in den Gewässern wurden der Kohlenwas- serstoff-Index (Summenparameter aus langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen) sowie die Leichtflüchter MTBE und ETBE betrachtet. Erhöhte Werte des Kohlenwasserstoff-Index traten insbe- sondere in Bad Neuenahr (1,5 µg/L) und unterhalb der KA Adenauer Bach (Dümpelfeld) auf (0,31 µ/L). Unterhalb der Kläranlage Sinzig wurde das Antiklopfmittel MTBE mit 0,29 µg/L gemessen. Der Nachweis dieser Stoffe zeigt, dass im Umfeld der Siedlungsbereiche noch Mineralölrückstände zum Zeitpunkt der Probenahme zu beobachten waren. Geringe Spuren dieser Stoffe fanden sich auch an der Probestelle zwischen Waldporzheim und .

Fazit: Mit dem Hochwasser wurden Öltanks zerstört und Fahrzeuge mitgerissenen, wodurch Mineral- ölrückstände in die Gewässer gelangt sind. Ein großer Teil davon ist aber vermutlich mit den hohen Abflüssen bereits aus dem Ahrsystem ausgetragen worden oder hat sich verflüchtigt (Leichtflüchter). In den Siedlungsbereichen lassen sich drei Wochen nach dem Ergeignis aber noch Rückstände dieser Stoffe nachweisen. Dies gilt es weiter zu beobachten.

Pestizide

Ökologische Wirkung: Durch zerstörte Vorratslager in landwirtsachftlichen Betrieben, Abschwem- mungen von landwirtschaftlichen Nutzflächen (z. B. Felder, Wiesen und Weinbergen) können Pflan- zenschutzmittelwirkstoffe (PSM) in die Gewässer eingtragen worden sein. Sie sind in ihrer Wirkung auf die aquatischen Lebensgemeinschaften vielfältig. Insbesonder Insektizide können große Schäden unter den aquatischer Wirbellosen hervorrufen.

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Ergebnisse: Von den 71 untersuchten PSM bzw. deren Metabolite wurde nur wenige Substanzen oberhalb der Nachweisgrenze gefunden. Auch hier ist die Messstelle Bad Neuenahr mit sieben Wirks- stoffen am auffälligsten. Allerdings tritt hier nur Dimethomorph in einer Konzentration oberhalb von 0,1 µ/L auf (0,12 µg/L). Alle anderen Stoffen treten dagegen in Konzentrationen deutlich unterhalb von 0,1 µg/L auf.

Fazit: Nach den bisherigen Messergebnissen resultieren aus den Einträgen dieser Stoffgruppe keine Probleme für die Ahr.

Schwermetalle Ökologische Wirkung: Der Eintrag von Schwermetallen in Gewässer kann vielfältige Ursachen haben. Ein Teil dieser Metalle ist auch geogenen Ursprungs und wird mit Bodenabschwemmungen eingetra- gen. Grundsätzlich sind im Zusammenhang mit dem Hochwasser aber auch Austräge aus geschädig- ten Betrieben oder aus defekten Autobatterien denkbar. Viele Schwermetalle haben eine toxische Wirkung auf Organismen.

Ergebnis: Bei der Betrachtung der Verteilungsmuster bei den Metall- und Schwermetallwerten lässt sich ein grober Zusammenhange mit den Trübungswerten herstellen. Diese sind in den Siedlungsbe- reichen Bad Neuenahr und unterhalb der Kläranlage Sinzig am höchsten, wo auch hohe Schlammein- träge vermutet werden. Dies legt nahe, dass mit der Einschwemmung von mineralischen Sedimenten die Konzentrationen der Metalle wie Aluminium, Eisen und Mangan beim chemischen Aufschluss der Proben freigesetzt wurden. An zwei Stellen treten aber auch erhöhte Bleikonzentrationen oberhalb der zulässigen Jahreshöchstkonzentration von 14 µg/L (OGewV) auf: 44 µg/L in Bad Neuenahr und 14 µg/L unterhalb der Kläranlage Adenauer Bach bei Dümpelfeld.

Fazit: Da bei den ersten Untersuchungen keine Filtration der Proben für die Metallbestimmung vor Ort durchgeführt werden konnte, erfolgte eine Gesamtmetallbestimmung nach Aufschluss. Dabei werden auch die fest an Partikel gebundenen Metallanteile gelöst. Für die Bewertung der Umweltre- levanz der Schwermetalle sind aber die im Wasser gelösten und damit bioverfügbaren Anteile ent- scheidender. Für eine abschließende Bewertung bedarf es daher einer Konsolidierung der Ergeb- nisse. Hohe Konzentrationen treten hier v. a. bei den Metallen auf, die typische Elemente von Tonmi- neralen oder anderer Bodenbestandteile sind.

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Sonstige Schadstoffe Ökologische Wirkung: Durch unvollständige Verbrennungsprozesse (Verkehr, Haushalte, Industrie) entstehen Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Gebunden an Staubteilchen in der Luft, werden diese großflächig verteilt und auf der Erdoberfläche abgelagert (atmosphärische Deposi- tion). Dort können sie durch Niederschläge mobilisiert werden und als Abschwemmungen in die Ge- wässer gelangen. Sie sind in geringen Konzentrationen toxisch und daher in der OGewV geregelt.

Ergebnis: Im Siedlungsgebiet von Bad Neuenahr wurden die zulässigen Jahreshöchstkonzentrationen von Fluoranthen von 0,12 µg/L, von Benzo(b)fluoranthen und Benzo(k)fluoranthen von je 0,017 µg/L und Benzo(g,h,i)fluoranthen von 0,0082 µg/L nach OGewV überschritten. Die Messwerte für Fluoran- then lagen dort bei 0,19 µg/L, für Benzo(b)fluoranthen bei 0,089 µg/L und für Benzo(k)fluoranthen bei 0,052 µg/L und für Benzo(g,h,i)fluoranthen bei 0,084 µg/L.

Fazit: Durch die langanhaltenden Niederschläge wurden auch partikelgebundene Schadstoffe aus der Luft (Stäube, Ruß) mobilisiert und von befestigten Flächen und Straßen lokal in die Gewässer einge- spült. Dabei wurden im Gebiet von Bad Neuenahr die zulässigen Jahreshöchstkonzentrationen für PAK nach OGewV überschritten.

Betrachtung hochwasserbedingter Gefahren- und Eintragsquellen im Rhein

Gesamtfazit für den Rhein: Der Einfluss der Hochwasserkatastrophe in der Ahr auf die Gewässerche- mie des Rheins ist auf Grund der großen Verdünnungseffekte im Rhein (s. Tabelle 1) während der hier betrachteten Probenahme am 10.08.2021 nur im Nahbereich der Ahrmündung messbar. Beson- dere Gewässerbelastungen ergeben sich daraus bisher nicht. Es sind weitere Messungen mit dem Mess- und Laborschiff MS Burgund geplant.

Einträge kommunaler Abwässer: Ergebnisse im Rhein: An allen im Rhein beprobten Stationen war die organische Belastung (TOC und DOC) gering und lag im Bereich der Vergleichswerte der vorangegangen Jahre. Die Sauerstoffgehalte lagen mit Werte von 8,5 bis 8,6 mg/l in einem für die Jahreszeit und die Witterung typischen Bereich. Auch die Ammoniumgehalte lagen deutlich unterhalb der von der Oberflächengewässerverordnung als Umweltqualitätsnorm vorgegebenem Wert von 0,1 mg/l NH4-N. Die höchste Ammoniumkonzent- ration wurde mit 0,059 mg/l NH4-N direkt vor der Ahrmündung gemessen. Von den drei untersuchten Arzneimittelwirkstoffen lag keiner über der Nachweisgrenze.

Fazit: Für eine erhöhte organische Belastung für den Rhein durch das Ahrwasser und seiner abwas- serbürtigen Inhaltsstoffe ist nicht zu beobachten.

Nährstoffeinträge:

Ergebnisse im Rhein: Die Nitrat- und Phosphorkonzentrationen liegen im Allgemeinen im Bereich der mittleren Vergleichswerte der Vorjahre.

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Fazit: Es ergeben sich keine Hinweise auf übermäßige Nährstoffeinträge aus der Ahr in den Rhein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit dem hohen Sedimenteintrag auch an Partikel gebundener Phosphor in die Gewässer gelangte, der aber vermutlich mit der Hochwasserwelle ausgetragen oder im Umland abgelagert wurde.

Mineralölprodukte Ergebnisse im Rhein: Zur Untersuchung von Mineralölrückständen in den Gewässern wurden der Kohlenwasserstoff-Index (Summenparameter aus langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen) so- wie die Leichtflüchter MTBE und ETBE betrachtet. Sowohl der Kohlenwasserstoffindex als auch die ETBE-Konzentration lag bei allen Proben aus dem Rhein unterhalb der Nachweisgrenze. MTBE konnte nur direkt vor der Ahrmündung mit einer Konzentration von 0,02 µg/l nachgewiesen werden. Dieser Wert liegt jedoch nur minimal oberhalb der Nachweisgrenze von <0,02 µg/l.

Fazit: Es ist davon auszugehen, dass durch zerstörte Öltanks und mitgerissenen Fahrzeugen, Mineral- ölprodukte in die Gewässer gelangt sind. Ein großer Teil davon ist aber vermutlich mit den hohen Ab- flüssen bereits aus der Ahr und dem Mittelrhein ausgetragen worden oder hat sich verflüchtigt (Leichtflüchter).

Pestizide: Ergebnisse im Rhein: Von den 71 untersuchten PSM bzw. deren Metaboliten konnten drei Wirkstoffe (Tebuconazol, Terbutylazin und Metolachlor-ESA) nachgewiesen werden. Da die Terbutylazin und Metolachlor-ESA-Werte jedoch über alle untersuchten Messstellen relativ gleichmäßig verteilt sind, ist nicht davon auszugehen, dass es zu einem übermäßigen Eintrag dieser Stoffe aus der Ahr kommt. Tebuconazol wurde nur an einer Station am rechtsrheinischen Ufer (der Ahrmündung gegenüberlie- gend) nachgewiesen.

Fazit: Für diese Stoffgruppe gibt es keine Befunde, die auf einen übermäßigen Eintrag aus der Ahr schließen lassen.

Schwermetalle: Ergebnisse im Rhein: Die Proben aus dem Rhein wurden analog zum Messprogramm an der Ahr be- arbeitet, so dass auch hier nur Gesamtmetallgehalte vorliegen. Sie machen die gewässerökologische Interpretation schwierig. Die Ergebnisse sind nicht dargestellt. Es zeigt sich aber sich auch hier, dass durch den Aufschluss von mineralischen Trübstoffe ganz ähnliche Konzentrationsmustern wie an der Ahr auftreten, allerdings auf niedrigerem Niveau. Hinweise auf außergewöhnlich Belastungen liegen nicht vor.

Sonstige Schadstoffe: Die Messergebnisse für die Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) liegen für den Rhein noch nicht vor.

Aufgestellt, Abt. 5: Dr. Michael Engel / Dr. Barabara Deutsch / Dr. Jochen Fischer

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