Der Naturpark Nassau

*RZ_Titel Naturpark Nassau.indd 1 19.10.18 18:05 VORWORT DER MINISTERIN

In Rheinland-Pfalz sichern mittlerweile acht Naturparke at- traktive und ökologisch wertvolle Landschaften. Sie leisten damit einen außerordentlichen Beitrag zur nachhaltigen Ge- samtentwicklung von Naturräumen. Bereits seit langer Zeit setzen sich Menschen für den Erhalt von Natur- und Kultur- landschaften ein. Einen Meilenstein für die Bemühungen zum flächenhaften Schutz der Landschaft von Mittelrhein, , und stellt das Jahr 1963 dar: Der Natur- park Nassau wurde ausgewiesen. Er war nach den Naturpar- ken Südeifel, Pfälzerwald und Rhein-Westerwald der vierte Naturpark in Rheinland-Pfalz und damit auch einer der ers- ten in der Bundesrepublik Deutschland. Das Engagement für Fauna und Flora und der Einsatz für die Region im Bereich des Naturparks Nassau sind seitdem ungebrochen. Ein Schwerpunkt des Naturparks Nassau sind seine zahlreichen wertvollen Artenschutz- projekte und die beachtliche Broschüren-Reihe zur Umweltbildung, die in den vergange- nen circa 30 Jahren entstanden ist und die das rheinland-pfälzische Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auch dieses Mal wieder gern unterstützt. Wurden in der Vergangenheit mitunter spezielle Themen wie Spinnen, Käfer oder Orchideen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, freut es mich, dass die neueste Auflage sich dem gesamten, sehr vielfältigen Gebiet des Naturparks Nassau und den gegebenen Besonderheiten widmet. Naturparke begreifen sich als „integrative“ Schutzgebiete. Sie haben den gesetzlichen Auf- trag, die biologische Vielfalt und die Landschaft zu erhalten und zu entwickeln, naturnahe Räume für Erholungssuchende zu schaffen, zur Förderung von umweltgerechter Landnut- zung und Regionalentwicklung beizutragen und das Bewusstsein für die Erhaltung der Natur zu stärken. Kurzum: Es geht darum, Maßnahmen umzusetzen, die Mensch und Natur stärker in Einklang bringen sollen. Damit sind die Naturparke wichtige Partner für das Umweltminis- terium und das Land Rheinland-Pfalz. Eine Grundlage für die Naturparkarbeit sind die jeweils vorhandenen Schutzgebiete nach Bundesrecht wie z.B. Naturschutzgebiete, aber auch die europäischen „Natura 2000“-Ge- biete, die im länderübergreifenden Schutz bestimmter Arten eine bedeutende Rolle spielen. Denn ein wichtiges Ziel aller Schutzmaßnahmen muss bleiben, das europaweite Naturerbe für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und damit auch den Zugang zur heimischen Flora und Fauna zu gewährleisten. Die vorliegende Broschüre des Naturparks Nassau zeigt wieder einmal eindrucksvoll und in übersichtlicher Art und Weise, wie vielfältig die Tier- und Pflanzenwelt mit ihren Lebensräu- men in der Region ist. Vielleicht freut sich beispielsweise die eine oder andere Lehrkraft über die gelungene Zusammenstellung der Informationen, um bei den Schülerinnen und Schülern das Bewusstsein für die schützenswerte Landschaft zu stärken und für einen sorgsamen Umgang mit der Umwelt zu werben. Ein kleiner Beitrag, der Großes bewirken kann. Vielen Dank dafür!

Ulrike Höfken Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz Der Naturpark Nassau

Stefan Eschenauer

Inhaltsverzeichnis wiesen, Hecken- und Weidelandschaften abwechseln. Auch Trockenmauern an son- 1. Einleitung nenexponierten Steilhängen und (ehema- 2. Aufgaben der Naturparke in Deutschland ligen) Weinbergslagen, beispielsweise im 3. Rechtliche Grundlagen Rheintal und dem letzten Weinanbaugebiet 4. Natürliche Gegebenheiten an der Lahn bei und Weinähr, bis 5. Schutzgebiete zu schattig-kühlen Schluchten und Tälern 6. Handlungsfelder der Naturparkarbeit wie Mühlbach-, Dörsbach-, Gelbach- und 7. Dank 8. Literatur, weiterführende Informationen Schweizertal oder die Ruppertsklamm zeich- und Kartenquellen nen das Bild des Naturparks Nassau. Über 100 Brutvogelarten, dazu zahlreiche Fleder- maus-, Insekten- und Reptilienarten, kom- men hier vor. Der römische Grenzwall Limes und das Obere Mittelrheintal als UNESCO-Welterbe- 1. Einleitung stätten und nicht zuletzt auch die Bergbau- Vergangenheit mit interessanter Geologie Vielfältig, besonders, schützenswert: Das bereichern die Region mit zahlreichen histo- sind nur drei Begriffe mit denen sich der circa risch bedeutsamen Sehenswürdigkeiten. 560 km2 große Naturpark Nassau beschrei- Einige der Besonderheiten des Naturparks ben lässt. Hier im Rheinischen Schieferge- Nassau soll die vorliegende Broschüre he- birge zwischen den Städten Montabaur im rausstellen. Norden, im Osten, Nastätten im Süden In den vergangenen rund 30 Jahren ist eine und im Westen finden Einheimi- beachtliche Schriftenreihe entstanden, die sche und Besucher eine bemerkenswerte die Vielfalt des Naturparks beleuchtet. Nun Tier- und Pflanzenwelt und eine herrliche gilt es aus dem Speziellen heraus zu zoomen Landschaft. Das Lahntal als Hauptachse in und die Naturparkregion als Ganzes zu be- Ost-West-Richtung verbindet Westerwald, trachten. Der Fokus dieses Heftes liegt dabei Taunus und Mittelrhein mit ihrer charakte- auf den im Naturparkgebiet ausgewiesenen ristischen Fauna und Flora. Naturraum- und Natur- und europäischen „Natura 2000“-Ge- landschaftsprägend sind ausgedehnte Bu- bieten, deren Vorstellung stellvertretend chenwälder, die sich mit alten Streuobst- für eine Reihe ähnlicher Biotope steht und

Übergang vom Mittelrheintal zum Lahntal in Lahnstein (l.) und Weinbergslagen bei Obernhof (r.). Fotos: Manfred Braun und Stefan Eschenauer

1 gleichzeitig einen Streifzug durch die ge- turschutzgesetz). Naturschutz ist somit öf- samte Naturparkregion liefert. fentliche Aufgabe und dient dem in Art. 20a Einige der im Folgenden vorgestellten Ar- Grundgesetz verankerten Staatsziel. ten gelten auch gemäß Bundesnaturschutz- Nach § 27 Bundesnaturschutzgesetz und gesetz als besonders geschützte Arten und nach § 13 Landesnaturschutzgesetz sind sind auf den Roten Listen aufgeführt. Al- Naturparke einheitlich zu entwickelnde und lerdings können in diesem Heft wegen der zu pflegende Gebiete, die Vielzahl nur beispielhaft einige der auf euro- � großräumig sind, päischer Ebene geschützten Arten hervorge- � in wesentlichen Teilen ihres Gebietes die hoben werden. Detailliertere Informationen Voraussetzungen eines Landschafts- zu den vorkommenden Tier- und Pflanzen- schutzgebietes oder Naturschutzgebietes arten sind der umfangreichen Broschü- erfüllen, renreihe des Zweckverbandes Naturpark � sich wegen ihrer landschaftlichen Voraus- Nassau zu entnehmen. setzungen für die Erholung besonders Abschließend werden Projekte aus dem eignen und in denen ein nachhaltiger Tou- Naturpark exemplarisch aufgeführt und auf rismus angestrebt wird, mögliche Fördermöglichkeiten hingewiesen. � nach den Erfordernissen der Raumord- nung für die Erholung vorgesehen sind, 2. Aufgaben der Naturparke � der Erhaltung, Entwicklung oder Wieder- in Deutschland herstellung einer durch vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und ihrer Arten- und Biotopvielfalt dienen und in denen zu Wesentliches Ziel des Naturschutzes ist diesem Zweck eine dauerhaft umweltge- es, Natur und Landschaft aufgrund ihres rechte Landnutzung angestrebt wird, eigenen Wertes und als Lebensgrundlage � besonders dazu geeignet sind, eine nach- des Menschen zu erhalten (§ 1 Bundesna- haltige Regionalentwicklung zu fördern.

Naturparke in Rheinland-Pfalz. Abbildung: Stefan Eschenauer

2 In Deutschland gibt es derzeit 105 Natur- Im Jahr 1979 wurde der Naturpark erwei- parks (Stand 2018). Mit einer Gesamtfläche tert und erhielt eine neue Rechtsgrundlage. von über 10,1 Mio. ha decken die Naturparke Es wurden Bereiche im Rheintal (Raum Brau- etwa 28,4 % der Landesfläche Deutschlands bach/Kamp-Bornhofen) und Teile des obe- ab. ren Lahntales (Raum /Gückingen) in Die derzeit acht Naturparke in Rheinland- den Naturpark integriert. Zeitgleich wurden Pfalz (Hinweis: Der Naturpark Pfälzerwald drei Kernzonen ausgewiesen, die strengeren – deutscher Teil des grenzüberschreitenden Schutzvorschriften unterliegen. Biosphärenreservates Pfälzerwald Nordvo- „Schutzzweck für den gesamten Naturpark gesen wird zukünftig zum Biosphärenreser- ist die Erhaltung der landschaftlichen Eigen- vat ausgewiesen) bedecken eine Gesamt- art, der Schönheit und des für Langzeit- und fläche von 6.272 km², was einem Anteil von Kurzurlaub besonderen Erholungswertes des 31,6 % der Landesfläche entspricht. Träger Lahntales und seiner Seitentäler sowie der der Naturparke sind meist Vereine oder kom- rechtsseitigen Rheinhänge und Seitentäler munale Zweckverbände. Die Zusammen- des Rheins zwischen Lahnstein und Kamp- arbeit der Naturparke erfolgt im „Verband Bornhofen mit den landschaftlich abwechs- Deutscher Naturparke e.V. (VDN)“. lungsreichen, begleitenden Höhenzügen und der Montabaurer Höhe. Zusätzlicher Schutz- 3. Rechtliche Grundlagen zweck für die drei Kernzonen ist es, eine Er- holung in der Stille zu ermöglichen“ (Landes-

Die ersten Bemühungen für die Etablierung eines Naturparks im Gebiet der unteren Lahn reichen in das Jahr 1956 zurück. Am 7. Juni 1960 wurde dann durch eine einstweilige Si- cherstellung des Gebietes der erste Schritt gemacht auf dem Weg zur Entstehung des Naturparks Nassau. Die damals betroffenen drei Kreise (Loreleykreis, Unterlahnkreis, Un- terwesterwaldkreis) gründeten den „Zweck- verband Naturpark Nassau“. Im November 1963 erließ die damalige Bezirksregierung die Verordnung für das „Landschaftsschutz- gebiet Naturpark Nassau“. Eine überarbei- tete Verordnung mit geringen Ergänzungen wurde am 1. Juli 1964 erlassen.

Digitales Geländemodell des Naturparks mit rot eingezeichneten Kernzonen (l.). Fläche der beiden Kreise Rhein-Lahn (ca. 70 %, dunkelgelb) und Westerwald (ca. 30 %, dunkelgrün) am Naturparkgebiet (r.). Abbildungen: Stefan Eschenauer

3 verordnung über den Naturpark Nassau von turraumelementen zuordnen, die wiederum 1979). in sechs Naturraumelemente untergliedert In der Größenordnung von 70:30 haben werden können. Bei weiterer Unterteilung der Rhein-Lahn-Kreis und Westerwald- lässt sich das Gebiet des Naturparks in eine kreis Anteil am Naturpark und bilden den Vielzahl kleinräumiger Landschaftsräume Zweckverband Naturpark Nassau. Der aufteilen. Naturpark umfasst die Verbandsgemeinden , Nassau (zukünftig Bad Ems-Nas- 4.2 Geologie und Relief sau) und die verbandsfreie Stadt Lahnstein sowie Gebietsteile der Verbandsgemeinden Der gesamte Bereich des Naturparks Nas- Diez, Loreley, Nastätten und sau liegt im Rheinischen Schiefergebirge. (zukünftig, gemeinsam mit Hahnstätten Aar- Aufgrund dessen stammen die Gesteine vor Einrich) im Rhein-Lahn-Kreis. Im Westerwald allem aus Ablagerungen des Devonmeeres umfasst der Naturpark Gebietssteile der Ver- (Ton, Schiefer und Grauwacke). Vereinzelt bandsgemeinden Höhr-Grenzhausen, Wir- finden sich aber auch Löss und Lösslehme. ges, Montabaur und Ransbach-Baumbach. Im Raum Diez/Fachingen/ liegen Heute hat er eine Größe von 561,167 km². geringe Kalkvorkommen. Westlich von Diez und bei kommen vulkanische 4. Natürliche Gegebenheiten Gesteine vor, insbesondere Diabas und Ba- salt. Quarzite finden sich hauptsächlich im 4.1 Naturräumliche Gliederung Bereich der Montabaurer Höhe und im Raum /Bad Ems, aber auch bei Lahn- Nach der naturräumlichen Gliederung stein. von Rheinland-Pfalz lässt sich die Fläche des Als Ergebnis des Vulkanismus im Bereich Naturparks Nassau vier übergeordneten Na- des Laacher Sees vor 13.000 Jahren sind im

Naturräumliche Gliederung der 3. und 4. Ordnung im Naturpark Nassau. Karte: Stefan Eschenauer

4 Unteres Lahntal, Niederwesterwald, Westlicher Hintertaunus und Oberes Mittelrheintal (v. l. n. r). Fotos: Karlheinz Rapp, VG Montabaur, Stefan Eschenauer

Pleistozän (von 2,6 mya bis vor ca. 11.800 die deutliche Reliefbildung der Landschaft Jahren) Bimsauflagen bis in die Randbe- durch die Lahn und ihrer Zuflüsse mit häufig reiche des Naturparks bei Höhr-Grenzhau- tief eingeschnittenen Tälern. Die in Ost-West- sen, Neuhäusel und Eitelborn getragen wor- Richtung verlaufende Lahn bildet zwischen den. Balduinstein und Obernhof ein Engtal. Im wei- Die Wechselwirkung von geologischen teren Flussverlauf folgen einige Talweitungen und hydrologischen Prozessen lässt auch wie zum Beispiel an der Gelbachmündung bei heute noch die Strukturbildung im Natur- Weinähr, in Nassau und in Bad Ems. Erst ab park Nassau erkennen. Charakteristisch ist wird das Tal dann wieder enger. Die

Basaltblöcke im „Bornkasten“ bei Nomborn in der VG Montabaur (l.). Die Reliefbildung durch hydrologische Prozesse ist auch heute noch in der Ruppertsklamm (r.) sehr gut zu erkennen. Fotos: Ursula Braun und Stefan Eschenauer

5 Die Blicke auf und die Montabaurer Höhe (l.) und aus dem Taunus in Richtung Lahn (r.) veranschaulichen das Relief. Fotos: Stefan Eschenauer

Montabaurer Höhe im Norden, die mit dem Niederschläge. Im Naturpark gibt es insge- Köppel eine Höhe von 546 m über NN erreicht samt weder besonders regenreiche noch be- und der Graue Kopf mit 543 m über NN im sonders kühle Gebiete. Süden sind die höchsten Erhebungen im Na- turpark bzw. kurz hinter der Naturparkgrenze. 4.4 Flora und Fauna Die Hochflächen auf beiden Lahnseiten sowie die beiden großen Mulden um Montabaur und Die heutige Vegetation (reale Vegetation) um Arzbach bilden die Verbindungsflächen ist durch den menschlichen Einfluss weitest- zwischen Tälern und Höhenzügen. gehend verändert worden. So werden die unterschiedlichen Typen der Grünland- und 4.3 Klima Ackerflächen häufig intensiv bewirtschaftet. Natürliche Waldgesellschaften sind kaum Das Gebiet des Naturparks Nassau ist noch vorhanden. Lediglich in den Steilla- relativ niederschlagsarm und hat eine rela- genbereichen, die für die Forstwirtschaft tiv hohe bis mittlere Jahrestemperatur. Die nur schwer zu erschließen sind, gibt es sie. höchsten Jahresniederschläge liegen im Be- Hier kommen u. a. Blaustern, Gefingerter reich der Montabaurer Höhe bei 850 mm. Die und Hohler Lerchensporn, Einbeere oder Jahresdurchschnittstemperatur liegt hier bei auch Seidelbast vor. Ehemalige Weinbergs- 7°C. Die Tallagen von Rhein und Lahn sind lagen haben sich im Ablauf der natürlichen klimatisch begünstigt, sowohl durch eine Sukzession zu Halbtrockenrasen und wär- höhere Jahresdurchschnittstemperatur zwi- meliebenden Gebüschen entwickelt. Bei schen 8° und 9°C als auch durch weniger entsprechendem Kalkvorkommen im Boden

Die Bad Emser (l.) und die Nassauer (r.) Lahntalweitungen sind beispielsweise klimatisch begünstigte Gebiete. Fotos: Stefan Eschenauer

6 Hohler Lerchensporn im Kalterbach bei Hillscheid (l.) und Schluchtwald mit Hirschzungen- farn im Dörsbachtal (r.). Fotos: Karlheinz Rapp und Ursula Braun gedeihen Orchideen. Des Weiteren sind an wärmeliebenden Arten die Astlose Grasli- lie oder der Blutstorchschnabel zu nennen. In den Schluchtwaldbereichen finden sich Hirschzungenfarn, Dorniger Schildfarn, Pla- tanenhahnenfuß und Silberblatt als Charak- terarten. Die potenzielle natürliche Vegetation, also die Vegetation, die sich ausbreiten würde, wenn der Mensch nicht mehr in den Naturhaushalt eingreift, besteht vor allem aus Buchen- und Buchenmischwaldge- sellschaften. Insbesondere sind der Hain- simsen-Buchenwald und auf basenreiche- ren Standorten der Perlgras-Buchenwald zu nennen. An warmen Standorten von Lahn- und vor allem Rheintal finden sich wärmeliebende Eichenwälder, die stellen- weise in sonnenexponierte Steppenheiden und Felsspaltengesellschaften übergehen. Vereinzelt wachsen in den Kerbtälern noch

Wärmeliebender Eichenwald im Mittelrheintal (M.), ehemalige Weinbergslage im Lahntal bei Bad Ems (l.), Buchenwald mit Altholzbeständen und liegengelassenem Totholz auf der Montabaurer Höhe (r.). Fotos: Stefan Eschenauer

7 Schluchtwaldgesellschaften. Erlenbrüche sind nur auf sehr vernässten Standorten der Montabaurer Höhe und in den Talauen ent- wickelt. Die Fauna im Naturpark Nassau ist für viele Tiergruppen recht gut untersucht. So sind über 20 Fledermausarten nachgewie- sen worden, darunter seit 2018 als absolute Seltenheit die Große Hufeisennase. Über 100 Brutvogelarten sowie weitere 100 Arten, die als Durchzügler und Wintergäste auftreten,

können bei der Vogelfauna genannt werden. Von den Brutvögeln sind zu nennen: Baum- falke, Haselhuhn, Raufußkauz, Schwarz- specht, Wasseramsel, Eisvogel, Zippam- mer und der Rotmilan. Mit Würfelnatter und Westliche Smaragdeidechse kommen zwei in Deutschland hochgradig vom Aussterben bedrohte Reptilienarten vor. Eine Vielzahl von Amphibien-, Libellen-, Heuschrecken- und Schmetterlingsarten wurden ebenfalls im Naturpark nachgewiesen.

5. Schutzgebiete

Genau abgegrenzte Landschaftsbestand- teile sollen nach den Zielen des Natur- und Landschaftsschutzes erhalten bleiben bzw. entwickelt werden, um seltene oder gefähr- dete Arten zu schützen. Unterschieden wer- den Schutzgebiete nach nationalen Schutz- gebieten, wie der Naturpark selbst eines ist, und internationalen Schutzgebieten. Die Vorstellung der derzeit ausgewiesenen Naturschutzgebiete soll einen exemplarischen Erst kürzlich im Naturpark entdeckte Überblick über schützenswerte Biotope in der Große Hufeisennase (o.). Westliche Sma- Region geben. Ähnliche Lebensräume finden ragdeidechse (M.), Würfelnatter (u.) und sich auch an weiteren Standorten im Natur- Rotmilan (r. o.) sind Flaggschiffarten parkgebiet und darüber hinaus. im Naturpark Nassau. Die hier vorgestellten europäischen Fotos: Rolf Klenk und Karlheinz Rapp Schutzgebiete sind generell großflächiger

8 Schutzgebiete im Naturpark Nassau. Karte: Stefan Eschenauer und decken somit größere Teile der verschie- wiesen. Insgesamt nehmen sie 26.140 ha denen Naturräume im Naturpark ab. Lage ein, was ca. 1,3 % der Landesfläche ent- und Ausdehnung der Gebiete im Naturpark spricht. Im Gebiet des Naturparks sind der- ist obiger Karte zu entnehmen. zeit 10 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von insgesamt 316,7 ha rechtskräftig aus- 5.1 Naturschutzgebiete gewiesen. Das Gebiet Auf der Schottel ist ein ca. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt 2 km langer Streifen zwischen einer bei über 8.743 Naturschutzgebiete (Stand Niedrigwasser mit verbundenen 12/2015). In Rheinland-Pfalz sind 520 Na- Steinmole und dem Rheinufer und wurde turschutzgebiete (Stand April 2015) ausge- 1991 unter Naturschutz gestellt. Es dient

Das Gebiet „Auf der Schottel“ in Osterspai (l.) und Graureiher (r.). Fotos: Stefan Eschenauer und Heinz Strunk

9 Koppelstein-Helmestal (l.) und dort vorkommendes Helmknabenkraut (M.) und Bocksriemenzunge (r.). Fotos: Stefan Eschenauer und Karlheinz Rapp zahlreichen Vogelarten z. B. Graureiher, Ta- überwindet einen Höhenunterschied von felente, Zwergtaucher, Bläßhuhn, Reiherente, 235 m, ein Wanderweg führt über Brücken Höckerschwan, Kormoran und Lachmöwe und Stege hindurch. als Rast- und Brutstätte sowie als Überwin- Das Nieverner Wehr an der Lahn hat eine terungsquartier. Größe von rd. 7,5 ha. Schutzzweck ist die Eine mosaikartige Verteilung von Schiefer- Erhaltung des Feuchtgebietes mit seinen felsformationen, Trocken- und Halbtrockenra- Wasserflächen und Flachwasserzonen, Kies- sen, Brachflächen, extensiv genutzten Grün- bänken und Geschiebeinseln, die seltenen landgesellschaften, Feuchtbereichen und Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum xerothermen Waldgesellschaften bietet das bieten. Zu nennen sind u. a. der Eisvogel, 87 ha große Gebiet Koppelstein-Helmestal die Wasseramsel, der Graureiher und in den zwischen und . Sel- Sommermonaten als Durchzugsgast auch der tene Orchideenarten wie die Bocksriemen- Flussuferläufer. Zahlreichen Libellenarten und zunge und das Helmknabenkraut kommen der vom Aussterben bedrohten Würfelnatter hier vor. Auch die Tierwelt hält einige Raritäten bietet das Gebiet ebenfalls den notwendigen bereit. So finden sich hier Arten wie die Blau- Lebensraum. flügelige Ödlandschrecke und die Westliche Das Gebiet der Schleuse Hollerich hat Smaragdeidechse, die an dieser Stelle ihr eine Größe von ca. 50 ha. Es umfasst Ge- nördlichstes Vorkommen aufweist. bietsteile der Stadt Nassau und der Gemein- Bei der Ruppertsklamm in Lahnstein han- den Obernhof und Seelbach. Schutzzweck delt es sich um einen Schluchtwaldbereich. ist die Erhaltung des Feuchtgebietes mit Das bereits 1936 als Naturschutzgebiet aus- seinen Wasserflächen, seinen Flachwasser- gewiesene Areal ist 11,6 ha groß. Die Klamm zonen und Feuchtländereien einschließlich

Wanderweg durch die Ruppertsklamm. Fotos: Stefan Eschenauer

10 Nieverner Wehr (l.) und Wasseramsel (r.). Fotos: Stefan Eschenauer und Karlheinz Rapp

Schleuse Hollerich. Fotos: Manfred Braun und Stefan Eschenauer ihrer charakteristischen Pflanzen- und Tier- die Randhöhen von Taunus und Westerwald. gesellschaften als Lebensraum in ihrem Be- Die sonnenexponierte Lage sorgt auf den stand bedrohter Tierarten. Im Bereich des sich gut erwärmenden Steinen des stark zer- Hollerichs gibt es derzeit noch eine stattliche klüfteten und felsigen Lahnhanges für eine Würfelnatter-Population. besondere Pflanzen- und Tierwelt und bietet Der Aussichtspunkt im 71,5 ha großen Na- diversen Greifvogelarten, wie beispielsweise turschutzgebiet Gabelstein/Hölloch bietet dem Uhu oder dem Wanderfalken eine ideale eine herrliche Aussicht auf das Lahntal und Brutmöglichkeit.

Felswand am Gabelstein bei (l.) und Wanderfalken (r.). Fotos: Stefan Eschenauer und Karlheinz Rapp

11 Steinbruch Fachingen, Kiesgrube Einsiedel, Eisvogel und Erdkröten beim Laichgeschäft in der Kiesgrube Einsiedel (v. l. n. r.). Fotos: Stefan Eschenauer und Karlheinz Rapp

Bemerkenswerte Amphibiengebiete sind als Standort seltener Arten und als Brut- und der Steinbruch Fachingen und die Kies- Rastgebiet seltener Vögel. grube Einsiedel bei . Das Gebiet Die Stelzenbachwiesen haben eine Größe des Steinbruches wurde im Jahr 1984 unter von ca. 20 ha. Schutzzweck ist die Erhaltung Schutz gestellt, hat eine Größe von ca. 14 ha des Feuchtgebietes mit seinen Sumpfflä- und wird durch Sicherheitszäune begrenzt. chen und anschließenden feuchten Grün- Schutzzweck ist die Erhaltung des aufgelas- landflächen als Standort seltener Pflanzen senen Steinbruches mit seinen Trockenflä- sowie als Lebensraum für in ihrem Bestand chen und Grundwassertümpeln sowie dem bedrohte und nicht häufig vorkommende aufwachsenden Pionierwald als Lebensraum Tier- insbesondere Vogelarten. seltener, insbesondere trockenheits- und wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten (bei- 5.2 „Natura 2000“-Gebiete spielsweise Orchideen). Beide Gebiete sind Laichgewässer für zahlreiche Amphibien- Um ein System vernetzter Schutzgebiete arten. Der Steinbruch ist außerdem Jagdre- im gesamten europäischen Raum aufzubau- vier des Eisvogels und in den Steilwänden en, wurden zum Zweck des länderübergrei- brütet der Uhu. fenden Schutzes gefährdeter wildlebender Der ca. 16,6 ha große Spießweiher bei heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer Montabaur ist ein Teich mit sehr gut ausge- natürlichen Lebensräume nach den Maßga- bildeten Verlandungsbereichen, Schwimm- ben der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora- blattvegetation und bemerkenswerten Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie) und Vorkommen von Amphibien und Libellen. der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutz- Schutzzweck ist die Erhaltung des Feuchtge- richtlinie) weitere, auch großflächigere bietes mit seinen Wasser- und Sumpfflächen Schutzgebiete ausgewiesen.

12 Der Spießweiher bei Montabaur (l.) und die Stelzenbachwiesen bei Oberelbert (r.). Fotos: Stefan Eschenauer

In der FFH-Richtlinie werden für die Euro- Anhang II. Die mit einem Sternchen ver- päische Union insgesamt 231 Lebensraum- sehenen Arten gehören zu den prioritären typen (Anhang I, davon 92 in Deutschland Arten, für deren Erhaltung eine besondere vorkommend) und rund 1.000 Arten und Un- Verantwortung zukommt. Inwieweit die Vor- terarten (Anhang II, davon 138 in Deutschland kommen noch aktuell sind, bleibt offen. vorkommend) von gemeinschaftlichen Inte- Der Brexbach ist ein knapp 22 km langer lin- resse aufgelistet, für die ein System vernetzter ker Nebenfluss des Saynbachs und entspringt Schutzgebiete („Gebiete von gemeinschaft- im Bereich der Montabaurer Höhe. Das Brex- licher Bedeutung“ = „Sites of Community In- terest (SCI)“, bzw. „Special Areas of Conser- vation (SAC)“ bezeichnet) eingerichtet wurde. Nach der Vogelschutzrichtlinie waren für 193 Arten (Anhang I, davon 110 in Deutsch- land vorkommend) sowie für weitere, regel- mäßig auftretende Zugvogelarten besondere Schutzgebiete („special protection areas“, ) auszuweisen. Dieses zusammenhängende Netz, ge- nannt Natura 2000, umfasst die im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie gemel- deten Gebiete. Diese können sich räumlich überlagern. Mit derzeit über 27.000 Schutzgebieten auf fast 20 % der Fläche der EU ist Natura 2000 das größte grenzüberschreitende koor- dinierte Schutzgebietsnetz weltweit. Zusammen bedecken die 4.557 FFH-Ge- biete (verteilt auf drei biogeografische Regi- onen: alpin, atlantisch, kontinental) sowie die 742 Vogelschutzgebiete 15,4 % der terrest- rischen und rund 45 % der marinen Fläche Deutschlands (Stand: 2015). In den Naturpark Nassau fallen sechs FFH- Gebiete und zwei Vogelschutzgebiete, die Naturnaher Abschnitt des Brexbaches sich teilweise überschneiden. Im Folgenden bei Höhr-Grenzhausen (o.) und werden die „Natura 2000“-Gebiete genauer Steinkrebs (u.). Fotos: Stefan Eschenauer beschrieben. Aufgeführt sind alle Arten aus und Jürgen Eigenbrod

13 bachtal ist ein Teilgebiet des Fließgewässer- fl­ächigkeit und ihres Strukturreichtums mit systems Brexbach- und Saynbachtal. Die Quellen und Bachläufen, unterschiedlichen tief eingeschnittenen windungsreichen Täler Waldphasen und Lichtungen ist die Monta- sind wichtige Vernetzungsachsen im Wester- baurer Höhe von besonderer Bedeutung als wald. Die Bäche verlaufen im Wald und wei- Lebensraum für viele spezialisierte Tierarten. sen für Mittelgebirgsbäche typische naturna- Baumhöhlen werden von seltenen und ge- he Abschnitte auf. fährdeten Arten als Quartiere genutzt. Hierzu Zu den schützenswerten Arten nach An- zählen Schwarz- und Grauspecht, Hohltaube, hang II in diesem Gebiet gehören Bech- steinfledermaus, Mausohr, Groppe, Lachs, Hirschkäfer, Spanische Flagge*, Gemeine Flussmuschel, Steinkrebs*. Die Montabaurer Höhe ist ein 10 bis 15 km langer meist bewaldeter Höhenzug im südwestlichen Westerwald. Teile des Höhen- zuges sind als gleichnamiges FFH-Gebiet Montabaurer Höhe ausgewiesen. Hier fin- den sich große geschlossene Buchenwald- gebiete. Die dominierende Waldform ist der Hainsimsen-Buchenwald gemischt mit Waldmeister-Buchenwald. Wegen ihrer Groß-

Die ökologisch wertvollen Offenflächen am b-05 bei Montabaur-Horressen im Gebiet der Montabaurer Höhe (u.) und Bechsteinfledermäuse in einem Fledermauskasten (o.). Fotos: Stefan Eschenauer

14 Staatsforst Stelzenbach (o.) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (l.). Fotos: Manfred Braun und Stefan Eschenauer

gen im b-05 bei Montabaur-Horressen vorzu- finden. Das FFH-Gebiet Staatsforst Stelzenbach ist ein großflächiger Laubwaldbestand mit hohem Altholzanteil. Die Wälder sind über- wiegend dem Lebensraumtyp Hainsimsen- Buchenwald zuzuordnen. Großflächige Wäl- der mit hohem Altholzbestand sind für viele Tierarten, vor allem Großvogelarten sowie alt- und totholzbewohnende Insekten, ein unerlässlicher Lebensraum, auf den sie ange- wiesen sind. Der Staatsforst Stelzenbach hat daher in der Westerwaldregion eine heraus- ragende Bedeutung, denn die Waldstruktur Raufußkauz und diverse Fledermausarten die aus alten und lichten Baumbeständen er- nicht zu den FFH-Arten gehören. Besonders möglicht das Vorkommen charakteristischer schützenswert und Zielart nach Anhang II ist Insekten- und spezialisierter Vogelarten wie die Bechsteinfledermaus. Schwarz-, Grau- und Mittelspecht. Auch Fle- Montane Borstgrasrasen auf den Offenland­ dermäuse nutzen den Wald als Lebensraum. flächen der Montabaurer Höhe gelten als be- Ebenso wie im Naturschutzgebiet Stelzen- sonders geschützte Lebensraumtypen des bachwiesen ist hier der Dunkle Wiesenknopf- europäischen Schutzgebietes und sind heute Ameisenbläuling, eine Anhang II Art, zu fin- reliktartig nur noch an den alten Bunkeranla- den.

15 Kammmolch (l.) und Mausohr (r.). Fotos: Karlheinz Rapp und Rolf Klenk

Das FFH-Gebiet Westerwälder Kuppen- sind Bechsteinfledermaus, Mausohr, Gelb- land fällt nur zu einem kleinen Teil in den Nie- bauchunke, Kammmolch, Bachneunauge, derwesterwald und damit in das Gebiet des Groppe, Blauschillernder Feuerfalter, Dunk- Naturparks Nassau. Der größte Teil befindet ler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Heller sich im Oberen Westerwald und wird als Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Oberwesterwälder Kuppenland bezeichnet. Das FFH-Gebiet Lahnhänge reicht vom Das Westerwälder Kuppenland verdankt sei- Limburger Becken bis Lahnstein und schließt nen Namen den Basaltdecken, -kuppen und einige der Seitentäler, so die von Mühl- und -rücken, von denen das devonische Grund- Dörsbach, Dau- und Gelbach, und einige gebirge durch den Vulkanismus im Tertiär angrenzende Waldbereiche mit ein. Sie sind überzogen und durchbrochen wurde. Diese Biotopkomplexe mit thermophiler Felsve- Kuppen sind auch heute noch landschafts- getation, feucht-kühlen Schluchtwald- und bildprägend. Die dominierende Vegetation Blockhaldenbiotopen sowie einigen Höhlen der naturnahen Waldbereiche ist der Hain- mit überwinternden Fledermäusen. Es finden simsen-Buchenwald sowie auf Basaltkup- sich Buchenwälder auf teils tümpelreichen pen der Waldmeister-Buchenwald. Die Vor- Bergrücken und an naturnahen Bachtälern. kommen von Mittel- und Grauspecht in den Schützenswerte Arten nach Anhang II sind Wäldern des Gebietes belegen die Lebens- Bechsteinfledermaus, Mausohr, Gelbbau- raumqualität der heute seltenen lichten alten chunke, Kammmolch, Bitterling, Groppe, Wälder. Altholzreiche Wälder bieten auch Lachs, Hirschkäfer, Dunkler Wiesenknopf- Lebensraum für zahlreiche Fledermausar- Ameisenbläuling, Spanische Flagge*, Präch- ten. Schützenswerte Arten nach Anhang II tiger Dünnfarn*.

Lahntal bei Balduinstein (l.) und Blick vom Goethepunkt auf das Lahntal bei Obernhof und das Gelbachtal bei Weinähr (r.). Fotos: Stefan Eschenauer

16 Hirschkäfer (l.) und Lachs (r.). Fotos: Karlheinz Rapp und Michael Frede

Neuntöter (l.) und Schwarzspechte (r.). Fotos: Karlheinz Rapp

Die meist südexponierten felsreichen Die Rheinhänge zwischen Lahnstein Hänge der Lahn im gleichnamigen Vogel- und (im Naturpark Nassau von Lahn- schutzgebiet sind vorwiegend mit Eichen- stein bis Kamp-Bornhofen) befinden sich im wäldern verschiedener Nutzungsformen Welterbe Oberes Mittelrheintal, welches ein bestockt. Ziel- und wertgebende Arten sind Durchbruchstal durch das Rheinische Schie- Haselhuhn und Mittelspecht, aber auch fergebirge ist. Die relativ schmale Aue ist ein- Grauspecht, Neuntöter, Rotmilan, Schwarz- gerahmt von bis zu 300 m steil aufragenden milan, Schwarzspecht, Uhu und Wespen- felsigen Hängen, die früher weinbaulich ge- bussard. prägt, heute in weiten Teilen verbuscht oder

Rheinhang zwischen und Kamp-Bornhofen (l.) und Blick auf Filsen von der linken Rheinseite (r.). Fotos: Stefan Eschenauer

17 Spanische Flagge (l.) und Mauereidechse (r.). Fotos: Dr. Axel Schmidt und Karlheinz Rapp

Schwarzstorch (l.) und Mittelspecht (r.). Fotos: Karlheinz Rapp bewaldet sind. Die Rheinhänge zwischen oder die Westliche Smaragd- und die Mau- Lahnstein und Kaub sind ein Ausschnitt des ereidechse. Vorkommende Arten nach An- Mittelrheintals mit vielfältigen Ausprägungen hang II sind: Bechsteinfledermaus, Mausohr, von Xerothermbiotopen (trockenwarm), ins- Groppe, Hirschkäfer, Spanische Flagge* und besondere Felsen und Gesteinshalden in Steinkrebs*. Verzahnung mit Trockenwäldern und -ge- Die Vielzahl der unterschiedlichen Le- büschen. Flussbiotope sind in Resten vor- bensräume und wertgebenden Arten macht handen, ebenso naturnahe Bachtäler und die Bedeutung des Gebietes auch für eine Laubwälder. artenreiche Vogelwelt aus. Zielarten der Vo- Die Rheinhänge gehören zu den heraus- gelschutzrichtlinie sind hier Grauspecht, Ha- ragenden Gebieten wärme- und trocken- selhuhn, Mittelspecht, Neuntöter, Rotmilan, heitsliebender Lebensgemeinschaften in Schwarzmilan, Schwarzspecht, Schwarz- Rheinland-Pfalz mit vielen seltenen und ge- storch, Uhu, Wanderfalke, Wendehals, Wes- fährdeten Arten wie beispielsweise der Se- penbussard und Zippammer. gelfalter, die Rotflügelige Ödlandschrecke

18 Die Misselblumenwiese bei (o.). Die Erhaltung dieses besonderen Stand- ortes wildwachsender Gelber Narzissen (r.) bedarf der jährlichen Pflege. Fotos: Karlheinz Rapp

6. Handlungsfelder der Naturparkarbeit und Projektförderung

Aus den gesetzlichen Vorgaben des Natur- angeregt werden. Im Bereich des Naturparks schutzrechtes ergeben sich die Aufgaben- sind viele Gemeinden, Forstämter, Vereine felder der Naturparkarbeit. Der Dachverband und Freiwillige an der Naturparkarbeit be- der Deutschen Naturparke (VDN) unterteilt teiligt. Für Projekte, die im Handlungspro- diese in vier Säulen: gramm des Naturparks festgeschrieben sind, 1. Naturschutz und Landschaftspflege kann es Förderungen durch den Zweckver- 2. Erholung und nachhaltiger Tourismus band Naturpark Nassau geben mit den Mitteln, 3. Bildung für nachhaltige Entwicklung und die dem Naturpark durch das Land Rheinland- Öffentlichkeitsarbeit Pfalz zur Verfügung gestellt werden. 4. Nachhaltige Regionalentwicklung Durch verschiedene Naturschutz- und Um den Bogen zu den eingangs aufge- Landschaftspflegemaßnahmen sollen die führten gesetzlichen Aufgabenfeldern zu Naturräume erhalten und dadurch die bio- spannen, werden diese im Folgenden etwas logische Vielfalt gefördert werden. Gleich- genauer beschrieben und mit Beispielen aus zeitig dienen viele dieser Maßnahmen auch dem Naturpark Nassau unterlegt. Anzumer- der Landschaftsästhetik. Außerdem sollen ken ist, dass eine klare Abgrenzung der Auf- die Naturparke zu der Entwicklung eines gabenfelder nicht möglich ist. Beispielsweise Schutzgebietsnetzes beitragen und durch sind viele der Naturerlebnisangebote auch Biotopvernetzungsmaßnahmen einer zuneh- gleichzeitig Umweltbildungsmaßnahmen. menden Zerschneidung von Landschaft und Neben der Informations- und Aufklärungs- Lebensräumen entgegenwirken. Wie in den arbeit sollen Besucher und Einwohner auch vorangegangen Kapiteln dargestellt, ist das zur aktiven Beteiligung, z. B. durch ehren- Netz an Schutzgebieten im Naturpark Nas- amtliche Mitarbeit, an der Naturparkarbeit sau als relativ gut ausgebildet zu bezeichnen.

19 Blühende Apfelbäume im Taunus (o.) und ein Grünspecht (r.), Bewohner von Streuobstwiesen. Fotos: Karlheinz Rapp

Ein Großteil der Naturparkfläche wird von Kulturlandschaften eingenommen. Daher sollte die Bewirtschaftung der Flächen um- weltverträglich gestaltet (beispielsweise durch Beweidung) und historische Kultur- landschaftselemente (Weinbau- oder Berg- baurelikte) geschützt werden. Um dem immer weiter voranschreitenden Artensterben entgegenzuwirken, können ökologisch sinnvolle Maßnahmen mit bis zu 80 % durch den Zweckverband gefördert werden. Folgende Maßnahmen aus dem Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes sind beispielsweise förderfähig: � Anlegen und Pflege von Streuobstwie- senbeständen und Blühstreifen � gezielte Artenschutzmaßnahmen wie � Feucht- und Trockenwiesenpflege sowie das Anbringen von Fledermausgittern an die Entwicklung magerer Standorte Stolleneingängen oder das Anlegen von � Freistellen und Errichten von Trocken- Haselhuhntaschen. mauern Des Weiteren sollen im Naturparkgebiet � das Anlegen und die Instandsetzung von umweltverträgliche Tourismus- und Na- Amphibienteichen turerlebnisangebote entwickelt und in den

20 Das Heidebiotop (o.) am Großen Klopp bei (Vorkommen vieler Heuschreckenarten) wird jährlich durch das Forstamt Lahnstein und die OG Becheln gepflegt.

Neu errichtete Trockenmauer am Kirschenpfad in Filsen (r.) durch den Heimatverein Filsen e.V. Fotos: Stefan Eschenauer

ständigen Angebotskatalog des Naturparks Lehrpfade finden sich u. a. in Filsen, Kamp- aufgenommen werden. Ziel ist es, Besuchern Bornhofen, , , Lahnstein, möglichst unberührte Natur erlebbar zu ma- Nassau, Dörnberg, Höhr-Grenzhausen, Dau- chen, allerdings ohne sensible Lebensräume bach, Kadenbach, Niederelbert, Großhol- zu gefährden. Dies geschieht zum Beispiel bach/Girod sowie Stahlhofen. durch ausgewiesene Wanderwege die zertifi- Durch Umweltbildungs- und Öffentlich- ziert sind und auch den Naturschutz berück- keitsmaßnahmen soll ein grundlegendes sichtigen. Eine Einbindung in überregionale Interesse und Bewusstsein für verschiedene Vermarktungskonzepte soll die Position und Umweltthemen, wie vorkommende Tier- und Wahrnehmung des Naturparks als Urlaubs- Pflanzenarten oder ökologische Zusammen- gebiet auch über die Region hinaus fördern hänge, vermittelt werden. Probleme und und gleichzeitig der heimischen Bevölkerung Herausforderungen im Natur- und Umwelt- einen ökologisch verträglichen „Urlaub vor schutz können durch Schautafeln oder Infor- der Haustür“ ermöglichen. mationsmaterial veranschaulicht dargestellt Der Zweckverband kann beispielsweise werden. Auch der alljährlich erscheinende biologische und geologische Lehrtafeln, die Veranstaltungskalender mit einer Reihe von Instandsetzung und Markierung von Wan- Exkursionen zu verschiedenen landschafts- derwegen sowie die Freistellung und In- bezogenen Themen, die umfassende Bro- standsetzung von Aussichtspunkten fördern schüren- und Kartierungsreihe zu diversen (in der Regel mit bis zu 50 %). Beispiele für Tier- und Pflanzenvorkommen sowie die

21 Themenweg „Multitalent Wald“ bei Girod/Großholbach (o.), geologischer Lehrpfad bei Dörn- berg (M. l.), Ausschilderung „Wanderbarer Einrich“ bei (M. r.) und Wanderwege- markierungen bei (u.). Fotos: Stefan Eschenauer und Ursula Braun

22 Obstbaumschnittkurs in . Foto: Stefan Eschenauer

Webseite des Naturparks Nassau (www.na- turparknassau.de) sollen das Bewusstsein für umweltrelevante Themen schärfen. Aufgrund ihrer Zielsetzung, den Schutz und die Nutzung der Kulturlandschaften mit- einander zu verbinden, sollen Naturparke verstärkt Funktionen im Rahmen einer nach- haltigen Regionalentwicklung wahrneh- men. Ziel ist es, ländliche Räume zu stärken und eine selbstständige Entwicklung dieser Gebiete zu fördern. Der Naturpark als eigen- ständige Marke kann unter anderem dazu beizutragen Identität zu stiften, sowie die Po- tenziale der Region auszunutzen, um diese letztlich als Ganzes aufzuwerten. Der Naturpark Nassau wirkt dabei nicht nur als eigenständiger Akteur, sondern auch als Verbindungsstelle für die verschiedenen Beteiligten. Die Einbindung von vielen Akteuren wie etwa Vereine, Institutionen, insbesondere Ehrenamtliche sowie Privatpersonen in die Naturparkarbeit fördert das Bewusstsein für die heimische Natur- und Kulturlandschaft und damit auch einen sorgsamen Umgang mit der Umwelt. Das schafft gleichzeitig eine Beschilderung Allee „Bäume des Jahres“ in Bindung zur Region. Kamp-Bornhofen. Jährliche Baumpflanzakti- on des Forstamtes Lahnstein mit Drittkläss- lern aus der Region – auch als Vorbereitung zu den Waldjugendspielen. Foto: Ursula Braun

23 Trockenmauerbaukurs in Filsen. Foto: Stefan Eschenauer 7. DANK

Folgenden Personen sei für die unter- Ministerium für Umwelt, Energie, Ernäh- schiedlichste Mithilfe an dieser Broschüre rung und Forsten Rheinland-Pfalz (MUEEF): und der Bereitstellung von Fotos gedankt: Landschaftsinformationssystem der Natur- Karlheinz Rapp, Manfred und Ursula Braun, schutzverwaltung Rheinland-Pfalz (LANIS). Rolf Klenk, Heinz Strunk, Michael Frede, Jür- https://naturschutz.rlp.de/ gen Eigenbrod und Dr. Axel Schmidt. Verband Deutscher Naturparke e.V. (VDN): www.naturparke.de/ Zweckverband Naturpark Nassau: Bro- schürenreihe des Naturparks Nassau von 8. Literatur, weiterführende 1990 bis 2017. www.naturparknassau.de/ Informationen index.php/broschueren.html und Kartenquellen Hinweis: Bundesamt für Naturschutz (BfN): Die Karten wurden unter Verwendung der www.bfn.de/themen/gebietsschutz-gross- amtlichen Geofachdaten des Landschaftsin- schutzgebiete/naturparke.html formationssystems Rheinland-Pfalz erzeugt. Bundesministerium für Umwelt, Natur- Sie unterliegen der Open Database Lizenz. schutz und nukleare Sicherheit (BmU): www.bmu.de/themen/natur-biologische- vielfalt-arten/naturschutz-biologische-viel- Anschrift des Verfassers: falt/gebietsschutz-und-vernetzung/natio- Stefan Eschenauer nale-naturlandschaften/naturparke/ Bahnweg 5 Landesamt für Umwelt (LfU): 56132 Miellen https://lfu.rlp.de/de/startseite/ E-Mail: [email protected]

24 Impressum:

Herausgeber: Zweckverband Naturpark Nassau Bachgasse 4, 56373 Nassau Telefon / Fax: 0 26 04/43 68 www.naturparknassau.de

Nachdruck aus den Heimatjahrbüchern der Kreise Rhein-Lahn und Westerwald

Druck: LINUS WITTICH Medien KG, Rheinstraße 41, 56203 Höhr-Grenzhausen

Umschlagentwurf: designwerkstatt. dipl. des. Claudia Wirsch. www.designwerkstatt-nassau.de

Fotos Umschlag: Karlheinz Rapp, VG Montabaur, Stefan Eschenauer

Titelbild: Unteres Lahntal, Niederwesterwald, Westlicher Hintertaunus und Oberes Mittelrheintal

Hinweis: Das Copyright sämtlicher Bilder verbleibt bei den jeweiligen Fotoautoren.

Anschriften der Verfasser:

Stefan Eschenauer Bahnweg 5 56132 Miellen [email protected]

Wir danken dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz für die finanzielle Unterstützung bei der Herausgabe dieses Heftes.

Nassau, im November 2018 *RZ_Titel Naturpark Nassau.indd 2 19.10.18 18:05