MedaillonInformationen aus der Burgergemeinde nr. 24, November 2015

seiten 4–5 seiten 8–9 seiten 14–15 Burgerspital mit Elefanten faszinieren Ein lebendiges Denkmal rauschendem Spittelfest – sofern sie weit eingeweiht genug weg sind... medaillon nr. 24, november 2015

Inhaltsverzeichnis

Seiten 4–5 Burgerspital mit rauschendem Spittelfest eingeweiht Das Haus bot während einer ganzen Woche zahlreiche Überraschungen

Seiten 8–9 Elefanten faszinieren – sofern sie weit ­genug weg sind... Begegnungen der unheimlichen Art mit den grauen Dickhäutern

Seiten 14–15 Ein lebendiges Denkmal Die neue Bernburger-Geschichte – Historiographie ohne Scheuklappen

Burgerspital mit rauschendem Spittelfest eingeweiht 4 Neo Biota non grata 6 Kulturpreis 2015 7 Elefanten faszinieren – sofern sie weit genug weg sind... 8 Kurzinformation über die aktuellen Abstimmungsvorlagen 10 Rudolf von Tavel goes online 11 Ausschreibung Ochs-Stipendium 2016 11 Jeudredi und Halt auf Verlangen! 12 Kopfreisen durch Zeit und Raum 13 Ein lebendiges Denkmal 14 Neue Stätte für grosse Kinomomente in Bern 16 Berufsporträts Sofia Barcia und Stephan Horisberger 17 Engagement zugunsten des Stadtberner Vereins TriiO 18 Eine Stunde Ewigkeit 19 Nachruf auf den ehemaligen Leiter des Burgerlichen Jugendwohnheims 20 Bärner Müschterli 21 Agenda 22 Buchtipps 23 Weihnachtsbaumverkauf 2015 23 Hohe Geburtstage 23

2 medaillon nr. 24, november 2015

Editorial Liebe Burgerinnen, liebe Burger, liebe Leserinnen, liebe Leser

Mit dem Spittelfest 2015 wurde das prächtige Gebäude am Bahn­ hofplatz im Juni fulminant eröffnet. Die kleine aber feine Sommer- konzertreihe «Jeudredi» im Spittelinnenhof hat von Juli bis September jeden Donnerstag weiter für Spittelfestgefühle gesorgt. Der Anklang beim Publikum war so gross, dass wir im Oktober in die zweite Runde gegangen sind. Ebenfalls donnerstags, jedoch alle vierzehn Tage, wird neu in der Spittelkapelle mit «Halt auf Verlangen!» durchgespielt. Die Hochschule der Künste Bern HKB präsentiert mit ihrer Klassikkonzertreihe talentierte Studierende. Legen Sie einen Stopp ein, es lohnt sich. Bei beiden Konzertreihen ist der Eintritt frei. Das Leben im Burgerspital mit seinen vielen Partnern hat sich in der Zwischenzeit eingespielt, und auch besondere Begegnungen finden statt. Etwa wenn die ganz Kleinen der Kita Spittel jeweils ihre Besuche bei den betagten Seniorinnen und Senioren im zweiten Stock abstatten. Das diesjährige Gastspiel der Swiss Press Photo 15 bei uns hat zudem weitere Besucherinnen und Besucher ins Haus gebracht. Am 18. September machte Schweizer Radio und Fernsehen SRF mit der Sendung WAHL-LOKAL Halt im Berner Generationen­Haus. Der Sendeort war im Hinblick auf das Thema Rentendebatte gut gewählt: Auch im Berner GenerationenHaus kommt es auf das Zusammenspiel von Jung und Alt besonders an. Von früh bis spät wurde das Haus in diversen, national ausgestrahlten Sendungen porträtiert. Den Ab- schluss machte die Aufzeichnung der Fernsehsendung Wahl-Arena im Spittelinnenhof. Und jetzt viel Vergnügen bei der kurzweiligen und informativen Lektüre mit dem neuen Medaillon. Mit besten Wünschen für eine be­- sinnliche Festzeit und einen guten Rutsch ins 2016!

Herzlich, Rolf Dähler Burgergemeindepräsident

3 medaillon nr. 24, november 2015 Burgerspital mit rauschendem Spittelfest eingeweiht Das Haus bot während einer ganzen Woche zahlreiche Überraschungen

Die Berner Bevölkerung kam in Scharen an die offizielle Eröffnung.

In der Woche vom 8. bis 14. Juni 2015 stieg das Spittelfest der Gesundheitscheck beim Schweizerischen Roten Kreuz oder 2015, mit welchem die Eröffnung des renovierten und teilwei­ Ballspielturniere im Hof. se umgenutzten Burgerspitals offiziell gefeiert wurde. Die Ber­ ner Bevölkerung kam in Scharen und sorgte für eine grossarti­ Immer live dabei ge Stimmung. Das Fest war vor allem Bühne für das Berner Für den Überblick über das reichhaltige Festprogramm war GenerationenHaus und seine zwei Dutzend Partnerinstitu­ unter anderen Radio Energy besorgt, welches täglich aus dem tionen. An fast 150 Einzelanlässen kamen Alt und Jung bei Burgerspital sendete. Die Radioleute erkundeten dabei auch prächtigem Wetter voll auf ihre Kosten. Für grosse Momente hinter den Kulissen den Betriebsalltag im Burgerspital. Der sorgten etwa die Gurteneisenbahn im Facebook-Kanal der Burgergemeinde Kleinformat, der vielfältige Spittelmärit, informierte derweil fortlaufend mit ein Breakdance Workshop oder ein Mi­ Das Spittelfest 2015 dauerte zahlreichen Posts samt Stimmungsbil- nikurzfilmfestival. Zu tollen Höhepunk­ dern. So konnte man etwa die Vernis- ten auf der Hauptbühne im Hof gerieten sieben Tage und gipfelte sage der Graffiti-Foto-Ausstellung im die Live-Konzerte von Fiji!, Traktorkestar in einem rauschenden Finale. Checkpoint kaum verpassen. Der pen- und Eldorado FM. sionierte Peter Lauener präsentierte dort seine Fotos legaler Graffitiwände TEXT: MARTIN GRASSL; im Gebiet der Bodenweid und war zu- BILDER: FABIAN UNTERNÄHRER sammen mit der jungen Graffitikünstlerin Merl persönlich Das Spittelfest 2015 dauerte sieben Tage und gipfelte am Wo- anwesend. Empfohlen wurde aber auch Berns neue Klassik­ chenende in einem rauschenden Finale. Doch schon während konzertreihe «Halt auf Verlangen!». Diese feierte Premiere der ersten Wochenhälfte gab es Höhepunkte. So tourte der Ber- mit einem Doppelkonzert in der Spittelkapelle und präsen- ner GenerationenChor unter Leitung von Patrick Secchiari je- tiert seit Oktober regelmässig Kammermusikkonzerte. weils in den Abendstunden auf «musikalischen Rundgängen» durch das Burgerspital. Das Publikum kam hierbei neben voka- Gastronomische Sternstunden und rauschendes Finale len Preziosen auch in den Genuss seltener Einblicke in das Ge- Doch auch kulinarisch kam das Publikum nicht zu kurz. So bäude. Für einen gelungenen Festauftakt trumpfte der sympathische Stand von «jo- sorgten weitere Veranstaltungen wie das Text im Web inklusive Bildergalerie: limont» aus Wattenwil auf mit «gfroni- allmorgendlich geöffnete Ostside-Café, medaillon.bgbern.ch/spittelfest2015 gem» Bio Joghurt sowie leckeren Crêpes.

4 medaillon nr. 24, november 2015

Schülerkonzert im Berner Festivalstimmung vor GenerationenHaus der Hauptbühne

Auch die Kleinsten nahmen am Spittelfest teil.

Rassige Akzente setzte am Wochenende die fahrende Küche startete mit dem bunten Spittelmärit, wo unter anderem Trou- «La Ribollita», welche aus einem Vespacar leckere Gemüse­ vaillen aus dem Burgerspital angeboten wurden. Ein wahrer eintöpfe- und suppen anbot, derweil das Restaurant «toi et moi» Höhepunkt war am zweiten Konzerttag der Gig von «Traktor- mit seinem Stand im Hof alle anderen Gourmets verwöhnte. kestar» mit pfeffrigem Balkansound. Zuletzt herrschte kochend- Am Freitag startete die kultige Band Fiji! den Konzertreigen heisse Stimmung, welcher nicht einmal die spätnächt­lichen Re- auf der Hofbühne und erntete begeisterte Fanreaktionen für ih- genschauer etwas anhaben konnten: Nach dem Chilloutset von ren trashigen Electrosound. Gleichzeitig machte der Nachwuchs «2 for Soul» kam es mit badenden Fans im Spittelb­runnen zu im Checkpoint mit seinen Konzerten gehörig auf sich aufmerk- Szenen wie aus Fellinis «Dolce Vita»! sam. Die Bühne gehörte dort diversen Schülerbands. Insbeson- dere die Grossformation «Hakuna Matata» punktete beim Publi- Sonntäglicher Festausklang kum mit viel Charme, und zuletzt eroberten «L&B» die Herzen Anderntags fand am Morgen in der Spittelkapelle der erste mit poppigem Swing. Spätnachts heizten dann «Eldorado FM» Gottesdienst samt Taufe eines Neugeborenen nach der Burger­ mit den Überraschungsgästen «Lo & Leduc» den proppenvollen spitalrenovation statt. Im Spittel­innenhof öffnete alsbald der Spittelinnenhof tüchtig auf. Darauf galt es abzutauchen in die trendige Koffermarkt. Daneben konnte zum Sound einer Jazz- DJ’s Lounge im Kellergewölbe des zweiten Untergeschosses, wo combo ausgiebig gebruncht werden. Mit dem Spittelfest 2015 elektronische Musik zu stimmiger Bar­-Atmosphäre pulsierte. hat das neue Haus ein prächtiges «Müschterli» dessen abgege- Die Lounge war auch in der Folgenacht der Renner. Der Samstag ben, was unter seinem Dach alles möglich ist.

5 medaillon nr. 24, november 2015 Neo Biota non grata Invasive Pflanzen bedrohen auch im Wald die heimische Biodiversität

Stolz wurden sie einst von ihren Besit­ zichtet der Forstbetrieb zugunsten zern in Gärten angepflanzt und präsen­ seltener Orchideen im Wald auf das Mä- tiert. Sie zeugten von Weltoffenheit und hen von Wegrändern. Die während Jah- Avantgardismus. Die besonderen Blü­ ren abgemähten Goldruten und Knöte- ten schmückten den Garten und ehrten richstauden schossen daraufhin aus den Besitzer. Die Rede ist von Stauden, dem Boden, als wären sie zuvor gesät Sträuchern, Blumen und Bäumen, deren worden: Das Mähen der neuen Gäste er- Namen von ferner Herkunft aus Asien, wies sich als reine Symptombekämp- dem Orient oder der «neuen Welt» zeu­ fung. Um die stark invasiven Arten zu- gen: Reynoutria japonica (Japanischer mindest in Schach zu halten, arbeitet Knöterich), Solidago canadensis (Gold­ der Forstbetrieb gemeinsam mit der rute), Budlejja davidii (Sommerflieder), Universität, der Stadt – in der Fachgrup- Impatiens glandulifera (Drüsiges Spring­ pe Neophyten – und Freiwilligen zu- kraut) und viele mehr. Kaum waren sie in sammen. Zurzeit testet ein Student im den Gärten wieder ausser Mode gekom­ Rahmen seiner Masterarbeit mit logisti- men, wurden sie wild entsorgt. Seither scher Unterstützung des Forstbetriebs erobern sie immer grössere Flächen in diverse Bekämpfungs­methoden gegen den Naturräumen. den Knöterich. Mit­hilfe von Freiwilligen­ einsätzen werden daneben heimgesuch- TEXT UND BILD: STEFAN FLÜCKIGER te Flächen von Neophyten befreit, so Längst säumen zahllose Goldruten die letzten Mai zusammen mit dem Rotary- Waldstrassen der Burger­gemeinde, und club Bern-Christoffel und Schulkindern der Japanische Knöterich breitet sich im der Stadt Bern. Halbschatten des Waldes aus. Vielen Waldbesuchern wurde erst diesen Som- Neue Lösungen gesucht mer bewusst, wie stark sich die einge- Da uns bewusst ist, dass Neophyten wanderten Pflanzen, die Neophyten, nicht mehr ausgerottet werden können, verbreitet haben. Fehlende natürliche sind nun Konzepte für eine Koexistenz Feinde und eine beeindruckende Kon- unter Erreichung der forstlichen Ziele kurrenzstärke führen dazu, dass sie ein- im Wald gefragt. Deshalb bekämpft der heimische Arten verdrängen. Sie verhal- Forstbetrieb Neophyten nur dort, wo die ten sich mittlerweile so invasiv, dass Walderhaltung gefährdet ist. Der Forst- auch die Politik reagiert hat. Nach der betrieb prüft und testet vertret­bare Revision des Waldgesetzes vom Septem- Mass­­nahmen, welche die Walderhaltung ber sind zur Bekämpfung von Neo­ erleichtern. Eine energetische Verwen- phyten in Sonderfällen öffentliche Mittel dung der Neophyten wird für die Zu- vorge­sehen. Der Forstbetrieb der Burger­ kunft nicht ausgeschlossen. ­gemeinde wies bereits früh auf das Aus- Goldruten breiten sich entlang der breitungsrisiko hin. Heute hat die Ver­ ­Waldstrassen aus. Neophyten als Nahrung und breitung der Neophyten ein solches Pollenspender Ausmass erreicht, dass die Bekämpfung Auch andere Länder kennen die Neo- nahezu aussichtslos ist und wir uns mit Heute hat die Verbreitung phyten. Der Japanische Knöterich hat ihnen im Wald arrangieren müssen. sogar Eingang in Kochbücher für Wild- der Neophyten ein kräuter gefunden und wird in Deutsch- Neophyten gemeinsam in Schach halten solches Ausmass erreicht, dass land aufgrund seines hohen Oxal­säure­ Für den Wald selber sind die Neophy- gehalts als Rhein-Rhabarber bezeichnet. ten nicht schlimmer als die vielerorts die Bekämpfung nahezu Die gelbleuchtende Goldrute dagegen vorhandenen Brombeeren oder das Ad- aussichtslos ist. wurde bis vor kurzem in Imkereilehr­ lerfarn. Zur Walderhaltung müssen sie büchern als wertvolle Pollenspenderin aber während einer gewissen Zeit ge- gepriesen und steht für invasive Neophy- mäht werden, damit Jungbäume nach- Text im Web: ten, die in der Landwirtschaft mit guter wachsen können. Seit einiger Zeit ver- medaillon.bgbern.ch/neophyten Absicht angebaut wurden.

6 medaillon nr. 24, november 2015 Kulturpreis 2015 Auszeichnung für die erste Band der Schweizer Literaturgeschichte

Übergabe des Kulturpreises an das Kollektiv «Bern ist überall»

Der Kulturpreis 2015 ging Ende Juni an «Bern ist überall», dem Brantschen, Michael Pfeuti und Maru Rieben an zwei Akkor- heimischen Spoken-Word-Ensemble, welches eine überragen­ deons, Cello und Schlagzeug, welches die expressiven Lesun- de Rolle im aktuellen Mundartliteratur-Boom hierzulande spielt. gen der elf Literatinnen und Literaten erst zum theatralischen Die Burgergemeinde zeichnete im Bierhübeli die über zehnjäh­ Erlebnis macht. Und die sich überstürzenden Reden, Ausbrü- rige Erfolgsgeschichte mit Vorbildcharakter aus, insbesondere che, Litaneien und Nörgeleien, auf berndeutsch, französisch auch die Verbreitung von Berner Kultur über die Stadt- und oder in anverwandten Dialekten wuchsen sich zu einer boden- Kantonsgrenzen hinaus. Zugleich ist der Preis ein anerkennen­ ständigen Sprachsymphonie aus. Das stündige Set erntete stür- des Signal an das bernische Literaturschaffen. mischen Applaus.

TEXT und Bild: MARTIN GRASSL Lobgesang auf Mani Matters Erben mit humorvollem Finale Es kommt sehr selten vor, dass Kulturpreisempfänger das Danach hielt Reto Sorg, Leiter des Robert Walser-Zentrums in Rahmen­programm des Festakts gleich selber bestreiten. Burger­ Bern, seine ausführliche Laudatio, welcher er die denkwürdi- gemeindepräsident Rolf Dähler kündigte nach seiner Publi- gen ersten Zeilen des Gründungsmanifests von «Bern ist über- kumsbegrüssung «Bern ist überall» als Preisträger an, bei wel- all» aus dem Jahr 2003 voranstellte: «Sprache ist ÜBERALL. chem sich das Engagement eines begleitenden kulturellen Acts Unsere Sprache heisst ÜBERALL. Wir sprechen ÜBERALL. von vornherein erübrigte. Kulturkommissionspräsident Georg Wir schreiben ÜBERALL. / ÜBERALL ist unsere Sprache, die Pulver übernahm darauf die Ansage von Laurence Boissier, uns nicht gehört. Wir haben sie uns angeeignet, um durch sie Arno Camenisch, Stefanie Grob, Antoine Jaccoud, Guy Krneta, zugehörig zu werden. Es gibt keine eigenen und fremden Spra- Pedro Lenz, Gerhard Meister, Noëlle Revaz, Michael Stauffer, chen. Alle Sprachen sind Fremdsprachen. / ÜBERALL wird Beat Sterchi und Ariane von Graffenried als «wesentliche Ak- hier und heute gesprochen. Wir bekennen uns zum Hier und teure der aktuellen hiesigen Literaturszene». Heute. Wir bekennen uns zum ÜBERALL.» Reto Sorg würdigte das Wirken von Kraftvolles Sprachkonzert «Bern ist überall» als Weiterführung des Die nachfolgende knappe Stunde des Der Kulturpreis Schaffens so verschiedener Persönlich- Abends überzeugte das gesamte anwe- keiten wie Mani Matter, Kurt Marti, Jedes Jahr verleiht die Burgergemeinde sende Publikum sogleich davon, dass Robert Walser, Jeremias Gotthelf, Otto Bern den Kulturpreis. Die mit 100 000 die Kulturkommission mit den auftre- von Greyerz, Rudolf von Tavel, Simon Franken dotierte Auszeichnung gilt als tenden Künstlerinnen und Künstlern Gfeller, C. A. Loosli, Ernst Eggimann, eine der grössten in der Schweiz. Im ein grossartige Wahl getroffen hatte: Franz Hohler, Polo Hofer, Martin Frank, Zentrum stehen Institutionen oder Akti­ «Bern ist überall» zog das Publikum Timmermahn, Kuno Lauener oder Endo vitäten aus Bereichen wie Theater, Bal­ vom ersten Ton an in ihren Bann. Das Anaconda. Zum Schluss quittierten alle lett, Musik / Konzerte, Literatur und bil­ Ensemble wird denn auch treffend als Autorinnen und Autoren den Preis mit dende Kunst. erste Band der Schweizer Literaturge- humorvollen Varianten des Wortes schichte tituliert. Dafür sorgt das ausge- Text inklusive Bildergalerie: «Danke», begleitet von ebenso vielfälti- buffte Quartett mit Adi Blum, Christian medaillon.bgbern.ch/kulturpreis2015 gen Tuschs der Band.

7 medaillon nr. 24, november 2015 Elefanten faszinieren – sofern sie weit genug weg sind ... Begegnungen der unheimlichen Art mit den grauen Dickhäutern

Afrikanische Verkehrserziehung für überambitionierte Touristen, Chobe Nationalpark

Elefanten sind derzeit das grosse Thema seum unter­suche ich die Biodiversität im Naturhistorischen Museum der Burger­ Ausstellung Tierschmuggel Süd­ostasiens. Normalerweise ist die gemeinde Bern. Die aktuelle Sonder­aus­ nächtliche Arbeit im Regenwald Bor- stellung «Tierschmuggel» wirft Licht auf Am 27. November wird im Naturhistori­ neos eine sichere Angelegenheit. Plötz- den illegalen Elfenbeinhandel. Stefan schen Museum der Burgergemeinde lich erklingt jedoch lautes Trompeten Hertwig leitet die Abteilung Wirbeltiere Bern die Sonderausstellung «Tierschmug­­ direkt neben dem schmalen Pfad, der am Museum und hat auf seinen Reisen gel – tot oder lebendig» eröffnet. Die Aus­ Bambus bebt und der ganze Dschungel schon mehrere heikle Situationen mit stellung gibt nicht nur einen bewegenden scheint in Aufruhr. Die Studentin bringt Elefanten erlebt. Im «Medaillon» schreibt Einblick in die Abgründe des in­ter­ sich mit lautem Schrei hinter meinem er von seinem angespannten Verhältnis nationalen Handels mit bedrohten Tierar­ Rücken in «Sicher­heit». Glücklicherwei- zu den beliebten Riesen. ten, sie wirft auch gängige Vorstellungen se haben sich die Elefanten aber genau über den Haufen – etwa, dass Tierliebe so erschrocken wie wir. Sie entfernen TEXT UND BILDER: STEFAN HERTWIG nicht immer der Natur zugute kommt und sich und versuchen uns freundlicher- «Flughafen Zürich: Elfenbein im Wert Handelsverbote nicht immer zum Wohle weise nicht zu zertrampeln. Was sie von 400 000 Schweizer Franken sicher- gefährdeter Tierarten beitragen. Die nämlich könnten: Obwohl die Elefanten gestellt!», lese ich. Dies ist unschön, Ausstellung über den internationalen Borneos als «Zwerg­­elefanten» bezeich- denn der illegale Handel mit Elfenbein Tierschmuggel ist nicht nur brisant wegen net werden, reicht ihre Schulterhöhe von gefährdet den Fortbestand der Elefan- der bedrohten Tierarten. Sie handelt auch zweieinhalb Metern aus, um tödliche ten. Allein 2012 wurden 15 000 Afrika- vom Menschen und sprudelnden Geld­ Unfälle zu verursachen. Glück gehabt! nische Elefanten gewildert, um die stei- strömen. Denn zusammen mit Drogen­ Zweite Rückblende: Botswana, gende Nachfrage nach Elfenbein vor schmuggel, Waffenhandel und Menschen­ Chobe Nationalpark. «Hinterhältige allem in asiatischen Ländern zu bedie- schieberei handelt es sich beim illegalen Viecher!», fluche ich, als gerade wieder nen. Diese Zahlen erschrecken auch Tierhandel um einen gewaltigen Wirt­ ein übel­launiger Elefant unser Auto mich. Allerdings ist mein persönliches schaftsfaktor. In der Ausstellung werden atta­ckiert und wir uns mit Vollgas im Verhältnis zu Elefanten seit einiger Zeit eindrückliche und einzigartige­ Objekte Rückwärtsgang auf einer tiefen Sand­ etwas angespannt, vor allem wegen aus der Asservatenkammer des Bundes­ piste davonmachen. Ich verbringe nor- zweier Erlebnisse. amts für Le­bens­mittel­sicherheit und Vete­ malerweise meine Ferien gerne damit, Erste Rückblende: Malaysia, Bor- rinärwesen BLV gezeigt, welche am Zoll Tiere zu beobachten und zu fotografie- neo. Es ist mitten in der Nacht. Gemein­ beschlag­nahmt wurden. ren. Und Botswana ist dafür perfekt, sam mit einer Studentin sammle ich im wären doch nur die allgegenwärtigen dichten Regenwald Frösche. Als Wis­ Text im Web inklusive Bildergalerie: Elefanten etwas gutmütiger! Elefanten senschaftler am Naturhistorischen Mu- medaillon.bgbern.ch/elefanten sind charismatisch, ihre Intelligenz und

8 medaillon nr. 24, november 2015

Badespass im Boteti River, Makgadikgadi Pan Nationalpark ihr individueller Charakter machen jedoch jede Begegnung zahllosen anderen Arten nicht akut vom Aussterben bedroht. mit ihnen zum Abenteuer. Denn auch ein grosser Gelände­ In manchen Schutzgebieten Afrikas gibt es sogar zu viele Ele- wagen wie der Toyota Hilux bietet keinen wirklichen Schutz fanten. Botswana hat wegen seiner rund 200 000 Dickhäuter vor einem Ungetüm von vier Metern Schulterhöhe und sechs bereits ein Problem, da Elefanten in Trockenzeiten die Vegeta- Tonnen Gewicht. Geschlechtsreife Bullen leben getrennt von tion nachhaltig verändern können. Bäume bringen sie zum den Kühen und ihren Kälbern und haben daher Zeit für Hob- Absterben oder fällen sie gleich ganz. Doch die Jagd zur Be- bys wie laut trompetend Autos zu jagen oder überambitio- standskontrolle ist heute verpönt, und in Nachbarländern feh- nierte Touristen in Verkehrskunde zu «unterrichten». Aber len geeignete Schutzgebiete zu deren Umsiedlung. Dennoch ist auch Begegnungen mit Kühen und ih- die Zukunft der Dickhäuter nicht sicher. ren Kälbern sind spannend, gerade Die ständig wachsende Bevölkerung so- wenn winzige Elefantenbabies auf den Elefanten sind charismatisch, wie die Entwicklung von Infrastruktur, Pisten spielen, argwöhnisch bewacht Industrie und Landwirtschaft stellen von deren Müttern, Tanten und Halb­ ihre Intelligenz und ihr eine Bedrohung dar. Da der tägliche starken. Dabei werden komplexe So­ individueller Charakter machen Nahrungsbedarf von 450 Kilogramm zialstrukturen hautnah erlebbar. Die Pflanzen pro Elefant innert Stunden Camps in Botswana sind übrigens nie jedoch jede Begegnung mit ganze Ernten vernichten kann, sind eingezäunt, sodass Löwen, Hyänen und ihnen zum Abenteuer. Konflikte mit der Bevölkerung ausser- auch Elefanten rund um die Uhr un­ halb von Schutzgebieten unvermeidlich. angemeldet­ zu Besuch kommen kön- In Asien selber leben rund 50 000 nen! Nur die Toiletten sind festungsar- Elefanten, darunter nur noch 1000 Bor- tig gesichert, da sie sonst von durstigen Elefanten fachmännisch neo-«Zwergelefanten», deren Herkunft noch immer umstritten demontiert würden. ist. Sie stellen wohl tatsächlich eine eigenständige Inselform dar. Ich habe im Nachhinein keine Ahnung, wie vielen Elefan- Ihr Lebensraum auf Borneo ist vor allem wegen der Ölpalmen- ten ich in Botswana begegnet bin und wie oft diese unser Auto plantagen weitgehend zerstört worden. Wilderei kann zwar attackiert haben. Alle meine Begegnungen mit ihnen gingen manche Arten gefährden, die grösste Bedrohung stellt langfris- gut aus, und sie beim Baden und Spielen zu beobachten war tig jedoch der Verlust des Lebensraums dar. Auch für Elefan- grandios. Trotz der Wilderei sind Elefanten im Vergleich zu ten, so gross und clever sie auch sein mögen.

9 medaillon nr. 24, november 2015

Kurzinformation über die aktuellen Abstimmungsvorlagen

Urnenabstimmung vom 16. Dezember 2015

Nasssammlung des Naturhistorischen Museums

Das burgerliche Stimmvolk entscheidet am 16. Dezember über spielen und international auf bestimmten Gebieten ein stattli- die Aufnahme vom 34 Personen in das Burgerrecht sowie über ches Renommee zu erreichen. Seit Januar 2010 wird das Natur- drei Vorlagen: die Aufstockung des Ermächtigungskredits für historische Museum nach den Grundsätzen der Wirkungsorien­ dringende Ankäufe von Immobilien, zwei Globalkredite des tierten Verwaltung geführt. Die Stimmberechtigten befinden Naturhistorischen Museums sowie den Voranschlag 2016. Der über die Produktgruppendefinitionen Öffentlichkeitsarbeit und Grosse Burgerrat empfiehlt den Stimmberechtigten die Annah­ Wissenschaft. Für die Produktgruppendefinition Öffentlich- me der Vorlagen. keitsarbeit wird für die Jahre 2016–2018 ein Globalkredit von CHF 17 630 500 beantragt, für Produktgruppendefinition Wis- Vorlage 1: Aufstockung Ermächtigungskredit senschaft ein Globalkredit von CHF 7 865 000. Zu diesem für dringende Ankäufe von Immobilien Zweck ist es unabdingbar, auch die räumlichen Gegebenheiten Bei Immobiliengeschäften kann der Fall eintreten, dass die Kre- zu erweitern und zu optimieren. So ist eine deutliche Vergrös- ditbeschaffung über den ordentlichen Kompetenzenweg zu serung der Ausstellungsfläche vorgesehen. lange dauert. Hier gelten Terminvorgaben, die ein rasches Han- deln erfordern. Zu diesem Zweck kann der Kleine Burger­rat im Vorlage 3: Voranschlag 2016 Rahmen eines von den Stimmberechtigten bewilligten Kredits Der Voranschlag 2016 weist einen ordentlichen Rechnungs- in dringenden Fällen ausserhalb seiner ordentlichen Zustän- verlust von CHF 4,6 Mio. aus. digkeit Immobilien erwerben. So ist die Burgergemeinde in der Dieses gegenüber dem Voranschlag 2015 (Rechnungsver- Lage, strategisch wichtige Immobilienkäufe zu tätigen und Spe- lust CHF 11,6 Mio.) bessere ordentliche Ergebnis ist grössten- kulation entgegenzuwirken. Der bestehende Ermächtigungs- teils auf die tieferen Abschreibungen zurückzuführen. kredit weist eine Restanz von CHF 9 Mio. auf. Je nach Immobi- Aufwandseitig nehmen vor allem die Personalaufwände liengeschäft würde diese Summe nicht ausreichen. Deswegen und die Sachaufwände gegenüber dem Vorjahresvoranschlag wird den Stimmberechtigten die Genehmigung eines Kredits zu. Der Hauptgrund liegt in der höheren Auslastung des von CHF 11 Mio. beantragt, so dass der Ermächtigungskredit Burger­spittels. Die Substanz der Burgergemeinde wird vor- wieder die ursprüngliche Höhe von CHF 20 Mio. aufweist. aussichtlich stärker ansteigen als das Bruttoinlandprodukt. Der Substanzindex wird bis Ende 2016 voraussichtlich um Vorlage 2: Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern, 0,28 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr ansteigen und ei- Wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WoV), Produkt­ nen Wert von 107,04 % ausweisen. Mit der zunehmenden Sub- gruppendefinition und Produktgruppenbudget stanz steigt auch die Schwankungsreserve von voraussichtlich Das Naturhistorische Museum der Burgergemeinde Bern hat rund CHF 61,6 Mio. per 31.12.2015 auf rund CHF 65,1 Mio. per die visionäre Zielsetzung, schweizweit eine führende Rolle zu 31.12.2016.

10 medaillon nr. 24, november 2015

Rudolf von Tavel goes online Einblicke in ein vielfältiges Lebenswerk

Was wohl «die Weiber von Schorndorf» ches schriftstellerisches Werk im Be- so treiben? Welches sind möglicher­ reich Mundartliteratur.» weise «die wichtigsten Änderungen in der Lebenshaltung der schweizeri­ Der Nachlass Rudolf von Tavel in der schen Gebirgsbewohner im Laufe des Burgerbibliothek XIX. Jahr­hunderts», und was verbindet Unter den rund 300 Nachlässen der «Caravaggio’s Tragödie eines Künstlers» Burgerbibliothek­ Bern hat derjenige mit dem «Jugendwasser» und vielleicht Rudolf von Tavels besondere Bedeu- auch den «Sandwirt von Passeyer» mit tung. Die ersten Dokumente gelangten dem «Twingherrenstreit» oder gar mit 1978 ins Archiv und konnten seither «Major Davel»? Welcher Art ist denn kontinuierlich ergänzt werden. Heute «der Gattin Vermächtnis», geht es etwa umfasst der Bestand rund drei Lauf- um «Heiliges Land»? Nein, «die Gottes­ meter mit Manuskripten, journalisti- gelehrtheit hat gesprochen, durch vieler schen und politischen Texten, kirchli- Zeugen Mund», doch wie äussern sich chen Ansprachen, Tagebüchern und die «Laienwünsche an die Pfarrfrau»? Jugenderinnerungen, Korrespondenzen, Fragen über Fragen! gedruckten Werken, Dispositionsplä- nen zu seinen grossen Erzählungen, TEXT: ANNELIES HÜSSY BILD: ZVG Theaterstücken, sowie persönliche Un- Einigen dürfte sogleich klar geworden terlagen. Skizzenbücher mit filigranen sein, wer die oben in Anführungszei- Rudolf von Tavel bei der Zeichnungen bezeugen zudem von Ta- chen genannten Titel verfasst hat. Allen Zeitungslektüre vels bildnerische Begabung. Entwürfe anderen hilft hier die Burgerbibliothek von Buchumschlägen sowie Buchillus- rasch weiter. Die Titelbegriffe brauchen nur ins Suchfeld des trationen befreundeter namhafter Berner Künstler wie Ru- Online-Katalogs eingegeben zu werden, und schon ist man dolf Münger, Karl Gustav von Steiger oder Friedrich Traffelet mit einem Klick am Ziel. Verfasser der Texte war Rudolf von runden den Bestand ab. Tavel, laut elektronischem Katalog: «Otto Friedrich Rudolf von Tavel (1866–1934); Dr. phil.; Schweizer Jurist und Schrift- Schätze, die gehoben werden wollen! steller. Aufenthalte in Leipzig, Berlin und Heidelberg. Tätigkeit Im vergangenen Frühjahr ist der gesamte Nachlass Rudolf von als Redaktor des Berner Tagblatts 1892–1896 und 1905–1915. Tavels neu erschlossen und in die Datenbank «Scope» einge- Direktor der Schweizerischen Mobiliarversicherungsanstalt tragen worden. Optional zur digitalen Version können For- 1896–1905. Tätigkeit für das Rote Kreuz. 1919 Präsident des schende im Lesesaal der Burgerbibliothek auch ein modernes, Berner Komitees für die Aufnahme von Wiener Kindern. Seit analoges Inventar als Findmittel benutzen. Interessierten Lai- 1920 freier Schriftsteller. Präsident der en so­wie Forschenden steht fortan der Kirchenverwaltungskommission­ Bern. reichhal­tige Bestand zur Konsultation Burgerbibliothek Bern, Online-Archivkatalog Gründung der Zeitschrift ‹Die Garbe› (Suchbegriff Rudolf von Tavel): im Lesesaal­ der Burgerbibliothek­ zur gemeinsam mit F. Reinhardt 1917. Rei- http://katalog.burgerbib.ch/suchinfo.aspx Verfügung.

Ausschreibung Ochs-Stipendium 2016 Beitragsunterstützung für Kunststudierende

Jährlich steht insgesamt ein Beitrag von 12 000 bis 15 000 sich der Malerei, Bildhauerei, Grafik oder verwandten Künsten Franken für qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber aus der wie Videokunst oder Fotografie und möchten eine auswärtige Burger­schaft zur Verfügung. Das Stipendium kann nur einmalig Kunst- oder Kunstgewerbeschule besuchen? Dann sind Sie beansprucht werden. herzlich eingeladen, sich bis zum 31. Januar 2016 für das Ochs-Stipendium 2016 zu bewerben. Die Stiftung geht auf Sind Sie jung, vermögenslos oder in Ihrem Vermögen ein- Anna Elisabeth Ochs (1791–1864) zurück. Die Eingabe der Ge- geschränkt und gehören der Burger­ suche erfolgt direkt und ausschliesslich gemeinde Bern an? Zudem widmen Sie webportal.bgbern.ch/de/gesuche/ochs.php über ein webbasiertes Eingabetool.

11 medaillon nr. 24, november 2015 Jeudredi und Halt auf Verlangen! Zwei musikalische Veranstaltungsreihen im Berner GenerationenHaus

Die Jeudredi-Acts sorgten für anhaltende Spittelfestgefühle.

Das Musikprogramm am Spittelfest 2015 vermochte Jung und ging Jeudredi im Oktober in die zweite Runde. Die Auftritte ge- Alt gleichermassen in seinen Bann zu ziehen. Die diversen Kon­ hen seither jahreszeitgemäss in der neu gestylten CaféBar in der zerte sorgten für grosse Momente auf und vor den Bühnen. Das Südostecke des Berner GenerationenHauses über die Bühne. Team im Berner GenerationenHaus wollte unbedingt daran an­ Mit dem Bandoneonisten Michael Zisman, dem Liedermacher knüpfen und rief mit «Jeudredi» kurzerhand eine feine Don­ Nils Althaus, den musikalischen Multitalenten Fatima Dunn nerstagskonzertreihe ins Leben. Von Juli bis September fanden oder Domi Chansorn sowie der Autorin Meral Kureyshi konn- die Veranstaltungen wöchentlich im Spittelinnenhof statt und ten unter anderen über ein Dutzend weitere tolle Künstlerinnen sorgten für anhaltende Spittelfestgefühle. Aufgrund des gro­ und Künstler verpflichtet werden. Der Eintritt ist wie schon im ssen Publikumerfolgs ging es im Oktober in die zweite Runde. Sommer kostenlos, es findet eine Kollekte statt. Alors, venez Seither bespielt zudem die Klassikkonzertreihe «Halt auf Ver­ jeudrediser avec nous! langen!» neu die Spittelkapelle. Halt auf Verlangen! Konzertreihe präsentiert Studientalente TEXT UND BILDER: MARTIN GRASSL Beim Bahnhof wird neuerdings auch durchgefahren, jeden- Mit den alldonnerstäglichen Jeudredi-Konzerten beim Brunnen falls musikalisch in der Spittelkapelle. Mit «Halt auf Verlan- im Spittelinnenhof klang der Sommer stimmig aus. Zehn feine gen!» spannen die Hochschule der Künste Bern HKB und das Acts, darunter Nadja Stoller, Red N Jones, die burgerlichen Berner GenerationenHaus zusammen. In der bislang öffent- Voice and Boys, L&B oder Theatermann Matto Kämpf, brachten lich wenig bekannten Spittelkapelle wird seit Anfang Oktober viel Leben in den Hof. Die Reihe wurde schnell zum Geheim- im Zweiwochenrhythmus Kammermusik präsentiert. Dazu tipp und zog regelmässig ein auch altersmässig bunt gemischtes wählt die HKB in internen Wettbewerben ihre besten Studie- Publikum an, welches den stündigen renden aus. Die stündigen Konzerte Auftritten zwischen sechs und sieben finden jeweils ebenfalls am Donnerstag Uhr jeweils aufmerksam beiwohnte. Jeudredi statt und beginnen um 18 Uhr. Der Jeudredi überraschte aber auch mit ei- wunderbar klingende Raum bietet Platz Konzerte: 18 bis 19 Uhr nem exquisiten, gastronomischen An- für bis zu 300 Personen und überrascht Bar und Food: 17:30 bis 20:30 Uhr gebot. Für das gemütliche «Fyrabebier» trotz seiner Grösse mit einer intimen und mehr sorgte die Bar «son et suc». Halt auf Verlangen! Atmosphäre. Die beiden Institutionen Da­neben fuhren regelmässig wechseln- hoffen mit «Halt auf Verlangen!» eine de Foodtrucks in den Innenhof. Die he- Konzerte: 18 bis 19 Uhr wertvolle Plattform für angehende Pro- rausragend zubereiteten Menüs von La fimusikerinnen und Profimusiker zu www.begh.ch Ribollita, Anibal Gamez, Lunchbox oder www.facebook.com/BernerGenerationenHaus etablieren und versprechen sich eine De Palma liessen keine kulinarischen weitere Öffnung des Berner Generatio- Wünsche offen. Facebook-Fotoalbum nenHauses für ein breites Publikum. Es http://on.fb.me/1KMfnmt ist geplant, die Konzerte bis Juni 2016 Zweite Runde in der CaféBar Text im Web inklusive Bildergalerie: fortzusetzen. Der Eintritt ist auch hier Aufgrund des grossen Anfangserfolgs medaillon.bgbern.ch/jeudredi kostenlos.

12 medaillon nr. 24, november 2015 Kopfreisen durch Zeit und Raum Objekte erzählen Geschichte(n)

Blick in die Ausstellung «In 80 Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung»

In seiner neuen Wechselausstellung «In 80 Minuten um die Welt sucher von Schwänen in die Stadt an der Seine geflogen, um – Reise durch die Sammlung», welche bis 28. März 2016 dauert, dort herauszufinden, was nach dem Untergang des Alten Bern schickt das Bernische Historische Museum seine Besucher auf aus Staatsschatz und Bären wurde. Die weiteste Reise führt in Reisen: durch die Museumssammlung, in vergangene Zeiten die Südsee: Matto Kämpfs groteske Geschichte über eine Fahrt und ferne Länder. Dabei gilt es spannende, skurrile und biswei­ mit dem Postauto vom Berner Bahnhof nach Ozeanien sprengt len berührende Objekte und Geschichten zu entdecken. schier die Grenzen des Vorstellbaren. Weitere Reisedestinatio- nen sind das Berner Oberland mit Barbara Traber, die Sei- TEXT: ELKE LOHMANN; BILD: CHRISTINE MOOR denstrasse mit Reeto von Gunten, Westafrika mit Balts Nill, Die Sammlung des Bernischen Historischen Museums um- Avenches mit Stefanie Grob und Athen mit Guy Krneta. fasst rund 500 000 Objekte aus Kulturen aller Erdteile, von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Für die Ausstellung «In 80 In Bern verwurzelt – mit der Welt verbunden Minuten um die Welt – Reise durch die Sammlung» wurde Neben den Objekten, die auf den acht Reisen entdeckt werden aus ihr eine ganz besondere Auswahl getroffen: Für einmal können, sind zahlreiche weitere Exponate ausgestellt, die zur werden nicht die schönsten oder wertvollsten Gegenstände Inszenierung des Depots beitragen und die Breite und Fülle der gezeigt, sondern solche, die eine spannende Geschichte ha- Sammlung des Bernischen Historischen Museums erlebbar ben. Sie alle sind in einem inszenierten Depot versammelt, machen. So reihen sich neben dem Zylinder aus Paris indone- welches auf acht unterschiedlichen Reisen erkundet werden sische Stroh- und Schweizer Uniformhüte, chinesische Jade­ kann. Als Reise­leiter konnten namhafte Künstlerinnen und gefässe neben Keramikschüsseln aus Langnau, zentralasiati- Künstler gewonnen werden, deren fantastische Geschichten sche Stangenwaffen neben Schweizer Hellebarden und Berner als Audio­guide durch die Ausstellung führen. Kutschen neben einem Auslegerboot aus Neuguinea. Diese In- szenierung zeigt eindrücklich, dass die Objekte in den Dauer- Von Bern nach Paris, in die Südsee und zurück ausstellungen des Museums nur die Spitze des Eisbergs sind So laden beispielsweise die Abräumer der Swiss Music Awards und in seinem Depot unzählige weitere Schätze schlummern. 2015, Lo & Leduc, zu einem literarisch-musikalischen Stadt- Eine Weltkarte am Ausstellungseingang weist aus, woher diese rundgang durch Bern ein. Dabei entdecken sie nicht nur Nos­ Objekte stammen: aus allen Ecken von Stadt und Kanton Bern, talgisches, wie den Schlüssel zum Christoffelturm oder eine der aus allen Gegenden der Schweiz, Europas und der Welt. Sie alle ältesten Fotografien im Besitz des Muse- haben im Verlauf von mehr als 500 Jah- ums, sondern auch vielfältige, bisweilen ren ihren Weg nach Bern und schliess- wundersame Belege bernischen Lebens «In 80 Minuten um die Welt – lich ins Museums gefunden. In Bern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. In Bern Reise durch die Sammlung» verwurzelt – mit der Welt verbunden, startet auch die Reise nach Paris aus der ermöglicht das Bernische Historische 15. Oktober 2015 bis 28. März 2016 Feder von Ariane von Graffenried: In ei- Museum so Ausflüge und Reisen in die ner fliegenden Badewanne wird der Be- www.bhm.ch Geschichte und rund um die Welt.

13 medaillon nr. 24, november 2015 Ein lebendiges Denkmal Die neue Bernburger-Geschichte – Historiographie ohne Scheuklappen

Apéro im Innenhof des Burgerspitals am Osterbott 1970

«Von Bernern und Burgern», die neue Geschichte der Berner trag gegeben und finanziert worden sei. Tatsächlich vertieft die Burgergemeinde, wird von den Medien fast einhellig positiv be­ Studie – ein gediegenes Werk in zwei grossformatigen Bänden urteilt. Obschon Auftragswerk, ist sie keine Gefälligkeitsschrift, mit fast 900 reich bebilderten Seiten, verfasst von fünf Histori- sondern besticht mit kritischer Distanz. Nicht überzeugend ist kerinnen und Historikern – das Verständnis der einst patrizi- das Frontismus-Kapitel ausgefallen. schen Institution, ihrer Eigenarten und Gebräuche, ihrer kultu- rellen, fürsorgerischen und mäzenatischen Leistungen, ihrer TEXT: URS HAFNER; BILD: ZVG Wandlungsfähigkeit. Nicht jedem neuen Geschichtsbuch ist ein solcher Empfang Das Ökonomische, das Soziale wie das Kulturelle werden vergönnt. Das mediale Echo auf die grosse, diesen Frühling er- gründlich durchleuchtet, zuweilen auf Kosten der sprachli- schienene Geschichte der Berner Burgergemeinde ist beacht- chen Eleganz. Erhellend ist der Vergleich mit anderen Bür- lich und bis auf eine Ausnahme rundum gergemeinden und Korporationen der positiv ausgefallen. Neben drei Berner Schweiz: So unique, wie Burger-Kritiker Zeitungen und einem Berner Online-­ Von Bernern und Burgern als auch Burger-Enthusiasten glauben, Journal würdigten auch das Schweizer ist der Berner Fall nicht. Ein pointierter Birgit Stalder, Martin Stuber, Sibylle Meyrat, Radio, die Schweizer Ausgabe der «Zeit» Schluss hätte dem am Ende ausfransen- Arlette Schnyder, Georg Kreis: Von Ber­ und die «Neue Zürcher Zeitung» das den Werk gut angestanden. Dennoch nern und Burgern. Tradition und Neuerfin­ Werk, das eine – wenn auch die grösste überzeugt es als quasi lebendiges Denk- dung einer Burgergemeinde. Hier und ihrer Art in der Schweiz – örtliche Insti- mal der Burgergemeinde. Jetzt, Baden 2015. 2 Bde., zahlreiche Abb., tution porträtiert. Vor allem aber thematisiert die Stu- 864 S., ca. 89 Fr. Der Tenor der Medien: «Von Ber- die ohne Scheuklappen auch all die nern und Burgern» habe die Geschichte Punkte, die auf dem Platz Bern als hei- Dr. Urs Hafner ist freischaffender Wissen­ der öffentlich-rechtlichen Einrichtung kel gelten: die nach wie vor eher elitäre schaftsjournalist in Bern. wissenschaftlich und also mit der nöti- Zusammensetzung der Institution, die gen kritischen Distanz erarbeitet, auch Text im Web inklusive Bildergalerie: nicht konsequent etablierte Gewalten- wenn das Buch von den Burgern in Auf- Medaillon.bgbern.ch/einlebendigesdenkmal teilung, die finanzielle Bevorteilung bei

14 medaillon nr. 24, november 2015

Bewohnerin des Burgerspitals um 1920

Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiterin verarbeiten im Kirchenfeld Brennholz aus dem burgerlichen Forst. der Vermögensaufteilung zwischen Burger- und Einwohner- erwies sich für die Medien als zu süffig – und die Dissertation gemeinde 1852, die Prägung der städtischen Baupolitik im ei- war an manchen Stellen zu polemisch und ungenau formu- genen Interesse, die Verstrickung mit nazifreundlichen Krei- liert. Plötzlich sah sich die Berner Burgerschaft national mit sen in den 1930er-Jahren. Letzterem Punkt ist gar ein eigenes, dem Vorwurf des Faschismus konfrontiert. Nur die NZZ be- vom Basler Emeritus Georg Kreis verfasstes Kapitel gewidmet. mängelte in ihrer Rezension Rieders herrschaftskritischen Ohne diese Verstrickungen hätte das Burgerbuch wohl Übereifer. nicht so viel Aufmerksamkeit gefunden, ja wäre es vielleicht Das von Rieder vorgespurte und von den Medien ver- nicht einmal geschrieben worden. Publik gemacht hatte sie stärkte Pauschalurteil hat Kreis akribisch überprüft. Sein Bei- Katrin Rieder 2008 in ihrer Dissertation «Netzwerke des Kon- trag wirkt indes wie ein Fremdkörper, weil er den Charakter servatismus» (Chronos-Verlag). Die Historikerin deckte auf, eines – zu ausführlich geratenen – Gutachtens besitzt. Zu dass sich mehrere junge Bernburger in frontistischen Organi- Recht hat sich der «Bund» an der «grossspurigen Geste» ge- sationen betätigt hatten. Georges Thormann, von 1969 bis stört (die einzige mediale Kritik am Buch). Kreis weist nach, 1984 Burgerpräsident, war vor dem Krieg gar «Gauführer» der dass sich nicht nur unter den Burgern, sondern auch im Nationalen Front gewesen, die der NSDAP nacheiferte. Die Bürger­tum rechtsbürgerliche Kreise für den Frontismus er- Grenzen zwischen Rechtskonservativen und Rechtsextremen wärmt hätten und dass das bei der Wahl Thormanns Ende der waren fliessender als angenommen. sechziger Jahre manifestierte Desinteresse an der Vergangen- Die Autorin betonte zwar, dass keineswegs das ganze bur- heit auch andernorts gängig gewesen sei. Diese Relativierung gerliche Patriziat frontistisch gewesen sei, doch das Thema hätte man dezenter leisten können.

15 medaillon nr. 24, november 2015 Neue Stätte für grosse Kinomomente in Bern Das Kino Rex steht seit Oktober für cinéastische Höhenflüge

Die Burgergemeinde unterstützt nicht Ursprüngliches wurde freigelegt, etwa nur grosse Kulturakteure in und um der Terrazzoboden im Foyer, etliche Bern mit wiederkehrenden oder einma­ übermalte Wände oder das alte Kassen- ligen Beiträgen. Laufend werden auch häuschen. Weiter wurde die Haustech- kleinere Projekte aller möglichen Spar­ nik rundum erneuert. Eine grosse bau­ ten gefördert. Allein im vergangenen liche Veränderung stellte die Teilung Jahr wurden 463 Projektbeiträge im Ge­ des Kinos in zwei Vorführräume dar. samtwert von 1,28 Millionen Franken Auf dem vormaligen Balkon entstand gesprochen. Aber auch besondere Vor­ ein separates Kinostudio, während der haben im mittleren Bereich werden un­ Kinosaal im Erdgeschoss reduziert be- terstützt. So hat die Burgergemeinde im lassen wurde. Der Duplexbetrieb er- neu eröffneten Kino Rex 15 Kinosessel laubt dem Kino Rex nun neu grössere im Wert von 75 000 Franken gespendet. Pro­grammflexibilität. Vor beiden Lein­ wänden entstanden zudem niedrige TEXT: MARTIN GRASSL; Bühnen für weiterführende Veranstal- BILD: URSLÉ VON MATHILDE tungen wie Werkeinführungen oder Le- Am 30. September 2015 fand im 1983 er- sungen. Der 1,8 Millionen Franken teure öffneten Kino Kunstmuseum die letzte Umbau konnte nur dank breit abgestütz- Filmvorführung statt. Glücklicherweise ter Hilfe umgesetzt werden. Rund ein kommen Fans spezieller Filmreihen Drittel der Budgetkosten wurden von oder von Arthouse-Premieren seither Stadt und Kanton übernommen, der um so mehr auf ihre Rechnung. Denn Rest mit Geldern von anderer Seite ge- das profilierte Lichtspielhaus ist nur deckt. Hierbei fungiert die Burger­ umgezogen und befindet sich seit Ende gemeinde Bern als sogenannte Sitzspon- Oktober im Kino Rex, unter dessen Na- sorin und hat dazu 15 Sitze im Wert von men es neu firmiert. Rückblende ins 75 000 Franken gespendet. Jahr 2003: Damals entschied sich das Das Kino Rex erstrahlt wieder in Kunstmuseum Bern, den eigenen Kino­ altem Glanz. Kinojuwel mit vielseitigem Programm betrieb einzustellen. In der Folge sprang Nicht nur in baulicher Hinsicht wird im der Verein Cinéville als neuer Betreiber neuen Kino Rex Stil gross geschrieben. in die Bresche und vermochte so die ki- Der Duplexbetrieb erlaubt Eine neue, schicke Bar soll ein gemisch- nematografische Institution im Muse- tes Publikum anlocken. Die bewährten um zu erhalten. Doch sieben Jahre spä- dem Kino Rex nun neu grössere Filmreihen samt Arthouse-­Premieren ter kam das Aus am Standort. Aufgrund Programmflexibilität. aus der Kunstmuseumszeit werden noch des Platzbedarfs des Museums sah sich markanter kuratiert. Die Kooperationen das Kino gezwungen, nach einer neuen mit diversen Museen und ihren aktuel- Adresse Ausschau zu halten. Die Aufga- len Ausstellungen werden ausgeweitet. be der langjährigen Bleibe wurde jedoch auch als Chance ge- So etwa mit der Kunsthalle, dem Robert Walser Zentrum, dem sehen. Und mit der Wahl des Kino Rex konnte tatsächlich ein Alpinen Museum oder dem Kunstmuseum Bern. Coup gelandet werden. Denn von der zentralen Lage an der Schwanengasse, zwischen Kern- und Vorstadt, erhofft man Open Air Kino 2016 im Spittelinnenhof geplant sich grössere Sichtbarkeit. Der Umzug war zudem Anlass, ein Da das Kino Rex und das Burgerspital Nachbarn sind, lag neues Betriebskonzept auszuarbeiten und umzusetzen. eine thematische Kooperation mit dem Berner Generationen­ Haus auf der Hand. Mitte August 2016 wird es soweit sein. Grosse Umbauten dank zahlreichen Unterstützern Dann gastiert das Kino Rex im Berner GenerationenHaus Das 1952 vom Architektenehepaar Oskar und wird im Innenhof des Burgerspi- und Claire Ruefer erbaute Kino Rex tals eine Reihe zum Thema «Genera­ wurde teils wieder in seinen Original­ www.rexbern.ch tionen» zeigen: ein besonderer Ersatz zustand versetzt, es erfolgten aber auch Text im Web: nach dem Aus für das Openair-Kino wesentliche Eingriffe in den Baukörper. medaillon.bgbern.ch/kinorex auf der Grossen Schanze.

16 medaillon nr. 24, november 2015

Berufsporträts Sofia Barcia und Stephan Horisberger Arbeitsorte Wald und Kultur Casino Bern

Sofia Barcia Stephan Horisberger

Die Burgergemeinde Bern beschäftigt in ihren Institutionen wenn man den ersten Baum selber fällt, behält Sofia Barcia als und Verwaltungsabteilungen rund 470 Mitarbeiterinnen und ganz spezielles Andenken in Erinnerung. Mitarbeiter in über 30 Berufsgattungen. Zudem bildet sie 40 Stephan Horisberger wurde erst vor neun Jahren so richtig Jugendliche aus. Daneben sind rund 30 Praktikumsstellen be­ aufmerksam auf das Kultur Casino, als er am Buskers-Festival setzt. Zwei Mitarbeitende geben Einblick in ihren Tagesablauf. unter dem Baldachin beim Kasseneingang einer Band zuhörte. Zufällig wurde im Kultur Casino ein Jahr später eine Stelle frei, TEXT UND BILDER: CAROLINA KÄMPF welche wie auf ihn zugeschnitten war. Seither betreut der ge- Sofia Barcia hat eben erst ihr zwölfmonatiges Vorstudienprak- lernte Elektromonteur als Leiter Betrieb und Infrastruktur die tikum als Forstwartin bei der Burgergemeinde Bern abge- technischen Anlagen und koordiniert verschiedene Infrastruk- schlossen. Dieses Praktikum erlaubt ihr ein Studium zur turprojekte. Die Lüftungs-, Sanitär- und Elektroanlagen des Forstingenieurin an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Hauses halten Stephan Horisberger täglich auf Trab. Denn in Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen, wo sie ihr den alten Hausmauern stehen an allen Ecken diverse Wartungs- gesammeltes praktisches Wissen mit theoretischem Hinter- und Sanierungsarbeiten an, notfalls auch am Wochenende. grund ergänzen kann. Nach der geplanten Sanierung des Kultur Casinos in den In Wahlendorf aufgewachsen, spielte sich fast ihre ganze Jahren 2017 bis 2019 wird sich das Gebäude in einem technisch Kindheit im Wald ab: Von gemeinsamen Aktivitäten mit Freun- deutlich besseren Zustand befinden: So werden die Toiletten den über Geburtstagsfeste bis hin zur Pfadi war sie schon im- nicht mehr überlaufen, nur weil an einem Grossanlass alle gleich- mer mit dem Wald verbunden. So erstaunt es auch nicht, dass zeitig benützt werden. Die moderne Technik wird zwar prakti- Sofia Barcia nach einem Jahr ihr Jurastudium zugunsten des scher zu warten, aber auch anspruchsvoller zu bedienen sein. Waldes aufgab. Als angehende Forstingenieurin möchte sie Stephan Horisberger kennt das weitläufige Haus wie seine grosse Ziele in der Männerdomäne der Forstberufe verwirkli- Westentasche und dachte lange, der versteckteste Raum sei ein chen. Bezüglich Wissen und Begeisterung steht sie den Män- Zimmer über der Orgel. Doch dann entdeckte er kürzlich bei nern in keiner Weise nach, lediglich körperlich kommt sie ab Sondierungsarbeiten einen ihm bislang unbekannten Raum und zu an ihre Grenzen. Ihre grosse Stärke hingegen ist ihre im Kellerbereich. Durch die regelmässigen Proben und Kon- kommunikative Seite. Die Arbeit im Wald ist sehr vielseitig zerte im Grossen Saal hört Stephan Horisberger fast täglich und erfordert umfangreiches Wissen auf verschiedenen Gebie- Musik. Wenn das Berner Symphonieorchester auftritt oder ten, von der Meteorologie bis zur Biologie. Sofia Barcia empfin- Jazz und Blues auf dem Programm stehen, findet man ihn auch det es als besonders befriedigend, jedes Jahr die Früchte der Ar- einmal in den Zuhörerreihen. Privat spielt er Didgeridoo, wo- beit des vorangegangenen Jahres bestaunen zu können. Ebenso, für er aber keine Musiknoten benötigt. Um Klänge hervorzu- dass je nach Jahreszeit andere Waldarbeiten zu verrichten sind. zaubern, reicht etwas Rhythmusgefühl aus. Wer glaubt, die So steht im Herbst, nach der sommerlichen Waldpflege, die Töne des Berner Symphonieorchesters beeindruckten Stephan Holzerei im Vordergrund. Diese ist wichtig, schafft sie doch Horisberger nicht mehr, irrt. Vor allem deren Hauptprobe zu- Platz und Licht für Jungbäume und stellt sammen mit Patent Ochsner für den für neue Forstwarte ein besonderes Er- Text im Web inklusive weiterer Porträts: Bundesplatzaufritt wird ihm noch lange lebnis dar. Dieses unglaubliche Gefühl, medaillon.bgbern.ch/berufsportraets in Erinnerung bleiben.

17 medaillon nr. 24, november 2015 Engagement zugunsten des Stadtberner Vereins TriiO Die Burgergemeinde unterstützt die Beratungsstelle für Erwerbslose während der nächsten drei Jahre

Die Beratungsstelle TriiO an der Berner gespräche üben können. Dazu stehen leistet seit 2002 wichtige Hil­ mehrere PC-Stationen mit Internet­ fe für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit­ zugang zur Verfügung. Das Projekt hat bedrohte Menschen. Das Angebot steht Erfolg, und TriiO verzeichnet seit 2008 allen offen und umfasst kostenlose Bera­ einen Nachfrageanstieg von Hilfesu- tungen zu den Themen Arbeit, Erwerbslo­ chenden um mehr als die Hälfte. sigkeit und Stellensuche. Die Dienstleis­ tungen werden durch ein professionelles Integrationspreis der Stadt Bern Team erbracht, welches auf die Mitarbeit Mit der Verleihung des Integrationsprei- von kompetenten Freiwilligen zählen ses der Stadt Bern wurde TriiO im ver- kann. Allein letztes Jahr wurden rund gangenen Jahr auch von öffentlicher Sei- 10 000 Menschen betreut, und TriiO wur­ te gewürdigt. Gemeinderätin Franziska de sogar mit dem Integrationspreis der Teuscher, welche den Preis übergab, wies Stadt Bern geehrt. Die Burger­gemeinde darauf hin, wie zentral der Zugang zu Bern unterstützt die Betreuung der wich­ Arbeit sei, da sie in unserer Gesellschaft tigen Freiwilligen ab 2016 für drei Jahre hohen Stellenwert geniesse. Besonders mit einem grösseren Beitrag. beeindruckt zeigte sie sich von der Nieder­schwelligkeit des Angebots, was TEXT UND BILD: MARTIN GRASSL insbesondere für Migrantinnen und In den 1990er-Jahren entstanden auf Ini­ Migranten wichtig sei. Denn wo Integra- tiative engagierter Bernerinnen und tion scheitere und Menschen keine Zu- Berner die drei voneinander unabhän- kunft und Perspektiven hätten, entstehe gigen Beratungsstellen für Erwerbslose der Nährboden für Extremismus und impuls, intact und Ohni Büez, welche Gewalt. TriiO setzt sich zudem immer Blick in die Bewerbungswerkstatt sich im Jahr 2002 zum Verein TRiiO mehr auch für Erwerbslose der Gruppe zusammenschlossen. Zwei Jahre später «50+» ein. Da die geburtenstarken Jahr- wurde der heutige Standort bezogen. Der politisch unabhän- gänge der 1960er-Jahre schon mitbetroffen sind, besteht grosser gige Verein wird durch die Evangelisch-reformierte Gesamt- Handlungsbedarf gegen die Altersdiskriminierung. kirchgemeinde Bern finanziert. Weitere Unterstützung leisten insbesondere die Römisch-katholische Gesamtkirchgemein- Qualitätssicherung, Freiwillige de Bern und Umgebung, andere regio- und Umzug nale Kirchgemeinden sowie die Burger- Um auf dem neusten Stand zu bleiben, gemeinde Bern. Das mehrsprachige Angebot erweitert das Beratungsteam an mo- natlichen Weiterbildungen sein Fach- Kostenlose und effiziente Beratung umfasst die Bereiche wissen. Seit letztem Jahr wurden zu- Das mehrsprachige Angebot umfasst Beratung und die sogenannte dem über 40 Sensibilisierungsanlässe die Bereiche Beratung und die soge- zur Thematik durchgeführt. TriiO ist nannte Bewerbungswerkstatt, wo ins- Bewerbungswerkstatt.­ auf kompetente Freiwillige angewiesen besondere die Freiwilligen mit ihrem und die über 2 300 «Arbeitsstunden» Fachwissen zum Einsatz kommen. Zwar der rund 20 Freiwilligen überstiegen bieten auch andere Anbieter in Bern hierzu Hilfe an, doch ist letztes Jahr die Sollzahl einer Vollstelle. Die Ein­arbeitung diese meist kostenpflichtig oder darf nur von bestimmten und Betreuung der Freiwilligen ist aufwändig, die Unterstüt- Gruppen beansprucht werden. Um die Hilfe­suchenden wie- zung der Burgergemeinde kommt dafür zum richtigen Zeit- der fit für den Arbeitsmarkt zu machen, führt TriiO individu- punkt. Da der Vermieter an der Spital­gasse vor einem Jahr elle Standortbestimmungen und Sozial­ Eigen­bedarf angemeldet hat, kann die beratungen durch. Wichtig ist auch die Beratungsstelle nur noch bis Mitte 2016 Bewerbungswerkstatt, wo die Erwerbs- www.triio.ch dort bleiben. Sie hofft, einen bezahl­ losen das Verfassen effektiver Motivati- Text im Web: baren sowie zentral gelegenen neuen onsschreiben lernen und Bewerbungs- medaillon.bgbern.ch/triio Standort zu finden.

18 medaillon nr. 24, november 2015 Eine Stunde Ewigkeit Die Kulturreihe im Burgerspittel im Viererfeld

Reto Sorg zu Gast bei der «kulturklinke»

Seit Februar dieses Jahres kommen die Bewohnerinnen und vielfachen Verwendungsmöglichkeiten auf. Im Oktober trug Bewohner des Burgerspittels im Viererfeld in den Genuss eines der Schriftsteller Beat Sterchi Texte und Geschichten von und ganz besonderen kulturellen Angebots: Unter dem Titel «Eine über mit Bern verbundenen Personen vor. Den Abschluss des Stunde Ewigkeit» lädt der Verein «kulturklinke» Kulturschaf­ ersten Zyklus bildet im Januar 2016 der Regisseur Jürg Neuen- fende aus Bern und Umgebung ein. Diese machen dort die schwander. Er wird auf unterhaltsame Weise über die Entste- «Ewigkeit» von Kunst und Kultur erlebbar: Sie interpretieren hung seines Dokumentarfilms «Q Begegnungen auf der Milch- vorhandene und schaffen neue Kunstwerke, Literatur, Musik­ strasse» berichten. stücke oder Filme. Anschliessend hat das Publikum Gelegen­ heit, sich in einem moderierten Dialog mit den Kulturschaffen­ Angebot findet Anklang den auszutauschen, Eindrücke in Worte zu fassen und über Mit einer durchschnittlichen Besucherzahl von über dreissig eigene Lebenserfahrungen zu berichten. Ein gemeinsames Personen hat sich die Reihe gut etabliert. Die äusserst positiven Zvieri lädt zu weiterem Austausch und Begegnungen ein. Rückmeldungen zeigen, dass sich das Angebot an den Bedürf- nissen der Bewohnerinnen und Bewohner orientiert und von TEXT: ELKE LOHMANN; BILD: ZVG ihnen wertgeschätzt wird. Dies sind gute Voraussetzungen für Die Kulturreihe findet alle zwei Monate statt. Initiatorin und die Fortsetzung im 2016. Die Kulturreihe wurde 2015 durch Moderatorin Anna Hagdorn sorgt dabei mit sicherer Hand das Migros-Kulturprozent gefördert. und dank ihres grossen Netzwerks und breiten Kulturver- ständnisses für ein niveauvolles und abwechslungsreiches Pro- Der Verein «kulturklinke» gramm. So konnten bereits ganz unterschiedliche Kulturschaf- Unter dem Motto «Wir bringen Begegnung – kollektiv, kreativ, fende im Viererfeld begrüsst werden: Den Auftakt machte aktiv» setzt sich der junge Verein «kulturklinke» mit Aktivitä- Reto Sorg, Leiter des Robert Walser-Zentrums, der über Robert ten an der Schnittstelle zwischen Kultur, Gesellschaft und Ge- Walser als Spaziergänger im literarischen wie auch wortwörtli- nerationen für ein verantwortungsbewusstes und respektvol- chen Sinne referierte. Dominik Imhof, Verantwortlicher für les Miteinander ein. Seine Projekte fördern gemeinsames Kunstvermittlung am Zentrum Paul Klee, offenbarte einen pri- Erleben, Austausch und aktive Mitgestaltung des eigenen Um- vaten Blick auf den grossen Maler Paul felds. Diese orientieren sich am Interes- Klee. Der Pianist und Improvisator Aki Eine Stunde Ewigkeit se, am Bedarf und den Möglichkeiten Hoffmann liess das Publikum in die ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer Bergwelt der Berner Alpen reisen – mit Die Veranstaltungen sind öffentlich. Das und sind damit sowohl generationen­ spektakulären Bildern auf Grosslein- aktuelle Programm ist auf der Website spezifisch als auch generationenüber- wand und darauf abgestimmter Klavier- des Burgerspittels im Viererfeld aufge­ greifend. Mit Kulturarbeit wie «Eine musik. Passend zur Ferienzeit widmete schaltet: Stunde Ewigkeit», welche zum Publi- Philipp Stämpfli, Archivar der Burger­ kum geht, richtet sich der Verein aus- www.derburgerspittel.ch/veranstaltungen/oeffentlich bibliothek Bern, seinen Vortrag im Au- drücklich auch an Menschen des dritten gust der «Ansichtskarte» und zeigte ihre www.kulturklinke.ch und vierten Lebensalters.

19 medaillon nr. 24, november 2015

Nachruf auf den ehemaligen Leiter des Burgerlichen Jugendwohnheims

Drei Jahrzehnte präsent für die Jugend

In Bern verstarb am 22. Juni dieses Jahres Erziehungskonzepte und brachte neue Pierre Wissler, langjähriger Vorsteher des Ideen für die bauliche Gestaltung ein. Burgerlichen Jugendwohnheims Schoss­ Natürlich kam ihm dabei seine prakti- halde, welcher die Institution nachhaltig sche technische Begabung zu Hilfe, spä- geprägt und in eine neue Zeit geführt hat. ter übrigens ebenso bei der Einführung Für sein Wirken und Schaffen, zusammen der Computer. Das war aber nur die eine mit seiner Gattin, gebührt ihm der grosse Seite des Vorstehers, zu der auch die gute Dank der Burgergemeinde Bern. und sparsame Finanzplanung gehörte sowie die Erziehung zum schonenden TEXT: BENNO VON WATTENWYL; Umgang mit der Umwelt. Der Motorfah- BILD: ANITA PAULI rerhauptmann nahm selbst immer das Pierre, wie ich ihn nennen durfte, wurde Fahrrad, verkaufte nach der Pensionie- am 8. Dezember 1924 in Tägertschi ge- rung seinen VW-Bus und wünschte sich boren, besuchte in Bern das Gymnasium als Abschiedsgeschenk einen Veloanhän- und war begeisterter Pfadfinder in der ger zur Besorgung seiner Einkäufe. Abteilung Patria. Nach der Maturität be- Am wichtigsten beim Führen eines gann er das Elektroingenieur-Studium­ Erziehungsheimes aber ist der Umgang an der ETH Zürich, brach es aber nach mit den anvertrauten Kindern und Ju- dem Vordiplom ab, um in Bern Theolo- gendlichen. Und dort lag die Haupt- gie zu studieren. Das Flair und die Be­ leistung von Pierre Wissler. Er war kein gabung für Technik blieben ihm aber le- säuselnder Schmuseerzieher, die anti- benslänglich erhalten. Er schloss das autoritäre Welle ging an ihm vorüber. Studium als ordinierter Pfarrer ab und Pierre Wissler erneuerte die Er besass eine natürliche, selbstver- trat seine erste Stelle in London als Vikar Institution nachhaltig. ständliche Autorität, welche durch sei- der Schweizer Kirchgemeinde an. Dort ne weittönende, sonore Bassstimme lernte er auch seine künftige Gattin Heidi Schweingruber ken- unterstrichen wurde. Seiner inneren menschlich-sozialen nen. Ein Jahr später kehrten beide in die Schweiz zurück. Pierre Haltung verdankte er seinen direkten Zugang zu den Kin- Wissler übernahm das Pfarramt in Gstaad, während Heidi dern und Jugendlichen. Modeströmungen der Pädagogik Schweingruber eine Ausbildung zur Heimerzieherin absolvierte. waren ihm nicht wichtig. Dank seiner geistigen Beweglich- Im Jahr 1956 heirateten sie und wurden 1959 als Vorsteherpaar keit und seinem Gefühl für die sich verändernden Bedürfnisse ans Burgerliche Waisenhaus in Bern ge- der Jugend fand er zu immer neuen, wählt. Hier fanden sie ihre Lebensauf­ zeitgemässen Erziehungsformen. Diesen gabe, und Pierre blieb bis zu seiner regu- Man könnte meinen, eine so Bedürfnissen entsprach er auch mithilfe lären Pensionierung 1989 volle 30 Jahre baulicher Anpassungen. Dabei kamen im Amt. lange Amtsdauer führe zu Routine ihm jeweils seine praktische Ader und Das allein ist eine erstaunliche Leis- und Trägheit. Davon war aber der haushälterische Umgang mit den tung, aber das Bemerkenswerte war, wie Ressourcen zu Hilfe. er das Amt ausführte. Man könnte mei- bei Pierre nichts zu spüren. Nach drei Jahrzehnten als erfolgrei- nen, eine so lange Amtsdauer führe zu cher Vorsteher war es Pierre Wissler ein Routine und Trägheit. Davon war aber Bedürfnis, einem geeigneten Nachfolger bei Pierre nichts zu spüren. Bis zu seiner Pensionierung brach- ein «geordnetes» Heim zu übergeben. Es war weitgehend sei- te er immer wieder Neuerungen ein und war ebenso offen für nem Engagement zu verdanken, dass sowohl die Hausordnung neue Ideen, welche an ihn herangetragen wurden. Wenige Jah- als auch die Pflichtenhefte aller Mitarbeiter nachgeführt, die re nach meinem Eintritt in die Direktion erfolgte der grosse Finanzen geregelt und das Heim «gut aufgestellt» waren, als er Umbau, der die selbständigen Wohngruppen mit sich brach- das neu gewählte Nachfolgerehepaar Fritz und Romy Kläy ein- te und das Waisenhaus zu einem der führte. Dass Pierres Mitwirken bei die- modernsten Jugendheime der Schweiz ser Wahl glücklich gewesen ist, bewies machte. Pierre Wissler war hierbei uner- Der Autor war von1975 bis 2002 deren ebenfalls langjähriges, vielseitiges müdlich, besuchte mit der Baukommis- Mit­glied der Direktion im Burgerlichen und erfolgreiches Wirken im Burgerli- sion zahlreiche Heime, studierte deren Jugendwohnheim. chen Jugendwohnheim.

20 medaillon nr. 24, november 2015

Bärner Müschterli

Aus der Anekdotensammlung J. Harald Wäber Der bärnburgerlech Dichter Jeremias Gotthälf (Gotthelf) Illustration: irene schoch (*1797), wo eigetlech Albärt Bitzius gheisse het und Pfarrer z Der dütsch Maler, Radierer und Schriftsteller Balthasar Lützelflüeh gsy isch, het sech einisch am ene heisse Summer­ Anton Dunker (*1746), wo vor allem z Bärn gwürkt het, isch tag bim Kommissione mache z Burdlef (Burgdorf) verspätet. vo Saal z Pommern cho. Er isch drum froh gsy, won ihm der Bärewirt sys Bärner­wägeli Nachdäm er zerscht e schöne Succès gha het, het er spä­ zur Verfüegung gstellt het, für dass er no hei chunnt. ter als Folg vo der Französische Revolution geng meh under Wo ner ufgsässen isch gsy, het der Stallchnächt, wo ne der schlächten Uftragslag glitte, und syni letschte Läbesjahr gutschiert het, mit der Pöitsche gchlepft und en unerchann­ het er i armüeteligem Zuestand müesse verbringe. te Fluech usgstosse, was der Goul i Trab versetzt het. Der Am Aafang isch er schygg gsy, ja sogar tiré à quatre Gotthälf het uf das aben ärschtig proteschtiert. épingles, het er doch geng uf em Chopf e fyne Näbelspalter­ Bald scho isch ds Ross geng lengsemer und lengsemer (das heisst e Dreispitz), am Körper es rych brodierts Juste gloffen und i nes Schnäggetämpo verfalle, und am Horizont au Corps mit emene Galanteriedägen a der Syte und a de sy schwarzi Wulken ufzoge, wo nüt Guets verheisse hei. Da Bei sydigi schwarzi Strümpf treit. Nach syr Verarmung hei fragt der Gotthälf sy Gutschner enerviert, öb’s ke Wäg gäb, de d Strümpf meischtens Löcher gha, wo ner het probiert z dä Bygger aaztrybe. verstecke, indäm er d Hut a däne Stelle mit Tusch schwarz D Antwort isch: «Mou, aber Dir heit gseit, i dörf nid. Ds ygfärbt het. Einzige, wo battet, sy nämlech zümftigi Flüech, ds Ross isch’s Da het nen einisch e Fründ gfragt: «Schämsch Du Di ei­ eso gwanet.» getlech nid, eso verlöchereti Strümpf z trage?» Der Gotthälf seit e Zytlang nüt, aber wo’s du chly später Der Dunker het ihm entgäge gha: «Was, ich sollte no het afa donnere, meint der Pfarrherr: «Henusode – so mich schämen? Keine Rede! – Es sollte sich vielmehr derje­ fluech i Gottsname!» nige schämen, dem die Strümpfe gehören. Sie sind näm­ * lich entlehnt!» * Der dütsch Theolog und Lyriker Karl Fridrich vo Gerok (*1815) het 1857 e frommi Gedichtsammlung usegä, wo der Titel Bis i ds Jahr 1888 hei d Burger vo der Stadt Bärn ds Privileg «Palmblätter» treit het. Si isch o z Bärn sehr populär worde, vom sogenannte Burgernutze gha, das heisst, si hei vergäbe und me het se, vertont, im Musikunterricht hüüfig müesse Holz übercho. vortrage. Das het der Balthasar Anton Dunker zum Aalass gno, Denn isch d Scherzfrag ufcho: «Was isch der Unterschid es Grab für ne gmeinte burgerleche Stöderi, wo ussert sym zwüschen eren Afrikanere und enere hiesige Pfarrers­ Rouch im Läbe weni botte het, mit em Spruch z schmücke: tochter?» «Hier liegt viel alter Bernerstolz, auf sieben Klafter Burger­ D Antwort isch gsy: «D Afrikanere het e Gehrock vo Palm­ holz.» bletter und d Pfarrerstochter d Palmbletter vom Gerok.»

21 medaillon nr. 24, november 2015

Agenda

26. November 2015, 18:00 Uhr 3. Dezember 2015, 18:00 Uhr 17. Dezember 2015, 18:00 Uhr

BERNER GENERATIONENHAUS BERNER GENERATIONENHAUS BERNER GENERATIONENHAUS «Jeudredi mit Marey» «Jeudredi mit Meral Kureyshi» «Jeudredi mit Petting Goes Classic» Marey schreibt über die Menschen Die Autorin liest aus ihrem Roman und das, was sie gerade beschäftigt «Elefanten im Garten», über ein von Musikalischen Nährboden bieten oder inspiriert: das Leben, die der Migration geprägtes Leben, über die atomar verseuchten Böden der Hoffnung, der Marienkäfer, die Liebe. Herkunft und Entfremdung, Verlust 90er Jahre. Petting goes Classic spielt CaféBar, 2, 3011 Bern und Beharren, aber auch über Neu­ Ihre liebsten Bravo-Hits klassisch www.begh.ch beginn und Rettung – im Erzählen. interpretiert. CaféBar, Bahnhofplatz 2, 3011 Bern CaféBar, Bahnhofplatz 2, 3011 Bern www.begh.ch www.begh.ch 27. November 2015 – 26. Juni 2016

NATURHISTORISCHES MUSEUM BERN 5. und 12. Dezember 2015, 25. Dezember 2015, 10:00 Uhr «Tierschmuggel – tot 10:00 – 16:00 Uhr BERNER GENERATIONENHAUS oder ­lebendig» BERNER GENERATIONENHAUS «Weihnachtsgottesdienst Die Ausstellung über Tierschmuggel «GenerationenAdvent» mit Abendmahl in der ist nicht nur brisant wegen der bedrohten Tier­arten. Sie handelt auch Das Berner GenerationenHaus Spittelkapelle» vom Menschen und sprudelnden verbreitet Weihnachtsstimmung. Ob Predigt mit Pfarrerin Marianne Geldströmen. Denn zusammen mit Theater, Konzert, Märchen, Koffer- Bartlome-Michel, musikalische Um­ Drogenschmuggel, Waffenhandel und märit, Güetzi, Glühwein oder rahmung mit Anna de Capitani, Orgel. Menschenschieberei handelt es sich Kaffeestube – das Adventsprogramm Spittelkapelle, beim illegalen Tierhandel um einen bietet für Jung und Alt kulinarische Bahnhofplatz 2, 3011 Bern gewaltigen Wirtschaftsfaktor. und kulturelle Überraschungen. www.begh.ch Bernastrasse 15, 3005 Bern Bahnhofplatz 2, 3011 Bern www.nmbe.ch www.begh.ch

31. Januar 2016, 17:00 Uhr

1. Dezember 2015 – 29. Februar 2016 10. Dezember 2015, 18:00 Uhr KULTUR CASINO BERN

DC BANK BERNER GENERATIONENHAUS «Orgelkonzert der «Münzausstellung» «Jeudredi mit Burgergemeinde­ Bern» Domi Chansorn» Mit Benjamin Righetti, Inspektor der Berner Münzen des 13., 14. und 15. grossen Casino-Orgel und Dozent im Jahrhunderts. Diese Ausstellung Multischizophrenes Zusammentref- Hauptfach Orgel an der Hochschule wird in Zusammenhang mit dem im fen mit sich selbst: Domi Chansorn der Künste Bern. letzten Jahr erschienenen Buch definiert den Begriff des musikali- 25, 3011 Bern «Berner Münz- und Geldgeschichte schen Alleinunterhalters neu. www.kulturcasino.ch im Mittelalter» von Hans-Ulrich CaféBar, Bahnhofplatz 2, 3011 Bern Geiger ausgestellt. Zudem wird die www.begh.ch erste Banknote der Schweiz gezeigt, welche 1825 von der DC Bank herausgegeben wurde. 21, 3011 Bern www.dcbank.ch

22 medaillon nr. 24, november 2015

Buchtipps: Weihnachtsbaum­ Hohe «Vo gigele bis gugle. verkauf 2015 bei Geburtstage 500+1 bärnischi den Forsthäusern im letzten Anekdote» und im Innenhof des Halbjahr Burgerspitals 102 Herr Kurt Linder, Forsthaus Grauholz Gesellschaft zu Pfistern Deckäste, Adventskränze, Eigenkreatio- nen zur Dekoration, Honig 101 18. – 20. November, 13:30 – 16 Uhr Frau Erika Kern-Simmen, Gesellschaft zu Pfistern 21. November, 9 – 16 Uhr 100 23. November – 19. Dezember Frau Frieda Wilhelmi-Stäuble, (Montag u. Di.-morgen geschlossen) Gesellschaft zu Kaufleuten Vormittag: 9 – 11:30 Uhr Nachmittag: 13:30 – 17 Uhr 95 Samstag: 9 – 16 Uhr Herr Gustl Friedli-Gellner, Gesellschaft zu Zimmerleuten Erzellt vom J. Harald Wäber. Mit Illu­ 21. – 23. Dezember Frau Jacqueline von May, schtratione vo der Rahel Winiger. Vormittag: 9 – 11:30 Uhr Gesellschaft zu Mittellöwen Nachmittag: 13:30 – 17 Uhr Frau Pilar Käser-Dreyer, Weberverlag, Gwatt/Thun 2015. 156 S. 24. Dezember, 9 – 16 Uhr Gesellschaft zu Kaufleuten inkl. CD. Ca. Fr. 39.– Grauholzstrasse 1, 3065 Bolligen Frau Quirina von Erlach, Zunftgesellschaft zu Schmieden * Herr Gustav Fontanellaz, «Bern-Wimmelbuch» Forstzentrum Bremgartenwald Zunftgesellschaft zu Metzgern Samstag 19. Dezember, 9 – 17 Uhr Frau Jeanne Jaussi-Batschelet, Das Bern-Wimmelbuch zeigt uns auf, Waldeingang Halenstrasse 10, 3012 Bern Zunft zum Mohren dass es in Bern überall wimmelt: sei es Frau Margaretha Wäber-Trudel, im Marzilibad an einem schönen Som- * Zunftgesellschaft zu Schmieden mertag, an der «Bärner Fasnacht», auf Forsthaus Schermen Frau Marta Kupferschmid-Seiler, dem Berner Hausberg, dem Gurten, Samstag, 19. Dezember, 8 – 15 Uhr Zunftgesellschaft zu Schmieden dem mit Markt, Wasser- Papiermühlestrasse 122, 3063 Bern Herr Hans Volz, spiel und Demos oder auch ganz einfach Gesellschaft zu Kaufleuten auf dem Bahnhofplatz zwischen Burger- * spital und Schweizerhof. Forsthaus Heitern Samstag, 19. Dezember, 8 – 15 Uhr vatter&vatter, Bern 2013. 16 S. Fr. 18.– Heitern 476, 3176 Neuenegg

* «Von Bernern Burgerspital Samstage, 5. und 12. Dez., 10 – 16 Uhr & Burgern» Bahnhofplatz 2, 3011 Bern

Hier und Jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden 2015. 2 Bde., 864 S. Ca. Fr. 79.–

23 medaillon nr. 24, november 2015

Beachtenswert Einige wichtige Termine der Burgergemeinde Bern

27. November 2015–26. Juni 2016 Sonderausstellung «Tierschmuggel – tot oder lebendig» www.nmbe.ch

5. und 12. Dezember 2015 Generationenadvent im Berner GenerationenHaus www.begh.ch

31. Januar 2016 Orgelkonzert im Kultur Casino Bern www.kulturcasino.ch

Burgergemeinde Bern Bahnhofplatz 2 · Postfach 3001 Bern

T 031 328 86 00 [email protected]

www.bgbern.ch www.facebook.com/BGBern www.twitter.com/BGBern

Titelbild: Fabian Unternährer